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Oesterreichische Mittelschule
Mittelschule. Wien
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MITTE
GEMEINSAMÜS ORGAN DER VEREINE
„MITTELSCHULE" und „DTE REALSCHULE" jn WIEN,
„DEUTSCHE MITTELSCHULE" im PRAG,
MITTELSCHULE FÜR OBERÖSTERREICH UND SALZBURG
IN LINZ"
UND
.BUKOWINER AUTTELSCHULE IN CZEHNOWITZ".
REDIGIERT
VON
PROF. FEODOR HOPPE
IN WIEN,
PROi!\ FRANZ DAURER
IN WIEN,
PROF. DR. ADALBERT HORCICKA
IN LINZ,
PROF. GEORG SCHLEÖL
IN WIEN,
PROF. GUSTAV SPENGLER
IN PRAG,
PROF. DR. ANTON POLASCUEK
IN CZEBNOWITZ.
WIEN WM.
ALFRED IIÖI.UEH
K. ü. K. HOF- UND rxiVKRSlTÄTS-IiUCHHÄNDLBR
ROTH£MTUUBMSTE^SS£ lä.
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( HARVARD
UNIVERSITY
LIBRARY
Alle Rechte Torbehalten.
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Vorträge und Abhandlungen
Die Förderung der körperlichen Ausbildung
an den Mittelschulen Österreichs.
Vortrag, ^'ohaltcD in dem Vereine ^MiltcLsrhule" m Wien ain 12. Decem-
ber 1896 von Max Guttmann, Tumkhrer am k. k. Elisabethgymnasiuiii
in Wien.
Das vorliegende Thema beschäftigt seit dem Jahre
unausgesetzt einen großen Theil der österreichischpii vSchul-
mäimer. Das gelit nicht nur aus den Diroctionsberichten,
sondern auch aus anderweitigen Vortragen und Arbeiten, wie
ans den eiDschlägigen Pro^ammabhandlangen deutlicli hervor.
In Aueftthrnng des honen MinisterialenasseB vom 15. Sep-
tember 1890 wurden im ersten Augenblicke Ansprachen an die
Schüler gehalten und anf die Noth wendigkeit der Gesundheits-
pflege, einer richtigen Zeit iiith nlung und auf die Wichtigkeit
<ler Leibesübungen für die Bildung des Einzelnen hingewiesen.
Eine dieser Ansprachen ist 2. B. die des Herrn Dir. Haus
J an u s L' Ii k e ^l in Teschen.
In denis«'ll)«'n Jahre, näuilicii 181U, trat Herr Dr. Gustav
Hergel*) iu Urüx, jetzt Director in Aussig, mit einer Abhand-
lung, „Die Juffendspiele'' betreffend, hervor, und Herr Prof.
Simon Sehießling^) in Mies betrachtete eingehend die ^Wert-
schätzung der Gymnastik bei den Griechen und die Würdigung
der körperlichen Ausbildung der Jugend in neuerer Zeit".
Hieher ist auch die sehr interessante Arbeit des Herrn Prof.
Franz Gassner^) in Wien zu zählen, der in der Abliandlung
„Das ästhetisi'lie Moment in der Volkser/.ielmng" wiederholt
Gelegenheit nimmt, sich gegen die Einseitigkeit der Verstandes-
bildung auszusprechen und zu betonen, „dass die kurperiiche
^1 Dir. Hans Jannschke: „Über die Noth wendigkeit der Oemind-
heitspflejre" im Propramtne der St. R. von Teschen 1S91.
Prof. Dr. Gu8tav Hergel: ^Die Jugendspiele " im Programme
des St G. in BrOx 1891.
^) Prfif. Simon Schießl Itio': , Dir- Wrrfscliiltzung clor GymiKistik
den Griechen und (Wo Wurdi^'unj^' di r korperiichen Aosbüdung in neuerer
Zeit" iui f'rovjriinuue Ued bt. ü. in .Mief 1891.
**) Prof. Frans Qasaner: „Das ästlicti.sLlie Moment in der Volk^
ersiehun^" im Pro^n-amme der St B. im XV. Beürke von Wien 1891.
„ÖstefT. Mittelachal«". XI. Jahrg. 1
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Vt ^ .^ v. Dlgltized by Google
2
I4ax Gattinann.
Entwieklimg im gleichen Grade der Pflege bedarf, wie die
gdetiffe**.
Das sind die ersten Erscheinungen nach dem bedeutungs-
Tollen Erlasse, und ich^) habe auf die beiden ersten in dem'
„JahrbiK-li der Turnkunsf^ bei £. Straach in Leipzig 1892 ein-
gehender hingewiesen.
Seit diesem Zeitpunkte aber sind die einschlägigen Be-
strebungen an den österreichischen Mittelschulen so zahlreich
geworden, dass mehrere Schulmänner sich veranlasst gesehen
aben, sie in irgend einer Weise snsammenzufassen. Es spricht
gewiss für die mdentong der heute yorliegenden Angelegen-
eit, wenn Herr Prof. Dr. Leo Bnrgerstein') im Jahre 1893
die verschiedenen Ereignisse unter dem Titel „Hygienische
Fortschritte der österreichischen Mittelschulen seit 1890" be-
spricht, und es wird Ihn^n allen, hochgeehrte Herren, gewiss
nncli in lebhafter Ermnerung sein, wie zu Ende desselben
Jahres Herr Prof. Dupky^j an dieser Stelle den „Stand der
Jugendspiele und seine weitere Entwicklung an den Gymua^ieu
Wiens" schärfer ins Auge fasste.
Unter allen Arbeiten aber, welche sicli mit dem vorliegen-
den Gegenstande beschäftigen, verdient j^Die körperliche Er-
ziehung der Jugend an Sdn dsterreidiischen Mittelschulen'^
Ton Prof. Josef Sallac'*) vom Staatsgymnasium mit böhmi-
scher Unterrichtssprache in Reichenau die meiste Beachtung.
In drei aufeinanderfolgenden Programmurbf it^n von 1S94 bis
1896 zieht er alV hei der Ausbildung der Jugend zur Ver-
wendung gelangenden Leibesübungen auf 104 Seiten mit zahl-
reichen Tabellen und statistischen Ausweisen in Betracht. DaK
emsi^ zusammengetragene und zuverlässige statistische Material
verleiht dieser Arbeit oleibenden Wert.
Fast gleichseitig mit Herrn Prof. Dr. L. Burgersteins
Arbeit in den j^Xenid Austriaca" erschienen meine ^Beiträge
zur körperlichen Erziehung in Österreich" für 1892 in der
Zeitschrift fttr Turnen und Jugendspiel bei Yoigtlaender in
1) Turnlehrer Max Guttmann: Leibesübungen und Kürperi)flt'^' '
in den Schul berichten" im «Jahrbuch der TomkuiLst'' bei £. Strauch in
Leipzig 1Ö92.
5*1 Prof. Dr. Leo Burgerstein: , Hygienische Fortschritte in den
()Kterr* !( hix }]( Ti Mittelacholen" in den ^Xenia Austriaca'' bei Alfred Hdlder
in Wien 1S93.
>) Prof. Hermann Dnpky: ^Der Staad der Jngend^piele und geine
weitere Entwicklung an den Gymnasien Wiens* in der „Oiiterreichiachen
Mittelschule" bei A. Jlfilder in Wien 1894.
*) Prof. .loset Sallac: ,0 telesne vychove na stredntch skoldch u
Bakouxku* in den Proirrainnien des 8t. 6. in Beichenan von 1894, 1895
and 1896.
Turnlehrer Max Guttmann: nüeiträge zur körperlichen Erziehung
der Jugend in Österreich" in der «Z^itdcbrift fttr Tarnen mid Jugendspiel"
bei R. Yoigtlaender in Leipzig 1893, 1894, 1895 und 1896. — ^Zur Förderung
der körperlichen Ausbildung etc." in der «OsterreichischeD JUittelschuie"
bei A. Uölder in Wien 1895.
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Die Fördenmg der kOrperliehen AoBbildnag.
3
Leipzig 1893. Seit diesem Zeitpunkte habe icli die jährlichen
Vorkommmsse au derselben Stelle und im yergangeiien Jahre
auch in der ,»Ö8tenr6ic)u8Gli6n Ifittebehule*' kurz susammen-
gefassi. Diese „Beitrage" haben eine selir anerkennende Be-
ortheilung in dem „Janrbueh für Jugend- und Yolkflspiele'* in
Deutschland dnreh Dr. Schnell^) in Altona erfahreUt and
wird auch Ton anderer Stelle auf sie aufmerksam gemacht.
Ich bitte nun die hoc hansehnliche Vprsamralung, mir zu
gestatteu, aus dieser iintiustrs^setzten BeoljaclituDGT der Einrich-
tungen für die Funierung der körperlichen Au.sbüdung unserer
studierenden Jugend die wichtigsten Punkte näher beleuchten
zu dürfen.
Da sind tot allem die ProgTUDmabbaiidlong«!! und
größeren selbständigen Arbeiten zn ei'wähnen. Davon sind in
den letzten sechs Jahren allein 19 erschienen, während in den
früheren 40 Jahren zusammengenommen diese Zahl nicht er-
reicht wird. Es würde gewiss zu weit führen, wollte ich
]V<lf dieser Abhandlungen hier besprechen; darum möchte ich
jetzt nur auf die des Herrn Prof. Josef Steinhäuser*) vom
b. St. G. in Walachisch-Meseritsch aufmerksam machen. Bei
Erledigung der Frage „Wie soll man die Gesundheit und
kdiperuche Ausbildung der studierenden Jugend an den Mittel-
schulen in Osterreich fördern?" spricht er sich, auch Aber den
hohen Erlass vom 1.5. September 1890 folgendermaßen aus:
yfDurch diesen Erlass wird den Directoren und Lehrern die
Gesundheit und körperliehe Ausbildung der Jugend auf s wärmste
zu fördern empfohlen , und mancher vielleicht schüchterne
Lf-lircr wurde (lud u ich angeregt, luit seinem Seherfh'iu der
guten Sache zu dienen. Es ist dies ein Erlass von weit-
reichender Bedeutung. Und obzwar die Art und Weise, wie
es möglich ist, diese wichtige Frage der Erziehung allgemein
za lösen, nur kurz berttbrt wird, bildet er dennoch sozusagen
einen Wendepunkt in der bisherigen Erziehungsmethode und
wird auf immer in der Geschichte des öst ei reicnisehen Schul»
Wesens bemerkenswert bleiben.'^ Aber nicht nur diese frei-
müthige Äußerung über den hohen Erlass verleiht seiner Ar-
beit besonderen Wert; vielmehr ist es die vornehme Form und
die schwiiTifTvolle Sprache, welche St.s Arbeit über ähnliche
Erschemungt^ii f i hebt. So sagt er z. B.: „Eine gesunde Jugend
ist unsere Holiuung für die Zukunft, die Gesundheit ist der
größte Schatz der Welt, das einzige Glück! Lassi uns eine
nicht nur in geistiger, sondern auch in körperlicher Beziehung
1) Oberlehrer Dr. H. Schnell in Altona: „Die Spiel literatar" im
..Jahrbuch für Volks- nnd Jugendspiel" bei B. Voigtiaender in Lwaag
1Ö94. 1895 und 1896.
*) Prof. Josef Steinhauser: ^Jak pecovati jest v zdravi a teUsiw
vjjvoj mlädeze studujici na strednkh SholAeh* im Programue des St G.
in Walachisch-Meseritscb 1395.
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4 Max Gaitmann.
sescmde Jugend erziehen! Und wenn vir auch die Fraeht
dieses schönen Strebens selbst nicht mehr sehen sollten, laset
uns wenigstens Freude aus seiner Blüte empfinden, in der Zu-
versicht, dass das kommende Geschlecht unsere Arbeit segnen
wird."
Außer den Programmabhandlungen sind es mehr^'rp spU)-
ständige Arbeitpii und Vorträge, welche zur Förderung der
körperlichen Au inldung sehr wesentlich beigetragen habeu.
Ich erlaube mir da nur an die Vorträge des Herrn Dir. Dr. L.
Chevalier',) in der Prager Mittelschule 1890, der Herren
Direetoren Johann Fetter*) und Dr. Hnemer, jetzt k. k.
Landes-Schnlinspector, in der vereinigten Sitzung der ^Mittel-
schule" uud „Realschule^ zu Wien 1891 und an den des Herrn
Prof. H. Dupky^) bei Gelegenheit des IV. deutsch- dster-
reichischen Mittelschultsges zu erinnern.
An dieser Stelle muss nuch einer ungemein interessanten
Studie des Herrn Dir. Hans Januschk»» '» in T<'sc]ien ge-
dacht werden, die infolge eines Vortrages des W u n» r Ortho-
päden Dr. Hum^) gegenwärtig an Aetualität uuIk lordentlich
gewinnt. Au der doi*tigen Staatsrealschule sind nämlich Ver-
suche angestellt worden, um „Einige Daten zur gcäundheits-
gemäßen Regelung unserer Schulverhaltnisse" zu erhalten.
Dabei handelte es sich auch darum, den Einfluss des Turnens
auf eine folgeude Unterrichtsstunde zu erfahren. Diese mit
größter Genauigkeit veranstalteten Versuche sind nun säramtlich
zugunsten des Turnens ausgefallen; denn nach dem Berichte
des Herrn Directors y,haben d;is Auffassungsvermögen
und die Ausdauer der Aninierksamkeit durch das
Turnen zugenommen". Int'olgf dessen wird „mäßiges Tur-
nen als Erholuugsmittel gegeu geistige Abspannung
empfohlen".*)
Außer diesen Quellen bietet noch die Geschichte der
jubilierenden Anstalten vielen österreichischen Schulmännern
M Dir. Dr. Ludwig Chevalier in ['mg: ^Lber tiie Pfleiije der
Jugcndspiele" in der «Osterreichischen Mittelschule" bei A. Hfilder,
Wien 1890.
Dir. .Tohann Fetter und Dir. Dr. Johann Haemer: ^Lelirp'iine
und Jugendspiele" in der , österreichischen Mittekcbule" bei A, iluiUer,
Wien 1891.
Prof. Ilfrmann Dupky: ^Vorschlüge zur Durchführung der
Jugend<t]>iel6" in der «Osterreickuchen Mitteiscbule" bei A. üölder,
Wien 1«92.
Dir. Hans Januschke: „Einige Daten zur gesundheit^^gemäßen
K»'!?plunj; unserer SLhulv<-rh;iItni.'^s*'" in der «Zeitacbhft für das ReaJacbul-
wesen" bei A. Holder in Wien 1594.
Dr. med. Anton Bum: ^Über periphere und centrale Ennfidnnjic''.
Vortrag, gehalten in der ^^itzung der k. k. Gescllscliaffc der ürzte in Wien
am 20. November 1896 .Abgedruckt in der «Wiener medicuuechen Presse"
Nr. 48 vom 29. November 1896.
"') Siehe besonders »Turnstunden und Schulunterricht" von Dr. med.
Fr. Dornltlilth ans Rosto( k in dem „Jahrbuch f&r Kinderheükande" von
Creheimrath Ueubner in Berlin 1896.
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Die Forderung der körperUcben Aosbildang.
Gelegenheit, auch der kTn-perlichen Ausbildung zu gedenken.
Unter diesen Berichten verdient der des Herrn Prot. P. Ad Ul-
bert Weese vom St. G. m Weidenau die meiste Beachtung,
dft er mit wenigen 8tric1iezi die ganze Entwicklung der bis-
herigen Erziehung im allgemeinen und der körperlichen Ans-
bildung im besondern in scharfen Umrissen oljjectiv und
treffend zeichnet. Aber auch der gegenwärtige Zustand der
körperlichen Ausbildung in den europäischen Culturstaaten
erfahrt eine sehr zutreffende Charakteristik durch Herrn Dir.
Christoph Wür fel-j vom St. G. in Linz.
In all diesen mannigfachen Kundgebungen, von denen ieh
der hochausehnliehen Versammlung nur einige Stichproben
vorzulegen wage, sehe ich uur Symptome eiuer Besserung
der Leben Sans chanung, dahin gehend, nicht nur seelische
und moralische Tugenden als nachahmenswert hinzustellen,
sondern auch das Bestreben sich geltend machen, die körper-
lichen Tugenden auf die gleiche Stufe des Ansehens und der
Wertschätzung zu heben wie jene. Mit dieser zunehmenden
Wertschätzung werden mit der Zeit auch die Mittel und Ein-
richtungen leichter bewilligt werden, welche den Fachmännern
zur Erreichung einer harmonischen Erziehung nutli wendig er-
scheinen. Vorerst aber rauss eine Wandlung der Lebgns-
auschauuug in der eben berührten Weise vorsichgegaugen sein,
zn welcher eine reiche publieistische Thätigkeit unbedingt
gehört. Dass ein solcher Umwandlnngsprocess besteht, docn-
mentiert auch unter anderen unser gelehrter und geistreicher
Landsmann Johannes Volkelt*) in Leipzig, welcher von
dem Ideal unserer Zeit sagt: . . Es ist der Drang vor-
handen, der Tugend ein frischeres, freudigeres Aussehen zu
geben. . . . Hochgeistimmte r.ebensbejahuug, Verlangen nach
Beglückung des ganzen uugetlieilten Mensciien, tapferes Auf-
.sichnehmen von Lust und Leid des Erdendaseins soll zur
sittlichen Lebem»haltung gehören. Und das Gute soll seine
zabme, hausbackene Gestalt yerlieren. Es soll wieder Wage-
muth und stolzer Aufschwung in das sittliche Handeln kommen."
Dieses Ideal, den höchsten Sphären des menschlichen Denkens
entnommen (denn Volkelt construiert es auf Grund der ge-
sammten Äullernngen der naturalistischen Kunst und Literatur
der Deutschen, Franzosen, Skandinavier und Russen der letzten
20 .lahre), schwebt offenbar auch den Bestrebungen der mo-
dernen Pädagogik vor Augen und trachtet auch der Erziehung
ein freudigeres, frischeres Aussehen zu geben.
Prof. P. Adalbert Weese: „Körperpflege Jui studierenden Jugend"
in „Chronologisch-statistischer RQckblick auf die ersten 25 Jahre des k. k.
St. G. in WeiclcTiau" itr. t'n -r imme dieser Anstalt 1S96.
^) Dir. Christoph VVürlel iui Programme des St. U. in Linz 18Ut>.
^) Dr. Johaanes Volkelt, o« Pweuor der Philosophie an der
Umveraität in Leipzig, in „Ästbetische Zeitfcagen", MOnchsD, Beek 1895.
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Max Oottmanii.
Wenn ich nun zur Betrachtung der körperlichen Aus-
bildung im besondern übergehe, so müssen hiebei zwei Gruppen
deutlich imter«chieden weraen. In erster Linie sind hier die
Mittel in Betracht zn ziehen, welche in der köroerlichen Aus-
bildung direct bildend einsreifen. Zu dieser Gruppe gehört
das Turnen im weitesten Umfange, als Inbegriff aller l^ibes-
Übungen, weil sie an dem Geschäfte der Erziehung geradezu
betheiligt sind. In zweiter Linie kommen die Anleitungen zu
einer richtigen, vernünftigen und zweckmäßigen Lebensweise,
für Wohnung, Kleidung, Nahrung und Schaffung günstiger
Zustände für den ersten Theil der körperlichen Erziehung in
Betracht. Diese Mittel zusammengenommen bilden die passive
körperliche Erziehung, weil sie wohl für die gesammte
Ausbildung nicht minder wichtig sind als die actiTen Mittel,
aber an der körperlichen Büdung nicht direct bethdligt sind.
Ich erlaube mir auf diese TheOung deshalb besonders auf-
merksam zu machen, weil diese beiden Gebiete nur zu häutig
durcheinandergeschüttelt werden und für die Mangelhaftigkeit
äußerer Zustände im Turnunterrichte dieser snlhst für jene
verantwortlich gemacht wird. Mit dieser Unterscheidung be-
finde ich mich auch in voller libereinstimmung mit dem
Hecru Vicepräsidenten des ungarischen Abgeordnetenhauj^es,
Herrn Albert v. Berczeviczy, ^) sowie mit dem Münchener
Hygienikerf Herrn Prof. Hans Buchner,') der auf der
68. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte zu Frank-
furt am Main im September dieses Jahres diese Theilung
wissenschaftlich begründet hat.
Nun ist es mir eine besondere Freude, hervorhefion zu
können, dass die Fortscli ritte auf dem Gebiete der Hygiene
in Osterreich die größte Beachtung finden, was in demselben
Maße auch von der Schnlhyariene gilt. Ich erlaube mir nur
auf den Umsuud uuimerksam zu machen, dass wir nun an
fast allen üniversitaten hygienische Institute besitzen, an welche
hervorragende Lehrkräfte berufen worden sind, dass fast
60 Ärzte an den Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten
mit dem Unterrichte in der Somatologie und Schulhygiene
beschäftigt sind. Auch die Tichrer der Mittelschulen sind be-
strebt, ihr Wissen über Schulhygiene zu erweitern, da die
meisten Lelirerbibliotheken wenigstens ein bedeutendes Werk
hierüber enthalten. Es ist schade, dass das für iSchuibehörden
*) Albert v. Bercseviczy in „Die Frage der körperlichen Kr-
ziehuDg". Yortn^, gdialten am V[II. internationalen Congres^ tiii Hygiene
und Demographie in Budapest 1S94 Enthalten im III. Bande des von
Dr. Sigismond de Gerlöczj herausgegebenen ^Berichtes". S. 290 u. f.
Budapest 1896.
-) Dr. Hans Ru ebner, o, Prof. der Hygiene an der Universität in
München, in „Biologie und <Te*»nndheit8lehre". Vortrag', gehalten mif der
68. Versammlung deutscher Naturforscher und Ai/.te Frankfurt aui Main,
September 1896, abgedruckt in der »Allgemeinen medidniscben Zeitang",
Wien, 29. September 1896.
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Die Förderong der ki^rperlichen Aasbüdang.
unentbeiiiiiche „Handbuch der Schulhygieue'' von den Herren
Prof. Dr. Leo Burgerstein M und Dr. med. Aug. Netolitzky
etwM Tenpätet auf dem Plane erschien. Es ist gewiss in
nicbt weniger als 30 Exemplaren von österreicbischen Mittel-
schulen angeschafft worden, und findet man nebeu diesem
auch ziemlich zahlreich vertreten die einschlägigen Werke von
Dornblüt h, Engelhorn,^) Eulenburg*) und Bach nebst
Kembold. ^) Ferner wird die „Monntsclirift für Gepundheits-
pMege*^ von Adier^) und die ..Zeitseiirilt lui S( huigesundheits-
pHetre'' von Kotelm nnu») gelesen. Bei dem «onst so vor-
trefllicheu Werke von Burgerstein und Netolitzky berührt mich
schmerzlich der Umstand, dass da die nämlichen abfälligen
Anschaaungen Aber das Turnen als allgemein giltig verkflndet
werden, denen Herr Prof. B. sehon 1888 Ansdraek gegeben
hat. Sollte sich seitdem nichts geändert haben?
Als sehr wirksames Mittel zur Förderung einer gesundheits*
gemäßen Lebensweise erblicken viele Directoren in der Ver-
theilniio" von P. B. Sepps**) ..Wichtigen Gesundheitsrefreln",
die wegen ihrer «xf^rnigen Kosten i ein Exemplar lö Pfennige)
bereits zu Tausenden unter den CJchüleru verbreitet sinil. Auf
derselben Stufe stehen die von der Hygienesection des Berliner
Lehrervereines herausgegebenen Gesuudheitsregeln. Unter Zu-
flnrundelegung dieser wurden aher an vielen Anstalten besondere
Gesundheitsregeln ausgearbeitet, worunter besonders hervor*
zuheben wären die vom I. St. G. in Graz, von den St. Gn. Olmilts,
YiUach, Mährisch-Ostrau, den b. St. Kn. in Königgrätz, Rakonie
u. a. Ihre Unterweisungen erstrecken sich 1. auf die Pflege
des Körpers ira allgemeinen, 2. der Athnnincr<wprkzeuge '^. der
V'erdauuns^sorgune, A. die Conserviernng der Zähne, ö. die
ischonung der Augen, Ohren, der Nase, (3. die Körperhaltung
beim Schreiben, Lesen, Zeichnen und Gehen.
Seitdem Herr Dir. Dr. Gustav HergeP) zur Leitung
des Gymnasiums nach Aussig a. d. Elbe berufen worden ist,
*J Prof. Dr. phil. Leo liurgerstein und Dr. med. August Neto-
litzky: ^.Handbuch der Schulhygiene", VIII. Bd. von Weilt »Handbucli
der Hygiene", Jenü 1895.
-) Dr Fr. l>nrn>ilnth: „Die GesajuUleitspflege der Schuljugend fttr
Eltern und Kryiclicr". 8tutt^nirt lh'J2.
^) E. Engelhotn: --.hulgoMindbeitspflege". Stuttgart 1888.
' Prof Di MitMl i: Ulenburg und Dir. Dr. Th. Bach: »SchulgeBand*
heitälehre". Berlin 18ä9;yi.
3) Dr. S. Eembold: «Sehuleenixidheitäpflcge', Tabingexi IM.
*') Dr. Heinrich Adler: «Monatachrift fOr GesondheitBpflepre" bei
M. Perles, Wien.
') Dr. med. et phil. Küteluiann: „Zeitschrift fiir Schulgesundbeits-
pfleg^", Hamburg, erscheint seit 1888.
Prof. Dr V. n. S.'pii: , Wichtige Gesundheitaregeln" bei Krans-
feider in Augsbui^, seit 1890, sieben Auflagen.
®) Dir. Dr. 6. Hergel: «Die Schulhygiene". Vortrag, gehalten am
V. deatsch-^erreichischen Mittelachnltfkg 1894 * enthalten in der «»Oster-
reichiechen Mittelschule".
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8
Max Gutimann.
Teraaclit er in weiteBtem Umfange das auf dem V. deutseh-
dsterreieliisehen Mittelsehnltage entworfene Project auch zu
▼erwirklielien. Ich werde später noch darauf tnrüekkommen.
Hier verdient nur noch hervorgehoben zu werden, dass
das St. G. in Weidenau sich ,,in der glücklichen Lage be-
findet, über ein'^'n -l r/t liehen Fonds im Betrage von mehr als
lf> 100 H. zu verlugeu, dessen Krtr;ic:nis für ärztlielie Pflt^n-»'
niiitelloser Gymuasialschiiler kathuli^elier Iu*ligioii Verwendung
iindet. Dieses Capital bildet einen Tlieil des vom hochselipren
Grafen Ernst zu. Lichteustein, gestorben als Erzbischof in
Salzburg, dem Kloeter in Weißwasser im Jahre 1723 gespen*
deten Stiftungsvermdgens.
Im Zusammeohanffe mit dieser Betonung der Gesundheits-
pflege steht auch die Sorge um eine entsprechende Unterkunft
der Schulen. Bei den Neu lauten wird allen Anforderungen
zu entsprechen versucht. Ich verweise nur auf das k. k.
Elisabetligymuasiuiu ^ ) in Wien, auf das b. St. K. G. in Pri-
bram und auf das b. Franz-Josef-G. in Küuiginhof. Die erstere
Anstalt im besomleru hat eineu ea. 1000 m'' umfassenden Hof-
raum, wo die Schüler bei günstiger Witterung das Kespirium
verbnugen, was gegenwärtig, im Gegensatze zu früher, au den
meisten Anstalten geschieht. Derselbe Plate dient auch zur Ab-
haltung von Turnübungen und Jugendspielen und ist mit einer
20 m* großen Niedersprungstelle versehen. Leider droht der
so nütauchen Verwendung dieses Platses eine Gefahr durch die
Verbauung der Naclibargründe, wodurch der Platz überhaupt
unbrauchbar würde. Unter allen ueueren Schulbauten jedoch
bildet (]fv des C. R. G. in Tephiz-) eine der präeliügsten
Stätten, welche jemals für Schulzwecke errichtet wurden.
Was nun die acti^en Mittel zur körperlichen Er-
ziehung unserer Jagend betrifft, so stimmen alle darin über-
ein, dass da Tor allem das obligate Tnmen . im engeren Sinne
in I3ctraeht zu ziehen ist, zu welchem die Übungen im Stehen,
Gehen, Hüpfen, f/mf'-n und Springen im Freien, und wenn
das nicht angeht, im Turnsaal. dauTi d'w Übungen an und mit
Geräthen, die auch womöglich im Freien vorzuueiimeu sind,
gehören. Alle diese Übungen und Thätigkeiten geheii von
den einfachsten Zustünden aus, so dass es passende Übungen
für jedes Alter, jedes Geschlecht, für jeden Ort und für
jede Zeit gibt, und bilden gerade durch diese allg^emeine
Giltigkeit me Grundlage der körperliehen Erziehung, wie aller
anderen Leibesübungen. Es zeigt von einer erfreulicherweise
zunehmenden Wertschätzung dieses Turnens, dass Se. Excellenz
Dir. Dr. August Scbeindler: »Da,') neue Haus und die feieiliihe
Erdffhung am 19. September 1894" im Flrocramme der Anstalt von 1*^95.
^) Dir. Hermann Qaertner im Frogramme des C. B. 6. in
Teplitz lä95.
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Die Förderung der kürperlicheu Ausbildung.
0
der Herr Minister für Cultus und Unterriebt Dr. Paul Gautsc h
Freiherr von Frank entburn, sowie mehrere Herren Abge-
ordnete in der 535. und 536. Sitzung des Abgeordnetenhauses
im November 1896 für das Turnen und die Turnlehrer ehrende
and erhebende Worte gefunden haben.
Unvergesslich bleiben z. B. folgende Worte Sr. E.\cellenz:
..feil iiuerkeune die Leistungen dieser Lehrer (der Faeh-Tnrn-
lelirer an Mittelschulen), und ich anerkenne in vollstem Malle
die Wichtigkeit des Turnens (Beifall); ich \\ünfe.che, dass das-
selbe an unseren 8chulen noch viel mehr gepflegt werde, als
es bisher der Fall war. Wir haben in dieser Beziehung noch
lange nicht den Höhepunkt desjenigen erreicht, was wir im
Interesse unserer Juffend erreichen mttssen.» (Sehr richtig!)')
Die allmählicne obligatorische Einführung des
Tarnens an den Gymnasien ist bekanntlich im Gange, und
liegen hierQl)or bereits recht interessante Mittheilungen vor.
Am 1. St. G. in Graz fördert es mächtig die phvsi^che Aus-
bildung der Jugend. Besonders al)er ist hervorzuheben, dass
am I. d. 8t. G. in Brünn der ohligate Turnunterricht zufolge
hohen Miuisterialerlasses vom lU. Juni Z. 10726, mit dem
Schuljahre 18Ü7/U8 beginnen und damit dem Lehi'körper und
der Direetion ein sehnücher Wunsch endlich doch in Erfüllung
Sehen wird, an dessen Verwirklichung seit Jahren, trotz yieler
urch den Mangel eines eigenen und geeigneten Turnsaales ver-
ursachten Schwierigkeiten, unablässig gearbeitet \Yurde. Hin-
gegen ist es auffallend, dass am Gymnasium in Öuczawa, trotz
seines schönen Turnsaales, nicht geturnt werden kann, da dort
kein Turnlehrer vorhanden ist.
Von besonderer Wielitir^keit für die Stellung des Turnens
den andern Gegenstünden gegenüber ist noch folgende Be-
merkung im Programme des iSt. 6. in Nikolsburg: „Mit Mi-
nisteriaferlass vom Oetober 1894, Z. 12810, wird das Turnen
daselbst obligat, nimmt aber nur nach der günstigen Seite
Binfluss auf die allgemeine Fortgangsdasse.'^ Gegenüber der
bisherigen Einflusslosigkeit ist das immerhin ein Fortschritt
und wert, allgemein geübt zu werden.
Das Programm oes St G in Bielitz, wo das Turnen seit
langem sich jc:roüer Beliebtheit und volksthümin lnM" Verbreitung
erfreut, sagt auf S. 72: „Mit großer Freude muss zunächst
der Einführung des obligaten Turnunterrichtes, der
mit hohem Ministerialerlass vom 19. Oetober 18^4, Z. 1250Ö,
vom Schuljahre 1895/96 an verfügt wurde, gedacht werden,
• trotzdem daselbst fönf Classen in einem Locale unterrichtet wer-
den müssen, das weder in hygienischer Beziehung, noch nach
Größe und Ausstattimg den Anforderungen entspricht Ja, aus
derselben Stadt ist noch das erfreuliche Ereignis zu melden,
^1 _ Wiener Zeitunpr" vom 27. November 1896, Sitcnngsbericht de«
hoben Abgeordnetenbaases, 2. äeite, 3. Spalte.
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Max Guttmaun.
dasB laut hohen BOmBterialerlasseB Tom 10. Mai 1894, Z. 8862,
das Turnen an der k. k. höheren Staatsgewerbeschule als
allgemein verbindlicher Gegenstand eingeführt worden
ist. Somit ist diese St. Gw. die erste in Österreich, welche
obligaten Turnunterricht aufzuweisen hat. Das ist umso er-
freulicher, als die Schüler dieser und ähnlicher Anstalten in
einem Alter sirh befinden, wo sie einer ausgiebigen und ener-
gischen körperlichen lietliätiguug am mei?jtt»!i bedürfen.
Ferner wäre hervorzuheben, dass nn dem neuerrichteten
C. G. in Bregenz, obwohl da;s Turnen gegenwärtig noch als
freier Gegenstand behandelt wird, doch tiimmtliehe Schüler an
diesem Gegenstände theilgenommen haben, da die Eltern ge-
legentlich der Einschreibung, auf die Wichtigkeit des Turnens
für die körperliche Ausbildung aufmerksam gemacht, ohne
Ausnahme ihre Einwilligung zum Besuche desselben gegeben
haben. „Auf diese Weise," so heißt es in ih^m Progranmie,
„wird es ganz leicht möglich sein, den Turnuuterri<*ht nach
ab."^ehbarer kurzer Zeit obligat einzuführen." — Berückrsichtigt
mau hiebei den Umstand, dass das Turnen au der Realschule
in Dornbirn verbindlich ist, so muss einem jeden der Unterschied
in der Behandlung des Turnens zwischen Vorarlberg und Tirol
auffallen. Denn in dem letzteren Eronlande ist das Turnen an
keiner einzigen öffentlichen Anstalt obligat. Allerdings erfreut
sich die körperliche Ausbildung an den geistlichen Gymnasien in
den meisten Fällen einer selten umfassenden und ausgezeichneten
Fürsorge. So turnen z. B. am Semiuiirinni Vincentinum in
IJrixeii seit me]irer»'n Jahren ntets sämmtiiche Schüler, und
an der Stella Matutiua in Feldkirch turnen i)iy% derselben.
Das sind jedoch Internate, die mit den öffentlichen Anstalten
nicht verglichen werden können. Aber wichtig bleibt dieser
Umstand für die körperliche Ausbildung ganz entschieden und
besonders fUr die eingangs skizzierte Wandlung der Lebens-
anschauung.
Die berührte Stetigkeit ist umso noth wendiger, als es nicht
nur eine große Zahl von Anstalten mit sehr geringer Frequenz
im Turnen gibt (so turnen z. B. am b. St. G. in Königf^rätz
12%. am Frauz-Josef-G. in Lemberg; 11 ^^>, am it. C. G. in
Triest 8'4%, am St. G. in Brixeu nur 10% und am St. G.
in Meran gar nur ijb% der Schüler), sondern es gibt auch
noch zwei Anstalten, welche nur im Sommer bei schönem
Wetter turnen können, wo demnach das Turnen kaum die
gegenwärtige Verfassung und den Zustand der Jugendspiele
erreicht: das ist am b. St. G-. in Phbram und am C. G. Yon
Gaja der Fall.
Ungemein auffallend ist der Umstand, dass die Gymnasien
ohne Turnunterricht immer zahlreicher werden. Prof. Salla(;
iührte 1893 acht Fiilh' an. Nach Neubauer und Divis fehlte
1^1)1) der Turnunterricht an 45 Mittelschulen. Diese Zahl
schrumpft aber, wenn man die Programme durchsieht, auf 16
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Die Fdnleniiig der körperlieben AoabilduDg.
11
zusanuTiHii. Von diesen -^inrl neun Stautsanstalten und sieben
Privannstitute. Vun den Icr/trren wiederum dürften die geist-
lichen Institute den TurnuiiU-rrieht wohl eingeführt haben, doch
liegt eine bestimmte Kunde hierüber nicht vor. Unbestimmt
ist ferner die Einriehtung dee Turnens am St. G. in Beichenan,
wo im abgelaufenen Schaljafare der erste Yersach damit ge-
macht wurde. Das Venseiehnis der Anstalten ohne Turnen
folgt im Anhange. Im Interesse der heranwachsenden Jugend
ist hier dringende Abhilfe nöthig.
Eine zuverlässiiife Z;ibl der Turner lässt sieh darum
m>'hf nninhrm, weil beim ohliLratorisehen Turnen die Zahl der
dispensierten nur in seltenen Fällen angeführt wird.
Im Sinne des erziehlichen Zusammenwirkens aller Mit-
flieder eines Lehrkörpers möchte ich hier noch dem Wunsche
nsdruek geben, dass alle das Bestreben haben sollten, mancher
Turnstunde beizuwohnen oder die Schüler bei ihren Spielen
oder auf dem Eislaufplatze oder bei anderen Leibesübungen
zu beobachten.
Dem Turnen zunächst ist die Pflege der Jiigendspiele in
Betracht zu ziehen. Ich erlaube mir p^leieh hier zu betonen,
dass auf diesem Gebiete ein ertreulicher und stetiger Fort-
schritt wahrzunehmen ist. So gibt es z. B. seit den letzten
Berichten nur mehr sechs Mittelschulen, welche noch gar
keine Spiele eingeführt haben; dagegen hiud andere Anstalten,
wie z. B. das otifbsgymnasium der Benedietiner in Braunau
(Böhmen), welche erst mit dem abgelaufenen Schuljahre zu
spielen angefangen haben. Auch die Anstalten ohne Spiel-
betrieb werden im Anbange angeführt.
Viele Programme machen ferner auf den Umstand auf-
merksam, dass die Schüler auch zu anderer als in der von
der Schule festgesetzten Zeit nach eigenem Übereinkommen
aut dem Spielplatze sich zusammenfinden, um dort ihre MuÜe
mit ihren Lieblingsspielen auszufüllen. Diese Spiele sind zum
Unterschiede von den Schulspielen „1 reispiele" zu nennen
und bflden den unmittelbaren Übergang zu den „Volksspielen",
von denen Ihnen, hochgeehrte Herren, bekannt ist, dass sie
für die Tolkssittlichkeit Ton der größten Bedeutung sind.
Solehe freie Spiele werden gemeldet aus Bielitz, Troppan,
Jagerndorf, Weidenau, sämmtlich in Schlesien gelegen, dann
aus Brünn. Budweis, Krems. Oberhollabrunn u. a. m. Auch
hier in Wien kann man in scIinHVeier Zeit auf rnanchen Plätzen
Gruppen finden, die unter ein n -r Leitung spielen.
Ja, in Pracr hat der Spieleifer in einer Weise überhand-
genommen, duss mehrere Anstalten sich veranlasst gesehen
nahen, das Spiel zu anderer als von der Schule festgesetzten
Zeit streug zu untersagen.
Nun wird man meinen: Wenn die Jugend schon allein
spielen kann, dann ist es nicht mehr nothwendig, dass die
Schule sich auch fernerhin der Jugendspiele in dem Maße an-
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12
Mas Gutiinana.
nehme wie bisher. Dem gegenüber ist jedoch zu bemerken^
dass die Spiele von Sachkundigeu immer wieder gelehrt werden
mOssen, damit ihre Regeln and (resetse auch xiekiaf verbreitet
werden, da sie sonst verwildern und verkommen, wie das sehen
Fröbel überzeugend naehgewiesen hat. Übrigens brauchen
wir, um eine Bekräftigung dieser Anneht zu erfahren, nicht
zu weit zu gehen. In den Parkanlagen von Wien z. B., und
zwar auf den Gehwegen um\ iiiclit auf den Wiesen, oft auch
in den dem Verkehre entrückten btraiieu. kann m-\n spielende
Gruppen häufig heobat*hten. Fragt man die Kinder, was sie
spielen, so antworten sie zumeist: ralästern, Äußere und Innere
oder Nationen. Nun ist das erste Spiel auf das schönste
deutsche Spiel, den ^Deutschen Schlitfball" zurflckzuführen,
der hier zu einem Weitertreiben des Balles herabgesunken ist.
Während sich bei diesem Spiele doch noch mehrere Schiller be-
theüigen, sieht man bei „Äußere und Innere^ in den aller-
meisten Fällen nur zwei Schüler sich tummeln. Bedeakt man
aber, dass gerade dieses Rpi» ! von einem Parteispiel herkommt,
welches dem „Deutseheu .Siblacrball"'. infolge des spannenden
Verlaufes, der erforderlichen üeschicklichkeit im Zin\>'rfen,
Fangen und Treffen mit dem kleinen Ball und ganz besonders
wegen der Noth wendigkeit eines feinen Zusammenspieles, zu*
nääst liegt, so muss jeder Kundige eine solche Degeneration
der Spiele, wie sie hier zutage tritt, nur aufs tiefste oedauern.
Durch den bisherigen Sjiielbetrieb in der Schule koiunit der
„Deutsehe SehlagbaU'^ wieder zu Ehren; hoffentlich geschieht
das auch mit dem zweiten Spiele.
Das wichtigste Moment für den BestaTnl der Jugendspiele
ist das Vorhandensein eines tr^'fMVneten SpitMpl atzes. Es
muss aiiL-h hier freudig hervorgeiiubeu werden, dass eine groÜe
Zahl vou Gemeinden eine sehr lobenswerte Bereitwilligkeit an
den Tag legt, der Jugend wenigstens einen Spielplatz zu sichern.
Am günstigsten sind die unmittelbar bei der Schule gelegenen,
wie z. B. in Bre^enz, Friedek, Dombirn und Ejrems, oder
solche, die in wenigen Minuten von der Schule aus zu erreichen
sind, wie in Böhmisch-Leipa und Teplitz, jede mit einem
Flächenraume von 3 ha. Ferner haben größere Plätze auf-
zuweisen Khigenfurt, Laibach, Mies, Pilsen, Mähriscb -Trübau,
Wien u. a. Die St. Ii. iu Elbogen hat einen „reizend gelegenen
Spielplatz ", und das St. G. in Krumau spielt ^auf der wunder-
voll mitten im Walde gelegenen Rossziplwiese". Eine weit-
gedehnte Hutweide steht dem St. G. in Krainburg zur Ver-
fügung, sowie dem gr. or. G, in Suczawa der über 1000 Joch
umfassende Tartarasch.
Aber ohnegleichen im In- und Auslande siebt der nach
dessen Begründer, dem Univ. Prof. Dr. Heinrich Tordan,
benannte „Jordanpark" in Krakau da. Auf einem Flächen-
raume von 10 /m befinden sich 12 Turn- und Spielplätze, n Ge-
bäude, umrahmt von bereits stattlichen Bäumen, schattigen
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Die Forderung der körperlichen Aosbiidung.
Nwchen mit Bänken. Dort spieion an jedem Wochentage über
1000 Kinder unter sachkundiger, von Prof. Jordan bezahlter
Leitung, und an Öonn- und Feiertagen Lehrlinge und Gesellen.
Leider begegnen die dortigen MittelBcliuleii dieser wirklich
großartigen Sehöpfuiig mit einer beispielloeen Gleichgiltigkeit,
80 dass z. 6. die dortige Realschule überhaupt keine Spieler
ausweist uud die Gymnasien nur eine sehr geringe Betheiligung
erkennen lassen. Eine ausführliche Schilderung dieser bedeuten-
den Wohlfahrtseinricbtun^ habe ich 1894 in der „Monatschrift
für das Turnweseu" in lierlin, sowie in dem Abendblatt der
^Deutschen Zeitung" hier verüöeutliclit. Herr Prüf. Jordan
selbst hat seine Schöpfung in dem letzten „Jahrbuch für Jugend-
und Volksspiele" in Deutschland 189G bei Voigtlaender be-
schrieben und einen ausgeseichneten Plan hinzugefügt.
Was den Spielbetrieb im besondem anbelangt, so ist
vor allem zu bemerken, dass an sehr vielen Anstalten den
Schalem schon in der L Classe 20 bis 28 Spiele geboten wer-
den, zu welchen in den übrigen Classen noch viele andere
hinzukommen. Da--: ist aber für die ganze Bewegunr^ von
anljerordf'ntlichem ISachtheiL l>enn vor lauter Abwechslung
kommen die Schüler nicht dazu, ein Spiel mit allen Feinheiten
kennen zu lernen, daä aber erst iu diesem Zustande sie auf
die Dauer zu fesseln vermag. Und noch schlechter ist z. B.
der Usus einer Anstalt in Brünn, wo die Schüler swei Reihen
Yon Spielen zu absolvieren haben — die eine am Mittwoch, die
andere am Samstag. In dem Berichte dieser Anstalt heillt es aber
bezeichnenderweise: „Der Instinct der Schüler aber leitet sie
dahin, fast aussehlieÜlich das , Deutsche Ballspiel' zu pflegen."
Dieser Instinct scheint mir ein Zeiehen dafür zu sein, dass
die dortige Jugend noch nicht blasiert ist, weil sie sonst nur
durch reiche Abwechslung zu befriedicren wäre. Dir Schule
soll aber nicht die Flatterhaftigkeit fördern, sie 8ull im (ieircn-
theile die Jugend zur Genügsamkeit, Ausdauer, Festigkeit und
zu kräftigem Willen erziehen.
In dieser Beziehung ist es zu begrüßen, dass neben dem
schönsten deutschen Spiele auch das Fußballspiel ohne Auf-
nehmen des Balles, welches vor dem dreißigjährigen Kriege
in Deutschland fleißig gespielt wurde, sich mehr und mehr
einbürgert. Diesem Spiele %vird /umeist vorgeworfen, dnss es
zu Roheiten nur zu leicht Anlass gibt. Diese Meinunix hüben
schon mehrere widerlerrt; letzthin erst Herr Dir. Hack spiel')
in Prag, und im Programme des St. G. in Iglau heißt es: „Das
Fußballspiel, ^»gen das oft Bedenken geäußert werden, führt
in der hierorts üblichen Tereinfachten Form zu keinerlei Übel-
ständen. Mehrjährige Erfahrung lehrt, dass es unsere Jugend,
die es übrigens sehr gerne spielt, in den höheren Classen ohne
1) Dir. Dr, Johann Haekapiel im Prognunme des d. St. G. auf
der Altstadt in Prag 1896.
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14
Max Guttmaan.
Gefährdung derGesimcUieit betreibt." In Troppaa und Leitmerits
▼ereiniffen sieh die oberen Ciaseen der beiden Mittelschulen zu
friedlichem Wettstreit im Fußballspiel, und auch an der it. St. R.
in Roveredo ist es sehr beliebt. Am eifrigsten wird es aber
am L. K. G. in Baden geübt, wo es in sämmtlichen Classen
als Lieblingsspiel aufgeführt erscheint. Ich stehe nicht an,
die Fußballriege der oberen Classen dieser Anstalt, die ich aus
eigener Anschauung kennen zu lernen das \'ergnOgen hatte,
als eine der besten in ganz Österreich hmzusteflen; doch ist
es aus mannigfachen Rücksichten wünschenswert, das Fußball-
spiel nicht in allen Classen spielen zu lassen, sondern es dem
Obergymnasium vorzubehalten.
An muLchen Orten treten Spiele auf, die unter Namen
anseführt werden, welche in den Büchern selten oder gar nicht
vorkommen. Dennoeh können es anregende und sehr interes-
sant p Spiple sein. Im Interesse ihrer Verbreitung sind einige
Erl.iuterun^en hierüber erwünscht. So meldet z. B. das I. d.
St. G. in Brünn einen „Kampf im Grübchen*', das St. G. in
Krainburg „ßerühreu der llüte'", und ^Kleiufeld" wird in Trop-
pau, Weidenau und Waidhofen a. d. Thaya gespielt; daselbst
findet auch das „Deutsche Schwertspiel'' großen ijiklang. Diese
Spiele können ja gerade mit alten, Yolksthfimlichen Sitten und
Gebräuchen zusammenhängen; deshalb ist ihre Schilderung
auch in culturgeschichtlicher Beziehung zu wünschen.
Für die Entwicklung der Jngendspiele an sich, wie für
ihre Nutzbarmachung in der Jugenderziehnntr ist folgendes
Symptom von großer Bedeutung. Ks wird nämiieh von mehre-
ren Seiten bereits gemeldet, dass die Spiele das ganze Jahr
hindurch betrieben worden sind. Ich sehe hier von den In-
ternaten vollständig ab, weil diese Einrichtung dort etwas
Selbstverständliches ist Aber am St. G. in Radautz spielen
im Sommer alle Classen gleichzeitig, im Winter jedoch jede
für sich. Ähnlich ist die Einrichtung bestellt am II. d. St. G.
in Brünn, an den Mittelschulen in Iglau und an der St. R.
im I. Bezirke in Wien. Die Direction des 8t. G. in Bielitz
dagegen erblickt einen U beistand darin, dass die Anstalt keinen
eigenen Turnlehrer besitzt, der die Spiele schon im Winter
nach einem einheitlichen Plane vorbereiten könnte. Zu diesen
Symptomen kommt noch der Umstand, dass manche Anstalten
die Jugendspiele nicht in einem gesonderten Capitel, sondern
unter den facultativen Gegenständen au£fülu%n. In dieser
Auffassiing ist die St. B. in Eger 1893 vorangegangen, und
nun treten für sie bereits fünf Anstalten ein, und zwar die
»St. Rn. in Marburg und Pilsen, die St. Gn. in Pilsen, Seiten-
stetten und bei den Schotten in Wien. Die Bedeutung dieser
Auffassung ist einleuchtend, und um die erziehlichen Vortheile,
die aus den Jugendspielen reichlich tiießen, zu sichern, ist es
gewiss erwünscht, die Jugendspiele als facultativen (jegenstand
mit einer Stunde wöchentlich au den Anstalten einzuführen,
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Die Förderung der körperlichen Ausbildung. 15
welche bereite obligatoriseliee Tarnen besiteen. Dadurch würde
auch die Frage der Honorierunff in einer für alle betheiHgten
Kreise befriedigenden Weise gelöst werden. Freilich könnten
dort» wo die Verhältnisse besondere günstig liegen, die Jagend-
spiele auch obliirntorisch eingerichtet werden, wie es
Herr Dir. Horak lu Brünn, Herr Prof. Sallac in Reichenau,
Herr Prof. Tisch in Troppau und die St. E. in Leitmeritz
wünschen.
In Bezug auf die Intensität der Spiele steht das Semi-
narium Yincentinum in Brizen mit IS^lich zweistündigem
Spiele obenan; ihm folgt die Stella Matatma in Feldkirch mit
iVf Standen täglieh; ebenso wird aach am k. k. Theresianam
in Wien taglich gespielt, denn bei schlechter Witterung und
im Winter steht der ^roße Fechtsaal zur Verfügung. Von den
übrigen Anstalten weist das L. K. G. in Baden mit ")! Spiel-
tagen di»' meisten Spielgelegenheiten aus; dann folgt das St. G.
in OberhoUabrunn mit 40, das I. d. St. G. in Brünn mit 38,
die b. St. R. in Pardubitz mit 85 Spieltagen u. w.
Die Leitung der Jugendspiele liegt zum allergrößten
Theüe in der Hand des Tarnlehrers. Diese sind in den meisten
Fallen Fachtnrnlehrer; es kommen aber auch viele Volks- und
Bürgersehnllehrer anter ihnen Tor and nnr wenige Lehr*
personen, welche bei dem Geschäfte der Erziehung nicht ander-
weitig beschäftigt sind. Im Gegentheiie ist herrorzuheben, dass
aneli von den ordentlichen Lehrern der Mittelschulen
ein großer Theil sieh aueh für die lv<»rpprli<*he Erziehung nicht
nnr interessiert, sondern auch thatsUchlicli als Unterweiser im
Turnen, in den Jugendspieien und anderen Leibesübungen eintritt.
An den 274 Mittelschulen unterrichten 2ül Lehrpersonen im
Tarnen. Davon sind 89 Fachlehrer 30*5%, dann 85 Volks-
nnd Bürgersehnllehrer 2d'2%, 74 Professoren, gegenüber
40, wie sie Nenbaner and DiviS 1896 aasweisen; sie bilden
37*1 % , and 2b Lehrer = 3*2 % sind entweder Beamte oder Lehrer
in Tarnvereinen. Während nun die Fachturnlehrer mit sehr
wenigen Ausnahmen auch die Jugendspiele leiten, unterweisen
nur 11 Professoren auch in den Spielen; dafür aber gibt es
außer diesen 28 Professoren, die sich der Jiit^endspiHo an-
nehmen, so dass im ganzen 102 Professoren auch an der körjier-
lichen Ausbildung der Jugend wirkungsvollen Antheil nehmen.
Die verhältnismäßig hohen Ziffern der Turnlehrer aus Profes-
soren, Volks- una Bürgerschalkreisen erklären sich daraus,
dass an einer Anstalt oft drei bis vier nur einige wenige Stun-
den übernehmen, während die Fachtu nilehr er häufig an zwei
Anstalten mit 30 und mehr Stunden beschäftigt sind, so dass
diese weitaus den größten Antheil an der körperlichen Er-
ziehung nehmen und wohl die meisten Erfahnniixen zu machen
Gelegenheit haben. Sind auch den Schulbehördeii FmTil.'hrer
mit einer größeren Lehrbefiihigung erwünscht, und üas mit
Recht, so wird doch der Staat die Fachturulehrer nicht gans
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IG Max Guttmann.
«ntbehren können, weil das Gebiet der körperlieben Erziehansr
immer größer wird, daher nieht leicht za beherrschen ist, und
weil sie dem, der sie zum Lebensberuf erwählt hat, die Be-
friedigung vollauf hietet, wie sie nur irgend eine Wissenschaft
zu bieten imstande ist
Das Interesse nller Mittpl^elnillehrer an der k'M-perlichen
Ausbildung unserer Jugend konnte aber noch gehoben werden,
und ich denke da besonders an den Nachwuchs, wenn für
eine häufigere und intensivere Aussprache gesorgt würde, als
es bis jetzt der Fall ist. Das könnte geschehen entweder am
pädagogischen Seminar oder am hygienischen Institute oder
im Zusammenhange mit der Tumlehrerbildungsanstalt an der be-
treffenden Universität. Am besten könnte dieses Bedürfnis
in Verbindung mit dem letzteren Institut in zwei wöchentlichen
Stunden befriedigt werden. Wenn ich richtig vermuthe, wird
dieser Gedanke zuerst an der deutsehen Universität in Prag ver-
wirklielit werden. In dieses Seminar für Turner wären Candidaten
des Mitlelsehullebranites /uzuhissen, auch wenn sie nicht direct
Turnlehrer werden Wullen. 8ie würden dort au der Hand
bewährter alter Schriften, sowie auch neuerer und neuester
Erscheinungen der einschlägigen Literatur Über die Mittel zur
körperlichen Ausbildung aufgeklärt und sur Bildung eines
selbständigeu Urtheils ang« re<jft werden. Diese Einrichtung
scheint mir imstande zu sein, die Candidaten für das Lehramt
an den Mittelschulen mehr als bisher für die körperliche Er-
ziehung /n interessieren, was nach vielen Richtungen von
großem Vorthtrile wäre.
Von den übrigen Mitteln zur körperlichen Ausbildung
kommen zunächst die Schülerwanderungen und Ausflüge
in Betracht. Aus den bedeutenden Ziffern, welche über die
Thdinahme an diesen Unternehmungen Torlie^en, sieht man
so recht deutlich die Lust und Freude der bchüler heraus.
Dabei ist nicht nur der Umstand hervorzuheben, dass das
b. St. U. in Reichenau mit 40 Ausflügen an erster Stelle zu
nennen ist, dass die b. St. K. in Kakonic 33, die St. R. in
Brünn 30, das 1. d. und das b. St. G. daselbst je 28 Wan-
<ienini:''n unternommen haben, sondern auch noeli <h''r Umstand,
dass süwoiii Austlüge über einen ganzen Tag, über zwei und
mehr Tage innerhalb des Schuljahrejs ausgeführt worden sind.
So hat z. B. das St. G. in Triest mit 140 Schülern und zehn
Lehrern einen Ausflug nach Pola gemacht und die Alterthttmer
in Mitterburg-Pisino besichtigt. Euiezu erhielt die Anstalt eine
Subvention von Seite des hohen Unterrichtsministeriums. Be-
sonderer Aufmerksamkeit erfreut sich auch Carnuntum, wo die
Raste alter römischer Cultur, von kundiger Hand geleitet, mehr
und mehr aufgedeckt werden. Im abgelanfenen Jahre haben
das Schotten- und Maxiniiliansgymnasium in Wien dahin
archäologische Ausflüge unternommen. Diese, sowie der des
Triester St. G. sind im Octoberheft der „Zeitschrift für die
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Die Förderung der körperlichen Ausbildung.
17
dsienreiehiseheu GymnaBien'' von Herrn Dir. Dr. Franz Swida
nnd Herrn Prof. Hngo Jurenka in ansehender Weise ge-
schildert worden.
Einen zweitägigen Ausflug hat die St. R. iu Linz über
Rerclitejägaden nn den Königssee, zurück über Hallein und Salz-
biii-g ;iusgei'ülu-t. Auf dieselbe Dauer erstreckte sich eine
\\ aii lt'i ung des b. St. G. iu Kreuisier und des b. R. G. in
Clii udiiii. Die b. St. R. in Kuttenberg hat zwei Schülerreisen
iu 2 Vi? beziehungsweise iu iV/i Tagen absolviert, während das
b. St. G. in Kdniginhof durch 5 Taee die benachbarten Gane
dorchsog. Ja selbst in der rauhen Juireszeit sind mehrstündige
Wanderungen, besser bekannt unter dem Namen „Übungs>
märsehe", ausgeführt worden, und zwarznerst auf Anregung des
CoUegen K. Fechter an der IL St. R. im II. Bezirke Wiens,
dann auch in Brünn. Neutitschein. Cz^'rnowit/ , l'ndaiit/, be-
sonders aber in l^öhrupii. Wenn ich mir nurii /u Ijcnierken
erlaube, dass der Jahresa usHiif/ des ganzen (.xy muasiums in
Weidenau sich bis in die neueste Zeit erhalten hat, dass im
ganzen mindestens 351 Ausüüge durchgeführt worden sind,
so wird man zugeben, dass auch dann eine betiAchtliche
Leistung liegt. Im besondem yerdient noch her^oraehoben
zu werden, dass am St. G. der Benedictiner in l£lk der
Herr Prof. Benedict Hager der erste ist, weicher als
Zeichenlehrer Studienausflüge unternommen hat, um die
Schüler auf interessaTitf GofffTistäncle in der Natur nufnierksam
zu machen und sie zur Äutertignng ein^r Skiz/.e anzuregen.
Werden die Studierenden im Laufe des Seluiljahres su mit
dem Wandern vertraut gemacht, so ist es wolil selbstvt^rständ-
lich, dass sie in deu Ferien freudig den Wauderstab ergreifen,
um Land und Leute, Sitten und Gebräuche der Bevö&erung
aus eigener Anschauung kennen zu lernen. In Bezug auf solche
Ferialreisen hat sich Herr Prof. Sallac in Reichenau die
größten Verdienste nicht nur in theoretischer, sondern vielmehr
noeh in praktischer Beziehung erworben, da er seit 18*)0 jähr-
lieli mit einer größeren Schülerzahl des dortigen St. G. der-
artige Reisen iu Osterreich und Deutseliland ausgeführt hat.
Die letzte dauerte 14 Tage im August und führte in den
liühmerwald. Daran betheiligten sich 18 Schüler. Die dureli-
schnittlichen Kosten betrugen für jedeu 2'J Ü. Außerdem hat
Profi Sallaö mit 61 Schülern die ethnographische AuBstellung
in Prag durch drei Tage besucht, wobei ein jeder nur 7 n.
auszugeben hatte. Für eine rege Betheiligung an Ferialreisen
treten bereits viele Directionen erfolgreich ein. Während
1895 tausend Schüler derartige Wanderungen unternommen
haben, sind es 1890 mindestens 1185, da einige Anstalten nur
ganz allgemein sa^f n dass mehrere Schüler Ferialr<Msen unter-
lioiiiiiien haben. Ilier ist auch zu erwähnen, dass in der Ferien-
coliniie zu Steg Schüler Erholung umi Kräftigung gefunden
haben, ebenso mehrere Schüler in Groli- Ullersdorf in Mähren.
„ÖMwr. lUttolflclialft*'. XI. Jilu«. 2
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18
Max Gnttmann.
Eine der beliebtesten Leibesübungen der studierenden
Jugend ist der Eislauf, der seit dem hohen Erlasse vom
15- Spptenib<'r 189U o^ütv/ nn(i»M-ordentliche Fortschritte auch
in der Bevölkerung^ gt'inaclit hat. Das Schiitteuf iih reu ist
besonders in den Internaten eine der sjesuchtesten Ere<»t7,lieli-
keiten. Selbst das Skiläufen gewnmt zusehends, an Aus-
breitung. Berichte hierüber liegen bis jetzt TOn sechs Anstalten
Tor, wo mindestens 127 Schüler sich diesem Wintonrergnügen
nnter der Leitung von Professoren hingaben. Erwähnenswert
sind die Ausflüge des L. B. G. in Baden anf das eiserne Thor
nnd die der St. R. in Steyr auf die Hänge und den Kamm
des Damberges. Dem Baden der Schüler wird grobe Auf-
merksamkeit geschenkt, und die Zahl der Freischwimmer ist
in steter Zunahme begriflen. Bei dieser Leibesübung fällt der
Umstand auf, dass die österreiehiseheu Programme viel mehr
Schwimmer ausweisen als die preußischen, obgleich in Nieder-
deutschland die vielen Flüsse und Seen mannigfache Gelegen-
heit zum Betriebe dieser Übung bieten. Hier verdient noch
hervorgehoben zu werden, dass manche Glassen an der d. St. R.
in Brünn im Tomsaal derart in den Schwimmbewegungen unter-
wiesen wurden, dass sie nach drei bis vier Versuchen im Wasser
als Freisehwimmer erklärt werden konnten. Ein Schul-Brause-
bad hat nur Karlsbad aufzuweisen, das von QS% der Schüler
benützt wurde. Von der kräftigenden Wirkung des Rudern s
spreclien 12 Anstalten, aber nur die St. Gn. in Ii ud weis und Lau ds-
kron geben auch die Zahl der Übenden mit 102 -f- 92 = lil4
Schüler au. Fechtunterricht wurde den bessern Turnern der
Oberclassen am St. G. in Pola und in Krems ertheilt, und die
Turner der YII. nnd VIIL Glasse am Elisabethj^ymnasium in
Wien wurden im Kapierfecbten unterwiesen. Viele Anstalten
berichten über die Zunahme der Radfahrer. Ein Schüler
eines Wiener Gymnasiums hat ganz allein eine Ferienreise zu
Rad bis Dresden und zurück ausgeführt. Endlich möchte ich
noch bemerken, daf?s der Ilandfertigkeitsunterrielit am
Theresianum, an der Speueder'schen Erziehungsanstalt in Wien
und am Ii. G. in Karlsbad eingeführt ist.
Die hier erwähnten Leibesübungen werden an sehr vielen
Anstalten von der Schülerlade gerne und kräftig unterstützt,
was durch die Anseha£Pung von Schlittechuhen, Eislauf- und
Badekarten, Unterstützung bei Turnfahi-ten u. s. w. geschieht.
Da nun die Leibesübungen einen bedeutenden Theil des
Tdeenkreises der Schiil»'!- ausmachen, ist es eigentlich selbst-
verständlich, dass der Professur der Unterrichtssprache' theil-
weisc die Themata für schriftliche Arbeiten aus diesem Ge-
biete holt. Während 1803 nur sehr wenige solcher Themen
zu linden waren, sind im abgelaufenen Jahre über hundert zu
verzeichnen. Fast alle Anatuten lassen die Schüler über „die
Vorzüge und den Nutzen der Fußreisen" nachdenken, „die
olympischen Spiele", „der Eislauf, „«bis Radfs^en", „das
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Die Förderung der körperlichen Ausbildung.
19
Jugendspiel^ worden vielfach erörtert. An mehreren Anstalten
wurde der „Wert des Turnens'' und „die Annehmliehkeiten
und der Nutzen geselliger Spiele'', sowie ^die Wichtigkeit und
der Wert der Leibesfitnnffen" behandelt. Es wurden Tiele
Vergleiche zwischen den olympischen Spielen und den Tur-
nieren, sowie den Kanipfspieleu im Nibelungenliede gezogen,
und an mehreren Anstalten wurden die herührien Themata
aucti zu Rede üb untren benutzt. Diese (legenstände bieten
vielen Lehrern und erwachsenen Schülern Gelegenheit, die
körperlichen Tugenden ins rechte Licht zu setzen, ihnen Ge-
rechtigkeit widenahren an lassen; sie bieten die passendste Ver-
anlassung, au zeiffen, dass nieht nur Natur und Kunst, Literatur
und Gesdiichte allein sich für die schriftliche Darstellung eignen
und als ethisches Endehungsmittel verwendet werden können.
Durch eine derartige geistige Beschäftigung der Jugend mit
den Leibesübungen pf*»winnt ihr»» wirkliche Durchführung auf
den Übungsplätzen naturgeniall naen höheren Reiz und erzielt
eine stärkere Wirkung. Als erwadisene Männer werden sie der
körperlichen Ausbildung gewiss mit anderen Ciefühlen und an-
derer Erkenntnis g< gencfberstehen als die Mehrzahl unserer
Mitbürger in der Gegenwart!
Das zunehmende Interesse der MittelschuUehrer für die
körperliche Ausbildung der Jugend ist auch aus dem Zuwachse
der Lebrerbibliothek wahr/u nehmen. sind im ganzen
179 Werke in deutscher und 11) in böhmischer Sprache an-
geschafft worden. Obenan steht Herrn Prof. L. Lechners
„Schule und Jugendspiel'' nebst „14 Kasen.spif'leii", das nicht
nur in 30 Exemplaren für die Lehrt'rhil)liol litken , darunter
z. B. am p. St. G. in Bochnia, sondern aucii iur die Schüler-
bibliotheken am Elisabethgyumasium in Wien, am L. R. G.
in Stockeraa und an der L. II. in Waidhofen a. d. Tbbs an*
geschafft wurde. Ich freue mich, hervorheben zu können, dass
iedes Werk, besonders im ersten Theile, eine ganz hervor^
ragende Erscheinung in der Spielliteratur im allgemeinen und
in der Österreichischen im besondern ausmacht, und dass z. B.
die Erläuterungen übor das Lawn-Tennis-Spiel sieh durch be-
sondere Plastik auszeichnen. Doch enthiilt der praktische Theil
nmnehes Überflüssige, während dort manches sehr Nützliche
und Nothwendige fehlt. Durch diesbezügliche Abänderungen,
die auch in Aussicht gesteUt sind, könnte dieses Werk eines
der brauchbarsten für den Betrieb der Ju^ndspiele werden.
Bis jetzt ist es von Wickenha^n in der „Zeitschrift fdr Turnen
und Jugendspiep und von mir in der Monatsschrift für das
Tarnwesen'* besprodhen worden. Beide Zeitschriften werden
von Gymnasiallehrern herausgegeben, stehen im unmittelbaren
Contacte mit der Schule und sind ein wertvolles Hilfsmittel
in der Hand di s dankenden Turnlehrers. Die „Zeitschrift für
T. u. .)." wird auch von den b. St. R. in Olmütz und Pardubitz
gehalten. Die übrigen deutschen Fachzeitschriften erscheinen
8*
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20
Max Gutttnann.
alle in Deutsehland oder in der Schweiz, aber keine in Öster-
reich. Hier worden bereits dreimal deutsche Tumzeitungen
begründet, konnten aber nie Uber zwei Jahre bestehen. £s ist
das umso bedauerliclior, als die österreieLischen Fachschrift-
steiler auf (las Ausland nnirewiesen sind, die dortigen Z»>it-
Fchriftcn ;i1mt wiederum nicht in dem Maße in Anspruch
nehmen kuimen, als es nothwendig wäre. Von den öster-
reichischen Fachzeitschriften berücküichtigt noeh die „Öster-
reichische Mittelschule" die körperliche Erziehung am meisten,
kann aber dem BedQrfnis selbstyerstiindlieh nicht genfiffen.
Die hier entworfene Skizze über den Stand der Körper-
lichen Ausbildung würde jedoch eine klaffende Lücke aufweisen,
wenn ich nicht die in ihrem Gefolge einherschreitenden außer-
ordentlich mannigfaltigen Tabellen erwähnen würde. Diese
sind tlu^ils umfassender Natur, wie z. B. in Aussig, am »St.
U. m budvveis, Ung. Hradisch, Kremsier mit 24 bis 2t) Rubriken,
und das II. St. G. in Brünn hat sogar eine Tabelle mit 28 Ru-
briken aufzuweisen; theils behandeln sie besondere Leibes-
übungen, wie turnerische Leistungen, unter denen das Pent-
athloninMelk besonders hervorgehoben zu werden Terdient»
und das der weiteren Pflege und regsten Nachahmung hiemit
bestens empfohlen sei, dann Ausflüge, Spiele, Eislauf n. a. m.
An der St. R. in Linz werden im Texte die Chründe angeführt^
warum einzelne Schüler manche Leibesübungen nicht pflegen,
wodurch manche Anschauungen eine grelle Beleuchtung er-
fahren.
Eine größere Einheitlichkeit ist nur au den niedfröstcr-
reichischen Mittelschulen wahrzunehmen, die durch den hohen
Erlass des L. S. R. Tom 23. December 1890, Z. 10469, herror-
ge rufen worden ist. Von hier fand die Tabelle Eingang in
Tiele deutsche Mittelschulen und mit einer Erweiterung auch
in die b. 8t. R. in Kdniffgrätz, worauf sie von allen Realschulen
mit b. Unterrichtsspracne nachgeahmt wurde. Sonst obwalten
jedoch die gröHten Verschiedenheiten.
Ungetheiltes Interesse riher wird wohl den Tnhpllen /.u-
theil werden, welche das Wachsthum der studierenden Jugend
verfolgen. Die Messungen erstrecken sich auf GröUe, Brust-
umfang, Gewicht und Kopfumfaug und werden am Theresianum
in Wien seit 1888, am G. G. in Aussig seit 1893 und an der
b. St. R. in Rakonic seit 1895 vorgenommen. Ja, an letzerer
Anstalt wird sogar die Yitalcapacität bestimmt, das ist der
Unterschied des Brustuiufanges zwischen Ein- und Ausathmnng.
Da aber sowohl in Aussig, als auch in Rakonic die Zusammen-
stellung nach Classen erfolgt, zeif^en ihre MaÜzahlen e^röHere
Verschiedenheiten mit den rsormalmalien als die nach dem
Alter der Schüler verfasste Tabelle des Theresiannms. Diese
Form ist aber gewiss die zweckmäßigere. Alle Messungen aber
leiden an dem Mangel, dass die Malistäbe nicht angegeben sind,
wodurch Vergleiche und wissenschaftliche Verwertung fast nn-
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Die Förderung der körperlicbea Ausbildung.
21
möglich werden. Berüeksichtifft man daza die Yorhandenen
großen üntersehiede in den Tabellen bei Beneke, Broea,
andois, Quetelet und anderen Physiologen, so wird man
angeben, dass durch eine Reihe genauer Messungen manchem
Zweige der Naturwissenschaften sehr nützliche Dienste er^Wesen
werden könntf^n, ganz ?.u gesell wei<3^en von der wohlthätigen
RückwirkiiiiL' uuf das Ha,us uud die Bevölkerung. Deshalb
sind Messunojen zu empfehlen. Aber die vielerlei Tabellen sind
nicht uöthig. Es würde z. B. eine allgemeine Tabelle alle
Leibesübungen nebst den Krankheitsfällen und den mit einem
körperlichen Leiden Behafteten zn enthalten hab«i. Sine an-
dere Tabelle hätte die Wanderungen, Ton denen sich selten
zwei ganz gleich sehen, zusammenzufassen, und die dritte Ta-
belle müsste über das Wachsthum und die körperliche
Leistungsfähigkeit Aufschluss geben. So verlockend es auch
ist, auf die Einzelheiten der Tabellen einzugehen, so muss ich
es mir dennocli aus Mangel an Zeit versagen. Hier möchte ich
nur auf die ausgestellten Tabellen verweiaen, welche einen
schwachen Einblick in die emsige Thätigkeit gewähren, die an
den alleimeisten österreichischen Mittelschulen zur Förderung
der körperliehen Erziehung besteht. Möge auch fernerhin den
Bemühungen zur Hebung der Wohlfahrt, zur Festigung der
Gesundheit uud Rüstigkeit des heranwachsenden Geschlechtes
kein geringeres Wohlwollen und keine geringere Unterstützung
von Seite der Lehrer und hohen Behörden, wie bisher, zntheü
werden.
Aus der bisherirtf^n Entwicklung der Sache ergeben sich
demnach folgeudi W ünsche für die weitere Ausgestaltung der
vorliegenden Angelegenheit:
1 . möge jede Lehrerbibliothek wenigstens ein Werk über die
gesammte körperliche Erziehung, dann über allgemeine
Hygiene und über Schulhygiene im besondem besitzen;
2. sind auch den Schülern durch die Schfllerbibliotheken
manche Schriften über Leibesübungen zugänglich zu
machen;
3. möge an jeder Universität ein Seminar für Turnen (oder
für die körperliche Ausbildung) errichtet werden, zu
welchem alle Lehramtscandidaten für Mittelschulen zu-
zulassen wären;
4. möge der Turnunterricht allmählich an allen Schalen
obligat und mit den nothwendigen Lehrmitteln aus-
gestottet werden, namentlich mit einem freien Turnplatz;
5. möge sich in Fortsetzung dieses Raumes der Spielplatz
anschließen;
6. mögen die Jugendspiele dort, v:o der Turnunterricht
bereits obligat ist, als facultativer Gegenstand, und wo
die Verhältnisse besonders günstig liegen, mögen sie
obligatorisch mit einer Stunde wöchentlich für jede Classe
eingeführt werden;
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22 Max G uttmann. Die Förderung der körperlichen Ausbildung.
7. mögen Wanderungen in jeder Jahreszeit unternommen
werden, die sieh zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten
anch auf mehrere Tage erstrecken können; sie sind in
einer Tabelle, ähnlich der von df»r b St. R. in Rakonie
znsamraenzustellea, iiiul die sie leitenden Lehrer sind
vom Staate entsprecheiid zu honorieren;
8. möge über die Betheiligiiug au den verschiedenen Leibes-
übungen nur eine Tabelle Auskunft geben, die auch das
Turnen, eTentnell die bievon dispensierten Scbfller,
• dann auch den OesnndheitszuBtand zu berücksielitigen
hätfce;
9. und endlich wären Messungen über das Wachstbum
und die körperliehen Leistungen der Schüler zu em-
pfehlen.
Mit (li in Heutigen war ich bestrebt, der liuchansehuliehen
Versammlung einen Lberblick über die so mannigfachen Be-
strebungen zur Förderung der körperlichen Ausbildung der
studierenden Jusend zu geben. Es liegt in der Natur der Saehe,
dass ich nur Stidiproben geben konnte, wahrend die eingehende
Bescl^ftiguug mit ihr ein Gefühl besonderer Befriedigung her-
Yorrufen wird, weil die versehiedenen Factoren an den aller-
meisten Orten mit einem, ich möchte fast sagen, väterlichen
WohlwollfTi die körperliclie Ausbildung zu heben bemüht si?id.
Darum gebärt tiefgefühlter und aufrichtiger Dank den Männern,
welche den ersten Anstoß zu (iieber bedeutuugSToUen Bewegung
gegeben haben.
Anhang.
nttelschulen ohne Turnunterricht.
A. StautsiuiHtalten :
1. Gymnaisium in Buczacz; 2. L'iitorg. in Cilli; o. l'nterg. iu Krain-
burg; 4. Gyinnasium in Suczawa; 5. Gymnasinm in Neuhaus; 6. (iyni-
nasiam in Klattau; 7 rrymnasium in Jungbanxlaa; Gymnaaum in
Neubjdzow; d. Gymnatdum in Zara.
B. Privatanstalten:
1. Stifts-G. der Benedictiner in Braunau; 2. Gymnasium der Kran-
ciscauer in Bozen; 3. Pr. G. der Jesuiten in Kalks bürg; 4. f. e. Pr. G.
am Di5c«san-Knabeii*eniinar in Kremsier; 5. bischöfl. Knabenseminar
auf tlpTn Freinl>prf^e bei Linz: 6. Pr. 0. am bischöfl. Knabenseminar der
Diöcese Leitmeritz in Maria-Schein; 7. polniaches Pr. G. in Teschen;
8. Pr. G. der ^MfMce l^lskA^ in Troppan.
Mittelsebulen ohne Jugendspiele.
A. Staatsanstalten:
1. Gpnnasium in Drohobicz; 2. Gjmnaaium in Jasio; 3. Keal-
scbule in Krakau; 4. Gjmnannm in Rovereto.
B. Privat-LehransUilten:
1. der Franciscaner in Bozen; 2. für die Gegenstände des Gymnasiums
am biflchOfl. Knabenseminar auf dem Fre in berge bei Linx.
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Peter Marescb. Die Frivatlectüre in den altclassiscben Spriusben. 23
Die Privaüectüre in den altclassischen
Sprachen.
Vortrag, gehalten in Yeraiiie pMittelechuIe' in Wien am 28. Januar 1897
Ton Pkof. Peter Xareseli«
Über die Frage, wie der hohe Ministerialerlass Tom
30. September 1891, Z. 1786/C. U.M., aitszafQhren sei, gibt es
schon eine kleine Literatnr. leb erwähne vor allem den Aufsatz
des Herrn Landes-Schulinspectors Dr. J. Hnemer in der „Zeit-
schrift für österreichische Gymnasien", Jahrgang 1891, S. 1029ff.,
den Aufsatz Ton Prof. F. Süß in demselben Jahrgänge der
Gymnasialzeitschrift. Snpplemeutheft S. 34 ff., den Vortrag des
Prof. Dr. Anton Prinutzit am 8. April 1893 im Vereine ..Mittel-
schule" und die daraui't'olgende Debatte, beides veröffentlicht
in der „Osterreichischen Mittelschule'', V'll. Julugaug, S. 243 ff.
and S. 371 ff., den Aufsatz des Dir. Wilhelm Peratboner:
„Erfahrungen der Scbalpraxis auf dem Gebiete der PriTatleetüre
in den altclassischen Sprachen", y^Zeitsebrift für dsterreicbiscbe
Gymnasien", Jahrgang 1896, S. 1029 ff., nud den „Erlass des
mährischen Landesschulrathes betreffend die Piivatlectttre in
den altclassischen Sprachen" in derasRlbcn Jahrgange der zuletzt
genannten Zeitschrift. S. IC 17 ff. Außerdem habe ich noch
beachtet ein vortreffliches Büciilein von F. Ranke: „Rück-
erinneruügen an Schuipforta aus der Zeit von 1814 — 1821'',
ein Werk, das eia hochgeschätzter Pädapotfe als ein Exempel-
buch einer jeden theoretischen FädagugiU bezeichnet.
Unsere Lehr- nnd Erziebnngsthätigkeit, die unsere eige nt-
Hcbe Berufsarbeit ist, wird mit xlecbt sehr gerne eine Kunst
genannt. Es genügen also Gesetze und Verordnungen, Fach*
wissen nnd scharfer Verstand, Kenntnis der pädagogischen
Theorie und eine gewisse praktische oder mechanische Fertig-
keit noch nicht zur vollen Erreicliunc^ unserer hohrn Aul-
^uln», sondern es müssen mancherlei sogenannte Impundera-
biiien. deren Summe ich mit dem Ausdrucke „Macht der
Persönlichkeit" bezeichnen will, mit zu einem Ganzen ver-
einigt sein, das erst den Lehrer zum Künstler stempelt. Und
als Künstler mnss der Lehrer, durchdrunj^en Yon wahrer Liebe
zur Jagend und auch zum Staate, der sie angehört, das, was
er in seinem fast fföttlicben Berufe leisten oder, richtiger ge-
sagt, schaffen soll, vorher mit der schöpferischen Pm^ntasie
schauen. Dass aber auch der Lehrer, der den Namen eines
KüTi^^tlors mit vollstem Hechte verdient, sein vorher im (r^i'^te
ge.^t liimtes Ideal nie im allgemeinen und ;ni<'h im besonderen
nur selten, und da nur annähernd verwirklichen kann, hat
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24
Peter Maresch.
seinen Grand darin, dass wir Lehrer alle unser lebendiges
Material nicht so in unserer Gewalt haben wie der KünsSer
seinen todten Stoff, den er beliebig in einen geeigueteren um-
tauschen kann. Ünd doch stehen wir sogar höher als die
Künstler; denn wir dionen dem AVahren, Schönen und Guten
zugleich und haben mit diesen drei Meißeln — verzeihen Sie
diese Metapher — die uns überantworteten mit rohen Öteiu-
blüeken vergleichbaren Seelen allmiiiilich in menschenwürdige,
d. i. gottähnliche GesLaiteu zu verwandelii, wir haben durch
den erziehenden Unterricht in den wichtigsten Gebieten des
Wahren, SehSnoi und Guten echte sittliche Charaktere heran-
zubildeot d. h. die Grundzflge su diesen CharaJrteren za bilden;
denn die schlieOliche feinere Ausbildung des Charakters voll-
zieht sich erst später „im Strome der Weif, wie Strümpell
sagt, in der harten Schule des Lebens.
ich habe etwas zu woit ;in«[Tp]inH, alier es musste sein;
denn wir classische Phih)h^gen arbeiten einmal im Sonnenlichte
der höchsten Ideale und haben die herrliche Aufgabe, in die
empfänglichen Herzen der uns anvertrauten Jugeud Begeisterung
oder wenigstens eine gewisse Wohlgeneigtheit fUr die Ideen
des wahren Humanismus zu pflanzen, der die trabe Seite des
irdischen Daseins TerkliLrt und das Menschenthom Teredelt.
Und wenn es mir durch diese wenigen Worte gelungen
sein soll, in ihr Bewusstsein, meine Herren, eine hochideale
Auffassung unseres Berufes zurückzurufen, welche wir ja h ider
oft im bitteren Enist^ loichf V4'iiieren können, so kann ich
getrost tiefer hinabsteigen; aber ich will mich in der Behand-
lung meines Themas doch auf eine noch immer ideale Stufe
der Schulpraxis stellen.
Weil eben unsere Lehr- und Erziehungsthatigkeit eine
Kirnst ist, kann nicht jeder Erlass, der gewisse Anforderangen
an die SchQler und die Lehrer zugleich stellt, seinem Inhalte
nach so beschaffen sein, dass er sich sofort leicht und einfach
durchfuhren lässt, sondern mancher legt uns die Pflicht auf,
uns zuerst über viele Punkte sowohl durch eifriges Studium
und Nachdenken, als auch dureli praktiselie Versuche voll-
stiiiidicTt' ivlarheit zu verschatten. Dann sind wir endlieh erst
imstande, das, was der betreffende Erlass von uns verlangt,
mit der uüthigeu Einsicht und Geschicklichkeit und somit auch
mit wahrer Lust und Liebe so durchzuführen « dass das von
dem Erlasse vorgesteckte Ziel, den Untemeht oder die Er-
ziehung oder beides, den erziehenden Unterricht zu fördern,
in Ubereinstimmung mit den obersten Zielen des Gymnasiums
richtig und sicher erreicht wird. Ein solcher Erlass ist der
über die Privatlectüre ; denn er enthält, wie die fünfjährige
Erfahrung lehrt, noch immer Punkte, über die rfinf Klarheit
herrschen muss. Ich will diese Punkte zu l)eleueiiU n suchen
und meine ürtheile in die Form von Thesen kleiden. Mögen
Sie dann, meine Herren, sich darüber aussprecheu und im
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Die FriTatlectüre in den altclassiscbeu Sprachen.
25
IntereM der hoeliwielLtigen Sache meine unmaßgeblichen An-
sichten berichtigen und ergünzen!
Bevor ich aber die Art der Durchführung des hohen Er-
lasses bespreche, will ich nach einer gewissen philosophischen
Methode die Frage über seine Existenzberechtigung be-
handeln. Ich darf dies thun. Ja ich glaube sogar, dass wir
durch eine entgegengesetzte Auffassung der obersten Unter-
richt sverwaltuug keinen Gefallen erwiesen. Denn wir haben ja
den Vorzug, daüs wir nicht vom grünen Tische aus, sondern
aus der eigenen Erfahrung reden. Meine Herren, ich schöpfe
die Frage über die Existenzberechtigung des hohen Erlasses
aus der Thaisache , dass die Privatlectfire nicht an allen
Gymnasien im Sinne des hohen Erlasses in gleicher Weise
betrieben wird, sondern dass sich da sehr bedeutende Unter-
schiede zeigen.
An den einen Gymnasien nämlich wird die Privatlectüre
sorgfältigst gepflegt und die Art dieser Pflege vom Director
und vom Landes-Schuiinspector genau überwacht, an anderen
wieder wird zwar der bedeutende Wert des hohen Erlasses
anerkannt und der Freude und Anerkennung Ausdruck geliehen,
wenn der eine oder andere Lehrer emsthch und mit Erfolg
diesen häuslichen Fleiß der Schaler anspornt und würdigt,
aber es verbleibt bei diesen Einzelfallen. Die übrigen Gym-
nasien halten mehr oder weniger die Mitte ein. Fasse ich
die äußersten Enden des angeführten Gegensatzes ins Auge,
so muRs ich aus Erfahrung und nus voller Überzeugung er-
klären, dass auf dem einen äußersten i' lriirel aus Übereifer zu-
viel geschieht, auf dem anderen zu wenig oder, wenn ich
recht gehört liabi^ sogar fast nichts. Dass sich da überhaupt
gleichsam zwei feindliche Lager gebildet haben, das gibt Ver-
anlassung genug zum Nachdenken, zumal da in beiden tüch-
tige Lehrkriifte mit eigenem ürtheile stehen. Sie sehen ako,
meine Herren, ich musste zunächst die Frage nach der Existenz»
berechtigung des hohen Erlasses aufwerfen. Doch bei tieferem
Einblicke verhält sich die Sache so, dass auch auf der schein-
bar passiven Reite die Schüler in .stattlicher Menge sich eifrig
der Privatlectüre widmen, aber nicht aufgefordert, geschweige
gezwungen werden, sie anzugeben und sich au.s ihr prüfen
zu lassen. Denn es wird auch da den Schülern der hohe Er-
lass oft und oft in Erinnerung gebracht, aber ihnen folgender
Bath gegeben (ich habe die Erlaubnis, dies hier mitzutheilen):
,iLeset fleißig privatim, besonders die oder jene Partien aus dem
oder jenem Classiker! Es wird mich freuen, wenn sich viele zur
Prüfung melden; aber wer sich nicht meldet, hat den Vortheüt
dass er vielleicht aus einer gelesenen Stelle bei der Matura ge-
prüft wird.*' Der glückliche Zufall, der hier «iftef wie in der
Lotterie eine Rolle spielt, l)estärkt selbstverständlich die jüngere
Generation in dem Vorsatze, dasselbe zu thun; und dieser Vorsatz
kann felsenfest werden, so dass er ein gewaltiges Hindernis für
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26
Peter Maresch.
die DarchfÜhruiig des Erlasses bildet. An manchen Anstalten
Sebt man einen Schritt weiter und lässt sich vor der schriftlichen
[atura die privatim gelesenen , aber nicht geprüften Partien
mittheilen. Natürlich tritt da eine Tolle AiSrichtigkeit nicht
7Aitage. — Hebe ich das Gemeinsame heraus, so ergibt sieh, dass
die beiden Gegensätzp doch nicht so grell sind, ;ils es vielleicht
unseren obersten Behörden scheinen mag. \ ieiieicht gelingt
es uns in der lieutigen Debatte, eine solche Klarheit zu schaffen,
dass die Schranke zwischen den beiden Auffassungen füllt und
die altbewährte Mittelstraße sichtbar wird und roide Parteien
anlockt, auf ihr zu wandeln.
Warum sind wir alle dafür, dass die Sehttier recht eifrig
der Privatlectüre sich hingeben sollen Der Grund ist evident.
Deshalb, weil wir in dem mehr oder minder emsigen Betriebe
der Privatlectüre vor allem ein entsprechendes sichtbares Zei-
chen des Interesses erkennen, und dann zweiten« durch
diese freiwillige häusliche Arl)eit nicht nur die SchuUeclüre eine
— ich kann sagen — unentbehrliche Vertiefung und Er-
güii/ uiig gewüiut, sondern auch die für da^ Leben und den
ifinftigcii Beruf unbedingt nöthige geistige Selbständigkeit
sehr gefSrdert wird und diese beiden Kesul&te den Fortschritt
des Schulunterrichtes erst recht beleben und sichern. F. Ranke
erzählt in d{ iii angeführten Buche Fönendes: „Die Anstalt ver-
suchte zugleich durch die Forderung ausgedehnter Privat-
besfhäftirrnnfr dif einzelnen Schüler zur Anstrengung ihrer
tM[jeaeu Kräfte, zum Selbststudium, zum ArbeitenlfTTHMi anzu-
leiten." S. 104. — „Eine Hauptaulgube des Privatstudiuius auf
der Schule war die Privatlectüre der Classiker: sie war so in
den Geist aufgenommen und zur Gewohnheit geworden, dass
nur unfleißige Schüler sich derselben entschlugeu, die besseren
aber sämmtlich ihr mit wirklichem Eifer oblagen." 8. 107. —
ifWenn wir in der Schule das meiste nur stückweise lasen,
sollten wir das Fehlendr durch Privatlectüre ergänzen.'' S. 108.
So war es damals in Schulpforta, in einer jedem Obergymna-
siasten rühmlichst l>pka!inten Lehranstalt. Was die anderen
obligaten Lehrfächer betutit, so dar!" ich hi»'r nicht unerwähnt
hiÄsen, dass auch der Pr dVssor der Mathematik eine riesige
Freude hat, wenn recht viele Schüler den häuslichen Fleiß
ausdehnen und ihre Kraft weiterüben, ludem sie aus den
Beispielsammlunjg^n auch die übrigen Beispiele, welche in der
Schule nicht behandelt werden können, zu Idsen suchen oder
sich sogar mit eigener Combinationsgabe Probleme zur Lösung
bilden. Und niem» minder begrüüt es der Professor der Unter-
richtssprache, wenn die Schüler daheim recht gerne lesen, und
scheut keine Mühe, um diesen privaten Eifer auf die richtigen
Wege und zai schönen Zielen /u fülireu. Und ähnlich verhält
es sich in den anderen (xegenstiinden. Das offenkundige In-
teresse für den Gegenstand ist ja für den Lehrer desselben
der schönste und höchste Lohn und erfüllt sein zur liescheiden-
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Die PrivatlectUre in den aitclassischen Sprachen.
27
heit erzogenes Herz mit bei weitem innigerer Freude als alle
Anerkennungen und Belobongen der Vorgesetzten.
Ich kann jetzt die erste These aufstellen:
^Priratlectüre in den beiden altclax.^ischen Sprachen
ist zu betreihen: denn xie ist das sichtbare V^eichcn dex
tnteresses. dessen Enreckung schon der Organisa f ion\- 1\ n f-
wurf als dnx erste 7Jcl hinxtellt, und ist nnhedingt mdk-
wendig ^-nr ^Cr/icfuny and Ergänzung/ der Schullecfih'e
und zur tovderung der Selbständigkeit in aeistiger Arlteii.^
Daran reihen sich sofort von selbst folgende Gedanken:
Oberlassen wir aber den Schülern die Wahl der Autoren
und der Partien aus denselben, so liegt die große Gefahr zu
nahe, dass der eine uml der andere Schüler btellen liest, die
geeignet sind, seine Phantasie und sein Herz zu vergiften,
oder sich über Stollen abmüht, die von der Aufgabe des Gym-
nasiums /n abseits liegen, so djiss or. anstatt sein ^Vissen und
sein Können zu vertiefen, dieses beide m Verwirrung bringt, weil
eben die nöthige geistige Keife zu einer halbwegs klaren Auf-
fassung uud Aueignung fehlt. Ks könnte somit leicht ein
nnverantworthcher Schaden angerichtet werden, wie er tiiat-
siehlich ohne unsere Schuld nicht selten entsteht, indem blinde
Eltern unseren Gymnasiasten eine Lectüre in der Mutter- oder
Unterrichtssprache angehen lassen, welche die jugendlichen
und daher leicht yerf^baren Köpfe und Herzen auf verderb-
liclie Bahnen drängen muss. Wir alle machen ja da oft sehr
traurige Erfahrungen. Nach meiner Ansicht aber soll, wie ich
mich vor Jahren in einem Program mauisatze ausgesprochen
habe, die Lectüre der alten Schrittsteller 1. durch ein genaues
grammalisciies uud lexikalisches Verständnis, treues und ge-
schmackvoUes Übersetzen und Erfassung des logischen Zu-
sammenhanges und Heraushebung der naupt- und Grund-
gedanken die Denkkraft des Schttiers fördern, 2. die Phantasie
er&isehen» nähren und veredeln, 3. einen Einblick in das
bewunderungswürdige Geistesleben der beiden Gulturvölker ge-
währen, in welchem die menschliche Natur in so mancher
Dichtung zur höchstmöglichen Vollkommenheit gelangt ist. wel-
ches ferner eine der Hauptquellen unserer Cultur ist, und dessen
Denkmäler verschiedener Art noch heute auf einige Wissen-
schaften und Künste einen unersetzlichen bildenden Einfluss
ausüben und wohl immer ausüben werden, und 4. durch Er-
regung Ton edlen und erhabenen Gefühlen und bleibende An-
eignung einer großen Menge edler und erhabener Gedanken,
theils auf dem Wege der Abstntction su gewinnen sind,
theils in den vielen Sentenzen schon fertig vorliegen, eine
sichere Grundlage zur Bildung eines sittlichen Charakters
schaffen. Ich schloss diese Worte mit dem Wunsche, dass
diese vier Gesichtspunkte die fortschreitende Lectüre und die
Wiederholung leiten uud auch der Vorpräparation ein bestimmtes
Gepräge verleihen mögen, damit auch diese den Schüler anrege
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28
Peter Maresch.
und sein Interesse wecke. Ich musB hier zur Ergänzung hin-
zufügen, dass auch die Privatleetüre dieselbe Aufgabe wenn
auch meist nur iu aunähertuler Weise — leisten müsse.
Es folc^t imn die zweite These:
„Damit die Schüler im allgemeitwn eine richtiffe Wahl
der Privatlecfüre treffen können y moyc mit Genvhmigttng
den hohen Ministeriums eitw passeiide Auswahl von Partien
und ganzen Werken aus Jenen umfangreichen Schulclassikern,
wm denen nur neile in den Mnden der Sehüier itein
kßnnen^ und aue einigen CUuteikemj die in der Schule niehi
gelesen werden ^ gewissenhaft und forgfäiiig zusammen/^
gesteüi und mii nüi%Uehen Einleitungen und den noth"
wendigen Anmerkungen versehen werden ; und diese Büchlein
sollen einen mäßiffen Preis haben und armen SchiUem
unentgeltich verabfolgt werden.^
Ich muss hier in Krinnerung ))riiigeü, dass Prof. Dr. Anton
Primozic: in dem erwähnten Vortrage bereits eiueu Canon der
zur Privatlectüre sich eignenden Autoren und Schriftwerke
angedeutet hat, und dass l)ir. Anton Stitz eine solche Samm-
lung mit Erläuterungen herausgeben zu wollen scheint und
schon den I. Band, der das 26. Buch von Livius enthält, im
Buchhandel hat erscheinen lassen.
Diese beantragten Ausgaben und die Schulbücher sichern
aber, wie ich gesagt habe, nur im nllgemeinen eine richtige
Wahl der Privatlectüre. Eine iiiclit geringe und nicht leiclite
Aulgabe des Lehrers wird es nun sein, jeden Schüler, der sich
der Privatlectüre unterziehen darf und will, mit Berücksichti-
gung des speciellen Interesses und des daraus fließenden Wun-
sches nach seiner Indindnalil&t imd nach der Unterrichtsstufe
auf die geeignetsten Partien in ttberzeugender und aneifemder
Wei{:e aufmerksam zu machen.
Doch das ist noch nicht genug. Es muss eine andere
Aufgabe vorangehen. Es ist auch Pflicht des Lehrers, das In-
teresse für die Privatlectüre schon bei seinem Entstehen in
eine heilsame Richtung zn lenken zu suchen, d. h. bei der
Schullectüre die Schüler auf Partien und Stellen desselben
oder eines anderen Autors, welche die von ihm erwünschte
Vertiefung und Ergänzung bieten können, neugierig und ge-
spannt zu machen. Ferner ist es Pflicht des Lehrers, durch
eme klare Methode den Schfllem die Hauptgesichtspunkte ein-
zuprägen, nach welchen die altclassische Leetüre nach seiner
Überzeugung betrieben werden solle. Diese beiden Pflichten
hude ich in dem citiei-ten Büchlein von Ranke kurz und treffend
ausgedrückt; es heißt dort S. 108: „Zur Privatlectüre zu reizen
und die Hauptgesichtspunkte, die wir dabei ins Auge zu fassen
hätten, zu zeigen, war der Zweck, den die Lehrer in der
Leetüre und Interpretation verfolgten. . . . Durch die Mannig-
faltigkeit der Leetüre sollten wir uns den Prosaiker oder
Dichter aufsuchen, der vorzugsweise unserem Geiste zusagen
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Die Privatlectüre in den altclassischen Sprachen.
und uns zu Anstrengungen anlocken wflrde." Meine Herren,
die Privatlectüre erreicht erst dann ihren Zweck, wenn
sie in Bezug auf das Interesse zu ihr, in Bezug auf die
Auswahl und in Bezug auf die Art des Betriebes gleich*
sam organisch ans dem Schulunterrichte, aus der
Schullect iire herauswächst. Aber wir alle -^vissen ans Er-
fahrung, dass trotz, der Vorpräparation die Schullectüre oft
selbst begabten und tüehtigen Schülern, wenn sie nicht zu
unerlaubten Mitteln greifen und ohne Hauslehrer arbeiten,
nicht geringe Schwierigkeiten bietet. Wir freuen uns aber
über diese Schwierigkeiten, weil sie uns eben Gelej^enheit geben,
durch Kreuz* und Querfiragen die richtige £ii)^cht hervorzu-
rufen nnd so rege Auimerksamkeit und freudigen Eifer zu
wecken und in diesem ^nstigen Augenblicke Neues mit Erfolg
anzuknüpfen. Wie schwierig muss sich daher die Privatlectüre
gestalten I Es sind ja diejenigen, welche sie betreiben, Gym-
nasialschüler, nicht approbierte Philologen, es sind das Jüng-
linge, nicht Männer; es fehlt ihnen also, mögen sie in der
altclassischen Philologie noch so tüchtig und gewandt sein,
doch die nöthige Keife des Alters und der Erfahrung, um über
frößere Schwierigkeiten endlich doch selbständig hinwegzu-
ommen und alles verstehen zu können. Wenn wir aber die
Privatlectüre nur von diesem strengen Standpunkte aus be-
trachteten, so müssten wir sie wohl verdammen oder nur auf
eine höchst geringe Auswahl von Partien beschränken. Dann
müs'-ten wir aber auch über die Privatlectüre in der Unter-
richtssprache dasselbe harte Urtheil fällen. Und wenn ich
diesen Gedanken weiter ausspinne, so müssten wir jüngere
Professoren selbst manche Leetüre auf das Greisenalter ver-
schieben, weil uns da erst das wahre Verständnis käme. Jener
Einwurf, der thatsachlich in allem Ernste wiederholt gemacht
wird, ist also ad aheurdum geführt. Aber das erhellt aus dieser
Betrachtung, dass wir Lehrer den Schüler bei der Pflege der
mit unserer Übereinstimmung gewählten Privatlectüre ein
wenig unterstützen und bei der Prüfung milder beurthei-
len müssen. Denn sonst ist die Lust, wenigstens in dem
Herzen des mittleren Schülers, bald erkaltet, oder der Schill»'!-
vertieft sich mir aller Intensität in die gedruckte Übersetzung
statt in das Original, „Es dürfte," heißt es in dem erwähnten
Buche von Rauke S. 116, „das Beispiel Pfortas sehr der Be-
achtung wert sein: das HerabdrQeken der Censuren ist dem
Jflnglin^alter nicht errorießlich; natürlich muss alles der
Wanrheit gemäß sein, aber man muss bedenken, dass Tadel
selten be.ssert, zu rechter Zeit gespendete Anerkennung aber
Muth und Freudigkeit hebt. Ehrgeiz ist in Pforta nie an-
i^e^^tachelt , Wetteifer stets augeregt worden." Daraus folgt
dreierlei: 1. Der Lehrer muss dem Schüler außer den im Schul-
unterrichte gewonnenen Gesichtspunkten noch gewisse andere
geben, nach welchen er gerade das gewählte Pensum lesen
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30
Peter Marescb.
soll, und ihn nach diesen prQfen; hat der Schüler mehr heraus-
gefunden, sich also fähiger gezeigt, desto größer ist dann sein
Verdienst ' und das Lob des Lehr»'r> i^elbstverständlich ist«
dass der Lehrer deu Schüler aucli anleite, mit der Feder in
der Hand zu lesen und kurz und bündig, somit ohne zeit-
raubende Vielschreiberei das, was leicht vergessen werden kann,
and das, was er mit Mühe gefunden hat, sich zur späteren
Wiederholung vor der Matara zu notieren. Der Erfolg dieser
Arbeit ist zngleieh ein sittliehes Ergebnis, das dem Schiller
im weiteren Studium und im Lehen sehr zugute kommen wird.
2. Der Schüler muss auch von seinem Lehrer eine freundliche
und wohlwollende Zusage erhalten, wenn er ihn bittet, ihm
über eine Anzahl schwipricr scheinender Stellen zu einer ge-
lejyenfMl Zeit die iiötliiire Aul kliirnng zu geben. 5. Die Schüler-
bibliütliek möge in ausreichendem Maße die Geldmittel zur
Anschajffung der nöthigeu Behelfe in je mehreren Exemplaren,
d. i. der geeigneten Commentai'e und anderer wichtiger Bücher,
welche dem Verstandnisse oder dem Anschauungsunterrichte
dienen, erhalten. Ich gehe da weiter als Dir. W. Peratiioner
in dem genannten Aufsatze S. 1039. Denn er verweist zu-
nächst auf die Privatbibliothek des Lehrers und fügt dann
Folgendes hinzn: ,.T)a jedoch auf diesem Wege dem Bedürfnisse
der Schüler nicht in ausreichendem Maße Kechnimfr tretragen
werden knnn, so empfiehlt es sich im Wege der jahrlichen
Anöchatiuiigeu für die Schülerbibliothek nach Maßjrabe der zu-
jjebote stehenden Mittel allmählich auch den Bedail an ent-
sprechenden Behelfen für die Privatlectüre zu decken." Be-
scheidenheit ist eine schöne Tugend; aber wie die Kinder in
jenen Fällen, in denen es sich um ihr zukünftiges Wohl han-
delt, mit leichter Mühe von ihren Eltern die nöthigen Geld-
opfer erluigen, so darf auch der Staat mit dem Gelde nicht
geizen, wenn er damit das Wohl seiner Jugend und somit auch
des Staates in der Zukunft fördern knnn.
?5o gelangen wir zur dritten These:
„/>er lA'hrrr hat die P/iirhf, im all meinen durch eiU-
xprechende Hvliandlung der Schullectüre und im i/eMfuderen
durch wohlwollenden und aotcolü die Individualität aU auch
nach Möglichkeit die bewnderen W&wtche berüdssichiigeri^
den Rath auf eine für die Vertiefung und Ergänzung des
SehUunierriehte» geeignete Wahl der Privatlectüre auf-
merksam zu machen und diese mit freundlicher Bereit'^
Willigkeit so 'zn Icifvii, daxs- der Schüler sie in der er-
iDÜnschten M eise jf/Iff/cn uml Scfurierigkeiten ohne unerlaubte
Mittel überwinden könne; hiezu mn.ss der Lehrer in der
Lage sein, auf die in der Schülerbibliothek vorhandenen
nöthigen Behelfe hinzuweisen,^
Jetzt ist die Frage aufzuwerfen, ob alle Schüler oder nur
gewisse zur PiiyatlectOre heranzuziehen seien. Ich will diese
Frage kurz abthun und ihre Antwort sogleich in eine These
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Die Privatlectüre iu Ueu altcla&äiscben Sprachen.
31
kleiden. Denn dieae Frage ist dnrch den erwähnten Vortrag
des Prof. Dr. Anton Frimoziö und die darauffolgende Debatte
genügend beleuchtet und, wie es seheint, auch schon durch die
Praxis so ziemlich entschieden worden. Es heißt nämlich in
dem bekannten Erlasse des mährischen Landesschulrathes:
^Zum Betriebe der Privatlectüre sind zunächst die begabtesten
und strebsamsten Schüler berufen. Aber aucli mit dem Mittel-
schlage der Schüler lassen sich auf diesem Gebiete erfahr an ^s-
gemäB erfreuliche Erfolge erzielen." Diese Worte decken sich
mit folgender persönlicher Ansicht des Herrn Lsndes-Sehnl-
inspectois Huemer, die er in dem eitierten Ati&aAze 8. lO'H
ausspricht: „Da schwächere Schüler mit dem vorgeschriebenen
Jahn»spensnm genug sn thun haben, dflrlke es im Interesse
dieser gelegen sein, ihnen von freiwill i ixen Leistungen absu-
rathen.'*' Tv< luntt^t also die viei'te These:
^Sitfc/ien Schuler/i. trc/c/ic iiiil Vo//i mler gar nicht die
Anfordn u/Kjcn des Scfn/lfinh rrn /t/cx in der uttclaxsischen
Philologie bewältiyeiiy und wtthl auch solchen^ welche ztcar
hier entsprechen, aber in einem oder mehreren «cm den
übrigen obligaten Lehrgegenetänden nicht genügende oder
schwache Leistungen aufweisen, ist vorderhand entschieden
von der Pflege der Privatlectüre ahzurathm.^
Es darf aber anderseits dem Lehrer kein Vorwurf , am
irfinifjsten der der Unfähigkeit gemacht werden^ wenn in irgend
einer Classe von jenen Schillern, die mit leichter Mühe Fr i ruf.
lectüri' hefri'ihen kötinen , trotz seiner pädagogisch- didakti sc it»-n
Be.miihtnig verhältnismäßig zu wenige seinem die Grenzen des
Zwanges nicht überschreitenden Ruthe Folae leisten, denn es gibt
SehüUr, wel^ »war m aUen obligatm Fäehem sehlSne Restdtalt
«rzieUnf aber gerade dem Latein und dem Grisehisdien nickt
jene:* hohe Iniet*esee entgegenbringen, um sieh zu weiterem häuS'
liehen Fleiße angespornt zu fühlen, sondern dasselbe lieher
einem anderen Gegetustande zmoenden. Es wäre ein bedeuten-
der pUdagogi scher Fehler, solche Schiller auch nur den leisesten
f^innnth des Phi/olngen fühlen fassrn, sorrnhf im Interesse der
liniohxjiH als nin:h der übrigen obligaten Gegenntändef welche ja
den Ix'iden plii^o/tn/isrhen nh gleichwertig gelten.
Ünd was die Prüfung aus der Privutlectüre bei der Matura
anbelangt, so wäre weiter als fünfte These hinzuzufügen:
j^Mat ein Schüler^ der in dem Gesuche um SSutassung
%ur IHaturiidtsprafung erklärt hat^ dass er aus der Privat'
lectüre geprüft werden wolle, sieh in der schriftlichen und
mündlichen Maturitätsprüfung schwach gezeigt, .so ixt ex
Sache der Priifungscommissinny bis vor Xhs'rhlnss der fVm-
/crntz SM etitscUviden^ ob noch eine Prüfung aus der Privat"
lecture utatt finden aolle oder nirht.^
Ich glaulir il;t mit folgender JStelle in dem eitierten Auf-
satz« des Htirm Laudes-Schuiiuspectors Huemer S. 103;') über-
«azostunmen, wenn auch meine Ansicht weiter geht: „Die Vor-
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32
Peter Mareeeh.
conferenz wird auf Grund der schriftlichen Prüfung und der
Jahresleistung bei mehrereu Schülern, die Privatlectüre an-
gegeben haben, entscheiden können, ob durcli rma eventuelle
Prüfung aus derselben eine Verbesserung des Cuieuls möglich
oder wahrscheinlich ist, also auf das Ansuchen des Schülers
einzugehen ist oder nielit. Der Erlass liegt aueh sn, dass
die Irafung aas der PriTatleetf&re am Sehlnsse der Prüfung
aus allen obligaten Fächern Torgenommen wird.^ So war ich
Zeu|^ einer solchen Prüfung aus der PriTatlectüre nach Ab-
solvierung der obligaten (iegenstände. Der Vorsitzende hielt es
für nöthit^, einen Schüler noch aus der Privat] fctüre zu prüfen,
weil er ilim y.u einem Zeugnisse mit Aus/eiciuiung verhelfen
wollte. Der Schüler übersetzte und erklärte zu unserem Staunen
eine Ode von Pindar uud erhielt die iieife mit Auszeichnung.
Es bleiben noch drei Fragen übrif, nämlich über den Zeit-
punkt der Einzelprüfung, femer Uber den Einfluss der Note und
endlich über den Dmfang der Priyailectüre.
Was die erste Frage, die über den Zeitpunkt der Prüfung,
anbelangt, so möchte ich die hochlöbliehe Versammlung bitten,
sieh dem Erlasse des mährischen Landesschulrathes anzuschließen,
welcher sich darüber in folgender Weise ausspricht — das wäre
die sechste These — :
^Vher den '/jeitpunkt, wuim die Prüfung der rricailtdürc
atizujse.tzen neif gehen die Ansichten auseinander. Dieselbe avf den
Seklun ä«H Sementers auxmeiEm, üt tekon dsneegm nicht anzu*
rathen, weil Lehrer und SchUler wn diese Zeit durch andere
Arbeiten sosehr in Anspruch genommen sind, doH an eine zweck'
mäßige Dnrchnahme derselben nicht tu denken sei» Oit Prüfung
am der Privatlectüre wird dann vomumehimen sein, wenn der
Srhifler ein bestimmtes Ganr:e. anfangs einen größeren Äff-
sr/inittj dann ein Hueh, einen Gesang^ der ihm als Aufgabe
gexleUt ist. itder au eh ein größeres Gan%ey eine HedCy einen
Dialog^ ein Drama beendigt haf.^^
An einer anderen Stelle heißt es aber, die Prüfung müsse
natürlich außerhalb der Schulzeit Torgenommen werden. Diese
Forderung finde ich oft, und man deckt sich mit Citaten aus
Schräder, Kothfuchs und anderen bedeutenden Pädagogen. Im
allgemeinen ist sie ja richtig; denn die wenigen Schulstunden
sind zu kostbar und ihr Stoff ist kaum zu bewältigen. Aber
in einzelnen Fällen habe ich zuweilen anders g^ehandelt und
der Prüfnnp^ aus der Prirntlpftüre eine Schulstunde zum Theil
oder sogar ganz geoplert, wenn ich einsah, dass die ganze
Classe nicht nur eine schöne Anregung, sondern auch einen
mir höchst erwünschten Gewinn em|)langeu könne.
Die Fhi^^e über den 18iiifliMM der PHlfung aas der Privat-
lectüre auf die Note im Maturitätszeugnisse ist in der erwähnten
Yersamniluu^ des Vereines «^Mittelschule'', besonders durch die
Worte des Herrn Landes -Schulinspectors Huemer und weiter
durch die Praxis nach dem Sinne des hohen Erlasses ent-
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i II - i
Die FrivatlectQre in den altclaüsiächen Sprachen.
33
seUeden worden, dus nämlich dnich die Prttfnng tarn der
Privatlectüre die Maturitätsnote nur verbessert, aber nie ver-
0chlecbtert werden könne. Das klingt uns heute bereits selbst»
verständlich. Aber ich möchte mir erlauben, daran die Be-
merkiinir zu knüpfen, dass der Calciil der Prüfung aus der
Priv:i1 ItM tiirp wesentlich Ton den Anforderungen des Vorsitzen-
den abiiangt, und dass das richtige Maß dieser Anforde-
rungen und die ersichtliche Freude des Vorsitzenden über
den guten Erfolg der Prüfung ein gewaltiger Ansporn für
die Schüler des nächstjährigen Obergymnasioms sind, sich mit
allem Eifer anf die Privatlectüre zn verlegen.
Die dritte Frage, welche sich anf den Umfang der Privat-
lectüre beziehti ist ebenfalls in der erwähnten Versammlung
miseres Vereines ausführlich behandelt worden, und die bis-
herirre Praxis hat dem betreff pti d en Lehrer dn^ Recht
verliehen, i n U bere i ns t i in ni u ng mit dem a n d e re n Fach-
eoliegen und mit dem Director zu entscheiden, ob der
absolvierte Umiung genügt oder nicht.')
Schlieiilieh habe ich noch anzuführen, dass der in der
Debatte an jenem Ifittelsehnlabende von Prof. Zycha gemachte
Vorschlag, es werde die von den Schülern dnrchgenommene
Privatlectüre und der Erfolg der Prüfung in ein für diesen
Zweck bestimmtes Buch in jedem Semester eingetragen,
bereits wohl Überall befolgt wird. Dieser Vorgang hat sich
noch dahin erweitert, dass vor der Maturitätsprüfung ein Ver-
zeichnis derjenigen Sehüler, welehe aus der Privatlectüre bei
der Matura geprüft werden wollen, und der von ihnen ab-
solvierten Privatlectüre dem Landesschulrathe eingesendet wird.
An dieses Gebäude, zu dessen Aufführung und Aus*
schmackung meine Er&hnmg nnd das Stndinm der erwähnten
literatur mir das Material geuefert hat, schlieDt sich ein Kampf-
platz. Ich lade die hochlöbliche Versammlung ein, diesen zu
betreten. Doch erlaube ich mir, eine innige Bitte hinzuzufügen:
Sollte durch die Wucht der Geschosse mein Bau zertrümmert
werden, so möge an dessen Stelle ein neuer entstehen — im
Interesse der studierenden Jugend!
^) Auf Grund genauerer Erkundigungen wurde diese Steile in der
Versamnilung am 27. Februar, in welcher die Debatte zum Abschlnase
kam. in folgender Weise geändert: . . . Nach der bi^lierigen Praxis hat
die Vorconferenz zu entscheiden, ob der absolvierte Umfang genügt oder
nicht. (Siebente Theae.)
„Ötlenr. UittelicliaJe". XI. Jahrg. 3
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34
Dr. H. St Sedlmajer.
Der Tempel der Vesta und das Haus der
Yestalinnen im allen Rom.V
Vortrag, gehalten im Verein«' „Mittelschul*'" am 9. Janoar 1897 Ton
Prof. Dr. H. St. Sedlmayer.
1.
Jahre sind e» her. seit ich — von meiner ersten Romfahrt
zurückgekehrt — die Ehre hatte, in unserem Vereine über ein
wichtiges Gebiet der römischen Ausgrabungen, über die Stätte
des Forums, zu berichten, und ich j^edenke noch immer mit
dem Gefühle der Dankbarkeit der üliernus freundlichen Auf-
nahme, die meine Ausführungen damals in der Vprsammhing
unseres Vereines fanden. So fühle ich mich denn ermuthigt
— wenn auch nach langer Pause — mit einem Thema nächst-
verwandten Inhaltes vor Sie hinzutreten. Als ich zum ersten-
male die Ausgrabungen auf dem forum Romanum besprach,
da lanr ein wichtiger Theil derselben, das atrium Ves(ae, d. i.
das Wohnhaus der vestalischen Jungfrauen, noch tief anter
dem jahrhundertealten Schutte begraben. Seit Jahren ist nun
auch dieses interessante Bauwerk bloßgelegt, und da es mir
seitlier verrrönnt war, ein zweitesmal zu langem Aufenthalte
nach der heiligen Stadt zu pilo^ern, so halte ich mich ge-
wissermaßen für verpÜiclitet, meinen ersten Vortrag durch die
Besprechung jener späteren Ausgrabungen zu ergänzen, und
bitte Sie für eine kurze Stunde um Ihre gütige Aufmerksamkeit.
9
Vorher sei mir noch ein kurzes Wort gestattet über den
Untergang und das Wiedererstehen des römischen Forums.
Man wird nicht fehlgehen, wenn man annimmt, dass das
Forum zur Zeit Karls des Großen noch das des kaiserlielien
Roms war. Die wiederholten verheerenden Einfälle der Bar-
baren vor dem VII. Jahrhunderte hatten in der Stadt keine
nachhaltigen Spuren hinterlassen, und so waren von den Pracht-
bauten des Fonims wohl nur die Verzierungen aus edlem
Metalle Tersehwunden. Der eigentliche Untergang wurde dem
alten Rom von seinen späteren Bewohnern selbst bereitet. Bis
in die erste Hälfte des XIIL Jahrhunderts war Rom der Schau-
*J Wichtigere Literatur: Heinrieb Jordan, „Der Tempel der Ve^ta und
das HaiM der Vestaliniieii*. Berlin 1886. — Hans Auer, „Der Tempel der
Vesta und das Haus der Vestaliunen". Wien 1888. — Auer hat eine uiuster-
giltige tecbnis'che Analyse de« (L ltiiiulcs vnrfienonimen . die verwhit'<lt'ii«'n
Bauperioden nachgewiesen uuU eine von Jorduu abweichende, zum min-
desten hOohst beacotenswerte Deutung der eincelnen R&nme gegeben.
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Der Tempel der Vesta und das Üaus der Vestalinnen im alten Rom. 35
platz wilder Parteikämpfe. Iq den Fehden der Adelsgesclilecliter
Warden die bedeutenderen antiken Gebäude in Festangen yer-
wandelt und dadarch einem anzweifelhaften Untergänge ^e-
%veilit. Solche Festungen waren das Septizonium auf dem ra-
latin, das Colosseum, der Triumphbogen des Titus, der Tempel
der Venus und Koma, der Constantin-Bop^pn, der Cin us Maxi-
mns. Aus diesen Gebäuden hatten im XII. Jahrhunderte die
Fiaiin^ipani eine umfassende Festung gebildet. In gleicher
Weise hatten die Orsini das Grabmal des Hadrian und das
Theater des Pompejus in Festungen umgewandelt, die Colonna
das Mausoleum des Augustus und die Thermen des Constautm,
die Savelli das Theater des Ikfarcellus. Gleichen Zwecken mögen
auch die Bauwerke des "Forums gedient haben. Sine theilweise
Zerstörung dieser Festungen fand schon zur Zeit Arnolds von
Brescia (115n) statt. Auf dieselbe bezieht sich das Wort
Petrarcas: ,,Siehe Roms Uberreste, das Bild ehemaliger Größe!
Weder dio Zfit n<>rh die Barbaren konnten sich dieser erstaun-
lirlien Zerstfirunnj rühmen: sie geschah durch ihre eirrenen
Bürger, durch die erlauchtesten ihrer Söhne; deine Voriahreu
haben mit dem Mauerbrecher gethan, was der punische Held
mit dem Schwerte nicht ausrichten konnte I" Viel durch-
greifender war die Zerstörung alter Bauwerice, die 1257 der
Senator Brancaleone Tomahm. Um die Macht des Adels zu
brechen, ließ er 140 antike Bauwerke, welche dem Adel als
Castelle gedient hatten, schleifen.
Jetzt galt es, einen Ort ausfindig zu machen, wohin man
die Trümmer und den Schutt bringen konnte, mit welchem die
Straßen und Plätze über und über bedeckt waren. Es scliien
dazu die Einaenkuii^ zwischen dem Oapitol und der Velia. der
Platz des alten Forums, besonders ge«Mgnet, und so begann
man denn von jener Zeit au die Keste der antiken Bauten
daselbst zu verschütten. So Tersank allmählich die denk-
wttrdisste Statte des alten Roms. Allerdings fasste im Beginne
des Xvl. Jahrhunderts, zur Zeit des Wiederauflebens antiken
Lebens und Geistes, kein Geringerer als Raffael den Plan, das
Forum aus dem Schutte wiedererstehen zu lassen; doch ver-
hinderten zunächst änßero Ujustände die Ausführung. Als näm-
lich Papst Paul III. \dM) filr den Einzug Karls V. voti Porta
S. Sebastiano durch den Cunstantin- und Titus-Bojjen nordl u Ii
um das Capitol eine riri triumphalia anlegen liel). luussten
200 liäuser niedergerissen werden, und wieder wurde der
Schutt auf dem Forum aufgefahren; damit war natilrlich der
feplante Beginn der Ausgrabungen wieder für unbestimmte
eit yerschoben. Zehn Jahre später begann man in der Gegend
des Castoren- und des Faustina »Tempels zu graben, aber die
Ausgrabungen wurden bald wieder zugeschüttet; man hatte
feliofff, alte Kunstwerke ans Licht zu fördern, und war auf
laul ]ie Stfintrünuner gestoßen; diese mussten rasch wieder
bedeckt weiden, denn man wollte in der Zeit, iu welcher der
3*
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36
Dr. H. St. Sedlmayer.
«Ite clMsisclie Oeist wieder auflebte, nieht an das tragische
Geiehiek der Stätte gemalmt werden, an welcher er einst so
mächtig gewirkt und gewaltet hatte.
Vollends schwand jede Hoffnung, das alte Forum wieder
erstehen zu sehen, als am Ende des XVT. Jalirhuuderts
Sixtus V. den päpstlichen Thron bestieg. Er war unstreitig
einer der größten Geister unter den Nnchlolirern Petri; aber
wer die seharfgeschnittenen, harten Züge des großen Mannes
auf dem Grabmale in St. Maria Maggiore oder auf dem Fresco
im Prachtsaale der vaticanLschen Bioliothek näher betrachtet,
wird leicht erkennen, dass in diesem Papste Verstand und
praktischer Sinn alles andere Überwogen. So war es in der That.
£r konnte den Zweck der Erhaltung antiker Kunstdenkmäler
nicht begreifen. Den Apollo Tom Behredere and die Laokoon-
Gruppe wollte er als ganz unnütze Dinge aus dem Vatican
hinausschaffen. Das oben erwähnte Septizonium auf dem Pa-
latin ließ er niederreißen, und nm* mit Mühe gelang es, ihn
von dem Plaue abzubringen, das Colosseuin und das Grabmal
der Cäcilia Metella au der Via Appia zu demolieren. Es mag
nun den energischen Mann, der weder im großen noch im
kleinen ein dndemis yertrag, verdrossen haben, wenn die
feierlichen Proeessionen, die, wenn es nach dem liateran gieug,
wohl auch die Stätte des alten Forums betreten mussten, auf
hügeligen, unebenen Wegen zwischen den Säulenschäften und
Gebälkstücken sich hindurch winden mussten, die aus dem Boden
hervorraj^'ten. Er ließ darum das Forum völli<x yerschütten und
ebnen, uud von da an lag die denkwürdigste Stätte des alten
Roms bis auf unsere Zeit mehr deuu oü Fuß tief unter der
Eitie ijrgrubeu, uud droben zog sich eine Doppelreihe mäch-
tiger Ulmen vom Capitol zur Velia hin.
Es wäre unbillig, wollte man es den Päpsten zur Last
legen, dass während der Dauer ihrer weltlichen Herrschaft
auch in späterer Zeit an eine völlige Bloßlegang des Forums
nicht gedacht wurde. Derartige Unternehmungen können nur
dann mit einiger Aussicht auf Erfolg ins Werk gesetzt werden,
wenn die Gewissheit besteht, dass sie auf lange Jahre hinaus
ununterbrochen fortgesetzt werdt-u können. Die piijistliche
Tiara aber eilt, wie sich ein deutscher Geschichtsehreiber
treffend ausdrückt, auf den Flügeln des Todes von Greisen-
haupt zu Greis euhaup t ; zumeist im hohen Alter besteigen die
Päpste den Stuhl Petri. Kein Wunder also, wenn da die Lust
fehlte, ein Werk zu beginnen, das vielleicht nach kurzer Frist
wieder seinen Abschluss gefanden hätte; denn der Papst kennt
seinen Nachfolger nicht. Anderseits hat das neue Regiment in
Italien wohl nur seine Pflicht und Schuldigkeit gethan, wenn
es die Bloßle<xinicr des Forums eine spiner or^ten Thaten sein ließ.
F< ist imiimehr ein Vierto1i:ibr1i'i!nl' i t vergangen, seitdem
im Auftrage der königlichen lu'gieruug die Auscrrabuntreii auf
dem ganzen Terrain des Forums und in dessen Umgebung be-
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Der Tempel d^)r Vesta and dm Haus der Vestaiinneo im alten Boro. 37
gönnen haben. Vorher, zn Beginn des Jahrhunderts, war nnr
au einzelnen Punkten gegraben worden. 1803 hatte Pius VII.
den SeTerus-Boffen durch Carlo Fea bloinegeii lassen; zehn
Jahre später eruo mau die Phocas- Säule, 1820 den Unterbau
des 8atumus-Terapels aus: lS■t^^, zur Zeit der Hppnh]ik, förderte
mau Theile der julischen Hiisilica zutuf^e. Unter dem lu'uen
Regime nun wurde das Forum in ücinem ganzen Umfange und
daö angrenzende Terrain im Süden, Osten und Westen bloß-
gelegt — die Nordseite ist verbaut — und zwar ursprünglich
in der Weise, dass das Forum selbst von seiner westliehen
und östlichen Umgebung dureh zwei Schuttdimme getrennt
blieb, über welclie die moderne Straße hinft&hrte. Diese Damme
glaubte man des Verkehres halber belassen zu müssen, und es
erschien somit das gesaramte Ausgrabungsfeld, ein unregel-
mäßiges Txeehteck, in drei Abschnitte zerlegt. Damit galten die
Ausgrabungen bis auf weiteres abgeschlossen, und in diesem
Zustande sah ich das Ausgrabuugsieid bei meinem ersten
Aufenthalte in Kom.
3.
Aber schon in meinem ersten Vortrage konnte ich auf
Grund einer briefliehen Mittheilung berichten, dass man daran
gegangen sei, jene zwei Sehuttdamme /u beseitigen. Die Ab-
tragung des östlichen Dammes nun führte zur Entdeckung des
Hauses der Vestalinnen, das uns heute hier beschäfti^ren soll.
Im April 1882 sti»'!! man öv-tlich von den schon früher hloß-
gelegten Ruinen des \ esia- 1 einpels, also ini -iltlo^ilieheu Winkel
des Ausgrabungsfeldes, auf den ünterh.iu tmer fieih'cula. einer
Kapelle mit dazu gehörigen Architokturstücken; ein herab-
gestürztes Oebälkstück trug die Inschrift: Smaius populusque
nanuinvs peeunia publica jncinndum curauU, Neben der Kapelle
wurde ein Treppenaufgang bloßgelegt, dessen Bestimmung einst*
weilen unsicher bleiben musste. Damit schienen die Aus-
grabungen bis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Indessen
brachte die Energie des damaligen Ministers Bacc^^ni eine un-
erwartete Wendung. Sein Plan, durch Hinwegraumung des
ganzen um die Wurzeln des Palatins gelegenen Schuttes das
antike Niveau \un\ Capitol bis zum Titus-Bogen freizulegen,
kam zur Ausführung. Im October 1883 begann am Fuße des
Palatins die Aufdeckung eines Geb&udes (zu dem die schon
früher erwähnte Kapelle gehörte), welches durch die Funde der
Statuen der Vestalinnen alsbald als Haus der Vestalinnen, das
sogenannte nti-ivm Vestney erkannt wurde. Die Ausgrabungen
wärten bis in den Anfang des nächsten Jahres. Bei meinem
zweiten Aufenthalte in Rom fand ich das interessante Bauwerk
Fchon liinirst bloRcpelefrt: \ni*l wie ich seinerzeit Ihren Führer
durch die Uuinen des Forums machte, so will ich mir heute
erlauben, Sie durch die einzehien Uäume des weitläufigen
Heims der vestalischen Jungfrauen zu geleiten.
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38
Dn H. St. Sedlmayer.
4.
Sie sehen auf dem Plaue iu der rechten unteren Ecke den
kreisrunden üuterbuu des Vesta -Tempels; links davon, durch
einen iltii ijekennzeichnet, ist vou der via sacra aus der Ein-
gang zum Hause der VestaUimeii, oder wie wir es mit seiner
offieiellen Beseicbnimg nennen wollen, sum eUrium Veatae.
Durch die ThOr, zu welcher stark ausgetretene Stufen hinauf-
führen, tntt man in einen ausgedehnten Hof Ton 2Am Breite
und 69 fn Länge bis zu den Umfassungsmauern, der, wie noch
aus den Aufstandplatten zu ersehen ist, einst von einer 4m
breiten Säulenhalle umgeben war. Der Mangel an Stüt/werk.
sowie der Umstand, dass die rings nra den Hof augelegten
Kuuiulichkeiten nur aus dem Hofe ihr Licht bezoEjen, beweist
deutlich, dass derselbe mcht gedeckt war. Dies, sowie die rie-
sigen Dimensionen dieses Hofes mdditen ihn wohl als das
Peristyl des Hauses erscheinen lassen, d. i. als den großen
säulengeschmOckten, wohl auch mit Anpflanzungen gezierten
rückwärtigen Hof des römischen Wohnhauses. Der Umstand
aber, dass das gesammte Haus der Vestalinnen, wie erwähnt,
den Namen Atrium fülirte, spricht wohl dafür, dass dieser
Cfrößte und vornehmste T\vn] des Vestalenheims das Atrium
des Hauses war, d. i. die groüe, dem Eingange zu gelegene
Halle des römischen Hauses, die sonst allerdings gedeckt und
nur in der Decke miL einer Lichtöfl'nuug versehen war. in
diesem großen Hofe fesseln eine Reihe Ton leider st&rk ver^
stOmmelten Statuen unsere Aufmerksamkeit. siud Statuen
der Obervestalinnen, mirgines VeBtalea maximae aus dem I., Hl.
und IV. Jahrhunderte n. Chr. mit Widmungsinschriften auf
den Basen. Bei diesen Inschriften fällt der Unterschied zwischen
der bescheidenen Kürze des I, und der Geschwätzigkeit des
III. und IV. Jahrhunderts auf. Eine Charakteristik der Person
wird in den Inschriften des I. Jahrhunderts fast gar nicht, in
denen des III. und IV. Jahrhunderts fast regelmäüig gegeben.
Die Dedicanten, die Spender der Statuen, sind theils
Friestercollegien , theils einzelne Priester, theils nahe Ver-
wandte, theils Freigelassene und sonst Personen, welche yon
den Obervestalinnen Wohlthaten oder FOrsprache irgend welcher
Art empfangen haben, wofilr sie ihren Dank unter den Sta-
tuen ihrer Wohlthäterinnen aussprechen* £ine der umfang-
reicheren Inschriften lautet beispielsweise: ^Flaviae Lud ßliae
Puhliciaey virqini Vesfrili maximae snnrtissimne piissimueque,
cuius sancti6:sinia}ii et rdtyio:>am curam snci tnum , quam pei*
omnes gradus sacerdotii laudahi/i admiiiiafnifione operatury
numen sajictisaimae V&atae matris comjjrohavit , Atmilia Rogatilla,
darinima femina, sororU ßUa^ cum Minucio Honorato Mar»
cello AemUtano, elariBsimo puero, filio mto, ob eximtam eiu$ erga
se pietatem;^' d. h. ^Der Flavia Publicia, der Tochter des Lu-
cius, der ehrwürdigen und frommen Ohervestalin, deren ge-
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Der Teuipei »Jer Vesta und Ua* ilaus der V'esstaiinnen im alten Rom. 39
wissenliaften und pflieHimäßigen Opferdienst, den sie auf allen
Stufen des Priesteramtes in löblieher Bethatigung versehen,
geiw.w\vti
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Dr. H. St. Sedlmayer.
die Gnade der hochheiligen Mutter Vesta für gut befunden
hat, f weiht dies) die hochansehnliche Aemilia Kogatilla, ihre
Nichte, mit dem hoehansehnlichen Minnnins Honoratns Mar-
cellus Aemilianus. ihrem Solmo, zum Danke für die ihnen be-
wiesene außerordentliche Liebe. ^
Von vielen dieser Denkmäler ist nichts mehr als die Basen
Torhandun; im ganzen sind es 12 6t;ituen mit 30 Basen. Die
Mitte des Atriums nimmt ein aus Ziegeln gemauertes, eigen-
thfimlicfaes Oet^on ein (i). Es besteht aus acht Kadien, die
einen inneren &eiB mit einem äußeren concentrischen Recht-
ecke verbinden und den Eindruck des Unterbaues eines Ton
Stufen umgebenen Rundbaues machen. Die Bedeutung dieser
Mauerlinien ist Glicht ermittelt.
Im Atrium bemerken wir außerdem eine annähernd (juadra-
tiscbe Vertiefung im Fußboden, von einem hohen gemauerten
Rande eingelasst, mit einer Abzugsröhre aus Blei, offenbar
ein VV asöerbaäsin. Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass die
Yestalinnen täglich ein großes Quantom Wasser zu Dienst-
zwecken verbrauchten, namentlich zur taglichen Besprengung
des Tempels, dass ihnen femer der Gebrauch von geleitetem
Wasser strenge untersagt und nur der von natürlich fließendem
gestattet war, so wird man wohl in dem Bassin die Vorrichtung
erkennen müssen, in welche das für den Cultns l)estimmte
Wasser täglich frisch eingefüllt und wieder abgelassen wurde.
Das Atrium ist auf allen vier Seiten von Käumliclikeiten
umgeben; doch ist die westliche Schmalseite noch nicht bloß-
gelegt. Betreten wir zunächöt den Raum, der sich au der öst-
chen Schmalseite an das Atrium anschließt. Wir stehen in
einem großen Saale, dessen Wände einst mit Marmor getäfelt
waren; Ton dieser Täfelung sind noch spärliche Reste am Sockel
erhalten; auch der Boden war mit Marmor gepflastert. Die
Decke des Saales war gewölbt; über der hinteren Ecke schwebt
noch ein Stück des großen, 9 m spannenden Tonnengewölbes.
Da wir den großen Hof als das atrhnn des Hauses be-
zeichneten, so müssen wir folgerichtig in dem eben erwähnten
Saale das sogenannte ffthlinum erblicken. Dieser Raum war im
römischen PrivuLUuuse das Uausarchiv; vielleicht wurden im
tabUnnm des Yestalenhauses die Staatsacten aufbewahrt, die
der Überlieferung zufolge die Vestalinnen bei sich zu ver-
wahren hatten.
Rechts und links vom tahliuttm liegen, wie auf dem Plane
ersichtlich, je drei kleine Kammern (6), die in ihrer Größe und
Anordntin{j fast jjenau mit einander übereinstimmen; iede der-
selben ist durch eine breite niedrige Thür direct vom tahlinuin
aus zugänglich; der Thür gegenüber liegt je ein großes Kund-
bogenfenster, welches in die alsbald zu erwähnenden seitlichen
Räume luhiL. Die Beblimmung dieser sechs Kammern kann
keinem Zweifel unterliegen: es sind die ctt^tetc/a, die Schlaf»
Zimmer der Vestalinnen.
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Der Tempel der Yebta uuU dua Haus der Vestalinnen im alten Rom. 41
o.
Betreten wir durch die Thür yom Ati ium an^^ den Raum,
der si<:li auf der rechten Seite an die Rückwand der cubicula
anschließt (c).
Dieser Kiium ist Ton vier Mnuern umschlossen, von denen
zwei gegenüberliegende noch heute je drei hochliegende Hund-
bogenfenster zeigen; in der dritten ist die Thür und ein ver-
mauertes Fenster; die vierte ist ganz abgeschlossen und zeigt
die Spuren einer an dieselbe angelehnten, auf Pfeilern auf-
gebauten Treppe ine Obergeschoss. In diesem Räume fallen uns
zwei Einrichtungen ins Auge: fürs erste an der der Thür gegen-
überliegenden Wand ein Bassin, das wie ein VV aschtrog aus*
sieht (k); doch findet sich nirgends ein Wasserablauf, und die
HevtiniTiiMnLT dieses trogartigen Bassins erscheint darum immer
noch iragiich. Zweitens links von der Thür ein überwölbter,
niedriger Gang (d), den man nur gebückt betreten kann. In
diesem kellerartigen Räume fand man drei große Thonfässer,
dolia, mit ihrem unteren Theile in den Boden eingelassen und
dann dergestalt ummauert, dass sie ein Ganzes zu bilden
scheinen. In einem dieser Fässer lagen, unter Schutt und Erde
sorgföltig verborgen, ein irdener Becher und ein irdener Teller;
nur dieser zeigte im Boden ein kleines Loch; der Becher war
vollkommen unversehrt.
Was haben nun diese Funde zu bedeuten, und was war
überhaupt die Bestimmung des ganzen Raumes r'
Es ist bekannt, dass die Vestalinueu die sogenannte mola
8oUa zu bereiten hatten, ein Gemisch von gemahlenen Spelt-
körnern mit Salz, das zum Bestreuen der Opferthiere diente.
Nach Vanro mussten die drei ältesten Vestalinnen in der Zeit
vom 7. bis 14. Mai die SpeMhren in Gefäßen niederlegen,
dann dörren, zerstoßen und mahlen und das Mehl aufbewahren.
Aus diesem Speltmehle bereiteten sie dreimal im Jahre die
erwähnte nwla, und zwar am 1;'). Februar, den Luperealien, am
8. Juni, den Vestulien, und am 13. September, dem sogenannten
epulnm loris. J)i<' rn'Jn wurde nacli Valerius Maximus in einer
ollfi Jictiliii^ in eitler 1 hoaseliule, aui bewalirt.
Mit dieser Thiitigkeit der Jungfruuen scheint nur der in
Hede stehende Kaum mit den darin befindlichen Einrichtungen
und Geräthen zusammenzuhängen. Vielleicht sind die drei
Thonfasser die von Varro erwähnten Gefäße, in denen die drei
ältesten Vestalinnen die Ähren niederlegten (drei Fässer fQr
drei Vestalinnen), und vielleicht diente der ffemaueiie Trog zur
Aufnahme der enthülsten Körner oder gar des Mehles; der in
einem der Fässer aufgefundene irdene Becher könnte ^anz gut
die von Valerius Maxiuius erwähnte oiLd jictUix sein, die /.ur Auf-
bewahrung der 'mnln snlsa diente. Es mag also der ganze Kaum
die Vorrathskauimer gewesen sein, wo der Spelt für die mola
aufbewahrt wurde; das fertige Fabricat wurde nicht im Vestalen-
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Dr. H. St. Sedltnayer.
hause, sondern, wovon noch später die Rede sein wird, im Vesta-
Tempel aufbewahrt.
Nehmen wir mm die Hänme in Augenschein, die sich, an
die Vorrathskammt'r austoIJpiid. lilnprs der südlichen liangseite
des Atriums hinziehen. Wenigstens von einem dieser Räume,
dem zweiten von der Kammer aas, ist die Bestimmung klar:
es ist das pistrinum^ die Mühle, auf welcher, wie oben erwähnt,
die drei ältesten Vestaliunen die Speltkörner mahlen mussten (/).
.Von der ganzen Einrichtung ist noch Folgendes erhalten. Auf
einer Grundfläche von etwa l'20in im Durenmesser ist ein 40 cm
hoher King von Backsteinf^n anfgemauert und innen mit Guss-
werk ausgefüllt. Auf diestMu (rns-werk ruht noch der untere
Mühlstein, der sogenannte Bodejisieiii, aus Peperin. Um den
gemauerten Ring ist der Umgaiig in der Kammer nur Iii na
breit. Immerhin aber ist es möglich, dass sich in diesem Um-
^;iiige ein Thier bewegte, das die Mühle in Bewegun^^ setzte.
War dies der Fall, dann müss es ein Esel gewesen sein; Ab-
bildungen aus der Kaiserzeit stellen Vesta mit einem Esel an
der Seite dar, einmal zugleich mit der von ihm gedrehten
Mühle.
Auf die Müldc folgt ein kleines Zimmer, dann wieder drei
gröDer»*: 'in einem derselben ' :iuf dem Plane h) ist eine Stiege
zum oberen Stockwerke angelegt. I)ara\if folgen wieder drei
kleinere Zimmer, die durch einen Corridur, in dem sich heute
noch Wandmalereien zeigen, unter sich zusammenhangen; ein
solcher Corridor zieht sich auch vor der Mühle und den rechts
und Unks daTon liegenden Zimmern hin. Den Sehluss der
Räume auf der Südseite macht ein Prunksaal (A;), dessen Wände,
wie die regelmäßigen Vertiefungen im Putze heute noch zeigen,
Tollständig mit farbigem Marmor getäfelt waren. Er scheint
mit einer eigenen Vorhalle versehen und mit großen Thüren
nach dem Hofe geöffnet gewesen zu sein.
Was die Restimmung der Säle und Zimmer au der Süd-
seite betrill't. so erschwert, die Mühle ausgenommeD, der Ab-
ang der inneren Ausstattung die Oeutung ungemein. V ielleicht
aben wir in den kleineren Zimmern einige Wirtschaftsräume,
in den größeren den Speisesaal und die Bibliothek zu suchen.
Der große Marmorsaal könnte wohl als der Empfangssaal der
Obervestalin gedeutet werden. Die geheiligte Person des hohen
Priesters, des jxmtiftx maxhnus^ der di»- Oberaufsicht über die
Vestaliunen führte, lit-trat wohl täglich da^ Vestalenhaus. Für
den Empfang dieses hohen Besuches mag jener Pruuksaal ge-
dient haben.
Steigen wir nun zu den Räumen hinauf, die auf der Ost-
und Südseite im ersten Stockwerke liegen. Auf der Ostseite
begegnet uns ein unlösbares Gewirr verschiedenartiger Mauer*
trümmer, wie solches bei einem Ton Anfang an einheitlich ge-
führten Baue nicht vorkommen kann. Auch noch ein anderer
Umstand spricht dafür, dass das ganze obere Stockwerk eine
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Der Tempel der Vesta und das Hau» der V^estalinnen im alten Uom. 43
spätere Anlage ist. Es steht nämlich die östliche Umfassungs-
mauer desselben gegen die Straße hin nicht auf dem unteren
Gebäude, sondern außerhalb desselben in dem ansteigenden
oder UIgescbtttteten Grunde. Die oberen liäuiiu* auf der Ost-
Seite zeigen eine atisgedehnte Badeaiilage von bis 7 Zimmern;
es sind noch mehrere Bassins und zwei Öchwitzkammem er-
halten, ein vollständiges „römisches Bad^.
Beuöthigteri die sechs Mädchen eine so großartige Bade-
anls^e oder stammt der Zubau aus einer Zeit, wo der Vesta-
Dienst bereits aufgehoben und das Haus von den Vestalinnen
geräumt war? Die Frage lässt sich schwer entscheiden. Mög-
lich ist es, dass bei dem überhandnehmenden Badeluxus auch
die Vestalinnen das Bedürfnis nach einer solchen zeitgemäßen
Einrichtung fehlten und sich, da im Erdgeschosse kein Raum
mehr frei war, im Oherrreschosse ein solches Bad )>;tnen ließen,
weleltes auch schon durch seine Laije als spätere Zuthat er-
scheint; denn niemand wird von Anfang an so ausgedehnte
Badeanlagen in ein oberes Geschoss verlegen.
l>ie oberen Zimmer auf der Südseite (über der Mühle etc.)
sind bis auf den Boden zerstört und jede Zweckbestimmung
daher ausgeschlossen.
6.
Wir steigen wieder ins Erdgesehoss hinab, um unseren
Rundgang um das Atrium fortzusetzen. l)ie Uänme an der
Westseit»' entziehen sieh unseren Blicken; sie sind <la unter der
Kirche öaiifa Maria Lihrmfrice begraben. Wir gehen darum
sogleich an die Besichtigung der nördlichen Umgebung des
Atriums. Leider sind diese Käuuie vielfach zerstört und eine
Zweckbestimmung daher Tollständig ausgeschlossen. Wir können
nur vermuthen, dass auf dieser von der Sonne beschienenen
Seite namentlich im Winter zu benützeude Räume gelegen
waren, also vor allem der Winterspeisesaal. Im übrigen waren
es vielleicht Wirtsehaftsräume ; auch die Stallungen können hier
untergel) rächt gewesen sein. Ob man hier oder überhaupt in
irgend einem Tli' ile des Hauses Wolmungen für das Dienst-
personal annehmen suU, niuss dahingestellt i>leiben. Dass die
Vestalinnen über ein zald reiches Dienstpersonal verfügten, steht
fest; doch iaL es fraglich, ob dieses auch im Hause wohnte;
auf keinen Fall wohl kann man dies für die männlichen Be-
diensteten annehmen.
Wir sind nun auf unserem Rundgange wieder an der Ost-
seite des Atriums angelangt, und zwar bei den Räumen links
vom Tablinum. Ober diese lassen sich nur wenige Worte sagen.
Wir finden einen großen Raum (/) an die luickwand der links-
seitigen Schlafgemäclier austollend, entspreclienii der \ orraths-
kammer (c) auf der rechten Seite. Das letzte der drei Schlaf-
zimmer ist durch eine erst später und augenscheinlich gewalt-
sam uusgebrochene Öö'uung mit diesem Uaume verbunden j sein
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Dr. H. St Sedlmayer.
eigentlicher Eingang ist Yom großen Hofe aus. Links schließen
sich mehrere Gemächer an, über deren Bestimmung sich eben-
sowenig etwas Sicheres sagen lässt, wie über die des Haupt-
raumes selbst.
7.
So sind wir denn am Ziele unserer Wanderung durch die
interessanten Ruinen angelangt. Wir Terlassen das Vestalen-
heim wieder da, wo wir es betreten, und treten durch das Thor
des Atriums auf die via sacra hinaus. Vor uns liegen die Ruinen
des Vesta-Tempels. Bevor wir auch dieser mit dem Vestalenhaus
eng verbundenen Stätte einen Besuch abstatten, scheint es
noch angezeigt, eine das Vestalenhaus betreffende wichtige
Frage zu errirteru, die Frage nÜTnlich nach dem Alter des
Gebäudes, dessen Reste wir vor uns sehen. Hcmrich Jordan,
in dessen Gesellschaft es mir wiederholt vergönnt war. das
Ausgrabuugsfeld zu besucheu, hat in seiner grundlegenden
Schrift über den Tempel der Vesta und das Haus der vesta-
linnen mit Entschiedenheit der Meinung Ausdruck Terliehen,
dass wir es mit einem Bauwerke aus der Zeit Hadrians zu
thun haben, und stützt seine Meinung auf die Ziegelstempel,
die der Zeit Hadrians angehören. Dagegen hat ein Wiener
Architekt, Prof. Hans Auer, wohl mit Recht geltend gemacht,
dass ein solches Argument von vornherein auf schwachen
Fii!5en steht. Es ist niimlicli ei)enso leiclit m(")glich, dass bei
t'ineui Neubau ältere, von einem Abbruche gewonnene Ziegel
verwendet werden, als dass ein uralter Bau niiL neuen Ziegeln
repariert wird. Es kann also ein Bau ebensogut Tiel älter als
auch yiel jünger sein als die in den Ziegelstempeln angedeutete
Zeit. Sehr gut bemerkt Auer, dass man, wenn heutzutage das
Haus der Vestalinnen einem Bauunternehmer zur Parcellierung
und Verbauung übergeben würde, man gewiss auch in diesem
Neubaue hadriauiselie Ziegelstempel linden würde.
Auer hat eine ir.iistergiltige technisclie Analyse des gan/j'n
Gebäudes vorgenommeu und wohl in unwiderleglicher \\ eise
dargethan, dass dasselbe aus vier verschiedenen Hau]ierioden
stammt. Danach ist der älteste Theil der Osttract, das Tabliuum
mit den sechs Sehla&immern und den Nebeni&umen. Dass
ferade dieser älteste Theil, der Übrigens auch kaum über das
. Jahrhundert v. Chr. hinaufreicht, am weitesten vom Vesta-
Tempel entfernt war, scheint darauf hinzuweisen, dass zwischen
beiden Gebäuden der in republikanischer Zeit öfter erwähnte,
dann spurlos verschwundene Hain der Vestalen gelegen war.
Die Räume an der Südseite sind jüngeren Datums und
dürften thatsächlich hadrianisch, also nnt den Ziegelstempeln
gleichzeitig sein. Noch jünger ist. wie schon oben erwähnt, die
Anlage des oberen Stockwerkes auf der Ost- und Südseite.
Der gleichen Zeit gehören das Atrium und der zerstörte
Nordtract an; sie liegen im gleichen Niveau, während der Ost-
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Der Tempel der Vestu und das Haus der Vedtaliunen iui alten Horn. 45
*
und Südtract höher als das Atrium liegen. Welche Zeit wir für
den Ban des Atriums nnd des NordflUgek ansetoen sollen, lässt
sieh mit Bestimmtheit nicht sagen; jedenfalls eine späte, recht
herabgekommene: die ganze Aulage ist unregelmäßig und
unklar und von Mauern verschiedener Stärke und Ausführung
durchsetzt. Die au den Osttract anstoßenden Langmauem stehen
mit demselben nicht in Verband, sondern sind nur angestoi^en.
8.
Nnnein paar Schritte links zum Vesta -Tempel. Der Besuch,
den wir dieser uralten Cultusstätte Roms ubstutten, kann nur
ein sehr knr/^T sein. Dem Auge des Bescluiuers bilden sich nur
wenige kläglich»* rnimmer dar. Es ist nur <ler kreisrunde Unter-
bau, aus Tuffblückeu und Füllmauerwerk bestehend, der Au-
satz der nach Osten gehenden Treppe und eine Anzahl von
Gebälkresten erhalten. Immerhin gestatten die Trümmer eine
ziemlich sichere Restauration. Danach war der Tempel ein
Rundbau, umgeben von 20 monolithen, cannelierten Saufen von
circa Vt^ ^ Durchmesser mit korinthischen Capitälen; die
Säulen waren durch Gitter mit einander verbunden. Innen war
der Tempel von einer Kuppel überwölbt, über die sich außen
ein kegelförmiges Zeltdach erhob. Kuppel und Dadi waren in
der Mitte mit einer Öffnung versehen, durch welche der Hauch
des ewigen Feuers abziehen konnte.
Nach einem ausdrücklichen Zeugnisse Ovids befand sich
im Tempel kein Bild der Göttin, wonl aber, doch keinesfalls
in der Mitte, der heilige Herd mit dem ewigen Feuer.
9.
Schon während der Beschreibung der einzelnen Theile des
Yestalenhauses hatten wir Gelegenheit, einige der Obliegen-
heiten der vestalisehen Jungfrauen kennen zu lernen. Ich hoffe
Sie nicht zu ermüden, wenn ich zum Schlüsse meiner Ans-
ftÜirnngen das in dieser Hinsicht oben Gesagte ergänze und
es Tersuche, — f^e wissermaßen zur Belebung der todten Trümmer
— ein anschauliehes Bild des Lebens und Treibens jener ehr-
würdigen PT-i'-stfriiHifn zu geben.
Seit der Zeit des >ervius bis zum Untergänge des römischen
Reiches hatten seciis Mädchen den Dienst der Vesta zu besurgeu;
sie mussteu bei ihrem Dienstantritte zwischen dem sechsten und
zehnten Lebensjahre stehen, Kinder Yon noch lebenden, freien,
unbescholtenen Eltern und fehlerlos an Leib und Seele sein.
Schon frühe wurden sie auch aus plebejischen Geschlechtern
fenommen, zur Zeit des Augustus sogar aus dem Stande der
reigelassenen. Wir kennen den technischen Ausdruck für ihre
Berufung: Virgwnu Vesfalem cnperc. Ist nämlich eine der J'eehs
Stellen frei, dann ^iTgreift'', mpif. der Pontifex nifiximii^ iiueh
seiner Wahl ein Mädchen und führt es in das atrium Vestae,
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4G l)r. H. St. Sedlmajer.
das Dienst^bäude. Geeen diese Berafong gibt es keine Ein-
Sprache; willenlos mms aas Mädchen dem Pontifex folgen, ohne
Weigerung müssen es die £ltei ii zielien lassen.
Das Yesialenhaus war während der ganzen Dienstzeit die
obligatorisch»» Wohnung der -lungfrauen; mir im Falle schwerer
Erkrankung durften sie unter Verniitwortung und Aufsicht des
Pontifex in ein Privathaus überfuhrt werden. Allem Anscheine
uiieh wurden sie auch sonst unter strenger Clausur fxehalten
und durften nur dienstlich das Uaus verlai^.sen. So legten sie
täfflioh die wenigen Schritte bis zum Vesta -Tempel zurück,
nahmen au ge^vissen Opfern und Processionen theil und erschienen
später auch bei den Festaufführungen im Theater und bei den
Giadiatorenspieleu. In älterer Zeit kam noch der tagliche Gang
zur Cammenquelle hinzu, wo sie das heilige Wasser holten;
spntpr wurde dies wohl Ton Dienern besorgt. Bei allen Aus-
triinn-eii sehritt ihnen ein Lictor voraus: ins Theater fuhren sie
lü geschlossenen Wagen. Besuche durften sie wohl nur von
den nächsten Vei-wandten empfangen. Der Pontifex maximus
und die übrigen Pontifices hatten natürlich zu jeder Stunde
Zutritt.
Die drei ältesten Yestalinnen {tres maximae) nahmen eine
führende Stellung ein und hatten, wie wir bereits gesehen
haben, besondere Aufgaben zugewiesen: sie bereiteten nämlich
dreimal des Jahres, an heiligen Tagen, aus Speltmehl und ge-
kochtem und rohem Salze die iu<Ja snlsa, eine körnige Substanz,
zum Bestreuen der ( )pfert]iiere. Die mnfa wurde im Tempel
aufbewahrt, und zwar im sogenannten Vestn, einem durch
Vorhänge abgetlieilten Theile der Teinpelzelle; vielleicht befand
sich hier auch das Palladium.
Schwer und anstrengend war der Dienst im Tempel. Die
Yestalinnen mussten das Heiligthum täglich mit Wasser be-
sprengen und wohl auch reinigen. Ihre erste und wichtigste
Aufgabe aber war, das „immerwährende Feuer^ auf dem Herde
im Tempel zu erhalten.
Dasselbe durfte ordnungsgemäß nur einmal im Jahre neu
ent/ündt't werden, und zwar am 1. März, dem ursprünglichen
JSieujahrstaije; die Jungfrauen entzündeten es am Herde des
Hauses und trugen es von da in den Tempel. Sonst wurde es
nur erneuert, wenn es durch Nachlässigkeit erloschen war.
Dies galt als ein prodigiuvt, und die schuldtragende Yestalin
wurde schwer bestraft, und zwar körperlich: der Pontifex
maximus sehlug sie mit der Peitsche. Das Feuer auf dem Herde
war natürlich Holzfeuer. Das unablässige Brennen erforderte
regelmäßiges Zulegen von Holzscheitern und von Zeit zu Zeit
Fortnehmen der Asche. Dies erfordert wieder eine ständige
Wache, und es steht fest, dass dieselbe immer nur einer
Yestalin anvertraut war. Nun denke man daran, dass sieh
unter deu Vestalinnen Mädchen von (> bis 10 Jahren Ijetiiidtii
konnten; diese konnte man scliwerlich von Anlang an zum
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Der Tempel der Vesta und das Maus der Vi^talianeii im alten üoiu. 47
Dienste im Tempel heranziehen; andere wieder mussten weguu
ihres hohen Alters ^schont werden. So konnte es kommen,
dass oft vielleicht nur drei oder Tier Vestaiinnen im vollen
Umfange /.um Dienste herangezogen werden konnten. Nimmt
man noch hinzu, dass der Dienst im Tempel ohne Unter*
hrechnnc^ Tag und Nacht fortgieng, dass es keine Pausen, keine
Ft'rit n irub. so ist nicht zu zweifeln, diiss der Dienst der beim
Herde bescliiiftigten .linigfrauen äußerst uiist r«*iigend war. An
die Beihilte von Dienern oder Dienerinnen ist k:iuni zu denken;
denn Männer durften den Tempel überhaupt nicht betreten,
Franen nnr vom 7. bis 15. Juni, znr Zeit der Yestalia.
Schwer lastete ferner auf den Jungfrauen die potestas
ihres Discipünarherrn, des Pontifex mazimus. Dieser war den
Vestaiinnen gegenüber mit der patHa potestns im vollen Um-
fange ausgerüstet; er besaß die unumschränkte Sirafgewalt
bis zur Verhängung und Vollstreckung der Todesstrafe. Diese
traf die Vostalin dann, wenn sie das Gelöbnis der Keuschheit
\erl»'t7t hatte. War »'iue der Jungfrauen vom Pontifex zum
Tode verurtheilt worden, so wurde das Urtheil in grauenvoller
Weise vollstreckt. Die Unglückliche wurde, in ein Leichentuch
gehallt, auf eine Todtenhahre gelegt und mit einem Leichen-
geleite nach dem sogenannten ^Verbreeherfelde'' getragen. Da-
selbst hieß sie der Pontifex in eine unter der Erde ausgegrabene
Kammer steigen, welche sogleich geschlossen und durck Auf-
schüttung von Erde zugedecKt wurde. Den Boden ebnete man
so, dass von dem ganzen N'orjraufre keine Spur übrigblieb.
Sehoii oben ist von der strengen ('lausur die Hede ge-
wesen, unter welcher die Jungfrauen leben mussten. Kassen wir
nun alles zusammen, so können wir nicht daran zweifeln, dass
das Los der sechs Jungfrauen, die nicht selten vielleicht gegen
ihren Willen ins Kloster berufen wurden, kein beneidenswertes
war, zumal die Dienstzeit volle dreißig Jahre betrug und die
Jungfrauen erst zu einer Zeit ins Leben zurückkehren durften,
Tvo dieses keinen Reiz mehr für sie bot.
Einigen Ersatz für die vielen Entsagungen, die den Vesta-
iinnen auferlerrt waren, bot die ^rof'e Verehrung, die ihnen von
hocli und nieder entrregeugehraelit wurdn. und gewisse Rechte,
mit denen sie ausoestattet waren. V\ enn eine V estalin über die
Straße gieng, st> wu-h ilir jedermann ehrerbietig aus. Die Lictoren
der Magistrate, die liiuen begegneten, mussten vor ihnen die
fa$ee8 senken, was an moderne militärische Ehrenbezeigungen
erinnert.
Großes Gewicht hatte ihre Fürbitte für Beklagte; so erlangte
Cäsar durch die Vestalinnen Begnadigung bei dem Dictator
Sulla. Begegnete ihnen ein Delinquent, der zum Tode geführt
wurde, so konnten sie ihn freisprechen: doch mussten sie
schwören, dass die Begegnung eine zufällige gewesen sei. Mit
Ausnahme des Pontifex maximus durfte niemand an eine
Vestalin Hand anlegen, selbst wenn sie sich irgendwie ver-
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Dr. E. St Sedlmayer. Der Tempel der Vesta etc.
gangen hatte. Einst hielt der ehrgeizige Appius Claudius Pulcher
nach einem armselig^^n Kriege gegen die Salasser seinen Trinmph-
zug, <\nvh ohne Cieuehiiiiguno; des Volkes. Die empörte N[pn<Te
wollte »ien Triuinphiitor vom Wagen herunterreißen. Da erschien
plötzlieli seine Tocliter Claudia, eine Vestelin, und stellte sieh
neben ihren \ ater auf" den Wagen. Und von diesem Augen-
hlieke an wagte niemand mehr, den Triumph/ug su atOren, und
dieser bewegfe sich in yoller Ordnungdem Capitole zn.
So gesellten sich zu der inneren Würde, welche den Jung-
frauen ihr strenges, klö.st(M lu l os Leben und ihr harter Dienst
yerliehen, auch große uuDei-e Ehren, und es ist keine Über-
treibung, wenn man behauptet, dass die Vestaliiinen die ehr-
würdigsten, heiligsten Wesen ini Iveiehe waren, sie, die Hilterinnen
des ewigen Lichtes im Vesta -Tempel, des l.iebtes von Horn.
.Tawohl, des liiclites von Rom! So kann das Lieht im Vesta-
Tempel mit vollem ileehte genannt werden. Denn wir wissen,
dass es den Römern als das Unterpfand des Bestandes ihrer
Herrschaft galt.
Stolz nannten e's die Romer das ewige Licht, und ewig
sollte auch das Reich sein, aus dessen Mitte es zum Himmd
emporflammte. Aber ein gewaltiger fcjtorm brauste vom Norden
her, und das Licht erlosch, und das stolze Reich fiel in
Trümmer.
Das ewige Licht von Rom, war es also nur ein stolzer
Traum oder eine trügerische Prophezeiung, die nicht in Er-
füllung gieng?
Nein, du mächtiff Römeryolk, du hast nicht ffetraumt und
nicht getrogen; das Licht, das von dir ausgieng, das Licht Ton
Rom, war ein ewiges Licht. £s leuchtet uns heute noch im
Vereine mit einer noch viel helleren Leuchte, der lieblichen
Sonne von Hellas.
Mehr als einmal war die Menschheit in Gefahr, im Sumpfe
der Gemeinheit zu versinken, verführt durch Irrlicliter, die sie
auf eiuen falsclinn Pfad lockten. Da aber haben die Leuchten
von Hellas und K'om mit unwiderstehlielier Mueht das Dunkel
der Nacht durchbrochen; vor ihrem Glänze sind die Irrlichter
verblasst, und die Menschheit hat den rechten Weg wieder-
gefunden. Mehr als einmal ist dies geschehen, und nicht zum
letztenmale geschah es, denn die Leuchten von Hellas und Rom
sind ewige Lichter: sie kann kein Stuim yerlöschen, keine
Nacht auf ewig verdunkeln.
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Vereinsnachrichten.
A. Sitzungsberiehie des Vereines „MiLielsohule" in Wien.
JahresTersaminlung.
(21. November 1896.)
(HitKetheilt vom SebrifU&brer Prof. Ferd. Dressler.)
Der Obmannstellvertreter Prof. Zycha eröffnet an Stelle des er-
kranktm Obmannes Prof. Feodor Hoppe die Sitzung mit folgenden
Worten:
,Dft nacli § 23 der Vereinsstatnten die heutige Versanunlung als
Jahresvereammlung gilt, obliegt es mir in Vertrotunf? dos prl< rankten Ob-
mannes, den Bericlit fiber die Tb&tigkeit des Vereines im abgelaufenen
Jaihre ku entatten.
„Ich bedauere es lebhaft, da-«^ dem Obnjaniif di»« ' Jflpcfenheit be-
nommen ist, in Person seiner l'üicht nachzukotmuen , eiiiin;il weil die
Actionen, die sich im Verlaute eines Jahres zuüüuimendriLn^'i'n, mit An-
tbeilnalime und Würiue nur von demjenigen zu entsprechendeui Aua-
dmcke gebiacbt werden, der sie in Angriff genommen, sodann weil ich
es dem sehr geschätzten Obmanne gegOnnt hAtte, Itir die aufopfernde und
ersprießliche Thtttigkeit, die er im abgelaufenen Jahre dem Vereine ge-
widmet hat, aach den Tordienten Lohn su empfangen« Denn sowie es für
den Leiter ein» I'nternehmens, dessen Prosperität von mannigfiMShen un-
berechenbaren Umstunden abhängt, ein erhebendes Gefühl ist. wenn er
am .Tahresscli1u>«e die Bilanz zieht uml sich 8a<?on kann: Deine Mühe ist
nicht. un)>onst ^'oweson, ist es ("ür «ien Oi))nanii eines Vereines, für dessen
Gedeihen viele ^"aetüleu uiabgebeiui »iiid. ein (.ieüihl der Befriedigung und
eine Ermunterung, wenn er, seine Tbätigkcit am Schlüsse des Jahres über-
blickend, sagen kann: Ich habe nicht umsonst gearbeitet. Und unser Ob-
mann hat nicht umsonst gearbeitet Wir kOnnen mit Qenugthuung auf
die erzielten Erfolge surQckblicken.
»Zufolge der in der ersten AusschuBsiiitsung TOrgenommenen Con-
stitnierung <les Vereines fungierte während des abgelaufenen Vereinsjahres
Prof. Feodor Hoppe als Obmann, J. Zycha als Obmannstellvertreter,
G. Schlegl als •^r-.ter, l'erd. Dressler als zweiter J^chriltrührer. v. Alth
alf ('a*«ipr, «iie Herren Fisi lier, Kukut«rh. Koppensteiner, bofer,
Wiskotschil und Zeidler als Auäschussmit^lieder.
„öflterr. Mittelsdiiil«". XI. Ishi«. 4
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50 Vt*reinuiuchricht4;n.
«Bei Übeniahine der Gesehftfle war f&r d«? AuswhiMB die eine Seite
des Programme!) gegeben. Infolge der in Aaanchi genommeiiea Aofbe«e-
ruDg der Gehalte des Mittel>chiillehq)ersoDale» tmu^t^'n Versammliiogeii
abi?**h;i!ten werden, um die Sohritt«* zn !"'r.ithen, welche im Interesse des
Mitt^'l^' huli'-iirstande^: bei der hob*"!! t iitfrriL'nt.s-vfr'WiilTunf: un^i (icn ^'♦'"^et?.-
gebendeii Kürper>'.h.ittt'n zu iinT<'rnth iii'*n w^lfn. dümil die ii- .ruli'-rung
in einer unsere b«i nithrci«. ii Aniasr^en mm AusUiucke gebrachten Wünsche
berücksichtigenden Wewe erfolge. Bi wurde vereinbart, dasa die hiesigen
Vereiiie vereint voirgehen. Die erste Versammlaiif; dieaer drei Vereine, der
«MittekdioleS der »Realedinle* und des .Vereines der Snpplenten dentacber
Mittelacholen in Wien', wurde am 35. Januar 1896 abgehalten. Die
BesolnUon, die auf Gmnd des Vortragen de.s Herrn Dir. Klekler» an
welchen sich eine überaus rege Debatte knflpfte, gefasat wurde, über-
relt}it»^n die Obmänner der drei genannten Vereine Sr. Kxcellenz dem
Herrn ünterrichtsminister. ••^'*'n>o wurden den Mitgliedern des Ab-
geortineten- un l des Herrenhaii> ^ r.xcnijil.irc ^;e2f'»V»en Am 14 April fand
über Iintialive d.-r .MitteL-i. ImU'" »'iiif VcriMiuimluug äsitmiuti icher MiUeUchuI-
lehrer Wiens statt, um Auadiuck zu geben bestimmten Desiderien auf Ab-
ftndemag der Gesetiesroriage . die am 26. Märs dem Abgeordnetenhause
unterbreitet worden war, nach welcher die gesetzliche Nenregolienmg
der BesQge des Staatalehrperaonales stattfinden sollte.
„Der einhellig angenommene Resolntionsbescbloss, der die Ahftndemng
zu den einzelnen Paragraphen der Regierung8vorIage enthielt, worde in
{geeigneter Weine der hohen ünterrichtaverwaltung uberreicht.
„Man hört häufig Klagen, dass unsere Schritte unfruchtbar, da« sie
erfolglos gewesen seien. Die«e KIaq'en. meine Herren, gind nnb<»grrindet.
Oh alle unsere Vorscliliigt' b* tit'tl'» der Auf lu-'^verung der tiehalte und der
Hebung der socialen Stellung Beachtung Huden werden, darüber wird zu
sprechen am Platxe sein, wenn die Regulierung perfect ist. Aber sdion
jetzt Usst nns das bekannte Wohlwollen Sr. Eicellens des Herrn Ministers
und seiner Rftthe anversichttich hoffen, dass sie thnnlichste Berücksiehti-
Jung finden werden. Doch darüber sp&ter.
„Aber auf einige Erfolge mnss ich schon jetzt hinweisen, deren Wohl>
thaten die Mittelschullehrer schon genießen. Es ist dies erstens der Fort-
bezug der Subsistenzzulage; ferner mTigon die Herren, die solche Klagen
vorbringen, die Liste der Krnennun<,'en im letzten Julitermine und während
der F»>rien einer uiUieren l'riil'iini; und \ ergleichung mit den IVüiieren
guhren unterziehen; endlich ^iiid die Pensionen der Witwen und Waisen
nach Mittelücbullehrern in dem neuen Gesetze in einem Ausmaße fixiert,
dass selbst der sonst üntnfriedene das große Wohlwollen der hohen Be-
giening dankbarst anerkennen mnss. Wie man angesichts solcher Yer"
hlltnisse behaupten kann, es ist nichts geschehen, es ist nichts erreieht
worden, ist mir unergründlich.
«Eatfi^tete der Verein so in Besag anf die Wahrung unserer Standes-
intere?!«en eine rege Thäti'^'kcit , so wurde auch die andere Seite des
Zwecke.'^ unseres Vereines nicht vt-rnachlfiÄsigt. Es wurden in mehreren
Verein-!verfammlun;»en Fragen des Miitel.-iciiulwesens dureh Vortrüge über
Gegenstilnde der iVidagogik, Didaktik und Wissenschait gefördert. Am
ersten Abende sprach Herr Dir. Dr. J. iioos in fesselnder Weise, wie
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Vereinsnachrichten.
51
immer, j\ber ^unsere Verkebnsprache mit der Jugend. An den Vortrag
knüpfte "eine fmchtWe Debatte. Am «weiten Abende bieit Prof.
Dr. Frank einen Tortraj^ mit dem Titel: Der pbiloioprisobe Unterricbt
auf dem Gymnasium und die Anschauung. In Inhalt und Form gleich er-
freulich und meisterhaft zum Ausdrucke gebracht, verdient der Vortrag
dip Anprkcnnnng, die ihm von Seite der zahlreich bpsiichten Versammlung
geworden. Am drittfn Abende unterhielt uns l'rot". I)r. .Tornsaloni an-
regend, wie wir bei ilim <,'>MVf»hiit sind, mit der Psychologie im Dienste
des Sprachunterrichteti. Seine Auätiihruugen boten Gelegenheit zu einer
lebhaften Debatte. Am vierten Abende feierte Prof. Dr. Kari Wotke in
einer interenanten Bede das hundertjährige JnbÜftum der fransteischen
Profemoreniebnle. leb kann es mir hier nicht Teni^n, dem trefflichen
Gollegen den Dank des Vereines atusosprechen, der, ao oft man sich an
ihn wendet, gern mittheilt von dem Schatce seines reichen Wilsens auf
allen Gebieten. In hohem Grade belehrend war der Vortrag, den Prof.
L>r Kanh am folf^enden Vereinsabende hielt mit dem Titel: Das lofjisohe
Entiiyn)eMi und dessen sprachlicher Au«dnu"k. Sehr anerkennenswert ist
auch die Be?.precbuug einer grammatiicben Frage von Dr. Löw, weil aie
von einem ganz richtigen Standpunkte, dem Principe der Concentration,
ausgeht £ndlich fand eine gemeinsame Sitzung des Vereines .Mittelschule'
and des «Vereines snr Forderung des physikalischen und chemischen
ünterrichtes* im Pbysikatale des k. k. QymnasiQms der Theresianischen
Akademie statt. Dort hielt Prof. 6. Rusch einen interessanten und be-
lehrenden Vortrag .Über den elementaren Unterricht in der astronomischen
Geographie'. Prof. Höf 1er machte Mittheilungen aus dem astronomischen
Unterrichte und demonstrierte seinen in der Poske'schen .Zeitschrift für den
pbjsikji Hachen und ehemi.'^chen l'nterriclit' beschriebenen Eklijjtikapparat.
^Sie seilen, meine Herren, der Ausitchusjä war bemüht, auch von dieser
iteiie ein reiches Progxamra zu bieten. Wenn ich, abweichend von der
üblichen Praxis, bei der Aufzählung der Vortrfi^e mir erlaubte, da und
dort ein epitheton omant hinxttznfügen , so geschah es nicht, um daran
Kritik SU Aben! Ich wollte damit nur den Herren Oollegen meinen Dank
Ahr die ▼ietseitigen Anregungen abtragen. Anderseits benfitae ich diese
Gelegenheit — und Sie werden es mir als Obmannstellvertreter, dem das
Gedeihen des Vereines am Herzen liegt, nicht übelnehmen — die Herren
Coliegen dringend zu bitten, durch Vorträge und Besuche derselben dabin
zu wirken, dass der Verein auf der Höhe, die er dank der Opferwillitrkeit
und Arbeitsfreudigkeit unserer Vorgäni^er miihjiam errungen, erhalten und
wenn nui^lich auf eine noch höhere Stufe gebracht werde. Ma*^, meine
Herren, der Vortrag welchem Gebiete immer entnommen bein, unstreitig
wird stets der Sinn fttr WissenschaftKchkeit belebt und r^e erhalten. Und
ohne dies«! Hintergrund der Wissentehaftliehkeit wird, ftrehte ich, unsere
BesohAftigung frfther oder sp&ter, aber geinss ram banausischen Handwerk.
„Die HitgliedemU nnseiee Vttwinee iet gegenüber dem Voijahre
etwas gestiegen. Wenn sehr geschätete Miere Coliegen entweder gans aus-
treten oder mit einer erschreckenden Regelmäßigkeit von unseren Yer-
««amtnliinsren sich fernhalten, so muss ich das bedauern und kann mir den
Grund nicht erklären. Denn das kann als unbe.stntten liingestellt werden,
dass ein Verein nur durch Zasammenfagsen aller Kräfte den schwierigen
4*
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52
VereinsuAclirichten.
AofgftbeD, die so \l5ten sind, gerecht werden kann. Sollten einselne Herren
SWM mit den Zielen, nicht aber mit den ron der Leitung des Vereines
ciogeschlagenen Wegen übereinstimmen, dann ist diin einzig correcte Mittel,
dem VeriMne zu nützen, im Vereine Antriio'o ihrer Tendenz zu stellen.
^Der Au.-iSL'huss wird jedesmal statuten^'ein.iL^ solche Anträge gewissen-
haft prüfen und. wenn sii- die Verninsinteresisen zu fördt'rn geeignet sind,
dem Plenum zur Auaaume empfehlen. JJass aber die Milgliedt>chaft eines
Vereines, wofern in diesem der rechte Geist herrscht, von großem Nntsen
ist, bedarf wohl keines weiteren Beweises. Abgesehen davon, dass die Zu»
gehSrigkeit sa einem großen Gänsen das Setbetbewosatsein des einseinen
hebt» werden im Vereine Anregungen aller Art gegeben, es wird Liebe
nnd Emst fQr den Beruf wach erhalten und Begeisterang geweckt, alles
Eigenschaften, welche anßer gründlichem Wissen nothwendig sind, um
unseren ^ehwierigen Beruf rw erffillen.
.Knie andere Frage, di»* für den Bestand des Vrreint's von der L,'röl.*ten
Wieht'i^'keit ist, dürfte in Kürze eine günstige Krledi^un^; tin<ien. Die
Herren wissen, da«3 wir unser altes Heim in der Aula veiLii^eu haben.
Bestimmend war der borrende Preis, den wir für die BenUtsong des —
ich sage es offen — unpsssenden und der Gesundheit nicht sonderlich
stttri^iUehen Saales süden musaten. Anderseits hftngt von einem bestimmten
Locale geradezu die Existens eines Vereines ab. Nun hat der Obmann an
das Dt Lanat der philosophischen Facultät ein Gesuch gerichtet, und es iat
alle Hoffnung vorhanden, dass uns ein pausender Saal in der Universität /ut
Verfügung gestellt wird. Das Gesuch selbsat iwt allerdings noch nicht erledigt.
„Was unsere Zeitschrift ,Osterrt'i(hisclie .Mittelschule' anlanpft, so
macht sie, dank der He^sauikrit aller Vereine, rt cht schöne Fortsi hritte.
„Die Auflösung des Vereines .Innerösterreichische Mittelschule", die
im Januar dieses Jahres erfolgt i^t« bleibt für unsere Zeitschrift ohne £in-
flom. Die neue Rubrik för Stande^ragen bietet jedem ciymnssiallehrer
Gelegenheit, in saehgentftßer Weise Standesfragen sn erOrtern und positive
Antrftge su stellen. Jede Anregung und Förderung in dieser Hinsicht wird
von der Bedaction und von allen Mittelachullehrem mit Dank angenommen.
Dagegen müssen Verirrungen, wie sie angeblich ein Mittelscbullebrer in
einer hiesigen Zeitung wiederholt abgelagert hat^ aowohl in Ton als auch
in der Tendenz bedauert werden.
„Für die wiirdi<,'e Aujistattung der einzelnen liette gebürt dem Uerrn
Verleger A. v. Uölder der beste Dank.
,Die archäologische Commiasion fQr die österreichi^^chen Gymnasien
entfiUtet unter ihrem sehr geehrten Obmanne Herrn Landes -Schulinspector
Dr. Hnemer eine r^ Th&tigkeit
«Mein Bericht w&re unvollständig, wenn ich nicht eines Tages ge-
dächte, der für den Verein ein Ehrentag bleiben wird immerdar. Es ist den
Herren bekannt, dasa der Aus.schu<« im Sommer löiJö den Beschlusä fiwste,
dem um die Wiissens» haft und die Förderung des österreichischen Mittel.'ichul-
wesens. ja des Bilduugswe-sens überhaupt, hochverdienten Herrn Sections*
chef Wilhelm v, Hart^^l nniKslich seines dreiLugjährigen DoeinUn-
jubilüums »m Vereine mit Kn uiiiit u und Schülern des Jubilars eine Medaille
mit seinem Bilde prägen zu la^^^en. Es bildete sieh ein Comite, das aus
Mitgliedern der Universität und der kartellierten Mittelschulveretne bestand.
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Vereinsnachrichten,
53
Dieaer Gedanke fand in dem xahlreiehen Ereiae der Frennde und Schiller
des Jabilars die sympathischeste Aufnahme, wie dies die 580 Untetachriften
auf <ltr Adresse beweisen. Am Gedenktage» dem 14. Jttn dieses Jahres,
bes^ab sich diw Coniite zui^'lcich mit zwei anderen Deputationen in die
Wobnmi); de« .Tiibilavs und überreichte nach einer kurzen, die Verdienste
des Geleierten um die Förderung der Wij^senschaft und des österreichischen
Mittelschulwesens würdij?enden Ansprache des Obmannes Prof. Hoppe ein
Elxemplar der Medaille in Gold. Herr Sectionachef t. Härtel dankte für
die ihm gewidmete Oabe mit hersliehen Worten. Bei dieser Gelegenheit
mnss das harmonische, fast mOchte ich sagen eoUegmle Znsammenwirken
der Vertreter der UniTerait&t mit Mittelschullehrern mit Freude cnn-
statiert werden. Überlianpt verdient die erfreuliche Thatsache — und dem
Gymnasialwesen gereicht es nur sum Vortheile - dass die Mittelschnl-
lehrer mit der Universität in enger Fählang und stetem Contacte bleiben,
eine besondere Erwähnung.
-Es erübrigt mir noch, allen Herren Vortraf^enden und Mitarbpitem
an uiLserer Ȇsterreichischen Mittel.-^cluile', insbei^ondere dt-n kartellierten
Vereinen, für ihre Luter.siütüung meinen herzlichen Dank auszusprechen.
Mit dem Wunsche, dass unser wackerer Verein auch in diesem Jahre eine
erfolg- und segensreiche Th&tigkeit entfalte snm Nutxen der Schule» dem
Stande cur Ehre, schließe ich meinen Rechenschaftsbericht."
Hierauf ertheilt der Vorsitiende dem Cassier Herrn Prof. Alth
das Wort zum Becbenschafksberichte:
Casse -Ausweis aber das Jahr 1895/96.
Einnahmen
1 !
kr.
Ausgahen
1 fl.
kr.
Casserest vom Vorjahre
Spart-inlacje bei der
österreichischen all-
gemeinen Sparcttsse
Spareinlage beim all- :
gemeinen österrei- i
1 chischen Beamten-
xereine \
53
685
III
46
72
45
Saalmiete und Bedie-
nun^j ,
Hölders Verlag • • .
Witwenunterstütxnng .
Druck-, Verwaltungs-
und Redactions-
!
147
410
60
140
75
83
Zinsen i
Mitglieilerbeitriig«' ,
38
658
17
Atisgaben .
Saldo .
' 75»
i 728
58
22
Einnahmen .
Ausgaben .
1466
[ 758
ÖO
58
1486
Öü
Activrest .
1 728
1
1 Diener Activrest be- ;
steht aus:
1. ElulaL't' i fier öster-
reichischen alige-
meinen Sparcasse
2. Einlage beim öster-
rpichi?»chen allge-
meinen Beauiten-
▼ereine .....
Caaserest .
Somit wie oben .
659
1
1 15
' 52
47
87
88
Wien, 20. NoTember 1896.
Prof. G. V. Alth
als Cassier.
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Vereinanacbricbten.
Sodann erfolgt die Neuwahl des Ausscfau$<«e8, weil der Obmann
Feodor Hoppe, sowie die Ausschussmitjyliedor Prof. Ferd. Dressl e r,
Prof. Fischer, Prof. Dr. Kukutscb, Dr. K. SotVr und Prof. Dr. J.
Zeidler statuteniiiärnf» ausscheiden. Gewühlt werden: Feodnr Hoppe
zum Obmanne und zu Ausschussmitgliedern: Prof. Dr. J. Kukutscb, Prof.
Petor Maresch, Prof. J. Wiesner, Dr. E. Sofer und Prof. Dr. J-
Zeidler.
Den aasMslieidenden Ansscbossmitgliedern wird der Dank Totiert
Nun erh< Prof. Dr. Karl Wotke da« Wort su seinem Vortrage:
„Gesebichte der Universit&t Olmfltx*'.
Am Scblnsae dankt der Vorsitzende Herrn Prof. Dr. Wotke fttr seinen
ebenso interessanten ah lehrreichen Vortrag und macht die Versammlung
noch mit einigen wichtigeren Geschäftsstücken bekannt: Horm Prof. Josef
Kolbe sollen zw dossen 70. Geburtstage brieflich din Glückwünsche des
Vereines ausgesprochen werden. (Angenommen.) Ein Dr. Pisko'scher Stift-
platx mit 175 i\. l'iir Witwen von Mittclschullehniii. sowie ein solcher
von 45 0. für absolvierte Lehramtscaudidateu kommt i^ur Verleihung;
Qesncfae sind an den Magistrat der Stadt Wien an richten. Als nene Mit-
glieder sind eingetreten: Prot Adamek ans Gras, Dr. Fr an« Dan r er,
Obmann des Vereines »Realacbnle", und Anton Beb bann, Professor
an der k. k. Staatsrealschule im VI. Bezirke. Hieranf wird die Sitzung
geschlossen.
(Mitgetheilt vom Schriftführer Prof. Peter Maresch.)
Zweiter Yerelnsabend.
(12. December 1896.)
Ffir den durch Krankheit verhinderten Obmann eröffnet der Obmann-
stelhertreter Prof. J. Zycha die Sitzung mit der Mittheilnng, dass der
Aasschoss sich constitniert und die Herren Prot J. Zycha zum Obmann-
stellTertreter, Prof. O. Schlögl zam ersten, Prof P. Maresch znm zweiten
Schriftführer und Prof. G. v. Allh zum Cassier gewählt habe, und spricht
dem Prof. Ferd. Dressler, der im verflossenen Vereinsjahre zweiter
Schriftführer war, für seine durch Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit aus-
gezeichnete Mühewaltung den wärmsten Dank aus. (Beitall.i
Es folgt der Bericht der Casserevisoren. Auf ihre EikLii uug hin. dass
sie bei ihrer eingehendeu Prüfung der Cassegeburung ailes richtig be-
funden hätten» wird dem Cassier Prof. G. t. Alth das Absolntorium er-
theilt und zugleich der Dank ausgesprochen.
Hiemnf thettt der ObmannstellTertreter mit, dass von nun an die
Versammlangen in der neuen Universität stattfinden werden» und
knäpft daran den Wunsch, diiss nach Abscblnss des nicht kurzen Nomaden-
lebens der Verein wieder frisch aufblühen und gedeihen möge. (Beifall.)
Als neue Mitglieder werden anf^emelJet die Herren Dr. (iuatar
Kraitschek, Supplcnt ;.m akademischeu i lymnasjura in Wien, und
Dr. Max Frank. Pioics-^or am Maximiliansgyujua.sium in Wien.
Der Obmauu«tuU Vertreter legt das Programm des elektrotechnischen
Vereines für einen Cyklus gemeinfasslicher Vorträge aus dem Gebiete der
Elektrotechnik etc. vor.
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Yereininaclirichten.
55
Hierauf hält Max Guttmann, k. k. Tarnlebrer in Wim, den an-
„Die förderung der körperlichen Ausbildunif an den Mittelscliuiea
Österreichs" (S. 1).
Nach lebh;i(tem Beilalie der VersaiUTOlun«,' dankt der Obmann-
stellvertreter im Namen des Vereines dem Vortragenden Ifir seine belehren-
den und höchst anregenden Mittheilunj^en und richtet dann an diesen und
an die Tenammlnng die Anfrage, ob eine Debatte gewOnsebt werde.
Prof. Ober mann bemerkt, der Vortragende babe keine Tbeeen auf-
gestellt, sondern nur WQnscbe ansgesprochen, daher sei eine Debatte nicht
statthaft.
Dir. Loos nimmt Veranlassung?, ebenfalls auf den in der Ärzte*
versammlunf? >^i'haltt n(ni Vortrag des Dr. T?nnim hinzuweisen, in welchem
sich derselbe namentlich {,'t*;,'f'n dif Kintiihrunjf des 80genannt<'Ti .P'-n tischen
Turnen**" richtet, und liiilt es für einen wichtigen Berathun|;>'Tfg*'Dstand,
sich dsvrüber zu liußeru, ob nach den bisherigen Erfahrungen das zwischen
die ein/einen obligaten Lehrgegenstände eingeschobene Turnen, wie es eine
Ketbe dentseher Scbnlm&nner behauptet hätten, ersprießlich sei oder nicht.
Bei dieser Gelegenheit erwähnt Dir. Loos, dass ja doch eigentlich die
Bemerkongen Bumnis inrückgiengen auf den italienischen Physiologen
Mosao iiad auf die Au&ehen erregende Schrift des Heidelberger Doctors
Kriipelin, der indes aach bereits wieder seinen Gegner in G. Richter
gefunden habe. So sehe man, weil von beiden Seiten nicht ungewichtige
Gründe vorgebracht würden, in <1 -r cranzen .Sache nicht recht klar. Es sei
nnbpfTfpiflieh. warnin ciic Ärzt«-, wenn mf* einori derartigen Geq'en^tand zur
DerütJiung i>räcbten, nicht doch auch Schuluiäuner, welche uuk Eiiahrung
miti$prechen könnten, zu ihren Veräummtungen einlüden. Wenigstens
hätten dieselben eben dasselbe Recht mitsusprechen, wie die Ärzte vorerst
einen Sehulanst verlangten. Am leichtesten käme man wohl so zum Ziele,
dass man eine achulhygienische Statistik verfasste unter Mitwirkung von
Inten* Solange eine ständige Commission hieftlr nicht susammengesetst
erscheine, könnten ' i vir »elb.st darüber Beobachtungen machen, ob das
Turnen zwischen den obligaten Stunden oder nach denselben den von den
Leibf'siilinnc^fn crwurti ten Nutzen «tift--. Denn dazu «^eif^n wir im Inteross^
der Jugend und des Staates verptiichtet. Wir lieiTindt n uns al.so ror ier-
hand in einem übergangs-stadium , da-n tms zur Klarheit führen werde.
Sicher sei, djiss beim regelrechten iurueu der energische Wille zur Gel-
tung komme und durch seine Tbätigkeit das Gehirn ebenso ermQdet werde
wie in den obligaten Lehntnnden durch die rege gehaltene Aufmerksam«
keit. Wenn aber das Turnen so gebandbabt werde, dass es den geistig
ermQdeten Schillern eine Krholung bringe, dann sei gegen die Einschiebung
desselben zwischen die obligaten Lehrstunden nicht« einzuwenden, viel-
mehr wäre sie dann wfinnchenüwert. Dir. Loos formuliert zum Schlosse
seine Ansicht in einf»m zehnten Punkte: ^Es mögen vorläufig an
mehreren Anstalten t a t i s- 1 i « r h p K r h e b n n f:^ p n über den E i n f hi 9
des Turnens auf eine uaeiilolgeuiic w ia.seu.schaftliche Unter-
richtsstunde oder im Anschlus.se an den vormittägigen Unter-
richt tll— 12 oder Iii — 1) gepflogen werden."
Darauf erwidert Tarnlehrer Guttmann:
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56
Vereinenachrichten.
,Dpn Ausführungen des H(»rrn Dir. l>r. J. Loos ^^f'ijenüber prlauKe
ich mir zu bemerken, dass die An;^rirtc des Mos^o und s«»iner AnUüuger
auf duä deutsche 'I uruen schon wiederholt dagewesen sind Iti den Zwanziger-
Jcihren dieses Jahrhunderts gesellten sich dazu vornehmlich politische
MotiTe, und in den FQnf^iger-Jahren wurde die tchwediMlie Gymuattik ak
Sturmbock gegen dae Schulturnen benfiUt Da« getchah vornehmlich in
Preußen und Sachsen, denn wir hatten damals noch kein Schulturnen wie
beute. Die Argumente der Gegner waren ähnlicher Art wie die in der
neuesten Zeit und in wissenschnftliches Gewand gekleidet. Sie machten
die preußische ünterrichtsverwaltung stutzig, und diese überantwortete
die panzf» Angelef^onheit dem obersten Medicinalrathe zur Entscheidung,
welche vollkornnifTi /ui^unsten de« deutschen Tnrnens auRj^efallen i^'t. In
die^er CominiK?ion t-uüen unter andi'ren Virchow und Emil Du Bois-
Eejmond (t 1896). Der letztere trat dieser Frage noch einmal in den
Achtsiger-Jahren nftber. Nun wurde dieser berühmte Gelehrte im Vorjahre
gefragt, was er von den Angriffen der Physiologen Mosso in Turin, La-
grange in Paris und ihrer deutschen Anhänger halte. Der hervorragende
Physiologe meinte nun» dass er dem, was er früher über den Gegen-
stand gesagt hat, nichts binzusufügen habe.
„Ich bin auch der festen Überzeugung, das«, wenn wir nun in Öster-
reich Beobachtun^'cn und Untrisuchunc^en über den Einfluss einer Turn-
stunde auf eine nachtülgeruli- wi.s.>t n-i hattliche ünterrichfc^stuntlp oder als
Eckätunue anstellen werden, die Vt-rbiiche zugunsten unseres Schulturnen»
ausfallen werden. Es ist Sache der Wissenschaft, mit der Ertaluuug in
Übereinstimmung zu kommen. Und die Erfahrung spricht tOr die gegen-
wärtige Einrichtung, d. i. fttr den Wechsel von geistiger und phydacher
Arbeit.^) Um aber die Zweifler vollkommen an beruhigen, möchte ich mich
far die Annahme der vom Herrn Director vovgeechlagenen hygienisch-
statistischen Erhebungen aussprechen.
«Ich gebe zu, da^s Herr Dir. Dr. .1. I.oos die erfrischende Wirkung
de« Turnens nicht in Frage gestellt hat. Aber es gibt mnnche Lehrer nn
Mitt*'l<( hulcn . welche eben diese Eigenschaft bc^itroitt'n , wi»* /,. H. Herr
Prof. Dr. Leo Du rijrcr. -itcin. Diosom Umstände ge>;t'niil)('r kaim ich und
gewiss auch die meisten mit lurnuxi beschäftigten Lehrer nicht genug
betonen, dass die Schüler sich stets auf die Turnstunde freuen. Es kommt
a. B. vor, dass Schüler, welche ihre Turnschuhe mitbringen, sie schon zu
Ende der vorausgehenden Stunde anaiehen, dass sie sich die Schnüre an
den Schuhen lüften, um nur ja recht rasch umgekleidet zu sein und keinen
Augenblick von der Turnstunde unbenützt vorübergehen zu las.sen. Es ist
wirklich eine Freude, die leuchtenden Augen und die fröhliche Stimmung
bei den jfingeren Schülern, zu drm sich bei den älteren Schülern reger
Eifer und erhöhtes Interesse gesellt, /u Ijnolnichtnn. rntt \V('l.d>(»ni sie dem
Turnunterrichte folgen, wo sie sich freier bewegen und geben dürfen aU
in der Classe.
1 TT:itlfn ahi'T Mos.io iiiul st iiu« Aijli!iiitf«'r rfcht, wio sollt«' man ^icll »Innn z. H.
diu Erlulge Preußens uud U*fr Übrigen dfulucbfn bUi»U'n in dem Krk'gf von 1670/71 <r-
klimit Dmnach bStte beMtoilen piwufien , welch«» du Scbultiinieii ncbon seit dorn Jahro
T'J'J oiriK'cfnhrt hat. vullkoinmcn tl<'K<'in ni'rt s' i?v tiil^w-cn ! rml nnson» MitbOrucr inü»st«'n
ja dif bemjtleideu»wfrU;!ilcD ücscböple ?< in, du fit- in der tou Mos» so vorpuiilcu Weise seil
d«ai Jibre 1870 in d^ VolkMehttlen und in einem Tbeil« d«r Mittelwbulen getuint haben t
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Vereinsnachricht€n.
57
.Geht schon am diesen Beobachtungen das Erfrischende und Erholende
einer Schulturnätunde hervor, ho tritt die Erfahrung hinzu, dass bei an-
haltender geistiger Th&tigkeit das Gehirn sich mit Blut überfüllt, während
den Ext renji tüten zu wenij»' Blut ztiprrfnlirt winl. Dk't K<^]>f wird heiß, die
Extremitäten aber sind k:ilt Untornimnit nuui tiann aber eini<]fo t. hnnijen.
go wird den Extremitäten mehr Hlut zugeführt und das Gehirn wird ent-
lastet. Der Kopf .glüht' nicht mehr, eine angenehme Frische belebt den
Körper und der Schüler ist zu neuer Arbeit gerüatet. Diese Erfahrung
hab«! bereits eo yiele und her7ornigende Mediciner hervorgehoben nnd
wisseaschafüich begrflndet, dass es nicht mehr nothwendig sein sollte, es
immer wieder zu sagen. Aber die Zweifler wollen dennoch ron neuem
aufklärt sein."
Hierauf wirft Supplent Dr. Sofer die Frage auf, ob Schülern, welche
das Radfahren lernen, resp. ausüben wollen, gestattet werden dürfe, einem
Radfahrer vereine beizutreten oder nicht. Denn es sei doch verboten, dass
Schuler Mit^lifiler eines Vereines seien, antlerseits sei zu berückHirhtiei^en,
drt'is die Mitnlicdscliatt bei einem Radtahrervereine für die Erlangung der
tamiictnz; von Belang sei.
Dir. Loos erwidert, er würde dam nicht die Erlaubnis geben. Ein
Ausweg wAre der, dass die Sohfller untereinander einen Badfobrerverein
bildeten, natürlich in den fttr sie gesogenen Grenien.
Dir. Seh ein dl er spricht «ich dahin aus, wenn die Sache so stfinde,
dass Fahrlicenzen von der Polizoi luir an Yereinsmitglieder ausgegeben
würden, mithin niemand, der nicht einem Vereine angehöre, eine solche
erhalten könne, so mfWse mit gewissen Vorsichten die Theilnahrae der
Gymnaaialschültr «^o-itattct werden, da in snn«t faotisch kein Gymnaaial-
schüler radfahnm dürfte. Ein ähnlicht'äs Vertahrea werde ja auch der Theil-
nahme von Gymnasiubchülern am Wiener Eislauf vereine gegenüber ein-
gehalten.^)
Der Obmannstell Vertreter spricht im Kamen des Vereines dem
Direotor des k. k. akad. Gymnasiums Herrn k. k. Regiernngsrathe
Dr. Friedr. Slamecska £&r die. durch so lauge Zeit gew&hrte Gastlich-
keit den innigsten Dank aus. (BeifaU.)
Brifter Tereinsabend.
(9. Januar 1»97.)
Der Obmannstell Vertreter eröffnet die bitzuii»,' mit folgender Rede:
,Ua unser Verein aus von mir bei einer anderen Gelegenheit dar-
gelegten Gründen die St&tte seines vieljahrigen, rühmlichen Wirkens ver«
lassen rousste, war es ein glücklicher Gedanke unseres auf das Gedeihen
des Vereines sorgsam bedachten Obmannes, sich an das Decanat der philo-
sophischen Facnlt&t 8U wenden mit der Bitte» uns fQr unsere Zwecke einen
passenden Saal zur unentgeltlichen Verftigung sn stellen.. Ich sage« es war
ein glücklicher Gedanke, weil nach meiner Übensengung die innige Vor«
') NachLrttglirho Erkunditrnngon rcranlusson ilrn Dir. S o h«« i ii d 1 o r , wiiH' in der
Verein ■▼emmiDtung ausgr^iKM l.< itt> Aimiihmr ul» irri^ r.u li>^zi-ichii<^n ; 'I' im die Ausfolgting
der Fahrt ic«iiieit Ki durchaus nicht an die MiicUedenchafi eine* BaUiahrorfereioes ge-
bunden.
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58
Vereraanachrichteu
bin(]un>$ der Mittelschule mit iler üniversitiit die sicherste Bürgschaft für
eine fortsohrittHche KntwickiuiiL,' dn^ Mittcl-chulwpspn«? biotot. Das Gesiu'h
wtirtlt' günstig erledigt, ich bin überzeugt, lut^ine Herren, da«s Sie mir die
Ermächtigung nicht versagen, wenn ich in geeigneter Weise Seiner Magn.
dem Herrn Rector der Universität und Seiner Spectabil. dem Herrn Decan
der pbiloBopbisehen Facultftt den Dank des Vereines für das freundliche
Entgegenkommen ausspreche. Meine Herren! Die alien UOmer hatten die
Vorstellnng, dass nicht nur der Mensch einen Genius habe« der ihn von
der Gehurt an durch alle Lagen des Lebens und Ober dieses hinaus unserem
Schutzens,"'! t^leich geleite und schirme, sondern diws auch jeder einzelne
Ort sich des Schutzes eines solchen (ieistes erfreue Mö^e der genius loci,
der in diwen Räumen waltet, un-^er^n Verein W\ jillen «einon Schritten
leiten. duKs es uns icreHnge, den Verein liier zu ähnlichen Triuntph»*n 7n
führen, wie er sie in (b r alten A\da gfteiei t hat. Mögen sich, mi!itie ileireu,
die Zeiten gegen früher in uiancber lieziehung iuunerhin geändert haben,
die 1 ugcnden, die unsere Vorgänger au Siegen geführt haben, haben wir,
Epigonen, sicherlich bewahrt» ich meine Idealismus und Begeisterung tKtr
unseren schönen Beruf; sie sind ein xttjjx« il^ &k fär den MittelsebuUehrer
jeder Zeit. Mit dem Her/.en8wunsehe, dass unser Verein in seinem neuen
Loeale gedeihe und blohe, heiße ich Sie, meine hochverehrten Herren, in
unserem neuen Heim auf das herzlichste willkommen nnd eröffne die
Sitzung.
„.Meine Herren! Das non>' .bibr iK-i^innt - ich betraelite es als i^mte
Vorbedeutung — unter gliicklicben uii>l erfreulichen Zeiclieu. Zwei Mit-
gliedern unseres Vereines brachte gerade der Neujahrstag Auszeichnungen.
Herr Dir. Dr. \ugu8t Scheindler wurde lom Landes -Schulinspector
ernannt Ich schätze mich glücklich, im Namen des Vereines Herrn
Landes^Schulinspector Scheindler die henclichsten GlQckwünsche anläas-
lieh seiner BefSrderung daraubringen. Ein anderes hervorragendes Mitglied,
Herr Dir. Knöll, wurde an demselben Tage mit dem Titel eines Re-
glern ngsrathea ausgezeichnet. Ich bin Ihrer Zustimmung, meine Herren,
sicher, wenn ich uuclt Tlrrrn Uegierungsrath Knöll schriftlich die Glück-
wünsche iin^'fTP'^ Vfneiii*'s ^hiflirinije.
„.\ber aiii ii (las alte Jalu- .-ehloss in würdiger Wei-se ab. Herrn Landes-
Schulin-spector Anton .Maresch wurde anlässiicb seiner auf eigenes Er-
suchen erfolgten Versetaung in den Ruhestand Titel und Charakter eines
Hofrathes rerltehen. Da diese Ausaeichnung gerade in die Ferien fiel, begab
ich mich allein als Obmannstellvertreter in das Amtslocal, um dem Herrn
Hofrathe den Ausdruck der Freude des Vereines über die ihm gewordene
AiH/eielinun:.; zu übermitteln und ihm die herzlichsten und aufrichtigsten
Glückwünsche des Vereines .Mittelschule' darzubringen. Herr Hofrath
Mnresch war über ilif-^e KnridfiehnnEr fichtlich erfreut und ersuchte mirli,
der verehrten Ver.sanitnlun^ seinen Ihm /lit iisti-n Dank auszusprechen. Kr
behielt «ich nV»pr vor. sobald es seine \'» rliüUnisse gestatten, später in Person
in unserer Veihamailuiig seinen Dunk abz\istatten. Mir war sofort klar,
dasa diese von mir im Namen des Vereines unternommene Kundgebung
für einen Mann von der Bedeutung, wie sie Hofrath Maresch zukommt,
nicht genQgend sei und dass der Verein eine weitere Ehrung in Aussicht
nehmen müssie. Der Ausschuss fasate auf meine Anregung den Beschlusf»,
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Vereinsnachricbten.
59
Herrn Hofvatb Mareftch ein Album mit den Photographien aller Lehrer,
die jemals teiner Inspeetion unterstanden, in passender Weise su fibev^
reichen. Zugleich wurde ein Gärnitz gewfthlt und Ptof. Dr. Ku kutsch mit
der Ausführung der schönen Idee lu traut Er wird in Kürze in einem an
die Directionen gerichteten Aufrufe die Modalitäten bekanntmachen. It Ii
richte an die Herren Directoren, Proft^s?oren unrl ?iipj)]«'nt*'n tiie fütte,
das CoTiiitt' zu unterstützen, damit der Gedanke baldi^t zur That w. rde.
Ich bia überzeugt, dasg unser Vorschlas" überall froudigwt autizenoininen
werde. Über Maresch' Verdienste in seintr umiiich»tü Stellung zu sprechen,
wftre von mir anmaßend; sie sind wiederholt von der Allerhöchsten Stelle
anerkannt und auegezeiohnet worden. Was er uns war, ist uns noch in
frischer &innemng: ein strenger, aber gerechter und wohlwollender In-
speetor. Darum begnflge ich mich damit, Ihnen, meine Herren, unseren
Antrag bestens so empfehlen.
Doch mit des Geschickes Mächten
Ist kein ew'ger Bund zu flechten,
Und das ünfjlück «rhr^itot s'chnoll.
„Am 1. Januar starb nach langer Krankheit Landos-SLhulinspector Hof-
rath Adolf Lang. Lang entwickelte in der Schule nU VroieKsm. Director
und Landea-Schulinapector eine ersprießliche, segensreiche Thätigkeit. Sie
in angemessener Weise darsustelien, bleibt einem beredteren Munde Tor-
behalten. Unter den zahlreichen Freunden und Verehrern wird sich gewiss
einer finden, der die dankbare Aufgabe flbemimmt. Hofrath Lang war
eine liebenswürdige Persönlichkeit; durch sein conciliantes Wesen, seine
Urbanen ümgangsforraen eroberte er rasch die Heraen aller, die mit ihm je
in Berührung traten. In den Siebzif^fr -Jahren gehörte Lang zu den
fleißigsten und thritip:sten Mitgliedern unferps Vereines. Er vorstand es
meisterhaft, selbst Fra^'^'n von untergeordneter H^ dentiinE: neue Seiten ab-
zugewinnen und «ieine Überzeugung in fesselnder, ionin oUeudeter Rpdo zum
Ausdrucke zu bringen. Auch dann, als er von dem ihm liebgewordenen
Posten zurQekgetreten war, bewahrte er «n starkes Interesse fttr alles, was
die Mittelschule und Mittelschullehrer betraf. Er beehrte jeden Mittel-
schultag mit seiner Gegenwart, er fehlte nicht am Philologentage und
ergriff gern dos Wort, um seine jungen Freunde, wie er sie nannte, fttr
schone Aufgaben zu erwärmen und bu begeistern, obwohl man ihm ansah,
dass sich die gewaltige Hülle nur noch dem mächtigen Geiste und dem
starken Willen füllte. Nun i'^t der Mund, aus dem die Rede süßfr al^ Honig
floss, der so ^ern redete, ver.-'tmnmt für immer. Sein Andenken alter wird
leben immenlar. Zum Bewei.>»e unserer Trauer und unseres J?chmerzes um
das theure Mitglied bitte ich Sie, meine Herren, sich von den Sitzen zu
erheben. (Geschieht.) Der Witwe aber, der tiefgebeugten, werde ich im
Namen des Vereines unsere innige, herzliche Theilnahme an dem schweren
Yerlttste» den sie erlitten, schriftlich kundgeben, wosu ich mir Ihre Er*
mftchtigung, meine Herren, erbitte."
Hierauf meldet dar Obmannstellvertreter als neues Mitglied an Herrn
Joh. Appel, Professor am k. k. Gymnasium im XH. fo /iike Wiens, und
theilt dann mit, dass der Aus-clms^ fler EinladuiiL; des Vereine* „Real-
schule", drei Mitj^'liecler in das gcni"'n-;aitie Comite zur Ansarbuitnn(jr *'iner
Dies&tpragmatik zu wählen, nachgekommen sei und die Herren i'rofl. Joh.
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yereiumachrichten.
Wiesner. Joh. Koppensteiner und Ferd. Dressler die Wahl ange-
nommen hätten. Ebenso hübe sich ein Coraite für eine Ehrung des Herrn
Hofratht's Anton Marcscli gebildet, dem um dorn Atis^-chusse die Herren
rroir. Dr. Isidor Kukutsch, Arthur Wiükotschil und Georg Schlegl
angehören. (Reif« II.) •
Hieraui iiült Herr Prof. Dr. Heinrich Stephan fcSediraayer den
auf der TageaordmiBfC stehenden Vortrag:
„Der Tempel der Vesta und das Haus der Vestalinnen Im alten
Rom" (8. Si.)
Der Vortragende sehlieOt mit lautem Beifalle der Veraammlong, worauf
ihm der Obmannstellvertreter im Namen des Vereines oesi innigsten Dank
lür den so anregungs- und belefarungsreichen Vortrag ausspricht.
Sitzungsbehohte des Vereines „Deutsohe Mittelsohuie"
in Prag.
(Mitgetheiit rom Obmanne Prof. M. St räch.)
Zwölfte Yereinsversaiuiiiluiig.
(14. October 1896.)
Nachdem der Obmann die zahlreich Versammelten begrOßt und als
neues Mitglied Herrn Prof. Maximilian Kiba (Graben) angemeldet
hatte, erstattet 0 er über die Vorkomrani.s^?e seit der letzten Vprein<»<«it2nnf^
Bericht; er tlieilte mit. dass am 2. Juli in üeiiieinr-ch.it't mit ilem Vereine
der C7.*»clii«ohen Mittel<t hulprofef«?oren ein Telegramm an di-n Herrn Mi-
niäteii)ru4identen, den Herrn Minister lür Cultus und Unterricht und an
den Herrn Finansminister abgeschickt wurde, in welchem der Dank itlr
das Pensionsgesets tum gesiemenden Awdrucke gelangte; fmer beriehtete
er, dass der Auasebuss den Herren Regiemngsr&then Dir. Dr. Johann
Konrad Hackspiel und Dr. Ludwig CheTalier anlisslich der in den
Ferien erfolgten Allerhöchsten Auszeichnung die innigsten Glückwünsche
im Kamen des Vereines übermittelt habe, worauf Herr Kegierangsrath
Dr. Hackspiel in einer beifälligst aufgenommenen Rede seinen in einem
Schreiben atisrredrückten Dank wiederholte.
Hier.iul theilte der als Gast vom Obmann»' herzlich begrüCite Herr
Univ. l'rot. Dr. Wilhelm Klein den GegensUiud des heurigen aichiiolo-
gischea Curses iar .Mittelschulprofessoren mit, worauf der Obmann bezug-
lich der hunstgeschichtlichen Vorlesungen des Herrn ünir. Prof. Dr. A«
Schulti dieselbe Mittheilung machte.
Sodann ertheilte er das Wort Herrn Prof. E. HflUer au dessen
Vortrage:
„Eine Rheinreise vom Bodensee bis Köln".
Nachdem der Herr Vortnigende in seiner Einleitung die Bedeutung
der hener ins Leben gerufenen Keis'\<tipfndien für Geographen nnd Natur-
histonker gewürdigt hatte, .^-ehiiiieite er in formgewandten, anschau-
lichen Worten seine R»'i«»e , w oht i besonders Innsbruck, der liodensee,
Constanz, der Rheintaii von Meuhausen, BuseU Freiburg, Straßburg,
Baden-Baden und Heidelberg eine ausfilbrliche Bdaandlung erfiihren. Die
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Vereinsnachrichten.
61
Sdbilderangen, welche Herr Prof. Malier der voiiKerQckten Zeit wegen
abbrach, fanden den lebhaftesten Beifull der Veraammtmig, welchem der
Obmann in herzlichen Worten Ausdruck verlieh.
OeneralTersanmiliiBg*
(28. October 1896.)
Nachdem der Obmann Prof. M. Strach als neue Mitglieder die
Herren Proff. Dr. Johann Tiehinkel (Prag). Karl Maier (Pileen),
Johann Weyde (Prag) nnd Dr. Anton Sehally (Prag) angemeldet
hatte, widmete er dem verstorbenen Mitgliede Metropolitan -Domoapitnlar
Herrn Anton Wohl mann einen tief empfundenen Nachruf; die Ver-
■unmlung erhob sich zum Zeichen der Trauer.
Hieranf »T'^tattHte fr folf»'on<lf'n
Rechenschaftsbericht über das Vereinsjahr 1895*96:
, Ein überblick über die Thiltigkcit des VcioincH in dorn uVjsrelaufenen
Vereinsjahre bietet doü erfreuliche Bild eifriger ihuugkeit und gesunder
Fortentwicklung.
In der Qeneralversammlnng vom 16. Oetober 1895 wurden zum Ob-
manne Prof. M. Straeh. sn Amnchuaraiitgliedem die Proff. Dr. J.Bittner
und J. Qnai0er wiedergewählt, nengewfthlt Prof. F. Bardachsi; zu
Revisoren wurden die Proff. J. Guckler und J. Kirachner gewählt,
aom Mitj^liede der Arch&ologiflcben Commimion Prof. A. Th. Christ
wiedergewühU.
I>or Avisschuss conHlituierü; sich in seiner ersten Sitaung am den in
der GeueralveraauiuiluDg gewählten Mit;2:liedern und den im Aus-^sc luisse
vom Vorjahre verbliebenen, dem Dii, Fr. Scliimek und den Prall'. N.
Komma, J. Palme, G. Spengler und A. Strobl in der Weise, dass
sum Obmannstellvertreter Dir. Schimek, mm enten SohrifllQhrer Vtof.
Strobl, snm zweitm Scbriftfahrer Prof. Palme nnd sum (Lanier Prof.
Qnaißer gewählt wurde.
Die Zahl der periodischen Veraammluncren betrug auch heoer swSlf.
Vwirftge hatten für diese in dankenswerter Weise übernommen Herr Re-
inernn'T'ratb Dir. Dr. L. Chevu'MM-, Herr Prtvatdocent Dr. E. Arleth,
Herr Univ. l'rof. Dr. J. Neiiwirth, die llern'u l'rotl". A. Gottwald,
J. Seifert. Dr. .1. Pitscb, Herr i^ecretär des ll:in(l»'l«>i,nümiuma Dr. Fr.
Adler und die Herren Proff. A. Th. Christ und E. Müller.
Die dritte Vereinsversammlung fand in den Räumen des k. k. Archäo-
logischen Institutes statt, in welchem Herr Univ. Prof. Dr. W. Klein in
der liebeDswQrdigstai Weise die Führung Obernahm.
Am Schlosse der vierten Versammlung machten die Vereiusmitgtieder
Ton einer freundlichen Einhidung der Ortsgruppe des deutschen Schul-
▼ereines Gebranch und besichtigten die Ton dieser Teranstaltete inte-
ressante kinetoskopische An^??tplhin{7.
Der Vortrag den Herrn ( niv. Prof. \)r. J. Neuwirth: .Die niittel-
alterlit hen Wandgemälde und ialelbilder der HurLT Karlstein' lielS in
ullen Zuhörern den Wunsch rege werden, deiu auch der Obmann Auä-
drnck verlieii, dieses so wichtige Denkmal unter der sachkundigen Führung
Dr. Nenwirths selbst sn besuchen. Dank der gütigen S&uage desselben
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Tereintnadiricbteii.
konnte am 3. Juni der Ausflug unternommen werden, vom herrlichsten
Wetter befrünstigt, \nitor rof^rr Hftheiliiinnf^ der Mitglieder ur l ilirer
Damen. I>a8 Gelingen die>ort ersten Fhi^vorsut lies unseres Vereines hutte
anr Folpe. dass mehrfach der Wunsch nach iihnlichen Unternehmungen
geäubert wurde, welchem Verlaugen gewiss der neue Ausschuss entgegen-
kommen wird.
Herrn Univ. Prof. Dr. Neuwirth aber, dem wir das Gelingen diesee
Attifloges wa verdanken haben, aowie allen Herren, die Bich dnreh Ober*
nähme von Vorträgen um den Verein verdient gemacht haben, sage ich
hier uochmala im Namen desselben den inni;^'strii Dank.
Der Aunehnss hielt fünf Sitzungen ab, außerdem fanden aber noch
zwei Sitzungen von Delegierten der beiden Pratror MittelsehuWereine statt;
einer derselben wohnten als Gäste auch die Herren Heichsrathsabgeord-
ncten Prud*. Ben dl und Kurz bei, welchen hier nochmaU der wärmste
Dank ausgesprochen wird.
Den Inhalt dieser ßeraihungon bildete die Gebaltaftage. dat Reeuliat
dereelbeik war der Beitritt der beiden Prager Vereine in der Petition der
übrigen fönf MitteleefanWereine, welche Sr. Excel lens dem Herrn
Unterrichtamt nister am 26. April flberreicht wurde.
Bei dem 'iöjährigen GrQndiingiifeste des Vereinte .Realschule* in
Wipn war der Verein durch den Obmann vertreten, ebenso bei dem am
14. März in Wien c^efeierten noj.'lhrifjcn Docentenjubiläum des Herrn
Sectionschefs Dr. Wilhelm v. Härtel, dessen erhebender Verlauf gewiss
allen Theilnehmern unverges.«<lich sein wird.
Eine Abordnung des Vereines begrößte im Namen desselben den
Herrn k. k. Landes -Scbulinspector P. Eobert Christian Riedl und
fand die liebenswQrdigste Aufnahme, ebenso empfieng Se. Excellens der
Statthalter Herr Graf Condenhove in wohlwollendster Weise die
ans je swei Ansschnasmit^liedem der beiden Prager Vereine bestehende
Abordnung, welche die Aufgabe hatte, die Bestrebungen der beiden Ver-
eine der gütigen Beachtung Sr. Excellens ansuenipfeiden
Der Dank für das Pensionj^cresetz wurde am K» .luli von den beiden
Prager ^'cre^uen 8r Excellenz dem Herrn Ministerprüsident en,
dem Herrn Minister für Cultvis und Unterricht und dorn Herrn
P'inanzminister in gleichlautenden Telegrammen zu gebärendem Aus-
drucke gebracht.
Hit dem Vereine der csechischen Mittelschnlprofosioren wurde der
Anstensch der Vereinspttblicationen vereinbart
AnlllsiUch der in den Ferien swei hochverdienten Vereinsmitgliedera,
den Herren Dlrector«i Dr. Hackspiel und Dr. Chevalier durch Ver-
leihung des Regierungsrath.stitels zutheil gewordenen Allerhöchsten Aus-
zeich nun Pf brachte der .Ausschuss schriftlich im Namen des Vereines die
innigsten (iliickwiir-che ilar.
Ebenso war uri'^er \ erein bei der Jubiläumsfeier des Staatsgymnasiums
in Krummuu durch ein (Hiickwunschtelegramui vertreten.
Die Mitglicderzahl, welche zu Kude des vorausgegangenen Vereins-
jahres 109 betragen hatte, stieg su Beginn des jetzigen bis auf 171.
Unser Verein war auch heuer beitragendes Hifglied der deutschen
Kindergartenvereine in Karolinenthat und in Königliche Weinberge, sowie
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Vereinsnachricbten.
63
dee Vereines tw UntentQteung der Witwen vnd WAiaen der Mittelschnl-
profetsoren der fisterretchisch* ungarischen Monarchie mit dem Sitze in
Prag. Lasten Sie mich auch heuer den Wunsch aussprechen, daas die Er-
starlkang unseres noch heacheidenf n VereinsvermOgens auch in dieser Be-
ziehung eine Erweiterung unserer Wirksamkeit gestatten mOge.
Nun nldiecit mir not'h, in» Kamen J's Vcroines den innigen Dank
jin^znspit'clK'n. lien wir dem hochlöblichen k. k. L a n rl f"«s*c h u 1 ra t h iind
dem Herrn k. k. Uegierungsratho fiir. Dr. Hat k-ijiiel für die gütige
Überlassung des Professorenzinuueiij im AitstädLer StaaLsgymnasium bei
den Ausächusssitzungen und der Direction des Deutschen Casinod für
die nimmermflde Gastfreundschaft schulden, sowie wir den Redactionen
der ,Bohemia* und des ,Prager Tagblatt' för die bereitwillige Auf-
nahme der Vereinsnachrichten ku lebhaftem Danke verpflichtet sind.
Den Bericht Ober die Thätigkeit des Jugendspielausschussos, in
welchem auch heuer die deutschen Mittelschulen am rechten Moldauufer
rammtlich vertreten waren und der auch heuer an der AuHgestaltung dieser
für die körperliche An-^bilHnnt;' der uns anvertrant»*n .Tn'j^fnd so wichtigen
FinrichtuiiiX w.i<"k<'r t^'eaibeitt't hat, wird im weitf.'rcn Verlaute der Ver-
samuilung Herr Prof. Seifert abzustatten die Güte haben.
So dürfte denn die eingangs aufgestellte Behauptung, da^ auch das
abgelaufene Vereinsjahr das erfreuliche Bild • eifriger Thfttigkeit und ge-
sunder Fortentwicklung bietet, nicht ungerechtfertigt sein.
Der ümstand, dass ich den grSDeren Theil de« neuen Verein^iahres
TOQ P^^c abwesend sein werde, macht es mir unmöglich, eine eTentuell
wieder auf mich fallende Wahl zum Obmanne anzunehmen. So lege ich
denn das Amt, das Sie mir zweimal übertragen hatten, in Ihre Hände
zurück und spreche Ihnen hiebci den innigHten Dank atis sowohl für das
ebrenvollt* Vertrauen, da? Sie durch Ihre Wahl mir bewiesen, als auch
ßr die freundliche Unterstützung, die Sie mir während meiner Function
in so reichem MuGe zu theil werden lieben."
Da der Obmann sum Schlüsse erklärte, wegen längerer Abwesenheit
▼on Prag eine Neuwahl zum Obmanne nicht annehmen au kOnnen, wurde
ihm mit besonderer Hervorhebung seines stets conciliantmi Wesens nnd
der großen Bemühungen fQr den Verein und dem Wunsche, dass er nach
seiner Rückkehr seine für den Verein so ersprießliche Thätigkeit wieder
aufnehmen möge, und dem übrigen Ausachusse auf Antrag des Herrn
Regierunp^«rathe.s Dr. Hacksjiicl der Dank durch Erheben von den Sitzen
auf^^edrückt. Hierauf <^r>tattr'ie Heir Prof J. Quai(.s«T 'ft^n beifol^enflnii
Cas.sebericht, aus welchem her vorgeht. d;\as das Vereinsverniü;:jen gegen-
wärtig 221 Ü. beträgt. Auf Antrag des Herrn Revisors} Prof. üuckler wurde
dann dem Ausschusse das Absolutorium ertheilt. Herr Prof. Seifert theilte
hierauf den bdfotgendeii Bericht über die Th&tigkeit des Jngendspiel-
aosschosses mit, wobei er der Direction der «Böhmischen Sparcasse* für
die Spende von 800 11. und 8r. Exoellens dem Herrn oommandierenden
General FZM. Grafen Grüna e für die Überlassung dea Invalidenplatses den
Dank anasprach. Nach dem Ton Herrn Prof. Kotyka erstatteten, ebenfalls
beifolgenden Casseberichte de« Jugendspielau^chnsses wurde auch dem
Jugend.spielauäschutjse das Absolutorium ertheilt und auf Antraj^ de.-* Vereins-
obmannes der Dank für seine eifrige Thätigkeit sum Ausdrucke gebracht.
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64
Vereinsnachrichten.
Bei der nun folgenden Wahl wnrde mm Obmanne Prof. Gustav
Spengler gewilhlt, welcher die Wahl sum Obmanne f&r dieses Jahr in
einer beilUUif? aufgenommenen Rede annehmen zu wollen erklärte. Zu
Au88chn->-niiti:rIioclern wurden (He Herren Protf. F. Demi, J. H(inig,
E. Löffler, J. Seifert und M. Strach pewiihlt.
In der darautt'olgt'nden constituierenden Ausscbussaitzung uberu{ihm
Herr Prof. M. Strach die Function als Obmaunstellvertroter, die Henen
Froff. F. Demi und J. Hönig als Schriftführer, Uorr Prof. I, Quaißer
als Caasier, während als weitere Mitglieder des AuMchnsses Dr. J. Bittner,
E. LOffler und J. Seifert su fangieren Teraprachen.
Herr Prof. J. Seifert übernahm in freundlicher Weise die Vertretung
des Vereines „Deutsche Mittelschule" im Jugendspielauaschusse.
Es folgen nun A, der von Herrn Prof. J. Quaißor erstattete Casse-
benVht des- Vereines , Deutsche Mittelschule", B. dpr von Ht^rrn Prof.
J.Seifert mitfreth>'ilte Kechenfchaftsbericht, sowie C. der von Herrn Prof.
Kotyka abgefasste Ca&sebericht des Jugendspieiausachusses.
A» Cusestand das Vereines „Deutsehe Hlttelsehule** In Prag am
Selilnsse des Vereinsjahres 1896/96.
Ca^ssedtand am Schlnsse des Verein^ahras 1894^95 . . . . 901 fl. 69 kr.
Einnahmen . . . . 818 , 49 »
Zusammen . 515 fl. 18 kr.
Ausgaben . . 898 > 59 ,
Gasseatand am Schlüsse des Veieinqahres 1895^ . . . . 221 fl. Ö9 kr.
Jos. Quaißer,
deneit Cassier.
B, Reehensetaaftsberieht des Jivendspielaussebusses des Vereines
„Detttsebe Hittelsebule** in Prag aber das Vereinajabr 1895/96*
Der Betrieb der Jugendspiele, der in diesem Jahre dank der im Vor*
jähre von dem hohen k. k. Ministerium fttr Cultus und Unterricht gnädig
bewilligten Subvention voll au^^-^esfaltet und finanziell gesichert war,
wurde leider durch die Ungunst des Wetters öfter andauernd gestört. Der
Spielplatz auf der Kroneninsel wurde, kann: d,i.ss das ^piel (28. April)
begann, durch Horhwn.^iser fihcrsihwiinnit und konnte erst nach dem
12. Mai, öfter aucii nur theilwei-e l>eniitzt werden. ( K(»f?pnwetter war am
29., 30. Mai, 5 , 13 . 17 . 22. Juni und üni i. Juli hinderlich.)
Jede der tiint rechta von der Moldau gelegenen deutschen Mittel-
schulen entsendete wieder ihre Vertreter in den Ausschuss, und zwar das
deutsche Staatsgymnasium in Prag- Altstadt die PM)ff. A. Gottwald und
F. Demi, das deutsche Staatsgymnasium in Fra^-Keustadt (Graben) den
Prot J. Wiethe und Turnlehrer üllmann, das deutsche Staatsgymnasium
in Prag-Neustadt (Stophansgas^e) die Proff. Kotyka und A. Micha-
litschke, die I. deutsche Staatsrealschule (Nikolandergasse) die Proff A.
Hruechka, J. Kindermann und den Turnlehrer Th. Fischer, endlich
die deutsche SlHatsrcalscliule in Karolinenthal die Proff. J. Seifert und
Dr. A. 8cham8.
In der constituierenden Sitzung (30. November 1895) wurde an Stelle
det) zum k. k. Bezirks- Schulinspector ernannten Obmannee Prof. Effen-
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Vereinanachrichtep.
berger Prof. St räch zum Obmanne dos Ausschasses, zu seinem Stdl>
Vertreter Prof. Hrnsehka, zum Schriftlührer Prof. »Seifert und zum
Ta.^^ier Prof. Kotyka gewählt. Das Amt des Oerftthewarts blieb in
Händen Prof. Wiethe^.
Die erste Sorge tles Ausschusses wur es, billige Schleif karten auf
dem von dein Pächter der Kroueuinsel zu einem Schleifplatze her-
gericbtetoi Spielplatse zu veiaeholfon, und iwar gelang es, iftr ^mnaligea
Scbleifen Karten xa 5 kr. und Saisonkarten in 1 & 20 kr. annumitteln.
In dsn weiteren, den Spielbetrieb fftr den Sommer 1896 Twbereitenden
AnMchnsHitcnngen wurde ferner dannf Bedacht genommen, die vor-
handenen Geräthe anabessem zu la'^^^en und in reichlichem Maße zu er-
gänzen, wobei sich eine derbere AusfQhrung der Geräthe, gegenüber der
anfönglichen filigranen, als zweckmäßiger erwies Für die Karolinen-
i hiller Kealachule, die auf dem Tnvalidenhausplatze «elbst&ndig spielte,
wurden eigene Geräthe zusammüngesteilL Der Bedarf wurde wieder aus
einheimischen Geschäften gedeckt.
Der Anaeehufls tmt femer wieder an Se. EzoeUenz den Herrn com-
mandierenden General FZM. Grafen Gr Anne mit der Bitte horan, wie im
Voijahze den großen InTalidenhausplats cur Abbaltnng von Jngend«pie1en
zur Yerfttgung stellen au wollen* Die Bewilligung biesu wurde ertheilt
und die geforderte Auseinandersetzung mit der czechiscben Realschole in
Karolinenthal bezüglich der Eintheilung des Spielplatzes vorgenommen.
Ebenso wie im Vorjahre hat aucfi benor die bot lilöhliehe Direction
der bobtir-then Sparcasse in hochherziger WeLse /.um Zwerke der Pflege
der Jugemlspiele an den deutschen Mittelschulen diesseits der Moldau
einen Betrag von 300 Ü. gewidmet, wodurch der Fortbetrieb des Spieles
in umfassender Weise ermöglicht wurde. Ferner wurde von den fünf be-
theiiigten Anstalten ein Jahresbeitrag von 50 fl. erbeten und von den-
selben bereitwilligst sngestanden. Der Ausschuss ftthlt sich Terpfliditet,
auch an dieser Stelle allen diesen Förderern des Jngendspieles den tiefst-
gefuhlten Dank anssusprechen.
Die Spiele selbst nahmen am 28. April ihren Anfang und schlo.ssen
am 7. Juli. Eine Übersicht des Spiel bethebes gewährt folgende Tabelle:
Anirtalt
Spielzeit
Anmerkung
Moiita;^' falf eniie-
Deut>rhe8 Staats-
gymnaüum
Pcag'Altstadt
rend mit der I
Staatsrealschule
Nikolunderga«se) |
und Donnerstiig ;
von 5 - '/a« Uhr
92
5
Daoer d«r
8i)iolxeIt vom
-Jt. .M:ii bis
7. Juli
Deutsch.'-; Staats-
gj'mnasium
Prag- Neustadt
(Graben)
von Vt6-S ühr
und Samstag
von 6— Va? Uhr
Mittwoch
12
4
vom Aprü \
blf 7. Juli I
lösterr. Mittelachuie". XI. Jahrg.
Ö
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66
VerMnaoAchrichten.
Anstalt
Spielzeit
TS 6C
cd
Zahl
der Spiokr
aller CuuMien
nach dem
Mittel der
Betheiligung
Zahl der II
Gruppen 1
Anmerkung
Deoteeliee Staats-
Prag
(Stephansgasse)
Dienstag
von V'j6 — 8 Uhr
und Samstag
von uiur
1
12
57
5
vom 28. April
7. .Iiiii.
1»U' AriiHtalt
hatt<> aui 1) im
Schulgcl.iiiiilf
cinoii Spii'lplut7
fOr eine Classc
zur V«rfDgiiiv<
I. deutsche
Staati-reaJ schule
Prag
(NikolandergasM)
Montag
von »/,6-8 Uhr
und Freitaft^
von Vt*— 8 Uhr
75
. . . -
6
vom 18. Mai
bia Id. Juni.
Die Anstalt
hatte auch im
Schulgobftudo
oim n Spii-lplatz
flir fiiic Lläu*.-«.*
zur VcrfOjjung.
Deutsche Staats-
realsdiale in
Karolinentbal
Dienstag
von V,6-7 ühr
und Donnerstag
▼<m VtÖ—? Hur
n
187
7
vom April
bis 9. Juli
i
j
1
Auf dem Kroneninaelplatze worden hauptaädiliclk Bewegungsspiele,
anf dem gerftnmigen Iniralidenhaasplatze Ballspiele (FaGboll, deatocber
Schlagball, Lawntennis, Croquet etc.) unter der fachmännischen Leitmi^
des ToroldirevB D. Nagel gepflegt. Um die Schüler vor Behelligung za
schützen, war auf beiden PUUien über Ansuchen von der k. k. Polizeidirection
ein Posten aufgestellt.
Die Genithe wurden bewacht, pyogen Foner vorsii liert und mit Beginn
der Ferien iu einem geeigneten Kauuie des AltstMter Gymnasiums auf-
bewahrt.
C Rachniingsabseliluss für das Jabr 1896.
Einnahmen:
Casserest vom Jahre 1895 106 fl. 85 kr.
Spende der löblichen Direction der böhmischen Sparcasse . SOO ^ — ,
9 n p i> d^'*^ StaatagymnaBiunu Alir
Stadt 50 , — ,
des Sta;it.'<i,'-yitinn«inins Graben 50 —
des ^tiUiUjgymuiüjiuujs Ste-
phansgasse 50 „ — „
der Staatsrealschule Niko*
landergaase SO , — .
der Staatsrealschule Karo-
linentbal 50 , — ,
Summe . 716 fl. 85 kr.
2S0 fl. — kr.
n
Ausgaben:
Miete für den Spielplatz
Neuanschaffungen Ton Spielgerätben
71 ^ 05
Ffirtrag . 351 fl. 05 kr.
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Vereinsnaclirichten.
67
*
Obertnff . 351 11. 05 kr.
Bepantnren von Spielgeräthen ... 50 ^ ^6
Bemunerationea Ar die Bewaehong dee SpielplatiM durch
die Polizei . 40 „ —
Bemanerationeu für das Überfiihren der Spielgeräthe ... 40 „ 04
Versichernngsprrimic 1 ^ 10 ,
Stempel and Verschiedenes 1 „ 94 ^
Summe . 4tf5 Ü. 09 kr.
Über.sicbt:
Kinnahmen . 716 n 85 kr.
Ausgaben . 465 09 ,
Ca&serest . 2^1 fl. 76 kr.
Frag, am 14. Ociober 1896.
Fflr den Verein „Deut»chc MitteUchnle":
Prof. H. Straeh,
derzeit Obmann.
Ffir den Jagendspielaasschosa:
Prof. Kotyka, Prof. M. Straeh, Prof. J. Seifert,
derseit Gassier. Obmann. Schriftführer.
(Mitgetheilt vom ^hriftfahrer Prof. F. Demi.)
Erste periodlsehe Tersammlang«
(11. November löOG.)
Der Obmauu eiüünete die erste Vereinsvernaiuuilunj; uut der Mit-
theilung, da« d}e Herren Proff. 6. Reiniger, Dr. S. Reiter» J.Schober
und H. Vieltorf in den Verein eingetreten aeien. Sodann berichtete er,
daM sich entsprechend einem Betehlnsse des AusBchnsies eine Abordnung
des Veronas an dem Herrn k. k. Landes-Schnlinspeetor Chr. Riedl
bej^eben habe, um ihn za »einem 30jährigen D ienstj ubi In n m so be*
Glückwünschen. Die Abordnung habe die liebenswürdigste Aufnahme ge-
funili-n xiTid es sei ihr der Aultrag frfhpilt worden, im NannMi Herrn
Ijamltv-i-Scliulin.HpPctnrs niltzutbeilen, das^ er von j^roL^cr Freude übpr die
ihm 7,ii^»'diichtc Ovation orfTillt sei und dii^s der Verein, welcher sich wegeu
semeä steU taktvollen Vcriiiiitons aller Syuipathien erfreue, sowie der ge-
sammte Mittelacbullehrstand in ihm so jeder Zeit einen aufrichtigen
FVeund und Förderer der Interessen finden weide.
In Ergänzung der Generalversammlung werden hieranf Herr Prof.
A. Th. Christ snm Berichterstatter für die Archäologische Gentral-
comnii«ion in Wien, die Herren Proff. J. Guckler and J. Kirschner au
Bevisoren gewählt.
Nachdem noch der Obmann ;uif den in der niiehstou Vcrcin'f'^itznnj» am
t'.'j Novpniy>er .stattfin'h'nden Vortra;,' des Herrn L'niv. Prof. A. Schult?.*
..Materialien zum Anschauungsunterrichte" besondt rs aufmerksam gemacht
imd die Bitte an die Vereiusmitglieder gerichtet hatte, e» mögen V^orträge
für den so Ostern in Wien stattfindenden Mittelschultag angemeldet werden,
5*
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VeremBDaebrieliten.
trug Herr Prof E. Milller die ForUietzung zu seinem in der TorleUten
Vereinsversaujuilung begonnenen Vortrage:
„Eine Rheinreise vom Bodensee nach Köln"
vor. iNachden) er in der letzten Yereiussitzung seine Heise bis Ueidelberg
besprochen hatte, theilte er «eine Erlebnisse anf der Strecke von Heidelberg
bis Mainz mitt besprach die bedeutendsten Denkmäler dieser Stadt und
machte besonders auf die Sammlung germaaiseher nnd rdmischer Alter»
thümer aufmerksam, dann seine Weiterreise bis Büdaiheiin. Hier machte
anf ihn das Niederwalddenkmal mit seiner herrlichen Umgebung einen
i?ewaltigen Eindruck. Er wohnte dem bekannten Rochusfesie in Bingen
bei, reiste von da nach Coblenz und besuchte da'^clbst das Kaiserin-Victoria-
Gymnasinm . über dps-sen Eii>richtuni;on er interessante JUittheilungen
machte; unternahui von hier aus nach Draohenfi.-!-* und Bonn Ausflüge
und sprach zum Schlüsse üben- die »Sehenswürdigkeiten von Köln. Darauf
dankte der Obmann dem Vortragenden für die ansiehenden AuüfBhmngen,
welche die überseugung yerschafftev, wie großen Nutzen diese anf Staats-
kosten nnternommenen Reisen und die durch dieselben aof Antopsie sich
;;r1lxidendeB Erfiihningen fllr die Ansehaolichkdt des Untmichtea haben,
und sehloss die Venammlong.
Zweite periodische Tersammliing.
(25. November 1896.)
Dei Obmann bewillkouiiute als Gast den Herrn Univ. Prot. Dr. A.
Schultz und bat denselben, mit seinem Vortrage:
„Ober MateriAltoii zum Ansehauungsuntarrlehte**
vBi beginnen. Derselbe Übergab den Anwesenden mitgebrachte AnschanungS'
mittel snr Ansieht. Der Herr Vortragende zeigte an dem Beispiele der Dar-
stellung Karls des Großen durch Albrecht Dürer, wie wenig verliisslich
oft die dem Unterrichte zurreboto .stehenden Anschauungsmittel sind, da
nie von der Wahrheit vielfacli : f 'veichen , nnd wie schwer es ist, richtige
Althildungen fiir den Untprric)it zu. ervirfiben. Ebenso wie« vv an den Ab-
bildunt^en der alten Germanen nach, dass erst jetzt durcb l'rof. Petersen
authentische Darstellungen geruiauischen Lebens dem Unterrichte' zugäng-
lich sein werden. Darauf gab der Herr Vortragende tiehr praktische
Winke, wie man sich f&r den Unterricht mit wenigen Kosten in den
Besitz wertvoller und richtiger Anschauungsmittel setzen könne. So konnte
für die CostQnie die Darstellung der «Mfinchener Bilderbogen", die voll-
ständig Correctcs liefern, Anwendung finden, da sie auch sonst viel Nütz-
liches für den Cnterricht bieten könnten. Dann empfahl er für die l.ehrer-
bibliotheken trnnz besonders folf,fende Werke: Essenweins cultui lii^tori-
schen Bilderatlas If^^H. culturliistoiisches Bildeibu<'ii uus drt'i .lahrliuuderten
(G. Hirth' und Hcvolution Frany«use de M. Armond l).L} (>t. Auch macht«
er daraut auiiuerk*am, »ich einerseits an die BuchhaiuUuugeu um Pro-
specte zu wenden, welche gewdhnlich die schönsten Proben aus den kunst'
historischen Werken bieten, dann an die Autoren kunsthistorischer Werke
selbst, die gern bereit sein werden, die CTorrecturbogen der schon ver-
öffentlichten Werke absugeben. Für diese so instructiven und nfltzlichen
Ansfahrangen dankte der Obmann dem Herrn Vortragenden, sowie fQr
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VoreiiiBnaehricbteit.
69
8t?»De außerordentliche Mühewaltung auf ilius herzlich«*!« unter dem Bei*
falle der zahlreichen Versiimiuiuog. Daran schlosR sich der geschäftliche
Tbeil des Programme«.
Herr Prof. A. Tb. Christ erimierte daran, data nooh der Beflchliui
in der von ihm in einer der letalen Veiaammlangen angeregten Frage
der Einrichtnng ?on Ferialctinen anartebe, woraaf dieser Gegenstand als
erster Punkt des Prognunmes der nftcbsten VereinsTersaninilang aufgestellt
wurde.
Der Obmann stellte den Antra«?, es möge an die Tieitunof der
k. k. l'niversitütsbibliothek in Prag die Bitte tjerichtet wprd'^n. eine
frühere Einrichtung mit Bezug auf die Benützung der Zeitschriften
durch Mittelschullehrer, welche zum liedauern der Bibliotheksbesucher
aus Mittelschulkreisen au%ehCrt hat. wieder erneuern zu wollen. Früher
konnte nftmlich jeder MittelscknUefarer in dem sogenannten .Mittelscbul-
lebrersimroer'* die auf einem Regale aufliegende Zeitschriften ohne die
seitraubende Vermittlung eines Dieners benütsen und so sieh mit der
Zeitächriftenliteratur jederzeit vertraut machen. Dieies Studium der Zeit*
Schriften findet durch die jetzt bestehende Forderung, erst durch Vermitt-
inn«? eines Dieners nm jede Nummer einer Zeitschrift anzusuchen, vielfache
Hin(ierni^.■^e und erschwert d:i- Hostrelen der Mittelschullehrer, den linhf^n
Wei.'iungen geuiäü ,,mit der Wissenschaft vorzuHchreiten". in nicht unerheb-
licher Weise. Auf Grund die&er Erwägungen wurde ein diesbezügliches
Gesuch an die k. k. Universitätsbibliothek in Prag einstimmig beschlo^n.
Dritt« periodische Vt^rsiiuimlaiig.
{9. Deceraber 1896.)
Auf die Bitte des Obmannes hin führte Herr Prof A. Th. Christ
nochmal«? in den Hauptpunkt-en feine .\n''icht über die ^P'erialcurse für
Mittelsclnillehrer" aus und stellte dann f >!''»'n(len Antra^^: Es möge ctip Pe-
tition an lia-s hohe Ministerium für Ctiltu^ und Unterriclit f^rnchtet werUen
mit der Bitte: 1. L>ie gegenwärtig uu der deuUcheu Universität in Prag
stattfindenden Vorlesungen für Mittelscbullebrer mögen in einen Ferial-
cnrs umgestaltet werden. ^. Den ausw&rtigen Lehrern roOge die Theil-
nähme an denielben durch CnterstfltKungen ermöglicht werden. 8. Es
mOgen Reisestipendien behnft Theilnahme an Ferialcunen in Deutschland
creiert werden. 4. Das hohe Ministerium möge in Erwägung sieben, ob
nicht derartige Curse an den inländischen Auagrabungsstätten zu ver>
an<»talten wären. An der darauffoloreiRlen rej^en Debatte betheiligten .«i' b
die Herren Re^ierungsräthe Dr. (Jhevaiier und Dr. Uackspiel, die
Herren Proö. Gottwald, E. Müller, (^uaiBer, Dr. Singer, Strach.
Da sich eine .Majorität für den ersten Punkt nicht fand, zog Herr Prof.
Christ seinen Antrag vollständig zurück. Dann hielt Herr Prof. A.
Michalitschke anstatt des angekOndigten Vortrages: „Ober ein Lehr«
mittel fitr den Unterricht in der Himmelsknnde" einen Vortrag Uber:
•36eheiiiiuisehlii6n**.
Der Vortragende gab zunächst einen geschichtlichen Cberblick über
die verschiedenen Arten von Hilf'imittelny zn denen seit d>^H ältesten
Zeiten bis auf unsere Tage dio Rechner gegritfen haben. Nacbdeio er auf
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VereiBmMbiickten.
die Wandlungen in der Eecbenpraxis hingewiesen hatte, die durch die
Verbreitunir de« GebnMK^ea der walniciMii Ziffern nnd der Anwendung
de« im Weten uralten Potitiomprincipes in der Zahlentdureibang, femer
dnrch die ffroOartige firfindang der Logarithmen herrorgerafen wurden,
zeif^te derselbe?, wie durch Combinierunfj^ der neuen Praxis mit den alten
Hilfsmitteln die Rechenma^^chinen im eigentlichen Sinne des Worteft ent^
stinden sind. Der Redner puh eine Ge^icbichte der Erfindunp^en auf diesem
Oeljieti- imd besprach die in München 189'J ausgestellt j^ewesenen Maschinen
und besonders die von Leibniz construierte Maschine, die nach 20 Jahre
währender Arbeit 1697 bekanntgemacht wurde. Hierauf erklärte der Vor-
tragende, dass wir in der neuesten, auf der Höhe der modernen Technik
stellenden Rechenmaachine von A. Burkhardt in Glaabfitte i. 8.» die der
Redner als Leibnis-Thomae-BurkhardVaebe beaeichnete, einen Nnch-
koramen jener Leibnii*8ohen au erkennen haben. An einem vom Herrn
k. k. (>. ö. Prof. Fr. Stark freundlichät zu VerfOgung gestellten neuen
Exemplare der Burkhard tischen Maschine demonstrierte der Redner die
grof.^artigen Neueranffen in der Maschine, die z. B. einen Manipulation»-
fehler und auch dessen vo11:'o<n'n'' r<>rrechir durch ein Clockenzcif h<'n
meldet, sowie an mehr* r- n liechenbeispielen dius tadellose Functionieren
und die betrachtliche Zeitersparnis. Schließlich zeigte er an eint>r Wand-
tafel aus dem Gebiete der Mechanik (Wurf im lufteifüllten Uaunie) da»i
Bendtat einer mit Hilfe der IfaMshine ycm ihm selbst durchgeführten
Arbeit, welche ohne Maschine ein Rechner auch in sehr langer Zeit
kaum durcbKuftthren imstande wäre. Der Obmann dankte dem Herrn
Vortragenden fflr das Gebotene, indem er den Vortrag als das Ergebnis
staunenswerten Fleißes bexeicbnete. Die Versammlung sollte dem Vor*
tragenden reichen Beifi&ll.
C. Sitzungfsbericht des Vereines „Die Realsoliule" in Wien.
(Mitgetheilt vom Schriftführer Prof. J. Meixuer.)
Jahresversaiuiulang 189&y96.
(17. October 1806.)
Der Obmann, Prof. G löser, begrüßt die Versammln n<:^. insbesondere
den als Gast anwesenden k. k. Londes'Schulinspector i. K. Dr. Ignua
Mache.
Von ein<'r Verlesung des Protokolles der letzten Voll-Ver-
sammlun'^ wird mit Zustimmung der Versammlnn!:;^ Umgang genommen.
Aiö neue Mitglieder werden angemeldet die Herren:
Lud wig G las, Turnlehrer an der k. k. Staatsrealschule im VII. Bezirke.
Sieguund Nentwig, Gesangslehrer an den k. k. Staatsrealsehulen
im L und VI. Bezirke.
Adolf Waneck, Professor an der Landesrealschule in HGlhriscb-
Ostrau.
Wilhelm Duschinsky, Profeasor an der k. k. Staatsrealschule im
VII. Bezirke.
Dr. Karl Zahradniöek, Professor an der k. k. I. Staatsrealschule
im II. Bezirke.
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YereiiMpachrichten.
71
Michnol Kuscbniriuk. Professor an der k. II. Staaterealacbale
im II. Uczirke.
Dr. Johann Pitscb, Proteissor an der k. k. ÖtHatareulschule im
XV\ Bezirke.
Vietor GrQnberg, Sapptont an der k. k. I. StaAtardalaehole im
II. Beurke.
Dr* Rrnti Simon, Snpplent an der k. k. Skaateeabcliale im
VI. Bearke.
Unter den Eaniftnfen der lotzton Zeit befindet sich die Aae-
schreibunjf der Franz- Josef-Pisko-Stiftung für Witwen nach
Wionpv Mittelschnlprofessoren, Wiener Profesworon nn Staatsgowerbescbulen,
l.ohrer- und Lehrerinnenbildungsiinstalten im Betrage von 154 fl. jShrlich.
Dieselbe kommt mit 23. April l^^l»? zur Verleihung, di« Gesuche sind bis
lö. Januar 18B7 beim Wiener Magistrate zu überreichen.
Der Obmann enftattet nnn den foljfenden
Bertobt Aber das 26. TerelmjabF.
Er ipedenkt xnnftcbst der Bemahnn|t«Q» die gemacht wniden, om die
von den Vertretern der modernen Spraohen an den niederOaterreiobiichen
Realschulen gewfinschten und &h dringend bezeichneten Entlastungen zu
erwirken. Er erwähnt hiebei nochmals des im Vereine am 19. October 1895
von Prof. Ferdinand Ginzel pohaUfnen Vortmj^es, von dem ein Sonder-
abdruck siimmtlichen Mitglied«'rn de« nu'd<Töi<t«^rrpi(hiKchfn I^andtagos zn-
•^eschickt wurde. Der Obmann i-^t dirfct mit maßgebenden Landtngs-Ab-
geordneten in Verbindung getreten, allein es konnte nicht erwirkt werden,
dam die Angelegenheit von der Frage der WiedereinfUbrang des Religions-
anterrichtea in den Oberelaoen der Bealschnlen getrennt anr Behandlnnff
gekommen irlre — nnd ao war keine Anarieht vorhanden, anf dieeem
Wege mm Ziele an gelaogen. Es wnrde dedialb am 16. Jani d. J. eine
Eingabe an daa hohe k. k. ünterrichtsniinisterinm mit der Bitte gerichtet,
bei dem nen xnsammentretenden hohen niederCeterreichischen Landtage
diese Hn^>riin«?8vorlas'e nochmiils, nnd zwar getrennt Ton jener den
Religionsunterricht betrett»>nden oiTT/nlirinf,'pn
Auf die nbrirren Ereif,'ni««>e im abf^olaufenen Vereinsjahrf überhöhend,
weist der Obmann auf die Jubelfeier hin, die der Verein am 7. Dt?cember
1895 anläaslich seiner Tor 25 Jahren erfolgten Gründung unter Betheiligung
der Vertreter der hohen Sdinibehörden nnd in Anwesenheit illustrer Pest-
gSste begieng. Der nach dem einstimmigen Urtheile aller Theünehmer
Qberaos wflrdige Verlanf dieser Veranstaltung * fQr welche der damalige
Ree tor der k. k. technischen Hochschule in Wien Herr Begterungerath
Kick den Festv<«trag übernommen hat, wird dem Vereine und seinen Mit-
gliedern immerdar 7n hoher Ehre g-ereichen.
In der Versammlung am IS. .Januar hielt Herr l'rot". Schifiner
einen orientierenden Vortrag: „Über den gegenwärtigen bland der Photo-
graphie", während am 21. März die Mitglieder unHeres Vereines einer
Venammlung des ^Vereines zur Förderung des phy-sikuli^chen und cheuiischen
Unterrichtes*' im Lehrsaale des rhjhikalisehen Institutes der k. k. Uni*
mnt&t anwohnten, in welcher der Oeselischafter der Firma Lenoir und
Forster Herr M. Hlawacsek gelungene Versuche mit Röntgen -Strahlen
▼orfilhrte*
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72 Yereinanachrichten.
Ein fortgesetzter Rückblick auf die Thätigkeit des Vereines zeij^t uns
du ttitabliraige Bestreben desselbeii, im Hinblicke auf die in Anencht
genommene Regoliemng der Beamtengehalte Ar die Interenen nnseFe»
Standet nnter «teter Betonnng der dermaligen traurigen materiellen Lage,
sowie der unh alt hären Rangsverbältnisee de^ lÜttelschtillehrstandee nnd
der dringenden Not h wendigkeit ibrer Verbeswran|p das Möglichste zn
leisten. Es gereichte dem Obnimine rn besonderer Frende, bei dieser
Gele<;enheit hcrvnrhf^bpn zu dürfen, dass l)ei dio^on Hemühnnuen unser
Verein sich iu voller Übereinstimmung befand mit den anderen Mittel-
schulvereinen dieser Reichshälfte und ganz besonders mit dem Vereine
„Mittelschule" und dem ^Verein der Suppienten deutscher Mittelschulen
in Wien". In selbstventtndlicher Folge diesM schOnen Einvernehmens
worden alle in der angedeuteten Riefatnng erforderlichen Schritte gemein*
sam berathen imd au diesem Zwecke allgenMin sngftngige Mittelsehnl-
lehrer^lTenammlungen am 25. Januar und am 18. April d. J. veranstaltet.
Der verehrliche „WissenscbalUiche Club" hat dem Vereine auch in
dem letzten Jahre mit einer uns zu dem größten Danke verpflichtenden
Selbstlosigkeit den Vortragssaal für die Vollverfianimlnn^r'n nnd für das
Jubelfest aulkrUem den Sp^'isesaal zur Verfügung gestellt. Der Obmann
betrachte es als eine ani(«nehnie F6icht, hiefür den wftrmsten und aut-
richtigsten Dank zum Ausdrucke zu bringen. Ebenso werde Herrn Dir. Döll,
der tarn Zwed» der AnnchoMutsungen dn Local seiner Anstalt mit an-
erkennenswerter Bereitwilligkeit flberlieO, im Kamen des Vereines d^
gebürende Dank abgestattet
Der Obmann dankt den Mitgliedern der Vereinsleitung nnd des Ans-
schnsses für ihre eifrige Mitwirkung an den Arbeiten des Vereines.
Die Zahl der Mitglieder betrügt derzeit 150.
Redner schließt seinen Pnri cht mit dem "Wnn>«che, der Verein niötjfe.
eingedenk seiner schünen Autyaue, auch fernerhin )jliihen und t^ed^iheu
und iieint'n -Mitfrliedern stets eine Stätte echt coilegialen Wirkens und
gemeinsamen Schaffens sein.
Den mit Beifoll aufgenommenen AnsfÜbrungen des Obmannes folgt
der Bericht des Gassiers Prof. Hoch.
Cassebericht fOr das Jahr f89ft>96.
I. Einnahmen:
1. Oaaserest vom Jahre 1894/96, nnd «war:
a) Spareinlagen 919 fl. 42 kr.
b) Barvermögen 82 . — „
c) Rarbetra^' der pTidaiiiforfischeu Centralbibliothek ... l'i „ 69 ^
2. Interessen der Si»arcinJagen bis Ende Juni 189t> .... 29 , 67 ^
3. Mitgliederbeiträge 282 , — ,
4. Sub««.riptionsbeiträge anlässiiei» des Festabende . . 67 , — ^
Zusammen . 1392 fl. T» kr.
II. Ausgaben:
1. Beitrag für die Zeitschrift „Österreichische Mittelschule" 1dl fl. 74 kr.
2. Kanxleierfordemisse 57 „ 96 .
Fürtrag . 1Ö9 fl. 70 kr.
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Vereinmacliriehten. 73
Übertrag . 189 fl. 70 kr.
3. Verein „ Ferienhort " (Jahreabeitrag) 20 „ — ,
i. Bemunerationea Ar Diener 30«—.
5. DmckBorten und BedactionMpeteii 56 » 16 „
6. Spesen aallMlich det Fertabendü 'm „ 70 ,
Zmammen . 599 II, 66 kr.
III.
Gesammteinnabmen 1392 fl. 78 kr.
GemmmtaiiHgaben 599 „ 56 ,
VereinsTermdgen . 793 fl. 22 kr.
und swar:
a) Siwremlage in der ersten OsterreiduBcben Spareaase (Buch Nr. 95876)
771 fl. 17 kr.
b) Harbetrii*^' der |^dag(^p8chen Gentralbibliotbek .... 12 „ 69 „
c) üar betrag ^L-_^*^ -
793 fl. 22 kr.
Zahl ti<'r Ht'stanten: 4.
Wien, am 17. October 1896.
Karl Hoch,
Ctasier.
Die Vetsiuiitihing nimmt ilieüen Bericht zur Kenntnis und wählt
über Vorschlag des Obmannes die Herreu Proff. P6lsl und Schatsniann
ro Revisoren.
Zam nftchsten Pnnkte der Tagesordnung (Wiüü der Functiooflre) Ober-
gebend, erinnnert 6er Obmann, dnss im al^pelaiifenen Jahre sowohl er
wie andl die übrigen Mitglieder der Vereinsleitung eine Wiederwahl an-
genomnien haben, um die damals bereits weit gediehenen Vorarbeiten für
die .Tubclfeier ohne störende Unterbrechung beenden zu k^^nnen. Ffir das
beginnende Verein^ahr aber ergebe sich die Notb wendigkeit, neue Herren
zu wählen.
Diejenigen Herren, welche der AusHchuss hiefür in Vorschlag bringt,
haben in liebenswfirdiger und opferwilliger Weise sieh bereit erkjftrt, eine
auf sie fiütende Wabl ansunehmen.
Der Obmann dankt für das ihm w&hrend der Zeit seiner Obmann-
•chaft ^tgegragebrachte Vertrauen, er glaube sich redliche Hflhe ge-
geben zu haben, das Anaehen des Vereines nach außen hin zn wahren
und zu heben.
Er dankt den mit dem heutigen Tage ans ihren Functionen schei-
dend on Tlorren:
Dem bochvenlienlen UbaiiuinsteUvertreter Dir. Kiek 1er, dem viel-
jährigen Schriftführer, Prof. Meixner, der mit unermüdlicher Treue,
aufopferndem Fleiße und voller Hingabe seines Amtes waltete, dem lang»
j&hrigen Gusier, Prof. Hoch, der mit seltener Umsicht, größter Accuratesw
nsd bestem Erfolge die Cassegebarung besorgte, wie nicht minder den
fiemn AusM»busnnitgliedem Prof. Dr. M a i ß , Prof. P e t r i k . Prof. R e i ch 1
nnd F*rof. Reitmann, die mit Cberzeugungstreue und grffßtem Eifer
st-ets die Zwecke des Vereines in der wirksamsten Weise au fördern
wnssten.
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74
Vereinanacbrichten.
Auf Gnmd lier nun vorgenomuienen Wahlen werden im kom-
menden Vereinajahre 1896/97 functionieren :
ObmaDn: Prof. Fraot Daurer (St. K IV> B.).
ObmaoBstellTertreter: Prof. Morls OlOser (St R. III. B.).
Schriftf&brer: Prof. Rairauna Duiidaesek (St R. IV. B.).
Cassier: Prof. Rudolf Alscher (3t K. IV. B.).
Ausschüsse die Proff. :
Michael Gaubut/. (>t. H. XV. B.).
Franz Haluschka (St. R. XVIII. B.).
Alois Kainnind Hein (St. R. V. B.J.
Wenzel Knoblot h (I. St. R. II. B.),
Josef Meixner (6t. Ii. VI. li.i.
Dr. Karl M er wart (II. St B. II. B.).
Frans Schiffner (St. R. III. B.).
Alois Sseger (St R. XVIII. B.).
Emitzmänner die Proff.:
Wilhelm Doschinsky (St. R. VU. B.).
Franz Pcjscha (St. R. I. B.).
Während des Serutintoms hielt der Prof. Franz Ualuschka seinen
angekündigten Vortraj;:
„Über die gerade Linie an und für sich und über zwei in einer
Ebene liegende Gerade".
Redner ist von dem Beatreben geleitet, streng logisch gegliederte und
der in Betracht kommenden ünterrichtsstafe entsprechende Anffaasangen
and Definitionen su entwickeln. Demgemäß will er die Bentttsnimr ^0«^
endlich fernen Elemente arageschlossen wissen.
Von Interesse ist seine Definition des Winkels. Der Winkel ist eine
Flüche, begrenzt von zwei fixen Geraden und einer dritten Lini(>. die
beliebiif «^eles^t werden kann. Dementsprechend ninss der Begritf: „Größe
des Winkels" besonders autgefasst werden. Redner bespricht auch die
Parallelentheorie, die Kbene nnd ihre B^stimmun^sarten. Zwei parallele
Gerade bestimmen keine Ebene, denn äie Ketzen die Existenz denselben
Torau«.
Der Vortragende wünscht die von ihm gebrachten AnsfUhrangen als
^Streiflichter" auf ein Gebiet betrachtet su sehen, das so bearbeiten ihm
lohnend genug erscheine.
Die AoüfQhraagen des Prof. Hai nach ka worden dnrch den BeifiiU
der Versammlung ausgezeichnet.
Das nach Beendigung des Vortrages bekanntgegebene Wahlresaitat
wird lebhaft acclamiert.
Der Vorsitzende beglOckwQnscht den neugewiihlten Obmann und
gibt der Vei*sanimlung bekannt, dass derselbe den getroffenen Verein-
barungen zufolge den Verein auch in der Redaction der SZeitsohrift «Oster*
reichische Mittelschule* so rertreten habe.
Prof. Danrer dankt fttr die aof ihn gefidlene Wahl als Obmann.
Er nehme die Wahl an, weil er weiß, dass er im Ausschüsse bewährte
Hilfikräfte finde. Er werde nach Kräften bemöht sein, die ihm über*
tragene Stelle nach bestem Wissen und Gewissen auszuftlllen.
Der Vorsitzende berichtet noch, dass die Herren Revisoren die vor-
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VereinsBflkchrichten. 76
{gelegten Rt-chnunKen },'e|>riitt und die Ca««e^ebarung in Onlnunj» s^fuiulcn
haben, »o da»a dem Herrn Cas><ier üa3 Absolutorium ertheilt werden kann.
(Zustimmung.)
Nachdem dfe Tagesordnung erschöpft itt nnd nch niemanU zum
Worte meldet» erfolgt Schlast der Sttzunp.
z>. SitzungfsberiGhte des Vereines „Mittelsohule für Ober-
österreioh und Salzburg in Linz".
(Mitgetheilt vom ScJuittfühjer l'rof. Frans X. Lehner.)
y. Yerein^ahr* Dritte YersammlnDg.
(Linz. 7. November 1896.)
Obmann P^of. Ferdinand Bnrtn begrftßt die Anwesenden herz*
lichat ond theilt den Eintritt von zwei neuen Mitgliedern* der Herren
0r. Sigmund ond Victor Reif (Staatsgymnnsium Linz) mit.
Nach Bekanntgabe des Einlanfes, in welchem' sich als Spenden fttr
die Vpreinnbibliotliek ituch literarixche Erzeugnisfp mehrerer Voreins-
niiturliefitn- ^»HHntlen. und nach Verlesung des I^rotokoUes t]^r letzten
(zweiten) V'ersiitnniluncj ergreift Herr Hermann IJ.niornbt'iger, Öup-
plent am Sta<iisgyuiniusiiuii in Linz, das Wort zu Uoui Vortrage:
„Ober Strahlen im allgemeinen und Röntgen -Strahlen im
betondtP«!*'.
Jeder einzelne KOrper ist kein Gontinuum, sondern ein Aggregat von
sehr kleinen« durch ZwisehenrAnme von einander getrennten Theilchen.
Daraua folgt unmittelbar, dass alle an der Materie auftretenden Kr&fle
„ fern w irkende Krftfte" seien. Unter letzteren verntehi man (nach Dreisel)
Kraftäußerungen «wischen entfernten Körpern, welche durch dns dazwischen-
lieg'^nde stotVitrho Mittel nbortraijfn worden, ohne da^« aber diese f*l»er-
tnifji^unif wahrgenommen wird; die unmitteli^arc Ft'rnwirknnrj i^^t also i-ine
iücheinbare. Als allgemeinste Kraft tritt uns tiie ."ich werk rat't entgegen und
bietet Gelegenheit, einige Begritfe zu erläutern: Potential, Niveaufläohen,
Kraftlinien, Strahlen* Leider ist e« bis jetzt noch nicht gelungen, das
Rftthse] der Schwerkraft za iQaen; nor das eine kann man als feststehend
annehmen« daas dieselbe wie alle anderen Kräfte in einer schwingenden
Bewegung bestehe. Die Betrachtung einer einfachen schwingenden Be-
wegung: führt zur Erklärung der Wellen überhaupt, dann insbesondere zu
den Ku^pjwellen und Wellen.strahlen. Schon Dove hat in meisterhafter
Weise hirr^^pwiesen auf den Ziisaniiuenhanf? zwischen S» hall, Wärme und
Licht, deni'n wir jetzt audi dii' Klfk^ricität anreihen können. rnten*tichen
wir duü i^icht^peclruui, so werden wir niit Nntli wcndigrkeit auf dfii ultra-
rothen und nltravioletten Theil de^aelben koauuea und ^ehen daraus den
Zusammenhang zwischen Wftrme, Licht und Elektridtilt Dieselben nnter-
scfaeiden sich nur durch die Wellenlänge. Den nltravioletten Theil des
Specfarnma kann man durch seine chemische Aktinität und auch durch
Bentttsung der Fluorescenz sichtbar machen. Dem Deutschen H •< 1 1 i«t es
zuerst gelungen, elektrische Wellen herzustellen und deren Eigenschaften
(Brechung, Polarisation) nachzuweisen. Besondere Bedeutung haben die
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Vereiflsnachrichten.
CnterBuclinDgeii aber das sogenauDte Katbodenlicht gewonnen, iiiftbesondere
aeitdem Lenard geieigt» data die Strablen deitelben cheniaefa wirk-
sam sind.
Röntgen war es vorbehalteo, eine aeoe Strahlengattung festzmtellen.
die von den Kathpdenatrahlen vollkommen verf^chieden mnd. Anfangs
glaubte man, diese neuen Strahlen seien den Brechungs- und Reflexions-
geoetzen nicht nnt<^rworfen, doch zeigen die neuen Yorsiipoe von Kümmel
(Leipzig!, (liiss lioi (ien«elhen Bpu^^ung^sorschoimintreu auftreten. Dadurch
ist wohl die Annahme Uorecliti<^i, das.s die X-Strahlen keine einfachen,
sondern combinierte Schwinguu^^en sind, 80 dass ide ähnlich wie das wei(>e
Lieht ein Speetrnm beeitsen, und diee könnte vielleicht ein Ausgangspunkt
für teleoptiscbe Vennche sein.
Die gediegenen Aofifllhrangen des genannten Herrn Ober das hoeh-
actnelle Thema fanden den fiei&ll der zahlreich Anwesenden. Prof. Barta
sprach ihm namens der Versa ni in titn<> den besten Dank aus.
Herr Bezirks-Schulinspector l*rof. Han? Commenda berichtet sodann
über «»eine Studienreise nach IhMitschland, sowie nacli F-^'st, die
er in den jüngsten F<^ri«m gemacht hat , und legt der Versamnilung zahl-
reiche .Ansichten. Kat;ilo<,'e und bezügliche Werke vor Auch ihm dankt
Prof. Barta iiu Namen des Vereines.
Nach 2Va»tundiger Dauer wird die Versaninilung geschlOMen.
Tidrte YenaiiiiiilQag«
iLiuz. 19. Decembei- 189G.)
Obmann Prof. Barta eröffnet die Venänmmlunsr mit der Begrüßung
der .Anwesenden und heil.>t insbcsiondere die aus Kreinsnii'inster er^^chienenen
Mitj^lieder. Flerren Oir. Paulus Froschko unil .lulian Hauer, >owie Prof.
Den hier aus Preiwtadt herzlich willkouuTien. Auch widmet er dem ver-
storbenen Mitgliede Herrn Prof. Theodor Jungwirth in Melk einen
warm empfundenen Nachruf.
Die Yeraammlnng ehrt das Andenken des Verstorbenen durch Er^
heben von den Sitsen. (Beim lieichenb^ftngniaae war der Verein durch
seinen Ol.uiann und drei Mitglieder vertreten gewesen.)
Nach Verlesung und (Tenehmigung des Protokolles der dritten Ver-
einsversammlng berichtet der Obmann filier eine Zuschrift des Vereines
.Bukowiner Mittelvchnle", in der der Linxer Verein aufgefordert wird,
über den vom Vereine „Bukowiner Mittelschule" in der , Mittelschule"
llett II, 189G, S. 195 ti". veröffentlichten Kntwurf einer Dienstpragmatik
für MittelschuUehrer Berathung zu püegeu. Der Obmann Prof. Barta
theilt dann auch den Antrag des Ausschnsses mit» die Angelegenheit einem
aus tl Herren su bildenden Coinitd m übertragen. Der Ansschnssantrag
wird von der Versammlung angenommen und in das Görnitz nebst dem
Obmaane noch folgende Herren gewäh 1 1 : S c h a u e r , C o m m e n d a . Dr. Falb-
recht (Staatsgymnasium Linz). Dr. Horöicka. Dr. l'oetsch, Bock
fStaats-Oberrealsohule Linz). ]>r. Lechleitner fLehrerbildungsanstalt
liinz), Späth i MadclK^nlycenni binz). Kofenskj (Staatshandwerkerschule
Lins). Belohlawek (Handelsakademie Linz).
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Vereintmuchi icbteu.
77
Bi folgt hiennf der Vortrag des Herm Prof. Josef Denbler (Frei-
Stadt) Aber:
„Reiseerinnerungen aus Unteritalien**.
Der Vortriujf'nd«' gab eine überaus interes!$ante Schilderung seines
f in monatlichen Aulenthaltee in Neiipel und Umgebung? im Sommer 18%.
Die Ankunft erfolgte zur See mit dem Dampfer aus Palermo. Die sprich-
wörtliche Schönheit Neapels gelte nur von der Lage uud Lmgcbung, die
Stadt selbst sei dureh den ungeheoren Straßenlftrm, durch Schmutz und
Gestank wenig anstehend.
Nach einer Beschreibung der tAge der Stadt wurde das Straßenleben
eingehend gesehildert Dieses sei ungewöhnlich interessant. Unter den
Sehenswürdigkeiten Neapels nimmt das Nationalmuseum durch Reichthnm
der aufgestellten Antiken und Eigenart einzelner Classen derselben d^n
ersten Rang ein. Ex enthält die wichti'^en Funde aus den Aus;,'r.i>inn^en
in Pompei und llerculaneum, darunter «lie ziihireichen antiken W.md-
gemälde. Den Hauptbestand <ler Autikenaiimnüung bilden auüeideui die
Marmorsculpturen, die großen ßronzefiguren und die „kleinen Bronzen".
Wenig Interesse erregen die Kirchen Neapels. Sehenswert sei das ehe-
malige KarthAoserkloster S. Martino und vor allem das Aquarium. Hflbsche
Spiutiergftnge in nUehstor Umgebnng sind der Posilipo und das wegen
seiner Aussicht berühmte Kloster Camaldoli, schon in Goethes , Italienischer
Reise" genannt. Im weiteren schildert der Vortragende seine Besteigung
des Veiuv, von Pompei aus zu Pferde unternommen, was angeuehmer und
viel billiger sei al?? bei lienütznng der Cook'schen Unternehmnn<,' Wagen-
fahrt nnd Draht.seiU'ahn Hierauf fol^t»' eine Schilderuni,' der Ausflüge
in die nähere und entfernter»! welibcrühuitf ('m^'el>un;,' Neapels; rast4?llam-
iiiare mit dem auä Goethe bekannten Schloä^ Quiaiäaua (jetzt Graud Hotel
Margherita}, die Gegend westlich von Neapel, die phlegräischen Gefilde
der Alten (Poonoli, Baiae, Avemer See, Hisenum, Comae) mit so vielen
geschiehtÜchen und sonsügen Erinnerungen (Ve^tl), die Insel Ischia und
die Krone aller Ausflöge — die herrliche Insel C^pri, wo der Vortragende
«wei und einen halben Ta^' in angenehmer Gespllicbaft und in Betrachtung
der großen Natur bei tretFlicher Verpflegung im Hotel verbrachte. Daran
Mchlo-s-s sich eine Seiiildeiung der Halbinnel von .^orrento und des Golf«
von Salerno. Man macht diese durch Schrmheit der weoh-elnden lamd-
>schaftsbilder und den furtwähi enden k auf das Meer mit Recht be-
rühmte Tour zu Wagen auf einer iu den steilen Fels eingesprengten
Kuuütstraße. Sie beginnt mit Castellammure, führt nach Sorreuto, dann
sui'ück und ({uer durch die Halbinsel auf die Südseite dieser, berflhrt die
äußerst malerisch gelegenen Orte Pngano, Positano, Amalfi nnd mehrere
andere und endigt in Salerno.
Die Umgebungen von Oustellamuiare und Sorrento «ind wahre Para-
diese. Amalü erschien dem Vortragenden als die schmutzigste italienische
Stadt, die er gesehen, doch hoch-t interessant.
Die Kathedralen in Amalfi und JSaleruo i*ind sehr ait und sehen.swert.
Mit der j^enannten Toui war der ISesuch d^'r ihi'i sehr alten griechischen
Tempel von Partum verbunden (von iSalerno mit Eiaenuahni. liucklahrt
von Fästum nach Neapel uiit Bahn in drei Stunden. Von Pompei au»
machte der Yortragende auch einen Ausflug nach dem inmitten der
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VereiiisnaehricfateB.
fippigiten Vegetation gelegenen Cava dei Tirreni (Station auf der Strecke
nach Salerno).
Zum Schlüsse bespricht der Yoriragende seinen elftägigen Aufenthalt
in Pompei. wö er mit einigen teterreichitehen Gollegen an äem von Prof.
Man dea kaiserl. dentteben Arcblologiielien Inifcitntes in Rom jfthrlteh im
Jnli aligebaltenen Giro tbeihmlim. Nach einigen Worten ftber den eigm-
IbOmlichen Zauber, der auf den Ruinen Pompei> Hegt, gibt er in an-
siebender Weise die an Ort und Stelle gewonnenen Haupteindrflicka wieder
und »chliePt mit oinicren Bemerkungen übor die Ausgrabungen.
Der hr>chst s|iiinripnde Vortrair. <ier noch dadnixh h»f'Sondf»ren \W\z
f»rbieit. dass d'w vom Vortiagenden l»i-siic}iten Gegenden und «jesehenen
Denkmäk-r durch eine :?amnilung voitreÖlicher Photographien den An-
wesenden vorgeführt worden, erntete reichlichen wohlverdienten Beifiül«
den auch der Vorritaende unter allgemeiner Zostimmnng der Venamm»
long in gexiemende Worte kleidete.
Die Veraftmmlnnur beBchftftigt äcb hierauf noeh mit einem Aumeho»-
antrage, den Pn^. Boek einbringt und motiviert. Der Antrag lautet; »Die
heutige Veisammlung ermächtige den Ausschuss . an alle Lehrkörper von
Ohcro^erreich und Salzburg mit der Bitte hoiMnzntrotpn. dic-elbon nii5«ien
in alien FüIIimi. wo ilittol^icbnlprofessoren tür ihre Sr>hnc um Schulgeld-
i>efreiung iiiisinhen. den Antrag auf ganze Befreiung stellen , sobald die
gesetzlichen Bedingungen erfüllt sind."
Nach län{;erer Debatte, an der sich die Herren Dir. Pindter, Dir.
Scholrath Würfl, Prolf. Schauer, Dr. Poet«ch, Gärtner und der
Antragsteller betbeili|{eD ^ wird der AuawbuMantrag mit folgender, vom
Herrn Dir. Pindter Totgeschlagenen ibidemng angenommen: «Dieselben
niög -n . . diesen Qesnoben die möglichste Berücksichtigung angedeihen
lawen."
Hiemit \v:ii die Tii^^e-sordnung: erschöpft, und da »ich niemand mehr
zum Worte meidett schließt der Oboiann mit Danketworten die Ver-
sammlung.
£. Sitzungsberichte des Vereines „Bukowiaer MiUel-
sohuie" in CzernowiU.
(Miigetheilt vom Schriftführer Prof. Dr. Josef Frank.)
Secbssuiiddreißigste TereiiKsversaminluug (zugleich Jahres-
versamniliiiig).
n~. ÜLtobtT 1«9G.)
Anwospnd 4.j Mitgiieuer, darunter Landes-.Schiilinspeetor Dr. Tumlirz,
Sehulratli Dir. Klauser, die Dircctoren Faustmann und Mandjczewaki
und 6 Mitglieder au9 Hadautz.
Der Obmann Prof. Dr. Polascbek begrüßt die Vereammtung und
meldet als neue Mitglieder die ProiF. Josef Bittner und Anton Sauer
▼om Staats- Untergymnasium in Csemowita und Andreas Fuchs und
Dr. Hugo Herzog vom Staatsgyiunusiuni in Radaatz an.
Nach einigen geschiiftliilicn Mittheilungen, darunter eines in herz-
lichsten Worten abgefassten Dankschreibens des Ehrenmitgliedes des Vereines,
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Yereioanaclirichteii.
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deä Herrn Statthaltereirathes Dr. E. Mahner für das übersandte Ehren-
diplon], erstattet der Obmann folfifenden
Rechenschaftsbericht Ober das Vereinsjahr 1895 96:
^Die Mitglied erzähl anseres Vereines lir^trocf tiaeh dem Stande vom
26. October lOÜ Mitglieder. Davon trat wubreud den laufenden Jahres
1 Mitglied ans, 1 starb. Nea djigetreten sind 7 Mitglieder, so daas der
Gemnmtrtand 115 betrilst. Diese im Verbftltniaie sur Geaammtsahl der Lehr-
persoaen Bakowiaaa ungemein höbe Zahl beweist doch wohl, dan der
Verein anf der H5he «einer An%abe steht, dass tot allem sein Wirken
die verdiente Anerkennung^ der Berufenen findet. M0ge dieser Umstand den
wenif^en. die noch außerhalb dee Vereines ans liegend welchen Grflnden
stehen, den Eintritt in denselben erleichtern.
^lh\d abgeliint'ene Jahr stund im Zeichen der («ehiiltsre<^ulierung^. Was
unser Verein in dieser ilinsicht ^'*deiöt€t, darüber .sprecln-n unsere Sitzuu^ü-
protokolle eine genu^r deutliche öprache. Ich kann nur &agau, daas unser
Verein zusammen mit den anderen Vereinen sich redliche Mühe gegeben
liat, um die Intoresesn unseres Standes audi in dieser Besiehnng m wahren.
«Standesfragen gelangten andi sonst tnr Erörterung. Ich erinnere an
die tiefgreifenden Antittge, die anlttsslich der Berathung des Oymnaaial-
gesetMs snm Beschlüsse erhoben wurden, an unsere Antrftge bezüglich der
Remuneration der Mehrleistungen und an unsere Petition in Sachen der
Herabminderung der Lehrverpflichtung für Philolof^en an der Reiilschule.
„Aber auch zur Schulgesetzgebtinjj tni*^ unser Verein heuer ein
redlich Theil bei. Beweis dafiir liie tVeiUch noch nicht uh^reschiossenen
Li^Tiithunffen über die Autniihmspnifunj^pn in alle Classen der Mittel-
schulen. In zwei Vorträgen wunle auch die Frage nach dem Anschau ungs-
nntenidite besonders in der Philologie in sebnlnAßiger Form erOrtwt Und
dabei wurden dodi noeh rein wissenschaftliche Themen in den Vereins«
sitxnngen bebandelt
«Difse außerordentlich vielseitige Thätigkeit des Vereines hat freilich
zur Voraussetzung, dass die Vereinsleitung stets bereite Mitglieder fand,
die nicht nur Vorträge hielten, sondern die sich namentlich in freier !?:u h-
licber ErörterunL' jeder/.eit bethiitit^en. Ihnen allen sei an dieser Stelle
der beste Dank f;esagt, vor allem aber den Herren Dr. Frank, Dr Kuindl,
Dr. Lederer. Dir. Mandy c/e wski, Neunteufel, Dr. Paw 1 itschek.
Dr. Polaschek, Dr. Perkmaun und Dr. Spitzer, die im abgelaufenen
Jahre Vorträge gehalten haben. Die sahireichen und lange dauernden
Sitenngen stellten namentlich heuer an den Scbriftföhrer gans ungewObn"
liehe Anforderungen. Herrn Prof. Dr. Frank gebftrt als ischrifllllbrer des
Vereines der beste Dank f3r seine unverdrossene und gewiss nicht immer
erquickliche Arbeit.
„An dieser Stelle »ei gleichzeitig der Thätigkeit des Ausschusses selbst
gedacht, der infolge der Wichtif?keit w mancher zur Verhandlung pre-
brachter (i egenstände in ausji^ieliiger Weise zur Mitarbeit herangezogen
w\irde. .\llen Herren des .Ausschu^.ses sei hierait der beste Dank gesagt,
zumal aber dem Sackelwart I'rüf. Skuhielski, der die unangenehmste
Vereinsnrbeit, die Geidwiitichait in musteigiltiger Weke erledigte.
„Nicht geringeren Dank schulden wir femer den Mitgliedern der
SonderaumehOsse und hier namentlich denen, die das Gyninasialgesets
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Vereiiiflnaclirichteii.
durchberathen haben. Leider erfuhren die Arbeiten des Wohnungs-Aus-
8chu?sps dadurch neuerdings eine Verzögerunj;. dass die Witterungs-
verbältniäiie und die epiUem isi hon Erkrankungen in Uzernowitz die Woiter-
beaichtigang der Schülerwohnungen iast nicht oder nur in sehr gerinj^em
Muße g^tatteten. Indes sind die Arbeiten doch schon soweit vorgerückt,
daas deren Iwldiger AfaschliM so erboffen ist. Die beiden Sonderaueschfiaae
zur Berathong der Aufbahmaprllfungen in die oberen und in die I« Claase
an Mittelschulen tagen noch. Die Vereindeitung erhofft auch in dieser
wichtigen Frage eine endgiltige Beachluasfassnng im Verlaufe des beginnen-
den Vereinsjahrcs. Von den auswärtigen Tersammlungen in Suczawa
und Radautz war besonders" die in der letzt|j;enannten Stadt abgehaltene
von hohem Werte. Wurde doch den Mitgliedern die seltene Gelej^enheit,
der KrüÜ'nung eines nrähiatorischen (Iral)es bei:£Uwohnen. Herr »*;chulrath
Dir. Klauser, der die Kosten der Ausgrabung trug, sei auch an dieser
Stelle wärmstcns bedankt.
.Wie in den abgelaufenen Jahren, ao haben auch heuer die Berren
Landeo^httlinspectoren Dr. Vyalouiil und Dr. Tumlirs, sowie der Re-
ferent im Bukowiner Landeaachulrathe Herr Londesregierongsrath Dr. Frei-
herr V. Schwind unsere Vereinsversummlungen fast regelmäßig beaooht
und an den Debatten und Arbeiten derselben thätigen Antheil genommen.
Auch ihnen gebürt unser aller Dank. Wir stellen an die Herren die Bitte«
unserem Vereine auch fernerhin ihre Mitwirkun«; zu leihen.
, Dieses Jahr brachte unter ami^^reni auch zwei für uns he«ionder.s er-
freuliche Ernennungen. Unser Obniannstellvertreter Prof.C. Mand ycze w.ski
wurde zum Director der hiesigen Realschule und der verdiente 1. Obmann
dea Vereines Fkof. Faust mann sum Stadt- Schulinspector und Direotor
dee üntergymnaaiums in Csemowiti ernannt In eigenen sahlraich be-
dachten FestFeraammlongen wurden beiden Herren die GlOckwfinache des
Vereines für ihren neuen Wirkungskreia mitgegeben.
„Über alle Sitzungen des Vereinen und auch über die geselligen
/usamnienkiinfte und feHtlichen Vemnstaltungen des Vereines wurde ge-
treulich von iin'-eri'n hier er.-cheinenden Zeitungen berichtet. Den Redactionen
dieser Uliltter j:el)ih t für dii*8e.> Entgegenkommen der T^ank des Vereinet»
und da wiederum den Herren, die zumeist die Mühe der Berichterstattung
übernahmen, besonders die Herren Dr. Öigall, Dr. Pawlitschek,
Dr. Werenka und Dr. Würz er. Endlich sei auch noch Herr Schulrath
Klauaer fElr die Oberlaasung des Veraammlungalocales aufs hmlichate
bedankt.
^Neben ernster Thätigkeit war die Vereinaleitung auch heuer bestrebt,
die Geselligkeit unter den Mitgliedern eu pflegen. Das im voqährigen
Berichte erwähnte Gesangskränzchen , verstärkt durch andere gesangs-
kunflii^e und gevan^.'^ frohe Mitglieder, und besonder«» die unermüdliche
Thiiti/^dvt'it de«! .Au.s.schussinitj,'li<'des l'rof. Wotta, der für den heiteren
Theil surgte, übten eine bcjioudere .\nzit hun>;skraft. Auch diesen Herren
sagt die Vereinsleitung den heizlich»ten Dank.
yZu unser aller F^ude entwickelt sich unser Vereinsoiq^, dem ein
gleich» nirgends an die Seite gestellt werden kann. Unsere Mitglieder und
unaer Verein sind auch dort recht oft vertreten, und somit trftgt die seiner-
seitige Begründung unseres Vereines durch den Berichterstatter reiche
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Vereinsnachricbt'en .
81
Früchte. Hit betten WCneeken für eins fernere Gedeihen nntere« Vereines
sei hieroit der Jahresbericht des Obmannes geschloeMn.*
Maehden sich der lebhafte Beifall, der den AnsfQhrnngen d^ Ob*
munes folgte, gelegt hatte, errtattete der Sftckelwart Prot J.Skobielski den
CMS9b«Flelit über das Tlerrte VereliuiJalir 1895/96.
A. Einnahmen:
1. Oasserest vom Yoijahre 8 a. 97Vs kr.
». 100 voUe Hitgliedsbeitrftge (1 für 1898/d4, 5 ftlr 1894/95,
94 für 1896/98 nnd 8 hiUbe fllr 1895/96, 1 ganaer Bei-
trag für 1896/97) «04,— ,
3. Zinsen von der Spazeaaseeinlage 3 „ Ol ,
4. Aas der Sparcaaw behoben 60 , ^ ,
Zosamroen . 870 fl. 98Vt kr.
B. Ausgaben:
1. Höldera Verlag 118 fl. 90 kr.
2. Verwnltnngsauslagen (darunter 1 000 Stück Briefpapier
und l< ()0 Stuck ConvfTfM mit Druck) 30 , 18Vt .
3. Entlohnung der .':?chulUiener 13^ — ,
4. Sparcasseeinlage 80 ^ — „
5. Jahresbeitrag fiir den Comenius- Verein G „ — ^
6. , ^ , Supplentenverdn (Wien) ... 5 , — ,
7. Gine Ankfindigangstafel 1,— ,
8. Bnehbinderarfaeiten I«i60 ,
9. Zinsen Ton der Sparcasseeinlage 8 , Ol ,
10. Beitrag f&r Auslagen der Redaction der „Mittelschole* 8 , — ,
Zusammen . 866 fl. 69V» kr.
Ausgleich;
Summe der Einnahmen 270 fl. 98Vt hr.
Summe der Auigaben 865 , 69Vt »
Best im Baren . 15 fl. 29 kr.
In der Sparcasse 168 ,14 ,
Stand des Vermögens 177 fl. 48 kr.
Darauf yerlaa Prof. Kozak den Bericht der Rechnungsreviaoren
über die vorgenommene Prüfung der Oassegebarung und stellte den
Antrag, dem Aiis.-icliu^so das Absolutorium zu ertheilen.
Dir. Fanstmanu Itemerkte, der KechensM^hafts- und Ca-^-eUericht
zeigen ein so erfreuliches Bild den Fortschritte-s, dwsa die Vereinsversa-inin-
lung Veranlassung habe, dem Ausschüsse nnd besonders dem Obmanne
den Dank ansnisprechen. Er stelle daher den Antrag, mit der Ertheilung
des Absolutorinms auch den Dank an Totieren.
Nachdem dies unter lebhaftem Beifalle geschehen war, wurden die
Neuwahlen vorgenommen.
Während der Wahlprafung hielt Prof. 8. Lederer (Radauta) den
angekandigten Vortrag:
„Olympia*'.
Er streifte kurz die Geschieht*? der uralten Fp^'tstätte und führte
dann vermittelst des elektrisch erleuchteten J^kioptikona die Trümmerstätte,
„Ölten-. Mlttotiehnle". XI. Jshif. 6
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Vereinmachrichteii.
wie sie jetzt aussieht, die Reconatruction nach Thiersch vor und zeigte den
andächtig hiuschenden Zuhörern die wichtig^sten im doiti^pn Museum be-
findlicbert Sculpturen nach Aufnahm^T), die er an Ort und Stelle b&sorgt.
und zu denen er die Diapositiv? selbst an<»ef«'rtigt hatte Der Dank des
Obmannes im Namen des Vereines und lauter Beifall folgte den schönen
Ausführungen.
Nnninehr gaben die Wahlprüfer Scriptor Dr. Boeher und Prof.
Dr. Bninp da* Wahlergebnia bekannt. Denunfolge besteht nunmehr der
VereinaanöehiMi um folgenden Herren Proff.: Dr. Anton Polüsehek,
Obmann (wiedergewählt), Anton Romanovskj, Obmannstellvertreter
(neugewählt)i Nikolaus Ustyanowicz, ObmannatelWertreter in RndautSf
Hieronymus Muntean, Obmannstellvertreter in Suczawa (wieder-
«▼ewäblt). Dr. Alfrtnl Tawlitschek. Schriftführer (neuofowählt), i»r. Josef
Frank, Öäckelwart, Otto Mayer (neugewühltj, Dr. Daniel Werenka.
Josef Wotta und Hugo Zukowski (neugewäblt). Zu Rechnungsprüfern
wurden die Herren Schulrath Limberger und Prof. C. Kozak wiedet-
gew&hlt.
Uet Obmann dankte f&r das beaondere Vertrauen» das ihm die Ver-
Hummlnng dnreh seine Wiederwahl bekandet habe; er dankte anch dem
IKr. Faustmann für des-sen Antrag und Worte der Anerkennung, ver*
Rprach, dem Wohle des Vereines alle Kräfte su weihen, und richtete an
alle .Mitglieder die Bitte, den Verein, der SO manche Erfolge auftnweisen
habe, in ihr Herz zu schließen.
8iebeiiiinildr«i8igste Yersammlnng.
(Mitgetheilt von Prof. Anton Sauer [CKernowitz].)
(Sncsawfl, am 7. NoTOmber 189&)
Unter den zahlreich erschienenen .Mitgliedern hatten sich eingefunden
der Herr Landes-Schnlinspector Dr. K. Tumlirs, 6 Professoren ans Cter-
nowitz, 2 Professoren ans Kiulautz und 4 Gäste.
Nachdem Dir. v. Kepta als Hausherr und Prof. H. Muntean als
Obmannstellvertreter des Vereines in Suczawa die Versammlung und ins-
besondere die Gäste aufs herzlichste begräbt hatten, hieit Prof. B. Bumbac
(Suczawa) den augekündigten Vortrag über:
„Die Verslniiist im RamUseben".
In der Einleitung wies er hin auf den großen Voealreicfathamt über
den die mmftniiche Sivrache verfOgt^ und auf den Wohlklang, dex ihr daher
eigen ist. Im Anschlüsse daran behandelte er den Hiatus und die Ter«
schiedenen Mittel, die der Sprache sugebote stehen, denselben zu ver-
meiden, ferner die Quantität, die eine accentuierende sei, weshfUb sich die
Dichter gesüUten, statt des Spondeus den Trochäus zu setzen.
Im Haupttheile bespricht der Vortragende 7Aierst die Eiij^enthümlich-
keiten der Volkspoesie, vor allem den Heim uml die Keim-teilung', die
Assonanz al» Ersatz für den Keim, die Arten der Ver^^übe und den Mrophen-
bau. Dabei stellt sich ein üntersdiied hwans twisehen den Volksliedern,
die bestimmt sind, gesungen zu werden, und den nur fSr den Vortrag be*
stimmten. In ersteren sind nur Verse von vier und von drei Troch&en
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VereiBtnachrichten,
83
gebräuchlich. Di«* Freiheit im Biuie derselben i&t so groQ, dana selbst
Jambfrn mit trochili.scher Betonunjj^ j2r<*braucht worden dürfen; nur inn»s
der letzte Fuß trocimüch aeia und die Ansahl der Öilben mvm gldch-
bleiben.
ia den Dichtungen, die nicht gesungen werden (liochzeit^oialiuueo,
ZaoberfonDeln, BMlnela) wedneU Mch di« Silbeonhl, nnd oft «rkennt
man nnr ant dem Reiine, dum maa ca mit Venen sa thun haik. Der Vor»
tragende weist diet an Tielen reeht beteifiliaendett Beitpielen naeh.
Die Knnstdiehter der ftlteiten Literatorpertode nelunen nnf die
ESgenthümlichkeiten der Volkspoesie keine Rücksicht, weil sie ihre Bil-
dung in den lateinischen Schulen des Auslandes erhalten haben. Als die
hervorragendsten Dichter dieser Art bezeichnet der Vortntorendo den Me-
tropoliten Dosofteiü (Lk)'!itheTis), »einen 2feitgeQ0wen den SStaatamaan
Miron Costin und dessen >ohn Nicoliii.
Uoäofteiü dichtete in sechsfüßigen Trochäen, die iu der Mitte eine
Diäresis hatten. Die Keimstellang ist oft kunstvall, der Hiatus ist sorg-
l<ig vennieden. Sein Zeitgenone miMt die Yene nieht nach VenAlOen,
sondern er lAhlt nnr die Silben. Am bAnfigKten sind Verw mit IS Silben,
die darch eine Diftreds naeh der riehenten Silbe in twei Theile aer&Uen.
Auch hier Terdeuilicht der Vortragende seine Aosfllhrangen durch eine
glfickliebe Auswahl von Beispielen.
Eine neue Richtung habe sich, so schließt der Vortragende, durch
den Kinflus? der Griechen aus dem Banat bahngebrochen. Daräber stellt
Fro£ ßumbac einen weiteren Vortrag in Aussicht.
Lebhafter Beifall folgte den interessanten Ausführungen.
Der Obmann Prof. Dr. Polasche k dankt dem Vortragenden datur,
daas er der erste sei, der ein Thema Aber die Landessprachen gewählt
habe. Und gerade dies sei ein umso glfieklieherer Griff, da ja der Vor*
tragende als Voiksdidhter einen Namen sich erworben habe. Es sei an
wflnschen, dass weitere Uinliche Themata folgen.
Herr l^indes-Schulinspector Dr. Tumlirz folgert aus dem Umstände,
daiH im VoUnliede ein jambisches Wort trochäisch betont wird, da^s in
der Metrik ge^en Scherers Ansitht <)-r Takt die Hauptsache «ei. dem
fcich das Wort fü^ n iDüsse. und nur der ^(.-wandte Dichter ver-^fh»^
Wörter zu finden, die man dem Takte einfügen kann, ohne ihnen Gewalt
anzuthun.
Er spricht auch die Vermuthang aus , dass die sUehoi poliUkoi der
nrndUiisehen VoUnpoeiie künnten aom Master gedient haben.
An der weiteren Debatte, die sich samtheil aiemlich lebhaft fjeslialtete,
betheiligten sich noch die Herren Proff. H. Hnntean, L. Vicol, E.
Popovios nnd der Obmann.
Im Schlnssworte Tertheidigte der Vortragende seine Ansichten gegen
geftoßerte Bedenken.
Auf den wissenschaftlichen Theil folgte ein geselliger Abend in
Langer^^ üotel . fU r unter ernsten und heiteren Beden in fröhlichster
:>timmuQg bis lt 'n Mitternacht währte.
Sonnta«r taiuien Ausflüge nach den wichtigsten historisch denk-
würdigen Stütten sUtt, wobei die Herren Proft Dr. Dasakewics und
Regiemngeeoauaissftr Tarangnl die Ffihmng fibemahmen.
6*
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84
Vereinniaehriditeii.
(Mitgetheilt vom ScbriftfUirer Prof. Dr. Alfred Pawlitsohek.)
Achtanddrei^igste YereinsTersammlang*
(17. Deooniber 1896.) .
AnwMeod SG Mi^Ueder, darunter die Directoren Soluilfath KlanBor,
Mandjczewski und Faastmanik.
Nach BegrttßuDg der Anwenenden meldet der Obmann Prof. Dr. Pola-
Bchck als neu eingetretene Mitglieder folgende Herren an: Caltm-ingenienr
Joh. Blaschke (Landwirtschailliche Mittelschule Czemowitz), Turn-
lehrer Tiissner (Czernowit;'. (lyinnasiwm), Suppleiit Etnil Malachowski
(Suczawu), Hauptlehrer J^iniilian Popowicz (Lehrerbildungsanst^ilt C/er-
nowiU), Gymnasiallehrer ;::)eyenn ri okopowicz (Su(^wa) and ISupplent
Dr. ß. Segalle (Realschule Czemowitz).
Hierauf theilt er mit, dass er an den Reichsrathsabgeordneten Landes-
hanptroaan La pal ein ^Schreiben gerichtet habe, worin er ihm fär «eine
wohlwollende Haltnng in Angelegenheit der GehaltBregnliening im Budget«
anaachoBBe gedankt und ihn gebeten habe, auch im Plenum fOr die
Wünsche der MittelBcbnllefarer einzutreten. Ein fthnliehee Schreiben lei
an alle Beidurathsabgeordneten Bakowinas abgegangen.
Ferner wendete er sich an alle Mittelschul vereine und den Supplenten-
verein mit der Bitte, die von un-orem Vereine in Grundzügen auafjearbei-
tete Dienst Pragmatik einem Studium zu unterziehen nnd da» Ergebnis
desselben bis Ende Januar vorzulegen. Mit Berücksichtigung allfälUger
Abänderungen hätte dann unser Verein die ganze Dienstpragroatik beim
VI. MittelBchttltage in Wien su vertreten. — Ffir den zu Oatem in Wien
stattfindenden MittelBchultag sind von uns schon drei Themen angemeldet:
«Die Dienstpragmatik", femer ein Vortrag Dr. Perkmanns »Über die
Verbesserung der Methode in dem Elementarunterrichte in den
classischen Sprachen" und ein Vortrag des Obmannes Prof. Dr. Po-
lasche k „über eine Reform der Prüfungen der Lehramtscandi-
daten für Mittelschulen".
Nach diesen Mittheilungeu tritt <ler Obmann den Vorsitz an den
Obmannstellvertreter Prof". Komaaovsky ab und erstattet den
„Bericht des Sonderausschusses zum Studium der Auftoahms-
ppAfUngen in die lAhma dassen dw Uttelsehiden".
Der Aussohusa, welcher aus 80 Mitgliedern bestand, hielt unter Vor-
sits des Vereinsobmannes sieben Sitsnngen ab. FQr die etnaelnen Gegen-
stttnde worden Referenten bestellt
Es sei im vorhinein bemerkt, dass es in allen Fällen, wo die folgen-
den Aufstellungen nichts enthalten, bei den geltenden Vorschriften su ver-
bleiben hat.
1. Bei der Behandlung der in Keile stehenden Krage handelte es sich
7.UDäch«t om Gewinnung gewisser Leitsätze, nm eine Kicht-schmir für
da» Ausmaß der Forderungen bei den genannteu Prüfungen zu (tchaÜ'eu.
Denn es liegt die Gefahr nahe, da« man zuviel, aber auch su wenig for-
dere. Das erste kann der Priifling nicht leisten, im letsleren Falle ist aber
der Offentliobe SchQler benachtheiligt. Das soll umsoweniger geschehen,
als der öffentliche Unterricht doch die Regel, der nicht öffentliche aber
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Ydreinanaclirichtoii. 85
Aufnahme isL Da aber verschitnlene Gninde denkbar «ind, dio c? ver-
öchuKlen. da«« der fitfont liehe UnUnricht bis zu ciiitMu ;;ewi-M n /"ii punkte
des zu voilendenden Studiums nicht genoüseu werdeu könnt**, und die
Möglichkeit ja auch vorhanden sein niius, Fehler oder Übereilungen in
den EntachlieOnngen der nachaten AngehSrigeu solcher Scbüler wieder
gounmacheii, so ist ee nur recht und billig, du« auch fQr solche Fälle
ganz bestimnite PrQfnngsnormen an^^estellt werden.
Die Sache Iftast sieb Sbxigens noch bestimmter fassen. Wer kann
überhaupt in den Fall kommen, eine AofhahmsprQfiing in eine der höheren
Cla^'^en 7« machen? Abgesehen von jf^nen Schülern, die beim »ertntte
von einer Anstalt an die andere nach dem Or>;anisation>ent würfe § r»l . 2
ein-T AufnahmsprüfnnfT (am Gymnasium unterzogen werden können, lassen
üicb im allgemeinen 2wei Fälle unteiKeheidea.
Es können solche Bewerber gein, die a) nie eine öti'entliche Anstalt
besocht haben und sich auch nicht doreh ein staatsgiltlges Zeugnis Über
suHiokgeleffte Studien ausweisen können, b) solche, die «war durch Staats-
giltige Zeugnisie belegte, aber aus irgend welchen Gründen unterbrochene
Studien nachweisen können, wobei sich die Unterbrechung a) nicht Uber
swei Semester und ,>) über mehr ab zwei Seraester erstreckt.
Es Ui ancfenscheinlicli . ditsa die Prüfung eingehend sein muf« bei
Aut'nahmswerbern. die nie eine öffentliche Schule besucht haben, oder die
ihre ötudien durch liinger als zwei .Semester unterhroclieu habpn; nament-
lich bei Schülurn ersterer Art wird sidi die Prüfungscomuii.sijion über-
zeugen mütiüen, ob sie in den eini^elnen ünteiiichtsgegenständen einen dem
Lehrplane entsprechenden sjstematiwben Stndicngang durchgemacht haben.
In diesem Sinne hat sidi anch der läonderausachuss entschieden.
Hier entsteht aber schon eine Frage. Ist bei aolchen Schalem, die
sich mit staatlichen Zeugnissen über absolvierte Clas-sen einer Mittelschule
ausweisen kAnnen, eine Vereinfachung, besiehungsweise eine Krleichterung
der Prüfung gej^enübcr solchen S^chnlern möglich, die nie eine öftentliche
Anstalt besucht halten und sieii auch nicht mit Zeugnissen über absolvierte
Clasüen einer MitteUelnde ausweisen kimnen?
Der AuRschusis nei^^f^te »ich foly^euder Auffassung zu. Wenn ein Schüler
eine Clasee mit günstigem Erfulge absolviert hat, so kann er diese Classe
nach einer swei Semester nicht fibenteigenden Unterbrechung ohne Auf-
nahmsprQfnng wiederholen. Will er dagegen in eine höhere Classe auf-
steigen, so bat er sich einer Aufnahmeprüfung sn unterziehen. Jedoch
kann ihm bei der Anfnahms Werbung in die nächst höhere Classe die
Prüfung aus den Gegenstanden, in denen er mindestens eine befriedigende
Note hatte, erlassen werden. Eine Begründung i.st weiter wohl nicht nöthig.
Fasst man also zusammen, so ergibt sich Folgendes:
Besonders eingehend zu prüfen sind soh he Aufnahms-
werber. die nie eine öffentliche Schule besui lit, oder solche,
die durch länger aU zwei Semester ihre Studien unterbrochen
haben. Solche Schüler, die sich über absoWierte Classen einer
Mittelschule durch staatsgiltige Zeugnisse ausweisen können,
sind in der eben angeführten Weise su behandeln.
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86
Vereioanacbrichteii.
Anhangsweise sei beuierkt. da.^-s im .^^muo des Org^niflat imsentwurfes
§ 61, 2 ein besonderes Augenmerk auf solche Schüler zu richten sein wird,
die von fremdeprachigen Anstalten kommen. Wenn ei den einzelnen Lehr-
kdrpem frentebt, Schüler von anderen gleicbspracliigen Anstalten, fiüU
sie die Anstalt wechseln wollen« einer An&ahmsprflfung m nnterneben,
80 wird die Aufnahmsprfifung xnr Pflicht bei Schülern, die von fremd-
sprachigen Anstalten kommen, weil neben der nicht vorhandenen Be-
herrschung der Unterrichtssprache uucb noch va, bedenken isti dam aoeh
vielfach i\\9 Lohrpläne nicht völlig übereinstimmen.
II. Wer soll prüfen?
Katur^emilß gibt es hier nur zwei Möglichkeiten. Ka prüfen entweder
die Lehrer derjenigen Cloase, für weiche der Autnaiimswerber die Prüfung
macht, oder die Lehrer der n&chtt vorhergehenden Classe. Die gellenden
VorBchnftok entscheiden im ersteren Sinne.
Es ist gewiss nicht zu lengnen, dass Gründe für eine solche Entp
Scheidung vorbanden sind; snnüchst ein praktischer, die Stabilitftt der
Lehrer, da ja zu Beginn des Schu^ahres Versetzungen in der BeK^l nicht
vorkommen, wohl aber am Ende des Scbu\jabre8, und dimn ancb ein
didaktischer, der Lehrer soll in der Lage sein, da? Schülermaterial, welches
zuwachsen soll, selbst auf seine Reife prüfen zu können.
Trotzdom hat sich alier der Sonderausschuss dafür erklärt, dass die
Lehrer derjenigen Classe /u prüfen haben, die der Classse, für welche der
Prüfling Aufnahme heischt, uumittelbaj: vorangeht. Ka hätten n'iao bei-
spielsweise einen Anfiiahmswerber für die V. Classe nidit die Ldirer dieser
Classe, sondern die der IV. xa prüfen.
Diese Bestimmung als feststehend vorausgesetzt und weiter an-
genommen, dass die Aufnahmeprüfungen in der Regel nur zn Beginn des
Schuljahres abgehalten werden, ist es richtig, dass möglicher\vei^c es nicht
immer derselbe Lehrer sein wird, der im abgelaufenen Jahre den einen
oder den anderen Gefj^enstand in einer bestimmten Cla-si-^e jjelehrt hat, und
der zu Anlauft de.s nächsten tichuljahres die Aufnahnjsj)rüt"un^^ ans (iie.-veui
Gegenstände der genannten Classe vorzunehuien haben wird, weil, wie
gesagt, Versetzungen am häufigsten am Ende des Schuljahres und in der
Ferialzeit vorkommen. Allein dieser Nachtheil wird weitaus durch den
pädagogisch-didaktisch gar sehr ins Gewicht fallenden Vortheil aufgewogen,
dass gerade der Lehrer, der im abgelaufenen Schuljahre eine Classe geführt
hat, am besten imstande sein wird, den entsprechenden Maßstab bei der
Beurtbeilung des Prüflings zu finden, weil er doch vor allen wird be*
stimmen künnen, ob die vorhandenen Kenntniä.se des Prüflings den Kennt-
nisiien seiner vorjährigen Schüler entsprechen oder nicht, und weil er. der
vor kurzem den Lehrstoff der li*'trt'RVndi n « lasse durchi,'enoinmen hat,
auch in uiaterieller Hinsicht die beste Li e währ bietet, da.-^s er nicht zuviel,
aber auch nicht zu wenig von dem neuaufzunehmenden Schüler ver-
langen wird.
Bei einer solchen Einrichtung ist aber auch femer der Vortheil nicht
unwesentlioh, dass Unkhurheiten, wie sie jetxi, %. B. bei den Prfifongwn
hinsichtlich der Naturgeschichte und Physik in der III. nnd IV. Classe
der Gymnasien vorhanden sind, von selbst entfallen.
Fassen wir also zusammen. Die Prüfung haben die Lehrer
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Veieinoiaehrichteii.
87
derjenigen Classe vorzvinehiuen, die der vom Prüfling an-
gestrebten ClaüiiC unmittelbar vorhergeht. Sollte dereincoder
der andere Lehrer zu Beginn des nächsten Schuljahres nicht
mehr an der Anstalt eein, dann hat der betreffende Fachmann
der etwa bestehenden ParallelabtheUnng *n prüfen, in dessen
Ermanglnng derjenige Lehrer, der den Gegenstand im Vor-
jähre in der betreffenden Glasse gelehrt hat. Eine Ausnahme
von dieser Bestimmung findet nur dann statt, wenn einem
A ti fn ;i h mswprber aus welchen Grümlon immer die Aufnahms-
prniung vom hohen Ministerium tür Cultusi und Untorricht zn
einem aiußerordent liehen Termine, also während iles Schul-
jahres bewilli;:t worden sein sollte. Da m üsHtf n nel bstverständ-
lieh die Lehrer derjenigen Classe die Prüfung vornehmen, in
welche der Prflfling 4ie Aufnahme anstrebt.
IIL Zelt der AaftuümisprQftaiigeii.
Der Sonderansschoss entKhied «ich dafftr, dan diese Prfifnngen im
Sinne der geltenden Vonehriften (Organisationaentwnrf § 59, 1) va Anfang
des Schuljahren vor7unehmen seien. BesSgUch der Ausnahmen sei eben*
falls auf die diesbezüglichen Anordnunjjen verwiesen. IIülil, Nonnalien-
index S. 10 f) Insofern entfällt jede Begriintlung. Die Verlci'uni.^ der
l'riilung auf di'n Schhi.ss des Sehuljahre« würe nur dnnn fj^erri-iitfiTtii^t,
wenn den Aufnuhiuswerberii <lie VViederhüluntrs[>riifim<; aus einem Gegen-
^»tande zugestanden würde, wogegen sich aber die Mehrheit des Ausschusses
von Tomherein aossprach.
IV. Dauer der PrQIUng.
Der Amschnn hat sich einstimmig dafür aosgesproehen, daai ganz
bestimmte Fristen festzustellen sind, weil sich erfahrangegemftß solche
Prfifungen oft ins Ungebfirliche verziehen. In einem Tage können solche
Prüfungen wohl nicht zustande gebracht werden, weil ja fünf bis neun
schriftliche Arbeiten anzufertif^t n -»>in werden, Wohl aber nniss verlangt
werden, dass sie in zwei Ta^en vf)!l>tiuidi;4 ;ilit:fthati werden, und das
kann, - iweit die Zeit in .Anrechnung küiiunt, fihnt'wtMii'r^ ge««eh*»hen.
Dci Sonderauewehuss einigte sich nämlich dahin, erstens die mündliche
PrRfong darf in keinem Gegenstande länger als eine halbe Stande danem.
Nur besiiglich der claasischen Sprachen am Obergymnasinm wftre neben der
einstündigen übersetoang in die fremde Sprache noch eine halbstündige
schriftliche Übersetsnng ans der fremden in die deutsche Sprache antu-
fertigen. Der Ansschnn gelangte zu dieser Forderung, weil, wie die weiter
unten folgenden Normen über das Ausmaß des zu prüfenden Stoffes in
d'-n classischen Sprachen zeigen, besomler.'^ in den Obercla.«i^en zwei und
inu-h mehr Texte vorgelegt werden müssen und man aluo in einer lialben
Stunde nicht die Möglichkeit hätte, einstehend prüfen zu können.
würde in einem solchen Falle leicht geschehen können, dass ein Urtheil
gefällt würde, das weder den Kenntnissen des Schülers noch den Forde-*
rangen der Schule entspräche. Um also der Gründlichkeit der Prüfung in
den olauasehen Sprachen keinen Abbrach su thun, entschloes sich der Aus-
schnss, auch eine halbstündige schriftliche übersetsnng aus der fremden
in die deut^he i^prache zu verlangen. Eine halbe Stunde genfigt deswegen,
weil der Text rorgeiegt wird, daher das Dictat entfällt, und weil, wenn,
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VeremntadkriditeiL
wie vorausj^esetzt wird, eine cntsprochemle »Stelle ausgewiihlt wird, in
dieser Zeit soviel übersetzt werden kann. d;w« ein Urtheil über dUs Könneu
oder düd Nicbtköoneu gefüllt werden kann.
Die adiriftliohe FrQfiDiig hat tMt» der mOndlicbea voranzugehen,
weil dadurch das PrOfangsgeicbftft weaentUch erleichtert wird.
y. Was hat mit solehen Sehfllem zu saseheheB, die die
Aufnahmsprafung nicht bestanden haben?
ZwiefSftchea ist denkbar. Man weise tie entweder ganz ab, weil sie
den Fordernngon, die die Aufnahme an eine Mittelschule bedinf^en. nicht
cnt'^prnrhen , oder aber man nehme auf, natürlich nicht in die an-
gestrebte, sondern in einp ihren Kenntnissen entsprechemie niederere Classe.
Die erste Möglichkeit «teilt eich eigentlich dar als eine Schluss-
folgerung au« dem Umstände, dan der regelrechte Unterricht doch nur
der OffieiitHche Ist, daas dagegen ein dorch die daau bemfeDea Organe
nicht cotttrolterter Unterrieht, der erst dareh eine Aafaahmsprüfnng in
seinen Erfolgen fest^^eätellt werden soll, die Annahme bilde. Indes glaubte
der Ausscboss, daas die Abweisung eine an große Härte fttr den Betroffenen
wilre. der sich durch die nuf sich {genommene Prüfung" als Ziel die Auf-
nahm*^ in die betretl'ende Anstalt setzte, und dasis man ihm daher auch
dann die Aufnahme nicht versagen könne, wenn er in einem oder auch
mehr Gegenständen der Aufnahuü^prüi'ung als für eine bestimmte Cla^e
nnreif befanden wurde.
Es konnte wdd dngewendet werden, and die Erfahrnng bestfttigt es,
dass Schaler öfter Aa&abme in Claswn anstreben, l&r die sie sich Ober-
haupt nie vorbereitet haben, lediglich in der Erwartung, man werde sie
«war nicht in die angestrebte, aber jedenfalls nicht in eine viel niedrigere
Claste versetzen.
Auf diese Weise hätten sie sich eigentlich die Autnahme in eine
Ciasse erschlichen, in die aulV'enommeu zu w*>rden sie /war rechneten, in
die sie aber nicht eigentlich aut Grund ihrer Keaninisse gelangt sind.
Dievem Einwurfe lässt sich aber leicht dadurch begegnen, dass, wie ein
Blick auf das spftter Torsaf&hrende Normale se^, nnmnehr der su
prüfeude Ldmtoff för jede Classe bestimmt ist, dass es daher leicht ist
fesfamstellen« in weldien Partien der Prüfling Lücken aufgewiesen hat.
Auf Grund dieser Erwägungen er*^ab sich also bezüglich der bei der
Aufhahmsprüfung durchgefallenen Schüler folgende Richtschnur:
Da nach dem aufgestellt en Normale der l' in tan»? zu
prüfenden Lehrstoffes für jede Olasse genau festgestellt ist.
wird es nicht schwer fallen, die Classe bestimmen, lür
welche ein Prüfling, der in einem oder mehreren Gegenständen
nicht entsprach, anfannehmen sein wird.
TL Die wichtigste, aber auch die schwierigste Frage, nm die es sieb
bei den AufhahmsprUfungen handelt» ist die nach dem Umfaiiffe des za
prüfenden Lehrstoffes.
Hier kann leicht ein Missgriff geschehen entweder nach der Seite
des Zuviel oder nach der dts Zuwenig. Im ersten Falle wird die Priitung
unra<»glich, im zweiten entbehrt sie des uüthigen Ernstes, und sie wird
überdies noch zu einer oüeneu Benachtheiligung der öffentlichen Schüler.
Beides soll aber vermieden werden.
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Yereinsnachricbteu.
Am. hatten scfaeint tnaa der BMntwortmig dieser ochwierigen Frage
afthe «n komneii, wenn' man ncfa ranfteliii über den Zweck der Auf*
nalinisprüfunf^ klar su 'werdeu nucht. Der besteht douh olfenbar darin,
dass der für eine bestimmte flagge die Anfnahme heisch' it le
Prüiiing soviel Kenntnisse \in<\ eine solche «▼ei^*i£»e Ueile mit-
bringt, dass Audtiicht vorhiinden ist, er werde Ueuj Unterriclite
dietser Cluäse erfolgreich tolgeu küiinon.
Was zunächst die geistige Reife anbelangt, so war der Atuschuas der
Anweht, (lag* sie nicht nnf Omnd der thataAchlichen Kenntnisse in den
eioaelnen Qegenstanden, so nahe e« anch li^n mag, benrtheilt werden
dart Denn dann liegt die Qe&hr nahe» dasi die Fordernis mn todter
Buchstabe bliebe, weil es sich doch in erster und letzter Linie nur um
positive Kenntnisse handeln würde. Besitzt sie der Prüfling in dem einen
oder dem Jin(1»*ren (leo^enstande nicht, dann wäre er elien crei«tij^ nnroij.
wiiß nothwendig ein Fehlschhiss wäto. weil ja z. ß. die geistige Reife ganz
unabhängig ist etwa von Detail ki üntnis^cii in Unterrichtsfächern, die 6s
mehr mit dem Gedächtnisse zu thuo haben.
Es ist eben die stoffliehe Versohiedenheit der Unterrichtsgegenttftnde
nnd die Art und Weise ihrer Behandlung, die an sich der formellen
Schnlnng des Geistes dient und bis su einem gewissen Grade die so-
genannte allgemeine Bildung bedingt.
Auf Grund dieser Erwn.gungen stellte also der Sonderau^chuss als
Zweck der Prüfung hin Feststellung positiver Kenntnix>ji' in den
einzelnen ünterriuhtsgegriistilnden nnd Feststellung der gei-
stigen Reife. Die ersteren nm^ou gcwis.seriiiiiL>en iils uiatcriclle (jrund-
lage unbedingt vorhanden »ein, die ieuterc aoW aber die Gewähr bieten,
dass der AnfmhmBwerber auch geistig befähigt ist, den Forderungen der
Schule an genfigen.
Wir gehen nun Uber sur Feststellung der positiven Kenntnisse und iiaben
daher jetzt genauer den Umfang der vorzunehmenden PrQfung anzugeben.
Zunächst einige allg^neine Erwägungen.
Vor alltin scheint es von selbst einleuchtend zu sein, da.s^** e^ bei-
jäpieLswei.se bei der Aufnahn»e, «igen wir. in die VII. Claaee der Mittelschulen
aus rein prüfungstechnischen Giitud<-n unniüglich »ein wird, die Prüfung so
vorzunehmen, dass der l*rüfling über den Gesammtstoli ulier vorangegan-
genen Giemen in jenem Umfange Rechenschaft geben müaste, wie ihn der
Öffentliche Schfller, als er sich auf dieser ünterriohtsstufe befand, beherrschen
mnsste. Bei der vom Sonderansschosse gestellten Forderung fiber die Dauer
der Prüfung wäre ein solehei Vorgang auch gar nicht möglich.
Nun werden wir aber durcli die t^iiche Erfahrung belehrt, dass
auch der üffen* liehe Schüler. d»'r doch einen Jahresuntcnicht für jede
Clause aufzuwei>en in der Lage ist, nicht imstande ist, in dem oben er-
wähnten Ansinaße jederzeit Rechenschaft über den l'ntei i ichts'toff aller
nichl unnnlteii)ar vorhergehenden Classen ablegen zu können. Hier setzte
der 8onderau8schu88 an: Was für den einen recht ist, darf f&r den anderen
nicht zur ünbilligkeit werden.
Bi ergibt sich also zunächst, dam im allgemeinen so manche Detail-
henntnüse nicht unbedingt sn fordern sein werden, weil sie auch bei den
Offiantlichen Schülern nicht ztwi unverlierbaren Kigentfaume werden.
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Vereinsnachricbten.
Hiemit wRre schon ein (Jesichtspnnkt gewoonen, der fireUick smiaclMt
in solchen Gef^enständen Anwttidaiig zu finden häüe, die es mehr mit
gediichtnismiißic(er Anotgrmin«^ z« thun haben.
Ks wurde auch erwogen, ob nicht vifilleicht im Hinblicke auf Gegen-
stände, wo eine Zweistufiojkeit vorhanden ist, eine Vfre: [if'achun«^ möglich
wäre, ob man also einem Prüflinge z. B., der in die Vi. Ciasse des Gym-
nasiums um Aufnahme MMuebt« sagen wir, ant Naturgeschichte oder
Geschichte jenen Stoff erlassen kann, der sieh in der Ghme wiederholen
wirdt fDr die er die Aufnahme heischt.
Wenn auch ein solcher Yorschla^ auf den ersten Blick nicht ohne-
weiters abzulehnen wäre, so konnte sich der Sonderausscbuss doch nicht
Rir eine volle I3eriicksichtif}rnng desselben erwärnit-n. Eine Außerachtlassung
solcher Gegenstände wiire umsowenif^er am Platze, als erstens dadnrch
der Aufnahmswerber ges;enäber dem öttentlichen Schüler bevorzugt er-
schiene, dem Schwindel Thür und Thor geütfnet wurde, weil ein solcher
Prüfling ohne die MOhe und die Arheit des öffiBnIlidien. Schülers schließ-
Uch dasselbe Ziel erreichen würde, nnd weil gerade auch der sweistnfige
Unterricht fBr die sweite Stufe so manches voraussetst, was nur auf der
ersten Gegenstand dea Unterrichtes gewesen ist. So z. B. hat man es in
der Naturgeschichte auf der Unterstufe mit reinem Anschauungsunterrichte
zu thun, in tien oberen Cla*>en dn<,'e<»pn i-^t der Unterricht wissenschaftlich
vertieit unter sorgfaltiger Benützung der auf der Unterstufe erworbenen
KenutDi£i:ie.
Hält man also fest, da.ss bei den im Sinne stehenden Auiuahms-
prüfungen unbillige Forderungen an den Aufnahmtwerfaer nicht gestellt
werden sollen, also nicht Forderungen der Art, deren Erfüllung auch bei
einem öffentlichen Schüler nicht vorausgesetst werden konnte, dass aber
der Emst der vorzunebmenden Prüfung es von selb^^t verlangt, dem Prüf-
linge solche Erleichterungen nicht zu schaffen, die das durch die staatlichen
Organe nicht controlierte Privatatudium beffehrenswerter erscheinen lassen
könnten :ih das öffentliche und jedenfalls mühsamere Studium, und er-
innert man >ich an <len Zweck licr Aufnahmspriitunf,', dass durch sie er-
härtet werden soll, ob der Prüfling sowohl seiner geistigen Ueife nach
als auch nach seinen positiven Kenntnissen in den eintelnen Oegenst&nden
befähigt ist, dem Unterrichte in der Glasse erfolgreich beiwohnen su
künnen, für welche er die Aufnahme heischt, so dürfte man nicht fehN
gehen, wenn man folgenden Vorgang zur Richtschnur werden lä.sst:
a) Die Gegenstände der unmittelbar vorhergehenden Classe
sind bei der Aufnahmsprüfunj^ in ihrem volh^n Umfange zu
prüfen; auf Gegenstände der fritlvrcn Jahre ist in dem Maße
z n rück /iu greifen, als rs /um Vcrsianauisse xind erspriel.i 1 io hen
1' ortarbeiten in den einzelnen Gegenständen und dem Ge!<ammt-
unterrichte nothwendig ist. Hier wird alao so manches Detail
entfallen, wie denn auch in Gegenständen, die sich in der Art
concentrischer Kreise erweitern, Erleichterungen geschafft
werden können. Dabei müssen aber e) grundsätzlich solche
Gegenst&nde, die auf einer vorangegangenen Unterrichtsstufe
einen gewissen Abschluss gefunden haben, Gegenstände der
Prüfung sein.
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Vereinanackricbten.
91
Es kann also nicht vorkommen, da^ z. B. ein Aufnahmswerber
in die ¥11. Clame etwa fifaer die im Untergymnasium gelehrte Physik
keine Recbensoliaft n geben bitte, weil er flir ■eine AnfiMbnuprilfling
dieeen Oegewtand einfiieb gant atreidien wfirde, und er in die Lege rer^
aetit wftre, ein Zeugnis zu erwerben, das Kenntniaee in einem Maße be-
•t&tigt. die ihm nicht eigen sind.
VI! VorbedingmigonfttrAiifiuüiflupraAiBgtn ans derChemto
und der Physik.
Bei der HeriUhun<r iles Prüfiinp.iütoffes ans der Chemie und der Physik
wurde im Sondeiausjacliuss»! die Fra;^e erörtert, ob in diesen Ge^enstünden
Tom Aut'nahmswerber niclit etwa eine d a roh Zeugutci8e belegte praktische
Th&tigfceit in einem cbemiacben oder physikaUscben Laboratorinm in dem
Sinne sa verlangen frftre, dam er sor Prüfting nicht soinlamen wftre, wenn
er sich nicht mit einem iolcben Zengnime ausweisen kOnne. Diese For-
derung wurde ursprünglich auch für die Naturgeschichte gestellt, doch
wieder fallen gelassen, weil ^ sich hier doch mehr um typische Objecte
handelt, die dem Gesicht!<kreise des Prüflings nicht fern li 'f»en.
Es ist gewisH nicht /.u verkennen, duss nanH-ntiu-li . z. in der
Chemie, wenig getiian ist. wenn der Piüflinj^ theoreti^di zwar die ein-
zelneu Vorgänge beschreiben und erklären kann, davon aber, wie das
Bipwiment in Wirklichkeit voitichgeht, keine Yorstdlong hat und auch
nicht haben kann, weil man ja praktische übnng von ihm nicht verlangt
nnd er vieUeicht anch nicht in die Lage kommen konnte, sie sn erwtfben.
Indes verhielt sich der Sonderamschius gegen diese Forderang doch
ablehnend, weil man dem Prüflinge etwas aufbürden wflrde, was er beim
besten Willen und vielleicht auch mit Aufwenilun£j {▼roßer Kosten nicht
bewerk^^t eiligen könnte, weil Zeugni.««e l»ei*?eV)racht werden könnten, die
einerseits den prüfenden Lehrer vielleicht schon insofern beeiDflussen
könnten, weil sie von wiäi^en^haftlich bedeutenden .Männern ausgestellt
wurden, und anderseits sich der Schfiler leicht dem Glauben hingeben würde,
da» ein anf was immer ffir eine Art — also anch aaf eine nnredliche —
erworbenes Zeugnis ihn weiterer M fibewaltnng in dem betreffenden Gegen-
stände enthebe. Abo ans ethiscb-pftdagogischen und ans praktischen GrOn*-
den sprach sich der SonderausMbnss gegen die Bmbringong solcher Zeug-
nisse aus.
Freilich, die Schwierif^keit gerade in den «genannten l'nterrichts-
gegenständen bleibt bestehen. Jedenfalls wird es im luteiej^e eines solchen
Prüfling gelegen sein — und darauf müh»te er von der zuständigen
Prüfungäcommi8«iiou im vorhinein aufmerksam gemacht werden sich
recbtseitig aneb um diese Seite des Unterrichtes in irgend einer Weise au
bekfimmem.
Tai Zur Mfkmg ans der Geographie.
Ancb bei den Bemihungen über die Geographie ergaben sich gewisse
&wflgangen, die wenigstens des Interesi^ wegen hier erwähnt werden
sollen. Es wurde nämlioh im SVmderausschuHse dem Wunsche Ausdruck
verlieh<'n, dass aus internationalen, beeonder^ aber aus patrioU.-«hen
Gründen dem geographischen Unterrichte lu^yoft.ru eine erhöhte Aufmerk-
samkeit zugewendet werden möge, als der Gegenstand selbständig be-
handelt, d. h. selbständig classificiert werde. Es stimmt auch mit den
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V ereiDfinachrichten.
Erfalirangeii, data die SenntmiiBe unserer SefaHler in der Oeo^raphie selbst
auf der obenten Stufe sebr viel sn wanschen ftbriglasun. Der Sonder-
ftotsehiiss hat dem Antrage, dass der geographische Unterrieht nicht unter
einem mit der Geschichte classifieiert werdev wohl zagestitumt, allein um
den ganzen Entwurf des Sonderauaschn^ges nicht zu g-efährden. wurden
nach dem g^eltenden Lebiplane die Aui'nahmsbedinpiTi<.'en festgestellt.
Nach diesen aUgemeinen Erwägungen folgt nunmehr das
Normale für die Ford<'iMin«z:on. <1ie bei AufnahnisprUfiingen an
Gymuasini nnd Realschuit ii in den einzelnen Gegen^ständen
und Olaääen an den Autuahnitswerber zu steilen sind.
Die im Sonderausschusse für diesen Gegenstand bestt'IItou Referenten
gaben die Erklärung ab, dass sie ohne AutOfisation der kirchlichen Obern,
die bisher ausständig sei, nicht in der Lage seien, V^orschläge zu erstatten.
IX. SprAclunx.
a) Landessprachen.
Bezüglich der Landeriäpracheu verkannte der Au!>t>chuiü> nicht die
große Schwierigkeit, die in der VieUprachigkeit unserer Reichsbälfte ihren
Grand hat In diesen Gegenständen mfisste nicht nur die größte RSckncht
bei der Anfoahmsprfifnng als Bichtschnnr gelten, ja gegebenenfalls mOsste
hier geradem die Befreiung von der Prüfung platsgreifen.
lYas die in der Bukowina gelehrten Landessprachen anbelangt, so
wurde vom Referenten folgende Erklärung abgegeben:
Der Lehrplan für die Tiandessprachen in der Bukowina ist erst vor
einem Jahre revidiert und festi:e3tellt worden, tjowohl dieser auch die
bestehenden Vorschriften erläutern die Frfi^'e der Aufnahmsprüiuugen in
zufriedenstellender VVeise, und es ist sonach nicht nothwendig, in dieser
Besiehnng irgend welche Ab&ndemngSTUrsefalftge xn machen.
Das nämliche gilt auch in Betreff der Aufnahmspräfungen in den
Landessprachen an den Bealsehulen.
Prof. J. Bumbaeu.
DMrtMriie Spraolie.
a) Am Gymnasinm.
Allgemeine Bemerkungen:
1. Die auswendig su lernenden Gedtdite sind nicht streng im Aus-
maße des Canons erforderlich, doch wird die Kenntnis der bedeutendsten
derselben verlangt.
2. D;i es nieht selten vorkommt. da>s Schüler, welche um die Auf-
nahme bitb n, nicht jene Lesestücko durchj^enomnien haben, welche in
dem an der An.stalt eingeführten Loi^ebuche enthalten sind, so gelte der
Grundsatz, dass dem Schüler wenigstens je ein Stück als Muster einer
Stilart (wie Enählnng, Beschreibung, Schilderung, Fabel o. s. w.) geläuBg
sein muss, dem um Aufnahme in die IV. Glosse Ansuchenden außerdem
noch die Kenntnis der bekanntesten deutsch«! Sagen, wie MibelungeUf
Kndmn.
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Vereuuuacbrichten.
93
3. Die Oithographie gelte alt erledigt mit dem Atwcfaluite der
11. Clause.
4. Schüler, eieren Mntt#»rsprach» nicht tlas D»'ut«iche ist, sind in den
«wei unter>ten Ciassen mit entsprechender Milde zü behandeln.
Ko amd im besonderen erforderlich für die Autnahme in die
II. Clause: Lehrntoli' der I. Claase (mit der oben unter 1. und 2. an*
gcfuhrlen BetefaiftailiQDg).
Fälligkeit, eine Meebenftblasg tu liefern.
III. Glaflie: Grammatik: Lehntoff der I. und iL Glame.
Lectüre und Gedichte: Lebrrtoff der IL Clame.
Aufsätze: Nachersählung und Beschreibunf^.
IV. Clane: Grammatik: LehrstniT der II. and III. ClaHe.
Lectflre: I^ehrstoff der III. ri.i».se.
Aufsätze: Nacherzählung, Bcik:breibung, Schilderung.
V. Classe: Grammatik: LehiKtoff der HL and IV. Classe, dazu die
Banptregeltt der Frotodie nnd Metrik and die ehi&oliateB nad
li&nfigBten Tropen und Figuren.
Lectnre: Anmahl am III. ni^ IV., danaeh jftuiptformen dei
PrcMastiles. Disponieren eines LesestQckes.
Aufsätze: Leichtere freie Aufsätze nach gegebener Gliederung
(Vftrpleich, Erkhlrnnj» %'on Spröchpn. Charakterschilderung aus
dem Gesicht.skrei--e des Schülers, wie der Schmeichler, der
Weichling u. h. w.j.
VI. Clab^e; Grammatik: Lebrdtotf der III., IV., V. Classe.
Leetfite: Lehrstoff der V. Glane (unerlimlieh Inhalt des Oberon,
MeBrias IV., Nibeloageatied, Gadmn, Beineke F^ehi).
Poetik: Lehrstoff der V. Claase.
Aufsätze: Freier Aufsatz mit angegebener Oliederong aus dem
Gebiete eines humanistischen Faehea.
VII. Classe: Grammatik wie für VI.
LectQre: Lehrstort' der VI. Cbist<e. dazvi ans der V. Cla.-vse Kenntnis
der wichtigsten cpiscbon iin(t lyriseben Dicbtuijg»arten und des
iiir die Aulnahme in die VI. autjdrücklich genannten Lehrstoffes;
femer im bewnderen Minna von Barahelm, Emilia Galotti,
Nathan.
AoMtM wie fllr TL
TIIL ChMe: Grammatik wie f i VI.
Lectüre: Lehrstoff der VI. und VII. Classe; im besonderen aus
der VIT. : Götz von Berlicbingen. Iphigenie» Ggmont» Wallensiein.
Maria Stuart.
Kenntnis der wichtigsten epiücheu und lyriüchen Dichtungsarten;
genaue Analyse des Baues der Iphigenie und der Maria Stuart.
Anfttoe wie ffir VI.
Gymn. Lehrer Dr. J. Ferkmann,
ß) An der ReaUchiile.
.\ufnahm8prüfung in die II. Classe:
Gefordert wird der grammati'^che Lebr«tot!" der I. Chi-se. d. b. rÜe
Wortarten, die Flexion des Nomens und Verbuma, der einlache Satz und
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Veremsnaebriehten.
seine Erweiterunt^ durch Attribute, Objecte und adverbiale Bestimmunfcen.
,\ll(fpmeine l^Pir"!n über die Orthoofraphie. Als schriftliche Arbeit: die
SViedergabe einer kleinen Erzählung. Vortrag von Qedicfaten nach dem
Canon.
(Bei der Prüfung von Schülern, deren iMuttersprache nicht die
deotadie »Ii, kann Ullige Bflokncht auf den Anadruck genommen werden.)
Anlbakniqprllfnng in die III. Clane:
Gefordert irird der grammatiicbe Ldiratoff der II. dasM, d. h. der
zusammengeaetKte Sats, die Satzverbindung, das Satzgefiige in seiner ein>
fachst^n Form. Bei der schriftlichen Prüfung ist eine ichon grOßere Nach-
erzählnncr zu verlangen. Lesebuch der II. Chisse
(Bei der Prüfung von Schulern, deren Mutter^prHche nicht die
deutsche ist, kann billige Rücksicht auf den Ausdruck genommen werden.)
Aufnahmsprüfung in die IV. Classe:
Zn iirDfen ist die tixammatik für die III. Olatse, alw der «mmmea-
gOMfene and sQHunnengetetrte Sata, das Sat^pefBge und die vertehiedenen
Arten der NebenafttaEo: Sabjecfciati, Oli^ectaats, Attribntifttie, Adverbial-
iStze, Verkürzung der Sätze, die indirecte Bede« die Periode. Genaue
Kenntnis der Orthographie und Zeichensetzung. Bei der schriftlichen
Pru!'nn(^ ist dem Schüler eine Heschreibunpf von einem Gegenstunde zu
geben, der ihm aiH dem gewöhnlichen Leben oder dem Unterrichte, be-
sonders d(»ni naturwis-senschaftlichen, bekannt ist; ein Vergleich oder öm-
gestaillung eines epischen Gedichteü in Pro:^. Lesebuch der III. Classe;
Vortrag voa Oedichten nach dem Oanon.
Aufnahmsprüfiing in die V. Chisw:
Grammatik: Stoff der HL nnd IV. Clane: Das Wichtigste ans der
Wortbildnngslehre, die eigentliche und nneigentliehe Zusammensetzung der
Nomina; Wortfamilie, Homonyma, Synonyma. Ferner das Wichtigste ans
der Prosodie nnd M< tr;k Grundzilge der Lautlehre und der Formenbildung.
Schriftliche l'rütung: i'pschreibung. Schilderung oder eine stilistisch
freie Bt-arheitung eines Stuckes uu.^ der französischen Leetüre.
Auinahmsprüfung in die Vi. Classe:
Grammadk wie in der V. Classe. Sonst der Lehistoif der V, dam.
Genaue Kenntnis der ▼ersdiieden^ Dichtungsarten, Leetüre epischer und
lyrischer Gedichte, sowie größerer Prcsastücke, genaue Kenntnis der
diarakteristischen Abschnitte ans der altdasrisehen Literatnr.
Freies Thema.
Aufnabui^piüfting in die VII. Classe;
Graniniatik wie t'ur die VI, Classe. Lehrstoff der V. und VI. Classe.
Literaturgeschichte für die VI. Classe. Kenntnis der altdeutschen Öagen-
kreise. Kenntnis der Lieder Walthers von der Vogelweide.
Auswahl aus der lyrischen Poesie mit besonderer Berficksichtigung
Klopstocks, Schulen nnd Goethes. Minna von Bamhelm, GOta, Maria Stuart.
Aufsata: freies Thema. Lesebuch der V. imd VI. Classe.
SuppL Bealschullehrer 8, Xänig.
c> Latein.
Der Unterricht im Untergyiunasuiin ist vorwiegend ein gratn!I>nti^;;•b<'r,
während im Obergymnasium die Grammatik nicht mehr öel bätzweck lät.
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Vereinsnacbrichten.
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Mdtrn nur ftb Ifitlel iniu Ifitcfaterm YentftndniMft der Antoren ni dienen
kni. Daher wird in den unteren Claasen dae Hauptgewicht auf sichere
Kenntnis der lateinischen Grammatik zu legen »ein, welche bei der Prüfung
nicht nur durch theoretische Kenntnis der rrrammatischen Rempln, sondern
auch dorcb richti*?e Übersetzung vom LateitüM^hen in die Unterricht«!-
!?prrfche und von di(\-.er in das Luteinischf nach£liwci^^,'n ist. In den oberen
Ciattd^n Dingden rubt das liauptgewicht auf der Leetüre. Das gramoiati&cbe
WiMen, das TOn der Y. Cla«e an im großen Oanaen alt abgeschlossen
gelten DOM, ist nun nicht mehr an der mflndlioben Obertetsang an« der
ünterrichtMpraehe in das Lateinitche to prflfSsn. sondern an einer tehrift-
liehen Übersetzung ins Lateinische nad an der Übersetzung lateinischer
Autoren in die Unterrichtssprache, wobei mehr Gewicht auf die Gewandt-
heit im über«etT,pn auch nicht früher «t;p! ebener St ürk^^ 7u Jpgen «pjn wird
als avit duji C^uantiHi) dvs vom bchiiler bereits Geleseiii 7i Dem Prr:fV»ni)''u
mvm hitbei grund«.it/,]ich dip Freiheit ^,'ew;ihrt bleiben, wenn er dies lür
nothwendig hält, auch auf die Autoren niedrigerer Classen zurückgreifen
tu können, damit der PrQf ling den Öffentlichen Schalem gegenüber nicht
bevorsagt ertobeine. Dietet Zorttckgreifen wird aber ichom aoi prttfuags-
teebnitcben Rficknchten hie und da nnterbleibea k(tenen» wenn der PrQf»
ling im Übersetzen eines tchwierigen Autort bereits größere Gewandtheit
teigt, wie s. B. bei Livim g^nüber Cämr und Cornelius liepos oder bei
IVmofthenes gegenüber Xpnophon im Griechisrhen. Dann wird abpr der
Prüfimg durch einzplne Kra^'cu über den Iniialt der von ihm aus jenen
Autoren angeblich gelesenen Stücke aiisziitorschen »ein, ob er dieselben
nicht doch ganz vernachlii«tiigt hat. Bei den ächiiftliciien Übersetzungen
in das Lateiaiiehe sind die ttilistitehen Schwierigkeiten nad der Omfaog
der Arbeit dem niedrigeren oder höheren Jahrgänge ansopaiten.
Danach wfirden bei der Anfnahmtprüfung in die eintelnen Chuten
folgende Anforderungen zu stellen sein:
II. Classe: Lehrstoff der 1. Chisae.
III. Classe: Lehrstoff der 11. Clafsp.
IV. Classe: I^hr^toff der III. Classe und öicherheit in der Formen lehre;
das Wichtigste an» der lateininchen S.it/lehr.' um Umfange der
II. Classe. Leetüre: Cornelius >«epoä oder Cuitius llufus.
V. Classe: Grammatische Lehrstoff der IV. Claase and das Wiebtigtte
aot der CSuutlehre; Ornndsflge der lateinischen Protodik nad
Metrik (Hexameter nnd Pentameter). ~ LectBre: Cftaars bell.
Gall.; Ovidf Metamorphoten (etwa 100 Vene; Haaptmche: richtiges
metrisches Lesen).
VI. Classe: Livius und Ovid (eventuell Cäsar).
VII. Ciasse: Livius, Cicero, Vergil, 8allust 'eventuell Ovid).
VIII. Cla8%: Livius. Cicero, Vergil (eventuell ^alluät, Ovid).
Prof Dr. A. VaiclUschek.
i) erieoUtoh.
Fflr das Griechische werden im allgemeinen dieselben Gmndaätze tu
gelten haben wie f&r das Lateinitche, nur mit dem Unterschiede, dass die
eingehende Kenntnis der griechieehen Satzlehre erst mit der VII. Classe-
als abg«sehloeien gelten kann.
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Yeremmaehriebten.
Die Auforderungcn fTir die einmhien Classan werden daher bei der
AnfnahmsprüfunGr folf^endo .sein:
iV, Clas^e: Lehi'<itoti' der III. Classe.
V. Classe: Die ganze Foriuenlehre und das Wichtigste aas der Syntax.
VI. Classe: Artikel, Casus nnd Präpositionen. — Xenophon, Horn. Ilias.
VII. ClaMe: Caeadehre, Genera de« Verbs, Tempora, Modi in nnabhfta-
gigen ä&tzen. Xenophon, Horn. Ilias, Herodoi
VIII. Clast«; Kenntnis der gamen Satzlehre. — Demosthenes, Homer (anoh
Odyssee), Heiodot (eTentaell Xenophon).
Prof. Dr. A, PawUUehek'
t) Miderw Spradieii.
Bei der AnfnahusprUfung in eine höhere Classe der Rea}8chQle hat
der Prüfling, der Unterrichtsmethode und dem Zwecke der modernen
Sprachen entsprechend, darsnthnn, dass er einen dem Lehr- nnd Lesestoffie
der vorhergehenden Clause entnommenen Text der fremden Sprache nach
der Leetüre, ohne vorhergehende Cbersetzung , im ganzen richtig ver-
standen hat. Davon überzeugt sich der prüfend«^ T,p)irpr ;mi srliTipn^tfri
durch einige auf den Inhalt des Gelesenen bezughabende, in der fremden
Sprache frestellte Fra^^en. Ein Aufnabmsbewerber, der die der Classe, in
die er autgenommen werden will, entsprechende Übung im Gebrauche der
fremden Sprache nicht bemtoEt, ist als ein Hemmnis filr den Fortschritt
der Classe entschieden xurflckzuweisen, da sich das in dieser Hinsicht Ver>
^nmte nicht nachholen läset Der Text wird auch hinreichende Gelegeiüieit
bieten, nm zu ermitteln, ob der Prüfling über hinreichende grammatische
Kenntnisse verfügt. Der Prüfling hat auf Grund einer der Stufe ent-
sprechenden schriftlichen Arbeit nachzuweisen, da,ss er den erforderlichen
Grad der Gelüu&gkeit im schriftlichen Ausdrucke erlangt hat.
I, Französisch.
II. Classe: Pns Wesentliclie aus der Formenlehre der einzelneu Rede-
theile mit Eiudchlu«s der HiUVzeitwÖrter etre und avoir und der
Verben auf — er. Ufindliche Beantwortung der Fragen ans dem
Sprachstoffe der I. Glease. Die sehrifUiche Arbeit besteht aas
einem Dictate über den durchgenommenen Lehrstoff.
III. Classe: Die V^erben auf — tV, —re und oii\ sowie die wichtigsten
uure<j:el mäßigen Vcrba. Leichtes Gespräcli über den Sprachstoff
der 11. Ciasse. Dictat oder schriftlich»' licantwortung von Fragen.
IV. Classe: Unregelmäßige Zeitwörter, das Fürwort, idiomatische Wen-
dungen mit unrp^elmäßijren Verben ]\Iiind liehe Nacherzählung
eines oder des anderen Leaestuckes aus dem in der III. Classe
vorgenommenen Stoffe. Dictat, Nachenfthlnng oder idchte Über-
setsung aus dem Deutschen.
V. Classe: Das Wichtigste aus der Syntax. Stellung der SatsgHeder,
Gebrauch der Zeiten, indirekte IJede, Subjonctif, einiges nos der
Verslehre, i^chriltliche Wiedergabe des bei der Prüfung Gelesenen
oder Übersetzung aus dem Dt ut^ilien
VI. Classe: Sicherheit in der Formenlehre mit Einschlus-s (Um- Ab-
weiehiingeu und Unregelmäßigkeiten. Gesteigerte Fordeninc: der
Syniu.x, besonders des Artikels, des Adjectifa. de.* i'roaomeui», des
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Vereiusnachrichten.
Verbs, Gebrauch der Präpositioneo and Conjonctionen. Besprechung
des Gelesenen. Schriftliche Übertragung einet era&hlenden Ge-
dichtes in Proea, ein leichter Aa£nU oder Obereetsottg am dem
Deutschen.
VII. Classe: Beherrschung der Formenlehre und Syntax. Der Prüflint;
hat über den Umfang der gepflogenen Leetüre Rechenschaft zu
geben. Ee wird eich empfehlen, Fragen Aber die ^nft&i^schen
Einrichtaagen, Qeichichte, Geographie nnd Calturgeschicbte, 80>
weit ue die Schollectflre betreffen, va «teilen. Die PrQfang wird
ausschließlich in der französischen Sprache TOrgenommen. A)e
schriftliche Arbeit ein freier Aaisatz, Inhaltsangabe eines gele^^enea
Stückes oder Übersetzunj^ dem Dcut^chon; (\i\hp\ wird be-
sondere ßücksicbt auf den Wort- und Phrasenschatz zu nehmen
sein.
Prof. Ä. Romajiovsky,
a. Englisch.
VI. Classe: Lehrstoff der V. Classe. Mündliche B«?Hntwortuii)< von
Fragen über den Lehrstoti des Vorjahres. Dictat, schriftliche
Nachen&hloiig einet durchgenommenen leichten Leseetfickee oder
überaetaang eines leichten aniamroenhftngenden Stflckes ans dem
Deatachea ins Englische.
VII. Clane: Die gesammte Formenlehre und Syntax des Verbs, des Pro-
nomens und Artikels. Einige Kenntnis der englischen Einrichtun-
gen, ri»<cliichte und Geognipbie, nnw^it si^* sich nm d<^r durch-
genommenen Leetüre ergibt. Die Prüfung wird in enirli'«cher
Sprache vorgenommen mit Ausnahme der auf Grammatik bezüg-
lichen Fragen. Schriftliche Inhaltsangabe eines soeben gelesenen
Stockes oder eines Ton dem tn Ptflfenden gelesenen Stückes atts
dem Stoffe der VI. Classe ohne Torheigehende Lesung des
Textes, Übertragang eines leichten ensüblenden Gedichtes in Prof«,
Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche oder umgekehrt.
Prof. A, Bomanov9k!f,
a) Am Gymnasium.
Im allgemeinen soll neben positiven Kenntnissen in beiden Fächern
auch jene geistige Keife constatiert werden, welche den Aufnahmsbewerber
in die Lage versetzt. df»m l'ntrrrirhte in der nächnt höheren Cla-;*-*» zu
folgen. Demf^enräl.i wiire mit Ziiu'riindf'1''^^nnq; d^s vory;p'«rhriehf»nfn I^rhr-
planeri dtets auf den Stotl' ibn- vonm;4üii« aden Clausen ziuuck2ugreil«_ n, wo-
bei selbstverständlich von der Kenntnis minder wesentlicher Details ab-
gesehen werden kanu.
Die bei der Prttfung zu stellenden Forderungen werden daher für
einxetne dassen ia folgendem Umfange Torgeechlagen:
II. Classe: Lehrstoff der 1. Clause.
III. Classe: Lehrijtotf der II. Classe.
IV. Classe: Da^ Wichtijfste aus dem für die IL und III. Classe vor-
geschriebenen Lclirstoft'e.
MÖsterr. Mittclacbul«;". XI. Jnhig. 7
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Vereinsnachrichten.
V. ClBase: Der ganze geographische Lehrstoff der drei vorangehenden
Clanen mit Beschränkung des Zahlenmaterials, jedoch mit be-
sonderer Berücksichtigung des Kartenlegens, und eine al!fr*»meinc
Orientierung in der Geschichte der drei Weltalter mit Üerück«
eichtigung der öisterreicbischea Geschichte, der Sage und Mytho-
logie.
VJL Clan«: AUjuemeine nnd CsterreiebMebe Geographie in dem lür das
Untergynrnariuni Torgeachriebenen AmnaOe mit Auncblum des
minder wesentliclien Zahlenmaterials, eingelmide Kenntnis der
Geschichte dea Alterthnms his zu den punischen Kriegen nnd eine
allgemeine Orientierung in der mittelalterlichen und neuen Ge-
schichte in dem fUr das Unteigjmnasinm vorgeschriebenen Um-
fange.
VII. Clai'Se: Allgemeine und öj*terrt;ichi»che Cleof^raphie wie für die
VI. Classe, eingehende Kenntnis der ganzen Geschichte de» Alter-
thums uimI eine allgemeine Orientieran^ in den Haupt partien der
Geiobichte der Neaiteit.
VIIL Clane: Allgemeine Geographie wie für die VI. Classe und eingehende
Kenntnis der Geschieht« der drei Weltalter in dem für dns Ober-
gjmnasium vorgeschriebenen Umfonge.
Prof. C. Kuzak.
b) An der Realschale.
Die AutuHiiuiäprüluugt'n üua Geographie und Geschichte an der KeaU
schale sollen mit allen Schalem nach den Bestimmungen des Lehrplanes
vorgenoinmen werden. Nur wäre m wünschen, dan man die griechischen
Sagen dabei eliminiert, und dan die Noten aus der Geographie von denen
der Geöchiclito in den vier unteren Olafen getrennt würden.
Nach dem Lehrplane fUr Realschulen ist für die 1. Clane aus der
Geographie vorgeschrieben:
Die Haupt formen des Festen und Klüs-igen auf der Erdoberfläche
nach ihrer ii.itiirliehen Beschaffenheit und jioHtischen Eintheilnn^ auf
Grund des Karteubiidea, Fundamentalsätze der matheuiatit<cheu und phjBi-
kallechen Geographie, soweit sie unentbehrlich sind und anschaulich er*
Ortwt werden können.
Bei der Aufnahme in die II. Classe ist demnach dieser Lehrstoff su
prüfen.
III. Glesse: Lehrstoff der II. Classe, und zwar aus Geographie: Specielle
Geographie .\frikas und Asiens. Übersicht der Bodengestalt, Strom-
gebiete und der Iiünder Kuropas. Specielle Geographie d'^ west-
lichen und südlichen Kuropa; aus (Jeseliichte: Altertliuu). liunpt-
sächlich die Geschichte der Griechen und Ilümer, mil besonderer
Hervorhebung des si^enhaften und biographischen Stoffes.
17. Classe: Lehrstoff der IILChuse, nnd swar aus Geographie: Specielle
Geographie des übrigen Europa mit Ausschlnn der Osterreichiach«
ungarisehen Monardiie; ans Qeichichte: Geschichte des Mittel-
alter;; unter steter nerucksichtigung der vaterländischen Momente.
V. Classe: Lehrstoff der IV. Classe, und zwar aus Geographie: Specielle
Geographie Amerikas, Australiens nnd der österreichisch -nngari-
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Vereinsnachrichten.
99
sehen Monarchie mit Bei-nckdichti^un^ der VerfuarongSTerh<niase
d€«i Kaiserstaates; aus Geschichte: Cberdicht der Geschichte der
Nf»n7.fit mit oinsjehender Behandlung der fie«( hichtt* von Osterreich.
VI. (jiasse: LehrstotV (Irr V. Clai»e, und zwar aii^ Geschichto : Geschichte
des Alterthuni«, namentlich der Griechen untl Hömer, mit be-
sonderer Hervorhebung der cultuihistorischen Mutiiente und mit
fortiriLhrender BerftdEiiehtigung der Geographie.
VII. Clane: Lebratoff der Tl. datae, und svar an« Geicbichte: Ge-
schichte dee Mittelalters und der Nenseit bis tarn westpULIischen
Frieden mit specieller Kik ksicht auf die öslerreiciiisch-ungarische
Monarchie and fortwährender üeräcksichtigung der Geographie.
Prof. Dr. Dan. Werenka*
a) Am Gymnasium.
Aufnahme in die
ii. Cla-sse: J^tntV iI-t 1. Glasse.
III. Classe: Lelu^toti der II. Cliisse mit Inbegrift* der Stellenwerte.
IV. Classe: Stoff der II. und III. Classe.
y. Clasae: Stoff der Itf. und IV. Clane.
VI. Classe: Stoff der IV. und V. Claase.
VII. Cbwe: Stoff der V. uud VI. Clasae.
Till. Ciasse: Stoff der VI. und VIT. Clause mit Einschiusa der wichtigsten
äitse aus der Geometrie der V. Clawe.
Prof. E. ü, Tamousiecki.
b) An der Realschule.
II. Clasae: Lehrstoff der I. Clasae.
III. Ciaase: Lehrstoff der II. Clasae, da in diesem schon jener der
I. Clasae enthalten idt.
IV. Clasae: Lehrstoff der III. Claswe, da in dirsfr ("l.i^se nebst der Algebra
eine Wiederholung des Lehrstotfea der früheren Ciasaen veriangt
wird.
V. Cla«se: LehrÄtort der IV. Ciasse, welcher jenen dn III, ClaMse
wissenschaftlich behandelt, und Aufgaben ans dem Bereiche des
bßrgerlicben Lebens.
VL Ciaase: Lehrstoff der IV. und V. Classe aus der Arithmetik,
« «V. Classe aus der Geometrie.
VII. Clasae: Lehrstoff der V. und VI. Claaae aua der Arithmetik,
, V. . VL „ , , Geometrie.
Prof. L. IhttdcL
a) Am Gymnasium.
Aufoafaroe in die
IV. Claaae: Wilrme und Chemie.
V. Claaae: Lehrstoff der IV. Clasae mit EinscMusa der Wärme und
Chemie.
Tl. Ciaase: Wie für die V. Ciaase.
7»
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100
VereiiMnacbriditeii.
VII. Clas-se: Ebenso.
VIIL Clause: ?tofF der VII. Cla-sse und tlie wichtigsten Partien ani dem
Stotle der IV. Classe auüer der Mechanik.
!NB. der Aufnahme in die IV. Classe prüft der Naturhistoriker auch
Physik.
Prof. N, Schwaiger.
b) An der Healscbule.
Anftwlmie in die
IV. Clasie: Lehrstoff der IQ. Glaase.
V. und VI. Clane: I«elirrtoff der III. nnd IV. Claase.
VII. dasBe: Lehrstoff der VL Clas!=!e, und zwar die Mechanik nnd die
.\ku8tik genau, aus den anderen Partif^n nur dasjenige, was zur
weiteren Orientierung und zum weiteren Verständniaae noth*
wendig ist.
Prof. L. llnicki.
"VX- ^flttu.rg««cbJ.clxt«.
a) Am Gymnasium.
Bei der Anfnabmspiflfong för die II. Classe ist über den Lehrstoff
der I. Classe zu prüfen.
Bei der Aufniihni-ipiütun^' für die III. Classe ist über den Lehrbtoft'
der I. und II. Ciasso zu prüfen.
Bei der Aufnahiusprüfung für die IV. Classe ist über den Lehrstoff
der Natnrgeschichto für die I., II. nnd III. Glosse und den Lehrstoff der
Pbytik für die III. Chuse sn prOfen.
Derselbe Vorgang ist bei der Anfnahmsprüfung fUr die V. Classe su
befolgen.
Bei allen angefükrtrn Prüfungen ist mit Rücksicht auf das Lehrziel
des naturrreschichtlichen Unterrichtes für das üntergymnasium (Lehrplan
vom 24 >hii 1892) die Bekanntschaft mit den im Lchrstolfe behandelten
Formen der organischen und unorj^anisehen Welt, auf unaiittelhare Be-
obachtun>f der Objecte gegründet, und einige Geübtheit iu der iirlasjsung
übereinstimmender nnd nnterscheidender Merkmale der Thier- undPflansen-
arton sa verlangen. Die PrQfnng ist deninach stets an Objeeten vonu*
nehmen.
Bei der Aufnahmeprüfung für die VI. Classe ist über den Lehrstoff
der V. Classe, d. i. Mineralogie und Botanik nnd außerdem über den Lehr-
stofF der Zoologie für die I. und II. Claa«e z« prüfen, weil beim natur-
geschtchtlichcn Unterrichte am Obergymnasium die in den Unterclas«en
ge^nniinelteu Kenntnii^se sorgfältig su benützen sind. (Instruction vom
Jnhre 1884, pa«. 034.)
Bei der Anfnahmsprüfung für die VII. oder VIII. Classe ist über den
Lehrstoff der V. nnd VI. Classe su prüfen.
Anch bei diesen Prüfungen ist mit BOeksicht anf das Lehrsiel nnd
die Aufgabe des naturgeschichtHchen Unterrichtes am Obergymna^ium
(Lehrplan Tom 86. Mai 1884) pag. 81, und Instmction hieau, pag. 322) an
Objeeten zu prüfen.
Falls sich die Prüfung auf einen Lebrstotf, der auf zwei oder mehrere
Jahre vertbeilt ist, erstreckt, so ist sie auf das Minimum des im Lebrpiane
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VereiusDachricbten. 101
vom S& Mai 1884 und von S4. Hu 1892 beseiclmeteii LehntoffSn ni
befchribikeD« wobei die Inttnictioiien m dieten LehrplAnen auch boBOglicli
der Anfwahl und Anxahl der Objecto ra berflcktichtigen sind.
Ftof. Dr, J, Frank.
b) An der Realschule.
\tiii der Auiiianiuo iu «iie 11. Classe i»oll der Stoff der I. Clabt»e ver-
langt werden.
Bei der Aafiiabme in die III., IV. und V. CIa«e der Lekrttoff der
I. und II. CIbmo.
In Anbetracht des Lehcadei der Naturgesebiobte Ar die tJnterreal-
echnle wird man aber nicht nnr Kenntnis der Objecte, sondern auch einige
Gewandtheit im Erkouien gemeinachafUidier nnd UDtencbeid^der Merk-
male verlan^fen.
Bei der .\ufnahnie in die VI. Claase soll der Stotf der V. und der
Ii. Ciasi^e gepiüi't werden.
Bti der An&abiae in die VIL CSane loll licb die PHIfun^ auf den
Stoff der Y., VI. nnd den dee ersten Semeeien der IL Claiae entreeken.
Findet die Prfifung Aber einen anf mehrere Jahre yertheilten Lehr-
stoff atatt. so werden auch an der Bealachnle jene Beschränkungen, welche
der Lehrplan und die Instructionen vom Jahre 1888 f&r die Gymnasien
Torechreiben, entsprechend so berQcksichtigen sein
Frof. J. Zyöaczyutki,
"VH. Cliena.ie an der £toaJ.öCjb.u.le-
B<»i der Atifnahmsprüt'unj? der Bchüler in die V. IJealclasse ist aus
der Chemie über den Lehi:<toll der Chemie auä der IV. Claiwe ku prüfen.
Bei Aofnahmiqprfifungen in die VI. Classe ramn der Prflfling den
Lehrstoff der Chemie aus der V. Clasie kennen und anch die für die
IV, Glesse vorgeschriebenen Kenntnisse ans der organischen Chemie nach-
weisen. Letztere Kenntnisse sind einestheils nothwendig, um ein gleichartig
Torgebildetes Scb&lermaterial im Unierrichtsgegenstande zu liaben, und
anderntheil-« auch zum YprstJlnclnis der in der Zoologie verlangten Kennt-
nisse der physiologischen Vorgänge bei der Ernährung u. w. unerläßlich.
Prot. ü. Pihuliak.
'V I 1 1. PhllOKOphlSHciKe PapopädsktAtUc suoo. G^7xaaBLSUBlu.]aau
VIIL Classe: Stoff der TU. Classe.
Ffir Bealscbnien entlällt ein Vorschlag, weil Propädeutik hie und da
nnr in der obersten Realschnlckuse unterrichtet wird.
Pjrof. Dr, PotoMchdc,
stellende G-eoj-taetrie an der IRoalsclivile.
Im allpfPmeinen ir^t auf dsw Wissen Rücksicht zu nehmen, nnr in
den unteren Clauen ic^t auch die IVrtigkeit im geometriitchen Zeichnen zu
prOfeo.
Prüfung in die III. Classe: Lehrstoff der IL Classe ohne Ein-
schränkung.
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102
Vereinsnachricbten.
In die IV. CUese: Lefarstoff der III. Classe ohne Eüuebrftnknng.
HiezQ Constrnctionaanfgnben und deren Begründung aus dem Lelintoffe
dßt ir. Cksse.
Für die V. Cla<?sc! Lehrstoff Jer IV, Cla'sse mit f^infr Finschräokung
der Lehre von den Kej^el^chnitten uiil' ihre iilli^emeinen Eigenschaften.
(Das ApoUouische Berührun^ssysteoi würe zu erlassi-n.) Hiezu Constructions-
aufgaben und deren Begründung aus dem Lehrstotic der IL und IIL Classe.
Graphische Kechuung»operationen. Der PythagoiAiscbe Lehrsatz. Pro-
portionen am recbtwinidigen Drdecke und am Kreise.
Für die VI. Classe: Lehrstoff der V. Claase eingehend und ohne
irgend welche Snsehrftnkung. Hiesu allgemeine Constraciionen und Con-
struction der ebenen Figuren ans den Mheren Glassen. Grundbegriffe der
Stereometrie aus der IV. Classe.
Für die VIT. Classe: Lehrstot!' der V. und VL t'lasse ohne Ein-
sduränkoBg. Uiesu Cozistructionsauti^aben aus den früheren Classen.
Prof. IV. Patz.
Der für jede Classe voigeschriebene Lebntoff ist durch die Instruction
Ar den Unterricht im Freihandaeidhaen, Y* d. h. M. f. C. u. U. ^om
17. Juni 1891, Z. 9193, bestimmt. Danach hat sich der Lehrer auch bei
den Aufnahmsprüfungen zu halten. Da aber für diesen Gegenstand eigent-
liche Lehrbücher nicht vorgeschrieben sind und der die Anfnahme machende
Schüler einen Hy-fteiiuitischen Unterricht im Freihandzeichnen nur schwer
bekoiunien kann, so hat der Lehrer bei der Prüfung besonders darauf zu
achteu, iioäi der aufzunehmende Schüler soweit vorbereitet ist« diiss er, als
OffentUdier Sebfiler aufgenommen, dem Unterrichte in diesem Gegenstande
Iblgen kann. Oasn gehOrt vor allem eine manuelle Fertigkeit und Ver-
stftndnis d«r Form.
Die Aufnahmsprflfungen für die einzelnen Classen sind somit in fol'
gender Art vorzunehmen:
1. AufnahmsprnfuTip in die II. Claase. Zu prüfen ist der fi\r die I. Classe
voff^chriebene Lehrstott: Darstellen ebener geometritscher Fisrnren und
einfacher Zicrfonnen mit Berücksichtigung der gebogenen Linien. Die
Grundbegritie der Kaumlehre künneu erlassen werden, da die Perspective
den eigentlich«! Lehrstdf der II. Classe bildet.
2. Aufhabmsprflliing in die IIL Classe. Hier ist der Lehrstoff der II. Classe
SU prüfen: Entwerfen der Draht- und Holsmodelle der L Serie nach
pev^ectiTiscben Grundsätzen. (Senkrechte , Pyramide , Würfel etc.)
Zeichnen einfacher Flachomamente wie: Blattformen, BlQten, spiral'
förmige Ranken etc.
3. Aufnahmsprüfung in die iV. Classe. Lehrstotl der III. CliiÄse. Perspectiv-
zeicbnen nach Modellen der IL Serie. Im ornamentalen Zeichnen die
wichtigsten Typen der antik -claiüjischen Verzierungsweise (Band, Pal-
raette, Lotosblume, Rosette). Mittelalterliche Ornamente.
4. AufhahmsprUfting in die V. Classe. Aus dem Lehrstoffe der III. und
IV. dasse. Im perspectirischen Zeichnen: einfache Gef&ßibrmen, Capitäle
und architektonische Elementarformen. Einiges Aber technische Aus-
flUirong. Grundbegriffe der Farbengebung.
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Vereinsnachrichten.
103
ö, Aninahine in die VI. und VII. Classe. Lehrstoff der V. Clane and Za-
rQckgreifen auf den Lehratoft" der IV. Claaie. Zeichnen des men.<ich>
liehen Kopfes und Gesichtes. Proportionen dtr nesiclitsf lifilc Orna«
meniaie Banformen in technischer AustÜhrung. Farbige Otnamente.
Prof. K. Maj-iittmcicz.
Diesf An.s:it/o finden für Gymnatien, an denen Zeichneu obligat ist,
sinngemäße Anwendung.
Fflr da« Turnen konnte aas mehrfachen Gründen eine endgiltige
Prufungstnorm nicht aufgestellt werden. Die physische Beschaffenheit der
A ufnalimswerber und besonders der Uni.<;tand, das« das Turnen nicht auch
an allen tJymnJisien Pflirhfw'irf.n>tan(l i'^t, le^en von selbst n-owis"«^ Hf-
schränkungen in den Forderunijt'n auJ. K-i wird al-^o Siliülfrn, ilii? an
ein Gymnasium mit obligatem iumen die Aulnahninprütung uiachen, die
weitestgehende Milde walten, gegebenenfklU wird ihm die Prüfung
geradeso erlunen werden miteen. Da« Maß der Forderungen an den
Bealschnlen wird lich aber ans den für die Bealtcholen geltenden Lehr*
plane oaschwer eigeben.
Der Bericht wurde von der ganzen Versammlung beilUUigst auf-
Jjenoinnifii.
In uei nun eröffneten AUgemeinerürterung meldet sich Dir. Faunt-
mann znm Worte. Er vemisst in dem Berichte, welcher die Aufnabme-
werber in solche ohne ataatagiltige Zengniese und in solche mit derartigen
Zeugnissen eintheilt, eine Aufklärung darüber, in welche Kat^orie erstens
diejenigen einzureihen .nlnd, welche eine Reihe von Glassen im Auslande
fz. B. Deutschland, Schweiz) durchgenuu ht haben, zweitens diejenigen,
welf'hf* finif^e Jahrn am <Tymnn«ium zugeftrucht hali-m und dann an die
Real»chuU' <,'ehfn wollen o'lt-r lungekehrt. Hat il«r .■^ouderauäwcliu.'ü darüber
nachgedacht, ob aucii in diesem Falle die gleichmäßige Vorbildung ver-
langt werden muss oder die fräheren Studien als Quelle dienen können?
Der in ansläadischen Schulen abeolvierte Lehrstoff ist, wenn auch in
manchen Details rcrachieden, doch oft im gansen äquivalent dem an
nnseren Schulen durchgemachten. In den realistischen Fächern fehlen
manclic Kenntnisse» doch zeigt sich oft eine bedeutende ppisti^c lieife, so
dass solche fc'chfller, wenn man auch bei der Aufnahmsprüfung v iel Nach-
sicht anwenden musste, dann doch ihre Mitschüler ganz gut einholen
konnt<»n. Es wäre also unbillig, an solche Arifnahm^werber die Anfordc-
lungeu so zu stellen, aU ob sie bisher überhaupt keine Schule besucht
hatten.
Der Berichterstatter erwidert hierauf, dass es im Berichte wM-
lich heiße: In allen Fällen, worüber in diesen Normalien nicht« enthalten
ist, sei nach den bestehenden Vorschriften Torsugehen. Zumeist haben wir
es nur mit einheimi.schcm i^chülermateriale zu thnn; und nach dem Hof-
decrete vom 3. August lb29, Z. 4010, ist ein Zeugnis aus dem Auslande
für uns nicht bindend; ein solcher Aufnahmswerber gilt für uns als ohne
') Dtwr OeieiMUmd wurde, obne im Sond«raiw*chtupo bmitb«n iron1«n »u »ein, vom
BcftehienUtC^ der VoUstlBdigk«U wcucd hiefaer Retetst.
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Vereiusnachrichtcn.
Voiatadien. Was aber den Übertritt des Reabebttlers ans dem GyaroMmm
und umgekehrt anbelangt, so kannte da allcrdin^ auf den an der betref-
fenden Anstalt durchgenommenen Lehrstoff Rücksicht genommen werden.
Denn in der Mathematik z. B. kann f in Rcalschfller anch mfhr leisten, als für
die Prüfung; nüthi>i i>t. Formell aber wird sich das ( Jj'niniisium etwa da«
R^cht nicht nehmen la&ien, auch bei solchen unmittelbar von der lieal*
ächule übertretenden Schälern eine Überprüfung vorzunehiuen , wie dieses
Becbt selbst gegenüber einer anderen gleichen Anstalt mit derselben
Unterrichtssprache besteht.
Prof. Schwaiger meint, dass die in Eede stehenden Anfnahms-
werber unbeJin^H unter diejenigen gertelinet werden müssen, welche
schon systematischen Unterricht genossen haben; denn es ist doch ein ge-
waltiger Untenschied, ob dies der Fall gewesen ist oder mchi. Wu^v kommen
zwei Dinge in Betracht. Erstens niuss, dem Zwecke der Auluahmsprüfung
entsprechend , festgestellt w»n tleu , ob der Aufnahmswerber die für das
weitere iStudium nüthige geistige Reife und SachkeuntntK hat; zweitens,
ob er den gesetilichen Anforderongen gerecht geworden ist, damit sich
nicht ünwflrdige einschleichen kOnnen. Ist einer ein geweckter Kopf nnd
hat er systematischen Unterricht schon in größerem Ausmaße genossen»
so ist das Hauptgewicht nur darauf sn legeni ob er neben der ^'« istägea
Reife die Vorkenntnisse hat, um dem weiteren Unterrichte folgen sa
können; du kann beim l'riiten vnn manchen Details abgesehen werden.
Prof. l)r Frank weist darauf hin, daws die Lehrpläne in freuidon
Staaten von den uuserigea ganz verschieden sind. Sollen wir uns also be»
der Prüfung er^t diese Lchrplilnc vorlogen lassen, durchstudieren und dann
aachdenken, woraus man den Anfnahmswerber prüfen soll? Dazu haben
wir weder die aOthige Zeit, noch die Pflicht Wir haben also keinen
Grand, unsere gesetslichen Bestimmungen in dieser Hinsicht xu ändern.
Aualändische Schüler sind daher so zu prülbn wie solche, die unsere An«
stalten noch gar nicht besucht haben; sonst erscheinen sie gegenüber
denen, die bei uns schon einigen nffentliehen Unterricht genossen haben,
begünstigt. Und wenn Schüler von iin-s in das Ausland pehen, werden sie
ja auch so behandelt, als wären sie noch in keiner Schule gewesen. Also
weshalb sollen wir anders vorgehen?
Diejenigen IM&nner, welche unsere Lehrpläne ausgearbeitet haben,
waren gewiss tüchtige Pädagogen und haben auch daran gedacht, dass
Ausländer zu uns übertreten kOnnen, wie dies im Westen auch häufiger
vorkommt als bei uns. Eh möge also so bleiben, wie es bisher gewesen
ii<t. Was aber den Übertritt tou dem Gymna^tium an die Realschule und
umgekehrt betrift't, so wiire hier allerdings eine Ergänzung wünschens-
wert. Hier sollten die <.,'iinstitren Noten aus gleichen Fächern (iidtung
behalten, falls der L**hrj)lan an la itien .Anstalten die «^leicheu Forderungen
enthält. Eh wären da aUo nur Lacken auijzufüileu. wie z. B. in der Natm*-
geschichte.
Prof. Dr. Perkmann schließt sich den Ausfahrungen des Dir. Faust-
mann und des Prof. Schwaiger an. Ein Schüler aus dem Auslande kann
nicht ganz so behandelt werden wie einer, der noch gar keine Studien hat
Eine solche Paragraphenreiterei müsste aur Ungerechtigkeit fuhren. In der
Philologie wird x. B. im Auslande mindestens ebensoviel geleistet wie bei
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Ytireiiisiutchrichteo
105
um; aber der Sch&ler» der wost eine hohe geiilige Reife beaitxt, bat viel-
laicht wegen dee ▼erachiedenen Lehrplanee gerade einen CUwiker nicht
geleien, der bei uns verlangt wird. Sollen wir da die Barbarei begehen
and ihn deshalb zunlckweiaen?
Schulriith K lau per sa{»t, er lüilif auch dio Scliuk-n D'--ut'*chlands
kennen gelernt uml gesehen, wit* d»M- iiehrpl.in von dorn unseri<»fn <^:im.
vei-schieden ist. In tlt'ti tliissi<clien Sprachen h'rnt man dort mehr, in der
I\ulurgeiM:hichte aber weniger als bei unij. ^un lueldet «ich z. B. einer
von dort bei um aar Anfnahme in die VII. Cla«e; man praft ihn nur
oberflAehlich nnd nimmt ihn anf. Dann tritt er aber am, weil er vielleicht
in die ThierarMnelechale gehen will» und er hat nicht das nOthige Wimen
am der Natuigmehichte. Er »oll daher an« diemn Fftchem to behandelt
werden, als wäre er nie in einer Schule gewesen.
Prot. J^ciiwaiper siif^t. er habe nicht gemeint, da»» jemand um
i^-incni < l»;fTenstando, dor in der betretlenden Clatne nicht mehr vorkommt.
^Mr nicht zu priilV-n sei Er mu«8 denselbpn durch«;»- macht haben; doch ist
dm irichwergewicht uut die geistige lieile zu legen.
Prof. Dr. Kump macht aufmerksam, dai« jedes Land andere Lehr-
pläae habe. Da man aber nicht fllr jedes Laad eine Spedfication für die
AnfhahmsprOlbng vornehmen kOnne, mOge et bei den alten Vorachriften
liltiben. Der Bemerkung Dr. Perkmanns gegenüber drückt er «eine
überteuguDg aus, dam kein einsichtsvoller Lehrer einen begabten Prüfling
ohneweiter.< zurückweisen werde, weil er einen Autor nicht gelesen habe.
l'rof. Kozak erklärt, der Sonderau- < imss habe ja beschlossen, das^
über die lieife eines SchüleiH niclit dt-r nniielne Lehrer zu entf^chfidca
habe, sondern die Confereu/.. Lud da. werden alle Herren in gemeinsamer
Berathong wohl su entscheiden vermögen, ob der Betreffende, dem einiges
an den geeetalidien Forderungen fehlt« reif ist oder nicht Ein Ecgftmungs-
pangn^h fDr den bwprochenen Fall ist also aberflOasig.
Dir. Fauatmann meint, solche Prüfungen von Ausländern seien
auch hier nicht selten; und da dieselben nicht durch Muthwillen, sondern
regelmäßig nur durch den Zwang der Verhältniwc 7.u uns geführt werdnn.
sei einige Rucksicht geboten Wenn aber rrr»sa«^'t werde, dass un-fMo SchiiU r
im Allslande elient'alis keine Hrick>icht erfahren, no tol^f daruus nicht
für und, du«ä wir dasselbe thun uiüüijen. Im übrigen i^t er mit dem von
Prof. Kosak vorgebrachten Gesichtttpunkte ganz einverstanden.
Auf Antrag des ?n{, Dr. Pawlitachek wird Schlum der Erörterung
dieaea Punktes angenommen.
Prof. Dr. Frank bemerkt noch, auch er sei nicht gegen jede Be-
rficksichtigung solcher Schüler. Doch soll dies nicht auf Grund vielleicht
unverläxslicher Zeugnisse geschehen, sondern im Vcrlanfe der Prüfung
selbst nach Maßgabe der nachfjewie'^enen poiiliven Fachkenntnis'^e Ohne
diese könne man einen freni'h'n Schüler nicht aufnehmen; denn es sei
kein Grund vorhanden, ihn ^'o^^t-uübei- cmeia Kinheiinischen zu begünstigen.
Berichterstatter: Die Herren haben mir die' Sache sehr leicht
gemacht; denn die, welche sich auerst für die BerOcksichtigung amlän'Ji*
scher Schiller ereif^ haben, haben dann verschiedene Kleinigkeiten xu-
gegebea und so ihre Ansicht selbst richtiggestellt. Ich stehe wie Dr. Frank
auf dem Standpunkte: Solange unsere SchiUer im Auslande keine BerQck*
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lOG
Vereinsnachrichien.
sichti<;un^ finden, brauchen auch wir nicht mehr zu thun. Es ist diva ein
Standpunkt, der, ethisch betrachtet, vielloiclit nicht unanfechtbar ist, aber
in dieser Sache t'ntschoiden wohl nicht sittliche, sondern staatliche und
socialpolitischt» Fvüeksichten. Und dann ist ja die Sache auch vom pmk-
tischen Standi>unkt(^ zu betnvchten. Ausländer sind nicht bloß Ueichs-
deutsche und etwa Richweiler, das sind alle NichtÖsterreicher. Wie will
man da ta irgend einem einheitüchen Regulativ kommen? Er kOnne ako
▼on eeiner firtther gegelienen Erklftrung nichts sarficknehmen. Daas billige
RQcknchteti gefibt werden mflnen, daa könne er von jedem Prüfenden,
dem ein aolcher Fall lur Benrtheilnng vorgelegt wird, ohneweiter* an-
nehmen.
Wegen des Übertrittes bei uns aber sei er bereit, in der nil ehrten
Vpfsaramlung nin^n darauf bezuf^lichen Punkt zur Be'^chhissfrtsjsiiiii^ vor-
zulesen. Was ondlich die Kntscheidvin^^ über die Reife durch die Cont'erenz
betriUt, ho t>ei dien im Sonderaudschutise zur Sprache beti etfs solcher Schüler
gekommen, die nur ans einem 6«genstande nicht entsprochen haben und
denen man dann so wie bei Privatistenprüfungen vielleicht eine Wieder-
hoInngsprOfnng gestatten kOnnte. Da haben sich jedoch Torschiedene Un-
annehmlichkeiten heramgestellt, hauptsächlich dass dieüe Prüfungen dann
auch am Schluftse des Schuljahres stattfinden mü^sten ; deshalb wurde die
Sache fallen gelassen, und mit der Streichunj^ dieses Punktes ist anlieb-
saujerwei^^e auch der ganze Punkt wegen der Conferenz im üerichte ge-
ptriehen worden. Natürlich al)er ist die Prfifnnc: eom mia.sionell,
und das Schlussergebn ia wird bei der Coutcreuz testgestellt.
Dir. Fanstmaan sagt, dieser Antrag auf Gestattung der Wieder-
holnngsprüfttQg sei sehr interenant und verdiene» in der lüLchsten Sitsung
noch besprochen m werden.
Prof. Schwaiger erinnert daran, das.s im Sonderausschüsse Minder*
heitaantrftge angemeldet wurden. Die allgemeinen Punkte sollen also in
der nächsten Sitzung vorgebracht und besprochen werden.
Der Obmann übernininit nun wieder den Vorsitz und dankt den
Mitgliedern des Sonderaussrluisscs , welche in sieben Sitzungen unver-
drossen mitgearbeitet haben, für ibro .Mühe auf da.s herziichate. Kr bittet,
auch sonst b« so schwerer Arbeit nidit in verzagen; man arbeite dadnrdi
an dem Ansbane der Gesetse mit.
Schalrath Klauser stellt den Antrag, auch dem Obmanne, der ja
den größten Theil der Arbeit gehabt habe, den Dank fQr seine Mühe
auszusprechen. (Prosit!)
Zweiter Punkt der Tagp*<ordnungt Freie .Anträge und Anfragen.
Dir. Mandyczewski erinnert an die I'etition um FainiilMgung der
Stundenzahl ffir Philologen an Realschulen. Der Obmann niötre die Peti-
tion fördern; vielleichL konnte ihr Inhalt noch in diesem Schuljahre zum
Getetse erhoben werden.
Der Obmann erklärt, dass er dieser Anregung Folge leisten, sich
nach dem Stande' der Sache erkundigen und sie nach M(iglichkeit be-
treiben werde.
Schulrath Klauser macht darauf aufmerksam, dass im Jahre 1897
das Kad.iutzer Gymnasium sein 25 jähriges Jubiläum fei^^rt. Da kOnnte
man vielleicht einmal tauschen und die Frühjahrsversammlung in Suczawa
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VereinsDachrichten.
107
statt in Badnats und daßlr die Herbttrenammlaiig in Badants abbalten.
Bei solcher Vevachiebong wAre ein Ausflog des CsernowitierObergymnaaiamt
nach Saesawa tot BefiicbtiguDg der An^gntboDgen leicht zu bewerkstelligen.
Der Obmann nimmt diese Änrej^ng zur Kenntnis; er (jibt nber za
bedenken, ob es thnnlich f^ei, in einem Vereinsjabre sveimsl nach Suciawa
SU gehen und Badautz ausiAUen su lasten.
IT. XV. Protokoll der Archäologischen Commission für
die österreichischen Gymnasien.
<Mi1gethei)t TOm Scbriftf&farer-StellTertreter Prof. Dr. I. Kn kutsch.)
(20. Noven)l>er 189«.)
Anwesend «tnd die Mitglieder dt r i'oLumijsion und mehrere zur
Theilnabme an <ler .Sitzang eingelndpnp Honen.
Der Vorsitzende, Lande8-ächuliaä|>ector Uueuier, t^rötinet dieSitzunn<^
mit dem Bedanern, daas der ScbriAfilbrer der CAmminioii Pro£ Hoppe
leider durch Krankheit an Erscheinen Terhindert ist, und macht hierauf
folgende Mittheilnngen: Zanftehtt gelangt ein Erlass des hoben k. k. Mi-
nisteriums für 0ultu8 und Unterricht snr Verlesung, worin die Commission
ersucht wird . über eine Sammlung Ton Photographien ans Griechenland
hin!»ichtlich ihrer Verwemlbarkoit beim phüolocjischen und historischen
UntL'rrichte zu ln'<^utachten. Der Vorsitzende legt t'iiif ( 'olIoctioTi. bestehend
aus IST Photographien. ber<?e8teilt von der Firma Barth 6c v. Ilirt in
Atheu, vor. Die Saiuailung enthalt Ansichten aus Alt- und Neu -Athen,
vom Pir&ui, Olympia, dem Akropolis«Haseum n. si w.
Die Commission erklSrt die größere Zahl der Bilder für sehr ge>
Inngen und darum anch ffir empfehlenswert; das Format sollte allerdings
für die speciellen Schulawecke größer und der Preis niedriger sein. Die
Collection kostet 80 fl., jedes Blatt 50 kr. Prospecte stellt die Buchhand-
lung Gerold k Co. in Wien (Stephansplats) auf Verlangen gratis sur
Verft'iLMinL'.
Mit Freude bi't^rüüt (h'r Vorj^itzende die lebhafte N-ichfr-i^e nach
dem Münzkästchen, dtm auch, wie überhaupt die Thatigkeit der Coninüscion
für die schulmftßige Auswertung der Hönsknnde, im Aaslande rfihmend
erwihnt wird, so in der lesenswerten Programmarbdt von Gerb. Schaper,
Magdeburg 1896: »Antike Mfinsen als Anschauungsmittel im altspraeh-
liehen und geschichtlicben Unterrichte auf den Gymnasien.*
Von Hoppes Bildwerk ist das fi'mfte Heft errichienen, womit das
Werk vorläufig seinen Abschlus.s gefunden hat. Auch (h i Text ist beinahe
druckreif. Von vit'l.>n Sniten wurde bereit« der Wunsch nach ein^r Fort-
setzunt' dieser lieft«' gestellt. Auf eine ADfraij:e de«» l'rot'. Dr. Swoboda
au8 ivarläbad. ob Niemanns Parthenon -Modell nicht durch Diapositive
ftir Mittelschulen nutzbar werden könnte, macht sich Prof. Primoii<3
erbotig, das NOthige sn Teranlassen.
Zur Ansicht gelangt ein Modell der Gallisdien Mauer nach Cäsar
(Vn. B.}, angefertigt von Prof. Muiik, das im Veigleiche an bildlichen
Darstellungen instnictlT wirkt. Die treffliche Arbeit verdient Nachahmung.
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108
Vereinsnachrichten.
Hierauf legt der Vorntsende folgende Monographien und Programm-
anfiätze vor:
KubikJ.. RtMlorkliirung und Anschauun^unterricbt bei der Leetüre
Ciceros. Wien, Hükler, 1^*90. — .Tnthnor .V. Antike Tnrnfjerathe. Wien.
Höld'^r. 189(3. — StCMidin^ H . I'enkmäler antiker Kunst, tÜr da« Gym-
nasium iiu»gewählt und in gescb ich tl icher Folge erläutert Leipzig, See-
mann, IbiJG. Gebunden 2 M. (Nach Baumeister.) — Luckeiibach H., Die
Akropoliä von Athen. München und Leipzig, Oldenbonrg, 18dG. 38 Seiten.
(Letstes Gapitel: „Die Akropolis in der Schule.") — Kornitzer A.» Eine
Stvdienreiw nach Italien und Orieehenland. (Programm de« Commonal-
Beal-OheigjrmnuinnM IL Bezirk« Wien 1896.) <~ Eymer W., Reite-
erinnerungen aus Italien und Orieehenland. (Programm des Gyrona^iumt
in Bndweiü 1896.) — Litynsky M., Von Elis nach Ark.uüen. Eino Reise-
beschreibunpr- L Theil. (Prof^riiniin Hf r Ik-alschule in Lemberg 1096 [pol-
nisch ]■) — Frank A., Eine .Studienreise nach Italien und Griechenland.
Örfteireicliwch- ungarische Revue 1ÖU6. Heft 4 und 5. — Koch, Beiträge
i.\xt Förderung des Kanstunterricbtes auf den höheren Schulen. (Programm
von BremerhaTen 1896.) — Engelbrecht A., Hykeniieh-homerische An-
achanungsmittel für den Gymnarialnnterricht. — Knknttch I., Bemer-
kungen zum arehAologiflchen Amchaaungsunterrichtc mit besonderer Be-
ziehung auf die Vergil-Lectüre. (Beide im Programme des Theresiantitchen
Gymnasiums in Wien 1896.; — Gutscher H., Zur Behandlung der Realien
beim lateinischen Unterrichte. (Programm des Oymnasiams in Leoben
18%..»
Der Vorsitzende begrüßt diese Arbeiten ruit aufrichtiger Freude und
wünscht nur, es möge auf diesem Wege der Untersuchung der einzelnen
Autoren nach der realen Richtung fortgefahren werden.
Prof. Guts eher empfiehlt in tetnem «ehr beochtenawerten Auftatse
die Verleihung too Stipendien fttr kleinere Reisen, so nadi Dalmatien,
Istrien, Aquileia, regt den Oedanken an, die ProTinzmuseen für den Gym-
nasialunterricht nutzbarer zu machen, insbesondere die Schuler in die
Mnsorn der Landeshauptstädte zu führen, diimit sie die Schätze der Alter-
thümer kennen lernen, welche das Vaterland besitzt, und spricht sich in
wärmster Weist* dafür auäs, die in den Österreich i>'chen Mtiseen vorhandenen
Alterthümer zu sammeln und für Schul/wecke herauszugeben. Zum eisten
Gedanken gibt der Torntsende die ErfcUteung ab, dtM mm Zwedte klei-
nerer Beieen in die obgenannten Gegenden es ja freistehe, an das hohe
Ministerium bittweise um eine Unterstütkung heranzutreten. Was den
letzten Punkt unbelan>rt. so wird nach lebhafter Deljatte die Idee mit
Freude begrUßt, deren Verwirklichung hoflPentlich in absehbarer Zeit mdg-
licb sein wird
Prof. Bonn an II niacbt zu diesem Punkte noch die Mittbeilung,
da.ss eine große Piiblication im Werden sei, die alle aut (»terreiclii.schem
Boden gemachteu Funde nach großen Gesichtspunkten zu-sauuuenfaHsen
wird; daraus könne dann für Schulswecke ein Auszag gemacht werden.
Ober die Verwertung des Skioptikons im Anschauungsunterrichte
und Über die Herstellung von guten Diapositiven eniqnnnt sich eine leb-
hafte Debatte. Mit Bezugnahme auf einen im Julihefte 1896 der Lehr-
proben erschienenen Aufiiatz M enges, worin auch in Deutschland Aber
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Vereiiunachrichten.
109
den M.in^el an guten und billigen Diapositiven geklagt wird, beschäftigt
sich die Commis«ion vor allem mit der Frage, wie diesem übelstnnde zu
h^^jTfvgnen sei. Prof. [ieder<»r in Hridauiz, der mit j:r"'ßti'r Heroit willii^keit
in ilit^-er F^insirht der Schiili' seinf Dienste zur V'ertii^'unL,' stellt, hat auf
at.'iacr liei&e nuch Uiiecht'U.und und' Italien 1400 Auinahnien geni.icht,
bievon bereite 1200 Negative angefertigt und ist bereit, an die ein£t;iaeu
Anstalten DiapoiitiTe am den Preis von etwa 15 kr. per Stflek heniwteUen.
Eine GoUection dieser Pontive, welche Prof. Lederer der ComniiMion ein^
ichickte mit der speciellen Widmong f&r dns Oyrnnunnm der k. k. There*
ainniseben Akademie, bat dch bei der vor<,'enonimenen Probe als brancb*
bar herausgestellt, insbesondere die Aufnahmen von Landschaften nnd
«If^^en^tünden der Arehitektnr. Prof T, oderer wird für seine Bemühungen
tler E)ank und die volle Anei kennung der Commiswion aiHgesprocben. Prof.
Priniozic, der sich nur mit der AnschaÜuug vür^iigliLlit r Diaimvitive ein-
verstanden erklart, bat sich diesbezüglich mit der Firma Lecliner in
Wien im Eiavemehmen gesetzt Diese erkULrte rieb bereit, ein Diapontir
vorsOglieber Qualitftt nm den Preis von 50 kr. bereustellen, wenn eine
größere Ansebl abgenommen wird. Ei würde sich daher empfeblen, eine
Auswahl, einen Grundstock solcher Objecte aufzustellen, die voraus.^icht- ,
lieh von jeder An.sfalt f^^nommen werden, die im Besitze eines Skioptikona
i'it Die .Ansoh.itlung des letzteren ist allerdinfj^s mit lierieutt-nden Kosten
verbunden, doch werden die einzelnen Anstalt»'n rsicli [♦iehtcr dazu ent-
schließen, wenn sie darauf uufmerk.«!am ^«'111,11111 wi'rd»'n, <ia.-.s ilie Wichtig-
keit dieses Appajrates nicht etwa aut den alt^prnchiicheu Unterricht be>
schrftokt sei, sondern dasi alle Gegenstftnde daran participieren.
Die Debatte lief sehlieOlieb auf folgenden Antrag hinaos: Es ist ein
Cirenlar an s&mmtliche Anstalten an Terschicken. Dieses Rnndschreiben
hat eine Auswahl, einen Clinon, jener Bilder zu enthalten, nach denen
DiapontiTe herzustellen wftren. Ferner ist an jede Anstalt die Anfrage an
richten, ob «^io im Bt^sitze eines Skioptikon«? i«t, widrigenfalls "eine An-
schatl'unjj wiinnstens zu empfehlen ist. [»er /.weite Antrug, eventuell au
das höh»' Ministerium tur Cultus und L'nt»'rricht die Bitte wegen Heran-
ziehung der k. k. Versuchsanstalt für Photographie und Heproductions*
▼erfahren in Wien zu richten, soll in einer spftteren Sitsuug bergen
werden, wenn der erste Antrag Positires gebracht bat.
Ihu Anerbieten des Prof. PrimoSiö, in der „Zeitschrift f&r teter-
reichische GymnaBien" einen die Bedeutung des Skioptikons f&r die Mittel-
srhnle beleuchtenden Artikel erscheinen zu lassen, der auch die oben er-
wähnte Auswahl der anznsclia RVnd.jn ni,jerS' »'nthalten solle, wird von
der Commiasion mit Dank zor Kenntnis genommen.
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Miscelien
Summer Meeting* zu Cambridge 1896.
Von A. Bomanovsky in Czernowitz.
Der Aufschwung der KaturwisscoBchftften und ihre vielfache Ver»
Wendung in Kunst und Gewerbe, der Kampf um» Leben, der auch die
Frauenwelt in dpn Wettbewerb um bes-sere Lebensstellunf^fn hineinzog,
macht" in England und Amerika mehr als anderswo das Bedürfnis nach
populären, die niannigfachüten Gebiete des nitiischlichen Wissen» um-
i'a.s»eDden Vorträgen fühlbar. Verschiedene budtgeiueinden und Corpo-
rationen Englands wandten sicli natGrlich an die alten Stfttten der Gelehr-
samkeit, nm diesem Bedürfnisse entg^nrakommen, und so konnten denn
die beiden Universitilten, bewnsst ihrer Verantwortlichkeit der Nation
gegemlbeTt sieh der epontanen Bewegung auf die Dauer nicht verschließen.
So inaugurierte in der Tbat die Universität Cambridge im Jahre 1873 das
Uiih-f r^fhf Extension Teachinrj, welches nicht nur in Knsfland, sondern
auch in Amerika ungeahnt sclineli Wnr/.ol fassto N^ben die Univcrsit.'lten
Cambridge und Oxloid haben sich bald London Socielt/ for the Extension
of üniversiiy Teaching und die Victoria Vniversity an die Seite gestellt,
nnd seither sind von diesen Centren aus gediegene fedtirerff in die ver-
schiedenen Gaue Englands geschickt worden, nm die Bildung in die breiten
Massen des Volkes an tragen. Es Iftwt sich kaum noch ermessen, welchen
Einfluss dieses noch immer in Entwicklung begriiTene hohe Missionswerk
bei der Begeisterung und Opferfreudigkeit de« Volkes für die Sache auf
die Oe^^taltung der Gesellschaft auf der Nachbarinsel in künftigen Oenc'
rationen ausüben wird.
l>ie Curbe über Naturwissenschaften, Kunst, Paläontologie etc. zeitigten
bald das Bedürfnis nach praktischen Arbeiten im Laboratoriuni und der Be-
sichtigung der reichen Sammlungen und Museen der Univenitfttsitftdte. In
diesem Sinne richtete die Univenritftt Cambridge 1890 die Bummer Meäings
ein. Doch schon im Jahre 1878 hatte Oxford ein Summer Meeting auf
eine andere Ba^is mit nberraschendem Erfolge gestellt. Wfihrend Cambridge
eine kleine Zahl besonders talentvoller und fleißiger Extension Stmlents
im Sommer zu sich zo<;, lockte Oxford mit der Einführung kurzer übpr
eine oder nur wenige .Stunden sich erstreckenden abwech^"lun*isrrichon \'or-
lesungen eine ungeheuere Menge wissenschaftliche Anregung suchender
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Mtscelleit,
Hl
Ment^cben beideilei (jeHcblechtes an.*) Diese letztere Einrichtung ist nun
raa'^^jje'iend geworden, und gegenwärtig wechseln die beiden Univcr^^itSton
n <lt r Art ab, da*« in den ungeraden Jahreszahlen in Oxlord . in licn
fjeruden in Cambridge ein Summer Meeting abgehalten wird, im Jahre löi>7
kommt alM> Oxford an die Reihe.
Als sich durch die Fachzeitschriften die Kunde verhreitete, dass im
Sommer 1896 Tom 80. Juli bis 24. Aogust in Cambridge ein Summer
Mttiinff slaitfindet, erbebte das Herz manche» Bewunderers der englischen
Literatur bei d^-r Erinnerung an so viele GrOßen der Literatur und Politik,
die ihre Erziehung und Ausbildung in dieser alten Universitütssiadt
- il' iltf'n haben: dort mag der jtitr»'nd!iche Milton, in d^n (lürtcn des
< iirts(\s ( 'iil/i i/e iustwandclnd, -.iMiit' '^lobc Apotheose ahnend <hirLhi;(!tiuuuit
iiauen, dort iiat Pitt the 6on sciue gLtürciitete Rednergabe erwoiben. Die
Erinnerung weckte den Wunsch, sich an dieHera Summer Meeting zu be»
thei Ilgen und bei der Gelegenheit die „venereä^e quadranglet^ der
Colleges zu besichtigen. Uns Lehrern des Engiisehen gehen diese Sommer*
cnise besonders nahe: denn dadurch, dass sie in die Ferienseit fallen,
werden sie uns auch ohne be.«tin<if ron Urlaub zugänglicher, und solange
die Idee nicht zum Durchbruche gekommen ist, dass der Neuphilologe,
wenn nicht die ganze Studionzoit, »n doch weniirstens die erste Hälfte der-
selben im betreffenden fremden Lande zubrin^^'en hoII,^) bieten sie die Ix ^te
Gelegenheit, ein iiiu»tergiltigeH En$<lihch von einer größeren Anzahl ge-
bildeter Engländer zu hören und im Verkehre mit einheimischen 'i'heil-
nehmem, die zum großen Tbeile auch Lehrer sind, die Spreehfertigkeit
zu üben. Auch muss anerkennend hervorgehoben werden, dats die leiten*
den Organe durch Veröffentlichung von Adressen f&r Unterkunft sorgen.
Von den 456 Theilnehmern des Meeting waren G7 Fremde (34 Herren,
H3 Damen) aus Deutschland« Österreichf Frankreich, Belgien, Dänemark,
Schweden und Korwef^en jrekonnnen; geringer als sonst war di - ße-
theilignnu' uus Auieiika. !Maü war in n)al.vt'i)rnden Krei'^en über die große
Theilnahuie der Fremden reeht übeiia-<lit, und iintn fängt an. ernstlich
daran zu denken, wie diese turse für Iremde Lehrer des Englischen nutz-
bringender einzurichten wftren, denn die eigentlichen sprachlichen Studien
sind bis jetzt gar nicht vertreten.^) Ka hat somit allen Anschein, dass,
M K. D. KoIktI», M. A. . IK Sc. (Ix)ndon sagt In «einem Werke ..Kiijhlftn V ary (,f
Vnictrsitif Kitrusvm " , .S. KS: .,Ojf<rrd urlcomr.n all ir/w» mrf fo ttnm to hrr numvirr rjutiifnuff,
trrfHfifctirf nf ftariiruliir fducationnl <jnnlificatii>ni< . nwl \chc(hfr l'nii cruitu Kst^nsinn titudcnls
or ttot. The eourtea of Ueiures are of general intereat, and dtaigned to meet Uu moat varied laatt«.
Tk* phn of Camindge, m tke olkeir Hand, i» to timil her inriMion to tkoae morr tamrtt
fhtdmta tcho. harituf vhtainid r-rlip'-<>f' y in •■•^utf i-tvin iritli Iht rt'Mr.«<-.H of Wcturfs duriug thr
trinter, dfsirt to tupflemml tluir thrttTrlitul kHOipUdge //»/ prnrtical work in tlir lahnraturirs und
mutirumjs."
^> Der 4. Küuphilolut^ntaff cu Hamburg 1H9G boacbaftigtc sieb »Urb ricllocb mit der
pnktitdi«» Aotbfidiing der I^ohrer der modirnen Sprachen. Es trtirdi» aniTkHnnt , dt»» oi
für ö'ii X' iiiibil'jl<'L" ri nirlit nur tmuingänglich ncilhw' ii'liu' i^-V ■ in« iiThtil > -iinT Siiküch-
seit, »ondcrn auch windecteas «II« f&nfjiihru zur AuUriachung »cim-r Kcnntni»»t! iiu
AiMlsnd« tucnbrinfl«». Wlhrend d{« IUehUftk«it d«* letutervn Gedankens allgpoivin al» xur
Rrh.Tltiint' «I't SpnThffrtinkeit nolhwendin an'TS: m-t - w :-^] . '-rsclioint d<"r orst«- Tlu-il noch
luiu» r ai» Flickwprk: e» wird wobl — in k-rnoi ZukujiU - «im LrrtchUing »on tsrtninariun
attr Ausbildaag TonLehfeni der modemcn Spfaebes-iB FnnkrNch, beai«batifaw«lM Engtaad
ia Erwiguag feaagen weiden müsM>ik.
•y Wltin>nd di»rl>mcklrKunK ka« mir am Oxford ein „Outtiiv vf the Pmgratmne" för
«Iä.« näcli-i" .■^miiiiiyr M-tiin'j iu Oxfor«! atu, wo < h -iCi : „Thf h'ftfilLih Lum "'<'!< , 77. . ' wUl
bt a mpecial clata tn this aubftct intmded primarilif für foreignera, whieh u-iti 'imdHi Ud btf
112
Miscellen.
während die üniversity Extension recht nutional ist, die Summer
Meetings nWiujXhUch ein int er niitional es Gepräjfe annahmen werden. Im
richtigen Veratändnisse der Ht'dürfnisse diesf^s fromd'Mi Klninents hat die
Loiinnpf dp«i Meeting in zavorkoiiiinen<ister Weise den foreign students
in allen Hörsälen die ersten zwei Keibeo der Sitze reserviert, wofür sie
unseren besonderen Dank verdiente. Dies var aber gerade die Ursache,
dasB die EinbeimiMlieii aaf die foreigners etwas dfersQohtig wurden.
Da jeder Tfaeilnehmer nach Belieben den Gegenstand der Vorlesungen
w&falen konnte, tnij( jeder Hörsaal sein eigenes Gepräge; aber QberiiH saß
neben dem verständnisvollen Fachmanne bald ein ins Blaue hiostarrendes
Bürschlein, bald ein Frihilein, das n«jch kanm in dio Welt eingeführt war,
hie und da nickto wolil mifh nino alte Matrone. Dio Damenwelt ist im
allfjpmeinen bei diesen JSlettinq.s zu (ht'i Vierteln" vertreten: auch diesmal
betheiligten aich nicht weniger aU .'i43 Damen.^)
Damit sich der Leser einigen Begriff von dem Charakter der Vor»
lesnngen bilden kOnne, will ich im Folgenden das Venseicbnis derselben
miikheilen:
A. Oenarat Course on the Infbtence of Greeoe and Rome on Mo-
dem Life war ein Aber beide Carse des Meeting sich erstreckender Cyklns
von 12 Vorlesungen, in die sich 7 leclurei's theilten. Diese Vorlesungen
sollten nach der Absidit der Airani,'f'nre alle Theilnehmer hören, während
die folgenden Füll (''Hintes, die gleichzeitig gehalten wurden, die Theil-
oebmer in Gruppen tbeilten.
B. Füll Courses:
I. Stiidiee in the HiHory €f Europtt 1^ Vorlesungen von 2 /ecdtirer«
. vorgetragen ;
II. Studiee in Conneetion wi^ tiks Early HiHorff of En^Uh Poetry*
9 Vorlesungen von 3 leeUtrei's vorgetragen;
III. Evolution, V2 Vorlegungen von 4 lecturers vorgetragen.
C. LfTborntori/ Demorutratiotis.
I). Short Cnurseft:
1. Antkropoiogy^ 12 V orlesungen von A. C. Haddon;
II« Some Problems of Species, 6 Vorlesungen von W. Batesonj
III. ITte Greai Days of Spain, 3 Vorlesungen von H. J. Carpenter;
IV. Veleaguez and his SueeessorSy 3 Vorlesungen von R. E. Wrji
V. The Dissolution ofüie Monasteries, 2 Vorlesungen von J. R. Tanner;
Vi. Some Shakespearean Studies^ 3 Vorlesungen von W. Bentinck
Smith.
E. Ijecturfsi <'<n Kducation :
I. The Teaching of Modern Languages^ ^ Vorlesungen von Karl
Breul;
II. The Study of Children, je 2 Vorlesungen von J. Welten und
Francis Warner;
III. The ftrst Prineiples ofEdueaiion, 3 Vorlesungen von J.J. Findlay;
.Mr. Henry Hwcet, AI. A., h, L. t>." — Dw» TolUUindige ProKramm crscLi'iiit zu Oftem
und rrhSlt man ron JTA* ÄnnWary fJ. A. Ä. Marriof, E^f./. t'ntrer»tfy Extmtim Offttn^
' i i'H- aiigtn5et>enen /nhlfii konii« n nur r«" 1 « t i v iuhtig sein, da sieb »Iii; TheilDchmcr-
/.ilil tätlich UndcrU' ; dalu-r kann auch dii' »im d'tp Mittp AuRU.st beraOigegebene „Litt
:itudents" keinen Anapruch auf absolute Vollstlndigkeii erbeben.
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Miscellen.
113
IV. The AppHeaUon cf FrineipU» <o PraeÜee, S 7orleraiig«ii tob
TT, Hol man;
V. Science of T Taching with xpedal reference to Herbart^ 3 Vor-
träire in dontsrher S]>ra< li''' von T'rof. Wem nm Jena.
Eiii<,'f'>treut waren auch einzelne Vortriif^e über Erziehung: Pesta-
lozzi, Lauraster and Bell, The Jansenista of Port Royal, The Teachmg
of LungmiijeH^ Primilive Survivala in Child Life.
Oberdies wurde «ine Reibe tbeoioKi^her Vorlesungen gehalten. Be-
eoocleres Intwefse weckten die meisteii der folgen«ien Miaeellanwus
Leciureg, die gewöhnlich je eine Stunde in Ansprach nahmen: WiUiam
Pitt theScn, Swinhume md Morri9t ThePeopHng ofEuroftt, Msdioftd
Libraries, The Wanderings of an AUmi . The History of n Tomn,
Richelifti, Alan de Wnlstingham and his tcork nf Klij as Sacrist, Prior,
and Buildpr, The ( Jr</fmizafion of fhf Jluilding Traden in fhc Middle
Ag^a. Coloiirs of iiie Skies, J'he Krolution of the Maj> of Africd, Rmnan
Law and Modern legal System^ Deowuif, The Tissueif, Matthew Armld^
Rvoerside Flowers.
Die Eröffnung des Summer MuHntf fand atatt am 30. Jnli im
siftdtiaehen Theater, wo the Vary Sev. H. Maniagu Butler, Matter of
Trinity Cotleye, am 8 Uhr HO Minuten abend« nach einer kurzen Be>
grOßni^ seinen vortrefflichen Vortrag fiber WiUiam Pitt tke Sm hielt
Darauf wurde die ganze Versammlung von dem Vortragenden, einem
Siebziger mit frischem nnd un^***!chrFibltch freundlichem Aussehen, in
seine Wohnung im Trindi/ i'ollrge zum Theo gebeten. Dnbri rei^rti« er
uns in der Halle unter anderem die Bildni<'5=r' derjenigen grolien Männer
Englands, die aus diesem College hervorgo^ai^t^un sind. Beim Bildnisse
Bacons angelangt, flOsterte der gute Herr gleichsam nnwillkflrlich : doiCt
We$ <ftw man.* Bei diesem Änlane sei erwfthnt^ dass diesmal wie in
Cambridge immer bei Einladungen wfthrend des Meeting ninfcrmal dres$*
oincTpx bärft wurde, ein fiir diejenigen, die im Jahre 1898 am Summrr
Meeting in Cambridge theilnehmen wollen, nicht unwichtiger Umstand.
Die Vorlesungen waren so ein^jpfheilt, das" sie, mit AiT^iiiihinr' der
Pausen für die Mahlzeiten, so ziemlich den ;,'.in7,"n T;i^ in Anspruch
nahmen; selbst nach dem dinner wurde um 8 Uhi oü Minuten gewöhnlich
noch ein Vortrag gehalten. Die Nachmittage am Mittwoch und Samstag
wurden mit Ausflogen in die Umgebung oder mit garden paarUea aus*
gefiUlt, wie ja Oberhaupt die Leiter eifrig darauf bedacht waren, die
Theilnehmer einander nfther su bringen und die Geselligheit tu beben.
Zur Abwechslung wurde auch eine Schauspielertruppe nach Tarnbridge
berufen, die zwei Shakespeare'sche Stücke aufführte: As you likf it und
Much Ado aboi/f Nothing. Unter den wi3senj»chaftlichen Ausflüi^cn s' i
derjenige nach Kly i\U besonders lehrreich hervorgehoben, wo ihe Vertf Jiev.
C. W. Stubbs, Dean of Ely, in Verbindunir n)it F^^r. V II. Stanton, Pro-
fessor of Divinity, die schöne Kathedrale, da^ Werk Alan de WalMng-
hamfMt den Theilnehmeni seigte und daran einen fesselnden Vortrag knflpfle.
Es kann nicht meine Absicht sein, die Vortrftge einer Kritik zu
unternehen; es sei nur soviel erwähnt, dass an diese Vortrftge nicht der
Maßstab unserer Universitfttsvorträge, ohne ungerecht >u werden, angelegt
werden darf, wie es gelegentlich wohl in Zeitechrifken geschehen ist, da
„österr. MilMUcbol«". XI. Jtiug. $
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114
SliacelleD.
sie andere Ziele und, wie oheh anpsdeutet, v^r-c huHlon;iitig vorgeliildete
Zuhörerschaft voiausaetxen. Von den meisten Icctnrers kann man aber
äa{:rfn. da.s.-< sie mit der Mei.stei%»chaft, die nur ein vollkommen mit dem
Stotie Vertrauter bcäilzt, das Wissenswerte henui^ehoben haben: ich er-
innere nur be»|»6ltweiae, wie klar A. J. Orant, tf . A., Ktnfp*« College, in der
kunen Zeit von swei einslflndigen Vortrftgen die Zeit Riehelieiie geeehildert
hat, wie geadiiekt er die oft recht Terborgeoen FUden der eoropäiichen
Politik aui^^eekt kat, die in der Hand des fraoafinachen Ministen stt-
sammenliefen. Unerwähnt dürfen auch die durchaus gelungenen Demon-
stration lAssons dfr Herren Holman und Sonnenschein nicht bleiben. In
den Vorträgen über Kunst. Anthropoloffip, in historisch -geographischen
und anderen Vorträgen wurde vielfach tliu Lampe in Verwendung ge-
nommen und erwies sich als ein vorzügliches Lehrmittel: auf Commando
ersdnenen die schiBnsten Kunetwerke, die pcftohtigsten Landkarten a. a. w.
auf der gespannten Ldnwand, erleichterten die Mflhe des Vortragenden
nnd erfreuten das Auge der oft müdm Zukfirerschait
Die wissenschaftlichen Vorträge waren nicht die einzige Gelegenheit,
ein mustergiltiges Englisch zu hören. Der bekannte englische Sonntag kann
ja nicht besser als in der Kirche zugebracht werden; so hörte mau an
jedem Sonntii^^ zwei bis drei vorzügiiche Kirchenredner, wie z. B. den
bereits erwiihntea Dean of Ely u. a. Vorträge knüpften sich auch an die
Besichtigung der Colleges. Überdies hörte man noch außer dem Kähmen
«kniende Vortrflge nnd Diacnaeionen über ^Cooperalti(m*t zwei „Conferenceä^
aber „The enlargmnent of Ifte opporbmUie» of Higktr Edueatim for
iho§e engaged in MuHHal purtnüts* und ^7%e piace ofünxoermty Ebc
tension in a systein of National Higher Kdxtcation" ^ endlich die am
Dienstag abends stattfindenden „Debates'' in Union Socioty.
Das f^anze Meeting zerfiel in zwei Theile: vom 30. Juli bis iL'. Auj:fust,
und von da an bis 24. August. Kin Hilh't uro je 1 £ ^'ewährte den Zutritt
zu a\lcu Vorlesuugeu eines der beiden i'heiie; für beide Theile wurde ein
Billet um 1 M 10 s. gelöst.
Ein großer Theil der Theilnehmer verließ Cambridge schon nach dtt
ersten Hftlfte des Medmg^ andere kamen erst in der zweiten H&Ute an.
Da Montag, den 84. Augtnt, keine Vorlesungen mehr gehalten wurden,
eilten Samstag viele Theilnehmer nach London, um da.selbst noch einige
wenige Tage zuzubringen. An diesem Tage, dem 22. August, fand auch
der feierliche Schluss des MeeUr^ statt, wobei der Vice-ChanceUor G. Smith
die AbschieUttrede hielt.
Das ganze Arrangement de*! DIchUikj Va^^ in den Hrmden des überaus
thätigen R. D. Roberts, M. A., lott Fellow of Cläre CoUtgt^ Secretary
for LedttreSf der unermadlich bei jeder Vorlesung anwesend war und bei
jeder Gelegenheit den Theilnehmern an die Hand gieng.
Noch ein Wort über die Unterknnft Wie oben erwähnt, wurde eine
Liste von Wohnungen veröffentlicht. Außerdem nahm das jüngste der
Colleges, das Selwi/n College^ 56 Herren, das Netvnfiam College G3 Damen
und Teachers' College 54 Damen auf. Ich will durchaus nicht entscheiden,
ob es vorzuziehen sei, in einer Familie oder in einem Colletje zu wohnen;
jedentalLs haben beide Arten der L'ntfrkunt't ihre Vortheile. Icli wohnte
im Stlwyu College und könnte alä Nachlheil nur den Umstand hcrvor-
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Miscellen.
115
faeben, dam die InsiMeii denelbeo sebr weiten Weg in die Tenchiedenen
Höra&le sn machen hatten. Die Lebensweise im Sdiryn College ist fa«t
dieselbe, wie sio bezüjflich Oxfonl in der «Zeitschrift für das Realaohal-
wesen". XXI. Jahri^anp. S. 'JOS, von Dr. .Tohann Ellini^er beschrieben wurde,
worauf ich den Lespr hiemit verweise. Als Dank für die Höflichkeit sei
erwähnt, da« The UiylU llev. JiUhop Selwyn uml die FellowH of Sdicyn
College den Insassen je einen vergnü^ften Abend gaben. Ich bin persön-
lich dem Mr. Brown, F^tow of Sdwyn CoUegt, für die freondliche und
angendime Oewllaebaft, die er mir vor «einer Abreise nach dem Continente
in den ersten Titgen des MetÜngf leistete, fn großem Danke verpflicbtet
Schließlich sei mir gestattet, einige Wahrnehmnngen bezüglich der
Auasprache hinzuzufügen; ist es ja doch diese, die uns fremde lichrer be-
sonders interessiert. Und wo hlltte man eine bessere Gelppr^*nh. it, derartige
Beobachtungen zu niuchen als hier? Kinijjfe Coüerreii haben behauptet, da**
ihnen der Inhalt d«r V orlesung, als nebeu^üchhch, vor den Au-sspracliestiitlien
entgeht. Bei diesen Studien, sowohl in Vorträgen als auch im Verkehre
mit den ans allen Ecken und JBnden des Lande« snstrSmenden Engländern
stellte sieb immer heran«, das« die phonetisch Gebildeten «cbftrfer beobach-
teten und genauer hSrten als solche, denen diese WiiBenschaft fremd ge-
blieben ist. Dan Stadium der Phonetik wird somit all< n als Vorbereitung
xur Reise ins Ausland aufs angelegentlichste angerathen. Es ist wohl nicht
möglich, alle Einzelheiten anzuführen, ich will mich auf jene Punkte
be^ichränken. die in unseren landläutigeQ Lehrbüchern wenig oder gar nicht
beachtet werden.
Die Ausspiache der Wörter wie your^ eure, sure, durintf sollte nicht
jOr, hjiir^ i&r, djitring angegeben werden, denn heute hört man auch in
gelnldeten Classen nur S&r^ kj&r^ i6r, djSring, Q. HOfer-Wiesbaden be-
stätigt diese Wahrnehmung, indem er in seinem sehr lehrreichen Aufsatae
,Die moderne Londoner Vulgärsprache" in der Zeitschrift „Die Neueren
Sprachen", IV. Band, S. 101, sagt: , Einen :>-laut xeigt auch das ^'ebildete
englisch in diesen Wörtern, doch i.-^t » r nicht gsinz »o offen wie der vul-
gäre nnd amli verschieden von dem schrittengl n-1aiit in pore, shore etc.
Diese neue, zwis^rhen o und o stehende au.ssprache ^iit jetzt .... al.s die
feinste und lu rrscht uUgtiii'Mn anf der bühne." Ein neuer Heweis. da««
die Vulgärsprache die IJuhn zeigt, auf welcher die Schriftsprache in künf-
tigen Generationen wandeln wird. Die sogenannten r- abhängigen Laute
aeigen die Neigung, den sonst gedehnten ersten Bestandtheil zu kfiraen
und den sogenannten Stimmten zu dehnen: here lautet also h^; es ist
eine Art fallender Diphthong mit recht gedehntem zweiten unbetonten
BeatandtheUe. l'aiint hängt auch die bt utige Aussprache des Wortes year
zusammen: unter ilen Hunderten von Fallen, in denen ich da.s Wort von
verschiedenen Leuten sorerlien sj^ehTa-t h;il»e. lir>rte ich nie jh (vielleieht
gar mit lanj^em ?!V •^on«iern nur ,/j Diesen Laut hat auch Miss Soames
erkannt. Wenn icii mm binziitiige, dum auch anderen ( 'ollegen selbst
■) Ich fQkru bfispielsweiMC Prof. Fr. Bock au, der im XAil. Jiiht^sbi'ricliie der k. k.
Staau-Oberrpaltchnl" fn T«'i»rhi»n in nHncm bpachtpnswortcn Aufratzc „Wdchp engli«ctie
Aiix-Hprache »olltT "ii 1. hr' ii ' ", S. clioi llM- WiihrtuOiiiiuti^ macht, sich :ihi r fHi Swcft!«
ÜexeicUnuug iüf im Schuluut errichte euuchcidt-i, troudem er eiu paar Zfilen davur
MM Mlw Soame«' Werk dtiert : „it i» mlg hg a tpecitU <ffcrt tkat onjf <m can pnmoiunee year
8*
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llü
Miscellen.
aolchen, die die Phonetik nur dem Namen mich kennen, diese Aussprache
aafgefallen iüt, ao kann es WOhl keinem Zweifel unterließen, dass die
Schulbücher davon Kenntnis zu nehmen haben. Besondere Hucksicht ist
auf flie Quantität der Vocale zu nehmen. Es* ist wohl schon bekannt, dass
die Vücaiti in «^»'schlGäsenen Sill>en nicht alle gleich kurz (1) sind, dum sie
vielmehr (besonders vor .stiaiui haften Consonanten gedehnt werden:
man bezeichnet den Laut in solcher ätelluug gewöhnlich als halblang,
z. B. in tfto^f ^ (auch im Plor. tuen) wird man kaum fehlen, wenn
man ihn als lang beseiehnet
Die Consonanten idnd die Stiefkinder der Schulautsprache. Der
Schwund des postTOcalischen r ist so zienilloh alles, was verseichnet wird.
Es ist durchaus nothwendig, darauf zu bestehen, dass das r vor Vocalen
kein eigentlicher ?'-Laut ist, sondern so klini^ wie bei einem, von dem
man sagt, dass er kein r au sprechen vernia«^. (Itnado wefff^n dieses matten
r werden di»» Engländer dem Fremden leicht uuverbLaiidlich. Ebenso zu
betonen iat das harte Z, wodurch sich auch seine Vorst uiuuuing in /oik,
walk etc. ecklArt. Gans besonders möchte ich auf das englische dorsale t
anfinerksam machen, wie Vietor, Phonetik, L, S. 145, § 109, Anm. ], den
Laut charakterisiert; wenn sich auch Victor in der Erklftmi^ im Gelten-
satae sa Sweet befindet, der den Laut mit flacher Zange an den Al-
veolen gebildet wissen will, so ist die akustische Wirkung wesentlich doch
dieselbe. Man kann eben denselben Laut auf verschiedene Weise Hilden.
Meinten Erachtens ist ili«.' .Articuhition^st*»!)© dieselbe wie bei .s; daher hat
man, wt'nn der Englander trinity »pricht, fast — ich saj»e fastl — de«
akustitichen Eindruck von tsinitM. Ich möchte auch erwübueu, dass vielen
aufgefallen ist, ciumeft und ehanges gelegentlich mit stimmlosem End-
consonanten (^rechen zu hören: tieinti und tieinzis (oder tSemdiüf) statt
Uemi und UtMiz (oder Uemdi und Ueindiiz),
In Mureta encyklopädischem Wörterbuche wird hei „direct^ die Aus-
sprache dairect als Provincialismus des Xordcns bezeichnet: alle Vor-
tragenden dns Meeting sprachen das Adverb iUracUy nur mit dem Di-
phthong in ikr ersten Silbe.
Von ^'o!-''*'!- Wichti«^keit ist auch die Intonation der Sprache, ilie so-
genannte Satzmelodie: an dieser erkennt mau unzweifelhaft bei den ersten
Worten, ob man viel mit £nglftndern umgeht, denn man eignet sich die-
selbe unwiUkflrIich sehr bald an. Ich habe in Ounbridge einen belgischen
Studenten kennen gelernt, der nach viencehn Tagen gans gut englisch
intonierte, ohne auch eine Alinung^ davon zu haben, dass über diesen Thetl
der Aussprache hm^'e Capitel in der Phonetik handeln: dieses Feld lag
ihm umso ferner, als -icin Fach weder Englisch noch Philologie überhaupt
ist. Ein juuger Handels betlissener aus Deutschland, dessen Bekanntschaft
ich in TiOndon gemacht habe, intoniert nach einem ein jilhrii,''en Aufenthalte
in Loudo» sogar seine Muttersprache nach englischer Art. Dagegen habe
ich noch keinen Menschen kennen gelernt, der die nationale Satsmelodie
einer fremden Sprache ans Bachem nach den IQr die Musik giltigen Noten
gelernt h&tte. Selbstverständlich ist die Satsmelodie auch das erste, was
ohne Verkehr mit Vertretern des fremden Sprachstammes ebenso schnell
ebgebQßt wird. Lasst uns also fieißig und sahireich an den Summer
Meetings theilnehmen!
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Vergleichende Bemerkungen zur Homer-
Leetüre.
Von Dr. J. Simon, k. k. Gymnanallehrer.
Wie beim Wandem Bvf claMMehem Boden eine vergleichende Be-
^achtong Tergongener und gegenwärtiger Cnltur den Geist in ansaehenditer
Weise beschäftigt, so bietet es anch bei der altclaatischen Lectflre beson-
deren Reiz, antike und mo 1 i ii .\n3cbauunff in Verbindung ru brinj^n.
Für derartige Verbindungfifaden liefert jedoch kaum eine andere Schul-
lectflre reichlicheren Stoff al« dio honiriisrhe. Während irh in meinem
Aufitiitze .Zur Behaodluuu' <1'M- IIomtM-Lcctüre ;itn llyiiinaaium" frpl. di^se
Zeitschr. 1892, S. 60) den Wert die-cs ( ifsirbtsinuiktes für die Vcrtiofunpr
und Belebung der Homer -Leetüre nur im allgemeinen berührte, möchte
ich in den folgenden Zeilen an einigen besonderen Beispielen den Natsen
der vergleiehenden Behandlang homenscber Stellen beleuchten.
Besonders F. Rätsels: Vfilkerkande (Leipiig 1887) nnd G. Hartwig:
Die Inseln des Stillen Occan^ (Wiesbaden 1871) ergaben reiches Material
zn colturhistorischen Parallelen.
Wir beginnen mit Ilias I, v-. 227: 'yr.- )/,/öv?,» ilv/x> sov ajitirf riitv
^ Sf'i'Mi-f li-Xt^tn.^ ^'jjuü. Da.ss ein Hold nit lit vfrsrhiiiilht, «ich in einen
Hiiit« ihalt zu legen, ja dass At hill in >^ol( her That sogar Grund zur
Prahlerei gegen Agamemnon findet, mag iVu unsere heutige Anschauung
befremdend klii^^en. Und doch steht diese Art der Küegflfihrung im Ein-
klänge snr Völkerpsychologie. Denn tbatsftchliob halten auch Naturvölker
der T^eowit einen Cberfall ans dem Hinterhalte ftlr einen ebenso kfihnen
Streich als den Angrifl' auf offenem Felde, „wie denn namentlich die In-
dianer Amerikas ihren Ft ind in eine Falle au locken oder aus dem Hinter-
halte zu beschb^ic lit n pflegen und in derarti?f^r überlistung ihren Ruhm
eacben/ (Buchholz: Die homerischen Realien Ii, S. 311.)
Ilia?« I, v*. ;ji)4 11. Nachdem Agamemnon die ver«ami<i"lt< n Ar^'<'it r
mit kräftigen Worten aulgefordert hatte, sich zum Kaiuin ' zu rüsten,
eilen die Mannen ans der Veiaammliing anter einem Lärm, tu; ^»-t tJ>^
hxT^ ev" 'vy\f{u^f oTf xtvr^Tij Noto; cXdiuv, icpo^X^u qimmiI)j|i. Interessant ist
es, dass dieser Vergleich auch im Monde der Schlachtenredner des Tahiti-
stammes ertönt: „Rollt über die Feinde hin wie die Wogen, werft euch
auf ihre Reihen brüllend und schäumend wi»- dt r über die Ritfe sich
wälzend.» Ocean' Hartwi'^r n. a 0. S. 202\ Mit ähnlichen Worten mögen
homerische llclib-n, wie diu (mi^* o:[u'^'r, AioM-r^vr : odor MsviXao; vor Be-
ginn der Srhim lit ihr*' Si harpn 7^n?n t-rlatttTten Katnjit'o entflammt haben.
Hins iV IIG: sx o s/.ex lo/ fx\jK-t^'t. "i'^ui^'^t., jxe/,'ji:viujv Ej>}i.' Ö0')vcI»iiV.
Das Epitheton nx^pos'.; l)eim Pfeile im bildlichen Sinne zur Bezeichnung
der Baschheit des Fluges analog den hm. «rspotvt'x aufenfassen, scheint mir
im G^ensatze zn Bachholz (a. a. 0. II, 3, 365) unwahrscheinlich. Die
homerische Sitte, das Pfeilende zur Beförderung der Flugkraft mit einem
Federbarte auszustatten, begegnet auch bei den amerikanischen Hyper-
boreern; mit Vorliebe sollen diese Babenfedem gewählt haben (BAtael
') Mao MÜUK-n- <l<-n Si'hüi'T Ixm •lic-'i'n Worn ri nn .S-hlllpr, der in win«in .,Tcil" <III, 3)
anrh vöid Bojrcn «1» „Brinf(i>r bituvr ScbtiM^ntro" spricht.
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Miscellen.
a. 0. S. 740), wie denn auch rar Zeit Homen füx die Befiederang det
Pfeile die Schwingen größerer Vögel verwertet werden mochten.
Hektors stolse Äußerung in Ilias VI, vs. 441 fif.: ^Ich scheue Trojas
Männer Tinsehr wenn ich hier wio ein Feij^pr »»ntfernt das Treffen
vernu'ide; .... ich lernte, immer tapferen Mutlies zu sein" findet noeh
heutö Wiederhall Wei den vornehmen Fürsten der Saiuüain.sel. Auch diese
rechtfertigen ihren Ueburtsstolz mit deiu üchüoen Grundsatze, den Uubui
der Vorfiihren von allem Ifokel frei su halten «.vgl. auch des Olankoe
Wort Ilias VI, 809: ^r^ok ^^voc lestfipittv aloxo^F^) und ihn durch ein
gleicbee, tapferes Vorgehen unbefleckt der Nachwelt su llberliefern
(Hartwig a. a. 0. S. 357).
Ilias XI, 393: , Seiner Vermählten daheim sind zerriseen die Wangen."
Wie die Gattin des im Kriege gefallenen homerischen Kriegers vor Schmerz
und Jammer sich zerfleischt, so ortenbarte sich auch bei den Krauen an-
derer Natnrvölker, z. B. der Tahitier, der J^chmerz in d»ni wildesten, sieh
selbst (juäleudeu AuMbrücheu. Man begnügte «>ich nicht mit dem Zerrauteu
der Haare (vgl. hiera ilias XXII, 405 Hekabes Schmer»), sondern schlug
die Wangen mit den Fttnsten gans schwanblau oder serscbnitt sich Gesieht»
Brust und Arme (Hartwig a. a. 0. S. 800 und 879). Wie anderseits Aehtll
in seinem an Wahnsinn grenzenden Schmerze um Patroklos sein Haupt
mit Staub bestareut (Ilias XVII I, va. 23) oder Priamos unter den Qualen
des Schmerzes um Hektor sich auf schmutziger Erde wälzt (llia.*? XXII, 414;
XXIV, H39), HO geberden sich auch die Männer unter den l'ahitiern und
Polynesieru vor JfchuierÄ beim Tode eines Verwandten oder Freundes wie
wahnsinnig (Hartwig a. a. 0. S. 200).
Ilias XVm, TS. 497 ff. Über die Anffiissung dieser Stelle auf Grund
vergleichender Betrachtung Tgl. raeinen Aufsat« „Zur Qerichtsscene auf
dem Achilles- Schild' (Tgl. diese Zeitschr. 1688). Den Gegenstand des in
jener Homer-Stelle gescliiUlerten Processes bildet die Entrichtung eines
Sühngeldes. Wie bei den Griechen der heroischen Zeit, ist noch jetzt bei
den Corsen, Montenegrinern, Arabern xind Neugriechen die Sitte der
Blutrache im Sehwnnge. Doch konnte bereits in homerischer Zeit, wie
heute auch bei den erwähnten \'«tlkern, der Todtschläger =ich vor der
Blutrache durch ein Sühugeld sichern, dessen Höhe nach Lbareiukommeu
bemessen wurde, i)
Ilias XXMf TS. 66 ff. gibt Prismos der Belttrchtung Ausdruck, dass
sein Leichnam «zerfleischt Ton blutfperigen Hunden" daliegen könnte« und
TS. 388 beschwört dei- sterbende Hektor den Achill, ihn »nicht von Hunden
zerreißen zu Ias«;en".-) Doch Achill „ersinnt schändlichen Frevel an Hektor»
Leiche. Beiden Filßen dnrchbohrt er hinton die Sehne zwischen Knöchel
und Ferse und durchzo*,,' sie mit Hienien, band sie am Streitwagen fest
und sclileilt den Leiclinani durch ilie Gefilde" (vs. 395 ff.). Aus tierartigen
Sttilltiu (vgl. auch Ilias XXIV, 14 ff.) ersehen wir, dass die hümerischt-n
Krieger sich nicht immer mit der erbeuteten RQstung begnügten, sondern
*} Kash altcretiaclieia Kcchtc (vgl. meino Arbeit „Zur luBcbrift von Gortyn", Wieo
IBS/it 8. 23') und nach altg<erraiinl!K>hrTn Tti'chto (vgl. J. Grimm: ,, Deutsche Be^htstlterthOmer'*,
8. 670 ff.) «..I H Mi. .1.- <lr^,fL'. t.l. » f. M 'ostollt.
Dicsti bei Horner nicht M-lienc Druhung beguguct iu der »püiereii Z«*il nur in Vcr-
wttDucbnnKiifiMiQvln ; so vot einer Gmhliufchrift bei Kalbet : Epiffrawmafa grnte« tx biptdihu«
«mUda, Nr. VSH,
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Miscellcn.
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manchinal mit «otmenschier Granninkeit die Leiche des gefaUenen Feindes
miMhandelten. Diese ftlr nnser Gefühl empörende Seite des homerischen
Kriej^slcbens steht nicht vereinzelt da, sondern wird TOn Naturvölkern der
Neuzeit, wie x. B. von den Tahitiern, an Grausamkeit no( h übertroffen.
So erzahlt Hartwijr (a. a. 0. S'. 203): , Während der Schlacht steigerte
«ich zuweilen die Wuth der Tuhitier zu oin> r sololien barbarischen Hohe,
dass ein Krieger «einen gefallenen Feind mit der schweieu Keule platt
schlug und dann mit seiner steinernen Streitaxt ein Loch durch die Mitte
hieb, dntch welches er seinen Kopf steckte, wie er es sonst bei seinem
Mantd, der Tipota, zu thnn pfl^^."
Schon diese wenigen Beispiele dOrften den Nachweis erbracht Inben»
dass die Homer- Lectnre dnrch eine vergleichende Betrachtung die Vor-
stellung des Schülers zu belel>en und sein Intere*?*'^ wissentlich zu erhöhen
vertnas^'.') Durch dieses piidagORi^^fl^*^ Mittnl wird (Ui.> Bild lilnj^t ver-
gaTit:('n» r Cultur seines fremden Uahiiienj4 beraubt, und die Scheuklappen,
rait dunen die Schüler lioson^U rs un die Honier-Lectöre herantreten, werden
durch den Hinweis auf ühnlicbe Erscheinungen gegenwärtiger Cultur mehr
oder weniger beseitigt.
A 'Mfabilieber bespracli ich dioset Them« in der K«>bnianiisung der Pngn „Pentacheti
MUtclscüulc".
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Literarische Rundsctiau
Otto VVilliuanu; Geschichte des Idealismus. In drei Bünden. Zweiter
Band: Ber Idealismiiä der Kircbeniräter und der Bealiämiu der Scholastiker.
Bnuuuchweig 1896. 652 S. 9 Mark.
Der chri-fli(ln' Mtaüsinus ist die Vollendung des ^antiken. In der
preschichtlichen Entwicklung zei^ft sich eine überniscliende Ahnlit hkeit. in
der antiken Welt schlössen aich zuerst bei Pythajfora.s Mystik, Forschung,
gesetxhafte Elemente zusammen zu einer Philosophie, die Idealiätnus ge-
nannt werden muas; or Jand Mittelglieder /wlsi ln n d. ni ;^'öttlichen Urgrund
und den Dingen in den Zahlen, in der Harmonie, in der Form, den Ge-
stalten (r.xövBc, rS*»)), ans der Gottheit iitamniend, aber nicht sie seihet ;
nicht von den Dingen getrennt, no' h weniger (u-liildo unseres Geistes.
Die Sophisten erkannten weder m, noch über den i>iuifen ein Gesetz an,
das der Willkür des Subjectes Grenzen setzen könnte; da.s Allgemeine ist
ihnen nur ein Prodnct de» men.schlichen Geistes; seinen Zeichen entspricht
nichts Realen: äe sind Noniinulisten. Gf>j,'en sie w('n<Ietp Mich Sokrates,
und Plato bildete die Lehre von den Ideen aus. Sein Ideiilismu^ ist g^eu
den Muteriultsmus gerichtet, bedorfte a^r selbst der Berichtigung, die
durch Ari>ti»t«:los erf^ilf^te. „Die jetzt gewonnene Anschannng^ ist Realinmus
im doLtuelten Smne, sowohl dem Nooiinalisinu.s gegenüber, weil sie das
GedanKliche als Daseinselement, also als Keales fa^t. als auch der Plato-
nischen Tmnsscendenzlehre gegenülier. weil sie den Dingen eine Realität
zu.spricht. welche dieselben nicht ledijrlich von Hon Tdeen zu Lehen tragen"
(S. 105;. Die Stoiker fielen in den Nominalismus zurück; die Neuplatoniker
griffen, wie schon ihre Benennung sagt, auf Plate zorflck und suchten
eine Aii'^gleichuni? mit Aristoteles zu gewinnen. ,Der Realismus behält
das letzte Wort, der Nomiualismuä erscheint nur als eine wiederkehrende
£pisode" (S. 352).
Ähnlich ist nno die Entwicklung in der christlichen 8{H>culation. In
der patristischen Zeit wird von den idealen l'rincipien lUsit/ frgritfen.
Bei Augustinus verbinden sich dixs mystische, das speculiitive, das gesetz-
hat'te un<l das historische Element zur innerlichen Kinheit: aus der Mystik
der Demuth erw:i<"hs-t <eine Speculatioii. uiid \vi(» .jene im Go-^ctze. so findet
der rationale Zu^ seines Philosophicreus seinen Rückhalt in der Geschichte.
Die Leitlinien sind die specnlativen Elemente des Johannes -Evangeliums
und der Paulini.schen Briefe; von denen aus macht er den Ideulismus
IMatons und Platins dem Evanirplium dienst Imr Philo si li.ltzt er von allen
i'lul«>.HOphen am hüchsten. W .is d« n Dinj^en Halt und Kern f^'ewäiirL, ist
das Gedankliche, das zurü« kg<-ht tut i^ Ht liehe Gedanken und lUtbschlQsse.
Die allgemeint n li'-^rüfi« sind dab' r n:i lit tin^'ere Denkbehell'e, FAntlern
gehen auf ein Wesenhaftes, die Ideen zurück, an denen da.s Sinnlich-
Wirkliche theilhaben muss, nm za existieren. Solche Lehre wehrte dem
Materialismus wie dem Skepticismns. Aber aus dialecti.scliem f bermuthe
(wie bei den Sophisten! erhoben sich später Meinungen ("^lotus Krti^ena;
Roscellinus), welche erklärten, die allgemeinen Wcsenlu iten seien nichts
als der Hauch der Stimme; die Zu.'<aminenfassung mehrerer Kinsselwesen
unter einen Be^rriH' nii iit- .il- »-in <ul)if. t i vor Art Kutgegen diesem
Kominalisuius ist die Scholastik (Alberlus Magnus, Thomas von Aquin,
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Literansciie itumhciuiu.
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daher zuerst AlbertismuH, apüter ThoniiMnuHl Keali.Hmiu »in demselben
doppelten i?inne. wie; e« die Aristotelische Philosophie war: sie gesteht
den iSiunendingen wahrbnite liealität zu, über sie erklärt zugleich dm
Ideal«, dos Intellegible, in wolchem sie da« Weten der Dinge findet, f&r
ein D i^einaelement, »liO f&r mehr ab ein Product menechlicnen Denkens**
(ü. 322V
Wie über itn Alterthnme infolge einer Erachlafi'ung des Denkens ein
KiK ktall in den Nominalismus eintrat iStou). so kommt in der Sohohistik
<{>■ XIV. .T.ilirhunderts ein ernpiitn- Nominalisnin«? niif, dem \a<hl:iHsen
der äpecuiiitiven Kräfte und der Verengerung des Horizontes entstiimniend.
Ihm gegenüber blieb der Realinniu siegreich, and jener verschwindet seit
Anfang des XVI. .labihumlorts aus dt r St holastik, um freilich — .außer-
halb derselben um»o üppiger ins Kraut zu schießen". ^Im Kreiae der be-
sonnenen, auf Festhalten der errungenen Kenntnisse bedachten Denker
t>ehielt auch hier der Kealismus das letzte Wort, wie er das erste hatte.
Der ganze Kampf (gegen 'itMi N(-ininalisinns) cr-rhi-iiit riiw h anss^'e^prochener
als im Alterthume lediglich als eine Episode, weiche der Klarung der
realistischen Grundan»M*hananfr dient, nnd ist nicht entfernt etwa ab das
Bingen zweier gleichberechtigter i'rinri^iion zn fassm. «la-. wie man wohl
gemeint hat. nur durch allgemeine Ermattung aemeu Ab^^chiutki gefunden
hatte" (S 359; vgl. 106».
Anguatini» und Thonuw von Ac^uin sind innerhalb der christlichen
Speculilion wie im Alterthume IMato und Aristoteles die alles flherntgen-
den Gipfel; die Patristik steht im näheren Verhaltni>sM' zu l'iaLo, die
Scholastik steht Aristoteles nßher, ja es ist eine verbreitete Ansicht, doss
dlf Kntwirklung der Scholastik iiinl >l.iiia< h die Eintheilung bei der ge-
i5chichtiichen Beiuiudlung dieser Philosophie «ich ergebe aus ihrem Ver*
hSltnisse zur alten Philosophie, namentlich su Arist^oteles. Die Schicksale
der Scholastik hätten daiiuh abgehangen von dem geringeren oder
größeren Vornithe antiker .Schriften, und die christliche Philosophie; des
Mittelalters wäre in knechtischer Abhängigkeit gestanden von den Alten,
nammtlich ▼on Aristotele«i. der nnn n<>> )i dazu in mangelhafter Weise
vei"standon worden . ^I^nn „br-kaniit lirh" ia erst zti Ht';:rinn ilcr
Neuzeit der „echte" Aristoteles (und Platoi der tieiehrtenwelt zugänglich
geworden, und erst in nnd seit dieser Zeit recht verstanden worden. So
war es aber nicht. Thatsächlich war die Abhängigkeit der christlichen
Speculation von den Alten nicht so groß und thatsächlich war die Kenntnis
der Aristotelischen Philo.soj)hiu ungleieh gröber in der Zeit der lllüt»« der
Scholastik als in jenen Tagen, wo man mit so tiefer Verachtung aut alle
Scholastik herabsah fS. :V,V.)}. denn da,-- .Ii«- Lfutf, di.- ^'liechische Worte
lesen und verstehen lernten, nun auch den Ariätoteles und Pluto gleich
„richtig" verstanden, das haben sie und hat man weithin ihnen eben nnr
— geglaubt (S. 593 ft.i und glaubt es auch noeh, wie man etwa den
Olanz, der sich anf dem Haui)te Hacons in der Nachwelt gesauimelt hat,
noch immer zu erhöhen weiß, ohne sich erat die Mühe zu nehmen, zu
fragen, was er wirklich geleistet hat (S. 609), und die Scholastiker ver-
urtheilt, auch ohne zu wissen, Wius sie wirklich waren. ob.sehon gegen
jenen selbst J. v. Liebig aufgetreten i»t. und über diese ticbon Leibniz
geschrieben hat, er habe eingesehen, «da« wir Moderne dem beilisren
Thonj:is und den anderen großen Männern jener Zeit nicht gerecht Avrult ii
und dass die Ansichten der seholostisthen Philosophie und Theologie weit
mehr Gediegenheit haben, als man sich träumen laase. wenn man .^ie nur
in der rechten AVeise und an <ler re(^hten Stelle heranzieht" (S. 627).
Da8s es auch »nit dor angeblichen Si lbstanf lösiing der Scholastik <ein6
eigene Bewandtnis habe, geht aus dem Angeführten auch schon hervor. —
Ich habe im zweiten Hefte des IX. Jahrganges 8. 214 unserer Zeitschrift
auf den ersten Hand von Willmanns «Geschichte des Idealismus" aufinprk-
sani gemacht, und im Voranstehenden habe ich versucht, aus dem überreichen
Inhalte des zweiten Bandes einiges herausxoheben , wiis den Keichthum
des Werke.< andeuten, die .Stellung des gelehrten Verfiussers kennzeichnen
oder doch den Titel de« Buches erklären kann. Wer ül>er das eigenartige«
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Literarische Rundschau.
noch immer so oft iiiui( }iti<4 beurthcilto fü-i-f »'slclicn des christlichen
Mittelalters sieh unterrichten will, möge zu diesem Buche greifen, auch
wer über das Weiterleben der antiken Philosophemo AutachlnsB wflnficht
und wer Interesse hat für die Verbreitung christlichen lihiubens und
Denkens in der Ferne niitl Wi'iff Kine leichte Tit'c türe freilich bietet das
Buch nicht, daa kann aber wohl auch niemand erwiirten. Der StoU', der
m behandeln war, ist lehr flchwierif^, auf weite Strecken hin abstract, wer
diese aber überblickt, der wird iiucb dif Kunst drr DarstrlluTiy' bewundern,
eine Darstellung, du; auf klarer Hinsicht beruhend trettend eintheilt und
sicher gruppiert, dem Verständnisse und dem Überblicke auch dadurch
Kuhilfe kommt, dass sie daa Wichtigste v<in verschiedenen Seiten her zu
beleuchten weiß und darum geni auf diis Frühere zurnekf^reift un<l auf
das Folgende vorweisend hindeutet. Die Charakteristiken des Thomas von
Aqnin nnd des heiligen Augustinns machte ich noch besonder» hervorheben.
Die äuf^ere stilistische S'-ilf ist in ib-r l'urstellung des Afjiiinatfn wohl
glänzender, dafür war hier schon weithin vorgearbeitet, während dem
größten der Kirchenväter gegenüber i»chwere nnd tiefgehende Arbeit in
hartem [«»den zu leisten war, bevor auf festem («runde ein Bild seiner Eigen-
art unter Vorgängera nnd Mitstreitern nnd Nachfolgern errichtet werden
konnte.
In dem Dialoge contra Academicos vom heiligen Angnstinus wird die
Fra^e orfirtert: Kann der Menschenfreist Y(dlknmmenheit und Beglückung
finden ohne die Wahrheity Einer der Unterredenden bejaht die Frage;
doe Forschen n&ch Wahrheit genfigt schon, in dem Suchen selbst liegt die
Befriedigung — er stimmt ulso illierein mit Lessing, de.ssen dahin zielen-
der Ausspruch ja bekannt ist. Der CJegenredner aber erwideit, Suchen
ohne Findt-n. Forschen ohne Erkenntnis sei nichts anderes als Irren, das
ganze Thun habe nur .Sinn, wenn es sich nm ein Gut handle, dessen Be-
sitz ei"strebt wird und natürlicli nicht nncrn-ichbar ist (S. 24U).
Für den Idealismus gibt es eine objective Wahrheit und die Philo-
sophie ist danach faingeordnet auf eine reale Gedankenwelt. «Die Wahr*
heit, welche Pythagoras. Plato und Aristoteles suchten, ist dieselbe wie
die, nach welcher .Augustinus nnd Thomas suchten. Durch ib n Zusammen-
schluss der Denker, welche zugleich Weise waren, ist ein Wahrheit.sschatz
erarbeitet worden, welcher den objectiven Maßtttab für die verschiedenen
Uedankenbildungen frewährt" fS 550). Willniann steht ~»dbv-t tV-^t auf
diesem Hoden und er misst mit solchem Maße. Es ist bncht ersichtlich und
braucht nicht zn flberraschen, dass nach diesem Mafn; gemessen gar viele
laut ^M'})rit'sr'Tie Größen der neueren Zeit recht klein ei-ch. incn. Schon
in diesem Bande fallen wiederholt scharfe ürtheile — so über Kant, deftsen
Lehre „den Gegenpol gegen den Thoinismus" bildet; vgl. S. 537 n. a.
— Der dritte Band der „Geschichte des Idealismus" wird in größerem
Umfange die Gegner dieser Weltanschaunnj; in den letzten .Tahrhnnderten
beleuchten. Eine Inhaltsubersicht über diesen dritten Band ist schon dem
vorliegenden zweiten beigelegt und l&ast ein baldiges Erscheinen desselben
erwarten.
Prag, W, Toischer,
Dt. G. E. Bonseier: Griechisch-deutsches Schulwörterbuch. Zehnte,
vielfach verbesserte Auflage, besorgt von Dr. A. Kaegi. Leipzig, Teubner.
1896. XU + 929 Sä., geh. 6 H. 75 Pf., geb. 8 M.
Die erste Auflage des vorliegenden Schulbuches erschien im Jahre
1859, also fast /u «gleicher Zeit mit der dieselben Zwecke verfolgenden
Arbeit von Schenk 1. Die vierte (1872). fünfte und sechste Auflage be-
Horgte Rieckher. Von der siebenten (1882) Auflage an war Anten rieth
Herausgebor und InnirbiMtete unch die m htf i LSS»;, und neunte (1891) Auf-
lage. Die Besorgung der vorliegenden zehnten wurde Herrn Prof. Kaegi
Owrtragen.
Wer, wie der Unterzeichnete, das Buch von Anfanjj an durch alle
Auflagen hindurch benütet hat, der weiß, wie emsig an der Verbesserung
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Literarische Kuniii^ciiau.
123
deMoIben gearbeitet worden ÜL Allein ein derartig Schulbuch wird nie
fertifT. Vpv mifinprk'^anie H^^nützfr wir«? immer noch ein«* oder das andere
verniiiisen, dies oiier jene*» verbt^siüerungsbeiiiirfti); finden. iJadurch , tla^s
das Buch infol^fo seiner weiten Verbreitung alle vier bis fünt lalut' nea
aufgflp£^t wonlt'Ti kann, ist es niö^^üch, diejw's finlliih dem Iiltah« eines
Schuibuchesi nahe zu bringen. Und daran bat der letzte Bearbeiter, Uerr
Kaegi, seine ganse Kraft geseist. Bs hätte die Arbeit anch in keine be-
rufeneren Hände gelegt werden können. Hat sich ja doch der Herr Ver-
f'AK<ev s»Mt den letzten 15 Jahren fast ausi^chließlich mit Arbeiten beschäftitft,
die den giieohiächen Unterricht betretl'en. S<Mne reichhaltigen Sammlungen,
die ihm als Grundlage für die griechischen Schulgrammatiken dienten, hat
der nene Hernn-j^^clufr in diis Wörterbuch liuieingeari>t'it<'t /ahlifiiht^
neue Artikel, die bisher fehlten, tsind nach den beuten kritischen Ausgaben
nachgetragen worden. Die Etymologien, eine etwas schwache Seite der
früheren Auflagen, sind durchwegs geprüft, vieles Unhaltbare ist beseitigt
und durch Besseres ersetzt worden. Ich möchtf dem Herrn Verfanser rathen,
hei einer neuen Auflage alle Ktymologien unbarmherzig zu streichen, die
er mit einem Fragezeichen versehen muwte. Auf die Schüler macht es
immer einten un'^nlnetigen Eindruck, wenn aie uch sogen: die Gelehrten
wissen selber nichts.
Nur tu billigen ist es. dass der Herausgeber in ortb<^;^pbitchen
IHn^'on anf dio Inschriften i,'t"iI*t'ros (Jr-wicht l.-.:t al« auf dif diiirh dio
Hanüfichrilten veranlasste Schreibung in unseren iext^»u. Hierin will Herr K..
mit Hecht den flerau£>gebern von Texten vorangehen und nicht etst nach-
hinken. Dnd so wird r. B. bolFentlich bald ein xidvtxa aus allen Texten
und Oranimatiken ver«chwindpn . t>m der richtigen Form r^iW^w riatx zu
milchen. Kreilich dürfte mancher Schüler, dem man diese und ähnliche
Formen einst angestrichen, sich naebtr^lich beschweren und ausrufen:
Quiiitili Vttrf, redde mihi tpqvmfs!
Allein tür eine neue Auflage bleibt immnliin noch ein gute« ätück
Arbeit KU leisten. Der Herr VerfiMser wird guttlnui, wenn er sidi sofort
daran macht, um eine mdgliebet gleich- und planmäßige Überarbeitung
durchzuführen. So vermisse ich in Bezug Hiif die 15<'rü('kr<uhtitjnni» df»r
Eigennamen einen einheitlichen Plan, abgesehen ilavon, das-n ich dt lu von
Benseier in der Vorrede zur ersten Auflage aufgestellten Grundsatze nicht
beipfli» htt n kann. Dt-r Schrdor. nnd wohl aurh dor Lehrer, sieht siv h oft
nicht erst dann genöthigt. einen Eigennamen im Wörterbuche aufzusuclieu.
wenn er diesem in der Lectflre begegnet. Es gibt ja andere Anläase genug.
So z. B. vermisse ich 'A).x'.^'.aor,c, während anderseits ganz unwichtige
Namen aufgeführt »in(J. \urh in Hf^zii".,' anf Qimntifätsanijalii'n i>t norh
nicht genug geschehen, zumal liir Fälle, die für die L!« Luiiuug in Beiiacht
kommen. Hie und da sind auch Bedeutungen nachzutragen. Es ist ungemein
wicliti^r. dass ilor Sidiulor im Aiisdrucko w»>( li-i'ln kann. Indf-\ p> i-( kein
Zweifel, dass der neue Bearbeiter bei gegebener Mulie alles dies ebnen und
glätten wird.
AbtT auch in der vorliegenden Gestilt steht das Buch unübertroffen
da. Elin xhüler, der bei dnr Maturitätsarbeit aus df»m GritM-hi«chfn ins
Dentache dieses Wörterbuch zur Hand hat, ist weitaus im Vortheiie gegen-
über solchen, denen nur ein anderes sugebote steht. Ich brauche dem-
nach das Buch nicht erst zti empfehlen.
Die Ausstattung ist tretilich, der Preis mäßig. Der Druck ist im all-
femeinen eorrect, nur sind leider, wie in frdheren Auflagen, bei der fetten
chiift ziemlich viele Accente und Spirituszeichon abiiesprungon. Dafür
kann natürlich der Herausgeber nichts. Hoffentlich trifft dieser Mangel
nicht alle Exemplare. Allein sollte denn die Technik der Schriftgießerei
nicht so weit vorgeeehritten seiu^ dass dies v^bfltet werden kann?
X6nophons Anabasis. Für den Schulgebrauch erklärt von Ford. Voll-
brecht. Neunte verbesserte Auflage, be^^orgt unter Mitwirkung von
Wilb. Voll brecht. I. Händchen. Buch I und II. Leipzig. Teubner.
1896. 198 SS., geb. 1 M. tiO Pf. II. Bändcheu. 131 SS., geb. 1 M.
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Literarische Hundi«ciiuu.
20 Pf. (Gleichzeitig auch eine Ausgabe mit Text, abgesondert von den
ADnierkungen.)
Diese nennte Aiiflni^p ist gegenüber der früheren vielfach verändert.
Abgesehen vom firößen n Drucke und besserer Ausstattung sind die Inhalts-
angaben uns den Anrnerkunfren als tjbenchriften in den Text lil »ertragen,
im Texte selbst sind häufiger Al-^^iitze gemacht, die dtrfu tcn lieden durch
Anfiihrungazeichen hervorgehoben. Der 'i'ext ächiießt sich zwar ini all-
geoteinen an Hug an. doch sind die Klammern alle beseitigt, indem das
von ITu;.' Ein<,'t'kl;ininu'rte theils g'.inz ausgeschieden, tlieils olmo Klammern
gesetzt wurde. Auch in den Anmerkungen spürt man überall die bf'.s-orndo
Hand. Einzelnes, das mehr für den Lehrer Wert hat. ist in den Anhang
verwiesen. Auch der Excurs über das Heerwesen der Söldner bei Xenopbon
(4." S"S.) hat überall mit T?ru ksiclit auf die neno<-"te Literatur Vf rbesseninj^^'n
erfahren. Zahlreiche Holzschnitte und zwei Figuren tafeln erläutern den
Text. Außerdem ist eine gute Übersichtskarte beigegeben. Das Bach kann
demnach sowohl f&r Schfller ah ancb Ar Lehrer bMtens empfohlen werden.
Auswahl aus Xenophons Hellenika. Für den Sehnlnrobrauch bearbeitet
und in ge*<;hichtlichen Zusammenhang gebracht von Dr. C. Dünger.
Zweite verbesserte und vermehrte Auflage. Mit einer Übersichtskarte
von Griechenland und der Kü^ite Kleinasiens und 9 £itticelkarten. Leipsig,
G. Freyta^. 1895. XVI U4 8S. 1 M. 20 Pf.
Die zweite Aufla^^e unterscheidet sich von der ersten hauptsächlich
durch Beifügung von äituationeplänen und Karten, ferner durch ein Ver-
zeiilmis der Eigennamen. Di-- Einleitung, welche Xenophons Leben und
Schritten behandelt, scheint mir überflüssig, da meines Wissens Xenophons
Hellenika anch in Deutschland nicht vor der Anabasis gelesen au werden
pflegen. Die Auswahl ist gelungen, die einzelnen Stücke sind in geschicht-
lichen Zn.«tiunnreuhang geljracht. und zwar nicht durch eine rnhftlt«5nn<..rabe
der aus^^'elitsicnen Theile, sondern durch Beifügung der «jescliichlliehen
Thatsachen, welche anm Verständnisse des Zusammenhany:e^ not h wendig
find. Getreu die etwa«: willkürliche Textgestaltimg habe ich bei einer der-
artigen Schulausgabe nichts einzuwenden. Die Ausstattung des Buches ist
zwar tadellos, wenn auch nicht so glänzend wie die Auswahl aus der Ana-
biuiis von deni.selben Verfasser. Die dazu gehörigen Anmerkungen nnd zur
Besprechung nieht geliefert worden.
Für un.s kann diese Auswahl natürlich nur für die Privatlectüre in
Betracht kommen. Reiferen SchQlem darf sie gewiss empfohlen werden.
Auswahl aus Xenophons Anabasis. Für d. n Schulgebmuch bear}>eitet
von Dr. C. Bümrer. Mit 1 Karte. 1 Farbenbild und 37 Plänen und Ab-
bildungen. Leipzig, G. Freytag. 1896. L + 174 SS. 1 M. ÖO Pf.
Die Einleitung gibt in vier .Abschnitten (1. Das persische Reich,
II. Der jün;_'ere Cvrus. III. Das griechische Söldnerheer, IV. Xenopbon)
alles, was zum Verständnisse der Änabasis nöthig i»it; manches hätte wohl
kürzer geihsst werden können. Den Text b^leiten außer Überschriften
zu den einzelnen Abschnitten noch kurze Inhaltsangaben als Rand-
bemerknnfjpn. Der Text i-t großentheils nach Hug gef»pbf>n. Er enthält
etwa die Hälfte der Anubasis. Der Anhang bringt, wie da^» jetzt schon so
üblich ist, ein V^erzeichnis der Eigennamen, femer eine Zeittafel für den
Zu? d( r Zehntausend und einige Angaben über griechische MaOe und
Münzen.
Die Auswahl ist gut, die Verbindung der einzelnen Abschnitte
geschickt gemacht, die AuratattunK des Buches tadellos. In Deutschland
wird diege Ausgabe gewiss Anklang finden, in Österreich dürfte sie kaum
Boden fiWi>en.
Die zu diesem Texte gearbeiteten Anmerkungen habe ich nicht zu
Gesicht bekommen.
Wien, Dr. Y. Jlintner,
Literarische fiundscbau.
125
Die Theorte der FftnUlellliiieii von Buklid bis auf Gaii&. £ine
Urkundensaiimiluni; /.ur Voi j,'e-«rhichte der nicht-Euklidischen Geometrie,
in Genieinschatt mit Frietirich Engel herausgegeben von P;iu l Stäckel.
Mit 145 Fi^juren im Texte und der Nachbildung eines Briefes von Oaub.
X und dS5 pag. Leips«, B. G. Teubner 1095.
,E9 wird wrnige Gegenstände im Gebiete der Mathematik geben,"
schreibt Gauß in den Göttinger Gelehrten Anzeigen vom Jahre 181rt in
einer Recension einer geometrischen Abhandlung, ,über weich*» soviel ge-
sehrieben wäre wie über die Lücke im Anfange der Geonx'trie bei Be-
grf'indting der Theori«^ <lfr Paralleilinien. Selten vergeht ein .lahr, wo nicht
irgend ein neuer Versuch zum Vorschein käme, die«e Lücke auszufüllen,
ohne da» wir doch, wenn wir ehrlich nnd ofFen reden wollen, sagen
könnten, da^s wir im wesi'ntlichen irgend wtMtrt L,'okotiinirTi wäi-'n, als
Euklides vor 2000 Jahren war. Ein solches aufrichtiges und unumwundenes
Geständnis scheint uns der Würde der Wissenschaft angemessener als das
eitle Bemühen, die Lücke, die man nicht antftilten kann, durch ein unhalt-
bares Gowpbf» von Schpinbewpi>!f'n r.n verbergen." Spif di.'ii'r /ojf hat «ich
die iSachlage wohl bedeutend geändert. Die Arbeit von Hiemann „über
die Hypothesen, welche der Geometrie zngmnde li^n" 1854. die Ab-
handlungen von Heimholte „f'^lM-r di.' Tlrat.^achpn. wi K he der t ;.>oni''trie
zugrunde liegen" 1867, „über den Ursprung und die Bedeutung der
geometrischen Axiome" lbti8, die fondamentalen, auf einer ganz anderen
Basis aufgebauten Untersuchungen von Cajley und Felix Klein haben diese
Frage wohl vollstrmdiir » ntsi hicden. nnd ps ft'hlt auch Iceineswegs ein Werk,
welches eine zusamuienfasäende Darstellung der sogenannten nicht- Eukli-
dischen Geometrie gibt. Allein, «wenn immer mehr anerkannt wird, in
wie hohem Maßn gerade bei den fpin>:tt'n Untersuchungrn dnr rir-noren
Mathematik das tiefere Verständnis durch die geschichtliche Betrachtungs-
weise gefördert wird, so trifft das ganz besonders bei der nicht-Enklidischen
Geometrie zu. Wir rind ftbeneogt, dasi das Eindringen in diese beim
ersten Anblicke f«o paradoxen, dem gesunden Mt'ns( bcnverstiind" scheinbar
so widerstrebenden Gedankenbildungen durch nichts mehr erleichtert wird,
als wenn man ihrer geschichtlichen Entwicklung nachgeht, wenn man
verfolgt, wie d'io Fmancipation von Fnklid diii i b jalirliundertelange Arbeit
vorbereitet wird und wie sich dann die neuen Ideen mit unwiderstehlicher
Gewalt fast gleichzeitig an ränrnlich weit entfernten Orten Europas balm-
brechen."
Mit diesen Worten wendet ^ich der Herausgeber zunächst an jene
Mathematiker, welche in den Gedankenkreis der nicht-Euklidischen Geo-
metrie einzudringen gewillt sind. Aber auch die l'hilosophen möchte er
auf sein Buch aufmerksam innchen, denn di<' Panuleltlifori-" >ti'ht mit ver-
schiedenen philosophischen Grundproblemen in enger Verbindung, streift
doch, wie schon Ganß sich ansdrOekt, der Fragepunkt unmittelbar an die
Metaphysik und ist der Einfluss der Kantischen Kritik der reinen Vernunft
(1781) auf das* Wiedererwachen de« Interesses für die Grundlagen der Geo-
metrie und damit aut h für die Paralleltheorie unverkennbar.
Das Buch beginnt, um auf den Inhalt d<«8selben näher eininigehen,
wie sellrstverstilntllic Ii mit den Eb'mcnten Kiiklith und führt an. win Kuklid
auf Grund der Forderung: „Wenn eine Gerade zwei Gerade tritlt und mit
ihnen anf derselben Seite innere Winkel bildet, die zusammen kleiner sind
als zwei Pitchte. so sollen die beiden Geraden, ins Unendliche verlängert,
schließlich auf der Üeite zusammentreffen, auf der die ^Vinkel liegen, die
ziimmmen kleiner sind als zwei Rechte" die Existenz, paralleler Linien
erweist. Es ist bekannt, dass schon im Alterthnme ge^'en <lio < lilrigkeit
dieser Forderung Bedenken erhoben wurden und spocifll der Mathematiker
Proklos vorschlug, die Euklidische Erklärung der parallelen Linien, als
solcher, die sieh ins Unendliche verlftngert nicht schneiden, anftugeben
und die Gleichheit des Abstandes als charakterisf i^cli. s Merkmal derselben
zu benützon. Nun wird ein größerer Zeitraum übersprungen. Die Erklärung
der paraHelen Linien durch Debargues (1639) als solcher, welche denselben
nnendlich fernen Pnnkt gemeinsam haben, wird, trotzdem diese eine der
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126
Lüerarische RundBchau.
Gmndlagen der sogenannten nouoren OdOmetrie bildet, nur erwfiljnt, um
«ol'ort auf die Abhandlung von Wallis: „De posiulato auitUo et definitione
quhäa IÜ>. 6. Euetidis Di»cep(atio getwietnea"^ Cffentlicb vory et rügen in
Oxford am Abend des U. Juli 1G63, einzugehen. Der neue Gedanke dieses
berühmten Mathenmtikf r>* iM^steht darin, dass er zwar Rnklids Definition
der Parallelen beibeiiä,lt, aber an Stelle der fünften Forderung eine andere
Nubstituiert, die nämlich, das^i sich zu jedem Dreiecke ein ähnliches in
bolifl/ii.' fjroßem Maß«;t;ibe zeichnen hu^^e. Analojjf' Versuche, die berühmte
fünfte Forderung Euklid« durch andere Axiome zu erüetzen, sind mehrfach
gemacht worden. Clairaut (1741) geht von dem Principe aus, dass das
Vorhandensein von Hechtecken durch die Anschauung gegeben sei, und
leitet damit die elementaren gfom et riechen Sätze mit großer Klarheit ab.
Das Princip der Ähnlichkeit findet sich ferner in Carnots ^Geometrie de
posHion'', Pari» 1803. vor. Erat in Saccfaeris Werk „Euclid€8 ab omni
naeco vimUcatus, sive conatus geometricus, qiio stahiliunfur prima ipsa
universae (jeometriae principia"^ Mailand ]7^, finden wir eine ganz neue
Behandlung des Problems. Saecheri sehrint an der Wahi^eit der wrOhmten
fünften Forderung Euklids nicht gezweifelt zu haben, fragt aber, was ftUr
geomttrisehe Consequenzen es li.ittp, wenn die fünfte Forderung keine
FoI«re der übrigen Voraussetzungen Euklids wäre. Indem er seinen Ent-
wicklungen ein Viereck AliCD zugrunde legt, das in A und B rechte
Winki-1 iiat. und Lei welchem .IC = BD ist, findet er, dass, da sodann
die Winkel bei C und D s^itz oder stumpf sein könnten, sich zwei wesent*
lieh von einander verschiedene Hypothesen aufstellen lassen, filr welche
seitdem die Bezeichnungen „Hypothese des stumpfen, respective spitzen
WinkeU" classisch geworden sind, während die Euklid'sche Lehre der
Hypothese de« rechten Winkels entspricht. lUilüutij^ sei bemerkt, dass
nach der Hypothese des stumpfen Winkels die Summe der Winkel in einem
Dreiecke grr>ßer als iyO'\ nach der des spitzen Winkels alter kleiner als
180" sein müi*stti. Es gelingt nun Saecheri ohne Schwierigkeit, bei der An-
nahme des stumpfen Winkels einen Widertpruch aufzufinden, wonach also
diese Annuhme zu verwerff n i.st, bei der (Typotlie-^e de..« spitzen Winkels
aber erst nach langwierigen Kämpfen, durch weiche seine sonxt klare und
elegante Darstellung in dieser Richtung mühsam und weitschweifig wird.
Saccheris Nachfolger in DeutiNshland ist <ler berühmte Johann Heinrich
liiunbt rt (1728 — 1777j, dessen Theorie der Piirallelünien nicht von ihm
selb;.t verutientlicht, sondern erst 17öG von Johann bernoulli heraus»
gegeben wurde. Lambert geht von einem Vierecke ans, das drei rechte
Winkl-] luit. und nntersolieidet. 'y nachdem der vierte Winkel ein rechter,
stumpfer oder spitzer ist, «hei Hypothesen, welche er getrennt von ein-
ander behandelt. Betrachtun i,'cn über den Flächeninhalt der Dreiecke in
diesen Annahmen führen ihn lern bemerkenswerten Resaltate* dass
dieser «tets der Abweichung der W'inkelsunime von 180" proportional sein
muss. woraus er schließt, da&j die zweite Hypothese eine geometrische
Existenz hat, indem sie auf der Kugel verwirklicht ist, derart, dass man s^tatt
ebener Dreiecke bloß s]ihärisrhe zu setzen brnnche. dass dii)jei,'en die Hypo-
these des spitzen Winkeln auf die Geometrie auf einer imaginären Kugel-
fliehe fahre, Resultate, welche dnrch die neueren Untersuchungen über
die Grundlagen der Greoroetrie bestätigt wurden, ja für diese von ent-
scheidender Hedeutunc; «reworden sind Interessant ist hiebei die folgende
Äußerung Lambert» in einem Briete au Kaut aus dem Jahre 1770: „Da«
Zeichen V— 1 stellt ein nicht gedenkbares Unding dar,, und doch kann
es, Lehrsätze zu finden, gut gebraucht werden," eine Äoßerung, durch
welche sich dieser so vielseitig be<.Mbte Mann auch in Bezug auf die I?e-
deututtg der imaginären Zahlen tiu die Mathematik als ein würdiger Vor-
Iftufer von Ganß erweist.
Nun folgen die eif^cntlicben H-'-rrilnder der sogenannten nicht-Euklidi-
schen oder absoluten Geometrie, Gauß (1777— 1Ö55), Wolfgang Boljai aus
Bolya in SiehenbQrgen (1775~18&6), ein Studiencollege und Universit&ts-
freund von OahC in Göttingon, dessen Sohn .Johann Bolyai (1802—1860)
und l^ikolaos liobatscbeiisky (1798—1856) aus Kasan, der ein Schüler von
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Litenurisclie Randschau.
127
Ti.irt.U HTOf» — Lrf'Wt'scn i-t, welcher seinerKcit- wlclor mit Gauß
ireundschaitiiche Beziehungen ptiejfte, so dass es. wie Prot. Felix Klein
suj^t, keinem Zweifel unterließet, dünn Gauß durch seinen Einfluß auch die
üntersttchnsgen von Lobat<chefMky und Bolyai angeregt hat. Darch diaid
Münnf'r wurdt» f^ntilich flif zweitau'jcndjähriq'o Autorität Kiiklids fr<4)ro( hon,
der ütrenge Nachweih erbracht , diiäs das l>erühiutc Faralielenaxioiii gewiss
keine Folge der übrigen Axiome der Geometrie ist und das!<i man eine
allgemeine in sich conseqiit iitc (?f(nnotrie aufbauen kiinn, welche di»; ge-
wöhnliche Geometrie aln äuecialt'all in sich enthält, auch wenn man von
ParaUelenanom alwiebt. Was die Kealit&t dieser Geomeirie anlangt, so
dürften die folgenden Bemerkungen, die einem Briefe von Gau b an Be^^l
(1830) entnommen «ind. nmGtfpbend sein: „Nach niHinnr inni«;«tf»n (^Itor-
zeugung hat die Kaumiehre zu un^^erem Wi^uen a priori eine ganz andere
Steflnng wie die reine GröOenlehre: es geht unserer Kenntni.s von jener
durchaus diejenige vollständige Überzfugurg von ihrer Notliwernli^-
koit talflo auch von ihrer almoluten Wahrheit) ab, die der letzteren eigen
ist; wir mfi«en in Demnth sugeben, dass, wenn die Zahl bloß unf^eree
Geistes Producfc ist. der Itaum auch anßer unserem Geiste eine Kfalitüt
bat, der wir a priori ihre Gesetze nirht \ollständii; vorschreiben können."
Die noch zum Schlu&se erwiibuten Ferdinaiul Karl Schwcikai*t
(1780— 18.'>4) und sein Nelle Franz Adolf Taurinus 1 1794-1874), dessen
^Theorie der ratiilli'lliiiit ii". Köln 1825. im An-^/nf^c iil'^jcilnickt int. haben
nur mehr ein hi^toriäches Interesse. Ihre UnterHUchungeu scheinen zwar
Ton einer directen Einwirkung von Gauß frei su sein, daf&r aber reichen
die Ergebnisse deraelben keineswegs an die von Bolyai und Lobatschefsky
heran.
Wohl allü Mathematiker, die »ich über das Wesen der nicht-Euklidi-
schen Geometrie Klarheit verschaffen wollen, müüsen es dem Herausgeber
Dunk wis>t'ii. (1it'sr> bescheiden nur als Urkundeneatnmlung bezeichnete
Buch ütr Otientlichkeit übergeben zu haben, und gleichwie mit dem
Werke von Rvdio: «Archimedes, Hujgbcns, Lambert und Legendre, Vier
Abhandlungen über die KreiMUiessung" (l.*sy2) hat auch mit die.^em eben
besprochenen die rühricje VerWis'>la5rhhari'llmi;jf IV fl. Tfubner einen glück-
lichen Grill' gethiiu und einen uiclit zu unlerschat/.enden Beitrag zur
Förderung und Belebung der Untersuchungen über die Geschichte der
Mathematik geliefert.
Arnau. Dr. S. Oppenheim,
Dr. Eugen von üalacsy: Flora von Niederösterpeich. Zum Ge-
braueue auf Excursionen und zum Selbstunterrichte. 031 JS. l'reja ge-
heftet 4 fl. 20 kr. Wien und Prag F. Tempskj, Leipzig 6. Freitag im
Wir >tiimiirn mit dem durch .seine früheren wissenschaftlichen Arbeiten
bereits vortbeilhaft bekannten Verfasser überein. wenn er meint, d:!*» vor-
liegende Buch sei ein Bedürfnis gewesen, (iewiss hat es an einem liuche
gefehlt, welches die Mitte hält zwi.«cchen den bloß für SehOler berechneten
sogenannten .i^t^hlüsn'ln" ••ini^r-eits und den groben Flnrpnw«Mk'>n von
Neilreich und von Beck anderseits, AU Vorbild nahm sich der Verfasser
die in ihrer Art bisher unübertroffene Flora Deutschlands von Garcke.
Nach uiisi rcr Ansicht könnte bei Garcke und auili 1mm «l-'m in Rede
atehendcD Buche die Charakteristik der KIS im Floren:^'»' lii^ te vorkom inen-
den Fflanzenfamilien fehlen, um Platz zu gewinnen i u labellen /.tu Ue-
StinUDUng der Familien. Diese Tabellen sind dringend nothwendig. uuiho-
mehr, als das Buch für Anfänger bestimmt ist. \v< L Ii, i .i« h li-r lioi-
gegebenen ganz vortrefflichen Übersicht der Familien kaum imstande sein
dOrften, die FamiliensugehSrigkeit einer vorliegenden Pflanze berauszu-
bekoiunien. diu-^s z. B. die Gattung Lonicera zu den Caprifoliaceen gehört,
wird der Anfanger nicht sofort erkennen; bei Garcke bestimmt man ein>
fiich nach Linnbe.
In dem Buche steckt eine Riesensumme von Arbeit, was derjenige
BOT sa beortheilen weiß, der sich mit ähnlichen Arbeiten beschäftigt hat.
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128
Literariflclie RundschAa.
Ks [rnh^rt ohno Zweifel zu dfiu leisten auf dioseni Gebicti' und wird nicht
biob Anfängern, sondern auch Botanikern von Fach ausgezeichnete Dienst©
leisten. Di« AuMtattnng ist mvstergiltig.
Wien. Dr. F. TMtenticft.
Dr. Th. Eng wer: Lf'tfrea fra»^€ifsrs, für den Schulgebranch heratu-
gegeben (Herlin 189(i, Gärtners Verlagslnu liiiandlung).
Eine höchst praktische und überaus entsprechende Zusammenstellung
moderner französischer Briefe I Wohl gestattet die knappe Zeit, welche
dem französischen Unterriche an unseren (rymnasien luii^meMeii ist, nicht,
eine solche Saiiinilnng von Briefen als .Schnlloctüip zn verwenden, allein
sie sollte Üeibigen Skhüiern aU Privatlectüre angelegentlich empfohlen
werden. Diese Briefflammluniif yoransebaiilicht dnrch tnustergiltige Beispiele
den Ton des schrit'tlirhcii ^^'rk•■hrf•s der Franzoson und tiilLrt durch die
Mannigfaltigkeit ihres lehrreichen Inhalte« nicht wenig zur näheren Kennt-
nis französischen Lebens bei.
Dem Texte der Briefe schickt Engwer eine vortreffliche Einleitung
vornii'^. welchf» den sh/lc epiatolairfi . In f'^rm^ mntirieilB des lettrt» und
Vaffrnnchixsement et le port des lettres behandelt.
Die Briefsammlung bietet in 15 Oapiteln nachahmenswerte Muster
für jr'dwpih.' Art von Corro'pnndcnzen : feffreft familiäres, lettres de hmnie
nnnee et de fete^ lettres de faire part^ leiitM de condoleance et de feti-
dtation aamint Antworten, hillets €t f^tre» ^intfftaftrm, d'aceeptation et
de r^Wtt iettres de demandes et de rerlnmations l: ' i hfalls mit Antworten,
lettres d'envoi et d'offrcs. lettres de remerctment, lettres de rfj>rnrhrs
et d'excuses. lettres de couseil et d>xhoriati<m^ lettres de recommanda-
ihn et d'introduetian ^ lettre» d^adieux, tettre» de dimteaitm^ pittOme,
lettres d'nffiiiri's.
Die i'ulinoten dienen nicht bloü zur Aufhellung einzelner gramma-
tisrhen Construettonen , sondern auch xur richti{^ Übersettunf?. PQr
letzteren Zweck wurden zu wenige geboten, falls sie dem Schüler ein
Wrn tcrhui h r>rf3etzen sollpn: ist aber der Schüler im Besitze eines Lexikons,
dann erscheinen Anmerkun^'en wie S. 58, 15, S. 78, ii, S. 90, 23 über-
flüssig. Die Beigabe eines Wörterverzeichnisses w&re dem Benutzer des
Buches unzv, r i! 'hilft tn wünscht. l>i'^ iin Anluin^r» pnthalton»'n l'tMTU'rknngen
erleichtern ni willkommener Form das Verständnis des Textes. Aua-
«tottnnfc und Druck de« Buches sind tadellos. Wir kCnnen Enirwers Samm-
lung nicht nur reiferen Schülern, sondern allen, die fmnxdsischen Briefttil
genau studieren wollen, anfs wärmste empfehlen.
Eger. Dr, Simon.
Progf ramme.
Eberhard Rate: Herharts Regleruiiflr* Unterricht und Zneht nach
dem Inhalte reproduelert. Diuiuif I't-/,f5glich Lohn und Strafe,
Internate. (Öffentliches .•5tift8-ünterg\ uunL^ium zu St. l'aul, 1896.)
Das Studium Herbartä, der seine Pädagogik auf Ethik und Psychologie
gebaut hat, bietet dem Ersieher und Lehrer eine Menge von Anregungen ;
auf ihn wird man iiuiunr wiedtu- zurückgehen müssen, wenn man erzieh-
liche Fragen erörtern will. Der vorliegende Aufsatz reproduciert aus/.ugS"
weise den Inhalt des Herbart'schen Hauptwerkes: „ümrif« pädagogischer
Vorlesungen über Kt-i^Mcrum,', l'ntt'rrirht \ind Z\u ht " unter Benützung der
„p!ldarrn^n=;ch.'>n Studietr von Dr. W. Kein (3. Aufl. Wien laSl) und der
Vorlesungen von Dr. >iahlowsky an der Universität in «Jraz Zunächst
wird in Kflnse die Aufgabe des Unterrichtes, der Zucht und K^^nerung
srekonnzeichnet und scxlann das Wechsel soiti^'e Verhältnis zwischfui l'nter-
richt und Zucht, Unterricht und Regierung und swiachen Zucht und Xie>-
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LüerariaclM Bnncbehaa. 1S9
fifrun^' fioliandelt. Da mit dem Bei^iifft' von Regierung- und Zucht die
rage nach Lohn und Strai'e zusaiuinenhängt, läast der Verfaaser obigen
AvftntieH psijchologisebe Brwftgungen Ober Lohn und Stmf« ond deren
BeachalFt'nheit folgen. Zuletzt werden — und das ist wohl der Hauptzweck
der kleinen Arbeit -- die Niichthei!*- und Vorzüf^ der Internate hehiindelt.
Wer die /ahheichen Hemiunis^e keiiui, die »ich be*K)nders in Grobstiuiten
dem Foi ti^ange und der Charakterbildung der studierenden Jugend ent-
gogrnstelien, wird die Liclit.soitea der IntorBAt^ di« m dem AqmAm AH«
getührt sind, gerne anerkennen.
Wien. Joh, Schmidt
Johann Kl uibenschedl: Über das Orlnoeo- System und dessen
Erschliet^ung. (Programm der k. k. btaats-UnterrealscbuIe in Bozen
1893. 89 S.)
Breitet nich schon über die Geschichte der CSonqoiBia trotz der dabei
auch stark mitspielenden materiellen Impulse wegen de« von den Held -n der-
selben bethatigten frischen Wagemuths ein müchtigür romantischer Zauber,
M» wird dieser noch verklärt, wenn man der rein wissenschafUicben Seite
der Entdeck iiTi^r-i^eschichten nachgeht. Der Verfnawer hat demnach mit
seinem l'hema einen gliick liehen Wurf gethan. Lber den Zweck de« vor-
liegenden Anfnatzes ^ricbt er sich in den eiideiieiideii Worten des Pro^
gxwminee dahin aus. aam es ein Ver<iuch sei, die bei A. Humboldt und
anderen Schriftstellern zerstreuten historischen Notizen über die Er-
forschung der Orinocoländer in zummmenbangende Darstellung la bringen
und daran ein Charakterbild des ebenso intereaanten als gewaltigen
Stromes zu fügen. D»'r Autor liefert nun y-nnächst eine Entdeck unps-
geschichte der «inscblagigen Gebiete von der dritten Fahrt des Columbus
1498 und den ihm folgenden Gonqnittadoren , die naeh dem fiibelliaften
Goldlande „Dorado" suchten, bis auf A. v. Humboldt, der an der Scheide
des vorigen und jetzi^^en .(ahrhunderts auf «einer Reise in die Äqni-
noctialgegendeu jene Gebiete erst wissenscbaitiieli erschlosä, sowie bis auf
Bobert iSchomburgk nnd Chaffimjon, welche dieselben um die Mitte
unseres Jahrhunderts und im letzten Jiihr/.chnte durchforschten. Danin
knüpft sich eine Beschreibung des Ürinoco-ä^ätems nach Land und Leuten.
Hit dieser Disposition können wir uns umsomebr befreunden, als hiedureh
einem ästhetischen Gebote in Leasings ,Laokoon", Schilderungen örtlicher
Natur, wenn möglich, in Bewegunfren von zeitlicher Auf'-inanderfoff^e um-
zuset^n. enU>prochen wurde. Wenigci- ptlicbLen wir der .\rt und Weise
des Verfii.'^iiers zu citieren \>o\ . da er die Werke A. v. Humboldts ohne
näheren 1 itel und nur mit ZiiVern filr die ein/elueu Bande vt-r-elien hat.
So sind die hier einschlägigen ^Schritten, wie die ^ Heise in die Äquinoctial-
gegenden" nnd vor allem die allgemein so vietfkch bentttetea «Ansiebten
der Natur" in den Einzelauf^ät^n ^Über die Steppen und Wüwton" und
„über die Wa^iserHille den Orinneo bei Atures und Maypures" mit ihrer
ckLsül^chcn Form und den m instructiven^^wissonscbaftliclicu Erläuterungen
und Zusätzen nicht besonders genannt. Ahnliches gilt bezuglich des ver-
läaslichen und f'^rthidlichen lI.UKiouches der Erdkunde von Klöden, dem
die Schilderung der Llanos in ihrem gegenwärtigen, durch Anpflanzung
von dem tu A. Hnmboldts Zeiten verscbiedenen Znstande entnommen
ist. Schließlich «ei erwähnt, da» In der dem Ki ferenten vorliegenden
Ausgabe des auch von Goethe in „Wilhelm Meisters Wanderjahren"
(Buch I, Capitel 8; V)^d. auch H. W. Uiehl: Culturbilder uuä den drei
letzten Jahrhunderten) erwähnten Homaaniseben Atlas aus dem Jftbre 1737,
al.so vor der Wuckkehr La Condamines nn^ Guyana nnr'h Paris 1745, der
Orinoco als in natürlicher Verbindung mit dem Amazonas- System dar-
geetellt cndieiiit«
Wien. 8. Oorge.
„Östcrr. MitUilacbale". XI. Jahrg.
Digiii^cü by Google
130
LiterariMhe Bnndieliaa.
Eingfelaufenid Drueksehriften.
Deutscher Thierfreund. Monatocbrift ftir Thierschutz und Tbierpflej?e.
ITonm^gt ber: Dr Hob. Klee. 75 Pf. vierteJj&hrlich. Leipzig 1897,
Uaiuui uud Seemann.
Jahresbericht über das höhere Schulwesen. Heranftsrei?ebeB tob
Konr. 1 i: 'hu;> h X f lirganj? 18%- Berlin 1896. Gärtner.
Die Chemie im täglichen Leben. Gemeinversiändlicbe Vorträge von
Dr. La88ar*Gohii. 2. Aufl. Hamburg und Leipzig 1897. Von.
Lehrbuch der deutschen Literatur. Für Lehrer und Seminaristen von
0. Hotop 2. Band: Beispielsammlung r.nr deutschen JageniUiterator.
1 Mk. Halle a. d. S. 1897. Hermann Öcbrödel.
Elementarbuch der Gabelsbergrer Stenoflrraphle. Herausgegeben im
Auftraj^e 'l. - «TaboUberger StennpTn])hpnverpinps zu Ilallf! a. d. S. von
Ernst Bheütner. Nach den Beschlüssen des Wiener ätcnograpiien-
tages bearbeitet % AnB. Halle 1897. SchrOdel.
Die Organisation des höheren Unterrichtes in Österreich. Von
S. Frankfurter Sonderabdrnck aus Dr. A. Baameisters Handbuch.
München ]b97. Beck.
Atomismus, Hylemorphismus und Naturwissenschaft. Natarwissea-
n( hiiftlich-philosophischf riitersuchungen Ober das Wesen der Kftrper*
Von Dr. Anton Michelitacb. Gras 1Ö97. Selbstverlag.
Aus meinem FehlePbuehe. Betrachtungen auf dem Gebiete der
Grammatik, Stilistik und Motliodik der deutschen Sprache. Von
Franz Knothe. I*ra<,' lH!t7. liohlifek un<l Sievers.
Justus Möser, Patriotische Phantasien. (Auswalil.) Von Dr. Ferd.
Dieter. 70 l'f. L'-\\r/.\'^ 1S'.)7. Freytag.
Kalender des Berliner Thiersehutzvereines. Berlin, Königgrätsei^
strabe lOÖ. Ib97.
LesebUehlein des Berliner Thlersehutsrerelnes. Von H. Beringer.
Stenotachygraphie oder Gabelsberger? Eine Sv^tointrage beantwortet
vom Bezirksverbande bayrischer Stenotachygraphen. Aufl. Au}.?»burg
1897. Kaupert.
Horatius travestltus. £in Stndentenschen. Berlin 1897. Schuster und
Lütf 1er.
Kusikpftdagogische Bl&tter. Organ für die Interessen des musikalischen
r^itcrrichtswesen^ , Hir Dirigenten u. s. w. Iii i n i-j.,'f<r('lien von Karl
ZuBchneid. 1. Jahrgang. 189(5. Quedlinburg. Friedr, Vieweg.
Dr. Johann MOlIers Orundriss der Physik, mit besonderer Berftek-
slchtigung von Molecularphysik, Elektrotechnik und Meteoro-
logie, für die oberen Classen von Mittcl«chulen, sowie für den elemen-
taren Unterricht an Hochschulen und zum Selbstunterrichte bearbeitet
von Prof. Dr. 0. Lehmann. II, Aufl. Braunschweig I89G. Vieweg.
Cleeros Anklageschrift gegen C. Verres. 5. Buch. Für den Schul-
febrauch heraut^gegeben von Hermann Nohl. 2. verbesserte Aufl.
reis 49 kr. ungeb., 60 kr. geb. Wien und Prag 1896. Tempsky.
Zeitschrift für österreichische Volkskunde. Organ des Vereines für
/i>'terrficlit<i be Volkskunde in Wi(>n. Hfiiigiert von Dr. Miehaol
H.L)»erlanüt. II. .Jahrgang, lHi)6. Jährlich 4 fl. 80 kr. Air Vereins-
niitülieder 2 fl. Wien und Prag 189»). Tempsky.
Vierstellige logarithmische und goniometrlsche Tafeln ne>.^t den
nöthigen Hiltstatein. Herausgegeben von P. Treutie in. Braun-
schweig 1896. Vieweg.
Zur Bekämpfung der socialen Noth. Separatabdruck aus der Beamten-
zeituns vom 10. und 20. November 1896. Wien 1897. Erster österr.-
ung. Beamt^-nverein. Wien.
Zur Concentration der naturkundliehen Fächer. Von G. Part heil
und W. Probst. Preis 50 Pf I>. s^an nn.] T-eip/.i^r. Rirh. Kahle.
Schule und Haus. Elternzeitung zur Förderung der Erziehuns und des
Unterrichtes. Herausgegeben von E.Jordan. 2 fl. jährlich. Wien 111/1,
Streichergasse 10. 1897.
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VI. dentsch-astorreichiicber Mittebehnltftg. 131
Sehulg-esundheitslehre. Das Schulhaus und das Unterrichtswesen
vom hygienischen Standpunkte. Von Dr. H. Eulenberg iBuuuj
• und Dr. Theod. Bach (Berlin). 2. Anß. Berlin 1897. Heine.
Das Wetter. M ^ orolo-jische Monatsschrift für n. I.ildt.te aller Stftnde.
Von Prot. Ur. Li. Ali mann. Berlin lbÜ7. Otto Salle.
A. Baumgartner: William WordBWOFth. Ein Beitrag tu einer beneren
Würdigung de« Dichten auf dentachem Boden. Zflnch 1898. Zürcher
MoUerne Opfer. Drei Bilder aus dem Lehierleben der Jetztzeit. Nach der
Wirklichkeit gezeichnet von Wilhelm Sehwaner. 50 Pf. Berlin
1897. <5'iinirk.-.
^terreichlsch - ungarische Revue. Jahrgang XI. Uerauagegeben von
A. Mayer-Wyde. Wien 1897. (Werreichiach-ongariache Revue.
Vergleichende Statistik des ünterrichtserfolges der österreichi-
schen Gymnasien. Von .Anton Malfertheiner. Wien 1897. Fichler.
Encyklopädisches Handbuch der Pädasrogik. Herauag^eben von
W. Rein. 2. Band, sweite H&lfte. Langeneal» 1896. Beyer und
RettlgS Schulbank in Anwendung (ür die Einrichtung von ländlichen
nnd HtSdtiechen Vollmehalen , BiirBerachalen nnd hftheren Schulen in
Preußen. (W. Bettig, Berün 80., GörlitMrstraOe 67.)
VI. deutseh-österreichischer Mittelsehultag.
(Am 12., 18. nnd U. April 1897.)
Von der Commiaion worden folgende Themen angenommen:
1. Die Verlegung dee Probejahres in das vierte Jahr des philosophischen
Quadrienniams. (Dir. Dr. Anton Daran, Krems.)
2. QueHLnbenützungim Qeschjcbtsunterrichte. (Prof. Dr. Anton Becker,
Oberhollabrunn.)
3. Domonstratinn do.« nif>n«;rhli<hf'n fiehirna am frischen Präparat, fim
MocIt U und um Phaiitniu. (.Sanitiitsiath me»i. et phil. Dr. E. Boeck,
Dir»'ctor der «ohlesisc heu L;uule»irreiianHtalt. j
4. Der Mangel au Lehiern für das Freihandzeichnen un Mittelschulen. —
Die Mittel zur Behebung dieses Mangels. Stipendien und Zeichen-
lehrerseminare. (Prof. Rudolf BOck, Troppau.)
5. Der Turnunterricht an den Mittelschnlen vom iiädagogischen und
physiologischen Standpunkte aus betrachtet. (Prof. Dr. Ludwig Egger,
Oberhollabrunn.)
8. Dio p:riechiachen Götterideale im Unterrichte. (Prof. Dr. A. Frank,
Wit'n.i
7. Tiicitus- Leetüre und Vaterlaudskunde. (Prof. Dr. Hans Gutscher,
Leoben.)
8. Über eine einheitliche Bezeichnung in der darstellenden Geometrie.
(Prof. Jos. Heller, Lins.)
9. Was ist auf dem Gebiete der körperlichen Ausbildung unserer Mittel-
schuljugend erreichbar? (Dir. Dr. G. Hergel , Aussij?.)
10. Wie 8oll der psychologische Unterricht an Mittelerliulcn und die jmda-
g^gische P.svcho!o<rie f^pppnii'uer den Pnftn]at»>n dt r iiuHl»^rneu Gehirn-
physiolofTit, »Stflliin«.: nelmu n':' (Prof. 1 >r, A. iiofler, Wien.)
11. Einige Lehrnuttei /.um astreuoiuisi liru Unterrichte und Besichtigung
einer Schülersternwarte. (Prot. Dr. A. llüfler, Wien.)
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132
Mitibfliliiiig der Beda«tioii. —
Bericbtigimg.
12. Die Instructionen zum freoffraphischen Unterrichte im Veihiiltnisse zur
bisberigen Methode der Lehrbücher. (Dir. Dr. Juritsch. yUen.)
18. über die räumliche Darstellung von Landkarten. Illustriert durch
lablreiclie Modelle und .Belie& (Prof. H. Klar, Wiener-Neiutadt.)
14. Die Ferialreisertipeiidieii und unter Klirteiiliiiid als natnrhietonaelui
und geographisches ExeiirsioDqgebietw <Prof. H. Laimer, Olmüts.)
1$. Einige Bilder^klen aus dem damischen Füden. Mit skioptiaelieii
Demonstrationen. (Prof. Dr. Siegfried Lederer, Eadautz.)
16. Die Psycholn«,']«' (Ich S^irachleben« uml einii,'e Anwendungen auf die
ünterrichtapraxif. tl'vof. Dr. E. Martinak, (iraz.)
17. Die Mineralogie uL* UnterrichtsgegenBtiind in den unteren Classen der
Mittelschulen. (Prof. K. Müller, Teplitz.)
18. Ober eine Yerbeaeenmg des Klemaitamiiierriditee im LateiaisdMii.
(Prof. Dr. Jos. Perknaan, Oaemowitz.)
19. Über die Principien der Mecbanik nacb Heinrich Hen. (Prof.
Dr. Johann Pitsch, Wien.)
20. Reform der Lehramtsprüfung für Candidaten des Mittelscbullebramt^s
im TTiiiblick auf den Candidatenmangel. (Prof. Dr. Anton Pola-
s (• ii e k , Czerno w i t z. )
21. Die Dienatpragmutik für MitteUchuUehrer. (Prof. N. Schwaiger,
Csemowiti.)
22. Torfttbrung von Bildern ans den Teracbiedenen Mittelscbnldisciplinen
mittelst des Skioptikont und der Anwendung mehrerer Lichtquellen.
(Prof. Anton Primoiic, Wien.)
23. Politische und wirtschaftliche Bildung durch die Mittelschule. (Prot
Dr. Ludwig Singer. Prag.)
24. Über pejchologiscbe Schulverauche. (Dr. St. Witaaek, Graz.)
Der Geschäftsführer:
iFeod.or ££oppe.
Mittheilung der Redaction.
Die Herren Mitarbeiter werden höflichst ersucht . die Correcturen ko
schnei! ah möglich zu besorgen, da sonst der Druck der einzelnen Hefte
nicht rechtzeitig erfolgen kann.
Feocior üoppe-
Beriohtigung^.
Seite 15 soll es heißen: 274 Lebrpersonen nnterrichten im Turnen,
davon 89 Fachtumlebrer 88^, 85 Volks- and BargerBchnllehrer « 81%,
74 PMÜBssoren «<- 27^^, 28 Beamte oder Vereinslehrer »9%.
Vorantwortlielior K- ln^ f -iir: I'mf. Feodor Hoppe in Wifn.
K. u. k. UoIbiicb(lnickt.-ivi Ju». FcicliUugcrs Erben, Lins.
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Vorträge und Abhandlungen.
Eine Am^egung auf dem Gebiete des An-
sehauungsunterriehtes.
VortrafT von Prof. OlStaT Spengler, gehalten im Vereine «Deuinhe
Mittelsclrole* in Praig am 7. April 1897.
Es ist bekannt, wie die Literatur über den Gegenstaud und
den Wert des anachaaliclieii Uniemelites in den letzten De*
cennien zu einem betniclitlielien Umfange herangewachsen ist.
Ich möchte aber dnrch die folgenden Ausführungen Ihre Auf-
mei^samkeitf mein^ Herren, anf einen Punkt in der Behaud-
\ur\tt diespf Frage lenken, der im allgemeinen sowohl, als be-
sonders in uiispffm nii Kuiistsehätzen so rpicli<'!i Vntorlande
bisher zum mindesten eine stiel'nnitterliclie Behandlung erfahren
hat, nämlich auf die Frage, wie die iu f^roßen und kleinen
Städten bestehenden Kunstsammlungen, archäologischen lu-
stitate, Gallerien etc. snr Forderung des Anschanungsunterriehtes
benutzt werden könnten.')
Wenn ich den Unterricht, wie er frtther ohne Anschauungs-
mittel oder mit Hilfe sehr weniger ungenügender Lelir])elielfe
betrieben wurde, mit der jetzigen in den letzten Jahrzehnten
♦^rfolgten Ausgestaltung dieses Unterrichtes vcrgleiehe. so scheint
mir das Mangelhafte jenes, die Vorzüge dieses L'nterrichtes aus
folgenden psychologiselien Erwägungen zu erhellen.
Was Anschaulichkeit ist, wird sich nicht leicht in Form
einer Definition darstellen, sondern am besten dnrch Beispiele
charakterisieren lassen, wie so manches anf dem Gebiete der
Psychologie anf anderem Wege als auf dem der Definition zur
''i Wiilirontl dip.*e Opclaiikt-n bereits im Ppcember lB9ß vom Vor-
tragenden zusamraengetragen und einem erfahrenen Collegen zur Durch-
hiebt übergeben waren, erfnhr jener aas dem im I. Hefle aer „Zeitäcbr. f.
ü.*t. (jymn." 1H97 enthalf » non Horirht«' der Archiiolo^jfiijchrn Coninii^ i n in
Wien, da*s bpivits im Schöße dieser Commi».sion Prof. Uutscher den be-
danken anregte, ^die Provinzmuneen ftlr den üymnasialanterrieht nntslNir
za machen, woinnglicb die Schuler in die Moteen der Landeshauptstädte
zu tiihrcn, damit sie die Schätze der Alterthümer kennen lernen", 8owie
„die in den österreichischen Museen vorhandenen Alterthümer zu sammeln
und fftr Schüler heranazugeben*, Oedanken, die den folgenden Auafühmngen
ftcbr nahe kommen.
„öft«nr. MiUdMbale". XI. JiJiug. 10
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134
Gii:itaT Spengler.
Vorstellung gebracht werden miiss. So werde ich bekanntlich
yergeblieh einem Blinden die Farbenempfindung dnreh <ane
Angabe von Merkmak-n l)f*!/ubringen mich abmühen, weil
bei demselben an dem mangelt, wodurch icli hier einzig und
allein eine solche Vorstellung beibringen kann, nämlich an der
Mügiichkeit eines Hinweises aut eine äußere Wahrnehmung.
Aber auch auf dem Gebiete der inneren Wahrnehmung wird
dM Wesen der Evidenz nur demjenigen klar werden, der sehon
diese Evidenz innerlich erfahren hat, so dass man anf diese
Art der Erfahrnng nur hinzuweisen braucht. Und so lassen sieh
denn auch die verschiedenen Grade der Anschaulichkeit bis zur
Uuauschaulichkeit durdi flen Hinweis auf Heispiele von Vor-
stellungen geringer und größerer Ansehauliclikeit besser eharak-
terisiereu als durch jede theoretische Auseinandersetzung.
Wenn ich eine Landschaft selbst sehe, so habe ich gewiss
die anschaulichste Vorstellung von derselben. Ist doch das
Wort „anschaulieh'' selbst von der Gesichtswahmehmung her-
genommen. Wenn ein tüchtiger Landschaftsmaler meinen er*
staunten Blicken die Landschaft so gegenwärtig macht, dass
ich dieselbe wirklich vor Augen zu haben glaube, so muss auch
dessen Erinnerung und Phantasie noc h einen hohen Grad von
Ansclianlirlikeit besitzen, da er ein liild von solelier Naturtreue
hinzaube rn konnte. Wird mir nun eine Besclirei)>nng dieser
Landschaft von einem noch so tüchtigen Natursrlulderer ge-
geben^ sie ersetzt doch nicht mehr das anschauliche Bild directer
Wahrnehmung, nicht das aus anschaulicher Phantasievorstellang
hervorgegangene Bild, und zwar deshalb nicht, weil der Be-
schreibende nothwendig von verschiedenen Merkmalen ab-
strahieren muss, die der Künstler noch darstellen kann. Und
wenn wir nun in dieser Sruf»'nfolgi' des Anschaiilii'hen endlich
zur begrifflichen Vorstellung gelangten, so finden wir bekannt-
lich, dass der liegntl ganz unanschaulich ist, weil er eine ab-
stracte Vorstellung ist Warum ich diese aus derueuereu Psycho-
logie bekannten Erwägungen 'j hier vorbringe? ~ nur, um den
oben berührten Unterschied des früheren und jetzigen Unter-
richtsbetriebes zu zeigen.
Früher begnügte man sich vielfach, bloß den Begriff, höch-
stens noch eine mangelhafte Beschreibung von dem Gegenstande
des Unterrichtes ohne das Vorhandensein des betreffenden Ob-
je('t*"< 7u gi'bcji. man blieb also auf der Stuff <h;'r Vnanschaulich-
keit uüer «"incs gerin*4"fn Grades der Anschaulichkeit stehen.
Jeder Begriff aber bedarf, um anschaulich vorgestellt zu wer-
den, eines concreten anschaulichen Substrates; über auch
die Beschreibung wird solange einen geringen Grad der An-
schaulichkeit zur Folge haben, solange sie sich nicht auf ein
wirklich gesehenes Object bezieht. Wird ja doch umgekehrt auch
etwas besser beschrieben, was durch die Sinneswahmehmung
1) Vgl. bes. Udaer, Propäd. Log. 25 f.
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Eine Aoregang auf dem Gebiete des Anschauungsunterrichtes. 135
erfasst wird. DaTaus folgt aber: Je intensiTer und je bäufigfer die
bloße begriffliebe Fixierung eines Gegenstandes oder die schon
vielfaehe :il>stracte Besebreibung Ton der Anscbauliehkeit einer
Sinneswahmeiunong begleitet sein werden oder wenigstens in
nahe Beziehung zu derselben treten, <]^<fo klarer wird uns der
Inhalt vor Augen treten. Wenn ieh (laiuit die (ji ünde gegeben
zu haben glaube, aus welchca mua aut allen Unterricht«-
gebieten dem anschauhchen Uuterrichtsbetriebe den Vorzug
mbt, so erhellt namentlich aus dem letsteren Theile obiger
Erwägungen, wie diejenigen recht haben, welche besonders
betonen, die vorgewiesenen Anscbauungsmittel mOasten dem
Schüler nicht bloü einmal fttr wenige Augenblicke, soudeni
durch längere Zeit im Classenzimmer zur Betrachtang geboten
werden, dnss es aber auch förderlieh sein muss, wenn der
Schüler veranlasst wird, den H »'griff oder die in der Schule
vielleicht an der Hand minderwertifj^er Anschauungsmittel ge-
gebene Beschreibung durch wiederholte Anschauung sich mehr
eigen zu machen. Diese Gelegenheit aber bietet sieh in allen
größeren und vielen kleineren Städten, welche Sammlungen,
[unstinstitute, Gallerien etc. haben; besitzen doch auch manche
kleinere Städte ganz nette Sammlungen. Nur ist danach zu
trachten, dass das Interesse der Schüler für solche Sammlungen
geweckt und wacli »Mliulten w*m(I»'. so dass sie es als ein Be-
dürfnis empHndeji. diese Orte uutzusuchen und sich im Sehauen
7,u üben. Eine solclie Steigerung des TnteresseB wird aber —
ich glaube, darin wii*d mir wohl joder, der solche Sammiungeu
besucht, recht geben — gewiss erfolgen, wenn ich dieselben
mit einem über die einzelnen Objecto belehrenden Kataloge
durchwandere. Noch größer wäre aber das Interesse, wenn diese
Kataloge, von tüchtigen Fachleuten verfasst, mit weiiig Worten,
Streif lichtem sozusagen, auf das Bemerkenswerteste den Besucher
aufm«'rksara machen würden. Wenn dies nun schon im IiitM.-.'«^
des groben Publicums gelegen wäre, so glaube ich, könnte die
Schule sogar die freie Zpü des Schülers sich nutzbar machen im
Interesse des anschaulichen Unterrichtes, wenn man Schüler-
kataloge mit erklärenden Bemerkungen für Sammlungen, Kunst-
institute in den einzelnen Städten beschaffen würde.
Wie solche allerdings erst allmählich nach Herstellung von
Sonderkatalogen eine einheitliche Gestalt erlangen könnten,
möchte ich nur insoweit zu zeigen Tersuchen, ab die folgenden
Ausführungen den Charakter einer flüchtigen Anregung tragen
sollen, dazu )»e.stimmt, vielleielit eine Afti<»n m diener Kichtung
bervor/uruien. Ich raalJe mir dabei durchaus niciit an, etwas
Originelles bieten zu wollen. Nur .scheint mir in dieser Hinsicht
bei uns in Österreich wenig gethan zu sein. Musterhaft in erster
Linie jedoch, wie mir scheint, für „alle, welche für das Lehen
der Alten Interesse haben,'' unter welchen besonders archäo-
logisch Geschulte gemeint sind, und nicht in erster Linie, wie
der Verfasser desselben will, „für die höheren Schulen", er-
10*
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136
Guäta? Spengler.
scheint ein Katalog mit dem Titel: „Die AntikeDsammluugen
des Großherzoglichen Museums in Danustadt" von Dr. Ludwig
BiK>hhol(l,M der mir dureh die Güte des Herrn Gollegen A. Th.
Christ zugebofp •stand,
Weil mir eben dieses Werkeheu musterpiltig erscheint,
wenn es auch allzusehr iu die Breite geheud die wissenscluift-
licheu Streitfragen zuviel hereinzieht,*) so möchte ich eimge
Worte Uber die Einriehtang desselben sagen, am auf dasselbe
EQrQckgreifen zv können.
In dem Absehnitte I Religiöses Leben der Alten sind
cbe Stücke des Museums, welche auf die Tempelstile (1) Be-
zug haben, in belehrender Weise mit vorangeschickton kurzen
allgenieineu Excursen besprochen. Dann finden sich unter dm:
Titel Tempeltorraen (2) Bestandtheile antiker Tempel an der
Hand einzelner Museumsstücke erläutert, sowie die Entwickluug
des Tempelbaues bei deu Römern und die Rundtempel, dann
Altare, der Mithracult, VotiTsteine nnd Oigantensaulen.
Der Abschnitt II Öffentliches Leben der Alten be-
schäftigt sich mit den auf folf^^ende Capitel bezüglichen Sehau-
stücken des Museums: 1. Wasseranlagen, 2. Meilenzeiger,
3. Basiliken, 4. Säulenhallen, f). Theil der Unifassnnjrsmauer
eines Forums, 6. Theater und Amphitheater, 7. die Triumphl)ogen,
b. Ausrüstung des römischen Soldaten« 9. römische Münzen.
Der dritte große Abschnitt Privatleben der Alten hat
zum Gegenstande belehrender Besprechung: 1. Materialien,
2, innere Einriehtonf^ von Häusern, 3. Gegenstande des häus-
lichen Gebrauches in reicher Auswahl, 4. Werkzeuge Ter<-
sehiedener Gewerbe, 5. Gegenstände der Kleidung, des Schmuckes
und der Kürperpflcffe. (]. Bestattung.
Der letzte grtylSv Abscliiiitt IV endlich, fast die liiilt't»' dof
Buches füllend, d ie IJ i Idwerk e und Gipsabgüsse, besjiricht
in einem Theile „die Bildwerke aus Marmor, Bronze, Thon",
im zweiten Theile die Gipsabgüsse.
Schon diese dürre Inhaltsaugabe dürfte genügen, um zu
zeigen, dass der Verfasser in der glücklichen Lage war, ein
ziemlich umfangreiches, viele Seiten antiken Lebens Teranschau-
liebendes Material vor sich zu haben, was noch klarer dem
wird, der den Inhalt der einzelnen Capitel mit ihren reichen
Hinweisen auf in dem (iroßberzoglichen Museum aufj^estapelte
Schaustücke sicli niilier besieht. Dem gegenüber ist wohl iiervor-
zuheben. dass deiürtige Sammluugeu viellacb natuniotlnvfiidiETe
Ungleichheit in der Reichhaltigkeit der einzelnen Gruppeu von
Anschauungsmitteln bieten werden, so dass die eine vielleicht
1) Danmibidt 1896. Vgl bes. Einl. 8. 8.
Der Verfasser s( lioint da^ st'lh<it gefühlt zu haben, indem er a. a. 0.
Einl. S. 4 bemerkt, „anderneits konnte Verfasser bei der Fülle interessanter
und vielfach uniBtrittener Gegenstände auf Notizen und Ausflihruiigeii
wineiiKhaftlicher Art nicht verzichten» obwohl diese Aber den Gedanken-
kreis eines Schalen hinaw^hen".
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Eine Anreguog auf dem Gebiete de« Aoscbauungaunterrichtes. 137
tlir den i- iuloloßeu uud Archäologeu, die andere für den Histo-
riker mehr Ausheilte bieten wird.
Ich meine nun — und damit komme ich auf den eigent-
liehen Kernpunkt meines Vorschlages . dasa besonders in den
großen Städten, allerdings mit grouer Mühe und bei weitgehend-
ster Theilung der Arbeit, Sammelkataloge oder Führer fQr
Schüler höherer Lehraiist;i1tt-n für üif^hi ere solcher Sammlungen
hergestellt wertl«>n könnten, weiehü die oben erwähnte Un-
gfleichheit mehr oder weniger beseitigen würden. Aufgenommen
dürfte in diese Kataloge nach weiser Auswahl nur werden,
was für den Unterricht Ton unmittelbarem Natien wäre, um
den Umfang eines solchen Buches nicht übermäßig auszudehnen.
Die Geneais eines solchen Sammelkataloges denke ich mir nun
folgendermaßen.
Zunächst müssten Sonderkataloge für die einzelnen Samm-
lungen, archäologischen Institute, Hilder5?amraluugen etc. ab-
gefasst werden. Einrichtung, Inhalt und Anordnung des Slofl'e.s
in diesen Sonde ikaialogen möchte ich gleich im fol^^endeu an
einem, wie mir scheint, treffenden Beispiele zeigen. \\ äreu nun
solche Sonderkataloge, die in ihrer Oesammtheit einen mSglichst
großen Theil des eesammten Vorrathes an Anschauungsmitteln
einer größeren Stadt umfassen könnten, fertiggestellt, so könnte
bei dem nun so gewonnenen Uberblicke über das gesammte
Material ein einheitlicher Katalog für alle diese Institute her-
gestellt werden.
Wir haben, um nun zu dem Beispiele überzugehen, in Prag
ein»- von Herrn Prof. Dr. Klein sehr nett gehaltene Sammlung
von Gipsabgüssen im Archäologischen Institute, in welches der
Eintritt wöchentlich einmal dem Pablieum gestattet ist Fttr
diese ließe sich nun ein solcher Sonderkatalog für SchOler, wie
ich glanbe, mit nicht großen Schwierigkeiten und doch großem
Nutzen für dieselben herstellen. Ich wähle gerade dieses Bei-
spiel, weil mir besonders die treffenden Worte Buchholds •) vor
Augen schweben, der Folgendes s:i'_ff: ,,Gipsabgüsse antiker
Sculpturen (Iteliefs, Statuen, Büsten) bilden, wie allgemein an-
erkannt, das beste Mittel zur Veranseliaulichung antiker Bild-
hauerkunst, und ein gutes Gipsmu.seuni kann rücksichtlich seines
ail<^* meinen und ästhetischen Bilduug.s wertes durch Abbüdnngen
nicht ersetzt werden. Das beste Gipsmuaeum ist aber das,
welches einen möglichst umfassenden Überblick über die antiken
Bildwerke gewährt und damit die yerschiedenen Entwicklungen
stufen der Kunst von ihren Uranfangen bis zu ihrer höchsten
Blüte nnd ihrem Niedergange veranschaulicht." Diesen An-
forderungen ist nun soweit als möglich in d»'r Sammlung des
Prager Archäologischen Institutes entsprochen.
Bei der Herstellung eines solchen Sonderkatalogeä müssten
nun nach meiner Ansicht besonders zwei Momente Berftek»
1) a. a. 0. 8. 99 f.
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138
Otistav Spengler.
sichtigung finden, znnäeliBt die Möglichkeit leichter und Behneller
Orientierung, dann aber auch, soviel es thunlich ist, eine An-
ordnung schon im Kataloge nach den geschichtlichen Entwick-
lungsstufen, die das verschiedene Material der betreffenden
Sammlung repräsentiert.
So ließe sieh zunächst der ersten Forderung geniigeleisteii
diircli einen über die ganze Sammlung orientiereuden Situations-
plau, in welchem Ort und Nummer der einzelnen Schaustücke
▼erzeichnet wären, aber auch schon, wo es möglich wäre, durch
gewisse, die einzebien Säle oder Zimmer naä ihrem Inhalte
charakterisierende Namen, welche in zweckmäßiger Abbreviatur
im Texte des Kataloges Anwendung fänden. So könnten, um
dies an dem von mir gewählten Beispiele /u illustrieren, die von
Herrn Prof. K1»'in für diV einzelnen Säle des Archäolof^i^elien
Institutes gewählten Namen diese Dienste tliiin. indem njun den
ersten Saal als arohaistisehen Saal (A. S.), den zweiten als
Pheidiää-Saal (Ph. S.), den dritten als Praxiteles-Saal (Pr. S.),
den yierten als Großen Saal (Gr. S.) mit zwei Abtheilungen:
A, hellenistisch-römiBcher Saal (6r. S. h. r.), B, Laokoon-Saal
(Or. S. L.) bezeichnen könnte.
Außer diesem Situatiousplane müsste auch ein gut an-
gelegter Index, der zugleich die Seitenzahl des Kataloges, die
Vermerke für Saal und Sehanstücke entbnlten würde, da« Auf-
hnden der einzelnen Stücke sehr erleichtern. Der Ant'iiiirung
der einzelnen Schaustücke im Texte müsste, damit der zweiten
Forderung Genüge geschähe, ein kurzer, leicht fasslicher Uber-
blick Über die CuUurstufen, insbesondere die Entwicklungs-
stufen der Kunst, denen die in der Sammlung befindlichen
Vertreter angehören, vorausgeschickt werden. Für diesen Zweck
würde etwa z. B. mit Bezug auf das Archäologische Institut in
Prag „der Überblick über die Entwicklung der griechischen
Plastik" genügen, wie er hauptsächlich nach dem Bnche von
Kur] Friederichs (ueubearbeitet von Wolters! „Bausteine zur
Gesciiiehte der griechisch -römischen Plastik in der kleinen
Schulausgabe von Hermann Nohl (Tempsky) als Anhang bei-
gefügt ist.
Und zwar würde es sich empfehlen, der Vorführung der
Gipsabgüsse in den einzelnen Sälen die allgemeine Charakteristik
der in dem betreffenden Saale vertretenen Kunststufe voraus-
zuschicken. £s würde also dem Kataloge folgende Einleitung
vorausgeschickt : ' )
„Vor dem 7. Jahrhunderte v. Chr. scheint sich eine natio-
nale Plastik in Griechenland nicht entwickelt zu haben. Aller-
dings waren die hölzernen, puppenhaften Götterbilder in den
Tempeln Werke griechischer Meister; aber was Kunstreicheres
in Stein oder Metall existierte, war ausländischen Ursprungs
^} Vgl. CicerosBede gegen Q. Cädlin« und das IV. Buch der Ankhif^e-
•chrift G. Verrea Hermann Nohl. S. 89 ffl
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Eine Anregung auf dem Gebiete des AnscbouuDgsuoterrichtes. 139
oder Gharaktera. Die Einwirkmig aiul&ndisclier, namentlich
ägyptischer Ennst maclite sicli aneh noch später geltend, aher
immer mehr gewinnen die Kunstwerke ihr eigenes hellenisches
Gepräge.
„Uie erste archaische Periode der griechischen Kunst
erstreckt sich bi> zur Mitte des 5. Jahrhunderte. Charakteristisch
für den archaischen 8til der ältetsteu Zeit ist es, dass die Fi-
iruren meist mit striirt' henibhänfj^enden A?*men und zusainmen-
gebüiitc'ii Händen mit der vollen FubpiuLte auf dem Boden
st^en; die Köpfe sitzen gerade auf den Sehnltem, ohne eine
Wendung zu machen. Die Stirn tritt zurück, die Nase stark
hervor; erst später, als man nach geistigem Ausdruck strebte,
wird die Stirn mehr vorgeschoben. Die Ohren stehen meist
unnatürlich hoch oder zu tief, die Augen treten aus dem Kopf
heraus df»r Mund ist ir^'schlosgen. die liippen sind ohne Leben.
Eine liiiutige Ers( Ii -i nung au den archaistischen Köpfen ist der
durch Heraufziehen der Mundwinkel hervorgerufene liiclielnde
Ausdruck, den in gleicher Weise Götter und Menschen, Lebende
und Sterbende zeigen, es ist ein Versuch, freundlichen Eindruck
zo machen, der allerdings nicht selten mehr als Grinsen wie
als Lächeln >virkt."
Nach einer solchen Charakteiistik würden die Schüler den
nun einzeln vorzuführenden Gestalten des Apollo von Tenea,
der archaistischen Hera der Villa Lndovisi und anderen gewiss
mehr Verständnis entgegenbringen. Xaeh Vorfühning dieser
archaistischen Gipsabgüsse im einzelnen könnte dann ebenso
die Zeit des Fhidias, die des Praxiteles und Skopas, sowie die
hellemstisch-römische Kunstperiode in wenigen Zfigen charakte-
risiert werden, ehe die einzelnen Stücke genannt und erläutert
würden.
Was nun die Anordnung in der Bezeichnung der ein*
zelnen Schaustücke selbst betrifft, so könnte in den Samm-
lungen, wo als Princip der Aufstellung die ITnterseheidung
der Entwicklungsstufen festgelialten ist, dies natürlicli aucli
im Kataloge beibehalten werden, wo das aber nicht der Fall
ist, dieses Princip, wie es z. B. in dem Buche von Bohlandt
der Fall ist, im Kataloge erst durchgeführt werden und so
gleichsam eine Erhöhung des Nutzens der Sammlung ftlr eine
mehr historische Betrachtung des in derselben Gebotenen erzielt
werden.
Wie ich mir nun Anordnung, Beschreibung und Erklärung
der einzelnen Stücke denke, will ich an einigen aus der Menge
der im Archäologischen Institute in Prag aufgestellten Gips-
abgüsse zeigen.
Su üadet sich im ersten Saal (A. b.) die bekannte Agineten-
gruppe Tom Athena-Tempel zu Ägina. Im Index und auf dem
Situationsplane wäre zunächst von dem Schüler aufzusuchen:
archaistischer Saal, Nr. 19 — 2i), Äginetengruppe, S. . . . des
Kataloges. Auf der betreffenden Seite des Xataloges würde er
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Gustav äpenglar.
nun folgende Auf Uärong^^) finden: Die Giebelgruppen des
Athena-Tempels Yon Ägiua. Die Originale (Mamor) wurden
1811 auf der Insel Ägina gefunden, 1812 von Kronprinz Ludwig
von Bayern angekauft, 1816 — 1817 von dem Bildhauer Thor-
waldsen ergänzt und in der Glyptothek in München aufgestellt.
Bewundernswert ist die Technik; diese Figuren sind durch-
gängig ohne künstliche Stütze im Gleichgewichte erhalten. Sie
sind allseitig mit der gleichen Sorgfalt ausgearbeitet.*) Die At-
tribute, Speere f Sehwerter und eine Menge einz^er hervor^
tretender Theile und Zuthaten waren ans fibnnor oder Bronze
anffefOgt. Für die gesammte Wirkung war die Färbung und Be-
malung von größter Bedeutung. Aus Spuren« die sich am Helme
und der Ägis der Athene fanden, schließt man auf durchgängige
Bemal ung, die Helme waren blau, der Helmbusch roth bemalt.^)
Nr. l\) — 29 die elf Figuren des Westgiebels. Gegen-
stand: Kampf um die Leiche des Achilles ( Hrinin) oder des
Patroklos (v. Müller, ki. Sehr. iL, p. ü77). ii. XVIL Ges.
Von links nack reelite. Nr. 24, verwundeter Orieeke, im Begriffe,
Sick die tödliche Waffe aus einer Wunde unter der reckten
Brust zu zieken. Nr. 22, knieender Lanzenkämpfer in lauern-
der Stellung (Aias, Sohn des Oileus, nach Brunn). Der Bogen-
schütze TeuKros, Nr. 23, „in der typischen Stellung des Bogen-
schützen hat er sich auf das r^olite Knie niedergelassen und
erscheint fertig, den Pfeil vom Bogen zu senden." Nr. 21, der
Telamonier Ains. als Voi lv;inip{'er die Leiche des gefallenen
Patroklus (Achilles; sciiuuuud, weit ausschreitend streckt er
den Sckild zur Deckung Tor und sckwiugt in der erhobenen
Beckte die Lanze.
Homers 11. XVII. v. 132 ff.
Mai ^li^i MevoiTid^iQ aä%.OQ sopi» tM^^olz
Kr. 20t der gefallene Patroklos (Ackilles), im Niedersinken
auf seine reckte Seite stützt er sich nock mit der Rechten,
welcke das Schwert hielt, auf den Boden, am linken trägt er
den Sckild. Der mit feststekenden Backen und Nackensekilde
versehene Visierhelm liegt, nack hinten zurückgeschoben, nur
lose auf dem Kopfe.
Nr. lU, ..Athene" als Göttin, welche die Geschicke des
Kampfes lenkt, ohne sich seihst direct daran zu hetheiligen; sie
') Diese üeraerkungen sind mit Auswahl besonders deui Btiche von
Bachhold entnommen.
-) Brunn, fiescbreibong der Glyptothek, B. 1, 6. Aufl., München 1887,
S. 6Ü.
9) Friedericlia, die GipsabeOcne antiker Bildwerke, neabearbeitet von
Wolter«, Berlin 1886.
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Eine Anregung auf dem Gebiete des Anachauungsunterrichtes. 141
stellt theilnahmslos und tmbewegt mit ilireii Attributen ^ dem
Sehüde an der Linken und dem eehriff in der Rechten gehaltenen
Speere, mehr ein Bild der Göttin, eie selbst leibhaftig.
XVII. &34. a'j>' o' s;:l Uok^oiOm) titaro xfiarsf^Tj {kjji'Ivi)
Nr. 25, Troianer. dem Gflaiient'ii /uhilfe kommend.
Nr. 2f), Hektor (Aueast mit nuch hinten gesetztem üelme,
Promachus der Troianer, dem Telamouier ttutäprechend.
Nr. 27t Paris, dem Tenkros entsprechend, troischer Bogen-
sehtttse mit eng anliegenden, bis an die Knöchel reichenden
Hosen, einer Tom geschlossenen Jacke mit langen irmeln und
einer den Nacken deckenden phrygischen Mütxe.
Nr. 28. knieender Lanzenkämpfer der Troianer.
Nr. 2*.'. verwundeter Troianer.
Unter *l'»r Bezeichnung „(rroÜer Saal gegenüber der Scheide-
wand" Ya-u^^ von Otricoli, iS. . . . de^ Katalogen, hiitte der Schüler
nachzusehen, um sich durch folgende Worte, die theilweise auf
Helbigs Darstellong zurückgehen, über den berühmten Zens-
kopf zu belehren: „Zeuskopf von Otricoli: Ori^al, gefanden
in der Hälfte des 18. Jahrhunderts in Otricoli (Perugia), im
Vatikan, antik nur die Vorderseite. Die berühmteste anter allen
ZeuRstatuen ist sie früher unmittelbar auf Pheidias zurück-
geführt worden, gilt jetzt als eine Nach- und Umbildung aus
der Zt'it nach Lysippiis.*) In dem W«Mk»' »'rsrheint di« Weis-
heit, Kraft und Energie des höchsten V.f»nte.s vt-rkörprrt. Das
reich wallende, vorn empoistrebende Lockenhaur, der volle und
lockige Bart umrahmen ein Götterantlitz, in dem jede Einzel-
heit charakteristiBch ist. Die horizontal ffetheilte, nach unten
vortretende Stirne, die kräftig geformte Mase, beides Merkmale
fester Willenskraft, die geheimnisvollen, tiefliegenden, ernst
und milde blickenden Augen, die schön geschwungenen Augen-
brauen, der et%v;i,s geöffnete Mund, der Milde und Hoheit vereinigt,
alle Züge, alle Linien greifen ineinander und ruten jenen harmoni-
schen (ie.sammteindruck erhabener Kratr und göttlicher Majestät
hervor. Und doch ist der Eindruck erhabenster, aus dem lievv usst-
sein der göttlichen Kraft fließender liuhe nicht der einzige, den
wir empfangen. Denn obwohl Zeus in einer gehaltenen Stimmung
dargestellt ist, so weist doch die Behandlung der einzelnen
Tbeile auf andere AfFecte hin, welche je nach den Umstanden
den Ausdruck des Göttervaters bestimmen können. Wo es nur
iniTii'^r angieng, ist die Bewegung angedeutet, dert-ii die einzelnen
Tlieile des Gesichts fähig sind. Die Kalte der ^tirn, das Spiel
der Augenbrauen und ihre verschiedfue Behandlung, die ein
wenig aufgeblähten Nüstern, der etwas geötfnete Mund und
das wallende Haar legen den Gedanken an den Übergang aus
Kurtwangler, Meisterwerke p. 3GU, 370, führt die Entitehung des
Typus von Otricoli auf den Kreis des Praxiteles xurdck.
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142
GnstAT Spengler.
der Ruhe zur Bewegung nahe, und fttr den Betrachter ist es
leicht, sich den Kopf mit einem anderen Ausdruck als dem vom
Künstler fixierten vorzustellen."
Ii /jäI xoavsTQT.v 3?:' ö'fpöot vsO^s Kf>ov'la>v
xfyaioc: ar' adavdtoto* [li^av o' eX*X'.;sv "OXuuiirov.
sind bekanntlich die Verse, die Pheidias begeistert haben. Wenn
aucb der ZeuBkopf Ton Otricoli einem anderen Künstler an-
Sebdren dürfte, diese bomeriseben Verse passen auch auf
lesen Kopf.
Über den Hermes des Praxiteles würde den Schüler die
Anmerkung im Iudex, Praxiteles - Saal , Nr. 482. Hermes des
Praxiteles, S. . . . des Kataloges, auf folgende erläuternde Be-
merkung fülireii: ..Hermes des Praxiteles gefunden in der
Ueraioncella in Uijmpiü zwischen der zweiten und dritten Säule
Yor den Besten der Basis, auf der die Statue einst gestanden,
aufgestellt im Museum zu Olympia. Es ist das einzige auf
Praxiteles zurückzuführende Werk. ,Hermes, der heitere, dienst*
willige Jüngling, der sieb so Tieler verwaister und verlassener
Götterkinder annehmen musste, hat hier den kleinen Diouysus
auf den Arm genomni» !i, um ihn zu den Nymphen zu bringen,
die das Kuäblein erziehen sollen. Er hat haltgemacht auf dem
Wecfe. über einen Baumstamm seinen fa1tin-(Mi Mantel geworfen
und darauf den Arm gestützt, der dem ivmde zur Stütze dient.")
In der linken Hand hielt Hermes wahrscheinlich den Herold-
stab, in der rechten Hand vielleicht eine Traube.''
Die Anmerkung im Index Gr. S. (h. r.), Nr. 482, „Schlafen-
der Satyr**, Katalog Nr. . . ., würde den Schüler auf folgende
Bemerkung zu diesem Kunstwerke führen: In den das Grabmal
Hadrians (Engelsburg) nragelDenden Oräben unter Papst Ur-
ban Vin. gefunden; bis auf diesps fiilirlmndert im Besitze der
Familie Barberini (daher auch ..l>ai berini'aicher Faunus" ge-
nannt), seit 1820 in München. ^Auf einem Felsen sitzt ein
kräftiger Satyr; in tiefen Schlaf versunken lehnt er die linke
Seite an den Felsen und lässt den linken Unterarm über den-
selben schlaff herabhängen. Der rechte Arm, hoch erhoben und
80 gebogen, dass die Hand im Nacken ruht, erleiebtei-t die
Brust und gestattet dem vom Weingenuss schweren Körper
freier und tiefer zu athmen.'' Die derbsinnliche Natur des
Satyrs, „welclier höhere geistige Interessen durchaus fremd
Mud", elmraklti isiereu vortreiriich die eingedrückte Nase, die
hervortretenden Backenknocheu, die aufgeworfenen Lippen, die
faltige, von struppigen Haaren umrahmte SÜrn.
Das Onffinalwerk Tielleicht nach 300 v. Chr. hergestellt.
Durch Vermittlung der Notiz im Register Gr. S. (L.), Saal
Nr. 504, Diskoswerfer, Katalog Nr. . . könnte der Schüler,
1) Friederich^ a. a. 0. 1212.
3) Branii 0. Nr. 4.
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£iiie Anregnng auf dem Gebiete des Anachaaiiiigvunterricbte«. 143
vor dem Objecte stehend. Folgendes lesen: „Original, Marmor,
1792 Ton Oavin Hamilton in den Trümmern eines antiken Ge-
bäudes an der Via Appla geftuiden, im Vatikan. Arm und Hand
des Jflnglings sind iu Bewegimg zu denken, und zwar in sehr
bewnsster Weise und zu einem sehr naheliegenden Zweck. Der
Arm wird gestreckt und gehoben, die Finffer spielen, um die
Elasticität zu prüfen und gleichsam den «riHistifren, eben er-
schienenen Augenblick herauszufühlen, wo die Jiraft an) meisten
gesammelt, die Mnskelapannung die friseheste. der Hvlil der
sicherste ist; einen Augenblick weiter, und die Wurfscheibe
£ht hoeh nach Tom erhoben mit rascher Bewegung in die
tehte über, und die eigentliche Handlung, wie wir sie ans
Myrons Diskobol kennen, beginnt.''*) Overbeek ond Fnrtwangler
führen das Werk auf Alkamenes zurück.
Diese Beispiele dürften genügen, um klarzumachen, auf
welche Weise sich solche Sonderkataloge herstellen ließen und
der praktischen Durchführbarkeit keine Hindernisse entgegen-
stehen. Zunächst würde es vielleicht zweckmäBiger sein, solche
Souderkataloge bloß durch da^ Mittel des ilektograiumä in
Umlauf SU setzen, bis die genügende Zahl von Sonderkatalogen
fertiggestellt wäre, nm mit Zugrundelegung dieser zur Ke-
daction des alles für die Scluilzwecke P'örderliche aus den
Sammlungen der betreffenden Stadt umfassenden Sammelkata-
log^ zu schreiten.
Wenn ich nun gefragt würde. w:t^ ich mir t'iir einen Vor-
theil von der Benützung dieser Kataloge erwarte, so würde ich
Folgendes anführen zu sollen glauben. Zunächst bedeutet ja
das, was jener bekannte Scherzvers „Dejicimte ^ncu — deßcil
oiüfie ata'' besagt, ein mächtiges Hindernis für den anschau-
lichen Unterricht, wenn uns auch noch sosehr die so rührige
Archäologische Commission, deren grofle Mühewaltung wir ja
dankbarst anerkennen müssen, nach den schönen Tempel-
modellen, dem Legionär, den Münzen n. a. m. lüstern macht.
Es erübrigt vielfaeli nicht das Geld, um das Material an bild-
lichen Darstellungen zu dem Zwecke des »nschanlichen l'nter-
richte« halbwegs vollstiindig zustande zu bringen. Wir bind ja
schon sehr froh, daüs wir Prof. Hoppes so schön ausgeführte
Büdersammlung für die Schule benützen können. Aber wie oben
schon dargelegt wurde, reicht das beste Bild nicht aus, um den
Eindruck hervorzubringen, den das plastische Werk selbst
zurückUtsst. Anderseits wird es wiederum genügen, selbst die
Abbildungen des Öhler'schen und der Luckenbach'schen Bilder-
atlanton, die ja wegen des geringen Preises dieser Schriften
aus dem Verbände dieser Werkcli.'n leicht entnommen und den
Schülern zur Ansicht in der Schule unter einen Rahmen ge-
bracht werden können, zur vorläufigen Veranschaulichung des
eben Behandelten zu benfitzen, wenn man in der Lage sein
>) Overbeek L 380-882, Fig. 102.
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144
Gastav Spengler.
wird, auf diese oder jene Stelle des Scliülerkataloges so rer-
weisen, an deren Hand der Schüler beim nächsten Besuch der
betreilenden Sammlung die plastische Darstellung des Gegen-
standes sich zu Gemüthe führen kann.
Haben nun so auf Anweisung des T^phrers eine <T^'<^Be An-
zahl der Stücke der Samiulunj» eine ^^i ngehendere Beachtung
von Seite der Schüler erfaliren, so wird ein Gang etwa aui
Ende des Semesters durch die den Schülern nun vertrauten
Räume unter Führung des Lehrers, der prilfend und mit den
Schülern recapitulierend ihnen nochmals die Gelegenheit, die
die Besprechung des betreffenden Gegenstandes im Laufe des
Semesters veramasste, Tor Augen f&hrt oder besser sich von
den Schülern reproducieren lässt, gewiss von dauernder Wirkung
sein.') Bei eine?- solchen zusaranienfasspiulen Vorführung der
Stücke der Sammlung kann sich ja dann auch ganz gut der
Anlfiss einstellen, die Schüler auf die historische Entwicklung,
aul die verschiedenen Perioden der Kunst und der Guitur auf-
merksam 2u machen.
Man wird Tielleicht diesen meinen Ausführungen gegen-
über den £mwand erheben, die Einführung solcher Säoler-
kataloge hätte nur einen localen, aber nicht einen ulltj^emeinen
Wert und komme wohl den Schülern größerer Städte zugute,
während die Schüler der kleineren Städte <^nv keinen Nutzen
davon hiitten. Diesem Einsprüche möchte icli iMrcli den Hin-
weis (laraut begegnen, dass wir den Schülern größerer Städte,
die ja schoii durch dm Aufenthalt in der Großstadt selbst viel
mehr geistige Anregung finden, dieses Plua gdstiger VerroU-
kommnung gönnen können, zumal die edle Beschäftigung eines
häufigeren Besuches solcher Sammlungen, welcher durch die
Kataloge hoffentlich gefördert würde, sie von Tu:inchen Ge-
legenheiten zum Bösen, deren ja gerade auch die Großstadt
wieder mehr bietet, f' ruhalten könnte. Aber es würde auch
ein solcher Katalog nicht ohne Nutzen für die auswärtigen
Scliüler bleiben. Wie oft kommt es vor, dass Schüler ans
kleinereu Städten bei den billigeren Verkehrsverhältnissen m
den Ferien die Großstadt au&uehen und umgekehrt bei der
immer allgemeiner werdenden Sitte, eine Sommerfrische zu be^
ziehen, die Schüler aus der Großstadt in ein Landstädtchen
oder in die Nähe eines solchen kommen. Wenn nun die Ein-
richtung getroft'en würde, dass Exemplare des nach obigen
Gnindsüt/cn vcrfassten SVhülerkataloges um einen geringen Preis
in der betreilendeu Stadt erstanden werden könnten, so würde
zum mindesten der idealer angelegte Theil der Schüler gewiss
') Vgl. Frank ,Der philologische Unterricht an den Gymnasien und
die Anschauun«;f'' pöstent ichische Mittelschule" X. Jhg. ^S. 157j: ,Und steht
einer Anstalt ein r.tl. ni H» lifs Museum oflf»'n. «o majf ein Ucmu h ilrs«<^!hcn,
wobei der betrettende Lehrer für seine i^chüler die erkhlrende Führung
Qbernimmt, das Höchste «ein, was der Mittelscbulnnterrioht auf diesem
Gebiete leisten kann.*
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Eine Anregung auf dem Gebiete dea Anschauungsunterrichtea. 145
ZU Semem eigenen Vortheile wie im Int presse der Hebung des
Bildungsniveaus von einer solchen £innehtiuig mit Freuden
Gebrauch machoTi.
Wenn ich nun — vielleicht irre ich — die Uberzeugung
habe, dass solche Katalugt- gewiss nicht ohne Nutzen wären,
und dass der Abfassung derüelben nicht allzugrolie Hindernisse
entgegentreten wurden, insofern nur die heutzutage uui allen
Gebieten nnnmgängliclie Arbeitstheilong anch hier sar An-
wendung käme, so kann ich anderseits durch eigene Erfahrungen
bestätigen, dass das Interesse gerade durch derartige Ausnützung
der Sammlungen bedeutend erhöht werden kann.
Als ich im vorigen Jahrf in Quinta Geschichte als Ldir-
gegenstand ühertratr»*n erhielt, notierten sich di^* Si-hül r mit
roÜcm Eiter die Stücknummern des Archäohjgi.schen Institutes,
ie ich ihnen angab, und ich hatte Gelegenheit, mich zu über-
zeugen, dass ein großer Theil der Schüler über das, worauf
ich sie aus der Sammlung aufmerksam machte, guten Bescheid
wussten.
Dass man aber im Unterrichte buhl Anlas.s findet, von
einem solchen Kataloge Gebrauch zu macheu, das brauche ich
nv'h\ erst besonders zu erört-ern. Es t^enüjijrt ja ein Hinweis
d:ir;iiir. dass z. B. gleich der AnfanfT der Honier-Lectüre. in dem
iii;in ja so durch die noth wendigen, nicht zu umgehenden i^e-
luiuereu grammatischen und metrischen Erörterungen leicrit von
dem Inhalte sich entfernt, Gelegenheit bietet, deu Apollo tou
Tenea neben dem ApoUo Sauroktonos etwa und dem Apollo
▼on BeWedere Tergleiehend vorzuführen, und ebenso etwa die
archaistische Hera (Ludovisi) mit der Hera (Farnese) und der
Hera (LudoTisi) aus dem 4. Jahrhunderte zu vergieichen und so
«cehon jetzt einen Blick in die Eutwicklung der griechischen
Plastik diM Seliüler thiui zu lassen.
V\ enn ich nun schliefe, sf) bitte ich, meine Herrt-n. die.se
wenigen Worte nur als eine Ijescheidene Anreirunp^ aulzufassen,
die mir leider versagt war, zum Zwecke der Einleitung einer
Diseussion den Mitj^uedem des VL Mittelschultages vorznlegeu,
und die ich nur hier im Vereine Torbringeu wollte, um mich
zu fiberzeugen, ob die Herren einerseits an die praktische Un-
durchführbarkeit. anderseits an eine Mehrbelastung des Lehrers
durch die Actualisiernng dieses Projectes glauben oder nicht.
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146
Dr. Anton Poluschek.
Reform der Prüfungen für Candidaten des
Mittelsehullehramtes.
Vortrag, gehalten am VI. deutsch - österreichischen Mitteluchultüge 7.u
Wien, Ostern 1897, von Prof. Dr. Anton Polaschek ans Czernowitz.
Dit* in Kl'(1)' stehemle Frage von der Uei'orm iler Prüfungs-
ordnung beansprucht gegenwärtig diis größte Interesse nicht
biüÜ wegen des formalen Grundes für diesen Vortrag, wegen
des Candidateumangels, sondern weil auch die berufene Ober-
behörde sieh gendthi^ gesehen hatte, gewisse Sehritte za onter-
nehmen, von denen ich freilich nicht sagen kann, ob sie blofi
informatorischer Art sind, oder ob ihnen später nicht doch
eine fachmännische Berathang folgen mrd. £s haben nämlich die
wissensehaftlichon Prüfungsconimissioncn anfangs dieses .luhres
oder etwas frülHr den Auftrag bekommen, sich mit der
Prüfungsfrage insofern zu beschäftigen, als vielleicht Erleich-
terungen zu schallen wären. Der Grund für diese Maßregel
kann nur im Maujgel au Nachwuchs im Lehrfache liegen.
Dass der MittelschuUehrstand in dieser ihn doch ganz
gewaltiff angehenden Frage nicht übersehen werden kann —
er wurde, wie wir eben gehört haben, Ubersehen — , das war
mir von vornherein klar, umsomehr als ich mich vor nunmehr
drei Jahr^Mi in dem angegebenen Sinne grüuljert IirIh'.
In meinem ^Anschauungsuuler ric Ii t " (Programm, Czer-
nowiiz 1S<)4. S. TX ) spracli ich über die Areliäologie als Prüfungs-
gegeu-stand , erwähnte, da8s t>ie in ßayeru bereits zum Lehrer-
exameu gehöre, und dass bald auch andere »Staaten nachfolgen
dürften. Ich saffie dort: ,,Man muss aber gleich im vorhinein
seine Stimme dagegen erheben, dass bei uns zu den alten
PrüfungsgegensUinden einfach ein neuer hinzugethan werde.
Unsere Prüfungen sind bekanntlich die schwersten unter allen
Prüfungen und zugleich die in ihren materiellen und gesell-
schatt lu lit-n W irkungv-n uudankbar^^ten. Die natürli<'he Er-
klärung liir ihre Schwierigkeil liegt eben darin, dass sie sieh
unter allen lirotstudieu auf den längsten Zeitraum erstrecken.
Solange hier nicht durch Vorprüfungen oder Theüung der
Prüfung oder sonst Wandel geschaffen wird, solange wird man
ohne Schädigung des schließlichen Erfolges, auf den es doch
ankommen muss, nicht einseitig voro^eheu können, d. h. durch
<lie Universitäten allein kann diese Prüfuugsfrage nicht gelöst
werden. Es wird Sache der bestehenden Mittelschul-
vereine sein, hier rechtzeitig von ihrem berechtigten,
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lieform der PrOfungea für Candidaten des MitieUcbullehrauit««. 147
ia der Lehrpraxis warzelnden Standpunkte Stellang
za nehmen.*"
Das gencliiflit nun hiomit. Die Sache wurde auch am
5« April d. T im Ven-iiie „ liuköwint r Mittf'lschi!]»'" besprochen.
Man konnte allerdiugs im vuiliuu-iu diese Art. der
Bebaudluiig des (■andidatt-nmanfrels den, wit- n*h im vorhinein
zugebeu will, gewibti uicht ganz abzuweisenden iiiiiivvui'i erheben
nnd sagen: „Das ist nicht der richtige W eg, dass man, om dem
Candidatenmangel im MittelschQUehratande abzuhelfen, die Axt
an die Priifungsvorschriften legt, die sich im großen und
ganzen bewährt haben; denn Prüfungsreform kann hier doch
nur heiÜen Herabset/nng der Korderungen, und thut man das,
dann setzt man mit dem Bildungsniveau gleichzeitig die ohne-
hin nicht hohe sociale Stell nng des Lehratandes herab. Man
hebe unseren Stand materiell, man hebe seine sociale Stellung,
uud der Caudidatenuiaugel ist behoben.'^
Das wäre auch nach meiner Ansicht die einzig richtige
und die radicalste Losung. Doch die Anregung auf eine etwaige
Änderung der Prüfungsordnung ist einmal da, und wir wollen
ihr nicht ans dem Wege gehen, sondern unsere Wünsche vor-
bringen, und das umsomehr, als der herrschende Mangel an
Nachwuchs zu einer jetzt schon hie und da fühlbar gewordenen
Uherbiirdung der MittelschuUehrer führen muss, der wir nicht
gleichgiltig /.nsehen können.
Wie kam es deuu überhaupt zum Candidaten-
mangel? Er hat seine Gründe vor allem auf socialem und
materiellem Gebiete, nnd erst in dritter Linie kommt die Art
unserer Prüfungen in Betracht. Sehen wir doch, wie die
Sache historisch geworden ist.
Solange sich das philosophische Studium auf das Triennium
beschränkte, also bis zum Jahre lH84, da war auch Her Besuch
der philosophischen Facultäten ungemein zahlreich. Auch Ende
der Siebziger-. fahre erwiesen sich beispiel>wi ise — ich spreche
aus eigener Erfahrung — die philologischen Lehrsiile au der
alten Universität zu Wien als viel zu klein fttr die Menge der
Besucher. Und wer drängte sich zu diesem Studium? Die
ärmsten Studenten, die eben nur die Auswahl hatten, Theologen
oder MittelschuUehrer zu werden. Wer also nicht Theologe
werden wollte, der studierte Philosophie, denn der Professor
war ja für den armen (tymna-'-iasten der Inbegriff der höchsten
von iiiiu anstrebeiiswerttMi Stellungen, dann natiirlieh die nach
drei jälirigem Studium winkende Anstellung und endlicii die Aus>-
siclit, al» Philosoph leichter Lectionen in der Universitätsstadt
zu bekommen als etwa ab Jurist oder Mediciner. Die B'ol^e
war — > eine große Oberproduction. Und hier setzt schon em
Grund für den jetzigen ^'imdidatenmangel an: Die trüben
Aussichten auf eine definitive Aufstellung im Lehr-
fache. Nur ganz besonders begnadeten „Lehrindividuen^ gelang
es, vor einem Quinquennium eine Stellung zu finden. Das
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148
Dr. Anton Polascbek.
Supplentenelend wurde spricliwdrtHeb, und 5 — 10 Jalire und
mehr wurden das normale Dienstalter, um zu einer definitiven
Stellung zu gelangen.
Neben diesen wenig trostreichen Aussichten wurde aber
seit 1884 aus dem Trienuium ein Quadrienuinin , und die An-
forderungen bei der Prüfung wurden im allgemeinen hölier ge-
spannt. Hier haben Sie den zweiten (irund für den Candi-
datenmangül. Der Lockruf, der im dreijährigen Facultäts-
stadinm bestand, verstummte. Hiesu kamen die Verschärfungen
bezfiglich desFreiwilligeujahres« die allerdings auch die anderen
Berufe trafen, und so stand die Rechnung jetzt so: 4 Jahre
Studium, l vielleicht 2 Jahre Militärdienst, 1 Jahr Hausarbeiten,
auch länger, wenn sie nicht entsprechend gewählt waren, Ys bis
1 J;i]ir zur Vorbereitung für das mündliche Exnnvn: macht
zusammen 7— S Jahre. Dazu ein Jahr nicht fMiirecheiibares
Probejalir. dann jahrelanges 8nppli(M-en , wuljei man die Aus-
sicht hatte, aiijäiirlich bei Erneuerung des Schuljahres den
Dienst zu verlieren« dazu die im Verhältnisse zu anderen Staats-
beamtenkategorien geringere und an sieh unzulängliche Be«
Zahlung, Einschränkung bezüglich der Haltung der Kostzöglin^e
und des iStundengebens , Verschärfung der Staatsaufsicht, die
sich in manchen Fällen bis zur Unterbindung jeder Lehrer-
individualität steigerte, dazu die Hetze namentlich gegen das
Gymnasium, AngrilVe auf Schule und Lehrer in der Presse, in
Broschüren, in gesetzgebenden Körperschaften, ohne dass sich
ein Anwalt für die Vielgeschmähten erhoben hätte, die an sich
schwere Stellung des Lehrers, die ja so manche Entsagungen
mit sich bringt, der gleich schwere Dienst für den jüngsten
wie für den Sltesten Lehrer, ja, da wäre es denn ein Wunder,
wenn unter solchen Umständen ein Candidatenmangel nicht
eingetreten wäre. Dergleichen konnte auf die junge \Velt, die
vor der Berufswahl stand, nicht anfraunternd wirken, und
voliends schon nicht, als die Einführung der Uniform dem
juiitren Menschen sagte, dass sein alter Professor es trotz allen
i'iiichteifers nicht weiter brachte als zur Vlll. Ivangsclasse,
einer Auszeichnung, deren der ehemalige Unteroffider, wenn
er etwa die RechnungsprOfung gemacht natte, auch tholhaftig
werden konnte Man icann seinen Stand noch so ideal auffassen,
aber äußere Ehren gehören nun einmal auch zum allgemein
Menschlichen. Und daran hat unser Stand ein recht be-
scheidenes Theil.
Wenn man auch dem jungen Manne sagt, du kannst ja
auch in die VII. und VI. Kangsclasse gelangen, kannst Director
oder gar luspector werden, so weili er doch, dass dieses Avance-
ment flieh mit dem in anderen Bemfszweigen nicht vergleichen
lässt. Und bedenkt man, dass unlängst Se. Ezcellenz der Herr
Justizminister erklärte, dass ein Justizbeamter die Anwartschaft
habe, binnen 20 Dienstjahren in die VII. Kangsclasse zu kom-
men, so erdffnet sich uns hiemit die Aussicht, dass der Candi-
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Keform Uer Prüfungen für C.indiUuten des MittelichuUehramtes. 149
datenmangel b«i uns noeh fühlbarer wird, als er es schoa
ist. DeuQ au^ nach dem neuen Gehaltsgesetze ist fOr uns in
der Kegel nur die VIII. Rangsclasse erreichbar. In die VII.
können wir bekanntlich nur aufsTifihrnsweise aus Allerhöchster
Gnade gelangen. Es haben treilicli vor einiger Zeit einzelne
Blätter gemeldet, dass man sicli im lioben Ministerium für
Cultuti uud L nterricht mit Studien über ßufürderuug von Pro-
fessoren in die VII. Hangsclasse beschäftige. Ob es wahr ist,
weiß leb nicht, wenn es aber wahr ist, dann Sind die Vor-
bedingungen so geartet, dass nur wenige dieser Ehrung^ theil-
haftig werden können. Zwanzigjährige und belobte Dienst-
leistnng, Ansehen über den Stand hinaus, Leistungen auf
wissenschaftlichem und schulpädagogischem Gebiete sind die
Voraussetzungen.
Zwanzigjäiirige defiuitive Dienstzeit, dazu die Supplenteri-
jahre — ja, wer erlebt das? Man sehe nur uusere Sterberegisler!
Und wie steht es mit der belobten Dienstleistung? Wer wird
denn beloht? Und nun die wissenschaftlichen Leistangen ! Mög-
lich, dass das Urtheil darüber in den competenten Kreisen anders
geworden ist, aber ob die Meinung ausgestorben ist. dass der tUeb-
ti^e Lehrer, dem nur die Schule über alles geht, keine Zeit zur
wissenschaftliehen Bethätigung hat, das weil' ich nicht. Ich breche
:*Ji. soviel (liirt'te sieii aber ans dem Vorgebracliten ergeben, dass
üer Einwand, den ich oben formuliert lialje. iu der Hauptsache
recht hat. .Man hebe die sociale uud die materielle
Stellung des Lehrstandes, und der Candidatenmangel
ist gewesen. £s werden sich dann nicht nur die ärm-
sten der Studenten zum Lehrfache drängen, es wird
dieser Stand für alle, die in dieser Welt der absoluten
Realistik sich soviel au Idealismus bewahrt haben,
dass sie nnr in der Hetbät ignng als .Ingendbildner und
Erzieher ihre Befriedigung finden, auch begehrens-
wert erscheiueu.
Hiemit gehe ich zu meiner eigentlichen Aufgabe, der Re-
form des Prüfungswesens über. Man erwarte nicht von
mir, dass ich eine bis ins einzelne ausgearbeitete PrOfunffsreform
▼orle^^en werde, das gienge wohl über das Können und Wissen
des emzelnen. Gewisse Wünsche könnte ich wohl gleieh vor-
bringen, so wenn z. B. die Prüfungsordnung vom Jahre 1884
vom Candidnff'u für elassisehe Philologie „eine theihveisc Be-
leseuhcit" m griechischen Lyrikern, Äscnylus, Euripidt-s, Lysias,
iu Plautus oder Tereuz und TibuUus verlangt. Auf diese Leclüre
könnte man, glaube ich, verzichten zugunsten archäologischer
Kenntnisse, wie sie gegenwärtig zur Erklärung der Schrinsteller
allmählich nicht memr umgangen werden können. Ich denke, diese
Kenntnisse wären für den praktischen Unterricht von größerer
Wichtigkeit uud greifbarerem Xutzen. Doch, wie gesagt, dieses
grofie Gebiet muss der von mir vorgeschlagenen gemischten
Kommission zum Studium der Prttfungsreform überlassen bleiben.
„Onven, MittelMbule". XI. Jahrg. H
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150
Dr. Anton Polaschek.
Ich gehe also gleich zur Beautwortung der Frage über:
Was ist der Zweck der Prüfung? Doch wohl der, dass der
Candidat nicht nur wiss»»nschaftlich, sondern nament-
lich ancli i)raktispli befähigt sei, den Unterricht in der
Mittelschule in ersprießlicher Weise zu ertheilen. Den
Zusatz von der praktischen Befähigung wird man kaum ernst-
lich bekämpfen können. Ein Lehrer onne Praxis ist ein Arzt^
der anf Gnmd theoretiseher Bflcherweisfaeit Kranke cnrieren
will. Wir könnten da trotz entgegenstehender Äußerungen Be-
rufener doch noch viel von unseren Volksschullehrerbildungs-
anstalten lernen. Was dort selbstverständlich ist, Geschichte
der Pädagogik und Er/l^hnriGr. Didaktik. Methodik u. s. w., das
gehört bei unserer bisherigen Prütuugsordnuug zu unbekannten
Dingen.
Mau hat im Jahre 1884 aus dem Triennium, das in so
manchen Staaten besteht, deren Schulwesen wahrlich nicht
schlechter ist als bei uns, ein Qaadrienniom gemacht, man
hat die Forderungen erhöht, aber die Praxis hueb unberück-
sichtigt. Man dachte gar nicht daran, dass das Material ein-
mal alle werden könnte, und so sah man das Heil höchstens
m einer Veischarfiing des Probejahres. Das Probejahr wäre,
abgesehen voii den ??chwäebp!i . die ihm anhaften. — sie sind
im einführenden Lehrer ebenso gut wie im randidaten gelegen
— gewiss genügend zur Sammlung praktischer Kenntnisse,
aber unter den geg* benen Verhältnissen ist dieses praktische
Jahr eben unpraktisch. Beim herrschenden Gandidatenmangel
entfallt es. Und was als Ersatz bei ungeprüften Sapplenten
eingeführt wurde, ist zwar gut gemeint, aber in der Praxis
wiederum schwer durchführbar. Man denke doch, der ein-
führende Lehrer ist so \ne der einzuführende Candidat voll-
ständig beschäftigt, der letztere neben den 8ehulpflichten
noch seinen Prüfungspfliehten nachzukommen; man denke über-
dies an überfüllte Classen, und da wird dann die Frage be-
rechtigt, wo bleibt die physische Zeit zur ersprießlichen Arbeit
des Einführenden und des Einzuführenden?
Man könnte freilich sagen und wird es auch sagen, die
Hochschule hat mit der Praxis nichts zu schaffen, sie sehe nur
die \^'is8enschaftliche Ausbildung der Candidaten an, daher kann
sich die Prüfling nicht anf das Gebiet des Praktischen er-
strecken. Das uutersclireibe ich auch bis auf den letzten Punkt.
Da der Candidat die Praxis nach der wissenschaftlichen Prüfung
unter den obwaltenden Verhältnissen nicht erwerben kann, so
mnss er, um halbwegs als tauglicher Lehrer dienen zu können,
eben noch wahrend der Studienzeit Gelegenheit haben, sich
praktische Kenntnisse anzue^en, die natürlich als vorhanden
codificiert werden müssen. Das geben wir aber freilich ohne-
weiters zu, dass die Hochschule dem Candidaten die praktische
Eignung nicht sehaft'en kann. Die mnss ihm durcli Männer der
Praxis geboten werden, kurz durch Mittelschulprofessoren. Soll
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Heform der Prüfungeo für Candidaten des MitteUcbullebramtes. 151
aber dies in dem aD^deateten Sinne möglich sein, dann folgt
▼on selbst, dass Mittelsclml professoreil Mitglieder der
PrOfangBcommisBion sein mttssen, selbstTerständlieh
Tollbereehtiffte Mitglieder.
Man wird natürlich in gewissen Kreisen sich solchen
Forfleningen niclit ohneweiters penoi'^t zeigen. Doch wir in
( )«t»Mr<Mrh wären iu dieser Be/.ieliu iili: n!('!»t fli»» einzigen. In
dem ijenarhbarten Bayern, in Württemberg. Djineniurk, Luxem-
burg sitzen Praktiker iu der Prüfungscommiösion. Und — wir
brauchen nicht außer Landes gehen — die drei juristischen
Staatsprüfungen werden bekanntlich sogar aneb nnter Yorsits
praktischer Samten abgehalten. Und niemand stdOt sich daran.
Eb geht.
Sobald wir nun darüber eini^ sind, dass die Prüfongs^
commission nns Vertretern der Wissenschaft und Praxis zu-
sammengesetzt ^f'iü Timss, um einen entsprechend »'n Nachwuchs
zu sichern, dann wird die Frage nach der Competen/, dieser
beiden Factoren gestellt werden müssen. Die Wirksamkeit der
Vertreter der Wissenschaft ist durch die geltenden Vorschriften
gegeben. An diesen will ich nicht mSkdn. Ich spräche aneh
nient fQr eine directe Herabsetzung der bisherigen Forderonffen.
Wie steht es aber mit den Praktikern? Es ist an sich klar,
dass sie an der Ausbildung der Candidaten ])etheiligt
sein müssen. Denn nur so erwerben sie das förmliche
Rerht. von ihnen Reelipnsehaf't über das G el i stete zu
fordern. W^ie soll das nun geschehen? Das krtnnen wir im
Rahmen der uns so kurz bemessenen Zeit heute nicht ent-
scheiden, das ist eine große Frage für sich. Wer sich dafür
interessiert, der hat jetzt alles bequem beisammen in Bau-
meisters Handbuch II 1 (Die Vorbildung der Lehrer für das
Lehramt von Wilh. Fries).
Es gibt da so manche W^ege, die in einzelnen Staaten auch
geganj^en werden. Es sind die sogenannten üniversitäts-
semi»irirt% die bei meinen \'ors<'hlnirt»n natürlich aulier Hetraeht
kommen, Mittelsehulseminare, die Lehrerbildung.sschule, wie sie
in Ungarn so segeusreicii wirkt, oder es können geeignete Lehr-
anstalten am Sitze der wissenschaftlichen Prüfuugseommissionen
mit der praktischen Einführung der Candidaten betraut werden.
Was die Candidaten su leisten hätten, auch darüber gibt
es eine umfangreiche Literatur. Erwähnt mag iiiur sein, dass
die Thatigkeit eine doppelte sein müsste, eine theoretische
und eine praktis«^he. Die [»raktisclie i^t genugsam bekannt,
sie besteht im Ho.spitieren . in Lehraultritten, in (Vuiferenzen.
in Er^tattunsr von Referaten u. ä. Überdies miissten sieh die
Candidaten der realistischen Fächer eine entsprei heude Ver-
trautheit iu der Verwendung des Anschauungsmaterials er-
werben. Die theoretische Thatigkeit der Candidaten müsste sich
erstrecken auf das Gesammtgebiet der Pädagogik, auf all-
gemeine und specielle Methodik, auf Schulgesetzgebung, be-
II«
•
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152
Dr. Anton Polaachek.
sonders Organisationsentwurf und Weisungen u. ä. Hiemit wäre
auch der umfang der praktisehen PtCLfiing gegeben.
Unter solchen Umstiuiden isl es nur nattlmch, dass die päd a-
gogische Hausarbeit vom Praktiker zu stellen und zu
begutachten wäre. Hiemit wäre anch ein Heilmittel für eine
offene Wunde gefunden Denn schmerzlich rerraisst man im
ull^emeiuen an unseren Hochschulen Vertreter der praktischen
Pädagogik. Habilitationen nur für Pädagogik sind bei uns ha-
kuuutlich unmöglich. Und doch, wer kein praktischer Schul-
mann war, der kann — das sollte wohl selbstverständlich sein
— eine Prüfungsarbeit aus diesem Gebiete — theoretisch ge-
sprochen — zwar geben, kann sie aber nimmermehr beurtheilen.
Ich könnte aus meiner Sammlung von Prüfungsfragen eine
Auslese bieten, die deutliche Spra<»ie führt. Doch statt vieler
nur ein Beispiel. Bekam da ein Caudidat folgende Frage:
^Uber die BeschatVenheit der ersten lateinischen Leetüre in den
drei untersten Classen des Gymnasiums mit Rücksicht einer-
seits auf den Orjganisationsentwurf und anderseits auf die Schul-
bücher von WeUer und Henneberger." Gewiss ein dankbares
Thema — ganz zu gescfaweigen, dass die genannten Bücher
mit unserem Organisationsentwurf nichts zu thun haben konnten,
weil sie in Deutschland zuhause waren. Der Candidat hat die
Sache nach der Kritik des Prüfenden gut beantwortet. Freilich
kommt aber jetzt das Streiflicht; weder der Priifende noch
der Geprüfte haben jemals praktischen Unterricht ertheilt. Da
wird man nun billig fragen, welchen Wert können dann solche
Arbeiten haben:'
Es fragt sich nun weiter, wann hätte der Candidat
diesen theoretisch-praktischen Cursus durchzumachen?
Da.s hängt mit zwei anderen Fragen zusammen, mit der
Theilung der Prüfung und mit den Abstufungen in der
facultas Jocendi. Soll die Prüfung' aus einem wissenschaftlichen
und einem praktiscluM! Theile bestehen, so ist auch gleichzeitig
ihre Zwcitheihmc tr< ueoen Das will natürlich nicht sagen, dass
der (.aiHiKi tt liiciii beide Prüfungen auf einem Sitze macheu
könnte, allem wichtig lür ihn ist es, dass er beide Prüfungen
ZU Tersehiedenen Zeiten machen kann.
Was nun die Abstufungen in der Facultas anlangt, so
will ich im vorhinein sagen, dass ich hier aus der Noth eine
Tugend mache. Ich yerkenne es durchaus nicht, dass im Gegen-
sätze zu vielen anderen Staaten gerade in der einheitlichen
Prüfling ein gewisser Vorzug der ">st*'rreichisclien
Prülungsnurm gelegen ist. Der mügliche Einwurf, dass
man da J^ehrer erster und zweiter Güte schaffe und daher den
eigenen Stand herabdrücke, scheint auch mir nicht ganz un-
berechti^. Allein es kommt da unter den jetzigen Verhält-
nissen em Gesichtspunkt in Betracht, der von ganz besonderer
praktischen Bedeutung ist. Ich meine, besser Lehrer mit ge-
ringerer Vorbildung als mit gar keiner. Wir sind einmal
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Ket'orm der Prufangea für Candidaten de« Mittelttcbullebramtes. 153
in Zeiten der Noih und werden es lange bleiben, gewiea so-
lause, als die Aussichten in anderen Berufszweigen besser sind.
Uuu duua ist die Sache nicht so schrecklich in ihren Folgen.
Mau gebe den Lehrern mit der geringeren Facultas die Rechte
der jetzt sogenannten provisorischen Lehrer, und alles andere
überlasse man dem matenelleii Mangel. Der Maugel ist ei»
harter Herr, er wird einen Jeden Lehrer zwingen, sobald als
nur möglich die volle Facultaa zu erwerbeu.
Um nun gleich die Abetafungen in der vmua daeendi ab-
zttthun, 80 denke ich nnr an swei Stufen, entsprechend
den zwei Stufen unserer Mittelschulen. Damit ist auch
der PrflfdnjKSStoff in wissenschaftlicher Hinsicht gegeben. Er
wird den Forderungen des Untergymnasiums oder der ünter-
realschule entsprecneiK Nur bezüglich der Hansarbeiten
müsste man sich bescheiden. Will man sie für die niedere
Facultas nicht ganz fallen lafsen, so müsste doch eine ^'e^-
einfachung in der Art platzgieiieu, dass möglicliät nur eine
anzttfertiffen wäre, also z, B. in der elassisehen Philologie etwa
ein griechisches Thema, lateinisch bearb^tet. Dabei mflsste
den Prüfnngscommissionen der strengste Auftrag er-
theilt werden, und nöthigenfalls wäre hier auch eine
Controle einzuführen, dass nicht Hausarbeiten ge-
geben werden, die nicht in dein im Pr nfungsgesetze
vorgesehenen Termine zu Ende geführt werden können.
Denn wenn man beispielsweise, sagen wir, ^die Net^ation im
Lateinischen' als Hausarbeit ^ibt, ao weiß man im vorhiuein,
dass aus den drei Yorgeschnebenen Monaten ein Jahr und
mehr wird. Oder wenn ein Candldat för Mathematik und
Plijsik an Stelle des pädagogischen Themas die Frage bekam:
„Kant und Helmholts erkenntnistheoretisch zu vergleichen'',
so ist 1000 gegen 1 zu wetten, dass auch der betreffende
Fragesteller selbst diese umfanpifichH. die Leetüre des ganzen
Kant und der Schriften von Heimhultz voraussetzende Frage
in drei Monaten nicht bewältigt haben würde. Nicht minder
wichtig Willen auch Kormen über die Arten der Arbeiten.
Es wäre nicht überflüssig, den Früfungscommissio&en einzu-
schärfen, dass nnr Themen zu wählen seien, bei denen der
Gandidat wirklich auch zu zeigen imstande ist, dass er einen
Vorwurf wissenschaftlich bearbeiten kann. Vor allem müsste
das Thema solcher Art sein, dass er für seinen Gegen-
stand aucli »'inen greifbaren Nutzen liat. Wenn ich dem
Candidaten eine Arbeit über eine bcstimiuie Verbalforni, z. B.
Aorist bei Horner^ oder gar ..bei den Kpikern" oder eine ähn-
liche Arbeit gebe, so öind zwar solche Arbeiten nicht ohne
allen Wert, aber Candidatenarbeiten sind das nicht. Das nnr
nebenbei.
Fassen wir zusammen. Da die Lehramtspri'ifung, ihrem
Zwecke entsprechend, eine wissenschaftliche und eine praktische
sein muBS, so muss auch die Prfifungscommission aus Vertretern
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•
1Ö4
Dr. Anton Polasehek.
der Wissenschaft und Vertretern der Praxis bestehen. Die
Urtheile beider Parteien sind gleiehwertig. Ob der Candidat
zu reprobieren ist. wenn er in dem einen der beiden Factoren
für unreif betunden wurde, oder ob er nur das nicht bestandene
der beiden Examina zu wiederholen hat, müsste der Erwägung
der zu bestellenden gemischteu Berathuugscommissiou zur Be-
schlnss&asiiiig überiasm blähen.
Während aber die wiflsenschaftliche Yorhildnng der Candi-
dat an der Hochschule erwirbt, muss er die praktische Eignung
an eigens tXL diesem Zwecke eingerichteten Seminaren oder
Cursen, oder wie man das Ding nennen will, zu en^'erben
trachten. Die Prüfung umfasst zwei Gruppen , über die unter
einem oder getrennt geprUft werden kann, und zwar a) die
wissenschaftliche und b) die Uieoretiseh-praktische. Die erstere
gliedert sich in Haus- und Clausurarbeiten und die mündliche
mfung ans den gewäUten Fiehem, die letitere besteht ans
einer pädagogischen Hausarbeit und einer mOndlichen PrCLfnng
aus theoretischer und praktischer Pädagogik, Geschichte der
Pädagogik, Didaktik, allgemeiner und specieUer Methodik, Schul-
Gesetzgebung, besonders Organisationsentwurf und Weisungen.
Bei realistischen Fächern knme noch dazu der Nachweis einer
Vertrautheit im Cxebrauche der Anschauungsmittel. Der Phy-
siker müsste also wirklich ein Experiment vorführen u. s. w.
Die Facultas ist eine doppelte: a) für alle Classen der
Mittelschule, b) für das ünterprmnasium oder dieünterreaUchnle«
Wie steht es nun mit der Zeit, in welcher beide
Faeultates erworben werden können?
Bezüglich der vollen Facultas hätte ich nur den einen
Wunsch, dass die Hausarbeiten schon im vierten Jahre, vielleicht
auch meinetwegen erst im zweiten Sem»'stor rronommen werden
könnten. Es wäre das immerhin eine neruieuöwerte Verkürzung
der Prüt'ungszeit.
Was aber die andere Facultas anbelangt, so hätte sie
keinen Sinn, wenn man nicht die Möglichkeit schaffte, «ie
früher als die ToUe zu erwerben. Ich deäe, wenn anderweitig
nach dreijährigem akademischen Stadium die volle Lehr-
befahigung erworben werden kann, so könnte das umsoniehr
bei uns mit der niederen Beföhigung geschehen. Das setzt aber
voraus — und jetzt komme icn zur RenTitwnrtunc; der oben
gestellten Frage — , dass der Besuch der pädagogischen
Vorträge und die praktische Ausbildung vorausgehen
müssten. Ich denke an das sechste Studiensemester, unbe-
schadet dessen natürlich, dass derjenige, der sofort die Toll-
ständige Lehrbefähigung anstrebt, erst im vierten Studienjahre
die Schule der Praxis durchmacht. Ein Semester intensiver
Arbeit würde gewiss genügen, um dem Candidaten einerseits
die nöthige praktische Bildung zu vermitteln, um aber auch
anderseits die Prüfungsexaminatoren dieser Gruppe in den
btand zu setzen, ein gerechtes und wohlbegründetes Urtheil
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Reform der PrüfangeQ für Candidaten des Mitteischullebramte.H. 16ü
über den Oandidaten zu föUen. Der Candidai würde sich dann
beeilen, gleich nach dem Triennium den praktischen Theil fleiner
Prüfung abzulegen, und, da er femer im allgemeinen nur eine
Hausarbeit anzufertigen hätte, wäre er nach dem vierten Studien-
jahre fortirr, (1. h. ;uistf41uiigstahig, und so würde auch auf
diese Art m wirksamer Weise dem Caudidat*»ii!iiangel entgegen-
gearbeitet werden. Anc^stliche Gemüther konnten auch hier
insofern ihre Rechnung linden, als etwa die Erwerbung der
niederen Faenltas in Zeiten der Überprodnction eingeschränkt,
beziehungsweise ganz eingestellt werden könnte.
Bei der Erörterung des Torliegenden Gegenstandes im
Vereine „ßukowiner Mittelscbnle" wurden vielfach Wünsche
geäuÜert, ob nicht vielleicht eine solche Theilung der Prüfung
anzustreben wäre, wie sie etwa bei d'^n Juristen besteht, also
nach zwei Jahren käme gewissermalien die erste, nach weiteren
zwei Jahren die zweite Staatsprüfung. Die Sache iht auf den
ersten Blick bestechend. Auch ich habe ursprünglich au eine
soleke Theilung gedacht. Ohne Zweifel würde die erste Prüfung
gewissennaOen regulierend auf das Material einwirken. So
mancher Candidai dürfte entdecken, dass ei für den Beruf nicht
passe, und er würde rechtzeitig umsatteln. £8 ließen sich wohl
auch Theilungen bei manchen Gruppen vornehmen, dort, wo
Nebenfächer nebenhergehen, sogar ganz ungezwungen. Also,
z. B., der Naturhistoriker könnte schon nach zwei Jahren
Mathematik und I'hysilv ;il)thun, der Germanist ebenso Latein
und Griechisch. Alierdmgs bei anderen Gruppen scheint mir
die Sache doch anf Schwierigkeiten zu stoßen. Was soll man bei
der Philologie thnn? Alte diesehiehte und Deutsch als Neben-
fach, das wäre doch eine viel zu geringe Entlastung der Haupt-
gegenstSnde. Es müsste doch auch aus der Philologie etwas
vorgenommen werden. Aber was? Soll mau die Absolvierung
bestimmter Claf?5?iker ansetzen? Daz.u müssten Realien, Metrik,
Grammatik mitgelieii. Ja, aber kann man dergleichen bei der
zweiten Prüfung entbehren? Kurz, hier gibt es schon gewisse
.Schwierigkeiten.
Es bleibt noch ein Punkt zu besprechen übrig, nämlich
das Verhältnis des Doctorats zur Lehramtsprüfunff.
Es kann hier natürlich nur tou der vollen Facultas die Bede
sein. Das sei im voraus bemerkt, um Missverstandnissen vorzu-
beugen. Ii'li lenke, wenn das Prüfung«wesen reformiert werden
soll, so .soll man auch diesen Theil des Pn'ifnugswesens ein
wenig unter die Lupe nehmen. Über den Um lang des Doetor-
examens rede ich nicht, daran will ich nicht weiter rütteln,
allein eine Frage möchte ich stellen: Ist die Dissertation
nothwendigP Von den Medicinern will ich absehen, nicht
aber Ton den Juristen. Dort wurde bekanntlich in jüngster
Zeit das Doctorat auch tou den Staatsprüfungen getrennt Es
hat dort 80 ziemlieh dieselben Wirkungen jetzt wie das philo-
sophische, aber eine Dissertation kennt man dort nicht. Ich
156
Dr. Anton Polaschek.
glaube also, was dem einen recht ist, soll auch für den anderen
billig sein.
Sollte das aber gar zu horribile auditu klingen, dann
ließe sich in folgender Weise eine Verbindung mit der Lehr-
amtsprüf'uTif^ lierstellen. Macht der Candidat zuerst das Doctorat,
dann soll die Dissertatiou jedesmal eine Hausarbeit ersetzen,
eine Gepüogeuheit, die bekanntlich in Übung steht, die aber
nunmehr zn eodificieren wäre. Geht dagegen das Doctorat der
Lehramtsprüfiing nach, dann sollen eben die Haasarbeiten oder
eine von ihnen die Dissertation ersetzen.
£b ließe sich wohl anch noch hinsichtlich des Stoffes ein
gewisser Zusammenhang zwischen Doctorat und Staatsexamen
herstellen , etwa durch JErgänzuncr-^prüfungen, so dass so-
wohl das Doctorat zur Lehramtöprüluug und umgekehrt die
Lebramtsprülung zum Doctorate ergänzt werden könnte. Das nur
obeukin.
Das wären nun einiffe Gedanken Über die Reform unserer
Lehramtsprüfungen. Sie ließen sich unschwer weiter ausbauen.
Man könnte da sogar auch das praktische Gebiet betreten und
die Art und Weise der Ausstellung unserer Prüfungszeugnisse
besprechen, die gewiss nicht entsprechend ist. Denn was in
der Regel dort steht, gehört in das Prüfungsprotokoll. Schon
mit Rücksicht auf die von den Directoren zu erstattenden He-
setznngsvorsehläge , denen bei größerem Competeuteuaudrange
hieraus eine schwere Arbeitslast zuwächst, wäre es wünschens-
wert, dass hier nicht nur eine Vereinfachung, sondern geradezu
eine scalamäßiee Benrtbeilung der Prflfangsresultate platzgriffe.
Man sehe z. B. nach Bayern. Ünd noch etwas. Unsere Zeug-
nisse kreisen gegebenenfalls in Ämtern, wohl auch aus der Hand
des Hilfsbeaniten in die des Praktikanten, und der Causalnexus
zwischen einem anständigen Menschen und tüchtigen Lehrer
und dem, was oft in solchen Zeugnissen steht, muss doch nicht
immer zwingend sein.
Verehrte Versammlung! Dass meine Vorschläge vielfach
anfechtbar sind, gebe ich im vorhinein zu. Man wird mich
fewiss deswegen tadeln, cUss ich, wenigstens bei der niederen
'acultas, nicht nur die Studienzeit verkürze, sondern auch die
praktische Ausbildung, die man zuletzt auf zwei Jahre aus-
dehnen wollte, gar auf ein Semester zusammendränge, man wird
sagen, für die theoretischen Fächer der praktischen Prüfung
ißt absolut keine Zeit vorhanden, und schaÜt man sie, dann
müssen wieder Gegenstände der wissenschaftlichen Prüfung ab-
fallen u. a. Doch das ist alles Sache der Organisation. Der
springende Punkt in der ganzen Neuregelung ist ja die Ein-
flussnahme der Praktiker auf die Lehramtsprüfung,
will sagen, die praktische Mussausbildung der Candi-
dateu, die wir iu Zeiten der Noth einfach nicht haben. Und
diese praktische Ausbildung müssten wir, verehi'te Versammlung,
auch um den Preis zu erreichen trachten, dass es vielleicht noth-
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Keform der PrUfuogen fUr Candidaten des MitteUchallelmuuteä.
wendig wäre» für die volle Facali4i8 erst nach dem vierten Jahre
wissenschafÜiehen Studiums ein ganzes Jahr praktischen Btn-
dioms anzugliedern — es käme dies dann dem bestehenden
Probejahre gleich — für die niedere dagegen nach dem drei-
jährigen wissenschaftlichen Studium ein viertes praktisches Jahr.
Doch, wie gesagt, sind mehr minder Organisation8£ragen.
Den Kern der Vorschläge berühren sie weiter nicht.
Ich will mich mit dem Vorgebrachten bescheiden und
unterbreite Ihrer Beschlussfassung folgenden Schlussautrag:
Der VI. dentseh - österreichische Mittelschultag wolle be-
sefaließen: Die hohe Regierung wird gebeten, eine Com-
mission einzusetzen, die, zn gleichen Theilen ans Ver-
tretern der Wissenschaft und der Praxis bestehend,
sich in gemeinsamen Berathungen über etwaige Re-
fonneT! der Lehramt'^prüfunrren in der Art zu emirren
haben wird, dass neben den wissen^?clult"tl iclieii Forde-
rungen auch die Forderuui^en der Praxis zur vollen
Berücksichtigung und Geltung gelangen.
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158 Dr. Anton Becker.
Quellenbenützung im Gesehiehtsunterrichte.
(Vortrag, gehalten in der pliilologiscb-hiatoriflcbeii S«eiion des VI. deutsch^'
(toterreichiacheii Mittel I nUa 'es zu Wien. Ostern 1897, Ton Dr. Anton
Beeker aus Ober-Uoliabrunn).
Der allgemein anerkannte Wert des Geschichtsunterrichtes
hat es mit sich gebracht, dass man sich mit der Frage der
Methodik dieses Unterriehtszweiges vielfach und ausführlich
beschäftigt hat. Da sich die uralte Forderung nach Anschau-
lichkeit in unserer Zeit vollständig bahugebrochen hat, ja
sciiuii itire extremen Blüten zu treiben beginnt, so hat sie sich
aueh bier geltend gemaclit^ und als ein l&itel, den Geschichts^
nntenricht zu heben und zu beleben, klarer und eoncreter zu
gestalten, wird vor allem das Bild gepriesen. Unsere Sebul-
bttcher zeigen auf jeder zweiten Seite ein Bild, die Lehrzimmer
sind voll der schönsten Darstellungen aus der Geschichte. Und
in der That: sif fuhren dem Schüler die historische Figur in
ihrer äulJeren Gestalt, die Tracht und Bewall'nung, die Bau-
werke und die Sitten einer Zeitepoche lebendis: vor Augen;
sie wirken auf den stärksten aller Sinne, und damit sprechen
sie deutlieber und klarer als die eindringlichste, lebendigste
Scbilderun^ des Lehrers.
Die Bilder wurden daher mit Recht in der pädagogischen
Literatur viel und voll gewürdigt. Weniger, soweit meine Kennt-
nis der Literatur reicht, ein anderes Anschauungsmittel.
Ich meine die Quellen der Geschichte.
Li den von der pädagogischen Literatur leider viel zu wenig
gewürdigten Instructionen steht an einer — ich muss wieder
sagen leider — sehr versteckten Stelle Folgendes: „Zur Be-
lebung des Vortrages sind Iifittheilttngen aus Quellen und
neueren Bearbeitungen, welche der Lehrer, wenn möglich aus
dem Gedächtnisse, in die Darstellung verwebt, sehr zu empfehlen.
Ein Gedicht von Tjrtäus und Solon, Scenen aus Äschylus und
Aristophanes, Charakteristiken aus Mommsen, Curtius, Giese-
brecht, Ranke u. a. sprechen an richtiger Stelle beredter als
viele Umschreibungen veri^aTi^« n r Zustände, Strebungen, An-
schauungen und Emptinduug.-'Wei.>?en. Auch die Verwertung be-
sonders charakteristischer Citate, Anekdoten, sowie die Vui*-
ftthrung historischer Gedichte ist mitunter recht förderlich^
(p. 169).
In Deutschland hat diese Theorie durch die Herbart-
Ziller'sche Schule zuerst festen Fuß ^efasst, und mit ihr stimmt
eine daselbst blühende Praxis überein; denn nur so kann man
es sich erklären, dass dort eine Menge sogenannter Quellen-
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Quellenbeaüuuiig im GebcUichtsuntetTichte.
159
büeber fttr alte, mittlere und neue Geschiehte niclit bloß er-
schienen, sondern auch zwei, ja drei und noch mehr Auflagen
erlebt haben. Bei uns in Osterreich ist ein solcher Versuch —
abgesehen von einigen Lesebüchern aus antiken Soln iftstellem,
z. B. Loos'. Lesebuch aus Livius — nur einmal für die öster-
reichische Geschichte und nur für das Mittelalter von Dr. Karl
Schober gemacht worden. Habent ma fota libelli Die Geschichte
dieses Buches ist sehr lehrreich. £s ist vor zehn Jahren er-
sehienen, blieb nuToUendet and erlebte nur eine Auflage. leh
habe selbst die Absicht gefasst, das Werk fortssusetzen, habe
mich daher an den Verfasser, ohne eine Antwort zu erhalten,
dann an den Verleger gewendet: da kam ich schön an. Herr
Holder erklärte, dass kein Buch, solange er das Geschäft inne-
habe, eineu solchen Misserfolg gehabt wie dieses. Das ist ein
großes SS ort und ein schwerer Vorwurf.
Ich will hier nicht untersuchen, wuriu der Grund für dieses
Fiasco geleeen ist, sondern zuerst die Fra^e beantworten, was
hier unter Quellen zu verstehen ist, wie sie zu benützen sind
und welehen Wert deren Benützung hat
Zur Beantwortung der ersten Frage brauchen wir nur in
einem der Quellenbüeher zu blättern; neben dem von Schober
wollen wir hiebe! zwei der in Deutschland gebräuchlichsten zu-
rathe ziehen: Albert Richter, i^uellenbucli für den rutprricht
in der deutschen Geschichte zu8ammen«rfstellt . verbesserte
Auflage, Leipzig LSÜo, und Dr. Max Scliilling, C^hiellenbuch zur
Geschichte der Neuzeit, 2. verbesserte Auflage, Berlin 1890.
1. Berichte antiker Autoren (Heden, Charakteristiken,
Schilderung von Culturzuständen etc.). Hiebei sei erwähnt^
dass sich ganz Tortrefflich auch die alten Inschriften der
Ägypter, Assyrer und Babylonier, wie letztere in Schräders
keilinschriftlicher Bibliothek gesammelt sind, für die nach der
nenerf'Ti F(ir«« hn!ig auch für die Schale wichtigere orientalische
Geschichte zu dem Zwecke eignen.
2. Einzelne Stellen aus mittelalterlichen Chronisten und
Annalisten, wie wir sie besionders bei Schober tinden.
3. Biographien und Selbstbiographien, Denkwürdigkeiten etc.
4. Dienterwerke (Sophokles, Aristophanes, Roswitha, Grim-
melshausen u. a.).
5. Gedichte (Walther von der Vogelweide, Sebastian Brants
Narrenschiff etc.).
6. Acht- und Bannformeln.
7. Urkunden und ActenstUcke.
Was die zweite Frage anbelangt, wie diese (^ifllen benützt
werden sollen, so haben sich hiebei zwei Hauptrichtuugen aus-
gebildet. Die einen, ausgehend Ton der Herbart -Zilier*8ohen
Schule, machen die Quelle zum Ausgangs- und Mittelpunkte der
Geschichtsbetraehtong, d. h. der Geschichtsstunde; die anderen
sehen in ihr nur ein decoratires Stück für den Vortrag des
Lehrers*
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160
Dr. Anton Becker.
Der Vorgang uach den ersteren wäre folgender: Der Lehrer
stellt gewisse Aufgaben mit Beziehang auf einselne Quellen-
stüeke. Das ist dann das Thema für eine oder mehrere Unter-
richtsstunden ; da ist also eine Zielangahe. Nun wird di»'
Analyse vürgeuommeu : alle auf das Tliema sich beziehenden
V'orstellungsmassen werden über die Schwelle des Bewusstseins
gehoben. Der Lehrer gibt nuu die Quellenstücke an, über
welehe die Schüler bis zax nächsten Stande snhaose sich zu
unterrichten haben, und darüber erstattet non ein Schüler
einen Bericht.
Der Lehrer hat nun über diesen Bericht eine Besprechung
mit den anderen Schülern einzuleiten und so durchzuführen,
dass nicht bloß der Inhalt der Quellenstücke berichtigt und
verständlieh, sondern auch in mogUchst kurzer Zeit erschöpft
wird. Daü Erjjebnis der Besprechung wird dann zusammen-
ffefasst, und damit ist die Darbietung des Neuen vollendet.
Nach einigen solchen Referaten hat der Lehrer diese Er-
gebnisse in einem Vortrage zusammenzufusen, der neben Er-
gänzungen, nothwendigen Verbindungen auch den Zusammen-
bang des Ganzen zu bringen hat und eventuell auch einen
anderen Standpunkt wählen kann, als der bei der Besprechung
und Zusammenfassunw crewesen war. Das ist die eine Art.
Nach der anderen Ansicht soll die Quelle vom Lehrer als
Beigabe während des Vortrages mitgetheilt werden, als beleben-
des, erklärendes und vertiefendes Mittel.
So einfach und einleuchtend gleich beim ersten Anblicke
die zweite Art erseheint, einfacher und leichter, als sie in Wirk-
lic-likeit ist, so drängen sich gegen die erste eine Menge Be-
denken auf. Zunächst einmal müsste jeder Schüler ein solches
Quellenbuch in eif^enem Besitze haben; das «reht schon aus
materiellen Ciriinden nicht. Dann aber spricht dagegen ein
Factor, den leider die tlieoretisclie Pädagogik meist aaÜeracht
lässt: die Zeit. Wenn auch diesem Vorwurfe entgegengehalten
wird, dass in der Beschränkung keine Gefahr liege, da es zu-
nächst auf die Tiefe und dann erst auf die Breite des Wissens
ankommt, so bleibt doch der Lehrplan als fixe Forderung einer
bestimmten Breite des Wissens, und nach dieser Decke muss
sich eben der Lehrer strecken; und gienge man immer so vor, ich
glaube, nach den gegenwärtigen Lehr])länen würde man kaum
die Hälfte des Stoßes bewältigen. L)enu man hat es ja in
VV irklichkeit nicht mit Idealschülern pädagogischer Lehrbücher
zu thuu, die mit einem Feuereifer sich auf das Studium der
Quellen stürzen, sondern mit jungen Leuten, denen zum größten
Theile je weniger je lieber ist; und da man hier bei den gegen-
wärtigen Lehrplänen bei gleicher Breite tiefer gehen müsste,
so käme es anfeine Obei^lrdung sieher hinaus; und die schSne
Wendung von dem ^verbindenden und vermittelnden'' Vortrage
des Lehrers deutet ja auch darauf hin, dass es neben der Tiefe
auch auf die Breite abgesehen sei.
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Quellenbenützung im Geschichtsunterrichte.
161
Wir wollen aber aus dieser Beiraebtnng nicht den Schluss
sieben, dass diese erste Methode ganz zu ververfen wäre,
sondern uns den Satz, den Schilline im Vorworte zu seinem
Quellenbuche ausspricht, vor Augen nalten, dass der Wert des
Wissens in der Construction desselben gelegen sei, Daun
aber uns vor dem Gespenfte aller theoretischen Pädagogik, der
den lebendigen Geist des Unterrichtes tödtenden Hcnablone
hüten und somit festhalten, dass weder die eine noch die andere
Art d<at Quellenbenfitsnng die allein riehtige ist, sondern eben
beide verwendet werden können, die erstere allerdings aus dem
früher angeführten Grunde mit der Einsehrankunff, dass nicht
die Schüler die Quellenstücke zur Pi¶tion bekommen und
darüber referieren, sondern dass der Lehrer das betreflFeude
Stück selbst vorliest und daran die Besprechung mit den
Schülern knüpft.
Weichen Weg der Lehrer einschlagen wird, darüber wird
die Quelle entscheiden, die ihm für die betreffende i'aitie, die
eben durchgenommen wird, vorliegt. Der Lehrer wird sieh bei
einer Durchsicht der Quellen selbst darüber bald klar werden.
Ist die Quelle derart, dass sie etwas Allgemeines enthält,
sich also nicht an ein bestimmtes historisches Ereignis noth-
wendig anschließen muss, so wird man sie zum Ausgangspunkte
der Betrachtung machen. Besonders empfiehlt sieh dies bei
culturgeschichtliehen Themen, da hier wie nirgends die Gefahr
vorliegt, dass der Scliüler bluUe Phrasen lernt und da« Wesen
der Sache nicht begreift. So bilden für die Betrachtung der
Gulturrerhältnisse unter Karl d. Qt. die in Richters Quellenbuch
befindliehen Capitnlare einen vorzüglichen Ausgangspunkt, aus
dem und an dem die Hauptpunkte des Verwaltungs- und Rechts-
Wesens, der materiellen und geistigen Cultur von den Schülern
selbst abgeleitet werden können; in gleicher Weise werden die
Culturverniiltnisse des XVL .Tahrhunaerts sich ergeben an der
Hand von Quellenstüeken , wie Ulrich v. Huttens Vermahnntiir
an die freien und reichen stelte deutscher nation lö22'\ Franz
v. Sickingens „Dialog mit St. Peter und St. Georg^ für die
Recbtspllüge und den Handel, Eberlin t. Günzburgs „Mich
wundert, dass kein Geld im Land ist*' 1524 (27) für den Luxus,
wozu die Kleiderordnung, „Über Gastmähler und Tänze" (29) sich
ansehließt, oder es wird, um die Fresssucht des Jahrhunderts
zu kennzeichnen, die Beschreibung eines fürstlichen Hoch-
zeitsfestes aus Hans v. Snhweinichens Denkwürdigkeiten p^enü^en.
ebenso wird für den Zustand nach dem dreinigjährigfn Kriege
ein Verzeichnis der im dreißigjährigen Kriege zerstörten Ort-
bciiaften (89 j, die Stimmung über den Frieden aus Logaus
Sinnffedichtea und über das französische „a la mode^-Wesen
Moscherosch' „Wunderliehe und wahrhaftige Gesichte Philanders
▼on Sitte wald" ein prächtiger Ausgangspunkt sein u. v. a.
Will man das Charakterbild emer historischen Persönlich-
keit den Schülern TorfÜhren, so werden Briefe priTater Natur
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1G2
L)r. Anton Becker.
die Gelegenheit bieten, dass der Schüler, der aus den Thaten
nnd Werken auf den Geist und Willen geschlossen hat, nun
auch selbst in das Gemüth und Herz des Betreftenden Einblick
erhält und so durch eisfones Urtheil sieh das Charakterbild
unter Leituug des Lehrers zueammensteUen kann (z. B. das
Maria Theresias, Josefs II.).
In diesem letzteren Falle kann aber die Quelle auch als
Beiwerk zum Vortrage angeschlossen werden; sie belebt und
ergänzt ihn, wahrt ffleiehzeiti^ den Schülern die Möglichkeit,
Sick ein eigenes ürweii zu bilden; in derselben Weise wird
der Lehrer in den Vortrag an geeigneter Stelle einflechten
können: Berichte von Augenzeugen über Schlachten, Urkunden
wie das prii'tlefjntm mhnis. dip Georgenberger Handfeste, der
Bannfluch Gregors VII. gegen Heinrich IV.. Gedichte, die die
Stimmung infolge eines Ereignisses keunzeichnen, wie z. B.
Soldatenlieder etc.
Ich habe hier nun schon theils deutlich ausgesprochen,
tbeils durchleuchten lassen, welch große Vortheile eine solche
Quellenbenützung mit sieh bringt.
Dass zunächst die Lebendigkeit des Vortrages dadurch
gewinnt, wird jeder zugeben, der nur einmal den Versuch
gemacht hat. Es ist mit Hecht hetont worden, dass der Vor-
trag, der voll und q^an/ in der Aufgabe des erziehlichen Unter-
richtes wirken soll, ein künstlerischer sein mu8s; in den feclteusten
Fällen wird und kann er so sein; denn schon der Stoff erlaubt
nicht in jeder Stunde einen solchen Vortrag. Da bietet sich
Indem er gewissermaßen das Wort der historischen Per-
sönlichkeit oder einem Angenzeugcn ertheilt, bringt er schon
dadurch Leben in die Darstellimg; die (^icUe wird ein
Anschauungsmittel für den Gehörsinn sü venia verho. Und
wie durch ein sichtliches Anschauungsmittel, ein Bild, das
Interesse des Schülers geweckt oder erhöht wird, so ist es
auch hier; der Schüler hört die Sprache der Zeit, die Bede
von Männern, die das Erzählte miterlebt haben oder die dessen
Zeitgenossen gewesen sind. Man kann beobachten, mit welcher
hVeude die iSchüler dies entgegennehmen, ja wie gespannt
sie es erwarten.
Und wenn ich liier von der „^Sprache der Zeif spreche,
so drängt sich unwillkürlich der (xedaiike auf, dass hiebei sich
die Gelegenheit bietet, mit anderen Fächern in Fühlung
zu treten; zunächst im Gymnasium mit den Sprachen: Latein,
Griechisch, Deutsch. Unter den römischen und griechischen
Classikem hat der Schüler die Geschichtschreiber Herodot,
Xenophon, Livius. Tacitus in Händen, und er ist imstande, selbst
die Stellen, die ihm der Lehier angibt, zu lesen und zu über-
setzen. Nehmen wir ein Beispiel. Wenn in der Sexta, wo gerade
dem in dieser Hinsicht
begabten Lehrer in der Quelle
rage einen großen Schwung zu
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Quellenbenützung im Geachichtaunterricbte.
163
Sallust gelesen wird, das Yerhältnis Casars uod Gatos zur
Catilinanscheu Verschwörung, der Grund ihrer unversöhnlichen
Feindschaft, die für die Geschichte Casars doch so bedeutend
ist, besprochen wird, so werden Schüler das Buch hervor-
holen, der Lehror bezeichnet die btellen aus (hm rjipifpln ;")!
bis 53, und einer tier Schüler, der im Überset /» t! gewandt ist,
— der Fachlehrer hat sich da mit seinem CoUegeu für Lütein
ins Einvernehmen zu setzen — übersetzt dieselben, nun iolgt
die Beartheünng derselben durch Unterredung mit den anderen
Schülern, denen der Text aneh vorliegt. Man Ednnte einwenden,
die Schüler lesen dies ja ohnedies; jawohl, aber nicht in dem
Zusammenhange wie hier; und dann k inmt diese Stelle viel
später in der Leetüre vor als ihr iuhalt im Geschichtsunter-
richte. Ebenso kaiiii die Xeiiorho!!- und Livius-LectürH in der
V. Classe verwendet um! zu It l/.terer als Ergänzung das schon
früher erwähnte Lesebuch zu Livius von Dr. Loos benützt
werden; leider geht dies hier mit der llerodot- Leetüre niclit,
doch sollen Stellen aus diesem Autor sur orientalisehen Ge-
schichte herangezogen werden. Zur politischen Geschichte mögen
Stellen aus Demosthenes, Cicero u. m., zur Gultumschichte auch
die Dichter herangezogen werden, wobei man selbstTerBtändlich
den Rahmen der Schulclassiker überschreiten muss; so kann
iL'h l*lutarch besonders mit TTüeksicht auf das biographische
Moment nicht genug emplehlen.
Da lernt dann der Schüler leht iülige lumisehe un<l griechi-
sche Literaturgeschichte. Die Privatlectüre, der jetzt au unseren
Mittelschulen große Aufmerksamkeit geschenkt wird, kann hier
mächtig gefördert werden, da sieh der Schüler fttr solche Stellen,
die in directer Beziehung zum Geschichtsunterrichte stehen,
mehr interessiert.
In Kealschulen wird der Sprachunterricht bei der Geschichte
der Neuzeit sieh ansehließen können; die Urkunden der Neu-
zeit sind meist franzrisiseh ; englische kommen ebenfalls vor
(z. B. De.clat aiwii oj Unjld»).
Der deutsche Unterricht findet in den Quellen für das
Mittelalter and die Neuzeit einen wichtigen Berflhrun^sponkt.
Der Schiller lernt jetzt nicht bloß die Geschichtschreiher und
andere Autoren des Mittelalters kennen, in denen er selbst
— wie ich es zu meiner Freude erlebt habe — den in den
Klöstern fortlebenden Geist der Antike bald herausfindet,
sondfffi entwickelt sieh vor seinem geistigen Blicke das
Werden der neuhochdeutschen Sprache: er hört das Mittel-
hochdeutsche, er lernt den Dcgiiiii der neuhodideutselion
Sprache in den Urkunden des XV 1. Jahrhunderte kennen, er
sieht die Sprachmengerei des XVIL Jahrhunderts und den
Ourialstil des XVIIL Jahrhunderts. Ihm wird die innige
Wechselwirkung zwischen Geschichte und Literatur klar, wenn
er in den Werken der Dichter und Schriftsteller die Cultur
und die Ereignisse der Zeit sich widerspiegeln sieht; eine Ver-
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Dr* Attion Becker.
tiefiing lind Erweiterung der Literatorgesehichte ist damit innig
Yerbunden.
So tritt denn die Quellenbenützimg iii deu Dienst der
Concentration des Unterrichtes, deren Wichtigkeit als
Mittel ^egen die Uberhürduug Prof. Dr. Vogt (Verein für wissen-
schaftliche Pädagogik XU), dann im allffemeinen Dir. Dr. Loos
in seinem Buche von der Concentration hinreichend betont hat.
Aber auch in den Dienst der erziehlichen Aufgabe des
Unterrichtes stellt sich die Quellenbenützung. Soll die Ge-
schichte für den Schiller nicht ein bloÜes Conglomerat von Xaraen
und Zahlen, Schkcliten und Friedenjs.s(*h1iiss»»n. Rf;uitengründun-
gen und Staaten Vernichtungen sein, soll ^le vielmehr in doppelter
Hinsicht iwn srhohu* sed vitae gelernt sein, erstens mit Rück-
äicht auf deu zukünftigen Staatsbürger, zweitens iu der Aus-
bildung des Charakters im ethischen Sinne, dann mnss das
Wort aes Lehrers an der Hand der geschichtlichen Personen
und Ereignisse in erster Linie zu wirken, zu wecken, zu bilden
und SU erziehen vermdgen. Der Schüler aber soll in der Schule
lernen, aus gegebenen Thatsachen sich selbst ein Urtheil zu
bilden: die Thatsachen geben die Quellen: aus diesen müssen
aber jene erst herausgearbeitet werden; der Scliiiler muss denken;
er leistet eine geistige Arlieit, die an uud fiir sich sclion wertvoll
ist; er muss aber dann diese Thatsachen beurtheilen uud fiir die
Charakteristik der Zeit und der Persönlichkeit in Rechnung
bringen. Und wenn er hier Theten und Worte abwägen und
zuwägen lernt, so lernt er nicht bloß für die Geschichte, es
bleibt ihm fürs Leben; er wird — kommt er ins Öflfentiliehe
Leben — in seinen Meinungen und Überzeugungen seinem
eigenen und nicht fremdem Urtlieile fdlcr' ii; er wird die Thaten
und danach die Menschen auch zu beurtiieiieu verstehen; er hat
dann wirklich für das Leben gelernt.
Und was fiir den Schüler auch zunächst von Wert ist: die
Qnellenbenüizung unterstützt ihn im Lernen. Hat der
Schüler mit Interesse, mit Lust und Liebe der Stunde beigewohnt,
hat er selbst zu seiner Freude die Berührungen mit den anderen
Fachern gefunden, — dazu wird ihm der Lehrer Gelegenheit
geben — hat er selbst sich unter der Leitung des Lehrers das
Nene erarbeitet, so hat er die Hauptarbeit in der Schule ab-
solviert, und zur häuslichen Vorbereituug bleibt ihm nur eine
kurze Wiederholung, Das Ergebnis der Unterrichtsstunde ist
somit durch die Quellenbeuützuug im wesentlichen erleichtert;
das Gewonnene haftet fester und die häusliche Arbeit ist yer*
mindert worden.
Erwägt man diese Vortheile, so muss es wundernehmen,
das« nach dem in der Einleitung Gesagten bei uns die Quellen*
benütznng nicht mehr Anklang gefunden hat. Ich glaube, der
Grund liegt darin, dass mau meinte, es gehe mit der Zeit nicht
aus. Ich kann aber ans der Erfaiuuug Tersichern, dass man
den Lehrstoü trotzdem sehr gut bewältigen kann. Jeder Yer-
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QuellenbenOtsniig im Gctchichtflonterriehte.
165
saeh wird dies lehren. Man darf aber nicht Ton VorurtheÜen
ausgehend überhflupt gar nicht an die Sache herantreten.
Es wäre auch wüuschfnswert, dass die Lehrbücher auf die
Quellen Bezug nähmen, lu dieser Hinsicht erachte ich es als
einen großen Vorzug des neuapprobierten Lehrbuches von Zeehe
(Alterthuni und Mittelalter) , dass dort nicht bloß Quellen ge-
nannt, aondem aneh Stellen daraas citiert werden. Ich hoffe,
daea dies Nachahmung findet
SoU aber die Qaellenbenfttanng für den Lehrer erleichtert
werden, so ist die Anlage von guten Quellenbüchern ein Be-
dürfnis. Wir haben weder für das Alterthum, Mittelalter oder
Neuzeit ein v/illifr misrcichendes Qiiellcnbuch. Die in Deutseh-
land erschienenen Queileubücher nehmen auf die dortigen Lehr-
pläne Bezug und betonen vorwiegend die preußisch -hohen-
zoUerische Geschichte und sind daher für uns nicht immer
benfitabar. Ich sehließe daher mit dem Wunsche, dass Öster-
reich sich anch auf diesem Gebiete der pädagogischen Literatur
betheiligen möj^e; das kann aber nur geschehen, wenn ein
solches Buch ein besseres Schicksal hat als das von Dr. Karl
Schober.
»Otlotr. Mittelwkiil«'*. ZI. Jnhric.
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A. Sitzungsberichte des Vereines nMitteischuie' in Wien.
(Mitgetheilt vom Anatchunmitgliede Suppl. Dr. Emil Sofer.)
Vierter Vereinsabend.
(23. Januar 1897.)
Der Vorsitzende, ObrnsnoBteU Vertreter Prof. Jos. Zycha, eröffnet
die Versaramlnnjf und ertheilt das Wort dem Landes - Schul inspector
Dr. Scheint! 1er. Dieser dankt mit herrlichpn Worten für dip ihm vom
Vereine aulü^iich seiner Ernennung uusgcdiüclctcn Glfickwünsclie und
versichert, doss er auch weiterhin an den Vereinsversamiulungen, so oft es
ihm mdglich aei, sich betheiügen wi^e.
HieNLuf beficbtei der Yorntsende, da» ?on der Witwe dee Herrn
Hofraths Lang für das Condolemschreiben anlisalich ihres schweren Ver>
Instes und Tön Herrn Regiemngsrath Dir. Knöll fnr den Glückwunsch
tu der ihm gewordenen Auazeichnuntr Hankschreihen eingelaufen seien.
Ferner theiit dor Vorsitzond»^ mit. (Uiäs zur Ehrung des Herrn Hofraths
Prof. Sehen kl. der am 11. Dci-ember d. J. seinen 70. Geburtstajr feiere,
hieb ein Comite gebildet h:il>»', in kürzester Zeit einen Aufruf an die
Lehrkörper der einzelnen Ansialten erlassen werde. Es sei jetzt den zahl-
reichen Schfllem und Verehrern, die sich der Jnbilar in seiner Stellung
als Univerattätsprofessor, als Mitglied des niederOsterreichischen Landes-
schnlrathes» als Mitglied und in jfingster Zeit als Director der Prafnngs*
commission für das Lehramt an Gymnasien und Real^ehnlcn erworben
habe, Gelegenheit geboten, sieh an der Ehrung des aaügeseicbneten Hannes
xa betheilifjt^n
Als neue.1 MitiLrliod meldet dfr \'«>reiitzent]t' Wl'h Prot". Jos. Woluy des
Leopoldstiidter (Joimnunal-Heal- umi Uberg_vmniwiuni.> an.
Hierauf ball l'rof. Poter Muresch seinen angekündigten Vortrag:
,»Die Prlvatleetare in den altelasslsehen Spraohen'* (S. 23 ff.).
Reicher Beifall lohnt die mit wohlthuender Wärme vorgebrachtm
Ausführungen des Referenten, dem auch der Vorsitzende namens des
Vereines be.stens dankte.
Hierauf wird auf die Anfrage des Vorsitzenden, ob eine Generaldebatte
gewünscht wprde. dt m Antüi^re des Lande.s-.Schulinspectors Dr. Scheindler
gemiiü. sofort m die Uerathung der pinzolnen Thesen eingeijnnr^f'n
Hi'i der ersten These wird auf Grund der Bemerkung dt» Dir.
Dr. Loos, dass der erste Theil derselben überflüssig erscheine, weil er nur
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Vereinsnachricbten.
167
da« verlange, was schon gesetzlich bestimmt erscheine, mit einer slÜMli-
achen Änderung dea Prof. Dr. Jerusalem, der das Wort „Vertiefung"
gestrichen wi^opn will, der Antra}? dos T.iincies-S('hulinrt|>ectors r>r. Srboind-
1er angenommen, es hftbe die Theie mit ümweglaaaung des ersten iSaXaea
SU lauten:
Sack der Uberzeugung der Versammiung ist die Frivcältcture das
MtOObm ZtMim äu hiiitn$H&t cCbhmn SkiemSeimg 9dum der Organi-
gationutUufurf als dag «rtU ZuH himuat^ md üi wOtedhifft naikiMndig
zur Ergänmg dtr SdmUteHlre und atr Ftfrderung der SOttländi^ctit
in geistiger Arbeit.
Bei der Berathung der zweiten These weist Prof. Dr. Wotke darauf
hin, dasa Hchon in der bestehenden Literatur mano}ies Bt iucbbare vor-
handen sei, und macht besondere aut die Aus^jauen von Stitz und
Gscbwind und auf die neuen in Deutschland erschienenen Chrestomathien,
z. B. von Jakob j, aul'merksam. Er schlägt (iaher den Zuitatü vor: ^als
Ergänzung der bertHe Mrikmdme» j»- und «MUbuKiehe» LUeratur*
Dir. Dr. Loos ulk der Anneht, dan tnr Deckung der Anachaffonin-
koaten der betreffenden Bfieher die Dotation der Anstalt heruttaaehen
«ei, SU der ja die Schüler durch den Lehrmittelbeitrag beisteuern. Doeh
verweist der Referent darauf, dass an kleinen Landgymnasien diese kaam
für die nöthio^ten Bedürfnisse der Bibliothek genüge. Kvemiilnr*« Fteien
ahf-r liir die Privatlcctüre in genügender Anzahl anz u.sc harten , da die
ärmeren Schüler kaum in der Lage seien, .sich neben den vor{,'eschriel)enen
r<ebrbüchern auch noch die Bücher liir die i'nvaiiectüie au^u^chalien.
Laadea-Schnlinspector Dr. Seheindler onteratAfait den Vomlilag des B«-
ferenten und verlangt, dan aoeh wichtige Werke snm Nachecblagen, z. B.
tittbkers Reallexikon, den Schftlern in dieser Weise ragtagUoh geniacht
werden sollen.
Bei der Abstimmung wird der Zusatzantrug des Prof. Dr. Wotke
ab^flehnt und auf Antrag des Landes- Sf*hn!inf.pector^ Kapp die These
mit Auslansung der Worte «mit Genehmigung des hohen Ministen ums"
angenommen.
5ie lautet sonnt: Damit die Schüler im allgemeinen eine richtige
Wahl der Privatlectüre treffen lehnen, utäge eine passende Auswahl
von Partien und ganzen Werken aus jenen umfangreiehen iScftuiblaseftem^
wm denen nur The&e in den Händen der SehUier sdn kfmnen, und aus
einigen Classikem^ die in der Schule nicht gelesen werden, gewissenhaft
und eargfiÜHg zusammengeheilt und mit niUslichen Einleitungen und
dm vffthirendigen Anmerlntrtgen riTf^chm wer dm, und diese Büchlein
sollen einen mälHgen i*reis haben und armen Schiäem unentgeltlich ver-
abfolgt werden.
Bei der Berathung der dritten These entspinnt sich eine lebhuttc
Debatte.
Prof. Dr. Frank faftit die These IQr fiberflQsoig» weil sie in der ersten
enthalten sei nnd nur dasjenige sage, was ohnehin dnreh hohe Verordnungen
bestimmt sei.
Prof. Dr. Jerusalem: „Die Freudigkeit, mit der die Privatlectttre
betrieben wird, würde durch eine derartige Formulierung, durch ein der-
artiges ausdrückiiohes Gebot eher behindert werden. Ea bleibt nach dem
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168
Tereinimachricbten.
Erlasse untl den Instructionen dem Ijchrer ubprlasspn , c-^ zu thun, wie er
CS am besten versteht, und es wird ihn auch der hA-io\g als persönliche
I'hat freuen, der auch mit verschiedenen Mitteln hervorgerufen werden
Eann. Ich bin unangenehm berührt, da^ wir uns ausdrücklich sai^en sollen,
wir bftitm die Pfljcht^ die PrivaÜe«tfite i& der Weiae betteiben, wflfarasd
vir ne bisher au« innerer Frendigkeit getrieben haben. Ich wflrde daher
an Stelle dee YOtgeeehh^penen Textes eher aeisen: ist wünachauwert*.
Doch bin ich auch der Ansicht des Herrn Collef^en Frank, dass die These
nicht viele für eine praktische Schnlgebang bedeutende Batbechlftge ent*
h&it und daher überfluBsig ist."
Dir. Dr. Leos kann den beiden Vorrednern nur mit vollstem Herzen
zuMtimmeu, weil 7,u furchten sei, dass, wenn etwas Selb-stverständliches in
die Form einer These gebracht wird, dieser der Charakter des Selbst«
Tentiadlidien genommen würde. Bs sei eifrenlioh, wenn das Thema der
Privatleet&re mit solcher Wirme besprochen werde, doch mOge nnr das
festgestellt werden, was wirklich einen Fortichritt beieicbne. . Deshalb
sei Kedner nnr illr den concreten Theil der These: ,,HieBQ mnss der
Lehrer etc."
Ij mdes-Sehulinspector Kapp: ,Tch bin doch dafiir, das« in dieser
These nicht bloß da.^ concrete Moment zum Ausdrucke kommt. Man soll
beinalie soweit <?ehen, als es die The^e ssagt. Damit, dass in der ^cbüler-
bibliothek Behelfe vorhanden sind, wird die Sache nicht wesentlich ge-
fordert Für diejenigen Fachlehrer, die für die Snrichtnng begeistert sind,
ist die These allerdings Obeiflllssig; aber ein Hauptgrund, dass an mehreren
Anstalten der Betrieb der PriTatlectOre nicht dnrdhgreifen will, liegt bloß
darin, dass einige Fachlehrer der Sache mit Hisstcauen gegenüberstehen
und sie nicht so fördern, wie sie gefördert werden soll. Das ist die Er-
fahrung, die ich seit mehreren Jahren gemacht liabe. Es ist nicht ganz
zwecklos, w^nn wir in einer These zum .\usdrucke bringen, welche Mittel
die Lehrer unw<'nden sollen, mn die Privatlectüre zu fördern."
Prof. Dr. Jerusalem erklärt, es sei ihm ferngelegen, die Anregungen
des Beferenten als nicht wertvoll sn betrachten; wenn er aber den Worten
des Herrn Landca^hulinspectors Kapp nicht beistimmen könne, so liege
der Grund eben darin, dan gerade, weil es die Pflicht des Lehren sei, es
nicht nOthig sei, dies auszuführen.
I.andes-Schulinspector Dr. Scheindler bemerkt, dass die These logisch
berechtigt ssci; der Antragsteller habe damit die Art und Weise, wie die
Lehrer aich d»^m Schüler ^geniiber ateilen .«ollen, zei«^en wollen. Sie sollen
ihn leiten und ihm in concreten Fällen helfend zur Seite stehen
Zur Vermittlung schlägt hierauf Landes- Schuliuspector Kapp vor,
der Anfing der These habe sn lauten: «Zur gedeihlichen Pfl^e ... ist es
nothtrendig." IHese Fasmng wird bei der hierauf folgenden Abstimmung
angenommen.
Die dritte These lautet somit: Zur gedeihiieken PfiiBge der Privat-
UciUre ifst M nothwmdig, dass der Lehrer im allgemeinen durch eni-
!fpr('cliende Behandlung der Schtdlfctllre und im besonderen durch vohl-
volleiuh')} lind smcohl die IndiridudUtät als auch nach MöfjHchkeit die
heso)ui('rfa ^Hinsehe beriicksiditigenden Jiath auf eine für die ErqHnzuvfj
des tSchulunterrichtes geeignete W(dU der Privatlectüre aufmerksam
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Vereinsnachrichten.
169
mache vmd diue mU firmndHditr BtreHunUiffkät so lole, dMt der
SdMer eie in enüUnethier Weise pflegen und SchwieiiffieeUen ohne im*
erlaubte Mittel überwinden könne; hiezu mms der Lehrer in der Lage
sein, auf die in der SchUIerbiblioth^k vorhandenen Behelfe hinzuweisen.
Bei der vierten Tb<^'^e «bricht nich {^'egenüber einer Anfiair'' des
Prof. Dr. Wotke, warum man einem Schiller, der in anderen (»egenstäuden
»chwueb sei, wenn er sich für Philologie interessiere, nicht die Zulassung
zur Privatlectüre ertheileti solle, Landes -Schulinspector Dr. Scheindler,
dffiD sich Dir. Dr. Looa tnsehlioOt» dabin mm, der OrdinariiM kabe gondem
die Pfiieht, sn »ehe», da» der SehOler erat in allen Gtgenatibiden entspreche,
bevor er hier zngelanen werden könne.
Eine weitere Bemerkung dee Prof. Dr. Wotke, dass nach der offi-
ciellen Notenscala im Ge^en>iiitz«» zn den „nicht genuj^enden lieistiin^en"
nur „srenus^ende" uls schwath' verstanden werden könnten, lieantwnrtft
Prof. Sei) legi mit dem Uinweinf darauf, da.s.s allerdinf».s die ofHoielle Nuten-
saUa nur diese beiden Noten kenne, da^s über eben die „genügenden"
Leistungen in manchen Fällen als schwache zu bezeichnen seien.
Hierauf wird bei der Abefciniinung diese Theee nnverftadert angenommen
und die SitsoDg geechloeaen.
Fünfter Yereinsabend.
(27. Februar 1897.)
Der Vor-^iizende, Oijtuannstellvertreter Prof. Zycha. begrüßt die
Versammlung und theilt mit, ünsa er in Ausführung deti vom Vereins*
aoascboase am lä. Februar 1897 ge&Mten Beschlusses sich mit dem ersten
Schriftfabrer Fk«f. Schlegl zu Sr. Eicellenx dem Herrn Hinister f&r Cnltus
und Unterricht Dr. Freiherrn Oantseb Frankentburn begeben habe,
um ihm iitr das anläßlich der Regelung der BesSge der Witwen und
Waisen nach Mittelschullehrern und der Begulierung der Gehalte und
Rangsverhältnisse des Mittelschullehrpersonals dem Mittelschullehrstande
entgegenj^ebrachte Wohlwollen den thrfiuehtsvollen Dank des Vereines
„MitteUchule" darzubringen. - Se. Kx( ellenz der Herr Minister empfieng
die Deputation »ehr freundlich uud erwiderte auf die Ansprache unter
anderem» er habe, wie das Gesetz, das, soweit die parlamentariaehe Mit-
wirknng in Betracht komme, als abgeschlossen au betrachten sei, beweise,
nach Möglichkeit — dena dass noch manches wünschenswert sei, wisM» er
wohl, anderseits sei es natürlich, dass nicht alle Wünsche, wie im Leben
flberbanpt, so aoch im vorliegenden Falle verwirklicht werden kOnnen, ^
gern tmt Verbesserung der matr»rieUen Laj^e und zur Heliung der socialen
Stellung der Mittelschulielirer bejofr^trai^en, wei! hier eine Abhilfe un-
abweislieh gewesen, und weil er ssich dr.-wen vollkoiumen bewus.st .-^ei. dass
er an das Mittelschullehrpersonal hohe Autarderungen stelle uud im
Interesse des Mittelechulwesens, dessen Wichtigkeit allgemein anerkannt
sei, stellen mOaie* Der Regierung mflsse als Ziel vorschweben, das Mer-
reicbisehe Mittelschul wesen auf eine Stufe au bringen, dass es zumindest
dem der v<»ge8chrittensten CulturvOlker ebenbArtig an die Seite gestellt
werden könne. Es freue ihn, constatieren zu können, dass seine Intentionen
bei der Lehrerschaft verständnisvoUem £ntgegenkomnien begegneten; denn
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170
Vereinnuiehrieliteii.
die Lchrorscbaft arbeite unabliUsip an der Verbesserung tind Vervoll-
kommnunfT Hea Mittelschulnntorrichtes. Und in dpr That habe das öster-
reichische Mittelschnlwesen einen Aufschwung genommen, dass es wohl
einen Vergleich mit den anderen Staaten nicht zu scheuen brauche. Er
«einerseits ergreife gern jede Gelegenheit, soweit die ihm sur Verfügung
■tdiflnden Mittel es gestatten, diese Arbeitsfreiidigkeit, die sur ErreichnDg
der gesteckten Ziele nnerttalich sei, so beleben und rege sa erhalten,
wobei 8e. Excellens anf die von ihm initiierten Institutionen hinwies. —
Znm Schloise sprach Se. Excellenz der Herr Minister den Wunsch aus, die
Deputation möge den Mitgliedern des Vereines «Mittelacbale" seinen Dank
auHsprechcn.
Dieselbe Deputation begab pich hierauf su Herrn Sectionschef
Dr. V. Härtel, der sich über die materielle Lage der Mittelschullehrer
und über einzelne Fragen des Unterrichtes aussprach und unter anderem
es sehr bedauerte, dass ihm esine Antrthfttigkeit es nicht gestatte, wie er
es wfiasclien wOrde, den Unterrichte an einselnen Anstalten gelegentiieh
beisawoluien.
Endlich sprach die Deputation bei Herrn Hofrath Dr. v. Wretschko
und Herrn Landes-Schulinspector Dr. Iluemer vor und wurde von beiden
Herren in Hfr p^pwchnt liebenswürdip:en Weise empfangen.
Anschliebend an diesen Bericht stellt der Vorsit/.onile im Namen tlt s
Ausschu.s^eä den Antrag, dass sich eine Deputation zum iiet'erenten des
Budgetausschutises Hofrath Dr. Beer begebe, um auch «hm für sein in
diesen Fragen bewiesenes Wohlwollen den Dank des Vereines aaszosprechen.
(AngenonisiMi.)
Nachdem der Vorsitaende noch die EinUhi&, n&mlich Mittbeilong
bssfiglich eines Grei&walder Feriencursus, dann eine Kundmachung der
Oeterreichiachen HeimstättcnnrcselUchaft und endlich eine Einladung zum
Archäologischen Congre.s.sp in Athen, zur Kenntnis der Vor^ammlunf» ge-
bracht hat, wird zur Tag-^f : ,1 in.nq- — Fortsetzung der Debatte über den
Vortrag des Prof. Peter Maresch über die Privatlectüre — übergegangen.
Nach Verlesong der bisher angenommenen vier Thesen ergreift im
Anschlösse an die vierte Thsse Dr. Sofer das Wort: «Der Oxganisations-
entwurf enthält die Bestimmung, dass die Frflfiing in den dassischen
Sprachen nnr ans einer von dem SchQler nicht gelesenen Stelle stattfinde.
In diese Bestimmung ist nun durch die Verordnung bezöglich der Prüfung
aus dor Privatlectüre eine Bresche gelehrt, indem hier bereits Gelesenes
Zinn (legenstande der Prüfunpr f^emacht iet. Da nun dip^^n HeRünstiguni^
nach der vierten These nur beäseren Schiilern zuLheil werden kann, — die
schlechteren »ollen ja von der Privatlectüre auitgeschlossen werden —
möchte ich die Frage anregen, ob man nicht auch schwächeren Schülern
dadurch Gelegenheit bieten soll, sich ihre Prflfungsnoie so Terbessern,
dass ihnen auch eine Stelle aus der gelesenen Schnllectfire vorgelegt
werden kann. Die Folgen einer solchen Einf&hrang scheinen mir nnr
g&nstig Sit sein, weil dadurch die SchQler, besonders in den obersten
Classen, veranlasst würden, sich intensiver der Sehullectüre zu widmen."
Landes-Schulimpector Dr. Sphpindlcr macht darauf aufmerksam,
dass diese Anregung; mit dem i n ^rnstande der Beratbung, welche nur
die Privatlectüre betrette, nicht m directem Znsammenhange stehe, da&i
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Yereinanaobricbten.
171
aber ▼idldcht bei einer aaderen Od^^enlieit eine BenUhiuig dteeer Frage,
die mtk nur auf die Sekalleetllre benehe, tmgtingt weiden kOnne.
Bit wird hieninf die fünfte These in Berathung gezogen und naeh
einigen Bemerkungen der Proif. Dr. Frank und Miebl und des Landes-
Schulinsppotors Dr. Huenior. Her darauf hinwpi'^t. «Pion womöglich die
betreffenden Schüler v;ur Prüfung zuzulassen, um ^Uihin zu wirken, daas
überhaupt mehr Pnvatlectüre gelesen werde, wenn sie auch in Wirklich»
keit nicht allzugroßen Auaschlag gebe, angenommen.
Zur eecbtten Tbeie mejni Prof. Hieb 1, der eweiteTbeil habe wohl
keinen betondeven Zweck, da es ja eelbetreieltodlieh aei, da« man beiapiela-
weiM eine tuppUerte Stunde vor Vornahme der PriTatleetllre verwenden
könne. Ihm gegenüber hebt Landes-SchuHnapeetor Dr. Hcbeindler hervor,
die Thene gebe dem Lehrer voUile Freiheifet waa ja nnr an wffnaefaen aei,
daher krmne sie unbedenklich ancrenommen werden.
Hierauf wird die Thee« unverändert antj^enomnien.
Zur Begründung der siebenten These verweist der Referent
darauf, da8d in den einzelnen Kronländern große Zweifel herrschen, inwie-
weit der FaeUebrer oder die Voroonfereni an bestimmen habe, waa als
Jahreapenanm ananaeben tei. Prof. Zjeha meint, daaa eben der Facblebrar
in der Voreonferena aetnen Beriobt in jedem Falle an entatten habe ond
dass dann mit Zustimmung des Vorsitzenden die Sache erledigt seL In
ftfaalicbem Sinne &nßert aich Landes-Schulinspcctor Dr. Scheindler, daia
erst in der Vprconferen?. eine Ent>:cheidun^f geliillt werden könne; wenn
ein Schüler die Frivatlectüre nicht im Tnifange eines Jahrespentunu be-
trieben hübe, nehme der V(>r8itz»?ude dies nur zur Kenntnis.
Die siebente Tbeäe wird hierauf ebenso wie die achte These, die ein
an vielen Anstalten bereits übliches Vorgehen zur Norm macht, angenommen.
Hieranf erUUt Landea-Sebnlinspector Dr. Scheindler daa Wort aor
BegrOndong einea nenen Punktes, der noch nicht beaprocben worden, aber
doch wichtig sei. „Es iat ehie allgemeine Erfiüimng, dam von den Abita-
rienten, die Privatlectfire getrieben haben, nnr wenige dazu zu bringen
sind, sich darauH prüfen zu las.sen. Der Grund liegt darin, dass sie keine
Zeit finden, die Privatlectüre so zu wiederholen, da.'^s sin ohne Furcht, sich
BKSßen KU geben, sich pn'ifen lassen können. Es i«t nothwendig. dass man
auf ein Mittel sinnt, uui den Abiturienten die Meldung zur Prüfung zu
erleichtem. Hiebei genügt es nicht, wenn man ihnen auch mittheilt, dass
ein nngfinatiger AnafUl keinen Eintrag thnn werde; der Lehrer mnas aneh
soi^gen, daaa die Abiturienten die Geaiefatspankte kennen lernen, innerhalb
'deren sich die Fragen bewegen werdeli. Ich habe daa obligate Pensum
immer so eingetbeilt, dass in der Regel die letzten sechs bis acht Stunden
de*? zweiten Seraesters am Schlüsse des Unterrichtes in der VIII. Classe der
Wiederholung,' und Recapitnlntinn der PriTath-ctüre p^widniet wurden,
habe das Wirhti^te besprochen und die ."^rhüler angeregt, nach gewissen
Gesichtspunkten den Stoff durchzudenken. Auf diese Weine ist es mir ge-
Inngen, dass sich in der Regel sämmtlicbe ScbiUer, die Privatlectüre ge-
trieben hatten, anr Prüfung meldeten. Ich wQrde daher ate Sehlnsstheae
an den Anträgen des Referenten noch folgende Tbeie beantragen:
^Om dm AhttuHmtm die Anmelätmg zur Prüfung auf der PHnttd-
ItdUre tu erlefeftlem, i$t es wUngdumwertt dasa naek Ahaohrierung dea
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Vereinsnacluriclitoii.
Pensums der VIII. Classe die letzten Stunden vor Abschluss des Unter-
richtes einer übersichtlichen RecapitiUation des von dm Sdiülem privat
gelesenen Stoffes (jewidmd werden."
Prof. Dr. Frank kimn diese The^ie nur freudig begrüßen, da auch
der obligate Stoff in der Octava ro aufgefrischt werde. Loindes-SchuUnapector
Dr. Hu«mer: «E» ist thatoicUidi einer der wiofatigiiai Ptuikte, dam man
die Schaler dm bringt, dnas ne sich mehr zn dieaer FMfiuiff melden. Ich
hftbe oft mitYeignflgen bemerkt, daai, wenn einem Schüler, der anch aoost
got qoalificiert ^var, aber in Latein und Griechisch bei der Prüfung nicht
weiter kam, seine Privatlectüre vorgelegt wurde, er sich in diesen Gegen-
ständen iil>i TMclit preschickt bewies. G«\ir*^nüber dem unangenehmen Ein-
drucke, den miuicluuul eine Prüfung aus (i n < I i nsisi hen Sprachen nach der
Geschichte oder l'hysik bot, ist jetzt auch iiier die belegenheit geboten, die
Schüler aus dem Stoffe, den gie bereits kennen, zu prüfen. Und dass der
Eindruck ein aehr gönstiger sein kann, habe ich bei MaturitäteprOinngen
gesehen, bei denen die anweeenden Eltern Qber die guten Leistungen der
Abiturioiten wirklich erstaunt waren. Es miuB alte der Scheu der Abita-
rienten auf alle Weise begegnet werden; aber es wäre der Erwftgnng wert,
ob nicht auch noch andere Mittel anzuwenden wären."
Hierauf wird die vom Land. -s-Sr ImiiTT^pector Dr. Scheindler als
Schlussthese vorgeschlagene i liese aiij^enüuiiiien.
Mit Rücksicht auf die vorgerückte Zeit wird im Einver:itiiu(iDi)»ae mit
Prot. Aschauer dessen Vortrag auf die nächste Sitzung verschoben.
Sechster Vereinsabend.
(Mugetheilt vom Schriftfiihrer Prof. Peter Maresch.)
(13. März 1Ö97.)
Der Obmannstel! Vertreter widmet dem verstorbenen Herrn Hofnitlie
Dr. Josef Kolb«! folternden Nachruf: „Seit der letzten Sitzung if<t uns aber-
mals ein langja,hrigti.s und uu-sgezeichnetes Mitglied durch den Tod entrissen
worden. Hofrath Dr. Josef Kolbe, dem wir in der ersten Vereinsversamm-
lung anlBeslidi seines siebzigjährigen Geburt^itagea und der ihm sutheil ge*
wordenen Auaseichnung unsere Glfiokwanache dargebracht haben, wurde
am 1. Bdärz za Grabe getragen. Oer treffliche und unermüdlich erfolgreich
thfttige Mann bat gewiss nicht daran gediicht, dass er uns sobald für immer
verlassen muss. Denn er hat noch in dem an mich gerichteten Dank-
schreiben si( h orureaommen, unsere Versammlunp: baldigst zu besuchen.
Kolbes gliinzeudy Eigenschaften aU Lehrer und Mensch fanden bei Ge-
legenheit der Leichenfeier aus couipetentem Muude eine entsprechende
Würdigung. Unserem Vereine geziemt es, dem Abgeschiedenen ein treues
Andenken au bewahren; denn unser Verein verdankt ihm manche An«
r^cung von bleibendem Werte. Ich bitte Sie, meine Eemn, zum Zeichen
Ihrer Trauer sich von den Sitzen sn erheben." (Qeschieht.) «Der tief ge-
beugten Familie des Verewigten aber gestatten Sie mir, im Namen des
Vereines unsere aufrichtigste Antheilnahme an dem unersetsdichen Verluste
auszudrücken!" (Zustimmung aller.)
Dir. Loos knüpft an jene Debatte an. welche im zweiten Vereins-
abeude über die Ermüdung der iSchüier dutcb den obligaten Unterricht
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Vereintnacbricbten.
173
und aber den Wert das TunwnterrjohtM swiicheii den obligaten Lehr^
«tunden gefflbrt wurde, und weisi anf eine neoe Schrift KrcBpelint («Die
Überbürdungsfirage") und »of Experimente hin, die nnter Anwendung det
Zirkels zur Prüfung der Hautempfindlichkeit angestellt worden leien. Nach*
dem Prof. Wotke noch auf andere ähnliche Schriften aufmerksam gemacht
nnd Prof. Frank betont hatte, es müssten <ii<* Beobachtutigeii über <iie
Kruiüdnnff der Schüler unter gleichen liedinmiii;j:en <»oTn;!rht werden,
denn <onst hätten sie keinen Wert, erklärt »ich auf die Bitic dea Vor-
aitzenden Dir. Looa bereit, in der nächsten Sitzung einen Vortrag über
die Eruftdnngtfrnge nnd jene Schrift Kroepelint wa halten.
Hieranf h< Herr Prof. Jocef Aach au er «einen ansekttndigten
Vortrag:
„Über die fVr.w rfei rmii in Pompeji".
Unter allem, was in den letzten Jahren in Pompeji freigelegt wurde,
erregte die sogenannte Cnm dei Vcftii das größte Interesse. Es ist näm-
lich dies^ Haxis verhältnismäßig ^'ut erhalten, und dann wurden in dem-
selben sehr hübsche Skulpturen und eine größere Aniuihl von iuteretisanten
Bildern gefunden. Das Haus liegt in der regio VI. neben der insula XI.
gegesOber der Caaa dei Laberinto.
Der Vortragende besprach snnAchtt die eioselnen Theite des Hauses,
indem er einen nach dem Qrandrisie TOn Mau (vgl. Mittiieilungen det
k. deutschen Archäologischen Instituts, röm. Abtb., XI. Bd.) angefertigten
Plan benützte. In der Anlage des Hauses bemerkt man eine gewisse Sym-
metrie. Wenn man durch das Vestibulum eintritt und sich rechts wendet,
so kommt man iu jenen Theil det> Hauses, in liem sich ein gut erhaltenes
Lararium beendet. Merkwürdig ist, dasn da^ Tubliiiuui tehlt. Der schüuäte
Tbeii des Hauses ist das Peristyl. Es ist ein Uechteck, das mit der Lang-
seite dem Atrium zugekehrt ist Die korinthischen Sftnlen, welche dasselbe
schmöckten, sind tum Theil noch erhalten. Neben dem Peristyl liegen
mehrere Zimmer, von denen drei wogen der schSnen Bilder, mit denen
sie geschmückt sind, unsere Aufmerksamkeit erregen. In dem Peristyl
wurde eine Anzahl von schönen Statuen gefunden. Diese dienten theils
zur Zierde, theils hatten sie auch einen i»iakti!Jchen Zweck. Da« Pcristyl
war nfniilich mit Wasi«erkünsten belebt. Dies kann mao aiw verssehiedenen
Umständen erkennen; so sind z. B. noch ileste von Röhren vorhanden.
Eis wurden hier auch mehrere schöne iMarmorbecken und Marmortische
gefunden. Von den Statnen, die einst in diesem Theile des Hauses standen,
sind die meisten erhalten. .Hervoranheben sind besonders: 1. awei Bronxe-
knaben, die in der einen Band eine Traube und unter dem anderen Arme
eine JESnte halten, 2. ein Satjr, der in der linken Hand eine nach abwärts
geneigte Amphora hält, 3. zwei Knaben, denen die Hände auf den Rücken
gebunden n'md, 4 ein jugendlicher Bacchus (vgl. Gazette d^s: b^mix arts,
l.S9»j, fe. 260), 5. ein Satyr, welcher auf der Schulter einen Schlauch trägt.
Bei»onders interessant sind zwei auf Säulen stehende Doppelbüsten; die eine
von diesen stellt Bacchus und Ariadne, die andere Silen und eine Bacchan»
tin dar. Einmi sehr günstigen Eindruck macht der Kopf des Bacchus.
Nachdem der Vortragende die Sculpturen besprochen und mehrere Ab-
bildungen vorgeaeigt hatte, gieng er au den Oemftlden fiber. Diese ge-
boren alle der loteten Periode des pompejaniscben Stils an (?gl. Mau,
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174
Yereinsnaehrich iea.
FQhz«r dnrah Pomp^i. 8. Attll., 1896, S. 66). Der Stoff, welcher in den-
•elben behandelt ist, gehört zum großen Theile der Mythologie an,
wie wir dies auch sonst in Pompeji oft finden (vf^l. Overbeck, Pom-
peji, 518). Den Anwesenden wurden Photographien dieser BiKler vor-
gelegt und erklärt. Unter diesen sind hervorznbebon: 1. die Bestrafung
des Ixion, 2. die Bestrafung der Dirke, 3. Herakles, der zwei von Ilera ge-
sandte Schlangen erwürgt, 4. die Bestrafung de« Pentiieni, der yoq raeen*
den Bnccfanntinnen getödtet wird, 6. CypariMis mit dem Hinche» den «r
ans Yefselien getfldtei hat, 6, Wettkampf twiacben Pto nnd Amor vor
Baccbns, Ariadne und dem Gefolge des Bacchus. Recht interessant sind
nach jene Bilder, in welchen Amoren und Psychen dargestellt sind, die
verschiedene Handlungen ausfüliren. Auch von derartigen l^ildern wurden
einige Proben vnrpelegl, so z. B. 1. die Darstellun«? einer von Amoren
ausgeführten Wettfahrt. 2. Olbereitung und Olverkauf, 3. Psychen, welche
Blumen pflücken. Auch das Bild, welches die Vorderseite des oben er-
wähnten Larariums ziert, verdient unsere Aufmerksamkeit In der Milte
iat der Qenint datgeatellt, techta nnd links von demaelben je ein Lar in
der gewOlmliclien Stollang.
Die Cosa dei YtlttU bildet eine Zierde von Pompeji, und ee ist kein
Zweifel, dass das Interesse f&r die Gegenstände, die man dort gefunden
liai, nicht so bald schwinden wird.
Nach Inl'htiffpm Beifalle der Versammlung; s]>riLut der Voräitzende
im Namen derstilbeu den Dank för den vortreti lieben Vortrag aus.
B, Sitzungsberiohte des Vereines „Deutsohe Mittelschule"
in Prag.
(Mitgetheilt vom zweiten Schriftführer Prof. J. UOnig.)
Yierte VereinsTersaiiimlDii;.
(13. Januar 1897.)
In der VereinsTersammlung am 19. Januar 1887 maefate der Obmann
Prof* Gnstav Spengler nach einer geschftftlichen Hitttieilong die Heldnug
▼on der Erledigung des Gesnelies, welches der Verein an die Leitung der
k. k. Universit&tsbibliothek wegen der Erneuerung einer alten Einrichtong
in der Angelegenheit der Benützui^ der Zeit.schriften gerichtet hatte. Die
ErledijjnnjT r.eu^t von der dankenswerten Bereit willii,'keit der löblichen
Leitung,' der k. k. üniversitiitsbibliothek. den Bedürfnis r'Ti «les Mittelschni-
lehrutÄudi's in «iieser Richtuntf nach .Vlöfjlichkeit, alitnluigs erst „in ab-
sehbarer Zukunft'' gerecht zu werden. Darauf hielt Herr liegierungsrath
Dr. L. Chevalier den angekfindigten Vortrug:
,.8elilllen VertiUtids zur Pädagogik seiner Zelt"*
In der Einleitung stellte er als Zweck seines Vortrages hin, die
speciellen pädagogischen Elemente der Wirksamkeit Schillers, wie sie sich
aua seinen Werken entnehmen lassen, vorführen su wollen, unter deren
Eindruck wir jetzt noch immer stehen. Unter diesen finden sich manche
Axuüchten, welche heute wieder zur vollen Geltung kommen. Schiller
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Verein&nacbricbten.
175
wollte niniehife der körperlichen Anabtldai^, die wa eeiner Zeit hinter
der geiefeigeB inrflokblieb, mehr Beachtung geiehenkt wissen, worin er mit
Herder zusammentrifft. Der Kunst aoUte ferner in der Er?!p}uing mehr
Augenmerk geschenkt werden, ebenso der Schaubilbne. durch welche die
Väter lernen, in der Ki-ziehung ?on ihren eigensinniLTt n Grundsiitzen ul)-
znlasHen . die Mütter aber, vernünftig zu lieben Da liuscbe Be^ritle den
fc^rzieher bei dem besten Willen irrHtühren, so verlange Schiller Auabildung
dei Veietandee und dee Oeullthee, worin er mit Fichte und Kent Qberein-
ttimmt. Er etellt beeondect den Grundcnts nof, da« der Krueher danneh
treehten sollen daai «ein ZOgting auf den Wert dee Selbefedenkene «ch be*
ainne und zu seiner Kraft Vertrauen gewinne, worin Schiller mit Pestalozzi,
Hebte, Humboldt und Schleiermacher gleich denkt. Aber auch der heafce
vielfach verachteten sogenannten formalen Rildung lri.«fst Schiilpr an einij^en
Stellen großf VVe rt.-^cbiitzunp ziitbeil werden. Geistloser Mechanismus soll
<leni Untemciite Jern bleiben. i>er Leliier setze so wenig als möglich bei
den Zöglingen voraus, aber er theiie nicht toUie liegritie mit. Anderseits
•olle Sehdnfirberei von der Duakellung im Unterrichte amgewhlo«en sein.
Wenn Oediegenee gebracht wOrde, stelle «ich die richtige, wirkaune
Form Yon telbet ein. Eine besondere Vorliebe xeigte Schiller für den Qe-
Schichtsunterricht und bedauerte dedialb, nicht Xenophon und Thukydides
im Originale lesen zu können. Diese und noch andere pädagogischen Grund»
Sätze SchillerK geirrte der Herr Vortragende in ebenso lichtvoller als an-
r^ender Auiiführung.
Al.H er den Vortrag geendet hatte, dankte der Obmann dem Redner,
indem er besonders die Bereitwilligkeit dutuiclbeD, durch belehrende Vor-
tiftge die Interessen des Vereines so fi(rdern, hervorhob nnd den Wonseh
aossprach, der Herr Begiemngsrath mflge noch recht lange in der Mitte
des Vtteines verbleiben nnd noeh recht oft ans seinem reichen Wissen den
Mitgliedern willkommene Gaben spenden.
FAnfte TereinsYersamniliuig.
(26. Jannar 1897.)
Gegenütand der iuufieu Versammlung war ein Helerat des Obmannes,
Horm Prof. G. Spengler:
, J)er dritte Intemationale CongresB Ittr Psyehologle in MUnelien
Yom 4* bU 7. August 1896*%
(B&n referierender Oberblick Uber denselben mit besoncb'rer Berücksichtigung
der Psychologie des normalen Individuums und einer Auswahl ans den
andoren Gebieten.)
Der Vortragende, der «licsem Congresse selbst l)eit,'fwobnt butte, re-
ferierte nach einer die Orfijanisation des Congrcsses charakterisierenden
Einleitung, in welcher er die geringe Betbeiligung hervorragender öster-
reichischer Gelehrter mit Bedanem hervorhob, tbeils eingehender, tbeils
nor in den Eauptzügcn Uber folgende Vortrftge des CoHgresseSi indem er
den Ansf&hmngen die Anordnung nach liaterialien mgrande legte. Zu-
nächst sprach er Aber die auf Methoden und Principien der Psychologie
bezüglichen VortrigO vom Vorsitzenden des Congresi^es Prof. C. Stumpf
(Berlin) „Eröffiiongsrede", von Th. Lipps (München) ,»Der B^iff des Un<
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Vereinsnachricbton.
bcwnttteti in der F^yebologie*, toh P. Plechtig (Lnpiig) .Ober die As-
«odationecentren dee menscbHehen Gebimae, mit anatomiBcben Demoiutr&-
tionen". von A. Binet (Paris) „La Psychnlofjie. individu^U*^ von Ober-
»teiner (Wien) ^Pif materiellen (irundlagen des Bcwnsstspins" . von
L. Edinpfer (Frankfurt u. M.) „Kann die Psychologie aus dem heutigen
Stande der Hirnuniitoniie Nutzen ziehen?". An zweiter Stelle sprach er
über die aui' ^öchlaf und Traum" sich beziehenden Ausstübrungen von
0. Rosenbach (Berlin) „Der Mechanismus des Schlafes", von E. Römer
(Heidelberg) «über einige Betiehungen swiacben Seblaf nnd geiatigen
Th&tigkeiten*, von If. Vold (Cbrietiania) «Einige Experimente Aber 6e-
eicbtsbilder im Traum" und über die auf dem (^biete der Empfindangs»
lebre eich bewef^enden Vortrage von F. lirentano (Florenz) ^Zur Lehre
von der En^pfindun^" . von 0. Kosen b ach „Die FarbenempCndung- und
der BegnfV der (Qualität", von Ii. Strutton (Ficrk!!'}- in Californien) „Some
preh'wfvary experiments on vtsion in'fhoiit inversiüu of' the retincU
»mwye", von G. Wolf (Würzburg) „Zur Theorie der Irradiation". Die Er-
innerungsvorstellungen und das (ledBchtnts waren Gegenstand der Vor-
irilge von W. v. Tschiecb (Dorpatj «Über dae Gedftchtnie für Sinnes-
wabmehmnngen*» tou H. Ebbinghana (Breslan) «Ober eine nene Methode
der Prfifang geistiger Fähigkeiten und ihre Anwendung bei Schulkindern",
▼On Exner (Wien) „Ober autobinetiBcbe Empfindungen". Auf die Auf-
merksamkeit bezieht sieh dtr Vnrtrap: von H. Schwarz (Halle a. d, Saale)
.DiiH Bemerken", über Kaum Vorstellung und iiauniurtheil handein 0. 0 ber-
liorst ,Uie psychologitichen Factorcn in derGesicht.swahmehmung", G. Hirth
(München) «^Nachaußen«>piegelung der Sinneneindrücke", A. Höfler (Wien)
^Ein Paradoson lar Lebre TOn der GrOOen- nnd Tiefensch&ttung: Wie
gro0 eisebeint der Mond?", «Über Sprache und Abefxaction' handelt ein
Vortrag von A. Marty (Prag). Das Gebiet der Gemüthq^chologie be-
rührt ein Vortrag von Chr. Freiherrn v. Ehren feie (Ptag) «Über ethische
Wertgefuhle'.
Durch Vorführung dieser Vortrage ver*»chatfte der Voitragende den
Verkam Hielten fin kl.ir-'s Bild von der Keiclihaititrkfit der Eri'ebnisHC des
Congresses. Im Anschlüsse an sein Utfferiit sprach der (Hmiann einige Al>-
schieduworte an Herrn Prof. Ötrach, der zum letztenmaic vor seiner Ab-
reise anf claesischen Boden der Vetsammlnng beiwohnte. Darauf dankte
dieser theils fBr die AusfÜhrongen des Vortragenden im Namen der Ver-
sammelten, tbeils HXr den Absdiiedsgruß dee Obmannes.
Sechste TereinsTersammlung.
(17. Februai- läü7.)
In der Vereinsversammlung am 17. Februar 1097 hielt Herr Prof.
Dr. J. Simon au^ Eger einen Vortrag:
„Ein Wort zur Behandlung der Homer-LeetOre".
Der Vortragende stellte sieh die Aufgabe, für eine Behandlung der
homerischen SohnllectÜre vom vergleichenden Standpunkte ans eine
Lame so brechen. Unswcifelhaft sei das Verständnis der studierenden
Jugend iur die homerischen Dichtungen seit der immer mehr umsich-
greifenden Vervendung von Anschauungsmitteln wesentlich gefördert
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VereuunachrichteD,
177
worden. Schon dos Altertbum habe du Bodürfnk nach Anschau migtniittelii
fQr (lio IVvdM und Odysse gefühlt, was aus einer ünteraohriit hervorgehe,
die ein zu Boyillae gefundenes Gemälde träfi^:
o«pa Sael; iwÜTTj^ jjLfcfrOv v/-qz so^:«?. (('. J. G. 6125.)
Barth^lemy habe die richtige Ansicht aufgestellt, dass derartige
Bilder dee Tbeodonu in den Schalen Terwendet worden teien.
Doch webe Homer in aeine Dichtung Coltnrelemente ein, die durch
kein AnBcbaunngsinittel venttndlicb gemacht wwden kfinnten, wfthrend die
Schüler doch in die CaltonnaOnde des X. ond IX. Jabrhnnderta y. Chr.
einen klaren Einblick gewinnen sollen.
Das Verständnis könnp aher durch Vfu f^^loiche 7wi«ichen der Cultur
des homeri»chon Zeitalters, sowie der di.'s historischen *iritH he!\laiuIs einer-
seit« und der Cultur von Naturvölkera un-*»^rt'r Zeit iimierseit- erzielt wer-
den. Der Vortragende beleuchtete nun eine Ueihe homen»chei Stellen vom
vergleichenden Gencbtepunkte. So richtet a. B. II. X. ▼. 67 ff. Diomede«
folgende Worte an Athene:
,oal Z"" ah rfu* ^o» ßoöv '^viv •^pofuruiiroy
Ttjv tot rfö» ^e'tu */p'>3^ «ipas'.v TtEpt/tö'x;.''
Die Bedenken, welche Motz (Cber den Metallarbeiter der heroischen
Zeit, S. 8) und Schorn an n (Griechische Alterthüimer I. 73) hinsichtlich
de« xpoc^T vorjirehracht haben, ließen «ich durch die iiemnziehung^ "in- i
delischen Inschrift (IV. Jahrhundert v. Chr.), in welcher unter den lunten
eines Kationalfestes .für Vergoldung der Hömer 121 Drachmen" angetübrt
werden, beseitigen , die einen Beweis für den noch in hiatoritchei Zeit be-^
•tehendfm Braach erbringt.
Redner leigte nnn an einer Ri«ihe von Beispielen, II. I. 287 ff., II.
39ft ff., IV. 117 u. a. unter Benützung' von Hartwigs , Inseln des Stillen
Oceans" und 0. Peschels , Völkerkunde", wie die vergleichende Völker-
knnrle verwertet werden könnte. J^o wies er auf einige .Sitton der Tahiti-
insulaner hin. welche manches Gemfinsunio mit den von Hoiuer geschilder-
ten Sitten aufweisen, so z. B., das:* der Angritt des Feindes aus dem Hinter-
halte als That der Tapferkeit gelte, den Gebrauch vergifteter Pleile u. a. ui.
Daas dnreh eine vergleiehende Behandlong ancfa als anstößig an-
genommene Verse gerettet werden könnten, sndate der Vortragende an
Odymee XII. SOS & naehsaweisen. Die Qeffthrten de« Odysiens, einen
ganzen Monat auf Thrinakie festgehalten, nehmen, vgn Hunger gequftlt,
mit allem vorlieb, was sie in die Hände bekommen, wie ^X^^ o^vtihtc ts,
^koc Sti X^P^C txoiTo. Den nun folgenden Vers 332:
haben viele Uerausgeber gestrichen. Dieser Vers erscheine aber «nentbehr-
licb, wenn man bedenke, dass noch heute es Matrosensitte sei, mit Angeln
Seevögel zu fangen. Diese seien xwar k^ne genießbare Speise, aber die
Hnngersnotb habe die Geehrten des Odysseos geswnngen, aneb ekelhafte
%)eise in genießen.
Aber auch die vergleichende Mythologie gew&hre dankbaren
Stoff für die Belcbnng der Homer- I^ecture. An Schröters Abhandlang
„Homer- Lectnre und prähistori.sche Mythologie" (Jahrbuch ftir Philolo'^e
1ÖÖ7, S. 444 tt.) sich anschließend, zeigte der Vortragende, dass auch durch
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178
Vereinanadiricbton.
Herbeiziehung mancher deutschen Sage der bomerischA Mythus einen
lebenrlifjeren Hintergrund erliiplto, daas abnr auch mitHilf*^ der verj^lnichen-
don Mythologie manches der viel£äch dunklen EpWieta omantia besser er-
klärt werden könnte.
Ais der Vortragende unter deiu Beifalle der z;ihlreich Versttinmelten
den Vortrag beendet and der Obmurn Prof. G. Spengler im Namen de«
Vereines f&r die ebenso aoaebenden als fonttgewandteB AuaAbrnngen
gedankt batte, echlo« «ich eine lebr anregende Discossion an den Vortrag
an, an welcher pich Herr Prof. A. Th. Christ, Herr Regierungsrath
Dr. L. Chevalier und die Herren Proff. A. Qottwald und Dr. L. Singer
betheilijjten.
Horr Prof. Christ tührto aus, dass die vom Redner befürwortete
Methode der V'erijleichunj^ ;,'ewiss im allgemeinen zu billigen, im besonaeren
aber der Aufgabe, die betreli'ende Stelle vor allem aus dem Zu«awau>n-
bange, der {»ychologiscben Verfiift»ung der bändelnden Pereonea nnd der
geschilderten Situation heraus so erklären, dnrcbans nicht überhebe. Er
sochte daa namentlich an der angezogenen Stelle Ii. 1. 227 ff. klarsnlegen,
wo eine sorgsame Interpretation Wichtigeres herauszulesen wissen werde
als eine sonderbare Wertschätzung des Kampfes aus dem Hinterhalte, die
mit dem Hinweise auf die neiifloi^enhciten :;Tii)erer V/ilker >»f>|oijt werden
mQKste Verfileichc wür<b*n aber beim ^cbuiunter^ichte nur dann nut7,l)ar
sein, wenn sie, dem eigenen Anschauungskrei-se der Jugend entnommen,
bei dieser leichtes und sofortigem Venttändnis fänden: e'* könne sich nicht
darnm bandeln, die ScbQler durch m<tglicfaiit weit hergeholte Analogien
(von Oebrftncben der SfidseeinRnlaner) an verblAffen, sondern dämm, dnrch
Heranuehttng der nächstliegenden den Inhalt der za erklärenden Stelle
klarer and anschaulicher zu machen. Schließlich hebt erbesOglich Od.XIL
.332 hervor, dass der Hinweis auf den Umstand, daas Matrasen thataächlieh
^^eevögel (NB. docii nur auf offener See!) mit An^'flhakeu fany-en. den
Vers nicht /u rotten vcminn'e, da ja dieser schon von Kustathios namhait
geniaeht wurde und die GrUnde der Athetese in ganz anderen Dingen zu
jiucijen seien.
Auch Herr Regierungsrath Dr. L. Chevalier warnte vor su weit
gehender Heranziehung von Vergleichen, indem er auf einen Ansspmch
von Willaniowits>MOllendorf «Griechenland für die Griecben** bin*
wies. Anch Herr Dr. L. Singer sprach bei aller Wertschfttsnng der TOT-
L li^ifjenen vergleichenden Methode doch die Uefttrchtung aus, es könnte
z. Ü. die n. utung der Odyssee als Naturmythus in der Schule zu weit
fnliron Herr I'rnf. Gottwald hiilt es auch für gewagt, die Sitten der
büdüeeinsuianer zum Vergleiche herbeizuziehen.
Siebente YereinsTersaiumlimg.
(24. mn 1897.)
Am 24. Uärs fand die siebente periodische Versammlung statt. Der
Obmann Pl'Of. Spengler gedachte nach Eröffnung der Sitzun*,' in einem
im warmen Herzenstone gehaltenen Nachrufe des .\blebens des Vereins-
uiitgliedf"». Herrn Prof. F Kirf^ehnpr, worauf Herr W. Smetaeek,
k. k. Director der deutschen iiealschule (.Nikolandergai>be), deren Mitglied
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YereiiiniaelinebteD
179
der Verstorbene war, für diesen Act der Collegialität den Dank ausspmcli.
Die Vei-sairnin^UpTi ehrten d;is Andenken des Oiihinj^eachiedenen durch Er-
heben von den Sitzen. Dann machte der Obmunn die Mittheilnn^, da?s
auf Grund eines Aiisschoasbeachluases vom 'J4. Februar eine i>itukesiidreiw«;
an 6e. Excellen/. den Herrn Minüter für Cultus und Unterricht lür dessen
Bemtthiiiigva ia d«r Oebattaregolierangsfrage boichlotten und, kmutvoU
im^pelBkrt, ftm ISi. Mftrs 8r. Eieelleos ftbermiUelt wanden leL Schon am
19. M&n sei eine Znachrift an den Obmaun eingelangt, in welcber der
Dank des Herrn Ministers in wohlwollendster Weise tnm Ausdrucke kam.
Nach Verleenng dieser Schriftstücke theilte der Obmann mit, d^ in Er-
innerung an eine im Vorjahre anlässlich seines 30jährif^n Docpntpn-
jubiläums gemachte Zusai^e des Herrn Sectionschefs Willielm Hilter
V. Härtel, einer Vereinssitzung in Prag beiwoiinen zu woilen, die An-
wenenheit des letzteren in Prag zu der Entsendung einer Abordnung des
Yeteines, de« Obmannes nnd de> etelen SehrifkAtfann Prof. F. Demi,
Anlaw gab. Anf den WiUkomnigmß derwlben bedanerte der Herr Sectionf
ehef. den Verein eeiner Sjupatbien versiefaemd, wegen des knraen Auf-
enthaltes den Verein selbst nicht besuchen zu können. Anf Antrag des
Uerm B^ierungsrathes Dir. Dr. J. Hackspiel wurde diesen ▼oro Am*
Schüsse beschlossenen Actioneu die vollste Zmtimniung der Versammlnnj?
durch Erheben von d**n Mtzen kund^a'*,'eben Nach dpr Anmeldung' des
Beitrittes des Herrn tJymn. Dir. Fr. Grund ( Karlsliuil i zum Vereine durch
den Obniiuin berichtete Herr Prof. A. M lehul i t^chke ula Obmann den
JugendspielaasMhnMes von der durch die dankenswerte UnterstQtxung des
rDentecfaen Vereines fiir städtische Angelegenheiten" und das frewsdlicfae
Entg^nkommen des «Dentschen Fußballclubs" perfect gewordenen Ge-
winnung eines sehr groL>en Spielplatzes auf dem Belvedere. Dieser dem
jiDeotschen Fußballclub" ^'eliorende Platz Hteht dem Jugendspielausschusse
gegen Z;ihltinf^ eines Mietl>etra;,'es zur Verfügung. Darauf führte Herr Prof.
A. Micha Utächke die angekündigten
„Demonstrationen von Anschauungsmitteln fOr den Unterriebt in
der Himmelskunde
aus. Nachdem der Vortrageade in einigen einleitenden Worten luit Be-
rufung auf die hervorragendsten Autoritäten auf die hohe Bedeutung; der
Himmelskunde im Lehrplane aller Schalen jeder Kategorie hingewiesen
hatte, deutete er in Anlehnung an die wegweisenden Au.sfuh rangen, die
Prot Will mann» , Didaktik uU Bildungslehre'' dem Lehrer in eingehend*
««tf»r Wpisf bietet, den inethoiiigchen .\nfbau dieses rnterrichtszweiges an,
tier allein Krlol^e in dieser an inatehaletn wie torni.ilem Gehalte so
reichen l hscii>liu verbürgt. Imlom er hierauf di<' nothwendigen Hilfsmittel
eines »olchen Unterrichtes anführte und nach ihrem Zwecke charakteri-
sierte, demonstrierte er gans einfache, mit den bescheidensten Mittein
herstellbare Beobaehtungiapparate, den Schattenmesaer (Onomon) und ein
Stemrohr (TheodoUth), das« in horisontaler nnd verticaler Ebene drehbar,
die Bewegung der Gestirne klarmacht. Im weiteren demonstrierte er ein
von ihm aus Holz construiertes Modell eines Apparates, der einfach her-
trc«tollt nnd leicht zu j^*>brauchen itit. Der Apparat führt als Anschauungj»-
und DemonHtratiün»uiitteI durch alle r*)iaKen des Unterrichtes in der astro-
nomischen Geographie und Himmehikunde. Er machte in leichtiasslicher
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180
Yereinsnachrichten.
Weise, nbnp Ablenkung auf fiber flüssiges Beiwerk, voa der ersten Stufe
an die Hiiumelaenscheinungen klar, wie sie vom antbropocentrischen Stand-
punkte aus erscheinen. Die Vorstellbarkeit des Horisontes für Terschiedene
geographische 6mten Terinittelt das Venlftndnis jener an den ▼efsehiedeneu
Orten der ErdoberÜftche und f&hrt snr EUurong des geocentrischen Staad-
pnaktesi Die dnnf&llige Darstellung der West- Ost -Bewegong der Sonne
unter den Fixsternen vermittelt die Auffassung der Jahresbewegung der
Sonne in der Ekliptik, womtif an der Hand des Apparates der Übergang
ziu Copemikanischen Weltan8chauun^^ ?uni heliocentrischen Standpunkte
vorffenomraen wird. Eine einfache Achsenumstellung zeigt das Yurrücken
der Nachtgleicben (Fräcession) und die Bewegung des Himinelspoles und
den Pol der Ekliptik. Der Apparat zeigt die Taglängen in den verschiede-
nen Breiten, die Moxgenweiten, die Texacfaiedenen Cooidinaten: Asimat.
Httbe; Beetasoenm««, Deolinaticm; Liage nnd Breite deutlich lesbar an den
Kreistheilnngen, die bei der gesseigten Gonstruierung leicht pr&eiae aus-
führbar sind. Tafeln, die das durch Anschauung am Apparate gewonnene
Material graphii^ch vorstellen und auch in einfacher Weise von Schülern
auszufuhren sin l. mit deren Hilfe auch einfnrl"^ Si hlat^wurter, welche die
verschiedenen VerbaitDis*»e auf der Erde char.iktensieren, eingepdigt wer-
den können, illustrierten einen an der Haud derartiger Anschauungsmittel,
die an Einfachheit der Construction und der Handhabung nichti su wün-
schen flbriglassen, aufgebauten Unterricht.
Als der Vortragende seine AusfiUirungen beendet hatte« dankte der
Obmann und wies darauf hin , wie die demonstrierten Apparate einen so
bedeutenden Fortschritt in der Richtung der anschanliehen ünterricbts-
methode tlar.stellen. da.sä wohl der Wunsch rej»i» werde, es mSgen die^se
Anschauun^niittel möglichst große Verl)reitant? und Freunde in der Lehrer-
weit an den Lehranstalten ver^jcbiedni r Kategorien tinden. Zum Schlus-*e
bestätigte Herr Regieruiigiirath Dr. Hack spiel, dass er selbst die Hand-
habung der Apparate durch Herrn Prof. Michalitschke beim Unterrichte
beobachten konnte, nnd oonstatierte das durch dieselben auch bei den Pri-
manern schon endelte ToUe Verständnis des Gebotenen.
Achte YereinsTersaiiimliing*
(7. April 1897.)
Die achte Verein«<verf<finimlung eröttnete der Obmann Prof. G. Sj) engl er
mit der Mittheilung, das» au den Verein von dem „Deutschen Vereine für
AlterthuuMkunde'' die freundliche Einladung ergangen sei» einem Vortrage,
den Herr Dr. Lederer aus Radauts Ober seine Reiien unter Benütsnng
eines Skioptikons abhalten wird, beisuwohnen. Dann theilte der Obmann
die angekttndete
„Anregung auf dem Gebiete des Anschauungsunterrichtes"
mit. Ausgehend von dem noch weni^jer bf^achtetcn Vortheile, welchpn
Sammlungen, Gallerien, archiiolo<;ische !n-;'itute etc. für den anschau-
lichen Unterricht Uriugeu können, und von der Wichtigkeit des Anschauungs-
unterrichtes überhaupt, machte er den Vorschlag, es mögen Schülerkataloge,
Führer zunächst für einzelne Sammlungen abgeftisst werden, welche Sonder-
kataloge oTentuell in einen Gesammtkatalog vereinigt werden könnten.
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V ereinsnacbrichten.
181
Die Dnrcbf&hrlMirkeit dieaea Vorschlages leigto er an dem Beispiele de«
voa Herrn Uni7. Ptaf. Dr. W. Klein ao instructir eingerichteten Arcbfto-
iogiichen Institutes. Er legte dar, wie zunAeh^t eine gedrän^^te Einleitung
über die Entwicklung der Kunst da^ Vßrständniq der Schüler anbahnen
müsste und wie dann in dorn Kataloge durch Sitnatiorispläne, chai'akteristi-
.sche Br'7,t'i(hnnn^' »ier ^•ä^.* nnd endlich erläulerndo lieiuerknngen im An-
schluvst' an dif Xuiuiiktii (li'r einzplnen Schaustücke die Vertrautheit der
Schüler mit dt-n Schätzen der Kuu»t gefördert werden könnte. AU Bei-
spiele, wie eich der Katalog gestalten würde, w&hlte er die Ägineten-^
gmppe, den Hermes des Praxiteles, den Zeos von OtricoH, den Ditkos-
werfer o. a. m.
An die Ausführungen, die mit Beifall aufgenommen wurden, ^hl(^
sich eine Debatte, in welcher Herr Regierungerath Dr. Hackspiel die Idee
als eine sehr gute »mtl gut durchführKatc VifztMChnct*' und don Dank dem
Vortragenden aussprach. Herr iVot. Dr Finger, weicher auch den Vor-
schlag billigte, spricht den Wunsch aus, dass der Katalog nicht sosehr
das „Schauenlernen " den Schülern erleichtere, dieses vielmehr durch das
lebendige Wort des Lehrers ernelt werde, worauf der Vortragende er*
widerte, er denke sich die Sache so, dass an dem Bilde das Gharakteristtsche
beim Unterrichte von dem Lehrer hervorgehoben werde und der Schiller
mit Hilfe des Katalogos das Erfahrene vor der plastischen Darstelinng
recapituliere. Auch Herr Prof. Quaißer stimmte den Aasführungen bei und
sprach den Wun'^ch nm, dius dor Vortrug veröffentlicht "werdf. Hfrr Prof.
»iotlwald iiiaehi.- auf eine nirlit zu übergehende Vorbedingung; aufmerk-
sam Schließlich wurde aut Antnig d* s Herrn Prof Dr. Singer einstimmig
von der Ver^mmlung der Wunsch ausgesprochen, tlass die Abfasiung dei
I^taloges, dessen praktische Durchfthrbarkeit and Nntaen anerkannt
wurde, sobald als möglich in Angriff genommen werde.
Anfeine Anregung des Obmannes des Jugendspielansschosses HermProf.
A. Michalitsehke warde Ton der Yersarorolnng der einstimmige Wunsch
angesprochen, da.ss dem Belbstlo^en und zuvorkommenden Wirken des
Herrn Advocaten Dr Ludwig Krieg für den Verein in An^e1p*;enheiten
des Spielplatzes, sowie dem „D^^titschen V«^reinp für stftdH«cho Ansfelegen-
heiten" für die freundliche Unterätützung m derselben Sache der geziemende
Dank abgestattet werde.
C Sitzungsberichte des Vereines „Die Keaiscnuie" in Wien.
fMitgetbeilt vom Schriftführer Prof. H. Dnndaczek.)
Erste YoIlTersamnilnnt^ 1$97*
{'60. Januai 1897.)
Nach erfolgter Begrüßung der Versammlung durch den Obmann
Prof. F. D aurer wird das Protokoll der am 17. October 1896 abgehaltenen
Jahresversammlung vom SchriftAhrer verlesen und gmehmigt.
Der Obmann macht sodann die traurige H ittheilung, dass der Verein
in janf,'^ter Zeit zwei seiner treuesten Mitglieder durch den Tod verloren
hat. Es sind dies die Herren Adolf Lang, k. k. Hofrath und emeritierter
..0«l«rr. MittelMhul«". XI. J«liig.
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Vereinsnackricbten.
k. k. Land(>fl-Schulinspector, und der Profeator an der Öffentlichen Unter'
realflchale des Dir. Eduard Doli Herr Hn^o Eicliler.
Prof. Hugo Eichler war am 23. Februar 1834 zu Laibach geboren,
absolvierte das Gyranasiuiu und zwei J;ihrn^:in_;«> der tei huischen Hochschule,
diente vom Jahre 1853 bis 18ß7 in der k. k. Armee und wurde als Uber-
lieutenant in der Schlacht bei Königgrätz schwer verwundet.
In den Jahren 1857 bis wirkte er als Lehrer im k. k. Cadetten-
sn«titate an Fiome. legte 1872 die Lehramtäpiüfung fOx Mathematik als
Hanpt* nnd fär Phyrik ate Neben&ch ab und verbrachte das Probejahr
an der k. k. Staaterealschule am Schottenfelde im Schn^ahre 1873/74. Seit
1877 unterrichtete er als Professor der Mathematik an der öffentlichen
Realschule des Dir. Doli. Außerdem war er noch an der mit der Schotten-
felder Staatarealschule verbundenen gewerbh'chen Fortbildungsschule und
am Miidchenlvceuni des Fräuleins Jeitteles als 1. eurer tbätig. Zu der
, Zeitschrift für das Reulichulwesen" nnd zu dem vou Dir. Dittes heraus-
gegebenen pädagogischen Jahresberichte lieferte er regelmäßige Beiträge.
Noch an seinem Todeelaiie hatte Eich 1er von 8 bia 9 Uhr an der
Bealechule des Dir. D511 nnterrichtet, ak ihn knra daranf im Conferena-
simmer ein Gebirnechlaff traf, welchem er am 16. NoTember 1896 um
7*/4 Uhr abends erlag.
Ein tweites Opfer war Hofrath Adolf Lang, gestorben am 4. Januar
K J. zn Wien.
Adolf r.nng wurde am !>. Miirx 182;j in\ 1. Bezirke Wiens als Sohn
eines Äctuars der rolizei-Oberdirection geboren Den Elementannit.Mricht
genoss er an der Josefstädter Hauptschule, wahrend er das mnusiuui
theils am Josephinum, tbeiU bei den Schotten absolvierte. In den Jahren
184S bis 1846 oblag er den philoeophischen Studien in Krema Bereite am
30. Jannor 1846 finden wir ihn als unentgeltlichen Praktikanten bei der
k. k. GeflUle- und Domänen- Hof bnchhaltnag, in welcher Eigenschaft er
bis zum 13. August desselben Jahres verblieb. Er wollte sich hierauf dem
geistlichen Stande widmen und trat als Novize bei den Schotten ein. Schon
nach zwei Monaten naivste er aber aus Röcksicht auf seine schwächliche
Gesundheit um seine Entladibunf^ bitten. Obwolil auf Stipendien und Er-
theihint,»- von Privatunterricht auirewicsen. lieb er sich an der Wiener Uni-
versität iu^ribieren, um juridisch-politiäche Studien ptiegen, welche er
im Jahre 1849 be«iidete. Sein reger Geiet ließ ee damit nicht bewenden.
Die in diese Zeit fallenden Impulse au Beformen auf dem Gebiete des
IGttelschulweeens vemnlaasten ilm, unter Bonita und Grysar die philo-
sophische Facultät zu besuchen und in das philologische Seminar einsu-
treten. Im Jahre 1Ö51 legte er seine Lehramtsprüfung ab.
Bereits im Jahre IH51 kam er als Sn]ipleiit nach Marburg und er-
hielt dort Ibö'sJ eine Stelle als wirklicher Lehrer mit der Ver]iflichtun?.
während des l'robetrienniuni.-> t iiie Ergunzungsprüfung abzulegen, welchem
Auftrage er im Jahre 1854 uachkum.
Im Jahre 1863 wurde er an das deutsche Staatsgymnatiium in Press-
bürg veraetst, blieb aber nur ein Jahr und kam darauf als Profeesor an
die k. k. Theresiantsche Akademie in Wien mit der Verpflichtung, auch
Piftfectendienste an leiaten. Im October 1856 wurde er definitiv im Lehr-
amte bestAtigt.
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Yereinsnachrichten.
183
Vom Herbste 1867 an war er durch IS Jahre Director «lea Gymnaeiinnt
in Marbarg; wo er eine tegenireicbe Wirkaamkeit ent<ete. Er grQndete
eine Sehfilerlade, erweiterte dan Schulgebäude und erwirkte, dass das Har-
burger Qymnaitntn zu einer Lehranstalt zweiter Ciasse erhoben wurde,
wodurch er seinem Lehrkörper lir.b»Me Bezüge sicherte. Häufige öffentliche
Angritie, welch«» vorzRgHch von nationalen fiej^nern ausgiengen, verleideten
ihm ab»'r schließlich den Aufenthalt ä»o. uass er zum durch eine Adrewe
ausgedrückten BeUaueru des Lehrkörpers von der Direction s^urückttut und
sich Ulli eine Profeaiontelle im Bea^ lud ObergyronaHOm im III. Besirke
Wien« bewarb. Hiefaer berofen, venah er gleich im enten Semeater des
8chaljahree 1869/70 Ar den erkrankten Dir. Gernerth die Ocwhftfle der
Leitang der Anstalt und wurde noch 1869 nis provisorischer Besirke-
Schalinspector für Groß • Enzersdorf und Umgebung bestellt. Als solcher
erwarb er sich durch die Gründung einer Bezirksieh lerbibliothek besondere
Verdienste. Zwei Jahre iundurch, also bis 1871, wirkte er sogleich als
Proles.-*or
hu Jahre 1871 wurde ihm zur Anerkennung seiner Verdienste im
Lehramte und in der Inspection das Ritterkreos des Franz -Josef -Ordens
Terlieben; noch in demselben Jahre mr Leitung der Matnritätqkrflftmgen
in Uihrea delegiert, wnide er am S6. September sam Laades-Schnlinspector
ftlr die humanistischen Ficher an sämmtlichen Mittelacbolen NiederOster-
rei« li< « roannt, in welcher Eigenschaft er lüs 1888 verblieb. Im Jahre 1877
erkrankte er während einer Inspectaott in St Pölten, wurde zeitweise be-
urlaubt und nach seiner Genesung zur L)ienslleistung im Ministerium ver-
wendet. In den Achtzi<^er-Jahr»'n fungierte er auch alü Präses der Prüfmiijs-
conimisMon {l\r Steno<;riiphie. Am 2k]. Juli 188H wurde er durch Verleihung
des iiltfU eines Hotrathes ausgezeichnet und trat in den liubejitand.
Sein Lieblingsanfentbalt war Baden, wo er sich sowohl nm die
Gemeindeverwaltung als auch nm die Hebung des Curortee rerdieat maohte,
weshalb ihm bei seinem Scheiden aahlreiche Daakceknndgebnagen sutheil
wurden. Vom Jahre 1880 ab sog er sich aurOck.
Der Schule brachte er immer noch ein reges und warmes Interesse
entgegen, und in mancher Versammlung von Schulmännern wirkte seine
frische Theilnahnie belebend auf seine Jünger, die in Verehrung 7^^ ihm
emporblickten, bo kam nirh, duss Ministerium und fiandesbehörden und
Schulen in ganz aubcrgrwohnUcher Zahl ihre Traueri?;Ute zum Conducte
entsandten, welcher am G. d. M. der Leiche des nach martervoUem Kranken-
lager Dahingeschiedenen folgte. Der Verein rDio Realtchnle* hat am Sarge
des Verewigten einen Krana niedergelegt.
Der Obmann bittet die Veisammelteup den beiden Schulmftnnem ein
treues Andenken zu bewahren, dem einen, der bis tum letzton Athem-
soge als unermüdlicher Mitarbeiter in unserer Mitte gestanden, dem anderen,
dessen hochachtbare rersünlichkeit die Herzen aller zu j^pwinnen wusste,
und dem so viele von uns zu uiivcr;;an<jliehem Danke verjnin htet «'ind!
— Die Versammlung erhebt sich zum Zeichen der Zustimmung und Tbeil-
nähme von den Sitzen.
Als neueingetretene Mitglieder werden angemeldet: Prof. Dr. Alois
Eimmerle und Herr Supplent Johann Sobotka, beide von der Staats-
realechule im IV. Beiirke. — Der Obmann theilt femer mit, daw eine Ab-
13»
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ISA
Vereinäiiachrichten.
Ordnung der Vereinsleitung die Ehra hatte, in AnsfÜhruDfif eines Beschlosses
des früheren Vorstandes und Ausschusses dem Herrn HotVathe Dr. J. Kolbe
am 1. November 1Ö9<» zum Ausdrucke der Verehrtin«; und Dankbarkeit eine
Adresse zu {iberreichen. Dem Herrn Hofrathe bereitete die Ehrung eine
große Freude; derselbe versicherte wiederholt, diiss er dem Vereine „Die
Kealschule'' die wärmsten Syinpiithien und Hein unji,'ethei)te8 Intere.-i>e i^eit-
lebCDS bewahren werde. — Mitte November des abgelaulenen Jahres winden
im Sinne früherer BeachlSaae Exemplare unserer Petition betreffend die
Regelung des Gehaltes an die Herren Ueichsrathsabfieordneten vertheilt.
Am 8. December 1896 wurde unser Vernn von der „Bukowiner
Mittelschule" eingeladen, die Grundzuge einer im zweiten Hefte des zehnten
Jahrganges der ,.08terreich Ischen Mittelschule" S. 196 ff. veröffentlichten
„Dienstpragiiiiitik" zu Vierathen und die bezüpflicbpn Ergebnisse bis Ende
Januar lbB7 nach Czemowitz einsiu.sendeu Mit Rücksicht auf die yai kurze
Frist schien es dem Auisschusse nicht ^'eratiu'n, eine »o wichti^'e .\n>,'eietfen-
heit im Fluge zu erledigen, was uuisoweniger thunlich war, ai^ die
Weihnachtsferien unmittelbar bevorstanden. Die Vereinsleitung setzte tüich
jedoch sofort mit den Votstfinden des Vereines »Mittelschule* und des ,Ver>
dnes der Supfdentm deutecber Mittelschulen' in Wien ins Einvernehmen»
worauf jeder Yereia drei Delegierte namhaft machte und in ein berathen-
des Comitti entsendete, welches seinerzeit den einseinen Versammlungen
seine Vorschläge zur Überprüfung vorlegen wird.
An Einlaufen kommt zunächst eine Einladung des elektroterhni'schen
Vereines in Wien zur Verlesun;;. der einen Cyklus gemeinfsw^^licher Vor-
träge veranstaltet und um die Tublication des bezüglichen Programmei^
ersucht. Ebenso erhielt der Verein Kioladungeu der österreichischen Gesell-
schaft für Gesundheitspflege und des Malers und Gem&ldeausstellers Josef
Hoffmann.
Sodann erhält Herr Prof. Johann Kammler das Wort tur Ab-
haltung seines angekündigten Vortrages fiber:
„Holzschnitt und Kupferstich".
Nach einer f^escliichtlichen Einleitung über die Erfindung des Holz-
schnittes und Kupiersüches fuhrt der Vortraj]fendß ans, wie da^ Zeichnen
im XVIII. Jahrhunderte in I )eut-eliland als ein im griechisclien ."^.nne er-
tasstes Bildung^element adgeuiein ge])üegt wurde. In Österreich l>egiuut
auf dem Gebiete des Schulzeichnens besonders in der lö51 acti vierten
Realschule ein reges Leben.
Gegenw&rtig sind die Erseugnisse des Kunstdruckes ein Geroeingut deä
Volkes geworden und gehören su den unentbehrlichsten Unterrichtsmitteln.
Der Vortragende erklärt nun die lleiKtcllung des Holzstockes, die
Combinationen von Schnitt und Stich, das Clairobscur und »eine Arten,
den Metall-chnitt und den Heliefdruck auf gravierte Platten. Es folgen
f-odanii Austii}uun<;en über die technischen Procr'duren des ötiehei^ in seinen
Stadien und Materialien: der Punzarbeit, Uadierun«^, runktiei - un«U rajon-
manier, der Durchitihruug iu Binter oder Aquatiuta und Cavis- Gouache
oder Aquarellmanier» endlich der Schab- oder Schwarakunst. Der Vor*
tragende bespricht weiter den farbigen Kupferdruck, die Methode Le Blens,
die Verwendung von Weiß, Schwärs und Gold auf geschabten Platten, die
Farbenaquatinta und den Niedergang dieser schOnen Kunst Zum Schlüsse
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Vereiiwnachrichteii.
185
gedenkt der Vortragende William Ungers. eines nnglanblich prodnctiven
Meiiters von intemattonalem Rnfe, der mit «einer Knnat in Wien Schule
machte und nicbt mu- die Radierung* rondem auch den Farbendruck »u
nenem Leben erweckt hat.
Die angedeuteten AuBfQhranj^en frpstalt^'tfn sich dathmh interessant
und gcnnf'TPich , rxh der "V"oTtr;i<;<'mle ( l<.'le;j:r'nheit hatto, di«.' 'Ifchnik der
ffraphischen Künxtf an einer Ueilic ausn^ezfichneter Kunstulilltcr zu
erläutern, welche der fachkundig KuuHtt^aiuinlcr Herr Hofrath Dr. Julius
Hofmnnn dem Vereine mit anerkennenswerter Liebenswürdigkeit sur
Verfügung gestellt hat.
Nadidem der Obmann unter lebhaftem Beilalle der Vermmmlnng, tu
welcher sieb anch G&ste eingefunden hatten, dem Vortragenden gedankt,
erbittet sich Prof. Dr. Fried wagn er das Wort zu einem Antra^'e. In
dem zu Heginn der Sitzung verlesenen Berichte über das 2<). Vereinsjahr
spi hervorgehoben worden, dass süh A'iv Voreiii'^loitunt,' b«^niriht habe, di»»
von (l'Mi Vertrt"t»'rn dfr niodt^rnen sprachen an lion nieder»»st*?rrt'iohischen
Hea!>tliijl»'n f^fwünschten und a.l^^ drin<;end bezeichneten En11a>tunf;''n zu
erwiikeu. Ks kam. wie bekannt, diese Angelegenheit in der abgeUiulenen
Sitsnngsperiode de« niederOaterreichisdien Landtages nicht sur Sprache,
weil sie mit der Frage der WiedereinflSbrung des Keligiontnnterriehtes in
den oberen Classen cnmuliert wurde. Nachdem nun, wie Terlantet, dem
neu zusammengesetzten Landtage dieselbe Regierungsvorlage zur Berathung
vorliege, sei es dringend noth wendig. maOgebende Persönlichketten des
Lnnflta<^p<? dabin aufzukl.lren . dass beide Antrat;*' mit finander nicht im
Zii>am!i!t'nhanfrt' stnndt^n. nnH ?u bitten, sich der üt>eruürdeten Lfdirei*
der luüderueu Sprachen auzuuehmen, d. h. die Hcgierunpsvorlage zu unter-
^•tützen. Die Abgeordneten mögen aufmciksiuu gemacht werden, da«« die
LehrverpSichtung zu 18 Stunden nur die Basis »ei, auf der die enorme
Arbeit der Neuphilologen beruhe. Die Herabeetanng de« Stundenausmaßes
müsse endlich im Interesse eines gedeihlichen Unterrichtes verwirklicht
werden. Diese Forderong sei umso berechtigter, al« den Lehrern der
modernen Sprachen in anderen Kronländern längst gesetzlich oder still-
schweigend nicht mehr als 15 bis IG Stunden zugewiesen werden. Der
Redner sei vom NtMijihilolo^'ischen Vereine prniaclitij^t, 7.n f»rkl5rpn. dn^s
sich der letzten* mit dem Vereine ^Uie Kealschule" .solidarisch tiihle. daher
der Obmann des letzteren in der Lage »ei. auf die WünKche zweier Vereine
hinzuweiisen. Die angeregte Angelegenheit stehe heuer keineswegs un-
gün.«tig, nur mfisse der Referent im niederösterrcichischen Landtage ent-
sprechend instruiert werden.
Der Obmann erklärt, dass er gerne bereit sei, den Wünschen des *
Antragstellers und der Versaromlnng Rechnimg su tragen.
Prof. M. GlOser gibt eine auaföhrliche Darstellung der Schritte,
welche er als gewesener Obmann unseres Vereines seinerzeit diesbezüglich
unternommen hat. Die Ke<;iemngsTorlage sei im I-an(itnf,'e trefallen. weil
di»j lianialicre Majorität desselben nicht i^ent-ii^'t war. der Wiedereinführung
de« litdigionsuuterrichtes in den oViMven ('las.scn die Zustimmung zu er-
theilen. Auf die Eingabe, in welcher «ich der Verein vom hohen Unter-
richtsministerium die Trennung beider Gegenstände erbeten habe, sei keine
Erledigung herabgelangt.
ijiyilizeQ by GoOglc
186
Vereinsnacbrichten.
Naefadem sich noch die Proff. Duschiiitltj, PO 1x1 und Dr. Maiß
an der Debatte betheiligt hatten, wurde mit Stimmeneinhelligkeit be-
schlossen, zunächst nachzuforschen, ob dem Landtage dieselbe oder eine
fibweichende Regieningsvorlnfre unterbreitet worden sei, und alsdann iinf
Grund des Wortlantes derselben bei einzelnen Landt{\{«?ahf:feor'lnet<jn,
namentlich aber bei dem Heferenten mit allem Nachdrucke die berechtigten
Forderungen der Lehrer der modernen bpraohen zu vertreten.
Der Vontand verspricht, die Wfintcbe der Tersammlang xn erfüllen
und aebließt die Sitaung.
Zweite yollrersammlaiig 1897.
(6. Mftrz 1897.)
Dieselbe fand im Phjsikaaale der k. k. Staatsrealschuie mi i. liezuke
(Scbottenbastei) statt.
Nach der Begrüßung der Vereinsmitglieder und Gäste und Genehmi-
gung des Protokolle» der lotsten Sitsnng gibt der Obmann Prof. F. Danrer
die betrübende Nachricht Ton dem am S7. Febmar erfolgten Ableben dtn
hoeh?erdienten, treaen Vereinsmitgliedes Herrn Hofirathes Prof. Dr. Josef
Kolbe.
Am 11. Mai 1825 zu Wien geboren, besuchte Kolbe Ton 18:^5 bis
1641 da55 akademische Gymnasium, hierauf die beiden ersten TahrpTingP
der Philosophie, widmete sich dann durch zwei Jahre den junuisch-politi-
schen Wissen-^chaften und hesLliloss seine »Studien mit den cUei letzten
.labr^'uugeü der damaligen technischen Abtheiiungen des Polytechnischen
Inttitntes. an welchem er 1047 als Assistmt des Prof. Salomen f&r
elementare ond höhere Mathematik ▼erblieb. Im Jahre 1849/60 wirkte
Kolbe als Snpptent fKr Mathematik an der mit dem Institute verbundenen
Realschale. Nmüi etwa dre^ähriger Lehrthätigkeit am Czemowitzer Ober*
gyuinasium wurde er 1853 als ordentliclier Professor der Mathematik an
die Wiener Technik berufen. Hier entfaltete er eine erfolgreiche Thätig-
keit. Mit einer seltenen fjiebp zum Lehrberufe führte er Studentengenera-
tionen in da-s niathetiiatisehe Studium ein und erwarb sich die aufrichtige
Verehrun»^ und dauernde Zunei^'un^^ seiner liürer. Durch die Gnade Seiner
Majestät wurde er mit der Decoratiou des Ordens der eisernen Krone
dritter Clasae nnd mit dem Titel eines k. k. Hofrathes ausgezeichnet, bei
welchen Anlftssen die freudige Theilnahme eine allgemeine war. Seine
wissenschaftlichen Arbeiten verSfTentltchte er theils durch die Akademie
der Witisenschaflen, theils in Zeitschriften. Auch als Mitglied und Director
der Reaischulprüfungscommission, alu Chefredactcur der „Zeitschrift für
das Uealschulwesen'' hat er sieh inanni^jfache Verdienste erworben. R^'gel-
maßifT erschien der unvergessliehe Mann in den Vcr-annulungen des Vereines
,L>ie KeaUchule" und brachte allen Vortrags- und V. rhandlungsgegen-
stiinden ein warmes Interesse entgegen, das er auch durch Betheiligung
IUI den Debatten bethätigte.
Nun wurde er uns im 71. Jahre seine« Lebens entrisiai, ehe es ihm
gegOnnt war, nach einer fast ein halbes Jahrhundert währenden Arbeita-
thfttigkeit im Dienste des Staates einige Jahre der Ruhe su genießen. Sein
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Yereinanach richten.
187
Andenkeii wird aber fortleben im Henen aller, die das Glaek batten, ihm
im Leben zu begegnen.
Die Vemammlmig erbebt eieh zum Zeichen der Theilnahme yon den
Sitsen.
D^r Obmann theilt ferner mit, dass ein»'' A'i">rdnung des Voi"stiinde3
des Vereines ,Die Kealtschule" m AustVihrung eines Besclikis^es der letzten
Sitzung mit dem Referenten im niederösterreichischen Lundta^'e Herrn
Prof. ächl esinger in Verbindung getreten sei und diesem ein Meiuuian-
dnm aber die von den Verteeton der modernen Sprachen an den nieder-
teterreichtacben Realacholen gewfinMliten und ab dringend beseidineien
Entlastungen flberreicbt habe. Es sei die beste HoiEanng vorhanden, dan
die bereiti mehrfach angeregte Angelegenheit im Laofe der nächsten
Sitsnngsperiode des Landtages im günstigen Sinne werde erledigt werden.
Dann hillt Herr Prof. Leopold Petrik seinfn mit Demonstrationen
seitens der i^'irma lieiniger, Gehhert ^^^^(] sc holl begleiteten Vortrug:
,,Ober Vacuumröhren".
Der Vortragende gibt eine Übersicht über die Umcheo der uiangel-
haften photogiuphischeu Leistungen der alten Hit torf sehen Röhren, wie
sie anr Zeit der ersten Veröffentlichung Prof. Rftntgens im Gebrauche
waren, illhrt die Mittel an, welche gefanden worden, diese Fehler in den
deneit allgemein benütsten sogenannten FoeosrOliren xu vermeiden, und
theilt Ersdieinungen mit, an welchen eine schlecht wirkende Rühre er-
kannt werden kann. Es wird ferner ein von Capanile und Strom ei
irefiindenes Verfahren erläutert, nach welchem »"ine (! ei ßl ersehe Köhre
am Kathndenende als solche und am Anod^nenile als Hittori'sche Höhre
functioniert. Die oben genannte Firma, welche ihre Apparate am letzten
Naturforscbertoge /m i^rankturt a. M. vorgeführt hatte, stellte dieselben
in liebenswürdiger Weise ni Demonstrationoi während des Tortrages tur
Verfügung. Sehr groOes Interesse erregte die Durchleuchtung dee Rtmipfes,
Halses und Hauptes eines aehtiehnjfthrigen jungen Hannes, sowie die mit
Röntgen* Strahlen erzeugte Photographie eines menschlichen Kopfes, an der
ein im Inneren des Schweis sitiengebliebenes Frojectil als scharf begrenster
schwarzer Fleck zu sehen war.
Zum Schlüsse dankt der Ohmann dem Herrn Ue;^'ieriinL,'sr.Lthe Dir.
Dr. Waiientin für liie dem Vereine gewährte Ga«ttVeun*l«;hatt, dem Vor-
tras?enden für seine aul.>erordentlich inhaltsreichen und iuteresssmten Aus-
führungen, den Herren lieiniger, Gebbert und Scholl für die freand-
Hebe Oberbueong der benfithigten Instrumente, endlich dem gewandten
Experimentator der obigen Firma für die gelungene Dnrchf&brung der ge-
machten Versuche.
Dritte Yollversammlnng 1897.
(20. März 1897.)
Der Obmann er'itVnet die ^'er>amml^n<]f mit der liegriibung der An-
wesenden, insbesondere des Herrn k. k. Ministerialrathes Dr. Matthias
Wretöchko, und theilt mit, dass Herr Ernst Kaller, wirklicher
Lehrer an der Staaterealschnle in Teschen, dem Vereine als Mitglied bei*
getreten sei.
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Vereinmachricfaten.
Nach Oenchmipunj^ des Protokolle« der letzton Sitzun» durch die
YersaniBiliug erhält üerr Kealschul-Dir. £duard Döll das Wort su teinem
„Über die Veränderungen des Reliets der Erde durch alte Gletscher'*.
Der Voit Tilgende bespricht zunücb.st die Uurcb Tiuiisport bewirkten
Au&chüttungen und A.blagerungen, die Moränenlandschaften und Gehänge-
terraMea und Khtießt daran die Bettachtung der durch Schliff und Erotion
bewirkten Yerftndeningen. Anknüpfond an die GletBchentchliffe wird die
Bildung der BondhOcker, der trogfiSrmigen Thäler, Kare und Seebecken er-
läutert nnd diese in ihrer Unterscheidung als Hochseen, Tbatseen und
solche am Ausgange der Gebirge charaktensiert. Bei dieser Gelegenheit
wird auch an einzolnen Beispielen die cons^rrierende Wirkung,' der < tletsoher
nachgewiesen. Der Vorti a>:end<> folgrte hei seinen Erörterungen, welche er
an Bildwerken, Specialkarten. Modellen und Gesitein'>tiicken glücklich ver-
anschaulichte, den grundlegenden Arbeiten der Herren Prot!'. Friedrich
Siuiony, Dr. Albrecht Penck, Eberhard Fugger, Dr. Robert
Sieger, Dr. AI. Richter, femer jenen der Herren Dr. Aug. Böhm
nnd Rfitimeyer. Aus den Gebieten des BOsensteines und des Paltenthales.
welches Dir. DOll mehrmals besucht hat, wurde aur Illustrierung des Ge-
sagten besonders die dortige Kirbildung nnd der Gaishomer See heran«
gerogen.
Nach Schluss df-- mit außerordentlichem P>eifalle aufgenommenen
Vortrages stellt Herr inv Döll den Anwesenden Sonderabdrücke seiner
in den Verhandlun'„'en der k. k. (Irolegisclien lu-iehsanstalt im Jahre
erschienenen Abhandlung ssur Vertagung. Dieselbe hat den Titel: „Alte
Gletschwsehtiflh aus dem Paltenthale und Riesentöpfe aus den Thälern der
Ptelten nnd Liesing in Steiermark.*
Hierauf wird die Sitxung geschlossen.
Z>. Sitzungsbericht des Vereines „Mittelschule für Ober-
österreieh und Salzburg in Linz".
(Mitgetheilt vom Scbriftflihrer Prof. Franz X. Lehn er.)
FAnfte Vereins- (zugleich Jahres-) Tersammlung.
(Lins, lö. Februar 1Ö97.)
Anwesend 28 Mitglieder (darunter Herr Landes-Schulinspectov Ed.
J. Schwammel. Statthaltereiratb Dr. Magner, Schulrath Dir. Würfl,
ferner Dir. P. Paulus Frosch ko aus EremsmQnater und Gjmn. Dir. ächuh
aus Gmunden).
Nach Erötfnuns? der Wr^arauilung diu eh den Obmann Prof. Ferdinand
Daria und der Mittbeiiung der Einlaufe ergreift Herr Dir. Rudolf
Pindter der Steats-Oberrealschule in Lins das Wort su seinem Vortrage:
, J>ep arithmetlselie Unterrieht 1d der I. Classe der lUttelsehiile*'.
Nach einigen einleitenden Bemerkungen zumeist pldagogiscber Natur
teigt der Vortragende an Beiv<pielen, da^ die durch den Lehrplan vor-
geschriebene Erörterung des dekadischen Zahlen^stems nicht in den Schaler
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Vereinsnachrichteu.
18U
liineiagetnigen werden idlte, aondern ans den von dem Schfiler mit*
gebiwchten Grandbegriffn ffewiMemMGen von «eUwt betaiuwaehien müsse.
Hiebe! entwickelt der Redner in höchst klarer Weise an einer hiezn
besonderä her}»estellten Tafel den Voi^njf. die Bestimmung des Stellen-
werte«! zu 1)-hr(>n. ist aber darch die vorgerückte Stunde genOtbigt, den
Vortra«? abzubrechen.
Obmann Prof. Barta dankt Uem Vorti-agenden fiir seinen äußerst
iuätnictiven Vortrag, der den gediegenen Methodiker und erfahrenen Schul-
DMUin in jedem Worte erkennen UMt, und tpriebt die Bitte ua», dass Herr
Dir. Pindter an einem der n&cbsten Abende sein Thema au Ende
fahren möge.
En wird sodann au den besonderen Geschäften der heutigen Ver^
Sammlung, die ja Jahresversammlnng ist, geschritten und den Versammelten
vom Obmanne der Jahres- und vom Cassier der Cassebericht vorgelegt.
Beido Berichte werden von der V%»rMimmlunfr mit dfni Au.'idrurki» de«
rhinki's für die Mühewaltung' dt*i l»*iden Herren« sowie der Abrigen Aus-
schußmitglieder zur Kenntnis genommen
Bei der nun folgenden Wahl des Vereinsobmannes und dreier Au-sächus«*
mitglieder fidlen je 27 Stimmen auf Prof. Dr. Hor5i(ka (Realschule Lins)
als Obmann und P. Sebastian Mayr (KremsmQnster), Dr. Alois Lech*
thaler und Victor Reif (Gymnasium Lins) als Ansschussmitglieder. —
Der bisherige Obmann Prof. Barta und die Ausschussmitglieder Moris
Bock und Frans Lehner hatten erklärt, eine Wiederwahl nicht mehr
ansnnehmen.
Namens der Mitglieder richteten mehrere Herren, unter anderem Herr
Gymn. Dir. Schuhuth Würfl. Worte dos Danke» an den Anwhus« dos ab-
gelaufenen Vereinsjahrea für die opferwillig« Thätigk-'ü, die gerade in
diesem Jahre, das so viele und bedeutende Standesangelegeuheiten sur Er-
örterung und Erledigung gebfacht hatte, nothwendig war; vor allem gilt
dieser D^k aber dem abtretenden Obmanne Prof. Ferd. Barta, der zu
jeder Zeit voll und gana filr die Interessen des Vereines tii&tig war und
in umsichtigi>ter Weise alle Ausschuss- und Vollversammlungen vorbereitete
und durchtlOhrte.
£, Sitzungsberichte des Vereines „Bul^owiner Mittei-
sohule" in Czernowitz.
(Mitgetheilt vom SchriftfOhrer Prof. Dr. Alfred PawlitsehekO
NeauauddreiBi^ste YereinsverHamiuluiig.
(IG. Januar 1
Anwesend 20 Mitglieder, duninter die Herren Landes-Sjchulinspectoren
Dr. Yy^louiil und Dr. Tumlirz, äcbulrath Klauser und Dir. Mandy-
cze wsk i
Nachdem der Obmann die \'er.-jauuulung begrüßt und einige geschäft-
liche Mittheilungen gemacht hat, wird die Debatte über
„Die AuftialimspFQfUng«!! In die höheren Classen derMlttelsehulen**
fortgesetat. (Referent der Obmann.)
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Vereinsnacbric hten .
Zu Punkt I des Berichtes wünscht Prof. Dr. Frank, dass nicht nnr,
wie es im Berichte heißt, Schaler, welche staatiipltii^r^ Zougmise haben
and sp&ter dieselbe Classe wiederholen wollen, von der Prüfong aus den-
jfnicjen Gegenstrindpn tm befreipn sind, in dpnen sio mindestens die Note
„befriedigend" hatten, sondern auch solche Schüler, welche vom Gymnasium
an die Realschult» oder umgekehrt übertreten.
Darauf verliest der Berichterstatter den in letzter Sitzung ver-
»procbenen Zusatz bezflglicb de^t Übertrittes von 6ymna«asten an die Real-
schule und umgekehrt, wie folgt: , Bezüglich der Tom Gymnasium
an die Realschule oder umgekehrt von der Realschule an das
Glymnasinm Übertretenden Schüler findet eine siongemitße An-
wendung des unter Punkt I Gesagten statt. Das Recht, solche
Schüler einer Aufnahmsprüfung zu unterziehen, muss also dem
betreffenden Lehrkörper g^ewahrt bleiben. Erfoh^t der über-
tritt des Sciifilev.^ unmittelbar oder nach einer Zeit, die die
Lunge eiiietä Semesters nicht erreicht, so kann ei nein solchen
Schüler in jenen Gegenständen, in denen ersieh mit der ersten
Fortgangsciasse ausweist, die Prüfung nachgesehen werden,
▼orausgesetst. dass die Cnterrichtsart, die Stoffvertheilung,
kurt, didaktische Rflcksichten nicht dagegen sprechen." (An-
genommen.)
Überdies lepjt er der BeschlusHfn.s<^nn^ der Versammlung aU Ergänzung
des Berichtes vor: „Die Aufnahni^^prüfungen in die höheren Clns^s^en
der Mitteljschulen sind im Sinne der geltenden Vorschritten
com m issionell. Die Feststellung der Schlussnoten liat in einer
eigens für diesen Zweck abgehaltenen Conferen/. der prüfen-
den Lehrer unter Vorsitz des Directors zu erfolgen." (Angenommen.)
Dir. liandycaewski meint, Schftler tou fremdsprachigen Anstalten
einer Aufnahmsprüfung zu unterziehen, sehe wie ein Misstrauen aus. Auch
bestehe ja jetzt ein Erless hierüber (Bukowiner Landesschulrath vom
11. März 18^, Z. 755), gegen den in Widerspruch zu treten vielleicht
nicht 7.n empfehlen sei.
Prof. Dr. Per k mann findet hierin gerade keinen Widerspruch. Gut
wJire es aber, wenn der l^ehrer in der Lage wäre, beim Prüfen des
Schülers, der .sieli in unserer Sprache nicht f^tit ausdrücken kann, in die
andere Unterrichtssprache überzuspringen. Das Ergebnis wäre dann oft
ein anderes.
Landee-Schnlinspector Dr. Tumlirz erklärt, es sei nicht Zweck der
Anihahmq^rüfung, Schüler von der Anstalt fernzuhalten, sondern ein all-
gemeine Bild KU erhalten, ob dieselben die geistige Reife besitxen, dem
weiteren Unterrichte zu folgen. Der erwähnte Erlass hat seine tiefe Be-
rechtigung, besonders im Interesse der Lehrer, welche von der Ver-
antwortung entlastet werden, wenn Schüler von anderssprachigen An^^talten
ohne Aufnahmeprüfung aufgenoninnu werden k/^nnen Durch die ('l;ui-<el
in dem angezogenen Erlasse: ..unl)e>;( hadi-t dv-^ Hechtes, dius dem Lehr-
körper zukommt — — * ist diesem immerliin das Recht gewahrt, bei
schwachen Sfiengnisnoten einen fremdsprachigen Schüler der Aufnahms-
prüfung zu unterziehen. & ist also kein Verbot der Aufnahmsprüfung,
sondern eine Erleichterung, besonders für die Lehrer. Die Schüler von
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VereinBiiaclirichten.
IUI
aaderaprachigen Axutalten seien daher so tu bebandeln wie die von gleich*
iprKcbigen Antfealtea.
Nachdem der Antxag Dr. Perkmanns auf Weglamng des ganzen
Passus Uber fremdsprachige Schüler al'iH'cUhnt worden ist und Landes^
Schulinspector Dr. VysloM 'il lii- F: r;<lii»'hung empfohlen hat: „Die
Anf'nahuisprütunsr wird in der Regel zur Pflicht bei solehon
Schülern, die von einer ireinilHjtruchi jfen Anstalt kouiiueii."
erklärt sich der Referent mit dem Vorschlage Dr. Vyslouzils einverstanden,
<K)wie er nach den Darlegungen dea Landes -Schulinapectors Dr. Tumlirz
Ober dieTendent des gedachten Erlames aueh damit cinTerstanden ist, das«
bei solchen Sch&lem die thnnlichste Milde in Anwendung komme.
über den Fnnkt II: »Wer soll prüfen?* entspinnt sich eine Iftngere
Erörterung, in welcher Scfanlrath Klanser, Dir. Mandyczewski und
Prof. Wolf gegen den AnsschuMiantrag dafür eintreten, daas der Lehrer
der höheren Clas'e, in die der Schüler eintreten will, die Prüfiinj? vorr.u-
nehmen hat, weil er da"; meit^te Interesse daran hat, nur «olchü iSchüler
aufzunehmen, die für diese Ciasse taugen.
Der Berichterstatter macht auf die iichwierigkeiten auftuerki^am, die
^ich da namentlich bei der Prüfung aus der Phjsik und Naturgeschichte
ergeben würden. Wenn da die Lehrer der höheren Claase prüfen sollen,
muss eine Ansnalunsbestinimang gemacht werden; diese habe der Ausschiu»
▼ermeiden wollen.
Prof. Schwaiger weist auf Fälle hin» wo Professoren der Mathe-
matik und Physik 10 bis 15 Jahre immer nur in den oberen Classen be-
Hchäfligt sind. I)ie>en ist dann der Lehr-totf der IV. Clause . iiher den er
hei der Aufnahmsprüfunfj in die V. Cla.sso einirrhend zu iniifen hat. ott
nicht mehr ganz gegen wartiur: sie ia.ssen daher manche i»raiitis;cbe Einzel-
heiten aus der IV. Ciaitse einlucii weg. Und «oll bei der Aufnahmsprülung
in die IV. Classe der Phy»nker die Mineralogie prüfen? Prüft aber der
Katurhistoriker, so ist die Ausnahme schon festgestellt. Dnss aber beide
prüfen, geht doch anch nicht. Es mOge daher beim Auischussaatrage bleiben,
weil es so TOrtbenhafter sei.
Landes-Sehalinspector Dr. Tamlirz möchte vor Enge des Gesichts-
kreises warnen, wo Normalien fBr ganz Osterreich geschaffen werden sollen.
Von 'iOO (Symna^ien gebe es an 170 mir einen Mathematiker, ein«^n
Naturhistoriker u. s. w. Im Untertry mna-^iuiu ist da Natnri»e<chichte und
Mathematik in einer Hand: der andere Fall bei uns ist niciit der normale.
Nur an den allerwenigsten Anstalten wird es daher vorkommen, dass hei
der Anfnahmsprüfung in die IV. Claise wegen Physik nnd Naturgeschichte
ein Conflict entsteht Und wenn da kein Fachmann llir Naturgeschichte in
der IV. Glaste vorhanden ist, so kann man sich helfen, indem die Prüfungs-
commiision sich am einen Lehrer Terstärkt, so dass in die IV. Classe swei
statt eines prüfen. Der Redner beantragt: „Es soll sonst alles heim
alten bleiben: nur wo Ausnahmsbestimmnngen sich als noth-
wendij» erfjehen, mögend ie.se petrotfen werden tind'^innjjemjlße
Anwendung au. h für die Kealschule linden. Ist ein Fach (z. B.
K a t u r ^M'se h i <• Ii tOi in der höheren Cla-'^e nicht mehr vertreten,
80 hat der Lehrer dieses Faches die l'rül ung an.s dem betreffen-
den Gegenstände Torannehmen." Der Antrag wird angenommen.
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192
Vereinsnachrichten.
Zu Punkt III, wonach die Prnfunj? am Anfange des Schuljahres vor-
zunehmen i«t. htnnorkt Prof. Dr. Fran k . dieser Punkt entfallt' von nelbst,
wenn umn an<,'<'notiiiii*>n habe, dottt die in der höheren C lasse beschäftigten
Lehrer zu prüten haben.
Auf eine Anfrage des Prof. Dr. Perkuianu un Lande3*Schulinspector
Dr. Tnmlirx, ob diesem F^lle bekannt seien, in denen von dieser Be-
stimmnng Umgang genommen nnd die Prfifnng am Ende des Sdiuljahres
erlaubt worden sei, erwidert diever: dies sei außerordentlicli selten. Anf
die ^nhaltong den gesetzlichen Termines »ei das gi^ßte Gewicht zu legen.
Wenn wegen Erkrankung eines Schülers eine Ausnahme nothwendig «ei,
könne ja die Prüfung zu Beginn des zweiten Semesters stattfinden. Da
aber der Weg dtirch »las Ministerium zw langwierig sei, solle die.-^e aus-
nahmsweise Zulassung ilt'.'ii Landessclmhuthe eingeräumt werden. Er be-
antragt daher: ^A usnahmsweiNO kann mit Genehmigung des
Landesschulratbes eine A u t na h ui(>prüfung auch zu Beginn den
zweiten Semesters, aber nicht wftlirend des Semesters yor-
genonimen werden." Dieser Antrag wird mit dem von Dr. Frank be-
antragten Zusätze: ,in besonders beriicksichtigungswflrdigen
F&lU'ir angenommen.
Auch über Funkt IV «Dauer der Prüfung*' entwickeit sich eine sehr
lebhafte Erörterung
Prof. Dr. Pt'rkinann m<»int. es sei nir^ond.s bestimmt, dass auf die
deutsch-lateinisch».' Prüfungs«arbeit mehr Gewicht zu legen sei nh auf die
vom Lateinischen in^ Deutliche. Letztere sei aber die wichtigere; doch sei
der Usus hier der Terkebrte.
Prof. Dr. Frank: Die Priratisten werden bekanntlich an den meisten
Gymnasien zur schriftlichen Prfifhng für einen Vormittag vorgeladen.
Wenn ein Schuler schon in der III. Classe dazu noch die Landessprache
hat, nniss er liint Stunden nacheinander sitzen und schreiben. Das ist die
größte Quälerei 1 Nach dem Arbeitskalender darf nicht mehr als eine schrift-
liche Arbeit auf eint^'n Tng fallen, ja. es sollen nicht einmal -/.woi bi> drei
Arbeit<*ii an 7.w»'i bi< drei aufeinanderfolgenden Tagen gegrljcu werden;
hier aber verliiugt man lünf Arbeiten in fünf »Stunden naclieinander! Mit
den Übersetzungen vom Lateinischen und Griechischen ins Deutsche gibt
dies sogar sechs bis sieben Arbeiten. Was kann man da verlangen oder
erzielen? H^Schstens eine Verkrammnng der Wirbelsftule. Der Schüler ist
ja schließlich nicht mehr denkfftbig. Er beantragt Verlegung der schrift-
liehen Prüfungen auf drei Tage.
Prof. Schwaiger unterstützt diesen Antrag, eben.so Dir. Mandj-
czewski. wficb. r (l;ii-auf hinweist, da=s an der Healschule wgnr neun
Arbeiten /usaiiiiiienkounnoii. Im I )<.nits(. heu wäre es aljer besser, wenn die
mündliche Prüfun«: der schriftlichen vorangienge; sonst könnte der Schüler
leicht ein Thema zur Bearbeitung bekommen, mit dem er nichts anzu-
fangen wüsste, da er z. B. gerade ein Drama Schillers gar nicht ge-
lesen habe.
Prof. Dr. Frank nnd der Berichterstatter sind für die Formulierung:
„Die Prüfung aus dem Schriftlichen hat In deP R6g6l voranzu-
gehen." In der Mathematik und in deu Sprachen sei diese Reihenfolge
von Wichtigkeit. Im Deutschen könnte man allenfalla davon abgehen.
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VereinänacbricbteD.
Dr. Frank will prftdaiert haben, dasa an einem halben Tage nicht mehr
als zwei Arbeiten gegeben werden.
Prof. Dr. Kamp meint, es könnten auch drei Arbeiten gemacht
werden, so dass die schriftlichen Prüfungen in zwei VoruiitUigen beendet
werden. Bei richtic:«n' Wahl de>< Tliema* k5nno auch im DeaUchen die
schriftliche Prüfung der mündlichen voraiisgtihen.
Prof. Woh" kann da.-» li*'dt nkcn \vf£:^en Cberbiirduug der kSchäler
durch die auteinanderfoljjendcn «cliriltlichrn l'rüfungen nicht theilen. Bei
Scbfilem höherer Jahrgänge sei die gei^itige Bhiiticität genug groß. Das
gleiche Ver&bren, anch anf Privatisten ausgedehnt, wRrde dann den
Eltern wegen des I&ngeren Aufenthaltes in einer fremden Stadt größere
Kosten verursachen und den SchQler länger in schwebender Pein erhalten.
Prof. Dr. Kaindl meint, die ganze Sache sei nicht von so großer
Wichtigkeit, dass man so lanj^f» darüber rede und streite. Wir haben ohne-
hin schon so viele Cii^setze und VSn-ordnun^en, die uns nur hemmen und
stören; wozu sollen wir nocli sL'U-st ein Gesetz .luf^tellen. <\m uii^ iiindet
und den Dicectoren ichwierigkeiteu bereitet? Mit den Znsät/.fn: ^in der
Kegel", „ausnahmsweise" u. s. w. werde auch nichts gesch.itlen.
Nachdem noch LandeS'Schulinspector Dr. Tumlirs empfohlen hat,
es seien an einem Tage nicht mehr als drei Arbeiten zu machen und die
schriftliche Frflfnng am Gymnasium in awei, an der Realschule in drd
Tagen zu absolvieren, wird Folgendes beschlossen: »Die schriftliche
Prüfung hat in der Regel der mündlichen TOranvugehen. £s
empfiehlt sich, die schriftlichen Prüfunffen nur an Vorm ittagen
vorzunebnien. An einem Vormittage sind nicht melir u 1 >« drei
Arlititcn zu gelten. Aus ciieser Bestimmung ergibt sich die
Dauer der Prüfung von selbst."
Pnnkt V wird ohne Debatte nach dem Amtschussberichte angenommen.
Bei Punkt VI ,üm&ng de« zu prüfenden Lehrstoffes** entsteht eine
sehr lebhafte Erörterung Uber den Ausdruck „geistige Reife**.
Ptof. Dr. Per km an n wQnseht im fierichte statt der Nebeneinander"
Stellung der geistigen Reife und der vorgeschriebenen Kenntnisse: «Forderung'
der geistigen Reife vornehmlich auf Grund der erworbenen Kenntnii>se."
Wenn man die nöthigen Kenntnis-e habe, habe man auch die geistige
Reife. Auch bei ötleutlichen iSchülern werden nur Kenntnisse verlangt,
aber keine besondere ^relHtige Reife.
Nachdem der I'erichterstatter auf dst^ gleiche Veriutituis bei der
MatnriüLtspröfnng hingewiesen bat, wo die allgemeine geistige Reife mit*
unter einzelne Mftngel in den besonderen Kenntnissen Qbersehen lasse,
erklärt Dr. Perkmann, er wolle ja als Grundlage nicht die Kenntnisse,
sondern nur die Reife, aber auf Grund hige der Kenntnisse.
Landea-Schulinspector Dr. Tumlirz erklärt ebenfalls, dass zur Reife
nicht die volle Summe der Kenntnisse erforderlich feei; sonst niüsste der
Schüler von A l»is Z alles von der I. Classe an kennen. Auf die«4e
Summe komme es aber uiciit au, sondern auf die j^ute und ritscht.' Au-
wendung der erlernten Kegeln u. s. w. Bei einer coiamissionellen Prüfung
lasse sieh die geistige Reife ganz leicht bestimmen.
Die Proff. Schwaiger und Dr. Pawlitschek betonen, dassdie geistige
Reife sich mit den erworbenen Vorkenntnissen durchaus nicht decke.
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104
Veieinsnachrichten.
Letzterer weist auf einen speciellen Fall im vorigen Jahre hin, wo ein
Äufnabuiswerber für die VtL Clane nach dem Urtheile eines CoUegen nur
für eine bedeutend niedrigere Clas^e hält« reif erklärt werden sollen, weil
der Umfang seiner altcinssischen Leetüre bedeutende Lückon aufwies.
Nachdem er aber später wegen seiner nngenscheinlichfn bedeutenden
geistigen Ut ife dennoch in die Vll. ClajiÄe aufgenommen woiden war, habe
er sich aU votzüghcher Schüler bew^rt.
Die Proft*. I>r. Kaindl und Dr. Rnmp finden die Perkmann'sche
Fannng gut; doch bemerkt lettterer auch betflglich des Deutschen, dan
ein Schaler im Aufaatce und mflndlichen Ausdrucke sehr gewandt sein
könne ohne gründliche Kenntnis der Literat Urgeschichte.
Landes- Schulin±^pector Dr. Tumlirz bemerkt: Bezüglich des Aus-
druckes ^geistifje Helfe" herrsche nicht vollständige übereinstiuiTnnng.
Versteht man nun darunter nicht mehr als Urtheil^fahigkeit. Gewandtheit
iiu Auöiltucke u. dgl. m.. kann man lediglich auf Grund einer solchen
geistigen Keife einen Aufnahmswerber nicht in die Septiiua aufuchuien.
Er muss vorausnchtlich die Gegenstände dieser Glosse wirklich bewältigen
können. In der Philologie muss er gut Qbersetten können; ob das Quantum
des von ihm Gelesenen sich mit dem in der Schule absolrierton Lehrstoffe
deckt» kommt tiidit sosehr in Betracht. In der Mathematik muss er eine
schwierigere Aufgabe lö^en können. In der Geschichte und Natur-
geschichte können einzelne Lücken vorkommen, die sich später ausgleichen:
denn die positiven Kenntnispo in diesen Goj^enstilnden sind leichter nach-
zuholen als Schwächen in der .Mutters])rache, Philologie und Mathematik.
Das zeigt sich auch bei der ilaturu, besonder»» bei den Wiederholungs-
prüfungen. Die Fassung Dr. Perkmanus ist also doch richtig.
Die Proff. Schwaiger, Kosak und Dr. Polasohek sind fQr die
Tom Ausschüsse anfjenommene Fassung. Letxterer befürchtet, dass sonst nur
die |»ositifen Kenntnisse ausschlaggebend sein werden, nicht die geistige
Reife
Schließlich wird der Antrf^s Dr. Perkmanns: „Zweck der Anf-
nnhntfprüfung ist die Feststellung der geistigen Reife vor-
nehmlich auf Grnnd der positiven durch den Lehrplan he-
stinuuten Kenntnisse" mit Stiniiuenmeluheit auirenomiuen.
Hierauf scliliefvt der ( )V>mann nach 3'/48tündiger D.iuer die Sitzung,
indem er den Erschienenen für ihre Ausdauer und ihr Interesse an der in
Verhandlung stehenden Sache den Dank ausspricht.
(Mitgetheilt Tom Vereinsmitgliede Prof. A. Sauer.)
Tierzigste Tereiiisversammlung.
<Cy. Februar 1897.)
Anwesend 20 Mitjrlirder, darunter Landes-.Schulin«|soctor Dr. K. Tuni-
lirz, bchulrath Dir. ivlauser, Dir. Maudyczewski und em Mitglied
aus Radautx.
Der Obmann Prof. Dr. A. Po lasche k begrflßt die Versammlung und
theiit mit| dass von einem Comlt^ in Wien die Anregung gegeben worden
sei, dem aus dem Amte scheidenden Landes-Schulinspector Hoftuth Anton
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Veremsnacbrichten.
195
tf aresch ein Album so llben«icb«n. Es mOebte ihn daher jeder, der mit
dem Herrn Holiratiie in diemüiclier Bedelinng getlanden bt, bü 10. Fe-
bruar aeine Pbotograpbie und einen Beitrag von 1 fl. behufe Einsendung
flbergeben.
Die«e und mehrerp nnderc briefliche Mittheilunjjen. die dem Oluiianne
seit der letzten Sitzung xogekomnien sind, wci-den von der \'ers;unuilnn<4'
zur Kenntnis genommen, und die Schritte, welche die Vereinsleituug in
diesen Angelegenheiten unternonimen hut, werden vollatündig gebilligt.
Nnn folgt die Fortsetsung der Debatte Über
„Die Anftuümispraftiiigeii In die höheren Classen der Mlttelaehulen'*.
Der Vorntiende fant das Ei|irebnis der bisberigen Sitanngen niiammen
nnd geht anf den saletxt beiprochenen Punkt der leteten Debatte Aber
das Haß der Forderungen bei der Anfnahiu^prQfong Ober.
Ks solle demnach vor allem auf die unmittelbar vorher-
gehende Clas<*e zurückgegriffen und aus den früheren Clausen
tioviel Stoff herangezogen werden, als der Aufnalnas werljer
wissen mu88. um dem Unterrichte folgen zu können. (An-
genommen.)
Ein Bedenken, das Schulrath Klavier gegen diese Fassung hat mit
Bflekncbt anf Geschichte nnd Geographie, behebt der Berichtenlatter durch
Hinweis anf die folgende specielle Behandlung dieses Gegenstandes.
Der Punkt Aber Forderungen bei der Prüfung aus Pbjrsik und Chemie
wild in der Fassung des Aussebussci angenommen» ebenso der die Geographie
betreö'end.
Hiemit i«it der ull;^euieine Thoil des Ri'rirhte« erledigt. Nun gieng
man au die Berathung des Normale^i für die Anlordeniugen, die in den
einzelnen Gegenständen bei der Aufnahmsprüfung in höhere Olassen der
Mittelschalen zu stellen sind.
Die Bemerkungen Aber die Religion nnd die Landesqnfachen werden
zur Kenntnis genommen.
Beaüglieh des Turnens beantragt Prof. Dr. Frank die Streichung
aus dem Normale, weil es erstens im Ausschüsse nicht behandelt, sondern
vom Berichterstatter nur der Vollständigkeit halber eingeschaltet wurde,
und zweitens, weil das Turnen doch nicht zu den wis«»enflchaftlichen Gegen-
ständen i^ehöre. l'rof. Wotta he.mtra^t, ilass ausdrücklich festgesetzt
werde. Turnen sei kein l'nifunf,'sgegenatitnd, da es ja viele Anstalten <,'ehc.
an denen der Schuler gar nicht Gelegenheit habe, das Turnen zu betreiben.
Dieser Ansicht schließt sich Landes- Schulinspector Dr. Tumlirz an mit
dem Zusätze, daas ja eine Prüfung ans diesem Gegenstände nicht positive
Kenntnisse erbringen könnte, nnd da« das Tnmen nnr die Aufgabe er-
fallen solle, die KOrperentwicklung zu fordern.
Die Anträge worden einstimmig angenommen.
Deutsch. 1. Eine eingehende Debatte entspinnt sich über die Frage,
wie viele von den im Canon enthaltenen Gedichten vorlan;^'t werden
sollten. An der Debatte betheiligen -ich die Herren Dr l'urnlirz, Dir.
Mandyezewski. Prot. Dr. Krank, Kozuk, Dr. Perknianu. Wotta und
Bujor. Darüber biud alle einig, dass mau vom Aulnaiiutswerber nicht
verlangen dürfe, dass er alle Gedichte auswendig wisse; Landes-Schul-
inspector Dr. Tumlirz befindet dies insbesondere damit, dass eine Auf-
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Vereinsnachrichten.
nahmsprQfttng ohnehin große Anforderangea an das Gedichtnis stelle, dtm
man die geUtige Reife des Schülera auf andere Weise mindesten« ebensogut
erproben könne, und dass auch die rar Verfngang stehende Zeit gar nicht
hinreichte, um diese Kenntnis zu prüfen.
Darüber ?=ind auch alle Betheiligten einit». «l;i^-' «1er Aufnahmswerber
alle im Canon angegebenen Gedichte dem Inhalte nach kennen sollte.
Im übrigen schwanken die Meinungen zwischen den zwei äußersten
Forderungen :
a) Der Schüler muss ans jedem Semester swei Gedichte im Höchstausmaße
von sehn Gedichten wissen und
b) der Schüler muss ans dem Canon des lotsten Jahres drei Gedichte nach
eigener Wahl auswendig kennen.
Diese «weite Fassung wird ichließlich mit allen gegen xwei Stimmen
anfj^enommen.
V. Zu der im Punkt«- II enthaltenen Forderuncc, da^«? der Schüler von
jeder Stilgiittung wenigstens ein Lesrsiiuk kennen müsse, damit diese
Le»^stucl<e die Grundhige für die l'rül'uug bilden können, bL'inerkt Landes-
bchuliuripector Dr. Tumlirz, diese Forderung »ei zu hoch ge^pauui und nicht
immer erfüllbar, weil nicht jedes Lesebach auch Stäche von jeder Stil-
gattung enthatte. Er mOchte je nach der Clasie verlangen, dass der Schüler
Verständnis habe für ein Leaestück enählenden, beschreibenden und
schildernden Inhaltes.
iJ. Punkt III wird einstimmig angenommen. Bezüglich des Punktos IV
wünscht Prof. Dr. Frank folf»cnde Fn-ssung: Doch sind Schüler, deren
Mutter spracl)o nicht die deutsche ist» besonders zu berücksichti-
gen. (Angenommen.)
Die Anaät/ie für die ii. Clasae werden angcnunuaen.
Die Ansätze für die III. Clasae gelangen nach einer Debatte, an
welcher sich sahireiche Herren hetheiligten , in folgender Form xur An-
nahme:
Grammatik, Lehrstoff der I. und II. Classe, an der Hand
der Leetüre; Lectüre und Gedichte; Lehrstoff der II. Classe;
Aufsätze: Nachbildung ersählender nnd beschreibender Lese-
Stücke.
Auf Vorschlag des Hauptreferenten werden .in^chlifGend die Ansätze
für die correspondierenden Cliuwen der Real?«chuie vorgeuommcn. In An-
lehnung an die tieätimmungen des Gymnasiums gelangt folgende Textierung
zur Annahme:
Aufnahmsprflfung in die IL Classe: Grammatik: Lehrstoff
der I.Classe. IIL Classe: Grammatik: Lehrstoff derLundlLClasse,
an der Hand der Lectüre.
Die .\nsiltze für die IV. Clusse des Gymnasiums gelangen mit Aas*
nähme der Bestimmungen über die Lectüre zur unveränderten Annahme.
Bezüglich der Kealschule wurdi» einf kürzere Fns^nnjT gewünscht.
.An;;t nommen wird: Grammatik: Das Wichtigste aus der Fornien-
lehie; die Syntax im Ausmaße der III. Classe. Ansonstea gilt das
bezüglich der Gymnasien Gesagte.
Eine l&ngere Debatte entspann sich über die Frage, was in Bezug
auf die Lectüre als Lehrstoff einer Classe, z. B. der III., zu gelten habe.
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Vereinsnachricht^n.
197
Mehrere Redner verstehen darunter eine Anzahl von Lesestücken, die der
Schüler fiesen haJb&OL muss. Landes -Schulinspector Dr. Tumlirz sa^^,
einen bestimmt abgegrenzten Luhrstofl' in diesfiu Sinne pebe es nirht in
Bezu;^ auf die Lectürp. Wenn man eine grolx' Anzahl von Gymniusicn in
13t'trert' der in III. und IV. durchgenomuieuen L^üsestücke vergleichen woiite.
würde man auch iiudeu, duäü kaum an zwei Gymnasien genau dieselben
Stücke bebandelt worden seien. Lehrstoff sei eben nicht der Inhalt der
Leeeetficke, sondern die Form. Der Schnler muss die Form erkenneii und
muas den GedaakengMig entwickeln kOnnen. Und ob der SchGler diese
F&higkeit erworben habe» kßnne man Ittchter prüfim an einem Lese*
stücke, dai der Schüler noch nicht kennt, al» an einem St&cke, dessen
Gedankengang er bereits einmal entwickelt, dessen Form er schon einmal
besprochen hat.
Nach längerer Debatte wird als Forderung anf^enomiuen: Lectüre:
ach weis der Erreichunj,? di's Lehrz.irlfs der III. Ciasso.
V. Ciaütie üed Gymua^iutnä. Grammatik: Lehrütuli ut-r Iii.
und IV. Classe, dasa die Hanptregetn der Prosodie und Metrik,
ferner die einfachsten und hftnfigsten Tropen and Figuren.
Lectüre; Banptformen des Prosastiles an der Hand durch-
genommener Lesestficke. Disponieren eines Lesestfickes. Auf*
s&tze: Leichtere, frei»' Anfsätze nach gegebener Gliederung.
V. Classe der Kealschule. Grammatik: Genaue Kenntnis
der Form enlehre und Syntax an der Hand der Lectüre. Das
Wichtigste aus der Prosodie und Metrik. Lectüre und Aufsätse
wie am Gymnasium.
VI. Classe des Gymnasiums. Grammatik: Sichere Kenntnis
der Formenlehre und Syntax und der Lehstoff der Y. Classe.
LectQre: Lehrstoff der V. Classe; im besonderen genaue Kennt-
nis des Inhaltes von Oberon, Messiade vierter Gesang, Nibe-
lungenlied, Gudrun, Reineke Fuchs. Poetik: Lehrstoff der
V. Ciasse. Freier Aufsatz mit angegebener Gliederung.
VI. Classe der Realschule. Angenommen mit dem Zusatz*' bezüglich
der schriftlichen Arbeiten: Freier Aufsatz mit angegebener Glie^
Uerung.
VII. Classe des Gymnasiums. Unveräuderl aageuommen.
Vll. Classe der Uealschule. Im Vorschlage des Ausschuifses entfällt:
Kenntnis der Lieder Walthers von der Vogel weide. Lyrische Auswahl u.s. w.
und ebenso ^.Lesebuch der Y. und VI. Classe".
VIIL Classe des Gymnasiums. Es soll heißen: ,,Freie Aufs&txe",
sonst alles angenommen.
Der Vorsitzende bedauert, das« die Berathui^f so langsam fortschreitet,
und bittet daher, die 'l'heilnehmer möchten immer mit positiven Vorschlägen
kommen. Liindes -Schulinspector Dr. l uiulirx meint, die^* könnt-- aui
leichtesiten daiiurch erreicht werden, wenn die Vorschlage des Sonder-
iiUöüchusses gedruckt den eiuzeinea Lehrkörperu zugesendet würden. Auch
hielte er es iur angezeigt, wenn diese Debatte unterbrochen wQrde, damit
mehr Abwechslung ersielt werde. Daher stellt Prof. JN. Schwaiger den
Antrag, es möge am nächsten Abende neben Latein noch ein «weites ab-
geschlossenes Thema sur Behandlung kommen.
„Ottcrr. MUtelMbttl«". XI. Sahnt, 14
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Yereinsnachricbten.
Eis aolchm Thema aohttgt Scfattlxath Dir. Klauser vor» der folgenden
GManken anrej;^:
„In der allernächsteD Zeit haben wir unseren Antrag wegen der
Lehrbücher för da?^ nächste Schuljahr zu st^'llen. Jedor von uns weiß, daw
während de» Schuljahics die Schüler ziemlich häuti^r wechseln. Die wichtig-
fte l'rsachc ist die Versetzung der Eltern. Auch Geachiiftsleute sehen sich
gar luanchmal gezwungen, den Wohnort zu ändern. Die Kinder treüen
nun am anderen Gymnannm andere Lehrbfleher. Dies veraieacbt nicbt bloß
nene Aoelagen, aondem Schwieiigkeiten für den Schaler wie fUr den
Lehrer. Dem könnte abgeholfen werden, wenn an den Oymnanen die
f^leichen Lehrbücher in Gebrauch wAreo. Allerdings wird dadurch der
Lehrkörper in seiner Veritkgung beengt. Aber der Lehrer muss sich ja anch
innerhalb des Lehrkt'uper.s der Majorität filgen."
Er stelle dahor den Antrag, der Verein müge sich an den hohen
Landcsschulrath wenden mit der Bitte, die Verfügung zu
treffen, dasct an den Lehranstalten, an welchen derselbe Lehr-
plan ist, auch die gleichen B&eher eingeführt werden.
Dr. Frank weist daranf bin, dass manche Lehrkörper so conservativ
sind, die alten Lehrbücher sn behalten, obwohl andere Bflcher viel
besser sind.
Prof. Sohwaiger beantragt, diese Fraj^c in einer der nächsten Sitzun-
gen zu behandeln und dies rechtzeitit; allen betheiligten Lehranst^ilten be-
kanntzugeben, damit »insere CoUegen nicht saften, sie seien vergewaltigt
worden. Nachdem noch ih r Obmann für die nat h>iten 14 Ta^e eine außer-
ordentliche Sitzung angekündigt hatte, wurde die VerRammlung geschlossen.
EinnudTierzlgste (auKer ordentliche) Veremsversaumilaiig.
(90. Februar 1897.)
Anwesend 28 Mitglieder, darunter die Landes-iJdiulinspei toren Dr. Vy s-
louzil und Dr. Tamiirs, die ."^chulräthe Isopescul und Klauser, die
Directoren Fanstmann und Mandyctewski und drei Mitglieder aus
Radautz.
Der Obmann Prof. Dr. Po lasche k begrübt die Anwesenden und
meldet den Beitritt zweier neuen Mitglieder, des Musiklehrers an der
Lehrerbildungsanstalt in Czernowitz Anton Kuiela und des Supplenteo
am Gsemowitxer Obergymnasium Alexander Bnga.
Unter den Einläufen ist der wichtigste die Zuschrift des Schwester-
Vereines in Linz bezüglich des seinerzeit zur Ergänzung von unserem Vereine
eingesandten Entwurfes einer Dienstpragmatik. Linz stellt den Antrag auf
Einsetzung einer Berathungscommission seitens des VI. Mittelschulta^es, an
dpni die Dit'nstpr;)pfnKitik zur Verhaiidlnntf kommen wird. Der Entwurf sei
eben nicht vnll>t,nidi<,'. (ind die Commisüiott liitte die Aufgabe, eine Aus-
arbeitung in» eiuüelne zu geben.
Landes- Schulinspector Dr. Tujuiirz ist der Meinung, dass in dieser
Angelegenheit die Übereinstimmung aller Vereine notbwendig sei, sonst
würde man die Sache leicht schädigen. Anch wäre es vielleicht angezeigt,
die Dienstpragmatik für die k. k. Beamten abzuwarten, um zu wissen, in-
wieweit die Regierung unseren Wünschen ohnehin entgegenkommt.
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Y ereioanacbi ichtea.
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Der Vomtaende klSrt die Sache daluB auf, dan es «ich nach eeinen
Plane nicht darum handle, emen volktSadig anagearbeiteten Entwarf der
hoben BehSrde Tonnlegen. sondern es sollte nur das zusamtnengestelit
vrerden, was nach unserem Wunsche auf jeden Fall in die Dienstpragmatik
auf^rnommen werden sollte. Er werde in dieaem Sinne mit den anderen
Vereinen weiterverh tnHeln.
Zweiter Punkt der lageBordnung war: Beratbung über den
Antrug deä Dir. und ächulrathes Klauser , es möge der hohe k. k. Lande»-
schuliath gebeten werden, die Verfügung zu treffen, da«) an den Lehr*
anstalten. für welche der gleiche Lebrplan gilt, ancb die gleichen Lehr-
bQcber eingefllhrt werden,
Schnlrath Dir. laopetcul begrüßt diesen Antrag mit Frenden, ob-
wohl er für seine An^^talt weniger Bedentong habe. Bei jedem neuen Bache
sei zn untersuchen, welche Vorzüge es in wiKsenschaftUclif^r IJoziebung
habe und welche Vorzüge in Bezuj? auf die \!etho<1e. In diesen beiden
Punkten das neue Huch mit Arm alten zu vergleieheu und abzuschiltzen.
dazu gehöre eine auberordentlich gfrnndliche Prüfung, die viel Zeit er-
fordere, oft mehr Zeit, als der uiit to vielen Correcturen und anderen
Arbeiten QberhBrtifle Lehrer besitie. So komme es, daas gar manchmal ein
Buch eingefBhrt werde, das f&r den Unterricht keinen Vortheil bringe, ja
oft in wenigen Jahren wieder einen Wechsel snr Folge habe. Und diesem
Obelstande werde durch den vorliegenden Antrag gesteuert, da nun ein
Bnch von drei bis vier Lehrkörpern geprüft werde.
Landes-Schulinspector Dr. Tumlirz sagt, die Sache müsse sehr reif-
lich nberl»>gt werden; «lenn *te luibe eine praktischCt eine pädagogische,
eine gesetzlielie und eine rechtliche Seite.
In praktischer Hinsicht, insofern es sich um die Eiicichteruni,' der
Freizügigkeit der Schüler handle, sei ja ohne Zweifel der Antrii>^ voll-
kommen begründet. Man habe daher auch in manchen LKndem schon den
Versuch gemacht Aber auch diese Seite habe ein Bedenken: Ist es
wdnsehenswert, daas die Schaler oft wechseln? Und soll man anf die
wenigen Schüler, die die Anstalt wechseln, das Hauptgewicht legen?
Da* ist gewiss, daas ein Lehrer seinen Oe;.,'rn!*tjind umso besser be-
handelt, je genauer er sein Lehrbueh kennt. Aber nicht in jedem Gegen-
stande ist en notli wendig, da^x man (wie z. B. in der iiiteiniüchea Gram-
matik» das Buch bis auf den let/ti n Beistrich kenne.
Aber auf eine*» mache er autuierkMiui , auf § 54 des Or^anisationg-
entwurfe«. Während der Lehrer in der Volkwchule sich streng uns Buch
sn halten habe, mOase der Lehrer am Gymnasium frei vortragen, aber ao,
dass der BchOler den Stoff im Buche finden und nach demselben lernen
kOnne, Das Lehrbuch begründe nur den Lehrgang {z. B. Curtius und
Hintner, Stoff der III. Cla>so). Stehen wir auf diesem Standpunkte, so
hänge die Wahl des Lehrbuc h« davon ab, ob der Lehrgang der Über-
zenjrnnf» des Lehrer.-» entspreche. Und damit habe <l« r Lehrer eine kostbare
Freiht'it. Auch in der Bürgersrhtile stehe dem Lehrkörper die Wahl des
Lehrbuches zu, in der Volksschule nur d^r Bf7irk«l«'hrerrnnfernnz. Narl>
dem vorliegenden Autrage wäre lia» GymniMiuni uer Vulk-srnuN' «^h u h-
gestellt Diese rechtliche Seite der Frage falle «ehwer in- Gewicht.
Denn mit der Wahl des Lehrbuches hftngt auch die Freiheit des Lehr-
14*
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200
Vereinsnachrichten.
gftnget wetentlich »iiainmeii. Der Antrag bietet wohl praktische Vorthetle.
aber er involviert dne Schädigung eines wichtigen Rechtes der Lehrer,
eines Beehtes, welches auf die Hebung de» didakÜHchen Wertes der Lehr-
bücher wesentlich Einfln?« genommen hat. Mit dem Verzichte auf diese»
Kecht würde eine Verknöchernnjür der Lehrbücherliterntuv nir treten und
«iamit fine Hommun«^' in der Entwicklunef rinsprf»« Gymnasiiahveiiend. Auüer-
deui seit n t,'erado in der Bukowina zwei Anstalten j^ezwun^jen, diejenij?**n
Lehrbücher zu verwenden, von denen es Übersetzungen ins Uuiuänibche,
betiebnogMweiM Rntheniache gebe. Sollten dechalb auch die fibrigen An-
stalten dieselben BSeher Terwenden müssen?
Und wenn s. B. swei Anstalten fttr die EinfDhrnng eines Boche« sieb
Aussprechen und zwei daj^egen, wer sollte dann entscheiden? Der Landes-
Kchulrath dürfte die« nicht, und das Ministerium dürfte es ancb nicht thun:
denn (}'\^'■^ wäre ^je^en den mit Allerhöchster Entschließung genehiui^teii
Or^anisationseniwurt". Der Landes-SchnliTT^pector könnte übrigens auch die
.Stimmen nicht zahlen, er müsste «ie wägun.
60 ^raktiscii aUo auch dieser Antrag vom Stiuuipuuiite der Eitern
wfiro, so wenig wive er vom Standpunkte der Methode, des Gesetzes und
des gewährleisteten B«dites an empfehlen.
Dr. Frank weist unter anderem daranf hin, dass ancb die Ans-
fÜhrang dieses Beschlusses auf große Schwierigkeiten stoßen würde. Zuerst
niOsste an jeder Lehranstalt eine Conferens stattf nden, dann müssten Be-
legierte gewählt werden. Welch«' Rechte sollten diese haben? Sollten sie
die Beschlüsse der Conferens^, von der sie entsendet wurden, umändern
können ?
Prof. Schwaiger meint, daj>s mit der Einl'ühruni^ diesen Primipej
jeder Fortschritt aufhören müsste. Gar uianoher würde trotz wiederholten
Vennches, ein nenes Bnob einsaführen, nicht durchdringen, er wHrde
daher in seinem Eifer nachlassen und naeh und nach «cfa Überhaupt um ein
neues Buch nicht mehr kümmern.
Gymnasiallehrer Dr. Her sog tbeilt mit, dass sich der Lehrkörper des
li.idautzer Gymnasiums trotz der auOerordentltcben Verehrung, die man
alUeits ^'pj^n Sehulrath Klauser hejfo, dem Vorschlajre desselben nicht
anechlieÜen k'inn''. ^^.lT1 dürfe ein Buch. einen Fortschritt bedeute,
der Jugend nicht vorenlhaiten, umn dürfe die Rechte der Tjehrer nicht
verkürzen, und auch der Verfasser und Verleger hätten ein Kecht darauf,
licrückäichtigt zu werden.
Prof. Dr. Spitzer ist der Ansieht, dass sich ein Mittelweg werde
finden lassen: es sollten Delegierte sor jedesmaligen Beratbung über neu
eincoführende Bücher gewühlt werden, doch sollten ihre Beschlüne nicht
bindend sein. Es konnte ja auch im Vereine ., Mittelschule" ein Meinungs-
aufttausch stattfinden und so über gar viele Bücher eine Einigung encielt
werden.
Diesem Vor-chlML'e 'schließt >ich Sch'i]r:itli I<ope<5ciil an, indem er
beantragt, e* «oHe jcdiT Lein er, der ein neues Buch einführen wjil. dies
dem Vereine luittheiien, und in der darauffolgenden Sitzung sollte darüber
verhandelt werden.
Dir. Faust mann wundert sich darüber, dass man soviel von Stabili-
tät der Lehrbücher spreche, die insbesondere im Interesse der Eltern ge-
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VereimnAichrichteii.
201
lp<»(»n sei. Aber selbst wenn immer duM^eibe Buch voi weiulet wrrdc, könne
uiiiii nicht von Stabilität und deren Nutzen >-[irO(. hen , weil ja eine neue
Auilagt* desaelben Buches 6ich ?on der vorangehenden Ott ebenso^hr
unteneheide wie smn fftm Tenebiedeno Bücher. Die Andagen der Eltern
werde maa daher dordi eine lolcbe Stabilittt nicht weeentlich Terringem.
Landee-Schnlinspector Dr. Tum I irt fügt seinen frOberen Aosf&hrangen
noch ein paar Worte hinza, um nicht missverstanden zu werden.
Er ist durchaus nicht für einen allsa raecben Wechsel der Lehr*
bücher. und viele Ministeiialvtucudnnn^en fordern ja eine mdglichat weil-
gehen<lo Staltilität. Aber ein übertriebenes Festhalten an den gebniuchten
Lehrbüchern hätte atjcli seine üblen Folj^en. Ut ein Mathematikbuch zu
lange im Gebrauche, ^ kann sicii der tichüier auch um geringes Geld die
Auflösungen der mathematischen Arbeiten kaufen; ebenso gibt es sehr
bald neben den lateinischen Obung^bacbem die geschriebenen Übeisetann-
gen. Dann lernen die Schfller nichts mehr. In Österreich hatten von 1801
bis 1848 alle Lehranstalten dasselbe Buch; in Deatsohland hat fast jedes
Gymnasium andere Bücher. MOiste er von diesen beiden extremen Rieh-
tungen eine wählen, so w&re er eher fQr die Verbältniiise, die in Deutsch*
land herrschen Er wilre mit dem Vorschlage ganz einverstanden. w«»nn
kein Zwang ausgeübt, sondern nur auf dem Wege vertraulicher Be-
sprechungen eine PJini^ung erzielt würde.
Prot. Schwaiger i»t gegen den Autrag des Schulrathes laopescul,
dass jeder Lehrer, der ein nenes Buch einführen will, verpflichtet sein soll,
dieses dem Vereine mitsntheilen , weil damit wieder ein Zwang ausgeübt
würde, und weil dann jeder Lehrer auch genSthigt wäre, dem Vereine
bmutreten.
Schulrath Dir. Klanser wundert sich, dass er von so vielen Seiten
missver^tanden worden sei. Dass er durchaus kein Feind des Fortschrittes
sei, lind diujs C9 ihm ^ewis.s auch nicht lieifallen wür<b' , di»* Rpclirc de«
einzelnen Lehrers zu beschränken, das wissen alle, die ihn kenneu. F,r
habe .sich liie 8acUe ho vorgestellt, dass nach einer möglichst eingehenden
Berathung in den einzelnen Lehrkörpern auf friedliche Weise, ohne jeden
Zwang, in Besag anf die meisten Bücher sich werde eine Einigung er^
zielen lassen. Wo eine ESnigung nicht su erreichen ist, da mOge jeder
Lehrkörper seine eigenen Wege gdien. Dass ein derartiger Wunsch auch
anderweitig platzgreife, das beweise der 61. Band der Directoren -Ver^
Sammlungen in Deutschland. Er wolle nicht weiter seinen Antrag ver-
theidigen, er überlasse ihn der Ent.scheidun>^ der Versammlung; gern ziehe
er die oi-ste Haltte seines Antrages, durch die leicht ein Missverständnis
liervoigeruten werden könnte, zurück und beantrage: Es seien an allen
Gymuabien der Bukowina möglichst gleiche Lehrbücher einzuführen und
darüber in der ^Mittelschule" zu berathen.
Landes-Schulinspectcr Dr. Tumlirs befürchtet, es künnte sich der
Verein auf diese Weise die Unsuüriedenheit manches Lehrm snziefaen;
daher gibt er dem Antrage die Form: Es ist wünschenswert, dass auf
dem Wege des freien Übereinkommens möglichst gleiche Lehr-
bücher an den Gymnasien der Bukowina eingeführt werden.
Diese Resolution wird einstimmisr angenommen und wird nun von
der Vereinsleitung den einzelnen Directionen mitgetheiit werden.
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VereinanachrichteQ.
Dritter Q^mtand der Tagmordniitiff : FortsetBungderBeratbung
aber die Anfnafamtprflfungen in die höheren Clasien der
Mittelechnlen.
Zar Berathung werden die Vorschläge des Ausschnssee über die
Prüfungen aus der classischen Philologie vorgel^t.
Prof. Saxl möchte den Zugatz aufgenommen wissen, da^s von der
Priifang alle Din^e aubge^ichlosaen sind, die durch den lebendigen Vortrag
des Lehreiä gegeben worden.
Da nach einem Emwuiie des BerichterstaUeis i'rof Di-, l'olaschek
die Beispiele, die Prof. Saxl daau anfährt (liealien etc.), leicht zu einem
MisBventftndniiie Antam geben könnten, beantn^ Lattdes*Schulin«|ieetor
Dr. Tnmlirs die Form: Es solle das Babjecti?e Moment, das bei
der Behandlang des Gegenstandes seitens des Lehrers zur Gel-
tung kommt, bei dieser Prüfung ganz zurücktreten. Der Lehrer
soll sich auf den Standpunkt des Buches stellen, aus dem der Schiller ge-
lernt hat, auch dann, wenn er eine andere Ansicht vertritt. Es soll also
alles wegfallen, was auf der individuellen Auffassun^r und Methode dw
Lehrers beruht und nicht aus dem Lelirbuche gelernt werden kann.
Gymnasiallehrer Dr. Herzog beantragt, es sollen die vom Sonder-
aiMsohvsie TOfgesehlagenen Können für die Aulnahrasiirfif angen ans Latein
and Griechisch eti bfoe angenommen werden.
Nach Verletnng dieser Normen werden dieselben ohne weitere De-
batte angenommen.
Vierter Gegenstand der Tagesordnung: Anfragen und Anträge.
Landes-Schulin^pector Dr. Tunilirz hält es für dringend noth-
wendig:, dass diejenigen Themata, die von einem Mitgliede des Vereines am
VI. Mittelschultage in Wien zu O.^tern behandelt ^v( i ien sollen, schon
am nächsten Abende besprochen werden. Es ist für tien Referenten von
großem Vortheile, wenn er rechtzeitig auch die Ansichten anderer gehört hat.
Der Yorritiende theilt mit» dass vier Vortrüge für den Mittelscbnltag
angemeldet seien. Wie weit Dr. Lederer und Dr. Perkmann bereits in
ihren Vorarbeiten aeien, wisse er nicht. £r selbst habe zwei Themata an-
gemeldet: Die Dienstpragmatik und die Reform des Prüfungs-
wesens. Das erste Thema sei im Vereine bereits berathen worden, ü)>er
das zweite Thema hoffe er am n&chsten Yerainiabende berichten zu
können.
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Standesfr£^en
Referat über die Dienstpr«^matik.
Gehalten am VI. deuUch-t»ssterrejchiöchen Mittekchultage in Wien, Ustern
1897, von Prof. Norbert Schwaiger aus Czemowitz.
Bevor ich niit dem Koforate beginne, erlaube ich mir. nni einer Ent-
täuschung vorzubf u|?en, pleich iui vorhinein darauf autiu<'rKsiim z\i machen,
dass ich erstens nicht einen von mir aufgearbeiteten Entwurf einer Dienst-
pragraatik, Monäent Vorschläge der „Bukowiner Mittelschule" Yorsalegen
habe, und sweiteos, da» ich aicht einen Tollitändigen Entwurf, toDdern
nnr eine lieilftufige SIdae einer Dienttpragmatik vor Ihnen entwickeln
werde.
Den Anlaas, sich mit der Sache sn beschäftigen, gnb unserem Vereine
ein Vortrag des Prof. Dr. Spitaer aus Radautz am 11. Januar 1896
^über die Nothwendi^keit eines £»rnndle«fenden Gymnasialcfesetzes". worin
derselbe beantragte, da^s der Verein sich über die Schaffung eines solchen
Gesetze« ausspreche und auch die anderen V<Meine einlade, sich mit der
Frage zu beschäftigen. Es wurde im Vereine ein Sonderautu^chuss gewählt,
der die Frage «tndieren und bis snr nftcfaeten Sittong Herieht erstatten
•oUte. Anl Onmd dea Beriditea denelben bat sieb der Verein sodann in
der Sitaang am 15. Februar 1896 lunäcbet dahin ausgesprochen, dass die
Schaffung ein» Gymnasial gesetzes zwar wflnschenswert nei, dasi jedoch in
erster Linie die gesetzliche Feststellung einiger anderer Dinge, namentlich
einer Dipn<?tpragmatik. angestrebt werden nius^e. Es wurden die vom Sonder-
ausschüsse namhaft <ri^rT5;ichten Punkte angenommen, aber der Sonder-
ausschuss ersucht ^(nue Ari)eiten zu erfjiinzen. In der Sitzun«/ am M. Miirz
1896 wurden sodann im wesentlichen die Punkte angenommen, die ich
heute der hochgeehrten Versammlung vorlegen werde.
Es worden nnn die anderen Vereine eingeladen, sich an der Aus-
arbestnng einer Dienstpragmatik za bethetligen und sich über die Tor^
gelegten Punkte awsnsprechen, sowie ihre WQnsche nnd Ansichten bekannt*
zugeben.
Die Prager erklärten ihre Bereitwilligkeit, mitz.uthun, wünschten
aber vorerst eine detailliertere Ansarbeitunpr Hnes Entwurfes einer Dien'^t-
pragmatik; Linz ilul.^erte sicli im selben Sinne und schbi^,' vor. dam die
Sache einer am Mittelnchultage zu wählenden Commission übergeben»
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204
Standesfragen.
daas die Dienrtimginatik aelbst noch nicht ala Berathungsgi^genttaiid
aogesetst, sondern am Mittelaohultage nur jene Gommianon gewählt
werden solle.
Tn Wien haben sich die drei Vereine „Mittelschule", „Realschule".
,8upplentenver^in" sofort an die Arbeit gemacht, nnd sowfit ihre Be-
rathuDgen zu einem AUchlusse gelangten, wird Prof. D aurer in meinem
Correferate berichten, üm hinsichtlich der Snpplenten die wichtigsten
Gesichtspunkte in das Elaborat autzuuehmeu, wandte sich unser Verein
an den Sopplenten^erem mit der Bitte, uns «eine WOneehe mitintheilen.
Da jedoch seine Beschiflsae erst in den letzten Tagen bekannt worden,
konnte unser Verein nicht mehr Stellmig daca nehmen. Prof. Danrer
wird jedoch aneh darftber berichten.
Unser Verein schloss sich nun dem Vorschlage der Linzer an, die
pnd^'iltige Ausarbeitung einer Dienstpragmatik einer am Mittelscliultage zu
wählenden Comruissinn zu übergeben, meinte jedoch, dass dieser CommiK'^ion
eine iJirective gegeben werden «oilte, dass daher der Mittelschultag über
die leitenden Grundsätze sich aussprechen müsse, und so «»utschloss >ich
der Verein, eine kurze Skizze einer DieoütpragiDtitik mit Betonung einiger
Geaichtsponkte vorsolcgen. fia war gar nicht die Abaicht dea Vereines,
hier etwas Vollat&ndigea vorsnl^en, sondern es war ihm äarom an thnn.
die Sache der DienstpragmaÜk in Fluss su bringen.
Es iit kaum nöthig, über die Bedeutung der Sache viele Worte zu
verlieren. Seit Decennien erhebt sich von Jahr zu Jahr stets lauter und
ulltreiT'.einer aus der ganzen Beamtenschaft der Ruf nach einer Dienst-
pragmatik. Sie ist im Sinne des modernen Kechtsslaates ein Bedürfnis
aller Beamtenkategorien. Wie ein Alp liegt es auf dem Gemüthe de«
Beamten, da^i* nirgends seine liechtsverbältnisise gesetzlich bestimmt sind,
dass stets nur von seinen Pflichten, fitst nie von Beizten gesprochen wird.
Nicht selten drftngt sich ihm daher der Gedanke ao^ daas die Ehre, Staats-
beamter an wem, mit dem Versichte auf manche Rechte gegenfiber anderen
Staatsbürgern theuer erkauft aei. Soll dieaes Gefühl der Unsicherheit und
Beunruhigung beaeitigt werden, so müssen die Rechte wie die Pflichten
gleich fest normiert und umschrieben sein. Wer .«lich .«selbst achtet, will
neben seinen Pflicbtpn anoh seine Kechte kennen. Das Bedürfnis nach dem
Hechte i^t geradezu t l'rämisse eines achtbaren Charaktei^, und es ver-
liert jeder, dem dieses bedurinis abgeht, den Anspruch auf unsere Achtung.
Aber es genügt noch nicht, das Rechtsbedür&iis zu haben, es moss auch
jeder aich um aein Becht kümmern. Es iat nach Ihering eine unrichtige
Idee, daas sich das Recht thatenloa von selbst bilde, dasselbe mum viel-
mehr durch eifriges Bemflhen errungen werden* »Der Kampf ums Recht
ist eine Pflicht des Berechtigten gegen sich selbst."
Selbstverständlich gehört dazu aber auch die Einsicht, dass jede?)
Amt Pflichten und damit auch einige Beschränkungen auferlegt; allein
die.selben sollen nicht härter sein, als es die Interessen des Dienstes noth-
wendig erheischen.
Die Autgabe einer Dieutitpragmatik wird en daher beiu, solche Be-
stimmungen SU treffen , dass Interesie des Dienstes dadurch toU und
gans gewahrt erscheint, dass jedoch jede unnfithige Schrnftlerong von
Rechten vermieden werde. Eh kannte nun geragt werden, der ente Xheil
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Standesfmgen.
205
Her Aufgabe könne geU'0<!»t der hohen Ke^ieriinj^ lilHniasÄen u^rden. und
nur der zweite Tbeil sei Öache der Beamten. AHein, wer et« luit »einem
fierofe enut nimmt, dem wird auch dag Wohl and Oedeiben der Sache,
der er dient» am Henen liegen.
Beide Geeichttponkte und also an btrflelEsiehtigen, Wahranj^ des
Staateinter - > s und Vermeidung jeder unnOthigoi Bechttbeechrftakung des
Beamten. Nach beiden Seiten kann gefehlt werden. Kfimniert man sich
bei der ScbafFunp einer Dien«tpra$?matik zn wenig um die Int*n(»8sen des
Dienstes, so machen wir die Vorschläge tnranno!ni;?)ar : gehen wir in den
Vorsschriftpn zu weit, no kann e« «ein, Uhös wir uns .-.clbst nnnöthige Fesseln
anlegen, datü) unsere Vorschläge weniger liberal sind. aU es ein etwaiger
R^emngsentwarf wSr^.
Eine Oefabr in letzterer Hineicht Hegt nun darin, wenn
man sn detaillierte Bestimmungen macht; daher sind aneb,
Ton diesem Oesichtspnnkte ausgebend, unsere Vorschläge
nicht ins Detail gehend.
Soviel im allgemeinen. Waa aber von der Dienstpragraatik filr
.Staatsbeamte überhaupt gesagt wurde, gilt auch für die Dienstpragmatik
der Ijehrpersonen an Mittelschulen. I>a*« sie nur einen kleinen Krnchtheil
der ganzen Beamtenschaft bilden, kann nicht etwa ein ArLrnnient dafür
sein, dass sie keine Dienstpragmatik brauchen, sondern spricht nur umso-
mehr fllr die Kothwendigkett derselben. Die Beiondeihdt der Yerbältaiase
aber bringt es mit «ich, dass auch die Dieastpragmatik eine besondere
sein mOsse.
Ich schreite nnn zur Erstattung des eigentlichen Referates . indem
ich eine Art übersieht gebe, was unserer Ansicht nach eine solche Dienst-
prngniatik alle" enthalten soll, und indem ich betreffs einzelner Punkte
un^^ere iip^ondf rcn Wünsche anttihr»^ Wenn hier in einer Dienstpragniatik
fTir Lffi r|iersonen auch über den SVirkungskreis des Tiundesschulrathes und
Landes-.Schulinspectors gei^prochen wird, so wird die» damit gerechtfertigt,
dass es wohl kaum zu vermeiden ist, in einer solchen Dienstpragmatik das
Gren^biet swischen den Mittelschullehrpenonen und den nftchsten Schul-
behCrden wenigstens sa streifen.
Omti Aber die Bienstordniiiig an Kittelgchnleii«
Die Diemtpragmatik regelt das DienstTerh<ais der Lebrpettonen an
Mittelschulen. Sie handelt demnach:
T. von den Erfordernissen der Anstellung,
II. von der Besetzung der Dienstplatze.
III. von den Aiiitsiinichten und .Auitsvcrrichtunpren der I-ehriiersouen.
IV. von dem \V jriciin}7?krei<ie des ^ialHlt•^^«t•hul^■atllei» in lie^ug auf
Mittelschulen, des Landes-Schulinspectors und der Lehrerconferenz,
V. von den Rechten der Lehrpersonen,
YI. von der Penrioniemng der Lehrpenonen,
Vil. von der Anifibung der Disciplinargewalt über Lebrpersonen.
I. Von den Erfordemiwen der Anstellung
a) im allgemeinen:
1. die österreichische ätaatsbürgerschaft,
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206
Standesfragen.
8. die Ältengreme oder AltenoMlieicht,
8. die Unbetclioltenbeit des Yorlebeaa,
4. die phyiische Eignung;
b) im besonderen:
1. die ztirnckjfcleg'ten rorpeschneLenen Stn'liVn,
2. die wissenschaftliche Befahigungsprüfung verbunden mit einer Probe*
praxis.
II. Von der Besetzung der Dienstplätze.
1. Lelircrkntegonen.
2. Erneu lui Ilgen.
3. CöQCuräausäcbreibung.
4. Bewerbnngsgesucb und Belege.
5. Bei Beaeteangen T<»t DienatpULtsen und Erstattung Ton Vonchlägen
xa beobaehtende GrundAtze.
6. Hindernis der Verwandtwliait und SehwftgenchafL
7. Zeitpunkt des Dienstantrittes.
8. Aldcgunt; des Diensteides und AnwcifUOg der Bezüge.
9. Tausch von Dienstidillzen.
10. Verzicht auf eine Dienststelle.
11. Versetzung aus Dienstesrücksichten.
12. Aufnahme von Probecandidaten.
IIL Von den Amtspflichten und Amtivenriehtungen der Lehrpenonen.
1. Allgremeine Bestimmungen.
2. Wirkungskreis des Dircctors,
3. dp«i definitiven Lehrers,
4. de>^ provisori.xelion Lehrers.
5. des Supplenten und Hillslehrers,
6. des Probecandidaten,
7. des Kebenlehrers.
IV. Wirkungskreis den Landesschulrathes in Be/ug auf ICittelBchnlen» des
Landes-Schulinspectors und der Lehrerconferens.
1. Des I^indesschulrathe«.
2. Des Landes-Schnlin-|n'ctor8.
3. Der Lehrercouleienz.
V. Von den Rechten der Lehrpersonen.
1. Ungehinderte Ausübung «Her steAtsbilrgerlicfaen Rechte.
8. Titel und Bang.
d. BesOge, Arten derselben und Anweisung.
4. Schulferien.
5. Urlaub aus besonderen Anläfnen.
6. Vorrückung in eine höhere ünhalTs- und Rangsclaase.
7. Benefieien, all gemein« und besoudeie.
ö. lausch von Dienstplätzen.
9. Verzicbtleistung auf eine Dienststelle.
10. Einsichtnahme in die QualiflcationstabeUe.
n. AusQbnng eines Vorstellungs-, beziehungsweise Beschwerderechtes.
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Staiide«frng«L 207
VI. Von der Penmonierung der Lehrpersonen.
Auf Grundlage des Pensionsge^^tzes.
Vn. Von der ADtabung der Dieeipliiiargewali über LehrperMoes.
Besondere WOnsche und Vorschlfl^e.
1. Ad 16 2. Im Hinblicke darauf, dass bei einer Art diT Mittel-
schulen, den Tiehrerbildunfäfmnstalten nämlich, kein Probetnenniiim be-
steht, hätte auch bei den anderen Mittelschulen dasselbe nach zulVieden*
atellender AUegung det Probejahre» ta eatfollen ; erschiene jed<M^ diew«
Verlangen ale anasiehtelos* eo eei wenigstens die Supplentendienstieit für
das Probetrienninm einsnbestehen.
8. Damit alle Dienststellen der allgemeinen Bewerbung otFen bleiben,
soll nach Möglichkeit fSr jede frei gewordene Stelle der Conenrs aa»>
geschrieben werden.
3. .Todor Lohrperäon i>t die holiobirr*' Kiiisiclitniihmf in dir- Qnalilica-
tionstabellen gestattet; en sind genaue Bestimmun<^pn iuitziistellen, wie ein
Vorstellung«- oder Beschwerderecht dagegen ausgeübt werden könne.
4. Soweit die Beförderung in eine höhere Rangsclasse von den snrttck*
gelegten Diensyahren abh&ngig ist, hat die SchnlbehOide den Zeitpunkt
wabrnmehmen ond von amtswegen den beaflglieben Vorschlag rechteeitig
an erstatten.
5. Bei Auflösung einer Anstalt sind die Lehrpersonent welche systemi-
»ierte Posten innehatten, von amtswegen thunlichst an andere gleichartige
Anstalten perren Verp;^utnTip der Übersiedlungskoslen zu veroetzen. Sonst
kann eine Versetzung' nur über eigenes Ansuchen oder auf Urund eines
Disciplinarerkenntniss«'-! erfolgen.
6. Die Competenz der Ijandesächuirathsgreaiieu in Bezug auf i^ersonalien
und nomatiTe Bestimmungen i^t gesetalicb an regeln, besiehnngsweise
einanschrftnken. (Oft fehlt die nOthige Sachkenntnis, poKtisohe, nationale
ond persönliche Hottve sjMelen eine Rolle an Ungunsten der Objeotivitftt;
da es mit der Wahrung des Amtsgeheimnisses meist nicht genau ge>
nommen wird, so werden die intimsten Vorfalle in Personal- und Amts»
Verhältnissen in die Öffentlichkeit getragen, die BeschltLsse hängen oft nur
von einer zufälligen Majorität ab.)
7. Dringend erforderlich erscheint die möglichste Aufl;,'ieichnng in
Bezug auf Ordinariate, Custodiate und ähnliche Functionen. Es sind hieftlr
entweder ent.aprechende Remunerationen zu fixieren oder aber diese Thätig*
keit als eine Ansahl Stunden in die LehrrerpOichtung einsubesieben.
8. Es mOge eine gesetxliche Besehrftnknng des Ausmaßes von Über-
stunden infolge Abganges einer oder mehrerer Lehrkräfte festgestellt
werden.
9. Lehrpersonen, welche infolge eines körperliehen Gebrechens, z. B.
Taubheit, für das Lehrfach dienet untanglich geworden sind. n!<er sonst nocl^
die geistige Kignnng Ijesitzen, mögen nicht j;leieii in ib-n Huhefstand ver-
setzt, sondern anderweitig, etwa als Beninte im Mini-ti-nmn, ],andes<oliul-
rathe. an den Universitäten, als Kanzlei- oder Bibliotheksfunctionäre, bei
Cnstodiaten und ähnlichen Anstellungen verwendet werden.
ijiyilizeQ by GoOglc
208
Standesfragen.
10. Betreffs der Austührung des Abschnittes fiber die Ausübung der
Diflciplinargewalt wird vorgescblagen, dass die Bestiminungen derDisciplinar-
Ordnung für die Getiehtsbeamten analoge Anwendung auf Lehrpenonen
der Mitteiachulen finden mögen.
Antrag betreflb Wahl ainer Commlssloii kup Ausarbaltang der
Dienstpragmatik.
Der VI. deutsoh'österreicfaieche Mittelschultag wolle b&>
schließen:
Es sei eine Comnns'5ion zu wählen, welche den vor-
gelegten Entwurf xur Grundlage der Ausarbeitung einer in
den Hauptpunkten vollständigen Dienstpragmatik zu machen
und bis zum nächsten Jahre ein lertiges Elaborat dem Mittel-
schuUage (falls die Abhaltung besehlossen wird) rorsnlegen
oder den Vereinen »ur Vornahme der weiteren Schritte xu
flbergeben hat
Correferat über die Dienstpragmatik.
Gehalten am VL detttseh-Österreichisehen llittelschultage su Wien, Ostern
1897, von Prof. F. Daurer.
Das Heferat, welches ich Ihnen SU erstatten die Ehre habe, tohließt
sich vollständig den Ausführungen des geehrten Herrn Vorredners! an.
Nachdem infolge einer Einladung von Seite des Vereine.^ .Bukowiner
Mittelschule" die Vereine „Mittelschule", „Die Realschule" und der „Verein
der Supplenten deutscher Mittelschulen" in Wien im December dieses
Schuljahres ihre Bereitwilligkeit erklärt hatten, am Entwürfe einer Dienst-
Pragmatik fftr unsocen Stand mitsuarbeiten , delegierten deren Anssohfisse
je drei Mitglieder in ein Comitä,^) welches vom 87. Januar bis 80. Hftn
d. J. unter dem Vorsitse des Prof. 6 löser in sahlreichen mehrstündigen
Sitzungen unter möglichster Berücksichtigung der bereits TOm Vereine
»Bukowiner Mittelschule" geiiissten Beschlüsse Berathungw abhielt, über
deren schließliches Ergebnis meine Wenij^keit den genannten Vereinen
berichten sollte. Da jedoch bei Kertipstellung de> Elaborates schon die
Eröffnung des VI. deutsch -Österreichisclien MitteLscluiltarres vor der Thür
litaad, hielt ich es für das Beste, einer Einladuug der Geschäftsleitung des-
selben folgend, ein Correferat vor dieser hochaubebulichen VerBammlung
SU flbemebmen, und empfehle, meine Herren, Ihrer geneigten Aufmerk-
samkeit folgraden
Entwurf einer Bienstpragoiatik für ilns Lehrpersonal der
k. k, österreichischen Gymnasieu uud Aeaischuleu.
1. Hauptstaek.
Von den Erfordernissen zur Anstellung an Staatsgymnasien and
Staatsreal schulen.
55 1. Ei>te Voraiiwetzung der Anstellung an einem k k. Gymnsiüium
oder an einer k. k. Kealachule ist die österreicbiscbe Staatsbürgenichaft.
') Di« Drli-git-rtou wan n <li<' Pi.>ff. F. P r . - sier , II. Ko j> |m! n s t «> i niT, J. W i <• « n <> r,
F. B. Daurer, M. UIösit und J. Meixiicr, (ernor diu ijupplouu-n Dr. Q. Kraiiscbek,
R. Kraioeiiwil und F. Zimnert.
1 iizod by Google
209
§ 8. Der Bewerber vavm die pbjrsiiche Eignung tHat den Lehrberuf
beaitien und darf bOchttena 40 Jahre alt sein. Stand derselbe aber schon
vorher im Miitelschnllehramte durch mehrere Jahre in Verwendan>» so
ist TOn dieser Altersf^renze im entsprechenden Zeitausmaße absusehen.
8 l). Znr Vorbildung für das Lehramt wird erfordert:
1. Die absol vierte Mittelschule und ein Ilochschnktudium von achtSenio.storn ;
3. die be<^tan(lene MittelschuUehramtsprütung über eine der vorgeschriebe-
nen Fachgruppen;
8. das an einer von der LandessehulbehSrde bestimmten Lehranstalt ab-
gelegte Probejahr. Dieses kann erbMien irerden, wenn nach Erlangung
des Lehramtneugnisses bereits eine mindestens eiigfthrige Verwendung
im Supplentendienste stattgefunden.
§ 4. Die definitive Anstellung setzt eine vorai^gangene dreijfthrige
Verwendung im Lehramte (dai Probejahr niiteingerecbnet) voraus.
II. Haupislück.
Von der Besetzung der Dienstplätze.
§ 5. Vor der Besetzung einer Lehr- oder Directorstelle wird stets ein
Concun anfl{getchrieben, und wird bei den Lehrstellen jene den Prüflings-
Tonchriften entsprechende Fachgruppe beieichnet, hesQglich welcher die
Bewerber ihre Lehrbefllbigung naofamweisen haben.
Znr Einbringung der Gesuche wird eine Frist von mindestens vier
Wochen gewährt. Jedes spätestens acht Tage vor Ablauf der Bewerbungs-
frist der Direction der Fiehranstalt des Bowt'rbers, eventuell der betreffen-
den Landesschulbehihdf ütionuittelte Anstellunffs^josuch masi alt rcchtseitig
eingebiHcht angesehen nud in Betracht gezotffn werden.
Die Erledigung' der Gesuche erfolgt innerhalb dreier Monate nach
AMauf des Bewerbungatermines, und es kann keinem Bewerber eine andere
als die in seinem Ansuchen beseichnete Lehrstelle verliehen werden.
§ 6. Die Gesnche sind mit dem Maturitätazeugnisie einer inlftudisehen
Hittelsehnle, dem LehrbefähigangsMugniise über die Fachgruppe, bei&flglich
welcher die Ausschreibung erfolgte, und mit der Qualificationstabelle tu
belegen. Es bleibt dem Bewerber anheinige^^tellt, sonstige einen Vorzug
desselben begründende Reilasren beizubringen.
§ 7. Steht der Bewerber in dienstlicher Verwendung, m wird ilim
über mündliches Auäuchen gestiittet, in die von seiner Direction erfoli^t -
Beurtheilung seines amtlichen Wirkens und sonstigen Verhaltens Einnicht
SU nehmen. Lautet die vom IMrector oder von dem berufenen Landes-
Schulinspeetor ausgestellte Qualification ungünstig, so wird der Betroffene
von amtswegen, sei es, um ihn auf Milngel seiner Amtsthätigkeit oder
seines sonstigen Verhaltens aufmerksam sn machen, sei es, um ihm «eine
Kechtfertigung zu ermöglichen, hievon verständigt.
§ 8. Bei Erstattung von Vorschlä<,'en zur Besetzung von Dienstplätzen
und bei der Verleihung der letzteren ?ind vor allem din im öffentlichen
Schuldienste erworbenen Verdienet«' nial''^'>'l)end . sie sind jeder anden-n
liückciKht vorzuziehen. Bei der Ernennung eine« Öupplenten zum wirklichen
Lehrer wird nach dem Dienstalter vorgegangen. Übergebungen sind nur
auf Grund eines DisciplinarerkenntnisBes, und swar nur auf die Dauer eines
Jahres aulftssig.
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210
Standeafragea.
§ 9. Der Antritt einer wirklichen Lehrstelle erfo!r,'t stets ;un beginne
eines Semesters nach vorhertj:efjan^ener Ableirnng des Uien^äteide.s. Auch
bei den Anstellunj^en im Supplenteudienste wird der Diensteid abgenommen.
§ lü. Die Anweisung dei* Bezüge hat rechtzeitig zu erfolgen. Sollte
«ich diesell^a in einselaen F&lien bei der BestelluBg toq Supplenten Ter-
xOgern, so hat die Direction fQr die Aaaahliing der anticipativen HoData-
raten aus der Directiomcaaee aufxakommm.
§ 11. Der Tausch ron IKeniitpIfttieik ist in berflckdchtigeiuwarieB
Fftllen gestattet.
§ 12. Bei der Auflösung- einer Lehrnn5?talt werden die definitiv an-
gestellten Lehrpf'rsonen ausnuhnislos und von amtswegen an andere Mittel-
•schulen, jedoch gf*gen Vergütung (h'r Ühersie<l!nngskostt'n, veiuetzt. Sonst
kann eine Versetzung eioe» Profesäorä nur über »ein eigenes Ansuchen
oder auf Gnmd eines Diieiplinarerkmntaine« etattfinden.
§ 13. Im Falle der Versichileistung auf eine Dienststelle entscheidet
die Behörde über eine eventnelle Abfertigung und über die Belaasung des
Titels.
§ 14. Die Veraetsung in den dauernden Ruhestand erfolgt nur über
eigenes Ansuchen einer Lehrperson oder zufolge eines Disciplinarerkennt-
nisaes.
Mit {\üclo,icht auf § 1, Ab-satz 2. des Gesetzes von 9. April 1870
über die reaaiünsbehandlung des Lehrpersonales und auf die 1 und 4
des Gesetzes vom 14. Mai 1896 betreifend Bestimmungen Qber die Yer*
sorgungsgenflsae der Civilstaatsbeamten etc. hat jede Lehrperson* welche
das 60. Lebenqahr und das Diens^ahr surüfikgel^gt hat, das Recht,
ohne den sonst erforderlichen Nachweis der Dienstnnfähigkeit in den
dauernden Ruhestand zu treten.
Der Ruhegenuss beträgt nach ohne Unterbrechung vollstreckten acht
Dienfetjahren 40% und für jedes weitere Dienstjahr 2*^'u% (eventuell für
jedes der folgenden *21 Dienstjahre i-'-Vj"«. für das '60. aber 2^/\%) de»
letzten anrechnungstiihigt'n ActivHätsgehaltes. Nach einer Dienstzeit von
'60 Jahren gebürt sonach der volle anrechenbare Gehalt als Ruhegenuss.
Staatslehrpersonen. wclclien nach den Normen des Gesetzes Tom
9. April 1870 je drei Dieubtjahre als vier ansurechnen» und welche ohne
ihr Verschulden dienstuntauglich geworden sind, werden, wenn sie auch
noch nicht acht, jedoch vier anrechnungsfiUitge l>ieniti)ahre vollstreckt
haben, so behandelt, als ob sie acht Dienst jähre wirklich suröckgelegt
hätten. (Vgl. § 2 des Geaetses vom 14. Mai im.)
III. Hauptstück.
Von den A ui t.*5p 1 1 ich ten und A mtsverrich L u uge n der Lehr-
personen an Staatsgymnasien und Staatsrealscbulen.
§ 15. Die Lehrpersonen haben alles zu vermeiden, was die Achtung
vor dem Stande, welchem sie angehören, und das Vertrauen, welches ihr
Beruf erfordert, zu schBdigen geeignet wäre. Ihren Vorgesetsten haben sie
stets mit gehörender Achtung zu beg^en und deren dienstlichen An-
Ordnungen willige Folge zu leisten.
§ Iß. Keine Lehrperson darf einer geheimen Gesellschaft überhaupt
oder einem ausländischen politischen Vereine als ^litglied angehören.
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Standesiragen.
211
§ 17. Jede Lehrperson ist verpflichtet, über amtliche Angelegenheiten,
welche entweder ihrer Natur mich oder infolge besonderen behfirdlichen
Auftrage» geheimzuhalten aind, <rer;pn jf^dormann, der nicht «er Entgegen-
nahme eine» amtlichen Berichtes befugt ist, Verschwiegenheit zu beob-
achten.
§ 18. Im Uienstlichen Verkehre mit den Parteien ist freurnUielieä
Kntgegenkomraen mit Anstand und KrnsL au verbinden. Die AnnuiiLue von
Geschenken, welche die Amtrthätigkeit einer Lehrperaon beeinflasseD
können, ist unbedingt Terboten.
§ 19. Jeder Lehrperaon wird die freie Ans&bung und der Gennas aller
slaatsbüi^l^lichen Rechte gewährleistet. Die Ausübung eines Abgeordneten*
mandates zieht weder den Verlust der liehrbefahigung, noch den Verlust
d^r mit der nnitlichen Stellong des Lehrers verbundenen Bechte nnd An-
sprüche nach sich.
§ 20. Die Zahl der wöchentlichen rntcnichts'fltunden, /.u deren Ab-
haltung eine Lehipürson verpflichtet wird, soll in der Kegei nicht das ge-
setzliche Maximal» erreichen. Unterricht in der Kalligraphie und in nicht
obligaten Lehrfltebem ist nicht in die ordentliche Lebrverpflichtung ein-
surechnen, er ist nach besonderen Nonnen lu entlohnen.
§ 21. Im Falle eines vorübergehenden, dnrch nicht vorhei^gesehene
Umstände herbeigeführten Bedarfes kann jede Lehrperson verhalten wer-
den, eine wöchentliche Stundenzahl bis zu höchstens einem Sechstel ihrer
Maxi mal vori)flichtun<? als .Mphrlpi^tiin^j zu überiiehrnon . für weicht' bei
einer sechs Wochen übersteigenden Dauer eine angemessene Kntiohnung
stattzufinden iiat.
§ 22. Wird ein Oidinariat mit der Verwaltung der Üibiiulhek oder
einer Lehrmittelsammlung in der Hand einer Lefarperson Tereinigt, so wird
dieser eine Ermäßigung des wöchentlichen IStnndenansmaßes nm wenigstois
iwei Stunden oder eine entsprechende Remuneration gewährt.
§ rl3. NL'1)enbeschät'tigungen, welche dem Anstände und der Würde
eines Mitteischullehrers v. iderstreiten, oder welche die ErfiiÜung seines
Dienstes ihrer Natur nach beeinträchtigen müssten, sind untersjigt.
§ 24. Sowie die Mitt,'lieder des Lohrkörpers überhaupt einander mit
Achtunj? Tin be^ecrni-n uud iu ihrer Lleruf illiili i^'ki'it iKinnonisch zusauimen-
zuwirkeu haben, so soll auch der Dircetur demelbea stets vertrauen-
erweckend entgegenkommen, ihr Ansehen bei seinem Verkehre mit Publi-
cum und Sch&lem wahren und nGtbigenfalls jede Lehrperson mit seiner
Autorität, mit Bath und That im Amte taktvoll unterstützen. Zu admini-
strativen Geschäften, welche nicht unmittelbar zum Dienste einer Lehr-
person gehören, darf er diese nicht verhalten.
IV. HauptstQck.
Von der Urlaul>»ertht i I uiicr
§ 25. hji öteht den Mitgliedern des Lehrstaniie» der Miltel.-jclmlen.
soweit sie nicht durch besondere Verptliehtungen gebunden sind, frei, die
geietalichen Ferialzeiten gtgen blof>e Meldung beim Diiector zur Ent-
fernung vom Orte ihrer Lehramtsthätigkeit beliebig zu benützen, ohne das«
sie hiesn der besonderen Bewilligung einer vorgesetzten Behörde bedürfen.
Der Director bedarf aber für seine Person bei solchen Anbissen der Geneh*
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212
StondoBfifliseD.
migung der vorgesetzten Sehulbeborde und hat uacbzuwei.sen, äsm für die
Zeit seiner Abwesenheit die entsprechende Fürsorge für die Erledigung
dringender An/^elegenheiten getroffen ist.
§ 36. Wfthrend der Dauer eines Semesters bedfirfen die Mitglieder
des Lehrpeva(»aleB sa jeder EakUemuog TOm Orte ihrer Lehramtatfafttigkeit,
durch welche itgend eine Unterbrechung de» ünterridites oder sonst eine
Störung in den geregelten Verhältnissen der Lehranstalt eintreten kann,
des Urlaubes, welcher von der vorgesetzten Behörde nur aus sehr wichtigen
und nachweiHÜch diint,'enden Gründen ertheilt werden kann.
Ein Urlaub für einen Zeitraum von höchstens acht Tagen ist beim
Director nachzuiiuchen, weicher denselben nach seinem Ermessen gewüiiren
oder verweigern kann und iin enten Falle die erforderlichen Anordnungen
znr Supplierung zn treffen hat. Ist der Gmnd, aaf welchen tun ein Lehrer
Urlaub nachsucht, nicht gans nnabhftngig von der eigenen Entschließung
desselben, so hat der Urlaub sndiende Iiehrer sich suror der Bereitwillig-
keit von Collegen zu geeigneter Supplierung zu vereichem und die« dem
Director mitzutheilen.
Die Ertheilnng einea Urlaubes, welcher acht Tage überschreiten, aber
höchstens einen ilonat uuifsussen soll. Hegt in der Befugnis des zuätaudigen
Landesächulrathe«;, die Gewährung eine» längeren Urlaubes aber bleibt der
Entscheidung des Ministeriums vorbehalten; in beiden Fällen ist ein be-
xügUches Gesuch sammt etwa erfi»derlidien Beilagen dein Director sur
Begutachtang und Beförderung an die Behörde su flbergeben.
Wird ein im PrQfungsstadiom befindlicher Lehrer TOn der Prflfangs-
commi&sion zur Ablegung der Clausur und mündliche Prüfung vorgeladen,
80 hat ihm der Director den benOthigten Urlaub zu gewähren, sofern nicht
etwa besondere Verhaltni«''«' es zur gebieterischen Nothwendigkeit machen*
die angesuchte Bewillii^ung zu venwofen.
§ 27. Ist eine Lelirperson infolge Erkrankung dienütuntahig, so hat
.sie am einen mindestens einjährigen Urlaub Anspruch. Wenn der Be-
urlaubte nach Ablauf des Urlaubes zwar noch nicht dienstfähig, jedoch
auch nicht der Fall seiner Yersetsung in den bleibenden Ruhestand Tor>
banden ist» so kann er in den seitlichen Buhestand versetst werden.
§ 38. Wird ein quiesderter Lehrer binnen drei Jahren nicht wieder
angestellt, so ist derselbe in den bleibenden Ruhestand zu versetsen.
Die Pension ist nach dem zur Zeit der Quiescierung belogenen Ge-
halte auszumitteln. und es ist hiebei die in der Quiescens zugebrachte Zeit
in die Dienstzeit einzurechnen.
Letzteres gilt auch für den Fall, wenn der quiescierte Lehrer wieder
angestellt wird.
§ 29. Der Antritt eines neuen, nicht dem Bereiche des Öffentlichen
Dienstes angehOrigen Diensipostens kann mit Ausnahme einzelner durch be-
sondere Umstände gebotener ftUe nur mit Scbluss eines Semesters erfolgen;
aber ein wohlmotiTiertes Gesuch um Urlaubsertheilung behufs des sofortigen
Antrittes eines allfälligen neuen Dienstpostens mtschoidet das Ministerium.
§ 30. Ein Urlaub, welcher einem Lehrer zu Studienzwecken gewährt
wird, hat koine Verminderung seiner Bezüge zur Fob^e.
§ 31. ]>er Director hat ^'enan darüber zu wachen, dass die zugestandene
Urlaubszeit nicht überschritten werde.
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Standesfragen.
213
V. Hauptstück.
Besondere Bestimmungen für die geprüften Supplentea.
§ 32. Die Verwendung von Supplenten findet nur statt, um einem
vorübergehenden H»H]ürfnisso des UnterriehUibetriebps abr.nholfon (Urlaub,
Erkrankung, Errichtung von I'iirullekhiSRen). Alle nicht sy^stoniisiorten
Lehrstellen, welche sich dadurch, diii»s sie durch fünf Jahre mit Supplenten
besetzt werden mussten, als nothwendig erwiesen haben, sind zu «yätemisieren.
% 88. Jeder geprüfte Oandidat ivird nach Ablegung oder Erlaasung
•einet Prob<(|abres auf aein Apachen in die amtlichen vom Landeasdial*
rathe m fahrenden Snpplentenlisfeen eingetragen und in dieaen bii su seiner
Ernennung aam wirklichen Lehrer geführt, ohne dan es einer aUjfthr-
lichen Erneuerung seiner AnneldoBg bedarf.
ß 34. Bei der Best«'llnnf» von Supplenten i«t in dt-r Regel nach dem
Dienstalter vor^iirrehen ; doch sind billige Wünsche der Supplenten tban-
liehst 7Ä\ berucksichti<:''n.
§ 35. äupplentureu, deren Noth wendigkeit durch längere Zeit voraus-
zusehen ist. sind rechtzeitig (z. B. vor den Ferien) zu besetzen.
§ 36. Der Supplent kann innerhalb des Amtsbereiches desjenigen
Landenchnlrathesi in dessen Snpplentenliste er eingetragen ist, nach den
Anfordeningen des Dienstes vertetst werden» in den Amtsbereich anderer
Ijandesschuh-äthe aber nar anf £>ein Ansuchen.
Eine Versetzung gegen den Willen des Supplenten ist nur dann
möglich, wenn er auf seinem neuen Posten wenigstens mit d«m .Minimum
der Lehrverptiichtunt; be<clulfti;,'t wird. Andernfalls kann eine Weigerung
keine rechtlichen Folgen nach sich ziehen.
§ 37. Jeder Supplent i»t verpflichtet, sobald ihm eine Stelle verliehen
worden ist, hievon jenen Landesschoirilthen, in deren Listen er geführt
wird, Uittheilnng su machen.
9 88. Jedes Semester nnd jeder sechs Wochen fibezsteigende Brach-
theil eines äemestera, während dessen der Supplent wenigstens mit dem
Minimum der vollen Lehrrerpflichtnng beschäftigt war, ist als halbes
Dienstjahr für die Pensionierunp; anzurechnen.
§ 39. Die Dienstzeit, wiihreud wclcht^r ein Supjilt'ut ohne sein Ver-
schulden n\u- uiit finer gcrini^eren al.-i lier vollen wöchentlichen Stunden-
zahl betraut war, ist im Verhältnijwe der ihiu zugewiesenen Wochenstnnden
zum Minimum der vollen Lehrverpflichtung anzurechnen, mindestens aber
00, als wftre er mit halber Lehrverpfltchtnng in Ansprach genommen
worden.
Die nicht mit ToUer Lehrrerpflichtnng sarAckgelegte Dienstaeit kann
auch als voll in Anrechnung gebracht werden.
§ 40. Von der Supplentendienstzeit sind mindestens drei Jahre —
eine «o lan£»e odtM' länijere Dauer des; Supplenten'lit'U'-tp>i vornu.spe^et/.t —
für den Anfall der Quinf^uennalzulagen in der dehnitiven Stellung anzu-
rechnen.
§ 41. Es ist für die Anrechnung der Dienstzeit gleichgiltig, ob die von
dem Supplenten übernommenen Unterrichtsstunden an einer nnd derselben
oder an verschiedenen staatlichen oder im Reciprocitätsrerhältnisse stehen*
den Mittelschulen abgehalten werden.
„Osterr. MUtelseliale". XjU Jahrg. 15
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214
Standesfiagen.
§ 42. I^t ein Supplent währoui einer gewisden Zeit obne sein Ver-
schulden ohne BeBcb&ftigun)? an einer Staatsanstalt oder an einer Lehr-
an.stiilt mit Hecijirocitilt . m hat dies nicht al;«! Unterhrechun^ iler Dienst-
zeit zu gelten, und es ist die Hälfte der betreffenden Zeit für die Penaions-
bemessung eiii2ur«!cbnen.
§ 43. Ein Supplent ist nach Möglichkeit luit voller Stundenzahl zu
verwenden and erhält dafür die gesetzlich festgestellten Bezüge.
Sind ihm weniger Stunden zugetheilt, m ist er nneh den einschlägigen
Bettiuimnngen des Clebaltsgesetses sn behandeln; doch können seine Bexttge
niemals anter das Maß des f&r die Hälfte des Minimums der Lehr-
Verpflichtung entrallenden Gehaltes herabsinken.
§ 44. Hat ('in Supplent ohne sein Verschulden während einer gewissen
Zeit keine Anstellung und keine anderweitigen Bezüge aus öffentlichen
Gassen, so hat er Anspruch aut einn Wartegebür von jährlichen 2Ü0 ü., die
in antici]iativen Monatsraten auszuzahlen sind.
§ 4ä. Nach je fünf Jahren der in Uei- oi>en angegebenen \yei8e be-
rechneten Dienstieit gebürt dem Sapplenten eine Dienstaltemalage von
200 fl. jährlich, welche ihm nach denselben Bestimmungen zuerkannt
werden wie Qninqaennalsulagen den Professoren.
Der Besag dieser Dienstalterszulage dauert auch bei unToHständiger
Verwendung oder bei Unterbrechung derselben fort.
§ 46. per Supplent ist im Falle der Krkrankung zu behandeln wie
der definitiv angestellte Professor und iiai unter denselben Voraii'-'^etziinpren
wie dieser Anspruch auf Urlaub. Während desselben ist ihm also uueli
der Gehalt in dem Maße auszuzahlen, in welchem er ihn während der
anmittelbar vorhergehenden Dienstzeit bezogen bat.
§ 47. Der mindesten« mit dem Minimum der sollen Lehrv erpflichtung
beschäftigte Bupplent hat alle Pflichten eines definitiven Lehrers su er-
füllen; ist er aber »cht mit voller Stundentahl betraut, so ist er außer
der Zeit seiner Lehrvei pflichtung möglichist wenig zu beschäftigen.
§ 4S. Jedem nicht mit voller Stundenzahl in Verwendung stehenden
Snpplenten ist eine Ne Henbf uchäftigung in größerem Umfange su gestatten
als den definitiven liehreru.
§ 49 Der Snpplent hat alle in liieser Dienst pragin ;\tilv- \ (iri,'f>fhenen
Hechte der detiniliveu Lehrer aui Ausnahme des Anspruches auf iiöhereu
Oehalt, femer mit Ausnahme der im § 12 festgestellten Zaüicherungen und
der in den S§ 27 und 28 enthaltenen Bestimmungen aber allfäUige
Quiescierung.
§ 50. Sollte ein Supplent noch mindestens rier Dtenstjahren infolge
von Krankheit zur Ausübung des Lehramtes unfähig werden, so hat er
Ansprach auf eine jährliche Unterstützung im Betrage von 400 fl.
VI. Hauptstflek.
Von der Ausfibung der Disciplinargewalt aber Lehrpersonen.
% 51. Die Disciplinarbehandlang der Lehrpersonen bleibt (analog den
Bestimmungen des Gesetses vom 21. Mai 1868 [R* 0. BL Nr. 46] betreffend
die Disciplinarbehandlang richterlicher Beamten etc.) besonderen geseüt-
liehen Bestimmungen vorbehalten, und es wird vorläufig nur festgestellt,
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StandesfrHgen.
215
dam dem Duciplmanenate atett xwel Hitglieder der MitielMhullebrkOrper
mit vollem Stimmrechte beiniuehea Bind.
Hochgeehrte Herren! Ich weiß, doss die eben vorgetragenen Para-
f»raphon noch nicht alle VerhSltnisw en^chöpforid nml Ijofrit^difirfc'ii'i rocjeln,
un<i es ist daher kein Zweifel, dass heute eine fruchtbare Debatte trett-
liches Material für die Vervollkonitnnung nn^rror Vorlatje Hefern wird. Ich
bitte Sie deshalb, meine Herren, recht viele Anteguitgeii zu Protokoll zu
geben, und «teile den Antmg:
„Et ist ein vom Tl. dentsoh-öeterreicliiaelien MitteUcbul-
tage gewähltea Görnitz mit der Aufgabe cu betrauen, auf Grand*
läge der in der heutigen Yersammlnng erstatteten Referate
und unter thunlichster Beräcksicbtigung aller au» der heuti-
gen Debatte sich rrf]febeiiden Anregungen und Winke eine
Dien'<tpra{»iiialik tür d:is Lc Ii r perso n al der k. k. österreichischen
Gymiiiiäien und lleaUchulen hus7u;! rheiten. darauf in dem
Vereinsorgane »Österreichische iiiL Le Ischule" zu publiciereu
und nacb erzieltem EinreratAndnisBe der aecba deutscben
HittelacbaWereine in Wien, Prag, Lina und Ciernowita der
hohen Regierung mit der Bitte su anterbreiten, dieselbe möge
den Entwurf aU Gesetseavorlage im hoben Haute der Abgeord*
neten einbringen*
15*
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Miscellen
Berieht über den VI. deutsch-österreichischen
Mittelseh ul tag.
(Wien, 12.» 13., 14. April 1897.)
(Nach den stenogmphiichen Protokollen im Anflntge mitgetheilt rom 6e-
BchftflsfllbientellTertreter Fhrfl Dr. E. MaiO.)
In den wie bisher seitens der hohen Ünterrichtsver waltung zur Ter-
fügung gestallten Räumen des k, k. akademischen (iymnaäiuQis fknden
«ich am Montag. Dienstag und Mittwoch der Charwnche 1897 sum sechfit^n-
male die Vertreter der deutsch -österreichischen Mitttd=;c'hnlen ein. Nicht
weni^rer als 62 Städte außer Wien waren repräsentiert, die Zahl der Theil-
nehmer betrug 404.
Ka.ch wiederholter Aufforderung »ur MiUirbeiter^cbaft in den Mittel-
schubeitschriften erfolgte die Einladnng sur Theilnahme an dem Mittel-
schnltage im November 1890 durch ein an alte LehrkGiper veraendete!«
Rundsehreiben und im Mäns 1897 wurden das Frc^amm sowie die ein-
gelaufenen Thesen zur allgemeinen Kenntnis gebracht.
Der vorbereitende Aui^schuss hielt theils unter dem Vorsitse des Ge-
schäftsführers, theil« unter dem seines Stellvertreter?« einige Sitzungen nrtd
fand, wie immer, tollep^inle üntei-stützung durch ein Localcomite, in wel-
chem nlle Wiener Anstalten vertreten waren,
\N*e;,'Cu anhaltendti' Krankheit konnte der Uc.scliäftcirührer Prof.
F. Hoppe an den unmitteilbaren Vorbereitungen nicht theilnehmeu; sein
SteUvertreter Prof. Dr. E. Maiß wurde hierin in besonders dankenswerter
Weise von Prof. Seh legi unterstützt.
Nachdem das Zustandekommen des VI. deutseh-dsterrdcbischen Mittel-
schuUages gesichert war, wurden durch Deputationen in geziemender Weise
eingeladen: Se. Excellenz der Herr Minister für Cultus und Unter-
richt. Excellen?. d<r Herr Statthalter, ferner der Herr Land-
marscliall und der Herr B ür^'tM ni i s te r von Wien, der Herr Seetions-
ch. t i)r. W. R. v. Härtel, der Herr Ministerialratli Dr. M. R. v. Wrets. lik..,
der Herr Viceprilsident des niederöäterreichiscben LandesschulrathesDr. Erich
Wolf, die Herren Landes-Schulinspectoren und der Referent fftr
Mittelschulen im niederOsterreicfaischen Landesausschusse Dr. G essmann.
Oberall fanden die Deputationen freundliches Entgegenkommen und warmes
Interesse fSr die zur Behandlung kommenden Fragen.
Misceilen.
217
Am V'orabeude des Mittel-M-hultages, Palmsonutag, IL April, fand im
Beslaamnt «KakerlM^ eine gt^^tliige ZoBainnienkiiBft itott, bei welcher
naraen« des Torbereitenden AoMehiuMa der GeflchAfttfithrenteliTertreter
Prof. Dr. £. Ifaifi die Obte heniieh willkommen hieß.
(Montag, 12. April im.)
Erste YollTeraaiiiiiilniig*
Die Veiöa^uiuilunj? wurde um II Uhr 2U Minuteu von dem Geachäfts-
lÖhrerstellvertreter Prof. Dr. E. Maiß mit folgender Ansprache eröffnet:
„Uochunsehnliche Yersammlang!
^Ein hartnäckigen Leiden gestattet Ihrem Geschäftsführer Prof. Hoppe
nicht, Heines Amtes zu walten, und so Ist mir die ehrenvolle Anff,Mbf» zu-
get'ailen, die lioch verehrten Anwesenden, Gäste wie Theilnehmer ile«?
Vi. (leut-^ch-öfiiteiTeichischen Mittelschulta^^tö tu be^frußen. D'Asa das Interesse
an den Alittelschultagen noch immer ein erfreulich reges ist, hat nicht
nur die Zahl der eingesendeten Themen gezeigt, auch die Statistik der
Anmeldongen weist auf nichts weniger als aof eine Abnahme jenes Inter-
esses hin. Man darf wohl annehmen, dass daa natflrliche BedflrfniSt ffe*
meinschaftliche Angelegenheitmi in gr5ßtm<fglichw Oemeinsehaft au be-
sprechen, eine von den Hanptursachen der regen Betheiligung ist: gewiss
aber ist die zweite: die ermunternde Theiljuihme seitens jener Kreise, auf
deren werkthätige Unterstützung wir jedesmal rechnen müssen, wenn wir
den Hesultaten unserer akademischen Verhandlungen durch Cberf^etzung
in die prreifbare Praxis einen >»leiben«ien Wert sichern wollen, ferner die
Theilnahme jener anderen Kreide, bei welchen wir Kath und Förderung
in sdentifiseher Riditong an finden gewohnt sind* Mit großer Freude nun
kann ich constatieren, dass anch, was diese Theilnahme betrifft, der henrige
Mitteluchnltag seinen Vorgttngem nicht nachsteht.
«Kann Utk doch anter Ausdruck ehrerbietigen Dankes für ihr Er*
scheinen ab Vertreter der hohen Unterrichtsverwaltung Herrn Sectionschef
Dr. R. V. Härtel, Herrn Hofrath Dr. R. v. Wretschko und Herrn Landes-
Schulinspector Dr. Huemer begrüßen, als Vertreter dos niederösterreichischen
Landewscliulriithes die Herren r>ande«-*^chulinspectoren, und den Herrn Viee-
bürgermeiäiter Dr. Nenmayer als Vertreter der Groücommune Wien, die
ätets mit Reich und Land in Förderung der Schule gewetteifert hat und
ihrer Tradition gewiss nicht untren werden wird.
pKann ich doch femer meinen ehrerbietigen Ornß entbieten einer
Beihe von Vertretern der Wissenschaft an unserer UniTersität und an
unserer technischen Hochschule, denen wir bestens dafür danken, dass sie
durch ihr Ersehenen die Bedeutung de-s MitteUchulwesens fttr das Gedeihen
des Unterrichtes an der Hochfchnle tlocnnientiert haben
.So gnnstig'e Aussichten — nml 7u den günstigen Moniejitm darf ich
aucii die Mitiirbeiterj?ch;ift jentr M suner rechnen, ilie wir an der Wiege
der Mittelschultage schalten gebeiien haben, des Herrn Landes- Schuliuspec-
üiyiiizeQ by GoOglc
218
ton Dr. LanghaDB und des Hwrn Landet •Schnliiupecton Dr. Tumlirx
— lassen fOr den Wontebenden HitteUohaltag auch Erfolge erwarten, die
hinter denen seiner Vorgänger nicht zurttekbleiben, und ich darf die Theil-
nehmer an diesem Taj?e, indem ich ihnen allen im Namen dra vorbereiten-
den Ausschusses ebenfalls ein herzliches Willkommen ziirnfo. otnladen.
guten Muthes an die Arbeit zu g^»hen Ihrem redlichen Ütreben, meine
Herren, wird es gelingen, auch diesem Mittelscbultage Ansehen und Erfolg
zu erringen.
.Und so erkläre ich den VI. dentsch-dsterreichischen
Mittelscbnltag für eröffnet»
«Gestatten Sie nodi, hochverehrte Anwesende, dass ich Ihn«u einen
Vorschl^ mache besOglich der Wahl Ihres Voniteenden, indem ich Sie
bitte, einen bekannten und bewahrten Freund de^^ Mittel Schulwesens, den
Nestor unserer Directoren, Herrn Regimuigsratb A« Lamberger par ae«
clamationem zu wrihlen."
Heg-iorungsruth Dir. Lamber;,'er (den Vorsitz übernehmend): Hoch-
verehrte Herren! Durch Hire Zustiuuuung tai dem von dem Herrn Ge-
schüftsführerstellvertreter namens des vorbereitenden Comites gestellten
Antrage, mich zum Vorsitzenden dieser hochansehnlichen Vensauunlung
SU wfthlen, hochgeehrt, erlaube ich mir, Ihnen Ittr das Zeichen des Ver*
tranens, welches Sie mir dadurch schenken, meinen Terbindlichsten Dank
auszusprechen. Ich werde bemüht sein, den Obliegenheiten des Vorsitzen-
den nach meinen Kräften gerecht zu werden, und erbitte mir hiebei Ihre
gütige Nachsicht. Unter einem gebe ich der begründeten Hoffnung Aus-
drnek, dass die bevörvtt-honden Verhandlungen ebenso anregende Lei'itun-
gen im Interesse cinor ersprieblit lif n Fortentwicklung des Mittelschulweaens
darbieten werden wie jene der früheren Mittelschultage.
Ich ersuche nunmelir die geehrte Versammlung, zunächst die St^^ll-
Tcrtreter des Torsitsenden und die Schiiftfilhrer au wfthlen, und erlaube
mir auf Gmnd eines Antrages des vorbereitenden Comit^ aU ersten Yor-
sitcendenstelWertreter Herrn Dir. Dr. F. Swida ans Triest, als aweiten
Herrn Dir. K. Barte Imus aus Troppau vorzuschlagen. (Zustimmung.) P.i
die Versammlang mit diesem Vorschlage einverstanden ist, so ersuche ich
die beiden genannten Herren, an tneiner Seite Platz zu nehmen.
Dir. Dr. Swida: Ich dnnkc ilcii Herren für dn«? Vertrauen, dns Sie
mir dnrch die Wiihl zum S'i'll Vertreter des Vorsitzenden ent}^e;.jen<.,'e1 'rächt
haben, holVc aber, da-s ich nicht in die I>age kommen werde, die Leitung
wirklich übernehmen zu müssen, und dass unser verehrter Herr Präiiident
dieselbe vom An&nge bis sam Ende durchfahren wird. Nochmals
besten Dank.
Dir. Barte Imus: Auch ich gestatte mir, den herzlichsten Dank für
das gQtige Wohlwollen des vorbereitenden Ausschusses und der geehrten
Versammlung auszusprechen.
Vorsitzender Regierungsrath Lamberp-er: Ah Srhriftfnhrer erlanbe
ich mir namen^ä des vorbereitemlen Comites vorzuschlagen dir ll<'rren
Piort.: ii. iSpengler ^Pnii?), Dr. A. Horcifka (Linz). Dr. A. rMla-ehek
'CV.ernowitzK A. Schwarz (Mährisch -Ostrau), K. Dundaczek (Wiem,
Dr. (.i. Kraitsehek (Wien). (Zustimmung.) Ich bitte die Herren, Ihre
Plätze eimnnehmen.
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Miscelleo.
21U
Das Wort hat Herr
SeclioitBchef Dr. R. Härtel: Oetlatten Sie, meine Herren, da«
ich» die Tagesordnung unterbrechend » doch mit einigen Worten für die
freondUche Begrüßung danke, die mir hier als Vertreter der Unterrichta-
verwaltung zutheil geworden ist, und sogleich den Wunsch ausdrücke,
dass Ihre Vorhiiiullungen recht fruchtbar und anregend "Pin in?v<?en
ist drts, wenn Sie wollen, ein recht e«?oisiischer Wiin«eh. insofern er iiuf
der t^her/evignn^ l'eruht, da59, was iniuu'r Ihnen trfle;_'ent lieh solcher Be-
raihungen einen Vortheil, einen (jewinn bringt, auch einen Vortheil und
Gewinn für uns, ftlr die Unterrichtsverwaltung bedeutet. In keinem Zweige
der Verwaltung sind ja die Bexiehuugen «wischen der Begierung und ihren
Organen so intime, so innige als hier: was Sie als eine Kräftigung ihrer
Übwxeugnngen, ab eine Terbessemng Ihr» Uethode erfahren, das macht
sieh sofort im ünterrichtsweü»Mi. also ich möcht« sagen, als ein indirectes
Verdienst der Regierung «:ell»st bemerkbar. Deshalb glaube irh, Verlmnd-
Innpen wie «lie bevor>ite)ienilen nh einf^ fU'r wirksamsten Mittt-1 für -Ivsen
/weck erkennen luul besonders begrüben zu sollen. Allfrilin;,'> hiil.eu Sie
ja munni.,' fache Oi ganp. Sie haben locale Verbindunpren . in welchen Sie
Fragen Uer verschieUensten Art /m Sitiache bringen können; aber eine
80 rechte Läuterung erfikhren derartige Discuadonen doch nur im weiteren
Kreise, wo Collegen aus den verschiedensten Verhaitniisen zusammen"
kommen, CoUegcn — was ich besonders begrOße — nicht bloß einer
Nationalitlt, und sich zusammenfinden in der Berathung dessen, was der
Schule frommt.
Es sind die Verhältnisse auch in einer Hinsicht günstiger geworden,
wie mir «ch einen möchte, wenn ich einen !»ltt k auf Ihr Programm werfe.
Während Sie auf früheren Versammlun;4'»'n tlo( ii in er«ter Linie stets für
Standesfragen zw sorgen, diese 7a\ ber.it lien geiiüthigt waren, öin«! Sie nun
von solchen Sorgen befreit und können Ihre volle Aufmerkt*juukcit auf
jenes Gebiet richten, das ja Ihre eigentliche DomSne ist, auf pädagogisch-
didaktische und organisatorische Fragen.
Aber noch eine awette Betrachtung wird mir durch Ihr Programm
nahegelegt 8ie haben hier Gelegenheit, eine Reihe von Verbesserungen
aller Art: methodische, Verbesserungen, die .sich auf die Lehrmittel be-
ziehen u. dgl. kennen zu lernen, nicht etwa darum allein, weil Wien
eben der reichste Sammel]iunkt solcher Ver1ie>sernTiLren ist, sondern auch
aus den entfernte>ten Provinzen wird ihnen .ia 1 terarti;,'»'« zugetragen. Sie
haben (»elegenheit, zu sehen, zu prüfen, zu wählen, was zum besten der
Schule ist.
Sie sehen also, nach welchen Richtungen hin ich, durch einen ge-
winen gesunden Elgoismus geleitet, Ihre Verhandlungen mit Freude an be-
grüßen Ursache habe, und Sie werden mir glauben, dass mir der Wunsch
▼on Heraen kommt: Ihre Berathungen mögen fruchtbar sein, und jeder
von Ihnen möge, mit reichen Anregungen ausgerüstet, von hier wieder au
«einer Arbeit zurückkehren! (Lebhafter Beifiall und Händeklatschen. )
Vorsitzender: Ich erlaube mir, im Namen der Versammlung dem
hochverehrten Ib'rrn Section«ehef luir-eren verbindlichsten Dank für die
freundlichen und anrejrenden Worte auszusprechen (Beifall) und das Wort
zu ertheiieu dem ilenii
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220 • Miscellen.
Vicebnrg'ermeister Dr. Nctimayer: Meine hochverehrten Herren! Es
l^'creii ht gewiss jtMlein v.ahren Freunde wirklicher, idealer, wissenschaft-
licher liilduug 7.ur größten Krt^nde. eine so große Versanirolung von hoch-
angeseheneu gelehrten Milnnern dieses hochbedeutungsvollen Standes hier
▼emunmeit zu sehen. Es gereicht mir als Vertreter der Gemeinde Wien
snr bMonderen Freude, Sie begrUOen za dürfen. Gestatten Sie mir» auch
dem Wnnaehe Ausdruek sä geben, daes die Verhandlangen Aber das reiche
Material, das Sie in diesen Tagen berathen werden, zum Besten des Standes
und 7A\m Frommen der Schale dienen m($gen. Der deutsch-österreichische
Mitteläcbultag möge wachsen, er mdge aach künfUghin «einen Zwecken
nachkommen, und seinen Bestrebungen mOge immer reicher Segen wer-
den! iBHlf.lll.)
Vorsitzender: kli erlaube xnir, auch dem verehrten Herrn Viee-
bürgermeifiter luuuens meiner Berufsgeuossen den besten Dank für die
frenndlichen W<»te auszusprechen.
Idi erthdle nnn das Wort aar Evstattang des Geecfaiftsbenchtes des
▼orbereitenden Görnitz f&r den VI. dentsch-Osterreichischen Mittelschaltag
dem GesofaftflisfÜhrerstellvertreter Prof. Dr. Maiß:
Hochansehnliche Versammlung!
Der Mittelschultag hat bereits eine Tradition. Und dieser zufolge hat
vor dem He^Hnne der eigentlichen Verhandlunfien die Gesch&ftsleitung die
Verpflichtung, einen llechensehüftshericiit zu erstatten.
Der V. deutsch-Ö8terreichi6i:he Mittelschul tag hat zum Geschäftsführer
Prof. Feodor Hoppe gewählt; eine lang dauernde Kraukiieit fesselt aber
seit geraamer Zeit den irmen ans BrtI nnd hat es ihm unmöglich gemacht,
die Arbeiten fttr den VI. deatschofisterreichischen Mittelschaltag, die er
eilrig begonnen nnd selbst anf dem Krankenlager nach Krftften gefordert
hat, xa Ende zu bringen. So fiel mir als dem gewählten Stellvertreter
Hoppes die Aufji^be an, die letzten Vorbcreitnnf^'en für unsere diesjährige
Zusammenkunft zu treffen und über die Thätigkcit des vorbereitenden
Ausschusses von dieser St»dli* aus zu berichten.
Der V. deutsch - österreichische Mittelschultaj,' iiat den Beschlu;«* ge-
fai-st, wenn nicht irgend welche dringend« Angelegenheiten eine frühere
Einberuiung wünschenswert erscheinen lassen sollten, im Jahre 1897 wieder
aiisanmiettnitreten. Weder von anderer Seite, noch im SchoOe des vor^
bereitenden AasBchnaaes wurde der Wunsch nach einer soldien voraeitigen
Einbernfbng eines Tages rege, and so ließ die Geschftfbrf&hrong zu Ende
des abgelaufenen nnd zu Anfang dieses Schuljahres je eine Anfforderang
zur Anmeldung von Vortrügen und zur Hinsendung von Thesen in die
»Österreichische Mittelschule" einrücken nnd versendete im Monate >Jo-
vember de-< laufenden Stiidienjahrt'.s ein Handschreiben, welches die Ein-
ladung zur Hetheiliguug an cii-ni Mittelschultage enthielt. Diese Enuncia-
tioneu hatten mr Folge, diiss bis zum fea-tge.'Jetzten Teriume (Ende Januar
1897; nicht weniger als 40 lliemeo angemeldet waren. Nach Einholnng
der Gutachten seitens der aoBwflrtigen Mitglieder des vorbereitenden Ans-
Schusses erfolgte Mitte März die angesichts der großen Zahl von Ver-
handlongsstoffen Qberaos nothwendige Auswahl aus denselben im Schöße
den .Ausschusses und darauf sofort die Drucklegung und die Versendung
der ihnen vorliegenden Tagesordnung.
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Mtscellen.
221
Inswiachen war in AasföhruDg eines weiteren Beschlusses des V. dentsch-
teterreichiBehen ICttelicIinltaget «ne Eingabe an diie hohe k. k. Hinisfcerinm
fOr Calio« nnd Unteiricht geleitet worden, die Bitte um eine VerfQgong
enthaltend, welche ee den CoUegen ermögliche, dem schon in der ersten
Hälfte der Charwoche einzuberufenden Mittelschultage beizuwohnen. Die
rechtzeitige günstige Erledigung dieses Ansuchens, deren Details den Herren
bekannt sind, sowie die (Tpwilhrung der in einer zweiten Eingabe gestellten
Bitte um Krlnubnis der Ijenützung des Fe?*tsaale8 des k. k. akaderaii^chen
Gy iniiiisiuiiis zur Al>lialtuüg der \rollvers.iiniiiluii;T^.>n hat die (4e<>rhäfts-
leituii>f iu die Lage genetzt, genau nacii dem ihr gewordenen Auttruge
den VI. dentüclHtoterreidutelien Mittelechnltag f&r dm IContag, Dienatag
und Mittwoch der Charwoche 1897 nach Wien in dieee achOnen und vm»
Iftngst lieb gewordenem Bfinme eimtubemfen.
Wir sind f&r diese Forderung unserer Bestrebungen dem hohen
k. k. Ministerium für Cultus und Unterrieht aufrichtigen Dank schuldig,
und ich irliiube im Sinne der hochansehulichen Versammlung zu handeln,
wenn ich hier mündlich und in den) zti puMicierenden Berichte schriftlich
diesem Danke geziemenden Ausdruck vtrlt ihe
Von den Beschlüssen des V. deutach-aeterreichi.schen Mittelschultages
erforderten drei noch eine weitere Bethätigung seitens des Aasschui$se)>,
beziehungsweise gewählter Conuniasionen. Erstens ward die Verwertung
der Münskande f&r den Unterricht an der Hittelschnle einer ftnfgliedrigen
Commiemon ans Herz gelegt: &ber die Thatigkeit dieser Oommiaaion wird
Herr Prof. Y. v. Kenner morgen in der hi«{torischen Section berichten.
Zweitens sollte der Angelegenheit der Schulgürten unablässig das Augen-
merk zu^rewendet werden, um pf-ün^tig»" M<«jiu'iite für deren Fönlfrnng
Mit ht ungenützt vorbeistri-ii ht-n /.u lassen: iil>t'r den ^t.uul tlit-ser Frage
wird Herr Prof Dr. F. NoT- «Icr naturhis^torisi heu Seition Mittheihmf^en
/.ukommen lassen. Dniteu» mubäte die Drucklegung und i berreichuug,
headehoni^weise Vertheilong des dem V. deutsch -österrachischen mittel-
•ehnltage von Flrof. hl. Gl 5a er erstatteten Beferatea «Über die Gehalta-
und Baogafragen der Mittelachnllehrer* besorgt werden. Die Drocklegnng
wurde aelbstveratftndlich nnTeraOglich in Angriff genommen, dae gedruckte
Referat und die darangeschlossene Ko>olution des Mittelschultages wurden
durch eine Deputation Sr. Excellenz dem Herrn Minister für Cultu.s und
Unterrieht, sowie Sr. Excellcnz dem fb-rrn FinanzminiMter überrpieht und
an sumnitiiche Mitglieder beider holicn Uiiuser des Kficlisrathes vertheilt.
In das Triennium, weli hes (^eit jener durch Prof. (i|r, ...er musterhaft
motivierten Resolution des V . deutsch-österreichischen Mitleiöcbultages ab-
gelaufen ilt, &Uen nun die wichtigen Zeitpunkte der Einbringung der-
jenigen Geaetiearorlagen seitens der hohen Regierungf welche die ganse
materielle Stellung nnd die Kangsrerhfiltniaee unseres Standes in Zukunft
zu bestimmen haben werden. Über einen so wichtigen Zeitabschnitt kann
Ihr Berichterstatter nicht hinweggehen, meine Herren, ohne auf die Be-
strebungen der Mittelschul tage einer-, auf die endlich zugestandenen Vor-
theile anderseits wenif^tens einij^e tlikhtis^o Hlirk*» zu werfen.
Schnu Mtif dem I. MittelschuUuge iltöö) hat Tunilirz — damals
Profe!.-or, jet/.t Landes S( InilinHiwctor — Vorschlüge zur Vrrbesseruiig der
Lage der Supplenten. cm iteferat Uber die Beförderung der Frofensoren in
üiyiiizeQ by GoOglc
222
Mi»ce]leD.
di€ VlIL RangBcIa.«*« ond einen Bericht über eine Anregung betreffs Gleich-
stellung der Lehrer aller öffentlichen Mittelschulen mit den Lehrern u
h'titat»mittelÄ< hulen gebnurht. Der II. MitteUjchultag (l^iM)) hat sich über
Vortrag «1*"- Prof SwnVpoda aus <^»raz mit d*^r Frag-e der ' '•U-jch«t*^l!T5ng
der .^?a:jitii;.'»'h.iite <i»'r Mitte!''f hnl]'role>-oren in i^anz • '-t'-rrt^itii mit i'-n*^n
in Wi«ji li^fae-ieil und eine CouiUii&oion !"-auttragI, im ."sinn»' d»-- tfrent^^ii
zu petitionieren. Umfkieender be$ciikUigte sich der Iii. MitteUchuiiag
(18911 mit der Frage der Regelung der Gehalte- und Rangtferhlltniooe
der Mittelechallehrer auf Gmad eines gediegenen Beferates tob Dir.
K. Klekler, welches in Fmrm einer Petitum maOgebendenorts Qberreicht
worden ist. Auf dem V. Mittelscholtage endlich < 1894) faftf^te Prof. GlQuer
in einem niei><terhafleii Beferate alle Wöniiche, besöglich welcher .siniint*
liehe Mittel.«chulprofe'*^oren eines Sinne.s waren, zusammen, und die Ver-
Munni!?in|? bpf»rhlo»« ein^timmifr. fHe«e« R<'fernt nnd die daran ges-chlo^^ene
Ketrolution durch eine Dei^utati<'n an -i!»' » <>iii]M4entpn Stellen zu leit^'Ti.
Seither thaten die Mittel»chuivcreiiie einzelii und gemeinsam weitere Schritte,
um die Sache nicht stagnieren zu lassen.
Nachdem proTisoriach durch Gewfthmng Ton 8ab8iBteiiBnlagen den
unhaltbaren materiellen Verhältninen der Mittelschnllehrer Bechnnng ge-
tiagen worden war, erfolgte endlich am 26. HSrs 1896 eine Vorlage behufs
Begelung der GehaltH- und Rang8verhiiltnis»>e der Staatsbeamten, darnnter
auch der Mittel^chnllelirer. Sie war nicht durchaus nach nnseren VVfin-
M'hen. ja «ie enth]»lf Stellen, an denen ein-' Al.lndernng im Interesse
un-cTf^- Stnnclf*« (li-in;,'enil prwnn'-Tht pi-liifn. iJa liit'f^ o? . rn«^h Vorstfl-
lunj^eii iiiiichen und l/JtUich werden, nnd d.i w<nen es di»* Wiener Mitttd-
Hchulvereine, unterstützt von den wackeren Biuderveieineu der rroviiuen,
welche den dnogeodfiten Wünschen Aufdruck Terschafl'ten und dieselben
an richtiger Stelle snr Kenntnis brachten, nm in letster Stande zu retten,
was noch zn retten war. Es gelang in der That in einzelnen, wenn aneh
nicht in allen wunden Funkten, »mächst die Zusage eventueller Modi-
ficationen zu erhalten nnd mit dankenswerter Unterstützung der ton-
angel>end«'n l'iictoren Bokhe wirklich zu erzielen. Ich will hier nur hin-
weisen aul di*' wii htipp MaOropel der 0|pirh«telhing^ der Stamnicrehalte
allf'r Mittel«chuU«dirt r mit denen der Wiener, um .»n/udeiiten. mit welch
»ell>»tlu.wr Hingabe Uiiiuentliiii die \Viener Vereine liir d.is und nur fiir
du* eingetreten «iod, was nie tiir gerecht und dem Standesinteresse dien-
lich erachteten.
Bekanntlich hat die Vorlage betreffend die Begelung unserer Besüge
und unserer Bangseintheilung alle Stadien der Berathnng in den gesets-
gebenden Körpern passiert; das Stadium, in welchem sie sich dermalen
befindet, kann ich nicht als ungünstig, aber auch nicht als gün.stig be-
zeichnen. Vielleicht darf ich mir aber dafür die Bezeichnung , glücklich"
erlauben Ks- prc"-tattet Pessimisten wie Optimi.^en, ihre Phantasif» spielen
zu lafMen und je na*di ihrer Fav^" glücklich zu w>in, und e«? ver^-etzte den Tor-
bereitenden Auaschu-».-» de.s VI. deutsch-österreii iiisehen MittelHchiilt.iges in
die glückliche I-iJige, bei seiner schwierigen Auswahl ein Thema weniger
in Betracht ziehen zu mOssen. Gleichwohl mag der Wunsch erlaubt sein,
es mOge dieses glQckUche Stadium bald überholt und der VIl. deutsch-
Österreichische Mittelsehultag aus einem freudigeren Grunde in der Lage
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Miscellen.
sein, auf däs Thema der Kegehin^ d^r Gehalts- und ILing.^verhultnisäe der
Mittelschulprofessoren verzichten 20 können.
Aüch einer zwwteii materiellen Frage haben dch die MiUelacbultage
seit jeher wftrnutens angenommen. BesOglich der Belang der BeiQge
der Witwen und Waisen nach Miitolschnllelirern hat »chon der 1. Mittel-
t^chultag (1889) anf Grund eines Reforatea von Tumlirz maßgehendenorU
Schritte unternommen, der III. Mittelschultag (1891) hrtt auf Antnig de«
Prof. Zden»^k aus Prag abermals die Sache ins A\u^e gefasst und einer
Oommission ülx rwie^on, und auf dem V. Mittelschuitage (1891) hnt Prof,
Glöser in sein^Mn st hon erwähnt, n Rt lerate die Frage nicht iibei.sehfn.
sondern auf die dankenswerten Bemühungen des Vereines „Mittelschule für
OberGsterreich and Salabnrg" hingewinen, deaien YorBchlBge so detailliert,
sachlich und rechnerisch so gut begrflndet waren, dase weitere Arbeiten
der oben erwähnten Gommisaion geradesa tlberflflssig erscheinen mussten.
Wenn wir uns auch nicht einbilden , dasH diese unsere Thätigkeit haupt«
sftchlich e8 war, welche endlich im Mai des Jahres 1896 das Insleben treten
eines Gesetze» zur Folge hatte, das uns die Sorge, welche jahrzehntelang
den Mittpl«:ehiillphrer am allerschweraten drückte, in hohem < ;radp erleichtfn t
hat, so dürfen wir doch annehmen, dass wir durch un-* ir l'.i'iiiiiliuiii»-('n
die Dauer jener Sorge doch etwa«i abgekürzt haben. Sicher aber wiiwen
wir, dass wir das Zuütandekommeu des Gesetzes der Einsicht, dem Wohl-
wollen und der Thaikraft der hohen Regierung einerseits, der Liberalit&t
der beiden hohen Hftuser des Reichirathes anderseits va verdanken haben.
Bei dem Umstände, als auch diese Angelegenheit eine Reihe von Jahren
auf der Tagesordnung der Mittelschul tage nicht mehr stehen wird, ziemt
es sich wohl, hoehvi rohrte Anwesende, ddss der VI. deutsch-österreichische
Mitt^lschultag der li tlicn Rfjiprung, in«besoncb're S'r Kxceücn/ «lern Horm
Min!«:tf' r für Cnittis und rntt'irirht Dr. Krt-iliorrn v ti:nit<ch, sowie den
beiden hohen Hiiusern des) lieiehsrallies den t ief-ti^efülilton Dank sagt.
Verzeihen Sie. lioehverehrte Anwesende, da^s ich diesen Bericht etwas
Aber die ihm gezogenen Grenzen auagedehnt habe; <lie Überzeugung, das«
wir gewiasormaOen mit dem heurigen Mittelschnltage eine erste Epoche
dieser Institution beschlie&en, die Epoche der Verhandlang der atlerdringend-
sten Standesfragen, m6ge diese Egression entschuldigen.
Und so bitte ich nun, diesen Bericht gütigst zur Kenntnis zu nehmen.
Prof. A. Schwarz (Mahrisch-Ostrao): Gestatten Sie mir, diesen ge-
wiss sehr interes»\nten nnd dankenswerten Bericht ditrch eine Mittheibms?
zu ergänzen, welch»' zwar nicht die frosanimfe Mittelschullehverfchfift Öster-
reichs, aber doch eineji ci hcliliclicii Th»'!! derselben zu iiitert'Sisier« n ge-
eignet .sein dürfte. Ks hai nuuilich der liuhe uiiihrische Landtag beschlossen,
den Termin für daa Inkrafttreten der neuen Gehaitasätze für die mthri-
schen Landesintttelschulen, welche bekanntlich den größeren Theil der
Mittelschulen dieses Landes ausmachen, bereits mit dem 1. Januar I89ä
au fixieren, und werden von diesem Tage an schon die höheren Gehalte
zur Auszahlung gelangen.
F.=i war fogar noch ein früherer Termin in Aussicht genommen, etwa
der 1. Juli 1>'97; da aber die Land-'sbeanit.'n p-leirhzeiti'.re Oehnlts-
regulierung veriaii;;t. n und die ni itt riel It u üjder ui ilie^cin Faiie eine
Höhe erreicht liütien, welche den Finanzen des Landes Mähren nicht ent-
üiyiiizeQ by GoOglc
224
Miäceilen.
aprach» muinte der Landtag neh entschlieOen, den Tennin mit 1. Januar
1898 festzusetzen. leb glaube, das^ es wohl am Platze wäre, dem Danke
fiir die hohe Regierung und die hohen Häuser des Reichsrathes auch den
I^ank für jen«» ICr^rj^M-achaften anz.uschlieüon. welche in gleicher Weise
um die Förderung unserer materieUen Lage sich Verdienste erworben haben.
(Beifall.)
Voisitzeuder: Wünscht noch jemand ^u dem Geschäftsberichte da^i
Wort? ^Niemand meldet rieb.) Da die« nieht der Fall iit, so nehme ich
an, daM die Veraammlnng den Beriebt gen^migend aar Kenntnis nimmt.
(Znstimmiing.)
GescbftftsfiUirerttellTertr^r Prof. Dr. Maiß: leb bitte, gütigst noch
einige Einläufe 2ur KenntoiB su nehmen, welche an den Mittelschnltag
gelangt sind.
1. Der Wiener Verein der Neuphilologen ladet die Theilnehmer an
Ai-m VI. deutsch -österreit'hiHchen Mittelschultage ein, sich an dein zu
i'lingsten 1898 st-attfindenden VIII. Nenphilologentage, insbesondere an der
Herausgabe eines Banden von Programmaidsätzen germanistischen, augli»
cistiseben and romanirtiicben Inbaltes an betbeiligen.
2. Der Verein rar FOrderong des pbysikaliscben und chemischen
ünterricbtes in Wien ladet xnm Besnobe der phjsikaliscben Mostersamm-
lungen bei Lenoir and Bobrbeck ein.
3. Das Urania-Unternehmen in Wien bat für die Urania- Vorstellung
am Dienstag, 13. April, Karten zu einem um 20% ermäßigten Preise den
Theilnehmern an dem Mittelschiiltas^^e zuf^estanden. Ich bitte jene Herren,
welche diese Vorstellung besuchen wollen, sich in den aufliegenden Bogen
einzutragen, da die Anzahl der gewfinsi Uten Karten bis morgen mittags
dem , Deutschen Volkstheater " bekanntgegeben werden muss,
4. Die Grenoss^oschaft der bildenden Kfinstler Wiens hat wie bei
früheren Gelegenheiten eine Anzahl Freikarten snm Eintritte in die
Jahresaasstellang snr Verfögnng gestellt, welche gegen Legitimation im
Secretai-iate des Hauses behoben werden können. Dieselben k(innen an
jeder Besuchsstunde der Ausstellung benützt werden.
5. Ein Mitglied des vorbereitenden Ausschusses, Dir. Dr. A. Stein-
wentcr l<jra/.), bat sich mit Kriinkheit entf*c})nldit,'t und gebeten, dem
Mitteldcljultitge !?t'ine besten Wünsche zu übermitieln.
6. Herr i'rof. Dr. ilartinak (Graz) ist au luÜueu;6U erkrankt und
bat infolge dessen seinen für Dienstag vormittags in der philologischen
Section angesetxten Vortrag absagen mflssen.
Vorsitzender: Wir gelangen nun sur Bebaadlong der auf die Tagest
Ordnung gesetiten Themen. Das erste derselben lautet: «Die Verlegung
des Probejahres in das vierte Jahr der philosophischenStndien."
ich bitte den Herrn Referenten, Dir. A. Haran, das Wort zu ergreifen.
Der Vortragende. Referent Dir. Daran bemerkt in der Einleitung,
dass die Heranl»ildun^' eines tüchtigen Lehrernachwuchses für unsere Mittel-
schulen eine der wiciitigsten Fragen sei, weltdie in tler Kinriclitung des
erweiterten Probejahres, beziehungsweise Seminurjalites, einen bedeuten-
den Fortscbritt gemacht, eine endgiltige Lösung aber noch nicht gefunden
habe. Nach seiner Aoidcht wQrde diese Institution eine Vervollkommnung
erfahren, wenn sie in das vierte Jahr der philosophischen Stadien verlegt
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Miacellen.
225
wQrde. Denn biednrdi wDrde dieielbe in dM Lage Tenetst oein, alljähr-
lich die nöthige Annhl Quididatm und auch die sar ordentlichen Bin>
fnbning in die Schnlpraxii nothwendige unTerkante Arbeitaieit sa haben.
Dabei würde sich auch die Gelegenheit bieten, eine Sondernng der für
den Lchrbenif tauglichen und untauglichen Elemente vorzunehmen und
df^njenigen, welchi' keinf niiturlit he Lehrpi)>o zeigen, rechtaeitig den Rath
XU ertheilen, df»n vorfohlten Mfnit" iiufz'i£r»'l>en.
Die Fälle neion nämlich nicht selten, da?« wissenschaftlich quali-
ficierte Männer fflr den praktischen I>ehrberuf eine geringe Eignung
zeigten und ungeachtet des Probejahres und des redlichsten eigenen Be-
uiQhene im Scbnlrimraer nicht die nOtiiige Energie in der Beherrachnng der
Scbnlmicht f&nden, oder daa» tie die Gabe der Mittbeilnng und faaelichen
Darlegung de« Lehrstoffes verminen ließen. Durch die Miwgriffe solcher
Lehrer werde Erziehung und Unterricht geechftdigt und eine Zurfick Weisung
vom Lehramte, welche die Schul behörde zu TCrlugen das Recht habe, er-
wrheine nach rrfolgter Appioltation iil-* vorspütpf nnd inhuman. Otit zu
unternebten um! r.u er7,iehHn sei eino ^lücklic he (iahe (iottes, die nirlit
jedem in j^ieicheui Malse ge^'-ehen sei. Ks liege im Interesse sowohl de>
Candidaten als auch der Schule, da« Vorhandensein der Lehrgabe «obaid
als möglich so coostatieren. Die beste Erprobung derselben fiinde im Schal*
stmmer selbst statt, wo fahlreiehe Schiller ihre neugierigen Btieke auf den
jungen Lehrer richten und durch ihre ungleiche Veranlagung, Aufinerk-
samkeit und ErCusnng der an sie gestellten Fragen die Geistesgegenwart
und Anspannung der ganzen moralischen und intellectuellon Krart des
Lehrers herausfordern. Wer diese Feuerprobe gut bestehe, werde ein guter
Lehrer werden nnd verdien'^ eine weitere Awsbildniif?. Die Tonstatiernng
des Vorhandenseins (U r Lehrgabe erscheine als unerliis^lu he VoiHpdingung
für den Lehrbenit. welche der wissenschaftlichen Ijcliiltef/ihi^'ung nicht
nach-, (iondern vorausgehen sollte. Denn der mit niitüil icher Lehrgabe aus-
gestattete Oandidat werde gewiss die wissenschaftliche Fachbildung voll-
enden, wfthrend die wissenschaftliche Qnalification die mangelnde Lehr-
geschicklichkeit SU eraetaen nicht imstande «ei. In einem Seminare, welches
vor der wissenschaftlichen PrQftmg eingeschaltet wäre, würde sich die Aus-
scheidung der unbrauchbaren Naturen von selbst vollziehen, indem «io an-
gesichts der im Schulziminer <;»emachten Erfahrung und Selbsterkenntnis
den ihnen nicht zusagenden Hoden verlassen würden. Das hiltto die Schule
nijcht zu beklagen, weil ihr Interesse dringend heische. dn.«w ihr die
begabtesten, geschicktesten und wissenschaftlich gut gebildete liehrcr zu-
geführt werden. Au» der Verlegung des Probejahres würde der Schule ins-
besondere der niebt hoch genug anxoschlagende Gewinn erwachsen, das»
alle Candidaten ausnahmslos die methodische Ausbildung ihrer LebrftUiig*
keit durchmachen müssten, wfthrend bei der gegenwärtig geltenden Ord-
nung die Vortheile des Semtnaijahres einer im Verhftltniiae Eum Bedarfe
verschwindend kleinen Anzahl von Candidaten zugute kämen.
Endlich würde die Verlegun<? des Probejahres auch den Lehrauits-
candidaten einen nicht zu unterschätzenden Vorthejl bringen, weil .sie da-
durch Aussicht hilttcii . um cm Jahr früher ansteilimfr-'f'jihii» zu werden.
Gegenwärtig brauche ein junger Mann volle sicb*'U Jahre an der Uni-
versität, um die AnstellungsfUhigkeit zu erlangen, und da die meisten
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226
Hiseellen.
Oandidaten nicht zu den verra(5j^enden Leuten gehören, schrecke die all-
zulange Dauer der iihilosoitliischou Studien viele Abiturienten von df^r
Wahl des LehrberufV-i a)). Wenn auch durch die Ke^fulierung der Getiaile
dpr Lehrerschaft sich die Verhältnissse bessern dürften, so sei dies doch
nicht das einzige Mittel, dem thatsächlich vorhandenen Lehrermangel ab-
xohelfen. £9 müaste die Bernfswiihl darch Abkttraung dee Stildienganges
und durcli andere Begttnitigiuigen erleiehtert werden.
BesQglidi der Verlegong des Probejahres verweist der Vortragende
«chlieOlich auf eine analoge Vorschrift in dem Organisationsstatute für die
LebrerbildungHanstalten nnd ist der Ansicht, dass den Hörern des vierten
philosophischen Jahrpanf^os nflrtrpnht'it geboten werden .sollte, neben dem
Besuche der nkadeniis^chen Vorlesungen auch die Praxis kennen zu lernen
Wenn zu den Lehrbesuchen und Lehrversuchen nicht mehr nh vier hm
sechs Stunden wöchentlich beansprucht würden, küunte ein jeder Uörer
soviel Zeit dieser Arbeit ohne Schwierigkeit widmen und dabei die didak-
tische und methodische Literatur »eines Faches kennen lernen. Liefere
er am SchlnsM des Probejahres eine befriedigende didaktisch-pttdngogtsche
Arbeit, so könnte diese als Ersats fttr die in der PrflfongSTorsohrift ge*
forderte Abhandlung angerechnet werden. Durch solche Erleichterungen
sollte der Lehrernachwuchs gefördert werden und die Vorsorge für den-
selben 5?ich hauptsächlich darauf richten, die Verhaltnisse des Lehrstandes
so zu gestalten, dass sich tnchtt*j;e Jalciite /u dtMuseilM-n hinsfezc^en tühlen
könnten, und Kinriclituni,'en zu .•^cliutien, tlass alle Lehramt^scantlidaten eine
lueliiodi^he Ausbiiduug ihrer Lehrgabe durchmachen müssten.
Landes* Schnlinspector Dr. Langhans: Meine Herren! Da« dieses
Thema auf das Programm des heurigen Mtttelschultages gestellt worden
ist, ist ein Verdienst des Herrn Dir. Bar an. Die große Frage nach der
Vorbildung der Lehrer beschäftigt alle Miinner der Schule seit Jahr>
hunderten und in der letzteren Zeit mit besonderer Intemit&t. Seit Jahr-
zehnten muhen sich die Pädagogen in Deutschland ab , einen Weg zu
finden, auf welchem man die Schule dnhin sichern kannte, dn^s sie immer
die besten, die leistungslahi festen Männer bekouimt Die Herren kennen ja
alle Jus Buch unseres vtuelirten Collegen Adaniek, m welchem die
reiche Literatur über diese Frage fast erschöpfend verzeichnet ist. ijie
kennen die Tielen Verhandlungen der Directorenvenammlungen in
Deutschland, welche sich immer und immer wieder mit dieser Frage be-
schäftigen , ob die Gandidaten nach der praktischen Seite hin schon ^uf
der Universität für das Lehrfiu h vursubilden seien, ob erst in der Schule;
ob mehr durch theoretische Vorlesungen über Pädagogik und Didaktik
oder mehr durch sofort ii?e i>r.ikti.sche Betliätii^nnfT; ob in der Form eines
^^eminares, welche-- mit der 1 niversität in \'*".bindun<r st^ht. oder eine-*
Seminiires. welches einer Mittelachule ungeglieiiert ist; ob vielleicht durch
eine besondere Staatsan.stalt; ob durch ein bloßes Prubejahr, durch ein
ein- oder zweijähriges. Es ist eine ganze FQlle von großen Fragen, die da
im Laufe der letzten Jahrzehnte aufgerollt worden sind, und wenn auch
einzelne Staaten Versuche mit der einen oder anderen der genannten
Formen machen, wenn z. B. Preußen sich das zweijährige Probejahr an«
zunehmen entschiossen hat, wenn Österreich an einem Wiener Oymnswium
mit TorzCiglicben Kräften unter der Leitung eines in pädagogischen
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Mtscellea.
227
Dilififeii reteUieh erfabrenea und anigeseicbnet gfitcholten Mannes einen
Vetsoch dahin gemacht hat, wenn andere Staaten, wie Sachsen, sieh noch
sttwartend verhalten — SO ist das doch gewiss eine Frage, welche noch
lange Zeit alle >> hiiiniftnner beschäftijjpn wird. Es ist also ein Verdienst
des Herrn Dir. Ii a ran, dass er auch dem heurigen Mittelschultage Ge-
legenheit gefreben hat. iiieser Frage neuerdin^rs näherzutreten; e?< ist mich
vielleicht in der lüchtung ein Verdienst, das« sich m noinen Aus^tiihi uni^ji n
gezeigt hat, wie nothwendig noch für uns österreichische Schulmänner
eine Diacus»ion dieser Frage nach den verschiedensten beiten iiin iät.
Wenn ich also das Verdienst der Ansetsnag dieses Themas mit
Frenden anerkenne, so moss ich allerdings anf der anderen Seite geslehen,
dacs ich mit den AnsfÜhningen des Herrn Vortragenden, sowie mit den
am Schlüsse derselben auFgestellteu Thesen nicht einverstanden bin. Ich
glaube nicht, dass wir heute mit dieser Frage werden fertig werden
können; ich ^^laube auch nicht, da*;^ die nns heute zur Verfügung stehende
Zeit es erni-vu'licht, dt-n (jej^ensTftrn! erschöpfend zu behandeln. Allein
wird jedentaiis sehr er.«>priebiich sein, weim die zahlreichen Anwe.sen'.len
ihre Ansichten üubern werden, und wenn so das Thema zur weiteren Dis-
Ciusion in späteren Jahren and auch in den Fachzeitschriften weiter vor-
hereitet wird, wenn wenigstens sich seigt, dum der Lehrstaad das Interesse
an dieser Frage lebhaft f&hlt, sich mit ihr beschäftigt nnd noch iateasiTei-
beschäftigen will.
Als BegrQadnng fOr die ablehnende Haltung, welche ich den vor*
geschlar^enen Theten gegenüber einnehmen muss, ni9chte ich nun zweierlei
vorbringen. In erster liinie meine ich, dass ein Lehrer oder einer, der
Lehrer werden will, vor iiib-m ainirnm etwas gelernt li.ilien n)U«s- \\'enn
jeniami sich sih Lehrer versuchen will, mus« er znniUhst erweisen, wa* er
gelernt hat. Icii meine, dass aus diesem ganz einlachen Gesichtspunkte
heraus räch itlr alle Zukunft die eine Forderung herausstellt, dass jeder
praktischen EinClIhraag eines Candidaten in das Lehramt, jedem pi-aktiscfaen
Versuche des Candidaten vorausgehen moss die Absolviening der Uaiverrät&ts-
Studien und die Ablegnng der LehramUprflfhng.
Ich werde in dieser meiner Meinung dadurch best.'ukt, dass ich mich
nicht erinnern kann, djus-s irgendwo in der reichen Flut der Literatur über
diese Frage der Versuch p^^emacht oder auch nur irgendwo die M» inung
aufs^-'-tellt worden wäre, diis^ in;in ihn Lehramt«c{vndidiiten zuerst praktisch
untcrrii hten tind danu erst die i'rüiung maeiien htssen soll. Ich ineiii-'
damit nicht, dass es nicht schon Versuche gegeben hatte, die praktische
Durchbildung des Candidaten schon auf die Universität za verlegen. Die
Versuche nnd ja gemacht und empfohlen worden, den Candidaten schon
auf der Universität neb^n den theoretischen Versuchen auch praktisch in
pädagogischen und didaktischen Sachen unterweisen zn lassen. Aber dass
man ihn schon vor der Prüfung irgendwo an eine Helbständige Schule
hinauägeschickt hätte, erinnere ich mich nicht irgendwo vort."^ chlat^en
oder enipfohlen gelesen zu haben. V.n ist das also ein neuer \ oi- , hlair,
dem gegenüber man äußerst vorsichtig wird sein müssen. Das i&t der eine
Grund.
Der zweite Grund ist für mich vuu fast ebensolcher Bedeutung. Ich
weiß nicht, wie die Er&hrungen anderer Herren in dieser Beziehung be-
üiyiiizeQ by GoOglc
Miscellen.
schaffen sind, aber ich habe so oft geselion, da-« Candidaten, welche vor
abgelegter Lehramtsprüfung durch verschiedene Verhältnisse, durch den
helirprmvinpc] , durch locale Verhiiltnispe gezwungen worden sind, als un-
geprülte Öupplenlen an eine Lehranstalt zu gehen, dann eine ganz auGer-
ordeutliche Selbstüberwindung brauchten, ein Zusaimnennehtnen aller ihrer
moFaliichen Kraft, um noch xar rechten Zeit, nni vielleiebt überhaupt
noch die Lehramtspraftixig su machen , ja nn nch nur sn denelben ca
melden. Jahre- und jahrelang branchten (rft die betten KOpfe, die redliehiten
Leute, die es gut meinten mit iL im Berufe und sich, um dann inr Prüfung
SU gehen. Je älter sie wurden, desto schwieriger wurde es ihnen, und
viele sind dann überhaupt nicht ojehr hinjjp^ifanppn und sind vom Lehr-
amte abj^efullen. Ich n)eine, diese iMtalirung dürfen wir nicht aus dem
Auge luHiieu. Was vielen zum Unheile geworden ist. das dürfen wir doch
nicht als allgemeine Einrichtung, als gesetzliche Norm verlangen. Wir
wfirden ja damit große Gefabren für die Lehramtscandidaten und dann
auch nir die Schule hervorrufen. Ich will also roeritorisob gegen diese
Thesen nichts weiter vorbringen; üQr mich wenigstens sind diese swei
Punkte entscheidend, um mich mit den Vorschlftgen nicht befreunden au
können. Und nun erlauben Sie mir noch auf einiges aus den Aus-
fuhrungen , welche der Herr Referent xur Begründung seiner Thesen ge*
bracht hat, einzugehen.
Unter den Vortheilen, welche die vor^e'chlajrene An lerung der
Prüfungsordnung nach tier Ansiclit de«; Herrn Vortrafjenden mit sich
bringen würde, wurde vor allem angeführt, dasä dann immer die nötbige
Zahl Ton Owdidaten Toihanden wftre. Ich glaube nicht, dass die Durch-
IBhrung dieser Thesen eine solche Zahl TOn Candidaten schaffen wfirde.
Ich glaube, es w&re sogar die Oe&hr vorhanden, dass die Zahl der Candi-
daten dadurch noch geringer wfirde. Es ist ja allerdings namentlich in
Österreich für die Durchführung der schönen Bestrebungen mit dem er-
weiterten Probejahre, fUr den gedeihlichen Erfolg des Versuches, den man
in Wien g-emacht hat, der Umstand fatal jjeworden, dass es an Candidaten
fehlte, und das.s jetzt gur keine da sind. .Vber die Ursache lag, glaul>e ich,
darin, dass man es den Candidaten freigest*;llt hat, das Probejahr luer
mitzumachen oder irgend anderswo hinzugehen und es nicht zu machen-
Wenn nun die Gendidaten die Wahl frei haben, entweder ein koetspiehges,
schwieriges Probejahr mitsumacben oder nicht, so entscheiden sich natOr-
lieh die meisten f{lr das letztere. Es wird vielleicht nach einem Modus
)^e>ur]it werden mUs&en, dass man alle Candidaten verpfUrbtet, ein solche»
Probejahr zu machen. Die Frage ist so schwer, dass man iieute noch nicht
8agen kann, in welcher Richtung die'^er Modus wird gefunden werden
können; aber es wird gut sein, dass wir daran denk'-ii, vorerst die Dinge
beobachten und tl inn vielleicht Verhältni.sse schaffen, die e<> ermöglichen,
alle Candidaten /-u y.wnigen, ein solches Probejahr durchzumachen.
Es wurde dann weiter gesagt, dass durch die Annahme dieser Thesen
eine Sonderung der fßr das Lehrfach untauglichen Elemente leichter wflrde.
Wenn der Candidat einmal ins Lehramt eingetreten sei, dann sei es trott
aller Bestimmungen, trotz der großen Machtbefugnis dn Unterrichts^
Terwaltung. trotz der Möglichkeit, dass das Ministerium die untauglichen
Elemente entfernt, doch nicht mSglicb, sie su entfernen: denn wer solle
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229
ao inhuman sein» die Leate, die einnial ine Lehramt eingetreten sind, auB
demselben so entfernen? Ja, das bt in der That sehr aehwer, und gew'm
werden wir Sehnlmänner alle daoklMir anerkennen, mit welcher Hnmanittt,
mit welchem Wohlwollen bis ans Ä.nßersle der denkbaren Grenzen das
Ministerium in solchen Frajjen sich immer verhält, und wie e« aucli I>eate,
die anfangs oder einifj^e Zeit hindurch zum Lehrainte nicht recht tauglich
waren, nicht gleich an die Lutl setzt, sondern alle uifififlichen Versuche
macht, damit sie doch für dkia Amt tuhig werden. Alter wer soll denn in
Zukunft hO inhunmn sein, diese Sonderung vorzunehmen? Sie soll früher
gesehehen. Aber wer «oll iie flbemebmen? Nach den AnaRthrongen des
Herrn Referenten scheint es, als ob die Unirersitftt das thon sollte. Ich
gtaabe, dass die üniTernt&tskreise sich für die Aufgabe bedanken werden,
die Sonderung vorzunehmen, wenn sie überhaupt in der Lage sind, ein
Urtheil darüber abzugeben. Denn natOrlich: wenn der junge Hann ins
Schiilamt fMng:etreten ist, wenn man ihn an der Arbeit sieht, dann wird
es; dem Director und dem Inspector vielleicht möglich sein, zn nagf^n, der-
selbe sei nicht tauglich. .Vber wie sollen die Universitäti^professoren,
welche Prüfnngscommission boll denn sagen, dass jemand für das Lehramt
untauglich sei, ehe sie ihn unterrichten gesehen hat? Das ist nicht denk-
bar. So traurig es also ist, wenn jemand sich dem Lehramte widmet, der
keinen Beruf dasu hat, so schwer ist es hier wie in allen Berufen, in
einem soliden Falle Abhilfe sn tehaffen. Die Natur ist oft grausam, aber
sie corrigiert immer, wiis krank oder nicht recht tauglich ist. Solche Ele-
mente fallen denn doch ab, und endlich musB jede Institution, jeder Stand
auch damit sich zulrieden geben, dass nicht immer die besten Kräfte cur
Verfügung stehen.
Es hat dann weiter geheimen, die piakti^ehe AuMbi]ilun<j: sei sehr
wichtig. Das ist gewiss wahr, darüber üind wir ja alle einig; es handelt
sich nur darum, wie man'a machen soll, damit die Lehramtscandidaten
au6 beste vorgebildet werden. Wenn nun gesagt wurde: weil die praktische
Ausbildung so wichtig ist, soll sie nicht der FMfung naehfolgen, sondern
ihr TOrangefaen — so ist das wohl die sehwftehste Seite der Argumentation.
Ich glaube, die Begründung dieser Behauptung dfirfle sehr schwer werden.
Weiter hieß es: das erweiterte Probejahr mag noch so löblich sein,
es ist aber in seinen Wirknnj^en illnTOriscli. Wir können heute nicht fiber
diesen Punkt eprec hen. Ich erinnere nur daran, dass Iiis heute das l'rol>e-
iahr. das ein- od-T zweijährige, überall noch als der beste Modus be-
funden wurden int, den Candidaten praktisch ins Lehramt einzuführen.
Wir denken ja da gleich alle an Halle und Qießen und an alle die Männer,
die «ich mit der Sache beschäftigt haben, von Herbart an, der schon ein
Seminar gehabt hat u, s. w. Bisher steht die Frage so. dass man in allen
Staaten gemeint hat, das Beste sei noch das Probejahr nach abgelegter
Prüfung.
Ea wurde ferner gesagt, dass der Candidat dadurch ein Jahr gewinnen
werde. Für mich erj^ibt sich fiist dn^ «leq-entheil Es worden viele Candi-
daten ein oder mehrere Jahre verlieren, ich mochte übrigeu«» du-t-- Ar;^'u-
ment nicht hervorheben, denn es handelt sich jetzt doch nicht darum, dass
die Candidaten an Zeit gewinnen, sondern auf welche Weise sie am besten
praktisch filr das Lehramt vorgebildet werden.
„Ötterr. Mlttelseluite". XI. Jahrg. 16
ijiyilizeQ by GoOglc
230
Uiacellen.
Es hat dann noch ein Moniont nii ht überzeugend i^owirkt wurde
behiuiptet, das.s heutzutage die jungen Leute, wenn sie die Mittohchule
veilasst»n, bei der Wahl ihres Berntes und auch des Lehrberufe uicht von
den idealen Aufgaben deflBelben geleitet werden, sondern vielfach schüu an
die praktischen Seiten ibres Standes denken, an die baldige Aaetelliing
nnd was damit aosammenhftngt. Ich habe anch schan eine etwas mehr als
SQ^ihrige Erfahning darin» aber idi habe noch immer gesehen, dan,
wenigstens was den Lebrstand betrifft, bei der Wahl dieses Berufes noch
fast 100% dnrch die idealen Seiten desselben allein geleitet wttrdea. (Bei-
fall.) Eti mag ja mancher geirrt haben. \mi} «»r ist spriter 7U seinem
Schaden zur Einsicht gekommen, aber in der ."»tunde, wo er den Lehr-
beruf gew&hlt hat, hat ihn nichts geleitet als der ideale Zweck. Es hat
ihm in der Schule gefallen, er hat seine Lehrer verehrt, er hat in ihnen
das Höchste gesehen, er war so erf&Ut von Wissensdurst, dos« er es als
das Natfirlidiste gefunden hat, auch mitauarbeiten auf dem Qebiete des
Wisseos, es auch au Termitteln, Professor sn werden. Unsur Beruf ist ja
einer der schwierigsten und nach der materiellen und nach anderen Seiten
hin nicht einer der undankbarsten, sondern der undankbarste. (Zustimmung
und Beifall.)
Ich glaube auch, dass es praktisch sehr schwer wäre, dieses eine Jahr
in das Quadrienniuu) einzugliedern, denn, soweit meine Krfahrungen reichen,
kann es mit fünf oder sechs Stuudeu IlüJipitieruiig oder praktischer lie-
thätiguiig neben den wissenschaftlichen Studien nicht gehen. Damit wäre
nicht Tiel gewonnen; geschädigt aber wQrden dadurch vor allem die jungen
Leute selbst. Kochmals: die erste Bedingung f&r den Lehrer ist, dass er
etwas (hdentliches, etwas (Janaes gelernt hat Der erste Factor in der
ganzen Frage ist die Universität, die Wissenschaft. Erst soll der junge
Mann sich gans und ungestört in die Wissenschaft vertiefen. Er soll auch
nicht so stitdieren, da^ er sich tbrt während fragt; Was werde ich am
Gymnasium, an der Realschule davon brauchen, was werde ich dem Schüler
davon sagen uiiiö,',eu? Das wäre ein armseliger Lehrer. Fr »oll zunächst
gar nicht daran denken, er soll nur tief schöpfen aus dem Jungbrunnen
der Wissenschaft. Jeder soll denken, er werde nur Mann der Wissenschaft
sein, er werde TJniversitfttslehrer werden! Ein je höheres Ziel er sich setzt,
je mehr er sich der Wissenschaft hingibt, desto großer ist die Anssidit,
dass er ein guter, tQchtiger Lehrer sein wird. Ich glaube, Herbart sagte
einmal: Der beste Lehrer ist derjenige, der iiuiuer lernt. Wenn aber der
Lchramt-^candidat schon anfangen wflrde, nicht fortaulernen, dann könnte
wobl nicht viel Gute*? herauskommen.
Ks ist dann der praktische Vorschlag gemacht worden, dass zum
Schlüsse dieses sogenannten Probejahree eine schriftliche didaktisch -päda-
gogische Arbeit geliefert werden könnte, welche, wenn sie befriedigend
ausgefallen ist, eventuell vor der Prflfungscommission als Ekrsata fftr die
|ri&dagogisch''wissenschaftliche Arbeit gelten konnte, die heutzutage durch
die Frflfungsnorm gefordert wird. Da scheinen sich mir wiedei* verschiedene
Schwierigkeiten zu ergeben. Wer soll denn die Arlieit stellen? Der Lehrer,
der den Candidaten zur Einfuhrung gehabt hat? Ich glaube, sosehr wir
uns Mittelschulmänner achten — und jeder soll sich ja seU>st bis zu einem
guten Grade achten — können wir uns diese Aufgabe doch nicht vindi-
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^liscellen.
231
eieren, d«M wir Lehrer oder Direetoren gleichmm den Lehnuntoeandidaten
die Prüfungsarbeiten stellen. Die Kunst des ünterrichteiM erfordert, wenn
aie gedeihlich sein aoU, denn doch ein gutes Stück von theoretiacher
ünterweisnnjj. wi«?en«ch;iftliclier Vertiefung aller pädagogischen und
didaktischen Fragen, und da^u werden die meinten MittelsehuUehrer ja
nicht die Zeit haben. Da^ müssen wir denn doch den Männern der Wissen-
Äcbal't, der Universität überlassen. Ich fürchte sehr, es wurde mmi mit
demjenigen, was heute schon eine Schwäche der ganzen Prüfungdordnung
ist, daas nftmlich den Candidaten winemcfaaltlich «ehr wenig von P&di^
gogik and Didaktik geboten wird, noch ftrger werden.
Daa Wichtigste für den Lehrer i«t ja gewiia die glfickKcbe Anlage,
das Talent. Ich habe ja selbst Leute gesehen, die blutjung ohne Prüfung
an die Anstalt kommen nnd ihre Sache prachtig maehen. Ja, das sind
geborene T,»'hrer — aber auf (lie>*e allein könn*^n wir tins doch nicht ver-
lassen. Üie jjroße Mehrzahl der Lehrer werden ja nicht pädagogische
Geuiea, von Gott begnadete Individuen sein, wir niiis^en ja mit vielen
Tausenden arbeiten, wir brauchen auch den sn^nniunnteii Mittelschlag, und
wenn jemand auch Ton Natur noch so gute Anisen zum Maler hat — er
mxm doch die Farben mischen nnd bei einem Heister die Technik des
Malen« gelernt haben. So ist dies auch für das Unteniehten nothwendig»
wenigstens au dem Zwecke, damit man daiijenige, was man bei gater
Natnranlage inatinctiv triflft, auch mit Bewusstsein treffe. En wird ein
ganz anderes Arbeiten sein, wenn man bei der besten Naturanlage auch
theoretisch «eher ist der Art, wie man arbeitet. Ich möchte also nicht
wünschen. dasR irgend etwas eingeführt werde. wa<? diese theoretische und
wisben^ichaftiiche Befestigung der Grundlagen für einen guten Lehrer irgend
in Gefahr bringen könnte.
Ich behalte mir vor, einen Antrag an stellen, wonach die voigelogten
Thesen, wenn nicht abgelehnt, doch wenigstens stark modificiert werden,
bitte aber snnftchst die Facfagenossen und Collegen, in die weitere Die-
CQSsion einzQgehen. (Lebhafter Beifall.)
Es entspinnt sich nunmehr eine kurze formale Debatte, an der sich
die Herren Proff. Dr. Polaschek, Dr. Pommer, Dr. Maiß. Dr «iratzy
und Landes -Schulinspector Dr. Langhans betheiligen. Kin Antrag de«
Prof. Dr. Gratzy auf SchlusH der Debatte wird abgelehnt Ilin«:egen
gelangt der Antrag des Landen- bchu Ii nspectors Dr. Langhanä, luit
welchem sich Prof. Dr. Polaschek einverstanden erklärt, zur Annahme,
wonach annSchst die Debatte Aber das vorliegende Referat an Ende ge-
führt, die Abstimmung aber bis nach Erstattung des nächstfolgenden
Beferates des Prof. Dr. Polaschek (Über die Reform der Lehramts-
prQfung f&r Candidaten des MittelschuUehramtes) und der hierüber durch-
geführten Debatte vertagt werden soll. Die meritoriscbe Debatte wird
hierauf lortuT-'-tzt.
llei(h.>:!ruths;ibf,'eordneter I'rof". ]ir. Pommer: J'jlaiil)en Si-" mir, ver-
ehrte Hf-rrcn, zunächst zu eini^'eii ljemt'rkiui;,'en ans der ßegriindungrirede
den Herrn Vortragenden Stellung zu nehmen und dann meine Ansicht
über seine Vorschläge anssusprechen. Der Herr Vortragende meinte unter
anderem: Wenn das Probgahr mit dem Tierten Studienjahre zusammen-
gelegt wfirde und man sich dann übenceuge, daes der Candidat nicht die
16*
üiyiiizeQ by GoOglc
Miscellen.
praktische Begabung zum Unterrichten habe und sie auch nicht erwerben
k6nne, dann werde es rechtzeitig rnftgUch sein, ihn zn veranlassen,
diesen Beruf aufzugeben. Meine Herren, wenn Sie <l;vjj „rechtzeitig" nennen
— ich habe von „rechtzeitig" eine andere Voisitelliing. Ich glaube, reelit-
^itig wäre es, wenn man einem solchen jungen Manne bei Beginn «einer
philosophischen Studien sagen würde: Da hast nnn einmal das latent
dam nicht, dn battdai Minimam natflrlicher pftdagogischer Begabong nicht
mitgebracht, läse dieee Laufbahn jGdiren, wende dich einer anderen sn!
Wenn aber der Mann nnter den größten Opfern vier Jahre lang sich ge>
mfiht und gepUlgt hat, ihm dann am Schlüsse dieses vierten Jahn* TO
sagen: jetzt kannst du gehen, ihn an die Luft zu setzen, wie ein anderer
Redner gesagt hat — das finde ich nicht «rechtzeitig" und Tor allem nicht
hamon. Dm gienge absolut nicht.
Der natürliche pädagogische Takt, den jeder haben muss, um unter-
richten zu können, lässt üich lactiafch nicht lehren, er lusst sich nicht
lernen, namenlUeh aber lAaet er nck nicht im Verordnungswege erzeugen.
Bi ist aber anch ndur leicht heraussubringen, ob jemand dietie Begabung
hat oder nicht. Qerade bei denjenigen, wdkihe «ich den philoeophischen
Stadien snwenden, ist dies in den allermeisten Fällen nicht schwer. Keines-
wegs die mit GlQck^tem gesegneten jungen Leute "ind es, welche sich
diesen Stuilien widmen, sondern zumeist jene, die rei< h an Idealen, aber
sehr ;n-in an (TlÜL'k>-güteru sind. Diese jungen Leute sind ohnedies ge-
zwungen, sich durch Privatunterricht fort/ubhngeu. ich habe viel aelbst
unterrichtet, privat und öflentlich ; u ii iiabe vielen anderen Lehrern Be-
seitigung gegeben. Ich habe mich stets sehr rasch fiberzeugt, ob ein
solcher Lehrer imstande ist, seine Stelle aussoAllen oder nicht. Ich sehe
ihn ein oder swei Privatlectionen geben und weiß dann — allerdings
nicht, ob er die Verordnnngen auswendig kann, ob er alles gelernt hat,
was er zu lernen verpflichtet ist, ob er seine Prüfungen abgelegt hat —
aber das weiß ich, ob er ein guter Lehrer wird oder nicht. Dazu braucht
man kein rrobejahr, kein einjähriges und kein -/.weijUhriges. Dieses Minimum
an natürlicher Begabung, da^ jedt-r braucht, hebe sirh vielleicht so aus-
findig machen, dass man jedem, di r sich dem jjraktisdien Lehrfache wid-
men will, der un einer Mittelschule zu wirken die Absicht hat, in irgend
einer Weite Gelegenheit gibt, sich praktisch zu bethfttigen — aber am Be>
ginne und nicht am Ende seiner Stndien.
Es iat dann gesagt worden. derVersnch mit dem verlängerten Probejahre
könne nicht fortgesetzt werden, weil es an dem Nothwendigsten fehle, an
Qwididaten. Es habe sich herausgei^tellt, dass diejenigen, die von Haus ans
zum Lehrer berufen sind, sich famos bethiltigt, <Va!W «ie !*ich sofort zu den
Vortriiiren gemeldet, wahrend die Ängstlichen inntit-r wieder um AufMchub
gebeten haben. Da gibt es niclits anderes, ah div .itig*<tlichen zu zwingen.
Die beste Methode, jemandem diw Unterrichten bei/.ubringen , ist: man
hisse ihn unterrichten. Schließlich muss jeder seinen eigenen Weg finden;
kein anderer kann ihm den Weg Torschreihen, den er tu gehen hat. Diese
mangelnde Freiheit der IndividuaUt&t, die man uns immer mehr beschrftnkt
(Lebhafte Zostimmnng), wodurch man die Lehrfreudigkeit yemichtet, die-
jenigen Men.schen, die voll Ton Idealen zum Lehramte gegangen sind, end«
lieh dahin bringt, dass sie sagen : Meine Lehrfreudigkeit ist capat; wenn es
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Miacellen.
233
mir möglich ist, gehe ich wieder davon, so dtm lie zum Schlosse mit denelben
Begeutemoff Tom Lehnunte gehen, mit der ne «ich ihm sogewendet haben
das itt daran ichuld, da« wir nicht mehr Lehrer haben. (Beilall.) Die
Ängstlichen soll man einf.uh in ilie Schule hineinstellen, so wie man
8chlieC*lich jemanden, der die nötbigen Tempi gelernt hat, am beuten zum
Schwiiumen brinf!^, wenn nmn ihn ins Wiiaser wirft — ich habe mir selbst
schon den Spaß fifemacht — nur moss man schaaen, daw er dabei nicht
ersäuft, und dem kann man schon.
Und nun ^ur &tche selbst. Ungenügende Entlohnung, iuangelhafte:i
Avancement, fortwährend steigende Anforderungen haben es dahin ge-
braeht, dam wir sdilieOUeh nicht mehr daa nöttuge Material haben, nm
derartige Ezperimoite an machen, wie sie Torgeachlagen worden sind.
Wer hente ans piaktiechen Rfldnichten eine bestimmte Stodiemichtnng
einschlägt, der überlegt sich's gewiM, Hittebchnllehrer zu werden: der
winl Jurist ! Der Jurist kann alles werden, der versteht auch alle»! (Heiter-
keit und IJc'if.ill.) Wer vor 20. vor 30 Jahren znr Ntittclschule gegan^n
if«t, der h;it wirklich ein grol.>C'r Ideiilist sein müssen. I'nd wenn diese
Leute no(}i dabei gfhlit.^ben sind, so zeigt das nur, dass die Ideale unaus-
rottbar sind. iBtHfall.j
Ich stimme ganz mit dem übereiu, was Herr Landet - Schnliupector
Langhans gesagt hat« dam ein solcher VorBchlag, wie er hier gemacht
wnrde, die theoretische Ansbildnng, welche die Haoptsache ist, gans ge-
wim itihrt. Ich stimme femer aas piaktischen Rücksichten daftlr, daas der
Stodieogang nicht verlängert, sondern wenn möglich abgekUrst werde,
nnd werde mir erlauben, einige diesbezügliche Vorschläge zu machen
Eine Abhilfe namentlich in der Hirhtnnpf. wa.s daa Probejahr »iiheliinM.
würde ich darin erblicken, dass man da.s er^te Supplentenjahr als Probe-
jahr betrachten und behandeln »oIL Um kurz zu sein, unterbreite ich Ihnen
folgende Vorschläge:
1. Da durch eine Verlegung des Torzüglich praktischen
Zwecken dienenden Probejahres auf das vierte Jahr der philo*
tophischen Studien der ruhige Verlauf der theoretischen Aus-
bildung des Lehramtscandidaten gestOrt und beeinträchtigt
wflrde, spricht sich die Versammlung gegen diese Verlegung ane.
2. Eine Abkürzung des Studienp^nnge«, von deren drin*»en-
der Noth wendigkeit die Versammlung überxeugt ist, möge
eintreten:
a) durch die Erlaubnis, die Haus44rbeiten schon im vierten
Studienjahre zu machen (diese Arbeiten sind ja theoretischer
Katur, und man lernt dabei außerordentlich Tiel);
6) durch den Wegfall der sogenannten pädagogischen Haus-
arbeiten (Ich bin so lange in Wien und werde vielleicht tou Ihnen
verstanden werden, wenn ich mich durch die Blume ausdrücke: Sie
wissen wohl alle, mit welchem botanischen Namen diese pädagogische
Hat)«*aurgabe gewöhnlich be/eichnet winl [Heiterkeit]; <\nm jemand da-
bei iüi- 'Pim^ ji'i(lr!^''-"7i>^c}!.> V^üfbiTig wirklich etwas profitiert hätte, ist
mir wenigj-ten?* nicnt l>«'k.uint geworden) :
c) durch die Zusammenlegung des Probejahres mit dem ersten
Supplentenjahre in dem Sinne, dass das erste Supplenten-
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234
Misceilen.
jähr zugleich »l« Probejahr behandelt wird; die Beatimoiiiii-
gen über die Anrechenbarkeit der Stipplentenseit in die
Dienstzeit gelten aneh ffir dieses erste als Probejahr za ge-
staltende Sapplentenjahr. (Lebhafter, anhaltender BetfitU and
Hände k latschen . )
Prof. Dr. Wei ß: Die sehr dankenswerten Ansföhrnngen der beiden Herren
Vorredner waren so erschöpfend, da-s nur eine (^'» rinpr** Nachlese erflltrigt.
Ich m'W-hte nur noch auf zwti Momente ;ius den Austuhrun;,'Hn des Herrn
Referenten zurückkommen. Der Herr Hefereut wie» dariiui hm, dasä es bei
dem bisherigen Modus im Falle eines Lehrermangels eventuell geschehen
kOnne, dass man anch anf solche greife, die das Probcgahr nicht gemacht
haben. Ich glaube, im Falle eines Lehrermangels wird man bei dem vom
Herrn Referenten beantragten Vorgaoge sogar aof soldie greifen, die nicht
nur kein praktisches Probejahr gemacht, sondern überdies anch noch keine
wissenschaftliche Prüfung abgelegt haben. Anderseits mus.«« auch erwogen
werden, das- nac h den Erfahrungen an der Anstalt, in welcher da.«; erweiterte
Probe.iahr einf,'efiihrt wurde, die Herren, welche dieses Jahr durchmachen,
in solcher Wei^e von dem Schulleben in Antfpruih «»■enonmien wurden,
daiis sie sich ihren eigentlichen ötudien überhaupt nicht widmen konnten.
Gestatten Sie mir, meine Henen, zum SdJosse noch eine Anregung.
In der Richtung waren ja die Herren Vonredner nnd der Herr Referent einig,
dass man die piaktische Vcrbildung in erste Linie stellen soll. . Das mnss
aber anch für alle Lehrer gelten — auch für den israelitischen Bdigions'
lehrer. Man klagt sehr häufig darüber, dass gerade bei diesem Gegenstande
die Disciplin in mangelhafter Weise g^ehandl^abt wird. Ich bedauere, sagen
zu müssen, dam der wesentlichste Theil der Schuld darin lieg^t. daas man
— um mit dem Dichter zu reden — die Menschen auf diese Stelle setzt
und -ie dann der Pein überlässt. (Heiterkeit.) Sie haben ja nach ihrem
Studieogange und ihrer Vorbildung niemals Gelegenheit gehabt zu sehen,
wie man*s in der Schule za machen hat; die meisten haben sich haupt-
sftcblich der theoretischen Wissenschaft gewidmet, sie haben alle Kräfte
aufgewendet, tficfatage Theologen zu werden, aber in die Schule sind sie
nicht gekommen. Der Beruf eines Lehrers fQr den Religionsunterricht
föllt meist dem Seelsorger der Gemeinde, dem Rabbiner zu, der diesen
Unterricht als Nebenaufgabe betrachtet. Woher .«oli da die Pädagogik
kommen? Wenn daher der jüdische Keiigionsnntcrricht an den Mittel-
schulen sich »'inbürgeru, erfolgreich betrielten wtnden und nicht die gn'nze
Schule benuchtheiligen soll, so muss, glaube ich, dafür Sorge getragen
werden, das^ auch derjenige, der dem Lehramte des israelitischen Re-
KgioDSunterrichtes an den Mittelschulen sich widmet, vorher den Nadiweis
eines unter der Leitung eines erfahrenen Fachmannes zurllckgelcgten
j^bcijahres zu erbringen habe* In diesem Sinne erlaube ich mir anch eine
Resolution vorzuschlagen des Inhalts: Es möge das Probejahr obligl^
torisch auch auf den israeliti« ht n ReUgionsunterricht ausgedehnt werden.
Tiandes-SchuHn^fpeotor Dr. Hueraer: Hochverehrte Herren' Es i.<?t
hervorf.,''ehol)cn worden, dass der Vor.^cJilag des Herrn Dir. Baran ein
neuer si-i I»fm gegenüber constaticre ich. dae-^ er nur dann neu Aväre,
wenn lu.ui diese Einrichtung aU ein sogenanntes Seoiinarjahr und nicht
als eine Art Probcijahr betrachten wollte. Als eine Art Prob^ahr wird
ijiyiiizeQ by GoOglc
Miscelleu.
235
ne bereits prakticiert leb bedauere* daw keiner der Herren« die bier er-
acbienen sind« Gelegenbeit gebabt bat, dae ta ieben, und da» ancb kein
•cbriftlicher MeinaDgaanstanacb über diese Frage eingeleitet worden ist.
Teil Inn in der angenehmen Lage« mit dem Director des Gymniisiutus in
Heidelberg, Uhlig, in Correspondenz zu stehen, der dort eine solche Ein-
rirhtiinf;: «fpsehaffen bat Er ist — das ist sehr wiphfi^j — Professor der
Pädagogik iin der dortif^en (^nivprsitÄt und Director eine«! berühmten
Gymnasiums. Als L'niversitiltsiirotVssor wiililt er sii h eine* Sclmr von jungen
Leuten aus, die er für würdig hält, um sie inji Gymnasium mitzubringen
nnd dort in irgend einer und xwar aebr beecbeidenen Weise fftr das IVobe-
jabr Tortobereiten. Endgiltig ist die Frage anob in Baden niebt gelOst,
ab«r man beschiltigt neb in ganz DentecUand mit ibr. Als Prof, Ublig
anlässlicb des Philologentages — woher er manchen Herren TOrtbeilbafft
bekannt sein dürfte — dcb in Wien aufhielt, bescbrieb er mir, wie er
dieses Probejahr durchführe. Er nimmt, wenn oh ihm gerade behagt, den
Studenten mit in die Scliule. lässt ihn /.uliören, lilsst ihn auch in seiner
Anwesenheit unterrichten. ^Sobald er aber merkt, dasH desf^en Kenntnisse
nicht mehr ausreichen, greift er ein, und zvaii', wie er mir godugt hat, in
sehr kategorischer Weise; er entzieht ihm das Wort, und der junge Mann
ersebeint aoeb blamiert. Ich moas geetd^, ieh k(bmte einen aolcb^ Vor-
gang nicht ab nachabmemwert, sondern bOdisten« nnr ab Nothbehelf be-
aeichnen.
Einen Nothbehelf haben wir auch in Osterreich, nämlich in Krakau.
Dir. Dr. Kulc/ynski ist auch Professor der Pftdagogik an der Universitfit
Krakau; er hat nach cinicren Hofjpitiemngen in Wien, nachdem er sich
auch die Einnchtung des erweiterten Probejahre? angesehen hat, diese
Art Probejahr in Krakau in der Weise einj^etiihrt , das« er aus seinen
Hörem geradezu einige auswählt und dem Gymnaaium, dessen Director
er ist, zuweist. Sie bekommen auch Stipendien und werden nach der äußeren
Form des Wiener erwmterten Probejahres eingeführt. Welehe Er&farungen
die Herren dort gemacht haben, weiß ich awar, ich darf es aber nicht
sagen, da ich ancb Amtsperson bin. Dir. Kulcsyüski wird aber gewiss
jedem, clor ihn dämm angeht, die nöthigen Anskflnfte geben. Eine Frage
aber ist jedenfalls auch dort nicht gelöst: wann werden diese Candidaten,
die den (^fanzeri Vormittag im Gymnasinm sind, ihre Prüfiuif^ machen?
(Zustimmung.) Dir. Kulc/.ynski sa;.,'t otl'en: Wir h;>lifn seit .Fuhren einen
Lehrermangel in Galizien . wir wollen eine Ausbildimi; tler Candidaten,
daher dieser Versuch. Ich glaube aber, auf den Standpunkt sollen wir uns
nicht stellen. Ich freue mich, daas die Ansicht eine allgemeine ist, dass
der Lehrer entsprechend rorgebildet sein Lehramt antreten soU.
Was das erweiterte Prob^abr anlangt, so bin ich yielleicht einer
der wenigen in dieser Tersammlnng, welche diesen Yersnch Ton Anfang
an beobachtet und auch gesehen haben, was diese Candidaten leisten.
Vielleicht ist einer dieser Candidaten hier, um Ihnen xelbst offen zu sagen,
wa.M er hiebei gelernt bat, und wie er jetzt im Lehrfache über diese Ein«
ricbtung denkt
Die Erscheinung?, da.«!-s keine Candidaten da sind, ist erst in diesem
Jahre eingetreten. Ich muas auch betonen, dass viele absolvierte Studenten,
denen ich eine Supplentur abzutragen in der Lage bin — ich bin jetzt
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236
MMcellen.
oft in flic^pr unan;^oii<'!ii!T'ii Lage — ent<?chiodr'M aV.-Tlphnt und erklärt
iiabeu: W ir machen lieber das Probejahr in Wien. Auch die^ Erschemung
moss man begrüßen.
Endlich musa ich erwähnen, dasa der Vorschlag, den Herr Prof.
Dr. Pommer geiuacht faai, dfiM das Probejahr mit dem Sapplenienjahre
yerbunden werde» «ich bereite verwirklicht tst> Ich erinnere an die Ver*
ordnnng vom 1. November 1898, wonach jeder Cudidat, geprfifb oder
ungeprüft, wenn er ein Lehramt ftbemimnit, eingeführt werden mua«.
Wir müssen titiM ab^r wieder sagen: djis « in Nothbehelf und wurde
auch aly o)ch»n- in die Welt gesetzt. Das Übel liegt jedoch nach meiner
Ansicht nicht im l'robejalire. sondern ganz anderwärb) und ist daher auch
nicht durch eine \ erlegung des Probejahres zu beheben. Wenn wir aber
beschließen, diksn solche unfertige Leute schon sollen unterrichten können,
wie fttehen wir dann gegenüber den Herren Ärzten und Juristen da? Wird
es jemandem dnfiJlen, ro einem Juristen, bevor er seine Prflfiiagen gemacht,
bevor er die Universität absolviert hat, zu sagen: Geh in den Gerjchtasaal
und fUhre eine Gerichtsverhandlung? Oder darf jemand, ehe er seine
£iuinina gemacht hat, als Arzt auftreten? Ich glaube, die Herren mQssten
mit einer gewissen Geringschätzung auf uns herabsehen, wenn wir sagen
würden: Lehren kann man schon nach ein paar Jahren! (Lebhafter
Beifall und Händeklatschen )
Laudes-Schulinspector Langhaus; Wenn ich sagte, das» der Vor-
schlag des Herrn Referenten ein neuer sei, so war damit nicht gemeint,
daas solche Versuche nicht schon gemacht worden w&ren. Mir ist bekannt,
dass det Director des St. Anna- Gymnasiums in Krakau diese Versuche
macht, und die Bestrebungen des Prof. Uhlig sind ja auch bekannt durch
das Jahrbuch und die AMiandhing von Fries. Ich habe nur gemeint,
dass DÜgendwo von einer Behörde der Versach gemacht worden i.st, dies
zu einer Noruiativbestimmung zu raachen, und ieli freue mich sehr, da»s
der geehrte Herr Landes -Schulinspector Huemer auch der Ansicht ist,
es sei nicht angezeigt, ans demjenigen, was ein Versuch, ein !NothbeheIf
iat, eine 2soi uiativbestimmuug xu machen.
Ich habe mir vorhin die Formulierung eiiies Antrages vorbehalten.
Ich meine, dass wir fiber solche DetaiMragen wie die, ob das Prob^ahr
am besten mit dem ersten Supplenteqjahre zu verbinden ist, heute noch
nicht mit voller Beruhigniq; und gutem Gewissen absprechen können. Ich
würde daher einen liesrhluss wünschen, der nach keiner Richtung hin
pr^judiciert. aber doch den allgemeinen .Standpunkt der AiittelschnUehrer
zum Ausdrucke bringt, und stelle folgenden Antrag:
Der VI. dpnt^<ch-österrpichi*<che M i t tel sch u 1 1 ag lehnt die
vorgelegten. Thesen ab und siuieht seine Cberüeugung dahin
aus, das» das erweiterte Probejahr die beste Form der prakti-
schen Vorbereitung der Lehramtscandidaten ist, und dass da-
hin zu wirken «ei, dieses Probejahr kttnftig für alle Candidaten
zu einem obligatorischen zu machen und Verh<nisse zu
schaffen, welche es ermöglichen, dass alle Lehramtscandidaten
ein solches Probejahr vor ihrer Anstellung durchmachen.
Prof Dr. Höfler: Ich möchte einen Punkt herausgreifen, iU)er den.
wie ea scheint, die Versammlung bereit« mit sich ins reine gekommen
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MUcellen.
237
ift, wenn aueh das Ergebni« noch nicht in Form einer fraten Abetiumung
vorliegt. Ich meine die pädagogiach-didaktieche Hausarbeit Niemand Ton
uns glaubt, dam diese Arbeit in der Form, wie tie jetit üblich ist, den
Zweck, den sie dem Gesetze nach eritlllen soll, wirklich erfülU. (,Sohr
richtig!") Ea ist das eine Anffasenng, die ich seit vielen Jahren bei mir
tmjre, und die ich wohl noch länger bei mir getragen hätte, wenn nicht
durch die lip'iti<_'** riiv. ii>i>;i()T^ i1**r rn'jTf.nstand aotuell geworden wäre.
Al«o n;ich der iieguiiven >i'ite hin: Ab^chattuug der pädagogisch -didakti-
schen lliuiiiarbtit. i^Zuätiiumung.) Die Frage ist nur, ob ohne oder mit
welchem Ersätze. Nun, meine Herren, so oft über das Thema der Lehrer-
bildung gesprochen wird, leeigen sich die Aufinssungen in dem Punkte ge«
thmlt« ob nicht die natürliche Lehrbegabung als Ersati für alles dasjenige
ausreiche, was man theoretiecb-pftdagoi^he Vorbildung nennt. Aufrichtig
zu sagen, dnss sie von Pädagogik nichts halten — das pflegen gerade
nicht viele; die sich das denkten, sind dafür umso mehr. Wenn aber Art. V
dor Pnifungsvorschrift sajjt: ..lodcr Candidat hnt während seiner Stiidien-
v.eit Mich difjenifje allgeiDeine pliilnsophische und pädagogische liiMung
auEueigntn. die dem LflirtT wus imiiicr filr eines Faches unentbeiirlich
ist," so glaube ich uicht, du*s uud einer Versammlung von Mittelschul-
lebreni jemals der Antrag hervorgehen würde, diesen Pamus xu streichen.
Das heißt: man getraut sich nicht, auf die pftdagogische und philosophische
Vorbildung au Tentichten. Aber so stehen wir heute, dass man froh sein muss,
wenn ein Minimum von p&dagogisch'didaktischer Bildung in streng wisäen»
schafilicher theoretischer Form Ton den Studierenden der Tiiivfrsität
gläubig und spontan auf sich genommen wird. Ich kann Ihnen ais i'tivat-
•docent sn^^pn: in meinen follpnien Ober Psychnlofrir» habe ich üb»»r zwanzig
Hörer; in iu6ine CoUt';,'ien ühor Pii(liij,'oxik ^chcu mir Assistenten von der
Technik, mich Professoren, aber einen LehraujUcandidaten habe ich in
meinen pädagogii»chen CoUegien noch nicht gesehen, außer einem einzigen,
welcher der deutschen Sprache nicht mftchtig war (Lebhafte Heiterkeit)
imd sich darin Tervollkommnen wollte.
Indem ich nun beute vor fünf Jahren an dieser Stelle vorschlug, man
möchte dafür sorgnn, dass die Universitätsbörer ein zweistündigem Colleg
durch ein Semester mitmachen, in dem sie sich über die nöthigsten Grund-
>>egrittc der Psychologie, der Logik und der Ethik unterrichten, ind'^m ich
<l;i^ nlü ein Ea^iiitenzniinimum bezeichnete, habe ich mir harte Vorwürfe
^uge^.orren . als ein Verräther an der i)hilo>ö))hi?chen Bildung. Mancher
Vorwuri tallt ja auf den zurück, der ihn eibebt. ich vertiieidige mich in
keiner Weise, vielleicht habe ich auf andere Art den Beweis erbracht, dafts
ich kein Verftcbter philosophischer Bildung bin. (,So ist es!*)
Ich meine also, es sollte ein Ersats geschaffen werden, und erlaube
mir sofort einen wieder hOchsfc bescheidenen Vorschlag au machen, von dem
ich, um ja kein Missverständnis zu erregen, ^ge, dass ich mir die Sache
wieder im Sinne eines Existenzminimums denke:
1. Der ,\rt. V der Prüfnnijsvor^rhriftcn vom 7. Februar dessen
Alinea 1 gelautet hatte: .Jeder Candidat iiat wäineiid seiner Sttrdienzeit ^ich
diejenige aüjjemeine jihilosophisohe und pädujfO'^'is, h,- liilduug anzueignen,
<lie dem Lehrer was immer für eines Faches unentbttiirlich ist (Art. II, 2b),
und hat den Erfolg dieses Studiums durch die häusliche Bearbeitung eines
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Miscellen.
Themas dantathnn" — ist dahin absuftndern, dass die Worte «darch die
häusliche BearbeitoDg eines Thefflas* dtircli die Worte eisetst werden:
„hat in seinem Gesuche nm Zulassung aur Lehramtsprüfung
die Erfallnng jener Forderungen darsuthun durch die Vor-
legung ron Colloquienzeugnissen Uber mindestens ein von
ihm ;;ehörtes philosophisches und mindestens ein pädagogisches
ünivorsitätscolleg."
Ich denke mir, das» diese zwei Colloquieu nicht unmittelbar vor der
Lehramtsprüfung abgelegt werden, sondern wenn der Studierende ein.
Colleg gehört bat, das ihn angesprochen hat, von dem er findet, et> bei
der Mühe wert» das noch einmal dnrehxudenken, wenn er namentlich in
Collegien , in denen der dialogischen Lehrform nieht aus dem Wege ge-
gangen wird, seinem Profesior ohnedies bekannt geworden ist — dann»
meine Herren, ist es keine Belastung für ihn, sieh die Bestätic^ung darüber
au holen« dass dasjenige gethan worden ist, was auf dem Papiere ja für
jeden vorge«chr!»>^pfi ist. Wenn es in meinem Antra«^ heiCvtr ein |ihilo-
sophi.-chea und ein i»iidiif:foj»ische8 Collefjium, fo ist d'v Fr;i'jf> nulieüpgpnd:
ja, worüber? Das ij>t nun bisher in der Prüfungsvoi m h 1 1 1 1 nirht suis-
gesprochen gewesen, und ich wäre datur, dass es auch in Zukunlt nicht
geschehe. Wir dürfen erwarten, dass an mner Universität pädagogi^iche
Vorlesungen nur in einer Qualität gehalten werden, die der ünivenitäi
wflrdig ist. Worfiber das pädagogische Colleg xu handeln hat, das soll
man der Ehre der UniTentität in der Weise flberlamen, dass man es nicht
in ein Gesetz oder eine Verordnung hineinnimmt. Wenn die Lehr- und
Lernfreiheit an der Univei-sität am Platze ist, so habe ich nichts als die
Lernfreiheit auch für die Lehramtscandidaton in An-^pmch genommen.
Wenn ich nun mgc: ein philosophisches Culleg, so weib ich wohl, dass
mau in eiuem Colleg nicht die Philo;oi)hie lehrt und nuch nicht einea
Auszug für Lehramtscandidaten zurecht macht, aber Nietzsche üagt ein-
mal; „Der Unterschied «wischen ,ichts* und nichts..." (Heiterkeit), und
ich glaube, dem Nicht« gegenfiber wärde ein hfichst bescheidener Anfang-
am Platae sein.
Und nun mOcbte ich zu dem zweiten Punkte übergehen. Es wurde
heute schon gelegentlich die Institution des Gymnaeialseminares gestreift
Im Jahre l^i»3, auf dem Philologentat^e in Wien, war ich Mitj^lied der
jiädat^orjischt. n Section. D.unals wurde von den CoUegen aus dem i)eut"j' h<*M
Reiche eine Heihe von Vorschlügen gemacht. Endlich hat auch College
Dr. Looö — ich dari ihn so nennen, denn damals war er noch Professor
(Heiterkeit) — das Wort ergriffen und in einer Rede, die den stürmischesten
Beifall fand, gezeigt, dass mit dem Oymnasialseminare der Nagel auf den
Kopf getroffen ist. Die Gymnasiallehrer aus Deutschland haben die dar
maligen Auseinandersetsungen des Prof. Loos in einer Weise, bei der von
Liebedienerei oder dergleichen nicht die Rede sein konnte, mit donnerndem
Beifalle begrüßt. Ich irre wohl nicht, wenn ich meine, dass dieser stfu mt^che
Beifnll dann auch 7ur Activierung jener Institution geführt hat. Nun
sind wir über iJ^r^-^f Institution insofern orientiert, iil'^i uns Loos über alle
Stadien des Vorganges in der Gymnasial/.eitsohrift berichtet hat, und er
hat niemals ein Wort des Bedenkens oder der Klage gefunden, bis auf
xwei Punkte. Der eine war: zu wenig Candidaten, und es ist gewiss f&r
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Miscellen.
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eiut' Institution, die einstweilen die Vorbereitung? für den Gymnasial-Lehr-
ütand eines ganzen groben Staates übernommen hat, beschämend, wenn
man fragt: Werden wir sechs oder ftlnf oder vier Candidaten bekommen?
Weaii nur drei, so können wir nicht na&ngen!
Die andere Klage erlaube ich mir mit den Worten des Dir. Loos
aas dem Hefte der GymnasiAluatKhrift für das Jahr 1897, 8. 108, Ihnen
vorzuführen: „Einstweilen nehmen wir das Oute überall da, WO wir es
finden — Grenzpfahle sollen uns davon nicht abhalten — und verarbeiten
PS nach unseren Bedingnnp;on, immer die Aufnierkmmkeit auf die jeweilioj'en
Ergebnisse gerichtet, dir uiiü am V>f ten zeigen, nach welcher Richtung hin
wir uns verbesbcrn müssen. Rückwärts ist unser Blick auch auf die Uni-
versität gerichtet, die schließlich doch unser erster Heiter ist; denn je
besser vorgebildete Candidaten bei nns ins Probejahr eintreten, desto leichter
voUsieht sieh unsere Einfllhrungsarbeit nnd desto sicherer kOnnen wir auf
Erfo]||;e rechnen. Ich meine aber damit nicht bloß, da« die Wissenschaft*
liehe Ausbildung der Candidaten an der Universtt&t, soweit sie deren
besonderes Fach betrifft, sondern namentlich auch die philosophische und
pädagogische Schulung soweit vollzogen sein soll, dass wir auf dieser Grund-
lage einfach ins Praktische hinein weiterbau on und wciteiTiben können.
Glücklicherweise haben wir noch immer diesen Rückhalt an der Universität
gefunden, und es ist bei nns wohl ziemlich lan^^e her, diiss die Universitäten
diene Art von Bildungsarbeit als außerhalb ihrer Aufgabe liegend günziich
von sich at^wiesen haben, wenn Mich noch hie und da der Fall eintreten
mag, wie ihn Schräder füx Deutschland beklagt, dass Philosophen mehr
ans Neigong ale Beruf nnd Ausrilstnng die Fftdagogik in den Kreis ihrer
Vorlesungen gezogen haben.*
In diesem selben Aufsat/.e i^t auch der Ausdruck ^didaktische Schluss*
arbeiten" gebraucht. Diesen Aufdruck habe ich mir nun in dem sweiten
meiner Antrii^'e aufzw<^reifen erlaubt:
2. Einen weiteren Ersatz für die sogenannte pädagogische
Hausarbeit bilden die didaktischen Schlussarbeiten, durch
welche der Candidat sich schriftlich über den Erfolg seines
Probejahres ausweist.
Zur Erlftntemng des Ansdruckei „didaktische Schlussarbeiten" Ter*
weist der Antragsteller darauf, dass nnd wie der Leiter des Wiener Oymnasial-
seminares Dir. Dr. J. Loos diesen Ausdruck in seinem Anftatze „Unser dritte
Seminarjahr" gebi-aucht (Zeitschr. f. d. österr. Gymnasien, 1897, S. 101).
Nähere Bestimmungen über die Ait der Themen^ebung für diese Schlus^-
arbeiten. o!» nie, wie bisher, vom Candidaten selbst zu wählen oder ihm
zuzuth* !- n seien, über die Zus«mmenj;etÄung der ComuiisBion zur IJe-
urtheiiun;^ dieser Arbeiten u. «. f. empüehlt der Antragsteller bis zur de-
Bnitiven Ausgettaltang der bisher nur provisorischen Einrichtung von
Oyrnnaoalseminaren au versparen. (Lebhafter Bei&tl.)
HoCrath Prof. Dr. Schenk 1: Ich hätte nur awei knise Bemerkungen
SU machen. Die eine berieht sich darauf, dass durch die Verlegung de«
Prob^ahrea in das fierte Jahr der Oniversitätsstudien eine Scheidung
zwischen Berufenen und Unberufenen geschaffen werden soll. Diese
Scheidung vollzieht sich an iler I nivorsitat von selbst Ich kann darüber,
durch eine lange Reihe von Erfahrungen belehrt, sprechen. Erstlich fallen
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Miscellen.
schon im ersten Jahre eine ganae Reihe von Candidaten ab, die »ich
anderen, namentlich den juridischen Studien zuwenden. Man darf daher
die Zahl der Candidaten nie nach den Angaben der Inacription berechnen,
denn im zweiten Semester stellt sieh gegenöber dem ersten eine ffan*
andere Zahl hrran^. Dann vollzieht sich eine weitere Scheidung, das ist
freilich eine sehr traurij^e. indem nämlich eine Anzahl von Candidaten
völlip verlAren j^eht, inütMu uns ihnen .sozusagen nichts wird; sie mögen
Uana vielleicht einer oder der andere einer praktischen Beächäftiguog im
Leben weh inwenden, aber aoWel ich gehdrt habe, ist da nicht« Gute« Or
die Zukunft xn hoffen. Eine dritte Scheidung tritt am Ende des achten
Semesters ein, da wenden sich viele dem Doctorate su und nach Erlangung
desselben einer Stellung an einer Bibliothek, einem Archive u. s. w. IHece
haben offenbar die überaeugung, daas sie nicht dazu berufen sind, Lehrer
zu sein, sondern dass sie vielmehr einem anderen Gebiete angehören. Ich
planbe also, die Gefahr ist durchaus nicht so groß, das>< nnt>»^rnfene Leute
in^ Lehramt kommen. Es müssteii sich ja sonst schon schreckliche Folgen
gezeigt haben, die man aber bisher nicht beobachtet hat. (Heiterkeit.)
Dann möchte ich noch eine sehr kurze Bemerkung machen. Wenn
nibnlich das Probejahr in da» vierte Studieqjahr verlegt wird, dann wird
thatsilf hlich das Universitatcstudtnm von acht auf sechs Semester redueiert
(Zustimmung.) Dann mfissten aber doch vor allem die Vertreter der Hoch-
schule das Wort erhalten, um sich darüber auszusprechen, ob ihnen die
sechs Semester genügen, denn sie haben früher den Antrag gestellt, dass
die BPch^ Semester auf acht ausgedthnt werden, und das ist auch infolge
de.ss('n geschehen. Es könnte n\>>o nicht so ohnewoit.-rs der Beschlus:? j^e-
fusöt werden, diese acht Soiupster auf sechs zu reducieren. sondern es
mflpste die Fiaxe gestellt werden, ob die Vertreter der Hochschulen der
Ansicht Rind, dass mit sechs Semestern wirklich das erreicht werden
kann, was die Wissenschaft nach dem gegenwärtigen Stande erfordert
(Beifkll.)
Prof. Dr. Jerusalem: Kur einige Äußerungen des Herrn P^of.
Dr. Hofier veranlassen mich dazu, ums Wort zu bitten, nicht uro ihm au
widersprechen, denn ich bin mit allem einverstanden, sondern nur um
eine Ergänzung vorzunehmen. Ich möchte ntir unsere Lehramtscandidaten
an der Universität j^eij^en den an<? der I{ede des Herrn Prof. Höfler
gewissermaLten hervorUnu liiend en \'oi wurf eiu wenig in Schutz nehmen,
dass sie sich für theoretische Pädagoj^ik gar nicht interessieren. E» mag
wohl sein, dass die allgemeine Pädagogik wenig interessiert, aber ich bin
ttbersengt, dass Herr Prof* Höf 1er selbst da, wo er fiber den Physik*
Unterricht spricht, Lehramtscandidaten in hinreichender Zahl finden wird.
Ich kann aus eigener Erfahrung Folgendes mitthetlen. Ich habe heuer ein
CoUeg über Psychologie im Dienste der Grunmatik und Interpretation an-
gekündigt und habe vier oder fünf Hörer zu finden sehnlich gehofft, aber
kaum erwartet. Thatsächlich haben sich .35 Hörer inscribieren la.ssen:
darunter waren fünf Gymnasial- Lehramtscandidaten in den höchsten
Semestern und ein Professor aus Dänemark, der sich in Wien zur weiteren
Au.sbildung aufhielt. Man kann uUo uniiehmen, dass Vorlesungen päda-
gogischer Art über spectelle Gebiete von den Hörern gerne besucht werden,
und ich glaube, dass derartige Vorlesungen auch fOr die {»ftdagogische Aus-
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Miscellen.
241
bilduDg der Lehramtscandidaten vielleicht eher von Wirkung sein werden
Iiis colehe, die «ich mehr auf allgememen Gebieten bewegen.
Prof. Dr. Brenner (JSgerndorl): Meine boch?erelirten Herren! Einer
Anregung dei Herrn Lnndes-Scbulinapeeton Dr. Huemer folgend, erlaube
ich mir, nnr einig»^ wonige Worte über unsere Ausbildung ain Wn-a-
Oyronasium zu sprechen. Ich niuas allerding» vorau9<M;hicken, duas ich
Kpeciell schon während meiner Gyrannsialatudien Privatunterricht erthoilt
habe tiiul aiuli führend der l'ni versität'^laiifbahn pehr viel riclei^enheit
dazu hatte. al?o tiadurch (rewissermuüen eine Vorbildung erhielt. Ich nnisg
aber «igen, da«8 ich, der ich allerdings nur ein halbes erweitertes i'robe«
jähr niitzumacben Gdegenheit hatte, hiebe! sehr viel gelernt! habe. Jkmtk
was man beim Einselonterrichte lernt, ist selbetverstAndltch gar nicht maß-
gebend filr den ünterrieht vor einer Mehrheit Die Haaptvortheile nnierer
Ansbildttng am Wasa-Gymnasium sehe ich darin, dfm wir vor allem nicht
bloß eine praktisch-pädagogische .\a>bildung erhielten, sondern auch eine
theoretisch-pädagoglsche. Herr Dir. Dr. Loos hat großes Gewicht darauf
P''!»'irt, daas wir auch in der p!ida^nr»i?rhfn riit*»rRtnr uns um-'^hf-n. loh
wiinie also etneui l'unkte <ref^'»nul)Hr , den Herr Prof. Dr. Hofier vorhin
erwulaU hat, mich etwas ubltdinend verhalten, dasM nämlich nachgewiesen
werden solle, da^iä der Candidat ein CoUeg über Pädagogik an der Uni-
yersttftt gehört habe, wenn man dieses Institut des erweiterten Probejahres
weiter fordern will. Dem Mangel an Lebramtscandidaten am Wasa-Gym*
nasiam könnte man vielleicht dadurch abhelfen, das» man eine n&here Ver-
bindung zwischen dem Inwtitnte de.s erweiterten Probejahres und der Uni«
versität herbeizuführen trachtet. Ich würde also den Antrag stellen:
Der VI. d eu t sch - ö.sterreie Ii i >^-'he Mittelschultag erachtet
es n]H wünschenswert, dass zwischen dem Institute des er-
weiterten Probejahre» und der Universitätslehrkanzel für
Pädagogik eine engere VerUindnng geschaffen werde.
Landes- Scbulinspector Dr. Langhans: Zu dem Wortlaute meines
Vorschlages habe ich noch za bemerken» dass ich hiebei mit dem er-
weiterten Probejahre jene Institution gemeint habe» welche man hier so
nennt, nftmlich das Seminar im IX. Bexirke. Ich halte also auch diese Form
für die bebte, welche bisher versucht wurde. Was aber den Antrag des
Uollegen Dr. Bronner betrifft, so würde ich doch wünschen, dsiss wir
heute in unseren B^-^'^h lassen auf soli he IV'tailhestimrnnn'xnn noch niebt
eingehen. Dsuj will ruhi«^ .studiert, am b» st.-ii in Fachzeitsc hriften erwogen
werden. Der Mittelschiilta«,' hat überhaupt nicht die Aut^alie, mit ferti^^en
Dingen zu komuien und diesbezügliche Beschlüi^e zu fassen, üonderu er
soll nur sein Interesse an sämmtUchen Fragen zum Ai»dmeke bringen und
Anr^nngen geben. Ich wflrde daher empfehlen, dem Beschlüsse eine
solche Fassung sn geben, welche nach keiner Richtung pri^udieiert. aber
doch alles Gute späterer Bestimmungen in sich enthält. Ich erlaubte mir
deshalb zu beantragen, dass der Mittel'^chnltag erkläre, er halte
die Institution des erweiterten Probejahres für die ent-
sprechende und wünsche. da«s furdif» A u'^p^e staltung derselben
günstij^ere Verhiiltnis.se <j;esc h .i ft'en werden.
Da dich aienuind mehr zum Worte meldet, wird die Debatte ge-
scblo^cn; die Abstimmung wird geniäb dein vorausgegangenen Beschlösse
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Miscellen.
bis naeb Erledigung des Referates des Prof. Dr. Polaschek Aber die
Beform der Lehrftutsprafong i&r Candidaten des Mittelachallehramtee
▼ertagt.
Voffitzpnder: Es sind noeh folp^ende KundgebuTicrpn nn das Präsidium
do3 Mittelschulta<jes gelanget. Kin Telejframm von dorn Geschäftsführer
Prof. Hoppe: , Leider verbindert, die festliche Versammlung als Geschäfts-
führer T.ix begrüßen, sende ich muino herzlichsten Wünsche. En mögen die
Arbeiten des Mittelscbultagee TOn bestem Erfolge begleitet sein.*
Bin vweites Telegramm von Herrn Regierangnath Dir. I>r. J. Hack-
spiel in Frag: «An persönlicher Theilnabme leider gebindert, aber
im Geiste alle Pbaien der Verband Inngen mit regstem Interesse Ter-
folgend, wünscht dem VI. deutsch -österreichischen Mittel schaltage ans
ireudig bewegter Brust den gedeihlichsten Erfolg Hackspiel."
Vom Vicepräsidenten des nieder^sterreichischen Landeisschnlrathes
Sectionscbef Dr. Erich Wolf ein Brief, in welchem es heißt: „Zu meinem
lebhaften Bedauern bin ich gehindert, den Verhandlungen des diesjährigen
Mittelscbultages beizuwohnen. Durchdrungen von der Bedeutung des
Ifittebcbultagei; fttr die FortentwicUaag nnseres Bfiitelsdiiilwesens hege
ich nicht nur den lebhaftesten Wnnich, sondern ancb die feste Über-
»eugnng, dasa der die^ilhrige Hittelscbnltag, sidi seinen Vorgängern wflrdig
anreihend, mit schönstem Erfolge anregend und befruchtend anf alle
wirken wird, denen die Sorjre um das Gedeihen der Mittelschule, um das
Wohl der Lehrenden und Lernenden am Her7en liegt. Mit re<j-«tem
Interesse sehe ich dem^ Berichte über die Ergebnisse des Mittelscbultages
entgegen.-
Ich erkläre die heutige Versammlung für geschlossen.
(Schluss der Versammlung 12 Uhr 10 Minuten.)
Vm S ühr nachmittags begannen die Seciionssitsnngen.
Sfiction für KLörperpflege tind Sciiu.lJb.ygierLe_
7um Vorsitzenden wurde Herr Dir. IL Bartelmiis (Tro]i])aiO. 7^^m
Steilvertreter Dir. H. .lanuschke (Teschen) und zum Schriftiührer Prof.
Max Guttmann (Wien) gewühlt.
Dir. Dr. G, Hergel (Aussig) erstattete sein Referat über die Frage:
„Was ist auf dem Gebiete dep körpei'Ucheii Ausbildung unserer
Hittelsehuljugend erreichbar?**
Unter dem Hinweise auf den gewaltigen Umschwung, den die Scbnl-
eraiehung in Osterreich seit noch nicht ganz einem Decennium dadurch
genommen hat, das» sie eine ganz besondere Berücksichtigung der Pfl^e
körperlicher Übungen in den Kreis ihrer Thätigkeit aufnahm, zeigt der
Vortra^rende nnter lirrTÜndeter Anerkennung der schaffensfrohen
Willenskraft der geMaitunten Lehrersehaft auch auf diesem Ge-
biete, was sfit d"in bekannten Minibterialerla^se vom 15, September 1890,
Z. 1Ü097, an den deutschen Mittelschulen Österreichs auf dem Gebiete der
Pflege körperlicher Übungen geleistet wurde, und was bievon in Zukunft
beizubehalten, eventuell noch mehr su begQnstigen, oder aber als nicht
hiehergehOrig aussuscheiden sei.
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Mizellen.
243
Während sun der Vortragende den Haaptxweck dea Handfertig-
keitsttnterrichte^ unter Benifunvr auf Scbenckendorff und Schiller
als nicht nach der hygienischen Richtang gelegen bezeichnett tritt er
insbesondere ein
A. a) für einen d reiatündicren obligaten Tti muntern ehr nntoi
einem geeigneten Lehrer in t inein geeigneten Räume uml mit. i Hin-
weis auf den eminenten Nutzen und auf die diesbezüglichen BeHtitnmungen
in Dentschland»
h) für den obligaten Schwimumnterricht, der gerade der
Jagend der 6ro0städtef die auf manch andere körperliche Übungen im
Vergleiche zn den Schfllem der Provins verzichten musi, leicht geboten
werden könnte;
B. a) unter Hinwoi» anf den miinnis^f.iltigen Nutzen für Körper. Geist
und GemOth liir eine müglichst inteu.sive l'flege hatjpts.lchlich kloinorer
Ausflü«?»'. (leren lit^itung auch ^(>n »leni nicht spiel kundigen und
altereu Lehrer übernommen werden küun; denn genide solche Spazier-
gänge können von der Mehrzahl der Schüler häufiger unternommen
werden, da sie keine besonderen Opfer an Zeit und Geld erheischen and
nicht sosehr von der Witterung abhängig sind wie der Aufenthalt anf
dem Spielplatse,
b) für die Begünstigung des Schlittschuh lau fens und jener Be«
wegungsspiele (unter thunlichi^ter BerUckdchtigung ¥on Orts- und
landeafi bl ichen Spielen und lu i strenger Scheidung von den Turn-
spielen, die auch weiterbin einen integrierenden Bestandtheil des Turn-
betriebes bilden sollen), welche „bei möglichster Bewegung das Intei cssi'
einer gröberen Zuiil möglichst gleichmäßig beschäftigter ."^chüier
unter Ausschluss irgend einer Gefahr für die Gesundheit der Schüler
f&r längere Zeit fesseln*; beide Übungen jedoch unter möglichster Wahrung
der freien Bewegung, der freien Selbstbestimmung und Selbstwahl der
SchOler in jeder Beziehung. Denn nur auf diese Weise kOnnen sich die
Spiele wieder einleben, nur so arbeitet das Schulspiel dem Voiks.spiele
vor, das nicht nur vom hygienischen, sondern auch vom socialen
Standpunkte aus nicht nntfr«chntzt werden sollte;
C. fiir dajj Baden und Rudern, für da«« Schn^e^if hulil aut en,
Schlitteni'ahren und Eisschießen (sowie etwa noch für einige ^vh ufn-
balUpiele), für größere Ausflüge und Schülerreisen, für Gurten-
arbeiten u. dgL ni. je nach den loealen Verhältnissen.
Dagegen glaubt der Vortragende, dass einselne Übungen, wie das
Reiten, Badfahren und Fechten aus ▼erschiedenen Grfinden (Kost-
spieligkeit, unzweckmäßige AusnQtzung der erlangten Fertigkeit) nicht
Gemein Übungen fQr Schfiler öft'entlicher Externate werden können, andere
aber, wie dasTanzen, verschiedene Schießübungen und militärische
Kxercitiei), ramidenbauen und Stelzenlaufen, Ttirnersch erze
und Tnrnerreigen, Schach- und Billartispiel u. s. w.. als den In-
tentionen des obcitierten Erlasses fernstehend . ;,'ar nicht hieherzuzählen
und daher auch in den Jahresberichten nicht auszuweisen wären.
Als nicht minder verfehlt beieicbnet der Vortragende die Ver-
suche, eine körperliche Übung durch eine andere in der Weise
an ersetxen, daas s. B. zugunsten der Spiele oder des Badens Turnstunden
üiyiiizeQ by GoOglc
Miscellen.
aufgelassen wurden» da doch die anderen körperHchen Übungen nicht ge-
trieben werden sollen als Ersatz fQr dos Turnen, sondern weil eben —
^ie in dem oben eitierten Jh>la«se heißt — „der Betrieb des Turnen»
allein nicht ausreiLlit, nm die .Tiiirpnd leibÜcli ^'eniio^end zu kräfti^^n".
Endlich tritt der \'ortrajfende aueli i>or 1 1 i c fi r n Ausartungen
entgegen und mahnt in dieser Hinsicht inübesoadeie bei Wettspielen
£Ur Vorsicht.
Aib er;»te Autorität für die Pflege üämmtlicher körperlichen Cbun»
gen bat der dem Lehrkörper angehörende, faoblich und pftda-
gogisch entq»reehend vorgebildete Turnlehrer sn gelten, ihm sur Seite
stehe ein Schnlarst, der über die hygienischen Verhftltnine der Schul*
iftume und sämmtlicher SehOler strenge wacht und in dieser Hinsicht^
unter vollkomniener Wahrung der Autorität des Directors, mit diesem»
sowie mit den Mifu'H'^dcrn des Lehrkörper^ Ilind in Hand f»eht in der
theil- schriftlichen, theils iiiüadiichon lielehrun^ der Schüler, Kitern und
Kostj^eiier über ilas Wi<sen>\verte8te auf dem Gebiete der HyK'*-i>*^-
Das Referat wurde beitälligät zur Kenntnis genommen und veranlasste
eine ausgedehnte Debatte. In dieser lenkt snnäcbst Dir. Januschke die
Aufmerksamkeit der Versammlung auf swei jüngst erMfaienene Ministerial*
▼erordnnngen, welche an den im Tortrage behandelten Fragen in innigen
Besiehungen stehen. In der einen wird die Art und Weise der Tum*
dispensation bereits sehr zweckmAßig ger^;elt. Über die hygienischen
häuslichen Verhältnisse sind Erhebungen angeordnet, und diese zeigen,
dass die Behebung der Schäden in den Ötudentenwohnungen eine sehr
schwierij^e Aufgabe ist. Diese Auf-^abe kann durch die Zuweisung an den
Arzt nicht gelöst werden. Es kann dies vielmehr nur durch Staatshilfe
und durcju Zubammeu wirken alier Erziehungüi'actoreu geschehen. Die
hygienische Braiehnng soll wie die sittliche in allen Unterrichts»
disciplinen gefordert und die Schüler sn einer gesunden Lebensführung bei
allen Gelegenheiten gewühnt werden.
Prof. Dr. Victor Nietsch (Graz) führt aus, dass seit etwa zehn
Jahren verschiedene Bestrebungen durch ihr stflrmisches Auftreten bemüht
sind, die Aufmerksamkeit vom Turnen ab- und das Interesse der Schule
auf fernerliegende lieibesühunj^en hinzulenken. Doch leistet gerade das
Turnen alles, was von ihm gefordert wird. Ks i'^t deshall) mindestens dem
Zeichnen gleichzubteilen, und also auch für das Turnen wie lür dieses Fach
eine beiondere Fachinspection zu errichten, liedner warnt vor einer über-
bfirdung der Turnlehrer und stellt aum Schlüsse Antrüge betreffisnd a) den
Turnunterricht, b) Fachinspectoren, e) die dritte wöchentliche Turnstunde
und d) die Kothwendigkeitt dass auch wissenschaftlich befühigte Lehrer die
Eignung für das Tumlehramt erlangen mögen.
Landes-Schulinspector Dr. V. Langhan s (Troppau) wünscht, das.^ aus den
nuf^*e4ellten Thesen nur das Neue, i\ho vixn 1. die Einführnnj^ des obliiraten
Sichwimmens, aus 2. die Emlührung einer dritten wöchentlichen Turnistunde
und aus 3. die BestelhuT^ eine«! Schuhirzteü heraujjgegritl'en und darüber
debattiert werde. Bezüglich des letzten i'unktes wird von der Zuwendung
einer zu großen Machtvollkommenheit an den Schularzt gewarnt. Dieser
kann auch nur in Verbindung mit dem Hause Ersprießliches leisten; doch
sollen alle Lehrer in hygienischer Beaiehung zusammenwirken.
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Prof. Dr. Karl Mfilloer (Kaadeii) Terweist daraof, da« manche
Wfliuehe des Herrn Referenten bereit« durch die eoebea erschienenen In-
stractionen erf&Ut aeien, und warnt ebenfalls vor einer Überbfirdnng der
mit Turnen beschäftigten Lehrer.
Prof. Adolf Bechtel (Wien) macht zuerst auf den bedeutenden
Unterschied aufmerks-am. der fi5r die Durchführung der den Körper bilden-
den Übungen zwischen I'rovinz und Grof^stadt besteht. Was die Ausflüge
und Spiele betrifft, so muss die Retheil i^ninfj^ hiefiir eine freiwillige sein;
Zwang würde der Sache nur «»cbadeu. Die lies teil ung eines Schularztes mit
der beantragten Ifachtvollkommenheit würde sn nianeherlei Zwiatigkeiten
nthren. laibeiondere aber mllase man gegen die voigeeehlagmen Wett-
kftmpfe Stellnng nehmen. Sie haben allerdings durch die stattgefundenen
pOljmptschen Spiele* einen m&ehtigen Anstoß erhalten, und in vielen
Staaten und Schulen strebt man danach, sie in irgend einer Form nach-
zuahmen. Dadurch werden aber nur einzelne angeregt, wahrend die Maase
der Bilduni^sbedürfti(*en beiseite gelas3':'n wird. Die dabei erreichbaren
Au«?zeichnunf?en zeitij^jen vollends einen falsciien Ehrgeiz, der wiederum
nur zu einem verderblichen Diiettantismusi führt. Aus diesen Gründen
luüääe er sich gegen die Veranstaltung von Wettkämpfen au^tiprecheu.
Tnmiehier Jaro Pawel (Wien) stimmt den Aosfllhrungen des Senn
Landes- Sdralinspeetois Dr. Langhans auf Einschrftnkni^ der Debatte
bei. Im allgemeinen aber mflase er offen bekennen, dass ihn der Vortrag
bei allen seinen sonstigen Yontflgen nicht angesprochen habe. Vor allem
mache er darauf aufmerksam, dass gar vieles im Vortrage enthalten sei,
was uns läiif^^t bekannt, tlieiln anch durch l)e6tehende Einrichtungen f^anz-
lich aberholt sei. Zudem wurden in tier Kehundlung^ die einzelnen Gebiete
der körperlichen Erziehung recht ungleich bedacht; eine besondere »Sorg-
falt itahe man mehr oder weniger nur dem Jugendspiele zugemeä&en.
Schließlich wäre es recht wünschenswert gewesen, die einzelnen Thesen
durdk ein statistisches Material und Tor allem durch Darlegung der Mittel
und Wege begrOndet zu sehen, wie alle diese Vorschlftge praktische
Verwirklichung finden könnten. Oberseugend und belehrend hätten auch
Hinweise auf die Einriobtmigen des Auslandes gewirkt. Die WegUiäsung
einer solchen Grundlage bedeute einen fQhlbaren Mangel, wozu noch der
hemmende Umstand gelanc^e, dass die einschlägige Fachliteratur nicht in
dem .Maße gewürdigt wurde, wie es ein so hochwichtiger Gegenstand ver-
diente.
Turnlehrer Max Guttmann (Wien) hebt zuerst die rege Betheiligung
an den Berathuu>3'eu dieser Section hervor; dem Vortrage haben 97 Schul-
männer, darunter Hofrath Dr. IL Wretschko, mehrere Landes-Schul-
inspectorea» Direetoren und andere Lehrer der Mittelschulen (unter diesen
sehn Fachtumlehrer) beigewohnt, und nach Abgang der Philologen zu den
Verhandlungen ihrer Section seien noch immer 50 Personen snrQckgeblieben,
welche sich für die weiteren Verliandlungen interessieren. Das spricht
ohne Zweifel für eine Zunahme der Wertschätzung, welche der körper-
lichen Ausbildung von Seite der Schulmänner eut^'egen^'el.»racht wird.
Wenn diese St* jrrerun«,' anhält und mehr und mehr au Verbreitunsj ge-
winnt, dann werden mit der Zeit auch die Mittel gewährt werden, welche
KU einer intenaiTeren Pflege der körperlichen Ausbildung nothwendig sind.
„Otteir. MlttolKhate". XI. Jahrg. 17
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246
MuoeUen.
Was nun Herrn Dir. HergeU weitgehende Forderungen betrifft, so
gelangt er zu diesen durch die Beiintwoitnng der Frage: „Was ist . . . erreich-
bar?" Dieser Frage stelle sich ei ue andere gegenüber, welche lautet: „Wjir
ist ... erreich tV Bei Beantwortung^ dieser neuen Frdi.re -tüßt man nun auf
die traurige Thatsache, diw^ uü unter den 274 östi'ir('iciii.s<;liiea Mittelschulen
noch immer 17 Anstalten gibt, welche nicht einmal das t'aculta-
tive Tarnen eingeführt haben. Dm Turnen aber bildet anerkannter*
maßen die Grandtage der kUrperliehen Ausbüdnng; wenn demnach dieie
Grandlage fehlt, dann kann an einen weiteren Aufbau doch nicht gedacht
werden. Die heutigen Verhandlungen würden daher die Sache vor allem
dadurch fördern, wenn sie dem Wunsche nach einer beschleunigteren
Durch t'ili'.üiig' des obli;^atori'?ehen Turnens .\u?^<lruck geben wurden.
Turnlehrer Kobert Keller lUielit/.' polemisiert zuerst imt mehreren
vorhergegantjenen Kednern , spriclit sicli auch {^e^en die Veranstaltung
von Wettkäuipleii aus, billigt aucr nicht Dir. iiergeU Unterschied zwischen
Tum- und Jugendapielen und ferlangt vor allem, da« bei Neubaaten auf
einen entiprachenden Tum«aal nebst freiem Tumplatse Rücksicht genommen
werde. Dieses begründet er mit Erfohrungen, die er in Wien und mehreren
Stftdten Deutechlands gemacht hat.
Dir. Dr. Gustav Hergel verwahrt sich gegen den von J. Pawel
erhobenen Vorwurf man<:;elhafter Literaturben üteung; eine nur halbwegs
befriedigende Berücksiclitij^unj^ der Literatur hatte ja bewirkt, dass der
Vortrag weit über den gesteckten Kähmen hinausgewachsen wäre. Der
Vortrag aber bildet nur einen Auszug aus einer gröberen Arbeit, welche
demnächst erscheinen werde, und dort sind eingehende literarische Nach-
weise itt finden. Dir. Hergel zerstreut dann einige Bedenken über die
hygienischen Bestrebangen, den Schniarzt, die Dispensationen vom Tomen
betreiSend, h< aber seinen Unterschied swischen Tum* und Jagendspielen,
dann die Nothwendigkeit einer dritten Turnstande aufrecht und Tertheidigt
die Veranstaltung von Wettspielen.
In der nun folgenden Specialdebatte liilut Lande.s-Schulinspector
Dr. V. Langhan^ (Troppau) au», das« der Vortrag, wie auch dio statt-
gefundene Besprechung sebr b-brreieh j»ewesen sei. Doch dürfe nicht über-
sehen werden, dass viele in der eröteu These enthaltenen Vorschläge von
den Behörden entweder bercnts durchgeführt oder schon zur Durchführung
angeordnet sind. Daher möge aus der ersten These nur die eine Forderung
herausgriffen werden , welche die hohe Begiemng um möglichst rasche
Durchführung des obligatorischen Turnens ersuchi
Turnlehrer Jaro Pawel (Wien) erwidert auf die ÄusfAhrnngen des
Dir. Her gel, dass er ihm durchaus nicht nahetreten, sondern, bei voller
Anerkennung der gebotenen Anregungen, dem von ihm empfundenen
Mangel des Vortrages Ausdruck geben wollte.
Prof. Ludw. Lechner (Baden) meint, lia-s. wenn die ilritte l'urn.-tunde
in der Form, wie sie gewünscht wird, uuch gewahrt würde, auü ihr baid
nur eine weitere Turnstunde entstehen würde, und mit den Spielen wird
es dann wie bisher schlecht bestellt sein. Von den freien Spielen h< er
nicht viel, da die Erfahrung gemacht wird, dass gegenwärtig eine Beauf"
sichtigung noch immer sehr nothwendig ist.
Turnlehrer Max Guttmann (Wien) erinnert daran, dass die früheren
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Mittelscbultage bereits «ehr gewichtige BeschlOsae über fiut alle hente
vorgebrachten Materien geliust haben. Er bittot don hente tu fassenden
Bi'ischmäsen die Chtoael Toraufzustellen „in Übereinstiuiiuung uiit den auf
den früheren Tfi<?iingen rjefasstfn Beschlüssen", und in den ersteren das
Tutntn, die Jugend»>pit'le und die übrigen in Verwendung befindlichen
Leibesübungen zn bf»riick.sichti^en.
Reverend Dr. William Hechler (von der englischen Botschaft in
Wien) theilt mit, da» er selbftt aehoo 48 Jahre spielt, und so spielt in
Snghuid alle». Ja die bedenteikbtai Mftnoer waren auch die besten Spieler.
In lebhafter Weise tritt er l&r die Veranstaltnng von Wettspielen ein,
welebe nnr edle Tugenden wecken und im friedlichen Ringen nur fVeand*
Schäften gründen. Ein Wettkainpf findet ja auch in allen Arten desToniens
statt. Er tritt endlich auch fiir eine grOßere JMlaehtbeflignis des Directors
ein, wie CS in En<^land der Fall ist.
Zur zweiten These ergreift Lundos-Schulinspector l)r. V. lianghiins
(Troppan) dm Wort. Er logt Gewicht darauf, duss jede .Anstalt ihre ei^n^ne
iuruhalle beait/.e, und schlugt vor, eine diesbezügliche Resolution zu
fiassm.
Tnmlehrer J. Pawel (Wien) stellt den Antrag, dass neben geräumigen
Turnhallen auch ein angrenzender freier Tnmplats verlangt werde.
Prof. G. Lnkas (Leiter der Universitätsturnanstalt und des Tora-
lehrer-Bildungienraes an der Wiener Universität) stimmt dem Vortragenden
in der Fordernnj» bei. dass jeile Anstalt einen eigenen, entsprechend vor-
gebildeten Turnlehrrr hcnitzen solle. Dagegen sei das Verlangen eiriet-
dritten wöchentlichen Turnstunde verfrüht, und ebenso wird die BeschatiunH;
eines Turuplatz«^ nicht immer erreichbar sein. .Mau hat au( h in letzt^n-
Zeit mit Turnlehrern verschiedener Qualität Erfahrungen geuiacht, und
es wäre die Erledigung der Frage zu wttnschen, welche Turnlehrer
man wolle. Man kann dem denteit obwaltenden Streben, den Turnunter-
richt in die Hand der Mittelscbullehrer selbst su legen, im allgemeinen
xnstinunen, ohne den bi.'-herigen Turnlehrern im geringsten entgegen-
xutreten. Über die Turnlehrer mit wi^nschaftUcher Befähigung haben
übrigens wlion mehrere Directoren Erfahrungen gemacht, und es w3re zu
wun«;€hon, dass hierüber auf einem der künftigen Mittelschultage gesprochen
werde.
Prof. A. Bechtel (Wien) spricht sich für die Nothwendigkeit eines
Turnplatzes sowohl flir die Hauptstadt, als auch für die Provinz aus; je
kleiner die Stadt» desto leichter kann ein solcher beochaift werden.
Prof. L. Lechner (Baden) tritt noch für die Beschatfong eines Spiel-
platzes ein, der sidh wom%Uch an dm Tnmplats anschließen solle.
Nachdem nun die dritte These mit Hucksicht auf die jflngst erfloesenen
Instructionen zum Lehrplane für Turnen fallen gelas^n wurde, fasste die
Sectton das Ergebnis der Bt-rathnnf,' in fulf^ender Weise zusammen:
Die Section tiir Kü r [> e r p t'l e rr t; \ind Schu lhy>jiene hat die
Ausfü h r u nt^e n des Herrn Dir. r>r. ilugtav Hergel (Aussig) mit
Befriedigung zur Kenntnis genommen.
Die Versammlung hat weiter von der Aufstellung be-
sonderer Thesen mit Bfleksicht auf die von den früheren Mittel-
schultagen gefassten einschlägigen Beschlüsse wobl Abstand
17*
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248
Miscellen.
genammen, aber in weiterer BerfickBiehtigangderSrfahninge n,
welche bei der Pflege der durch den hohen Ministt rialerlas«
vom 15. September 1890 empfohlenen körperlichen Übungen
seither gemacht wxirden, folgende Resolution einstimmig an-
genommen: Ks ist dringend zu wünschen, dass
1. die Einfüh lüug des oh Ii gator lachen Turnens an allen Mittel-
schulen beächleauigt und da^s
2. jede Anstalt so bald als möglich mit einer geräumigen
Turnballe und einem angrensenden freien Tnrnplatse ana«
gefttattet werde.
Von der YerhandluDg Qber die Anttftge des Prof. Dr. V. Nietsch
(Graz) wurde Abstand genommen. Diese, sowie die Anregimgen des Dir.
G. Lukas wurden zu eventneller wttterer Verfolgung dem vorbereitenden
AuBscbuwe überwiesen.
ülstoxlsclx« Sectloü.
Die Section wählt Prof. Dr. 0. Gratzj (Laibach) zum Vorsitzenden,
Prof. Dr. A. Beeker (Oberhollabmnn) zum ScbriftfÜhrer.
Nach einem dem versiorbenen Prof. L. Blume gewidmeten Nachrufe
smtens des Yorsittenden (die Versammlung erhebt sich snm Zeichen der
Trauer von den Sitxen) hält Prof. Dr. L. Singer (Prag) seinen Vortrag:
„Ober poUtisebe und wirtschaftliche Bildung dureli die Mittel-
schule".
(Der Vortrag wird in eineni späteren Uefte unserer Zeitschrift er-
scheinen )
Am Schlüsse »einer Au^ührungen fordert der \ üri ragende die Ver-
lammluDg auf, folgenden Gestehtq^nnkten ihre Zustimmung zu geben:
1. Die Yerhftltnisse des Staatee und der Oesellschaft fordern auch von
der Mittelschule die Vermittlung politischer und wirtschaftlicher Bildung.
2 Unbeschadet ihrer sonstigen Angaben betrachtet die Mittelschale
in Erfüllung dieser Forderung als Ziel:
a) auf dem Gebiete der Erkenntnis: Kenntnis der wichtigsten Formen
des staatlich'^n und socialen Lebens und der Bedingungen ihrer KxüiteDZ
(Elemente tli j \ olkiswirtschaftslehre i ;
b) auf dem Geuiete der Erziehung die Förderung des Staiitsbewu ssisei ns
und social-ethischer Gesinnung, ohne dass jedoch auf die Bekämpfung
bestimmter Farteirichtnngen oder auch nur auf die Erzielung bestimmter
ParteiÜberxengungen hingearbeitet werden dflifte.
3. Diese Ziele erfordern nicht die Einfnhrung eines neuen Lehrgegen-
Standes (BOrgerkunde u. dgl ), sondern lassen sich innerhalb des Rahmens
der gegenwärtigen L'nterrichtsverfassung erreichen.
4. Den hauptsächlichsten Theil dieser .\iifgabe hat der geschichtlicho
und der ^'cographiscbe Unterricht zu erfüllen, de-ssen Kri:r*«lmisse aut beiden
J^tuten des Unterriciites in der Vaterlandskunde zusamnjen;jfefius-ät, erweitert
und vertieft werden. Er wird hiebei durch den deutschen, den altclassischen
und an den Realschulen durch den neusprachlichen Unterricht unterstützt.
6. Die Methode bleibt die historische» die Geschicbtsbehandlung die
politische, wobei die gesicherten Ergebnisse wirtschaftsgeschichtlicher
Forschung nur dort xn benatzen sind, wo ihr Zusammenhang mit den
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HiBcellen.
249
Erscheinungen des staatlichen Leben« klar und tleutlich hervortritt, oder
wo sie im Rahmen der Culturgeschichte das Verständnis der Lebensformen
der Gegenwart wesentlich fi^rdem.
6. Di« Wiederholung der Oeographie «nf der Oberstufe eoU auf das
wirtochaftageograpfaiKfae Moment besonderes (Hwicht legen. Es ist su er-
wfijtexi, ob und inwieweit dafür besonders Kaum zu sohaffan isl.
7. Der Unterricht soll dem Schüler derart geboten werden, dass er
in ihm das Interess« erregt, welches ihn auch nach der Beeuilip;^ung seines
MittelschulunierrichteH einen Theü «einer Zeit emsthaftem Studium dieser
Fragen zu widmen drängt.
8. Als wünschenswert erscheint die Einstellung giib'r bürgerkund-
lieber Schriften in die Schttlerbihliotheken ond die Ajiregung der Schiller
sur LectClre denelben.
Prof. Dr. Singer stellt nnnmebr den Antrag, eine Commisrion ein-
zusetzen, welche die Frage der politischen nnd wirtschaftlichen Bildung
durch die Mittelschule beratben solle. Die Ergänzung der Commiasion solle
durch Cooptation stattfinden.
Nachdem der Voniloende dem Kedner den Dank ausgesprochen, wird
die Ui.-jcuhjsion erüÜnet.
Prof. Dr. Becker (Oberhollabrunn) führt au^j, dass der gehörte Vor-
trag nicht nur für den Historiker von großem Interesse sei, sondern all-
gemeines Interesse erwecke. Von der Wichtigkdt der Sache leige die große
fiber die Fmge esustierende Literatur. Die »ehwierigkeiten, in dem an-
geregten Sinne in der Schule am wirken, seien aber siemlich bedeutend.
Zunftchst sei es bei dem Bildungsgange, den der xnkllnftige Lehrer heut-
zutage auf der Universität durchmache, für ihn sehr schwer, .sich die ent-
sprechf^ntb^n Kenntnisse in rultur- und wirtschafts-roscbichtlicher Hinsicht
anzueignen, denn im Vordergrun'!*' «t»>he noch immer di«' iiolitische Staaton-
geschichte, wenn auch schon eine 'wi^sc iU'artion tleren Vorherr-
schaft begonnen habe. Es müsste daher vor allem Ua.s Hochschulstudium
so eingerichtet werden, dass der künftige Geschichtslehrer für die neuen
Aufgaben der Mittelschulen genügend Torgebildet würde.
Es mttsse einmal mit dem Grundsätze gebrochen werden, dass die
historische Bildung in der ged&ehtnismftßigen Aufstapelung einer gewissen
Keihe von Namen und Daten bestehe ohne Rfieksicht auf culturgeschicht-
liehe Kenntnisse.
.4uch die Tjehrbücber müssen mit Rücksicht auf die heute entwickelte
Fonieninj? f*ine andfie Hcsehatfenbeit annehmen. In älterer Zeit war die
Cultur^resrhichte fast gar uiclit lu r\ick-ichtigt, später erschienen gewisse
cultnrgefchicbtliche Abschnitte, die aber nur eine Reihe von abstracten
Begriffen enthalten, von denen oft jede klare Anschauung fehlt Yendchte
der Lehrer ganz auf das Bnch, so werde der Erfolg ein zweifelhafter sein.
In neuester Zeit aber erschien das Buch von Zeehe, welches besonders im
Abschnitte Qber das Hittelalter in hOchst anziehender Wei^e wirtschaft-
liche Fragen mit der politischen Geschichte verwebt, die sich ja that-'iich-
lieh nicht trennen lassen. Es folgt dann allerdings noch ein culturgeschicht-
Hoher .Abschnitt, der aber nur das Zerstreute zusammenfuhrt Dieses Buch
^'•'l(f Sfowohl Lehrer als Schüler die best*» Anregung. Kine weitere Schwierig-
keit besteht darin, da«e bei Fragen, welche die momentanen politischen
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250
Miacellen.
oder wirtÄchafllichen Verhältnisse berühren, die Überzeugung des Lehrers,
wenn er tieh auch bemOhi, objectiT so «ein, doch dorclileaoht«ii wird.
Die gracchiachen Unrahen kfinnen s. B. anf hOctast venchiedene Weite
behandelt werden; der Effect bei den Schalern werde deroentiprecbend
aneh sehr verschieden sein.
Ferner bekommen die Kinder ans den Zeitunircn. aus dem Munde
von Eltern und Bekiinnten einp Men^e ft^rtij^er Urtheile Aber wirtschaft-
liche und politische Fia^'en. Die Schüler in der HI. und IV. Classe haben
meist schon ihre politische Meinung. könne auch vorkommen, dass
der Schüler zuhause erzählt, der Lehrer iiabe diese oder jene Ansicht aus-
gesprochen, der Vat-er ist entgegengesetzter Ansicht und urtheilt über das
Mitgetheilte mit einigen Worten ab, sehr oft indem er die Anscbauungen
der Gegenwart anf alte Zeiten ohneweiters übertrSjj^
Trotx dieser Klippen, auf wetcbe er aufmerksam gemacht habe, hält
aber Prof. Dr. Becker die heute vom Vortragenden angeregten Ideen für sehr
wertvoll und meint, da^ sich die Geschichtslehrer im Laufe des nächsten
Jahrzeh nt.s eifrigst mit dieser Fraj»e zu be^chnftigen haben werden.
Der Vorsitzpndp hebt hervor, (lii.s.s die Schwierigkeiten in gemidcht-
sprachiijen Gej^enden i)e.-onders «^rob seien, und man Dinije, die mit Poli-
tischem in irgend einem Zujsammen hange stehen, nur mit gröliter Vorsicht
b«rflhren dfirfe. Es werde dadurch jedoch die Frende an der Behandlung
mancher Qeschichtspartien g&nslich lerstOrt.
Prof. Frank (Wien) macht auf die Schwierigkeit aufmerksam, welche
in den Schtllem selbst liege. Es sei sehr fraglich, ob man diese Dinge den
Scbfilern verständlich machen könne. Die Gefahr, Phrasenhelden heran-
zubilden, liege sehr nahe. Könne man die^e Gefahr vermeiden, so sei Redner
mit den angeret'fen Tdeen vollständif^ einverstanden.
Prof. Schauer (Linz) bestätigt, dass die Schüler häutig poiitiichea
Agitatoren in die Hände fallen, sowie auch von der Tiigesliteratur stark
beeinilusst werden. Man müsse ihnen daher ein gewisses Maß politischer
Bildung vermitteln. Der Abiturient stohe heute in dieser Beriehung dem
Schfller einer Handelsschule oder einer Lehrerbildungsanstalt nach. IS»
dOrflen aber nicht, wie bisher, die cultnrgeschiehtlicben Begriffe ohne Zu-
sammenhang mit der Geschichtsdarstellung und in unklarer, dürftiger
Weise abermittelt werden, sondern der eulturgeschichUiche Stoif sei mit
dem übrigen zu verwehen, und über gewisse GrTindbef»riffe, wie ArV)ejt,
Cnpital u. s. w.. .seien richtii,'e Vorstelltinf*en zu er:itreben. Auch l'rof.
Schauer spricht sich sehr günstig über Zeebes Lehr)>urh anp.
Prof. Dr. W. Schmid (Wien) findet, dass das Lehrbuch von Zeehe
zu viele fertige ürtheile enthalte und die Gefahr vorhanden sei, das« der
Schüler durch Auswendiglernen derselben mm Scbwfttser enogen werde.
Die Hauptsache «ei, dass der Lehrer nationalOkonomisch gebildet sei.
Prof. Dr. Outscher (Leoben) macht darauf aufmerksam, dass den
Schülern meist die einfachsten Grundlagen für das Verständnis? national-
ökonomischer Dinge fehlen und der Unterricht daher mit der Vermittlung
dieser Grundbc^rriffe schon anf sehr niedriger Stufe beginnen rnHs-iP. Der
Schüler müsse eine \'orstellnnir von Staat. .Ständen, Production u. s. w.
haben In dieser Hin.-^icht krmne auch der philologische Unterricht sehr
fordernd wirken, wenn der Lehrer bei jeder Gelegenheit auf die Analogie
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Miscellen.
251
antiktt und moderner Verhältnioe hinweiw. So würde auch dio große
Kluft swiaefaen dem Gedrackten und der Wirklichkeit OberbrQckt werden
kOimeii. Hatte man auf diese Weise in sorgfftltiger Kleinarbeit die nOthigen
Grundlagen geschatfen, so kCnnie auch Nationalökonomie im hOberen Sinne
betrieben werden. Derart unterrichtete Schüler würden nicht blindlin|{8
ipdem njtchptbestcn A<jitator in dio Hiinde fallen, denn sie würden Kennt-
niss<> besitzen, welche sie wenig'ä^tens oinij^ermaßen zu eigenem Urtbeile in
politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten befähigten.
Der Vorsitzende theilt nun einige Beispiele aus der Praxis mit,
welche das eben Gesagte bestätigen. So erhielt er z. B. auf die Frt^^e, was
die Stenern aeien, m Aotwnrt: Sie sind Eigenthnm des Kaisers, womit
dieser machen kann, was er will.
Prof. Beeker ist der Ansicht, daas die Debatte nnnmehr schon in
dm Gebiet der Methodik Übergreife, welche alier nicht Gegenstand der
heutigen Berathungen sein könne, es handle sich vielmehr um eine prin^
cipielle Stellnngnnhmo gegenüber der in VerhindlnnL«' stehenden Fraj^e.
Prof. Frank meint, das^ hei einein '^•^"'iieinsamen Vorf^ehen der
Lehrer verschiedener (iegent>tände zur Entwicklung Wirtschaft lieber und
politischer Grundbegritie bei den Schülern darauf gesehen werden müsse,
das» diese Begriffe einheitlich mitgetbeilt wOrden, so daas keine Wider*
Sprüche awischra den Hittheilnngen der einaelnen Lehrer entatünden.
Prof. Dr. Singer gibt seiner Belriedignng darftber Ansdroek, daas er
auf prineipiellen Widerspruch nicht gestoßen sei. Auch er sei wie Prof.
Gutscher der Ansicht, dass der Lehrer die Aufgabe habe, dem Schüler
wirlachaftliche GrundbegriÖ'e beizubringen. Der großstädtische Schüler
z. B. müsse über Sommer- und Winterfrucht, Art der Boden bebauunK in
verschiedenen Gegenden ii. \v. autgekliirt werden, während der Scliiiler
in einer Landstadt wieder über viele großstädtische Dinge unterrichtet
werden müsse.
Der Unterricht solle propädentiscb sein, Thatsacben ttbermitteln, nicht
fertige Urtbeile. Die Urtheile mOssen ans dem Schiller seibat gewonnen
werden. Da die Frage eine sehr aohwierige aei, habe Bedner von der Anf>
Stellung von eigentlichen Thesen Abstand genommen. Er betrachte seine
Meinung als die einen einzelnen, die von allen Seiten corrigiert werden
möge. Die österreichische Lehrerschaft solle die Frage discutieren, und
zu diesem Zwecke habe er die Kinsetzun«^ einer Commi'^sion angerejjt, welche
Material sammeln und sichten, sowie über die Sache reiflich nachdenken
solle. Die Versammlung, sehließt Hedner, niü}^e also erklären, daö*> sie die
von ihm aufgestellten Gruudäätze für wichtig genug halte, sie einer Com*
miasion zur Berathnng an überweiaen. Ei wftre erwünadit, wenn dieaer
Commiaaion nicht nur Hiatoriker, sondern auch Philologen, a. B. Prof.
Frank und Prof. Guts eher, sowie Vertreter anderer Fficher angehören
würden.
Nach nochmali^'er Verlesung der oben angeführten acht (iesithts-
punkte beschließt die Versammlung einstimmig die Zuweisung der Be-
rathnns» der vorliegenden Fraj^e an eine Commission, welche das Recht
hat, sich durch Cooptation zu t if^anzen.
Dir. Dr. Swidn (Triebt) t>chlagt vor. diejcnigeu Herren zu wählen,
welche nich besonders an der Debatte betheiligt haben.
ijiyilizeQ by GoOglc
232
Miscellen.
Prof. Dr. Becker siellt den Antrag* da» bei der CoopUtion derart
▼orgegangen werde, daw die Mitglieder aoa wirteehafUich von einander
▼erscbiedeuen Gebieten gew&hlt würden.
Prof. Schecic (Kremi) »teilt die Frage, welches literarische Orgs^n
zur Vermittlung zwischen der Conimission und don sich außerhalb der-
selben für die Sache noch Interessierenden benützt werden solle.
Prof. S innrer schlägt die „Älittheilungen der üsterreiohischen Mittel-
schule" als Centralstelle vor, doch könnten auch gelegentlich andere Zeit-
schriften, z. B. die «Osterreichische ReToe" heruii^'e^ogen werden.
Ftof. Fl ei sehn er (Bndweia) ist der Anncht, daae die eintelnen dafOr
interessierten Herren über die Sache Vortrige halten sollten. Er selbst
habe eine Burgerknnde geschrieben, die* uisprOnglich nnr för Volkaachnlen
bestimmt, auch an Mittelschulen großen Anwert gefunden habe. Vor knrseni
eei ein sehr wertvoller Beitrag zu der einschlägigen Literatur Ton dem
PriTatdocenten Dr. Tetzner über politische Bildung und Patriotismn.s er-
schienen. Es wird in der iSchril't nachgewiesen, dass der Zweck politisclier
Bildung nicht die Züchtung von Patriotismus sei, denn eine solche erreiche
das Gcgentheil, sondern eine Belehrung über die staatsbürgerlichen Pliichten
und Bechte.
Schwierig sei die Stellungnahme zu den Bocialdemokratisdien Ideen.
Die directe Bekämpfnng derselben durch die Schule, wie «ie in Deutach-
land geübt wird, sei zurückzuweisen, da der Lehrer in der Schule nicht
auf einem Parteistandpunkte stehen dürfe. Ks handle sich da lediglich um
die Mittheilung von Thatsachen ohne Kritik und ohne Beschönigung. Hier
müsse aber der Staat eingreifen , damit die Schüler recht/eitig- in wirt-
schaftlirhen und i">litischen Dingen belehrt werden, denn sonst ge.nchehe
.-später in ganz anderer Weise. Bringe der 8i hüier eine Reihe von Vor-
stellungen über diese Fragen mit, so werde er dann nicht alles glauben,
w» ihm gesagt wird.
Die Schwierigkeit, daas Widersprüche zwischen Schule und Haus oder
fwiflchen den Mittbeilnngen einzelner Lehrer vorhanden sein konnten, sei
nicht maßgebend, denn auch jetzt schon kämen derartige Widersprüche
z. B. zwischen den Lehren des Eeligions- und des Geschichtslehrers yor.
Da sich niemand mehr zum Worte meldet, winden in die C<immi?.«iou
folgende sechs Herren gewählt: Prof. Dr. lieeker (Oberliollabruun), Prof.
Frank (Wien), Prof. Dr. Gutacher (Leoben), Prof. Schauer (Linz), Prof.
Dr. Singer (Pmg), Dir. Dr. Swida (Triest).
Hierauf wird der Antrag Prof. Dr. Beckers angenommen, dass bei
der Cooptation derart Torgegangen werde, dass die Mitglieder aus wirt-
achaftlich Terschiedenen Gebieten gewählt werden. Zum Schlüsse wird von
der Versammlung der Antrag der Herren Proff. Scheck und Dr. Singer
angenommen, chxnH in der Zeit-schrift „Österreichi.<!che Mittelschule* die
Resultate der CommidnonsTerhandlungen verlautbart werden sollen.
UNTat'Lirliiatoi'iäciie 3ectloii..
Unter dem Voi^itze des Herrn Schulrathes Dr. K. Schwippel fand
dm Referat von Pmf. K. Müller (Te^^litü) htatt:
.•Die Mineralogie als Unterrichtsgegenstand in den unteren
CUueen der Mlttelsehiden'*.
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MisceUen.
203
Eine Discussion schloas sich an den beifällig aufgenommenen Vortrag
nicht an.
X^lülologlaehe Scetloa.
Prof, Zycha eröffnet alt Mi^ied des geachftftsfShrenden AoMchusses
die Sitzung mit einer Begrüßung der Anwesenden nnd achlägt Prof.
Mfttzii'r (Klao:f"nfurt) als Votsitz»'nden vor.
Dieser übernimmt den \'oisitz. dankt der Versa mm Inn 2^ für die auf
ihn gel^illene Wahl, worauf Prof. Dr. Tschiasany (Wien) asum Schrift-
führer gewählt wird.
Der Vorsitzende ersucht nunmehr Herrn Prof. Dr. Perkmann (Czeruo-
witeX «einen Vortrug:
„Über eine VerbesseruDg des latelidseheii ElementorunterFlehtes*'
zn halten.
Der Vortragende wünscht» dass im lateinischen Elementamnterrtchte
mehr als bisher die Entwicklnng des Sprachgefiihlea gefördert werde, nnd
zwar in einer Woise, wie dies in früheren Jahrhunderten von hervorragen-
den Didaktikern ge?M*hehen sei. Kr schlägt ferner vor, dass die Stoffe auf
difser 8tufe in vot herrschend zusamnienhiingenden Stücken mehr als bisher
römisches Leben und römische Geschichte behandeln, und dass zu diesem
Zwecke aneh Abbildungen im Lehrbuche Plat« finden kOnnen. Schließlich
achlftgt er vor, an die hohe Regierung mit der Bitte beranxatreten, daw
es einseinen Iiehrper«onen, die datn Ltnt h&tten, gestattet werde, dieie
VorBchl^e in der 8dbnle praktisch dnrchzafQhren. (Beifall.)
An diesen Vortrag knüpfte sich eine lebhafte Discussion.
Dr. Falbrecht (Linz) erklärt eich mit den Ausfuhrungen des Vor-
tra<;enden einverstanden; doch wünscht er. das« man auf dem T'mwege
über die heiuiische tieschichte zu Dari^tellungen aus dem römisclien Leben
schreite. Ferner verlangt er, dass der Lateinnnterrieht mit solchen Wörtern
begonnen werde, deren Apperception den Schülern leicht ist.
Dir. Dr. Waniek (Wien) wendet sich gegen dnige Amf&hrongen
dee Vortragenden nnd bemerkt nam«itUch gegenflber der Vemrtheilang
der RjnthetiBeben Methode durch Perkmann, dam die gegenwärtigen
Lehrer von ganz anderen Voraussetzungen ausgehen mfUeten als die
Humanisten des XVL und XVII. Jahrhunderts; während damals das
Lateinische die Ton verbat ionsspniche y.wi-chen TiChrer nnd S^chüler bildete
und die Schüler mit den Lautvor-teilun<i;en unt*'r Lbersprinj^unf; der
Verbalvorstellnngen sofort die Auschaunn^' verbinden konnten, ist und
bleibt iu uufjerer Zeit die Muttersprache das Medium der Wortvorstellung
der fremden Sprache und der Anschauung. Habe man übrigens, vom Sataee
anhebend, die grammatischen Formen genetisch oder inductiv hergestellt,
dann mfiase man besonders das (xedäehtnic, wohl die bedeutendste geistige
Kraft des Schflless auf dieser Altetwtufe, heranziehen.
Prof. Schwaiger (Czernowitz) meint, es dürfte in d> r Philologie wie
in der Mathematik in einzelnen Fällen gleichgiltig sein, ob man indiictiv
oder d^^dnctiv vorgehe. Doch würde er in der Philoloqip im rierr<*n8atse
zur Mathematik der iuductiven Metliod'« \ielfach dtMi Voizu«^' ^t'I/.'ii.
Dr. Löw (Wien) Vjekämpft besonders die in den Thesen vorkommen-
den Worte „mehr als bisher".
üiyiiizeQ by GoOglc
254
Prof. Dr. Dorsch (Eaaden) wünscht, dass eher noch weniger Er-
i&hlungen aus dem rtfmischen Leben, desto mehr aber solche Aufnahme
finden mögen, die dem Gesichi^^kreis»? der Schüler entnommen sind.
Prof. Dr. Bronner (JägerndorO schließt sich den Ausf&hningen des
Dir. Waniek hinsichtlich der Muttersprache voUinhaltlü Ii nn nnd betont
die Wichtigkeit des formalistischen Elementes im fremdsprachlichen Anfangs
unterrichte.
Dr. Fleischuiaii u (Bielitz; wünscht im Sinne der Concentration eine
besondere Hervorhebung des rOmischen Wesens höchstens in der II. Claase,
wo sieh infolge des Geschichtsunterrichtes ein entsprediendes Interesse
bereits Torfindet
Landee-Schulinspector Dr. Tnmlirs (Csemowiis) warnt vor jener
Eimeitigkeit, die etwa das Sprachgefühl auf Kosten der Grammatik aus*
bauen oder diese auf Kosten jenes betreiben wollte. In den Lehrbüchern
finde man •t'^rigens in dieser Richtunc^ einen bedeutoudon Fortschritt. In
zumrameuhUugeuden Stücken könne man dius 8})rachf^efühl entwickeln,
aus den Einzelsätzen die Formen ableiten. Schließlich wünscht auch er
die Streichung der Worte „mehr als bisher''. Was den Inhalt der Leae-
stücke betreffe, so kOnne man allerdings in der ersten Stufe aus dem Alter-
thnme solche wählen, die mit den Anschaanngen der Gt^nwart über*
einstimmten, w&hrend die Verschiedenhdten erst in der «weiten Stufe snr
Anwendung kftmen.
Nachdem noch Prof. Brftunl (Aman) nnd Prof. Sohickinger
(Nikolfiburg) über eine stilistische Änderung einer der Thesen sich aus-
ge«<prochen haben, stellt Prof. Dr. Kohm (Wien) Antrag auf Schlass der
Debatte. (Angenommen.)
Heferent Prof. Dr. rrrkrnann entgegnet auf difi gesjen ilin vor-
gebrachten Bedenken und hält seine vorgetragene Anschauung autrecht.
"Et Tenichtet auf eine Abstimmung über seine Thesen, behant jedoch auf
seinem Yoruhlage, es möge an die hohe Regierung die Bitte gestellt
werden, dass versuchsweise die Einführung der genetischen Methode einigen
Lehrern gestattet werde.
Landes-Schulinqaector Dr. Tumlirz halt dies für gegenstandslos, da
es ja jedermann unbenommen bleibe, mit einem derartigen Ansuchen an
die Re<7ierung heranzutreten. Darauf steht Prof. Dr. Perkmann auch von
diesem Wunsche ab.
Hierauf wird die V^ersammlung geschlossen.
Um G Uhr abends versammelte Prof. Dr. A. Primozic eine große
Ansahl Theilnehmer im Festsaale der BQigersehnle (Zedlitsgasse 9) eu einer
interessante Skioptik onrorstellung.
Zunächst verweist der Vortragende auf seinen diesbesQglichen Vor^
trag beim letzten Mittelschul tage (1894) und auf seinen Aufsatz im dritten
Hefte der „Zeitschrift für r tprr ichische Gymnasien" 1897, S. 193 ft.. „Das
Skioptikon als Lehrmittel au Mittrlschnlen", in wclehom er über die Be-
deutung des Projicierens für dvn .Mittel.-chnlnnterricht nnd tiie dabei in
Betracht kommenden Fraj^'cn mehr oder weniger ausführlich gesprochen,
weshalb er sich darauf beschränken wolle, zur praktischen Beleuchtung
des dort Ausgeführten einige Proben vorzuführen, und zwar mittelst ver-
schiedener Lampen, damit man sich mit eigenen Augen von den Effecten
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Miacelien.
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der einzelnen Lichtquellen übeneugen kSnne. Einen yollständigen Qykln»
von Bitdern ans irgend einer DiBcipIin kCnne er deebalb nicht vorführen,
weil die TOn ihm vorgetchlagenen CoUeetiottett von Diaponttven noch
nicht fertiggeebellt seien; dies hänge nämlich von einer hinreichenden
Anmeldung zur Abnahme jener in Aussicht genommenen Giumlstucke
seitens der Schulen ab. Dafür aber wolle er Muster an«' der Mehrzahl der
Mittelschnldi?ciplinen vorführen; denn gjel»e fH>^f keinen Ges^enstanrl. in
dem nicht die Anscli iiinni,' liurch Vorführung geeigneter Bilder auf leichte
Weise gefördert werden iconnc. Nicht bloü der Fhilolosf, Historiker, Geo-
graph, Naturbistorikcr, auch der Heligionslehrer , der Lehrer der Muttcr-
«prache, der Phjiiker nnd Chomiker kOnnen den Untenrieht dnreb das
Skioptikon in wirkauneter Weise beleben und intereeaantw gestalten.
Im Verlanfe Ton 1% Stunden nnn worden an 80 Bilder (Slasphoto*
graphieOt Mikrophotographien, Naturpräparute. chemische Proeesse, lebende
Objecte) veranschaulicht und erläutert, und swar in folgender Reihenfolge,
Aus dem Gebiete der Keljr^ion einige hervorragende Werke tler cliristlichon
Kunüt und Darstellungen aus der bihli<?chen üeschichte. niimlidi die
Statuen Christus von Thorwaldsen und l'ietii von Michel An<relo, die Ge-
mälde Christus» in Get^seuiani, Madonna von iiatfael, der zwültjaiuige Jesuj*
iui Tempel und Christus' Bergpredigt von Dore, Ansicht vom ülberge,
Panorama von Jenualem. Ans dem Gebiete der antiken Mythologie und
Alterthumskonde wurden einige von den Bildern mr Anschauung gebracht,
die der Vortragende im genannten Aufeatae, S. 211 ff., in die archäologische
Collection aufgenommen wissen will, und zwar Statuen, Bauten und An-
sichten» die meisten von der Firma Lew<- in Paris, aber auch solche, die
der Vortragende selbst ;iyif»'rtigen ließ, durchaus sehr «chöne Exemplare.
Daran 8chlo*sen sich Vorfiiiirun^^en zur Illustration dfr llaujitstile (ägyptisch,
dorisch, ionisch, korinthisch, römisch, byzantiniscli , gothisch, maurisch.
Renaissance), sowohl Tempel als auch Profanbauten. Aus dem Gebiete der
Länder- und Völkerkunde wurden charakteristische nnd typische Objecto
snr Ansdianung gebracht, an denen die Schiller auf leichteste Weise die
verschiedenen geographisehea Begriffe kennen lernen (Bergformen, Küsten-
formen, Flussnfer, Thäl«, Pässe, Riffe, Fjorde, Schluchten, Wasserfälle,
Katan^te, Bergseen u. s. w.). Daretellung von einigen Naturerscheinungen in
natflrlichem Colorit: Wassertrombe, Protuberanzen, vulcanische Eruptionen,
der große Mondkrater, Mondphasen. Anj^ereiht wnrdf^ ein sehr interessanter
Plan des Alpeniibcrgange«^ des Hannibal über den ("haberton beim Mnnt
Ginevre. Es folgten Vorfiihi'imgen ans der Naturgeschichte, nnd zwar
folgende Mikrophotographien: iiienenxunge, Bienenjitaehel , ispiunenfuß,
Trachäen der Seidenraupe. Claviceps^ Pucinia graminis, Querschnitt des
Famkrauts; femer (kmUna virghUana^ Emphyllia rugosa, DDnnschliffe
des Granits nnd GarianunarmorB, Abdruck eines Farnkrauts in Gestein.
Sehr interessant war die Projection von ein paar NatnrpiAparaten: Ahornblatt
mit abgekratzter Epidermis, mehrere Flügel von Hautfliiglern. Heiterkeit
erregte die Protection von Sumpfwasser mit lebenden Infusorien. Larven.
Wasserkäfern nnd anderen hernmschwimmpn<len Sumpfthierehen. Indem
das Ohjectiv durch einen miki-osko]>is( lu-n Ansatz erset/,1 wurde, konnten
einige niikrosko)iisclie Vorfiihrung-'n angeschloasen werden: Auge und Fub
einer Fliege, Spinnenfuß, Floh, Wechseltieberbacillus. Zum Schlüsse wur-
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Miäcellen.
den noeh einige ehemiadie Vemche projidert: Entwieklnng der Kohlen*
^ure, Mischung der drei Grandfarben, Entstehung und Lagerung vonSalaen
und Krystallen, letzteres besonders wirkungsvoll.
Die Auswahl der OJjjecte war allseiti«^ durclv^ncht . reichhaltig und
instruotiv. die projicierten Bilder pffectvoU und brillant. \vi<' sie nur gute
Diaiiositive liefern ktinnen. und daher das Interesse der «ihr zahlreich
Anwesenden bis zum »Schlüsse uuhaltend.
Nachdem die Vorführung mittelst der elektriichen Bogenlampe zu E^de
war, wurden die anderen Liehtqaellen: Petroleumgasglahlicht, Lenehtgaa-
glflklicht. Ligroinglühlicht und Acetjlen TOfgefithrt, wobei sich henras-
aiellte, das« dem elehtriachen Lichte, was Litensität anlangt« daa Acetylcn-
licht zunächst kommt — freilich ist auch seine Lichtstilrke viel geringer,
dann Ligroin, dann Gas und zuletzt Petroleum. Wie nur gute Diapositive
vom Vortrafrenden empfohlen wurden, so -Aurh "nur s^üte Lichtquellen,
zuminde<:t mit der Intensität des Lirjroins. l>er Vorzug nach dem elektri-
schen Lichte wuulo jedoch dem Acetyien eingeräumt, nachdem es jetzt eine
explosionssichere Lampe dafür gibt.
Reielier Beifall lohnte ^e Demonstrationen und Auafllhrungen des
Vortragenden.
Abends 8 Uhr fand im Saale des Restaurants ,,Kaiserhof* (nächst dem
Bathhause) zu Ehren des Mittelschultnges em Festcommers statt. Nach
Ab^inirun? des G-.iudeamus brachte Regierungsrath Dir. A. La m berger
einen lie-zeistert aufgenommenen Toast auf Se. Majestät den Kaiser
aus. ilir Gcsclmftsführerstellvertreter Prof. Dr. E. Maiß toastierte auf
Se. Excellenz den Herrn Minister für Cultus und Unterricht Dr. Freiherrn
7. Gantsch, Herr Dir. Klekler erhob sein Gks auf die Gäste und Herr
Landes-Sehnlinspector Dr. V. Langhaus erwiderte mit einem Trintcspraehe
auf Wien. Nachdem noch einige Lieder gesungen waren, wurde unter dem
Commando des Herrn Landes-Schulinspeetors Dr. K, Tumlira ein Traner-
»lamander gerieben auf die Manen der Hofräthe A. Lang und Dr. J. Kolbe,
deren Verdienste um das Schulwesen »md deren Interesse filr die Mittel-
«chnltage in einigen erp^reifenden einleitenden Worten h error f^ehoV>en worden
waren. Nach einer l'ausc sjirachen noch unter anderen Prof. Spengler
(Prag) auf die Cnlleuialit.it und Dir. Dr. Swida auf die Frauen. — Mit
weiteren Liedern wechselten endlich noch einige dem Mittelachultage ge-
widmete humoristische Dichtungen, die Ton Prof. Tka5 und Prof. Ginzel
wirksam vorgetragen aur Erheiterung der Versammelten beitrugen. Erst
nach 3Aittemaeht endete diese der Geselligkeit gewidmete Sitzung.
Z'weiteT 'V^erlia n <ilii n gstag.
(Dienstage 13. April.)
Der sweite Verhandlungstag begann um S Uhr morgens mit Sections-
Sitzungen.
XXlstozlsclL-geogxa.plilsielie S«ctloA.
Vorsitzender: P^f. Dr. Oskar Gratsy (Laibach).
Unter den Anwesenden befindet sich Hofrath Dr. M. R. Wretschko.
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Prof. Klar (Wiener^Neutadt) b^innt §emen Vortrag:
,»Dlo rftumllche DmteUiiiig Ytm Umdkarten*'
illustriert durch zahlreiche Modelle und fidMu (Der Vortrag wird io
eiaem späteren Hefte dieser Zeitschrift erscheinen.)
Im Anschlüsse an den Vortraj^f schlüj^t Referont folgende TIimpu vor:
1. In ErwJijjung. dii^a wir bisher noch iiniuer eint-r iiuf ikn- Höiie der
Wissen sei Kl 11 stehenden und in künstleri.MrJier Hin^^icht wusterg'iltigen
Schulwandkarle von Ödterreich-Lugarn, auch aller im mnigen Zusanimen-
haage damit etehendeB Nebenkarten entbebiwik;
8. in Erwägung, daai sar ^f&bnmg des Scbfilers in das Verständnis
der Specialkarten die entsprechenden Bamngsstalien, also speciell Belieb
unbedingt nOthig sind, wir jedoch keine geordnete Sammlung von solchen
den Anforderungen der Jetztzeit entsprechenden Schulreliefs besitzen:
Möge der Mittelschultug beschließen, einem dreigliedrigen Auh-
8chus<^ <lie Durchführung dieser in den Theaen erwähnten Ar-
beiten £11 übertragen und behufs intensiver Durehfi^bninj? dieseui
Au8schui&>e den Auftrag zu crtheiien« innige Fühlung mit den mabgebenden
Factoren zu nehmen.
Der Vortragende weist nnn daranf bin, dass in der Schweis eine
TOrsfiglicbe Scbulwandkarte der Schweiz gratis vom Staate beigestellt
werde. — Dem Vortrage folgt lebhafter Beilall, worauf der Vorsitieade dem
Referenten den Dunk aasspricht. Wegen der schon xnsehr vorgeschrittenen
Zeit verzichtet die Veraammlunf? a\if eine Debatte.
Nacli dem Vorschlapje F'rof. Klar>i soll dei- Au>schn??s am Prof. Klar
!^elbst, au« Prof. Lanner (Olroütz) und Frof. Dr. Lechuer (Kremsier) be-
stehen.
Sowohl die Thesen als auch dieser Vorschlag werden einstimmig an-
genommen.
ITsituxwl ■■•Ti wrh « ffl 1 rh e S«etlo3&.
VoTsitaender: Sdinlrath Dr. K. Sch wippe 1. Gegenstand der Ver-
hiinillun^ ist das Referat von Prof. H. Lanner (Olmütz):
,»Die Ferlalrelsestipendien und unser Küstenland als naturMBtO-
risches und geographisches Excursionsgebiet'*,
welches in einem der nächsten Uefto dieser Zeitschrift zur Veröffentlichung
gelangen wird.
Kachdem der Vorsitzendö dem Hefereuttin den Dank der Sectio» aus-
gesprochen hatte, entspann sich eine längere Debatte über die Gegenstände
des Referates.
Prof. Dr. F. NoC (Wien) b< dafür, dass sor Herstellnng eines ge-
eigneten Reisehandbuches et nicht genüge, die Mittelschnlprofessoren allein
heranzuziehen, es mllssten weiter«* Kreise dafOr interessiert werden. Er
furchtet übrigens, dass dasselbe überhaupt zu umfangreich werden nuis.<ie.
Redner meint ferner, es müsse dahin p^estr^bt werden. Stipendien nicht
bloß l'iir Ferienreisen zu erlangen, sundern für Reisen aucli zu anderen
Jahreszeiten, da z. B. der Süden im Hochsoinnier wohl kauiu bereishar sei.
Was das Reiseziel betnlU, so müs-e bemerkt werden, dass für die Mittel-
sefaollehrer die loologische Station in Triest bisher nichts geleistet habe,
wohl aber die in Neapel.
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Miscellen.
Prof. D. Günter (Teschen) «timmt dem Vorredner bezüglich der
Roidezeit bei, worauf Prof. A. Vieltorf (Prag) darauf hinweist, dass der
Referent, indem er in seiner These „vorwiegend in den Ferien" sagt,
ohnedies auch andoro Rei^etermine ins Auge gefasst hnho.
Prof. H. Huber (Wien) beantragt, dass in der These ü nach ,Natur-
hiatorikern'' noch eingefügt werde: „Cheuiikern etc.".
l'iof. Hei Uberg (Wien) unterstützt die Ausiührungen des Referenten
betreffs Schritten, die soologiaehe Station in Trieet den Mittelechniprofee-
«oren, dann aber. auch dem Pablicuni tug&nglich, sowie dieselbe dem
Unterrichte als Quelle von guten Demonatiationamaterialien dienstbar zu
machen. Er 1)oantragt, ein Görnitz zu diesem Zwecke zu wählen.
Prof. Huber fügt noch hinzu, es sollte im schlimmsten Falle den
Triester CoUegen der Zutritt zur Station eröftnet werden.
Von den J hescn des Hcierenten wurden 1. 2. 4. »5 ani^euommen,
letztere mit Huhors Zu-atz, 5 soll bloß als Wunsch ausgedrückt, aber
lallen gelassen werden. In das Comitü zur weiteren Verfolgung der An-
gelegenheit wurden gewählt die Proff. Heilabc ig. Huber, Lanner
(Olmatz), No6 and Sotla (Triest).
Zweite VoUversauimluug.
(Beginn: 9 Uhr 60 Hinuten vormittags.)
Vorsitzender: Regierungsrath La m berger.
Vorsitzender; Ich eiüüne die heutii^e Vprsauinrlunt; und ertheile
zunäch&t zum Zwecke einer Mittbeilung dem Herru Gej^chültstülirer-Stell*
Vertreter Prof. Dr. Haiß das Wort.
OeschiflsfQhrerstellTertreter Prof. Dr. Haiß: Ich habe, soweit es
naeh den gestrigen Protokollen mSg^ich war, eiae vorlänfige kleine Statistik
der Theilnehmer zusammengestellt; die endgiltige Statistik wird mit dem
Berichte ver&ä'entlicbt werden. Ich kann aber schon jetzt mit Befriedigung
oonstatieren, da.ss Hilmmtliche Kronländer ü-^terreichs sich an dem Taj^e
betheiligen. (Reifall.) Von auswärtigen Mitgliedern waren hin gestern
abends 1^5 erschienen, durch welche 60 Städte vt-rtreteu waren.
Vorsi tzeutier: Dem gestrigen Beschlus.se gemäb gelangen wir nun-
mehr zu dem Referate des Herrn Prof. Dr. Polaschek:
«Reform der Lehramtsprafung fttr Candldaten des Mlttelsehulo
letaramtes" (vgl. S. 146).
Nach dem Referate ergreift zunächst das Wort
Hofrath Prof. Dr. Schi]»i<er: Hochgeehrte Versammlung I Ich bitte,
03 mir nicht als Aufdringlichkeit au.slegen zu wollen, dass ich mir sofort
nach dem Herrn Antrnp'-iteller das Wort in die.«*'r hnclnvichtii^.-n Frafre
t^rbeieu habe. Nurh mehr würde ich es bedauern, wenn bie nach ineinen
.Ausführungen etwa die Empfindung hrittm, du«s ich beal siehti-^'t»'. rine
objective Discussion dieser Gegenstände hier irgendwie hinderlich zu be-
einflussen. Das liegt mir voUständig ferne. Lediglich der etwas langsam«
Verlauf der gestrigen Verhandlungen lüsst es mir zweckmäßig erscheinen,
dass die Versammlung von der Stellung Kenntnis erhalte« die eine andere
Ktirperschaft, die ja auch in dieser Frage mitzureden berufen ist, dieser
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Misceüen.
Frage j(«genflber «innimint, nämlieh di« wiaaeiuchaftliclie Prafongi-
coiniaisaioii. Und da glaube ich mn&chst constatieren za sollen, und ich
"rlaube, dm ich hier im Namen aller Mitglieder, jedenfalls der Wiener
Prüfungscommission reden darf und wohl auch im Namen des verehrten
Vorsitzenden derselben, dt s Horm Hofrathes Sc henk l, dass wir mit
Kr.'uden begrüßen, unsere Be*tr>>bun2-en nach Vereinfachnnj; der Priitungs-
vorsi lii iften, die wir ja, wie Hie vorhin gehört haben, schon vor einigen
Monaten eingeleitet haben, durch die Verhandlungen ded Mittelschultages
in boifentlieh wirknngsToUer Weine atttentOtst m ttSußn, (Bei&n.)
Einer Anregung de« hohen Unterrichtsminitterinnis Folge leistend,
haben wir nnt» wie gesagt, vor einigen Monaten in eingehenden Plenar>
nnd Seetionsberathungen sun&chst mit der Frage beschäftigt, wie dem in
verschiedenen für das Mittelschulamt nOthigen Disciplinen hervortrotf>nden
Lehrermangel abzuhelfen sei; naturgemäß sind wir dann alsbald zu der
weiteren Frage fjolangt: welche Moditicationen der gegenwärtier bßstohotulen
Prütuni^svorschrilten sind nothwendig, um dem MitteUchulamte größere
Anziehungskraft zu verleihen? Bei der Besprechung der ersten allgemeinen
Frage hinsichtlich des Lehrermangels ist auch in uni^eren Kreisen sofort
die Ansicht laut geworden — und sie ist ebenüslls in nachdrUcklicher
W^se sur Kenntnis des hoben Ministeriams gelangt — , dass die entte nnd
hanpMchlicbste Ursache in der gansen Stellung besteht, die dem Mittel-
echalprofessor bisher zugewiesen worden ist. i Ri ifall.) Kein anderer Stand
unter allen Staatsbeamten hat snnächst, wie dies auch hier betont worden
ist, gerinpfcrf Finn:ihinen. d inn namentlich geringere Aussicht auf Avance-
ment, fi'rncr L'oriii<(('rt' Aiiwartscluirt und Au«f5ii ht iiut' .'ino Ijphaj^lichere
und ruhigere Existenz im vorgerückten Alter und, wie Sie auch heute
gehört haben, geringere Axissicht auf eine höhere Lebensdauer. Wi hh
große Opfer also sind es, die der Stand der Mittelschulprofessoren dem
Staate bringt, nnd wie groß sind anderseits die Leistungen, die der Staat
Yon ihm limlert, welch schwere Wucht Ton verantwortlichen Pflichten ist
es, die der Mittelscbnlprofessor schon in verhältnismäßig jungen Jahren
auf seine Scbnltern nehmen muss! Ich glaube, kühnlich behaupten au
dürfen, dass von keinem einzigen Staatsbeamten ähnlicher Kategorie eine
gleiche Summe von Intellit^cn?. von Kenntni?»<«pn aller Art, von Thatkraft
und doch wieder von (iewandtheit des Anftrett'iis, Kuhe und Uni«icht ^e-
fordert wird wie von dem jungen Mittelschullehrer, wenu er einigermaßen
den Anforderungen seines Amtes sich gewachsen zeigen will.
Daraas folgt nun ja doch mit Nothwendigkeit, dass die Stellung des
Mittelschulprofessors nach jeder Hinsicht so gewQrdigt sein sollte, dasit die
Elite unserer geeammten Studentenschaft sieh tn diesem idealen Berufe hin-
geiogen fühlen konnte. (Beifall.) Fragen wir aiui, ob nach Durchführung
der Gehaltsre^zulierung thatsäehlich der Stand der Mittel8chulprofes;<oren
diese Anziehungskraft haben wird, — so denke ich, ist es zweckmäßiger,
dass wir in die weitere Erörtenin«? dieser Frnpe hier niclit eingehen. Wir
wollen es vielmehr freudi*» bei^TüLvri, dass in der letxteu Zeit ein Wandel
zum iJesseren geschntlen woideu ist. und damit die Hoiiiiung verbinden,
dass von jetzt an die Eiuaicht platzgreiten und nicht wieder schwinden
möge, dass die Stellung der Staatsbeamten im allgemeinen hinsichtlich
ihrer pecnniären Lage vor allen Dingen mit den sich vertheuemden
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Lebensljedinp^iTipen J^ehritt bnU«^n möf^e, diimit nicht etw.i nach Verlauf
von 25. Jahren, wenn die Iwebensverhäi tiiis.se eich \uu das Dojtpelte ver-
theuert haben, uiö^'liclierweise eine Erhöbung des Einkommens der Beamten
um 15 bis 20^ ätattüude. (Zustimmung.)
Ich bitte um Veneibung. dam ick mit diMen Aoaftthrungen midi
Tielleiclit einer AbBcbweifaag Ton den uns hier in ertter Reihe be-
schäftigenden Fragen schuldig gemacht habe. Witeak Sie aber daraus er^
kennen, djiss wir Lehrer an den Hochschulen das wärmsto Interesse ffir alle
Fragen haben, die Sie betreffen. (Lebhafter, andauernder Bei£»U und Hftnde-
klatschen.) Wir fühlen uns solidarisch mit Ihnen nicht nur in Fragen der
Wissenschaft, in Fragen einer verbesserten Organisation des L'ntorrichles,
wir fühlen uns eins mit Ihnen auch in allen Fragen der Standesinteressen.
(Stürmischer BeifalL) Wir werden stets freudig bereit sein, mit Ihueu über
diese Gegenstände zu verhandeln, so oft Sie uns das Wort in Ihrer Mitte
gewähren wollen.
Die Mitglieder der Prfifungsoommissionen, spedell der Wiener PrOfong«'
commisBi(m, glauben diese Oesinnung dadurch bethätigt sa haben» das«
sie aus eigener Initiative in eine eingehende Berathung Über die Vor-
flcbriften des gegenwärtig bestehenden Prüfungswesens mit der Absicht
eingegangen sind, wesentliche Erloichtcrnnfjen desselben dem hohen
Ministerium anzueniptehlen. Auch in unserer Mitte wurde sofort die An-
sieht laut, dass die ^'ej^enwiirt i^'C Ausdehnunf^ der Vorbereit unjjfzeit fiir
den Lehrberuf eine viel ^u grobe ist. Die Erweiterung de« Studiums vou
drei auf vier Jahre, dann die Anascheidung des Jahres ftir den Militär^
dienst, dann, wie gans richtig bemerkt worden ist> etwa «wei Jahre ftr
dse Fertigstellung der Hausarbeiten und für die Prüfungen* das macht
zusammen sieben Jahre, unter besonders ungünstigen persönlichen Ver-
hältnissen noch mehr, so da.<4s man an 30 Jahre und darüber alt wird,
bevor man die Anwartsrhaft auf eine immerhin kärgliche Besoldung er-
Inns^t. Das ist zuviel, und es ist nicht /u erwarten, dass die jungen Leute
sich dazu hinge/ogeu fühlen. („So ist esl")
Es fragte sich nun: Wo ist der Hebel aazu-setzen? Eine Keduction
der vierjährigen Studienzeit auf drei Jahre ist, wie schon gestern bemerkt
wurde, ohne ScUldigung des wissenschaftlichen Zweckes nicht mSglich.
Die Wiedereinbeaehung des Militäijahres in die Studienzeit liegt gleich-
falls nicht in unseren Wflnschen, denn das Jahr ist ohnedies fttr die Studien
verloren; es liegt auch kaum in unserer Macht. Die einsige Möglichkeit
also, Wandel zum Besseren zu schatten, liegt in einer zweckmäßigeren
Benüt7,nn<? der Vr»r!»erpituug8zeit für die Prüfungen. Und nach dieser
Richtung hin haben nun die Prüfunf^scommissionen — ich glaul^e siif^en
zu dürfen: alle, obwohl ich nicht nälier darüber orientiert bin, aber ich iialte
dies für im höchüteu ürade wahrscheinlich — dem Ministerium Vorschläge
unterbreitet. Ich kann da zunächst constatieren — und es wäre vielleidit
zweckmäßig f^ir den Verlauf der gestrigen Verhandlongen gewesen, wenn
dies gestern schon bekannt geworden wäre daas wenigstens die Wiener
Prüfongscommission einstimmig, also mit Inbegriff der Vertreter der philo-
sophischen Disciplinen, beschlossen hat, dem hohen Ministerium die Ab-
si hatFung der pädagogisch-didaktischen Hausarbeit zu empfehlen. (Beifall.)
Die PrUfangscomniiasionen haben femer dem Ministerium wesentliche Kr-
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Miscellen.
261
leicht«rangen empfohlea, und xwar xanftcliit die Milglichkeit für die
Candidaten, die Thonata schon zum Schlüsse des siebenten Semesten
stellt zu bekommen, also ein Vorschlag, der über das heute Vernommene
noch hinausgeht. Weitor hat wenigj»tens die "Wienor Prüfunpsfcommission
vorgeschlagen, nach AbschaÜun^ ih^r pädrtj^ogisch-<li<laktisehon Hau'ur^ei*
zwar nicht eine weitere Rednction, wolil aber, an die bet<teiien(Jeu \'er-
hältnit»)je anknüpfend, eine zweckmäbigere Verwendung der Studienzeit
für die Bansarbeiten, nnd swar in der Weise eintreten zu laasen, daas die
Seminararbeit in die Hansarbeiten mit einbeoogen wird. (Beifall.)
Es ist also der Vonchlag gemacht worden, dass die beiden schrtlt-
lichen Hausarbeiten beizubehalten seien, dass aber die eine schriftliebe
Hausarbeit ersetst werden könne entwoder durch eine von dem betreffen-
den rrüfnngscommissilr als Äquivalent för eine Hausarbeit angesehene,
im letzten Semester gelieferte umfangreichere wissenschafHiehe Seminar*-
arbeit oder durch eine etwa schon in einer wissenschaftlichen Zeitschrift
gedruckt vorliegende Arbeit des Candidaten oder durch eine Doctordisser-
taiion. Die andere Hausarbeit dagegen ist zu liefern. Ja, eine Anzahl von
Mitgliedern muerer PrOftingscomnission nnd ich gehörte selbst dam
war der Ansicht» dass, fidls bereits eine Doctoidissertaition oder eine ihr gleich-
wertige gedmckte wissensebaftlicbe Abbandlnng ▼orliqpei diese Ar die
eine Hansarbeit ausreichen imd die andere dnrch eine eben charakterisierte
Seminararbeit ersetzt werden mOge, nnd swar aus dem Grunde, weil sonst
tnr jene Candidaten, die znerst zn promovieren gedenken, die Erleichterung
keine erhebliche .viire. Diese hatten ja dann doch zunächst ein*^ Dis>ierta-
tion, femer eine wi.-isenschnftliche Hausarbeit zu machen, also tliat.siichlich
zwei größere Hausarbeiten, und der Zeitgewinn wäre für sie kein beträcht-
licher: sie würden nämlich denjenigen Candidaten gegenüber, die nicht
promOTieren woll^, in einem gewissen Nacbtheile dastehen. Außerdem
hätte dies wohl xor Folge, dass die Doetoratsprflftmgen an den Universi-
täten abndimen wOrden, was gewiss im Interesse der Candidaten nicht tn
wünschen wäre; jeder Candidat wird Wert legen auf diese Signatur des aka-
demisch gebildeten Mannes, zumal sie solchen, die in Universitätsstädte
leben, die Möglichkeit gewährt, auch die akadtMiiische r.irric're einzti^chlaf^-en.
Dieae beiden Anträfje. die ich soeben cliaraktensiert habe, sind selt)st-
verständlich nur als Vorschläge — etwas anch'res haben wir ja nicht zu
thun — zur Kenntnis den hohen MinisteriuniH gelangt. Das sind also die
Vorschläge, die von Seite der wissenacbaftUchen Prüfungscommiasionen, zu-
nächst Ton derjenigen in Wien, snr Vereinfochnng der PrOfungsroischriften
gemacht worden and, nnd wenn diese Vorsohlige gans oder ancb nnr sum
größeren Theile durchgeben sollten, so glanbe ich, ist damit den WOnschen
vieler der hier anwesenden Herren entsprochen. Es scheint mir thatsäch-
lich kein anderer Wej^ mot^'lich zu «ein, um eine erhebliche Vereinfachung
der PrOfunfTSVor^^chriften licrljeizufiihren, als eine «solche innige Verbindung
der Frütunf,'scommis^ionen mit den Setninarlcitern.
En i-it ja zweifellos wüüücheuswort. dass der Früfungscommissär Uni-
versitätsprofessor und namentlich, das» er Leiter eines Seminares ist; denn
als solcher hat er ja durch mehrere Jahre hindurch die beste Gelegenheit,
die jungen Leute in viel intimerer Weise in ihren Leistungen kennen «n
lernen, als es Mher der Fall war, wo noch keine Seminare in der gegen-
„ötterr. Mitteiiclialc". XI. Jahrg. 18
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Miscellen.
wältigen Einrichtanj; bestanden. Und wenn es f^ewias eine Nothwendig-
keit ist, das» recht und gerecht vorg'^ü^anixen werde, so liegt, glaube ich,
wenn man uns den guten Willen zuge?itehea will — und ich hoffe, an
di^em wird man doch nicht zweifeln — eben in der Thataache, da^ der
Seminarleitec auch der spätere Prilfungscommiasär ist, die beste Gewähr
&x eine gerechte Bearfiheilung der CmiclidateB.
Wenn 8ie nan» meine Herren, im großen nnd gooMn hiemit ein-
▼entaiiden aetn tollten nnd in diesen Vomeblftgen der PrOfiingacomBundonen
eine weeentHclie Wendung zum Besseren erkennen können, no glaube ich,
^ Ihrer Erwägung ruhig anheimsteilen ztt können, ob Sie es für «weck-
mäßig halten, durch Ein^^'tzung einer so camplicierten und in der ganzen
Organisation doch zu mancherlei Bedenken Anla« gebenden Coinmission
diese gan^e Action, die ao dringend noth wendig iat, norh weiter hinaus-
zuschieben, oder ob Öie es tür zweckmäGiger erachten würden, daäc> der
Mittelachttitag eine BoMlution in dem Sinne baK^ieße, dam « es f&r an-
gememen hUt, die Actiont die jetit schon tob den PraftmgMommi«ioneii
eingeleitet worden iot, in wirktamer Weise dnreh sein Votnm sa anter-
st&tsen. (Lebhafter Beifall und fiändeUatochen.)
Vorsitzender: Auch ich glaube, meine Herren, dass wir mit Rück-
siebt auf die so wertvollen und interessanten Mittheilungen des Herrn
Hofrathes Dr. Schipper unsere Debatte aber diesen Gegenstand bedeutend
abkürzen könnten.
lieichHrathsabgeoi Jueter Prof. Dr. Pommer: Ich werde mich be-
mühen, mögiichät kurz zu sein, um den Unwillen det» Herrn Vorsitzenden,
den ich ja begreife, nicht beraumofordem. Ich Imt hocherfreut Aber die
Worte» .die wir soeben gehffrt haben, mit einmger Ausnahme der Schlnss*
Wendung. Ich Üb B&mlieh in der That der Aasioht, dam es gar nicht schaden
wird* wenn diese Angelegenheit nicht einseitig bloß von den Vertretern
der WisieBSchaftf sondeni anch von Vertretern der Praxia in einer Com-
mission besprochen werden wird. Ich bin deshalb für den Vorschlu}? des
Herrn Referenten und iui»be nur noch einige wenige Bemerkungen dazu
zu machen.
Die Dienstuniform, die man un** beschert hat, hat wohl wenigen eine
Freude, aber allen bedeutende Aualagen bereitet, wäre zu wünschen,
dam diese Dienstunifonn entweder abgesehaSt wird oder doch wirklieh den
Charakter einer DienstuBiform erhUt, aftmlich im Dieaste anch getragoB
werden darf. Denn dieser luau a wm iuemdo (Heiterkeit nnd Zustimmung)
ist doch SU soaderbar: von einer DieBstnaiform ni sprechen, die im Dienste
Bicht getragen werden darf
Es mölken ferner die einschränkenden Verordnungen zurückgezogen
werden, durch welche tier Nebenerwerb der einzehii-n ir*'bnnden ist; sie
mögen zurückgezognen werden, weil si^» das Hecht de.- einzelnen auf ?]rwerb
ungebürlich und widerrechtlich beächraukeu, aber aucli, weil sie ganz und
gar resultatloa sein müssen. Derjeni^, der nicht nur auf einem Pferde zu
reiten versteht, sondern auf mehreren, kann sidi diesen Verordnongen Biit
Leichtigkeit eBtsiehen. Bs kaBB xmal Torgeschrieben seiB, man mOge an
einer Nebeaanstalt nicht mehr als acht Stunden geben — die Stunden,
die privatim ertheilt werden, kann niemand controlieren ; wenn jemand
von wissenschaftlichen Arbeiten lebt, so kann das wieder niemand con*
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ttoliereD. Ich und loanobe meiner Collegen haben in früheren Zeiten btt
zu 30, d5, ja 40 fanden in der Woche gegeben, um in der Residenz mit
einer zahlreichen Familie fiberhaupt leben zu können, und keine Verordnung
kam tms an, woil wir nicht an öfTf'ntlicht» Anstalten «^esifanjfen sind. Ich
will den Mann nicht nennen und ancii nicht näher bezeichnen, damit er
nicht erratheu werde, der T:ig für Tag bis 12. bis 2 Uhr nachts wissen-
schaftlich arbeitet, um sich und seine Familie fortbringen zu können. Da
nutzen keine derartigen besehrftnkenden Verordnungen« da moas In anderer
ViTene eingegriffen, der Lehrer an der Mitcelachnle mnm finanuell so ge-
stellt werden, da» er nicht mit Aafoplierang winer Gesundheit som dgenen
Schaden, anm Schaden seiner Familie, sna Schaden des Unterrichtes nnd
des Staates förmlich den letzten Blutstropfen hergeben mosi, um das nackte
Leben zu fristen. (Beifall.) Andere unterhalten sich, indem sie Briefmarken
oder Hau8thorschlü?sel sammeln: ich habe ein«» viVI ernstere Sammlung
angelegt, ich sammle Partezettel von Mittelscliullehrern. Ich habe eine
ganx bedentendp Sammlung aufgehäuft und werde sie einmal geeigneten-
ortä vorzulegen mir erlauben. Diese Sumiuiuug ^^tigt, dasä die Mittel-
schuUehrer meist iin Alter Ton 37 bis 40, mit 45, hOehstsns SO Jahren
sterben. Eine Sammlang von Pensionsdecreten habe ich nicht anlegen
können; man würde ne mir nicht geben, aber idi kenne factisch in meiner
gaoaen langen Lehneit nnr zwei pensionierte Mittelschulprofeesoren; die
anderen meiner Bekannten haben wahrscheinlich früher dits Zeitliche ge*
segnet. Die Arbeit, die wir leisten, ist eine Tielseitige und psjchisch com*
plicierte und de<?halb eine so aufreibende.
Während e^ b»»i jeder anderen Arbeit dem Arbeit n lcn doch gestattet
ist, für fünf Maiut.ii uulzustehen und sich auszuschuauien , ist dies bei
unserer Arbeit absolut nicht möglich; iat nicht einmal zwischen den
einselnen Stunden mOgUch, da ja vielAeh das System der warmen ThOr-
klinke, wie man au sagen pflegt, eingelllhrt ist (Beifiül.) Das mnss andern
werden; swischea die einielnen Standen mnss die Ar Lehrer und Schiller
unbedingt nothwendige Erholungspause eingelegt werden. Es genügt nicht,
dass dies erst nach zwei Stunden geadliebt Wenn jemand in der Schule
ernsthaft zwei Stunden hintereinander gearbeitet hat. ist pr an«*:^pnmpt.
ißeifuU.) Er ist fertig, aber auch die Schüler sind fertig und zu weiterem
nicht mehr zn brauchen. Mau möge doch gestatten, da.>^s die erste Lehr-
stunde nicht t;0 Minuten, sondern 50, oder doch wenigstens 55 und die
zweite 50 Minuten zahle. Dann wird es zu dem kommen, was ich seiner-
aeit bei einer (kntsmtn ?orgeachlagen habe, dam wir um 10 Uhr nicht
eine 10, sondern eine 20 oder S5 Minuten lange Ftense wefden einlegen
können. Dann wird es wemgstens der Mühe lohnen, die Kinder während
dieser Pause auch in den Garten hinuntenuf&hren: denn biiher ftihrt man
sie hinunter, und kaum sind sie unten, so mfissen sie wieder xurfick. Das
bat ja gar keinen Sinn. (ZustimTnung >
Wa-s die Hausarbeiten anbelangt, so kann ich an«? eigener Erfahrung
niittheilen, das« sich in der Wahl des Gegenstandes ni'-ht immer eine voU-
konunen gluckliche Hand bekundet. Es wurden schon Beispiele hiefür an-
geführt, denen ich noch drei hinzufügen möchte. E3n junger Mann yon
28 Jahren hat das Thema bekommen: „Qrundlegung und Kritik von Kants
Kritik der reinen Vernunft". (Heiterkeit.) Die Arbeit ist eine höchst an-
18»
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264
MitceUen.
regende und lehrreiche, aber den machte ich kennen, der imstande ist.
eine solche Arbeit in drei Monaten zu machen, und den jungen Mann
möchte ich kennen, der mit 23 Jahren imstande i^t, den zweiten Theil
dimer Aufgabe sn lOsen, eine Kritik voa Kante Kritik der zeiaev Venranft
SQ ffeben. Dem Hanne bleibt nicbte übrig, als in schwindelB oder abm*
acbrdbea. Eine andere Arbeit i«t Tor Jahren gegeben worden — von den
gegenwärtig gegebenen rede ich nicht — ee waren ans dem Niljeliingen-
liede eine gewisse Art von Dasa-Sätzen herauszusuchen. (Heitel keit.) Höchst
lehrreich und jedentalls außerordentlich forderlich für das Studium des
BetretfendonI Ebenso förderlich wie eine andere Arbeit, welche die stummen
e au» der Gudrun zu suchen befahl. (Heiterkeit.) Was man aus solchen
Arbeiten wie die beiden ietz^enannten lernen soll, diis möchte ich gerne
wissen.
Wae die p&dagogiscbe Hannrbeit anbelangt, eo haben wir sa unserer
Frend« gehört, daee man steh endlidi entachloasem hat, sie abiasduiffen.
Bieber hat der monstrOee Oebraoeh gehermM» daa» man diese pädagogische
Hausarbeit gerade denjenigen, die ^enMge ihrer philosophischen Stndien
xat' E^oyTjV in der Lage gewesen wären, sie zu liefern, erlassen und von
den anderen, welche derartige philosophische oder pädagogische Vontndien
nicht gemacht haben, gefordert hat.
Waü die Art betrifft, in welcher die Zeugnisse ausgestellt zu werden
pflegen, so wäre darüber auch noch ein Wort zu bügen. Ks herrscht die
Gepflogenheit, über gute oder vorzügliche Leistungen kan hinwegzugehen
und ein&cb sn schreiben: Diese Arbeit warde sehr gut oder ausgeaeicbnet
erledigt. Punctum. Nun sehen wir uns aber einmal die Kritik deijenigen
Arbeiten an, die nicht so angezeichnet ausge&Uen sind. Da kenne ich
Prfifung8zengnis?;e — ich geniere mich nicht sn sagen , dass es bei einem
Gegenstände auch bei mir der Fall war — , wo der tadelnde Theil der
Kritik einen halUon Bogen ausmacht, während der Theil, der die lobende
Kritik enthält, wenige Zeilen bedeckt, und doch sagt der lobende Theil.
dadü diese Arbeit vorzüglich aui^gefailen sei. Freilich, ebensowenig wie es
bei Sehulbflehem auf das Gewicht ankommt, wird auch der Wert einM
PrCUTungsMugnisses nicht auf den ersten Blick danach bemessen werden
dSrfen, wie viel Baum auf den taddnden, wie viel auf den lobenden Theil
entfällt; aber es thut doch immer weh, wenn man sich denkt: hat der
L^er so viele Worte fQr den Tadel, warum hat er keine Worte fär das
Lob gefunden?
Bezüglich unserer Instructionen kann ich aus eigener Erf.ibrung con-
«tatieren : ich war immer ehrlich und aufrichtig bemüht, zu thua, was
mir vorgeschrieben war; ich habe mir Mühe gegeben, diese Instructionen
gewissenbaftest auszuführen — es ist absolut unmöglich. Ich glaube auch,
dass diejenigen, welche diese Instructionen geschrieben haben, niemals im-
stande wibren, zu leisten, was sie hier gefordert haben. Ich habe es schon
einmal öflfentlich gesagt: wenn man einen Galgen aufrichten und den-
jenigen, welche diese Instructionen ge^hrieben haben, sagen würde, sie
müfisten ein Jahr lang genau nach diesen Instructionen vorgehen oder auf
dem Galgen sterben — e-; würde ihnen entschieden diis letztere passieren.
Es hat >i( Ii auch im Laufe der Zeit herausgestellt, dass vieles davon
zurückgezogen werden niusste. Es wäre aber, um .Miss Verständnissen vor-
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Miscellen.
265
zubeugen, zu wüufeclien, dnss in diesen Instructioiipu endlich einmul ein*«
klare Scheidung vorgenoiumen würde zwischen demjenigen, was ala Ideul
Mmuehen ist» uid demjenigen» was all Minimom gefordoi werden nrasB.
Ich wOrde eine neue Awnabe der Initractionen wflnichen, in welcher das-
jenige, was als Hinimnin nnbedinj^ gefordert weiden mtus« gesperrt
gedruckt, alles andere aber in gewöhnlichem Drucke erscheint. Es wurde
wiederholt behauptet, die Instmetionen seien nur als Ideal geraeint, jeder
kunne davon weglassf'n. was er wolle. Nach meinen Erfahninj»en diirftp
mau aber diese Behau ]itnTi^en nicht ernat nehmen, sonst könnte nian sehr
leicht mit den Aufsichtsbehörden in C'oliision kommen. Ich constatiei e nur,
da»s diese Instructionen eine koloiwale überbürdung der Lehrer herbei-
geführt haben. Man hat in den großen T^esblättern wohl lange Artikel
Ober die Überbfirdang der Sehfiler geleaen, aber noch keinen über die
gans aaßerordentliche überbUrdnug der Lehrer. (Beifidl.)
Es ist dann, und mit Reeht, gesagt worden: man hebe die sociale
Stellang der Mittelschollebrer, dann wird es mit nn^i be.s.ser werden, dann
wird auch der Lehrermangel, der sich — Gott sei Dank, möchte ich bei-
nahe «inpen — endlich eingestellt hat (Lebhaftp Heiterkeit und Beifall),
wieder verschwinden. Jetzt ist es in dieser B»'ziehung schlechter, als es
früher war. Jetrt hat man die Eltern darauf autnierksam f?einacht. da-ss sie
jederzeit an der Classitication der Professoren Kritik üben kuuueu, und ich
wnndere midi, dass man ihnen nkfat noch das Reeht einrftomt, in den
Privatbatalog Eänsidit aa nehmen: in den officielien Katalog dflrfen sie es
ja jedeiaeit, da darf kein Striehtein drttber oder dronter beigesetzt werden,
woraus zu entnehmen wäre, dass die Kote schwächer oder besser ist
Gott bewahre, die stricte Nummer und snn t nichts. Und da nimmt nun
so ein versierter Papa feinen Hleistift und addiert und dividiert durch die
Anzahl der i'rüfun^'.-acte, und dann ist er fertig und -ant : Mein lieber
Professor, mein Sohn verdient ja das und da.«. Und der l'rolessor hat dann
nichts audereä zu thun als, was der Knabe, der über die erste Volksschul-
classe hinausgekommen ist und dividieren gelernt hat, zu leisten imstande
ist, n&mlich dieses Rechenexempel aossaftthren und die Note und seinen
Namen m das Zengnis einnitragen. Das war jedenfalls an weit gegangen.
wSre genug gewesen, von den Mittelschullehrem zu fordern, dass sie
jederzeit den Eltern über den Stand des Schülers wahrheitsgetreu Aus*
knnft zu geben haben, wodurch die Eltern angewiesen worden wären, sich
nicht auf den todten BuchRtaben zu verlassen, sondern mit dem Lehrer in
Contact zu treten und zu hören, was er ihnen sonst noch m sagen hat.
^Zustimmung.)
Diese Methode bringt aber auch noch eine Unannehmlichkeit mit sich.
£» wurde die Vorschrift gegeben, dass jeder Sehfiler in jedem Monate
wenigstens einmal geprttft werden mnss; infolge dessen kann sich der
SchSler nicht nnr ausrechnen, was für eine Kote er bekommen wird,
sondern auch, wie oft er darankommen maai, und wenn er schon daran-
gekommen ist, dasa er nicht mehr darankommen darf, weil der Professor
die anderen nr>ch nicht geprüft hat. Rechnen Sie mit einer sehr über-
füllten Clause, in welcher ein Professor Geschichte unterrichten und prüfen
soll, wo der Schüler sich sivu:en kann: .letzt war ich daran, da kann ich
in diesem Monate nicht mehr darankommen I Früher Konnte der Professor
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266
MiiiceJleu.
•o oft |irfiliB&, als er wollte, er konnte den GIchfiler ancb anftitsen laiaen,
flo daw derselbe in arbeiten getwnngen war. Das ist anders geworden.
DasB durch solche Maßregeln die sociale Stellung der Mittelschullehrer und
die Achtung vor ihnen nicht gehoben wurde, ist uns allen wohl sehr klar.
Motje OS mir noch j^estattet sein, ein Wort über die Directoren 7-u
sagen, od*'!- eipentlieh nicht uhrr die I>!rectoren selbst, denen will ich
nicht nahetreten, ich habe auch ein andermal Zeit darüber zu reden —
eiondern über die Methode, Directoren zu machen, die in der jüngsten Zeit
eingerissen ist. Es scheint sich häufig darum zu handeln, einen möglichst
jungen und schneidigen Mann daftUr au finden; die Schneidigkeit eefaeint
gegenwftrtag schwtter m wiegen als andem {Adagoglsehe VorsOge. Pas
schOne Wort, das ich in dem Oigaaisationsentwnrfe gelesen nnd an das ich
lange Jahre geglaubt habe, weil der Dürector an unserer Anstalt es ex^
möglicht hat, das» der Director nur pritnus inter pares zu sein habe, ist,
wie viele Collegen versichern, nn vielen anderen Anstalten keineswegs
mehr in (ieltung, wenigstens in der Praxis nicht. Da«? i«t bedauerlich.
W;us nun tiie finanzielle Stellung anbelangt, so wünscht»' ich nur da.s
eine: eä möge uns so gut gehen wie in dem biLrbariächen Rusäland. Ein
College von mir, slovenischer Nationalität, hat es seinerzeit vorgezogen ,
Uiterreich den Rücken m kehren nnd nach Russland ausanwandera. Ich
habe den Mann nach 20 Jahren wieder getroffen; er hat sich in einer
ansgeanchneten Stellung in Kiew befunden. Die 4000 Rubel Gehalt waren
ihm aber noch zu wenig, er ist su einem russischen Fflrsten gegangen, und
es R-ienj^ ihm uberschwänglich gut. Ich habe von einem Director in Tiflis
gehört — ich werde mich anf (l;vs genaue.^-^" prkundi£;en, ob diese Mit-
tbeilungen vollkommen auf Wahrheit beruhen — , dass der Mann wie ein
Herrscher in seinem Falaste thront, dass er und die übrigen lu^töiäcben
Directoren einen eigenen Adininistrntionsbeamten zur Seite haben, der
ihnen die den Director entwürdigenden, von sein«i eigentlichen Aufgaben
einfach absiehenden kleinlichen Administrationsarbeiten abnimmt nnd
dafür selbstverständlich separat bezahlt wird. Idi habe gehört, dass in
Ruaaland die Professoren nur zu 12 Stunden verpflichtet sind, dass ihnen
jede weitere Stunde separat honoriert wird, dass ihnen selbst die Correcturen
separat honoriert werden (Heiterkeit) u. s. w. Ich habe gehört, dass dieser
Director in Tiflis 10.000 fl. bezieht uml den Titel Kvcellenz fuhrt. (Leb-
hafte Heiterkeit.) Das wimsche ich Ihnen allen. (Heiterkeit. — Lebhafter,
anhaltender Beifall und Händeklatschen.)
Ptof. Dr. Sfiß (Raden): Geehrte Versammlung! Der Herr Vortragende
bat seinen Vortrag selbst als anfechtbar beieichnet; er hat aber — wosig-
stens habe ich diesen Eindruck bekommen — doch durch den Ton, sowie
durch gewisse, wenn aach sehr feine Kraftausdrflcke xu verstehen gegeben,
dass er seiner Sache ganz gewiss ist. Ich möchte vor allem meinen Beifall
zu demjenigen aussprechen, was er betreffn der Schwierit^keit der Prilfunj^en
gesagt hat. Wenn unsere Prüfungen an der philosophi-ichen FacultHt seit
jeher aU die schwierigsten bezeichnet wurden und auch die schwieiigöten
waren, m ist nur zu wüuächen, dat^ es auch dabei bleibe. Wir haben uns
mit den Juristen und Medicinem immer wieder abgefunden, es war unser
Stols, dass wir sagen konnten: Wir haben schwierigere Prüfungen machen
müssen, ehe wir das wenige erreicht haben, was wir geworden sind. (Bei&ll).
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Miaeellea.
\ oiUtÄtxdi'^ einveri)t4Uideii bin ich damit, dais die materielle und
aoeuUe Stdlung det Mittekeballehfitaiidei gehoben irenlni mam, um dem
drohenden Hnngel an Nachwneha nbsnhelfen. Darin aber möchte ioh mir
doch ein Wort inguniten des alten PrOfnn|{>normalee erlanben, dam naeh
diesem alten Prfifanganormale die Mehrzahl der Anwesenden doch nicht
•0 ganz unvorbereitet und ohne praktische Vorbildung ine Lehramt ein-
getreten sind. Dfr Hauptgrund^atz des alten Prüfungsnormalex war doch
der. da^<5 an der Univt'rsität zunru-h-it dio wi>seniichatlliche Beftihignng
naciigewiefefii werden mut>j^te und man die iVasis nachher sich orwarb.
Daran nahm der Herr Referent su »ehr An;jtoß. Mit diei»er äußeren Theiiuug
war es aber doch nicht «o «chlimm bestellt; denn in Wirklichkeit find
wir viel bemer vorbereitet an mueren Beruf herangetreten als die jungen
Juristen und Hedidner. Wir sind bereit» 14 Jahre hmg auf den Schal-
bftnken geseaienf als wir an die UniTersitftt kamen. Haben wir wOhrend
der Schulzeit von der Volksschale hin zur Maturitätdprflfung nicht hin«
länglich Erfahrungen j^esamraelt? Wir sind meist die besten Schüler 5??-
Wesen: denn die besten Schüler sind es in der Kegel, die sich nach der
Matura dem Mittelwhiillehramte i:uweiiden. Ich glaube, das wäre hervor-
zuheVtcn f^ewesen. diuss wir schon aus der Schulzeit her eine große Summe
wirklichei- i'raxi» mitbringen, und dasa es deshalb nicht gerade nothwendig
ist, die Pnuds auf dem umstftndliohen W^ an erwerben, anf dem der
Herr Referent sie erworben winen will. Ich mOchte aoeh das ideale
Moment bei der Walil unseres Berufes nicht unterschJttet haben. Ich mum
wenigstens sagen, dam ich schon eine Lehrbefähigong hatte und noch gar
nichts von der Höbe der Bezüge wusste. Weil ich am Lehren meine Freude
hatte, habe ich mich dem Lehrstande gewidmet; von Avancement und
C{irnere habe ich damals gar nichts gewusst, jetzt wpili ich allerdings
auch nicht viel davon. (Lebhafte Heiterkeit.) Da wir alno, sage ich, an
der Mittelschule meist sehr brave, fleißige und ideal get^innte Studenten
waren, konnten wir, nachdem wir an der Univertitftt die BefShigong nach-
gewiesen hatten I unmittelbar oder nach knrcer Zeit ins praktische Ldir-
amt eintreten. Nach dem alten Prftfungsnormale wurde die Beortheilung
der praktischen BeflUiigung ohnehin den Praktikern Überlassen, und da« wäre
auch hervorzuheben gewesen. Wird man denn, sobald man das Prüfungs*
zeugnia in der Tasche hat, sofort Professor? Das Probejahr ist wohl später ein-
geführt worden, aber über die Frage der praktischen Ausbildung hat doch
der Lehrkörper, der Director und auch der Inspectur zu f^ntscheidem Der
weite We^ vom Provisorium bis zum Definitivum int ja nicht« anderes als
eine ununterbrochene praktische Ausbildung. Dieser Grundsatz des alten
Normans: wissmschaftliche Ausbildung an der Univenitftt und dann die
Praxis im Lehramte ist ein richtiger und wftre bei einer Beform mindestens
einer genauen Beachtung sn nntemehtm, und es wftre sehr-su erwftgen,
ob ein anderer Vorgang sich als besser empfiehlt. Denn während der
Universitätsjahre den Candidaten in Mittelschulen nmhersuschleppen. hat
viel Missliche-.. Wenn ein solcher Universitat.shÖrer nur von *.) Ijiü 10 l hr
an einer Wiener Mittelschule hospitieren soll, i'?t für ihn der ganze Vor-
mittag verloren, aber aucii die Arbeit an der Mittels(,liule si-ibat wird nur
^'esturt, und deshalb wäre es wohl am besten, ei» mehr oder weniger beim
alten zu belassen, dass der Candidut seine wissenschaftliche Befähigung
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268
MiBcellen.
an der Unirenität danntbun und dann teine praktische Verwendbarkeit
an der lüttelachnle au erwerben hat, nnd daae Ißlnner, welche in der
Praiis efcehen, der Direetor, der Inepector, der Lehrkörper an prüfen und
aa bestätigen haben, ob er wirklich diese Verwendbarkeit tieh erworben
bat. Die Sache igt also meinei Erachteos nicht gar so schlecht gewesen,
wie sie dargestellt wurde. Es gicn«^ durch den Vortrag ein gewisser Zug
des Sch>s'arzäehens, wie er heute üblich ist, aber ich glaube nicht mit
Tollem Hechte.
Gestatten Sie mir noch an ein Wort des unmittelbaren Herrn Vor-
redners betreffs des Nebenerwerbs anzuknüpfen. Der Nebenerwerb, den
man durch wissenscbaftliehe Leistungen sieh Teitehaffl, wurde niemals
verboten, auch niobt behindert^ im Gegentheile immer gewflnscht Wenn
man Ton Einscbrftnkungen und Verboten des Nebenerwerbes spricht» so
waren es bekanntlich gani bestimmte Thatrachen, welche die Veranlassung
dam gebildet haben. Es war naturlich immer das Lectionieren und Cor-
repetieren mit Schülern der eigenen Anstalt und das Ko^tknabenhalten
gemeint, und wenn in diesen Pimr^n Wandel geschalten wurde, so ist es
mit vollem Rechte geschehen, weil hier sehr viel Unfug vorgekommen ist.
Die Ertheilung von Unterricht an öffentlichen oder nicht öffentlichen An»
stalten wird nirgends verboten; natOrlich darf die eigentliche Amtsthätig»
keit nicht darunter leiden. Das ist ein so correcter Standpunkt, dass man
darfiber nicht viel Worte weiter au verlieren brandit.
Es wurde von der Führung der Katai<^ gesprochen. Ich glaube, in
der Beamtenwelt gibt es nur eine Stimme: dffiBntliche Qnalification! Warum
soll sich der Lehrer scheuen, was er für recht findet, dem Vater de>
Schülers bekanntzufreben V Der Vater kann in den Katalorr Einsicht nehmen:
daran ist doch nichts .Schlechtes? Wenn der Lehrer am Schlüsse des Se-
mesters zu einem einheitlichen Urtheil kommen mu^, so darf er sich nicht
sdieuen, auch im gegebenen Falle sich ein klares Urtheil zu bilden: so
oder anders. Dabei ist ja die FObrung von privaten Notisen nicht aus-
gesehlosaen. Aber die FOhmng der Kataloge und die Verwendung der-
selben an Auskflnflen an die Eltern scheint mir berechtigt.
Hofrath Prof. Dr. Schenkl: Hochgeehrte Herren! Ich mOchte noch
in einer Sache das Wort ergreifen . die unsere PrGfnngscommiasionen be-
trifft, und zwar möchte ich bei dieser Geleirenheit «jprn ein Vonirtheil —
denn als ein solches muss ich es liezeiciinen - 7Pr-t' fn wpnn es mir
m^ü^lich ist. Ich spreche von dem Wunsche nach i liPilung der l'rüfungen,
und zwar berühre ich hier nicht die vorgescblagewe Abstufung der Prüfun-
gen. Darauf möchte ich nicht eingehen. Ich gkube, Sie werden sich jeden-
falls in der grüßten Mehrsahl dagegen aunprechen; Sie werden nicht den
Unfrieden in Ihre eigenen Lehrkörper hineintragen wollen. Eb wftre sehr
SU bedauern, wenn man in Österreich das dnlfthrai wfirde, was man ge-
rade draußen als eine alte Schuld abschaffmi will. Davon will ich also
nicht sprechen, sondern von etwas anderem.
Ich verkehre viel mit Lehramtscandidaten und höre aus ibr^n Kreisen
heran- den \S^un?äch: möglichst viele TheilprÜfun^en. Wenn nur die Prüfung
in drei oder vier Theile zerfallen würde — das wäre viel be.s9er. Nun
muH» ich tiageu, da^ dm hohe Ministenum äich entschieden gegen eine
Verzettelung der Frafung in Theilprüfungen ausgesprochen hat. Ich mOchte
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Miscellen.
269
aber hier vor allem anderen noch bestätigen, dAsi wir, und zwai im lute-
nm dor Guididaleii, «ntacbiedAn dagegen riiid. Die Theilpröfangeu sind
aicbtt andtfref als eine VeneUeppung der Früfang. MOgen die Heneii
bedenken, den wir immer ängetUehe und kfthne Guididsten bnben werden.
Die ftagstliciten Candidaten finden in den Theilprafuigen einen Grand sor
YezKhleppung der Prflfang ina MaÜlose.
Ee ist nun viel besser, wenn der Candidat alle Pnlfunsren «ucrieich
ftblegt, mi l 1 h für meinr- Pergon wönschte, dass die gegenwärtig' in fler
Pröfnng^vürschiitt ein<;t'tuhrt«'n Tlieilprüt'ungen auch entfallen mitchien.
Ks iät beäser, und zwar aus dem Grunde, weil uiau er^t, weuu die l'rüfung
im guaen abgelegt wird, das ridit%e Urtbeil fibtt* ^ten Cudidaten ftllen
kann, nnd sweitena, weil nnr, wenn die FHlfting alt Gante« abgelegt wird,
dann aneb bei den eiaaelaen PrflAingen das riebtige Maß eiagebalten wird.
Jede Prüfung, die :iu8 versttbiedenen llieüen besteht, wird, wenn nie in
die Tbeile lerlegt wird, schwerer. (Zustimmung.) Da« Detail, das bei einer
Prüfung im p^nren nicht zum Auadrucke kommen kann, kommt in der
Detail prüt'ung zum Ausdruck»«, und die Forderungen werden, auch wenn
die Examinatoren billig und gerecht aind, durch die Natur der äache
strenger.
Ich mochte daher gerne mit diesen Worten einem «olcben Vornriheile
begegnen und würde reebt eebr wttnieben, dam «ie von bier an« in den
Candidaten, an deiyenigea, wekbe die Frflfung ent aUegen loUen, dringen
mOgen. Wenn die PrOfong ale Ganses abgelegt wird, dann hat auch der
Leiter der PrüfungscommiMsion viel mehr die Moglicbkeit, das Ganze in
der Hand zu behalten und auch dahin zu wirken, dass nach keiner Seite
liin die Sache übertrieben wird. Die Candidaten dürfen nicht etwa fürchten,
das» man sie hei der Prüfung um alle möglichen Details fragen werde.
Das wird man nicht thun. Man wird sich recht wohl an das erinnern,
watt zu einem bei unts noch in hohem Ansehen 6tehenden Germanisten, zu
Karajan, Laobmann in Berlin gesagt bat Ale er ihm so vielee vor-
enftblte, aagie Laebmann gans troefcen: »Alles das wtisen Sie? Wosu
baben Sie denn Ibte Bflcber?* (Lebhafte Heiterkeii nnd Bei&U.)
Die Candidaten mOgen also nur ohne Angst tnr Prüfnng kommen nnd
sie auf einmal ablegen. (Allgemeiner Beifall.)
Prof. Dr. Ludwig Singer (Prag): Ich freue mich vor allem. daa&
die Di>iciissinn durch die Rede des Herrn HotVathes Schenkl wieder auf
da.s Ueiuei geieilet worden i^ät, das uns heute eigentlich beschäftigt, näm-
lich die PrüiungülVage. Ich glaube nun, dass der Aulrag dea Herrn Hof-
rathea Schipper, wonach wir einfach durch eine Besolntion doi Bestreban-
gen der Herren von der Hoehsebnle beitreten sollen, swar vieles fBr sieb
hat, dais wir aber anderseits mit Racksicbt anf die BedflrfnisM der Praxis
doeb den Vorscblag aoeeptieren kOanen, dsss einige von unseren spe-
eiellen Wünschen in Beeng anf die praktische Ansbildang der Lebrer und
die Art, wie diese COntroliert werden soll, zur Formulierung gelangen. In
diesem Sinne wäre ich dafür, da^-s der Beschluasantrag derart umgeändert
würde, das?* unter dankender Zu r keuntnisnahme der seitens des
Herrn Holrathes Dr. .Schipper gegebenen Aufklärungen der
Autrag des Collegen Dr. Polaschek auf Eiusetzuug einer Cum-
mission gleichwohl angenommen wird«
Digrtizeo Ly <jOOgle
270
Miacelien.
Prof. Dr. Schwärs (Ostraa): la demaelben Sinne wollte ieh mir er*
lanben der geeinten Veimmailiiiig einen VorMsliteg m maehen. Die Mit-
theilnagen» die Herr Hofrath Schipper une lokomnien ließt waren lo
bedeutungsvoll und so befriedigend f&r uns alle, dass meiner Ansicht
nach ein großer Theil dieser Frage dadurch erledigt erscheint. Denn
momentan dreht ns sich doch liauptsächlich um die Frage des Lehrer-
mangels, und die ^anze gestnge uuil ii«nitige Debatte wurde ja dadurch
veranlasst. WRre diese «winf^ende Xothwendigkeit nicht eingetreten — wir
Wiireu wahrscheinlich auch heute noch nicht in die Lage gekommen, uns
mit dieser Angelegenheit nt beaehtfiügen. Wir dfixfen auch dem Herrn
Referenten von gestern sein Verdienst nicht nehmen; «r ist gestern soWel
angegriffen worden, und kein einziges Wort der Anerkennung ist ihm sa-
tbeil geworden dafür, dass er die Sache zur Discussion gebracht hat. Er
bat das vorbandwe Bedürfnis erkannt und gefunden, dass namentlich für
die Mittelschulen in der Provinz mit den bestehenden Verhältnissen absolut
nicht iiQszukonimen int. und das vjl»^i''he Hediirtnis, die Frage des Lehrer-
mangel, hat zu (ier heutigen l)el)atte geliihrt. En i>t das Wort «^elallen:
Gott sei Dank, der Lehrermangel i^t eingetreten. Gewiss musä mau diesem
Umstände dankbar sein, denn er bat die Veranlassung zu einer Verbesse-
rong unserer materiellen Stellung gegeben. Ich rnnss aber dennoch sagra:
leider ist er eingetreten. Unsere Generation wurd es baßen, wir werden
uns durch viele Jahre doppelt plagen müssen, bis er behoben ist. Unser
Zweck muss also sein, den Lehrermangel so rasch als möglich zu beheben.
Ob das im Wege einer Enquete und Commission möglich ist, rouss man
bezweifeln. Eine Commis'^ion und Enquete dauert in Österreich gew?Uinlich
sehr lange, und wenn noch dilferente Anschauun^tn in der Commission
zutage treten, wird das Kt'snltat wohl Null sein. Heute ist Cjs unsere erste
Aufgabe, die »Sache iutj lioUeu ^u bringen, und iu dieser Beziehung können
wir um dem Wunsche des Emen Hofrathes Schipper, dass der HiUel*
«chnltag die Auf klftrungen der Prflfongsoommiasion fiber den an das Mini-
sterium entatteten Bericht anerkennend und dankend zur Kenntnis nehme,
ohneweiters anediließen. In dem Augenblicke hat die Unterrichtsverwaltnng
wenigstens unseren Wunsch zur Kenntnis genommen, dass wir so rasch
als möglich Remodur schatten wollen: es ninss noch keine endgiltige Ke-
Uiedur sein, aber doch wenij^stens eine provisorische.
Nichtsdestoweniger konnte nebstbei eine Couimission einhernfen wer-
den. Nachdem jedoch die Herren Vertreter der Wissenschaft und der
FrflfungscommissioQ, wie es scheint, davon Abstand nehmen wollen, ge-
meinschaftlich mit den Vertretern der Mittelschulen in der Frage su oon-
ferieren, und zwar aus dem einzigen Grunde, weil sie ihr Urtheil bereits
abgegeben haben und man von den Vertretern der wisMnsehaltlichen
Prüfungscommissioneu nicht wohl annehmen kann, dass sie dieses ab*
gegebene Cr theil wesentlich modificieren werden, so wäre es ganz ge-
nütfend und der Sache »^nt^jir-M liend . wenn eine Enquete von Ver-
trotcrn lier M ittelsch u len u Iter die Frauke t* i n vernommen würde,
da CS dann in der Hand der t ut»'rr'u htsverwaltuni; liegt, aus den beiden
Gutachten das uerauä2ünehmen, was ihi uu Interesse einer raschen Lösung
der Frage gut scheint. Wir sollten also, glaube ich, den Herrn Re-
ferenten unter dankender Anerkennung seiner gemachten Studien bitten.
uiyiii^ed by Google
Mucellen.
271
seine Kesolution in dieser Ricbtang zu modificieren. Hinf^^en
beantrage icb, dem Vorteblaipe det Herrn Hofiathes Schipper unbedingt
surafttiramen.
Nachdem flbrig^, wenn wir so einem Ziele kommen sollen, die
Siehe doch nidi ihre Erledijipung finden moai» glaube ich in Ihrem Sinne
za bandeln, weuü ich aach den Sehloai der Debatte beantrage. (Zo-
«timmnng:.)
Der Antrag iiuf Schluss dor Debatte wird hierauf anj^enüiauiL'u.
Hofriitli Prof. Dr. Schippt-r: Ich habe «gleich zu Anfang meiner Mit-
tiieüungen bemerkt, da«8 wir steUi luit ^reudtiu bereit sein werden, zu-
aammen mit den Vertretem der Mittelaehiilen über die gemeuuamen Be-
dOrfnime tins lu berathen. Wir haben nicht gewnatt, dam diete Fhige auf
die Tagesordnung des lütteltchnliageB kommen werde; bitten wir es ge-
wusst, so hätten wir vielleicht den Beschlnss gefasst, mit Rücksicht hierauf
OBsere eigwen Berathungen noch etwas sa Terschieben. Indenen ist die
▼on una eingoloitote Action mm bi<! 7.n einem p^ewissen Abschlüsse gelanjrt,
dif Mittheilun^'f n $iüd au daa Ministerium gekommen, und lediglich aus
rem praktisc }ien Rucksichten ghiulite ich, dkum Sie damit übereinstimmen
würden, das» die Vorschläge, die wir gemacht haben, im ganzen praktisch
sind und Ihren Wünschen entsprechen. Wenn nun wieder eine Commissum
eingesetzt werden soll, so wird steh zunSehst die Frage nach der Zusammen-
setxang der Commission ergeben, und wenn dann wieder in alle möglichen
Detailfragen eing^angen werden soll — auf dem Wege wrätlftnfiger En-
queten wird, wie der Herr Vorredner mit Recht bemerkt hat, nichts er-
reicht. Freuen wir uns, dass die Bestrebungen, die hottentlich wirksam
sein werden, thatsächlich ins Werk gesetzt und aut ii bt reit^* zur Kenntnis
des Ministeriums p^elangt sind, und dam wir Aussicht haben, auf eine
wuiiiwoliende Forderung dirser I3e.strebungen rechnen zu können. Eis wird
etwas erreicht werden, und wie ich überzeugt bin: bald erreicht werden,
wenn die Sache nicht durch eine Ccmtreaction gestdrt wird. Lediglidi ans
diesem praktischen Gesichtspunkte möchte ich Sie bitten, es bei der Re-
solution bewenden m lassen, dass der Mittelsehaltag die von der Prüfungs-
oommission gegebenen Anregungen unterstützt.
Referent Prof. Dr. Polaschek (Schlusswort): Ich habe ausdrücklich
ge^?a>;jt. da«s alles, was ich vorbringe, nur Anregungen sind. Ich habe mir
durchaus nicht irgendwie durch den Tonfall meiner Stimme eine Art Ge-
wissheit in diesen Dinj^en %indiciert, ich bitte das nicht zu glanhen. Von
meinem Vorschlage kann ich nicht leicht abgeben. Ich nehme mit großem
Vergnügen Kenntnis von den Schritten, welche die wissenschaftliche
PrOfnngsoommission in Wien bereits gethan hat, nnd ich muas gesteben,
dass mir das ÜSntreten f&r meinen Antrag hiednrch etwas schwer wird,
weil die Action thatdtehlich schon m weit vorgerllckt ist Wie sollen denn
aber jetzt unsere Wünsche berücksichtigt werden, wenn wir zu diesen
Schritten der Wiener Prüfung^mmission einfach «Ja" sagen? Ich kann
di«i Herren, die so freundlich waren, uns die Mittheihmfren bezüfjUch der
i^chriite der I'rufung>-<rin)nii8sion nicht vor7n.'nthalten , versicliern, dass,
wenn in dieser Coniiiax-^ion auch Mitgheder cieü MilteUchnilelirstandes
sitzen werden, alie ohne Aufnahme den Erleichterungen, wie sie die
Prüfungscommii»ion in Wien bereit« dem hoben Ministerium vorgeschlagen
üiyiiizeQ by GoOglc
272
MLscellen.
hat, mit dankbarem Hemn anttimmoD werden, und es wird ja den Herren
dann auek wieder ihreneita von großem Werte eein, die näheren Wfinache
der Mittelaehvliehrer kennen an lernen. Ich will ja nicht, dass man »ich
gegenseitig irgendwie vergewaltige. Die Herren haben ja selbst gesagt:
bIp wollen Hand in Hand mit uns »»eben — s»'t/on wir da^ doch in die
Tfaat um. ich empfehle Ihnen also meinen tniht ren VorschUij^ in der Form
zur Annahme, dass wir die Schritte der wissenschaftlichen Prüfungs-Com-
niiaeion in Wien dankoar anerkennen, anderseits aber dennoch wünschen,
dasa unbeschadet dieser Schritte eine Commission in der am Schlüsse meines
Referates beantragten Weise susammengeeetat werde» damit man denn
doch auch die WOnsche der Pmktiker wenigstens hOre.
Referent Dir. Dr. Bar an, der gleicUbUs das Sehlnsswort erhalten
soll, ist nicht anwesend.
Es wird nunmehr zur Abstimmung geschritten, und zwar gelang
zunächst der Antrags dps Hofrathes Prof. l>r. Schii>]M'r: „Der Mittel-
schul tag stimmt der von Seite der wissenschattl ichen Priitun;^s-
commissionen einj^eleiteten . auf eine Vereinfaehunp der Prii-
fungsvorschriften abzielenden Action zu" — unter Beifall ein-
stimmig anr Annahme. Sodann wird Aber die Antrftge auf Einsetaong
einer Commission, nnd awar einer gemischten Commission ans Vertretern
der Wissenschaft nnd der Praiu (Referentenantoag) oder eiaer Commission
bloß ans Vertretern der Mittelschulen (Antrag Singer) al^estimmt. Der
Antrag des Referenten Prof. Dr. Polaschek anf Einsetanng einer ge-
mischten Commission, welcher aneist aar Abstimronng kommt, wird ab-
gelehnt.
Prof. Dr. Schwarz stellt nunmehr folgenden V'eruiittlunjrsiintrag:
,Der Mittelschultat; spricht den Wunsch aus, dass vor der Er-
lassung der neuen Prüfung» Vorschrift auch Vertreter der Mittel-
schnlkreise Gelegenheit erhalten, ihreWQnsche in dieserFrage
xnr Kenntnis an bringen."
Dieser Antrag wird einstimmig angenommen, womit die Ab-
stimmung nl>er den Antrag Singer eotfUllt.
Hierauf wird zur Ab^itimmunjr über die zur Frage der Vcrlejfung
den Probejahre«; in das vierte Jahr der philosophischen Studien gestellten
Antrilge ^e.^clnitten.
Landei>-Scbuliu»i)ector Dr. Tian^han«: Meine Herren! Wir .sind duri h
die Kürze der Zeit hier docb eiuigermubeu in eine Stickgasse gerathen und
könnten uns durch die Abstimmung Aber die an dieaer Frage ▼erliegenden
detaillierten Anträge sehr leicht in Cfegensata an dem eben gefassten Be*
scblnme setzen. Es sind von Seite der eimtelnen Antragsteller Specialwünsche
cum Ausdrucke gekommen, Ober welche wir ein wohl motiviertes Urtheil
abzugeben heute nicht imstande sind. Ich möchte daher an die Herren
Antragsteller die Bitte richten, die von ihnen formulierten Separatforderungen
heute zurilckzu7.iehen, nachdem ja der prnnze Com^dex der Prüfnnj»>ordnnng
und auch das Probejahr und die praktische Ausbildung der Candidaten in
jenen ConnuisHionen zur Sprache kommen wird.
W^is mich selbst betrith, s^o ziehe ich den von mir gestern gestellten
Antrag zurück, oder modifieiere ihn vielmehr dahin: »Der Mittelschul-
tagnimmt die Ausfahrungen des Herrn Referenten Dir.Dr.Baran
üiyiiizeQ by GoOglc
Miscellen.
273
lar Kenatnit, «ielit aber von der AufttelUag bestimmter Tbe*-
ten aK*
Dieser Antrai? wird angenommen, wodoreh die Abltimmiuiff Ober die
Qbrigen vorliej^^enden Anträge entfallt.
(ScbloM der Veisammlang 12 Uhr 15 Minaten.)
Nachmittags Ton 3 übr an worden SeetiontnUangen abgehalten.
FHilologiscla.-lalatoz-isch.e Section.
Vorsitzender: Herr Dir. Dr. Swida (Triebt).
Unter den Anwesenden befindet sieb auch Landes- Scbniinspector
Dr. Scbeindler.
ZanSehst referiert Prof. Dr. V. v, Renner Qber die Arbeiten der
vom letzten Mittelschtütage etngesetsten Commiadon für die Verwenduog
der Münaknnde in der Schale:
Verehrte Herren!
Das von Ihnen in der historischen Section des V. deutsch •Oster^
reichischen Ifittelschnltages am 22. IfArs 1894 bestellte Oomittf, bestehend
ans den Herren Landes- Schnlinspector Dr. J. Hnemer und den Proff.
Dr. Knbitf^chek, Prix, Dr. Singer nnd meiner Wenigkeit« hat aich narh
seiner Constituiening verstärkt duich die Cooptierung der Herren Dr. Karl
Doniani^if. Custo» der Manzensammlnng des Allerhöchsten Kaiserhauses,
und Prof. Feod. Hoppe.
Seine Aufgabe bestand 1. in der Al>lialtun«^' von JjouuUigsvortrilgen
über Münzenkunde; 2. Veröffentlichung von Anleitungen zum Sammeln
nnd Ordnen von den verschiedenen Anstalten snflieOenden MOnsen; 8. in
der Veranlassung galvanoplastischer Naehbildnngen im Originale an thenrer
MSnsen nnd 4. Schaffang einer Centralstelle zvae Betheilnng der Mittel-
schulen mit den im Unterrichte nCthigen Originalen.
I. Das Cointt(< hat xunilchst Keine Thätigkeit damit begonnen, diisa es
noch im Jahre 1H94 durch fünf aufeinanderfolgende Sonntage in der Zeit
vom 1*^. Novoiiiber bis 16 l>*>cember Vorlf^snnjjen i\hcr Mfln'/.enknndp fiir
Mitteliächuiiehxer veranstaltete. Dieselben fanden im Voi trags-Hiuile «l* r
Numismatischen Gesellschaft »Uitt und erfreuten sich naiueutlich diejenigen
Aber griechische und römische Numismatik eines regen Besuchte (17, 33,
85» 18, 15). Ich glanbe, die Herren werden mir sostimmen, wenn ich den
Antrag stelle, dass von Seite des PiSsidinrns der historisch-philologischen
Section sowohl der Nnmismatischen Qesellschaft in Wien für die Über-
lassung desLocales als auch den Vortragenden, den Herren Regierungsrath
Dr. Fr. Kenner, Oberbergrath Karl H. v. Krnst, Dr. Alfred Nagl
und Prof. Dr. W Ktibitsc h«'k für ihr freundliches Entgegenkommen der
Donk der Section aus^i'ilni< kt werde.
II. Auch die Lmuug der zweiten Aufgabe ist sowohl von den Mit-
gliedern der Commission als auch erfreulicherweise von auswärts her mehr-
fiush in Angriff genommen worden. Es wurden verschiedene, den Zwecken
der Schnlsammlungen angepasste, die Bestimmung und Ordnung der-
selben ermöglichende Eatalogswerke veröffentlicht: Griechisch-autonomische
üiyiiizeQ by GoOglc
274
Miaeellen.
Münzen I und II (Progr. d. C. R. u. 0. G. im II. Bez. Wiens 1894 und 1895K
römische Mfinztm I und II bis Sojit. Severus exclusive (Prof. Prix in den
Progr. des Theresianinns l^<y4 und l>'f<ö). Eine Orientierung für «solche,
welche sich mit den angeregten Fr.^feu näher be:?«.iiiilii<^eu wollten, bot
Prot Kubitficbek, der Verfejsser der bereit« im Jahre 1692 erschieuenen
Erlftnteroiigeii zu einer Ar den Sckulgebtanch aiuigewählten Sammlung
gHlTMK^fautischer Abdrücke antiker Mflnztjpen, in seiner «Rundwhan Aber
ein Quinqnenninm der antiken Nnmianatik (1890 bis ISiM)* (Progr. des
Gymn. im YIII. Bes. Wiens 1895 und 1686).
Aber auch auswärt« wurde der angiaegt«n Frage erfreuliche Unter^
stfttznnf^ zutheil. Im Jahre 1895 erschienen , Antike Münzbilder tMr <\»n
^'•hiilgebrauch zusannnenf»»istellt von A, Pfeiffer" in Wintertlim, in
weicher Schrift 6ö meist der romischen Rei)ublik ungehörige Münzen
erläutert und nach vorzQglich erhaltenen Stiickeu abgebildet werden, und
im Jahre 1896 hat Oberlehrer Gerhard Schaper in Magdebui^ im Oster-
Programme des stftdtiscben KCnig Wilhelm 'Gymnasinmi daselbst eine in*
stmetiTe Abhandlung TerMentlicht: »Antike MQncen als Anscbavnngs-
mittel im altsprachlichen nnd geschichtlichen Unterrichte aof den Gym-
nasien." — Auch in Russland wurde man auf die Bedeutung der Numis-
matik aufmerksam und hat Stephan Cybulski in einer (1895 ins Deutsche
öbersetr.ten I Abbnncjbmf»: „flriechische MTmyen" die auf Tafel IH der
Tabülae, quibus antiquüates Graecae et liomanae illustrantur von ihm
veröffentlichten NOMIIMATA KA AIINIKA fHr den Schulgebrauch erläutert
und ergänzt. — Alle diene Bestrebungen kommen der antiken Numismatik
sngote. khvt anch Nittdalter nnd Nenxeit sind in naseren lüttslsehnl-
sammlnngen vertreten nnd verlangen gebieterisch der BeHtimmong nnd
Ordnung. Auf diesem Gebiete ist unseren Bestrebungen einer der hervor-
ragendsten Kenner und Schfttier der Numismatik -/uhilfe gekommen.
8e. Durchlaucht Prinz Ernst zu Windischgrfttz hüt im Jahre 1895
den Katalog seiner großartigen Sammlung zu verötientlichen begonnen
und liegt zmniir hst der I. Band: ^MQnzen und Medaillen den österreichischen
Kaiserstaate.s" gedruckt vor. Er enthält nicht weniger aLs 6250 StQcke und
ist vermdge »einer uuberordentlichen Billigkeit wohl auch für Mittelschulen
leicht zugänglich (6 fi. mit acht Tafeln). Wie mir Se. Durchlaucht mit-
theiltet wird sich die wdtere Fortsetsung dieses Werkes in den ninftehst
«ich ausehlieOenden Katalogen der griechischen und Mflnsen der römischen
Republik anch in der Anordnung des Stoffes (Theüung der autonomen von
den colonialen Prägungen) dem Gebrauche unserer Mittelschulen genau
anschließen, 80 dastt dieser Band als eine Ergänzung und Erweiterung der
bereit« veröffentlichten ^nriechischen Miln/en" jenen höchst willkommen
sein dürfte, clit- das langüiame Erscheinen der letzteren bedauert haben,
übrigens sind »ovvohl die Mitglieder des Coniitea als auch diu Numis-
matische Gesellschaft bereit (letztere un jedem Mittwoch abends), persönlich
gestellte Anfragen sur Bestimmung einzelner Stücke, soweit dies möglich
ist, SU beantworten und AuskOnfte über Blünxen au ertheilen.
ni. Was die uns aufgetragene Yeranlasiung der Herstellung galvano*
plastischer Nachbildungen von im Originate zu kostbaren und daher
für Schulen zu theuren Münzen und Medaillen betrifft, so liegt fürs Alter-
tbum ohnedies bereits seit 1892 die von Sturm besorgte «Sammlung
üiyiiizeQ by GoOglc
Miscellen.
275
galfttnoplastischer Abdrücke antiker Manzen" vor und erfreut sich Uefiig
steigender Nachfrage ; auch ist es bei größerem Bedarfe für jede Anstalt
leicht möglich, die von (instav DoMchlpr in München (Thierschstraße 35)
zum Preise von 1 Mk. 20 Pf her;^estellten vorziifjlichen ^.ilvanoplasti-
schen Abdrücke hervorragend iH^höner griechischer Münzen der königlich
Imyrischen Sammlung jederzeit zu beziehen. (Katalog von Otto Auf-
leger, München 1883, mit sieben Tafeln in Phototjpie.) Es handelte sich
daher für dttComit^ nameiitlidi um Medaillenreprodnctionen. Die Schwierig-
keit lag hier TomeliiDlieii in dem Mangel eine* allgemeiii sng&nglicheii
iHufarierteit Veneichiumei toh herromgewlen PortriUmedaillen der kaiaer-
liehen Sammlung.
Auch hier ist nunnaehr Abhilfe geschaffen. Das Mit^^lieJ des Görnitz
Herr Custos Dr. Karl Domanig veröffentlichte im Jahre 1>*96 unter dem
Titel . Portriitnicdaillen des Erzhauses Österreich von Kaiser Friedrich III.
bis Kaiser Fraux II." auf 50 Tafeln in vorzüglichem Lichtdrucke Ab-
bildungen von 359 Portrfttmedaillen des Hauses Österreich. — Jetzt war
es möglich, aus dieser Reihe prächtiger Stücke jene auszuwählen, die im
Wege galvanoptastiieben Abdrucket repredneiert werden Mllen. In dem
Bettreben, YorsQglichet wa bieten, habe ich mich im EinTenttndniaae mit
Dr. Domanig zonächst an GnstaT Deschler in München geirendet und
ancefragt, ob derselbe bereit wäre, derlei Reproductionen für untere Zwecke
herzustellen. Derselbe antwortete zustimmend, aber doch so verclausuliert
und ohne Angabe des Preises, zn welchem das einzelne Stück zu haben
wäre, d;vs^ ich. da auch der Bezug fertif?er Stücke aus dem Auslände manchen
liwitiigkeiU u unterliegt, endlieh durch gütige Vermittlung de.H Herrn
Prof. Stephau Öchwartz mit der gal van oplu^itischen Anstalt des hiesigen
Moteontt für Kunstgewerbe in Verbindung tratb Ob et m(Sgtich sein
wild, diete Reproductionen hier oder in Mfincben ▼erfextigen an latien,
bftngt ¥0n dem Entgegenkommen nnd der LeittungtAhigkeit der galvaao-
plastischen Anstalt det Hntenrns ab. Ein Veneichnit von zu reprodnderen-
den Stücken wurde Ton Herrn Custo« Dr. Domanig nnd mir ansammen-
gestellt nnd wird seinerzeit probeweijje vei^neht werden, die galvano«
plastischen }?"T>rndu( tionen den Anstalten zuffänglich zu machen —
Vorderhand liesrt^n die „i'orträtmedaillt ir vor und bilden schon an und
für sich ein wahrhaft prächtiges und ausgezeichnetem Lehrmittel zur
Belebung des Unterrichtes in der vaterländischen Geschichte.
IV. Midlich wurden wir mit der Schaffung einer Centralttelle
lur Bethdlang der Vitteltchulen mit den snr Belebung des ITnterrichtet
nOtbigen Originalen von Mflnien betraut.
Auf diesem Qebiete sind wir am weitesten surflckgeblieben hinter
dem Anzustrebenden. Bei einer Betheilung der verschiedenen Anstalten
mit Originalen «pielen natürlich die vorhandenen Bestände eine tjroße
Kolle. Aber weder sind die in den verschiedenen Amjtaltssamiuliin'reM
schon vorhandenen Münzen «ämmtlich katalojjisiert. noch sind ilics im
besonderen die hier in erster Linie in Betracht kommenden beiden Haupt-
lammlungen in Aquileja und Spalato. Bisher konnte diese Arbeit aas
Mangel an getcbulten Krftften aber nicht in Angriff genommen werden.
Bevor tie nicht geleistet ist, kann auch von einer Auseeheidung von Dou*
blettea itlr andere Anstalten nicht die Rede sein.
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276
Misoellen*
So hängt hier alles von der HeranbilduBg der jüngeren Generation
a\ich Uli Gebiete der Nuiuismatik ab. Ansätze dazu sind vorhanden. Vielleicht
schatit auch die in den letzten Tagen erfolgte Errichtung eines öster-
reichiscfaen arehAologiwlien Inrtitntea hier WaadeL Yordefbaad sind wir
an* Mangel an. mateiieUflii Hittaln im Comitä niofat i& der Lage gewesen,
Ihrem am leteten Ifittelachaltage mu ertheilten Aufbaffe nadunkommen.
Hat doch selbst das unterm 16. Februar 1893 Sr. Excellenz dem Herrn
Unterrichtsminister im Auftrage des III. deutsch -österreichischen Mittel-
schulta^cs überreichte Prcmemoria cVswegen bis heute keine Erledi^nng
finden können. So bleiben wir denn in diesem, ich mochte sagen, im
bestlon Sinne aristokratischen Wissensgebiete vorderhand auf uns selbst an-
gewietien. Was einzelne oder ein Verein hier zu leisten vermochten, das
wurde gethan. Die MamiBmatiache GeteUscbaft in Wien, die einielnen
Mitglieder Ibree Gomitäs haben, aoweit diesbestlgliche Ezmcben an die-
selben geetellt worden, Tenchiedenen ScholBanimlanf{en die Ansebaffang
von mm Unterrichte branchWen Münzen und Medaillen ermöglicht oder
doch wenigstens erleichtert. (Z. B. Tberesiannra, C. R. und 0. Qt, nnd St. 0.
G. im IT. Bez. Wiens, Stockemner R. nnd 0. G. etc.) Wir haben, soweit die
ilurch andere rjcrutsthätigkeit in Anspruch genommene Zeit nnd die eigenen
Kenntniääe dies erlaubten, Antragen über zu be^stiuimende Münzen und
Medaillen zu beantworten gesucht; dos Monatsblatt der Numismatischen
Gesellschaft hat nicht bloß die gesammte in den letzten Jahren erschienene
Schulliteratur den Betheiligten sofort sur Anzeige gebracht, sondern, so-
weit es im Rahmen eines allgemein wissenschaftlichen Blattes die Rück-
sicht auf andere Kreise (500 Auflage, bis jetat etwa SO Abn^mer in
MittelHclmlkreisen) möglich erscheinen ließ, allen numismatischen Schal-
angelegenheiten seine Aufmerksamkeit geschenkt Es wird nur von Ihnen
abhängen, in welchem Ausmaße dies auch in der Zukunft geschehen
kann. An meinem redlichen Willen, dies in ausgiebi^ter Weise zu thnn,
holl es nicht fehlen, solangd ich die Schriftleitung des Blattes in Händen
behalten kann.
Das Comitä legt daher, nachdem es unter den gegebenen VerhUt*
nissen die ihm gewordene Aufgabe für gelöst ansehen muss, sein Mandat
in Ihre Hände anrflck und bittet um Absolution. Die Ausmat ist g^ben,
und wenn sie auch bisher nur 8ehr dünn in die Halme geschossen ist, sie
ist vorhanden und kann sich soweit entwickeln, als das Interesse des ein-
zelnen nnd die ihm zur Verfügung stehenden Mittel dies erlauben.
Wir aber können uns mit «lern BewtT«stsein trösten, dass eine gar nicht
ferne Zukunft unsere Bestrebuiiixen. die Xuniismatik in dem Rahmen des
bestehenden Lehrplanes an der Mittelschule zur Belebung des historischen
und philologischen Unterrichtes zur Verwendung zu bringc:n, vollauf
würdigen wird. Gibt es doch kaum ein awmtes ebenso wirksames, leicht
SU yerwendendes und ebenso unvergängliches Mittel: Autoritätsglauben,
Patriotismus und geläuterten Geschmack fär Kunst und Geschichte
in dem Herzen unserer für das SehOne und Edle begeisterten Jugend su
wecken und tu fordern!
Dem Berichte folgt lebhafter Beifall; der Vorsitzende spricht dem
IkefVnonten, sowie der Commission im Namen der Versammlung den
Danij aus.
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Miscellen.
277
Nun hält Prof. Dr. Becker *< »orrhollaoninn) .seinen \'ortra^?:
„Ober QuellenbenQtzungr im Geschichtsunterrichte**
(lier Vortrag ist in die»er Zeitschrift, Jahrgang XI, S. Iba ff., veröffentlicht),
und im AmdiliiMe dutM spricht Prof. Dr. Hana Outvcber (Leoben) aber:
„Taeitus-Leetflre und Heimatkunde**.
Die AmfEllirungeii des leUteren lind im Aunoge folgendet
Mehr als in den anderen Fächern ergibt «ich im philologischen
ünterrichte das Bedttrfiüs, dem Schflier der oberen Stufen «>in bestimmtes
Endorgebnia zum Bewnsstsein rw brinj:f(»n und in ihm Vorstellungen
erwecken, an di«^ «m- im Leben wietier <inknü])f»'n kann, die ihm die Leetüre
der einzelnen Ciassiker «il« zweckvoll und jiutzlirin^'end erkennen lassen.
Bei Taeitud nun wird es besonders fruchtbar sein, den Blick des
Schülers Ton der inneren Geichichte Roms und des Cäsarenthams, die in
der Schule nnr mit der größten Vorsicht behandelt werden kann, auf die
Entwicklung Roms znm Weltreiche, auf seine organisatorische und
ciTilisatorische Thfttigkeit in den ProTinsen zu lenken. Damit geben wir
ihm eine Summe von allgemeinen geschichtlichen Vorstellnngen , denen
wir besonderen praktischen Wert und lebendige Wirkung, auch über die
Schule hinaus, verleihen können, wenn wir ihn vor allem anf den Boden
der römischen Provinzen unseres Vaterlandes vei-set^en. unmittel-
bar durch die Lesung der Abbchaitie, die auf ihm spit-len, mittelbar, indem
wir die Verhältnisse und Denkmäler der Heimat zu Beispielen und Ver-
gleichen heraaaiehen.
Die Leetflre der Germania bildet in diesem Sinne eine Vorstufe, in*
dem wir auf die Ethnographie nnd Cultanrastände unserer vorr5mischen
Volker, das Eindringen der Kaufleute der Römer, der Pionniere ihrer
Heere, ihrer ErzeugnissCi ihres Oeldes, Bezug nehmen. Ein Beispiel sei za
c. T) über die WertschSt^nng pe\nj»ser alter röniiselier Münzsort«m bei den
Germanen der Hinweis auf pinr n Ftmd aus keitinchen und Fainiiien-Münzen
der Republik, darunter gerade den serrati und hi<jati des Taoitua, zu
Lauterach in Vorarlberg (Mittheilungen der Centnikommission für Kunst-
und historische Denkmale N. F. 7« 1881, 87 ff.) mit der naheliegenden
Analogie des Haria-llieresieB-Thalers bei den afrikanischen Völkern.^)
In den Annalen werden wir wiederholt auf heimatlichen Boden ver-
setat. Dw pannoniscbe Soldatenaufetand Iftsst uns von Nauportus qMrechen,
m<p*od municipii instar erat", von Poetovio, dem Winterlager der be-
theiligten VIIL Legion, wobei wir als Bei.opiel einer Inschrift den inter-
essanten Grabstein ihres Centurio C. Petronius, eines Mamiciners, an-
führen können, dessen Angabe „Äic est crematus, ofisa relata doini' eine
Parallele zur Behandliin*^ der Leich«* (iermanicus bildet; zur Privat-
lectüre oder zum b^xtemporeübeisctzen neran<^ezogeu, zeigt uns da^ IIL Buch
der Historien dann Po^vio als Winterlager der Zill. Legion, die der
Schüler vorher in Germanien kennen lernte, wfthrend sie bald nachher
nach Vindobooa kam. Die Geschichte Marbods fQhrt uns auf Gamuntom,
und hier tritt ergänzend der Hinweis aaf die XV. Legion ein, die schon
am Aa&tande in Pannonien theilnahm, dann in den Orient kam, aus dem
•i Writ<-n' BH!4pit>k> in <1> r stuili>' d-M Heforotiton : ,,Ztir Behaiidlttiiff der RosUwi beifll
jateioiscbf-n Unterrichte", Gymn. i'rogr. Leobon ISÄi.
„Otteir. MitteUelittto". ZI. Jalutg. 19
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278
m nach Camuntum in Garnison gelegt wurde. Ähnlich finden sich Be-
rQhrangspnnkte mit anderen Gebieten, und wir sehen zugleich die Legionen
nher einen ganzen Welttheil und einen Theil des zweiten hinundlierf^fschoben,
ahnen die bunte Völkermischung durch die barbarischen UilfsTölker,
lernen die Culturarbeit der Trnjipon im Frieden kennen.
Wie die röraiäche Politik m Armenien und Thrakien vorgeht, sich
der BOmer aUvftblich netten dm einheimiielieB Fünfcai eeUt, bb er auf
einmal an dessen Steile erscheint, Iftnt eine Nntxanwondnng anf das viel-
leicht auf ähnliche Weise erworbene ^regnum Norieum^ wie anf manche
Zöge neuerer Geschichte und Colonialpolitik tu. Die inneren Verh<nisse»
die Organisation der Provinzen, Stenern, Zölle, Bergwerke u. s. w. be-
leuchten wir durch Beis})ieb^ aus unseren Gef:^t»nden — hochbedentsani sind
Ann. Iii. c. 02 Ii', die Worte des Tilicrius über da«? Verliültnis Roms zu
den Provinzen, das Emporkouimen der Muuicipalcn, ihre Kint'achheit gegen-
über dem Luxus Roms u. s, w., woran wir den Hinweis auf die Bedeutung
der il lyrischen Länder und Truppen schon für die Erbebung Vespasiuns,
im weiteren für die Regeneration des serfitllenden Beicbes im III. Jahr-
hunderte knOpfen.
Auch fiSr die übrigen Seiten antiken Lebens fehlt es nicht an Ana-
logien, für das Gebiet des Aberglaubens z. B. bietet eine ganz schlagende
sn den plumbeae tcUeae mit VerwQnscbongen des Qermanicus, die mit
Todtenfrobeinen in seinem Hanse versteckt wurden, das Bleitäfelclien au«
einem Frauengrabo von Brefjfna mit der Verfluchung der Feinde der Brutta
(nun ju den Sui)|)l('n)entt'n zu C. J. L. III. no. IISS-J).
So lässt »ich unter Ergänzung det fortlaufenden Leetüre durch
Obnngen im ExtemporefibeiseUen nnd PrivatlectOre dem SchQler in dem
eng^ Bahmen der r<}mischen ProTinsen unseres Vaterlandes ein Spiegel-
bild der Geschichte nnd Cultnr der Periode der Reichsbildung trorftlhren.
Dieser dankbaren Aufgabe steht aber entgegen der Mangel an geeigneten
Bearbeitungen der einheimischen Inschriften und anderen DenkmSler, wo-
dnrcli die<?e erst für die Schule wirklich nutzbar werden können. Denn es
darf der Lehrer (.'ineiseits nur weni^'es- und gnnz Charakteristisches heran-
ziehen, andur.seit-s nniS'^ ihm aber der Stoff so reichlich geboten werden,
dass er für verschiedene Combiniitionen der Leetüre ausreicht und gerade
das, was dem Gesichtskreise der einzelnen Schulen auch örtlich nahe liegt,
ausgewählt werden kann. Der Referent beantragt daher die Annahme der
am Schlune dieses Sectionsberiehtes angefahrten Resolution.
Lebhafter Beifall folgte den AusfUhrungen des V<Hinigenden.
Nachdem der Yorsitsende beiden Rednern den Dank aatgesprochen,
ergreift das Wort
Prof. Dr. Liidwi'jT S innrer (Pran;). Kr bestiitii:! Liuf firund seiner
eigenen KrhihrunL:, da-is die i^utdlenbenützun-,'- sehr zur Förderung und
Belebung di - historij<i hon Unterrichtes (iicue. fyrtäus, Aristophanes lassen
sich sehr gut im hisuaischen Unterrichte verwenden. Bei Erlcr finde
sich eine Menge IQr den Unterricht yerwertbaren Materiales, z. B. die
Entstehung der ersten Papierfabrik u. s. w.
Die Quellen lassen den Schüler in das Leben d^r retgangenen Zeiten
hineinblicken, Tin l vi wird ihm klar, dam mutatift mutandis ^ev:ime I3mge
gleichbleiben, Redner erzählt nun ein Beispiel, wie er einst im 2«usammen-
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279
arbeiten mit dem philologischen CoUegen ein Bild der politiieben Stellang
Sallusts entworfen habe, über welches die Schüler tun Seblnne des Semesters
auf sehr befriedigende Weise in einem Aufintie Rechenschaft geben
konnten.
Herr Dir. Dr. Rei ße n b erger (Bielitz) erklärt sich mit der vom
Vortra^nden entwickelten Idee im großen nnd ^nzen einverstanden,
uiacht aber darauf aufoierksam, dass die Grenze zwiäcbeu der Arbeit des
Hiitorike» nnd der des Philologen faeobaditet werdm ntfisse. Besonders
erUftrt sieh Bodner damit einverstanden, dass andi solche Schriflsteller
▼om Historiker den Schfilein vorgeftlhrt werden sollen, die im philologischen
Unterrichte nicht berQcksichtigt werden. Dio violoi Namen, welche sich
der Schüler früher rein gedftchtniamäßig einprägen mosste, konnten auf
diese Weise Leben g^ewinnen. Redner fuhrt hierauf aus, wie man dem
Schüler durch Vorführung einer Goeth»''.s( hen Ele^e (Cornelia) eine Vor-
stellung der Elegien von Propert beiV i iti^' n könne.
Prof. Dr. Becker sagt, er »ei in manchen Dingen nicht ganz richtig
verstanden worden, da er sich habe zu kurz fassen müssen.
Eine Yerwiseliang der Grensa awisehen der Arbeit des Hisloriken und
des Philologen könne am besten dadurch yermieden worden, dam dio bo-
treffenden Fachlehrer sich ventftndigen nnd der Philologe dem Historiker
so einen Theil der Arbeit abnehme. Besonders hüten müsse man sich vor
einer Schablone. Nicht in jeder Stunde müsse das Quellenbuch benütxt
werden; auch bei der Auswahl der Quellen und Quellenstellen, die man
vorfi'Unvn wrül, müsse man sphr sorj^fiiltig verfuhren Hiebei sei die Be-
schränkung von groL^er Wieniigkeit, soll nicht der Wert der Quellen«
benützung sehr vermindert werden.
Prof. Dr. Bronnor r^t die Frage an, ob es nicht in Anbotraefat
der vom Historiker geforderten Literatnrkenntnis vorthdlhaft wäre, wenn
Geschichte mit Deotaeh au einer Fachgmppe verbunden würde; die Geo-
graphie könnte dann mit der Naturgeschichte in eine Fachgruppe ver-
einigt werden. Ferner meint Redner, d«uss man Plutarch wegen seiner viel-
fachen Vorzüge trotz der sprachlichen Schwierigkeiten vielleicht doch unter
die Zahl der für die Schullectüre bestimmten Sdurifteteller aufnehmen
könnte.
Prof Fleischner weist darauf hin, dass l>ci der angeregten Aus-
gestaltung der verschiedenen Unterrichtsgegenstände auch für den bürger-
kondlichen Unterricht viel gewonnen werden könne.
Prof. Schauer meinte es wftre besser, wenn der Lehrer den Schülern
eine Mosberäbersetsong gebe, alii wenn man die Qaellenstellen von Schülern
öbersetzen lasse. Dnrch eine solche schfilerhafte Übersetaung leide dio Auf-
merksamkeit.
I'rof. Dr. Gtit«cher sagt, dass bei dem Betriebe der Privatlectüre
neben <len philolo<:is( lu'ii (resichtspunkten , die immer dabei die Haupt-
sache bleiben müssen, auch die Vorarbeit für den Historiker berücksichtigt
werden könne.
Prof. Dr. Becker entgegnet auf die Bemerkungen Schauers, dass
der Lehrer nnr Stelleo ans solchen Sehriflatellem übersetsen lassen könne,
in deren LectOre die Schüler eingeübt sind (a. B. Sallnst in VI.), in anderen
Füllen müsse er sich einer guten Übersetaung bedienen.
19»
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280
MiMeUen.
Zum Schinne werden der Versanirolung zwei Resolutionen vorgelegt:
1. Von Prof. Dr. Becker: Es ist wünschenswert, dass Quellenstücke
im Gescliioht.sunterrichte verwendet werden, und die Schaffdog von teter-
reicbischen i^uenenbiiehern ist anzustreben.
2. Von Prof. Dr. Gutscher: Die philologiüch-historiscbe Section er-
achtet es für höchst wünschenswert, dass der Schüler vom Gymnasium das
BewoMlMin jnitaclioe, dm eefai Taterlaad einst den c<finieclieii Cnltai^
kretBe amgeliQrte. Sie bUt es fOr nothwendiK, daan die Imebriften imd
Alterthamer niiMter Länder fQr die Schule sogftnglicher gemaelit werden
nls bisher.
Beide Resolotionen werden einetimmig angenommen, worauf die Sitiong
geschlossen wird.
Abend.s ^^5 Uhr wohnte die philoloc^i.sch-hi.storische Section einer
Deiuon.>'tnition des I'rof. Dr. S. Ledere r iHadautzi bei. welche im Physik-
saaiti des k. k. Theresiauums stattt'and. Ein eingehender Bericht über diese
wird in dieser Zeitschrift erscheinen.
Unter dem Vorsitse des Dir. und Schnlrathes J. Pokorny (BrOnn)
wurde der Vortragscylrlus, welchen Prof. Dr. Höf 1er besorjjt hatte, ab-
gebnltnn Zu*'r>it bel»Mifbt<*te Prof. Dr. HötlfM- srlb<t dio Fr;ij:ro-
,,Wie soll der psychologische Unterricht an Mittelschulen und die
p&dagogisohe Psychologie ^e^enüber den Postulaten der modernen
Gehirnphysiologie Stellung nehmen?"
und gelangte hiebei zu der These:
„Insoweit die Darstellung der psychischen Thatsachen auf Gremi-
gebiete der IVcholcgie and der Physiologie fdhrt, ist strenge darauf su
achten, dass den Schülern nicht anstatt piycfaologiseher Begriife und
Gesetse physiologische geboten werden. Was vom anatomischen Bau der
sensorischen und motorischen Orj[!;^ane und von deren phynologischen
Functionen im Psychologieunternchte zu berühren i.st. kann sich durch-
wegs auf eine Wiederholnnj» des natvirwi8.senf?f hattlichen Unterrichtes,
namentlich der Somatologie der VI. Classe, Akustik und Optik der VII.
und V iii. tlasse beschränken. — Umso deutlicher wird aber den Schülern
der wesentliche Unterschied swischen einer physikalischen Betrachtung der
Empiindungserreger, einer physiologischen Betrachtung der Empfindungs-
organe nnd der p^ehologischen Untersochnng der Empfindnngsinhalte
als soldier som Bewusstsein gebracht werden läSnnen. Und swar kSnnen
einer solchen begrifflichen Erklärung nnd Abgrenzung der physikalische
und der naturhistorische Unterricht durch sorgfältige Vermeidung ver-
wirr'Tifior Ausdruckswei-sen zwar wirksam vorarbeiten, die abschließende
Belehi uuu; über den tiefgehenden Unterschied, ja Gegensatz des Physischen
und Psychischen bleibt aber dem psychologischen T'nterrichte als .^olcliem
Torbehalten und bildet eine der bedeutsamsten Aulgabeu des philosophisch-
propädeutischen Unterrichtes Oberhaupt.*
Zur Erlftnterung desaen, was an phynologischen Voraussetaungen in
HOflers Vortrag aar Anwendung gekommen war, demonstrierte Herr
Dr. J. Tandler, Assistent am k. k. anatomischen Institute der Wiener
Universität, an Stelle des durch Amt^gesch&fte verhinderten Sanitftbaathes
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Mitcellen.
281
Dr. Boeck dns Wichti^rstc aus der Anatomie äps meniclilielien QehimM
am frischen T'nlparat, am Modell und am Phantom.
Schließlich prört»^rto Herr Dr. St. Wita.sek (Graz'i:
„Die Bedeutung psychoLogiächer Schul versuche'*.
Der Yortnigende fthrte eine Reihe solcher Vexsache wirklich vor,
um m leigen, wo aie eiDsosetcen haben and inwieweit ne fftr den psycho-
logpnchen Unterricht nnvemeidlich lind, und fa«t sum Schloise seine
Auflföhrnngen in die Theae sommmen: ^da» auch beim psychologischen
Unterrichte, wie es bei andoren Fächern bereit« lange Jer Fall ist, dai
Uilfamittel des Experimentes zur Verwendnnj^ kommen mü.'vse''.
Jodpm der Vortragentlcn wnrdf vom Vorsitzenden der schon durch
rauschenden Beifall kundgegebene Dank der Öection angesprochen.
Vorsitzender der Section war Dir. JELJanuicbke (Tesohen), Schrift-
fahrer Prof. Gaubatz (Wien).
Zunächst eratattetf» Prof .7. Heller (Linz) sein Kcferat:
„Über eine einheitliche Bezeichnung in der darstellenden Geo-
metrie".
Der Referent legt zum Schlüsse seiner AusfQhrungen , die mit jenen
in der «Zeitschrift f&r das Beabchnlwewn", XXL Jahrgang (1896}, 1. Heft,
S. 15<~81, übereinstimmen, folgende Sitae aar Bwathnng vor:
1. Die Section hftlt es ftlr dringend wQnschenswert, daas beim Unter-
richte in der darstellenden Geometrie eine einheittiche Beseichnang plats^
greife.
2. Ff'ir die Feststellung einer solchen Bezeichnung sollen die in der
„Zeitschrift für dixs Kf-aUchnlwosen". XXI. .];ihri,Mng (10^6), 1. Heft, Ö. 16
bia 21. gemachten Vorschlage als Grundlage dienen.
.'S. Zur Weiterfnhrung die^r Angelegenheit wird ein fünfgliedriges
Comite gewählt, welches beim n&chsten Hitkelsehaltage Aber die unter-
nommenen Schritte und deren Erfolg Bericht m erstatten hfttte.
Den allgemeinen Beifall, der den Auseinaadezsetsnngen folgte, be-
leichnet der Vorsitzende als einen Beweis des lebhaften Intereases an der
Sache und ersucht die Mitglieder der Section, die YOigelegten Sfttce erat
allgemein z« besprechen.
In der nini fol;^»'nden U'lihuftcn Debatte, an der ^\ch auüer dem Vor-
sitzenden tmu »lern Kefereuten noch Dir. Karl Klekler (Wien) und die
l'iotf. Eduard Keitmann (.Mührisch-Ostran), Wilhelm liiuder i^Wiener-
Neustadt), Berthold Speth (Trautenau), Josef Meixner (Wien) und
Richard Oebler (Wien) betheiligten, und wfthrend welcher Prof. Wilhelm
Binder einen anderen, Ton ihm auaammengestellten „Vorschlag sur ein-
heitlichen Beaeichnung in der darstellenden Geometrie* vorlegte,') wurden
folgende Sfttae an Beachlflisen der Section erhoben:
1) Vorschlag zur einheitlichen Bezeichnung in der darstellenden Geo-
metrie Ton Prof. Wilh. Binder (Wiener- Neustadt):
I. Orthogonale Projection.
A, B, C Punkte Im Baume.
a, b. i- Gerade „
I beliebig geneigte Ebenen.
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282
MiBcellen.
1. Die Section hält es für dringend wünschenswert, dass bemi Unter-
richte in der darstellenden üeouietrie eine einheitliche Bezeichnung platz-
f;^reife.
1
, II, lU
t^tt i-m
*■ » *• »
0 . . ■ .
Ai, Ao, Af^
A', Ä", A«
a
a
III
A', A", A'"
u . a . ii
A', A". A'.»
-I -u
AI, AH. AHF
ai, aii. a«
A'"
m
(A'). (A"\ r
(a'), 'u"), (a'")
projicierende (Null«) Ebenen.
erste (Einser-), zweite (Zweier-), dritte (Dreier-) Pro-
jections« oder Bildebene,
die drei Bildachaen.
Biidachsenschnitt (Ur8])rung).
die drei Orthogonalbilder eines Rauuipunktes A.
1, ^ f, einer Raumgeraden a.
„ „ Spurpunkte einer (ieraden a.
„ f^]*nrlinien einer lielieb t^en. Ebene ol.
Nullspur einer Einser -projic, einer Zweier -projic.
und einer Dreier-proiic. (Null-) Ebene jv, v^, ui^,
Lagen Veränderung (Ümlegiing oder Drehmig) eines
Punktes A.
Lagen Veränderung einer Geraden a.
centrale Projectionen eine« Punktes A auf I, II, III.
„ p einer Cleratlen a , ^
schiefe » eines Punktes A „ ^
, , ^ einer Geraden a „ ^
Schlagechattm eines Punktes A mm
ptner Geraden a i. «
Achseusthnitte einer Ebene auf *x", 'x'", "x"' .
die drei Ordinaten eines Punktes A fiir I, II, III.
II. Perspt'( t i ve (Centralprojection).
Gleichartige Bezeichnung wie in der Orthogonalprojection verlangen:
I die horizontale (irundebene.
II die Bild- oder Projeotouebeiie.
III die Vorticalebene.
H])oeiell :
A Auge (Projectionsceutrum).
^ Augpunkt.
<i AnL"li-t!tn7
A\ A", X" Umlcifuugeu des Auges.
hh Horizont.
▼ T Verticallinie.
gg Grundlinie (auch mit
zu bezeichnend.
pp Purallelgerade (d. i. der Schnitt der diinh A zur
. ^ JI-Ebene parallelen Ebene mit der Grundebene I).
A, a perspective oder Ccntralbüd eines Punktes A, respec-
tive einer Geraden a.
Fa. Ftt Fluchtpunkt einer Geraden a, respectiTe Ftuchtlinie
einer Ebene 'a.
4a» Schnitte der Spur- und der Fluchtlinie einer Ebene »
auf hh, reapective auf vv.
Die ortfiogonale Barstellung ist conform der in I. gezeigten.
III. Con st ruotionsbezeichuuug.
— idcntitiitszeichen.
[AB| Verbindungslinie der Punkte A, B.
(ab)
lAB^cu. (abr— C
(iABI. CD«) ^ M
l(ab), (cd){
m
Schnittpunkt dm- Ceraden a, b.
Constructionsresultate.
Con.structionsschema des Schnittpunktes zweier Ge-
raden.
Con!!>trnctionBBchema der Verbindungslinie sveier
Punkte.
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MiBcellen.
283
2. Für die Festitollong einer aolehen Beceichnung sollen die in der
•ZettBcbrift fflr daa Bealtehnlwesen", XXI. Jahrgang (18%), L Heft, 8. 25
bis 2], gemachten VorBciUSge ab Ausgangspunkte dienen.
8. Zur Weiterprüfang dieMr Angelegenheit wird ein ftln^liedrigea
Comit^ gew&blt. welches beim nächsten Mittelttchultage fll>er die nntez^
nommenen Schritte und deren Erfolg Bericht zu erstatten hätte.
4. Der vorbereitende A««3chii«».s möt^a «»ich im Interesse der gedeih-
lichen Du rchfiihninf^ dietsfr wichtigen Aiifijflt'gt'nheit mit den Hoohschul-
Professoren die^^eti Faches ins Einvernehmen »etzen.
Durch die zu erzielende Einheitlichkeit in der Bezeichnung der geo-
metrischen Elemente in nWort nnd Bodistabe" nnd durch die Gepflogen-
heit, gleichartige Elemente immer gleichartig zu beieichnen, soll der
Unterricht in der datatellenden Geometrie erleichtert nnd seilen jene
Schwierigkeiten beseitigt werden, die sich dem Schfller beim Wechsel des
Lehrers, der Lehranstalt und beim f besuche der Hochschule ergeben.
Von einer detaillierten Be><pri'chun^ der j]femaohten Vom'hlftjj'G miiwte
wegen Zeitmangels abgaben werden, und wurdo »olches dem vorbereiten-
den Comite überlassen.
lu die^H vorbereitende Comile wurden gewühlt: Dir. Klekler zum
Obmanne, Prof. Meixner und Prrf. Dehler sn SehvifIflUirtm, ferner äht
Fkoff. Wensel Knobloch (Wien) and Frans Schiffner (Wien).
Hierauf referierte Prof. Bu dolf BOck (Troppan) Uber das angektlndigte
Thema:
,J>er Mangel an Lehrern für das Freihandzeichnen an den Mittel«
schulen. — Die Mittel zur Behebung dieses Mangels.*'
Der Referent führt aus, dass die M in isterial Verordnung vom 7. Fe-
bruar 18<S4, derrAifoliio die Candidaten für» Freihandzeichnen das Gymna-
sium oder die iieai«chule mit Maturitätsprüfung absolviert haben müssen,
im Interesse dtis Ansehens der Schale und des Lehrers für Freibandzeichnen,
im Hinblicke auf die Öffentlichkeit und auf die Schule selbst unbedingt
aufrecht erhalten werden mtae. I>a sich aber der Mangel an solchen
(^ndidaten, welche der citierten Verordnung entsprechen, immer mehr
steigert, so ist es unumgänglich nöthig, solche Candidaten durch besondere
Mittel heranzuziehen. Dies werde m(^glich sein schon dadurch, dass man die
zum Zeiciinen hinneigenden und besonders boirabten Absolventen der Mittel-
8chuieu auf iliis Kun^-t>tuilium, respectivc auf das Lehramt des Freihand-
y.eichnPTis anlmci ksam iiiucht, ferner dadurch, dass man sie auf die bestehen-
den iStipeudien tür Lehramtscandidaten den Freihund^eiclmens hinweist.
Heute wisMU die jungen Leute weder Yon diesen Stipendien, noch ist jemand
Ober den Stndiengang ittr das Lehramt des Freihandseichnemt unterrichtet.
El sollte som mindesten eine Hodegetik für alle vier Jahre des Kunst-
studiums aufgestellt werden in der Art. wie sie Referent als Beispiel in Vor-
schlag bringt. Überdies würde sich die Errichtung von neuen Zeichenlehrer-
ppminaren oder -Cursen empfehlen. Bis zur Cieinrnng einer solchen, im
Interesse einer sy.'^tpniati'ichon Vorbildung der Candidaten wämi^tpns zu
1)»^ fürwortenden Institution niüsstf das Studium der Candidaten der ControU-
einer Commissiou von Fat luiiünnern unterstehen, die aus Prüfungscuiumis-
sftren und Fachinspectoren zusammengesetzt sein könnte. Zum ^Schlüsse
empfiehlt der Referent die folgenden drei Thesen snr Annahme:
Digitlzeü Ly <jOOgIe
284
MisceiJen.
1. Der VL. deatacb-Orterreichiache Mitteltehnitag spricht sieb wu
pftdaffOfpseheii GrOndea dahin aua, da« «8 aothwendig ht. die Veroidsiiiig
vom 7. Februar isv 1 aufrecht aa erhalten, nach welcher auch jeder Lehmmte-
candidat für Freihandzeichnen gerade so wie der Candidat eines anderen
Faches vor dem Antritte seiner Fachstudien sich mit dem Matiirit.lts-
prufungszeugnisiKe eine^ (.^yiiina^iiumsi oder ein»^r H»'als« hulo aii^woisen muss.
2. üm die=e für dm Ansehen der Schule mul ir> Lehiers gleich
wichtige Verordnung aufrechthalten zu können, h^Ut e^ der VI. deutsch-
MeneidkiMdie Mittelachnitag zur Behebung de« Lehrermangels für nöthig,
die auflgesproclien zum Zeichnen hinneigenden AbeoWenten der Mittel*
•ebnlen («peciell auch der Qymnaaen) anf dat KnneUtudiam, reepeetive
auf da« Lehramt dee Freihandieiehnene an Mittelacholen in entepreebender
Weiae anfmerkNani sn machen, und zwar dnrch Verlantbamag
ä) des einzuschlagenden Studiengange;*,
b) der vom hohen Ministerium zu verleihenden Stipendien f&r Lehramts-
candidaten des Freihandzeichnens.
Diese Verlautbarung möge <hiieh die Directionen (h-r vollständigen
Mittelschulen im Laufe des zweiten Öemei^terti eineä jeden Schuljahres ge-
aehehen.
& Um den gegenwttrtig ganz nnaicberen und nicht normierten Studien*
gang der Candidaten fBr Zeichnen au regeln, hält der VL deutieb-Oater-
reichiache Mittelschnltag die Aufstellung einer Hodegetik fSr alle vier Jahre
de» Kunststudiums fEür nothwendig and befürwortet im Intoreaae einer
fVstematiHchen Vorbüdnnji der Candidaten die Creieninj» eigener, auf der
Höhe der Zf?t ■^tehentier Zeichenlehrerseminnre oiier -Curse. Bis zum In><-
lebentreten derselben ist e« aus demselben Grunde nothweudiir. die Ar bei ts-
thätigkeit der Candidaten durch eine Commission von Fachmännern zeit-
weilig zu prüfen und die Candidaten entsprechend anzuleiten, für welchen
Zweck eine proviBoriaehe, aber doch bindende Hodegetik herausgegeben
werden mOge.
Das Rerallat der Beeprechung der Theten im al^pemeinettt an welcher
sich Dir. Klekler (Wien). Dir. Januschke (Teschen), Prof. Oeh 1er (Wien),
Prof. Heller (Linz), Prof Wi dter (Brunn), Prof. Machatschek (Olmutz),
Prof. Speth (Tmutenau). Vioi. Keitmann (Miilnisch -(^^strau) und der
Referent Prof. Bcick (i'roppau) betheiiigten, war die einwtiuimige Annahme
der ersten Iliese und eines Theiln der zweiten Thoi*e in folgender Form:
^. Lm diese für da^ Ansehen der Schule und des Lehrers gleich
wichtige Verordnung aufrechthalten tu kOnnen, hftlt es die SeaJaebul«
aeetioa de« VL deutach-flaterreichiachen Mittelachnltagea zur Behebung dea
Lehrarmaugela fHv witnachenawert, die auageaproehen zum Zeichnen hin*
neigenden Abaolventen der Slittelachulen (spedell auch des Gymnaainma}
auf das Kunststudium, respective auf das Lehramt dea Freihandzeicbn^a
an MittelNchulen in entsprechender Weisp aufmerksam zu machen.
Wegen der schon vorgerückten Zeit konnten die Theten nicht weiter-
berathen werden.
X^atu.z'wlMMn.BcHa.ftlicb.e Sectioxx.
Um '/«ö Uhr hatten aich 8& Theilnebmer dea VI. deutecb-^rreicbi-
Bchen Mittelaehnltages im Phjaikaaale der k. k. Staate -Oberrealachule im
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Miscellea.
2ä5
III. Beurke eiagefniideR wnü worden von Prof. Daurer im Namen der
vorbereitenden ComnuMioB liertliebit bej^üßt. Auf eeiaen VoracUair wurde
Dir. Wittek (Baden) som Frfteet und FMf. Hribar (Teechen)
fttkrer gewlklt. Der Voniteende dankte fQr die Wahl und eranehte Prof.
QlOeer um Abhaltang des angekündigten Vortrag:
«»Elnigre neuere physikalische Versuche".
Prof. GlÖPPi* zoifrfp mm in einem «^ehr lichtvoll gehaltenen Vortrage,
in wie einfacher Weiste der Foui-aiilt"-rh»« P»'n<lelver?nr]i in jcdcni Schul-
aiuiiuer ia kurzer Zeit und unter AoweTKiung verbäUniümiiL)i>( bescheidener
Mittel durch iSchattenprojection des Pendelfadens vorgeführt werden könne.
Der dem Vortrage folgende Vernich eelbet wm als ein durchwegs ge-
lungener beseichnet werden.
Ferner experimentierte Prof. 6l4(eer mit einem Thermoekop nach
Prof. Loser in Essen. Dieser ApfKurat^ der auch als empfindliches Manometer
benützt werden kann, eignet sich weja^n seiner Einfachheit auch für die
Unterstufe um! kann in fnst allen nol)ieten der Physik seine Verwendung
finden, weshuli» rr wämistcus fiiii>fohlt'n wird.
Unter lebhalU-r Zustiuinuinif aller Anwo^finien dankte Dir. Wittek
dem Prof. G löser für die Vorführung der überaus instructiven Versuche
and dem Dir. Hegierungsrath Lam berger alt Hantherm für die über*
laesnng des Saalet.
Um %7 Uhr fand im PbjrikMuile des Tbereslannms der Vortrag des
Prof. Dr. Hof I er statt:
»3inige neuere Lehrmittel zum astronomlsehen Unterrichte".
Der Vortraf^endf machte zuerst auf die im vorijjen H«'r1)stf •'rs^chionone
i^ch^inr» Sternkarte von Prof. Nsib»'lek aufnifrksaiii, ilie in finiijen Kxoin-
jilaren vorgelegt wurdf: t'»'rner auf die verdienstvolle Koppe'ische Dar-
stellung der PlanetenbaniK ii . von welcher gleichfail» einzelne Sonder-
abdr&cke ans Pockes Zeitschrift vorgelegt wurdra. Auf Grund dieser
letfteren Karten hatte der Vortragende von einigen Schalem der IV. und
VII. Claase ein großes, 4 m langes Tableau des an die Ekliptik grenzen«
denTheiles des Fizsternhimmels (mit Äquator und Curve der Zeitgleichnng)
auf Pauspapier zeichnen la«HPn und, hinter dieser transparenten Dai'stellung
der Sternbilder des Thierkreises anzubringen, eine Darstellung der Be-
wegungen des Mars von 1H04 l-i-« 1897 — die letztere «oll von kiinftif^en
8chülerf,'enerationen auf (ir\inil der Koppe'schon Karten von Jahr xu Jahr
iort-rfsctzt wt'rdt'n. — An nriu'rcn Lfhiniitteln zeigte der Vortragende noch
seinen tran.Hpareuteu liinunel-^'lübu(> und seinen Ekliptikapparat. Hierauf
führte er am Skioptikou gegen 90 Bilder grOßtentheils astronomischen
Inhaltes vor, su welchen die Diapositive ein Scfafller der VIILClasse nach
den schönen Illustrationen aus der Zeitschrift «Himmel und Erde" an-
gefertigt hatt«.
Aus dem Physiksaait- begaben sich die Theilm^hmer am Mittelschul-
tasje. etwa 40 an der Zahl, auf eine 300 Schritte entfernti' ,Schnler-Stem-
warte" (Ecke <ler rh»'rp«iannm- und Victorf^ns^jp) , pIh vom Vortragenden
gemietetes Erkerzimmer in Bodenhoho mit dariiber gch-^^ener Pliittt'orm,
welche freie Aussicht fast über den ganzen Horizont von Wien gewuiirL.
Es wurde durch ein dioptriscbes Fernrohr und durch ein Brachyteleskop
von Fritsch der Planet Venus, welcher damals der unteren Conjnnction
28G
Miacelien.
gtaa mh» war ond ■onit die Gestalt einer acfamalen Sichel aeigte, sowie
der Planet Jupiter mit seinen Monden und der Mond, der noch nicht fpant
Toll war, beobachtet.
Erst nach 9 Uhr verließen die Theilnehmer die gfinstig gelegene
Anssichtswairte.
X>ritter 'Verljiandiixiigsta.g,
. (Mittwoch, 14. April)
Um Vi9 Uhr Ir&h begannen die Sectionmtsnngen.
IPlaJLlologiBclie Sec-tloxa.
üljcr Krsuchen des VorsitzenUen Prot. Mätzler (Klageufurt) hielt
Herr Prof. Dr. Frank (Wi»^n^ steinen Vortra;^:
„Die griechischen GÖlterideale im Untein^iehie".
Der Vortrageade gab eine kurs gedrängte geschichtliche Entwicklung
des griechischen GAtteridealcs, wies auf seinen sittlichen und ftsthetisdiat
Gehalt hin und rerfolgte insbesondere seine Bedeutung im Bildungswesen
deijenigen Völker, die Ton der Cultur der classischen Völker befruchtet
wurden. Darin liege auch sein Wert für die Schute. In der Sc-liule selbst
«olle jedoch die Behandluiii; des ästhetischen Ideales nur fjelegentlich vor-
kommen. Zur Beleuchtung des Vci taluens führt»» der Vortraji:ende aus
allen Fflchern einige Beispiele vor. Hierauf streifte er auch die Bezieh nnym
zwischen Sitte und Sittlichkeit und knüpfte daran einige Bemerkungen
Qber die Behandlung des Nackten in der Kunst.
Eine Debatte knüpfte sich an den Vortrag nicht, und so erklftrte der
Vomtsende unter Ausdruck des Dankes an den Vortragenden die Sitsung
Ar geschlossen; dem Vorsiteenden sprach Landes-SchulinspectorDr.Scheind-
1er (Wien) in warmen Worten den Dank fttr die Leitung der Sectionsr
sitsungen aus.
£^l«torlaclxa Seotlon..
Unter Vorsitz des Prof. Dr. G ratzy (Laiuach) verhandelte die äcction
nach Anliörung des Vortrages des Dir. Dr <V Tu ritsch (Mies):
„Die Instructionen zum geographischen Unterrichte im Verhält-
nisse zur bisherigen Methode der Lehrbücher*'
über diesen pädagogisch wichtigen Gegenstand.
Im Laufe der IHsciMsion, die sich an den sehr bdftUig aufgenommenen
Vortrag, der in einem der nächsten Hefte dieser Zeitschrift erscheinen
wird, ansehloss, stellt
Dr. Jul. Mayer (l.inz) den Antrag, die Versammlung möge den
Wunsch aussprechen, dass in der I. Chisse der .Mittelschulen der Unterricht
in der Geographie nur Toa geprüften Fachlehrern der Geographie er-
theilt werde.
Prof. Frank (Wien) saj^t. es sei der Grundsat?; ausgCMprocben worden,
dass duä Lehrbuch den Instructionen ungepivsst aeiu müsse. Demgegenüber
sei aber daran festzuhalten, das« die Instructionen nur ein Wegweiser für
den Lehrer, keineswegs aber eine allgemein bindende Norm seien. Adch
sei die Frage au erwfigen, ob nicht Tielfiich auf die Terninkunde auviel
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Miacellen.
287
JSeit Tenreiidet werde, so da» dann fQr die mentebliche Th&tigkeit, die
Cnltorgeogi-aphie a. s. w. nicht gauag Zeit fibrigbleibe.
Prof. Dr. Becker (OberhollabninB) tritt daHlr ein, da« in den Lehp>
lifichern die Oro- und Hydrognii>hie verwoben werde und aucli die Topo-
graphie nicht als getrennter Tbeil angehängt werde, sondern Boden, Ge-
wässpf nnd Ortschaften in ihrem natürlichen Zusammenhange den SchiiU'rn
Torgettlhrt werden sollten. Topogruphio und Statistik wurden dann nur
als zusaramenfassendr Wiederhohingea erscheinen.
Prof. Klar betruchtet als» Hauptaufgabe der I. Cla«»e du« V'ertraut-
werden des Schülers mit der Terraindarstellung der Karte. Unsere Qeneral-
karten seien »war schledit, dodi nasere gegenwärtigen Sehnlatlanten seien
recht gut Es w&re wOnschenswert, wenn jemand eine Terrainlehre l&r
die I. Classe schreiben würde; nneh Ar den Lehrer wftre das Ton großer
Wichtigkeit.
Prof. Schauer (Linz) schließt sich bezüglich der Terrainlehre dem
Vorredner an und spricht die Ansicht aus, dass die historischen Abschnitte
nicht in das <rengraphiachc Lelirlmch gehören.
Prof Dr. W. Schmidt i Wien) »]>rieht über die Schwierigkeiten,
unter denen die inütructionen bei ihrer Abiasüung zu leiden hatten, ferner
tfaeilt er mit, dass er seibat ehi Ldirbach der Qeographie rorbereitet habe.
Znr einstimmigen Annahme gelangten die Resolutionen Juritsch,
Mayer nnd Klar:
1. In der I. Classe soll stets nur ein geprüfter Fachlehrer den Unter-
richt in der Geographie ertheilen dürfen.
2. Es ist darauf hinzuwirken , dass eine Terrainlebre für die Unter-
etofe encheine.
Zum SchlusÄit' wird iuit Antrag Prof. Singers dem Vorsitzenden für
die umsichtige Leitung der Vei-sammlungen der Dank der Section au*-
gesprochen.
l^atu.rHlBtoilBcb.0 SecHo»..
Der Vorsitzende Schulrath Dr. K. Schwippel ersucht Herrn Prof.
Dr. V. NieUch, seinen Vortrag:
„Ober einen Induetlven Lehrgang fttp den geologlsehen Untenieht
an der Hlttelseliule**
zu halten. Die eingehenden Erörterungen des Vortragenden, welche in
dieser Zeitschrift vollinhaltlich erscheinen werden, fanden ungetheilten
Beifall. In eine Debatte darüber ließ sich die Section nicht ein.
Britto TollTenammlang.
Den Vorsita übernimmt Dir. Dr. F. Swtda (Triest).
Voraitiendentell Vertreter Dir. Dr. Swi da: Ich erkläre die dritte Voll-
versammlung für eröffnet und ertheile zun&chst dem Herrn OescbäftsfÜhrer'
Stellvertreter Prof. Dr. Maiß das Wort.
Geschriftsführcrstcllvcrtreter Prot. Dr. Mai Ii: Hochan-^ehniiche Ver-
sammlung! Wir würden der Tagesordnung ^HniäU nun zu den Referaten
Über die Dienatpragmatik gelangen. AU letzter Gegenstand befindet sich
j^och auf der heutigen Tagesordnung noch ein Vortrag des Herrn Prof.
Dr.Pitsch: ȟber die Principien der Mechanik nach Heinrich Herta*. Ich
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288
Miscellen.
habe eebon in der ersten Veraammlmiflr erwftluit, da« dieser Vortrag eigent-
lich ein phi1oM)|»hieche8 Thema behandelt, wenn aach^dcr Titel in großer
Bescheidenheit etwas enger gewfthlt isL Ich glaube, wir würden uns einen
Rchönen Vortrsg entgehen lanen, wenn wir nicht den Collegen Pitsch
heute snerst zu Worte kommen ließen. Er hat entschieden erklärt, dass
er nicht mehr a.h HO Minuten in An^^pmch nehmen wird, eine Debatte wird
«ich an den Vortrag Toriius<ichtlich niclit knü]>fe!i: die Herren Referenten
über die I>ien.stprai;iuatik haben sich mit dem Vorj^'ange einverstanden
erklärt, und die Tagesordnung wird sich auf diese Weise ganz gut er-
ledigen lasMn. Ich bitte Sie also um Ihre Zaatimmong, daas Ennlchst Herr
Dr. Pitsch seinen Vortrag halte und sodann die Referate über die Dienst-
Pragmatik erstattet werden.
Dieser Antrag wird angenommen, und es wird daher in der voi^
geRchlagenen Reihenfolge vorgegangen und Prof. Dr. Pitsch erhält das
Wort 711 «»'inem Yor\r\fj'^:
„Über die Principien der Mechanik nach Heinrich Hertz",
weicher in oinem der nächsten Hefte vollinhaltlich erscheinen wird.
Vorsitaenderjitellvertreter Dir. Dr. Swida; Bei dem Umstände, da«s
wir noch einen sehr wichtigen Berathungsgtjj:enstand vor uns haben, der
längere Zeit in Anspruch nehmen wird, und hei dem weiteren Umstände,
dass der Tortrag nicht in einer These gipfelt, eu der die Teraammlung
Stellung nehmen mOsite, wflrde ich T<»scli]agen, unter dem Ausdrucke de»
lebhaften Dankes fiir di«* ;;,'e ist vollen und schönen Ausfuhrungen des Herrn
Vortragenden (Lebhafter Bei£aU) von einer Debatte absosehen. (Allgemeine
Zustimmnng.)
Da ilie Versammlung hiemit einverstanden . so gehen wir zum
nächsten (7ej.^ensitÄnde der Tagesordnung idjer. d. i. die Frage der Dien??t-
pragmatik für MittclschuUehrer. Ich wenle zunächst den Herrn llcfereuten
Prof. Norbert Schwaiger ans QEemowitz and hierauf den Corteferenten
Prof. Danrer ans Wien ersuchen, das Wort su ergreifen.
Es folgte nun die Erstattung der beiden Referate, welche in dieser
Zeitschrift, Jahrgang Xf, S. 203 ff., ausführlich veröffentlicht sind.
Vorrifatenderstellvertreter Dir. Dr. Swida: Ich eröffne nunmehr die
Debatte Ober den Inhalt der beiden Referate und die am Schlosse der-
selben gestellten Anträge.
Prof. Dr. Schwarz (MUhrisch-Ostraii) : Der Umfang und die Wichtig-
keit des Gegenstandes werden es wohl nicht zulas-sen, da.ss heute in der
Debatte mehr als flüchtige Anregungen erfolgen. Diese Anregungen allein
aber werden kaum genügen, am den Gegenstand su erschöpfen; denn wenn
auch die meisten Anstalten hier vertreten sind, so sind es doch nicht alle.
Deshalb wird es meiner Ansicht nach nothwendig sein, den Antrag de»
Herrn Con-eferenten in einer gewissen Richtung zu erweitern. Er hat die
Einsetzung eines ComiteH vorgeschlagen, in welchem gewissermaßen nur
die organisierten Mittelschullehrer, die Vereine vertreten «-ind. Nun pibt
es aber eine ganze Anzahl von Lehranntalten und Provinzen, welche keiner
dieser Körperschaften angehihen.
Vor allem zeigt schon der Titel den Entwurfes »iigentlieh eine
Anomalie, denn derselbe heißt ansdrScklich : ^Entwurf einer Dienst-
pragmatik für das Lehrperaonat der k. k. Österreichischen Gymnasien und
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MwiceUen,
289
Bttkeluileii*. Nun bat aber öslemicli ao eigeothilinliclie Verhftltaiaie,
daas eine groOe Amabl von Mittelschulen — ja in manchen Proyinaen,
wie in Mühren, die überwiegende Anssahl — dann eiuthch nicht unter diese
Vorschrift«»!! füllen wurden, obachon sie orpnau so wie <lio k. k. Mittelschulen
der Increr^nz der k. k. Mittelschulverwaltunjj: untor?.tehen. Es wird also
unbedmijt eine Form gefunden werden niiUsen. dm^ auch die Lehrer an
den Landesmittelschulen berücksichtigt erscheinen. Son^t werden alle die
Terlesenen Paragiaphe, die sich auf die Pflichten beziehen, für die Landee»
«ittelsdittUebfer aicherlich auch Geltang haben, jene über die Reebte
aber nicht. leb wQrde alao wOnacben, daaa bei der Binaetanng de« Comittfi
aaeb aof die Vertreter jener Eronlftnder, wie Mähren, NiederGaterreieb,
Steiermarkt in denen eine gvSOere Anzahl von Landesmittelachnlen beatebti
entaprechend Rücksicht genommen werde. Das wird ja eine Versammlung,
die sich nicht ^k. k. Mittelschultag", sondern Mittelacbnltag im allgemeinen
nennt, gewis« gerne berücksichtigten.
Auch eine zweite Anr»'Ufuiig wäre wohl leicht durelizuluhren, dasa
namiich der i!.iitwu[f im Auftrage des M ittelschul tage^ an die Lehrkörper
ainuntlieber Anstalten mit der fSnladnng TCfaendet werde, bierflber ein-
gebende Beratbnng au pflegen, nm der einsoaetsenden Commiaaion das
ttOthige Material an bieten.
Prof. Dörfler: Hochgeehrte Versammlung! Es war mir die Ehre zu-
theil geworden» in den Ausschuss des k. k. Staatsbeamtencasino-Vereinea
gewählt zu werden, und dort wurde ich in d;us Comit»'. das zur Verfiu^snnpf
einer Dienstpra^matik eingesetzt wurde, berufen. Diis ist die Veranln- vtmj?,
weshalb ich mich heute zum Worte melden zu dürfen glaubte, weil ich
in der Sache bereits einige Erfahrung hal>e. Wir haben im Ausschuss-
eomit^ den &ttwnrf einer Dienstpragmatik in langen Sitzungen durch-
betatben, nnd ea kamen immer längere Elaborate berana, ao daaa die
Scbwierigkeiten aieh derart mebrten, daaa wir acblieGlicb in Abtbeiinngen
Torgeben muaeten. Inabeaondere war auch die Stellung der Profemoren gegen-
über den anderen Staatsbeamten als eine eigenthümlicbe aufzufassen. Hier
haben Sie nun heute auch ein solches langes Elaborat vor sich. Ich mache
Sie gleich aufmerksam, was der Erfolij; sein wird; es wird Ihnen dasselbe ge-
.schehen, was uns '▼eschehen ist. Wir haben der hohen Regiernnt; auch einen
solchen Entwurf unterbreitet un<l auch ersucht, er m<^^e (iLS.-ize.Hkratt erhal-
ten. Und was hat die hohe liegieruog gethan? Die l'dichteu hat nie heraus-
genommen nnd in ein Geaeta formnliert, die Rechte waren veracbwunden«
Bei dem Umatande, ala aeineneit der Miniaterpräaident Qraf Taaffe
anf eine Bemerkung im bohen Hanae der Abgeordneten geeagt bat, daaa
eine Dienstpragmatik nicbt erlassen werden könne« iat gar keine Auasiebt
vorhanden, dass wir eine bekommen. Da würde einzig und nllein ein
Strike helfen. (Lobhafte Heiterkeit.) Das i>t meine Meinung. Ich werde
mir deshalb, da ich <iie l'nm^iglichkint der Annalime dieser Voria^re vur-
auisehe. erlauben, den Herren ein'u gunz einfücbeu, aus sechs i*uukten
beistehenden Entwurf vorzulegeu. Natürlich ist er radical wie ich selbst
(Heiterkeit), das können Sie eich denken:
1, Die geheime Qualifieation wird aufgehoben.
3. Jede Lebrperaon hat daa Recht, gegen Termeintliehea Unrecht aicb
an eine Commiaaion vu wenden.
Dlgrtlzeü Ly <jOOgIe
290
MisceUen.
3. Diese Commis^ion wird gebildet a) auH drei selbstgewählten Mit-
gliedern des Lehrstandes, h) an^ drei bp<timniten Richtern, c) einer TOm
hohen >iinisteriv]m bestimmten Persönlicbkeit als Vorsitzeudeu.
4. Die Beschli'LSSp diei:or Commission sind unumstößlich.
b. Dieses Gesetz hat rückwirkende Kraft.
6. Die weitere Amflllirung übwnimiiit du hohe Minutetimn flBr
Coltua nnd ünterrieht.
Ich glaube, es kann nieht bald etwas Badicaleres geben« Zur Be-
gründung erlaube ich mir nur einige Worte, insbesondere was den ersten
Punkt betrifft Gestatten Sie, dass ich Ihnen ans meinem erfahrongareichen
Leben eine Episode anführe ....
Vorsitztnulerstpllvertreter Dir. Dr. 8wida (unterbrechend): Mit iliick-
sicht auf die knappt' uns zur Verfügung stehende Zeit, sowie darauf, dass
wir in erster Reihe uns nicht mit Recriminationeu. sondern mit |K>sitiver
Arbeit beschäftigen wollen, mOchte ich den Uerrn Redner doch bitten, zur
Sache zu sprechen nnd sieh möglichst knra in fiMsen.
Prof. Dörfler: Ich glanbe nicht, dass ich länger als eine Viertel*
stunde spreche. Ich kam zu Herrn Hofrath Wretschko nnd enfthlte ihm
den Fall.
Landes-Schulinspector Dr. Langhans (zur Geschäftsordnung): Geehrte
Herren! Erlauben Sie mir eine Bemerkung, wenn es auch vielleicht sonst
mit <1*>n ]>nr1amentari8chen Usancen nicht giinz übereinstimmt, einen
Redner zu unterbrechen. Wir haben schon vorgestern und gestern sehr
kostbare Zeit durch Ausführungen verloren, die gewiss nicht zur Sache ge-
hörten. Es mögen ja sehr interessante und pikante Dinge sein, die auch
vielfach ihre Berechtigung haben, aber, meine Herren, wir sind doch sn
sehr ernsten fierathnngen hi^ergekommen! Wir haben auch damit sn
redmen, das.s die aus der Ferne Gekommenen mit Schwöen materiellen
Opfern sich diese paar Stunden für die ernste Berathung von Standes-
fraffen erkauft haben. Ich gehöre nuch dazu und ich verwahre mich ent-
schieilfn daf^ej^en, dass ich — wie IfiO andere — schwere Opfer «gebracht
haben <oll, um rein persönliche Beschwerden anzuhören. Ich bitte den
Herrn Voi-sitzenden dringend, wenn solche Abschweifungen von der bache
vorkommen, dem Redner das Wort tu entraehen.
Prof. Dorf 1er: Ich bitte, Herr Vorsitsender, habe ich das Aecht
weiterzttsprechen? Ich muss auch bitten, die Zeit, die der Herr Landes-
Schulinspector TOn der mir gewährten Redezeit abzuziehen beliebte, mir
in Abrechnung zu bringen, damit e-^ nicht heiße: Es ist ein „k. k. Mittel-
.schultug" — siehe .Ostdeutsche Rundschau". Die Episode — wenn die
Herren gestatten — i>t <,Mr nicht lang, aber sie dürfte manchen inte-
ressieren. Ich hnb*' Herrn Hofrath Wretschko hier gesehen und, nachdem
wir längere Zeit ^esproclieu hatten, gefragt: Herr Hofrath, wenn ich auch
annehme, dass man manche gewichtige Gründe hat, weshalb man mich
von Qottachee ans in Pension geschickt hat — könnten Sie mir nicht die
Quelle angeben, den Grund, warum ich auf vier Jahre nach Gottschee, in
die kleinste Stadt, verbannt wurde?
Vorsitzenderstellvertreter Dir. Dr. Swida: Ich bitte sich zu erinnern,
dasä wir hier nicht Recriminationen vorzubringen h.aben. Ich bitte hier
nicht auf die £rzählung eines Falles einsugehen, zu dessen Entscheidung
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Mi«ceJlen.
291
ja hier nicht du Forum ist (Znatimmnaig), tondenk dch strenge an die
Sache zu halten. Wir sind hier xa einer Berathiing yerHunuielt, Ton der
wir hoffen, daw sie der Sache frommen ^o\\. Ich halte es nicht nur für
nutzloB , sondern ^eradeyAi für schädlich, I)inKe vor7.ubringen , welche die
Sache nicht fördern, sondern nur nutzlose weitere Verbitterung erzeugen.
^Zustinimunj? )
Prof. Dörfler: Der Herr Hofrath sagte mir (Lebhatte
Schlnanmfe und Dnmhe.)
Knn, meine Herren, wa« die Begrflndnng der flbrigen Punkte an-
beUMigt, te mOehte ieh Sie nur darauf anlmerkmm maehen: E« ist iehade
uro allet, wat Sie hier weiter beeehließen (Widenpruc)i) — wenn die hohe
Regierung nicht will. Bis zur nächsten Zusammenkunft werden f^ich die
Herren flbcrzengt haben, ob ich r»^cht habe oder nicht. Aber je einfacher
Sie fien Hntwurf nj;uhen, je weniger Punkte er liat, desto eher kr>nnen
fc>ie auf einen I-]rfol^' rechnen. Die hohe Kepernnp .-loll (iafür fiorgen, was
sie TOM uns verlangt, in diette Paragraphe hineinzubringen. Wenn ich
alto hiemit tcbbeße, so drOeke ich nur noeh den Wunsch ans, dass die
geehrte Yenammluag meinen Vondblag acoeptieren mflge. Denn dadurch
wflrde sieb heranntellen, dass die hochgeehrte Vemunmlung nicht, wie es
in einer Zeitung hieß, eine ,k. k. Versammlung* ist, sondern nur ihre
eigeuMi Interessen wahrt. Dadurch wQrde das Ansehen des Mittelschule
tages nur <rehoben werden.
Prof l)r. Spitzer: Wir werden pewi?s alle mit der Kichtnnp ein-
verstanden feein, in weicher sich die Anträge der beiden Herren iietercntcn
bewegen. Ich möchte mir nur erlauben, einige Gesichtspunkte mehr forma-
ler Natur zu entwickeln. Es ist zum Schlüsse der Antrag gestellt worden,
die Regierung werde gebeten, diesen Entwurf dem Reichsiathe su unter»
breiten. Der Entwurf besieht sich ja auch auf das Lehrpersonal der Real*
schulen, welche der gesei^benden Gfewalt der Landtage unterstehen.
Eine entsprechende formale Änderung wiire also auf dem Phttee.
Femer enthalt der Entwurf gewisse Hauptbestimmungen, die aller-
dings im legislativen Wege festgestellt wprden sollen. Er enthalt aber
auch eine Anzahl von Details, die wohl ru iiti^er im V.'ror(ininii,'-swe;^'e zn
rerrcln wrir»*n. B*»8t.immungeu wie die, welclie Geüuchhbi'iiagen beizul»nagen
äiuu, oder dan» man den Vorgesetzten in entsprechender Weise zu begegnen
habe, gehören wohl nicht in ein Oesets. Weiter finden rieh in dem Entp
würfe manche Bestimmungen, die braeits in bestehenden Oesetsen ent*
hatten sind, x. B. in den Staatsgrundgesetsen, wie das Verbot der Geschenk-
Annahme in Amtsaachen. Derart i<(n Bestimmungen wären vielleicht aus
dem Entwürfe auszuscheiden, beziehungsweise auf das betreffende Gesetz
Bezug zu nehmen K«« wiire also tn untenscheiden 7.wischen demjenigen
Theile, der «j-fHOtzlich zu regeln isf. und (iemjcnipien , worin wir die hohe
Unterrichusvprwaltung ersuchen, gewis-je Verhältnisse, di»' gegenwärtig keine
besonderd klare Hegelung gefunden haben, durch Ergänzung der Weisungen
zu regeln. Aus dem letzteren Theile möchte ich einen Punkt berausbeben,
die Abgrenzung unserer Rechte gegen die der Directoren, die, wie ich
ghuibe, nicht in so klarer Weise erfolgt ist, als man wQnschen sollte. Eb
ist schon erwähnt worden, dass der Director Tielfoch etwas anderes ge-
worden ist, als uispranglich gedacht und speciell in den Weisungen vor*
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292
MiaoeUen.
gesehen war; er ist nicht mehr unser College, der außerdori! (:^.nviHse ad-
ministrative Geschäfte verwaltet, sondern er ist eine Art Uberbeatuter ge-
worden. Damm iät es doppelt wichtig, dasd unsere Rechte gegenüber denen
der Directoren deutlich al^egrenzt werden. Ferner sind so bedeutende
Bechte wie das der flelbatftndigen GluMificatuni nicht in der Weiee nin-
echrieben, wie es m wttnsclien wftre. Auch diese Frage i«t gerade jetst
mit Eückricht auf die Monatakataloge von erhöhter Wiehtigheit. Der Pro-
fiMor hat z. B. dem Knaben ein^ Noten gege]>en und fibeneugt eich
erst später, dass er eigentlich unrecht «gehabt bat, dass der Knabe wohl
viel gebüffelt hat, aber nichts Rechtes versteht. Die Noten, die aufgrund
einer verbes^ierten Einsicht gegeben werden, sind nicht gleichwertig mit
den früheren. Trotzdem kann der Director sagen: öle haben sounds^oviel
Nuten gegeben, der Durchschnitt macht etwas andere aus als die Scblus<i-
ttote, die Sie gehen wollen. Et ist wioh%, dan der Fadblehr^r das Recht
der selUständigen Cla«ifieation habe, welche er, wenn sie eine abweichende
iit, ausdrfleklich tu motiTieren hBtte.
Es wäre also in formaler Besiehung eine Änderung an dem Entwürfe
in der Weise vorzunehmen, dass deutlich gesagt wird, was dem Reich«-
rathe. was den Landtagen vorzulegen ist, wa« der Gesetzgebung und w;w
der Verordnun*,'>m'ewalt vorzubehalten wäre, und anderseits das Ministerium
zu ersuchen, durch eine geeignete Krg-änziing der Weisungen die Rechte,
die der Fachlehrer im inneren Schuige triebe hat, deutlich abzugrenzen.
(Bei&U.)
ProH Dr. Ludwig Singer (Prag): Ich wfirde znnachit das Wort
^ribnmtliche Mittelschulen Österreicfas' gerne klargestellt sehen. Es ist
nicht nur im Interesse der Deutschen, sondern aller Mittelschalen gelegen,
dass wir eine Dienstpragmatik bekommen, nnd imsere Wünsche können
nur ein erhöhte.^ Gewicht dadurch erhalten, wenn auch die Lehrkörper
der ^lavischen, itaiieni-chen Mittelscliulen u. h. w. «i'-h ihnen anschließen.
In liöhmen haben \vu- wiederholt ertkhren, dasa dies ^'erne geschieht. Es
wäre also vielleicht gut, wenn ausdrücklich aui»gesprochen würde, dass
unter den ^sämmtlichen Mittelschulen" auch die nichtdeutschen Mittel»
sdiulen Terstanden werden, mit denen wir sowie mit den niehtdeutsdien
Vereinen ausammen vorgehen wollen.
Dann ein sweiter Punkt Wir können ja einem hohen Ministerium
diesen Entwurf immerhin vorlegen. Allein, wer irgend sich zufälligerweise
mit juridischen Dingen beschäftigt hat, wird finden, dass derselbe der
nachbessernden Hand eines Juristen in '«ehr hohem Maße bedarf (Wider-
.-pruch) — ich bitte, meine Herren, in unserem Interesge bedarf! Sie
finden darin einige rarat,'ra|>}ie, die an die berühmten ela<tischen und
Kautschuk-Paragraphen erinnern; i-üj^sungeu, die etwa^ stark uubeütimuit
sind nnd zeigen, dass die Verfasser mit der juristischen Technik naturgemftß
nicht TOllst&ndig vertraut sind und mitunter susehr in allgemeinen
moralisch-ethischen Erörterungen sich ergangen haben, anstatt in bestimm*
ten gcsetslichen Formulierungen, wie wir sie beoöthigen.
Damit nun eine solche Berathung fruchtbringend sei, wQrde ich
meinen, es <-e! tllerdings ein solcher Entwurf dem Ministerium vorzulegen,
dabei aber zu iietonen, dass es wwentlii h auf die Grundsätze ankäme, die
hier niedergelegt sind, und dass wir es als wünschenswert betrachten,
üiyiiizeQ by GoOglc
2Ü3
das9 va einer eventnellen Berathang fiber einen im BeiclMratbe einsa-
bringenden Qewtientwurf Vertreter aas unserer JCitte in irgend einer Form
bei^ezof^en werden. Tn dieser Weise ließe sich am ehesten etwas erzielen.
Etwas Ähnliches könnte ja auch geschehen, falls wir genöthigt wären, uns
an die beiden hohen Hruiner des lieichsmthes zu wenden, weil die ganze
Angelegenheit nicht genü>;en4 Torwärts geht.
Was schließlich die Realschulen anlangt, ho meine ich, dam wir nicht
ent warten lollen, bis aftnuntliehe 17 Landtage mit der Sadie steh be-
scliftitigt haben, sondern dass man in einer solchen Frage, wo es sieh um
die Auitellang nnd die Rechte fon k. k. Staatsbeamten bandelt» sich wohl
anf den Standpunkt stellen kann: Keichsrecht bricht Landrecbt (Heiterkeit
nnd Widerspruch), so dass wir einfach die hohe Regiemaic eisochen, si^
weit es in ihrer Competenz liegt, die nöthigen Schritte 711 veranlassen.
Landea-Öchulinspeitor Dr. Tumlirz: Ich wurde es auch fr^^udi^f be-
grüßen, wenn sfimmtliche Pflichten nnd Rechte der Lehrerschiiit )r>j:endwie
coUihciert würden. Ob d&a Aufgabe eines Keiciisgeitetzes iät oder im Ver-
ordnnngswege sn geaohehen hätte, llsst sich so knnerweise wohl nicht
entscheiden. Jeden&lls sind gans wesentliche Schwierigkeiten vorhanden,
weil besi^ltch der Gymnasien und der Realschulen die Gompeteasen Ter>
schieden sind, und weil bezüglich der Liuidesanstalten die Staatsbehörde
jedenfalls nicht befogt ist, Vorschriften über die Rechte und Pflichten der-
jenigen aufzustellen, welche doch in letzter Linie Beamte des Landes sind.
Je<le Commune, jedes Land nnd auch das- Reich werden sich vorbehalten
müssen, Hechte uml Pflichten ilirer Anirestellten zu normieren. Freilich
sind wir hier in der grübten Mehrzahl :Stüat«beamte , und es i«t darum,
glaube ich, nur eine Ehre, wenn der Mittelschultag sich einen k. k. Mittel-
schnltag nennt & ist sehr an bedanem, wenn ein k. k. Profsssor sieh
daran stoßen sollte. (ZusUmmong nnd Widerq»mch. — Rufe: »Nicht daran!*)
Dann hfttte es wenigstens in dieeer Versammlung takt?ollerwelse nicht er»
w&hnt werden sollen.
Ich wünsche aber, dass diese Dienstpragmatik in jeder Beziehung
eine Beswrnnjx rror^pnülier den hentif^en Verhältnissen herbeiführe, und
deshalb möchte ich j^erne, dii*« die (Jommission, die sich ja mit dem Kut-
wurfe eingehend wird befassen müssen, neben jeden einzelnen Paragraphen,
der hier vorgenchlagen wird, die gegenwärtig geltende Bestimmung sich
hinschriebe. Sie wtbrden dann sehen, dass gegenwärtig bereits das meitte
▼Ott dem hier Angestrebten thataftchlich besteht
In einer Hinsicht jedoch möchte ich die Vonammlong gerne warnen.
Sb klingt theoretisch sehr sehOn, wenn es heißt: Für jede Lehrstelle uosi
ein Concors ausgeschrieben werden. Wir haben im Landesgesetze für die
i'ukowina vom .Tahre 1873 diese Bestimmung bezüglich der Volksschulen,
und ich kann Sie versichern, das.t die.s eine der unanpfpuehm.'^ten Bestimmun-
gen l'ür die LehrerwhatY is^t. nicht für den LandesHchulratli. Es stirbt ein
Oberlehrer. Der Loucur«s wird ausgeachrieben , und zum Oberlehrer der
Schule A wird der Lehrer der Schule Ii ernannt. Dies geschieht am 1. Sep-
tember. Infolge dessen muis für die Lehrerstelle an der Schule B vom
1* September bis 1. October der Omcurs aoBgeschrieben werden. Die Sache
passiert den Besirksnchnlratht den Landenchulrath, zum Lehrer an der
Schule ß wird ein Lelirer aus der Schule C ernannt. Dieser tritt am
„0»t«fT. MittelMhul«". XI. Jahii. SO
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Hiflcellen.
15. November »eiDen iMPiiÄt an. An der ^S* Imle C wird d<'r t^ oncurs aus-
ge«chrieben , die Sache duuert wieder uclit Woclieu, uud lu^wiüchen hilft
man sich an diesen Scholen immerfort mit Hilfiilehrem.
Übertragen wir das auf das Gymnasinm. Ein Directorpotten wird in
Wien besetzt, es kommt ein Direeior aus einer Provinastadt nach Wien
und tritt seinen Dienst am 1. September an. Seine Stelle wird aos-
geschrieben, es läuft der Concura bis 1. October, der Ländesschulrath be-
faast sich bis 1. November damit; Mitte December wird die Stelle neu
besetzt durch »nn^n Professor an'^ einfr andtM-fii >taiit. nun ist dort dif»
Steile leer. Nun kommt aber die weitere liCistunmun;^' , diias der Antritt
eines Dienstes innner mit Beginn des neuen Semesters erfolgt. Was ge-
schieht also, wenn eine solche Stelle an dem Gymnasium in C frei ge-
worden ist? Sollen da die Collegen supplieren oder soll ein Supplent an*
gestellt werden? Durdi diesen Paragraph wdrden Sie erzwingen, dass all*
jährlich ein großer Theil der Stellen nicht mit definitiven Lehrern, sondern
mit Sapplenten besetst wird. Und das ist im Interesse unserer Supplenten
durchaus nicht zu wünschen. Wenn heute eine Verschiebung erfolgt, ein
Professor aus Igln u iim h Brünn, ein anderer au-^ Brünn nach Wien kovnint,
so wird gleichzeitig ein Supplent zum definitivt n Lehrer ernannt. Würde
al)er der vorgeschlagene Modus eingehalten, mi niüsste in allen Fällen ernt
ein Concurs ausgeschrieben, und es müssien die betreffenden Stellen durch
Supplenten besetzt werden. Ob das im Interesse der jungen Lehrerschaft
gelegen ist, möchte ich der Erwägung der Commission anheimstellen.
Weniger Bedenken erregt wohl die Bestimmung, dass einem Lehrer
nur jene Stelle verliehen werden kann, um die er einreicht. Denn da hilft
man sich bei den Beamten sehr einfach: man achreibt den Concurs für
diese, eventuell eine andere hiedurch in F^ledigung gelangende Stelle aus.
In diesem Falle kann der BewerHer entweder nur für die eine Stelle cin-
reichL'H. oder er reicht eben so em, wie der Concurs gelautet hat : lür diese,
eventuell die andere btelie.
Eine Correctur dürfte jedenfalls auch § 3 erfordern, weil wir an den
Bealschnleu bekanntlich Zeichenlehrer haben, von denen wir nicht acht
Semester Hochschuktudium verlangen können. Es mOsste neben der Uni-
versitftt, besiebnagsweise Technik auch die Akademie erw&hnt werden.
Landes-Scluilin.-pector Dr. Huemer: Meine Herren! Ich darf viel«
leicht sagen, dass ich, der ich ja selbst Lehrer — wenn auch momentan
Beamter — Inn. immer ein warm fühlendes Herz für meine Collefren ge-
habt habe (.Stürmische, allseitige Zustimmung), habe und iiabeii werde.
(Beifall.) Als College nun möchte ich Ihnen »ageu: Seien Sie sehr vor-
sichtig in der Abfassung solcher Entwürle, namentlich eines Gesetzentwurfes.
Ich bitte, sich doch vor Augen au halten, welch großen Unterschied es
macht, ein Gesets zu schaffen, eine Verordnung zu erlassen oder einen
Erlass hinauszugehen. Ein Geseta kann keine Behörde ändern, der Minister
ist daran gebunden, die höchste Autorität im Staate ist an das Gesets ge-
bunden , jede Ausnahme entPällt. Eine Verordnung kann n)an abändern,
da kann der Minister Ausnahmen machen, ebenso natürlich bei einem
Erlasse. Und nun wollten Sie solche Details in ein Ge?^etz hineinnehmen?
Sehen Sie «ich den § 3 an. Nach einem tVühereu Antrage soll das «iesetz
noch rückwirkend sein; L>a können wir drei V iertel unserer Zeichenlehrer,
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Miscellen.
Turnlehrer, BeligioosprofeNoren einfikch wegjagen, nnd niemand hätte die
Macht, eine Anmahme aus Grnade fftr einen eolehen anglfickieligen Mann
so machen.
Es wurdf* schon prw.lhnt. duss die BestimmuDg über die Concure-
aui8chrei!>imgeii eine i,'rol.>e Scliiidicrnnjf der T/»'i)rerschaft bedeuten würde.
Ich möchte fpecifU »icshiilb liariuit auch auliuerksani machen, weil ich in
den Berichten des bupplentenvereiut» wiederholt ^eietieu liabe: ^Zu uiiätnem
Bedauern sind heuer so nnd lO viele Stellen wieder nicht besetzt worden/
Da« wurde b^^iflicherweiee der ünterrichtsverwaltong in die Schnhe gC'
schoben. Diese iet aber hftnfig vdUig nnacholdig daran, wenn nftmlieh ein
lAndeageeeti die Ausschreibung der Stellen fordert. Wie aoll dann im
Septemher die zweite Beförderung erfolgen? Man käme bie Weihnachten
hinein, und da können Veränderungen im Lehrkörper nicht mehr vor-
genommen werden. Zum Glücke hahon t'iiu\'t' Länder dic«n Bestimmung
nicht, so Böhmen. Gelingt es nun, eiueii rrote-^sor von dort in eine andere
Provinz zu versetzen, so kann Meine stelle gleicii nucbbesetzt werden, da.s
iät dann ein glücklicher Zufall. Die^e glücklichen Zulalle würden durcii
ein eolchea Geeeta natQrlieh ansgeechlonen werden.
Ich mtehte also nochmals die Bitte an die Herren stellent eich wirk-
lieh lebhaft an der Berathnng dieses Entwurfes an betheiligen — natfirlieh
nicht bloß heute — und insbesondere darauf zu achten, was es bedentet,
ein Gesetx zu scbaHVn. und wa«, eine Verordnung an erlassen; vor allem
aber den wohn>f'kannti n Murenzeller zur Band zu nehmen. I>a finden
Sie 90".- dpr liLMitii,'»'n Vor.srldil^t' ohnehin .schon drinnt-n. I),irid)or diirl
man sich keiuei" Tituischuug hiugebeu: luun mü^^stc siedi in erster Keihe
auf jene Punkte verlegen, welche neu sind, und darunter sind ganz be-
achtenswerte Voieehlftge. Das kann man aber im Verordnungswege viel
besser regeln als in einem Gesetce: ein Geseti mnss sehr knrs sein, wenn
es nicht schädlich werden soll. (Bei&ll.)
Landes -Schulinspector Dr. S. Kapp: Es wurde vom Herrn Correfe-
renten zum SchluAse seiner Ausführungen als der Zweck der heutigen Be-
rathung bezeichnet, der einzusetzenden Commii>siou in gewissen Punkten
ein»'' THroctiro zu j^oben. Unter diosfn Punkten sind thatsruhlicli finijrf
ganz neue, wi»- ( öllet^e Hnenicr i-iM-n heivor'4'<»bnf»i'n hat. Ich unKlit«*
mii- nun erlaulion, oint-n sdlrhfn l'unkt herauH£ugieiten und ilie Anregung
zu geben, das» tüe Vor^amuilung hieb darüber ausi^preclie. Es ist dies der
§ 7, der von den Quiilificationslisten handelt. Die Frage ist eine sehr
heikle. Ich finde es b^preiflich, daas die Forderung nach Gestattung der
Einsichtnahme in die Qoaltficationstabellen großen Anklang findet.
Ich moBS hier sehr genau zwischen der persönlichen und der ami-
lichen Stellung unterscheiden. Persönlich würde ich gegen die Einsicht-
nahme in die Qual ificationstabellen gar keine Einsprache erheben, aber
unter gewis-sen Vorau.%8etzungen. Es befindet sich in der VensammlunL,' «"inf
Anzahl Landes-Schnlinspectoren und eine noch größere Anzahl Directoreu.
die mir gewiss darin zustimmen werden, dasj< die Art. wie die Qualitications-
tabcllen jetzt in der Rubrik „Dien-stliche Verwendung" meist ausgefüllt
werden, eine so günstige ist, dass man thatsBchlieh oft mit der Lupe
suchen mnss, um einen Unterschied zwischen mehreren Bewerbern heraus-
snfinden. Meist gelingt dies nur dadurch, dass man nachsieht: Was ist
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Miseell«!!.
vewchwiegen? (Heiterkeit) Aber die Versicbernnpr kann ich den Herren
peben: Soweit wenigstens meine Erfkhrunq" reicht, kommt es sehr selten
vor. diLss eine entschieden iingünstige lk*merkun<r in der QualifiCHtions«
tabelle enthalten ist. Ich meine also: Wenn der Director in der Qnali-
ticutioQ)>tabeUe den Stand der Dinge thatsächlich so kennzeichnen wfirde,
wie er i«fc, 80 hftttd ich gar nichts dagegen, wenn dem betzeffenden Lehm,
sobald er es vfiasebt, der Inhalt vom Director nitgetheilt oder schließlich
anch das Gesdiriebene geseigt wird. Denn es macht mir wirhlieh den Ein-
dmckf dass tod sehr vielen Directorea — ich will damit durchaus keinen
Vorwurf erheben; ich gebe zu, dass ich Mlbet vielleicht anch in der
war — die Zeni^is«e hihifiir uncrefÄhr in der Art geschrieben werden wie
die Zenj^nisüe unsert i H mißtrauen.
Wenn also wirklich cias hineingeschrieben wird, was der Director
als ganz objectiver Beurtheiler (Iber die dienstliche V^erwendung de«
Lehrers an Beobachtungen gemacht hat« so sehe ich keinen Gmnd , we8>
halb der Director das nicht auch mittheilen konnte. Der Director muss Ja
schon sehr hftufiff in der Lage gewesen sein, anf Gmnd von Hospitiernngen
dem Professor ohnedies m sagen, was er an sriaer dienstlichen Verwendung
aassnsetaen hat. Ich wüsste also nicht, warum der Director durch Ver-
ordnungen verhindert sein soll . den Professor auch in dasjenige Einblick
n*»ht)ien zti la«^?en. wii«? fr in die (»n.ilifieationstabello <:f<'^chrieben hat. Ich
stelle keinen bestiiumteu Antrag, sondern wollte nur die Anregung geben,
dass die Versammlung sich über diese Frage ausspreche. Ich glaube, das
wäre eine wichtige Directive für die Commission, wie sie sich in diesem
Punkte SQ verhalten hat. (BeifiiU.)
Prof. Dr. Ludwig Singer: Wir leiden durch die geheimen Quali-
flcationslisten unter sweierlei Übelstinden. Erstlich kommen viele von uns
dadurch an einer gewissen Ängstlichkeit. Da» Geheimnis hat immer etwas
Schreckliches, wennVuch mancher von uns sehr wohl weiß, dass seitens der
Directoren dem einzelnen, wo es sieh um seine Beförderung handelt, das
allergrübte Wohlwollen entgegengebracht wird. Ich niuss sagen, soweit
meine Erfahrunsj reicht, könnte ich mich auch l)e/ii<.,'lich meiner Coll«'i,'en
kaum an einen Fall erinnern, in welchem mau nicht jeden nach Möglich-
keit gd&rdert hllttew Aber es wftre, glaube ich, im Inteiesse unserer Würde
gelegen, dass wir öffentliche Qnalificationslisten erhalten, und es ist anch
im Interesse des Dienstes gelegen. Wenn der Lehrer Einsicht in die Quali-
ficationsliste hat, wird sich der Director um seines Ansehens willen hüten
müssen, einen Widerspruch zwischen dem, was er in die Qualificationsliste
><chreilit, und dem. wh>« er dorn HetrefTenden persfinlich in Bezug anf seine
!j'*h)'t)iiitij,'kelt s;t<rt, hervortraten zu lassen. Ks wird al«o jeder Ltduer das
Hewusstsoin haben, dass die iiemerkungeu de^ Direttorö für ihn wirklich
von Bedeutung sind. Er w^ird demgemäß sofort versuchen, entweder —
nach dieser Richtang könnte ihm ja sein Recht gesichert werden — durch
eine Auseinandersetsung mit dem Director einen eventuellen Irrthum xu
beseitigen, oder- es könnte ihm fSr den Fall, dass er sich wirklich geschftdigt
meint, irgend eine Art Beschwerderecht gesichert werden. Aber jeden&lls
wurde dies dazu beitragen, dass ein Verhältnis gegenseitiger — ich scheue
mich nicht, es zu sagen — Ehrlichkeit und Redlichkeit swiscben Directw
und Lehrkörper käme. Es würde keine Verschleierung, kein Geheimnis
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Miaoellen.
297
gehen, Dass sfttürlicli nicht, Teneiben Sie, jeder Quark Mcbon in die
Qnalificatioiuliite kommt, »t wobl eelbatfenttiidltch; dae würde ebeneo-
wenig wie beate getcbebm. Aber jeder I«ebrer bfttte du Bewunteein:
Wu an erntten Dingm geM^ wird, iit dnoerod, und icb mom mich
davor hüten.
Man kunnto nnn freilich die Bes^orf^is aussprechen, dass hiedurch
vielleicht da» Verhältnis zwischen Lehrfr v.nd \^vf^ctov verbittert werden
könnte. Wir hal)en ja einen Ötand, bei dem uie drientiichen i^ualitication»«-
listen existieren, e« ist jener der Offieiere. Die Ol'öciere (;ehen zum großen
Theile aus Cadettenschulen hervor, in denen sie eine Mittelschulbildung
empfangen haben, aas Schalen, in denen der ganse denn doch» wie man
«agen man, noch den Cbarakter nichtig beeinflnmende Bildungsgang der
HochMhnle entbehrt werden mum. Wenn nun diesen Männern mit Becht die
sittliche Qaalification mgetraut wird, einen ehrUchen, offenen Tadel tu
ertragen, auch wenn er ITir sie empfindlich ist, warum soll man uns, die
wir selbst beruffTi sind, nicht V)Ioß lehrend, sondern auch erziehend zu
wirken, die wir uns^eren^^chnlern ein Mu.ster sittlicher Persönlichkeit bieten
sollen, nicht zumuthen, diuvs wir auch einen offenen, ehrlichen Tadel zu
ertragen und zu erkennen vermögen, dtum unser Vorgeisetzter uns gegen-
über eben seine Pflicht sn erfttlltta hat, indem mr da^enige schreib, was
der Wahrheit entspricht.
Durch einen solchen Inflam der Qualüicationstabdlen würde dann
aber auch jener Übelstand vermieden werden, dass man auf daqenige
sehen muss, waa darin verschwiegen ist. Es ist ja wahr: was er weise ver-
schweigt, zeigt mir den Meister des Stils; aber ich halte eine j«olche Yer-
schweigung fiir i^'efiihrlirhi'r .iU «»inen oHenen Tadel Wenn der I'irpctor
an der Discipliu der JSchiiier etwas ausausetzen hat und saf^t: Der Leiirer X
vermag in den mittleren Clausen, in denen es besondere schwierig ist, die
Disciplin nicht voll aufrecht zu erhalten, dagegen weiß er das Interesse
der itehfiler in den oberen Stufen durch seinen geistToUen Vortrag so «u
fesseln, dass Ruhe hemcht — so weiß der Inspector, woran ex ist. Steht
gar nichts fiber die Anfrechthaltung der Disciplin da, so ist auch der Ur-
theilende ruthlos. 1'ritt außerdem der Fall ein. dass ein Voigesetzter einem
Lehrer ü'oel will, so wird er auf eine eventuelle Anfrage gegenwärtig mit
voller Benihig-tinjT saften können: ich habe nichts übles geschrieben, tmd
der Lr-hrer wird (io< ii tretiiuscht sein, ich hi>lte also im Interesse des Dienüte«»
und der Lehriiersou« u die öffentlichen Qualitication!»listen für etwa« sehr
Wichtiges und für einen der Huukte, die der Aufmerktsamkeit der Com-
mission empfohlen werden müssen.
Fflr ebenso wichtig halte ich die Einsetsung einer Disciplinaaroommts-
sion, nicht weil wir ein Misstrauen gegen die Persönlichkeiten hegen, die
gegenwärtig als Landes-Schulin.^pectoren fungieren. Aber man sucht jetst
in allen Cnlturstaaten beim Militärstrafgesetze dem Übelstande abzuhelfen,
dass ein und dieselbe Person Richter, Ankläger. Vertheidiger und vielleicht
zujrleich rxTi' h Untersuchunf^srichter ist. Ich will nicht sagen, dass die Ver-
hültuisse bei iiuü völlig damit übereinstimmen, aber etwas Ahuliched ist
auch bei uns vorhanden. Es ist eine Verquickung der Competenzen, die
auch den Wohlwollendsten zum Irrthume führen kann. Also vor allem zwei
Dinge: offene Qualificationslisten und Disciplinarcommissionen! (Beifkll.)
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298
Miscellen.
Landet-SchiiHiitpector Dr. Tum Urs: Ich balte die offenen Qnali-
ficationslisten der MittetschuUebrer für leieht durchführbar, zum großen
Tbeile sind sie bereits gegeben. In der Beamtenschaft ist der Wunsch nach
offenen Qualificationstabellen ein allgemeiner. Allerdinjfs liegen die Ver-
haltnisse bei den Beamten anders. Icii tjhuibe aber, dass die Beängstis^un^^,
iiie in Beamtenkreisen geherrscht hat, mit eingewirkt hat auf die jünt^eren
Herren, die noch nicht den richtigen Einblick in die Sache haben, und
das8 infolge dessen diese ungerechtfertigte Angst vor dem Geheimnme ent>
•tonden tat Die Beamtenqualification hat vier Rubriken: 1. Ffthigkeit,
2, Fteiß, 3. Terwendnng, 4. moraliaches Yerhalten. Der Manipulationt*
beamte, der Official, der Kanali»t ist nun allerdings in jedem dieser Punkte
ganz von dem ürtheile seines Vorgesetzten abhängig. Das Urtheil. das der
Zolleinnehmer draußen seinem ZoUasaistenten gibt, kann kein Mensch recht
controlieren. Anders ist e« schon bei dem politischen, bei dem vichtei-
licben Beamten. Wenn ein Concipist. ein Commi?¥är ein Elaborat liefert
und zeifjt. da«« er die Verhandlunj^ «glänzend d\irch;^r{üliri bat. so möchte
ich den Bezirkshauptmann sehen, der dann deai^bt^itthalter oder Landes-
{N^identen •ehreibt: er ist mindor Ahig oder dergleichfm. Das Zeugnis
der Unirersität und die vorliegende Leistung bestätigen schon einerseits
die Fähigkeit, anderseits die Verwendung, und in der Zahl der Erledigungen
liegt ja schon der Maßstab f&r den Fleiß. Bei diesen Beamtenkat<'<:örjen
kann «ich also der Vorgesetzte nicht mit den thatsäcblich vorliegenden
Verhjlltni.sseu in Widersi>ruih setzen, ohne den Schein der Part.'Iliclikeit
auf sich zn !ad*^n, den ci i^t wisja vermeiden wird. Noch viel weitergehend
sind die Beleg»- des MittHUchulprofo-ssors». S«'ine Fähigkeit wird dargethan
durch seine wissenschaftliche Prüfung und seine sonstigen literarischen
Leistungen, und es ist ganz unmöglich, da» ein Inspeetor oder Director
einen Hann, der wissensehafllicbe und sonstige tüchtige Leistungen auixu-
weisen hat, nur f&r gut oder genügend befftbigt erklärt. Darin liegt ja der
Wert unserer Zeugnisse: es steht manchmal blo6 genfigend darin, aber
man sieht, woraus das Genügend deduciert ist; es ist viel besser, man sieht
die Bemänglungen und bildet sich selbst ein Urtheil. ob sie so «chwer-
wiegender Natur M-aren. nm das Henuf^end zn rechtfertigen. Wenn die Be-
mänglungen we^talbm. wird das Genügend umso schwerer wägen.
Dann kouiaien die pädagogisch -didakti^ichen Themen. Dann haben
wir die Hospitierungen des Directors, aber auch den Inspectionsbericht de«
Inspectors. Bei jeder Inspection ist bekanntlich die Inspectionsconferenx
vorgeschrieben. Bei dieser wird ein Protokoll aufgenommen, in welches
alle Einxelheiten hineinkommen und daa Toni gesammten Lehrkörper unter-
schrieben wird. Es können kleinliche Ausstellungen vorkommen, aber jeder
Lehrer wird sich selbst «igen kOnnen, was aus solchen Bemerkungen fßr
ein Schluivs gezogen werden kann. Wenn man (bis In-pectionsprotokoll
durchliest, so kann man sieb im jjroLw'n und ^-anzfu sagen, wie jetzt das
Urtheil des Tn-^pectors üImt d- n einüclneu Lehrer ausfallen wird. Das
Urtheil des In^ipectors gebt nun nicht selbständig an die hohe Unterrichts-
Terwaltun^% .sondern es wird dem ConferenzprotokoUe sammt den eventuell«ft
Erwiderungen des Professors angeschlossMi, so dass auch die oberste
Unterrichtsverwaltnng vollkommen klaren Einblick in die Verwendunif
des Lehrers bekommt.
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DwQenige, was die Qaalifieationsüibelle enthftlt, iit also im wesent-
lichen nichts anderes als das, was eineneits das Zeugnis, besiebnngsweise
die wissensehaftlicben Arbeiten besengen, anderseits was bei der Inspection
bt'ol'aehtet wird. Da wilrr • - imn ein ganz einfacher Schritt, wenn man
dem Ht rra, der es wünscht, den Einblick in diese Tabelle gestattet. Manche
Unzutricjlt'iiheit . Tinmch<» Kränkung würde aiH dem Lehrkörppr vor«
schwinden; mancher Director würde von seinem Lehrkörper vi» ! li<iliei- ^'c-
achtot, wenn nicht immer der vilaube bestünde: Der Director hat mir
geschadet. Wenn 20 sich um einen Posten bewerben, so müssen 19 un-
sofirieden bleiben; aber von diesen 19 bat immer ein Tbeil die Meinnngt
Da bat mir entweder der Dtrector oder der Landee-Scholinspector ge-
schadet, sonst ist es unmöglich, dass ich Qbecgangen werde. Wenn also
auf Wunsch eines Mitgliedes des Lehrkörpers demselben seine Quali*
ficationsliste zur Einsicht vorgelegt wurde, so glaube ich, dass dies inner«
halb des Lehrkörpers selbst recht gute Folgen hätte. (Beifall. ^
Lnnf1»'s- Srhti!in'<pfctor Dr. Lanj^hans: Eh haben selion /.wei nieiuer
(.'olU'ijt'n iliit" i»ers«>iil i' iu- .M»'innn<r flix-r iliesfn Gpjr*»iist.uiil .iiiJ^gei^procben :
ich möchte mir gleiciUalls erlauben, dies kurz zu tiiuu. Ich für meine
Person würde wflnschen, dass die Qualiticationslisten öffentlich werden in
dem Sinne, dass jeder Lehrer das Recht bat, Einsicht su nehmen. (BeifalL)
Eb worden dann alle die ungerechtfertigten Beffirchtungen und fUscben
Matbmaßnngen entfallen, nnd es wftre damit wirklich der Schale, wie
Prof. Singer ssigte, ein groß^M- Dienst erwiesen. Es wfirde dies auch
erziehlich wirken, denn der Director wäre dann gezwungen, nnch be-
tuangelnde BemerknnEren zu inachen, wrihiciul er sie jetzt in 99 von
100 Fällen vHr'<r]i\vt'i^t Der junge iiehrer würde daraus beizeiten ent-
nehmen, woran es mangelt, und sich vielmehr veranla-i.st geben, auf sich
selbst zu achten. Ich spreche nur für meine Person, aber ich habe noch
mit keinem «Dgeren CoUegen, d. b. Landes-Scbnlinspector gesprochen, der
persönlich nicht gewünscht bfttte, dass die Qaalificationslisten ßen Lehrern
rar Einsicht gegeben werden. Es wOrde dadurch ein Odium beseitigt, das
immer in der Luft liegt und nicht verdient ist. Ebenso wOrden wohl alle
Directoren, wenn '^ie aufstehen und jeder einzeln sprechen wollten, dafttr
nein: Gebt uns düs Recht, die Qualificationslisten den Betreli'enden xu
zeigen. (Beifall.)
Dir. Koch: Der vorliegende Entwurf soll ein i.losetz werUm; -'^
wurde schon erwähnt, da^s wir tia .sehr vorsichtig sein müssen und dass
anderseits vielleicht 90% seines Inhaltes heute schon Gesetzeskraft haben.
Es sind nicht viele Punkte, die einer Änderung bedürfen, und die hier vor-
geschlagene Änderung ist wirklich xumeist eine erfreuliche. Wenn wir nur
diese Punkte herausgreifen und die Änderung in wfirdiger Weise verlangen,
so glaube ich. dass auch die hohe ünterrichtsverwaltnng dem zustimmen wird.
Da ist der § 4 über die Einrechnung des Probejahres, r wirklich
ein*» wichtige und nnthwendiire Be^stimmung enthält: denn d»T I,f hranits-
eandidat dient ja dem St;iat«', wenn aiu Ii nifht in den ersten vier Woi Inn,
so doch jedenfalls im zweiLi;n Semester, or wird zu v<'i nchiedenen Arbeiten
herangezogen und bekommt keinen Kreuzer Entlohnung.
Sehr gerechtfertigt ist auch der § 5, Alinea 2, Über den Termin fOr
die Anstellungngesuche. Der Director schickt das Gesuch oft acht Tage
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300
Miscellen.
firfiher we(;, wenn es sich aber um ein andcms Krouland li.iiuU-U, kommt
et Welleiebt um einen Tag zu spät und wird nicht mehr berücksicht^i.
Da soll nur dfr Zeitpunkt maßgebend sein, wann es der Directiou ül>er-
i^rhi n .viril; wann der Landeäschulrath es wegschickt, darauf haben wir
keine hy^^reuz.
Vinn den § 7 anbelangt, so bind wu, glaube ich, alle einig. Ich
glaube im Sinne der meisten Directoren su sjurechen, wenn ieh sage» das»
die Sache ja schon besteht Wenn heute ein Professor ni mir kommt und
sogt: Herr Director, ich bitte, bwsen Sie mich in die Qoalificationsliste
Einblick nehmen ohneweiters! Sofort lege ich sie ihm tot. «Ich bitte
nur eÜBSUsehen; haben Sie etwas ein/.uwenden, so bitte ich es zw sagen!"
Es muss ja dem Director daran liegen, dass er mit dem Lehrkörper im
besten Einvernehmen steht; wenn er d.ts will, so muss er den Proteissoreu
entgegenkommen. Habe ich hei einem Herrn etwas auH^usetzen . so sage
ich ihm: Heut« war ich bei Ihnen. Sie haben das so und so vorgenommen,
düü bat mir nicht gefallen; könnten Sie es nicht so machen? Der Wunsch
doch so gemeint « da&c^ jeder nnr in seine eigene Qnalificationstabelle
Einblick bekommt^ (Zustimmung.) Nun» das dttifte vielleicht bei den meisten
Anstalten schon der Fall sein. (Heiterkeit und Widersprach.) Von Seite
der Directoren wird g<^n die dflTentlichen Qoalificationslisten jedenfalls«
keine Einwendung erhoben werden. Uns ist es gewiss lieber, wenn die
Sache gesetzlich jjeregelt wird, als wenn wir es nur ans eigenem Willen
tbun. Die SuppK nteu bekommen ohnedies die öffentliche Qualification in-
folge des Zt'u^'nis.^e.s.
§ 10 ist aehr schön gemeint. Wenn der Suppleut das lield nicht be-
kommt, so soll der Director es aus der Gasse bezahlen. Er hat abtt keine
C^Mse (Heiterkeit), d. h. also, er soll es selbst besahlen. Wenn man dieser
Bestimmung Gesetieskralt gibt, so ist das sehr sch5n, aber man muss dann
dem Director auch eine Caase geben, (fleiterkeit.)
Der § 18 will mir nicht gefallen. «Die Annahme von Geschenken,
welche die Amtsthätigkeit einer Lehrperson beeinflussen können . ist un-
bedingt verboten." Da« würde ich perne gestrichen fehen. ^^'ir Ifi-tf-n ja
einen Kid; in diesem steht ja, dass wir uns in keiner Weise beeinUut>i»en
la8i>en werden. (Zustinimung.)
Der § 22 i«tt ebeut'ulls ^chön gedacht; ob wir ihn durchführen können,
weiG ieh nicht Der Director nimmt bei der Tertheilung der Ordinariate
ohnedies schon möglichst viel Rücksicht, dass der Betreffende thunlichst
um eine Stunde weniger bekommt Qesetslich wird sich das aber kaum
regeln lassen. Das ist doch eine Sache, die man der Verwaltang fiber^
lassen muss.
Im § 24 wird «ehr schön gejio^t. wie der Director sich gegen die
Professoren benehmen aiuss. Das Umgekehrte finde ich aber nicht ( Wider-
spruch), das« auch die ProfesHoren di«; Verpflichtung haKcn, (Umh Director
entgegenzukommen. Es wurde gestern gesagt, da.ss der Director eine ex-
oeptionelle Stellung einnehme und förmlich den Herrn der Anstalt bilde.
Das kann doch nur Toreinzelt vorkommen. Es heißt ja in den Weisungen
ausdrflcklich: primua inttr par$a. In der R^l wird sich der Durector
nicht auf das hohe Boss setsen. Es li^ ja nicht in seinem Interes-se, weil
man ihn ja auch chicanieren kann. Er kann einem Herrn einmal ein böses
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MiteeUeii.
301
Wort sagen , aber umgekehrt könneu die üerr«>n «>i ihm auch ordentlich
abttliieii. (Heit«rkeit.) leh Sprech« am Er&bruug. (Lebhafte Heiterkeit)
Darum mOMii Sie nicht glaobem, da« ea mir geichehea iet; ich war ja
andb doreh Ubugere Jahre Profenor. (Erneoerte lebhafte Heiterkeit.) Ein
▼emOnftiger Director wird also etwas Derartiges nicht thun.
Was das V. Hanptstflck v<m den Supplenten betrifft, welches fast ein
Drittel des Ganzen umf;wst. so will ich hoffen, daas die Supplenten-
geschichte überhauj)t bald (id acta <^legt wird, dn«s jeder Herr nach zwei
Jahren Professor wird , wenigstem provisorisch . m das« an Stelle dieser
▼ielen Paragraphen einer oder zwei vielleicht genügen werden.
Dir. Dr. Gustav Uergel: Auch ich finde, daas der Elntwurf viel zu
detailliert ausgearbeitet iit. Durch solche Detailbeetimmnnffen wQrden wir
uns noch mehr an die Kette binden, an die wir dinediee aohon dareh die
Übcunsahl von Vetordnangen gebunden sind. Ahgeeehen daion iet jedenfaUe
anzurathen, dass jeder Mittelachule ein solcher Entwurf übermittelt werde,
damit man sich darüber ausspreche. Da ist z. B. gerade in Betreff' der
Supplentpn ein Punkt ni'-hf *^rw;ihrit, der in der Provinz häufifj hervor-
gehoben wird. Wenn eine ^uppientur plötzlich frei wird, inuss der Director
den Snpplent^nstatufi hernehmen und dem Dienstalter nach anfragen. Er
fragt ueiui ersten an: vergeben; beim zweiten: vergeben; beim dritten:
nicht mehr zu haben. Da wfirde in die Dienetpragmatik betreff« der Sup-
plenten vor allem die Bettimmong hineingeboren, dam die Zuweisung von
Seite des Landenchulrathes erfolgt Der Landesschulrath weiß ja, wo Lehr-
krftfte nothwendig sind.
Ks ist schon wiederholt das Bedauern darüber ausgesprochen worden,
dass das Verhältnis zwischen Director nnd Professoren nicht mehr das
richtige ist, und doch finden wir hier wieder die üestimninns!;. da.HS der
Director genau darüber zu wachen halte, dass die zugestandene l'rlaubs-
zeit nicht überschritten wird. Ich denke, jeder Herr, der an einer ötient-
lichen Mittelschule wirkt, muss doch soviel Selbstbewusstsein und Ehr-
gefühl besitimi, dass er weiD, dass er den ihm gewährten Urlaub nicht
überschreitra darf.
Noch mehr ist mir der § 15 aufge&Uen. Wir haben in diesen drei
Tagen so schöne Vorträge über Psychologie u. dgl. gehOrt; vorhin ist be-
tont worden, dass der Bildungsgang der Professoren ein so intensiver ist,
und hier lesen wir einen Paragraph, der beinahe so lautet wie für Mittol-
schültn-: .Di»' Lehrpersonen haben alles zu vermeiden, was die Achtung
vor deui Stande u. ä. w." Ich denke, das wird doch jeder Lehrer selbst
thun; und weiter: „Ihren Vorgesetzten haben sie stets mit gebürender
Achtung zu begegnen." Das erinnert doch ganx an die Mittelsehfiler.
(Heiterkeit und Zustimmung.) Ich habe die Ehre, auch Leiter einer höheren
Töcbtersehnle su sein, und habe für diese Anstalt ein Oiganisationsstatut
anegearbeit^t dessm § 1 einfach lautet: „Die Schülerinnen der Anstalt
haben in jeder Beziehung innerhalb wie außerhalb der Schule den Anstand
ÄU wahren und die Ehre der Anstalt im Auge zu haben," und ich kann
sagen, das.s his jetzt nichts vorjjefallen int, was eine Erweiterung dieses
Paragraphen nothwendig gemacht hätte.
Ebenso würde ich den § 2ii nicht ganz gutheißen: „Nebenbeschäfti-
gungen, welche dem Anstände und der Würde eines Mittelschullehrers
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302
Miscellen.
widerttreiten ..." Ja, so weit darf nicli doch ein Mittelschullelirer selbst
nicbt verge«Mii.
§ 38 endlich würde in der TorH^nden Ve/mung jedenfalU sn manchen
Streitigkeiten Anloas geben. Wir wissen ja nicht, von welchen Bedingun<^en
die Wiederaoatellnng eines quiescierten Lehrers abhängig gemacht wird.
Auf Antrag eins Prof Duschinsky wird die D*>l>attp geschlossen.
Zum Worte gelantron noch die vorjioniorkten Redner Dir. Fetter, Prof.
Bechtel, Prof. Dörfler uml di-- Keteienten.
Dir. Fetter: Die auwesenden Directoren sind votii Herrn Landes-
Sckulinspector Laughan^ in der Weise apostrophiert worden, doHs er ge-
meint hat, sie wfirden sich, wenn sie gefragt wQrden, entschieden für die
offenen Qoalificationslisten aussprechen. Ich f&r meine Person bin fftr die
offenen QuaUfieaiionriisten nnd beantrage, dass die anwesenden Directoren,
wenn auch ohne Debatte, durch Handerheben erklären sollen, ob sie für
oder gegen die offenen Qualißcationslisten »ind. (Heiterkeit und Beifall.)
Vorsitzenderstell Vertreter Dr Swida bringt untor allgemeiner Heiter-
keit und Zustimmung den Antrag zur Abstimmung l>if Abstim in\int,' ilurch
Erhebtin drr Hände und die Gegenprobe ergeben, dasd silmmtliche an-
wesenden Directoren für die oft'enen Qualificationslisten sind. (Lebhafter
BeifoU und Händeklatschen.)
Prof. Bechtel: Die provisorisch angestellten Lehrer sind in dem
Entwürfe gam übergangen. Es mfisste entweder ein Paragraph lauten:
provisoriM lie Anstellung wird aufgehoben, oder das einzusetzende Comite
inu8s auch der provisorischen Lehrer gedenken, weil diese sonst den Sup-
ph-nten gegenüber in großen Nnchth^il kämen. Ikv.üt^lich der Supplonten
wird noiniiert, dass ihnen die Jahre der >upplentur eingerechnet werden,
oder minde^iten.s eine Anzahl derselben. Bei den provisorisch Angestellten
geschieht die^ bis jetzt nicht. Ich bitte also den Au&$chu8s, auch dieser
Lehrer zu gedenken.
Prof. Dörfler: Alle Herren Inspectoren, die das Wort ergriffen haben,
sowie die anwesenden Directoren haben sich jetst einstimmig dahin er-
klärt, dass die geheimen Qualificationsüsten aufgehoben werden sollen. Ich
würde mir daher den Vorschlageriaaben, die Herren liandes-Schulinspectoren
und Dirtetnren zu ersuchen, einen geeignet erscheinenden gemeinsamen
Schrit*^ 7111* Aufhebung der geheimen l^ualificationsli.sten zu unternehmen.
lieteieiit Prof Norbert Schwaiger (zum Schlussworte): Ich habe
auf die vorgebiachtea Einwendungen eigentlich nicht^4 zxi erwidern ; denn
wir haben ja nur allgemeine Gesichtspunkte vorgetragen, und gegen diese
wurde nichts eingewendet. Wir haben selbst den Wamungsmf erhoben,
die einzasetsende Commission mt^e ja nicht sa detaillierte Bestimmungen
machen, damit wir uns nicht selbst unnOthige Fesseln anlegen. Ich habe
auch gar keinen Auftrag, auf irgend einem der Punkte, die wir bei-
spielsweise aU Unterabtheilungen angeführt haben, besonders zu bestehen,
sondern nur den voi-hin von mir verle-^nnen Antrag aufrechtzuhalten.
Ich mache nur noch darauf aui nierk^a in , eine Differenz in <ler
Richluiig lie-teht. daR« die „T^ikowiner MitteLschuie" beantragt, es möge
eine Dienstpragmatik für alle .Mittelschulen geschaflen werden, die Wiener
dagegen: fClr die Gymnasien und Realschulen mit Ausschluss der fibrigen.
Correferent Prof. F. S. Daurer: Nach dem Ergebnisse der Debatte
üiyiiizeQ by GoOglc
MisceUen.
303
bin ich der Obwzeu^ung, das« die Herren der Majorität nach tteh wohl
voUatftndig meinem Antrage anschließen werden, dan n&mlich ein Comit^
mit der An^be betraut werde, ein ßlabor«t auf Qnind der Referate und
auf Grand der hier erfolgen Anre^nn^en auszuarbeiten. Es wirä dann
unsere Aufj*abe sein, ein derartiges Com ite zu berufen, und in dieser Rieh-
tung müssen Vorschlilge gemacht wordon. Ich ersuche rl aber das Präsidium,
viellpicht zu veranlassen, da*»«, talk mein letzter Antrag angenommen wird,
auch diw Cöiuitt- sotort jjHwiiliit werde.
Wir dachten ursprünglich auch daran, unsere Dien&tprugmatik für
■ftmmtliebe llittetsefaulen gelten au lassen, erinnerten uns aber, dass ine*
besondere an den Gewerbeschulen ein Terschiedenes Lehrermaterial sich
befindet, dass an den Lehrerbildungsanttalten auch Bttrgertchnllehrer th&tig
sind, für welche doch einzelne Forderungen beiflglichderQnalification u. 8. w.
keine Giltigkeit haben könnten. Wir mflaaen uns also wohl auf die Gjm-
nanen and Realschulen beschränken.
V^nrfitzpnderstollvortrot^^r Dir. Di. >:wida: Wir babf>n im w»'«i'nt liehen
über zwei verschiedene Antrüge abzustimmen: üVjit den kurzen Kotwurf
einer Dienstpragraatik, der von Prof. DürHer eingebracht wurde, und
über den Antrag der beiden Herren Referenten, der bis zu einem gewissen
Punkte ein gemeinsamer ist, und den ich mir dann in awei Theile, einen
gemeinsamen und einen auseinandergehenden xu theilen erlauben werde,
loh bringe also luerst den Antrag des Herrn Prof. DOrfler sur Abstim*
mung. Wenn di«^ Herren ihn noch im Gedächtnisse haben, und wenn keine
Einwendung erhoben wird, so bringe ich ihn ohne Verlesung zur Ab-
stimmun^j;. iZustimmuncr.) Ich ersuche jene Herren, welche mit dem An-
tras»e des Herrn Prof, Udrfier einveiiitanden sind, die üand zu erheben.
(Geschieht.) Er ist abgelehnt.
Die vereinigten Anträge der Herren Referenten laufen im we^eut-
lichen darauf hinaus (ich w«rde mich vielleicht der Form nach an den
detaUliertttren des Herrn Prof. D aurer anschließen):
„Bs ist ein vom VI. deutsch-Österreichischen MitteUchultage gewähltes
Comite mit der Aufgabe au betrauen, auf Grundlage der in der heutigen
Versammlung erstatteten Keferate und unter thunlichster Berücksichtigung
aller aus der heutigen Debatte sieh ergebenden Anregungen und Winke
ein»' l>ienstpragmatik auszuarbeiten , darauf in dem Vereinsorjynne .Ö.ster-
reichiselie Mittelschule* zu pul>li( ieren und nac h erzieltem Einverständnisse
der sechs deutschen Mittelschulvereine in Wien. Prag, Linz und Czeniowitz
der hohen Regierung mit der Bitte zu unterbreiten, dieselbe möge den
Entwurf als Gesetororlage im hohen Hause der Abgeordneten einbringen."
Ich ertncbe diejenigen Herren, welche mit dem Antrage in dieser
Form einverstanden sind, die Hand so erheben. (Geschieht) Ich bitte um
die Gegenprobe. (Nach einer Fauw:) Der Antrag ist mit fiberwiegender
Mehrheit angenommen.
Wa?: den zweiten Theil der fJeferentenanträg»' betrilft, so haben wir
eineu engereu Autr.i^', der «ich auf die Gymna^-ieii und Uealacbulen be-
schränkt, und einen wriiercii. *ler alle Mittelschulen umfasst.
Landejj-SchuiioHpector Dr. Huemer: Der Begrift' „Mittelschulen
existiert in unseren Verordnungen nicht; man niUsste ihn nach den ver-
schiedenen Anstalten specificieren.
üigitizuQ by GoOglc
Äliscelien.
Vorntaftndentellirertreter Dir. Dr. Swiila: leh «suche ftlao jene
Herren, welche für den wettexgehenden Antrag nnd, dass die Tbätigkeit
des Coniit^s und die auf Grund derseliieu zu nntemebmenden Schritte sieh
auf die Gymnasien, Kealschulon, Lehrer- und Lfihrerinnen-
bild nn p^sii n >it 1 1 ten, Ge w»^rbesch u len und Handelsschoieu erstrecke,
die Hand zu fi heben. (Geschielit.) Dit Antm«^ iJft abj»e lehnt.
Ich ersuche uuu diejenigen Herren, welche diU'ür 4»ind, da«« die Th&tig-
keit der Commission und die daran sich knüpfenden Schritte auf die
Gymnaeien und Bealachalen eich erstrecke, die Hand su erheben.
(Geschieht) Dieter Antrag ist angenommen.
Über die Frage der Znsammensetsong der Commission entq>innt sieh
hierauf eine kurze Debatte, nach welcher beschlossen wird, die Commisrion
ans den beiden Referenten. Prof. Schwaiger und Prof. Daurer, und den
Vorständen samnitlicht'r Mittplschnlverpine t\terreichs zu hild»>n, welche
dann im We^e der Cooptieruug andere Gruppen und Corporationen heran»
zuziehen hätten.
i><iuut eiKcheint dieser Gegenstand erledigt.
Yon der Verlesung der SeotionsbeschlAsse wird Umgang ge-
nommen und werden dieselben in der von den Sdbriftftthrem Torgelegten
Faaaang verifi eiert
Vorsitsenderstellvertreter Dir. Dr. Swida: Den nOchsten Punkt der
Tageäordnun«; Idldet die Bestimmung von Zeit und Ort des nächsten
Mittclschultages.
GeschaftsfithrfrstellvertretPr Prof Dr. Maiß: Im Namen des vor-
bereitenden Coraites erlaube ich mir. wieder eine dreijährige Pause zu
empfehlen, also die Abhaltung de» Vll. deutsch -österreichischen Mittcl-
schultages für das Jahr 1900 vorzuschlagen, und zwar wären dieselben
Tage wie heuer und die gleichen Modalitäten in Aussicht zu nehmen. Als
Ort schlagen wir Wien vor.
Prof. Korb. Schwaiger: Demgegenöber mifchte ich den Antiag
stellen , den nächsten Mitteischultas; nhon nach swm Jahren abauhalten.
(Zustimmung.) Es werden in zwei Jahren Fragen genug zu erledigen sein;
je größer das Intervall ist, desto uiohr erkaltet das Tntere?.«e für die Sache
Geschäftsfiihrerstellverti t'ter i^rof. l)r. MaiB: Diesem Antrage kann
ich mich natHrlich ohnewoters amchlieüeu ; es ist nur sehr erfreulich
für uns, weuu wir stehen, dms der Mittelschultag so vielem Interesse be-
gegnet
Vorsita^nderstellvertreter Dir. Dr. Swida: Es liegt also der Antrag
vor, den Vit. deutsch*dsterreichischen Hittelschultag an Ostern
1890 in Wien an den gleichen Tagen wie heaer abanh alten. Ich
ersuche jene Herren, die damit einverstanden sind, die Hand an erheben.
(Geschieht.) Angenommen.
Der letzte Punkt der Taf»esordnini<r lautet: Wahl des Geschäfts-
führers und der vorbereitenden < ' <> m miss i on.
Prof Dr. Ant. Polascliek: Die bisherige Geschäftsführung hat sich
in einer solchen Wei.se bewiihrt, dass wir unser Vertrauen in sie uiu
besten, wie ich glaube, dadurch tum Ausdrucke bringen, dass wir sie
per aeefamatümem wiederwählen und ihr angleich unseren Dank für
ihre Leistungen aussprechen. (Allseitige Zustimmung und Beifiill.)
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MtscoHen.
305
VoiöiUeuderstellvertretei' l>ir. Dr. Swida: Die allgemeine Ziwtiiuuiuüg
überhebt mich wohl der tauellea Abitimmiing. Die CMammion» begehend
ans dem Gewhftltenihrer Prof. F. Hoppe, denen StelWertreter Prof.
Dr. E. M ftiß, ferner aoi den Herren Dir. Dr. K. Reißettberfper (Biellts).
Dir. H. Horsk (Brünn), Dir. V. Fanstmann und Prof Dr. A. Polaschek
CCzenaowitz) , Dir. Dr. A. Steinwenter, Prof. Dr. E. Miirtinak, Prof.
Dr. F. Stan.lf.^st (Hraz), Prof. J. Wiillner (Laibach), l'rotl". K. Harta
und j. (iartniT (Linz , Dir. A. Stitz (Polal. Dir. l{e^ri*Mnn;?srath Dr. Hack-
spiel, Prof. G. Sjx-nfjler (Prat^), LHr F. Schimek (^luichow), Dir.
Dr. F. Swida Cl'ri*?stj. den Direktoren K. Klekler, L Lampel. F. Sla-
meczka, Dr. 0. Waniek, Regiemngarath K. Ziwaa und den Proff. F.
Ginsei, H. Hub er, W. Knobloch, Dr. G. Kraitsehek, Dr. F. No«,
G. Sehleffl, Dr. F. Woike, J. Zjeha (Wien), wird »Uo gebeten, ihr
Amt fttr den i^Lchtten Hittelichnltftg forttmetzen.
GeschäfUftihrerstellvertroter Prof. Dr. Maiß: Ich darf im Namen dee
erkrankten Herrn Geschäftsführers, de» Collegen Hoppe, die Erklärung
ahg-pbpn, da»? er die Arbeit wieder auf sich zn nehmen horoit iet. Was
meine Person betrifft, so will ich ihm nach Kräften wieder zur Seite stehen.
(Beifall.)
Landes -Schulinspector Dr. Langhans: Wir haben den beiden
Geachftfteföhrecn und den Herren dei Torbereitenden Görnitz soeben nnseren
Dank Toüert. Noch obliegt ans die Pfiicbt, dem Tcrehrten PrSoidiom des
MittelschQltages den Dank ausawprechen Ar seine firenndliche Nachsicht nnd
die erfolgreiche Führnii«^' dos Mittelschu Hages, der sich würdig den früheren
angereiht hat und auch künftigen zum Vorlnide werden wird. (Beifall.)
Vorsitzendfr Renfierun<rf»rath I*ir. Laiiil)t»r;^er: Mir obiic^'t es da-
gegen, den 'Tf''"brton Mitgliedern der Voisammiunj^, insbt'sondoio auch den
Vertretern der hohen ünterrichtHvnrwaltunj^ für ihr wirkun^svolle-i Kin-
greifen in die Debatte, anderseits auch den Herren Univeräität^proteBiioreQ
for ihre Aufklärungen, durch die sie die Dehatte zumtbeil geführt und ab-
gekfiist haben, vor allem auch dem Herrn GeschftftsfBhrer nnd GescbAfts*
ffibrersteUvertreter, die mit aufopfernder Thfttigkeit sieb den Geadiäften
gewidmet haben, endlich andi dem Hausherrn, Dir. Slameeska, der leider
verhindert war, den Verhandlungen selbst beizuwohnen, sowie seinem Stell*
Vertreter Herrn Prof. Scblegl den verbindlichsten Dank zu sagen!
Zum .Sch!ns:*A nns-erer Berathnnqi'pn orlanbc ich mir, die Herren auf-
zttlordorn, wie wir os .'^tets thun. »-in Hoch auszubringen nuf 8e. Majestät
den Kaiser von < )»lt;rreich Franz. losefL Kr lebe horiil hoch! hoch!
(Die Yersammiung, welche sich erhoben hat, bringt ein dreimaliges be-
geistertes Hoch aas.)
Hiemit erkiftre ich den VI. denfseb-Osterreiohischen Mittelschultag für
fpesehlossen.
(Schluss der Versammlung 12 Uhr 50 Hinuten.)
Der Nachmittaif war noch der Besichtigung einaelner Sehenswürdige
keiten gpwidmf»t.
Unter Führung des Prof. F. Danrer be<5ur'hten »'twa oÜ iheiluehmor
am Mitt<!ischultage das k, k. Hot'operaihcator, uui die großartigen
Einrichtungen dieses Praclitgebäudes kennen zu lernen.
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3U6
Miscellen.
Zuerst worden in Begleitung des LOscbmeisters die vier Etagen
(Ilm) tief unter die Bühne reichenden Versenk un^svonichtungen
in Augenschein ^ronotnmen. die tbeils bjdraulisoh. theils elektrodynamisch,
theils durch Hiindltetiieb in Bewegung gesetzt werden konnpn und
statten, binnen wfDi'^or Sfnnndon in "«t^ch-* ^Gn^ffn" t'oiiliss»^!! und Pensonen-
aufzüge aut die Bühne zu lieben oder unter diese in iri:f nd eine untere
Etage zu versenken. In der obersten dieser Etagen wurden Kessel gezeigt,
aus denen Dampf zur Nachahoiung von Kauch zu beliebigen Stellen der
Bflhne geleitet werden kann.
Drei Stookwerke Aber die BQlinenhöhe steigend gelangte man anf
den Sehnttrboden, von welchem ans Proepecte und Waadeldecorationen
dem Bedürfnisse entsprechend dirigiert und gewisse Beleuchtangseffecte
bewerkstelligt werden, wozu den Arbeit rn durch einen Sehnarrapparat,
das „Fro^^ch^ij^Tin!". odi-r durch grüne Lichter Weisungen ge«f(»hen wprden
Die hitr stationierte Feuerwache kann die Bühne im Notht'alle oiit
G7 Hyiirantt ii unter Wasser sel/ien.
Die Bühne selbst imponiert vor allem durch ihre Größe. Sie ist
50 m tief, vorne 28» rflekwlrta 38 m breii Neben dem eisern«! Vorhänge
ist eine Art Eaniel filr den tnspicienten, welcher mittelst ungefähr SO elektri«
•eher Taster Glocken-, Licht- und andere Sigmle geben kann. Daneben
sind die Wind- und Donnerapparate, welche leicht durch Ziehen an einem
Seile in Function gesetzt werden können.
Zu beiden Seiten der Bühne befinden sir Ii verhaltni^niärMcr rMnfach
ein<_r'*vi( lit<'te Garderoben: die Tenor- und Sn|aan>tMtr", wif di»' Kün>tier
sagen, liie Burg- und Stadt«eito nach der H' /.eit huung der Bühueoarbeiter,
die Prioj- und Secundseite uuch der Ausdruck^weise der Orchester mit^lieder-
Die Garderoben der hervorragenderen Tänzerinnen «ind im ersten Stocke,
im «weiten Stocke eine Hamengarderobe für das Obrige Gefolge Terpai-
chorens. £in riesiger Übungssaal fUr das Ballettcorps wurde im dritten
Stocke geieigt.
Der Löschnieister geleitete die Gesellschaft auch in die Costüme-
depots. Wieviel Flitter und Blendwerkl Und nichtsdestoweniger beträgt
der Wert der vorratliip^en Damentoiletten üImm- zwei Millionen '^'il'ien.
Sehr intero'^sant wa: dii' Wa i tt-nkammer, die nicht nur aut hrliein nud
Täuschung bere( lin< te, sondern auch viele echte RüstunsT'siiii ke aufweist,
deren Instandhaltung unausgesetzte Lberwachung und Arbeit beansprucht.
Nachdem noch die iÜr den Allerh(^chsten Hof reservierten
Räume f das Büffet, das Fojer und einige Logen in Augenschein ge-
nommen wcniden waren» verließ die Gesellschaft nach mehr als einstündigem
Aufenthalte hochbefriedigt vom Gesehenen den Zauberpalast.
Inzwi-ehen hatte ein anderer Theil der Theilni linier unt»^r Führung
Prot. l»r. F. Mai(> den Besuch der Mu><ter«sniiinilungen physikalifeher
und eheuiischrr Leluniittel der Firmen Lenoir und Forster. l»eziehungs-
wei^i' W. J. Kohrbecks 2sathtolger unternommen. Durch diese Samm-
lungen, welche auf Anregung de^ „Wiener Vereines sur Förderung
des physikalischen und chemischen Unterrichtes" aufgestellt
worden sind und namentlich den Collegen in der Provins es erroCglichen
sollen, gelegentlich einer Anwesenheit in Wien aber eventuelle Anschaf-
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Miäcelleu.
307
fbngeti l&r ihre Gabiuette sich leichter zu orientieren^ wurden die Besucher
von den Finnencbefä Herrn Hlawatschek, beziehungsweise Herrn Ober>
niay er geleitet, und mit eini'^pn neueren Appnniten wurden Vt r^nclie vor-
geführt, so mit den neuen Beloiahtiinji^aytparaten für Azetylen, mit liönt^^en-
ttnd Tcäla-Apparaten. mag den Herren hier der gebärende Dank gesagt
werden.
Um 4 Uhr fand sich eine größere Anzahl Theilnehmer am Bdittelschul'
tage bei der k. k. Telephonoentrale ein, um die intereuante Anlage einer
genaueren Besichtigung zu unteraiehen. Herr Dir. KrÖsswang hatte den
Besuch gestattet und mehrere seiner Herren Beamten behufs Erklärung der
Details den einzelnen Gruppen iler Besucher zugeordnet. Nicht nur die
äußerst sinnreiche Einrichtung der zahlreichen Signal-, Schalt-, Sprech- und
Hörapparate, die Übersicht liehe Anordnung der Zu- und Ableitungen mit
ihren Schutzvorrichtungen f^e^'fu BliU und Starkstrom, auch die prompte
Altwicklujig des Belnebes in die.ser für 10.000 'liieilnelnuer eingeri< ht*'tfn
Centrale erregte das lebhafteste IntereüJie der Betiucher. Dem genannten
Herrn Director, wie seinen freundliehen Al^geordneten wurde der Dank
der Besucher durch Prof. Dr. Maiß auegesprochen.
Von hier gieng*s in die Centrale der allgemeinen Elekiricitätsgcsell-
X halY fll . Obere Donaustraße 23). Von hier wird ein großer Theil von
Wien mit elektrischem Lichte versehen, von hier kommt der Strom, der
die flektriB« he Bahn l'raterstern — Mariahilf treibt. Der rJiicrioi der Centrale,
Herr Ingenieur .1. Kolbe, hatte die I.iehenswürdigkeit, die Ki lauterungen
der großarti«j;en Kessel-, Aliischinen- und Accumulatoienanlage selbst zu
geben. Seinen äußei-st anschaulichen Darlegungen verdankeu die Besucher
nicht nur einen Einbück in die technischen Details der Anlage, iitondem
auch manchen Blick in die Geheimnisse des Betriebes und seiner Ökonomie.
Es mag ihm hier nochmals der beste Dank fQr seine anstrengende Führung
abgestattet werden.
Den Schluss bildete die BeÄichtii,'uni,' eines Motorwagen?» der elektrischen
Tramway in den Praterremisen. Ist die Einrichtung eines solchen Betriebs^
mittels an t>ich srlion intere>*sant, to gewann die Kxcursion ans Ende des
Pratprs norli datlurch, daas ein kurz vorher durch unvorsichtiges Gebaren
untauglich j^ewordener Meehanismus in der Werkstütte lag, an dem die
koloesale zerstörende Wirkung des gewaltigen elektrischen Stromes er-
sehen werden konnte, üX\m sie der Mensch nicht genug „bezähmt, be-
wacht".
Dienstag hatten einige Theilnehmer des Mittelschultages die Urania*
Vorstellung im deutschen Volkstheater besucht, wo „Ein Au.sflug nach dem
Monde" gegebf>n wurde. Die Urania-Gesellschaft hatte su dieser Vorstellung
eine 20 «ff ige Prei.-,ermlißigung zugestanden.
Von vi«leu wurde endlich die JaliresausHtellung im Kün-t ler-
hause besucht, die den iheilnehmern dejä MitteUchultages wieder unent-
geltlich zugänglich war.
Es riemt sich hier noch, der Urania -Gesellschaft, wie der löblichen
Gesellschaft bildender Kfinstler für das Entgegenkommen den Dank aus-
xosprechen.
ijiyiiizca by GoOglc
308
Miscellen.
Entwurf eines Lehrplanes für den Turn-
unterricht an den Gymnasien und Real-
schulen, sowie an ähnliehen Lehranstalten
Österreiehs.
Von WUh^ Buley, Lmlwlg Glas, J. KroBauer, Jaro Pawel una
Karl Vogt.
Du BedUrfnii einer Refonn «ftmmtlicher Tnrnlelirplftne Otterreicht
bestand schon jahrelang und war in vielen Sitzungen der Otterreichi«eheil
Tiinilehrer!!chaft Gegenstand eingehender Berathung. Aber erst im Jahre 1898
gewannen alle iliese Reform bestrebnnfjon greifbare Gestalt, als im Juli dieses
Jahres bei der X. Hauptversiiinmlun<; des Vereines österreichischer Turn-
lehrer ein eigener Ausschu^s beiiuttru^'t wurHe. die Lehrplane der Volks-
und Bürgerschulen UsterreicLs einer Reform zu unterziehen und den bezüg-
liohen Entwurf der nächsten Vollversammlung des Vereines vorzulegen. Zum
fieferenten wurde Tomlehrer Bul^ in Lim hettimmt. Die Bemthung über
diesen Entwurf wurde bei der m Ottern 1694 in Wien abgehaltenen
XL Hanptveraammlnnfp det Vereinet wegen Zeitmangelt vertag! Die XII.
in dietem Jahre abgehaltene Versammlung nahm dann den Entwurf mit
einigen Abänderungen an und fasste zugleich den Heschluss, ihn dem hohen
Ministerium für Cultus und Unterricht mit der Bitte zu unterbreiten, bei
Abfa!?f?nn<^ neuer Lehrpläne hierauf Kücksicht zu nehmen. In derselben
Veifsumnilung wurde bejichlos^en, auch an die Andernns» der anderen Turn-
lehrpläne zu schreiten, so zunächst an die der Mittelnchulen. Die Aus-
arbeitui^ wnrde den Mitgliedern det TorlMrigen Lehrplanaanehoatei Bulej,
Glas und Vogt und den nachgewfthlten Mitgliedern Pftwel und Kronauer
flberwiesen. Der Austchuat hielt nun im November 1896 eine Siisong in
Linz ab, in welcher der unten folgende Lehrplan endgiltig fettgettellt
wurde. Der Entwurf selbtt setgt dem bettehenden Lehrplane gegenüber
eine Reihe Abiinderungen, von denen die wesentlichsten hier kurs erw&hnt
und begründet werden -^onen.
Im allgeuicinen wurden alle Übungen, widehe für euie i^eiiiein-
same Bethätigung der Schule ujinderwertig oder aUzusehwer oder gar zu
gefährlich erschienen, einfach weggelassen. Aus diesen Gründen wurden
auch einzelne Geräthe ganz gestrichen, wie das lange Schwungseil, der
Rundlanf und das Sturmspringen.
loi besondern ergeben sich folgende wichtigere Ab&nderungsfftUe.
Vor allem wurden die Ordnungsübungen bei aller Erkenntnis der hohen
Wichtigkeit, die man ihnen mit Recht beizulegen pflogt, zugute der Frei-
iibnnjt^ii. wo der l>el;tstnni^ der .\rme mehr Rechnung getra<:;en wurde,
um ein bedeutendes beschränkt. Bei den Freiübungen wurde im l>e8ondern
die Mannis^faltii^keit der Verbindiingen mehr angezogen. Üaiür entfielen
hier die uiinderwertigen Schrittarten. Der Lehrstoff der tbungen an den
schrägen und senkrechten Leitern wurde entsprechend auf alle Claiten
vertheilt. Dafttr spricht die praktische Bedeutung det Geiftths. Der Liege-
stütz als Freiübungsart entfiel und fand dagegen an den ihm entsprechen-
deren Ger&then häufigere Verwendung. Der Gebrauch des Schwebe-
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Miscelien.
309
banmes worde nur auf die CnterelaMen beoehrftnkt, dafür wurde da»
Pferdspringen um eine Claase vori^rückt. Hieher wurde auch aus sach-
lichen Gnlnden eine Reihe von Übungen verwiesen, welche im Uestehen-
don T."hr]<l;nio crhon höhn Bockspringen angeführt smd. Ans denselben
Gründen wurde auch dem Barren- und Keckspr i nj^en eine größere
Aufmerkiiamkeit geschenkt Dagegen entüelen auch hier meluere minder
wichtige Cbungsformtn , wie die des Unterarmstützes. Das Bin^^^en
wurde mit Rfickiieht auf die Gefährlichkeit der Übung an sich und mit
BetUK auf den Vnutand, al» im TaruMuUe hieiu keine entsprechende Boden«
Üftcbe Torhanden ist, gans geitrichen. Dafür wurden die Spiele um ein
weientiichce Termehrt und hiebet auf den Betrieb der Ballspiele nament^
tiches Augenmerk gelenkt.
SchlieC>lich wurden auch aus inneren GrQnden in der Wahl und der
FoliT.' der Übungen bei ^mhezu allen GerSthen Abänderungen getroffen,
deren Anzahl aus einem öorgtiamen Vergleiche der Lebrpläne sich leicht
feststellen lässt.
Tnnlehrplaii fttr Gymnasien. Renlsehulfln und ilmUfflie tiehr-
anstalten.
Ziel: Allseitige und eben mftßige Xrftftigung des Kfirpers, Befestigung
der Gesundheit, geistige Geweektheit und Frische, finiehnng tn bewusster,
wUlensbeherrschter Bewegung, m Gewandtheit, Mutb, Ausdauer und Ord-
nungssinn.
I. Clause
Ordnungsübungen: DuicLl»il<ien der .Stirn- nnd Flnnkenreihe
iRichten, Auflüben, Wiedei herstellen). Umbilden der iiiirn- zur Fluukeu-
reihe und umgekehrt Bildung einer 3— 4gliedrigeu Stule durch Neben*
reihen der Flankenreihen. Ziehen der Flankenreihe und der Sftule auf ver*
schiedenen Ganglinien im Takte und mit Gleichtritt. 1/4 und V« Windung
der Flankenreihe.
Freiübungen: Drehen und Beugen des Kopfes; Heben, Drehen,
Schwingen. Stoßen und Schnellen der Arme; Spreizen, Knif- und Forsen-
hoben; Vor- und Seitbeugen des Rtinipfc<. Schritt-, Grätsch- und Hock-
stellung:?. Arm-, Rumpf- und Heinthätigkeiten, sowie Stellungen im Wechsel
rechts und links. Gehen mit Armthätigkeiten. Knieheb-, Spreiz- und Schlag-
gang. Nachstellgang. Galoppgehen und Schrittwechselgang. HUpfen an und
von Ort auf beiden FQßen. Laufen im Takte. Dauerlauf bis 8 Minuten.
1/4 und Vs Drehung im Stehen.
Freispringen: Sprung rechts (links) mit 3 Schritten Angehen.
Sprung aus dem Stande auf beiden Füßen.
Schwebebaum: Ansteigen, Absteigen, Abspringen. Gehen vor-,
ruck- und seitwiirts. Sämmtlicbe Übungen nur bei niedri{::jer Stellung des
Schwebebnnmes 1 ( iberfiiuiie 25 cm über dem Boden) erst mit Fassung, dann
ohne Fasi^ung der Hände.
Wagrechte Leiter: Streckhang mit Rist-, Speicli- und Zwiegriff
ohne und mit Beintbätigkeiten und Beinhalten. Hangeln mit Nacbgreifen
mit Rist*, Speieh- und Zwiegriff.
Schrftge Leiter (obere Seite): Steigen vorlings q^it Kachtritt und
Übertritt gleich- und ungleichseitig.
„Oaterr. MlMebcbnle". XI. Jahi«. 31
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310
TiOthro( ht«^ Leiter: Steigen vorlings mit Nacbtritt und Übertritt
gleich- und ungleichseitig.
Klettergerüst: KletterschliK«». Klottorversuche an einer Stanafo.
HangHtand vorlings an zwei Stangen, aucii in Verbindung luit Üein-
thätigkeiten.
Barren: StreekiUttB in Verbindong mit Beinth&tlgkeiten. Innentiti-
wecluei hinter der Hand; InnenritsweehMl mit Fortbewegen rOckwilrti.
Oberdr^en rttckwftrts ans dem Stande in Liegebftnge Torling* nnd in
den Stand.
Spiele: Gärtnor und Dieb; KussisoMaufen;*) Katse nnd Maut; Kreifl-
lanfen (Ringschlagen); B'angbaU^ Wander ball.
II. Classe,
Ordnungsübungen: Ganze Windung der Flankenreihe. Windungen
im Wechsel im Gehen und Laufen. Beihungen erster Ordnung ohne Kreisen
und Ausweichen. Staffelaufttellnng.
Freiübungen: Rttekbeagen des Hnmpfes. Bumpfdrehen. Armkreisen,
Armhancn; Beinachwingen, Bt^nspreiien. Beiastoßen. Zwei vei^chiedene
Tbfttigkeit^n nacheinander in 4 Zeiten Zwei verschiedene Thätigkeiten
gleichzeitig. Wechsel von Gangarten. Hüpfen a) in verschiedenen Stelhingen,
h> in vei-«ichiedenp Stallungen, c) in Verbindung mit einer einfachen
Thätigkeit des Leibes, d) mit ' i nnd Drehung, e) auf einem Fube.
Laufen mit r,Ioichtritt, Dauerlauf bis 4 Minuten, ^j^ und Vi Drehungen
im Gehen an und von Ort.
S tabu bun gen: Wagrechte, »chrl^ und lothrecfate Stabhaltungen.
Freispringen: Sprung rechte (links) mit Anlaufen za mäßiger Weite
nnd Höbe.
Schwebebaam: Gehen mit Armhalten; Spreis-« Enieheb- und
Fersenhebgang.
ß<>( k: Vorübungen und Sprung über den hfift- bis brusthoch ge-
stellten Hock,
Wagreehtc Leiter: Strei khan^ mit Ell-, Kamm- nnd Zwiegriff in
Verbindung mit lieinthätigkeiten und Beinhalten. Hangeln uul Ri.st-, Speich-
und Zwiegriif in Verbindung mit Beinhalten. Hangeln mit Ellgritf mit
Nfichgreifen. Beugehang mit Abstoßen vom Boden mit Kamm-, Speich*
und KistgrifF.
Schräge Leiter: Steigen auf der oberen Seite Torlings mit gleich-
zeitigem Weitorgrcifen beider Hände, Streckhiing an der unteren Seite in
Verbindung mit Beinthätigkeiten.
Lothrochte Leiter: Steirren vorlinfj«! mit jjletchzeitii^oni Weiter-
greifen beider Hände. Han;^' rüokhn^;-! in Verl>indung ujit Pciuthütigkeiten.
Klettergerüst: Klettern an einer Stange. Kletteiächlusswechriel an
einer und zwei Stangen. Streckhang an zwei Stangen und Verbindung
mit Beinthätigkeiten und BeinhaUeo. Kletterschtnss und Kletterrersuche
um Tau.
Beck: Hangliegen Torlings (Stange schulterhoch). Querli^hang
vorlings. Unter- und Oberarmhang vorlings. Sprung in den Seitstüts.
*) Div mit * bezeichneten Hpivle eJgn<>n sich weniger fQr den Turnmiat.
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MjpscelleD.
311
Schankalriiiffe (•chvlter* bia kopfhoeb): Hangstand; Kreivschwingoit
im Hangtlude. Überdiwheii m dem Stande in Ueffebftnge vorÜDg» nnd
in den Stand. Durchächaukeln aus dem Stande In den Stand. Scbankalti
(JUnge reichhocb) im Streckhaoge mit Abstoßen.
Barren: Keit- und Außenf|nersitz vor der Hand im Wechsel ä) aus
dem Stande in den Sih'., b) ans dem Stütz in den Sitz, c) aus dem Sitz in
den Sitz. Innensitzwecbsel mit Fortbewegen rückwärts. Stüta&eln im Streck-
ütüt^ mit Bcinhuiteo.
Spiele: Der Plampsack geht um; *Der schwarze Mann-, "^tuch» au«
dem Locbe; Zielball; KOnigtball; *Bftreneebiagen ; andere orteflblicbe
Bewegnngaaptele.
III. Classe.
Ordnungsübungen: Schwenk*^n der Stimreihe rechts (linke) um
den rechten (linken) Führer. Offnen der Beibe nach Scbrittlftngen, auch
ans der Mitte.
Kreiübuniren: Auslage-stellun^, Ausfall. Zwei verschiedene Thiiiit!"-
keiten in Verbindun$f dnnh Kirnchaltunf? in 1 Zeiten. Gleichzeitige Aus-
fObrung von je zwei Thäiigkeiten durch Aneinanderreihung in 4 Zeiten.
Wechsel von Gang- und Laufarten. Daoerlanf bis 6 Ißnaten.
Hantelflbnngen (mit 1kg schweren Haaiebs): Siehe Freiübnngen.
StabObnngen: Zwei versdiiedene Stabhaltungen Terbonden durch
Aneinanderreihung in 4 Zeiten. Gleichzeitige Verbindung einer Stabhaltung
mit einer Tbfttigkeit des Leibes in 2 Zeiten.
Freispringen: Steif^mnf^ d»n- Höhe und Weite.
Schwebeball m : Knif^ viir-j-ang; Beinsohweulllgang.
Bock: Zu ii<>berem ilain- loru^thoehV
Wagrechte Leiter: Hangcia iui ^uerhange mit Ri^t-, EU- und
Zwiegriff mit Übergreifen ohne und mit Beinhalten. Hangeln mit Kamm-
griff nnd Naehgreifen. Beugehang in Verbindung mit Beintbäligkciten.
Armwippen ans Beaghalten. Qriffwechaeln mit V« Armdrehung. Hang-
wechsel ans dem Seit« in den (^uerhang nnd umgekehrt.
Schräge Leiter: Auf der oberen Seite Steigen rücklings. An der
unteren Seite Steigen vorlin^. Hen^ohang in Verbindung mit Beinth&tig»
keiten und Beinli.iiten. (^ritlwechHeln mit '.'j .\rn-idrehnng.
Lot Ii rechte Leiter: IIüpf'>>teivren. Steigen rficklinj;?».
Kl etterperü.'jt : Klettern an einer Stange mit Klftter-^eliluHswechseL
Klettern mit Kletterte Ii lua«« an einer Stange und Grit! an zwei Stangen,
auch mit Kletterschiuääwechsel an derselben Stange und von einer Stange
cur anderen. Wanderklettem. Beugehang an swei Stangen in Vorbindung
mit Beinthfttigkeiten und Beinhalten. Klettern am Tau.
Reck (sohulterhoch): StQtseln im StreckstSta. Drehen ans dem Stftts
in den Quer- und Seitsitz. PVIgabiKrhwung vorwttrts. Überdrehen in den
Sturshang vorlings und Seitliegehang vorlings aus dem Stande. Heck
(sprunghoch): Hang an der linken nnd rechten Hand im Wechsel; Hang*
Wechsel ans dem SeithanL'-' zu demselben.
Schaukel rin;j:e '-chultcr- bis kopflioeh): Überdrehen in den Grätsch-
ücbwebehang und in da-s Nest. Schwingen und Schaukeln im Oberturm-,
Unterarm- und Beugehange mit Abstoßen. Kreisschwingen der Beine im
Hand', Ober« und ünterarmbange.
21*
Digrtizeo Ly <jOOgIe
312
Misceüen.
Barren: Reit-, Orfttach- und AoGenquerritsweclue] mit Fortbewegen
rOckwftrts. Wende und Kehre am dem Streckatütt. überdrehen ans dem
Stande mit Zwie- und Ellgriff.
Spiele: Drittenabschlagen (drei Mann hoch); Kreisfußbail ; Rette
«ich, wer kann; Tauziehen; * Hinkkampf: Henne und Geier; Jfoppen und
Fangen; Stehball; andere ortsi'ibliche Bewegua^pieie.
IV. C lasse.
Ordnungsübungen: Verbindungen von Reihungen, Schwenkungen
and Drebongen. Schwenken der Sftnle. AnftQge.
Freiflbungcn: Gleichseitige Anefttbrnng von je swei verschiedenen
dnreh Einecbaltong verbundenen Thätigkeiten in 4 Zeiten. Danerlaof bie
8 Hinnten.
Hantelübungen: Siehe Freiübungen.
Eisenst abfi hnn *:^en : Zwei verdchiedeno Stabhaltungen verbnndfn
durch AnoinaudeniMliuiif? in i Zt-iten. Gleichzeitige Verbindung einer ätaü-
haltnng mit einer Th;iti«^k<;it dt'-^ Leibes in 2 Zeiten.
Freispiiugen: Durchbildung des Hoch- untl Weitspiunge».
Scbwebebanm: Geben mit Drehungen.
Bock: Hochflpmng bic znr ScbnlterhObe.
Pferd (breit): Spreimnlntsen. Flankenachwnng in den Seitriti außer-
halb der Pauschen. Affenbocke. Hocke.
Wagrechte Leiter: Hangeln mit Seitschwingen. Hangsncken an
nnd von Ort mit Rist/- und SpeichgritT an den Holmen. Giifrwech'»eln mit
Va Armdrehung. Armwippen (Ellgriff aiugeschlocwen). Drehbangeln an
den Sprw<>«n.
Schräge Leiter (an der unteren Seite): Haugelu auf- und abwärt^
mit Speich-, Zwie- und Ristgriff mit Nachgreifen. Griffwechseln bis
sar Vs Armdrehung. Anf der oberen Seite: Steigen mit Griff nnr
einer Hand.
Lothrechte Leiter: Hangeln abwSrtt mit Aalegen der F&ße bei
gegrätschten Beinen mit Rist-, Speich- und Zwiegriff.
Klettergerüst: Hangeln im Streckhänge an Ort, auch aufwärt««,
nicht übrr Loi},,^^!,,")!!^, mit Nachgreifm. Klettern an einer Stange mit
Weitergreil cn beider Hände ^^leiehzeiti^' Spannklettern.
Reck (kopfhoch;: Durebhoekt-n aus dem Stande. Felgaulsciiwung vor-
lings au8 dem 8t;inde; Welluufdchwuug vorwürts. Felge voilingä rückwärta.
Drehbangeln (Stange sprunghoch).
Schaukelringe: Schaukeln mit Abetoßen nnd Vt Drehung um die
Lftagmcbae beim Vwaehwnnge. Seitstreeken eine» Armes im Beugebange.
Hangarmwtppen. Schaukeln im Beugehange ohne Abstoßen. Überdrehen
rfidc* und vorwärts aus dem Stande in den Stand.
Barren: I?ei{-. Giatscli- und Außenquersitz vor und hinter den Händen
im Wechsel. Scbwins^en im Streckstiitz in Verbindunj* mit Beinhalten und
Beinthätigkeitcn. Keine und Wende au« den Sitzarten. Liegeatuta vorlings,
auch Stützein und Stütidhüpfen darin, köpf- und ftißwiutN
Spiele: Kreisball; 'Treib- oder .Sauball; Tburuibali ; Jagdball{Wander-
ball mit Überholen); *Barlanfen: *Grensbalh *Deut8cbe» Ballsinel; Ziehen;
Schieben; andere orisfibliche Bewegnngmpiele.
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Miieellen.
313
T. CUsie.
OrdnnngtflbuBgeii; Als Au&tellnngsbehelf ftlr Fkm-, Hantel- nad
Stababungen.
Freifi billigen: Verbindnngen der Thfttigkeiteii des Leibes, Hfipf-
nnd Dreharten bis 6 Zeiten. Dauerlauf bis 10 Minuten.
Hantelübungen: Siehe Freiübungen.
Eisenstiibü l'H ngen: Ausfährung von zwei verschiedenen durch
Einschaltung verburnlenen Stabhaltungen ^^loichzeitifTf mit zwei durch Ein-
schaltung verbundenen Leibesthätigkeiten iu 4Zeiteu. Stabätoüen ; ätabhauen.
Freispringen: Sprung rechts (links), hoch, weit. Laufspnmg.
Bock: Mit nllmUilicb abgerflektem Brette.
Pferd a) breit: WoUipnuig. Ao^riteoben in den Grätedietaad.
Flankenefthwnng in den Seiteits swiaeben den Faueehen. Flanke. Scbranben-
auf^it/en. Schere beim Kück- und Vorschwnnge. Spmng in den Scit^tuts
mit Übenpreiien (Einspreiien) o) von außen nach vom, h) Ton innen
nach vorn.
b) lanf?; Sjnung iu «leti Reit-, Qaer- und Seitsitz, Seitatilts vorÜogs.
Kehrauiäitzea aU Fechtsprung. Aulknicn und Anthocken.
Wagrechte Leiter: Hangeln mit Armkreisen. Uangzucken (nur
mit Fassung der Holme) in Verbindung mit Beinbalten.
Schräge Leiter (an der unteren Seite): Hangeln vorlings mit Über-
greifen, rflcklings mit Nacbgreifen. An der oberen ^eite: LiegettQtieln ao^
nnd abwärta mit Nadigreifen.
Lothrecbte Leiter: Hangzucken abwftrte mit Speichgriff.
Klettergerüst: Klettern, Griff an zwei Stangen und Kletterschluss
an einer Stanpfe mit Weitergreifen beider Hflnde ^^1 eichzeitig. Hangeln
mit gestreckten Amu n und Beinbalten, auch am Klettertau.
Reck fsprun^jbocli): Sehwin<^en im Streckban^'e. Hangwechsel aus
dt^ui Hand- in den ünteraroihaug. Duicli bocken rückwärU. Am reich-
hoben Beek: Sebwebebang; Felganlichvung. Leicbte Wellen (Kniewellen)
rfickwftrtai
Sebankelringe: Schaukeln im Handhange und Niodenpringen am
Ende dee Bficksehwunges (Hangschaukelsprung rückwärts). Schaukeln im
Beugebange ohne Abstoßen in Verbindung mit Beinthätigkeiten. Über-
drehen vorwärts ans dem Hange rfickünga. Schaukeln mit Armwippen und
mit Abstoßen.
Barren: Reit- und Außenquersitzwechsei hinter der Hand aus dem
Sitz in den Sitz, btützeln von Ort mit Schwung. Rolle vorwärtii iui
Unterarmhange, überdrehen rückwärts aus dem Stande in den Gr&tacbidtk
Als sogenannter Hintersprung mit Ben&tsung eines Sproi^brettes: Sprung
in den Qnerstüta mit Anlaufbn mit Steigerung der Entfernung des Stüti-
Punktes im Barren mit aageUngtem SitMn, Kehre nnd Wende.
Spiele: Ziehen ; Schieben ; Veiierball ; Das Ballonspiel ; *Holhuid nnd
Seeland; andere ortsttbUehe Bewegungsipiele.
VL U lasse.
Ordnungsabungeo: Wie in der V. Glatte.
. Freinbungen: Ersehwemng der Thfttigkeiten des Leibes, Hflpf- und
Dreharten bit 6 Zeiten. Dauerlauf bis \% Minnten.
üiyiiizea by GoOgle
314
Mitcellen.
Haute lub untren (mitlV«^.9 schweren Hantein): Siehe Freiübungen.
Eisenstabübun^en: Verbindung ron Stabhaltungcn, Stabstoßen,
Stabhauen mit Thatigkeiten dc^ Leibes, Hüpf- und Dreharten bis ö Zeiten.
Freispringeu: Sprung rechts (links), hoch, weit, auch über zwei
Schnüre mit allmählicher Steigerung der Höhe und des Abstand^.
Bock: Hoch, weit.
Pferd a) breit: Kehre. Hock^ Wolfipronfp und Kehre mit und
V« Drehung. Wende. Kreivpreiien eines Beines a) von anßen nach vom,
b) von innen nach vom. Tor- nnd RQckadhwingen eines Beinee und
Spretsaufsit^n
b) lang (ohne Pauschen): Katzensprung und Abgrätschen. Kehre and
Fianke als Fechtsprung. Schere beim H'u k- und Vorschwuntre.
Waj^rechte Leiter: Drehhan<^ein tnit Rist- nnd Kauimgiitl. Hangein
im F^eugehunge. Hangzucken im Beugehange an den Holmen mit leichten
Grittarteu.
SchrKge Leiter (anf der oberen Seite): Stfitzeln auf- und ab-
wärts im Liegeftnti mit Obeigieifen. An der nnteren Seite: Hangeln im
Beogehange.
Lothrechte Leiter: Hangeln auf- und abwArts mit Nachgreifen
mit Anlegen der Füße bei gegrätschten Beinen.
Klettei «rerüiit: Hangeln aaf- und abwärts im Beugehange. Auch
Klettern am Tau.
Reck (kopfhochj: Schwingen im rntt^r- und Oherai inhange vor- und
rücklings. Speiche. Armwippen im Mutz vuiiings. .Sprung in den Stütz
(Stange broethoch) und Überspreisen (Einspreizen) einai Beines a) von außen
nach vom; b) Ton innen nach Tom. Hangwechael (Stange apronghoeh) an«
dem Hand- in den Oberarmhang.
Schaukelringe: Schaukeln mit Armwippen ohne Abstoßen. Ober-
drehen rück' nnd vorwftrts aus dem Beugehange in den Beugehang. Durch-
schlagen Pinea Beines ans dem Schwebehange gleich- und ungleichseitijr.
Barren: .Armwippen im Stutz. Schwin£jen im Stütz mit Armwippen
a) am Ende de« Vorschwunj^es, ?>} am Ende dea Uüekt»chwunges. Über-
drehen in den Oberarmschwebehang. Holle rückwärts aus dem Grätschsitz
in den Grätschsitz. Atis dem Querstande vorlings am Ende des Barrens
Einspreisen fiber einen Holm a) von anßen nach vorn, 6) von innw nach
vom. Kehre nnd Wende ans dem Stüts mit V4 Vs Drehungen. Von
der Seite mit AnUnfen: Yor&bungen nnd Wende fiber den Barren.
Spiele: /! Ii n; Schieben; Heben-, Tragen; Hascheball; •Schlender-
ball; * Thorball i andere ortefibliche Bewcgnugaspiele.
VII Classe.
Ord nun<?s[i bviugen: Als Aul'stellongsbehelf für die Frei-« Hantel-
und Eisenstabübun^j^en.
Freiübungen: Veibinduugen der Thätigkeiten des Leibes. Stellungen,
Httpf- und Dreharten bis 8 Zeiten. Dauerteof bis Ii Minuten.
Hantelübungen (mit 91^ schweren Hanteln): Siehe Frdflbungen.
Eisenstabfibungen: Erschwerte Verbindungen der Stabhaitnngen,
des Stabetoßens. des Stabhauens mit Thfttigkeiten des Leibes. HQpf- nnd
Dreharten bis 6 Zeiten.
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MMcellen.
Fr ei ap ringen: SpruDj^ rechte (lui^) mit Anlaofen dardi swei eng
smammeiigeitellte Freispringet ah Hoeh- und Wettepmng.
Book: 8|irattg Aber den Bock und fiber «ne Toigespnnnte Schnur
(zwischen Bock und Miedersprungsorte) mit allm&blicher Steigerung der
HAhe (Schnur nicht ilber Bockhöhe) und Entfernung der Schnur.
Pferd a) breit: Wende mit ' j und Drehung vor dem Xitdt^r-
•prungf. Vor- und Ruckschwinpen eines Beines und Kehr-, f'hinken-
und Wenüeschwung in den 8it^ Vor- und Ktick8chwiu»{eu eines Heine«
nnd Hocke, WoLfsprnng, Kehre, Fianke und Wende. Schere beim Seit-
schwänge,
b) lang (ohne Paotehen): Sprang in den Reitoite anf dem Balie;
Spretie. Aufhocken und Kataeneprang in den Hockrtand auf dem Sattel.
Mit Paotehen Sprung in den S^titOti mit StQti auf den Pauschen und
leichte GeechirQnge.
Wagr e chte Leiter: Hangsncken Ton Ort im Querhange beim Vor-
achfmngp. TTiinpt^lii mit Armwippen.
Schräge Leiter ;in der unteren Seite): Hangsucken auf- und ab-
wärts mit Speichj^i itl" aucli mit Beinhalten. An der oberen Seite: Auf-
stemmen au» dem Liegehange in den Liegestütz im Wechsel rechts und links.
Lothrechte Leiter: Hangeln aufwftrte mit Übergreifen und Hang-
zucken abwärt».
Eletterger&tt: Kuigeln auf- und abwIrte an awei Stangen im
Beugehange mit Beinhalten und Hangaucken abwärt«. Klettern am Tau
und Bangein abwärts.
Reck (kopfhoch^: .\rmwippcn im Stut/. rücklings; Schwins'en im
Stutz rücklings; Hangwechsel (Stange spnin-^hoch) aus dem Handhange in
den rnternrmhan^ beim KüLksohwunge; Aufsstemmen au« dem Seithänge
mit Zwiegritt in den Beugestütz auf einem Arme. Unterschwung. Wende,
Flanke und Kehre aus dem Stande (Stange brusthoch).
Schaukelringe: Überdrehen rück« und Torwftrto mit geilreekten
Annen und Beinen. Armwippen im LiegestQts; Seitrtrecken einee Armes
im Beuge*Idege«tQta (Ringe kniehoch). KreieNhwingen im Beoge-Liegertfttt.
Vor- und Hückschwingen im Beugestütz; auch in Verbindung mit Bein-
halten und Beinthätigkeiten. J^ohaukeln mit Armwippen ohne Abstoßen
und ß"intliritigkeitcn. SVhaukein und ("nerdrehen im Gdltsehschwebeliange
Harren: ."^ehwingen im Hen^jestütz. Schwingen aus dem Beugestütz
in die Sit^arten vor und hinter der Hand (den Händen) und mit Sitz-
wechsel. Stützhüpfen von Ort im Streck!«tütz mit Schwung. Im Quer^tütz
im Barren Kreisspreizen einee Beine«. Mit' Anlaufen Sprung in den Quer-
ttfita und Kreinpreixen eines Beines.
Spiele: Ziehen ; Schieben ; Heben ; Tragen ; * Gerwerfen ; * Steinstoßen ;
* Schlenderball; ^Fanstball; Maoerbrechen.
VIII. ChlSSf».
Ordnungsübungen: Als Aufstelluugsbehelf für die Frei-» Uantei-
und Eisenöt ab Übungen.
Freiübungen: Erschwerte Verbindungen der Thätigkeiten dea Leibe»,
Hüpf- und Dreharten bis 8 Zeiten. Dauerlauf bis 15 Minuten.
Hantelfibungen (mit 2kg schweren Hanteln): Siehe Freiübungen.
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310
MiaceUen.
EiseitBtabObiingen: Erschwerte YerbiBdingitti der Stebhaltungen,
des Sl^bfltoßeiM, de« Stabhauens mit Tb&iigkeiteii dee Ijeibes, Hfipf- nnd
Dreharten bie 8 Zeiten.
Freiipringen: Sprang rechts (links), hoch, weit. Fenstewprung.
Bock: Sprung über die zwischen Bock und Brett gespannt»' Schnur
mit ulhuiihlicher Steigerung der Höhe und Weite. Freier Bocksprung (.Bock
nicht über Hrasthöhe).
Pferd a) breit: Ge«ch\vnuge.
5) lang: RieMnfiprung. Freisprung rechts (Ualte) in den Beitnto aaf
dem Sattel. Vit Paveehen Sprung in den Seitetfits Torlinge und GeechwOage.
Wagrechte Leiter: Griffwechseln mit nnd Armdrehnng mit
beiden Händen gleichseitig. Hangzucken mit Amiwippen.
Schräge Leiter (auf der oberen Seite): Aufwärtsbewegen durch
fortgesetztes .\iifMtemmen uns dem Liegehanpe in den LiegestfUz, erst
nacbeinaiidr r. dann mit beiden Armen gleichzeitig. An der unteren Seite
Hangzucken im Bengehange mit Speichgriff.
Loth rechte Leiter: Hangzucken auf- und abwärts mit Speicbgriü
mit Anisen der Füße bei gegrätschten Beinen.
Kletterger Hat: Hangxocken auf« nnd abwärt» an zwei Stangen.
Kmgeln auf- und abwärts am Tan.
Reck (spmnghoch): Hangwecheel ans dem Beugehange in den Ober-
armhang beim Rückschwünge. Aufstemmen aus dem Streckhange im
Wechsel rechts und links. Felgaufzug vor- und rücklings Aufschwünge
am dem Hange. Wende, Flanke« Kehre ans dem Stüta vorlings (Stange
brüst- bis schulterhoch).
Schaukelringe: Kreissi hwingen der Beine im Beugestütz. .Arm-
wippen im Stütz. Seitstreckeu eined Armes im Beugestütz. Schaukeln im
Beugestfita mit Abstoßen. Schaukeln mit Überdrehen am Ende des Rttck-
schwanges in den GfStschschwebehaag und Zarückdxehen am Ende des
Vorachwunges in den Bengehang.
Barren: Sitzwechseln mit Fortbewegen Tor- nnd rQckwftrtsmit .Arm-
wippen beim Vor- oder Rttckschwunge. Kippe aus dem (^berarmsch webe-
hange in die Sitzarten vor der Hand (den Hiinden) und in den 8tüt/.
Von der Seite mit Anlaufen \'orübunj2^n nnd i\ehre über den Barren aus
dem 'Stande vorlings» am Knde de-s Barrens, Kehre über beide Holme.
Spiele: Wiederholung ^ *Fubball ohne Aufnehmen.
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Literarische Rundschau.
Sehülercommentar zu Cäsars Denkwürdigkeiten über den gallischen
Krie?. Fßr den Sehnlgebmach faenin.sgegebeii von Johann Schmidt,
k. k. ProfV^H^or am Aksidemischen Gymnasium in Wien. Zweite, unver-
andorto AuHiig»-. Verla<x von F. Tempsky und G, Freyta^ in Prajj, Wien
und Leipzig. Ib'üi- IV und 197 i?eiten in 8*'. Preis gAi. 70 kr., geb. 90 kr.
Wie aus dem kuraen Vorworte zu ersehen ist. hatte der Verfaeaer
bei seinem Schülercommentare nur die gramniati.sche Seite des Unterrichtes
im Aiij^e und wollte in dieser Richtung dem Schüler d'.f hrui-^liche Prä-
paration erleichtern. Die Puragraphencitate beziehen sich aul die lateini-
sche Schulgrammatik von Scheindler. Warum nicht aach auf die von
Schmidt, die doch ebenfalls an vielen Lchrau.-italtt"'n im fJnbiMncli».' steht
und gewifc« nicht schlechter ist ? Da im Commentare aubt'rdem recht viele
Phrasen mehr oder weniger frei übernetzt sind, so kann die Elrkläruug in
der Schule sich großentfaeil« auf den Inhalt und die reale Seite des Unter-
richtes beschränken, und wird infolpfe dessen die Leotihe zur Freude des
Lehrers und der Schüler Hott fortschreiten. Der zugrunde gelegte Text i»t
der meinige nach der dritten Auflage, von dem aber die neueete fünfte
Aufla<>e i'rlu'olicli abweicht, so ilavs die nächste .Aiisi^.ilie des vorliegenden
8chülercommentares viele Veränderungen wird erfuhren müssen. Mit Hecht
hat Schmidt das von Hirtin« verfasste 8. Buch bei der Erklärung au:^-
^eschlosaen. da dies kein verständiger Lehrer le.sen wird. Ebenso rathe ich
jedem Lelirer entschieden ab. die Besch reibiini; der rJi-'inbriicke IV. 17
zu lesen oder gar dieselbe zeichnen zu lassen. Dies wäre reiner Zeit-
verlust.
Richtig ist zu I, 8, 1 a Inen LemaniifK qni In /itinnn ItluHla-
tium influit bemerkt: eine verkehrte Anscliuuungl in der neuen Aufiage
erbcheint der eminente Widersinn beseitigt. Dagegen iät zu VII, ö7, 4
jMsliMlemy ^tfoe inßneret in Seqnmmm aUine illum omnem to-
cf/w tnaffnopere impediret nur lakonisch gesagt: iit/inere hier:
seinen AbÜuss haben. Es muäs jedoch auch hier die verkehrte Über-
lieferung sinngemäß geftndert w^en. S. 88 und 89 steht am oberen Rande
Commantarius tertius {at&tt iniartiis). VII. HO, 1 sollte zu nt smini
quiäque locum ieitetU et noverit auch bemerkt sein, dass dies ein
ooTsppOfv K&ÖT»pov sei. S, 194, Z. 4 von unten steht Ersatz beere statt Ent-
satzheere; VII, 89, 5 bedurfte toto einer kurzen Note. Die neue Aus>
gäbe bietet den rej»cl mäßigen Dativ toti
Das Buch kann nur empfohlen werden. Der Druck ist correct, die
Anntattung anst&ndig, der treis ungemessen.
Wien. Ig, Frommer.
Dr. Leo Bloch: Römlsehe AltePtumsklUMle. Hit 7 Vollbildern. Stutt-
gart. G. J. Göschen'sche Verlagshandlung. 1895. Preis 80 Pf.
Das Buch bildet das 45. Band: hen der Sammlung Göschen. Die Tf-n
dem dieser Sammlung ist bekannt, in gedrängter, aber doch gemein-
fiuslieber Darstellung soll der Extract einer Wissenschaft gebc^ werden.
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318
Literariticiie Himdschau.
Der Verfasier betehränkt sich auf die rettnblikatUBche Zeit . die Kaiseneit
wird nnr nnhan^sn-pisc Itt handelt. da es inm darauf ankoniuit, die römische
Eigenart darzustellen, die in der Kaiserzeit von fremdartigen Gebilden
flt^rwnehert werde. Fflr den Gebraneh des Bflcblein» in der Schale freilich
wäre (\s b»>s;sor jrowesen, die ;strenf»o ?clu'liliin<2; nicht durrbznfflhren, wie
sie der Vertasscr aelbst in dem topographücheu Theile, dem besten de«
Büchleins, hat tallon lassen.
Der Inhalt gliedert sich in folgende Theile: Verfasungsgeschichte,
die Staatsgewalten, unter denen die Magfistratur voranErostfllt wird. Heer
und Flotte, Kechtapflege, Finimzwesen, Cultus, Privatleben, Topographie,
Kalender, monarehische Verfonung.
Der Vorfa,s*( r hat sich aus guten Quellen unterrichtet und aus der
Fülle des Ütotles mit Bedacht das Wichtigste herausgehoben, das er in
knapper Form /.n ^eben sucht. Für die Behandlung von Controverüen ist
natürlich kein i'lutz. Zu knapp wird die Form z. B. S. 21: „Da nur der im
engeren Staatsgebiete liegende Grundbesitz für dit- K«'chts'jtellung im Staate
maßgebend war, moaste eine Ausbreitung des Grobgrundbesitzes die Bauern-
wirtecbafb in diesem Gebiete gründlich seratören und ein vablreiches Prole-
tariat Schäften" statt „ . . . niuf^te iMne Ausbreitung des Groß<j;nuullto8itzes
ein zahlreiches Proletariat schatVtii, indem sie die Bauernwirtschaft...
zerstörtt^." — S. 23, wo von den Einschränkungen der magistratischen Ge-
richtsbarkeit durch C. Gracchus die Rede ist, wäre wohl auch auf die quae-
stiones hinzuweisen. — S. 20 ft^hlt die Erwähnung der .^ntrittsanspicien. —
S. '64 sollte es heiben: „Gegen ihren (der Conauln) Spruch gab es anfäng-
lich iceine Bemfbng", wie es ja anderwlirts aneh betont ist. — S. M wer-
den unter den Vortheilen, die den Si-natoren sich darboten, anch er^'iehige
Handp|sverbindnn<jfen in den tcrncn Ijändern genannt. Em fehlt der Hinweis
auf die BeHchräukuiigeu, die sich der Senator in geschäftlicher Hinsicht
auferlegen musste. — S. 53. Die beispielswei.se genannten fremden Culte
sollten in chronologischer Reihenfolge angeführt werden. — S. 58. her
die Plätze der lütter bei den Snieleu ist eine bestimmtere Angabe noth*
wendig. ^ 8. 60 werden bei oer Stiromordnung die aeeensi velaH nn-
berncksichtigt gelassen. — S. 67. „Wankten die hastnti, so zosjen sie sich
hinter die nrincipf^ znrück." Man vergleiche Hoyesen-Hotiä-Kubitschek
S. 135: .Wankten die Uustaten. so rücktt n in den Intervallen ihrer Linie
die Principes vor, und jene konnten : u ickziehen." — S. 84 vermisse
ich die Erklärung der Sigel AY.. während die anderen sie S. 60 finden.
— S. 105 ist der Singular „bei dem bedeutendsten CoUegium" falsch. —
S. 107. Das Flaminat war 75 Jahre lang erledigt.
Kleinere Versehen sind S 10 .\ttIu-< Cl iasus, S. 27 sndalitia, S. .-57
.vor Censoren. Tribu^ Vorsteher und anderer Vertrauensleute". S. 7<i führt
uttü Streben nach Kürze zu dem Satze: „In einer Heeres Versammlung
lobte der Oberfeldherr verdiente Soldaten . . . und verlieh ihnen Decora-
tionen . . .und iiehielt Ehrenlanzen nnd Kränic den Stabeofficieren und
Generälen vor." 6. TJ monte Cavi,
Die beigegebenen Vollbilder sind recht instraetiv (Amphitheater in
Pompei, Lager, Theater von Aspendos [Plan und Bühnenwand], Plan des
römischen Hauses, Tracht. Gräberstraße). Die l5rüber«traße wird S. 138
undeutlich bezeichnet, den V\ orten nach münste man sie für die Stabianer-
stniGe halten. Sehr erwtlnscht wttie ein Kttrtcfaen von Rom.
Wien. Dr, Eduard Htäa,
Charles Dickens: ,1 C/trifttma» ('(trol. Für den Schulpebrauch heraus-
{^egeben von Dr. H.Heim. Mit *2b Abbildungen und einer Notenbeilage.
Wien und i'iag, F. Tempaky. 1896.
Kicht gering ist die &hl der sScbulansgaben dieser Weibnachts-
geechichte, die in lebensvoller und her/enswarnicr Darstellung in einem
kleinen Rahmen einf Fülle von Oestnhun j<kratt Idetet. uns bald erc:freift.
bald erheitert und immer fesselt. L>ie AiU^ube. alles in «piachlichei und
sachlicher Hinsicht der Erlftnternng Bedfirftige mfriedenstellend sn er-
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Literariscbe ttundMhau.
319
klftren, ist nicht Incht tn lOien. Zur Kenntit» der gew&hlteit Umgaugs-
oder Schriftsprache niuss sich die der familiären oder ^ar vulgären gesellen,
«ur Kenntnis en^'Ii-cher Sitten die der örtlichen Verhältnisse von London
und besonders der City. Im Bewusstsein dieser Schwierigkeiten litit sich
der Hemiugeber mit einer Reihe von Engländern in Verbindung gesetet,
darnntor mit lit'iu Dickons-Forscher Robert Langton. F. R.H.S.. mit ileien
Jüilte, sowie mit zugestandener Benützung vornehmlich der überaus sorg-
föltigen imd Mugeaeiehneten Ausgabe von Imnumnel Schmidt er die vor-
liegende veröffentlichte. Dieser ^ebt alt Einleitung TOraa eine Biographie
von Dicken.*, wnrin das WosentliL-he «eines Bildungsganges, seiner »chrift-
stellerischen L<i\ifbahu und seiner Bedeutung für das sociale Leben in
England in bündiger und sehr ansprechender Form mitgetheilt wird. Der
Erzähluni: Ibst ist Text und Melodie N > Weihnachtstliedes ^God rest you
merry^ gentiemen'* angeschlossen. Den zweiten, abgesondert broschierten
Theil bilden die ABnerkangen nnd das WOrterverteichnis. Bei der Reich-
baltigkeit der in den Anmerkungen gebotenen Wort- und Sacherklämngen
konnte das Wörterverteichnis füglich wegbleiben. Wer nn die Leetüre von
^Christmas Caror herantritt, muss wissen, dass »peak ^sprechen", expect
^.erwarten", face ^Geacht", fine «aehOn* heißt, and ebenso mit einer großen
Zahl Uli derer WOrter von der ersten Stnfo des Unterrichtes her ver-
traut i>ein.
Was die Anmerkungen betrifft, hat der Herausgeber einseines viel
besser veranschaulicht, als es Ijjsher geschah, so z. B. den Tan» mSir Roger
de Coverley^ und speciell die T:inzH^ur ^corkseretr" . Dankenswert ist die
eingebende Schilderung des engtischen Wohnbau$«es und die Beschreibung
des englischen Kamins, von dem dreierlei Arten besprochen nnd illnstrieH
erscheinen. Die Illnstration ist ja oft am be><ten ireei^net, das Verständnis
zu vermitteln oder die Anschaulichkeit wesentlich xu fördern. Diesen
Zweck vor Augen gehalten, kann man mit den die Einleitung schmücken-
den .A. 1)1 <il düngen von Dickens' Geburtshaus nnd des Landhauses „(rad#-
hill Place" zufrieden sein, wie auch der whftne, geniale Kopf des Dichters
die Sympathie des Lesers von vornherein erweckt. Ein Schulummer jedoch,
wie es anf Seite 87 abgebildet ist, war weder ein solches, worin Scrooge,
noeh auch eines, worin Dick-^r^ tlen ünt< iricht erhielt, sont^ern so sieht
etwa der große Schulsaal (auch Speisesaal) in Chrisi's Hospital (Newgate
Street) aus. Dem erwfthnten Zwecke entspricht auch nicht die auf 8eite 52
b^(Cl^ende Abbildung englischer Wohnhäuser, da das Charakteristische
daran schwerlich wahrzunehmen t«t. Ohne Beziehung zu der Erzählung
ist das „Modern Drawing Boom" auf beite 76, ebenso das Bild „Hansom
Cab^ aof Seite 108. Wenn femer in der Anmerkung Seite 15 am die Ab-
bildun;^ des ^Mansion ITouse" hin^'f^wie.-^en wird, .so wird man dieser nicht
entnehmen, dass es ein „schwerfälliger" Bau ist. Das ist er al^er aiu h in
Wirklichkeit nicht, sondern das Außere ist im Gegensatze zu dem ij^lanz
nnd Prunk, der oft im Inneren entfaltet wird, unansehnlich.
L'nbe.schadet aller Würdi;:rnng des vielen Guten, das die Anmerkungen
enthalten, seien nachfolgende Änderungen oder Ergänzungen in Vorschlag
ffebraebt. Die Ziffern b^ehen sich anf Seite nnd Zeile des Textes der vor-
liegenden Ausgabe.
S. 10.1«. riead ist hier „geltend machen, einwenden", aber nicht „be-
gütigen". Die letztere Bedeutung durfte überhaupt kaum nachzuweisen
sein. In RechtüfäUen heißt es vom Angeklagten: he pleads guilty oder
not fptiffy i*'r bekennt sich schuldi«^ oder nieht schiddicj). In .anderem Sinne
wird vom Vertreter der angeklagten Partei gesagt, he pleads, d. h. er führt
die Sache seines dienten, er macht filr ihn geltend: In der Bedeutung
«geltend machen" findet en sich auch auf S. 34. h.
S. 10.21. let ine Irave H ahme, then; gerade wegen des erwähnten
Parallelismus mit M me kcep it in mine wird statt des weitläufigen „dann
erlaube mir also, dass ich mich nicht darum kümmere," vorzuxiehen sein :
i,So lass sie (die Weihnachten) micli nicht halten."
S. Vi.ii. with their hats off; die Bemerkung über das Hutabnehuien
ist mit der £inschiftnkiinff richtig, dass beim Betreten des Private Office^
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320
Literarische Rundscliau.
d. h. des Raumes, der als Sprechzimmer- tles Cbefs j^ilt. der Hut auch von
Personon, die keine Bittsteller sind, abgenommen wird. Im Parlamente
nehuiL-n die Mitfi^liedcr den Hut ab, .sobald sie das Wort ergreifen.
S. 15.«. with such energy of action; es heißt zw weit gehen, wenn
hier die Verbindung des , lateinischen" Elementes als Mittel zur Er/ielung
einer komischen Wirkung hing€»teUt wird, abgesehen davon, da» es mehr
als fraglich ist, ob hier irgend welche komieebe Wirkmiff VeAbdditigt war.
Die Stelle ist einfach zu überaeuen «mit solcher Entachiedenbeit oer Be-
wegung (oder der Geberde)".
S. VJ.ih. to see ihat all ttus riyht, „zu sorgen, dii.^»" würde bedeuten:
er gieng, um dafür zu sorgen, dftM altes in Ordnung sei. Dieses ist aber
nicht der Sinn des Textes, sondern er gieng durch die Zimmer, um die
Überzeugung zu haben, dass alles in Ordnung sei. In dem that cUl was
statt if aU was liegt die Zuversicht, die Scrooge snr Schan trägt, wiewcM
die Erinntrun^: an .Marbys Ocdcht in ihm den Wunsch hervorruft, sich
volle Gewis'sheit zu verschaffen, diu?s in den Zimmern alles in Ordnuncj sei.
S. 42.3. a woman als ,veriieiratete Frau". Genügt hätte „aU Frau",
da woman hier im Gegensatze zu child oder young §irl steht, wie aus
dem unmittelbar Vorheriiehenden ersiihtlie'h ist. wo es heißt, diuss (^h-.
bloßer Hauch dieses junge Leben hätte vernichten können. In ähnlichem
Umn» wird tooman S. 40 je gebraucht: „you are quite a woman, iittie
.Fan," da bist ja ein ganzes Frauenzimmer.
S. 4.^.i«?. l{?ck i^t nier nicht „wohltönend", .sondern „volltönend, klang-
voll, sonor", aUo keineswegs = füll of tnctet and harmouious sounds^ was
sich von der Stimme eines berühmten Sängns oder einer Sängerin sagen
ließe, aber nicht von der Fezziwitrs, die.s um80weni«;er, als rieh an unserer
Stelle mit f'ai und oily verbunden ist; fai in diesem Zusammenhange heißt
nicht «umfangreich", da unter einer nmfiuupreichen Stimme eine solche
ver^tan<I( n wird, die eine ungewöhnliche Reme von TOnen (von der tiefen
bis zur hohen Lage) umfa.sst.
S. 46.sf6. enjoyed tverythhu/, statt ,sich an etwas erfreuen", \va.>, um
leichtesten zur Verwechslung mit rejoice führt, wäre bier beoer am Platze:
bebafjte ihm alles (er ließ sieh alles wohl bekommen); ver^'b -i he / hop6
you will enjoy your dinner, entsprechend unserem: wohl bekomm s!
S. 49.8. fraught wiih misery; die parenthetische Bemerkung, dass
fraught ein altes p. p. von freight ist, könnte so gedeutet werden, als
wäre diese Form Tet?,t unjrewöhnlich , wahrend thatsächlich frnught tcith
s. th. „voll von etwas" als l'artieiiiadjeLti v der gewählteren Ausdrucksweise
angehört.
S. 59.12. Channels hard to trace: hier ist ;;-'/" nicht Adverb, wie
etwa in „io work hard", sondern Adjeetiv. Unverkürzt würde es heißen:
thannti» whieh ü t> hard to traee. Vergleiche dae analoge: £fte hison is
difficttlt to tarne.
S. Hl.ao. Wenn rorers, wie richti«^ bemerkt, als Deckel oder Stürzen
der Schüsseln allgemein in England gebräuchlich sind, warum hier an
etwas anderes denken aU an ddn Nftchstliegende V
S. 67.6. hoard bedeutet nicht in erster Reihe „Kost" und in zweiter
„Tiäch, Tafel", sondern umgekehrt ist board zunächst , Brett", dann „Tisch"
und endlich wegen der auf den Tisch g^ellten Speisen «Kost" (vergleiche
ae. bord, t,'oth. baurd in fotuhanrd, Fußbrett, Fußschemell
b(>.:'. without resortincj to the s:exton's stpade; die daran geknüpfte
Erläuterung weicht von der vorherrjichendeu Auffassung dieser, wie der
Herausgeber sagt, dunklen Stelle ab. Es soll nämlich für das in der Volks-
sprache mit instead of -'i wechselte without das er.^tere gesetzt werden.
Aber damit wird die , Dunkelheit" nicht im geringsten aufgehellt. Wel-
chen Sinn soll es haben, dass Scrooge einsieht^ er &tte lieMr mit eigenen
Händen zu seinem eigenen Glücke viel Gutes \ind Schönes thun können,
anstatt zum Spaten des Todtenfrr;ib.'r^ «.»ine ZuHucht zu nehmen? Hegte
er vielleicht den Wunsch, das* iu iiieiluehmer Marley sterbe und aer
Spaten des Todtengräbers dadurch in Thfttigkeit gesetzt werde V Oder kann
man überhaupt an ^ländnetses^, d. b. an menschenfreundliche Handlungen
üiyiiizeQ by GoOgle
LitentriBche RnndBclura.
oder gar an eine wahre Freundschaft denken, wenn Serooiare selbst am
Tage der Beatattun^: scinps „Freundes" mit größter Seclenruh»* meinen Ge-
«rhäfien nachgeht? Nein, <ier Sinn dieser Stelle ist aus d.'ni Zimammen-
hange mit dem Vorhergehenden (vergleiche 24.29, 27.86) ganz klar: Marlejr
mnmte emt sterLen, es mnnte der Spaten des Todten^oers seinem Part-
ner zuhilfe kommen, ehe dieser durch Marleys Vermittlung für ein
men«:cyiPnwür']ii?OH r>aNfin. ftir das Bpflürfni«, Hutes ru thun, empHirirflich
gemacht wurde. Es ii»t also ganz «inngenml.» und wörtlich zu ilbtTHeUen:
ohne zum Snaten de« Todtenf^ben, der Jakob Marlej begrab, seine Zu-
flocht zu iifhinon.
F!in Wort des Lobett verdient die Ausstattung des Buches, nicht SQ
Ter^ei«^ det bei Rndolf M. Rofarer in Brünn hergestellten Drnekes. der
soviel als fehlerfrei ist. Alles in allem läuft die besprochene Schulausgabe
flon moisten der vorhandenen an Sachkenntnis njrl So»<jfnlt Jpn Kany ab
und ist geeignet, zur I^ectüre eines Schriftstellers aul/annnnteru, der für
den Fortschritt auf geistigem, kirchlichem and socialem Gebiete mit dem
edel-^ton FoK' r nit' v ointrat. und in t]e«-«nn s^tmnitlichen Schriften ein
Leitmotiv wiederkehrt, das auch den Urundzug seines Wesens bildet:
Hnmanit&i
Prag. Gtittav Rdniger.
Dr. V\--\x\7, Martin Mayer: Lehrbuch der aligemeinen Geschichte
für die oberen Classen der Realschulen. Wieu und Prag, F. Tempsky.
3 Bände. 1895%; approbiert mit hohem Ministetialerlasse TOm 80. Hftn,
25. Juni, 19. November 1895.
Schon die äußere Anordnung dieses Lehrbuches entspricht oinem
schon lange empfundenen praktischen Bedürfnisse, indem dem Lfluatoffe
jeder der Oberclassen je ein Buid gewidmet ist, dessen Durcbarlcitung in
nicht übt'rfiilltfn r!as!5en nicht zw frroße S<-bwierit;k<Mten liietet. Die hiedurch
bedingte Kürze führt da und dort zu einer Art perspectivi^her Behand-
lung and ermöglicht anderseits dem Lehrer jene Enrdterang und Ver>
tiefnng des im Buche Dargebotenen, ohne die gerade auf der obet^n Stufe
▼on einem gedeihlichen ITnterrichti^f^rgebnisse^nicht die Rede sein kann.
Denn ein Buch, welches allzuviei bringt, ertöotet leicht die Individualität
des liChrers, indem es ihn dasu verleitet, seinen Vortrag auf eine Peri-
phrase de?sf^l n . auf pini;»«^ sogenannte Erlilnterungen und auf die dem
Öchfller ftlr den Augenblick freilich meist willkommenen Streichungen tu
beschriUiken. Dadurch wird aber das Interesse fttr den Gegenstand ebenso
geschädigt wie die Achtung de« SchÜlere vor seinem Lehrer. Die Form
der Darstellnn? ist im allf»emf»inen gpwandt und die Sprach*» «orgHiltiff
behandelt, wiewohl sich laie und da Flüchtigkeiten des Ausdrucks und
andere Verstöße finden, die unter UmstBnden sogar m Missverstftndnissen
fftbren können.
Die Einzelanordnung kann fast durchw^ als höchst glücklich be-
seiehnet wenkm. Insbesondere muss die Art. vrie die Cniturgeschichte be-
handelt wird, rühmend hervorgehoben werden. Der Verfasser vermeidet
es meist mit großem Geschicke, die Darstellung de3 geistigen Lebens (Kunst,
Poesie, Wissenschaft) und der wirtschaftlichen Verhaltni-sse in der vielfach
fiblieben Weise als Anhängsel der politischen Geschichte erscheinen zu
lassen, sondern arbeitet sie nach Thunliclikt it derart in den übrigen Stoft
hinein, dasa sie su einem wesentlichen Hestandtheile des Bildes des be-
handelten Zeitabschnittes wird und Persönlichkeiten und Thatsacben in
ihrer Bedeutung als Ursache. Bc^lt it- oder Folgeerscheinung der Gesammt-
entwjrkliing hervortreten. Für die vi-tliiUtnismäßige .\n-führlirhlceit in der
Behiiti ihing der antiken Cultur, für die kurzen und meist trettenden
Ana 3 H n einzelner bedeutender Literaturwerke wird gerade der Lehrer
an der Realschule dem Verfa.«sor (lank)>ar >f'in iufi«->nn. und e*^ vcnnöfjpn din=!C
Partien a. B. in V. a das Streben nach Concentration des Unterrichtes ganz
wesentlidi su untentQtten.
üiyiiizeQ by GoOglc
322
Litenurische Buadtehan.
Ähnliche Vorzujje weist nnfpr anderem auch der auf die classische
Periode der französischen Literuiur bezügliche Abschnitt auf, der in der
Geschiebte Ludwigs XIV. seinen panmden Platz erhalten hat. Die Qe-
schichte des Zeitalters der Aufklärung setzt im selben Sinne mit Spinoza
ein und führt über Bayle, Locke und die großen Vertreter der Natur-
wneeudMiten in Montesquieu, Voltmre und Bonwean. In dem folgenden
Alwchnitte .Beccaria" (der mit Hecht auch in einem Schulbuche genannt
wird) „und die deutsche Aufklürnncr'' vermisst Referent ebenso Tbomasiua
wie vorher Cartesius, der vor Spinoza hätte seine Stelle finden müssen. In
gleicher Weise wie die Literatur wird auch die Kunst behandelt. B* «ei
nur beispielsweise erwähnt, dass der griechische Tenipelbau im Zusammen-
hange mit der Geschichte der Bauten des Perikleischen Zeitalters (allere
dinge nicht tadellos) erkl&rt, das griechiKhe Theater im Anaehliuw an dit
Besprechunc? der großen Dramatiker geschildert wird. Ahidich wird ge-
legentlich der Erwähnung des Unterganges von Herculanum und Pompeji
der Ausgrabungen daselbst gedacht und dies zur Schilderung der römischen
Stadt nnd des römischen Hauses benfltzt.
r>ie wirtBchaftliclien Verhältnise werden in weit au.^gedehnterem MaÜe
berücksichtigt als in anderen Schulbüchern, und es wird wiederholt der
Vemieh gemacht, ihfe Bedentung für die politieehe Entwicklung Idarsu-
legen. Dem Grandsatze, den der Verfasser hiebei befolgen zu wollen scheint,
das« diese Zuaammenhänge in der Schule nur dort aufzuweisen
sind, wo sie klar und unzweideutig zutage treten, kann Referent
nur zustimmen. Freilich wird tich bei der Bourtheilung der einseinen
Fälle j^erade hier manche Meinungsverschi -i nheit ergeben. So hätte Re-
ferent z. B. gewünscht, dass bei Besprechuus der jüdischen Cultur auch der
moeaiflchen Socialgesetzgebung gedacht woraen wftre, da me nicht nur die
wirtschaftlichen Toeoarien der Canonisten und somit die gesammte mittel*
aiterliche Auffassung wesentlich beeinrtu.s?^t. fiondern auch moderne I^ehren,
freilich oft auf den sonderbarsten Um- und Abwegen, auf sie zurückgehen.
Dagegen mun es unter anderem durchaus gebilligt werden, wenn m der
tieschichte der neuesten Zeit die Leistungen der deutschen nnd der uster-
reicbischen Gesetzgebung auf socialrelbrmatorischem Gebiete geziemend
gewürdigt werden. Das staatsrechtliche Moment der Entwicklung wird in
einem für ein Schulbuch ausreiebeDdem Maße berücksichtigt, doch hätte
KeiMrent uielnfiich schärfer und genauer gefasste Erklärungen gewünscht;
auch wären manche Unrichtigkeiten zu vermeiden gewesen.
Zur Belebung der Darstellung trt^en die an passendem Orte ein*
gefügten Quellenstellt n 1 , i So wird die i'liarakteristik des Perikleischen
Athens mit den berühmten Worten der Leichenrede, die des römischen
Heldenzeitalters durch die bekannte Sallust-Stel le gegeben. Auch in der
Geschichte d>'s Mittehilters wird diese Methode angewendet. Manches wird
auch hier der Lehrer beibrin<r»*n können, ja iniis«en Die Auswahl der
Bilder ist zu loben. Sie sind fast durchwegs unterrichtend oder entsprechen
dem dem sympathetischen Interesse entsprungenen Bedürfnisse desSkßhOlere,
bedeutende Persönlichkeiten auch in ilner leiblichen Krscheinnnj^ kennen
zu lernen. Die Ausführung genügt den Anforderungen, die man billiger*
weise an ein Schulbuch stellen kann.
Der Verfasser war bemüht, überall die Ergebnis.se auch der neueren
Forschung zu verwerten, insoweit sie Residiert erscheinen. Man kann
freilich darüber verschiedener Meinung sein, ob er nicht hie und du zu
vorsichtig gewesen. So glaubt Referent, dass die Untersuchangen über
attisi he Verfasaungsgeschichte, \rrdrlio die Auffindun«» der \\''Vrv.^:,„v ko'u-
xv.a zur Folge hatte, consequenter hätten verwertet werden sollen. Die Ur-
sachen der Verurtheilung Heinrichs des Löwen, dessen Verdienste um die
Au.>»breitung deutschen WVsens nach dem Osten nicht erwähnt werden,
sind noch völlig im Geiste der hergebrachten anekdotischen Darstellung
gegeben u. dgl. ui.
Der Pflicht historischer Objectivität wird der Verfasser gerecht. Das
hindert natürlich niclit. da.ss die Kr/ählun^r der vaterländi>rhen Geschichte
geziemenden Kaum findet , von patriotischem Geiste erfüllt ist und mit
üiyiiizeQ by GoOglc
Literariscbti UuncUcbau.
323
wohlthaender Wftriu« voi^trageii wird. Manche Eituelheit wird hier
stets der Lehrer ergänzen inflKsen; andere^, wie z B. eine kurze Charakte-
ristik der Thätigkeit des Erzherzogs Karl 1605 in Italien, die Erwähnung
der glorreichen Vertheidignng der Forts von Malborgbetto und auf dem
Fkedu 1809. würde man gerne im Buche finden. Eine ausdrückliche Partei-
nahme meidet der Verfasser mit Recht besonder« dort, wo es sich, wie in
vielen Partien der neueren und neuesten Getichichte, um Fragen handelt,
die noch heute Kampfobjecte der poUtisehen Parteien nind. Bei genauerem
Zusehen Ifisst sich freilich erkennen. »In^- er den Td»'en der Fr* ili. it (le>
Denkens, der religiösen Duldung, der bürKerlichen Freiheit und Gleich-
Itereehtiguog wie der socialen Rdbrm freundlich gegenfiberstebt Das aber
entspricht durchaus dem Geiste unserer Staatsgrund^jfesetze , und Referent
wäre der letzte, dem Verfasset daraus einen Vorwmf zu machen.
Es ist schon im Vorhergehenden mehrfach aul einzelne iSiellen bin«
gewi^en worden, an denen dem Referenten Besserungen nothwendig er-
scheinen. Alle die Punkte anzufahren, wo die Auffassung des Keferenten
von der des Verfassers abweicht, oder wo seiner Meinung nach völlig Un-
richtiges gegeben ist, verbietet sich aus mannigfachen Gründen.
Die t/ehrer, welche das Buch benützen, werden dem Verfasser wohl
ihre Wahrnebnmnjren mitlheilen, \ind es ist bei der Gewissenhafriiikeit,
von der seine Arbeit Zeugnis ablei^t, zu erwarten, dasa er alle Anregungen,
die ihm zntheil werden, in reifliche Erwägung sieben werde. Referent
wünscht, dass sich hiezu durch die Einfiilu un;^' des Buches an verschiedenen
I^hranstalten baldige und reichliche Gelegenheit biete. Denn schon so*
wie sie ist, bedeutet Mayers Geschichte einen wesentlichen Fortschritt.
Prag. Dr. Ludwig Singer,
Grundrisse heryorragendBF Baudenfcmale. Ein liehrbehelf für den
kunstgeschichtlichen ('nterricht an höheren Iielir.iu>tulten. (Erf^Kinzun«»
2U J, Langls Bildern zur Geschichte.) Gezeichnet uml autographiert von
Jos. Lang!. — ZwOlf Blfttter in Mappe. -~ Ed. HölseU Wien 1886.
Das Forni.it 74/98 c«i spricht durch seine Grö(.^e allein schon fÖr
die Deutlichkeit des Dai*gestellten selbst auf die größten Distanzen in
einem Lehrziuimer. Die Kicbtigkeit der Zeichnung, die Verwertung der
nenesten Ergebnisse der FofKhung lassen das Werk auf der HQbe der Zeit
stehen. Auf jedem Blatte sind di*- Maßangaben sehr f^enau und zur
Orientieruni; die Weltgegenden gezeichnet. — Der Philolop, der Historiker
und der Zeichner inü&sen diesen erwünschten und seit langeui nothwen-
digen Lehrbehelf mit Frendra begrüf.«en. umsomehr. ah er den weite^t-
{fehenden Anforderungen entspricht. Der sor^falii»:«- Druck macht der
renouinnerten Firma Uülzel wieder alle Ehre. — Von besonderem Werte
filr den philologischen, historischen nnd seichnertscben Unterricht ist
Bhitt II „Die Akropolis von Athen", das Uufier.Ht überHiehtlieh alle Ann-
grabungen bis auf die neueste Zeit gewissenh.ifi zeigt. Wertvolle Er-
gänzungen zu diesem Blatte bietet der l'.irthenon tili), an dem uns der
Grundri's allein schon die edlen Vi i hiiltnisse des Wunderbnues schätzen
lernt, und il.is ..Dif)nys()silicater" (IV), in liem die Zu>i( h:nierrnihen bis zur
ursprüngiichen Höhe des Burglelseus reconsti uiert sind, wodurch die Monu-
mentalität der Anlage besonders anschanlich wird. — Gleich nnentbehr-
lich wie di«- drei ietztirenannten Tafeln scheinen uns für den philologischen
Unterricht von der VI. Olu-j'^e am Gymnasium aufwärt«, «nwie auch fin-
den historischen in der il. und V. ("lasse das ^Forum h'ouiautan" (V);
die>>e Publication ist besonders brauchbar durch die Kinzeichnnng der
Dichters in Pompeji mit dem bekannten Kettenhnnduosaik imVe^tibulum
^Cdve canem^. — Von frühchristlichen und anderen mittflalterliehen
Bauten lirjren uns vor; in instrnctiver klarer Griindrissdispo-jition ,St. Vm\\
vor den Mauern", die „öouhienkirche in Constantinopel", die in ilirer An-
lage grundverschiedenen Moscheen Tnlnn nnd Hassan in Kairo. Sie bilden
üiyiiizeQ by GoOglc
324
Litenurische Kimdscbau.
«uaraiDen interessante Vergleichuagsobjecte zu den Domen von Speyer
und Köln, welche beide untereinander wied» r 1 idurch lehrreich und noch-
iotereasaiiit sind, als sie für den Schüler ein tüchtiges Beispiel für die
kSnatleriiche Weiterentwicklung dewelben Bangedankens sind. Ale Beetes
ist zum Schlüsse die alte und neue St. Pcters^Kirche in Honi in zweiftrhigem
Drucke ]niblieiert. so zwar, dasa die alte Basilira «ehwarz, der neue Kuppel-
hau, das Werk Buonarottis, braun gedruckt ist. Diese Art der lueinander-
stellung wirkt hier besonder» deutlich. — So haben wir wieder eines jener
[ nl. Triittel vor uns. wie sie di»^ Schule dem verdienten Autor sch ii in 90
j^rober Anzahl seit (siat drei Jahrzehnten ta danken hat Langl denkt sich
das Werk als Ergänzung zu «dnen BQdem xnr Oescfaichte nnd wir kOonen
nur wünschon, dass sie recht bald ihre Fortsetzung wie die Bilder zur
Geschichte hnden möcret^. Dass sie fiberall auf volles Ver-itandnis und
freudige Aufnahme rechnen dürfen, ist zweifellos. Gerne hätten wir, da
wir ja Wünsche äußern dürfi^n, einen Grundrisa der Paläste von Khorsabad
nnd l'prsr.|,r»'';s. der Ihir'^ von Tiryns, der Altis von Olympia, des großen
pergatueui^chen Altares, des Capitols und der Arx in Rom. — Der billige
Pren ^ alle swSlf Blfttter daueroaft adjustiert kosten nur 6 fl. = 10 Mk. —
macht die Anscbatfiing des Werkes auch dem kleiasten Budget mQgUob.
Dr r ii Wei7^ii(ker: Polygnots Gemälde In der Lesche der
Knidier in Delphi. Zwei Tafeln und acht Abbildungen im Texte. —
Stuttgart, Paul ^'etl. Ib9ä.
Die Locftlitftt der Lesche nimmt WeiaAcker als einen doruehen
Arcadenbau von circa fünf Meter Tiefe ohne Oberlicht an. VV. trennt das
Oemälde. indem er an der Rückwand des Arcadenbaues eine Thür einschiebt,
doch so, dass beide Theile noch immer gewissermaßen als eine Tp*?^
betrachtet werden können. Jeden Theil nimmt er mit sechs Meter Breite
an. Vor der I.e-^clie stehend, hatte man zwi8<'bf'Ti d«'r nrf5ten und zweiten
iSäule von links oder reehti$ sechs Meter senkrechten Abstand von den Bildern
gehabt, Terhftitnismäßig zu wenig f&r die Betrachtung derselben. Tndes,
das alles noch zugegeben, wäre doch die Beleuchtung in dem gedeckten
Ar(^id« n räume keine sehr günstige gewesen. Durch die oben angedentofp
Treiijiiiog des liildes in zwei Theile unterscheidet .sich W, in .seiner Aut-
ihssun? und Erklärung des Problems von all- n hisheri<„'en Betrachtern.
Während, dem Zuge der Zeit ent.s]nechend. die Ergänzung des Grafen
Caylus sich ohne genügende archäologische Basis zusehr ins Barock-
Malerische vertiert, leiden^ die der claniciBtiscben Ergftnzer — darunter
auch Goethes — an einer Ode und Leere, die zum Gähnen reizt. — Erst
Benndorf ließ nach s^'inen Angaben durch Micha lek einen von den bis-
herigen Löiung.-'Versuchen künstlerisch und sachlich grundverschiedenen
zeichnen, der ästhetisch außerordentlich befriedigt. Er findet sich mit allen
früheren 7uni Vergleiche ^n-nnimpnge.^tpllt in den Wiener Vorlageldattern
1888, Tafel 10 bis 12. Bei dem neuen Keconstructionsversuche Weizsäckers,
der, wie er dankend selbst erwfthnt, anf Roberts CTotersuchungen weiter-
baut, haben wir nichts zu bedauern, als dass W. nicht wie Benndorf der
Spiritus rector blieb und nach seinem Entwürfe und unter feiner Leitung
von der Hand eines archäologisch gebildeten Künstlens seineu wissen-
schaftlichen Untersuchungen Ausdruck geben ließ. Dadurch wftre sein
Ruhm nicht geschmälert worden — im Gt^Lren theile — er hätte uns über-
dies einen höheren Begriff von der Kunst des großen Xhasiers beibringen
kOnnea. Ea wftre dann soriel des Guten, das seine Arbeit enthftit, nicht
halb fertig geblieben. Gleichwohl sei seinem Eifer und der tüchtigen Ver-
arbeitung des von verschiedenen Vasen. Cameen etc. hergenommenen
Details volle Anerkennung gezullt. Die Schrift ist vom Anlangt' bis zum
&ide interessant, anziehend und fesselnd und möchten wir nur wünschen,
da*;« sie einem K'iii-tl<>r ils Leitstern ditnie bei der kiin.-tlerischeu An<-
führuug des voui Gelehrten Gewollten, aber nicht Erreichten. Benndorfs
Reconstrnction macht uns durch ihre formale Schönheit die Beg^sterung
und Wertschätzung der Alten fQr Foljgnot. speciell die des Aristoteles,
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Literarificbe Kundschaa.
325
begreiflich, was wir nach Bettachtnn^f dnr Zeichnung W.s nicht sagen
kunnen. Der Hauptuiam,^» i beruht in der lückenhaften Composiiton, die
nichts wnniix^i' :il» eine < 'oniiiosition if^t, K» berührt sonderbar, wnnn da
der Autor steh sogar entschuldigt, weil er glaubt, noch zuviel den Ilauiu
|reftl1lt za haben. l>er kOnfftleriache Theil iat die wunde Stelle der Arbeit,
während der wissenschaftliche jedenfalls ein Weiterbanen des bisher (b»-
wonnt'nen vorstellt und unumgänglich von jedem sttuliert werden nuiss,
der sich in Zukunft mit dem i'robleme beschäftigen will, dcjssen Lösung
wohl immer eine problematische bleiben wird.
*
Seemanns Wandbilder. Meis»terwerke der bildenden Kunst (Architektur,
l'Uustik, Mab ici /weite und drifti> Lieferung. Leipsig, E. A. Seemann.
IbUi) W. — Zehü Lieterungt'n ä 1;,» Mk.
Was wir bei Besprotbung der ersten Lifteruiig dn^ses monuiiieiitalen
Prachtwerkes an dieser Stelle aeineneit sagten, gilt in erhöhtem .Maße
von den l'^iden folgemb n Lieferungen. Bei <lt m billlrrnn Preise und den
angenehmen Bezugsbedingungen — es kann Jede Lieferung ne^iarat bezogen
werden — wird e» wohl mit der Zeit keine Schnlbibliothek mehr geben,
die dietes Werk nit hi besitzen dürfte. Er wirkt für den Anschauungs-
«nterricht .«o belebend, d der IMiilolog, der Historiker und der ZeichjuT
nicht darauf verzichten küniien. Bei der cla.ssischen Leetüre, beim Ijcspu
dpN Leokoon, der ästhetischen Schriften Schiller«« etc. etc. iat es so onentbehr-
üi b wie die schOne Publikation Hoppe«. Die SMiule ist gezwnTi<„'pn , dor-
artige Bilderschätze zu be«itzen. Das «iroße Format der Wandbilder See-
manns befähigt .sie, auch im tiefsten T^ehrzimmer auf große Distanzen, selbst
über zehn Meter, noch deutlich und klar zn wirken. Die berühmte Angustuft-
stütue von Primaporta, die Homei bii.*<tf» nn« dem Muaeo nozionah in
Meapcl, eine der schönsten des intere4>8unien Typus, die Medusa Kondanini
<in Originalgröße) ans der (tlyptothek in München geben dem Schüler —
da den trioß» n Lichtdruckreproductionr n photographi-tohe Aufnahmen nach
dem Originale zugrunde licf^en — einen vollständigen Üegrift' ?on der
herrlichen VVirkung des prächtigen Marmor.s der Antiken. Ein Glei<'hes
gilt von der Hera Ludovisi; wenn irgendwo wird um :ui dinsem in halber
(4röße mich dem Originah* reproduciertfn Dilde klar, d;uw Scliilb rs An^-
Kprucb, die Göttin vereine in dieser Darstellung Anmuth mit Würde, zu-
trefTend ist. Der praxitelische Hermes (nach der Ergänzung von Schaper
und Rühm) gibt uns. mit dem ebenlalls reproducierten .\pollo vom Bel-
vodere verglichen, die be<te Vorstellung von der Pia.^tik der Alten Das
er.stere Werk i.«t von unmittelbarer natürlicher Wirkung und siegreich
gegen die schon den Verf.dl verrathen<le nicht unatt'ectierte Apollogestalt.
Die N''lti'ii<'iri;inili'f^f<'l!uMi,' dii'-cr beiden H.ui|if w-'rkc mifiker Kuri^f füliit
zu einem dankbaren Vergleiche. — Nicht nur der Zeichner also, dem
allerdings hauptsächlich der kunstgeschichtliche Unterricht an Mittelschnlen
zufällt, auch der cla.ssi.sche Philolog. der (Jermanist und iler Hi.storiker
werden <liese Bilder gegebenenfalls nicht entbehren können, wenn sie
ihren Worten von der Gruße antiker Auffa.ssung und Kunstanschauung
Nachdruck v( i L ihen wollen. - W ie instructiv wirken im geschichtlichen
Unterriciitc ilii' .upliosen mittelaltt'ilii'licn IMa.-Hkcri t'im-.s PTirstenpuare-i
im Dome von Naumburg, die mächtige romanische Abtcikircbe von Maria
tjnach und endlich der „?ch5ne Brunnen mit der Frauenkirche in Nürn-
berg". Diese Bilder vor Augen können die Schüler durch den bcredtf^n
Lehnn* be.si.ser in.'« mittelaltriliche [jcben eing^'führt werden, nh ps durch
das langathniigHte Lesest tick jf ge.schelien könnte. Die Eleganz untl Deut-
lichkeit <ler Ueprodiiction dieser Lichtdruckbilder kann — wir sagen nicht
ztivi< I - ii;> !it üinM liritt n wnrdt'n. Für uns Österreicher ist von bi-conderem
Interesse, einigen der berühmtesten Bilder unserer kaiserlichen (aalicrie in
Wien zu begegnen. ¥j» ist das Dreifaltigkcita- oder AUerheiligenbild von
Dürer und din .b^hanna Sevntour von lloibein d. J. Beide nach Photo-
grapbifn von S. Liiwy in Wien, die ^cvnionr sogar in Oiiginalgr<i(.n!
reprotluciert. Dürers untl Ibdl)eina Technik ist da in dem einfarbigen
„ÜsUrr. MiUtLHcbuk". XI. .lahrg. 2t
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32G
Literariiichc Ituuüschua.
Dnicke m pril^nant und charakteristitch wi«d«M^oor^ben, wie (*9 eben tinr
di.' I'liotuLjraiihie nach dem Orifjinale imstande isf. .\liihel;in«»elos F'ieta, die
Krone aller durch mehr als ein JahrtatiHend nnti'rnoinninnpn knnslltM isflif^n
I<ösunj»8versuehe eine« der tietstempfundenen (leilunken ilt s Ev.ui^eliums,
ein plagiiertes Thonreliet von Andrea della Uobbia, eine li^^bliehe Madonna
mit ilt'iii nambino in oiiii iii Kranze von Kngelköpfen und eine tadellose
Wiedergabe de^» ^'(•lUiblldni■<se.s de^ jugendliuhen Itembraudt (im l'aliuzo
Pitti) bescbUeQeii das Heft. Die Schönheit de« Werkes isl sein bester
Empfehlangsbrief.
Dr. Theodor Volbehr: Goethe und dld bildende Kunst. Leipzijr,
E. A Sf'Pinanii 1H05 8". V und 244 S.
Der Autor sagt in der Kinleitiinx. was er unter diesem Titel be-
handeln will: dan, was dem {großen Diehter die bildende Kunst bedentcte,
welche Stellun«; sie in seinem Leben einnahm. Die Kntwicklun^scroschichte
(ioethe'scher Kunstan9cha»iunff also von seinon Knjilinn- und Jiin^lin«»««-
iahren bis zu dem Zeitpunkte, als er j^fanz „Olvmpier" war, »iiese wird uns
hier vor Augen geführt. Ka sind merkwürdige Weijc — » nei^^t nicht sehr
gluckliche — die der Schöpfer des .Faust" in seinem J^tndinni und in M-iner
Praktieieruug der bildenden Kunst wandelt Sic laufen zu niunchoa Zeiten
in gewimem Sinne parallel mit «einem diehteri«chen Schaffen. Vom nrti^-
acbäferhaften Watteaustile in den FrankfiirttM Knal)enjahren . neben «lern
exfrema tanguntnr —- sich auch schon die Hegfi^tcrnng fiir die Hol-
laiuler und die alten Deutschen, sowie für die antiki- Kunst zeigt, sehen
wir den junjiren Goethe enm elaasieistischen Studium in T^eipzig schreiten,
beeintlusst von F> \tteux' und Hagedorns a-sthetischen S« lirift«'» ^^'ein Lehrer
ist Oeiier, der Schüler unseres Uafael Donner, dessen Autfassung der Kunst,
speciell der Antike, sich durch Oeaer auf Winckelmann und Goethe über-
trug. Dann folgt Straßburg» der Verkehr mit Herder und das Versenken
in die alte deutsche Kun«t im weitesten Sinne, die den Stürmer und Drän-
ger zu wahren Dithyramben begeistert. Interes.«nnt ist. wie Le.ssings „Lao-
koon" spurlos an dem jungen Kunstfreunde Torfll)ergeht und er nach wie
vor Verehrer der größton lie.ili,-it''n. der llollrmder, bleibt, dfi- _Kotli-
maler" im Sinne Lettsing^ weicher wegen dieser bedauert, daiäi die Ölmalerei
jemals erfunden wurde. Herder vermittelt auch die Bekanntochafb mit
Baumgartens und Hamanns Ideen. In seinen damals erscheinenden Tistheti-
schen Si luiffen ist fuifthe durch und durch Dentso!u*r. der er leider für
die Kunst nicht geblieben ist. Seine naive, einfache und natürliche An-
schauung verftndert sieh immer mehr, er blickt immer weiter in die Ver-
gangenheit zurück, wird akademisch-antiki-sirrt iid. ein kalter und nüchtern«'r
Cla.ssicist: und doch äußert er sich einmal wilhrend seines Weimarer Auf-
enthaltes (Volbehr S. 151) über Dürer: ^Ich verehre täglich mehr die mit
Gold und Silber nicht so bezahlende Arbeit die.ses Menschen, der, wenn
man ihn recht im Innersten kennen lernt, an Wahrheit, Krha>)enheit und
selbst Grazie nur die eri^ten Italiener zu seinesgleichen bat." Den Wider-
pprueh mit seinen Öffentlich geftußerten Anschauungen fithlend, setvt Goethe
hinzu: ^Dit'-. s wollen wir nicht laut sagen." Sein Wahlspruch liiutetwohl:
„Natur und Antike"; in der bildenden Kunst ist es aber der Fluch
«eines Leben.s, keine von beiden finden zu können. Selbst Italien wirkt da
nicht befreiend nut ihn; denn neben der Antike ziehen ihn wieder die
grüßten l{*';ilisten dfs XV. .f.ilirlnmdei lif-(ni<lers nn. >ein Verständnis
für die Gothik verliert er allerdings in Italien last gänzlich, da speciell
Palladio seine Vorliebe wird. Der Aufenthalt in Rom will bei Volbehr
gelesen sein, uro Goethes Mi.ssverhältnis zum deutschen Publicum der ersten
Decennien dieses Jahrhunderts zu begreifen Seite 211 citiert Volbehr wort-
volle Äußerungen Goethes über den Nutzen des Zeichnens: „In-
des ist mir das bissehen Zeichnen un-< hatzbar. es erleichtert mir jede Vor-
stellnn^:' von ,>-innlIr1ii n Dingen un.j da- ( It inüt]) wird schneller zum All-
gemeinen erhoben, wenn man die Uegenstilndc genauer betrachtet. Ich
freue mich recht sehr, dam mir im Zeichnen ein Licht aufgeht, ehe ich
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Litarariache Handachtui.
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nnch N)>a))el leiae .... schwer kVft sehen xu lernen, ohne selbst Hand an*
zulegen..." Weder der Unii^ati^ mit Tischbein, noch mit dem Manieristen
Hiickert wiir eine Gunst de» ii^chicksal«. — In den ^Nachklän^'cn und Aus-
blicken" lernen wir in (Joethe den «versprengten Griechen" kennen, der
im kaJten Nonlen frierend der warmen Winteisonne Italiens gedenkt
Volbehr schließt »eine Aii>fnhrungen, welche dtv^ l>e«ii>rochene rhema von
u'anz neuen Gesichtspunkten beleuchten, mit dem charakteristischen und
trettenden Hesume: , Der junge Goethe war eine vorwartstreibende Kraft
in der Entwicklung der luwutaiischaunngea seiner Zeit. Die Thcotii n den
< M'lii iiiir.itlicH Goethe waren ein retar<]ierenfl<N Moment. Ihinn aber ent-
wickelten sich die Dinge ohne eine Mitwirkung des greisen Dichters lang-
sam und stetig weiter. Der Ciassieismus gieng unanf haltsam seiner Nieder-
lage entgegen. Das aber bedeutete in letzter (Yin^eriuenz «len Sieg de»
künstloriHchen Subjectiviamus, den Sieg jener Kunstanschauung, die der
junge Goethe so meisterhaft verfochten hatte." Das Buch Volbehrs, das
durch Richard Muther &o eigenthiimlich ausgenOtzt wurde, data der Autor
diese Ausnüt/iiritr in einer ebenfalls Im ! Seemann erschienenen lesenswerten
Flugxchrii't zurückweisen mwute, verdient die vollste Beachtung jedes
tioethefieundes und sollte in keiner Lehrerbibliotbek fehlen*
Troppau. Rudolf Bikk.
Dr. Adalbert Wrany: Die Pflege der Mineralogie in Böhmen. Em
Beitrag /.ur vaterländischen Geschichte der Wi&ienschafteu. 4***1 iS. Prag.
U. Dominicus (Tb. Qruss). Preis 5 fl.
Der ab Mineralog und Mineraliensammlcr in Fachkreisen bekannte
VerfaFser hat sich in dem vorliegenden Werke '1'c ( !ien«o schwierige wie
verdienstliche Aufgabe gestellt, eine Geschichte des luineialoixiMchen Studiums
in Höhmen zu liefern, und sie mit anerkennen.'^werter Grün lliclikcit gelöst.
Auf Grund »einer unifassfiHli ii Liioratmkenntnis, die sich lifi tlen „viel-
fach in Vereins- und Zeitschritten, in Biographien und Büchern aller
Disciplinen zerstreuten Daten" nur ein filr sein Fach begeisterter Forscher
aneignen konnte, ist es ihm in klarer und fet^selnder Darstellung gelungen,
vor unserem geistigen Auge ein leliendipre^ Bild von dem hervorragenden
Antheiie entstehen zu hissen, welchen diis au Mineialschatzen reich ge-
segnete Böhmen an der Pflege der Mineraloi^ie in allen Entwicklnngs*
phasen dieses Zweiges der beschreibenden Naturwissenschaften genom-
men hat.
In dem engen Eabmcn eines Berichtes fSr eine allen F&chcrn der
Mittelschute Rechnung tragende Zeitschritt kann nur in gedrängter Kürze
und nur einiires uns dem reichen Inhalte difses für die Wissenscliafr wie
lur die lleiwatskunde gleich wertvollen Werke«, das sich auch als ein
verlftssliches Nachschlagebuch fSr Loealforachungen erweisen dflrfte, an-
geführt werden.
Das Buch gliedert sich in tiinf CaTiitel, welche die wichtigsten Epochen
in der I'flege der Mineralogie in Böhiuuu abgrenzen und charakterisieren;
wiederholt greift der Verfasser in dankenswerter Weise über die^ies Gebiet
hinaus, indt^m er die I'fle;,'*' der N iturwis.ifnsehaften und die wissenschaft-
lichen Bestrebungen überhaupt in dem betreÜ'enden Zeitabschnitte schildert.
In jedem dieser Onpitel behandelt ein Abschnitt die mineralogischen
Schriftsteller der betreffenden Periode und die mineralogischen Samm-
lungen; in den fieideii Ir tzten Cipiteln finden anch die Mineralienaammler
und der Mineralieuhaadel gt biUeude Berücksichti;,Miiig.
In dem besonders lehrreichen erst«'n <'u]ii t .1 .Die mineralogi.schen
Bestrebungen in Böhmen Iiis y.ur IMItt«' <li's Will, .l.ibrliundiMt-" 7,figt der
Verfasser, wie sich das Interesse gelehrter Männer der Mineralogie nur
allmfthlich und viel spAter als insbesondere der Pflanzenkunde zuwandte,
da im Alterthume und im Mittelalter, „von vereinzelten Verbuchen, sich
zu selbständiger Beobachtung emporzuarbeiten, abg<^'"^hen''. nur jene Me-
talle, Erze und Steine der Erforschung wert gehalten wurden, „welche
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Uterarische Rundschau.
(l<'m praktischen Bedürfnisse, sei es durch tiuhnische Verwendbarkeit mler
iianüeUwert, a^i es uU .Schmuck oder IJeiluiittel oder auti aber<;läubii>eheu
Motiveilt dienten*. Er widmet hierauf eine eingehende Würdigung den
Pionnieren der mineraloginchcn Wiasenaohaft Georgius A^rieola. Jo-
hannes Mathe.sius und Lazar Ercker, die d;us Interissf für die
Mineralogie in weite Kreise der llevülkoriing trugen, auch hochgestellte,
einflussreiche Milnner für di ■ Tflege derselben zu gewinnen wnssten und
im Gegensatze y.u d r bisher herrschenden Richtung «die Anregung su exacten
Forscbungeu gaben''.
Das sweite Capitel schildert die «weite Hftlfte des XVIlf. Jahr*
hunderte. Durch die von der Kaiserin Maria Therr-ia durchgeführte Studien-
reforra wurde die Naturgeschichte und somit aucii die Mineralogie zu-
nächst al» Lehrgegcnutand an der Univer^itiit und hpäter auch an den
neuen Normalhau ptscbulen eingefDhrt; außerdem reihte die Monarchin die
Uergliaukunde unter die exsictr-n ^Vissen^chaften ein. I>ie>ie Maßnahmen
kamen auch der i'liege unserer Wissenschaft sehr zustatten. Die minera-
logische Literatur weist einen außerordentlichen Aufschwung auf und steht
in engem Zusammenhange mit der frischen geistigen Bewegung der damaligen
/•'it. Wrany würdigt gebürend die Verdienste der in dieser Periodt' in-r-
vor tretenden Männer, von denen wenigstens Ignaz von Horn, Franz
Josef Graf Kinsky, Dr. Jobann Mayer und der Biliner Herrschafts-
arst Dr. Franz Anil»ros Reuß hier genannt sein mögen.
Das dritte Capitel beschättigl sich mit der ersten Uiilfte des
XIX. Jahrhunderts. Die Chemie nimmt als unentbehrliche Hilfsdisci)>lin
der Mineralogie Kinfluss auf diesidbe; ferner findet die von Mobs, Nau-
iniiun und Hai<ling*'r iM'ixrüudrte kr\st;illograi»hi>;(li'' Schub' bfi den
.Mincralogeu Böhuiens Einjrang. iiervorgehoben sei aus üiebeui C.iuitel die
lesenswerte Geschichte des vaterlftndischen Museums, weiches in
der Folge auf die mineralogischen Studien in Böhmen fördernden Kinfluss
nahm, sowie die Schilderung der Verdienste des Grafen Caspar iStern-
berg und des i'rof. Franz Xaver Zii)pe. Wer über die wissen.M-haft-
lichen Bestrebungen und Leistungen des letztgenannten verdienstvollen (Je-
lehrti'ti rahchen und sicheren Aufschhns »Tli ilt mi will, winl mit vollem Kechte
nach Wranys Werke greifen. Dem Wirken Zippes, weicher „als der eigent-
liche B^iründer einer wissenschaftlichen Mineralgeschichte und geologischen
Krforschung Böhmens" bezeichnet wird, und seinen Schriften, die hier mit
Ausschluss des teclinist lieu , industriellen oder ökonomischen Inhaltes an-
geführt und auch ki;i/ ( Ii u.ikierisiert sind, sind 20 .Seiten gewidjuet. Miciil
unerwähnt seien hier die von Wrany ent.sprechend hervorgehobenen Ver-
dienste Zippe.s um den .\ufsolnvung des Kohlenbergbaiu's in Hühmen ge-
lassen, , indem Zippe im Kladnoer Becken das Yorhaudeuseiu tieferer,
milchtigerer Kohlenflötze in Aussicht stellte und den Ai^oß daan gab, die
früher wenig bedeutenden oberflächlichen Baue in grfißere und reichere
Tiefen hinabzuführen".
Verwiesen sei ferner noch besonders uul jene Abschnitte, welche
dem Gelehrten Haidinger und dem Dichterfürsten Goethe als eifrigem
MiiK T.il« LT' 11. sowie den in einz' lnen Ordenshäusern Böhmens begründeten
Mineraliensammlungen gewidmet siud. .Auch der beiden Mitglieder des
Allerhöchsten Kaiserhauses, des Erzherzoirs Johann und des Erzherzogs
Stephan, „welche einer seltenen \ t liebe für N.iturwis.sen.schaften folgend,
:iu('h in Böhmen ihren Samtnelriier belrieditrten". gedenkt der Verfasser,
sowie des Umstandes, Uaidingcr den tranvitriol von Joachimsthal dem
Ersberzog Johann zu Ehren „Johannit* und des Sprödglasent dem Erzherzog
Stephan zu Ehren „Stephauit" b»'nannte.
Hinsichtlich des naturhistorischen Unterrichtes in die.M.r l*c-
riode berichtot Wrany, da.ss die Naturgeschichte, die nach dem Schulplane
vom Jahre Ü^'i;') an Gymnasien von Fachlehrern gelehrt wurde, im Jahre
1S]*> aus den Lehrgerrenstäi^den der Gyiunasjen ganz aiHi^evi liiedeu wurde,
und dass an der philosophischen Facultät nur die Stipendisten, Cuu victisten
und vom Unterrichti^lde Befreiten zum Besuche der Vorträge Aber Natur-
geschichte verpflichtet wurden.
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Liiterumcbe luiiulschau.
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Das vierte Capitt l Ithiindelt cltrn „IhiiH'hwung im w i.s*»on4ichaffc-
liclicn Lc'ijen in der Mitte Uea XIX, Jahrbunderts und die Krrichtung selb-
stdudiger L«'lukuuzoln".
Die schon seit längerer Zeit in der Pflege der Naturwifisensclmften
vorlH'ieit»'te freiere Richtung, die in H tiiliuger ihren wänn^tpu Verfechter
hatte, iühit« in der Mitte de.'i XiX. .lahrhuDderts zu zeitgemäßen Kefuriuen
den Qiiierreichischen Schulwesens and zur Orflndnnf; von Instituten, welche
bis auf den heutigen Tag eine segensrei« Ihj Thiitigkeit enttulten, wie et
die im Jahre 18^8 eiöti'neto kuiserl i» Ii »' Akademie der Wi^sen-
iicbal'ten in Wien, die aus dem k. k. montanistischen Musieum im .hihre
1849 herrorgegan|?ene geologische Reichsanstalt und die im Bchul-
jahie 18!l»r»0 untir '/:\]>\>r cvnW'wU^ Montanlehranstalt in l'ribrutn
.sind. Der Ori{unii>at>on cntwurf der (i^ninasien und Realschulen iu Öster-
reich vom Jahre 1849 nahm die Naturgeschichte wieder unter die Lehr-
gegenstände dit s. i An^^talten auf; die naturgesdut ht liehen Lehrkun/.eln an
deü nled^C!ni^^ lM■Il !• arnlt lton wurden <^\\m. iiufgehi.vsen , und tÜr die drei
Zweige der beschreibentien Naturwissenschaften wurden eigene gctreuute
Lehrstühle syMeniisicrt. Auf den neu creierten Lehrstuhl der Mineralogie
an der Pniger Universität wurdi- im Jahre ISH) Di, Au;;iHt Km. l\«uß,
der >ohn des bereits genannten Dr. Franz HeuL>, als erster Vertreter dieses
Faches berufen. Die wifscnschaHliche Bedeutung dieses Mannes schildert
Wrany in seinem Buche mit geUflrender Ansliibrlicbkeit und gibt auch eine
übersiclit :'\)>rr de-'JiMi S't hriftcn.
Ebenso widmet VVrany dem Prof. Victor v. Zeuharovich , dem Nach-
folger des im Jahre nach Wien berufenen Prot Renß, eine dai» lang-
jäluige, höchst verdienstliche Wirken dieses Gelehrten in vollem Maße
wüi ilifjende lirsprecliung und zeigt, mit weUh la-tlosem Fleiüe Zcpharovich
uiit t wt allen (»ebieten der Mineralogie thätig war. Kr rühmt an den
Arbeiten dieses Gelehrten die „außerordentliche Genauigkeit »md absolute
ZuverliUsigkeit" . .^owio die _Ki"u/.e, Kiarhfit ttn»! Ulier>irVitIichkeit" At y
Darstellung Die von Zephurovich in größeren Abhandlungen niedergclegien
Beobachtungen und Untersocbungen werden nun angefahrt und kurz
charakterisiert.
Der Verrif^ser schildert ferner die hinsichtlich der Naturgfschichte go-
iinderten \'L'iliältni»je am polytechni.schen Institute in Prag, clie sieh jedoch
infolge des wiederholten lii'h: er Wechsel." anfangs nicht so günstig ;:e-t alt eleu
wie an der I'nix er-itiif. umi he1)t die Verdienste der an jener Ibn hschuie
thätig geweseneu Lehrer Dr. Friedrich Kolenati, Dr. Fran» Nickerl und
besonders des Prof. Jobann Krejj^i entsprechend hervor. Die durch Lehrer
und Schüler der Montanlehranstalt in Pribram der Mineralogie SQthetl ge*
wordene Förderung wird ebenfalls pin<^''elipnd beleuchtet.
Nun liiiuen .sich auch Lehrer der Naturgeschichte an den Gymna-
sien und K eaUchulen Böhmens durch sehr verdienstliche Abhandlun-
tren als MMarl'eitrr auf dieM-^ni Gebiete ein Die diesbezüglichen genauen,
Wühl ersschöptenUen Angaben in Wninys Buche zeigen, welchen wesent-
lichen Antheil die Vertreter der Naturgeschichte an den Mittelschulen
Böhmens an der mineralogischen Ihuchforschung des Landes haben. Re-
ferent verwei.st mit be oiulorem Nnt hdnn ke :iuf die bezüglichen »ehr le.sens-
wert<'n Abschnitte des vierten und fiintien Capitels.
Das fünfte und letzte Capitel be.sjirieht den Kintlus-! der natio-
nalen TrennmiLT in Hrilme^n auf «lie Pflege der Wissenschaften. Wrany ent-
rollt in demselben mit anerkennenswerter ObjectiviUit ein lebendige» Bild
von den Bestrebungen und Leistungen der beiden da« Land bewohnenden
Volksstamme auf dem Gebiete der Min- ralo.MC
Da^ -tetiir wachsende Interesse {'•ti die Naturwis.sen.schaft' ii rief in den
letzten Juhrzehuteu sowohl iu Prag als auch auf dem Lande eine stattliche
Zufal von Vereinen hervor, die der Pflege der Naturwissenschaften gewidmet
sind und deren vo dienstliche Wirksamkeit auch in diesem Werke nicht
unbeachtet geblieben i.st.
So gibt ea wohl kein nennenswertes Moment in der Geiichichte der
Pflege der .Mineralogie in Böhmen, welches Wrany entgangen wäre.
LiterariBohe RandBchau.
lu'fcrt nt war l»f.st reift, in seiiK'iii Heiirlitn tien Nachweis zu liefern,
luit welch groücu) Eiuste Wrauy au die Losung Heiner Aufi^abe geschritten
ist und mit wf»lch entscbiodenem Erfolffe er diese Aufjr^abc gelöst hat. Das
Buch ist, wie in diesem Herichte ein^^.ings gesuj^t wurde, ein für die WisKcn-
»ehaft wie für die Heiniatskunde gleich wertvolles Werk; i s int zur An-
lichatl'ung für die Äutttikltsbibliotheken wärmätenü zu cuipfeiilen.
Sraicbow. F, Schimek.
Dr. S. May bäum: Methodik des jadisehen Religionsunterriehtes.
Breslau, Verlag von Wilhelm Koebner. 1896. IX und 196 S.
Der ismelitische Keligionsunterricht ist po alt, wie das Judenthum
selbst. Schon die heilige Schrift gebietet in Hi-iu^^ atif Hokonntnis und
Ciebot: ^Und du «ollst sie einprägen deinen Kiudern nml davon leden,
wenn du zuhause s ; - t. oder axü' dem Wege gehst, wenn du dich nieder-
legst tind wenn du auföt<?h.st." IHis»' Allgegenwart der Lehre Itcwirkte,
duüi die Juden ein lerueudea und lehrendctt Volk geworden sind. Diu
Forfchen in der Lehre, welche eine Fundgrube der Gotteserkenntnie und
ein Wegweiser zun» sittlichen Lebenswandel ist, war zu allen Zeiten eine
der höchsten relicriöscn I'fliehten und galt als hohes Verdienst. Dif BeHchäf-
tigung mit iler Lf lir*-. das Verlangen nach deren vollem Verständnisse,
sowie die Berührung mit anderen Völkern führten die Juden zu allen
pisciplinen menschlichen Wis.sr>ns. in denen sie oft balinlneL-ln i 1 , oder als
Übersetzer und Vermittler große Dienste ieisteteu. Die Bedeutung der
.luden und ihres Schriftthums um die religiOe- sittliche Entwicklung und
Cultur tler Menschheit wird noch immer nicht gebQrend gewürdigt. So
behandelt sie unter anderen auch Will mann in «oiner ausgezeichneten
„Didaktik" nicht eingehend genug. Das Verfaiueu im israclitisthcu lieligions-
unterrichte ftndertc sich gründlich nach dem Tode Mendelssohns. Iiis dahin
oblag man einerseits dem (iiullcnstudium, andererseits der praktischen
Bethätigung der Ueligion. Je grüber aber seit Anfang diesem Juhrbunderttt
der Widerspruch zwischen Lehre und Leben wurde, desto^ mehr fShIte
man diis Bedürfnis, die israelitische Jugend mit dem Inhalte ihrer Beligion
vertraut zu machen. Ist der israelitische Keligionsunterricht in seiner
heutigen Systematik und Form eine ziemlich junge Diticiplin, so ist dus
Streben noch wissenschafblichem Durchdringen derselben noch jüngeren
Datums. 8o ist dio Metlindik von Maybauni. eines Meistor.s der K'.mzcl-
bcredäamkeit, der aber auch die Wissenschaft und praktische Theologie
bereichert hat, das erste syi^tematinicho Werk über diesen Unterrichtszweig.
Der Verfasser kam damit einem lange empfundenen Bedürfnisse entgegen.
Mavhanm wirft in der Einleitung einen geschichtlichen Rückblick, bespricht
dann die vorhandenen Lehrbücher und formuliert Idee und Zweck des
jQdischen Beligionannterrichtes. Hierauf folgt die ErgrQndung der inneren
Structur des Lehrstotl'ef, di>s j^^t -schiclitlichcn sowohl, wi»^ auch des hebräischen,
der (lebete- und Bibelübersetzung und Liturgie und der systennitischen
Religionslehrc und zum i;chlu.s,se die Erörterung der Lehrmethode. Da die
letztere zu allgemein gehalten ist und sic h nicht auf den CJruppenunterricht
und die verschieden, n .^'tnfVn erstreckt, kann dieses treftliclie Work trotz
der Fülle der Anregungen und W'inke eher eine Einleitung in die
Methodik genannt werden. Auf diesem Gebiete gibt es noch ein weites
Feld, d a> fh'r Bearbeitung seitens der Fachmänner harret. Der von MayL>aum
mit Vorliebe gebrauchte Ausdruck: (lottesebenbsMIi* hkeit ist unschön »jnd
kthmte wohl ohne Bedenken durch Gottiihnlichkiit ersetzt werden. Im
ül)rit,'en ist al . r .Maybaums Methodik allen Vertretern des israelitischen
Iii li<,'ion9fache8, die bisher nnr auf die eigene, sfille Arltrit angewiesin
waren, aufs wärmste zu emptehien. Sie erhalten emen verlässlicheoi
trauen Fflhrer.
Reiche nberg. Dr. Ilofinann*
uiyiii^ed by Google
Literarische KuiuiM:Uau.
asi
Dr. Th. Tu petz: OvMh pirfu» des A. Comenias. Mit 3ß Texibildern.
Preis 30 kr. W) Pf. - Teinpflltj,
Da.s l>e<l»nit*»mlste l'roiluct au.«* der fruchtbaren f-chriftstelbM i«ohen
Tlütigkeit deg großen .Neueren}'' Couienius, wie iiuuuier ihn mit üecht
nennt, lif^t in einer von dem gewiegten Pftda^ogen Tupets beiorglen, auch
iiuÜerlii Ii lobenswert ausgrstaf tftcii und höchst billippn Ansjjabe vor. Kine
sorgfUltij( abffefiisste Betracbtunj; des liOben^ und eine einj^flu nde W'ürdij^ung
der wiMemchaftlichen Arbeiten de.s Comenius geht dem i'i^ewtlichen Texte
dcH orbU pietwt voraus, jener ,Welt in Bildern", in der auch der kleine
OJo.'tho geblrittert h.it Was H imiiii-1 und Knie, wns das gesammte monsch-
liche Leben der kindlichen Anschauung zu bieten vermag, ist in dieser
Schrift von Comenina bildlich darßestelitf trowie lateiniech und dentech
litsrlirit'bpn. Tupetz fugte ühpidirs unterhalb de» Textes im. h manche
Bemerkungen bei, die awar durchwegs richtig, bisweilen aber zu selbst-
verständlich «ind. So wird z. B. i^eite 11 die Comeniscbe Cbersetzung
,Wer wird mir das lehren?" nnt der Anmerkung vergehen: .Bichtiger
wäre: mich". Da hatten vielleicht im ra|iitt'l ivacintin Uni h\\^dv\\cV<' wie
, Wirte iL" und „Weiffe" eher einer Erklärung bedurft, da die aus dem
Originale entlehnten Abbildungen doch .recht unvollkommen" (vergleiche
8«'iri' M) sind. .M)^'i>«;eh»'n von diesem kleinen, leicht zu behebenden .Mangel
kann diene Schulau.sjiabe nur aufs wärm.ste empfohlen wenlen. Sio wird
durch den von Tupetz in Aussicht gestellten Anhang grauimalikali.-<cli-
lexikaltscher Nator eine dankenswerte ErgSnznnip finden.
Eger. Dr, Simon.
F. Klein: Vortpflge Aber ausgewfthlte Fpftgren der Elementar^
geometrle. Ans^cMrbeitet von F. Tä^'ort. Kino Festschrift SU der
l*tin«,'^tcn i W.o in finttin^^pn st alt findenden dritten Vemmmlunj» des
Vereines zur Förderung des uuithematischcn und naturwissuuschaft liehen
Unterrichtea, V und 66 pag. Leipzig, B. G. Teubner. 1895.
Des Öfteren schon wurde gegen Professoren der Mathematik der Wm-
wtirf erhoben, da^^'* sie in ihren Vorlesungen an der f 'nivornität auf dit»
Wünsche und Bedürlni.'^.se der elementaren Mathematik viel zu wenig ^ie-
wicht legen. Umsomehr mum es anerkannt werden, wenn ein so bervor-
rau'endi'i- (Irldn ter , wie es Prof. Felix Klein in Oöttirigen ist. sich direct
die Autgabe steilt. „djis Studium der Mathenuitik an der Universität mit
den Interessen der Schulmathematik mehr als sonst üblich in Verbindung
zu bringen", und nich äußert, dass es ihm ein Ver^juiigen mache, seine
(ledaTiken in dieser l'icliturif^ zu entwickeln Da-i Bnclilcin, das auf die-i»
Weise aus Vorlesungen entstanden ist, welche Prof. Felix Klein vor einer
größeren 'i&abl von ZuhSrern gehalten hatte, Theilnehmern eines Ostern
1894 in Göttingen abgehaltenen Fericncurses — und «las als Festschrift
der Versammlung des- V^ereines zur F«"rdernnfj dr> niathcmatischen und
physikali.schen Unterrichtes gewidnx't wurde, welche l'lin;.,r<ten 1895 in
Göttingen tagte, — verdient nach jeder Bichtung den Namen einer Fest-
schrift, und •>> wäie rn wünschen, dara os in der Hand eines jeden Gym-
nasiallehrers sich beünde.
Er wird darin ebensosehr Belehrung fiber manche Fragen der Geo-
metrie finden, welche die Elenientargeometrie bisher mit Stillschweigen
übergieng, als auch Anregunff, indem da« Hnrhlein diese Prnhlcmo nicht
in der Weise der Schule, sondern von einem höheren («esitht**punkte aus
behandelt und so den Leser, ohne weitere Kenntnisse aus der höheren
Analysis voran- '•i 'V.pn. als dif t'inf.u h-tcn Eii,'eii>( li.irti'ii der I'xiton.mtial-
function, mit den letzten Kiruogenschaften der modernen Mathematik be-
kannt macht.
Die Fragen, die da vorgcfÖhrt werden und bei denen es sich nicht
sosehr nm ihre Auflösung im einzelnen Falle als vielrTirlir um die Mög-
lichkeit, respectivo Unmöglichkeit einer Lösung überhaupt handelt, sind
vorzugsweise jene, weiche schon im Alterthume im Vordergründe des
332
LiterariiK;he liuntUcbau.
Tntercs^ps gestanden nnd, nämlich: 1. das Problem der Verdoppelung des
Würfels, auch das dolische Problem genannt, 2. die Diittboilung eines be-
liebigen Winkels, 3. da<) Problem der Kreiathcilung und 4. die Quadratur
des Kreises, d, h. die Construction von k.
Das erste Capitel behandelt die drei ersten Probleme. Es be^rhüfbifirl
sich zunächst im allgemeinen mit solchen iilgebraiscben Gl« ii Innigen,
weiche sich auf Quadratwurzeln zurückführen und daher mit Zirkel und
Lineal construetiv I6sen laiHen. »teilt sodann die specielle Gleiebun|:r dritten
Unules auf, auf welche das deliscbe Problem, sowie die Aiir^,';iI»o <ler
Drittheilung eines beliebigen Winkels führt, geht wei^pr auf die (tauß'-
sche Theorie der Kreistheilung ein, worauf e« aut Grund dieser Theorie
eine vollständige CJonstruction eines regelmäßigen Siebzehneckes gibt und
im J?€hlns?jcapitel endlich, die gefundenen l'r>sti!tate zusainnienfa>'*end. sii h
zur Frage wendet, wie «chon die alten Griechen vergebens eine Lüsuu^
dieser Aufgaben mit Zirkel und Lineal gesucht haben und sodann algebrai-
•eheCnrven höherer Ordnung, als es der Kreis und die Kegelschnitte sind,
Eur Lösung vorwendetr»«.
Da« Ävveitu Capitel untersucht das Probleui der Quadratur des Kreise«.
Es geht zunächst auf den Unterschieci i^wischen algebraischen nnd trnn-
scendenlen Zahlen ein, gibt einen l'owois für die E\i4(»nz der letzteren,
.schildert die VeiMu he zur Berechnung uml Con--lructiuii von r: von der
ältesten bis zur neuesten Zeit ('^^( j)" Papyrus Ahmcs, 2ut>0 ?. Chr.;
der Bibel, >Tc>:i ^ von Archimedes u. s. w.\ worauf es, was
eine F!rrungenf' h;ift d n- letzten Jahrzehnte ist iHer.nite 1874, Lindemann
1882), die iransceudcnz von n und duuiit die Unmöglichkeit der Kreis-
quadratnr in ^iel allgemeinerer Art nachweist, als das Problem nrsprQng«
lieh gestellt war. „Damit,'' heißt es im Schlußworte, „ist dieses alte
I*rnb!iMn im negativon Sinnn IxMntwortet Nicht nur e* tuiin(iglich, r:
mit Zirkel und Lintui va\ i oh >t ruieren , sondern es gibt audi keine durch
eine ganzzahlige algebraische Gleichung definierte C'urve höherer Ordnung,
von wflchiH - iWe einem rafioiialcii W eite der Abscisse ent.sprt'i bcnde Or-
dinale jst." Zur wirklichen Construction von n bedarf es also eines „tran-
seendenten" Apparates, welcher eine „transcendente" Gnrve in einem Zuge
liefert.
Diese nur zu kui-ze Skizze kann natürlich kein erscIiiii.fV niles Bild von
dem überaus reichhaltigen, belehrenden, sowie historisch intcrt's.santtMj In-
halte des Buches gt'ben. Sie möge nur dazu lieitragen, manchen Collegen
auf dasselbe aufmerksam zu uiachen. Der Nutzen für den mathematischen
Unterricht wird nicht ausbleiben.
Arnau. Dr. S. üppmheim.
Programme,
B. Bumbacu: Die Conjugation Im Rom&nlschen In Ihrem Verhält-
nisse zur lateinischen. Programm Suczawa 1H84.
Prof. Bumbacu erörtert im ersten Th' ilo dor Arl»eit {)). 2 bis 7) uiit
anerkennenswerter Pnisicht die Frage, welch»' luteini-cbe V'crbalformcn
hei hloü lautlichen Veränderungen im Huniiinischen behalten wurden,
ferner welche I.itcini-i lh' Verbalformen im nmu.ini'i h» n keinen Boden
linden konuten, ioiglich durch andere ersetzt werden mussteu.
Im Activum respondieren den lateinischen Indicativformen am,
ni'ahnm , nrarl, nravt-rnm die rumänischen am, nt'mn, avui. nrnsrin,
während di<» beiden Putura im Kuu)änischen durch Luiscbreibung ge-
bildet wertlen {min am, vniu fi fast rnuitu); die Conjuncti vformen artiHy
arnnm. orarrrini, am {ri)it9fnn wi-rden mit Ausnahme des Präsens («re)
gloichfälls umsebrielt.'ii. Int]iei;it iv l;it, ara — rtün fim , Inf. amv —
am ire) iL'articip ferventcm — finbmte)\ das runiänischc Gerundium ist
indeclinabel, dan Snpinnro lautet araiu (lat. aratttm).
üiyiiizeQ by GoOglc
Literarische Bnndschau.
D.iH lateinl-rlie Piusivuin ist im TTurnniilscIji'n mit Ausnahme des
i'articipiuius Perfecti (arcUus — aratu) nicht zu linden und wird zumeiät
durch daa ReSexiTum enetst, s. B. laudor me laudu. Die lateiniachen
Deponentia und Semideponentia sind aelbstvent&ndlicb auch nicM ver*
treten
lui zweiten Theile (p. 7 bis 15) werden die einfachen Fiexions-
forroen der sogenannten ref^elmilßi^en Verba im Rumänischen in ihreoi
wissenscbaltlicin n N'i'rbiiltnisse zu den latt inisclu ii t irr/eln behandelt (Inrli-
cativ Präs., luinerf., Perf. . Plu^ijuanipert., Conjunctiv Präs.; Imperativ,
Inänativ, Gemnuinm, 8upiiuim , worauf die urnttcbriebenen oder zusammen-
ffeüet/ti'ii Coiijui^ationsfürmen foljjen.
Im dritten Thoile rK'atort der Verfasser sach- und fachj^emäß den
Unterschied der Verba nach den Conjugationen oiler F'iexionsarten. Wie
im lateinischen, ebenso gibt es im Rumänii^hen vier Conjagntionen (eiffent-
lith lediu'li'h eine', dir» nach Lleti-clbcn Lbaraktoiisti.sijir'n Vocnlrn unter-
Rchieden werden. Die Trübung der Vocale und der Übergang der Kehl-
laute c, g vor e. i in Palatale wie im ItalieniBchen, desgleichen der Den-
talen t vor t in / ^ 1z und <i ^ des Sibilans s vor i \n § = sch
9'md in fb>n rumänischen Declinationen nnd Conjugationen in feste, laut-
gesetzliche Bahnen gewiesen.
Der letxte AbMshnitt (bis p. 2)2) enthält eine Obersichtliehe , wohU
geordnete B«'trachtung df r vi<'i rnnju;^Mtion»ni im rMii/elin n. Im Kumänischen
haben sich alle vier Conjugsitionen erhalten, während die übrigen romani*
Beben Sprachen die zweite und dritte in eine contrahiert haben.
Die erste Conjugation hat im i'rtUpns eine gemischte Flexion, und
zwar (lif q-pwöhTili' h*» einlache und die durch die Endsilbe ez verstärkte;
die betonte Flexionsendung ez wird dem ^^tarame angegliedert, so dass an
den derart verstärkten Stamm die Peraonalendungen treten. Die Ver*
stärkiin;,' bleibt jedoch nur in den drei Personen der Einzahl und in der
3. Plur. dea Präsenz Ind. und Conj., dann in der 2. Sing, dos Imperativs,
Die Verba, die jene Verstärkung erhalten, sind gröbtentheils abgeleitet.
Viele von diesen Verba gehen nach der reinen und nach der verstärkten
Flexion zurrieii h !»ie 2. Conjugation unterscheidet sich von der dritten
nicht nur durch den betouten Ableitungsvocal des Inf, Präs., sondern auch
durch die betonte Plexionaendnng der 2. und 8. Plur. Ind. und Conj. PrSs.
Der Aus;_'-ati<; c nlM-rt^it'iiL,' in / fiiiit Au.>nalinn' von fitipf'\ 'hu:). Zur
3. U'ii.juLration gehören die Verba, deren Int. Präs. auf ein unbetontes e
endi«,'t J'aroxytona): sie unterscheiden sich von den Zeitwörtern der
2. Conji]i,'ation durch die 1. und 2. Person Plur. Ind. und Conj. PrJis. und
durch die 2. Person Sin^'. des Imperativs. Die 4. Conjugation schließlich
hat den Ableitung« vocai i im Inf. Prä», und io antieren Verbalformen.
Auch bei dieser Conjugation ist eine einfache und verstärkte Flexionsweise
vorhatidt-n Verstärkung besteht in S(\ welches mittrl-f des Piude-
vocals e an den Verbalstamra angegliedert wird, z. B. infiorif Stamm
tnfloTf Präs. Ind. inflorescu, lat. Inchoativform infloresco.
Zun Schlüsse noch ein Woi t. L>er Herr Verfasser schreibt irrthum-
lich ,roniäniseir statt ^.rumänisch". Man darf doch nicht rumänische
Spracbeigenthümiichkciten in die deutsche Sprache hineintragen. Gärtners
respective Untersuchungen und ihre Ergebnisse werden lur Dnrnachachtung
Wärmstens einiifohl-'ii. Hinter ^\vv Si-iireiuiuij^' „roinäni^ch" sterkt Iedi<;lich
die national-rumänische, jedoch nicht die spracklicb-deutscbe Überzeugung.
>'r. Schubert: Zur mehrfachen präflxalen Zusammensetzung im
GrieehiSChen. Programm des Obergymnasinms in Prag (Kleinseite) 1893.
Diese äußerst gediegene Arbeit terfftUt in den allgemeinen Theil
f Allgemeines und Statistisches) S. I bis 31 und den besonderen S. 34
bis G4. Der allgemeine Theil enthält die Definition und die liestimmuog
der Präpositionen, die fiesamnitzahl der prätixalen C'ombinationen auf dem
Literaturgebiete von Homer bis Piaton (circa 160), die Erörterung der
Wortart dieser Composita, die Hepartierung der 160 Combinationen auf
„Oiterr. Mittelichale". XI. Jahr«. 23
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334
Liierarische Rundschau.
die einzelnen Cliissiker und die Eintheilung der Priipo-itionen mit Rück-
sicht auf die Conabinationsfähigkeit untereinander v<lrei (irujjpcn) nacli ver-
schiedenen, höchst iiiteressiinten Gesichtspunkten. In dem besonderen 1 heile
der Arbeit sind die Zusammensetzungen mit ajJLfi, iva (ivä als 1. Element
der Combination, «vd als 2 Element der Couibination --'>■'>.), die Ver-
wendung im eigeotlichen, und zwar räumlichen Sinne (Au!>drücke der Be^
wegung und des Gegentbeil«), die Verwendunfr im eigentlichen, aber nicht
räumlichen Sinne, die Verwendung im fij^'urlichen Sinne (immaterielles
iSubject, immaterielles Object, beide immateriell, immaterielle Tbiltigkeit),
schließlich andere priLnositionale Verbindungen und die Casusrection be-
apFoehen. — Ausgezeichnetes Wissen und unverdrossener Fleiß charakteri-
sieren jedes Blatt dieser sehr empfehlenswerten Arbeit.
J. Chrapek: ModzaJ rzeczinvniköw ni^mieckicli (Das Gesehlooht
der deutsehen Hauptwörter). Proffranm Ztocsdw 1896.
Der Vmihsser stellt auf Orand mehrerer Bchnlgraramatiken vorerst
(p. 6) sieben Gruppen verschiedener Endnn^'en dtMit-ch'n- Sultstantiva auT,
wozu am Schlüsse der Arbeit (p. 28 ü.» eine Zusammenstellung der
Endungen und Ausnahmen der drei Geschlechter als Ergebnis der eigenen
Untersuchung gebracht wird. — Wiis die sogenannten Irregolaritäten der
deutschen Sprache anbelangt, so wilre es angezeigter gewesen, dieselben in
Form von Fußnoten unten anzubringen, wodurch viel Haum erspart und
die Übersichtlichkeit gefordert worden wftre. Auch Ifisst die volietftndige
Durcharbeitung des freilich sehr reichlichen und oft schwer zu behandeln-
den Stottes einiges zu wünschen übrig, wenngleich die Anlage der Arbeit
und der Fleiß des Herrn Verfassers ohne Zweitel volle Anerkennung ver-
dienen. Eine Umarbeitung die-^er im allgemeinen guten Arbeit wäre unseres
Erachtens der Muhe wert und k' i ntc das Hüchlein zu einem branchbaren
ächulbehelte umgestalten, desi^en bxistens in viekprachigeu Schulen um
desto berechtigter wftre, als der Gebraneh des deutschen Artikels den
nicfat-dentsehen Schfitern notorisch große Schwierigkeiten bereitet.
Socsawa. Kttezyt^iki*
Für die SchülerbiblioLhok.
Unser Wien In alter und neuer Zeit. 'lopographisch-historiHches Hand-
buch. Von M. Habernal, Lehrer an der tc. k. Lehrerbildungsanstalt in
Wien. Mit 31 Abbildungen und 2 Plänen. Wien and Freibarg i. B.»
B. Herder, löaß. VlII + 371 SS.
Die Geschichte nnd Topogni|)hie der Stadt Wien darf im wesentlichen
als ein wohlbebantes Feld bezeichnet werden. Mag noch die Deutung
manches Namenf, wie selbst die von Vindobona, Wien, strittig sein, im
ganzen und groben ist doch lür die Localforschung eine sichere Grundlage
geschaffen, aof der weitergebaut werden kann und zu Aet bei freilich
manchem schweren Verluste die Um- und Neubauten der Gegenwart immer
mehr Material liefern. Diesen günstigen Stand der Sachlage verdankt man
dem r^n Interesse und der Bemflbnng aller jener Forscher» die seit Pnbr^
manns Daratellaog um die Mitte des vorigen bis auf Geusa und Uormayr
zu Anfang unseres Jahrhunderts , sodann Schimmer, Schlaffer, Tschischka,
Camesina, 11g, Kisch, Weiß u. v. a. in unserer und der ihr vorausgegangenen
tieaeration ein gut Theil ihrer Kruft der Erforachnng Wiens nach der
historisch -topogra])hi8< hen und künstleris» hen 8t Ite jj^ewidmet haben. Da
aber die Monographien und zusammenhängenden Darstellungen der zum-
theil erwähnten Forscher ihrer Nator nach und wegen ihrer Kostspieligkeit
nicht Geniein^nit der breiten YolluBchichten werden konnten, so machte
»ich da« Bedürfnis nach einem knr7.£refa«»8ten, übersichtlirhen, billigen und
dabei doch gründlichen Hatid buche über Wien schon längst fühlbar. Der
Verfiuser ist diesem in einer so gelungenen Weise nachgekommen, dass
ihm hieffir besonderer Dank gebfirt. Dos Gebotene ist eine dorchans
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Literuriachc Huud«cbau.
335
grttndliche und nchSne Arbeit, die vna niemals im Stiebe iftnt, fast fiber-
all Aurschliis-' Lri1»t oder wpni^^Ftens auf dio » Im- nliigige Literatur, auf
der 8ie in reichem Maße fu(.^t, hinweist- Von Kthlorn oder Irrthüniern
sind dem Referenten nnr aufgefallen, dass auf Seite 2B die Gewinnung
Noriiums dnrch die Kniiicr strttt in das Jahr 15 vor Chri»>ti Geburt in
das .Jahr 15 nach Christi ildxirt verlegt wird, wie denn weiter auf Seite 64
daa k. und k. Hofkammemrchiv in der Johannisgaase der inneren Stadt
ab k. k. bezeiobnet witd. Da der Autor bei der Abfeasnng «einet «ebr
verdienstlichen Buches vornehmlicli die Zwecke der Bildung im f rer
Jtigond im Auge hatte, so sei es fQr die ^chülerbibiiotheken unserer Mittel-
schulen aufis wärmste empfohlen.
Bielita, S, Oorge.
Eingelaufene Drueksehriften.
Dr. Jobn Koch: Praktisches Lehrbuch zur Erlernunsr der firan-
zAslsehen Sprache. I. Theil. 2. A uflage. Berlin 1897 (Goldschraidt).
Dr. John Koch: Praktisches Lehrbuch der engUsehen Sprache.
I. Theil. 5. Auflage. Berlin l»y7 (GoldschniidtV
A. L. Hieknann! d. Fpsytaffs Relehsraths -Wahlkarte aller fttiif
Curicn von Osterreich nebst statistischen Daten über die
Wahlen 1873-1897. Wien 1897 (Kreytag und Berndt). 1 ft.
Jahrbuch des höheren Unterrichtswesens In Österreich. Bearbeitet
von J. Neabauer und Dr. Divii. X. Jahi^sang. Wien und Prag 1897
(Tenipsky). G, 1.. 3 fl 00 kr.
iSammiung' Guschen: Indogermanische Sprachwissenschaft von
R. M er Inger. Deutsche GpammatUc und kurze Geschichte der
deutschen Sprache von Dr. 0. Lyon. B. Auflage. Deutsche Rede-
lehre von Hans Prob8t. Leipzig lö97 (Göschen).
Dr. Edmund Wilke: Paris: Prowenadest daus lacapitale de la Prance.
•Mit Anlehun^ an das Ilölzelbild .Paris". Leipzig und Wien 1897 1 (ierhiird).
Dr. Edmund Wilkr-: London: Wölk.« in flu- ]\Mriipolis of England.
Mit Anlehnung an diu* Hölzelbild »London", i^eipiig und Wien 1Ö97
(Oerhard>.
StrelfzOge durch Wald und Flur. Einr Anlt itnnj.r /ur B. ol-achtung der
heimischen Natur in MonatHbildern. Für Haus und »Schule bearbeitet
von B. Landsberg. 2. Auflage. 84 Illustrationen. Leipzig 1897
(Teubner) 5 M.
Abriss der Geschichte der deutschen Natlonalllteratur nach
ü Brugier. Bearbeitet von E. M. Harms. 2. Auflage. Freiburg i. B.
1897 (Herder).
B. Kozenns geographischer Atlas für Mittelschulen. Vollst^'indig
neu bearbeitet von V. v. Haardt und W. öchniidt. Ö4 Korten auf
56 Tafeln Wien 1897 (Holzel). Geb. 3 fl. 80 kr.
Freytags Sammlung französischer und englischer Schriftsteller.
Für den Si hnl^'t'liraui li litTnn'^rfPtrphen. f Theil: PÜid- inm^' und Text.
II. Theil: Anmerkungen und Wörterver/eichnia. Wien und l'rt^f 1897
(Tempsky). — Hector Halot: En famiUe* Von Engene Parieelle.
Gel*. 1 H. G l?runn: T.r to^ir tie In France par deir r rn-
funts. Von Erwin Walther. Geb. 85 kr. — Mrs. Gaskell: Cranford.
Von Immanuel Schmidt. Geb. 1 fl. 10 kr. — Margaret Gatty:
Parables fromNature. Von Adolf Müller. Geb. 7.5 kr. — }•>( k-
tnann-Chntrian: Deux contes populalres et deux contes des
bords du Rhin. Von Dr. A. MQhlan. Geb. bd kr.
Freytags Sehalausgaben und Hilfsbacher fttr den deutschen Untere
rieht. Leip/iix 1^^»7 (FicytagK — Auswahl aus mittelhochdeutschen
Lyrikern. Für den Schulgebrauch herausgegeben von Paul Hagen
und Thomas Lenschau. Geb. üO l*f. — Goethe: Kleinere Schriften
für Kunst und Uteratnr. Herausgegeben von G. B^t^iieher.
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336
Literarbclie Eundachau.
Qeb. 80Pf. — Emile SoaTestre: I/eseiave Wlk^ l'appi*enU, Von
Friedr. Speyer. 75 kr
Andreas Weidner: Sehüler-CommeDtar zu Tacitus* historischen
Schriften in Auswähl. Wien nnd Pmg 1897 (Tetnpsky). Geb. 1 fl.
Wenzel Kvnier: C Jitlii fMefutris de heilo civiti oommenta-
rius Iii, Wien und Pia^r 1^07 iT^nii'^kv i {U>h. fiO kr
£. Machs Grundriss der Naturlehre für die unteren Classen der
mttdlsohulen. Ausgabe für Realschnlen. B^rbeitet von Dr. Habart,
?. Anfl ^^ • 1^ i:i ! IVa- rs96 (Temi.>kvi CuAk 1 fl. 15 kr.
H&uflgkeits -Worterbuch der deutschen Sprache. Festgestellt durch
einen Arbeitsammehna» der deutschen ätenogmphiesyateme. Heraoe-
gegeben von K. W. Kaeding. Lieferatig 1 und 2. Steglitz bei Berlin
1H97 (Selb.stvcrln-)
Franz Studei mann: Die Bürgschaft. (Separutabdruck de^ Jahrein-
berichte«« des k. k. Staatflgymnasinm« in Tnest aus den Jahren 1896
und 1897.1
Schulbibliotbelc französischer und englischer Prosaschriften aus
der neuen Zeit. Mit be«onderer Berflcksichtigung der Forderungen
fU'i nciitn Lehrpläne. Herausgegeben von Ünhlsen und .1. Honges-
bach. Berlin 1897 (Gärtner). — Onl riel Kerry: Contes Choisis.
Bearbeitet von J. Peronne. — E. Froin entin: U»t el^ dans le
Sahara, Herausgegeben von G. Nölle. - H. Pigeonnean: JUUtolre
du romiiwrcr tfr /a Vt-fUiic. V> n W (M. ir. Tohn Stuart
Mi II: O/i Ijibcitf/. Bearbeitet von K Wehr mann. — ÄHcott
B. Hope: Uoliddii Störten» Von J. Klapporich. — South Africa»
Sketches by A Trollope. J \. Fronde and Lady Bark er. Heraus-
^r«>at']ien von K. Fi>y f*ral.»<'nii.
Sammlung englischer Gedichte fUr höhere Schulen. Herausgegeben
und mit Wörterverzeichnissen vergehen von O. Boensei und W. Kick.
T uinl IT. f*;iii<li hen. Mit einem Melodienauhnnge. Berlin 1897 (<I.irtnerl
A. Göller: Tum- und Tanzlust. 80 volksthümliihe lf>irht spielbare
Lieder mit Tanzweisen und anderen Tonstücken in geeigneter Ver-
bindung zur Begleitung der TamQbnngen der Müdchen nnd Knaben.
Karlsruhe 1897 (Braun i.
Ausgewählte Reden des Demosthenes. Für den .^chulgebraueh heraus-
gegeben von Ed. Bottek. Wien 1897 (Hölder). Geb. 70 kr.
Dr. K. Frit.^cb: Excursionsflorn für Österreich. Wien 1^97 fn.roMl
T>r. Gustav Albrecht: Die Elektricität. Heilbronn 1897 (Schroeder).
Homers Odyssee, übersetzt von J. H. Voss. FOr Schnie und Haus be-
arbeitet von Dr. B. Kuttner. Frankfurt a. M. 1897 (8aiierlaii<l»'i .
Dr. Jos. Kubik: Realerklftrung und Anschauungsunterrleht bei der
Lectüre Ciceros. Wien 1896 <Hölder).
Deutseh -Osterpelohisehe Llteraturgeselilehte. Ein Handbuch sur
Gesc'hii lilf il< r deut«rh( ii I'irhtuiig in r)sterr«'ich • Ungarn. Heraus-
gegeben von J. W. Kagl und J. Zeidler. Wien 1897 (Fromme).
1 Lieferung 60 kr.
Hans Hiirtl: Lehrbuch der Plantmetrie. Leipzig nnd Wien 1896
(Deuticke) 1 fl. 40 kr.
Jos. Gajdeczka: MaturitÄtsprüfungsfragen aus derPhysllc. Leipzig
nnd Wien 1897 (DeutickeV
Dr. F' iKinuei Witl;ir/.ii: Pratcrbuch. Ein Führer zur Beobachtung
des Naturlebens. Wien 1897 (Hölder).
Gio. Meli: Grundriss der italienischen Grammatik fOr Schul- und
Privatgebrauch. Leipzig 1897 (BrookhauKt
Sehulbibliothek französischer und engflischer Prosaschriften aus
der neueren Zelt: itiateurs fran^nia drpititt la rl'volution
jufiq' ä> no8 Jtntrs» FOr den Schulgebrauch hemnsgegeben von Th.
E n g w e r. London TJfe and Intttitutions 1 » v W ( 1 . • r «1 r. n Für dfni
Schulgebrauch bearbeitet von R. Ackermann, Heriin li597 (Gärtner).
Dr. Franz Thalmayr: Goethe und das classische Alterthum.
Leipsig 1897 (Fock).
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Ehrung des Herrn Hofrathea Anton Martteb. 337
Ehrung' des Herrn Hofrathes Anton Mareseh.
Aniru^Hrb den Scheidens des k. k. Liindes-Schulin^pectors Herrn Hof-
rathes Anton Mareseh an«ä dem Amte wurde in Schulkreisen der
Gedanke angere^^t, das Arulenken des hochverdienten Schulnianneü durch
eine Kundgebung zu ehren. Der Ausschu;» dea Vereine» „Mittebohule"« mit
der Aoifllbmnjr dieiea Gedankena betnnt^ entaehied aich für die Über»'
reicbnng eines Albomfi. Die Anregung fand allgemeine Zuatimmong, die
in der aabireicben Betheilignng ans Schulkreisen anm Anadmcke kam. Am
8. Mai 1. J. wurde ein knnstToU ausgestattetes Album, das die Bilder von
beinahe 800 Schulmitnnern ans allen Theilen dea Reiches enthielt, durch
cinp De]intation, bestehend aus dem Herrn Repiernn^srathe Friedrich
Shinieczka und den Herren ProlV. (1. Schlf-'^'l und Dr. J. Kukutscb«
dem Herrn Hofratbe Mareseh in seiner Wohnung überreicht.
Der Sprecher der Deputation Herr Eegierungsrath .Slamecv.ka hob
in warmen Worten die Kioß^n Verdienste dea nach vierzigjähriger Thätigkeit
ans dem Amte acbeidenden Schnbnannea hervor nnd bat ihn« das kleine
Zeichen der Verehmng freundlich ansnnebmen und allen denen, die mit ihm
in dienstlicher Beaiebnng gestanden, ein frenndlicbea Andenken an bewahren.
Der Jubilar dankte, aichUich gerflhrt, Hlr din ihm gewordene Ehrang. Sie
bilde die schönste Erinnerung an seine Wirksamkeit, der zu entsagen ihn
Rflck-^irbten auf pi^'ine Gesundheit gezwunrren haben; die sinni'^e Klifen-
Efabe wenie liin .stets an seine bewährten Mitarbeitt^r an einem etlleTi
Werke erinnern, und bei der Betrachtung^ ihrer Bilder werde eine vierzig-
jährige Vergangenheit vor seinem Geiste erstehen. Mit dem Ersuchen,
allen Herren, da er es peiaOnlidi nicht an thun Tormöge, seinen besten
Dank au sagen, verbinde er die Bitte, auch ihm dn freundiichea Gedenken
au bewahren*
.ÖsU'rr. .MitU'lfuhiilf ,\|. Jahti;. 24
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338
VIII. allgemeiner deatscher Neuphilologeutag.
VIII. allgemeiner deutseherNeuphilologentag.
(Wien, Pfingsten 1898).
Auf dem letzten allgeuifiiien tlentHcheri Neuplulülogentii^ üu ILun-
burg wurde Wien als Ort der nächsten, zu Pfingsten 1898 stattfindenden
Vemnimlimg gewählt Der nene Vomtand besteht ans den Herren: Hofrath
Prof Dr. J. Schipper (Wien), Bealschnl-Dir. J. Fetter (Wien) und Renl-
gymnaaial-Prof. Dr. G. Wen dt (Hamburg). Dai hohe k. k. Ministerium itlr
Oultus und Unterricht liat dnm Wiener neuphilolo^'i.schen V^einOy welchem
die vorbereiten<1e CleschäfLsfilhrung zufölH, die 7olIe moralische und eine
nftinhafto in itf rii llo rntprstiit/unj^ zugesichert. Dor genamitf Verein hc-
absichtii^t nun, (U-n Theilnehniorn außer fincr < ieU';,'t'nhpitas( hntt noch eine
zu einem Baude vereinigte Anzahl von Prograuiuiarhei len gernianiHti-
schen, anglicistisehen und romanistischen Inhalts ah Fetitgabc der öster-
reiehisehen Mittelschulen in bieten. Es ergeht demnach an alle Herren
Mittelichul'Directoren nnd •Professoren» welche in diesem oder im kommen^
den Sehuljahre eine in diese Fllcher einschlagende Programmarbeit sn
veröffentlichen gedenken , die höfliche Einladung, dem Wiener nenphilo*
logischen Vereine auf seine Kosten je SOO Stück SonderabzOge davon sn
genanntem Zwecke zu überlassen und eine diesbezügliche Mittheilung
ehestens an die Herren Schriftführer des Ver«'inrs richten zu wollen, und
zwar tiir germanistische Programrae an Herrn l'rivatilocenten T>r. H. M.
Jellinek, Wien, VlIL, ökodagass'» 12, fiir angliciMti^che an Herrn Real-
schul-Prof. Dr. Alois Würzner, III., Geologengasse 5, und für romunisti-
sche an Herrn Realschul-Prof. Dr. Matthias Friedwagner, XVIIt., Stand-
gaase 2. An die gleiche Adresse wären auch eventueUe Anmeldungen von
Vortrigen au richten. Da einheitlicher Druck nicht leicht erreichbar sein
dürfte, int nur gleiches Format der Beiträge bedingt {'•dbOmm l(;5mm
unbeschnitten). Die Sonderabzöge wollen ungehetlft und ohne Umschlag
nn den Cassier de.«? Vereines. Herrn R*»a1,<i hui Prof H. Alsweiler. Wien, IV.,
Wultcrgaase 7, unter Ueischluss der liechnuug eingesandt werden.
Der gescbän&fübrende Ausscbu&s des Wiener ueuptuiologlscben Verelaes.
VunuilworllifhtT K<<lacteur : I'iof. Feodor Hoppe in Wien.
K. tt. k. Hoflruehdmckcn'l Ja«. Peiclitingfrs Kthfn, Linx.
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Vorträge und Abhandlungen
über politische und wirLschafÜieiie Bildung.
Von Dr. Ludwig Singer.
Einem Anhänger der Lorenz*8ehen Generationentheorie
könnte ein Rückblick auf die Verhältnisse unseres Vaterlandes
eine eigenthümliche Genugthuuug gewähren. Etwa am Ende
des zweiten Drittels dieses Jahrhunderts, zur Zeit, da in Deutsch-
land schon der Hoden unter den Schritten der von Ferdinand
Lassalle or^unisit rten Arbeiterbataillone erdrüluite, konnte ein
Österreicliischer Minister, der nicht gerade zu den beschränktesten
Köpfen gehölte, sagen, bei liodeubach höre die sociale Frage
auf, oder man konnte ihm doch ein solches Wort asoschreiben.
Und heute, nahe dem Ausgange des Jahrhunderts, ist ein Paria-
ment zusammengetreten, dessen Physiognomie den charakteristi-
schen Zu^ durch die sozialdemokratischen Abgeordneten erhält,
welche die Curie des allgemeinen Wahlrechtes hiueingesendet
hat. Dem Streben nach Umgestaltuncf , Reform und Rück-
bildung der socialen Verhältnisf?e verdanken, ungeachtet alles
Trüben und Unreinen, das sich duruutermeugi^u mag, auch
andere Parteien ihre großen Wahlerfolge.
Die sociale Frage ist auch für uns bei allen unseren souäi i«» t a
argen Nöthen und Schmerzen mit elementarer Gewalt in den
Vordergrund getreten. Selbstverständlich nicht mit einemmale,
sondern parallel mit der wirtschaftlichen Entwicklung unseres
Staates, mit dem allmählichen Überlange aus dem Zustande
des vornohmlicli :n.'kcrl>;uit reibenden m den des indnstnellen,
wirtscbaitlicben Gemeinwesens Hand in IJand daiiiit f'ienixt'a
die rühmenswerten Versuche der Gesetzgebung, d)*-^"!- Kut-
wicklung zu folgen, die Pflichten des Staates untt r den ge-
änderten Verhältnissen auch immer tiefer und umfangreicher
gefasst zu erfüllen. Immer neue, immer schwierigere Probleme
stellten sich dar, immer gewaltiger erschienen die Aufgaben,
die, wie man wohl fühlte, die kommende Generation zu lösen
haben werde, und damit erhob sich von selbst die bange Frage:
ist diese Generation gerüstet für den Kampf, der ihrer wartet?
nOvterr. Miltelwbute". XI. Jahrg. 25
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340
Dr. Ludwig Singer.
Haben wir unserseits ihr alles gegeben, was sie befähigen
kann, das glücklich zvl losen, woran wir selber mlleieht
scheitern werden?
Im Jahre 1891 schon, bei feierlicher Gelegenheit, hat einer
der größten Lehrer unserer Wiener Hochschule, der leider all-
zufrüh dahingegangene Exner, in einer seither oft und viel
citierten Rede den Rnf nach politischer Bildung erhoben.
Di^^ses zwanzigste Jahrhundert,'' sagte er, „an dessen Schwelle
wii- stehen, wird ein politisches Jahrhundert sein, und wer ihm
gewachsen sein will, wird politischer Bildung bedürfen. Die Er-
kenntnis bricht sich Bahn, dass nnr eine höchste Anspannung
politischer Kraft nnd Einsicht die Aufgabe bewältigen wird,
den vierten Stand ohne todliehe Krisen dem Staatskörper ein-
zufügen." Wenige Monate darauf hielt ein anderer Universitäts-
lehrer von hohem Rufe, der damalige Freiburger und jetzige
Wiener Professor Engen Philippovich, im Museum zu K-irls-
ruhe einen Vortrütr über ,. Wirtseliaftlicheu Kurtsehnt t und
Culturejitwicklung" . Au Wci-ntM- Si^usens* Preis der technischen
Errungenschaften unseres .hilii huiult'rt^ und an Exners Rede
anknüpfend, gelangt auch er zum Schlüsse, „dass der agitatori-
sche Brand, den ein politischer Radicalismos auf Grund einer
einseitigen Weltanschauung entfache, nicht nur geeignet sei,
die auf das Privateigenthum gegründete Gesellschaftsordnung,
sondern auch die geistigen und sittlichen Kräfte zu zerstören,
die die Träger eines erreichbaren PV»rtsclirittes werden könnten.
Zur Überwindung dieser Hindernisse in den Köpfen der Men-
schen, zur Entfaltung der individuellen Kräfte und ihrer rich-
tigen Leitung, zur Auseinandersetzung mit den ans den That-
sachen der Gegenwart hervorgehenden Bedürfnissen allmählicher
Refonnen bedürfen wir in der That politischer Bildung, d. h.
einer tiefgehenden Einsicht in den Zusammenhang der mensch-
lichen Einrichtungen nnd in das Wirken der Veränderungen
an ihnen," Und wer wollte Philippovich widersprechen, wenn
er weiter meint, dass die veretandesmäßige Erkenntnis allein
nicht genünre, dioso'* Ziel zu erreichen, dass es darüber hinaus
einer Er/iehuni^ bedürfe, die den M»'nschen zu mutliigcui Be-
kenntnisse der W ahrheit und zu idealem Sinne führe? Denn die
sociale Frage ist — das hat Ziegler in Straßburg seither in einem
kleinen, aber höchst lesens- und beherzigenswerten Buche aus-
geführt — nicht bloß eine praktische Frage im gewöhnlichen
Wortyerstande, sondern auch eine praktische im höchsten philo-
sophischen Sinne — sie ist eine ethische Frage. Durch diese
Rede griff Philippovich, wenn auch dem Anscheine nach nicht
ganz direct, in dieselbe Discussion ein. der im folo;enden Jahre
auch Stoerck in Greifswald seine Kaisergeburtstagsrede widmete,
in die der Fraiire nach einem staatsbür£rerlichen Unterrichte, die
gerade damals die Geister und Ueniutiier im Deutschen Reiche
in Spannung und Erregung hielt und auch noch jetzt viel er-
örtert wird, wenn auch allmählich eine Klärung eingetreten ist,
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über politische und wiriächatiltche Bildung.
341
die boffestlicli auch uns zugute kommen wird. — Der Beginn
der lebhafteren Discuasion ül)er die Stellung der Schule zu den
socialpolitischen Fragen der Zeit fallt zusammen mit dem Be-
ginne des Bisranrok'schpn Btaatssoeialisraiis. sie schließt vielfach
geradezu an die berühmten kaiserlichen Hotschaften vom 17, No-
vember 1881 und 14. April 1SS3 au. Liest mau die Schriften
dieser Zeit durch, so kauu mau sich des Eindruckes einer ge-
wissen Zerfahrenheit nicht erwehren. Die verschiedenen Seiten
der Frage sind noch nicht scharf gesondert, hierhin and dort-
hin geht Rede nud Ge^nrede, oit einander yerfehlend. Die
einen erblicken das Heil in der Unentgeltlichkeit der für alle
Oesellschaftsclassen gleich obligatoriechen Volksechiile, die so
die Aufgabe der Herbeiführung socialer AniiälHM mtii* . socialer
Ausgleichung hisen soll, humanitäre Eiurichtuni^i u der ver-
schiedeiiästen Art werden verlangt — und wieder andere fordern
von der Schule ganz direct. dass sie die Bekämpfung der y,80cial-
demokratischeu Irrlelireu" zu ihrer vornehmsten Aufgrabe mache.
Und zwischen diesen beiden Extremen finden sieh die mannigt-
fachsten Übergänge, die sonderbarsten Combinationen. Da ward
der ganze Strom in ein engeres uml iV-t ips Bett gelenkt
durch das Eingreifen des deutschen Kaisers Wilhelm II In
einem Erlasse vom 1. Mai 18^^9 forderte er eine Thätigkeit des
Unterrichtes nach der Richtung hin, dass er durch die Ge-
schichte der socialen und wirtschaftlichen Gesetzgebung nach-
weis«.', dass. wie in der Vergangenheit, so auch in Gegenwart
uud Zukunii, die Arbeiter Gerechtigkeit uud Sicherheit nur
unter dem Schatze eines Königs an der Spitze eines geordne-
ten Staates zn erwarten hätten. Und in diesem Sinne meinen
auch die Erlässe des preußischen Staatsministeriums vom
27. Juli und öO. August, dass insbesondere an den Voll-
anstalten die Belehrung über die Verderblichkeit der Social-
demokratic zu erfolgen habe, und zwar an der Hand des
gesunden Menschenver^jtandes. Die Unmöglichkeit der social-
demokratischeu Bestrclnuigen sei an den Zielen der Social-
demokratie nachzuweisen und für jugendliclie Gemüther fuss-
lich zu gestalten. Und so erklärte denn auch der deutsche
Kaiser in der Eröffnungsrede der Berliner Decemberconferenz
1S90, die Lehrer hätten das Gefecht gegen die Socialdemo-
kratie selber eröffnen sollen. Selbstverständlich ward diese
Rede in der Presse auf das mannigfachste gedeutet und glos-
siert, und so nahm donn der erlauchte Sprecher in der Sehhiss-
rede Gelegenheit /u erklären, dass «ne« ntlich ein Artikel des
„Hannoverischen Couriers" seijie Memuijg am besten getroffen
habe. Es sei selbstverständlich, dass niemand im iiirnste daran
denken könne, die Lehren der Socialdemokratie in der Schule
im einzelnen zu erörtern und etwa durch autoritäre Äußerungen
^der in freier Discussion zu widerlegen. „Wer zu einem klaren
Verständnis yom Wesen und ^^'erden und den Fortschritten
unseres Staates gelangt ist, wird von selbst im Stande sein, das
25*
342
Dr. Ludwig Singer.
Ungereimte, das Yerwerflielie nnd Gefährliche der socialdemo-
kritischen Theorie und Praxis 7.11 durchschauen."
Es ist eine Milderang in der Form, in der Methode, keine
grundsätzliche Änderung in Bezug auf das Ziel: es soll ver-
hindert werden, dass die jungen Leute . die künftighin die
führeudeu Glassen bilden, sich deu soeialdemokratiscken Be-
strebungen anschließen. In diesem Sinne sind denn auch die
preußischen Lehrpläne von 1891 gehalten, nur dass sie das
Ziel noch weniger polemiBcb, noch positiver hinstellen: es sollen
Belehrungen über wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragea
in ihrem Verliältnisse zur Gegenwart gegeben werden. Dabei
soll jede Tendenz vermieden, vielmehr den socialen Forderungen
der .lotztzeit gegenüber auf die geschichtliche Entwicklung
des Verhältnisses der Stände iintereiuamler und der Lage
des arbeiteudeu Standes insbesuudere in obit ctiver Darstellung
hingewiesen, der stetige Fortschritt zum Hesseren und die
Verderblichkeit aller gewaltsuiueu Versuche der Auderung
socialer Ordnungen aufgezeigt werden. Zugleich brachten diese
neuen Lehrpläne eine durchgreifende Umwandlnng in der
Yertheiluug des Lehrstoffes, und so ist es denn begreiflich,
dass diese Fragen in den Vordergrund der Discussiou traten,
auf Directorencouferenzen und Historikertagen erörtert wurden,
und dass eine bedrohliche Hochflut von Schriften den Biielifr-
markt überschwemmte. Dabei fehlt es denn auch nicht an recht
sonderbaren Er.scheinnn£r(»n. So findet sich im Reth^visch'schen
Jahrbuche von 1894 eiu Lehrbuch der (ieschichte für Ober-
dassen Ton Jaenicke angezeigt, in dem die socialen Bestrebnn*.
gen der Arbeiter nicht aus Torhandenen Nothstönden und
socialen Umwälzungen erklärt, sondern als Ausflüsse un-
berechtigter Unzufriedenheit und Terwerflichen Irrthums ver-
urtheilt werden, die durch die neuere, bewundernswerte Gesetz-
gebung der Hohenzollern gegenstandslos o^ewordcn seien Mit
Recht bemerkt der Kritiker gegenüber 8olch<*n inui ähuiichen
Anschauungen: „Gerade die Erkenntnis, dass in miserer Ge-
sellschaftsordnung noch vieles zu bessern ist, und da^s die
▼olle Heüung des socialen Körpers die ernste Aufgabe der
Znkimft ist, sollte ein Hauptziel der politischen Erziehung
sein.** Betrachtet man aber die Haltung des deutschen Lehrer^
Standes im ganzen und großen, so muss man anerkennen^
dass sie eine durchaus würdige und sachgemäße ist. Bei allen
Abweichunf]^eii im einzelnen tritt auf den l)irectorpnconferenzen,
wie in den Programmaufsiltzen und Sonderschriften klar und
deutlich das Bemiiln n hervor, die Schule den For 1» ) mgeu
der Zeit anzupassen, iliren Zöglingen das Muß puniischer
und socialer Einsichten zu sichern, dessen sie zur eigenen
Weiterbildung bedürfen, dabei aber alles zu Termeiden, waa
den allgemein erziehliehen Charakter der Schule schädij^en,.
sie zum Werkzeuge einseitiger Parteizwecke herabwürdigen
könnte.
biyiiizea by GoOglc
über poliiucbe und wirtschaftliche Bildung.
343
Ziemlich iillgemeiu wird dabei betont, dass es eines eigenen,
neuen UuteirichtsgegenstaDdes, einer ^ Bürgerkunde" o. dgl.
nicht bedflrfe, aondem dass der Gesammtbeirieb des bisherigen
Unterrichtes ganz wohl im Stande sei, das Nothwendige an
leisten, wobei zwar der Natur der Sache nach die Hauptlast
der Arbeit der Geschichte und Geographie zufalle, aber auch
alle anderen Gegenstände, so die classischen »Sprachen, das
D'^titsche, der Religionsunt'>nicht, ja auch die Naturwisaen-
scir.iften ihren Theil l)ei/,ut rügen hätten. Der höchste Wert
wird auf die Ausbildung der sittlichen i'erbönlichkeit trelesft.
^Selbstverständlich weichen bei all dieser Überein^^tiiunimig die
Beschlüsse der Directorenversammlungeu iiu eiuzelueu Ton
einander auf die mannigfachste Weise ab« indem die <Hnen
den Lehrplänen mit einer freudigen Znstimmimg, die anderen
zurfiekhaltender entgegentreten.
Schon die KOrze der Zeit verbietet mir, uuf die Einzel-
heiten näher einzugehen. Aber erwähnen will ich doch den
starken Unterschied, der etwa zwischen den Beschlüssen der
Directorenconferenz der Provinz Hannoyer besteht, die meint,
der bestimmte Hinweis auf die Socialdemokratie , ihre Würdi-
gung als historische Erscheinung und die Darlegung der Un-
Terembarkeit gewisser soeialdemokraüseher Forderungen mit
der Yemunft sei nicht zu Termeiden, und denen der Di-
rectoren des benachbarten Westfalens, die Führers Forderung
nach Bekämpfung der Socialdemokratie mittelst sokratischer
Methode direct ablehnen und alle systematischen Erörterungen
abstracter Theorien außerhalb des historischen Zusammenhangs
aus dem Geschichtsunterrichte hinausweisen. Und ebenso sind
Schleswif^- Holstein und Pommern außerordentlii-h vorsichtig.*)
Aut micii persöniicu hat das Studium der Verhandlungen der
fünften Dii'ectoren Versammlung der Rheiuproviuz auf das stärkste
eingewirkt. Auf eine Einzeldarstellung selbst des geringen Bruch-
theues der bezüglichen Lehr- und Hilfsbucher, die mir direct
zugänglich waren, bi /.ichungs weise eingehenderen Studiums wert
erschienen, geschweige denn alles dessen, was sich bei Betil-
wisch besprochen findet, verzichte icli umso leichteren Herzens,
als ich meine grundsätzlichen An^cliiiuuiigen bereits gelegentlich
der Kriük das Bchenk'schen Hiitsbuches in der Zeitschrift
„Mittelschule" darlegen konnte.
Aber nicht nur die Mittelschule sah sich genöthigt, in
dieser Frage Stellung zu nehmen, auch die Vertreter der reinen
Wissenschaft konnten ihr gegentther nicht gleichgiltig bleiben,
omsoweniger, als ungefähr gleichzeitig jener Streit um die
Lamprecht^sche Art der Geschichtsbetra<'litiing entbrannt war,
der, lange mit steigender Heftigkeit geführt, wie mir scheint,
gegenwärtig zu einer Art Klärung der Ansichten führt.
Material bei Rotb wisch, der äberhaupt für den historiscbon Tbetl
sehr stark benQtzt ist. J. d. h. äcb.
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Dr. Ludwig Singer.
Die Lehrer der Universitäteu traten begreiflicherweise den
Forderungen der preuüischen Lehrpläne mit größtem Misstrauen,
entgegen, mit all jener iingstlicken, und ich satfe es heraus, wohl-
berechtigten Vorsicht, mn der sich die reine Wissenschaft gegen
alles verwahrt, was sie in dem Streben nach ihrem obersten
Ziele, der Erkenntnis, im Suchen der Wahrheit und dieser
allein hindern könnte.
Auf dem Historikertage in München (April 1803) wurde
die Frage erorlert. inwieweit der Geschichtsunterricht als \ or-
bereitung zu den Aufgaben zu dienen habe, die das öffentliche
Leben der Gegenwart an jeden Gebildeten stellt, und wie dem-
gemäß der Geschichtsunterricht zu ertheilen sei. Die Meinungei^
giengen aber derart auseinander, dass man sich entschloss, die
ganze jlngelegenheit su vertagen und bei der nächsten Ver-
sammlunff aufs neue zu erörtern. Doch wurde auf der zweiten
Versamml ung (Ostern 1894) nur die Frage nach der Stellung
der alten Geschichte im gelehrten ünt^rrichte erörtert. An der
Dißcussiou betheiiigte sich als Referent auch ein österreichischer
Gelelirter und Sehulmann, der sclion vorher iu einem Aufsatze
der Zeitschrift ^ Mittelschule" in der ganzen Aügele^euheit
sehr klar und scharf Stellung genommen hatte: Dir. Hannak.
Für unseren Gegenstand bedeutsam ist, dass auch er bei der
Begründung der Bedeutung der alten Geschichte unter anderem
darauf verweist, dass sie das Verständnis in politiechen und
wirtschaftlichen Dingen anbahne und besonders dazu geeignet
sei, der Jugend das Aufgehen des Individuums im Staate vor
Augen /u stellen und ihr zu zeigen, dass in der treuen Hin-
gabe au die Interessen des Staates eine ihrer wichtigsten Auf-
gaben bestehe. — In ähnlichem Sinne fielen denn auch die Be-
schlüsse der Versammlung aus, nicht gerade eine i-ückhaltlose
Billigung der neuen preußischen Ordnunsen. Auf dem dritten
Historikertaffe endlich (zu Frankfort) hob bei der Berathung
über die Anlage des historischen Studiums Prof. v. Zwiedinek»
Südenhorst unter anderem hervor, dass das historische Studium
durch die Erkenntnis der politischen Anschauungen und Ein-
richtungen der Gegenwart befruchtet werden müsse, und Prof.
Dr. Vogt, aus Augsburg em}>luhl das Programm des Leipziger
Historischen Seminars, das unter anderem auch eingehende Be-
schäftigung mit Jurisprudenz, Nationalökonomie, Wirtschafts-,
Social-, Rechts- und verfassungsgeschiehte fordert.
Die Bedürfnisse, die im Deutschen Reiche und speeiell in
Preußen den eben charakterisierten Ausdruck fanden, machen
sich, wie ich schon eingangs bemerkt habe, auch bei uns in
Österreich in immer steigendem Maße geltend, ohne dass jedoch
bisher einer der Versuche, sie zu befriedigen, einen entsprechen-
den Erfolg gehabt hätte. Schon im Jalu-e 1883 veröüent lichten
Dr. lirockhausen und Prof. Bruhns eiiu- j,liechtslehre", um dem
Aiuiigel eines allgemeineren und besseren Verstanduisses der
wichugsten RechtsTerhältnisse, der sich im privaten und öffent*
üiyiiizeQ by GoOglc
über politische und wiiUchafi liehe Bildung.
346
liehen Lebeu so oft fühlbar mache, abzuhelfen. Das Buch hat
noeh keine sweite Auflage erlebt, trotzdem es gesebiekt und
sorgfältig gearbeitet ist, und welches Schicksal der im Voriahre
erschienenen „Bürgerkunde'' Fleischners beroi sta llt, der in Wort
und Schrift so eifrig für den ^bürgerlichen" Unterricht^ wenn
mir dies Woit erlaubt ist, eingetreten ist und eintritt, wage ich
nicht auch nur zu vermuthen.
Und doch wird mir kaum jciiiand widersprechen, wenn i 'Ii
behaupte, dass gerade wir in < )steri eich, die wir bei der Zer-
fahrenheit unserer politischen, üutioualen und socialen Ver-
hältnisse noch unsere gans ausnahmsweise arffen Sehmerzen
haben neben denen der übrigen europaischen Cmtuimenschheit,
auch politischer und wirtschaftlicher Bildung in einem ganz
ausnahmsweisen Maße bedürften.
Aber kann und soll die Schule da etwas zuthun; ist speciell
die Mittelschule dazu befiihijjt und herufeui^ Ich stehe nicht
an, diese Frage mit einem t iiTsclnedeiieij ...Ja'^ zu beantworten.
Denn nach einer doppelten Kiclituug hin ist die Mittelschule ver-
pflichtet. Als wissenschaftliche Lehranstalt hat sie die Aufgabe,
ihren ZögUngen wahrheitsgemäß, so gut es der Lehrer nur
immer kann, die gro0en Ergebnisse der Forschung, entc^p rechend
einerseits dem jeweiligen Stande gesicherter Erkenntnis und
der Fassungskraft der iSchüler anderseits, zu übermitteln. Und
unter wahrheitsgemäß verstehe ich, dass nicht bloß das Gesagte
wahr sei, sondern dass nnch die Lüge, die Entstellung durch
Verscl'.wpigen vermieden werden muss. Nichts erachte ich für
gefähriu lier auch mit h'ücksicht auf die zweite, die erzieliliclie
Aufgabe der Schule, als wenn „der Jüngling, der sie verlasücu
hat, das Vertrauen einbüßen muss, dass seine Lehrer ihm die
Wahrheit hätten offenbaren wollen." Wer kann ermessen, was
da alles mitstürzt und unter den Trümmern des Glaubens an
die Redlichkeit der Führer der Jugend begral)en wird?
Aber wenn gefordert werden muss, dass dasjenige, was
gelehrt wird, wahr sei, so wird doch schon die Auswahl des
Stoües durch andere Bedürfnisse bestimmt als durch die der
reinen Wissenschaft, denn die sittliche Persönlichkeit des jungen
Mensehen soll entwickelt, er soll für das Lehen in Staat und
Gesellochult vorgebildet werden. Darum koiuiiiL es noch mehr
darauf an, aus dem gebotenen Materiale alles herauszuarbeiten,
was fttr diese Zwecke von Bedeutung sein kann. Wer von uns
wird sieh damit begnügen, dem Schüler eine Summe von Kennt-
nissen zu übermitteln, und es dann ihm selbst zu überlassen,
führerlos, unerfahren wie er ist, das herauszusuchen, was ihn
bilden, wonach er sein Leben einrichten soll? Wenn sich uns
nun die Erfahrung aufdrängt, dass sehr viele junge Leute,
die unsere Mittelschulen verlassen, ja selbst viele, die noch
au limen weilen, wehrlos dem ersten, und leider nicht allzuoft
besten politischen Agitator preisgegeben sind, dem sie in die
Hände fallen, mOssen wir da nicht erwägen, inwieweit es
Digrtized by Google
346 Dr. Ludwig Singer.
uns möglich sei, dem Jfinglinge durch EntwicUtuiff seines Ur-
thcües auf Gnind tüchtiger Eenutuisse die wahre Freiheit
der Wahl oder doch weuigstens das Bewusstsein zu Terschaffen,
dass in Frncren des Stuntcs, der gesellsehaftlichen Ordmingen
u, s. w, ^1 iliidlii*iiste Pruiimg des Siiehverhaltes, ETi'f'IHe Vor-
sicht geboteu sei, ehe man sich für oder gegen eiue Anschauung
entscheidet ?
Ist dem aber so, dann kann und darf die Schule sich nicht
der Aufgabe entziehen, dem jungen Mensehen propädeutiseh,
wie es in der Natur der Sache liegt, die Elemente politischer
und wirtschaftlicher Bildung zu sichern. Sie darf dies umso-
weniger, als für einen sehr großen Theil selbst der Abiturien-
ten die Gelegenheit zur Erwerbung solcher Bildung durch Ver-
mittlung von Männern, die wenigstens bemüht sind, objectiv
zu bleiben, mit dem Verlassen der Mittelschule thatsächlich
aufholet.
So kann es geächeheu, dass m pülitischen und wirt^chaftr
liehen Fragen aueh unsere sogenannten Gebildeten Ton ihrem —
Leihblatte abhängig werden, dass sich auch unter ihnen jene
Sorte von Zeituugsgläubigen entwickelt, die da meint zu nr-
theilen, indes sie gar nicht oder nur halb verstandene Sehlag»
Worte nachspricht.
Wird aber in dem jungen Menschen schon durch den
Mittelschulunterricht selbstthätiges Interesse für politische und
wirtschattliche Fragen erweckt, dann wird er, das darf man
voraussetzen, auch auf der Universität und weiter im Leben
einen Theil seiner Zeit dem ernsthaften Studium dieser Fragen
widmen. Und so betrachte ich denn als Ziel auf dem Gebiete
der Erkenntnis das Verständnis der wichtigsten Formen des
staatlichen und socialen Lebens, der Elemente der Volkswirt»
Schaftslehre, die Einsicht in die Existenzbedingungen staatlicher,
wirtsehf\ftHeliev, gesellschaftlicher Gebilde. Auf dem Gebiete
der Eivicliuug soll das Staatsbe wusstsein gefördert, auf
socialethisehe Gesinnung, etwa in der Art, wie Th. Ziegler oder
Karl Fischer es verlangen, hingearbeitet werden, ohne dass je-
doch die Bekämpfung bestimmter Parteirichtungen oder die
Erzielung bestimmter Parteiüberzeugungen erstrebt werden
dürfte.
Es ist nichts Neues, nichts Unerhdrtes und bis jetzt noch
nicht Geäbtes, was ich damit fordere. Es bedarf, an der Mittel-
schule wenigstens, keines neuen Lehrgegenstaudes. keiner Bfirger-
kunde, Rechtslelire oder Avie immf^- man einen solchen Gegen-
stand nennen wullte. Was billigerweise verlangt werden kann,
vermag im Rahmen der geffenwärtigeu Unterrichtsverl'assung
geleistet zu werden, wenn der Unterricht nur in dem Sinne
und Geiste unserer Instructionen, die schon lange ähnliche
Ziele aufgestellt habeu, weiterentwickelt wird.
In besondere erspai-t uns der Betrieb der Yaterlandskunde
auf der Unter- und Oberstufe eine solche tiefgreifende Neuerung.
üiyiiizeQ by GoOglc
über fwlititch« und wirtacbaftliehe Bildung.
347
Wer ein Buch, etwa die Hannak >che Vaterlands kuiule
ffenaner durchprüft, der findet im hiütorischeu wie im statlstiscii-
gtoniiiphischen Theile eine Fülle Ton Material, das nur der
Sehörigen Durchdringung and Verwertung too Seite des Lehrers
arrt. Begriffe 2. B. wie VoUcswirtsehaffc, Capital, Arbeit, Groß*
indostrie und Handwerk, Zoll, Steuern u. s. w. müssen dort
geradezu erörtert werden. Es ist bezeichnend, dass Vertreter
socialpolitisclu r Biklnnf^ im Reiche dieses Bach als nachahmens-
wertes Muster hiust eilen.
Denn daran ist keiu Zweifel: Den hauptsächlichsten Tiieii
liieser Aufgaben hat der gescluchtliche und nächst ihm der
geographische Unterricht zu tragen. Die Methode wird dem-
gemäß die histofisehe bleiben, die Oesehtehtsbehandlang die
I)olitisehe, wobei die gesicherten Kii^ebnisse wirtschaftsgeschicht-
icher Forschung dort zu benOtzen sind, wo der Zusammenhang
der wirtschaftlichen Erscheinungen mit denen des staatlichen
Lebens klar und deutlich hervortritt, oder wo sie im Rahmen
der Culturgeschichte das Vei*ständnis der L»'l>*^iisfGrmen der
Oegeiiw.irt wesentlich fördern. Dabei wird mau sich immer
wieder der treff lichen Worte unserer Instructionen erinnern
müssen: ^Losgerissen von Personen imd Begebenheiten, haben
die rein sachlichen Erörterungen für die Jugend wenifflnteresse;
in Verbindung mit den bewegenden Faetoren und Vorgängen
der Zeit wird auch das Zuständliche leicht anschaulich und er-
weckt Theilnahme." Ich erwähne nur ein classisches Beispiel
au3 der alten Geschichte. Welche Fülle politischer, wirtschaft-
licher, socialer Erkenntnisse bietet nicht die Geschichte der
Solonisehen Keiorni oder des römischen btändekampfes und der
Oracehischen Revolution
Eine wieviel tiefere Einsicht in die Entwicklung des Lehens-
wesens gewinnen wir aus der einfachen Erwägung, dass die
Überweisung von Landbesitz in einem naturalwirtschaftlichen
Zeitalter die fast einzig mögliche Art der Beamtenbesoldung,
der Belohnung der Krieger war, und dass es in der Natur
solchen Besitzes liegt, das Streben nach Erblichkeit zu erwecken.
Ich kann und will hier niciit näher auf das ein/^^liie eingehen,
schon desweir^n nicht, weil es im Külimen der mir zur Ver-
fügung stehenden Zeit nnmoclich wäre, und weil meine Ab-
sicht einzig uiiil allein dahiii gerichtet ist. die Grundlage für
eine Besprechung der Frage zu liefern. Auf den Vortheil will
ich jedoch noch yerweisen, dass es durch solchen Unterrieht
Termieden wird, dass die sociale Frage dem Schüler als etwas
Neues, nur unserer Zeit Eigenes, Überwältigendes entgegen-
tritt. £r wird znr Erkenntnis kommen, um mit Phüippovich zu
reden, dass die Aufgabe der Gegenwart keinen gesellschaft-
licheren Charakter an sich trägt als ircrend eines der anderen
eroÜeu Probleme gesellschaftlichen Zusammenlebens, die die
Menschheit auf ihrem Werdegange bereits gelöst hat. Und daraus
wird er Ruhe und Besonnenheit schöpfen.
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Dr. Ludwij{ öiuger.
Was die Geographie anlangt, so würde ich es für nützlich
erachten, wenn bei der Wiederlkolunff auf der Oberstufe auf
das wirtschuftsgeographiache Moment l)esonderes Gewicht ge-
legt würde. Ob hiefür nicht besonderer Raum geschaffen werden
müsste, wäre freilieh noch zu erwäsen.
Der Geschichtslehrer, der solehe Aufgaben erfüllen soll,
bedarf freilich vor allem selber einer unifasRendeu politischen
und wirtschai'tlicheu Bildung, und die Forderungen, die das
Leipziger Seminar an seine 2&glinge stellt, gelten auch für uns,
die wir längst im Amte sind. Nicht nur, dass wir unsere eigenen
Eointnisse zu erweitem und zuTcrtiefen suchen müssen, auch
für die methodische Behandlung wird sich das Studium einea
Theiles wenigstens der vorhandenen Literatur als nützlich er-
weisen, und da möchte ich es nicht unterlassen, auf die
schweizerischen und französischen Schriften und Lehrbehelfe
hinzuweisen.
Ich meine aber auch nicht, dass der Lehrer der Geschichte
der einzige sein solle, der nach dieser Richtung hin wirkt.
Der deutsche Unterricht — und auch unsere Lesebücher ver-
trügen noch manche Bereicherung — , der altclassische und an
den Realschulen der neusprachliche, ja selbst der mathematisch-
naturwissenschaftliche vermögen ihn in der wirksamsten Weise^
zu unterstützen. Und insofern es sich um das Wichtigste, die
Erzielung socialethischer Oesinnung handelt, kann der Religions-
nnterricht durch entsprechende Verwerfimir (h^r Lehren und
Üebote des alten wie des neuen Testamentes den segensreichsten
£infiuss üben. Fieilieh fordert dies concentrierenden Unterricht.
Wünschenswert erscheint es mir auch, gute bürgerkundliche-
Schriften, z. 6. die Schulausgaben der Schriften F. W. RiehU
in die Schülerbibliotheken einzustellen und ihre Leetüre seitens
reiferer Schüler zu fördern.
Meine Herren! Ich weiß sehr wohl, dass die Schule niehi
der einzige Factor ist, der auf die jungen Menschen einwirkt,^
dass gar vieles st«irend und verhängnisvoll eingreift. Ich weiß
auch, dass. selbst davon abgesehen, die Schule die Lösung der
socialen Frage nicht bewirken kann. Auch der beste Lehrer
wird, wie das Endemann in seinem let/.ten Aufsatze in den
„Lp. u. Lgg."' daithut, unter Umständen auf einen Erfolg ver-
zichten müssen; Fähigkeit und geistiges Bedürfnis der Ciasso
werden für ihn oft ermunternd, oft aber auch hemmend maß»
gebend sein rnüF^seu. „Versagt der Schüler, muss auch der
Lehrer versagen.'' Ein zwangsweise erarbeitetes Urtheil hat
keinen Wert.
Und auch die Forderung objectiver. tenden/freipr Dar-
stellung ist weit leichter gesteilt als erfüllt. Wer von uas hat
die objective Wahrheit? Und doch meint sie jeder zu haben.
Ohne dass der Lehrer es will, wird seine eigene politische und
wirtschaftliche Oberzeugung seinen Unterricht beeinflussen.
Aber das schadet auch gar nicht, vorausgesetzt nur, dass er
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über politische und wirtachaftlicbo Bildung.
sich davor hütet, abzusprechen, dass er sich bemüht, deu Dingen
ihr Recht werden zu lassen. Denn nicht darauf kommt es au,
eine Generation heranzuziehen, die in all diesen Fragen einer
Meinung und t)berzeuguDff ist: danach za streben wäre das Yer*
derblichste, der geistiffe Tod.
Aber Kämpfer sollen wir heranzubilden trachten, geistig
und sittlich befalilgt. den Streit erfolgreich weiterzuführen, den
die Gegenwart ihnen liinterlässt , Männer, Ernst machen
mit den Dingen, die, selbst redlieh überzeugt, redliche Uber-
zeugung :iueh bei anderen acliten, die die Meinung bekämpfen,
nicht den Menschen, die im Gegner nicht auch den Feind sehen,
nnd die Tor allem gelernt haben, immer und Überall nur nach
einem zu streben, nach dem Wohle der Gesammtheit. Haben
wir das geleistet, so weit es für unseren Theil moglieh ist, dann
haben wir genug gethan.
In formaler Beziehung geht mein Antrag dahin: Es ist eine
Commission von fünf Mitgliedern einzusetzen, welche sich durch
Cooptatioii »'rgiinzen können, mit dem Auttrage, die Discnssion
der Frage der politischen und wirtschaftlichen Bildung im
eigenen Kreise zu ptiegeu, die österreichische Lehrerschaft
zur literarischen Stellungnahme zu veranlassen, das Material
SU sammeln und auf Grund desselben eventuell positive Vor-
schläge zu erstatten.
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350
Dr. Johann Pitscb.
Die Principien der Mechanik nacli Heinrich
Hertz.
Yortrag, gehalten am deutsch -(totmeichischeii MHtelsdiiiltage tu Wien,
Ostern 1897, Ton Dr. Jobann Pltseh aas Wien.
Wenn wir den Gang der Naturwissenschaften verfolgen,
sehen wir, dass seit ihrem Krwaehen bis in unser Jahrhundert
üwt ausnahmslos inductive Epochen mit dednctiven abwechseln.
Im Lnuff doi- LTsteren werden Erfuhrungen gesammelt und
nach höheren Gesichtspunkten geordaet* im Laufe der letzteren
zieht man ans obersten Grundsätzen unter weitreicliender An-
wciidun«^ der Matheniatik die niöj^licheii Folgerungen und stellt
Theorien mit der nestiinmuug auf. alle Thutsacben eines Ge-
bietes 7Ai umtiibiieu und so unser \N i^seu vor Zersplitterung zu
bewuhren. Nur unser Jahrhundert hält es hierin anders. Das
raschere moderne Leben scheint auch einen beflOgelten Schritt
der Naturwissenschaften zu bedingen, bei welchem inductive
und dednctive Epochen sich nicht mehr streng scheiden, ja
sogar die Deduetion, gestützt auf kahne Hypothesen, nicht
selten der Inductiou vorauseilt. Ich erinnere in dieser Be-
ziehung nur an die Aufstellung der Maxwell'^^ luMi Elektricitäts-
theorie und dii' berühmte Veritication derselb»'ii durch Heinrich
Hertz. Auch Philosophie und Naturwissenschaften wandeln
wieder vereint, und beide ziehen Nutzen aus der erneuten
Freundschaft; denn gewinnt die eine die reale Grundlage, so
erfreut sich die andere einer schärferen Fassunir ihrer Begriffe
und der einwandfreien Form ihrer Deductionen. Hochinteressant
ist ferner der Umstand, dass Hertz, der Begründer einer neuen
iuductiveu Epoche, deren Tragweite wir noch nicht ermessen
können, einen hervorrafrenden Ver^udi niaebte. bei der De-
dui^-tion aut riiuMii uralten Gebiet«', nanilu-h der Mechanik, neue
Bahnen einzuschhigen. Diesen A'ersuch müclite ich, von einigen
Abschweifungen abgesehen, zum Gegenstande einer liüehtigen
Erörterung machen.
„Unsere Erkenntnis muss uns befähigen, künftige Er*
fahrungen Torauszusehen, ^ so definiert Hertz in kurzer und
doch umfassender Weise die wichtigste Aufgabe der Natur*
Wissenschaften. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir voran-
gegangene Erfahrungen auszunützen verstehen, wir müssen sie
benerrschen lernen, damit nicht ihre l^'üUe unser Denken »er-
stickt. Deshalb schaffen wir uns, wie Hertz weiter darlegt,
innere Bilder oder Symbole der Ge<xenstände , an welche
Schöpfungen wir einstweilen nur die Anforderung stellen, dass
sie erstens logisch zulässig und zweitens richtig sind. Was
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Die Principien der Mcchaoik nach Heinrich Uertz. ool
wir logisch zulässig nennen, brauche ich wohl nicht za er-
drtem. Bemerken will ich nur, dass Hertz der kürzeren Sprache
we^en den Begriff ^iGegenstand", wie aus dem Folgenden er-
hellen wird, mit einem weiten Umfange ausstattet. Richtig
nennen wir die Bilder, wenn ihre denkuoth wendigen Folgen
stets wieder die Bilder der natiirnothwendigen Folgen der
abgebildeten Gegenstände sind. Haben wir solche Bilder ge-
wonnen, so können wir iu kurzer Zeit die denknoth wendigen
Folgen derselben entwickeln, während die naturnothwendigen
Folgen der abgebildeten G^enstände vielleicht erst nach
langer Frist eintreten würden. Auf dem Gebrauche der Bilder
berulit auch die Möglichkeit, Gedankenexperimente, wie sie
Mach benennt, amsustellen, welche insofern für die Forschung
wichtig sind, als wir un.«ere Vorstellungen leichter zur Uand
haben als physikalische Thatsachen.
Doch von einem Gegenstande kann mau sich viele Bilder
machen, deren Zahl die Forderung der Richtigkeit und Zu-
lässigkeit nicht hinreichend einschränkt. Deshalb verlangen
wir von den Bildern noch eine dritte Eigenschaft, die Zweck-
mäßigkeit. Am zweckmäßigsten ist nämlich unter sonst gleichen
Umstanden jenes Bild , welches möglichst wenig leere Be-
ziehungen enthält, nämlich solche, die ihm nicht als Abbild
des Gegenstandes angehören, die aber niemals gänzlieli zu ver-
meiden sind. Von einer wissenschaftlichen Darlegung solcher
Bilder verlangt Hertz , dass man genau anzugeben vermag,
welche Eigfensehaften den Bildern um ihrer Zulässigkeit willen,
welche um iliiLA iüchtigkeit willen, welche um ihrer Zweck-
mäßigkeit willen beigelegt wurden, wobei er noch anführt, dass
wir Uber die Zulässigkeit eines Bildes mit apodiktischer Ge-
wissheit, über die Richtigkeit nur nach Mallgabe der vor-
liegenden Firfahrungen urtheilen. Über die Zweckmäßigkeit
der Bilder aber können Meinungsverschiedenheiten auftauchen.
Nur durch solche Vorsicht gelingt »'^ uns, die mit dem Ge-
brauehe der Büder verbundenen Irnhiimer einzudämmen, zu
welchen insbesondere die leeren Beziehungen nur zu leicht
Anlass geben.
Zur Erläuterung dieser abstracten Darstellung möchte ich
ein Beispiel aus der Geschichte der Astronomie anführen. Um
die Planetenbewegung zu erklären, schufen die Griechen be-
kanntlich die Theorie der Epicyklen, nach welcher sich der
Planet gleichförmig im Kreise bewegt, dessen Mittelpunkt
wieder in einem Kreise fortrückt, und es wurden so viele
solcher Bewegungen angenommen, als zu einer hinreichenden
Darstellung der Beobachtung nöthig waren. Logisch zulässig
war das Bild und nach dem Stanile der damaligen Kriiihruug
auch richtig, aber es bestand zum großen Theile aus leeren
Beziehungen, welche die Alten nicht aJs solche erkannten
und auf deren Ausgestaltung sie ein besonderes Gewicht ge-
legt hatten. Die Bewegung musste z. B. gleichförmig seiUr
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352
Dr. Johann Filsch.
weil sie eine GesclnviTuligkeitsÜnderung mit der höchst voll-
kommeueu Natur d r Himmelskör])er unvereinbar liielten. und
sie musste im Kreise vorsichgeheu, weil der Kreis, Avelelier
mit gegebenem Umfange die größte Fläche abschließt, die voll-
kommenste Curve vorstelle. Die anwachsende Erfahrung er-
schütterte nach ond nach den Glanhen an die Richtigkeit and
Zweckmäßigkeit des Bildes, bis schließlich Copernicus ein neues
Bild vor den Augen der erstaunten Mitwelt aufrollte. Die
Richtigkeit entprach den vorliegenden Thatsaehen, und die
größere Zweckmäßigkeit ließ sich sofort an der geringeren An-
zahl leerer Beziehungen erkennen, indem Kepler niclit weniger
als elf BeweguiiLii 11 auf/Ziililt, welche durcli die Einführung des
copernicaniseheu Systems als überflüssig wegtielen. Aber gerade
eine der noch vorhandenen leeren Bez.iehungeu gab Aulass zu
einem Irrthume. Copernicus schrieb nämlich der Erdachse noch
eine eigene Bewegung zu, durch welche sie parallel bu sich
selbst bleibe, und that dies nur aus dem Grunde, weil eine
solche Bewegung als leere Beziehung vorhanden ist, wenn man
im Tellarium die mit der Sonne in fester Verbindung stehende
Erde um erstere herumführt. In einem neuen Bilde vermin-
derte dann Kepler abermals die Anzahl der leeren He/iehungen,
bis sie schlielilieh in dem noch gegenwärtig geltenden Bilde
Newtons soweit zurückgedrängt wurden, dass uns nur noch
der Ersatz der Fernkräfte durch Wirkung eines Zwischen-
mittels als weiterer Fortschritt m(^lich erscheint. Ersichtlich
tragen bei diesem Gange der Erkenntnis die Bilder zuerst ein
ausgesprochen mechanisches Gepräge, dann wird der Abstraction
ein immer größerer Spielraum gewährt, bis in dem letzten
Bilde alles, was wir von ihm auszusagen vermögen, sieh in
einem Systeme von Differentialgleichungen zusammenfassen lässt,
ein Ziel, zu welchem wir. nicht ohne vieles Tasten, auch in
der Elektricitatslehre gekommen sind.
Wie sich die \ orgänge in unserem Planetensysteme in einem
Bilde vereinigen lassen, das wir nach Hertz^schen Grundirätzen
einer Kritik untensogen, so können auch alle mechanischen
Yor^nge, und nur von solchen ist ausschließlich die Rede,
in einem einzigen Bilde abgebildet werden^ das aus den Grund*
begriffen der Mechanik in Verbindung mit ihren Principieu
besteht. Dabei verstehen wir unter Principien der Mechanik
nur solche Sätze, die zur Deduetion aller mechanischen Sätze
ohne weitere Berufung auf die Erfahrung hinreiehen. Je nach
der Wahl der Grundbegriffe und Principieu entstehen nun
▼erschiedene Bilder, die sich wesentlich in Bezug auf ihre
Zweckmäßigkeit von einander unterscheiden.
Bis in unser Jahrhundert gab es nur ein solches all-
umfassendes Bild, nämlich die Mechanik in der bekannten Dar-
stellung, wie sie allen unseren Lehrbüchern zugrunde liegt.
Die Begriffe Zeit, Raum, Masse \;^d Krnft sind ihre Grund-
begriffe, und insbesondere der Kraftbegrüi wuchs bald zu einer
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Die Principien der Mechanik nach Beinrich Hertz.
353
solchen Bedenttmff an, dass Zweifel an seiner Zulässigkeit als
Grundbegriff wohl kaum einer Diseuaaion würdig erschiiMieii
wären. Zulässig und richtig ist das gewonnene Büd, und tiefe
Ehrfurcht muss uns vor den groHen Geistern erfüllen, welche
durch jahrhundertelaiitxe Arbeit dieses gewaltige Instrument
iiaturwissen5?ehaftlic}ien Forschens geschaffen. Doch ist es auch
das zweckmälügste? Hertz veriieiut die Frage, indem er auf
die vielen leeren Beziehungen hinweist, welche durch den vagen
ICrafkbefpiff hinzukamen. Nach den Gesetzen der Mechanik
ist n&mhch einerseits eine groüe Zahl von Bewegungen möglich,
die in der Natur nicht vorkommen, anderseits können wir über
manche natürliche Bewegung mehr aus der Erfahrung schöpfen,
als in den Principien der Mechanik enthalten ist, und ein Bild,
welches von vornherein alle Vorgänge ausschlösse, welche in
der Natur nicht vorkon ni-'n können, müsste unbedinfjt zweck-
mäßiger erscheinen. Dass wirklich eine Unbestimmtheit des
Kraftbegriffes vorliegt, erhellt schon aus der grolJen Zahl ver-
schiedener Kräfte, welche wir allmählich in die Physik einführten.
Da gibt es Schwerkräfte, elektrische und magnetische Kräfte,
ferner Molecularkriifte mit ihren yerschiedenen Unterabthei«
lungen, und der daraus henrorgeheude Zustand bat immerhin
einige Ähnlichkeit mit jenem, in welchem verschiedene Stoffe,
einer für die Erklärnnrr der Brennbarkeit, zwei für die Elek-
trieität, einer für den Magnetismus und einer für die Wärme
bis auf Weiteres die Körper erfüllten. Sehr begreiflich erscheint
es dann, wenn ein Forscher wie Maeh diese Kräfte als Spuren
eines Fetischismus ansieht, vielleicht sind sie aber auch die
letzten Reste jenes naiven Geistes in den Naturwissenschaften,
der sieh mit einer Worterklärung vollauf zufrieden gab. So
machte z. B. Picard die Beobachtung, dass ein Barometer im
Dunkeln aufleuchte, wenn man das Quecksilber desselben in
schaukelnde Bewegung setze. Man nannte diese elektrische Er-
scheinung, für welche man damals keine Erklärunn- l>f's;<f>, dt'n
mercurialischen Phos])hur, und damit war die Saciie lür iange
Zeit abgethan. En ist sehr fraglich, ob wir z. B. von uns. ren
Elasticitätskräften eine viel genauere Vorstellung besitzen als
unsere verehrten Vorgängi r vom mercurialischen Phosphor.
Die in der Natur unmöglichen Probleme gelangen dadurch
in die Mechanik, dass manche Forscher den Kräften ohne Ruck-
sicht auf die Möglichkeit ihres Entstehens eine eigenthümliche,
selbständige Existenz zusehreiben. Mach stellt zur Widerlegung
einer solchen Auffassung fnlrj-enden trefflichen Vergleich auf.
Wenn jemand die Welt mir vom Theater her kennen würde
und durch Sf»ine Forsehungeu die W iclitigkeit des Schnürbodens
für die Bühnen Vorgänge erkannt hätte, müsste dieser Mann
nicht später auch in der wirklichen Welt nach einem Schnür-
boden forschen und denselben als Ursprung alles Geschehens
ansehen? So dürfen auch wir, wenn wir zu unseren Bildern
die Begriffe Kraft, Masse u. a. brauchen, dieselben nicht schon
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354
Dr. Johaaii Pitseb.
deshalb für die reale Graudlage der abgebildeten Geeen»
stäiid»-' lüilteij. Ebenpowf iiif^ niüsseii aucli dir- \h'^nSe^ welche
aus irgend ^velL•hen iiniiiilcn bei dem ursjinmghchen Aufbau
der Mechanik eine so budeutt-jide Rolle spielteu, für alle Zeiten
die Grundbegriö'e bei einer Deduction abgeben.
Da wandte sich in der Mitte unseres Jahrhundertes die
wissenechaftliche Aufaierksainkeii emem HesriSe zu, welclier
in seioer ganzen Bedeutung erat ein Kind unserer Zeit ist,
nämlich der Energie, und es tauchten nach und nach die Um-
risse eines neuen Bildes des mechanischen Geschehens auf, die
gegenwärtig vielgenannte Energetik, in welcher Zeit, Kaum,
Masse und Energie die Grundbegritfe bilden Wiewohl dieses
neue Bild noch nie iu aiieii seinen Zügen ausgeführt wurde,
sind doch die meisten Naturforselier von der Möglichkeit eines
solchen Ausbaues überzeugt und schon von den ►Schönheiten
der thdlweisen Bearbeitung entsfleki In ungeahnt dnhmtlieher
Auffassung stellen sich die mechanischen Erscheinungen ala
Überg^ge und Umformungen von Energiemengen dar. Auch
kann man nunmehr die materiellen Systeme als Ganzes be-
trachten und braucht nicht bei den einfachsten Problemen auf
die Molecüle und die zwischen ihnen thätigen Kräfte zurück-
gehen, bei deren Darlegung bekanntlich den gewissenhaften
Physiker ein leichter Schauder befallt.
Aber wieder regt sich der Skepticismus und stört die
Freude an dem Gewonnenen. Die Energie tritt nämlich in.
2wei Formen auf, als Energie der Bewegung (Icinetische Energie)
und Energie der Lage (potentielle Energie), und nur die erste ist
einfach zu definieren und der Messung zu unterwerfen, während
die potentielle Energie, einem Proteus gleich, in mannigfacher
Gestalt auftritt. Dazu kommt noeh ihre schlimmste Eiir''ii-
fichaft, sie lässt sich nicht ohne Zuhilfenahme des KraftbegriÜes
definieren.
Ich möchte an dieser Stelle den allerjüngsten Versuch, den
Ostwald in seiner Rede, betitelt: „Die Überwindung des wissen-
schaftlichen Materialismus'*, anstellte, um das iu Rede stehende
Bild zu modificieren, schon deshalb nicht übergehen , weil der
Anschein eines allzu sielieren Einherschreitens auf schwankem
Grunde viel Widerspruch zeitig. Statt nämlich das Hindernis
zu beseitigen, welches der Knprcr**tik aus dem Begriffe der
poteiitifllt'ii Knergie erwächst, füiirt Ostwald unter dcni An-
scheine der Vereinfachung eine neue Schwierigkeit ein. Aus dem
schon von Maxwell ausgespruchenen Satze, dass die Natur-
erscheinungen nur Umformungen der Energie seien, zieht er
die Folgerung, dass unsere Sinneswerkzeuge nur auf Energie-
differenzen zwischen ihnen und ihrer Umgebung reagieren.
Wenn aber alles, was wir von der Außenwelt erfahren, nur
Energieverhältnisse sind, dann haben wir auch keinen Grund,,
etwas anderes als Energie in ihr als vorhanden anzunehmen,
der BegriÜ' Materie wird überflüssig, Zeit, Raum und Energie
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JJie Principien der Mechanik nach Heinrich üettz.
355
siud die Grundbegriffe dieser Modilieatiou der Euergetik. Es
ist ersichtlich, dass gegeu diesen Versaeh in erhöhtem Maße
der Einwand gilt, dass wir bis jetzt nicht imstande sind, alle
Merkmale des Begriffes Energie anzugeben, weshalb derselbe
noch nicht als Gnuidbegriff bei einer wissenschaftlichen Dar-
stellung der Mechanik dienen katin. Dies war auch der Grund,
warum Hertz, der selbst eine Energetik schaffen wnlltr*. (Kmi
Versuch wieder aut'tj^ab und einen neuen Weg einschlug, der
zu einem dritten Hilde der Mechanik tViiirte. Die Idee, nur
drei Grund begritie in der Mechanik gelten m lassen, rührt
schon Ton Eirchhoff her, wurde aber erat Ton Hertas consequent
durchgeführt. Dieselben sind: Zeit, Baum nnd Masse, aber es
gesellt sicli zu ihnen n(u']i eine für den ersten Augenblick be-
fremdliche Hypothese. Wenn wir sehen, wie das Schließen eines
elektrischen Stromes die Ablenkung einer benachbarten Magnet'
nade] hervorruft, oder beachten, dass die von der Sonne aus-
gehenden Strahlen den Erdboden erwärmen, drängt sich uns
sofort die Überzeugung auf, dacis mit den sinnlich wahrnehm-
baren Erscheinungen noch andere Hand in Hand gehen, von
welchen wir nur infolge der Einrichtung unserer Sinnesorgane
keine Kenntnis erlangen. Dem Wunsche aber, auch sinche
Erscheinungen in unserem Bilde nachzuahmen, entstammen die
geheimnisvollen Begriffe Kraft und Energie. Wahrscheinlich
noch unter dem Einflüsse seiner epochemachenden Arbeiten,
dnrcli wt'lclif wenigstens auf dem (Jebiete der Elektricität und
des Magru'tisnius die FernkrültL' auf Hewt'jj:iin<rsv(irgäuge in
einem ruumei füllenden Mittel zurückg<'l'iihrt wurden, nahm
nun Hertz die Hypothee^e au, dieses unbekannte in den Er-
scheinungen sei auch nur Masse und Bewegung und gicnge
also aus den Grundbegriffen herror. Hiebei konnte er sich
auf die Auseinanderaetzun^n eines Helmholtz stützen, welcher
bereits auf die Wichtigkeit der Annahme sogenannter verbor-
genen Bewegungen hingewiesen, die sieli nur in Bezug auf
unsere Mittel der Wahrnelimung von anderen unterscheiden.
Kraft nnd Energie sind dann unter allen I^mständ^n eine
WiikuuLC von Masse und Bewegung, wenn sie auch beide nicht
sinulich nachweisbar sein sollten. Diese Hypothese wird uns
nicht einmal so überraschend neu erscheinen, wenn wir be-
denken, dass bereits die mechanische Wärmetheorie und mit
ihr die kinetische Gastheorie die bei den Wärmeerscheinungen
auftauchenden Kräfte und Energien auf verborgene Bewegungen
zurückführten.
Mit den Grundbegriffen tritt dann bei H» rt/. ein Princip,
aber nur ein einziges, in Vorhindunc^, das aueli in üljerra-^chend
einfacher Form folo-,'ndcn Ausdruck erhält: ...led*-s freie S\ -tt-m
beharrt in seini-ni Zustande der Ruhe udtir der gleichförmigen
Bewegung in einer geradesieu Bahn." Freilich sind die Aus-
drücke Bahn und gar geradeste Bahn eines ganzen materiellen
Systems neue Begriffe, die selbst wieder einer Erörterung be-
„Ö»tem MlttelMibale". XI. Jabi«. 26
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356 Dr. Johann Pitech. Die Principien d. Mechaaik n. Heinrich Herts.
dürfen, bezüglich welcher aber auf das Originalwerk verwiesen
werden miuis. Aus den Grundbegriffen und diesem Principe
dedueieri dann Herta die Satze der Mecbanik, wobei es aller-
dings auch bald zweckmäßig erscbeint, die Begriffe Kraft ünd
Energie als Hilfsbegriffe anzunehmen, aber GeheimnisTolles
bieten sie dann nichts mehr dar, denn sie werden nur auf
Grnnd Yon "H'-finitionen eingeführt, die ihre sämmtlichen Merk-
male ange[)en. Durch seine Mechanik hat Hertz wenigstens
theilweise den Ausspruch Maehs gerechtfertigt, dass der Kraft-
begiiii äberÜüssig würde, wenn wir einmai direct die Abhängig-
keit der Lasen der Körper von einander erkennen könnten.
Hertz, der schon im kräftigsten Maunesalter starb, stellte seine
Mechanik nur in ihren Hauptzügen fertig, konnte aber seine
Goldbarren nicht mehr in leicht coursierendes Kleingeld um-
wechseln, und so wird es vielleicht noch lange dauern, bis die
Gesammtarbeit schwächerer EpiL'onen jene Ergänzungen schafft,
die der Anwendung der Hertz'sclien Grundsätze in aÜen Theilen
der Physik vorangehen müssen.
Wenn ich es heute wagte, Ihueu verschiedene , einander
ssomtheil entgtgeastehende Ansichten bedeutender Männer vor-
zaftthren, geschah es in dem Bewusstsein, dass bei der Be-
trachtung solcher Kämpfe unsere Seelenruhe ungetrübt bleibt.
Hegen wir doch alle die innige Überzeugung, dass aus dem
Widerstreite der Meinungen schließlich die Wahrheit hervor-
geht und dass der gewaltige Sehritt, welchen die Naturwissen-
schaft in unseren Tagen einsehlägt, eine noch größere Ver-
tiefung unserer Erkenntnis in nicht zu ferner 2eit erhoffen
lasst.
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Dr. 6. Jnritaeh. Die Iiutnictioneii tum geographischen Unlerrichte etc. 357
Dieinstruclioiien zum geographischen Unter-
richte im Verhältnisse zur bisherigen Me-
thode der Lehrbücher.
Vortrag, gehalten aui VI. deuUch-österrtichischen Mittelschultage von Dir.
Dr. G. JuritSCh aus Mies.
Ich bin mir ))pwusst. mit der Aukündigung meines Vor-
trages und der aufgestellten Thesen eine scharfe Oppnsitiou
wachzurufen. Um über gleich ini vornherein meinen StandpuiikL
zu prücibiereu , sehicku ich die ilirkluruug voraus, daäti em tiich
bei der Erörterung dieser Fragen nieht Oftrom handelt, das den
loetmetionen im geocraphisehen Unterrichte zugrunde ge1«'gte
System aU das alleinoereehtigte hinzustellen, das bei jedem
Schüler ohne Ausnahme zum gewünschten Erfolge führt, wäh-
rend anderseits die Methode der Lehrbücher als durchaus
verfehlt 1)»'/eichnet werden müsste. Durch eine mir aus Steier-
mark zugeschickte ( Oi r 'spomlenzkarte bin ich darüber ver-
gewiböert worden, da.-s man »iie Frage fälschlich in der Weise
auifasste, als ob heute groDes (iericht gehalten werden öuiite,
was gut oder schlecht sei. So weit, hoc geehrte Herren, ver-
steige ich mich nicht in meinen Anmalrangen, um Aber die
Arbeiten verdienter M&nner auf dem Gebiete der Schulbücher-
literaiur den Stab zu brechen. Meine Absicht geht nur dahin,
nochmals, wie es gewiss schon oft von maßgebenderer Seite
vorher geschah, auf den grollen Unterschied hinziiweisen,
der zwischen dem System in dm Instructionen und der An-
passung der Lehrbüclier an diese noch immer fortbesteht. Will
ich autnchtig sein, so luuss ich gesteheu, dass ich in der ver-
gangenen Woche nach Einlauf der Correspondenz aus Steier-
mark fast zaghaft wurde, nicht etwa deshalb, weil ich mir ttber
die Lösung der Fraee selbst noch unklar bin, sondern aus
Furcht, Sie, meine Herren, von meiner Ansicht nicht genügend
überzeugen zu können. Einiger Trost wurde mir durch einen
in der letzten Nummer der ..Zeitschrift f'ir Schulgeographie"
von Heinrich Kerp, Lehrer am Gymnasium m Honn. verolVent-
lichten Aufsatz gebracht, der ..über die Abgrenzung und Be-
nennung der erdkundlichen Lehreiuheiten nach natürlichen
. Gesichtspunkten" handelt. Lässt auch der Titel der Abhand-
lung nur sehr schwer den Tenor erkennen, so findet man sich
in dieser selbst leicht bei dem Gedanken zurecbt, dass „viele
in Deutschland gehrauchte Lehrbücher die Lehi-stoffe in den
Bahmen politischer, aus geschichtlichen Ereignissen hervor-
gegangener Gebiete einzwängen und das natürlich Zusammen-
gehörige durch die oft sehr willkürlich gezogenen Landes-
26*
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358
Dr. G. Juritscb.
ereuzen von einander trennen." Keip beantragt eine Änderung
(i«'r Lelirbiuhor nach den von ihm auff^pstellten Gesichts-
punkten. Ich steht' iilso mit raeinen Tlu^^^en nicht mehr so ver-
messen da, als es den Anschein haben konnte.
,.Alle Wege führen nach Rom,'' sagt schon ein ziemlich
abgedroschenes Sprichwort; deshalb ist es auch gar nicht meine
Absicht, die sehr geehrten Verfasser der Lehrbücher heute
nach Üanossa zu zerren. Aber darin werden mir wohl alle zu-
stimmen, dasB Ton den verschiedenen Wegen, die Schüler „die
Erde als Ganzes und die Dinge der Erdoberfläche als solche
in ihrer räumlichen Anordnung und die damit zusammen-
hängenden He/iehnngen kennen /.n lernen", doch einer als der
küraeste und beste be/eic]iin't werden muss.
Vergeg^enwäHigeu uir uns die ältere Methode des geo-
raphischen Unterrichtes, so beschränkte sie sich darauf, dass
ie Schiller das im Buche Gedruckte der Ordnung nach auf
der Karte zeigen konnten. Sie war aufzählend, beschrei-
bend und kümmerte sich nur um das „dass", nicht um das
..wie". Nach dem Beweise von der Kugelgestalt der Erde und
der Aufzählung der Haupthimmelsrichtungen begann man so»
fort mit Europa. Der Anfang wurde mit der Aufzälilimg der
einzelnen Halbinseln und Meeresbuchttn gemacht, und der junge
Primaner zeigte mit einem Stäbehen der Reihe nach auf der
Karte, was sein Mund geschwätzig sprach. Man wurde dabei
unwillkürlich an den Ausrufer einer Menagerie im Prater er-
innert. War dieses wichtige Gapitel beendet, so folgte die Auf-
zählung der Gebirge, dann der Hauptflüsse, dann der Neben-
flüsse, wie sie rechts und links einmünden, dann der Staaten
und endlich der Städte. Wir wollen über diese Art, Geographie
zu lehren, kein W^rt verlieren. Ich glaube, man könnte sich
nur darüber wnndern, wie sich diese Methode so lauge Zeit
über Wasser erhielt.
Da kamen die Instructionen, die mit dem bisher Ge-
leisteten in solchem Gegensatze standen, dass der Verfasser ob
der ihm angeborenen Bescheidenheit darob selbst bass er-
schrak. Gewiss ist, dass zur Zeit, als die Instructionen er-
schienen, die damaligen Lehrbücher alle noch dem alten
Systeme huldigten. Aber statt dass der geehrte Verfasser gleich
anfangs die Unvereinbarlichkeit heider Systeme klargestellt
hätte, meint derselbe: T^mi- Lehrer ir, iir. dein IMane der Lelir-
bücher folgend, inmieriim gleich nacii den vorbereitenden
Übungen zum (Jlubus und zur Übersicht über die Liij^e und
den Umriss der Erdtheile übergehen . . Der Fehler lag
darin, dass die Lehrer mit der einen Hand auf die Lehr-
bücher verwiesen wurden, während man ihnen mit
der anderen Hand Normen gab, mit welchen sie ab*
s<']ut nichts anzufangen wussten. Auf diese Wei.se ent-
stand eine Verwirrung wie kaum in einem anderen Fache de»
(.lyuiuasialwesens.
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Die Inatructionen txuax geographiscfaen ünteriichte etc. 35«)
Es gPFcliali. dass au riner und derselben Anstalt der
(iegeustaud von drm cmupii su, vou dem anderen uikIlts be-
handelt wurde, eiu Schade, iiu welchem jene Schüh-r /.liiiiichül
litten, welche das Unglück hatten, den Lehrer zu wechseln.
Ich kann, ohne die Wahrheit zu Yerletzen, die Behauptung
aufstellen, dass manche dieser Schüler und auch deren In-
stmetoren rathlos waren, da sie bei dem Übergange yom Alten
2um Ne\ieu dem Unterrichte gar nicht folgen konnten, weil
ihnen die Grundbegriffe fehlten.
Die Instructionen streben f\n. dass die Schüler die
Karte zu lesen imstande sind und das dort Geschaute unter-
ijiüauder sofort vergleichen; sie verbreiten sich auf das
ganze Kartenbild und suchen hüben und drüben das Ähnliche,
verbinden und verknüpfen es, scheiden das Unähnliche aus, so
dass mit der Behauptung nicht zuviel gesagt ist: Der SchCLler
wird an der Hand des Lehrers Aber das Angesicht der Erde
geführt. Er misst, sichtet, verbindet, scheidet, gewinnt Begriffe
und schärft sein Urtheil über das dort Geschaute.
„Es sollte nicht sosehr dns den Zeilen des Buches Ent-
nommene in der Karte, als vielmehr d?^ aus der Karte Ge-
schöpfte in der Anorchiung des Lehrbuches wiedergefunden
werden," äußern sich die histructionen. Auch hier hat der Ver-
lasser zu bemerken versäumt, dass in den Büchern von all den
Fragen, welche ans der Eajrte zu beantworten waren, wenig
oder nichts zu finden sei. Er versäumte es, offen zu ffestehen,
dass der erdkundliche Unterricht in ganz andere Bahnen als
bisher gelenkt werden müsse und me vorliegenden Bücher
keine Behelfe dafür bieten.
Erst die hohe Ministerialverordnung vom 24. Miii 1!^112
bestimmte: ^Zur Erreichung der Absichten des neuen Lclir-
plancs sind Biiclier erforderlich, welche in der Darstellung
des Lehrstoffes den im Lehrplanu und iu den Instruc-
tionen gestellten Forderungen entsprechen . . . Un-
veränderte Auflagen der bisherigen Lehrbücher werden künftig
nicht mehr approbiert werden."
Die Folge dieses wichtigen Erlasses war, dass die Herren
Verfasser oder Bearbeiter sich entschlossen, eine Propädeutik,
d. h. eine Einführung in die Grundbeo^riffe der Erdkunde, als
da sind: Orientierung, kurze Anleitung zur Terrainlehre etc.,
voranzuschicken.
Hier zeigte sich ganz deutlich, um wieviel jene Herreu,
die frei arbeiteten, leichtere Arbeit hatten als jene, die ein
vorhandenes Lehrbuch bloß umarbeiteten. Elun-Trampler und
Herr Weingartner stehen z. B. den Leistungen Supans und
Richters weit nach. Besonders Supan hat wenigstens in dem
Abschnitte »Die Darstellung der Erdoberfläche" gauz nette
Versuche gemacht, einige Gesetze der Terraindarstellung den
Schülern nähcizubringen. Dort aber, wo die eigentürlie Be-
handlung der Bodentürmung beginnt, ist meines W issens in
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360
Dr. G. Juritsch.
der bisherigen Methode nicht viel geändert worden. Ein Blick
in das Lehrbuch »Supaus beweist, dass die uu f zählen d-be-
schreibende Methode vollständig beibehalten wurde,
indem das deutsche Mittelgebirge in acht Zeilen ab^ethan wird
und bloße Namen enthalt. Was noch eigenthümliäer ist^ so-
wohl er als Riehter und Klun-TTampler beginnen mit den com-
plicierten Alpen, statt, den gewohnlichsten Regeln des Unter-
richtes folgend, vom Leichteren zum Schwereren fortzuschreiten.
Ich gehe jede Wette ein. dass die Schüler in dem Gewirre
von Kett^Mi üüth hal)en werden, auf der Karte den Mout Blanc
oder den Ortler 7.u Hndeu. Uberall aber finden wir getrennt
von den Bodenerhebungen die Behandlung der Flüsse, wenn
man nicht in der Erwähnung der Alpenthäler wenigstens einen
sehüehtemen Versuch sehen will, Berg und Fluss zu yer-
binden. Gerade in dieser Verbindung und in der engen
organischen Beiordnung von Berg, Fluss und Meer,
und wfis noch sonst daz.ii gehört, liegt der Wert der
neueren Methode. Nirgends nünilich sehen wir in der
Natur hier nur Berge, dort nur Flüsse, wieder anderswo
bloß Städte und Staaten, sondern von wo immer wir die Erde
betrachten, tritt uns überall das gesammte Landschaftsbild vor
Augen.
Wo also ein Qebirge genannt oder beschrieben wird, musa
auch gleichzeitig das Flusssvstem oder die Flusssysteme heran-
gezogen werdm, wobei es dem Lehrer freisteht oder, besser
gesagt, sogar geboten erscheint, mehrere bereits durchgenom-
mene Gebirge nach den verschiedenen Gesichtspunkten unter-
einander zu vergleichen.
Um aber diese Stufe des Lnterriclites zu erreichen, muss
zuYor das Hauptbestreben der Lehrer darauf gerichtet sein,
den Schülern das Lesen der Karte vollständig geläufig
zu machen. Ritter äußert sich, wie bekannt sein wird, folgender-
maßen: „Die von Natur auf der Erde errichteten Denkmale
und ihre Hieroglyphenschrift müssen betrachtet, beschrieben,
ihrr Coii-tnietinn »'ntziffei-t werden. Ihre Oberflächen, ihre
Tieleu, ihre Huben müssen gemessen, ihre Formen nach ihren
wesentlichen Charakteren geurdnei und alles zu einem über-
sichtlichen Ganzen gruppiert werden.'^ Das Lesen der Karte
ist eine Kunst, und darin hat die altere Methode gefehlt,
dass sie das Lesen der Karte als etwas ganz Selbstverständ*
liches hielt, als ob es der Mensch schon mit auf die Erde brächte*
Das Lesen der Worte, bestehend aus einzelnen Silbenzeichon,
muss geübt werden, und doch haben wir hier nicht nur ver-
hältnismäßig wenig Zeichen, sondern auch was gelesen wird,
soll dem Kinde mehr oder weniger bekannt sein. Und in der
Erdkunde, wo auf der Karte die verschiedenartigsten Formen
dargestellt werden, sollte das Lesen innerhalb weniger Stunden
ab^han werden oder gar, wie es früher Üblich war, als eina
angeborene Fertigkeit gelten?
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Die Instructioiieü zum geographischen Unterrichte etc. 361
Ein Veifasser eines Lehrbaches hSlt aueh heute noch für
ausreichend, wenn er in einigen Zeilen bemerkt: „Gipfel, Kamm-
linie und Hochebene und überhaupt nlle flachen Stellen bleiben
weiß. Die Hösehunr; dagegen wird durch eine Fülle kl'-inMr
Striche, tsugenaunte Sehraffen, angedeutet. Je steiler die lioscining
ist, desto dicker und dichter neben einander lauten die vSehnilVen.
Eine Karte, die ein Hochgebirge darstellt, wird daher immer
siemlieh dnnkel ersetieinen."
Ich will eingestehen, was hier gesagt wird, ist etwas, näm-
lich mehr als nichts, aber es ist riel zu wenig. Begnügt sich
der Lehrer mit dem hier Gebotenen, so kann er sicher sein,
dass seine Schüler vom Kartenlesen keinen blassen Hegritf
haben; lehrt er sie aber wirklich die Kunst des Lesens, so
lässt ihn das Bueli völlig im Stiche. Sui)an hat sich, wie bereits
früher erwähnt, etwas eingehender mit der Darstellung der
Erdfonnen beschäftigt, aber zwischen den einfachen Zeich-
nungen anf den Seiten 16 und 17 und dem Querschnitte auf
der folgenden Seite ist ein zu großer Sprung. Zur Vollständig-
keit der Terraindarstellung fehlt noch der weitaus größte Theu:
Erbebunj^en mit vier P*üschungen, kegelförmige Berge mit
gleichbleiljendem BöschuiiLf^winkpl oder sich Stets verjindfrn-
dem. entweder zu- oder ahneiimend, Typen mit uiigleicljen
Böschungswinkeln auf den verschiedenen Seiten, Typen von
Terzweigten Gebirgen u. s. w.
Ein wichtiges Capitel bilden die Fragen, was in der An-
sicht Ton oben, was im Quer- und Längenschnitte abgemessen
werden kann Hier können die Erörterungen über absolute und
relative Höhe eingefügt werden. Ähnlich müssen die einzelnen
Flussforraeu auf der Tafel entwickelt werden: Flüsse, die einen
parallelen Lauf haben und sich dann vereinigen; solche, die von
entgegengesetzten Richtungen kommen und nach ilirer Ver-
einigung von den bit^herigeu Uichtuugeu abweichend fortlaufen;
Flösse, die straUeni5rmig zosammeiuEommen; FlOsse, die ein
Gebirge begleiten oder durchbrechen oder abschneiden. Alle
diese nothwendigen Vorbeffriffe und noch viele andere, welche
ich W^en Mangels an Zeit nicht einmal flüchtig berühren
kann, sind zum Lesen der Karten unbedinj^^t nothwendig. Und
haben Sie. meine Herren, in den vorliandenen Lehrbüchern
auch nur einige Anhaltspunkte? Die Lehrer, weiche in der den
Instructionen entsprechenden Weise vorgehen, sind bia jetzt
einziff auf sich und die Zeichnungen an der Tafel auge wiesen.
Ich will nun gleich selbst einigen Einwflrfen, welche gegen
die Methode der Instructionen gemacht werden könnten, be-
gegnen. Der erste geht dahin, dass man derlei Kenntnisse zur
Geographie auf der Unterstufe gar nicht brauche; der zweite,
dass der Geograph dem Bildungsgange der Schüler weit vor-
greife, da er f>ereits in der 1. ('lasse von Körpern handelt,
Quer- und Längenschnitte macheu liis^t, während in der Geo-
metrie bloii Linien in der Ebene, Winkel etc. behandelt werden.
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a62
Dr. G. Joritsch.
Meine Herreu! Behaupten wollen, dass der Schüler Terrain-
kenntnisse nicht brauche, heiÜt soviel als auf Geogray>hie über-
haupt zu verzichten; denn ohne die Kunst des Kartenlesens
kann das sonstwie Gebotene nicht Geographie genannt werden.
Man sollte doeh einmal anfangen, diesen Gegenstand ans der
Aschenbrödelstellung, die er bisher hatte, zu befreien! Noch
immer ist Geographie und Geschichte zu einem Gegenstände
im Kataloge und im Zeugnisse vereinigt. Beide Fächer sind
ebenso verschieden als Latein und (xrieehisch oder
Mathematik und Physik. AVelclier L^^lir«*r hatte in seiner
Praxis nicht die Erfahniug gemacht, dass cin/.tlne Schüler in
der Erdkunde Vorzügliches leisten, während sie in der Ge-
schichte schwach bleiben oder umgekehrt?. Der Lehrer ist noch
Immer bei der Classification genöthigt, die Noten aus den beiden
verschiedenen Diseiplinen in eine zu verschmelzen. Hat der
Schüler nicht das Recht, zu verlangen, dass seine Leistungen
aus jedem Fache ganz und voll jjewürdigt werden? Aber
nicht blüh das. Die G»'oo-nt]ihi*' ist ein Gorrenstand, der auch
dem Naturhistoriker übertrageu werden kann. Dieser erscheint
völlig befähigt, Erdkunde vorzutragen, weil bei Besprechung
der einzelnen Länder etwa erwähnt wird, dass dort L&wen und
Tiger, hier Wölfe und Bären vorkommen. Wenn die Erdkunde
auf das Lesen der Karte und die Terrainlehre verzichten will,
dann ist jedermann befähigt, in diesem Gegenstande zu unter-
richten. Welche Bedeutung hat aber im späteren praktisi hen
Leben gerade diese bis vor kurzer Zeit so gering ^n-aehtete
Diseiplin! Jeder kommt einmal oder auch öfters in die Lage,
sieh auf einer Specialkarte zureclitlindeji zu müssen. Nicht ein-,
sondern unzähligemale bin ich gebildeten Leuten begegnet, die
sich colorierte Specialkarten kaufen mussteu, weil sie nicht
imstande gewesen wären, sich auf einer anderen zurechtzu-
finden. Nun aber hatten sie wenif^stens den guten Glauben,
sie könnten sich mit Hilfe der colorierten Karte orientieren,
weil die Straßen hellroth, die Wälder grün, die Felsen braun
eiugemalt waren. Wann aber sollen die Schüler anfangen, die
Karte zu lesen? Etwa in einer späteren Classer Ich meine das
Rechte zu treÜeu, wenn ich behaupte, es müsse gleich in
der L Glasse gründlich geschehen. Wer sich mit dem
Wenigen begnügt, was in den vorhandenen Büchern geboten
wird, der wird von den Schülern nur irre geführt. Sie zeigen
vielleicht mit dem Stäbchen richtig den Schwarzwald, den
Selnveizerjura oder den Po. Der scheinbare Erfoltr rührt aber
nicht vom versjtinidnisvoUen Kartenlesen, sondern bloii von
einem vorziiglielien Localgedächtnisse her. Lassen Sie,
meine Herren, einige Monate vergehen, und das mühsam Ge-
lernte ist vet|[e8sen, vergessen für immer, da die Aneinander-
reihung der Begriffe bloD mechaniAch war.
Die Begebung des zweiten Einwurfes fuhrt dahin, dass
es ganz irrig ist, wenn man behauptet, den Kindern mangle
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Die liij>tructiooeo zum geographittchen Unterrichte etc.
m
der Sinn für Körper, oder die Lehre von Körpern Uberschreite
ihre Fassungskraft. Denn was das Kind betastet, sind Körper;
diese liegi ii iluu unendlich näher als Flächen, welche es ja doch
nnr durch Abstraction an Körpern wahrnimmt.
S*»hon wir uns die Kritzeleien des Max und Moriz an!
Was xeicliiien sie? Etwa Parallele, die vuii einer Gei-adeu ge-
j>chiiitleu werden, oder AViükel, liechtecke und Quadrate?
Was sie zeichnen, sind Körper: Häuser, Menschen, Eisenhahneu
n. dfd. Sie projiciereu also die ceschauten Körper auf die Ebene
der Tafel oder des Papieres. Ich habe in Wien mehr als zehn
Jahre nach der Metliode der Instructionen Erdkunde unter-
richtet und durchgängig die Erfahrung gemacht, dass aufmerk-
same Schüler fast ohne Ausnahme die Vorstellung eines Sand-
haufens, der nach der Breite und Länge durchschnitten wird,
richtig eri'assten und die beiden Seluiittliächen — natürlich mit
der nöthigen Anleitung — construierten.
Aus Holz lassen sich leicht Modelle der einfachsten Berg-
formen, die man der Länge und Breite nach durchschneiden
kann, herstellen. An den Modellen, welche gestern Herr Prof.
Klar aus Wiener -Neustadt zeigte, ist nur die Zerlegbarkeit in
Horizontalschichten neu, die Verwendung von Modellen über-
haupt ist an manchen Sehulen schon längst eingeführt.
Jeder der Herren Facheollen;en kann sich leicht überzeug-en,
dass die Fragen, welche öich au derlei Modelle kiiiipl'eu. die
Fassungskraft der Schüler nicht übersteigen und infolge dessen
auch das Eartenbild richtig gedeutet wird.
Fraffen Sie mich aber nach der Zeit, die zur Einführung
in die l^rraindarstellung und das Kartenlesen erforderlich ist,
so muss ich eingestehen, dass wir fast bis Weihnachten zu
thuu hatten. T^nd was stand von alledetn im Lehrbiiche? Wir
hatten Ptatsclmig eingefülirt, aber nielit ein ihm] wurde es be-
nutzt, freilieh zum SeTireek iiu.seres Direetors. \\ enn das Lehr-
buch einmal beuüt/t wurden sein sollte, io geschah es nur, um
den Schülern zu zeigen, wie unendlich viel sie gelernt hatten,
woron im Buche nichts anderes zu finden sei als eine Ziffer
und ein Wort, z. B. „8. der Thüringerwald
Gerade der Thttringerwald wnd nach der Beendigung
der Propädeutik zum Paradigma für die nunmehr erst be-
ginnende Lesung der Kni-te in den Instructionen anempfohlen,
weil er eine einlaehe Kette darstellt. Noch besser wäre es,
wenn man die Hodenplastik der Umgebung des Seliulortes, in
froliem Maßstäbe kartographisch dargestellt, zur \ erfüguug
ätte. Immerhin würde als Nächstes der Thüriugerwald bleiben
müssen. Ich kann nun nicht die ganze Behandlung des Thü-
ringerwaldes als Beispiel klarlegen, weil mit ihr mehrere Schul-
stunden ausgefüllt werden und die mir zugemessene Zeit eigent-
lii Ii schon al)gelaufen ist. Teh will mich daher kurz fassen und
iuu das Capitel „Lage des T hüri uge r w a 1 d es" lierausgreifen.
Aus den Lehrbüchern erfährt der Schüler nur, dass der Thüringer-
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304
Dr. G. Ju ritsch.
wald zum deutschen Mittelgebirge gehört und etwa unter Nr. S
aufgezählt wird.
Wie grundverschieden ist die Behandlun![^ nach der Me-
thode der lustriictiüiieiil Also Lage des Gebirges! Wo liegt
es? In Thüringen. La^e zum Scliulorte ? Es liegt z. B. von
uns nach Nordwest. Nun folgt die Orientierung im Schul-
ziiumer. Alle Schüler oder einer zeigt nach Nordwest. Was
liegt zwischen uns und dem Thttringerwalde? Die Schüler lesen
aus der Karte, dass man zuerst die Donau überschreiten mUsse»
dann durch Niederösterreich nach Böhmen gelangt, hier links
ein langes Gebirge zur Seite hat, das Böhmerwald heißt, u. s. w.
Ist die Lage zum Schnlorte bestimmt, so wird gleich das
Messen geübt. Die Schüler liiub'n, dass die Kutt'ernung bei-
spielsweise ijOükiH beträgt. Damit die Zahl kein hohler Behalt
bleibe, müssen die Kilometer in Tagemärsche umgerechnet
werden. Wir erfahren bald, dass wir gegen 14 Tage zu mar-
schieren hätten, um den Thüringerwald zu erreichen.
Ahnlich wird dann die Lage des Gebirges zu anderen
naheliegenden Bergen, Flüssen, Staaten und vielleicht sogar
Städten besprochen, um dann die Lage des Grundrisses zu
bestimmen. Immer aber werden die (rehirge nach den ver-
schiedenen Gesichtspunkten untereinander verglichen. Im
Lehrbuche wird jedes Gebirge nur einmal genannt; wir
kommen zur nächsten Seite und veigtssen das frühere. Nach
den Instructionen hingegen kehren, wie im Lateinischen
dieselben Vocabeln, dieselben Erscheinungen immer
wieder, werden nach neuen Gesichtspunkten gruppiert; die
Vorstellungen gehen immer neue Verbindungen ein: es ist unter
der Hand des Lehrers ein weitverzweigtes Xetz geworden und.
was die Hauptsaehe ist, die Schüler haben aus ihrem eigensten
Selbst wirklich gearbeitet, nicht bloß mechanisch gelernt.
Meine Herren I Urtheilen Sie selbst, ob eines der vor-
handenen Lehrbücher bei Anwendung dieser Methode mehr als
inffanz minimalem Maße zu gebrauchen ist. Dennoch kann nicht
gefordert werden, die im Gebrauche stehenden Lehrbücher zu
entfernen, da sie bereits die hochortige Approbation erlangt
haben. Nichtsdestoweniger wäre es für einen tüchtigen Kopf eine
rühmenswerte Aufgabe, den Versuch mit der Ausarbeitung eines
Lehrbuches zu wagen, das sicli ganz enge an die Instructionen
schließt. Allerdings hätte man erwarten sollen, dass der hoch-
geehrte Verfasser derselben in den 13 Jahren, die seit dem Er-
scheinen verflossen sind, Zeit gefunden hätte, dem dringenden
Bedürfnisse durch Ausarbeitung eines Buches abzuhelfen. Wahr-
scheinlich hat er selbst die Schwierigkeiten gefühlt, welche der
Schafifnng eines solchen balmbrechenden Werlres im Wege
stehen. Öder soll ein solclies Bedürfnis nicht vorhanden '^ein?
Gewiss wird jeder von uns die Frair*' für sich beantwoilet
haben, wie ein solclies Lehrbuch etwa aussehen möge. Sehen
Sie, meine Herren, das Lehrbuch ist bereits Torhanden,
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Die Iiittritctioneti mm geographitchen Unterrichte etc.
365
es ist fix und fertig, und Sie mumun vielleicht, ich soi der
Verfasser und wolle mit dem heutigen Vortrage für dasselbe
nur Stimmung machen. Um Sie nicht zu lauge in. der Schwebe
zu lasBen, muss ich leider Tenieherot dass dem nicht so ist.
Als Professor in Wien beschäftigte ich mich mit der Heraus-
fl^be einiger historischer Werke, und jetzt als Dii ector an einem
Gymnasium in Holiraen hatte ich bis auf die allerletzte Zeit so
viel Amtsgesi-hiiite , dass für die Inangriffnahme eines solchen
Buches die nöthige Zeit mangelte.
Um aber auf unser Buch zurückzuks^Lunieu, wül ich Ihnen
das große Geheimnis verrathen. Das Lehrbuch ist jeder
Snte Atlas, jedes sauber ausgeführte Relief oder die
fatnr selbst!
Das Lehrbuch hlUten wir also, und wir brauchen nur mehr
ein Hilfsbuch, ein Büchlein, welches den Schlüssel zur Be-
antwortung desson enthält, was die Karte sprechen will. In der
Schule rirhtt t <]cr Lehrer die Fragen an den Schüler, und dieser
liest die Antwort aus der Karte. Für die häusliche Übung
braucht mithin dieser nur ein Huchleiu, welches die Fragen des
Lehrers wiederholt oder auf welche nach den bereits gewonnenen
Kenntnissen die Antwort leicht selbst gefunden werden kann.
Weil die Schflier während des ersten Jahres bloß mit dem
Lesen der Karte vertraut gemacht werden sollen und der ganze
durchgenommene Lelustoff in den drei folgenden Classen scliein-
bar wiederholt, wirklieh aber erst durchgearbeitet wird, so
halte ich für die beste Methode, wenn das llilts- oder Frage-
bueh für die L Glaste nicht nach geograplii-^eheu (iruppen,
sondern nach Lehrstun den. eiugethcilt wird. Es versteht sich
wohl Yon selbst, dass dort, wo in kurzen Zügen das „Land-
schaftliche'' behandelt wird, statt der Fragen kurze Schilde-
rungen, etwa in Form kleiner Lesestüeke, eingeschaltet werden.
Es würde mich freuen, weim ich Sie, meine Herren, durch
raeinen Vortrag von der liichtigkeit meiner Ansichten über-
zeugt liätte. und bitte daher um Annahme der Ton mir auf-
gesteUteu Thesen:
1. Das System des geographischen Unterrichtes im
Sinne der Instructionen ist grandyerschiedeu von dem
in den bisherigen Lehrbüchern zugrunde gelegten.
2. Die Benützung der Lehrbücher beim Unterrichte
im Sinne der Instructionen ist nur in ganz mini-
malem Maße möglich gewesen.
3. Es soll ein Lehrbuch ausgearbeitet werden, welches
den Forderungen der Instructionen vollständig
ent^jpricht.
4. Für die I. Classe soll der Lehrstoff nach Lectionen
geordnet werden, xiimelst Fragen enthalten, damit
sieh die Schüler gewöhnen, Sie Antworten ms der
Karte lieransznlesen*
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360
Dr. Hugo Herzog.
Der deutsche Unierricht am Obero-ymnasiutn
und die Forderung der Concentraiion.
Tcrtng, gehalten am 2. Juni 1897 im V, .Bn^owinor Mttteladiale*
vom GymnasiaUebrer Dr. Hugo Herzog (Hadautz .
Wenn mein heutiger Vortrag den Titel führt: „Der deutsche
Unterricht am Ohern-ymnasinm und die Fordennic^ der Con-
centration", so dihtte die Vermuthung iiaheliegeii , dass darin
die Fäd*^n anfg. /.ei^t werden sollen, die voiu deut.-«Lh€U Unter-
richte zu den anderen Diiscipliuen führen, din t'ii (ii»- das Deutsche
nach einem Eaiserworte der neueren Zeit \vl.>^erIuaßen den
Mittelpunkt des ffanzen höheren Studiums einzunehmen berufen
ist. Es wäre aucli in der That höchst interessant und f nicht*
bar, einmal alle die Berührungspunkte und -Linien zu verfolgen,
die den Unterricht in der Muttersprache selbst mit deu schein-
bar entferntesten Oeirenstiinden j» Verbindung bringen lasseii.
8o wird der Lehrer des Deutschen in der VII. Classe es iiii ht
verabsäumen, bei Herder darauf iiinzuueiseu, dass er in Königs-
berg Gelegenheit hatte, die von Laplace später ausgebildete
Kantische Theorie Ton der Entstehung des Weltsystems aus
dem Munde ihres ersten Entdeckers zu hören, der damals den
Makrokosmus des Universums, noch nicht den Mikrokosmus des
menschlichen Erkennens zum Gegenstande seiner Forschungen
gemacht hatte. Bei Goethe wird er auf seine Studien über dns
vH inlerm«iu:ill(irp, den Zwischenkieferknoi heii, hinweisen, durch
die er den liedaukeu an die Goutinuitat der fSchöplung erst
recht begründet hat und uach Ernst Häckels treffendem Aus-
drucke ein Vorlaufer Darwins geworden ist. Er wird Gelegen-
heit haben, seine Metamorphose der Pflanzen wenigstens zu
crwähneu, bei der Erklärung des Gedichtes Ilmenau wird er
nicht bloß die poetische Einkleidung dieses Selbstbekenntnisses
zu besprechen haben, sondern auch die geologischen und nünera-
logisclien Studien Goethes behandeln, die eben durch die Be-
schäftiLTiing mit dem Ilmenauer Bergwerke angeregt winden.
Bei diec>em Gedichte könnte man aucli über den Kähmen der
Gymnasialwisseuschafteu hinausgeben uud Goethe als National-
Ökonomen und Socialpolitiker im fast modernen Sinne des
Wortes betrachten. Goethes Optik weist allerdings mehr ins
Gebiet der Psyehologie als der Naturw^issenschaften, soweit ihre
wissenschaftliclien Ergebnisse dabei in Betracht kommen.
Doch wollte mnii in dieser Weise den deutsclien Unterricht
im Lichte d« !- Coneeutration betraehten . würde eine er-
schüpfeuile l^?handhnif2; dieses Themus weit über deu Rahmen
dieses Vortrages hinaubführen, es würde daraus ein dicker Band
werden, wenn man sich auch nur auf das beschränkt, was bei
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Der deutsche Unteriicht am Obergymnasiuiu etc.
3Ü7
Ziller fehlt. Die Concentratiou , von der ich heute sprechen
will, hätte sich im Innereu des deutschen Unterrichtes selbst zu
ToUziehen, inid daran fehlt es heute meines £rachtens noch in
ziemlich hohem (Tradp.
Das Lehrziel, das durch die Ministerialverordnnnsf vom
26. Mai 1884 für die deutsche Sprache als Unterrichtssprache fest-
gesetzt worden ist, lautet für das Obergymuasium: Gewandtheit
und stilistische Correctheit im schriftlichen nnd mündlichen
Gehranche der Sprache zum Ausdrucke des allmihlich sich er-
weiternden eigenen Gedankenkreises; historische Kenntnis des
Bedeutendsten aus der Nationalliteratur; daraus sich entwickelnde
Chnrnkteristik der HauptL-attunf^on der prosnisohcn und poeti-
schen Kuiistformen. Da/u fiitjt die Mini^terialverordnung folgende
Weisung: Der Unterrielit in der deutschen Sprache bezweckt
demnach keineswegs bloß eine sprachliehe Ausbildung, sondern
er soll eine reiche Ftllle geist- und charakterhildenden StoffSss
in dassischer oder mindestens tadelloser Form darbieten und
auf den Unterricht in säramtlichen anderen Lehrgegenstanden
belebend, verknüpfend und tbeilweise ergänzend wirken.
In der Specialisicrung dieses Lehrzieles für dio oberen
Classen ver/.eip)iuet der Lehrplan: Leetüre, Literatur<^escliifhte
in den oberen drei Classeu, Aufsätze, dazu jedeufalN l'oetik.
natürlich empirische, in der V. und VIIL Classe, Ciranmiatik
in der V. und VI. Classe, Redeübun^en in der VII. und
VIIL Classe. Der deutsche Unterricht ist also miodestens vor
drei verschiedene Aufgaben gestelltt die als gleich wichtig be-
zeichnet sind, und von denen auch wirklich keine der anderen
untergeordnet werden darf. Denn wenn bei dem Unterrichte
in den altclassischon Sprachen grammatisch-stilistische Ubunrfeti
gepflegt werden, so dienen sie nur dazu, die grammatische
Sicheriieit zu fördern und dadurch das Verständnis des ge-
lesenen Autors zu erleichtern; für das Deutsche ist aber Correct-
heit nnd Gewandtheit im Ausdrucke Selbstzweck der stifistischen
Seite des Unterrichtes.
Daneben stehen als gleichberechtigte Qegenstände des
Unterrichtes Leetüre und Literaturgeschichte. Das alles soll in
drei wöchentlichen Unterrichtsstuiulen geleistet werden. Ks ist
noch insofern gut eingerichtet, dass gerade im Deutschen dem
freien Ermessen des Lehrers ein weiterer Spielraum gelassen
ist als in anderen Fächern; Spengler (Mittelschule IX, S. 123)
betrachtet die Thätigkeit insbesondere des Deutschlehrers mit
Recht als eine Art Eunstbetrieb, da ihm weniger die Aufgabe
obliegt, positive Kenntnisse zu Termitteln, als Tielmehr die,
nachhaltige Anregungen auszustreuen, zur selbständigen Be-
thätigung der Kräfte anzufeuern, für eine gute und schöne
Sache zu begeistern. Und in der That sehen wir, fdme dass
irgend etwas daran aus/usetzen wäre, fast jeden \'ert reter des
Faches innerhalb der durch den Lehrplan gezogenen Grenzen
seine eigenen Wege gehen. Der eine widmet der Vorbereitung
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308
Dr. Hago Hersag.
und Ii» 8pr**eliu::ji: d^-r s<*hr!ftlic}i»'ii Aufsätze sein Hauptaiiiren-
merk uod sueht auf diesem \\ ege die Schüler theoretisch
wenigstens in die Welt einüuidhien, der sie sehnsüchtig ent-
genharren; ein anderer analysiert die gelesenen Dnun«tt streng
nach den Grond^tzen der Frejtag*selien Technik, was weniger
an sieht als wegen der genauen Kenntnis der dramatischen
Fabel T< »n jzroßem Vortheile ist. Der eine verfolgt das poetische
Motiv des Bruderzwistes von Abel und Kain über Shakespeare
bis zu Schiller« Räubern unil Braut von Messina. ein anderer
unter7ipht Srhillers philosuphitsche Gedii-hie t-iuer bi.s ins ein-
zelne g«'henduu Besprechunnf und philosophischen Kritik, dieser
lässt aus Klupstock'scheu Gedichten Tropen und Figuren heraus-
snchen, jener verfolgt die einzelnen metrischen Formen Ton
ihrem Anftaaehen bis in die neaeste Zeit, wieder ein anderer
lasst Herders Jngendscbriflen, ohne auf ihre Erld&rung eiu-
zneehen, einfach laut le.<«en, um die Begeisterung, die darin
w*^t. ja nicht abzuschwächen. Ich bitt^ keineswegs anzunehmen,
daj-s ich mir über das pädagogische VorgHhen von CoUegen — -
und wa« ich hier an Beispielen angeführt habe, weil] ich ja
nur aus ihrem eigenen Munde — eine Kritik erlauben will; es
sollte nur dargetnan werden, dass man den Forderangen des
Lehrplanes auf verschiedene Weisen entsprechen kann.
Aber ein V^ersuch der Concentration der Terschiedenen
Lehrziele ist gleichwohl schon im Lehrplane von 1884 gemacht:
Die Leetüre der drei oberen Classen wenigstens ist nach literar-
historischen Gesichtspunkt^-n angeordnet: \ T. Klopstoek. Wieland,
Lessing; VII. Herder, Goethe, Schiller; VIII. Goethe. Schüler,
Uomantiker, Österreichische Dichter. Während ich mit dem
Torgeschriebenen Lehrziele völlig einverstanden bin, muss hier
die Kritik einsetzen. Die Anordnung ist schon deshalb Terfehlt,
weil sie gegen den allgemein anerkannten pädagogischen Grund-
satz yerstönt, zuerst das Leichte und dann erst das Schwierige
zu behandeln. So steht fast am Beginne der dramatischen
Lecttire Lessings Nathnn, noch dazu zumeist als Privatlectüre,
fast am Ende gerade dasjenige Dniiua. mit dem der Schüler
in das Wesen der dnitnatischeu Dichtung eingeführt werden
sollte, weil es sachlich und formell das leichteste ist: Wilhelm
Teil, In der VL Glasse sind Klopstocks Oden zn behandeln,
deren Erklärung zu den schwierigsten Aufgaben des deutschen
Unterrichtes gehört, die sicli am besten gleichzeitig mit Horaz
bearbeiten lielien, in der VIII. Classe finden wir dagegen ein-
laclu' Stimmungsbilder aus der Natur von Lenau, die keiner
Erklärung bed in ten. Dass dieser Staudpunkt nicht der unver-
brüchlich richtige ist. beweist auch die Ministerialverordnung
von lyÜO, die den Messias und den Oberon in die V. Classe
aus der VI. verlegte. Was würde z. B. der Philologe sagen,
wenn man von ihm verlangte, Vergil vor Orid oder Herodot
vor XÄnophon zu behandeln, weil diese Reihenfolge die chrono-
logisch richtige ist. Zudem trifft nicht einmal der chronologische
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Der deutache L'nterricht um Obergjmnasium etc.
369
Gesichtspunkt immer zu. so wenn der Nathan vor dem Götz
von ßerlichingen , der Tasso vor den Räubern vorgenommen
wird. Meines Eraclitens sollte auch die lieihenfolge der deutschen
Leetüre der Fassungskraft der Schüler entsprechend angeordnet
werden, so dass z. B. Dramen, deren Schwerpunkt in dem
äußeren Geschehen gelegen ist, wie Wilhelm Teil, vor solchen
gelesen werden, deren Handlung vor allem auf eiiiü seelische Dis-
position abzielt, wie Goethes Taaao. £a ist auch gar kein Zweifel,
dass ein Werk im Hermann nnd Dorothea den Sehttlem weit
weniger Schwierigkeiten macht als etwa ein Schiller'sclu's Drama,
wie Don Carlos, und dennoch ist das Goethe'sehe Epos der-
zeit Tili! Recht der VIII. Classe vorbehalten, wohl weil sich
daran (üp ä?:thetischen Versuche W. von Humboldts und A. W.
Scbh'gcls schlieUen, die man für die ompirische Poetik in der
Vin. Classe verwenden soll. Es ist ^ar kein Zweifel, dass bei
der Feststellung des Lehrplanes hier einmal der Literarhistoriker
dem Pädagogen allzusehr Über die Achsel gegackt hat. Wir
müssen uns, wie die Sachen jetzt liegen, mit unserer Aufgabe
abzufinden suchen, aber ich muss gestehen, dass l\s kein»' härtere
Arbeit <;ibt, als etwa die Privatlectüre des Don Carlos, des
Tasso oder des Nathan zu rontrolieren. Die schriftliche An-
fertigung von Ndtaten und Scenarien seitens der Scliüler hilft
selbstverständlich recht wenig, weil sie höchstens einer selbst
anfertigt, die anderen aber von ihm abschreiben.
Ein weiterer Übelstand unserer LectQure lie^t in dem Über-
wiegen der dramatischen Stacke, das namentlich in der VII. Classe
besonders fahlbar ist. Rechneu wir im Schuljahre 115 Stunden
in dieser Classe, was ziemlich viel angesetzt ist, so entfallen
auf die Sehullectüre der Iphij^enie und eines Schiller'schen
Dramas mindestens je 5 Stunden, auf die Besprechung der
vorgeschriebenen elf Dramen, eines Shakespeare'schen, vier
Goethe'schen und sechs Schiller'schen Dramen, mindestens je
2 Stunden, zusammen 32 Stunden auf die dramatische Lectfire,
auf sechs bis sieben Schularbeiten, ebensoviele Hausarbeiten,
ihre Vorbereitung und Besprechung 14 Stunden, auf Rede-
übungen wöchentlich eine halbe Stunde, zusammen 20 Stunden,
so dnsii ^nr Behandlung dos anderen Leetüre- und literarhistori*
sehen Stotfes höchstens 5U Stunden übrigbleiben.
Indem nun die dramatische Literatur in solehem Maße
■das Ubergewicht behauptet, wird die andere, vornehmiich die
prosaische Leetüre in allzu starker Weise zurückgedräugt. Die.
Verfasser der Instructionen, die mt bei all dem Anregenden,
das darin enthalten ist, doch immerhin als Menschenwerk, nicht
als Offenbarung, als Vorschlag, nicht als unumstößliches Gesetz
betrachten dürfen, scheinen in diesem Punkte die Jugend der
großstädtischen Hyninasien vor allem im Auge gehallt zu haben,
in deren Anschauungskreis das Theater allerdings eine Haupt-
rolle spielt. W ie sollen wir aber Schülern die Wirkung eines
dramatiscbeu Werkes klarmachen, die nie ein Theater gesehen
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370
Dr. Hugo Herzog.
haben, Ton einer theatralischen VorstoHniig nicht eifip blasse
Idee haben? Im modernen "geistigen Leben spielt — nicht rait
Unrecht — das Drama eine Hauptrolle, und als ungebildet
■wird derjenige angesehen, der nicht weiß, dass in Don Carlos
der Marquis Ton Pos« die Hau^ttperson ist. Fragen Sie aber
aaeh der genaueren Wiedergabe des lohaltes, so werden von
den sogenannten Gebildeten nur sehr wenige eine annähernde
Vorstellung von der Fabel dieses Li eblinsfsd raraas besitzen.
Daneben erscheint die Prosa ungebürlich vernachlässic^t.
Von 100 Abiturienten liaben sicherlich 99 Wilhelm Meist ^ rs
Lehrjahre nicht einmal aufgesdiliirren, ein Werk, da« wegen
seines Kunütwertes, seiner literariustorischeu Bedeutung, seines
geist^ und charakterbildenden Inhaltes manchem dramatischen
Hauptwerke nicht nachsteht, von den WahlTerwandtschaften
and den Wanderjahren ganz zu schweigen.
Und dennocli sollte ausgiebige prosaische Lecttire im Lehr-
plane des Deutschen nicht ftdilen, nicht zum mindesten wecren
ihrer wohlthiiticjen Wirkurii^ auf die stilisti<clip Ausbildung iler
Schüler. Wer einmal dcoische Aufsätze Unt ier — ich meine
nicht blüb der Kadautzer - Octavaner durchzu.sehen in der nicht
sehr beneidenswerten Lage war, der weiß, wie weit wir noch
Ton dem geforderten Ziele, Gewandtheit und stilistischer Correct^
heit im (iebrauche der Sprache, entfernt sind. Leere Phrase,
wo die Begriffe fehlen, wo diese vorhanden sind, Tj nbehilf Üch-
keit in der Wortwahl, zeichnen die Ausdrucksweise unserer
Schüler bi*; /.ur Matnni ans, von den ^anz simpeln VerstöHen
cegen den Gebrauch der Präpositionen und ( 'o^ijunctionen, die
Kectiou der Tempora und Modi iriinz zu scbweincn, Verstößen
solcher Art, wie nie im Lateinisscheu schon im Üntergymuasium
fast beseitigt erscheinen. Ein mittelmäßiger Schüler wird Ihnen
in der V. Classe zwar im Lateinischen, nie aber einer der
VII. Classe im Deutschen eine oratio ohliqun richtig ausarbeiten
können.
"Wie kann diesem Übelstande abgeholfen werden? Selbst-
verstiiiullich nicht durch absstnicte stilistische oder grammatische
l'ntcrw ( isun^, auch nicht durch die Bes-prechuug der schrift-
lichen Arbeilen, denen wir nur alle zwei bis drei Wochen
höchstens eine halbe Stunde widmen können, — und dabei sind
die Schfller doch nur darauf neugierig, welche Note sie be-
kommen haben — sondern nur durch systematisch und ein-
fehend betriebene Prosalectüre. Die Vertreter der dassischen
hilologie werden wolil auf die prosaischen Autoren nicht ver-
zichten, auch der deutsclie Unterricht soll es nicht. Wir haben
zwar in unseren Lesebüchern prosaische Stücke genug eingestreut;
wir finden darin Stücke aus Schillers historischen Schriften,
Lessings Literaturbriefe, ästhetische Aufsätze von Schiller und
den Romantikem, Briefe tou Leasing, Goethe, Schiller, daneben
literarliistorische Capitel verschiedener Autoren, von schön-
wissenschaftlicher Prosa eigentlich nichts als Goethes NoTcUe
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Der deuUche Unterriclit am Obergymwuium eto.
371
und den Anfang von Grillparzers Spielmanu, eiu buntes Sammel-
surium der verschiedensten Stilarton. In dou altcu Spnah^^u
hat mau die Leetüre von Chrestomiitliieu laugst als verwert lich
hingestellt, im Deutschen fordern wir noch immer dies N'inpen
von verschiedenen Werken, wodurch in dem Schüler der
Schein erregt werden soll, er habe das Werk gelesen.
Meiner Ansieht nach sollte wie in den classischen Sprachen,
80 auch im Deutschen jedes Jahr mindestens eiu prosaisches
Werk gründlich in der Schule gelesen werden; und es müsste
bei der Auswahl sowohl auf den geist- und charakterbildendeu
Inhalt als aneli auf mustergiltige Form p^esehen werden. Daran
besteht im Deutschen gottlob kein Mangel. Von historispher
Prosa besitzen wir Schillers historische Scnriften, Herders Ideen
zur Philosophie der Geschichte, ein Prachtwerk, das auregend
und belehrend auch fttr andere Wissensgebiete wirkt, aber auch,
was die stilistische Form anbelangt, Ton der äußersten Sorgfalt
und dem feinsten Sprachgefühle zeigt, Niebuhrs römische Ge-
schichte, die als classisches Werk längst anerkannt ist, und Frey-
ta^--^ Bilder aus der deiitseh*'?! Verganj^enheit; von Werken der
Rchf'tnen Literatur sollten wünigst»>ns Wilhelm Meisters L<'lir-
jalire in gröliereni MaÜstabe gelesen werden. (Jrillparzers Spiel-
maun sollte, wenn überhaupt, in exUnHo gelesen werden; ferner
empfiehlt sich Kleists Eohlhaas wegen der außerordentlich
knappen, eoncisen, bis anfs kleinste Detail durchdachten Aus*
drucksweise. Daneben sollte die oratorische Piusa keineswegs
vernachlässigt werden, schon weil jetzt die Redeübungen in der
Luft hängen und trotz aller Mühe nichts weiter als auswendig
gelernte schriftliche Aufsiitze sind. Als Muster dieser Gattung
empfehlen sich Fielites Reden an die deutsche Nation, nicht
bloß weil sie in der Form und in der Tendenz ein würdiges
Seitenstück zu Demosthenes darstellen, sondern weil sie geeignet
sind, in unseren Schülern das Nationalgeföhl zu. wecken, und
ein Beispiel geben von Sammlung una Würde in bedrängter
Zeit. Uberhaupt sehe ich eine der vornehmsten Aufgaben des
Deutschlehrers darin, dass er berufen ist, das Nationalgefühl
7.n wecken und, wo es vorhanden ist, in richtige Hahnen zu
lenken. Er soll den Schillern darstellen, wie das deutsche Volk
aus der Roheit und Barbarei im dreißigjährigen Kriege durch
inneres Bedürfuis und das Wirken seiner üeistesheldeu zur
Reinheit der Kunst und Gesittung fortgeschritten, er soll in
dem deutschen Schüler das Gefühl der Begeisterung wecken,
dass all diese Werke auch für ihn geschaffen sind, er soll aber
auch in den Schülern anderer Nafi-nalität den Res pect vor den
Werken deutschen Geistos und deutscher Kunst hervorrufen,
auf dass d:i.s Wort von der Aclitunrr der deutschen Cultur im
Munde der anderen Nationen nicht eine leere Redensart bleibe.
Um das bisher Gesagte zusammenzufassen; Im Mittelpunkte
des deutschen Unterrichtes soll die Leetüre stehen, sie soll die
doppelte Aufgabe haben, einerseits durch den Inhalt Geist und
„Ovtom Mittcisebule*'. XL Jahrs. 27
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372 Dr. Hugo Hersoir«
Charakter zu biltieii, dus vaterländische und National-Get'iihl zu
stärken, anderseits durch die Form die Keiinlnis der poetischeu
und prosaischeii kuustformeu beiÄubriiigeu und die btilistiöclieu
Fähigkeiten der Schüler zu bilden. Es sollen nur ganze Werke
gelesen werden, Prosa and Poesie dabei abwecbselnf natürlich
nicht alles, was ich angeführt habe; denn es gilt auch hier das
Wort "o;i nwlta, sed mvltvvi; diese Werke sollen sachlich und
formell, d. i nach Sprache und Sül eingebende Erklärung
ündeu.
Die specielle I )ure]iführuug des Lectüreplanes denke ich
mir etwa in folgender Weise:
y. Classe. Erstes Semester. LectUre eines historischen Werkes
(Niebahr oder Freytag) — man denke an die Beziehung zu Livius.
Zweites Semester. Nibelungenlied, natürlich in der Ursprache;
daneben würde sich die Leetüre von 0})ei on oder Keineke Fuchs,
von Scliiller schen und Uhland'schen Balladen empfehlen. Dass
der Lehrstoff der V. Classe ein missglüekter Vermittlungs-
versuch ist, wurde schon wiederholt hervorgehoben; zuerst von
Knieschek im Jahresberichte der Reicheuberger Staatsraittel-
schule 1890, nur geht er zu weit, wenn er den Beginn des literar-
historischen Unterrichtes schon in V. yerlegen wilL Ich schließe
mich also den Vorschlägen Ton Scheich und Hausenblas in
der Zeitschr. f. d. ö. G. 1894 und 1895 an, die mit der Leetüre
des Nibelungenliedes im zweiten Seraester der V. Classe be-
ginnen wollen. Das mittelhochdeutsclie Orjr'innl noch länger den
(Jyninasien in gemischtsprachigen Gegenden vorentkalten zu
wollen, ist ü))erflüssig, das Werk verliert dabei so viel an Schön-
heit ^uud Kraft, dass es mir immer leid thut, eine Strophe iu
der Übersetzung von Simrock zu lesen; femer macht die mittel-
hochdeutsche Lectttre nach der Methode Zupitzas den SehOlem
so wenig Mühe und so viel Vergnügen, dass wir es leicht wagen
können, auch diese Last ihnen aufzubürden. In der V. Classe
das Nibeluni^reTÜied zu lesen, ist eben wegen der Parallele zur
llias höchst empfehlenswert.
VI. Classe. (Joethes Dichtung und Wahrheit, Beginn der
dramatischen Literatur, etwa mit Wilhelm Teil oder der Jung-
frau von Orleans, daneben ein ShakespeareWhes Drama (Julius
Cäsar) und Kdnig Ottokars GlQck und Ende. Im Anschlüsse
daran Partien von Wilhelm Meister. Im zweiten Semester
Walther von der Vogelweide, vor allem politische Gedi litr.
deren Anlass gleichzeitig im Geschichtsnnterricltte behandelt
wird, im Anschlufise an die beginnende YergiULeciüre Klop-
stocks Messias.
VIL Classe. Fichtes IJedeu an die deutsche Nation, parallel
zu Demosthenes, Wilhelm Meisters Lehrjahre, dramatische
Leetüre, Lessing, Goethe, Schiller, Orillparzer, mit ausgiebiger
Heranziehung der Privatlectüre.
VIII. Classe. Leasings Laokoon und Hamburgische Drama-
turgie. Hermann und Dorothea. Klopstocks Oden, Schillers und
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Der dentwhe Unterricht am Oberi^yninaflium etc.
378
Goethes Gedankendichtungen parallel zur Horas- Leetüre. Ab-
sehluss der dramatischen Leetüre: Wallenstein und Faust.
Sie sehen, vereinte Herren, dass nach diisein Entwürfe,
der ja nichts weiter als ein Versuch, ein Substrat zu weiterer
Discussiou sein soll, die Kinlührung der Prosalectüre mit einer
wesentHclieii Einsclirfizikung des Lesestoffes erkauft worden ist.
Es müssen Tor allem diejenigen Werke fallen, die bloß aus
literarhistorischem Interesse gelesen wurden: Hallers Alpen,
Kleists Frühling, Lessings Miss Sara Sampson. Es ist aber dem
Vertreter des Faches größere Freiheit gelassen, sicli den für seine
Scküler passenden Stt)il' nacli freiem Ermessen auszuwählen.
Was soll nun aber mit Literaturgevfliichte und Poetik ge-
schehen, die doch als nothwendige Beslaiidtheile des deutschen
Unterrichtes anerkannt worden sind? Beide sind meines £r-
achtens vor der VIII. Classe nicht systematiseh zu behandeln.
BezQglich der Literaturgeschichte komme ich damit beinahe auf
einen Gedanken Rud. v. Raumers zurück, der (Unterricht in der
Muttersprache, S. 140) sagt: Die Anfangsgründe deutscher
Literaturgeschichte müssen in zwei wöchentlichen
Stunden im letzten Halbjahre der Gymnasialzeit be-
handelt werden. Das ist keineswegs eine neue Belastung dnr
Abiturienten, weil sie ohnedies aus einem der kurzen Leitfaden
Ton Kummer- Stejskal oder Prosch-Wiedenhofer oder dem all-
bekannten Kluse die Literaturgeschichte für die Maturitäts-
prüfung zu wiederholen pflegen.
Mau wird ja nie verabsäumen, bei einem Werke, das man
liest, das Leben des Verfas>^-*M-s in kurzen Zügen (liir/nstollen.
Dif* anfangs farblose Zeichnung erfüllt sich mit jedem anderen
VV erke desselben Autors immer mehr mit farbigen Zügen. Es
handelt sich nur um Verbindung der getrennten Züge, Aus-
füllung der Lücken und Auffrischung des Gelernten. Dabei
wird man Gelegenheit haben, mehr die Entwickluoji der
Dichtungsgattungen und -ITonnen als die biographischen Details
hervorzuheben, und es werden sich so die Örundzüge einer
historiscli gefärbten Poetik herauskrystallisieren, die durch die
Leetüre der Lessiog'schen Schriften entschieden gefördert wird.
Man wird nicht nur die HauptdichtnnL''sformen charakterisiert,
sondern aucli ihre Entstehung und iiiie Wandlungen verfolgt
haben, so dass der Schüler reifer an Urtheil das Gymnasium
▼erlässt, als es bisher geschehen ist. Da aber poetische Pro-
duction wie poetische Wirkung psychologische Erscheinunffen
sind, so wird sich ungezwungen der Zusammenhang mit dem
philosophisch-propädeutischen Unterrichte der VIIL Ulasse ein-
atellen.
Dass der Unterricht in der Poetik in der V. Classe zu ver-
werfen ist, wurde zu wiederholteumaleu hervorgehoben und
bedai-f keines Beweises mehr. Was die Schüler von Balladen
und Romanzen, Ton Fabel und Parabel, Lied und Ode, Be-
schreibung, Schilderung und Charakteristik hören, ist zumeist in
87*
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374
Dr. Hugo Hersog.
der III. und IV. Ciasse wiederholt behaudeit worden. Das Epos
muss erst gelesen und kennen gelernt werden, der Begriff der
Ode kann erst bei Klopsiock und Horaz Inkalt und f^be er-
balten. Also das Ergebnis: In der YIIL Classe wird Literatnr-
gesebichte betriebe □, indem aaf Grund der behandelten Leetüre
unter gleichzeitiger Wiederholung der Dichterbiographien Ent-
stehung und Entwicklung der oin/plnen Dichtungsgattungen
dargestellt, ihre Merkmale hervorgehoben werden.
Sie sehen, meine Herren, was ich vorschlage und zur Dis-
cussion unterbreite, ist keine geringe Veränderung. Die Be-
gr&ndung der einzelnen Sätze mnsste wesen des besebr&nkten
Raumes mehr eine apboristisebe bleiben; aber Sie haben hoffent-
U(h den Eindruck gewonnen, dass was ich Ihnen vorgelegt
habe, nicht unbesonnen bingesprochen, sondern wohldurchdacht
ist. Es ist die Frucht einer sechsjährigen Unterrichtsthätigkeit,
und von dem, was man in sechsjährigem Denken nnd Arbeiten
findet, wird wohl wenigstens ein Körnchen branchbar sein. Die
•Schüler sollen beim Austritte aus dem Gymnasium mehr über
ein Können als Uber ein Wissen verfüge u; das ist ein längst
anerkanntes Axiom der Pädagogik; dies ist auch das Ziel meines
Reformyorschlages. Die Jünglinge, die wir in die Welt hinaus-
senden, sollen imstande sein, gut deutsch zu sprechen und zu
schreiben, die Schönheiten eines poetischen Werkes lebhaft zu
fühle I) . fin- die Blüte nationaler Poesie und Kunst sich zu be-
feisteru, sie sollen imstande sein, über den Wert eines Werkes,,
as ihnen neu bekannt wird, auf Grund der ihnen vorschweben-
deu classischen Muster, ein verständiges Urtheil abzugeben und
nicht etwa ins Blaue darfiber herumzureden.
Die Aufgabe des Germanisten wird durch meine Vorschläge
keineswegs erleichtert, sondern eher erschwert werden. Darum
wird mir zum Schlüsse ein Wort pro domo gestattet sein. Der
Stoff, den ich vorgeschlagen habe, nimmt die drei wöchent-
lichen Stunden vollauf in Anspruch, dabei wird man doch die
Schüler zur Privatlectüre anregen wollen, und ich fühle auch
jetzt das Bedürfnis, diese außerhalb der Schulstunden nicht bioU
zu controlieren, sondern zwanglos zu besprechen. Dazu fehlt
es an Zeit. Die Ck>rrecturen nehmen uns zusehr in Anspruch.
Die deutseben Correcturen sind, was die erforderliche An-
strengung betrifft, mit den lateinischen und griechischen nicht
zu vergleichen; sie strengen nicht bloß die Augen an, sondern
auch das Gehirn, sie erfordern nicht bloß beträchtliche (ieduld
und Ausdauer, sondern sie verlangen auch Nerven, die man
nach dem populären Ausdruck als Stricke bezeichnen sollte.
Wenn gar jemand wie ich in allen vier Oberclassen den
deutsehen Unterricht zu ertheilen hat — es ist dies eine höchst
unerwünschte Concentration — so hat er wenigstens den Trost,
das öffentliche Mitleid hervorzurufen.
Diesem Ubelstande könnte abgeholfen werden, wenn die
drei Deutschetunden als vier philologische Stunden gerechnet
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Der dentaehe Cnterrieht Aw ObergTiniuiriiim etc. 375
würdüii, eine ßerechimug, die der tliätsächlicU aufgewendeten
Zeit noch immer nicht entspricht, aber doch eine Erleichte ruiij^
schafft, die umso fühlbarer wird, je mehr Classen man im
Deotschen zu unterrichten hat, so aase demjenigen, der sich
in meiner Lage befindet, außer den vier Oberclassen nichts
mehr aufffebürdet werden könnte (12 Stunden » 16). Es ist
dies ein '^^rschlag, der, soviel ich weiß, auch von einem VViener
rollf'gcn aufgenommen wurde und entweder in dem Wiener
»Schwestervereine oder in einer Fachzeitschrift das Licht der
Welt erblicken soll. Diese Erleichterun«? würde uns ermügliciien,
etwa alle vierzehn Tage einmal mit ailen oder einzelnen
SchQlem zur Besprechung der Privatlectüre zosammenzukommen.
Ich bin am Ende meiner Ausführungen. Es obliegt mir
noch, der TCrehrten Versammlung meinen Dank für Ihre Ge-
duld auszusprechen und Ihr Wohlwollen fttr die Thesen zu er-
bitten, die ich mir im folgenden vorzulegen erlaube. Von diesen
Thesen niuchte ich für die ersten zwei Ihre sofortige Annahme
erbitten, die anderen Ihrer Discussion und ferneren Erwägung
. empfehlen:
I. Das Nibelungenlied und Walther von der Vogel-
weide sind an allen Gymnasien mit deutscher Untere
richtssprache im Originale zu lesen.
U. Für das Maximum der Stundenzahl und die Re-
muneration der Überstunden ist der deutsche Unter*
rieht in III bis VIII. so in Anrechnung zu bringen,
dass drei Stunden Deutsch wie vier philologische
Stunden gerechnet werden.
III. Neben der Leetüre poetischer Werke soll im
Obergymnasium in weiterem MaBe als bisher prosaische
Lectttre betrieben werden, an die sieh die grammatisch-
stilistische Unterweisung und die sehriitlichen Aus-
arbeitungen anzuschließen haben.
IV. Die Reihenfolge der Leetüre soll nicht nach
literarhistorisclien Gesiolitspunkten bestimmt v, pr(]en,
sondern nach ihrer ächwierigkeit und den Fähigkeiten
der Schüler.
Y.Systematischer Unterricht in Literaturgeschichte
und Poetik soll erst in der VIII. Glasse stattfinden.
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37G
Hugo Lanner.
Über die Feriaireisestipendien für Lehrer
der naturwissenschaftliehen Diseiplinen an
Mittelschulen.
Vortrag, gehalten am IS. April 1Ö97 von Hugo LanneP (Olinutz).
In einem gelegentlich der Gl). Versixraralung deutscher
Natul•^'orscll^^!• und Arzte zu W'iou gehaltenen Vortrarff^ über
die principielle Gleichstellung der naturvvissenüchaftliclieu Disei-
plinen mit jenen der altclassiscben Philologie und über die
X^othwendigkeit eines methodischen Abschlusses der ersteren
durch Ernftthmng der Geologie ab eines Unterrichtsgegen-
standes an unseren Gymnasien nahm ich mir die Freiheit, die
Creierung yon Feriaireisestipendien für die Lehrer der natnr-
historischen Diseiplinen an den Mittelschulen anzuregen.
Infolge der Zustimmung, w^lclie die Anregung bei den
Versammelten fand, und der freundlichen iStelluugsnahme des
Herrn Hofrathes Kitter v. Wretschko zu dieser Frage wurde
von einer aus Directoreu und Mittelsehulproies&oien bestehenden
Abordnung am 1* Deeemher 1895 eine anf obi^ Angelegenheit
abzielende Petition Sr. Excellenz dem Herrn Minister fOr Cnltus
und Unterricht unterbreitet.
Bei der allbekannten Fürsorge, welche Se. Excellenz der
Herr Minister der Entwicklung unseres Mittelschulwesens an-
gedeihen lässt, atnud eine huldige Idealisierung der in der Peti-
tion zum Ausdrucke celaugteu Wünsche in Aussicht.
ThaLsächlich erscnienen bereits einen Monat hierauf 3000 fl.
zwecks Creierung der genannten Ferialstipendien im Staats-
Yoranschlage eingestellt. Dieser erste Schritt der hohen Re-
ffiemng in der genannten Frage erfreute sich auch im Hause
der Abgeordneten lcl)hafter Zustimmung.
Dass die creierten Reise-^tipendieu in der That einem sehr
empfundeneu Bedürfnisse »Mitsprechen, beweist die groÜe Zahl
der sich um dieselben Bewerbenden.
Schon in der Motivierung der an die hohe Regierung ge-
richteten Petition wurde die Bedeutung der Reisestipendien des
näheren erörtert. Es wurde darauf hingewiesen, dass bei dem
ungeahnten Aufschwünge, welchen die einzelnen Zweige der
naturwissenschaftlicheil Diseiplinen iu den letzten Deeennien
aufzuweisen haben, und der raschen Fortbildung, iu welcher
dieselben noch immer begriffen sind, die Aufrechterhaltung der
Orientierung auf allen Gebieten derselben, wio eine solche bei den
Mittelschullehrern vorausgesetzt wird, gr(>iiereti bchwierigkeiten
unterworfen ist als bei irgend welcher anderen DiscipUu, und
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über die Ferialreisestipcndien fär Lehrer etc.
377
dass infolge deä&eii eine euiitiouieiiiche Fortbilduu^- duisclljeu
unerl&BslieK ist. Das wesentlichste Förderungsmittel einer
solchen sei fiher bei den descriptiyen Naturwissenschaften die
Autopsie. Die Reisestipendien sollen nuu dem Lehrer die Mög-
lichkeit bietei), auf Grund der Selbstbeobachtung, auf Grund
der UrsprÜDgliclikt'it der empfaneeueu Eiudrücke und der uu-
mittelbareii Benihruug mit dem Naturleben ihr Wissen zu er-
weitern und zu vertiefen.
Es wurde des weiteren darauf hingewiesen, dass gerade
Österreich im Besitze wissenschaftlicher Institute sich befinde,
welche sich eines Weltrufes erfreuen, für deren Einrichtung
und Instandhaltung Kaiser und Staat, in munificenter Weise
dem Geiste der Zeit Rechnung tragend, enorme Summen Yer-
ausgabt haben und noch immer verausgaben, und dass es ge-
rade ein Hauptzweck, eine weseiitlirhe Aufgabe dieser Iiif^titute
wäre, durch zeitweilige Frequenz derselljen den Fachmännern
aus iillen Tlieilen der Monarchie aufklärende und belehrende
Information zu bieten.
Können doch heute unsere Industriellen und Gewerbe*
treibenden der Information durch zeitweilige Ausstellungen und
durch Mustercollectionen, wie solche in den Gewerbemuseen
zur Besichtigung gelaugen, nicht entrathen, wenn sie mit ihren
Erzeugnissen auf der Ilühe der Zeit stehen sollen.
Um wie viel uielir liei*t die T^nt'rlässlielikeit einer zeit-
weiligen Orieiitierun«^ dureh wissenbcba tt liehe liihlitute bei
Männern vor, die an den Mittelschulen Trugcr von Discipliuen
sind, die in Überaus raschem Aufschwünge sich befinden.
Schon der Nutzen, welchen beispielsweise die Ermöglichung
einer planmäßigen Besichtigung der Sammlungen der Hof-
museen und einer zeitweiligen Frequenz der zoologischen Sta-
tion in Triest dem Fachlehrer für die Bereicherung seines
Wissens bietet, für die Erweiterung F^einer Formenkeuntnis,
für die Zweckmäßigkeit der Anlegung: der S:uu ndnngen der
eigenen Anstalt, kennzeichnet zur Genüge die uuLierurdentliche
Bedeutung der Ferialstipendien für die Lehrer der naturhistori-
schen Discipliuen.
Vor allem kommen aber in Osterreich -Un^rn und den
angrenzenden Ländern durch Naturmerkwürdigkeiteu aus-
gezeichnete Gebiete vor, wie wir solche auf so verhaltnis-
mäiiig euübegrenztem Hnnrae in ganz Europa kaum irgendwo
wiedertindeu . wodurch uns gerade hier ein überaus reiches
Feld für da:s J^elbststudium und die Erweiterung der Kennt-
nisse in jedem Zweige der descriptiven xSuturwissenschalteu
geboten wird.
Nun liegt gerade darin sowohl in naturhistorischer als
geographischer Beziehung ein wesentliches Moment des Nutzens
der Heisestipendien, dass die durch Autopsie gewonnenen Vor-
stellungen über weseutliche ideographische und naturhifitorische
Momente zur Grundlage oder zum Maßstabe für die Beurthei-
Digitized by Google
378
Hugo Lanner.
lung aller analogen Falle nnd Verhalinisfie, also aueb filr die
Auffassung des Fernen dienen.
Wer das adriatische oder irgend ein anderes Meer mit
seinen charakteristischen Erscheinungen, mit seiner F:inn;i nnd
Flora keimeTi f?*'lcrnt hat. der maciit sich leicht eine annähernd
richtige \ orsieilung über jedes andere Glied des AVeltmeeres.
Wer einmal den Karst durchwandert, die Pii in nieue
desselben beobacbiet hat, der wird stets in der La^e sein,
sich über ein Earstterrain, mag es in Frankreich, Spanien,
Palästina oder irgend einem anderen Lande auftreten, mag es
dem Silur-, Devon-, Jura- oder Tertiärkalke angehören, ein
richtiges ürtheil y.u bilden. Desgleichen geben uns die Alpen
mit ihren Gebircrsketten und -Stöcken, mit ihren Läncrs- und
Querthälern, den Jochen und Pässen, dem geologisclien Auf-
baue, der charakteristischen Flora, den Gletschererscheinungeu
eine Richtschnur für die Beurtheilune der Erscheinungen aller
Oebirgssjsteme, deren Kamme nnd Gipfel in die Schneeregion
hineinragen.
Und so wird auch jeder, der einen Kriegshafen, eine See-
handelsstadt besichtigt hat, sich über jeden anderen Kriegs-
hafen, über das Leben und Treiben in jeder anderen Seehandels-
Stadt ein annähernd richtiges Bild entwerfen können.
Ähnlich verhält es sich mit der Vermittlung von Vor-
stellungen über eine ganze Reihe geographischer und natur-
historischer Faetoren und Momente, bei welchen nur das Bild
des Geschauten cur lebendigen Auffassung auch der außerhalb
des Gesichtskreises liegenden Verhaltnisse führt.
In Anbetracht der aus Obigem sich ergebenden unanfecht-
baren Bedeutung der Selbstbeobachtung für die Lehrer der
naturhistorischen und geographischen Disciplineii liegt der
Wunsch einer möglichst weitgehenden Betheilung derselben
mit Ferialstipendien in der Xatur der Sache.
So dankenswert nun die Creierung der Stipendien seitens
der hohen Regierung ist, so moss denn doch zufolge dessen
die zu diesem Zwecke präliminierte Summe von jährliehen
3000 fl. als zu niedrig bezeichnet werden, weil die lueraus re-
sultierende Anzahl der Stipendien viel zu klein erscheint, um
der au dieselben gestellten Aufgabe /n genügen, nämlich um
in nennenswerter Weise dazu beitragen zu können, das geistige
Niveau der Mittelüchullehrer naturhistorischer Richtung im all-
gemeinen zu heben, deren Interesse für die Fortschritte der
Wissenschaft wach zu erhalten und sie befähigter zu machen,
ihre durch die theoretischen Studien erworbenen Kenntnisse
für die Schule zu verwerten.
Die Summe von 3OU0 fl. ist umsoweniger zureichend, als
der Competentenkreis durch die nn und für sich gewiss be-
rechtigte Antnaiiiue der Geographen in den Kreis der Bewerber,
die in die Petition der Naturhistoriker nicht mit einbezogen
waren, bedeutend vergrößert worden ist.
tber die Fertalreiseitipendien Ar Ti6brer etc. 379
Berücksichtigt mau nun den Umstand, dass an den ]><',) (Jym-
nasien und Realschulen Österreichs ungefähr TuO Lehr-
persoiieii wirken, die theils der natnrwissenschattlicheii , theils
der i/eographiscben Fachgruppe angehören, so ergibt sich, dass
jährlich nur etwas üher 1 % der genumten Lehrpersonen mit
Reisestipendien bedacht werden können.
In der an die hohe Regierung (rerichteten Petition um
Creierung der Stipendien wurde der liitte Ausdruck gegeben,
zu dorn c^enannten Zwecke jnhrlieh die gleiche Saramo in An-
schlafT [»ringen wie für die Reisestipendien der altchissiseheu
Philologen. Diese Bitte findet ihre Begriindung vor allem darin,
dass die Anschauung bei den naturhistorischen uud geographi-
schen Unterrichtsfächern denn doch zum mindesten gewiss
keine minder wichtige Rolle spielt als bei den altclassischen.
Ist doch dieselbe Itlr die Prosperität der erstgenannten Disd-
plinen geradezu eine conditio sine <iua non.
Hiebei mag auch nicht unerwähnt bleiben, dass sich an
di'» Verleihung der Ferialstipendien keine BenclMuhnnL' der
Jitipendisten knüpft, womit auch die Notli\vt.*ii<ligkeii eiuer
Mehrausgabe für die Substitution der Beurlaubten, wie dies bei
<len Philologen der i all ist, entfällt. Bei den letzteren beiäuft
«ich dieselbe auf ungefähr 9000 fl. pro Jahr.
Im großen und ganzen erwächst ja durch Creierung der
Stipendien eine kaum nennenswerte Mehrbelastung uiisores
Unterriehtsbudffets, für welches nicht einmal die Hälfte des
Betrages, pro Kopf gereelmet, entfällt, welchen beispi'^ls weise
äaehnen, Württemberg, Bayern, Hessen, Elsass-Itothrmgeu für
ihr Schulwesen leisten.
Eine weitere Steigerung der Zahl der Stipendien liebe sich
Allenfalls auch dadurcn erzielen, dass an die LandesausschUsse
der einzelnen Kronländer das Ansuchen |^tellt werde, für die
im Lande wirkenden Lehrer analoge Sttpendien, wie sie der
Staat ins Leben gerufen, zu creieren.
Von weitgehender, nicht zu unterschätzender Bedeutung
für den Erfolg der Studienreisen wäre es ferner, wenn seitens
der hohen Regieruurr die \ erfüguiig getrotl'en werden würde,
dass in jedem Schuljahre die Verleihung der Stipendien mög-
lichst bald, also bereits im Wintersemester, zu erfolgen hätte.
Es muss ja jeder einen wissenschaftlichen Zweck ver-
folgenden Reise ein ffrfindliches, auf dieselbe bezughabendes
Studium vorangehen. Meiner Ansicht nach hätte der Stipendist
die Aufgabe, nachdem doch die Studienreisen einen anderen
Zweck Terfolijeii \th Forschungsreisen, bei seiner Reise alles
das in Betracht zu ziehen, was er beim Schulunterrichte nutz-
bringend zu verwerten in der Lage ist. Neben dem speeiellen.
dem llauptzwecke seiner Reise, hätte er auch allem, was
Bezug hat — sagen wir — auf die Fauna, die Flora, den
geologischen Bau, die geographischen Verhältnisse des bereisten
Landes, gebttrende Beachtung zu schenken. Eine Zurechtfindung
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380
iu all diesen Verhältnissen eines Landes erfordert aber ein ein-
gehendes, lüiiger düueriules Studium desselben, zumal es uns
an Reisehaiulüüelieru mangelt , die uns vom Htuudpunkte des
Naturliiistorikers und GeograpLeu wijsöt'usweite Vorkommnisae
und Erscheinungen der einzelnen Orte des zu bereisenden Ge-
bietes bündig registrieren wQrden.
Soll nun der Stipendist seiner Aufgabe genügen, 80 mass
er, um die in Rede stehende Orientierung zu erlangen, naeh
Abhandlungen fahnden , die in den versehiedensten Zweigen
der SpeciaUiteratui zerstreut vorliegen, was gewiss keine leielite
Aufgabe ist. Erfolgt nun die Verleihung der Stipendien erst
im Juni, zu welcher Zeit die Mittelschullehrer . welche heut-
zutage ohnehin infolge Mansels an Lehrkräften zumeist mit
dem Maximum der Stundenzahl bedacht sind« wegen der am
Schlüsse des Jahres sich häufenden Arbeiten Mangel an Zeit
haben, so kann es leicht vorkommen, ja der Fall ist sehr wahr-
scheinlich, dass die gründlielie Vorbereitung zur Reise uuter-
was im ureigensten Interesse der Sache selbst zu ver-
meiden wäre.
Ich glaube, dass auf die wissenschaftliche Vorbereitung
zur Studienreise schon deshelb ein großes Gewicht zu le^en
wäre, weil Ton dieser zum großen Theile der Erfolg der Reise
abhängt, und ich bin überzeugt, dass jeder strebsame Lehrer
gerade in dem wissenschaftlichen Vorstudium die Quelle eine»
eigenen Reizes finden wird.
Aus diesen Gründen erschiene, glaube ich, die Bitte um
Verleihung der Iveisestipendien zu Beginn und nicht am Ende
des Sehuljabrt'ij vollkommen gereehtfertigt.
Im Voranstehenden wurde auf den Mangel eines prakti-
schen Ftthrers hingewiesen, der diejenigen Orte unseres Reiche»
in bündi^r Weise beschreibt und registriert, welche durch ihre
geographischen V^erhältnisse, durch ihre Xaturproducte und
Katurmerkwürdigkeiten, also in geologisch-mineralogischer Hiu'^
siebt, desgleichen in Bezug auf die Fauna und Flora von be-
tsonderrm Interesse sind. Ohne ein solches I?eisebandbuch, ohne
ein derartiges Vademecum, geht man oft an einer ganzen Reihe
interessanter naturhistorischer und erdkundlicher \ orkommnisse
achtlos Torttber.
Es ist ja allgemein bekannt, wie schwierig es oft ist, selbst
an gemeinbekannten Orten ohne leitende Behelfe in natur>
historischem Sinne Orientierung zu finden. Ich erwähne bei-
spielshaiber das geologisch, oro- und petrographisch so inte-
ressante böhmische Mittelgebirge und hebe hier die Umgebung
von Aussig hervor, in welcher Phonolit-, Basalt-. Traehyt-,
Quadersandsteinberge und eine ganze Reilie nennenswerter
Mineralien vorkommen. Ungeachtet des Umstaudes, dass das
Gebiet nach allen Riehtungen durchforscht erseheint, findet
sich der Fremde denn doch nicht leicht zurecht, selbst nach
Zuhilfenahme grdßerer geologischer Abhandlungen, wie z. B.
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über die Ferialrewettipendien f&r Lehrer etc.
381
der Geologie Böhmens von Katzer, weun ihm nicht ein reise-
hiiudbuchiii lig angelerntes Werk, in welchem die erwähiieiiswerten
Vorkoinimiiss«^ in übersichtlicher Weise zur Darstellung gelaugt
sind, zur Veriügun^ steht.
Aus eigener Emhruug weiß ich, dass man am Tielbesuehten
Aehensee sich wochenlang aufhalten, die ganze Uiugebang in
naturhistorischem Sinne durchstöbern kann, ohne die Asphalt-
Bclüchten am Westufer desselben, so manche interessante
Pflanze der Alpenflora und Fundstätte von Petrefacten auf der
Dalfazalpe zu beiuerken. Ja sogar die auffallend grolJe Menge
von Hcuiidii cm ojMiens , der hier am Fuße des Spitzberges in
einer flöhe von lOüO^u seine nördlichste Verbreituugs^renze
haben dürfte, entgeht einem, wenn man nicht dareh orientie-
rende Behelfe auf diese Vorkommnisse anfmerksam gemacht
wird.
Ja, ich werde nicht zu weit gehen, wenn ich die Behaup-
tunfT aufstelle, dass schon so mancher Naturkundige Triest be-
sui'lit habeTi nian^. ohne das Leben der so artenreichen Thiere
der Adria beobachtet /.u haben, weil es ihm an einem Weg-
weiser mangelte, der iiin auf die Wege und Orte verwiesen
hätte, auf welchen man zur Beobachtung derselben gelangt.
Diese Beispiele, welche ich doreh eine erkleckliche Menge
analoger Fälle ergänzen könnte, mögen mir als Beleg für die
Nothwiiuligkeit der Herausgabe eines speciell für Natur-
historiker, Geographen und Freunde der Natur eingerichteten
Beisehandbuches dienen.
Die einfachste und l)rsie Liisung dieser Fraise ließe sieh
erzielen durch eine corporative Betheiiigung der Fachlehrer an
der Ausführung des Werkes.
Letzteres liönnte allenfalls, der natürlichen Eintheilung
unserer Monarchie Rechnung tragend, in vier Bändchen fof
genden Inhaltes zerfallen:
1. B&ndchen: Karstländer,
2. „ Alpeuländer,
3. ff Sudf't'Mil linder,
4. „ Karpalheuländer.
Behufs Durchiiihning der geplanten Arbeit müsste an die
Bildung eines Redactionscomites geschritten werden, in den ein-
zelnen Grönländern wären Sectionen zu bilden, ond die weitere
Arbeitstheilung bestände darin, dass den einzelnen Grliedem
der letzteren eine bestimmte Arbeit zugewiesen werden würde.
Die einen hätten z. B. die geographischen Momente in
der für das Werk angemes<?enen Form zu bearbeiten, die an-
deren die gpologisehen Verhältnisse, noch andere die Fauna
und Flora. Jeder auch noch so kleine literarische Beitrag würde
gewiss mit Dank entgegengenommen werden. Ein besonderes
Gewicht wäre auf ein möglichst ToUständiges Verzeichnis der
bisher erschienenen einschlägigen literarischen Arbeiten Uber
die einzelnen Gebiete zu legen, um jedem, der sich für eines der-
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382
Ilago Laouer.
selben näher interessiert, eine leichte and rasche Orientierung
in der Literatur zu ermöglichen.
Wir besitzen eine auiierordentlich große Menge überaus
wertvoller Arbeiten in den Jahrbüchern der geolof^schen Reichs-
anstalt, d«Mi Zeitsi ii riften unserer geographischen Uesellschaften
und der NiiturforsL-licrTereine, dann eine Unzahl Yon Special-
arbeiten in deutscher, italienischer und slaviacher Spruche, die
sich in zweckentsprechender Weise für unser Werk yer werten
ließen.
Auf dem Titelblatts des Buches würden alle veneichnet
werden, die durch Lieferung yon literarischen Beiträgen an dem
Zustandekommen des W^erkes Antheil genommen haben.
Die Herausgabe eines derartigen Reisehwidbuches . das in
seiner Art einzig dastünde, würde nicht nnr bei den Faeli-
geiiossen, sondern auch in allen intelligentei; Kifisen. in welchen
der Mangel eines solchen Buches lebliaft euiplundeu wird, ge-
wiss die freundlichste Aufnahme finden.
Schließlich erlaube ich mir bei dem Capitel Keisestipendien
mit Rücksicht auf den Umstand, dass vor dem Jahre 1900
kaum eine Versammlung tod Mittelschullehrern hier tagen dürfte,
noch nachstehenden Punkt zu berühren. Bekanntlich findet mit
£nde unseres Säculums die Pariser Weltausstellung statt, welche
ein fjroßartiges, nie dagewesenes Unternehmen sein wird, das
auf die ganze gebildete Weit eine besondere Anziehungskraft
ausüben dürlte.
Uber Anregung des genialen Organisators derselben, des
Oeneraldireetors Picard, soll dieselbe, wie Hofrath Exner be-
richtet, erstens in einer seitgenössischen Abtheilung die Summe
alles menschlichen Schaffens am Ende des XIX. Jahrhunderts
vorführen und zweitens in einer retrospectiren Ausstellung
zeigen, welclie Fortsclnitte in den verschiedenen Prodnctions-
zwejt^i-n seit IbÜO gemacht worden sind, und weh'lier Autheil
an diesen Errungenschatteu den einzelnen Culturvölkeru zu-
kommt
Bei dieser Ausstellung soll ferner zum erstenmale das
Classifications" oder Gruppensystem als Hauptorganisations-
prineip aufgestellt werden, so dass die gleichartigen Erzeug-
nisse verschiedener Lander neben einander aufgestellt werden,
wobei durch unmittelbare Vergleichung die fachmännisclie Be-
urtheilung wesentlich erleir]vt,_.rt wird. Dadurch sind die ein-
zelnen ausstellenden iätaateu geradezu genüthigt, nur das Beste
zu bringen.
Durch die auf diese Weise erzielte möglichste Verdichtung
der Qualität wird der Ausstellung die höchste wirtschaftliehe
und commercielle Bedeutung beizumessen sein.
Ein zweiter wesentlicher Vorzug gegenüber den bisherigen
Ausstellungen liegt darin, dass nach Picards Programm die ver-
schiedenen Industrieprodnete auf dem Ausstellungsplatze vor
den Augen des Beschauers aus den Eohproducten erzeugt
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über die Ferialreisestipendien für Lcbrer etc.
383
werden, wobei emem die Gelegenheit geboten werden wird,
aucb die bei der Produetion zur Verwendung kommenden
Maschinen und Apparate im Betriebe zu sehen.
Von den Gruppen der ausgestellten Gegenstände, welche
für die Lehrer überhaupt uiul für die naturwissenschaftlich
vorgebildeten speciell von aullerordeutlicher Bedeiitutig sein
werden, will icli nur folgende hervorheben: Erziehung und
Unterricht, Kun.stwerke, Hilfsmittel und Verfahruugs weisen im
Dienste der Literatur, der Wissenschaften und Künste, Elektri-
eitäi, Ackerbau, Gartenban, Forstwesen, Jagd, Fischerei, Ein*
Sammlung wildwachsender Natnrprodacte, Nahrungsmittel, Berg*
Wesen. Metallbearbeitung, chemische Industrie, Hygiene, öffent-
liche Hilfeleistung, Colonisation.
4n allen diesen Gruppen mit Ausnahme der letzteren wird
sich Osterreich in liervorrain'nder Weise betheilicren.
Alles in alleui n^enonimeii wird nach den Worten Dr. Exners
die Ausstellung eine solche Fülle von leiirreichen Darstellungen
bieten, dass aUes, was in dieser Richtung schon zur Anschauung
Sebracht wurde, durch dieselbe weit in Schatten gestellt wer-
en wird.
Berücksichtigt man nun, dass aus allen Städten und Gauen
Österreichs Gewerbetreibende und andere Privatpersonen aus
eigenen Mitteln oder dur; Ii hilfreiche Vermittlung von Ge-
werbevereiueu und amieren Corporationen an dem Besuche
der Ausstellung theilnehnien werden, so wird niuu die Bitte
der realistisch Torcebildeten Mittelschallehrer an diu hohe
Ke^erung, ihnen den Besuch derselben za ermöglichen, be-
greiflich Snden.
Bedeutet doch die ganze Ausstellung in gewissem Sinne
einen Triumph der realistischen Wissenschaften des XIX. Jahr-
hunderts, wobei es denn doch nicht r^^chi angeht, dass die
Mittelschullehrer dieser Richtung, welche auf Grund ihres Fach-
wissens und zufolge ihrer Verbreitung über alle bedeutenderen
Industriestädte Österreichs für das Volk die berufensten Inter-
preten der Neuerungen auf realistischem Gebiete sind, mate*
rieller Motive wegen von dem Besuche der Ausstellung ab-
gehalten werden.
Berücksichtigt man ferner den Umstand, dass für die Lehrer
der nltehissischen Pliilologie seit dem Jahre 1 BU2 zwecks Weiter-
bildung Reisestip»Mid!''n lit stehen, für die bis zum .Talire I'.HJO
eine Summe von mehr als 10()AH)0 fl verausgabt sein wird, so
wird man die Bitte der Mittelschullehrer realistischer Richtung,
für das Jahr 1900 einen größeren Betrag in den Staatsvoran-
Bchlag zu dem Behufe einzustellen, um jedem Naturhistoriker,
Physucer, Chemiker, Geographen, Zeichner, der studienhalber
die Ausstellung besuchen will, eine Vergütung bis zu einer ge-
wissen Höhe zur theilweisen Deckung der empfindlichen Aus-
lagen, welche mit der Reise nach Paris verknüpft sind, an-
gedeihen zu lassen, nicht als Uubescheideuheit auffassen.
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384
Hugo Lanner.
Die Ermöglichung des Besuches der Ausstellung seitens
dieser Kategorie von Lehrpersonen würde nur der Schule, der
Industrie, dem Gewerbe und dem Volke im allgenieiuen zum
Nutzen gereichen. Und es ist mit Sicherheit anzuneiiuien. dass
die vom Staate zu dem geuauiiten Zwecke verausgabte ISumme,
wie jede einem ünterriehtszwecke dienende Ausgabe auf in-
directem Wege hundeiifacli znrflekerstattet werden würde.
Zum Schlüsse erlaube ich mir im Interes-^^^e der Sache, ge-
stützt auf meine Ausführungen, um freundliche Annahme nach-
stehender Thesen zu bitten:
7. Es möffe an die hohe Rcfji'erring die Bitte gerichtet inevden^
die Anzahl der jährlich zu verleihenden Stipendien mit Riicksicht
ovf die Bedeutung derselben und die große Zahl der Bewerber
um dieselben entsprechend zu erhShun.
2. Die Aveaehreibung und Verleihung derselben mSge sehen
im Wintersemester jedes Schuljahres vorsichgehen , damit den
Stipendisten Gelegenheit gegeben werde ^ durch Vorstudien und
Einholung von Informationen den beabsichtigten Zweck der Reise
mit Sicherheit zu erreichen.
S. Die zoologische Statio)) in Tviast möge (ds ilas einzige
österreichische Institut dieser Art besser nusgfstaltei werden, in
der Art etwa, wie die Berliner Station in Roviano, damit sie
den übrigen so hervorragenden naturwissensehafttiehen Instituten
Österreichs ebenbürtig zur Seite gestM werden könne und nicht
von einem ausUlndischen Institute im eigenen Lande in Schatten
gestidU werde Vor allem wäre dieselbe mit gwei Dampf booten,
wie solche die Station in Rorifjfjn besitzt, nuszurihten. (Der Preis
eines Dampf bootes beläujt sich auf ungefähr 200(1 //.)
4. An die fMudesausschUsse derjenigen Kronländer , welche
sich im Besitze von Landesgymnasieu und Realschulen befinden,
wäre die Bitte zu richten, ebenfaUs Ferialstipendien tu ereieren,
damit auch den Lehrern dieser Anstalten dieselbe Mbgliehkeit
g^foten werde, auf Grund der Selbstbeobachtnng, auf Grund der
ürsprilngUchkeU der empfangenen Eindrücke und der nnmittel-*
baren Berührung mit dem Naturleben ihr Wissen ssu erweitern
und zu vertiefen.
ß. Unter Mitwirkung der Mittelschullehrer (der naturhistori-
schen und geographischen DiscipUnen) sämmtlicher Ki onländer
möge ein Reisehandbuch, ein Vaaemeeum filr Geographen, Natur^
historiker und JF^unde der Natur, heram gegeben werden, welches
diefenigen Orte unseres Staates in bündiger Weise beschreiht und
registriert, tcelche durch ihre geographischen Momentef durch ihre
Naturprodurte und NaturmerkwUrdigkeiten, also in geologisch -
mineralogiscjier Hinsicht, dt"ii}lcirhen in Bezug auf Fauna und
Flora i^on besonderem futeresse sind. In Anbetracht des gänz'
liehen Mangels von Büchern dieser Art würden sich die Mittel-
schuUehrer durch Herausgabe eines solchen Werkes nicht nur den
Dank der Fachgenossen, sondern auch den aUer Freunde der
Natur et werben.
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Ober die Ferialreisestipendien fiir Lehrer etc.
385
6. Die Pariser WeltausateUung von 1900, welche nach den
Ausfuhrvngen des Hofraihes Exner aU eine Lehrattsetellung im
besten Sinve des Wortes zv betrachten tut, als ein großartiges
J\t('yHehmen von so außerorderttlirher Bedeutung, dass durch
dasselbe alle bisherigen Ausstellnngeii in den ^ch^itfen gpstteUt
werden, und das in gewissem Sinne einen Triumj^th der Ueal-
vituemchaften dßt XlX. JahrhftndeHa hedmUet, wird auf die
gante gehüdete WeU eine mächtige Anziehungskraft oHMShen, Ee
wäre demnach erwünaeht, zumal öeievtei^ auf Wunsch unseres
Kaisern in hervorragender Weise an derselben Antheil nehmen
wird, schon jetzt der hohen Regierung die Bitte rr? unterbreiten,
seinerzeit den Besuch der Pariser Aussteilung seitens der Mitte.l-
schullehrer der realistischen Disciplinen. also der NatHrhistoriker,
Physiker, Chemiker, Geographen und Zeichner zu fördern, und
Jedem, der etudienhalber dieselbe zu besuchen gewillt ist, eine
Vergütung hie zu einer gewiesen zweeke iheilweieer Deckung
der empfindlichen Avelagen, welehe mii der Reise nach Paris
verknüpft sind, angedeihen zu lassen.
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386
Rudolf Bfick.
Der Mangel an Lehrern für das Freihandzeichnen an
Mittelschulen. — Die Mittel zur Behebi^iig dieses Mangels:
Stipendien und Zeiehenlehrerseminare.
Vortrag, gehalten am 13. April 1897 von Rudolf Böck (Troppau).
Bis zur Ministerial Verordnung vom 20. Janimr 1S?^1, Z. 20485,
war als X'orstudiura vom künftigen Zeichenlehrer nicht mehr
verlaugt als vier Cla«seu einer Mittelschule und drei Jahre
Kunstschule. Von 1881 an wurde dies anders. Zu dieser Ände-
rung sah sich die Unterrichtsbehörde wohl aus zwei Grüudea
besonders Teninlftsst: einawl um den bis dabin zu großen Zu-
zug an Lehrlcräften für unser Fach un möglich zu machen, und
zweitens — was als der wichtigere Grund angesehen werden
muss — deshalb, weil sie endlich die Allgemeinbildung des
Zeichners einer Mittelschule mit der der anderen Lehrer auf
dasselbe Niveau gestellt sehen wollte, wozu sie aus pädagogiscliea
Gründen unbedingt und nothwendigerweise gezwungen war.
Deshalb verlaugt die citierte \'erorduunff vom 29. Januar 1881,
dass jeder Candidat das Gymnasium oder die Realschule mit
Maturitätsprüfung absolviert baben mttsse.
Wir wissen ja alle, mit welch unsäglich beschämender
Geringschätzung immer und immer wieder hämisch von ver-
schiedenen Seiten auf die geringe Allgemeinbildunp: der Mit-
glieder unseres Faches hitif^ewiesen wurde. Leider war diesem
wenig eolk'gialeu Vorgehen eine gewisse liereehtigung in man-
chen Fällen nicht abzusprechen. Mit dem Inkrafttreten jener
Verordnung ward solchen Äußerungen jede Berechtiguüg ge-
nommen, freilich nur auf solange, als diese Verordnung auf-
rechterhalten werden konnte.
Heute ist dies nicht mehr möglich, da sich seit einigen
Jahren nur mehr sehr wenige Absolventen der Mittelschule iür
unseren Beruf melden, zu wenig, um den jetzigen Bedarf, viel
zu wenig, um den in den nächsten Jahren zu erwartenden Be-
darf zu decken. Die Gründe für diesen Mangel au Candidaten
sind in dem eine Zeit laug vorherrschenden CberÜusse an Lehr-
kräften zu suchen, welch letztere oft jahrelang supplieren
mnssten, wodurch begreiflicherweise viele andere abgesdireckt
wurden, einem ähnlichen Lose sich auszusetzen. Ganz wie in
anderen Disciplinen ! Zumtheü liegt der Grund für den Mangel
aber aueh in der noch immer, besonders aber am (xymnasium
lebhaft empfundenen Geringwertigkeit des Zeiehiu'ns als obli-
gater Gegenstand, der sich seine \'ollwertigk»'!t diireh seine
Vei*treter noch immer erst von Fall zu Fall crkumpfen muss.
Die Ursachen hiefär liegen zimitheil in uns selbst, wie wir in
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Der Hftngel an Lehrern fBr du Freihaadieichnen an Mittelichiileii ete. 387
dem Artikel ^Das Zeichnen am Gymnasium als obligater Lebr-
gegeustand", „Osterr. Mittclsehule" 1894. IV. Heft, nachgewiesen
haben. — Dass der Mangel au geprüften und entsprechend all-
gemein rorgebildeten Lehrern immer gefahrlicher für die Schule
mid für unsere Disciplin specieU wird, ist klar. Die Frage wird
besonders dadurch immer acuter, dass wir uns dem Zeitpunkte
zwar langsam, aber doch sicher nähern, in dem man die Ein-
führung des Zeichnens am Gymnasium als obligaten Lehr-
gegenstand realisieren wird müssen. Denn niallgebendenorts
erkennt man ja die Dringlichkeit an. Freilich ist die Lösung
dieser P^-age keineswegs gar so leicht — gewiss aber auch nicht
so schwer, als hie und da gern angenommen wird. Was soll
aber bei dem dann noch mehr als jetzt gesteigerten Bedarfe an
Lehrkriifben ipeschehen?
Li dem Mangel an Candidaten für unser Fach, welche die
Maturitätsprüfung machten, liegt für die nothwendige — sif
veiiin rerho — geistiq;e T'^niformierung der Lehrkräfte der Mittel-
schule eine eminent*' (n-falii-. die aus pädagogischen Gründen
unbedingt verhütet werden niuss. Denn es ist aus erziehlichen
Gründen gefährlich, wenn der Schüler einer höheren Classe mit
Geringschätzung von der Allgemeinbildung seines Lehrers denkt,
oder gar der Schüler einer niederen Classe weiß, dass sein
Lehrer nicht viel mehr oder gar noch ein bisschen weniger als
er an Allgemeinbildung genossen hat. Die Gefahr ist umso be-
deutender, als im Zeichnen — was in keinem anderen Gegen-
stande der Fall ist — vielfach Praktiker schlechthin als Lehrer
herangezogen werden können, die in keiner Weise sich dem
Lehrkörper der Mittelsi-hule als gleichvorgebildete, iujuivalente
Mitglieder einzupassen vermögen. Denn die faclimUnuische
Bilcrang allein ist es ja nicht, die uns zum Mittelschullehramte
befähig. Ist dies in keiner Disciplin der Fall, so dürfen auch
wir Zeichner im wohlverstandenen Interesse der Schule und
unseres Gegenstandes — allein schon im Hinblicke auf die
Öffentlichkeit — keine Ausnahmsstellung verlangen oder uns
selber znrrestelien. Diesen Praktikern, deren Invasion droht,
fehlt nothwendig jede exacte, harmonische Bildung und päda-
gogische Schulung, selbst die, welche sie sich durch Absolvierung
des Gymnasiums oder der Realschule durch sieben- oder acht-
jährige Beobachtung des Lehrrorgauges an einer solchen Anstalt
hätten erwerben können.
Wir sind heute glücklich so weit, dass, trotzdem die Ver-
ordnung vom 29. Januar 1881 klar und bündig die Maturitäts-
prüfung verlangt, fort und fort davon Umgang genommen
werden muss. Es ist so große Noth an Mann, dass eben alles
herhalten muss. Im Interesse der Schule haben wir die PHicht
— ich wiederhole es — dies hiutanzuhalteu, und auch im Inte-
resse jener, die sich so unvorbereitet dem Lehrstande widmen
mdchten — denn sie gehen einer wenig beneidenswerten Stellung
entgegen.
„Oiteir. muelMhale». ZI. J«lirR. 88
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388
Rudolf Böck.
Wir Zweifel]] nicht, dass die beTorstehende Gehalts-
regulieruug wieder so mancheu jungen Mann zur Schule im
allgemeinen locken vnrd — ob zum Zeichnen speciell, wird
erst die Zukunft leliren. Die den Beruf zum Lebriunte in sich
fülilon, sind es gewiss nicht, wenn sie nur wegen des höheren
Gehaltes zur Schule gelien! — (Tegenwärtig f^lilt es vielfach au
den Voraussetzungen und MaÜnahmen zuiu Hinüberleiten der
zum Zeichnen hinneigenden Schüler unserer Mittelschulen zum
Lehramte des Freihandzeichnens, respectiTe zum Kunststudiom.
Wir haben in dem eingangs erwähnten Aufsätze in der „Österr.
Mittelschule'^ und im rrogrammaufsatze des Mähnsch-Trttbauer
Gymnasiums 1890, ^Das Zeichnen am Gymnasium und an der
Hochschule" über diesen wunden Punl<t hereits gesprochen.
In den im Reichsrathe vertretenen Königreichen und
Landern haben wir 47 Oberoryninasieu mit obligatem Zeichen-
unterrichte in den vier unteren Glasseu, au welchen Anstalten
auch im Obergymnasium das Zeichnen als nicht obligater
Gegenstand geübt wird. Überdies existieren 16 Real- und Ober-
gjmnasien, 6 Realgymnasien und 6 Untergymnasien mit obli-
gatem Zeichenunterrichte, zusammen 75 Anstalten; an den
7'^ ReaUchnlf n ist überall mindestens eine Lehrkraft noth-
wendig, in Summa rund 150.
Unter den Lehrern an den genannten Schulen siud viele
ältere Herren, die in nicht zu ferner Zeit dem Lehrstande
Lebewohl sagen; der Tod hat in letzter Zeit gerade auch unsere
Reihen gelichtet — und bei alledem ist kein Nachwuchs da.
Wir stehen thatsächlich vor der Qefahr, dass unsere Disciplin
in unberufene Hände gelange, die ganz zufällig der Schule ihre
Dienste leihen werden.
Und doch ist gerade für unser Fach an einer richtigen
Vorbildung so viel gelegen, sowohl was die Allgemeinbildung,
als auch die den Endzwecken der Mittelschule entsprechende
Fachbildung betrifft. Denn an der Mittelschule ist das Zeichnen
Bildungs- und Erziehungsfactor zugleich. — Wir haben
allen Grund, um die Erfolge unserer Disciplin, die von Tag zu
Tag an Wichtigkeit für die Schule und für das Leben gewinnt,
besorgt zu sein. Aber auch um das Ansehen unseres Faches
vor der Öffentlichkeit und vor dem eigenen Hanse, wenn
wir nicht alle möglichen Mittel anwenden, dass der erst heran-
zuziehende Nachwuchs in jeder Beziehung entsprechend vor-
gebildet und vom ersten Augenblicke an in die richtige Bahn ge-
lenkt wird. So nur kann er den großen Anforderungen, die die
Zukunft in erhöhtem Maße an die Lehrer schon der nächsten
Generationen stellen wird, gerecht werden
Diese Aufgabe theilt sich in zwei Theile: 1. Die zum
Zeichnen hinneigenden Talente von der Mittelschule, ganz
S]iecie11 inich vom Gymnasium, zum Kunststudiuni, ro'-jpf'ctive
zum Lehrumte für das Freihandzeichnen und für (Ti'umetrie
heranzuziehen, indem sie auf dasselbe iu richtiger Weise auf-
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Der Mangel an Lehrern für das Freihandzeichnen an Mitteldcbulen etc. 389
merksam gemaeht werden. 2, Die dafUr gewonnenen AbeoWenten
während des vierjährigen Kuuststudiums imd im PrUfuugsjahre
in riehti^er Weise anzuleiieu, dass sie ihrem künftigen Berufe
schon roit ^anz anderer praktischer Öchulong entgegenkommen,
als dies honte der Fall ist.
Was tleu ersten Punkt betrifft, würden lolgeiide Maß-
regeln vollständig genügen: Der Lehrer des Freihandzeichnens
behält schon von der V. Classe an die zeichnerisch besonders
begabten SehUler im Auge, tmd alljährlich wird im zweiten Se-
mester die Ausschreibung der vom hohen Ministerium Terliehenen
Stipendien für Lehramtscandidaten des Freihandzeichnens an
Mittelschulen, jedes im Betrage von 300 H. ö. W., in Form einer
Kundmachung durch die Directionen der vollständigen Mittel-
schulen verlautbart, ^anz wie dies bei anderen Stipendieu-
ausschreibungen der tull ist. Durch diese Publicierung sollen
die ."Schüler der oberäleu Cla^tjeu, speciell die Maturanten unter
gleichzeitiger Y eröffentlichnng des einzuschla^nden Studien-
ganzes auf die Möglichkeit der Erwerbung eines solchen Sti-
pendiums an einer Kunstschule und auf das Kuns' >t u lium im
allgemeinen, im besonderen aber zum Zwecke des Mittelsehnl-
lelininites aufmerksam p^emacht werden, zu dem sich gewiss
auch mancher Bemittelte melden würde. Ein solelier Vorgang
ist nöthig, denn die Erfahrung lehrt, das» Kenntnis von
der Existenz solcher Stipendien und vom erwähnten Studien-
gange nicht sehr weit reicht.
Die Verleihung eines solchen Stipendiums, die nur für ab-
solvierte Mittelschüler bestimmt sind, darf nur an solche er-
folgen. Diese Verleihung müsste in der Art ffescheheu, dass
fichon der Maturant um die Verleihung eines solchen Stipendiums
«inschreiten kann. Die geforderten nothwendigen Belege für das
Gesuch sind das Maturitätszeugnis, in demselben mindestens
4ie Note „lobenswert" aus Zeichnen, und die Zeichnungen, die
der künftige Caudidat im Obergymnasium oder an der 01)er-
realschule anfertigte. Die Zuerkennnnff des Stipendiums erfolgt
2tt Weihnachten des ersten Studienjahres und ist abhängig zu
juachen von der Befürwortung des Professorencollegiums der
betreffenden Kunstschule, wobei besonders Fleiß und Ausdauer
des Petenten in Rechnung zu ziehen sIih] Die /u ^N'eihnaehten
erfolgende Zuerkeiinung müsste rückwirkeii lc Kratt haben, d. h
dass dem Stij)endisten auch die ersten (Irfi M iiiatsraten nicht ent-
gehen. Das Stipendium ist dem damii iieicLinten solange zu be-
lassen, als seine Fortschritte mindestens befriedigende bleiben und
namentlich in Bezog auf Fleiß und Ausdauer in den Studien keine
Klagen zu verzeichnen sind, was, wie wir gleich ausführen werden,
•ebenfalls noch einer besonderen Controle zn nnt« rwerfen wäre.
Was den zweiten Punkt betrifft, so ist derselbe einer um-
ständlichen und ganz besonders eingehenden Erörterung und
Besprechung wert, zu weleh letzterer wir durch unsere Vor-
ischläge den AnstoÜ geben möchten.
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390
Rudolf Böck.
Wie bekannt, wird die Wichtigkeit des Zeichnens als all-
gemein bilde tulerGeffenetand immer mehr betont und erfreulicher«
weise besonders aucn von Seite des Gymnasiums, in letzter
Zeit speciell von Seite der Philologen der classischen Sprnchen.
Diesem erfreulicheu Zurufe von einer so schiltzenswei t^ n Seite
soll über aus uusereni Lao;er eiu freund lieb es Echo aniworten,
wenn wir nicht als indolent uud undankbar gelteu und unserer
geliebten Diaciplin neuen Schaden sufÜgen wollen, wie er ihr
aureh UnterlmungssUnden so oft in früherer Zeit zugefügt
ward. Dieses frenndliebe Echo werden aber jene für unser Fach
sieh interessierenden Kreise dann su hören bekornraeu, wenn
wir ihren Intetitionon entgegenkommen, wenn wir d«*n i^ildungs-
gunn: unserer Jünger so rirliten und b'uken. dass sie von vorn-
herein auf das geui* iii-;inii l.ehrziei aHer Fäclier der Mittel-
schule lossteuern : auf dir hariuonische Ausbildung aller Kräfte
des jungen Menschen. Das ist aber nur durch die intensivste
Concentration des Unterrichtes möglich: ein jeder Gegen-
stand musB mit allen anderen in Fahlung sein und mit allea
Berührungspunkte haben. Das Zeichnen muss mit den Sprachen,
mit den historischen, naturwissenschaftlichen oder realistischen
DiscipHnen gegebenenfalls in Berührung treten können, soll ea
nicht der Einseitigkeit verfallen und zu einem Gegenstande
werden, der isoliert steht. Dass ein solches Handiiihaudgehen
möglich ist, habeu ja viele schon bewiesen und werden es in
Zukonft weiter durch die That beweisen: Ich deute diesbezüg-
lich hin aof die interessante Schrift Dr. Weigels „Verwertung
Yon Anschauungsmitteln für unsere classische SchnllectUre, be*
sonders für Casars gallischen Krieg", auf peJngogie ä
Gies8en^ par F. CoUard, Löwen ^^\K^, auf „Der Zeichenunter-
richt am humanistischen Gymnasium und sein V orliUltnis zu
den übrigen ünterrichtstachern" von Dr. A. Matthaei, Zeieiien-
lehrer am Gymnasium in Gießen, auf ^Der philologische Unter-
richt auf dem Gymnasium und die Anschauung'' von Dr. Anton
Frank, auf Conzes Bemerkungen auf dem Gtönitzer Philoloffen-
tage, auf Benndorfs Vortrag ,.Über die Bedeutung der Archäo-^
logie für das Gymnasium", „Österreichische Mittelschule" No-
vember 1889, auf die praktische Thätigkeit Dir. Dr. Gurlitts
in Steglitz -Berlin und Dir Arnolds in München. — Zu der
nothweiidigen Conoeutriti ti inüsson wir unsere Kunstjüuger
von vornherein erzielieü, uud das wird nur durch eine exacte
Auleitung möglich, welche speciell die für das Mittelschul-
lehramt des Candidaten nothwendige Vorbildung berQcksichtigt.
Die zur Qleichstellung der Lehrkräfte an der IKittel-
sehnle — sowohl vor der Schule selbst, als auch vor der öffent«
Uchkeit — unbedingt nothwendige Maturit;its|irüfung voraus-
gesetzt, niüsste an unseren Kunstseliulea das Studium für unsere
Candidaten ein ganz anderes sein als bisher: nämlich ein «ge-
regeltes, auf einem dem späteren Lehrzwecke entsprechenden
Vorgange beruhendes. W ir haben schon seinerzeit in dem
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Der Mangel an Lebrern für das rreihandseiclmea an MiUeischulen etc. 391
eiiierten Aufsätze Uber das Zeichnen am Gj^nmasium auf die
Kothwendigkeit der Überwachuue der Studien unserer Lehr-
amiacandidaten für Zeichnen duren eine Commission von Fach-
leuten der Mittelschule, respeetive auf die Nothwendigkeit der
Errichtung von Zeichenlehrerseminaren hingewiesen, da sich
der li'Mjtige Unterricht an Akademien und Kunstgewerbeschulen,
besonders aber an ersteren. um die Ausbildung von Lehrkräften
für die Mittelschule so ^ut wie pfar nicht kümmert.
lu jeder anderen Discipliu ist lür eine mehr oder minder
systematisch ausgestaltete praktisebe Vorbildung des Gandidaten
gesorgt, nur der Zei ebner soll sieb selbst den Weg babneut
um zum Ziele xu gelangen. Ob der einzelne dabei immer den
ric liligen und kürzesten Weg gebt, wer kann es bejahen?
Bei dem Suchen nach diesem Wege verliert er viel Zeit, die er
besser zu intensiverrm Studium, zu praktischer Hethätit^ung
hätte anwenden könueu. Darin liegt die Nothwendigkeit der
Überwachung, respective der zeitweiligen Prüfung der Arbeiten
unserer Candidateu, und der Creierung eigener Seminare oder
Zeiehenlebrereurse begründet — wie sehon einmal einer vor mehr
als einem Jahrzehnte an der Wiener Eunstgewerbesehule existierte.
Diese Curse bedürfen aber einer besonderen Führung, wenn sie
ihrer schwierigen Aufgabe gerecht werden sollen. Es fehlt für
diesen Zweck gewiss nicht an älteren p^Mihten Kräften unseres
Faches. Bisher ist eine unerhörte Veruachias.sigunfT wichtiger
Diseiplinen, gnnz besonders der so nothwendig*'n Ornamentik,
eine Folge dieses Mangels einer richtigen Leitung der Candi-
dateu; diese Vernachläesigung ist wieder eine Folge des Fehlens
einer Hodegetik. Eine solche muss geschaffen werden. Gans
besonders gut dies für Candidaten, die an Akademien studieren,
an denen — trotz reichster Hilfsmittel — so gut wie gar
nicht ornamentales Zeichnen getrieben wird.
Die hetreffenden Prüfungscommissäre wissen auch (hes-
bezüglich von solchen Candidaten kleine Schaudermären zu
erzählen. — Controle des Studiums ist noth wendig. Vorläuiig,
bis zur Errichtung neuer Zeiehenlebrereurse, respective eines
ei^^nen Seminares, sollten für die Zeit des Uber ganges
mindestens zweimal im Semester durch eigens dazu bestimmte
Lehrkräfte aus dem Kreise der Mittelschule, speeieU der Fach-
inspectoren und der Prüfungscommissäre, denen später der
Candidat bei der Staatsprüfung zugewiesen wird, die Arbeiten
des letzteren geprüft werden; sowohl die praktischen Arbeiten
sind einer genauen BeurtheiUiug zu unterziehen, die dem Candi-
daten zur Daruuchachtuniif milzutheileu ist, als auch über den
Fortschritt in den nöthigen theoretischen Diseiplinen bat sich
der betreffende Gommissftr klar zu werden. Der heutige
akademische Unterricht ist, wie schon erwähnt, für die Aus-
Inldun^ der Mittelsehullehrer nicht geeignet. Solange daher
kein eigenes Seminar, dessen Cr^iening itti Int presse einer
systematischen Vorbildung wärmstens zu befürworten
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392
Budoit Böck-
ist, existiert, ist die Aufstellung einer für deu Caudidaten
bindenden Hodegetik för alle Tier Jahre des KnnststtidtiuD»
nnerlaBslieh, z. 5. so:
Zunächst im ersten Jahre regelmäßiges Stadium der Orna-
mentik. Die Gesetze der Ornamentierung sind aus Objecten
der Natur abzuleiten, sowohl was die Florü uls auch was di(*
Fauna des Ornamentes betrifft, nho: Zeiciiueii des Objectes,
z. B. der Pflanze, nach der Natur, Auf suchen der in der Pflanze
liegenden stilistischen Gesetze, duraiLs abgeleitet eine von der
Natur nicht weit entfernte Stilisierung des Objectes; daran an-
knüpfend eine historische üntersuchun^t wie diese oder eino
andere ähnliche Pflanze in den Terschiedenen Kunstepoehen
dargestellt wurde. Ähnlich ist die Thierwelt und der mensch-
liehe Organismus zu studieren. Überdies ist Ornfiment/.fit^'hnen
und -Malou mwh guten Abgüssen, besoiidcrs aber nach plasti-
schen Originalen in Stein, Metall und Holz, sowie nach guten
polychromen Vorlagen zu betreiben. Gegebene Motive, z. B. von
antiken Gefäßen, sollen reconstruiert und umcomponiert werden.
Vorgeschritteneren Schülern ist Ton Zeit zn Zeit ein freies
Thema als Compositionsabung zu geben, damit der Candidat
bei der spateren Staatsprüfung einer solchen Anfordern ni(, die
ja immer an ihn, oft in sehr ausgedehntem MaOe, gestellt wird,
gerecht worden kann. — GrundiojTonde Nohfngegeu stände
müssten im ersten Jahre sein: Darstellende Cieoun'trie — die
der akademische Unterricht heute auch nicht kennt — und
Perspective und Anatomie, alle verbunden mit praktischem
Zeichnen. Ornamentik ist aber das Hauptthema des ersten
Jahres und ist als Nebengegenstand auch in den folgenden
Jahren ununterbrochen weiterzuführen.
Vom zweiten Jahre an tritt das Zeichnen nach der Nntur :in die
erste Stölln, und zwar das Kopfmodcll bei Tan-, während abends
Actzeiehnen zu üben ist. Dauebeu wird — innner mit Herüclcsieh-
tipnin; (ier Oniiimeiitik — iStillehre des Alterthums studiert, und
zwar als Nebeugegenstand wie Farbenchemie und Farbenlehre.
Im dritten Jahre ist Haupigegenstand des Tagesunterrichtes
das Actzeiehnen und Actmalen. Nebengegenstand Stillehre
des Mittelalters.
Im vierten Jahre ist Hauptgegenstand das Malen des Kopfes
und der ganzen Figur, sowie das erst nach einem längeren
Studium der Natur nutzbrincrende Studium der Antike, das
den Abschluss l>iklen soll. Neben«:e''enst;ind ist Stillehre der
Renaissance bj.s heniuf in die neueste Zeit. Alle zeichnerischen
und malerischen Übungen sind so zu pHegen, dass der Caudidat
im Laufe seines Tierjährigen Eunststudiums Gelegenheit hat^
jedes wichtige Material zu erproben. Das wftre in kurzen
Zügen eine ßirective für den praktischen Tli* il des Studiums.
Der theoretische Theil muss. nm dem beabsiehtigten Erfolge
und Ziele in vollem Mnße zu genügen, ebenfalls reichhaltiger
sein, als es jetzt der Fall ist. Es bezieht sich dies besonders
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Der Manj{el an Lehrern für daa Freihaudzeicbneu au Mittelschulen etc. 393
auf EaBstgeschicHte und Archäologie , för die jeder Candidat,
im Hmbliäe auf die eventuelle Ausübung des Lekramtes am
Gymnasium allein schon, entsprechende Befähigung nachweisen
muss. Deshalb sollte jeder die Seminarübungen beider Disciplinen
an der ünivprsität mitmachen. Einen besonderon Vorthei! für
die Candidatun und die Seminare selbst wird der Umstund
bieten, diese künstlerisch geschulten Studierenden zur Anferti-
gung von Zeichnungen aller Art iür du« archäologische und
kunstgeschichtliche Seminar und zu den Zeichenübungen der
anderen Seminaristen heranzuziehen. Von wie vielen Yortheüen
diese Bethätigung unserer Candidaten für ihre ganze Zukunft
ist, brauche ich wohl nicht erst auszuführen.
Eine so oder ähnlich bestimmte Hodegetik wird jede will-
kürliche Zei t Verschwendung unmöglich machen. Sie wird
überdies unseren künftigen Kandidaten das in wohlthueiider
Ordnung vermitteln, was wir uns /.unitheil ^ar nicht oder nur
mit Mühe aneignen konnten. Keiner wird darüber zu klagen
haben, sondern jeder darf sich freuen, ein Bpigone zu sein.
Für den künftigen Zeichenlehrer des Gymnasiums speciell halte
ich die Kenntnis der classischen Sprachen aus den obigen
pädagogischen Gründen für noth wendig, für alle aber gemein-
sam eine umfassende Kenntnis der nllfr^rncinen GeRchichte,
welche die Weiterbilduuc; in Cultur- und Kunstgeschichte aufs
beste unterstützt, eine tüchtige naturwissensrliaftliche und^
mathematisch -geometrische Vorbildung, GegeubLuude, welche
die exacte Fachbildung in Anatomie, darstellender Geometrie,
Perspective, Stillehre, Farbenchemie und Farbenlehre an der
Kunstschule aufs wirksamste vorbereiten und fördern. Solche
Vorbildung ist aber nur durch die Absolvierung einer Mittel-
schule zu erlangen, für die wir den Beweis durch die A}>legung
der Maturitätsprüfung liefern müssen, wie es die im Interesse
der Schule so zutreffende Verordnung vom 2'.'. Januar lÖÖl von
jedem Candidaten einer jeden Disciplin fordert.
Nur unter der Voraussetzung einer solchen auf guter All-
gemeinbildung beruhenden Facnbüdung fü^ sich der Lehrer
des Zeichnens dem Lehrkörper einer Mittelschule als eben*
bürtiges Mitglied ein, wie auch der Gegenstand selbst ein eben-
bürtiges harmonisches Glied in der Keihe der anderen Fächer
bildet, die er so vielfach ergänzt. Mit dieser Vorbildung und
diesem systematischen Kunsistudium der Kandidaten und künfti-
gen Lehrer werden von selbst viele Vorurtlieile gegen das
Zeichnen verschwinden, besonders das, dass es bloß eine
mechanische, manuelle Fertigkeit ist, die jeder Fachmann
schlechthin tradieren kann.
Aus sich selbst, durch die Kraft ihrer Vertreter, wird
sich unsere Disciplin das ihr gebürende Ansehen verschaffen
müssen, dann wird sie auch nicht mehr auf eine oft sehr frag-
liche Anerkennung ihrer Verdienste angewiesen sein!
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Vereinsnachrichten.
A, Sitzungsbericht des Vereines „Deutsehe Mittelschule"
in Prag.
(MifgetheiH vom Obmanne Prof. G. Spengler.)
Neunte YereiiiSTersammlaiig.
Am Sl. April folgte der Verein einer frenndlicfaen Aufforderung der
Deutschen Geeellscball fDr Alterthumskunde, um in dem Veretnalocale der
letzteren einem Vortrage Or. Sicf^^fried Lederera über:
, .Olympia"
beizuwohnen. Der Vor tra [rein le .^ki/zierte zunächst die ties^chichte der von
den Franzosen begonnenen, von Deutschen mit einem Aufwände von mehr
ab einer halben Million m erfrealichem Abeeblnne gebrachten Ausgrabun-
gen, um die »ich besonders Ernet Cortios und Wilhelm DOrpfeld
verdient machten.
Nach einem kurzen Rückblicke über die Geschichte Olyraptas und
dessen gänzlichen Verfalle« geleitete der Vortragende die Zuhörer zu den
großiirtigen S.iciiil- und Profan bau ton iiml licspraeh schließlich die in dem
herrliehen Museum zu Olympia gel-orirerinn un «schätzbaren Sculpturfnnde,
besondciü die Metopenreliefs, die Gruppen des Ost- und Westgiebels, die
Nike des Paionios, den Hermes des Praxiteles.
Auft wirkaamete nnterstBtst wurden diese Ansftlhningen dnreh sahl-
reiebe, von dem Vortragenden selbst hergestellte Projectionsbilder (Karten-
plftne, Reconstructionen, Landschaften, Scnlptoren), die Herr Prof. Micha-
litschke mittelst eines Skioptikons vortrefflich vorführte: besonderes didak-
tisches Interesse hatte der Vorfraj», wa? auih der Obmann de«: Vereines
^Deutsche .Mittelschule" hervorhob, auber seinem sachlichen Interesse da-
durch, ditSH er praktiscii zeij^te, in welcher Weise da.s Skioplikon dem
Unterrichte dienstbar gemacht werden könne. Reicher Beifall lohnte den
Vortragenden für seine Darlegungen.
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Vereintnachhchten.
395
J?. Sitzungsberi eilte des Vereines ,, Mittelschule für Ober-
österreioh und Salzburg in Linz".
(Mitgetheilt von dem Obmaiuie.)
Erste YereinsYersamnilung.
(Liüz, ;j. April 1897.)
Anwesend 19 Mitglieder, darunter Herr Dir. lludoU Findter.
Kach Eröffnunjf der V«r4>iimmluiig durch den Obmann Dr. Ad.
Horci ^- ka ergreift Prof. Josef Heller der Staats-Obeiieal^buie in Linz das
Wort sur Begründung seines Antraget Ulm dte Ffthrung des Ftofeaeortiteli,
^en sufolge der AuMchm die geeigneten Schritte einsnleiten habe, daai
•die eigenmächtige Beilegung dieees Titele ferboten nnd die unbefugte
Führung unter Strafe gestellt werde, wobei zu bemerken wäre, daai sur
Führung; de.^ Profes^ortitel.s :iuGer den bieniit auegestatteten Lehrpersonen
von der Mittelschule un<i den gleichpfe.stelltcn Anstalten nnfwilrtM nur jene
Personen berechtigt sein »oUen, welcUen dieser Titt-l «liucli die k. k. Be-
hörde oder eine Körperschaft, die satzungsgeniäß Uie^u da» Recht bat. zu-
•erkannt wurde. Dabei möge es gestattet sein, dass auch bei jenen Lehrern
einee obligaten Gegenstandes an HittdMhnlen, welchen der amtliche Titel
noch nicht unerkannt ist, dieser Titel im Verkehre mit den Schalem und
mit dem Publicum gebraucht werden darf, bei solchen Ijehrern jedoch,
welche die Lehrbeffthigungsprüfung noch nicht besitzen, nur solange, als
sie das Lehramt an einer Mittelschule oder dieser fjleicht,'e.steliten Anstalt
au.snben. An der reg'on l>eliatte, die insbesondere um den let/.ten Zusatz ge-
führt vvunie, betlieiiigten sieb die Proti". Hück, Drasch, Dr. L e e h t b a 1 e r.
Lehner, Dr. Poettieh, Schauer und Dir. Pindter. Bei der nun folgen-
den Abstimmung erklärte eieh die Versammlung mit dem Antrage im Principe
•als einTentanden.
Nach einer kunen Pause hielt Herr Prof. Haue Belohlawek der
Handelsakademie in Linz einen Vortrag über:
.„Die Entwleklimsr und Organisation der Handelssehuleii in Öster-
reich".
Im er.-ten Theile d?»H Vortruges, der einen geschichtlichen t ljei l»lick
bot, gieng er von den älte-^ten, durch die Aufzeichnungen des Augsburger
Kaufmannes Rem erhaltenen Kachrichten aus, welche berichten, dass eine
^Sprach- und Rechenschule fOr Kaufleute 1498 in Venedfg beetands weiter
erwähnte er, dass aber ent im An&nge dea vorigen Jahrhunderts Com-
merdraratb FmI Jakob Uasperger den Entwurf einer wirklichen Handels-
schule der Dresdener Regierung vorlegte, in Österreich dagegen Kaiserin
JVIaria Theresia auf Anrathen des Grafen Zinsendorf die erste commerciollc
Lehranstalt für Staatsbeamte errichtete, die jedoch nicht von langem
Bestände war .\nfangs die.-^e.s Jahrhunderts (1820) wurde der connuercielle
Unterricht an den Techniken ertheilt, bis die erste UandeltiHkademie 1856
durch das Handelsgrcmiura in Frag errichtet wurde, der dann rastch andere
nachfolgten, so dass erst mit dieser Tjoit die wissenschaftliche Ausbildung
•der kaufmftnnisehen Jugend Osterreicbi befi^nn^ 1» ausführlicher Weise
'bespricht der Vortragende die allmfthiichc Ausgestaltung des Unterrichte-
Klanges an den Tcrscbiedenen Kategorien der Handelsanstalten bis auf unsere
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VereinsnacbricbteD.
Tage, gedenkt ia warmen Worteu der Männer, liiö t»icl» um die Hebung der
Hmid^lsviaieiMofaaft und dieser Schulen hervorrttgende Terdienete erwotten.
haben, und redet sam Schlosse, gesifitst auf eigene, langjährige, praktische
Erfahrung, einer leitgemftßen B^om denelben das Wort Der Obmann
dankte dem Vortragenden, dessen Rede mit großem Beifallc aufgenommen
wurde, für seine schönen Ausrührungen, welche einen guten Einblick in
diese erst in der nntieiiten Z*Mt f^r.s(.hatfencn Anstalten gewährten.
Njvch Besorgung einiger interner Angelegenheiten, der Walil der
Prott. Bart.a, Heller, Dr. Hor6ieka und Schauer als Delegierte für den
zu Ostern in Wien tagenden Mittelschultag, und nach der Mittheilung de*
Obmannes, dass der am 80. Mftrs abgehaltene VergnQgungaabend, dem mehr
als 60 Mitglieder sum Theil mit ihren FamllienangehSrigen beigewohnt
haben, in gemfithlichster Stimmung seinen Verlauf genommen hat, wurde
die Sitzung geschlossen.
Zweite Vereins- (zugleich Wunder-) Vei*»amiiiluug.
tij munden. Mai 1897.)
Für die Abhaltung der diesjährigen Wander veis,i.mralung wurde da«
lehulfreundHche Gmunden, wo die jangste Schwesteranstalt Oberteterreicha
sich befindet, in Aussicht genommen. Leider mnaste die auf den 16. Mai
in Aussicht genommene Fahrt schlechten Wetters halber auf den 2S. Mai
▼erlegt werden. Die Betheiligung war eine sehr rege, die Zahl der Theil-
nehnier umso großer, als die meisten Mitglieder mit ihren Familien-
ant^t'hörif^en sich b^-theiligten. Mit geringen Au'<nnhmfn kamen die Theil-
nehiner mit dem um I0".j Uhr in Gmunden ankommenden /'^nj^o. Von Linz
tr;tt'''n 16 Herren ein. darunter Lamles-Schulinapector Srliwannnel und
Dir. Findter, von Kit^d 4 Herren mit Dir. Palm, von KremsmQnster
Dir. P. Proschko und Prof. Sebastian Majr. Der Empfang erfolgte am
Perron durch den Director des PriTatgyronasiams Herrn Schuh und den
Prof. Fr an «Schneider. Die Versammlung werde nm 11 Uhr im' gewerb-
lichen Zeich«?n?aale der Bürgerschule abgehalten.
Nach Eröffnung der Sitzung durch den Obmann Dr. Horeicka erhielt
Dir. Schuh da«! Wort zur BegrilPunpf der Versrnnmlun^ Dio^er wie» in
seiner An-spruchc auf die Freiide, welche der Hcschluss des Vereines, die
heurige Wanderversammiung in Gmuiidön aibzuhalten, beim Lehrkörper
der Anstalt verursachte, hin und erklärte, dass er die Ausführung dieses-
Bewhlusses als eine die Anstalt ehrende Auszeichnung betrachte. Nach Be-
grüßung der erschienenen fremden und einheimischen Gäste stellte er
den Vertreter des Oymnasialvereines und der Stadtrertretung kais. Rath
M. V. Dr. Wolfsgruber vor, welcher im Namen der genannten Körper-
schaften die VerssaninieUen in äußer-t lieblicher Weise willkommen hiel>.
Naihil*Mn er seine von lebhaftem Heifalle unterbnxdiene Ansprache be-
entlet liatte. stellte Landes -Schulinspector Schwaniniol den Antrsig, die
Versaninuiuig möge dem eiKrunkten Bürgermeister Alois Kalten bruner
ihre Sympathien ausdrucken und ihn gleichseitig au der gehingimen Operation
beglflckwfinschen, welcher Antrag unter lautem Beifalle einstimmig an*
genommen wurde. Dr. Wolfsgruber Qbemahm bereitwilligst die Botschaft»
noch am gleichen Tage den BQrgermeister Ton diesem Beschlösse der Ver^
Sammlung in Kenntnis zu setzen.
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YereukBiiacbrichteii.
397
Sodann ertheilte der Obmann dem Prof. Franz Schneider das Wort
zu dem Vortrage:
„Ober ein einfaehes neues Lelinnlttel zar ElnfOhPung in den astro-
nomlseben ElementaFunterrleiit". (Für die unteren Clanen der Mittel-
«cbnlen.)
^Infolge der neiu^n Instructionen vom Mai 1892 fllr den geogmpliisehen
nnd naturwissenschaftlichen Unterricht im Untergyrana-sium war es noth-
weTi(H}Tf. das» sich der Naturhiatoriker tii-'hr denn bisher mit mathematisch-
geographischen fcllemeßten hesonders für die Physik der IV. Classe be-
schäftige. An schön aui^gcäUtteteu und vom Mechaniker verwickelt con-
Btruierten Apparaten für den astronomischen Anfangsunterricht fehlt es
wohl nicht, aber an solchen, welche dem Schüler jederseit cor Hand sind
nnd welche er sich allenfalls auch selbst herstellen könnte.
Im Unterrichte in der mathematischen Geographie handelt es sieh
haopti^ächlich um die scheinbaren Bewegungen der Sonne in Besug auf
die Erde, und zwar von einem Standpunkte aus unter der geographischen
Breite des Schuiortes an den verschiedenen Tagen des Jahres, um die Er-
klärung des Wechsels der Tagps- und Jalireszeiten nnd endlieb auch um
die Beobachtungen von verschiedenen Punkten der Erde aus. Alle diese
Vtfh<niMe lassen sich durch ein einfaches Lehrmittel veranschaulichen,
wat welches Schreiber dieser Zeilen gelegentlich de« Physiknnterrichtes in
der lY. Classe des Untergymnasiums verfiel. Grundlegend sn diesem Lehr>
mittel ist Figur 1, welche einem Bilde aus der Naturlehre von Dr. Höf 1er
und Dr. Maiß entnommen ist. Das Bild zeigt eine wagrechte Ebene mit
dem etwas flach gedrückten Himmeli^gewnlbp. in wclrlu ni um (/ als Mittel-
punkt eine KugelÜüt he von beliebigem Hadius gelegt ist. Auf diese wollen
Wir die Vorgänge am Himmelsgewölbe projiciert denken, um nicht nur
die gegenseitige Lage zweier Punkte am Himmel im Winkelmaße, sondern
anch im Bogenmafle angeben in kflnnen.
Wir gewahren als Basis der Kngel die Horiiontebene mit dem
Horiaontkreise, die vier Weltgegenden, den Äquator nnd in der Papier'
ebene die Meridianebene. In der Peripherie des Äquators ist die Sonnen-
bahn rar Zeit der Äquinoctien gelegen, nnd 23'/t** nördlidior und sQd-
licher sind die beiden Parallelkreise der S'olstitien zu suchen, her Scheitel-
punkt, die Polhöhe (geographische Breite), der UimmeUnordpol, die Welt-
achse ergeben sich aus der Figur.
Bringt man diese Figur 1 in Beziehung mit den wirklichen Ver-
hältnissen auf unserer Erde oder ffir die Schule mit dem Globus, so
hat man Folgendes za beachten: Figur S ist so entstanden, da*fl mit
Hilfe der geographischen Breite der Scholort G 47* 65' 12" (alkgernndet
48**) gesucht wird, die Verlängerung des Radius (Schwerlinie) führt zum
Zenith , normal zum Globusäquator die Bichtung der Weltachsc , die
TantT'Mite in G ht die Nord-Sudrichtung f Mitta£^5jlinie) und die Tangential-
ebene in <i der künstliche Horizont; die Richtung der We!tach<e bildet
mit der Mittagslinie einen Winkel, welcher der Polhöhe und der geo-
graphischen Breite von G gleichkommt. Wenn wir au6 G eine Parallele
mm Xqnatorhalbmesser siehen, so schließt diese mit der Mittagslinie
einen Winkel ein» welcher der ÄqnatorhOhe gleichkommt und das Com-
plement der PolhShe ist.
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398
Vereinsnachrichten.
BestimmeD wir noch den Ost- nnd WotipunU am Horiionte, so
können wir den Tageftbogen der Sonne am 21. März und am 23. Sep>
terober im Äquator erhalten, 23 V«" davon entfernt die beiden Wende-
kreise lind .nachdem die einzi'lncn Parallel kreise, in denen sich die Sonne
von Tag zu Taj; bewegt, nicht gleich weit, sondern in den X erhiUtniasen
12:8:3';.^" voneinander abstehen," so finden sich in ähnlicher Weise die
übrigen FaraUelkrei&e. Ks ergibt »ich folgende Tabelle für die bonueuhühen
in den einselnen Monaten fdr den Schulort G:
Monat Sonnenhobe
■ Ul li
Bemerkungen und Beobachtung^
C!ka
21. iiän
Äquator, FrühlingsAqiiinocUum, Tag nimmt
HM» tu.
80. Apni
joa 1 «oft ftJA
4!r + Ifr 54*'
21. Mai
64« + 8»— GS»
21. Juni
Gr 4- 3'// ^ 65V,*
Wi*n(lokn>is d>'a KrcItaM^ 8<miiaerM>lBti-
tium, Ikf nimmt langnm m und «b.
22. Jfnli
23. August
— 8" = 54"
98. September
ÄqiMlor« H«Tbatnqi)inortiuut, Ti« »liiiot
rascli ttb.
•J:'.. October
42« — 12« =
22. November
ao° — Ö'* — 22"
22. December
22» — 3V,o 18»/,"
Wfiiil'-krt'is des Strinhockofi , Wlntor-
KolKlitium, Tag nimmt langnam ah iiud zu.
81. Januar -
18V.* + 8V,««-28*>
19. Februar
22° -f 8" = 30"
21. .Mars
aO'' + 12" — 42"
Der Krei«. welcher die Culminationsponkte der Sonne verbindet» üt
der Meridian k reis.
K» ialleii uns drei Ebenen vor allem anderen auf: die Meridianebene,
Figur 4t die Borixontebene, Figur 5, und die üquatorcbene, Figur 3, mit
ihren Parallelebenen. Diese drei Ebenen kfinnen wir ala Lehrmittel durch
drei Pappseheiben darstellen; von 30 cm Durchmesser f&r den Schul*
gebrauch, und zn Händen der Schüler in kleinerem Maßstäbe.
Die Aquatoracheibe bat einen Einschnitt von Kadiu.>^laii^e und zwei
hn1bsolan<re KiiiM hniUe normal darauf um 90" entfernt und ist mit blauem
Papiere überzogen.
Die Meridianscheibe, weiß gehalten, reip-t die Zenithlinie. die VVelt-
achse, den Äquator- und die l'.irallelkreibduichmertser. Vom Mittelpunkte
au den Culminationspunkten ist die Richtung der Sonnenstrahlen su den
verschiedenen Zeiten des Jahres (laut Tabelle) eingeaeichnet Vom Mittel-
punkte verlftuft am Aqoatordurchmesier nach rechts und links ein lipalt
von hnlher Kadiusläng ■. Diese Scheibe (Figur 4) ist unter dem Winkel
der Aquatorhöhe in zwei Theile (Ober- und Untertheil) geschnitten. Dieser
Winkel ändert sich selbstvorständlich mit der geofrniphischen Breite des
Ortes, und die Verwendbarkeit des Lehrmittels für jeden beliebigen Ort
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400
Vereinraachrichteii.
nacht nur Tenchiedene Meridiansclieiben nöthig, z, Ii. filr die Verhältnisac
am Äquator mw» der Schnitt in der Hichtun^ der Woltachüo p^eführt sein,
für dio an dem Nordpol im Äquator, so daas dann Horizont- undÄqaator-
scheibo zusammenfallen.
Figur 5 zeigt die Horizontecheibe (HcbtgrQne Farbe); auf ihr ist
die Beceidinung der Weltgegenden angebracht und parallel der Oat-Wetfc-
ricbtung sind die Verbindongslinien der Anfj^angt- nnd üntergangspnnkie
^3.
der Sonne in den einxelnen Monaten. Wenn man dieie Scheibe am Rande
gradniert, so kann man die Morgen» nnd Abendweiten direet ablesen. Die
Rntfernangen der einzelnen Parallelen Ton der Ort-Wesilinie können aoa
Figur 4 von ab, bc, cd direet abgenommen werden. Der Einschnitt Ter-
läuft in der Westrichtung.
Fi<>ur (j zeigt da.s Lehrmittel in der Zusammenstellung. Um dieselbe
zu bewerk.stelligen, bringt man die llorizont.scheibe in übereinstimuiung
mit der geographischen Lage des Schnliimmer^ und schiebt nun die blaue
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Vereinsnachrichten.
401
JS^qaatoncheibe Spalt gegen Spalt in die Hortsontseheibe eio. Um die
Neigung beider Soht ibon unt.n dem Winkel der Aqaatorhöhc festzuhalten,
irird das Obertheil der Meridianscheibe mit leinem kurzen Spalte in den
kurzen Spalt der Aquatorscheibe ein^p^jcliobon; in irlcichor Weise wird das
1 ntt rtheil eingeschoben. Zur besseren Fixierung knnn man das (iaiize durfh
kreuzweise eingeschnittene Korke einkleninien . und wenn man den einen
Kork genügend lang, 6 — 1 ein, wühlt, auch von einem Sutiv tragen lassen.
ilnOerdein b^Otbigt man nocb neben kleinere and größere Qua-
drantenscheiben (Segmenttbeile), welche man parallel der Xquatorscbeibe
in dem vorderen rechten nnd linken oberen und unteren Baum anlogen
kann, um das Vor- und Rückdchreiten der Sonnenbahn, die Zu- und Ab*
nähme der Tagesbogen (und Nachtbogen) veranschaulichen zu können.
Man erhält diese Q«adrantf>nscheiben aus den Flächen 0 AG, Oi Gi,
02 ^«» u. 8. w. (Figuren 1 und C}'^. Jf^der Tagesbogen ent<«j3richt einem
Nachtbogen und correspondiert mit je einem Bogen in Monaten gleicher
Sonnenhöhe, z. B. Tagesbogen im April und August sind gleich dem Nacht-
bogen im Februar nnd Ok;tober; dasu ist eine Scheibe nCthig. Durch
Aufeinanderlegen aller rieben Quadranten, so dass sie mit den unteren
Basen abschneiden« kann man die Unterachiede der Tageslftngen und
Sonnotili5hen und das ungleichartige Wachsthnm der Tageslftngen direct
«nschaulich machen.
Die Verwf'ndun^' d«'s Lehrmittel«; lil8«it sich nun im Folgenden kurx
zusammenfassen: Orientierung aut der Hori^ontebene; Beziehung je
zweier Scheiben zu einander; Polhöbe — geographische Breite, Aqiuitor-
h5he gleich der Sonnenhdhe; Morgen- und Abendweite; Parallelismus der
Sonnenbogen nnd deren ungleiche B^tfemung voneinander in den ein-
seinen Monaten; Schatteniftngen eines verticalen Stabes mit Hilfe der
Heridianscheibe : Belichtung der WSnde eines Hauses ku veisehiedenen
Tages- und Jahreszeiten.
Divs liehrmittel kann von jedem Schäler her^fe.st<'lU und mit liestem
Erfolge verwendet werden, wie sich der Verfasser während iler letzten
Jahre im Physikunterrichte der IV Clasj>e eintj-diend überzciif^en konnte.
Leichte Handhabung, ller»teilung und Bergung des Lehrnnttels, das nahezu
kosti^nlo« erzeugt werden kann, «nd kleine VorsQge vor den großen und
«omplicierten astronomischen Hilfsmitteln, die aber selbstverstftndlich zu
Händen des Lehrers für den höheren Unterricht unentbehrlich bleiben, da
«ie ja auch durch Schönheit der Ausstattung und Genanigkeit der Ans-
ftlhrung voranstehen."
Den rnißerst interessanten Vortrat», der nirht bloß die Aufmerksam-
"keit der engeren Fat heolleo;»^n, f?nnd<'rn aller Anwesenden erret^te, lohnten
ungetheilte Zustimmunj,''skundgebnni,'en mit dem Wunsche, denselben in
den Spalten unserer Zeitschrift zum Abdrucke zu bringen. Nachdem der
Obmann Dr. Ad. Hor^idka noch kors Aber die Resolutionen, die am
VI. Mittelschultage in Wien gefiisst worden sind, Bericht erstattet nnd den
.Anwesenden f&r ihr so xahlreiches Erscheinen (40 Thdilnehmer), sowie d«m
Tortragenden gedankt hatte, wurde die Versammlung um 18V« Uhr ge-
schlossen.
Während der Zeit hatten die .\nj:»eh(1rif,'en der Voroin^mitp^lieder einen
Spasiergaog in die Sartori- Anlagen unter Führung des Lehrers Kegele
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402
Vereinsnachrichteu.
unternommeii, worauf eine fröhliche, geneinsame Mahlteit im Speiseiaald-
dee Hotels »Schiff* (Deininger) die Theilnehmer an dem Ansflnge Teretnigie.
Um %3Ulir erfolgte mittelst Separatschiffes, dai die DampfschifTabrtunter-
nehmuDg in liebenj^wurdif^stfr Woisp znr Vpifü^nnfj fjestellt hiitto, eine Kiind-
fahrt auf dem See, die ullcnlings, powie der voruiittiif:rigc Spaziergang müor
der Ungunst des Wettern zu leiden hatte. Nichtsdestoweniger herrschte
eine fröhliche Stimmung. Mit lautem ^Hurrabl" wurde Capitän Zehden
begrüßt, der einige POUer bei der Vorbeifahrt des Schiffes U^^en ließ, nm
das Traonsteinecho aar Freude der Passagiere an weeken. Mach der RQek-
kehr wurde noch euie kleine ätftrkang genommen; sodann erfolgte um 6 Uhr
die gemeinsame Abreiße der Theilnehmer an der Versammlung, die sieh
über alles sehr befriedist aassprachen. Der Ansflug nach Omnnden wird
gewiss allen stets in bester Ertnnemng bleiben.
C. SitzuDg^sberiohte des Vereines „Bukowiner Mittel-
sohule" in Czernowitz.
(^Mitgetheilt vom Vettinsmitgliedt? (iymn.isiallehrei" A. Sauer.J
Zweiuud vierzigste Yereinsversammliiiig*
(5. April 1897.)
Anwesend 87 Mitfflieder, darunter die Landes • Scfanlinspeetoreii
Dr. Vysloniil und Dr. Tumlira, die Directoren Scbulrath Klansert
Handyczewüct und Faustmann mul ein Mitglied aus Radautz.
I. Der Obmann Prof. Dr. Polaschek tlieilt mit, dass Prof. Pcpöck
vom Obt'r^'ymuiiÄiiuiii in Czernowitz dem Vereine als Mit^'lied bei^jetreten
ist, nnil fl.i.ss am VI. Mittolschnltage in Wien der Verein durch etwa
12 Theilnehmer vertreten sein wird.
Der Vorsitiende gibt anch bekannt, dass der Auischum beschlossen
habe, die Beamtenaeitung tu abonnieren, damit man wenigstens wisse,
was der Beamtenverein Über den Iiehrstand, ohne ihn in fragen, be-
schließe, wie das merkwOrdigerweise bei seinem Gegenentwnrfe des Disci-
pUnarverfahrens geschehen ist.
II. Vortrag des Vorsitzendon übr r die «Reform der Lebramtq»rüfang
für Candiii;iten de« Mittelschullehnimte.s"'. ' j
An die Verlesung der Vorüchläge knüpfte sich folgende Debatte:
Prof. Schwaiger wünscht, dass diese Vorschlage nicht nur durch
den drohenden Lehrermangel begrAndet werden, sondern dass ausdrfieklich
betont werde, der Gegenstand sei an und Ar sich wichtig genug, um
emstlich in Erwfigung geaogen so werden.
Landes -Schuünspector Dr. Tnmlira sogt, der Hauptvorwurf, den
man der jetzigen Prüfungsordnung machen könne, sei der. d.is.s «lio Lohr-
am tscandidaten (und dafür sind wir selbst die beöteii Zt-u^'en) trotz ihrer
^Lehrbefahif^nng" ins Lehramt eintieten, ohne dass sie \on dtn wi -htig-
stcn Diugeu der Schulpraxis (Methodik des Gegenstandes, ächulge^t^-
gebnng etc.) eine klare Torstellnng haben.
') 8. „Österr. MittelMb." 8. U ff. und 188 ü.
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Vereinanachrichien. 403
Er furchtet allerdin^, dass die im Vortrage empfohlene Verlegung der
praktischen Ausbildung auf uiiiiberwindlichc Schwierigkeiten stoßen dürfte.
Als einen fjlucklichfn Gedanken bezeichnet er den Vorschlag, ch^o^
Theilung der L'rüfung einzufahren. Diese würde zwei ganz bedeuteiule
Vortbeile bringen. Vor allem könnten bei der ersten Prüfung die ao-
genannten Nebenfächer Rbgethaa werden. Und dann wflrde der Candidat,
weaB er bereit« nach Ablauf dee iweiten Jabree eine Fffifung sn machen
hitte, rechtseitig aeben, ob er. denn auch lilr das gewählte Fach die
aStbige Befähigung besitze. Eine «olche Einrichtung 1<evsteht ja thata&ehlich
beim juridischen und medicinischen Studium Auf Cirund. dieeer enten*
bloß iiulndlichen Prüfung wäre der Philosoph erst ins Seminar zaznla^n.
Käme man dahin, dass im siebenten Semester die schriftlichen Prü-
fungen gemacht werden können, und wären die Prüfungdtheoien ho ge-
wählt, divss sie wirklich nicht länger als sechs Monate in Anspruch nehmen,
io konnte der Candidat am Schinne des nennten Semesters die mflndliche
Prüfung ablegen, und er wftre dann in denelben Lage wie der Beehte>
Praktikant Wenn er nun wie dieser nach Verlauf eines Jahres eine prak-
tische Prüfung vor Männern der Praxis abzulegen hätte, so würde der
Candidat gewiss alles aufbieten, am diese Prüfung rechtseitig und ordent-
lich zu machen.
Hei einer ileriuti^'en Ausgestaltunf» der Lebrbefahignnffsprüfunp l<ig«?
der Schwerpunkt der Prüfung nicht mehr allein in der Wissenschaft liehen
Leistung, und der Philoboph kOnnte mit sehn oder elf Semestern toU-
ständig anstellbar sein.
In demselben Sinne sprechen auch Proff. Dr.Perkmanv, Dr. Rump,
Wotta und Dir. Mandycze wski. Letzterer betont insbesondere, dass die
Historiker bei der ersten Prüfung außer den Nebengegenständen auch die
Geschichte des Alterthunis abthun könnteni und damit wQrde ihnen die
zweite Prüfung bedeutend leichter fallen.
Landes- Scluilinspector Dr. Tumlirs^ fügt noch hinzu, dass die Prü-
fungsvorschriften für verschiedene GegeuHtände ver^chiedeu sein küuuieu^
SO konnte s. B» Ar Naturgeschichte und Phydk die für die Philologie
unentbehrliehe schriftliche Hausarbeit ent&Uen.
UL Hierauf referiert Prof. Schwaiger Ober die seinecaeit von der
Vereinsleitung der Geschäftsführung desYL deutach-österreichiscben Mittel-
scbultages in Wien als Verhandlungsgegenstand angemeldete „Dien.st-
pragmatik für MiHf l^chullehrer". Er Itemerkt vorher, dass er sich erst
vor kurzem entschlieben konnte, diese.s Referat für den Wiener Mittel-
schultag zu übernehmen. Da habe er nun die vom Vereine „Bukownicr
Mittelschule" aufgearbeiteten Vorschläge einer genaueren Prüfung unter-
sogen und habe gefunden, dass manches ergänzt, manches anders geordnet
werden mfime.
Ober die Aufnahme einiger Forderungen (s. B. idiysisehe S^ung)
entspinnt sich eine Debatte, an der sich insbesondere die Herren Landes-
SchuHnspector Dr. Tumlirz, Schulrath Klauser, Dir. Mandyczewsk.
und Dir. Fanntmann betheiligen E-^ wird aln TTanptgrnnd«itz hingestellt,
dass wir nnr die Aufnahme derjenigen licHtimmungun beantragen sollen,
die in untserem benonderen Interesse liegen. Für die Vollständigkeit
der Dienstpragmatik wird schon die Behörde sorgen.
„Otteir. Mittolsdial«'*. XI. Jihrv. 29
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404
Vereinsnachrichteo.
Bei dem Punkte «Probetriemiiiim" beantragt Dir. Fanstmann, man
mOge den Vorecblag des Aasschusses beibehalten, noch welchem das Probe-
triennium gans in entfallen habe. Di»?ses l»estoho jii auch nicht bei den
rifhrerbilduntysanstalten , und auberdem hübe die Hehörde Mittel genug,
um etwa unbrauchbare Nfitfrlieder des Lehrsfandeifi zu »'ntfernen.
i.andes-ScliuIinHpectur i)r. Tumlirx wün.».cht, (iiuss nian nur Forde-
rungen stelle, auf deren Erfüllung man auch rechnen könne. Von der
Fofdening einer Probeieit werde aber die Unterriebtererwaltasg nicbt
leicht abgehen. Ei bandle aich ja bei denelben nicbt dämm» ob ein
Lehrer ordentlich unterrichten könne, sondern ob er noch den ndthigen
sittlichen Charakter habe, ob et objectiv, leidenechaltBlM. unbeetecb-
lich etc. sei.
Aber die Fonlenincr i't ^anz gerecbtfertigti dass man die Sapplenten-
Jahre ins Probetriennium einrechne.
Em wird daher der Antrag dem Referenten, dsihs d^ Probetriennium
be&teben bleibe, da« aber die Snpplentenzeit eingerechnet werde, mit 13
gegen 19 Stimmen angenommen.
In Besng aaf die Penrionierung vor Ablauf der Dienitceit wird be-
antragt» dam wir den richterlichen Beamten gleichgestellt werden.
DrelnudTierzigste Tereinsrersammlaiig.
(2. Mai 1897.)
Anwesend 2b Mitglieder, darunter Laudeä-^chuliubpector Dr. K.
Tomlirs, die Sohnlrftthe Dir. Klaneer und Dir. Isopeecul und Dir.
Mandyesewski.
Als neues Mitglied kt dem Vereine beigetreten Demeter Cse-
cbowski, Professor am ruthenischen Gymnasium in Przemysl.
Der Voreitzende bericht. t über den Verlauf des Wiener Mittelschul'
tages, an weicb*Mn dif Bukowina durch 14 Theilnehnier vertreten war.
Dr. Frank beantragt, dass den lieiden Herren, welche als Mandatare
des hiesigen Vereines am Mittelschultage Vorträge gehalten (Prot. Dr. Po-
lascbek: »über die Reform der Lehramtsprüfungen", Prof. Schwaiger:
»Über Dienstprngmatik') und so die Interessen unseres Standes gefördert
und die Wünsche unseres Vereines sur Geltung gebracht haben, dafür der
wÄrm-^te Dank ausgesprochen werde.
(Wird unb r allgemeinem Bei£alie angenommen.)
Aut .Vntraj^ des Prof. Schwaiger wird auch den 7wei anderen
Herren, die durch ihre Vortrüge in Wien gleichfalls zur Hebun}^ des An-
?*ehea8 uuberes Vereines beigetragen haben (Prot. Dr. Lederer und Prot.
Dr. Perkmann), der Dank des Vereines au^esprochen.
Der Vorsitsende berichtet ferner über den Empfang einer Deputation
beim Herrn ünterrichtsminister, die im Aultrage des Vereines gel^ntlieh
des VI. deutsch -Österreichischen Uittelschulta^^ in Wien den Dank* für
die Durcbbringui^ der Pensionsgesetze und die in den beiden n iu-^rn
de« hohen Reichsrathes durchberathenen Gehalt>vorlagen zum Auadrucke
brachte. Se. Excellenz enij.ficng die AbjTeordneten ilw Vereines, den Ob-
mann Prof. Dr Pola<ehek und Prot. Dr. i'er kniann auts freundlichste,
zeigte sich über das Erscheinen der Deputation tehr erfreut und er-
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VeKioiiiaohcichteii.
405
mächtigte sie, den Vereinsmitgliedern hiefür seinen Dank anszusprechen.
Die UntenridittTenraltaiig, bemerkte 8e. Excellenz unter anderem, müsse
von den MittelichiitprofeMoreii viel verlangen, es sei aber avcli schon
maachcfl gewliebeii. Die Penfionageeetse eeiea in Geltung nnd auch die
Gehaltsfi^esetze wQrden in abeehbarer Zeit durchgeführt werden. Ei freue
ihn auch, dass so viele Herren am Slittelschulta^e thcilnehmen, wo sie ihre
Wünsch«^ nn<l ihre Erfabrnnpen in erwünschter Woi-r äußern können. Er sei
ein Freund des offenen Worte«, wofern nur die Form gewahrt werde. Die
rnterrichtäverwaltung habe so manche Anregtingen vom MittelschuLtage
empfangen und auch verwertet.
Zweiter Punkt der Verhandlung:
Referat ftber die Wohmnigstage.
Darfiber berichtet xnnftcbct der Hanptreferent Prof. Dr. Frank Fol-
gendes :
^Ein Bericht, den der Landcs-?c hulins]iector German in der galizi-
ächen Directorenconterenz erstattete, veranliu^stf den hip*fi^:^en Verein, da
ja in der Uukowinii ^anz iihnliche Verhältnisse bestehen, nich mit den
Wohnungctverhältninwen der studierenden zu befassen. Daher iiielt Prof.
Anton Pawlowtki in der 84. Vereineveraammlung der nBokowiner
Mitteleehnte*' (18. Mai 1895) Ober dieiee Thema einen Tortrag. Er iat ver-
üffentlicbt im IX. Jahrgange der «Otterreicfaisehen Mittebobnle", 8. 874 ff.
Das wichtigste Ergebnis dieiee Vortrages war die Einsetzung einest
alle Mittelschulen der Bukowina nmfiuseaden Anaechnteei, der die Woh«
nungsverhältnisse der StiuHf-renden zu untemchen und zugleich die CUussi-
ficationsergel>nis5e der unter bestimmten Verhältnissen studierenden Schüler
in Betracht zu /.iehen und zu ermitteln hätte, inwiefeme sie etwa mit den
bestehenden Missständen im Zusammenhange stehen.
Znr schnelleren Bewältigung der nrnthmienden Arbeiten wurden an
den einzelnen Anstalten WohnongecommiiBioneB gebildet, die dann in den
Sitxnngen dee GeeamratanMchoMes sn berichten hatten; anf Gmnd dieser
Berichte sollten Vorschlüge im Plenum erstattet werden. Vorgelegt worden
die Berichte des Czernowitzer und des Radautzcr Obergymnasiums und der
Lehrerbildungsanstalt. Auf Grund dieser Berichte im allgemeinen, in.sonder-
heit aber im Hinblicke auf die Arbeiten des Wohnnnpsausschusse-s des
Czernowitzer Obergymnasiums ist der folgende Hau]itijericht erstattet.
Zunächst wurden die Arbeiten di^ea ^Wobnungsiiussehttaee* vielftoh
gehemmt. Denn wollte man ein richtiges Urtbeil Uber die laaitftren Ver-
hältnisse einer Wohnung (Feuchtigkeit der Mauern, Luft* Licht etc.) nch
bilden, so masste man die Wohnung in den Wintermonaten untersuchen;
wollte man die Zahl, das Alter und Geschlecht der Mitwohnenden Ter>
läs^lieh in Erfiihrung brinpr^n . so durfrcn di»- Ausschnssmitglieder nnr zur
Mittags- oder Abendzeit die Wohnung t)esichtigen ; auch epidpini-ehe
Krankheiten und manche andere Erscheinungen hinderten eine riuciiere
Durchführung der Angelegenheit.
Ei leigte lieh, dass iwei vendiledene Arten der Beherbergung ablich
«ind. Ein Theil der Schaler wohnt bei Kostherren, d. b. sie haben
Wohnung mit allem, was dasu gehört, nnd auch die Kost Die sanitSreo
Verhältnisse sind in der Begel entsprechend, die Aufsicht angemessen. Bei
weitem der größere Theil der Scbfilev kann einen so hohen Betrag (von
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406
VereisAimchrichten.
10 fl. aufwärts) nicht enehwingen; sie wohnea daher bei Quartier-
te bcra, d. b. sie erhalten nur Wohnong, Behdsung und Belenefatanfp
g^n einen Betrag von 1^4 fl. monatlieh, f&r alles flbrige xnQssen eie
selbst Boxi^en. Die Vorküstitrun«; geschieht snmcist in der Weite, da«» die
Eltern etwa jeden Monat einen Sack Mehl schicken, aus dem dann die
Qnnrtiprfran ManiRli<?;i Hereitet, die wohl oft die ganxe Woche die einaige
^iiabrung des Studierenden bildet.
Die Untersuchung sollte sich erstrecken auf den Kuuininhalt des vom
Schüler bewohnten Ziuimers, die Anzahl der in diesem Zinuner wohnenden
Penonen (und awar Bfftnner, Frauen, erwadbsene Mftdchen, Kinder); bei
den mitwohnenden SehUlern sollte wiedor in Betracht gesogen werden»
welche Lehranstalt sie besoehen. Ferner sollte beachtet werden, wer die
Aufoicht fnhri, ein Mann oder eine Frau, und ob diese Person des Lesens
und Schreibens kundi«^ ist; auch 'onst sollte nichts übersehen werden,,
was auf die Erziehung des Schülers von EinHnf*s sein könnte.
Unter Zugrnndelej^nng der ?o gemachten Beobachtungen sollten die-
Ergebnisse der ClassiücHtion der besuchten Schüler studiert werden, um
daraus einen Euablick in den Zusammenhang der Dinge zu gewinnen.
Damit auch in dieser Hinsicht tum Zwecke der leichtwen Verwertung
des statistischen Materiales an allen Anstalten ein gleicher Vorgang be-
obachtet werde, ist fär die Benüt/.ung der Kataloge eine Tabelle entr-
worfen worden. Darin wurden folgende Daten auff^enommen: Pörings-
classe. Sitten- und Fleißnotcn, versäunite Unterrichtsstunden, und zwar
'nterhnldigt«' und nicht entschuldigte, Zahl der Carceratrafen , Zahl der
Kepetenten, Austritte und Anwtchließnngen.
In Bezug aul die Wohnungsverhältnisse derjenigen Schüler, die bei
einen Qinurtieigeber untergebracht sind, zeigten sich nun gaas ungiaub-
liehe Verhältnisse. Bei Kasernenbauten int voigeschrieben, dass auf jeden
Hann 18 tn' ent&Uen. Dabei ist noch in Rechnung zu setsen, dass der
Mann den größten Theil des Tages außerhalb des Manusehaftszimmers zu-
brint^t. Bei den Schiilt'rwohnan{»en wurde dieses Minimum von 18 »?>3 sehr
selten erreicht, j^ondern 5 — «ind ^r nichts Seltenes, in mehreren
Wohnungen enttielen auf die l'erson kaum 2 m'\ Was für Verhältnisse
vorkommen, dafür möge nur ein Beispiel angeführt werden, in einem
Zimmer, das 42 rn^ enthält, wohnen sechs Personen: ein Mann und seine
Gattin, eine andere Frau mit einem Sftuglinge und drei Sehfller. Im ganien
Baume sind bloß drei Sehlaftt&tten. Der Vater de« Säuglings steht aus^
w&rfs in Arbeit, Qbernachtet aber auch ab und zu in dieser Wohnung.
Die Schlafstätte ist in vielen Fällen nur eine Prilsche, die noth*
dürftig mit Stroli bedeckt ist, und das !3ettzeug ist von einem Aussehen,
da.<?s man nii lit unterscheiden kann, ob es als Kopfpolster dienen foll oder
alsj Decke. Es sind schon günstigere Verhältni^^^e. wenn grolje Haas-
leinwand da«» Stroh bedeckt und ein mit Stroh gefüllter Saek ala Kopf-
polster und der Winterrock als Decke dient.
Und dabei muss man noch sagen, dass die bei ihren Eltern woh>
nenden ScbAler in vielen Fällen nicht besser daran sind.
Der Wohnungsau'^schu^s des hiesigen Obergymnasiums hat auch die
beiden hier bestehenden Internate besucht; von diesen hat das rumäni-
sche so viele Räumlichkeiten, dass es ein eigenes Zimmer als Baderaum,
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Vereinanftchrichten.
407
ein anderes aU Isolier^ituiiier füi- kranke Zöglinge verwenden kaim. Da^
rutbeniacbe verfügt über geringere Mittel, daber aucb über bescheidenere
B&mnlifiUkeit.
Die Anftieht ist in beiden eine mnaterhafte, die Beinlichkeit lint
oiohtii m trünaehen übrig, die Ko«t i«t einfach. angemoMen nnd aua-
reichend, beide verfOgen Aber einen Qarten, in welebeiu die Zöglinge im
Sommer lernen, sjiielen und auch speisen können, mit einem "Worte, die
Zöglinge haben rin walirhaft paratüe'^isches Du'^ein nicht hloß im Ver-
gleiche zu denen, die bei Cjuartiergebern wohnen, sondern auch die JVlehr-
aahl der Schüler, die bei den Eltern wohnen, würden sich glücklich
preisen, wenn sie nur annähernd so bequeme Verhältnisse hätten. Die
Kotten betragen (&r einen Sefafller monatlich 15 fl., doch kSnnte man bei
größeirer Sefafllenabl anck mit 10 H. per Kopf aein Analaagea finden,
TOtan^gesetzt, dass das Gebäude vorhanden ist. Nun stünden im Prieater-
bause große BAomlichkeiten zur Verfügung, die keine Verwendung haben.
' Es könnte ja dort ein p:riechiseh-orientali8ches Internat errichtet werden.
Dadurch würde die Zahl der übrigen armen Schüb'r verringert, so dass
für diese ItR-hter ein hiureiciiendes Internat errichtet werden könnte.'*
SchlieBlich «teilt der Referent den Antrag, dass aus Anlass de^ deuk-
wfirdigen Jahrea IM ein Internat erricfatet werde, da unter dm hiedgea
YerbKltniasen nor dieaea geeignet aei tnr Beseitigung der vielen argen
Übelatinde, die aieh aeit Jahren fühlbar machen.
Da abw dies noch in weiter Feme iat, mOaie man ftberiegen, was
jetat schon geschehen könne.
fo i»olle daher jeder Schnler unter Anleitung des Ordinarius die oben
verlani,'ten Angaben über seine Wohnung* aufschreiben (Größe des Zimmers,
Anzahl der Bewohner etc.). Eraieht man aus diesen Angaben, das« Übel-
at&nde bestehen, so besuchen zwei Mitglieder des Lehrkörpers die Woh-
nung, nnd finden aie dieae Obelatftnde wirklich vor, ao ateht der Direction
nnd dem Lehrkörper dati Recht ta, die Beaeitignng deiaelben so verlangen,
in dringenden Fällen einen Wobanngaweebael in kfineater Zeit lu ver-
anlassen (§ 30 d. Discipl.); eine Ausschließung soll nur dann platzgreifen,
wenn für die Sittlichkeit des Schulen eine Gefahr besteht. In besonders
berück^ichtigun^riwürdi^en Fällen werden die Mehrkosten eines Wohnung«*
Wechsel« von der Anstalt ^jeleistet.
Die hohe Regierung wird gebeten, zu diesem Zwecke der Directiou
einen Betrag von 400 fl. zur Verfügung zu stellen.
Frof.Wotfa als Coneferent berichtet, daas die Wohnungaeommiaaion
dea Pfidagogioma im Jahre 1896 63 Schalerwobnnngen beaacht habe nnd
114 im Jahre 1897. Die Wohnungarerhältnisäe sind hier Tielleicht noch
traarigere als die der Gymnasiasten und Realachfller und werden nut
von den {ranr, iinf^laublichen Verhiiltnis'en , in denen die Schüler der
griechiüch-orientali.sthen Kirchengesangsschule leben, noch übertrofFen.
Auf je 100 Personen entfallen 70 kleine Feusterchen. und diese sind
in der Regel vernagelt und daa Glas blind; die Schlafätätten aiad gar
oft nur F^itachen, mit aptrlichem Stroh bedeckt, und oft «cblafen 3— 8 Per-
aonen auf ein nnd deraelben Schlafttittte. In der Kflche einer Keller-
wohnung lebte ein Schüler neben Hfihnern und Tauben. In der Regel iat
nur ein kleiner wackeliger Tiach im Zimmer su finden, ofl mOnen die
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408
VereiDSDachricbteD.
Schüler ihre Aufgaben auf dem Deckel einer Kiste «chreiben. £in Kasten
für Kleider ist «ehr selten Torhaaden.
Im DorehechDitte kommt anf eine Pereon ein Banminhalt von
11*6
Die Quartiergeber können in der Regel nicht lesen und schreiben.
Selbstveratändlieh bekommt der Zögling fiir versäumte Sphulstunden Kinnk-
heits?Pngiiisse iiüch Wunsch, am leichtesten dann, wr-nn ein Kartenspiel
mit seiueai Quartiergeber die Ursache der Schulversäumuis w.w.
Der Preis solcher Wohnungen schwankt zwischen 1 — 4',^ ti. uiouatlich.
Ans diesen fitseheinnngan erkiftrt es sich, dass die Gesundheit und
der Fortgang im eriten Jahre am besten sind und dann von Jahr zu Jahr
abnehmen.
Auch der Lehrkörper des Pädagogiums ist der Ansicht, dass unter
den hiofi'.'^n ^'t•rhältni3pen ein Internat die einzip mögliche Abhilfe sei.
Und die Errichtnnj^ eines Internates ist auch leicht durchfiibr^Hr. Die
Zöglinge beziehen im ganzen etwa 10.000 fl. an Stipendien. Wenn nun
jeder Zögling muuatlich 4 — .'* fl. (eventuell in Naturalien) beisteuert, öo
sind damit die Kosten anfgehracht Aueh an einem recht branehhaftti
Oebftiide fehlt es nicht. Fdr die Lehrerinnenbildungsanstalt mun ohnehin
ein anderes OelAude beschafft werden; die bisher benfititen Rftumlieh*
keiten konnten dann dem Internate überlassen werden.
Der Vorsitzende spricht allen Herren, die an den Arbeiten des Woh-
ntnie-^antschn^se-? theilfjenonunen haben, in erster Linie aber den beiden
Keltaenten für ihre auberordentlich zeitraubende und höchst unangenehme
und anstrengende Arbeit, die sie im Int€re»ä<3 der ächüler und Lehrer ge-
leistet haben, den wäimsten Dank au« (Lebhafte Zustimmung) und lässt
noch den Berieht des Badautaer Oymnasioms verlesen.
Es herrsehen dort im allgemeinen die gleichen Übelstftnde. Als be-
sondere Erscheinung wird hervorgehoben, dass sich die reicheren ZOglinge»
wenn ihnmi der Kostherr nicht Krankheitsaeugnisse anestellt, sooft sie es
verlangen, ein anderes Ko'^tlians ?<uchen, in welchem «ie da<? jj^cwilns^chte
Enti,'e;^enkomnien finden. Daher «ind die Kostherren in der Regel bereit,
jede nur gewünschte Erklärung auszus-tellen, uui ja nicht dexi gut xahlemlen
Schüler zu verlieren. Dieser Cbeibtaud mubä natürlich eine arge Schädi-
gung der Ditciplin sur Folge haben.
Nunmehr wird die Debatte erSffnet
Dir. Handycsewski vermint prftcisere VorsehlSge, die sogleich
durchgeführt werden können. Er meint, dass es gut wäre, wenn gewisse
Vorschriften gegeben würden für alle, die Schüler in Kost und Quartier
nehmen wollen, natürlich nicht von der Anstalt, sondern von der hohen
Kegierung. In diesen Vorsclu iften innsste insbesondere iilier die Beschaffen-
heit der Wohnung, über die Pflege und Auiäicht austüht lieber gehandelt
werden; auch sollte von jedem Quartiergeber verlangt^ werden, dass er bei
Übernahme des Zöglings persönlich erscheine und bei dieser Gelegenheit
auch Tor dem Ordinarius seine CJnterschrift gebe. Dadurch würde vielleicht
manchem bestehenden Übel abgeholfen. Der Besuch der Quartiere stellt
nach seiner Meinung sehr große Anforderungen an die Lehrer, insbesondere
an solche, die viele Corrccturen haben und damit ohnehin überbürdet
sind. Da kann man ihnen nicht auch noch diese Arbeit zumuthen. Am
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VereinsDachhchten.
409
PSdagogium kSnnten wobl die Stipendien rar GrQndong eines Internate«
verwendet werden, nieht aber an den anderen Anetalten.
Prof. 0r. Werenk« maebt darauf anfnerkaan« dan das Prieiter^
haus zu dem Zwecke erbaut sei, damit es auswärtigen Priestern, wenn nie
hier weilen, Unterkunft gewftbre. Daher itt auf dieaee Qeb&ade nicht
zu rechnen.
Die Forderung, dass die Schüler zu Be^Mun des Schuljahren ihre
Wohnungsverhältnisse angeben sollen, tinütit er nicht praktisch. En wäre
betKr, wenn die Familien, die Zögliii>;e ubernehmen wollen, vor Beginn
des Schuljahres dies mit den verlanfften Angaben bei der Anstalt an-
melden. Die Richtigkeit dieser Angaben sollte dann vom Lehrkörper ge-
prüft werden.
Landes -Schulinapector Dr. Tuinlira sagt, er habe erwartet, dass
ihirch die Trif '^rsuchancj^n des Wohnunf»?»ansHc}iusse»4 so traurig Zustände
zutage koiumon werden Ks %eige sich, wie mangelhaft die Wohnräume
der Ko8t7.ßglin<;e -siml; die einheimischen Kinder armer Eltern .siml aber
oft noch tichlecht^r untergebracht. Aiierdin^f fügt er hinzu, leben die
Lente aof dem Lande andi sehr schlechi Aber es sollte doeh eine Norm
aufgestellt werden, ein Minimam von Anfotd«rangen, unter welche man
bei KostiOglingen nidbi gehen darf. Doeh was soll man mit Schalem an-
fangen, welche auch bei geringer Steigerung der Kosten diese nicht mehr
leisten können? Wir wollen es ja auch den ärmsten Kindern, wenn sie die
nöthige Begabung zeigen, ermöglichen, sir b eine höhere Lebensstcllunj^^ zn
erringen. Sind ja doch sehr hervorragf^nde Männer, Wohl^häter der
Menschheit, in ihrer Jugend ßettelstudenten gewesen.
Die Verhältnisse sind gerade bei uns so schlecht, weil wir so un-
gewöhnlich thenre WohnnngsTerbftltaisse haben. Ein Berliner sahlt für
sechs Zimmer in einer Tornehmen Straße 600 Mark; eine solche Wohnung
erhält man hier kaum um lOOO fl. Für eine Kellerwohnang sahlt man
hier 100 — 180 S.; wenn nun der arme Schüler monatlich 1 fl. entrichtet^
wieviel Raummeter entfiillen denn auf diesen Betrag?
Wir können daher nicht-ä anderes beantragen als Internate, nnd zwar
werden die Geldmittel wohl nur dann aufzubringen »ein. wenn die Inter-
nate nationalen nnd confessionellen Anstnch haben und so die Opfer-
willigkeit der betreffenden Kreise anregen. Auf UnteriUItzang von Seite
des Staates wird man kaum sfthlen dürfen.
Schttlrath Isopescnl: ,Ich habe die Frage der Internate eingebend
!«tudiert, weil in Deutsehland die meisten Lehrerbildungsanstalten mit
Internaten verbunden sind. In I^-n' bland haben sich sehr viele gegen
die Internate ausgesprochen, weil ja die Individualitilt unter dieser Er-
ziehnnp;' leidet, und weil auch gewisse moralische Gebrechen damit ver-
bunden sind. Unter unseren Verhältnissen würde ich aber entschieden die
Internate bevorzugen, weil sie unter den hiesigen Verhältni&sen dan klei-
nere t^bel sind. Die Errichtung eines Internates für die Lehrerbildungs-
anstalt wäre leicht mdglich, wenn die hohe Regierung und das Land die
Beiträge um ein geringes erhöhten."
Prof. Bujor berichtet, dass man in Suczawa schon seit zehn Jahren
die .An^eleun^nheit mit Aufmerksamkeit rerfolgt, und dasa dort die Ver-
billtnisse um nichts besser sind.
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Vereinraachrichten.
Schulrath Klauser sagt, auch er sei entschieden für ein Schüler-
beim. Er habe sich mit dieser Frage schon in Badavti beschäftigt und
wollte das dort gesamsaelte Oapital daan verwenden. Der CSonsistorialrath
ProtHtketink wftre gern bereit gewesen, die Anfbicht über dieses Schüler-
heim au fibernebmen. Sollten die Konten an groß sein, so könnte man
<?pwi«!s vom Reli^ionsfonds da> Holz erhalten, vtm ein Blockbans aU er-
richten, div* im Winter ebenso wurm wäre als ein j,'emauerte8.
Prof. Schwaif^er wünscht, man solle von den vorf»eschla^enen
Mitieln nicht verlangen, dasü nie volltitündige Abhilfe schaÖen. Auch ein
Schdlerheini lieseitige nicht alle ObeUtftnde, da eine recht mittelm&Dige
Eraiehnag in der Familie gewiss der Ecaiehnng in ein«n Torsüglirhen
Institute Torzuziehoi sei. Aber unter den hiesigen Terhftltnissen s^ gewiss
ein Scbülerheim das Beste.
Schulrath Isopescul macht darauf aufmerksam, doss die Bukowiner
Sparcasse beabsichtigt, aus Anlast de« Regierunf^jubiläums Sr. Majestät
eine Wohlthätigkeitsanstalt zu gründen. Vielleicht sind die mabgebenden
Persönlichkeiten für unsere Pläne zu gewinnen.
Schulrath Klauser stellt den Antrag, es sei an die hohe H^ierung
die Bitte sa richten, dais ein Theil der nftchstcn WohlthätigkeiUlotterie
diesem Zwecke angewendet werde.
Der Obmann schreitet nun aur Abstimmung aber die gemachten
Vorschläge; sie wird entqKre(&end dem vom hohen Ministerium für Cultti«
und Unterricht htnaosgegebenen Erlasse vom 82. Januar 10d7, Z. 549. vor-
genommen.
Punkt 1 lautet: „Hestehen riickKir-btüch der Stiidentenquartiere C'b«!-
«itande, und welcher Art sind sie?'' Daraut muoj* geantwortet werden: „Es
bestehen die oben gesehildttten argen Uissstftnde, die dringend eine Ab-
hilfe erbeischen." (Antrag Frank. Einstimmig angenommen.)
Punkt 2: «Was ist seitens der Schulleitungen od«r anderer Organe
in dieser Hinsicht bereits veranlasst worden?" Antwort» soweit sie unseren
Verein angeht: „Die Einsetzung des WohnunggauHschussop."
Punkt 3: „Was könnte zur Abstellunj.' der bestehenden (^beistände
eventuell vorgekehrt werdenV" Antrag,' (I)r. Fi ank^: „Zur B'^seititrun«:^ der
meisten übelständo ist die Errichtung von Internaten geeignet, daher
dringend nothwendig " (Einstimmig angenommen.)
Zweiter Antrag: „Zur augenblicklichen Abhilfe, und damit die Kost-
und Quartierbftuser auch weiterhin einer Gontrole unterliegen, ist durch
die corapetenten Behörden die Schule entiiirechend au ermiehtigen, to
dass der Direction das Recht ansteht, die Wohnungen an inspicieren und.
falls sich Übelstände vorfinden, die Beseitigung deraelben zu verlangen,
eventuell den Schüler zu veranlassen, die WohnuTiij niif/us^pben : in bertick-
sichligungswürdij^en Fällen werden die Mehrkosten einer üolchen Maß-
regel von der L>irection geleistet." (Dafür nur 11 Stimmen, daher ab-
gelehnt.)
Der Antrag des Schulrathes KUuser (siehe oben) wird einstimmig
angenommen.
Dir. Mandyczewski formuliert seinen Antn^ in folgender Weise:
^Ks sind die Verpftichtungen der Kostherren von der Behörde in Vor*
Schriften ausammenaustellen; diese Vorschriften sollen sich die Kostherren
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Vereinanachricbten.
411
bei der EiiMchreibniig der Sebüler Ebholen und rieh verpflichten, steh nach
denselben su halten." (läuBtisimig angenominen.)
Der von mehreren Seiten angeregte Gedanke, ee eolle das Halten von
KoMtzi^glingen von einer Art Cönceaeion nbhnngif? f^emacht werden, wird
abgelehnt mit der Begründung, dass dadurch der Kreis der Quartiergeber
bedeatend enger gemacht und lo die Preise in die Höbe geschraubt wQrden.
TiemndTienigste Yereinsrersanuiilimg»
(29. Mai 1897.)
Anwesend 18 Mitglieder, darunter Landes-Sehnlinq[>eetor Dr. Vysloo-
iii, die Directoren Schulrath Klauser und Mandyczewski.
Der Obmann begrüßt die Versammlung und meldet den wirklichen
Lehror nn dfr griechiach-orientalischen Kealschnle in Csemowita Dr. Theo*
dor Kukula als iictifs ^lit^^lied an.
Hierauf verliest »^in Schreiben des Prot*. Dr. Lederer aus ]\a«]aut/.
als Antwort auf Ueu ibiii uuäge})|jroclieneu Dank iür »eine Beuiiiiiuiigeu
beim VI. lOttelschnltage und ertheilt dann das Wort dem Prot Jos.
Wotta SU einem
Naohrufe an das ventorhene Terelnsmltglled Prof. Ludwig Siml-
glnowlcz-Staufe.
Prof. Wotta entwarf ein lebenüvoUes Bild des Dahingegangenen,
)>rtp<> in ihm den treuen CoHegen und warm fühlenden Jugendfreund und
beleuchtete namentlich seine schriftstellerische Thätigkeit.
Nach diettem traurigen Genchälie wurden die Berathuugeu über
das Normale fdr die Forderungen, die bei AufnahmsprQfungen
an Gymnasien und Realsehnlan In den einzelnen Gegenständen
find Classen an den AnfiialimswerbeF zu stellen sind,
for^esetzt
Moderne Sprachen. Die beantragten Forderungen (vgl. XT. Jahrg.»
1, Heft, p. 96 ff.) werden ohne Debatte angenommen.
Gef=chichte und Geogmr»bi*^. n) Am Gymnasium. Der erste S.itz erhält
in Cberein-stininuni^ mit den trüber gefassten Be»chliis.sen den Wortlaut:
„Im allgemeinen i^oll die gcintige Reife auf Grund positiver
Kenntnisse in beiden Fächern constatiert werden, welche...*
Die Fhige des Dir. Mandjcsewski, ob su den Anibrdemngen fQr
die III. Qasse auch die Glohuslehre gehört, wird von Prof. Kosak bqaht
mit Hinweis auf die Einrichtung der jetzigen Lehrbttober. Zur VI[. Classe
beantragt Dir. Man dycsewski den Znsatz: .Neuzeit, soweit dies fQrs
Unter«fy mnasiii m vorgesrli rieben ist " Dieser Zn^satT; wird wie die
vom Ausschüsse vorgeschlagenen Anforderungen ohne weitere Debatte an-
geuotninen.
b) All der Realschule.
Auf Antrag des Prof. Schwaiger werden die Worte: „nach den
Bestimmungen des Lehrplanes* weggelassen, weil sich dies nach den all-
gemeinen Prineipien von selbst versteht.
Eine lebhafte Debatte entwickelt sich fiber die Forderung des Re-
ferenten: „Nur wäre zu wünschen, dass man die griechischen Sagen dabei
eliminiert." Dir. Man dycsewski meint, dieser Wunsch habe mit den
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412
Vereinsnachiichten.
Anfnabmsprafungen nichta «a thon, denn da wird g*>wi-is kein Lehrer An-
stößiges besprechen. Dieser Wunsch wäre dann am Platze, wenn es «ich
um die Einrichtung unserer Lehrbücher handelte. Aber auch da miisst*»
er sich jjpgen diesen Antrag aussprechen, weil den griechiucben i^agen
ein groLei- bildender Wert innewohne; das kindliche Gemüth verlange
geradezu solche Nahrung, und wir würden uns an der Entwicklung des
kindlichen Oemüthes venAndigen, wollten wir demielben dieee Nahrung
▼orentbalten. Anfierdem sei ein volle« Yemtandnie der Geechicbte und ein
Veiatftndni» der Kontt und Literatur gans anm(H?Itch ohne die Kenntnis
dieser Sagen, insbesondere der griechischen. Mit Hecht fordern daber die
Inetmctionen eine besondere Berfuksichtig'unj^ der Sagen.
Darauf erwidert Kefcrent Prot. Dr. Werenka, die Rück-?* ht ;ii;f
den sittlichen Zustand der jctzigt^n .Tuirrnd habe ihn veranlasst, die>se
Forderung zu stellen. Er habe die Etiunrung gewacht, da<M 8ich Schüler
t, B. bei der Sage von der Mandane Bilder lu verschaffen wimten, die
ihre Phantane verdarben nnd ihre Sinnlichkeit reisten. Ebenso habe schon
vielen Schülern die Mittheilnng Kopfiwrbrecben gemacht, dass Herakles
der Sohn des Zeus, aber nicht das Kind der Hera sei, etc. Und da ja
aach die gebildeten Griechen an dietie Dinge nicht glaubten, so sei es
kein Verlust, wenn die Phantasie unserer Kinder nicht mit solchen Vor-
stelhinuf» II bf^cliätii;,'t werde. Und da man auf den Schülerbibliotheken
mit Hetiii alleä Amtübige ausgemerzt habe, müääe man es auch folge-
richtig aus den Lehrbüchern beseitigen. Er habe die Forderung vor allem
deshalb gestellt,, damit die maßgebenden Persönlichkeiten darauf aaf<-
merksam werden.
Prof. Kosak behaaptet, dass wir wohl ein Unicum leisten w&rden,
wenn wir die Beseitigung der griechischen Sagen verlandeten, die einen
unschätzbaron bildenden Wert haben. Wenn eine Sage Anstößiges enthalte,
so i«t es Sache des l^ehrfrs, ihr T^arstellnnje entsprechend oinzurichten. Er
habe z. B. den Natuen der .Alknienc nie genannt Wi-nn Büclier Anstü(.>igi\*
bieten, ao sei dies höchstens ein berechtigter Giund, da» Buch zu entfernen,
nicht aber Aber die Ifoge hinwegzugehen.
Prof. Dr. Per k mann wQnrcht dringend, dass alles Anstößige ent-
fernt werde. Jetst mOsse man aber sai^en, dass wir auch durch viele Stellen
unserer Glussiker — der modernen nicht mimier als der antiken — die
Seelen unserer Kinder »>ystematisch vergiften. Hier müsse Wandel geschafft
werden Er erklärt sich bereit, diesen Oegenstand einmal auafährlicher su
behandeln.
Prof. Wotta ist der Än«icht, tlas.s man niclit allfs, was die .'Sinnlich-
keit rt'ize, von der Jugend lernhalten könne und auch nicht lernhiiltcn
dflrfe. Eaae |»lOtslich und unvermittelt eintretende Kenntnis dieser Dinge
erst während der Zeit der Hochschale sei noch viel verderblicher. Es wAre
nun ein sehr dankbares Thema, wenn einmal im Vereine besprochen wttrde,
wie sich die ^littelschule in diesem Punkte verhalten sollte.
Prof. Dr. Kaindl hält die Kenntnis der Sagen für unentbehrlich;
dafilr wünschte er eine bedeutende Einschrflnkung der Kri<^{Sgeschichte,
und zwar nicht bloß auf dieser Unterrichtsstufe.
Der Antrag auf Streichung des Passui: „Nur. . . eliminiert" wird
mit 12 gegen 5 Stimmen angenommen.
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V e i eiusnaoliricb ten.
413
Ein weiterer vielbeiproeheBer Punkt i«t der tob mehreren Seiten
geftoOerte Wanech, ctiw für Oeechichte nnd fOr Geographie beeondere
Noten gegeben werden tollten. Auch Dir. Mandyczewski findet, das»
dieses sehr wunschpnswert wäre. Da abt^r im Lehrplane der Realschulen
in der Bukowina die Ix'iden fiefr^n tilrulo nicht wie an den übrigen Real-
schulen gtJlrennt sind, so ist dieser Wunsch gegenwärtig nicht erfüllbar,
und daher wäre es besser, den Autrag t'alien ku lassen. (Wird einstimmig
angenommen.)
Znm Referentenentwnrfe «iirechen die Proff. Kosak, Schwaiger,
Dr. Werenka, Dr. Polaechek nnd die Direetoren Sdinlratb Klan »er
und Mandjczewtki. Endlich wurde folgende Textierong angenommen:
b) An der ReaitchoLe.
Allgemeine Forderungen wie unter a.
II. Classe: Der lehrplanmäüige .Stoli der I. Classe.
III. Claspe: Die allgemeine <toof^r:n)hie aus derl. ('lasBe mit
besonderer Berücksichtigung der Globuslehre, dann der Lehr-
stoff der IL Claese sowohl in der Geographie als auch in der
Geschichte.
lY. Clnsse: Das Wichtigste ans dem f Gr die IL nnd IIL Real-
claste vorgeschriebenen Lehrstoffe.
V. Claase: Wie sub a.
VI. Ciasso: Wie sub n. jedoch statt der Worte: ^fur du«
Untergymnasium" die Worte: ,,tiir die l'nterreal schule'' und
mit WeglasHung der Worte: „bis zu den puuischen Kriegen".
VII. Classe: Allgemeine nnd Osterreichische Geographie
in dem fflr die ünterrealsebnie vorgeschriebenen AnsmaOe mit
Ansschlass des minder wesentlichen Zahlenmateriales; ein«
gehende Kenntnis der Geschichte des Aiterthams, des Mittel-
alters und der Neuzeit bis zum westphälischen Frieden.
Die Abschnitte über Mathematik. Physik, Naturj^esehichte, Chemie,
Propädeutik, Geometrie, Freibaodxeicbnen werden ohne Debatte an-
genommen.
Der Obmann bemerkt, duss mit dieser Anuatuim die Sache noch nicht
abgesehlossea sei. Den Anlam sn der ganien Frage habe bekanntlich die
Fordemng des Prof. Dr. Frank becOglich der Naturgeschichte gegeben, wo-
nach bei Aufnahmsprfifungen in die VIL oder VIII. Classe des Gymnadnms
Noten Btt geben seien, statt dass einfach die Reife oder die Unreife des Aut-
nahmsw erbers ausgesprochen werde. In dieser Frage könnten wir uns wohl
direct an da.'^ hohe Ministerium wenden. Bezüglich der sonstigen Vorschläge
könnten wir uns auch an das hohe Ministerium mit der Bitte wenden,
dieselben ^ui linindlage einer etwaigen Verordnung zu niacheu; wir
könnten aber auch uuser^ Aufstellungen den anderen ächwestervereinen
xttienden, damit anch diese Gelegenheit finden, sieh darüber sn ftuOem.
Dann eist wären unsere Anträge dem hohen Ministerium su unterbreiten.
Darfiber wird nun die Debatte eröffiiet.
Prof. Dr. Frank ist besüglich des ersten Punktes mit den Aus-
führungen des Obmannes ganz einverstanden; bezüglich der zweiten An-
gelegenheit spricht er sich dahin an««, dass dieses Referat nnd die Debatte
aU Separatabdrack ans hohe Ministerium £u leiten j>eien.
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414
Vereinsoacbricbten.
Vfot Schwaiger iit bttüglich des enten PoDktes mit Prof. Dr. FranV
eioTentuideD, in Btmg anf den streiten Punkt beantragt er dagegen, da«
Separatabdrücke an alle Vereine zn schicken seien mit dem E^euchen, bis
XU einer bestiramtea Zeit den Gegenstand an bebandeln nnd ons das Er-
gebnis mitzutheilcn.
Auch der 0!»i^miin möchte dies empfehlen vor alltMU aus dem Grunde,
woil Vioi den jjroberf'n »Schwestervereinen für einen Gegenstand mehrere
Fachmänner vorhanden sind, während hier mancher Gegenstand nur darch
einen einaigen Faehmann Tertretea ist Doch wflnschte er, dass nicht erst
SepnratabdrQcke gemacht werden, da ja allen VawinsmitgKedem ohnehin
der ganze Test im Vereinsorgane vorliegt.
Dir. Mandycz«' wski befürwortet den Antrag des Dr. Frank, dass
niimlich beido Punkte «getrennt behiindelt "wprdpn, und dann wegen der
Anrecbenbirkfit der Noten uns Naturgeschichte sofort eine Eingabe ans
hohe Ministerium <;omacht werde
Dieser letzte Punkt wird emätiuimig angenommen.
Ebenso wird der Antrag einstimmig angenommen, dass sieh der
Verein an die Sdiwestervereine wenden möge mit dem Ersuchen, diese
Normalien rechtseitig som Gegenstande einer Verhandlang an machen und
ans die Ergebnisse roitzuiheilen.
Der Antrag, Separatabdrücke zn mnchen, wird fallen gelas.sen
Der Obmann theilt ferner mit. dasa sich in Sachen der Uienst-
praguuitik zulolgo der Pe.«jchliijfee des VI. Mittelschultages ein Comitt- «ge-
bildet hat. bestellend aus den beiden Referenten Prof. Schwaiger und
Prof. Daurer und den Obmännern der Mittelticbulvereine. Dieses Couüte
wird einen I^tworf mit Beischlnn der beiden Referate allen Hittelschnlen
sueenden, damit alle Lehrkörper Gelegenheit haben, rar Sache Stellong ra
nehmen. Da nun die »Bnkowiner Uittelschale* die ganse Angelegenheit in
Fluss gebracht hat, wäre es wohl ant^ezeigt, dass sich hier ein eigenes Co mite
bildete, um die Sache auch weiterhin mit Erfolg zu betreiben- Dieses Comite
niöjfG sich durch ein Mit^'lied ans jedem liehrkfirper cooptieren. Dieser Vor-
«chlag wird gebilligt und dius Weitere dem Aus-schusse überlassen.
In Bezug auf die Wübnungsfrage (Internute) («ielie den Bericht über
die 43. Sitzung) berichtet der Obmann, dass er in dieser Angelegenheit
beim Landee-R^ierttngsmth Dr. Freiherm v. Seh wind Torgeq>rochen habe,
um behuft Erlangong eines Antheiles an der k. k. Staats«- Wohlthfttigkeite*
lotterie die Unterstfltsung der hoben Behörden zu erbitten. Ein solches
Ansuchen mflsste aber suerst eine reale Grundlage haben. Entweder müsste
dieser Reitrng für ein bereits bestehendes Internat angesucht werden, oder
es müsste sich ein Comit«' zur (iründung eines solchen Ititernatos bilden,
welches sich dann um einen Beitrag a»is der Wohlthätigkeitslotterie be-
wirbt; insofern sei die Sache noch nicht recht «pruchreif.
Trotzdem habe er aber auch beim Herrn Bürgermeister B. v. Ko>
chanowski vorgesprochen, um die OeroeindeTertretung für die Sache su
interessieren. Der Herr Bargermeister seigte die grOßte Bereitwilligkeit,
die Sache nach Kräften zu fördern, und wOnschte, dass anch mOgliehst
viele Geroeinderäthe einzeln für die Sache gewonnen werden, was umso
leichter sei, da ja siemtich viele MittelscbuUehrer dem Gemeinderathe an*
gehören.
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Yeieinsnacbricbten.
415
Auch die UntenUitsiing toh Seit« des Landnaunchunes suchte der
Obmiinn wa gewinnen und begab rieh daher aa Baron Uuatataa. Auch
dieser ver>iprach, die Sache nach Mdf^lichkeit m nnterstützeu.
Prof. Wotta iiiiicht darauf aufmerksam, da«9 die prächtige Turnhallo
mit gesammeltem HeKle erbaut worden sei. Ks niöffe sich dah' r »^iii Comit^
bilileo, welche^s die (Iründung von Internaten weiter verfolgen -solle.
Prof. Schwaig; er i^t derHelben Ansicht und schlägt vor, das« dieses
Görnitz bestehen sollte aus den Directoren der Mittelscbnlen, Vertretern
des Laadesanaschnsses nnd des Genietndentthes, des Landesschnlrathes» der
SparcaMe and etttselnen Privaten, bei denen man Interesse filr die Sache
vOAussetzen könne.
Schnlrath Dir. Klauser tbeilt mit. dass es in kur7^r Zeit neben dem
rnthonii^chen , rumänischen und armenischen Internate nun i\ni)i ein
i^iraelitisches geben werde, errichtet von der israeliiiachen Coltusgemeinde»
die bereite den Grund daxu angekauft habe.
Prol. Dr. I' rauk meint, es müsse steh vor allem darum handeln, die
Ansichten der maflgebenden Pers5nlichkeiten darfiber an erfahren, nnd
dies wftre am leichtesten sn erreichen durch eine au diesem Zwecke ein«
snUidende Yevsammlnng.
Der Obmann verspricht, die Sache immer im Auge zu behalten und
dafür zu wirken, doch könne ein nachweisbares Ergebnis erst im September
oder October erreicht werden.
Schließlich ersucht er die Vereinsniitgüeder , zu der am 2. Juni in
KaUautz «itattüadenden Vcreinsversammlung sich recht zahlreich ein-
sufinden. Schulrath Dir. Klauser bedauert, dass er sein Versprechen, einen
tuMulU9 üf&ien m lassen , wegen des fortwährenden Begenwetten nicht
werde halten kOnnen.
Da die heutige Sitiung in diesem Vereinsjabre die Jetate in Czemo-
witz ist, dankt der Obmann den Vereinsmitgliedern aub herdichste ffir
die Ausdauer, die sie wiUirend de.s Vereinsjahre.'? bewiesen haben • — die
S5it7nT>'j'»*Ti haben oft über drei Stunden gedauert — und für das große
Intere.-v-se, das sie nllen Verhandlungen ent<:e<,'engebracht haben.
Schulrath Dir. Klauäer fugt hinzu, dam ja der Obmann die grüßte
Arbeitslast habe nicht nur während der Sitanngen, sondern mch außerhalb
derselben, und dass es der Verein daher vor allem der Umsieht und Aus-
dauer des Obmannes verdanke, dass er mit Befriedigung auf ein erfolg*
reiches und anregendes Vereintjahr tnrttckblicken kann. (Bravo!)
FfioAiiidTienigste YeTeinsTersamiiiliiiig.
(Radautz, am 1. Juni 1897.)
Anwesend 19 Mitglieder, davon 1 au3 Suczawa, 4 aus Czernowitz.
ObmannstelUertreter Prot üstjanowica begrüßt die Veiaammtung
an& herslichste und dankt den Gisten Iflr ibr Erscheinen. Hierauf er*
tbeilt er dem Obmanne des Vereines Prof. Dr. Polaachek das Wort
zu etwaigen )littheilungen. Dieser wiederholt in aller Kürze das Ergebnis
der letzten Versammlung in Czernowitz, insbesondere die Nachrichten,
die er aus Wien über den VI. österreichischen Mittelschultag 2U melden
hatte.
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416
Vereimnachrichten.
Nun hält Gymmuriallehm Dr. Hugo Hersojr einen Vortrag ttber
«.Den dentselieii Vntorrieht am Obergymnaaimn nnd die Forde*
rangen der Ck>nceiitratloa*' (S* 866).
Lauter Beifall lohnt den Sprecher.
Dfr Vorsitzende dankt dem Vortragenden für soinp lichtvollen Aus-
führungen, die beweisen, dass er mit Ernst und Gründlichkeit sich mit
diesem Thema befasst habe. Nachdem noch der Vorsitzende durch zwei
Vorbemerkungen (fiber die Stundenzahl und die damit verbundene Arbeit
den Lebren, sowie Aber die beantri^^te Lectflre des Urteite* de« Nibelungen-
liedet in Quinta) einer fibermftßigen Autddinnng der Yerbandlang vor»
gebengt bat, erS&et et die Generaldebatte.
Prof. Dr. Perkmann: «Auch ich danke als Fachmann dem Vor-
tmjjenden (l\r seine AugfTibran^en nnd halte sie pädagogisch Hlr vollkommen
gerechtfertigt Nur in einem Punkte bin icli nicht ganz einverstanden,
nämlich in Bezug auf die l'ro«n]f'r,türe in der VIII. Chi.s.<e. Ich meine, dam
durch die Stücke aus der Hamburgischen Dramaturgie und aus dem Brief"
weobael swisebeik Goetbe nnd Schüler ausgiebig dafür gesorgt sei Gans
«uiTeislanden bin ieh damit, dais die Poetik in der Y. Clane eine reine
ZeitTergendnng iit Eine wirkliebe Poetik i«t doch gans augeadiloMen,
eohin- die Schüler nicht Epik. Lyrik und Drama kennen nnd aoeb schon
psychologische Kenntnisse haben. Einer Verschiebung der Literatur-
geschichte in das zweite Semester der V'ITI. Cla.sse könnte ich aber nicht
beipflichten. In Galizien wird allerdings verlangt, dass die polnische
Literaturgeschichte in der VIL und \ IIL Classe abgethnn werde. Nach
<Iem Nibelungenliede kann man doch leicht die entsprechende Literatur-
geeehichte nebmen. In der Y. Classe sollte fleißig ProsalectQre betneben
werden (Niebnhr, Gust. Freytog), von der VI. Classe an sollte Literatnt^
gescbiebte bleiben. In der Proaaieetllre sollte insbesondere die rhetorische
Prosa gepflegt werden ; es ist ein Übelstand, dass wir nicht eine einsige Rede
in der Leetüre haben."
Specialdebattc Krste These. Das Nibehinfj-^nlied und Walther von der
Vogel weide sind an allen Gymnasien mit deutscher Unterrichtssprache im
Urtexte zu lesen.
Dir. V. Mor: »Aus praktischen Gründen mOchte ich daran ennnem,
dass die hohe Unterrichtsverwaltnng schon ebmal daran gedacht hat, die
IiectQre des Nibelongenliedes in der Crsprache wieder einanfttbren; docb
haben sich bedeutende Hindernisse herausgestellt. Unsere anderssprachigen
Schüler, die schwer eine richtige Allsdrucksweise erlernen können, die den
l'rtext dt'H Nibelungenliedes kaum verstehen und wohl auch wenig Inte-
ro.i^se dafür haben iliirt'ten, würden gewi«s allzu große Schwierigkeiten daran
Üuden. Dass die Kraft des Aut^druckcü in der 1 bersetzung zum Theil verloren
geht, kann ja nicht geleugnet werden."
Dr. Herzog: „Wegen der Rflne der Zeit k(»inte ich meinen Antrag
nicht aasf&hrüch genng begrQnden, sonst hfttte ich noch hineogef>, dass
das Nibelungenlied, xuidi der Methode 2upitsas behandelt, gewiss keine
Sicbwierigkeiten bietet. Davon habe ich mich in Wien durch wiederholte
Versuche fiberzeugt. Und durch die Vergleichung des Mittelhochdeutschen
mit der neuhochdeutschen Sprache würden die Schüler auch vieles für die
Ausdrucksweise gewinnen,"
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Vereininachriehten.
417
Dr. I'ei kmann stellt einfn Vermittlimpsantrag, der lautet: ^Es sollt?
der Versuch f^fenmcbt werden, ob nicht auch an Anstalten mit deutscher
lJnterrichtü?prache in ^'omischtaprachif^en lindern das Is'ibelungenlied in
der V. oder VI. Clause in der Ursprache behandelt werden könnte, und
aber das Ergebnis kt nftcli Verlwif einea Jabree Beridit so «nUtten.*
Dir. V. Nor memi, man köDiite ja xnent fetmehaweue nur kleinere
Fartifi» behaDdeln.
Der Referent erklärt sich damit einverstanden, dasa die Lectilre des
Nibelun^enUedea facultiitiv an An^itnlten mit deut«cher ünterrichtsepraebe
in gemiscbtsprachij^en Lilndern ein>(crühit wi-rde.
Der Antrag wird mit 10 Stimmen :inf?pnomrii(^n.
Zweite These. Prof. Balaban macht (uiraut uutmerksaui, dtu« über
dieiea Thema schon einmal im Vereine gesprochen wurde; er wllnaehte,
daat ea in Gegcuwart einer grOOeren Antthl too Fiaebmftnnern behandelt
werde, daae man daher die Besprechung nnd Abafeimmung Teraehiebe.
Dir. T. Mor ist derselben Anaicht. Jeder Einsichtige niOsse zageben,
da» die Arbeit eines Germanisten am Obergymnaeium eine aufreibende
und geisttödtende sei; doch könne man bei dem drohenden L(?hr»»rmangel
eine Abhilfe nicht erwarten, darum sei es besser, gar nicht um sie zu
bitten.
Der Obmann warnt davor, gerade jetzt in der Zeit der noch nicht
gelüsten Gehaltafrage mit Forderangen aaf Ileiabaetsnng der Unterrichts*
»tnnden hervonntreten, und macht auf den groOen Unterachied anfknerk-
aam, der iwiachen den veraohiedenen Analalten beadgUeh der Scholennhl
bestehe. An einem Obcrg\ uinaainm, das im ganzen nicht viel mehr ab
30 — 40 Schuler zähle, Könne wohl ein Lehrer aeine Aufgabe mit aller
Gründlichkeit erfnncn.
Der Vortraj^ende betont, da.s^ &i ihm keineswegs um Herabsetzung
der Arbeit zu thun gewesen sei; die gewonnene Zeit sollte ja zu einer
anderen nothwendigen Arbeit (Privatlectüre etc.) verwendet werden.
Mit der Vertagung iat er eiuTerahuiden.
Dritte Huae. Nach einigen kanen Bemerknngen Dr. Spitsera,
Dr. Ledere rä und des Obmannea wird dieae Theae eiaatimmig angenommen.
Vierte These. Der Obmann erinnert an die LectQre des Livioe, die
man wej'en der vielen Schwirri^keilen wiederholt anderen Classen zu-
weisen wollte. Aber e«s «^ehe doch nicht an, die Lectüre eines öchriftstellers
mir nach den ihr anliaftenden ^Schwierigkeiten oder gar nach der Fähig-
keit der tichüler zu vertheilen.
I^. Perkmann: „Ich bin nicht ganz mit dieser These einverstanden,
wohl aber mit dem Kerne denelben. Allerdings sollte die Reihenfolge der
LectQre nicht hanptalchlich dnreh literarhiatoriaehe Rttckaichten beatimmt
werden, sondern vorherrschend nach der Schwierigkeit; und thatsächlich
ist ja auch die literarhistorische Reihenfolge dadurch durchbrochen , dasH
man die Hambnrgische Dramaturgie aus der VI. ülaeae in die VliL hinauf'
gerückt hat.''
Prof. Ualaban: „Es sei mir hier die Fm^e <»e.stnttet, ob die hier
gefassten Bet>chlü^ije für alle Mitteluchuicu gelten soUeu oder nur för die
Oymnaaien. Wegen der Wichtigkeit der Thesen nnd auch, weil der Vor-
tiagende aelbst sie inswiachen nur ala Anregung aufgelhast wiaaen wollte,
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418 YereiiuDachrjcfateD.
möchte ich dio Vertagunj^ der Behaudluni^ beantraj^en , damit die Sache
in einer K^ößeren Versammlung be«procben werden kann." (Angenommen.^
Anfragen und Antrüge.
Dr. Spitser: ^ Diejenigen Hen«n, die beim leUten MitteUclmlta^ in
Wien waren, haben gewia» alle bemerkt, dam eine gewisse gedrfiekte
Grandstimmung sehr deutlich erkennbar war. Die Quelle derselben iet die
Bbermäßige Vermehrung der Schreibgeschäfte und die überaus scharfe Con*
trole ntif Gebieten, wo sie unn5thig und unfruchtbar ist und die Indivi-
dualität und Arbeit.sfrendigkeit des Lehrers hemmt, auf dem Gebiete der
Schülerleiatungen. Daa Vorgehen auf diesem Gebiete hiingt von der Itx-
dividualität des Lehrers ab, und jedei' Lehrer hat dies mit seinem Gewissen
anmimaehen.
Den Anlaw m den begebenden unerqmcUicben ZoiUlnden haben die
Xionatskataloge gegeben ; im Znaammeahange damit sind Verf&gongen er-
lassen wordeot die di^e ungesunde Controle ein wenig za weit treiben.
Wir haben nun eine zehnjährige Erfahrung; daher wäre es an der Zeit,
diesen Punkt in einem weiteren Kreise zu erörtern. Ich möchte daher vor-
schlagen. da.«s eine Commifsion, bestehend aus 15 Mitgliedern, gewählt
werde; diese bat die Einrichtung der Monatskataloge und die damit im
Zusammenhange stehende Con trole in Erwägung zu ziehen und möglichst
bald dem Plenum darQber Yonchlftge m naterbfeiten.*
Der Obmann bemerkt, er ktene wAi einen £rfolg in einer Frage,
die lediglich die Monatskataloge betreffe« schon deswegen nicht ver-
sprechen, weil diese Einführung von dem noch im Amte befindlichen Chef
der Untcrrichtisverwaltunp seinerzeit begründet wurde. Wold witre es aber
gewiss ein danken«wortes Unternehmen, all das zu san^mi'ln, wa.s die Lehr-
freudigkeit und die freie l^'wejrun»^ des Lehrers bc liiinl re, und es im
Vereine zur Besprechung /u bringen. Deswegen scheine liim auch die vor*
geiichlagene Art des Vorgauges dabei — Wahl einer Commission nicht
praktisch. Denn sehlieOlich mache doch immer nor einer die Hauptarbeit.
Da wSre es sdlion besser, wenn Prof. Dr. Spitser selbst die nöthigen
Daten sammelte und sie in einem Vortrage dem Vereine vorl^te.
Hiemit war auch die Debatte eröffnet.
p!^> tneiston Redner waren der Meinun», (Imn die Katalof^ ntanches
(hite, gewias aber auch viel Schädliches im Gefolge haben; es werde sich
darum handeln, dass nur dius Gute beibehalten werde. Dr. Perkmaun
schlägt folgenden Antrag vor: „Ed sei eine Commission von fünf Mitgliedern
in wfthlen, welche die Frage zn studieren habe, wie durch yerein&ehung
der Sehreibgeechftfte der Individualität des Lehrers mehr Spielraum ge«
lassen und so die Boru6freadigkeit der Lehrer weniger gehemmt wwde,
sugleich aber auch ein innigerer Verkehr «wischen Eltern und Lehrern
anstände komme."
Prof. Balaban wünscht, dass nicht bloii die Monatskataloge, sondern
alles, was drum und dran hängt, behandelt werde. Dam die Monatskata-
loge das nicht gehalten haben, wsis mau von ihnen erwartet luit, dass iie
nicht sar besseren Liformation der Eltern, wohl aber zn einer recht äußer-
lieben Classification der Scfafller und an einer unangenehmen Controle der
Lehrer geführt haben, das weiß jeder aus der Praxis. Durch eine ein«
gehende Behandlung des Gegenstandes werde die Unterrichtebehörde eist
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Vereinsnachi'icbten.
419
daraaf aufmerkaani werden, dats dieser Einriehtanj; Mänfpel anhaften, an
die van bei der Snf&hran|;f offenbar gar nicht gedacht hat.
Prof. r s t \ a n o w i c z glaubt» dass die unleugbaren Mängel dieser Ein-
riclitiing (In ich ein Einvernehmen zwischen LehrkOi-per und Director be^
hoben wertltn kennen.
Prof. Dr. Perkinann würde es am liebsten sehen, w«'nn auch die
B' Fuimiiung dieses Oegenatiindes vertagt würde, da der Weg, den Dr.Spitzer
gewählt habe, nicht der richtige aetn dOrfte. Am besten worden wir zum
Ziele kommen, wenn Ehr. Spitzer im nächsten Verein^ahre darflber einen
Vortrag hielte; wir mOssten ihm aber versprechen, bis dahin Material va
sammeln und es ihm anr VerfSgong zu stellen.
Dr. S pitzer accommodiert sich diesem Antrage. .Schließlich wird <ler
Antrag Dr. Sj>it^«'rs in der Formulierung drs Di INnkinann mit dem
Zusätze des f'nif I'i-. l^<'il -Mfr: „mit beso lul r i- r 1'. «' ru «' k s i c h tigu ng
der M onaiä k .i t;i lugc uud der damit im Zuhnmiuenhunge stehen-
den Verfügungen" mit 13 Stimmen angenommen.
Der Vorsitaende theilt mit, dass mit der heutigen VerBammlnng dos
iaafende Yereinsjabr geschlosran werde. Er dankt allen Mitgliedern fQr
ihr reges Interesse, insbesondere den Mitgliedern ans Radantz, die ja bei
allen Versammlungen in Czernowitz \ertr» ten war^n.
Dir. V. Mor dankt den Güsten, da.s.s .sie d i> Opfer gebracht haben,
zu kommen trotx der nnirewöhnlichen Ungunst der Wittrrunq'; nur diesem
TTnistande nei cm xii/ii.Nchrfilti'n. da-ss nicht mehr Coll*»j^**n kiuninen konnten.
Er bittet die Anwesenden, iluen CoUegen seine Grüüe zu melden und dahin
zn wirken, dass sie im Herbste zur Jubelfeier des Gymnasiums recht zahl-
reich erscheinen.
Prof. Dstyano wies ladet die Gäste ein zu einer geselligen Zosammen*
kttnft in seinem Oarten.
D, Sitzungsberioht des Vereines „Die Realschule" in Wien.
(Miigetheilt vom Sehriftfßhrer Prof. R. Dnndaczek.)
Jahres v f r sa in iii hi i ig 1 HlXi, 07.
(16. October IÖ97.)
Der Obmann Prof. Daurer begrüßt die Versammlung, in.s besondere
die Herren k. k. Lande.s-Schulins])ector<n Dr. Ferdinand .Maurer und
Dr Iirnnz .Mache, sowie die Herren Protf d. r technischen Hochschule
Emil Czaber, Dr. Josef Finger und Johann Sobotka.
Von einer Verlesung des ProtokoUes der letzten Vollver«umuilung
vom 30. März 1897 wird Umgang genommen, da es dnreh die yon der-
selben Versammlung betrauten Herren Proff. AI seh er und POlzt beglaubigt
wnide und bereits im Vereinsorgane «Österreichische Mittelschule" im
Drucke endiien.
Der Obmann macht folgende Mittheilungen:
Hofrath Dr. Korn huber nber-^andfe dem Vereine dl«' von ihm ver-
fa«*te Hio^^raidne „Zur Erinn-M-nng an Josef Kolbe". Dem Üpender wurde
brieflich der Dank ausgesprochen.
„Oäterr. Uittelaehnle". XL Jshrg. 80
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420
Yereinanaclirichten.
Am 29. Juni und am 7. October erhielt der Obmann KinUvdungen von
Seite (irr ^^»>tfnt it bischen Gesellschaft für Gesundheitspflege" ?:nr Theil-
n.ihuif an Kxcuriionen. Bedauerlicherweise ist es dem Voi-stand*- nicht
möglich, jedesmal alle Vereinsmit^jliedcr von solchen freundlichen Ein-
ladungen in Kenntnis zu setzen.
AI« neQQ Uitsfiicdc' wurden in den Verein aufgenommen die Herren
Jakob Hirscbler, Professor an der k. k. Staatarealsclrale im IV. Bedrke,
Dr. Michael M. Rabenlechner, tapplierender Lehrer an derselben
Anstalt, und Konrad Kraus» Professor an der k* k. Lehrerbildungsanstalt
im III. Bezirke.
Drr olinuinn ersucht die Ver»amroelten, durch Gewinnung neuer
jdttgliedcr üaa Vereinj^interesse zu forder«.
Der pädagogischen Central bibliothck wurden von mehreren in- und
awlftndisehen Iiehranstalten Programme zugewendet
Der löbliche lUgistrat der k. k. Reichshaupt- und Residensstadt Wien
übermittelte am 28. September 1. J. eine Kundmachung beafiglieb der
Franz Josef Pisko'schen Lehramtscandidatenstlftung. Der Obmann tbeilt
den Wortlaut mit.
Darauf erstattet derselbe folpendfn
Bericht über das 27. Vereinsjahr:
„Am Beginne des VereinR.jahres 1896/97 betrug die Zahl der Mitglieder
149. Leider haben wir drei Mitglieder durch den Tod verloren, aber die
Namen Hofrath Dr. Lang, Hofrath Dr. Kolbe und Prof. Bichl er werden
in unserer Erinnerung immerdar fortleben. Da drei Mitglieder privater
Verhältnisse halber aus dem Veteino ;uistraten, jedoch sechs neu attf-
genommen wurden, so beläuft sich die Mitgliederzahl derzeit auf 149.
Die Vereinsleitung, welche am 17. OctobiT IHlUj unttsr Rücksicht-
nahme ;iuf eine Vertretung di-r meisten Wiener Keulscluilen gewählt
wurde, begnügte a'ich aelbstverständiich nidit luit der lierathuug innerer
Vereinsange legcnheiten in den nach Maßgabe des Bedürfnisses abgehaltenen
AuBBchusssitxungen, sie pflegte auch regen und freundschaftlichen Verkehr
mit den Vorständen des Vereines |»Mittel«chule" und des »Vereines der
Supplenten deutscher Hittelschnlen" in Wien, sei es aum Meinungs-
austausche über Standesfragen und Schulangelegenbciten , sei es zur £r-
aielung einen Einvernehmens in Sachen, welche gemeinschaftliche Schritte
oder VeranhiMunf^en eil'orderten.
Was eine der wi« htifir''t('n Angelegenheiten unseres Standes, nämlich
die Kegclung unserer längst unzulänglichen Bezüge, nowie die Verbesserung
der unhaltbaren Rangsvethaitnisse de» MittelsehuUehramtes anbelangt, so
muss ich bedauern, dass es der dermaligen Vereinsleitung nicht gegOnnt
war, f&v unsere ünteressen so thätig au sein, wie dies in frttheren Jahren
geschehen ist. Ich glaube aber, es werde uns die durch den natürlichen
Lauf der Dinge uns gewissermaßen aufgedrungene Passivität nicht zum
Vorwurfe fremaclit werden können. Das Ge«?et7:. durch welches die Gehalte
der Profe^soifu an den vom Staate erlialtencn Mittelüchulen iil>i;eilndert
wurden, und das Pensionsgesetz für die Civilstaatsbeamten, sowie deren
Witwen und Waisen sind ja bereits von beiden Häusern des Reichsratb^
angenommen worden. Indem wir da vollendeten Thatsachen gegenüber-
stehen, bleibt uns nur der sehnliche Wunsch übrig, dass auch dem erst-
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Vereuunaebrichten.
421
trpnanntcn Or-setze recht bald die Allerhöchste Sanction znthcil, der Vereins-
^eitung aber dadurch die Gelefjfenheit ^elioten werden niö;^e, für die wenig-
sten« theilweiw Behebuii':^ nnsprer nuit^riclien Nothlage die Gefühle der
Dankbarkeit an mabgebeuder Stelle zum Austdiucke zu bringen.
Umaomehr haben wir im» aber bemfibt andere aehr bereebl^te
Wfinache, welche aieh ana dem Schofle dea Vereinea mit ateigender TMng-
licbkeit empoigernngen haben, der ErlttUiing nftber m bringen: ich meine
die von den Vertretern der modernen Sprachen an den niederOaterreichi-
«eben Realschulen als unaufschiebbar bezeichneten Entlastungen.
Nachdem Prof. F'crdinnnd Ginzel die Fordenin<jrpn <l«'r Xeuphilo
iot^fn in seinein am 19. üctober 1895 gehaltenen Vortrage ii^^^i ünilet hatte,
wurde die Fmge von Prof. Dr. Fried wagner in der Sitzung vom 'MK Januar
1897 in ObereinstimmuDg mit den BeachKteen dea «Neuphilologischen
Vereinea" wieder in Floaa gebracht nnd der Obmann dea Vereinea „Die
Realachole" beauftragt, zur Förderang der Sache bei Mitgliedern dea nieder-
•Aiterreichischen Landtages ent^^v^i'^-^^^^'^nde Schritte zu tbnn. Es begab sieh
deni<?enulß eine Abordnung des Vorstandes des Vereines „Die Realachale*
dem Vertreter des IV. Wiener Bezirkes Herrn Hart! jun. . welcher
nicht nur seine eigene ünterstützuQir zusagte, sondern auch den Heferenten
iui niederfisterreichischen Landtage Herrn Prof. Schlesinger ho lür unsi'r
Anliegen einzunehmen wu^iste, so dass dieser von derselben Vereinsabordnung
ein Memoiaadnm entgegennahm und venpmch, aobald die Begiemns^
▼orlage betreffend die Abänderung der §§10, SO und 25 dea Lattdeqfeaetcea
vom 8. MSra 1870 sur Verhandlung kommen wOrde, wftinutens ftlr die
Erfüllung unserer Wüoache einsutreten. Leider wurde bald darauf, bevor
die Vorlage in Berathung gezogen wurde, der Landtag geschlossen.
wird somit eine der vornehmsten Anf<:^iben der Vereinsieitung des
Jahres 1897,98 sein, den Herrn Keferenteu Prof. Schlesinger an seine
Zusage in eindringlicher Weise zu erinnern.
Bevor ich auf nnaere Mitarbeiterschaft am VL deutach-ibterreichkchen
Mittelachnltftge übergehe, will ich eine Action einflechten, die wir sugnnaten
unbemittelter SehQler der Mittelachulen eingeleitet haben. Prof. Seht ff na r
regte auf Qrund aeiner Erfahrungen als Verwalter einer Schülerlade den
Oedankt'n an, ea aeien die einzelnen Verlagsfirroen zu ersuchen, sie möchten
in ahnli licr Weisse wie fiir Volks- und Bnrjjerschüler so auch für Mittel-
schüler alljähriü h Freiexemplare von Lehrbüchern fi^ewähren. Der Vrrein
„Mittelschule" in Wien schlos<i sich unHerem Vorhaben an; die betrelieuden
höflichen Gesuchsbriefe wurden von den Obmännern beider Vereine unter-
xeicbnet. Ea »ei hiemit vor der geehrten Veraammlang featgeatellt, daaa
auf S3 aolcher Brieüe nur vier Antworten einliefen, und swar von den
Verlagabochhandinngen Hayer A Co., A. Pichlers Witwe nnd Sohn. Ed.
Hölzel und Wilhelm Braumüller. Sie lauteten ablehnend. Die anderen
19 Verlagsbuchhandlungen überhoben sich der Mühe einer Erwiderung.
Endlich hnt der Verein /n einer anderen wichtij^en Frage Stellung
«^euommen und sich an der Lösung derselben betheiligt: ich meine die
Schaffung einer D ienstpragmati k.
Am 3. December lb96 wurde der Verein „Die Bealacfaule" von der
«Bukowiner Mittelachule" eingeladen, die Grundaüge einea dieabezQglicb
sa achaffenden Gesetzes zu berathen. Die Vereinaleitnng aetxte aich, wie
80*
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422
Ydreiiunachrichteo.
bekannt , mit i\f'n Vorständen Hes Wiener Vereines „M ittelsrhul«-" vind
_V. Meines der Sapplenten deutscher Mittelscli u len" in«? Kin-
veinehiuen, und es bildete sich ein Cuuiite. das unter tiem Vorsitze dea
Prof. Aloriz Glöser zahlreiche Sitzungen abhielt, deren schlieüliches Er-
gebnis in dem Correferate gipfelte, welches der Obmann des Vereines „Die
iEleakchale* dem sn Ostern l.J. versammelten Hittelschn) tage Torlegte.
Dieser delegierte ein Comitö mit dem Anfbrage, den Entwurf mit RKck*
neht auf alle aas CoUegenkreisen bekannt gewordenen Wünsche und An>
regungen neu zu benrl'oiten und denselben nach erzieltem Einver-.t"u)dni?se
der Mittelschulvereine in Wien, Prag, i^emberg. Linz und Czernowitz der
hohen Ue<,'iei Linj,' mit der Bitte zu unterbreiten , dieselbe möge den Ent-
wurf in» hohen Hause der Abgeordneten als Gesetzesvorlage einbringen.
Um recht weite Kreise sur Betheiiigung an der schwierigen und ver-
antwortongsvollen Arbeit heransnxiehen, versandte das Görnitz am 3. Joni
L J. 480 Sonderabaflge der in der »Österreichischen Mittelschule" sum Ab*
drucke gelangten Heferate, und swar nn siimmtlicbe Directoren und Lehr-
körper der öft'entlichen Gymnasien und Bealscbulen. Ebenso wurde den
Vorständen des czechischen und des polnischen Mi ttel^rhul Vereines eine ent-
sprechende Anzahl von Exemplaren znr Verfügung gesteilt.
Derzeit vertreten den Veieiu „Die liealschule" im tlomite' außer dem
Obmanne die Herren Mitglieder Dir. Kleklcr, Prof. Dundaczek, Prof.
Dr. Maiß und Prof. Pejscha.
über der Wahrnehmung unserer Standesinteressen wurde auch der
wissenschaftliche Zweck des Vereines keineswegs vernachlässigt. Am
80. Januar d. J. sprach Prof. Johann Kammler über , Holzschnitt
und Kupferstich", am Miirz Prof. Leopold Petrik „ÜberVacuum^
rOhren" (mit Köntgen'srhen Demon><tratioiien und ;un 30. Marz. Dir.
Eduard Döll ,Über die \ erii ndecunf^'-n il.'-, Ueijefs der Erde
durch alte Gletscher". Eine .Apnlveisamuilung entfiel wegen des
Mitt^sehultage» , und der Monn^ Mai ist er&hrungsmäßig der Abhaltung-
von Tenpammlungen nicht mehr gQnstig.
Der verehrliche „Wissenschaftliche Club* hat dem Vereine auch
in dem letzten Jahre wieder mit einem uns zu dem größten Danke ver-
pflichtenden Entgegenkommen den Vortrags^aal für die Vollversammlungen
zur Verriii^unpr gestellt, und ich betrachte »'^ \\h eine angenehme Pflicht,
unseren wurm.sten und aufrichtig.sten Dank hiefür zum Au>'drtirke 7.u briiip^en.
Ebenso statte ich dem Herrn Dir. Döll, der uns mit freundlichster Deieii-
willigkeit ein Local seiner Lehranstalt zum Zwecke der Ausschusssitzungen
überließ, im Namen des Vereines den gebarenden Dank ab.
Endlich danke ich auch den Herren Vorstands- und Aueschussmitgliedern
auf« verbindlichste fOr ihre eifrige Mitwirkung an den gemeinsamen Ar*
beiten.
Ich schii.'Ge meinen Bericht mit dem Wunsche, da.<?8 auch jene Col-
)ofT(vjj welrlie noch außerhiiU» de«« Vereine«; stehen, unseren Arbeiten Inte-
resse entgegi 11 bringen möchten und knüpfe daran aus volleiH Heiwn den
anderen Wunsch, es mögen, aowie Herr Prof. Czuber, welcher in lieben»-
wflrdiger Weise den Vortrag f^r unsere heutige Vollversammlung Über-
nommen hat, die Herren Professoren der technischen Hochschule
überhaupt an unseren Bestrebungen fördernden Antheil nehmen« in fthn-
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VereinsnaehriGhten.
423
iioher Weise, wie Ja der Verein .Mittelschule" durch die Unirpr?<itrit «^eit
jchfr tliatkriilug j{i;iür<l»^-it wonlen ut. Alsdann wird unser Verein auch
fernerhin blühen und gedeihen und steinen Mitgliedern stets eine Stätte
«cht collegialen Wirkens und gemeinsamen Schattens sein."
Ml mit Beifall aufgenommenen Ausführungen des Obmannes folgt
der Bericht de« CaRsiers Prof. K. Alscher.
Cssseberieht Ittp das Jahr 1894/97.
I. Einnabmen:
1. Casserest vom Jabre 1885/96» und swar:
a) Spareinlagen 771 fl. 17 kr.
6) Barvrrmö^jf^n 9^86,
c) Barbetrag der pä<iagogisch'^n Ct-ntralliü^liothek ... 12 „ 69 ^
2. Intere^en der Spareinlagen bis Ende .luui 1Ö97 .... 23 . 82
3. Mitgliederbeitrii^e 286 ,» — »
4. RackvergOtang für D'rackspeaeii . 16 » 86 „
ZuBaminen . 1119 fl. 80 kr.
II. Ausgaben:
1. Beitrag für die Zeitecbrift ^Ötterreicbische Hittelscbnie' 181 fl. 88 kr.
2. Kaozlcierforderni— iBit^^n
3. Verein „Ferienhort" (Jahresbeitrag) 80„ — ,
4. Verein .Skioptikon" (Jahresbeitrag) 2„ — ,
5. Remuneration für Diener 30 , — ^
6- Redactionsspesen 40 ^ SO „
7. Adresse für Herrn Hofrath Kolbe uod Kranz für Herrn
Eofrath Lang 78 , „
Zusammen . 849 fl. 50 kr.
m.
• Oerammteinnahmen 1119 fl. 30 kr.
iSesammtausgabea ^
Vereiosrermögen . 769 fl. 80 kr.
and zwar:
a) Spart inlaiTf bei der k. k. priv. allgemeinen Verkehrs-
bank (Wieden) Buch Nr. 1140 714 fl. 00 kr.
b) Barbetrag der pädj^ogischen Centraibibliothek ... 12 , G9 „
c) Barvermögen 48 , 08 ,^
769 fl. 80 kr.
Zahl der Restanten: 4.
Wien, am 16. Oetober 1897.
Rudolf Alscher,
K. Z. Cassier.
Die Versammlung nimmt diesen Bericht zur Kenntnis und wählt
über Vorschlag des Obmannes die Herren Proff. Hoch und Kuhn %a Re*
viaoren.
Zum nächsten Punkte der Tagesordnung (Neuwahl des Vorstandes
und des Ansiehnsses) fibergehend, bemerkt der Obmann, dass Prof. Meix-
ner eine Wiederwahl abgelehnt, dalttr Prof. Ginzel sich bereit erklärt
habe, nn setnerstatt in den Ausschuss einzutreten.
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424
Vereinsnachrichten.
Auf Grund der nnn vorgenommenen Wablon werden im kommendca
Vereinsjahre 1897 98 die n;icbstehenden Herren üiies Amtes walten:
Obmann: Prof, Fianü Duurer (M. R. IV, Ii.).
Obmannstellvertreter: F'rof. Moria Glöt>er (St. R. III. ß.).
Schriftf&hrer: Prof. Raimund Dnndscaek (St R. IV. B.).
Camer: Frot Rudolf Alseher (St R. IV. B.}.
AtnschüMe die Fkoff.:
Michael Gaubatz (St. R. XV. B.).
Franz Haluschka (St. R. XVIIL B.).
Alois RaiBinnd Hein (St. K. V. B).
Wenzel Knohloch (I. St. R. II. B.).
Dr. Karl AI er wart (II. St. R. II. B.}.
Frans Schiffner (St R. III. B.).
Alois Seeffer (St B. XVIII. B.).
Ferdinand Ginsei (St R. VI. B.).
Eraatsmänner die Proff :
Wilhelm Duschinsky (St. R. VII. B.),
Franz Pejselia (S't. II. I. B).
Während der Stimuieniüihluug, welchem Geschäfte die Herren l'rotT.
Pölzl und Petrik oblagen, hielt Ilerr Prof. Emanuel Czuber meinen
angekündigten Vortrag:
„tbw einige Resultate der modernen Messkunsf.^)
Der «ehr interenaate Vortrag, welchem die TerBammlnng mit ge-
spannter AulmerksKinlceit folgte, wurde durch allgemeinen, lebhaften Bei-
fall ausgezeichnet und dem Redner durch den Obmann fBr die gebotenen
genussreichen Ausführungen der Dank ausgesprochen.
Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses erj^reift der Obmann die ( Je-
le«.,'enheit, um dem aus dem Au^schnsse sclieidencien Prof. Meixner für
seine dem Vereine üeit Jahren bewiesene Treue und nie ermüdende Arbeit«-
freudigkeit xu danken, worauf Prof. Pülzl im Sinne der Anwesenden auch
dem Vorstande und Ausschüsse f&r die im Dienste des Vereines gehabte
MQhewaltung den innigsten Dank ausspricht
Endlich berichtet der Vorsitzende, dass die Herren Revisoren die
vorgelebten Rechnungen geprüft und die Casaegebarnng in Ordnung ge-
funden haben, so dsma dem üerm Caaaier das Absoluiortum ertheiit werden
kann. (Zu«tinimnn^.)
Nachdem die 'l'ajjre'-ordnung ersehuiift ist und sich niemand zum Worte
meldet, erfolgt der Schlmss der .Sitzung.
') Ein Aufntg viid im nlehsten Hetde encheine».
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Standesfragen.
Nachdem die am YL detttoch^Osterreicbuehen MiitelMlinItage er-
statteten Berichte über die in Czemowitx nnd Wien Torberathenen Eat^
würfe einer Dicnstpragniatik in dieser Zeitschrift (XI. Jhg. , S. 203 — 215>
und in zahlreichen zur Verwendung gelangten SonderaUdrücken den wei-
trstcn Kreisen beknnntwniacht wnrfi»^n. cjicn^jen dem nnter^oirhneten
Mit<,'Iipdft des mit dt-n riTiiert-n iierathungen betrauten Couiitf--* noc}i von
mehreren Seiten »^chrittiiche Mittheilungen zu, welche beaclitenawerte
Abänderuuga - . beziehungsweise ErgänzungsTorschläge enthielten. Biete
seien hiemit snr allgemeinen Kenntnis gebracht.
Im Cxernowitser Entwnrfe seien auf S. 307 dieser Zeitschrift
(Sonderabdruck S. 5) im Punkte 2 die Worte „nach Möglichkeit" zu streichen.
— Anschließend an Punkt 8 sei vollst&ndige Remuneration, nicht Vs
«fpbi'yr, und mit dt^ni Aiwiuabe wie an Gewerbeschulen lestzujctzen — Im
L'unkte 10 f.l. Z.-itsrhi-. S. 208, Sonden» hd ruck 8. (5^ MMi „analoge"
zu sagen ^eiut- gaua analoge", — Die Dienstpragmatik solle auch tTir
Lehrerbildungsanstalten Geltung haben (widerspricht einem Beschlüsse des
VI. Mittelachnltages. Tgl. d. Zeitschr. S. 304).
Im Wiener Entwürfe mOge Pnnkt 3 des § 3 besQglich des Probe»
jahres lauten: «Dieiies ist xn erlassen, wenn nach Erlangung des Lehramts-
zeugnisses bereits eine mindestens einj&hrige zufriedenstellende Verwendung
im Supplentendienste stattgefunden." — § 4 könne entfallen. — Zu 5,
Absat?; 1: Hoi den Ati'<«r}irpibnn»»on vcm [.'»lir^t'^llen sei von d^n KewprV)*'rn
nur eine Lehrbefähi<^uiii: lür Hült;li»' Fachi^ruppen , wie sie tlie I>cliranitN-
prüfungsordnung vereinigt, zu fordern. — §5, Absatz 3: E-s siei beizufügen:
, ausgenommen solche Gesuche, in denen ausdrucklich bemerkt ist, dass
der Bewerber eventuell auch eine andere Lehrstelle gleicher Art erbittet."
— Im § 8 sollen die Worte „ror allem" wegfiillen. — Im § 10 soll es
^tatt „rechtzeitig" heißen .innerhalb G Wochen^ — Zu § 21: Eh »oll
keine Lehrpei-son zu Supplierungen in Fächern verhalten werden, in denen
sie nicht l«'hrbenUn\,'t ist. — 2J uu)ffe lauten: „Wird ein Ordin:iri;it
oder die Verwaituiu' firtpr f]il>liotiiek oder v\nrv Li^hrniittelsani mlung
einer Lehrper^on übiTtrageu , so wiid . . . Darauf wäre einzuschalten:
„.Jede Mehrleistung, welche den Lehrern iui pädagogischen Interesse auf-
getragen, von denselben materielle Opfer erheischt (s. B. bei Ausflügen)»
ist entsprechend su honorieren, und swar ist dabei das Difttensystem in
Anwendung au bringen." ^ Zu § 84: Bs sei dnrdi eine entsprechende
Bestimmung za verhindern, dass durch die während des Sein(«;ters erfolgen-
den Eintragungen im Classenkatalege das freie nnd richtige £ndurtfaeil
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42(3
Standeslragen.
eines Lehrers unterbundeii werde. — § 25 bedflrfe eines Zaaaixes be£Qglich
der Vertretung des Directors. — Im § 26, Absatz 1 sei der letzte Relativ*
satz ^welcher .... kann* xu streichen, desgleichen im Absätze 4 der
Zusatz „sofern nicht .... zu versagen". — § 31 niöffe ganz ausfallen. —
Im 5? J]3 sei nach dem Worte „wiiklic hf n" cinzuschulten ^beziehung^sweise
jn itvisorischen". Ferner wird eine „Centralstelle für Suppl^^ntonbostf^llnn«'
im hohen Unterrichtsmiai-steriam in Wien" empfohlen. — § 40 müge lauten:
„Die von einem Supplenten nach vol ständig erlangter Lehrbefähigung un
einer Staatsanstalt oder an einer im Reciprodtätsverh<nisse stehenden
anderen Anstalt mit der ToUen Lehrrerpflichtnng eines ordentlichen Lehrers
in ununterbrochener Folge zurQchgel^rte Dtenstseit ist, wenn die provi*
horiächc oder definitive Anstellung; unmittelbar an dieselbe anschloss, filr
dip Stabilorlclrming und (it n Anfall der Qninquennien voll in Anrechnung
z\i l>rin|T,>n. Bei Nichtcrfiilhm;^ einer oder niehieier der genannton Bo-
üjngun^'en (setzt das hoiie k. k. l'nterrichtsniinisteiiuni einen entsprechen-
den Zeitraum als für den genannten Zweck anrechenbar fest." — § 43. Ab-
sats 1 mOge den Zasats erhalten: ^Ältere Supplenten dürfen nicht mit einer
iceringeren iStnndena&tahl angestellt werden als ihre jüngeren Collegen
desselben Lehr&ches." — §44 solle im Nachsatse lauten: ^so soll er in
einer Bitdiothek außerordentlich verwendet werden, und hat Anspruch auf
eine Wartegebür von jährlichen 400 fl., die u. s. w." — § 48 kt^nne even«
tuell entfallen.
Wien, im Üctober 1S97. F. Daurer,
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Miscellen.
Induetiver Lehrgang aus Geologie.
Vorbemericnng.
Der vorliegende Lehrgang üt f&r die Realschule nnd speeiell fiir die
localen Verh<nisse von Gras beetimint.
Ich gehe von doiu Principe ans, den so ermüdenden LehrstofT der
Pctrographie «uccessive und getrennt durch SchiUlerungen dynaniii^cber
Vorgänge zu vermitteln. Durch Hie Anknüpfung :m d!(> den Schfilern ver-
traute Landschaft der Heimat stelle ich eine Reihe von Apperceptionen in
den Dienst des Untenichtes und suche das Intereswe auf die Entstehungs-
geschichte der Landschaft zu lenken. Der ganze Unterricht zielt darauf
hin, in den Scbülem eine Art rdckschanender ßetrachtnngsweiee der Land*
Itchaft zu erziehen, so da« sie beim Anblicke eines Berge«, einer Schutt-
halde n. s. f. an die Entstehung derartiger Gebilde denken, nnd so dem
NatnrgennsHe eine neue, vertiefte Hrundlage gegeben wird.
Da«^ die Voi hiiltnisse diesbe7.ii;^'li<,li in Omz besonder« gfinstig liegen
und kaum eine nennenswerte dynamische Kr«cheinun^ ohne Belegstück
geblieben ist, s. i elienfall« bemerlvt Auf eine nach den gangbaren Lehr-
büchern voUtstündige Beschreibung und Ciasüißcicruug der Gesteine habe
ich von vornherein Tenichtet, weil ich das geistbildende Princip mehr in
der Cntstehnngsweise derselben als in ihren Diagnosen sehe. Auch kommt
es meiner Ueinung nach bei dem geologischen Unterrichte überhaupt wehr
auf einen abschließenden, die drei natorgeschichtlichen Disciplinen wie in
einem Hr» nnspiegel vereinigenden Cursus an, de.ssen Endzweck sein sollte,
den Schülern das Leben des Krd<]fTinzen mit Ein«ch!ns<^ von Fels, Meer und
Luft verständlich xu machen, sie den >Sinn der Worte ahnen zu lassen:
Saxn loquuntur,
1. Lection. Relief und Abgrenzung der drei geologischen Pro-
vinaen Österreichs (alpine, karpathische und hercjniache
Provins).
Kartenskiiie der Donau, der böhmischen Masse, der Alpen nnd Kar-
pathen.
Massengebirge (Horste und Kettengebirge).
SenkungHfelder und Brachspalten: SQdrand der Alpen und Karpathen,
Fo- und ungarische £bene.
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428
Miacellen.
Tokay-Eperieser Spalte, Badener Tliermalliuie, Kanip- und Mürzlinie,
ülibacher Brucbgebiei
Der Ostrand der Alpen mit den drei Buchten Ton Wien, Gras nnd
Agram. Lage ron Wien alt Centrale dee Donaoreiches.
2. Lection. Relief tmd Abj^reuzung der Grazer Bucht.
Oro-hydrographische Skizze von Mittel«teiornuiik
Dif» norische Gabel, Umknickung des Koialjtenzuges im Pwsruck, Ut;-
dingt durch den Bacher (orographisch nicht tektonisch).
Dmupforte b«i Marburg, Yorseiebnung der Lftngsthäler der Mar nnd
Drau durch die Hauptkamme. Die QaertlAler der Kainach, Laaanits und
Salm ab Folge der Erodonethätigkeit, SchOckel und Teichalpenng alsO<t>
rand der Grazer Bucht.
Untertheilung der Gräser Bucht in das Gräser, Leibnitser und Fet*
tauer Feld.
Charakter der (iimdschaft als Cber^ingslandachaft zwischfn Iloch-
gebirgc (Alpen) und dem ungarischen Tiet'lande. Die Lage von Graz, Ui-
valität zwischen Marburg und Gnu.
1. Beide an einer achmalen Strompforte vom Tief- ins Hochland gelegen.
2. Dran zwar größer, aber ebenso reißend wie die Mnr, daher das Moment
eines schiffbaren Stromes hin^lig.
3. Mercantiles Moment. Alt«? Handelsstraße zwischen Wien und Italien.
4. Strategisches Moment spricht für Graz: Der Schlos^liorj^ s]iprrt sowohl
Kluss als Straße. Behnrrsehunf; des vorgelagerten Flachlandes und der
Einf?on^pforto ins st('iris(hr> Ohcrhind.
5. Graz liegt im Mittelpunkte dos «teirischen Braunkohieubeckenti, ist daher
Sita der Industrie nnd Knotenpunkt der Qsenbahnen (moderne Einflösse)
8. Lection. Das Grundgebirge der Graser Mulde.
Im Osten von Graz steht Gneis bei Badegund an und setzt sich von hier
über die ganze nordöstliche Steiermark bi« zum Wechsel fort. Aber auch im
Südwesten bei Stainz kommt finei.« vor. wo er in 5 bis 20cm dicken. s«^hr
großen Platten hei 200m Gi\s;uinntnr;ichtigkeit gebrochen wird. Vcrwt nduiig
desselben als Balkon- und Tioltojiä.tein: letzteres wegen der Verwitterung de*
Feldspates ungünstig. Westlich von Graz kommt Gneis als Grundgebirge in
den Kohlengruben von K60ach, Lankowits etc. vor; daher bildet Gneis die
Basis der gansen Grazer Bucht. Er bildet eine Mulde, weil er nur an den
Bändern sutage liegt, in der Ifitte aber von anderen Gebilden bedeckt ist.
Demonstration des Gesteins. Schieferuii<^ und Plattenbildung wahr-
scheinlich eine nachherige Druckwirkung, daher die Beseichnung meta-
morphische Schiefer.
Verbreitung des (Jneises al^ Ct'ntr.il- nnd Tanerngneis in den Ost-
alpen; ferner als rother und graiu r uuei« im Uühmerwaide und Erzgebirge,
in den Sudeten, im Riesengebirge, in Skandinavien etc., also die Möglich*
keit, dass er die erste Erstarrnngskruste der Erde bildet
Die Schieferhalle des Gneises: Graphitischer Thonschiefer als so-
genannter Grenzphyllit. Granit vom Bacher, Gneisgmnit von Übelbach.
V.M>,'leich mit dem Gneis: Maasen ge.«*tein und krystallinischf Schiefer,
Mangel aller Fossilienreste, also asoische oder archaische Formation.
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Miscallen.
429
Nutzbare Gesteine und Minemlieu. Krystaiiiniseher Kalk (ürkalk) als
3Iarmor: Laas in Tirol, Gnmniern bei YiUach und Voitsberg in Steiermark.
Gold am Bathhansbei^e bei Gaatein, Ranria und Fuach, Zell im Ziller-
thale, OberTellacb in Kftmten.
SilberhSltiger Bleiglam und Zinkblende bei Feistritz, Übclbach etc.
Spateisenstein, Ei»en- und Kupferkies, Antiiurn)-, Nickel- und Kobalt«-
ene in vielen kleinen Atif»5chlässeii in tlt-n Ct'nttaliilpon.
]>n^ Spateisensteinlager am trtberge bei Hüttenbeig. Streichen
!ij485fn. GesauuutmäcUtigkeit mit dem Zwischenmittel 758 m.
4 Lection. Vorläufige Cbersicht der ätratigraphie und Tektonik
des Grazer Gebirgei,
Erläuterung der Stratigraphie und der fünf iVoßle nach Clar.
Cm Badegnnd als Centmm ein dreifacher Bogen aus: SchOckelkalk,
Semriacher Schiefer und Korallenkalk. Zwei Contacte. Radegnader Gneia
und Semriacher Schiefer bei Plensengreith; SehOckel- nnd Korallenkalk
auf der Leber. Bei Radegund widersinniges, bei der f l i -^ i L'cr Hütte rechts-
sinniges Einfallen des Schöckelkalkes. Auf der Leber »Verwerfung", d. h.
A^■^inkt'n d'-s wcstlichon Schichtencomplexps- nm die $»anze Mächtigkeit
des ^cliückt'lkiilkes und den Sfiiiria^ber S. hieters. iJer bergmännische Com-
pass. Bestimmung des Streichens und Fallen^.
5. Lection. Der Schöckel.
l^ge und Gestalt des Bernes (Horst). Der Kalkstein ist gruu bis weiß,
graublau gebäudert, verwittert gelbiich>weiO. Bei Peggau ist er dnnkel-
bii schwarzgestreift. Der Hauptsache nach venteinerungsleer, nur an der
Grenze gegen die Urschiefer finden sich Stielgiieder von Crinoiden.
Dfis Kalkflötz streicht nördlich von Radegund nach Südwesten, Süden»
Südosten und endet im Kirchenhügei von Mariatrost. Fallen im allgemeinen
westlich.
Ent-!tohu!i;j:: Die deutlich?» Sc]i tchtnnj^ weist auf Absatz auü Wasaer
und die tiiugeschlossenen Seeliiieu auf du>> Meer hin.
Die Gesteinsbildung mittelst Absatzes aus dem Wasser heißt Sedimen*
tation. Es gibt sowohl Süßwasser- als Meeressedimente, was sich aus der
Natur der eingeschlossenen Thierrestc entscheidet Die Meeressedimente
sind wegen ihrer Mächtigkeit und Verbreitung die wichtigsten.
Alter des SchöckelkalkoK: Er liegt überall unmittelbar auf dem Grund-
gebirge auf; anderseits sind ihm aUe anderen Gesteine der Gnizor Hucht
auff'claf^f'rt : folglich muss er jünger sein als der Gneis von Kadf't^unil. iiber
iiltei als dit' iUni^'on lüazer Schichtgesteine Die ältesten, bereits deutliche
Petrefacten führenden öchichtgcätcine nennt man das Silur.
Der Schdckelkalk rät also tilurisch. Das geolc^fiache Alter hat nur
einen relativen Sinn, d. h. es ist nur im Vergleiche mit anderen Gebilden
ein älter oder jQnger gemeint.
6. Lection. Das Hochthal von Semriacb und die Lurlochhöhle.
Der Semriacher Schiefer, Verftnderlichkeit der Farbe, Structur, Unter-
schied zwischen Scbiefernng nnd Schichtung ; Bestandtheile: Chlorit, blftft-
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430
Miscellen.
cfaenbildender Feldspat; Verbreitnnff, Streiehen und Fallen. Beim Dorch-
bruehe des GOsUnger Baches swischen Plawnticli und Franenkogel folfft
Ober diesem Schiefer der sogenannte Nereitenschiofer. velcber Wunuröbren
einschließfc als letztes Glied der Silurformation von Graz.
Fornmtion heißt d\o Gpsammtheit aller währond eines bestimmten
geoloj^ischcn Zeitraumes pt'l)ihieten (Jci^teine. VerV)ipitunj( des Siluric
1. Nördlich und parallel der kry«tttllinis»chen Centralzone der Ostalpen von
Schwaz in Tirol durch Salzburg, dann in ^Steiermark längs der Enns
und Palten und unterbrochen bis KiederOrterreich. Durch die ganze
40 Meilen betrag;ende LAnge dieses Lagersnges gibt es eine Reihe von
Eisenerzvorkommen, s.B. Reichenau in Niederösterreich, Neaberg, Veitsch,
am Feistereck, Erzberg bei Eisenerz, Radmer, Admonler Röthelstein, ,
Liezen, WiM-fen. Flachau, Dienten (Salzlnirf^;, I'üli rsee und Schwa» in
Tirol, öilberhältiger Blei'^lanz und Hleniie im >ilui- von Ffibram.
Am besten bekannt ist diw bübmisdie Silur, welches nach den
Buchstaben des Alphabetes A bis E in fünf Etagen oder Stufen zer-
legt wnrde.
Entstehung des Lurloches durch den POllauer Bach (Einfluss). Der
Hammerbaeh bei Peggau (Ausflnss). Hdhlen und Dolinenbildung, Aufr-
Waschungsbeben, succussorische und Undulations- Beben. Höhlenlehm.
Diluviale Siiugethierfauna. Altere Steinzeit. Austiefung des Murbettes
bei Pofjtjan auf 200»?. Gletscherriefen als Wirkung des bewegten Eises.
Murmelthierreate am Uoinerkogel. Eiszeit.
7. Lection. Der Hochlautsch, die ßilrenscbflts und der Plawutsch*
sug.
Tektonik des Hochlantsch und der Teichalpe. Entstehung als Korallen*
riß', übereinatimraung in seinen unteren Schichten mit dem Plaimtschsnge
in Bezug auf Gestein und Petrefacton.
Die RriienscliiU/.. Kamin- und CaHonbildung. Strudellöcher und Riesen-
töpfe. Relroiriade Kiosion und Thnlbildnnp. Umlegung der Flui»läufe.
Göstinger Durchbruch (Gegensatz zum Mixnitzbach).
8. Lection. Petrographie des Gräser Devons.
Wir unternehmen eine kleine Wanderunir auf den Plawutsch und
informieren uns vorher darüber, dass man das Oroser Devon in drei Theile
abtheilt' Unter-, Mittel- und Oberdevon.
J. Das Unterdevon zerfTvUt wieder in zwei Theile: die Quarzitstufe und die
Ko^ennnnten Burrandei<«chichten. Aus diesen beiden allein ist fast der
ganze Plawutneh nnfgebaiit,
2. Das Mitteldevon bildet den oberen Theil des Lantachstockee inclusive
den Gipfel.
8. Das Oberdevon bildet den Gipfel der Steinberge und des Eichkogels.
Wenn man ndrdlich vom Südbahnhofe bei der Plawutwher Maut die
Stadtgrenze überschreitet, so sehen einem am OstgehRnge des Berges zwei
ver]a<:^ene Steinbruche entgegen. Wir wählen den sur Rechten und sehen
zunächst die Schichtköpfe sfininitlicher Gesteine in fnst reehteni Winkel
auf das Gehänge zntnp^e stehen und die Schichten ebenso in den Bei«; ein-
fallen (widersinniges Einfallen). Zu unterst bemerken wir jene uns schon
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Mucelten.
431
bekannton dunkelgrauen, mit wellijf gebogenen, glunrendschwarzen, vei-
«juetschten Wurmröhren reich 'lesüten Nereitensthiofcr, wf»eh«ellagernd mit
verschieden mächt Biuikeu eiues gelblichgrauen Kalksteine?*. Kü ist die
obere Silurstule. Daiaut folgen in gleichgeneigter (coneordanter) Lagerung
abwechselnde Dünke eine» versteineruDg&leeren Dolomits und eines harten,
mit Stahl Fonken gebenden Sandsteines. Diese beiden Gesteine bilden die
flogenannte Qoanilstafe. Unrichtigkeit des Namens Qnamt wegen des nicht
krystalH'iiertcn Bindemittels. Die Arten des Sandsteines nach dem Binde-
mitt» ! (thonige, kalkige, mergelige und kieselige). Etwa auf halber Höhe
de^ IJi'iijf'» nnijclangt, finden wir grünliche, weiß- (ind schwarTigpfl-M-kte.
wohl auch braun angowitti-rtf Steine liri-iinili('<^en, weiche nturk n.irh Thon
riechen. Es ist Diabas- und Melapb yitutl, wi.lfher in einer schumU n l'.uik
den giuizen Berg durchsetzt und ihn no in eine untere, die Quar^iutule,
und eine obere» die Barrandeistnfe trennt. Am Lantech treffen wir nicht
diesen Tuff, sondern Melaphyr nnd Diabas eelbst» welcher aber hier die*
selbe trennende Rolle spieli Welches ist non der Zosammenhang und die
Kntstehungsweise dieser beiden Qesteine? Es fanden unterseeische Eruptionen
.statt. Das Mugma übergoss deckenfSrmig die bereits vorhandenen Sedimente:
»o entstand der Diabas und Melnphyr. Dif \nl'anTsch'* Asche, gemischt
mit Lapilli, d. i. erbsen- bijj nu.s.sgrol>e ui)(,nTissfne .Stücke vom Diahns (re-
."spective Melaphyr) fiel im ganzen Umkreise der Eruption nieder und wurde
mit thonigen Zerreibsela dm Wassers snsammcugebacken und ebenfalls
deckenfttrmig flbor ältere Schichten gebreitet; das sind die Tnffe. Anf ihnen
erfolgte dann der weitere Aufbau des Korallenkalkes. Von Mangan rosen-
rot h und von (Waphit schwarz geRlrbte Thonschiefer greifen tungenformig
in den Korallenkalk ein. Das erklärt sich dadurch, dass sich von Zeit xu
Zeit feinge.«rli!rimmte Dets itn^iheilchen auf dif Koiaüt nbrinkf» absetzten.
In dip^cni Schlamme Ipbte eine rpirhp Kann i von Wüi uicrn, l?iai^hinpoilpn
(Pentauitrus I, untermischt mit abgerissenen uml durch flie IJi anduni,' z'^r-
Uümmerten Crinoiden- und Korallenfragmeiiten. Daher linden .nich ."stücke,
welche von all diesen Thierresten dicht erfüllt sind.
9. Lection. Die Petrefacten des Qraser Devons.
1. UnterdeTon.
Wenn man den ganzen PUiwutschzug bis zum Buchkogel von irgend
f»ini?m Aussichtspunkte am betrachtet, so errofjt er nn^v-Mlkm lieh die Vor-
8tcllinii| eines zunsrenfi amig in die Kl'cne hinausgicitcnden Korallenritis.
Und nach den Versteinerungen, die man namentlich dort, wo jene röth-
lichen oder schwarzen Schiefer anstehen, findet, bestätigt sich diese An-
nahme. Die große Mehrsahl n&mlich aller Foasilreate sind Korallen, nnd
zwar Ton der Art, wie sie die jetst lebende OigelkoralJe, dann die Stern-
korallen A stillen) und die Madreporen darstellen. Wir haben uns also eine
bnnt gemischte Gesellschaft dieser Korallen, eine auf und an die andere
weiterbauend vorzu.stellen. unt*'n stet- al>sterbend, oben immer weiter«
wachsend, bi« n!l diese Tinhünscn Kalkröhrchen zu einem dichten, pfleich-
iurmigen Kalksteine zusammenwachsen. Die« ist der sogenannte organo-
gene Kalk.
Wir haben uns aber weiter noch sa denken, dass in dem damaligen
Graser Devonmeere eine Tie! höhere Temperatur als heute geherrscht habe,
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4B2
Hneelten.
■wie wir sie heute nur noch innerhiiU» der Won lckroise treffen. Denn nur
in pinem Wa's^f'r. welches i^inr constante Temperatur von 18 bis 20" C.
Ijeaub, koDuten diese Korallen gedeihen. Kini^^e der wichtigsten Tvpea
derselben sind: Heliolites Banandei (dfus nauiengebende Leittossil), Spini-
ferina devonica, Faroiitet ityriaea und alpina, Zaphrentit corint vacciDani,
Cyatfaopbylliini Hdrnesi etc.
Von anderen ThierstftmiDeii kommen in dem Koiallenkalke vor:
Crinoidenstielglieder. Brachiopoden, namentlich Pentanierus Peteni, denen
Durchschnitte iiuf vielen (Irazer Pflaster])latten als weiße Hinge zu sehen
sind. Kin C'e])l);iloi)0(le. Orthoi era«? virtor. i^st für die.se Altersstufe sehr be-
zeichnend. Elicnso wie zwei JSpecies der Trilobiteu der Gattung Dalmania.
2. bm Mitleldevon.
Für dieee Stufe, welche nur am Hoohlantacb entwickelt »t, ist das
beseichnendate Foeril Cblceola aandalinat welche» auch in den frUher nnd
be«er bekannten Schiebten der Eifel eich findet. Itfan kann daher diese
Scbichten nach dieser Einselkoralle benennen.
3. Das Oberdevon.
Die Glymenienkalke von den Steinhergen und vom Gipfel des Eich-
kogels. Clynienia undulata. Zusammen hänpfonde Darstellung der wichticr?äten
C'ephalopodentypen, namentlich Nautilus, Orthoceras, Cyrtoceras, Goniatitoa,
Ceratites, Ammonites, mit Rücksicht auf deren seitliche Aufeinanderfolge.
Anmerkung. Die Stufen F, U des böhmischen Silurs als Devon er-
kannt. Das mächtige Devonvorkommen swischen Brdnn und OJmfits mit
Magnet- und Brauneiseners. Außerdem Devon am Niederrheine, in England
und Bussland.
]0. Lection. Verbreitung und Charakteristik der beiden obersten
paläozoischen Formationen.
Kurze CharuKleristik der .Steinkohlen- und Dya^formation. Yorkomweu
des Carbons mit Anthradt bei Türnich in Steiermark. WeslOstliebes
Streichen eines Garboasuges sfidlich von den Centraialpen im Oailthale
beginnend längs der Drau durch die Karawanken und Sannthaler Alpen
bis ge)jen Cilli. (Analogie zu dem Grauwackensuge nördlich von den Central»
alpen.) Dieses alpine Carbon besteht aber nur aus Kohlenkalk und Kohlen-
sandstein Wiederholende Erwähnung der wichtif^-^ten Qbrigen Kohlen-
vorkoiumen. Die I\vii- begleitet nl? ein -i hr sihiualer Streifen den eben
genannten Carbon/.ug läng.-« der Gail bis iiber \'iilach. Ebenso ist sie
zwischen dem ndrdlicben Paluozoicum und der Tria^» eingeschaltet von
Schwas in Tirol bis Lofer in Salsbui^. Vorkommen der Dyas in Deutsch»
land anknüpfend an die schon bekannten MansfelJer Kupferschiefer im
Zeehstein und das Saiilager von Staßfurt auf demselben. Die Djas in
Bussland.
11. Lection. Die Trias und die rhätische Formation.
Wenn wir vom Hochlantsch^^ipiV] nach Norden sehen, so erheben
sich zur Linken die Steilwände des Ilochschwabstockes, daraut folgt die
Veitscb, die Schneeatm, die Bax und der Wiener Schneeberg in immer
abwechselnden, vielfach gezackten und zerriMenen Linien und iast blendend
weißer Farbe; beides charakteristische Merkmale des Kalkgebirges.. Wenn
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Miacellen.
433
wii von St. .Michael die Li*»9in(» aufwärts und jenseits der Walderhöhe den
Palteu abwarte verfolgen, so haben wir rechts und links ganz verschiedene
üebirgstj'peii.
Wenn wir s* B. bei GAiebom nacb reebta nur eine hiUbe Stande in
ein Qa«rÜuü einbiegen^ steigen vor an« die wild lecriMenen Formen des
Adinonter Keichenetrinee, des großen Baehsteines, Sparefeld a. s. w. auf.
Links aber stoßen wir auf sanft (gerundete Gipfel aus dunkeln, ^Ulnzenden
Schiefern. Wir sind also an der Grenze zwischen Ur- und Kalkgebirge.
Vfn-folrren wir die Enn^* von Sclrthal an aufwllrts, >- > tritt nm der-
nelbe Gegeuäiatz »'ntgegen. Kechts taucht zunäclist der dioli. iidc ( "nimminjj.
später der Doppelstock des Dach- und ihorsteins auf, während links die
Rotten wanner Tsaem sieh erheben.
Im SQden beobachten wir s. B. bei der Fahii von MMrborg nnch
Klagenfort auf der Sndaeite die schSn geseichneten Kalkbei^, als: den
Ursalaberg, Petzen, Obir, Oistrixa und fern endlich den Grintous.
Alle diese Gebilde, welche als n<}rdliche und südliche Kalkzone unsere
Centralalpen }je>,'leitpn . entstammen einer geologischen Epoche» welche
am Graz fehlt, niiinlich der Tii;is und rhiUiscben Formation.
Erklärung de^ Namens Triad uacn liea» deutschen Vorkommen mit
den drei Stufen: Üuntsandsteiu, Muschelkalk, Keuper.
Vergleich twischen der deotschen ond alpinen Trias.
a) Verbreitung. Die dentscbe Trias von Lothringen bis Oberschlesien, TOm
Jnragebii^e bis zum Main, Frankreich, England und Nordamerika«
Al}>inf Trias: Die Alpen, Karpathen, sowie das ganze Mittelmeer-
gebiet, dius .südliche und östliche Asien mit Indien, das weHtliche Nord-
aroerika. Mexico, [*cru und Neuseeland; daher ist diese Entwicklung
der Trias der nnrnuile l^ipus. die deutsche Trias dagegen nur eine
StrauU- und liuchtbildung, also Localfacies.
ü) Petrogruphisoh. Dia dentscbe Trias ist, abgesehen Ton Muschelkalk,
haaptsächlich ans sandigen Gesteinen ausbaut, die alpine vorwiegend
aus reinem Kalke: Dolomit and Hergel; Sandsteine treten aurfiek.
In den Alpen haben wir von unten nach oben haapti&chiich
folgende Schichten:
1. Werfener Schiefer, etwa gleich dem öuntsiuidsteine,
2. Gutten^teiiier und iieif linger Kaik, Uallstätter Marmor, etwa gleich
dem Mnschelkulke,
3. Baibier Schichten,
4. Hauptdolomit und Dachsteinkalk,
6. Ktaener Schichten.
c) Paläontologie. In Deatochland ist nur der Muschelkalk etwas reicher
an Petrefacten, Buntsandstein nnd Keuper sehr arm. Dagegen i^t selbsf
der deutsche Muschelkalk arm zu nennen gegenüber den gleich-
altri<jen alpinen Gebilden, namentlich in Hetretf der die Horh«ee he-
woiinenden Ütiphalopoden. I'ies liestiiti^'t den früheren Salz: ,.l>it! weit-
verbreitete alpine Trius ibt die üocbHee-Kntwicklung der Formation, die
deutsche eine beschränkte Seichtsee- und Binnenmeerhildong."
Pflanaen: Von Kryptogamen nur mehr Farne; die Vorherrschaft ftihren
Gymnospermen.
Thiere: Chiroiheriuro, Eucrinns liliiformis, Terebratula vulgaris, Lima
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MiBcellen.
striata. Avicula contorta, Megalotu^ triqueter (HiiÄciitritte, versteinerte
Her£en), Ceratitcs binodonis, Ammonitet floridu« und viele ander«.
Wirbeltbiere: NotboMiurus mirftbiliB» Miutodoiuaann (Labyrintbodon*
teu), ein kleineB Beuteltbier: Mieroleites antiqwM.
Die rhätischc Formation ist eine ObergangsbiMung zum Jura. Sic
erreicht im Dachstein eine Mächtigkeit von über 1000 m und zieht sich
von hifr ühm* da«? Kamnn*r- \m<\ To^lt'^nt?pbirq;p n;ich Nioflnrustorreieh fort.
In cUm! juliiichen Alpen baut sie die Hochgiplel des Mangart, I'redil und
Trigiav auf.
Notibare Gesteine nnd Mineraliw:
1. Die alpinen Steinsalslager Anasee, hebt, Hallstatt, Hallein, Berehies-
gaden und Hall,
2. Blei- und Zinkerze von Raibl und Bleiberg,
3. Zinnober und Quecksilber von Idria,
4. Eiärnspiit- and Brauneisensteine von Werfen,
ö. Marmore.
12. Lection. Die Juraformation.
Vertbeilung von Land nnd Meer xnr Juraxeit. Geographische Ver-
breitung:
1. Boreale Provinz, Mittel- und Xordmssland. Nowaya-Semlia, Spitzbergen,
Sibirien, Kamschatka, die Aleuten, Aliaska, der arktische An^hipel von
Nordamerika und Grönland.
Fossilien: Nur Zweischaler. keint' Aimnoiiiton. keine Koiallon.
2. Mittrlciiropäischc Prov inz: Europa notdlich von den Aipeu und Karpatiif^n.
Japan, .Süciaustriilie«, Neuseeland, Californien, Chile, Bolivia. dasCaplanu.
Fossilien: Ammoniten nur apftrlich, hanpteftchlich Korallen nnd
besonder« die so beseichnenden Sanrier stark entwickelt
3. Alpiner Jura: Alpen, Karpathen, Mittelmeerländer, Krim, Kleinasien,
Vorderindien, Centraiafrika, Madaj^askar, Mexico und Peru. Also eine
äquatoriale Zone awiaehen dem 30. Grad nördlicher und dem 30. Grad
südlicher Breite.
Fossilien: Uauptentwicklung der Ammoniten, Saurier nicht ver-
treten.
Innerhalb dieser drei Zonen herrscht je der gleiche Fannentypus,
also drei homOoeoische Gürtel. Daraus schloss Nenmayr, dass sie mit drei
Klimaxonen zusammenfallen.
Schilderung des Ketten- und Tafeljura, als Beispiel eines gefiilteten
und Schollen-Gebirges. Einlagerung von Kreidegebitden in die Längsthäler
des Jura.
Pairiruitolof^ischos: P>-ntacrinus, Kii yiiclionella an^strica, Grj-phaea
arcuatu, Arii tites, Bclemnitcs (mit Phragmoconus und Uostrum), homo-
cerke Gauoiden.
Reptilien:
a) Schwimmende: Icbthyosanrus, delphinJlhnlieh, 10 bis 18 m, biconcave
Wirbel« FloesenfftDe, Spiralklappe im finddarme; Nahrung bestand aus
Weicbthieren und Fischen (beide letztere Umstände erkennbar ans den
Koprolithen); Pie^iosaurns, Schlangendrache, 6m.
b) Kriechende: Teleosaurus.
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Miscellen.
435
c) Fliegende: Pterodactjliu (Sperlinp* bi« Adlergröße), Rhaniphorbynclius,
Archaeopteryx lithograpbicus (Taubengrößc), mit Schuppen bedeckter
Rami>f. Zähne in den Kiefern, ijut entwickelte Flügel, ein aus 20 Wirbeln
bestehender Schwanz mit seitlich eingefügten, also Eweizeili^'>.»n Steaer-
federn (Sanrurae). Weiterentwicklung des Vogeltypua in der Kreide
(Hesperomiü und Ichthyorniä).
4) Dhioaaarier: Iguanodon, SSTtn, Megaloiavnu, 17 m, Brontomnras, 16 «t.
Pfiaaxen: Farne, Schachtelhalme, Nadelhöfamr nnd Fahnen.
Notebare Mineralien: KohleoflOtse in Banate (Steierdorf) und in
Ungarn (Fflnfkirchen).
18.Lection. Die Ooaanachichten im Kainaohtbale (Obere Kreide).
Dfti Viereck der Kainacher Mulde: Gaisthal, Graden, Piber, SOding*
berg. Zunächst Graz bei St. Bartholomä Steinbruch auf Kreidemergel fQr
die Grat wein er Cementfabrik.
Petrographie:
a) Für Graz: Feinkörniger Sandstein bei Kainach, graues, sandiges Coa-
glonierat nni kalkigem Bindemittel und Mergel.
b) Fflr die Kreide fiberhanpt: Schreibkreide mit Feuersteinknollen, Insel
BQgen, Mnemark, Frankrdcb, Enghind; Ortlnsand und grOner Mergel
(Glankonitsand), Plftner, ein mergeliger, in Platten brechender Kalk,
Qnaderdand&tein , ein wohlgeschichteter, vertical zerklüfteter Sandstein.
Beide letztere in der böhmisch-süchsischen Schweiz.
Palflontolnjrie: Exo«fyra coluniba. Inoceramus, Hippurites cornu vac-
cinum, Caprotina anunonia. .\etaeonella <,'i^anten. Nebenformen der Cephulo-
poden: Scaphites, Batulite»^ mit gauit geradem Hohre wie Orthocerarfi, t rioceras
mit spiralig aufgewundenen, aber sich nicht berührenden Umgangen, Turri-
lites mit schraubenf5rroigem Gewinde, Hamites mit hakenförmig gebogenem
Gehftuse.
Pflansen: Außer den Jorapflanaen die ersten Dikotyledonen: Magnolien,
Tnlpcnbäume, Myrten, Feigen, Eichen, Ahorne, Buchen, Kirschen.
Die Fiystlizoiie iler Alpen gehOrt theilweiae der Kreide, theilweise
jüngeren Biiduiigcn an.
Drei Kl eulepiovinzcn :
a) Die nördliche mit der Üchreibkreide,
b) die mittlere (BAhmen und Sachsen) mit Exogyra oolnmba,
c) die sttdliche oder alpine mit Budisten« und Caprotineukalken (Kant-
plateaa mit seinen Hdhlen und Üolinen).
Nutzbare Gesteine und Mineralien: Schreibkreide. CtMiientmergel,
Asphalt in den Kreidekalken von Istrien und Dalmatien, Kohle in der
neuen Weit bei Wiener-Neustadt, Marmor von Untersberg in Salzburg.
14. Lection. Die Te rtiärformation: Nnm niuHtenkalk, Flysch,
Siiugerfauna von Moutmurtrc.
Auf die ruhige und an Eruptivfjesteinon arme mesozoische Periode
fol^t die sehr Itewe^te Tertiärzeit. Dieselbe zeifiillt :^un.irli>,t in das Ait-
tertiiir mit den Stufen Eoeän und Oligocän und das Jungtertiiir oder Neogen
mit den Stufen Miocftn und Fliocän.
„0>t«rr. Hittotoefaale". XI. Jahr». 3X
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]fi8celteB.
Das Alttertiür ist für uns ans iwei Gründen wichtig. Ihm gehört
ernten« wenigstens för Österreich die letzte den Alpen und Karpathen
vorgelagerte GebirgSBtufe an. Die eine Form derselben, die Numranliten-
kalke und Numiuulitensandsteine, bilden nebst Rudistenkalken der Kreide
die Hanptbeatandmassen des Karstes, Istriens und Dalmftüens. Die andere
Fonn aind jene mergeligen Saadtteine, welehe nlt nOrdUeho Vorlage der
Alpen von der Schweis Im naoh Wien und dann nfirdlieh von den Kar-
patlien dnrdi gans Galizien unter den Namen Flyschzone, Wiener- und
Karpathen -Sandstein bekannt sind. Von diesem flyicb ist bei einzelnen
Partien bekannt, das.s .sie der Krt^iflt» ani^»^>!'"voTi . «o 7. R der Kahlenber^jf
bei Wien wegen Inonceranuisfunden, von anderen wieder, dass sie eocäa
sind, so vielfach in den Karpathen, von wieder anderen HUst sich wegen
der allgemeinen großen Armut an Yersteinerungen weder das eine noch dai»
awiere bdiaoptai. Da nnn dieoer Flyscb, ja in derSekwda sogar die noch
jfingere, nftmlieb miooftne Nagelflne mit den Übrigen OUedem der Alpen
mit anfgeftant aind, eo folgt Auana die wiehtige Thataache, daaa die leisten
Faltungen dieses Gebirges erat in jnagtertiärer Zeit geschehen sind. Allein
die Alpen müssen sich schon seit den paläozoischen Zeiten im Zustande
der Hebung befunden haben, weil man mitten in denselben Schichten mit
Landpflanzen findet, z. B. Sigillariea und Lepidodendren auf der Stangalpe,
welche nie wehr vom Meere bedeckt wurden.
Der zweite Grund des Interesses an den alttertÜren Ablagerungen
ist der, weil diejenigen Sduchten, welehe das Pariaer Becken erföllen, dio
Beste der Utesten höheren 8&ugetfaiere enthalten. Ea sind das theila Vor»
läufer der Tapire nnd Pferde: Paläotherium , theils der Wiederkäuer:
Anoplotherinm ; -femer der Ranbthiere: Kynodon, Araphicyon, welche noch
nicht entschieden nach der einen oder nach der anderen Richtung aus-
gebildet, sondern sogenannte Collectivtypen sind.
16. Leetion. Daa Graser Tertiftr.
Die TertiSrfonnation bildet die Brannkohlenbecken von Oberfisterreicb
und Böhmen, den Boden von Wien nnd umrandet in einer breiten Zone
das mächtige stmriseh-nngarMche Dilnvialbecken. Die in neuerer Zeit er-
schürften Brauiilcnhlenlager von Nordungarn (Salgo Tarjan), Siebenbürgen»
Kroatien und Slavonien bilden mit den altbekannten ateirischen einen Kreis
um da.s ganze Becken. Wenden wir uns nun unserem engeren Gebiete zu.
Im Süden desselben, z. H. bei Leibnitz. Mnreck bis St. Florian herauf finden
sich bäu6g versteinerte Schiidigel, welche beweisen, dass dm Miocüauteer
diese Gegend bedeckte. Allein in die Kainacher Mulde reichte es nicht.
Wenn wir von der FQntenwarte genau nach Westen ins Thal ab-
steigen nnd dann Aber den Matischberg nach Winkeln wandern, so treffen
wir am Westbange desselben unterhalb des Fahrweges auf Schichten aus
lockerem Meigelaohiefcr and weißem Süßwaaserkalke , welche nach den
VerBtcinemngen als oligocäne SüGwa^serl)i!dungen gelten und auf unserer
Karte mit einem olivgninnn Ton bezeichnet *'ind. Diesellien .Schichten
finden sich weiter in der .Mantsclia, wo sie beide Thalfjehitnge einnehmen,
dann ausgedehnt in der Bucht zwischen Webling und Straßgang, leroer
östlich vom UOltenberge „In der EinOd* und namentlieh bei Bein, deaaen
BraunkoblenflOts fUr gleichalterig, alao auch oligocftn angesehen wird. Die
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Misceilen.
437
Kohlen des KdHaeh-Voitsbeiiger Reyieres «ind jüngere, nftmlich mioc&ne
Bildnogen*
In Winkeln und Oberbüchein treffen wir auf Kalk uad hier Mwohl
als auch bei Waldhof auf granlichen Tegel, beide mit Etnsohluasen von
Cerithium pictum, Cardien und anderen FoMilient welche dieien Schichten
ein miocänen Alter zuweisen.
Alle Qbrigen siiaften Kuppen uml Hügel, auch jener, welcher das
Sohlois Thal selbst trägt, gehören der obersten Stufe unseres Tertiärs, dem
Plioeftn an. Sie lind au* Lehm, Schotter und Send gebildet Diese jangste
Stnfe dec Tertito serfiUlt in iwei Glieder: die bnkiachen Gongerien-
schichten, nach einer beseichnoiden ▼iereckigen Moaefael benannt, und die
BelTedereschichten, onzweifelhafteFluasbildungen nach dem eigenthümlichen
durch Eisenocker ^clb gefärbten Schotter. Außerdem enthalten «ie aber noch
f-ehm. Sand, SanH-itein und Conglomerat. Der ronf^erientc-^'el bildet, wie
mehrfache Biunnenbohrungen ergaben, den eigentlichen Boden von Graz.
Er setzt ferner die Höhen des Rabnitz- und Authales, mw'iQ die östlichen
Uferborde de« Mnrtbalas suounmen und reicht aber Nestelbach, Gieisdorf
nach Weil und bildet ftrt awiehließlich das ganM Hügelland Örtlich der
Raab. Die BelTederesehiohten eetaen die Blicken »wischen der Eunaoh,
Södii^, Lieboch und den Devonbergen westlich der Hnr, femer die Niede-
rung von St. Stefan und Schaltleitett und das Viereck Graz, Eumberg,
Gieisdorf nnd Messendorf zusammen, überall auf den Höhen östlich um
<uaz bildet Belvedereschotter die Decke, H auf dem Weg'f von f!er
liilmwarte nach Mariatrost, auf dem Ruckerlborge , selbst bei Kalkleiten
in einer Höhe von 090 in. Dieser Schotter dürfte wahrscheinlich aus den
Köfiaeh'Yoitaberger Alpen (30 fem von Oraa) herstammen und hat von dort
her zunächst die Kainacher Moide ausgefllllt Von dort her drang er durch
den Durchless swiichen StraOengel nnd Oratwein nach St. Stefan rot und
fBllte von hier aus das brakische Becken dea Congeriensees innerhalb jenes
Viereckes an. Die Ränder dieses ehemaligen Sees nach Osten und SQden
werden durch Tegelwälle gebildet, welche unter den Schotter hineinziehen.
Das ganze Hügelland östlich von Graz nuiss man aich also ursprünglich als
eine zusammenhüngende Lehm- und Schottertafel vorstellen, in welche die
Eroiionsfurchen der Bftche (StifÜng, Kroisbach, Ragnitz etc.) erst die
Tbftler einriiBen und so jene liebliche Hflffellandschalt modellierten.
Funde im Gongerienlehm: Die Sdiule besitzt swei sdiffne Gipsabgfiase,
den eines Unterkiefers von Dinotherium giganteum, gefunden bei Messen-
dorf, und den eines Oberkiefer? von Mastodon longirostriSi gefunden bei
Fehring'. Diese beiden mächtigen Ihckhäuter, dann Rhinoceros incisirus
und das drei^ehige Pferd Hip])otherium charakterisieren die pliocäne Säuge-
thierfauna. Dabei mns:* bemerkt werden, da."« es noch zwei iiltere Faunen
in Steiermark giht, die miocäne von Eibiswald und die oligocüue von i'rifail.
Pflanien: Birken, Weiden « Buchen, Ahome, Walnuss, Platanen,
Linden u. a. m,
16w Lection. Die Trachyte und Basalte von Gleichenberg,
Mineralquellen, ihermen, Geysire etc.
Blickt man von der Fürstenwiirte nach Südosten, so siolif man am
Rande des Horizontes den merkwürdigen Basalttutt'kegel der Uiegersburg
31»
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438
Miscellen.
und weiter die Trachyte d^r Gleichenberge, beides Zeugen einer l&ngst
erioidieBen Tulcaniachen TU%k«t in unaerem Gebiete, deren letitea
Atisklingen du Fließen der Heilquelleii TOn Gleidienben; ist. Dieae
Trachyte sind die westlichsten Vorposten einer langen Kette solcher Berge,
die sich weit nach Sudungarn hineinziehen und ebenso wie die Trnchyte
dor Kariiathen und Siebenbürgens zur Miocanzeit heraufgedrnn^tn sind.
Di&ae jung- eruptiven Gebirge Ungarn» sind wegen ihrer noch immer be-
deutenden GoldfÜhmng den erschöpften Lagern in den Unlpen (Raoris etc.)
gegenübenmitelleB.
Jünger als die Trachyte dad noch die BMalte, oftnilieli plioeftn.
Die Gleichenberger Heilquellen and Kohlensäureeihalationen ftlhren ganz
natCUrlieb auf die Frage der Thermen ül'oi huupt. Therme ist jede Quelle,
deren Temperatur höher ist uJs die durtli8chnittliclie Jahrestemperatur
ihres ürsprungsortes. Solcher hat Steiermark eine g5ui7.e Reihe: Tobelbad
Üb bis 2ftOC., Neuhaus 36". Tütter und Rdmerbad 37 und Noch be-
rühmter sind die böhmittcheu (^i^^^l^^ti von Murienbad, ir ranzeubbad, Teplitz
und namentlich Karlebad 7A^0,
Gewöhnlich idnd die Thermen sngieieh Mineralquellen, da ja die
höhere Temperatur anch die LOeongafthigkeit de« Warnen erh(Ait. Allein
ttOthwendig ist diesee ZaAmmenfallen nicht (Akratothermen).
Heiße Quellen, welche periodische Eruptionen zeigen, heißen Geysire.
Sie enthalten gelöste Kieselsäure, welche nach den Ausbrüchen Sinterkegel
und Heck>>n absetzt (li^land, Yellowstonepark, ^ieuseeland). Bunaens Geysir-
tbeohe. Motetten und Solfatareo.
17. Lection. Vnlcanismus.
Stetige i^amoa-Inseln) und iutermittiereude Vulcane, Lava (Oekrü>e-
und Fladtfnlava), Ai^he, Lapilli. Bau und Thätigkeit der Vulcane. Cico-
graphische Verthcilung und Zusammenhang mit tektonischen Vorgängen.
18. Lection. Das Diluvium von Graz.
Jederseitü der Mur fünf Flussterrassen. Spuren davon: Dominicaner-
riegel, Annenstraße, Sporgaase, Münzgraben, St. Peter. Geaammthl^ circa
80 f». Muiechotter unterscheidet sich von Belredereacfaotter durch die
Häufigkeit von Gneis- und Kalkgeschiebeo. Das ganse Graier Feld ist
wahrscheinlich ein See gewesen . welcher von Norden her mit Schotter
angefüllt wurde. Dann hat sich der Fluss in diesem Schotter mannigfach
wechselnde Betten gefurcht. So durfte die Abtrennung de» Schloas- und
( alvnrienberges von ihrem Stammgebirge durch Flussscbleit'en erfolgt sein
(Thalberge, Zeugen).
Die diluviale Säugethierfauua. Im Johanneum befinden sich zwei
Ifohls&hne dee wollhaarigen Nashornes (Rhinooeroe tichorhinus), gefanden
bei Steinbargen, and ein Stoßeahn vom Mammut (Elephas primigeniua),
gefunden zwischen Gratwein und Stfibing. Reste von HOhlenbftren fonden
sich vielfach in der Badelhöhle und im Lurloch (Höhlenfauna).
Der früher crwlllinte Murmelthierfund am Rainerkogel und die
Glet>c h<>rschIitlo im Murtlialo bei Peggau legen es nahe, dass auch bei uus
eine i'eriode der Vcrgletscherung bestand, und dass wir unser Diluvium
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439
auch in ein prft*, inter- und po«tg1«ciale9 emtheilen k^Snnen. Auftreten de»
Urmenacben. Pcfthiatorie.
19. Lection. Die Entstehung der Alpen nach Sues«.
Analogien zu den Alpen in den übrigen jungen Kettengebirgen. Die
Alpen können nicht durch einfiMhe eruptive Hebung der Centrahone ent*
standen -ein, denn
1. tst dieselbe (wenigstens stellenweiae, z. B. Berner Oberland) selbst ge-
faltet,
9. gibt es auch Faltengebirge ohne krystaUiniiche Centralione, «. B. der
Jura.
Contraclaonatheorie.
20. Lection. Wiederholung und Zusammenfasaung des betrachte«
ten petrographiscben Materiaie«.
Gesteine
a) krTttallinische b) Schichtgesteine
^ \^ ^sedimentftre)^
Massengeäteine ^Schiefer klautische organogene
21. Lection. Wiederholung und ZusammenfasRung der palä-
ontologiachen Verhaltniese der einseinen Formationen.
Entwicklung^ng in dem Anftaucben und Erltechen der Lebens
formen nach dem Principe der stetigen Yervollkommnung durch Differen-
sierung und Anpassung.
22. Lection. Wiederholung und Znsam mm Fassung der djrnami-
»<chf^n Erscheinungen.
A. Exogene Wirkungen.
1. Wirkungen des Waasers und Eii&i,
2. Wirkungen des Windes.
B, Endogene Wirkungen (Wirkungen des Erdinnern).
88. Lection. Kant-Laplace*sche Theorie.
Allgemeine Vorstellungen Über den stofflichen Urxostand« die Bildung
und fortschreitende Entwicklung des ErdkOrpen als eines Tbeiles unseres
SonneniTstems.
24. Lection. Forschungsmittel und Methode der Geologie.
1. Petrographie,
2 Paläontologie,
3. •Stnitigraphie,
4. Tektonik,
5. die kosmischen und physikalischen Besiehungen des ErdkOrpers.
Ora». Dr. VicUfr Nieisch.
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440
Die Mineralogie als Unterrieh tsgegenstand
in den unteren Classen der Mittelschulen.
Der Lehrstoll' der Naturgeschichte zerfällt nach der Eintheiiung (1»>r
Katurproduete in belebte Wesen und unbelebte Dinge einerseits in die
Lehre von den Lebewesen, anderseits in die Lehre von der unbelebten
Natur. Zoologie und Botenik bilden jedes Iftr ttofa ein völlig abgeschlonene»
OftDM, flo da» in beiden FftUen der I«ehntoif nach Abgrenxong und An-
Ordnung auch auf der ünterstufe v5llig klar vorli^ und der Unterricht
in den oberen Classen nicht nur quantitativ eine Erweiterung bedeutet,
sondern durch .-.ein naturj,'emiiß anders gestecktes Lehrziel die Zweistufig-
keit des ^esammten Lehrvorganges glänzend rechtfertigt und aU einzig
richtig erkennen l.lsst.
Den Gegensau zur Zoologie und Botanik uiu^ die Lehre von der un-
belebten Katur, die sogenannte Mineralogie, bilden. Aber nur dann ist der
Oeaammtunterricht in der beeebreibenden Natugeeehichte ein in eich ab-
geecbloMenea, voUatftndigee Ganse, wenn dieser dritte Theil alles snaammen-
fasst, was die beiden erstenTbeile nicht in sich schließen kOnnen.
Ist diese Forderang nicht erfQllt, so ist der Unterricht der Naturgeschichte
in den unteren Classen Stückwerk
Die Mineralo^'ie. in wissenschaftlichem Sinne genommen, erfüllt diese
Grundbedingung nicht, nie behandelt nur die Mineralien als solche, int also
nur ein Theil der Lehre von der unbelebten Natur und nicht der er-
ganaende Gegensats sn Zoologie und Botanik. Ei mnss folglich jeder wie
immer ipeartete «nd surechtsetegte Anssug ans dieser Mineralogie, wenn
er ttch auch dem Fassungsvermögen der Schüler noch sosehr anschmiegt,
sdion im Lehrstoffe verfehlt sein. In einem solchen Falle kann es sich
nur um die Beschreilrnnf^ und düs Erkennenlerncn wenij,'er Mineralien
neben der ( bung der Sinne handeln, ein Unterricht, welchfr rregenüber
der Zoologie und Botanik mit ihrer ungeheuren Fülle von Objecten, Lebens-
äußerung und Leziehungen unter sich und zum Menschen unter einem
solchen Mangel an anregenden, die Phantasie und die Wissbegierde des
Sehfllers belebenden Momenten leidet, dass es, gerade herausgesagt» sehade
nm die Zeit ist, welche einem solchen liChntoffis geopfert wfirde.
In der That nind auch schon Stimmen laut geworden, welche die
Auflassung der Mineralogie als Unterrieht^menstand auf der Unterstufe
fordern.
Die Grunde, welclie fiir diese Forderung angeführt wurden, aeigen
jedoch den taUeheu Standpunkt, von welchem man bei diesem Verlangen
ausgieng. Der Mangel an genügender Kenntnis der Eörperiehre und Chemie
sollte diesen Ünterriehtesweig nutslos und nnerwflnscht machen.
Eine wisaenscbaftlicbe Mineralogie freilich ist ohne beide unmligUch.
diese aber erfftUt nach dem Vorhergehenden die Forderung an „die Lehre
von der unbelebten Natur" in keiner Weise, SO dass der Mangel an Chemie
und Körperlehre gar kein Hindernis fiir einen ersprießlichen {.'nterricht in
der sogenannten Mineralogie ist. Dieselbe darf auf dieser Stufe die
obengenannten Voraussetiungen gar nicht machen, im Hogen-
theile musä sie für Chemie und Körperkenntnis vorbereitend
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Miiceiien.
441
irirken. Das ist der Weg, velchen die Wuiemchaft gegangen, so die
tftofeiileiter der memchliehen Erkeaataie an^ericlitet wordea, so mtne
«ia aatargemftßer Uaterricht gegliedert aeia, weaa aicht onaatfirlidte
Veieebiebungen im Lehziioffe die unausbleiblidie Folge sein sollen. Das
Naturgesetz der Bewegung in der Richtung des geringsten Widerstandes
ist das oberste Gesetz eines natnrgemäßen Unterrichtes, und es heißt
den durch die Entwicklung des Wissens rorgeschriebenen Weg volUtiindi|?
ignorieren oder die Giltipkeit dieses Naturg-esetxes gerade dort verleu^'nen,
wo deine äorgfältigste üeachtung Grundbedingung jede» wahren Kr«
folge« iet> aftmlieh tm ünterricbte» weaa man aaf der erttea StoüB
der aatarwiieeaichaftliebea firkeaataw die Cbemie aar Basis der Lehre
voa der aabelebtea Natur aiacbt
Eiae aoldie annatürliche Verschiebung ist es meiaer Aaeicht aach,
wenn, um die Mineralogie — im gebräuchlichen Sinne genommen — in
d»^n unteren ('lns«pn möglich zu machen, die Chemie ganz in den Anfang
der i*hyÄik verlegt wird, während doch ihr Platz naturgemäß ans Ende
ihrer Vorläuferin gehört. In der Chemie, welche dann der Mineralogie
vorausgeht, wird ohne Kenntnis aller wichtigen physikalischen Erscheinoa*
gea aebea der Erfkseuag der eehwierigatea, daalieh aasngängigea That*
Sachen aacb die Erkeaataie ftußerlidier» eiaalieh wahraehmbarer Eigea-
Schäften verlangt. Wo aber hat der Schiller die Begriffe uad Beseichnm^ea
f&r eine solche Erkenntnis her? Ist es nicht einer der Baaptnrecke dee
Unterrichte« in der unbelebten Natur oder der sotf^nannten Mineralogie,
einen hinreichenden Vorrath solcher Begriffe und Bezeichnungen zu
sammeln?
„Die Mineralogie gehört in die Chemie!'* Das ist vollkommen richtig,
weaa es sich am wiveaaebaftlicheB Voigehea droht» aber &Iseh aof der
Uaterrtafe. Hier wftre gerade dae Umgekehrte richtig, daes aftmlieh
die Chemie ia die Mineralogie gehfirt. Es iit aicht weiter aflthig,
den principiellen Unterschied der beiden Auffassungen zu erläutern, nur
eines möchte ich bemerken, daas der letzte Standpunkt keine Physik
voraussetzt, was bei pin*^ni naturgemäßen« ich möchte sagen, historisch
richtigen Lehrplane nothwendig ist.
Diesem Standpunkte suchte ich in meinem Vorschlage über Umfang
nad Aaordanng des Lehrstoffes durch eine große Zahl einschlägiger Ex-
perimente gerecht *n werdea, wobei der leitende Qedaake der geweeea iit,
daas die togenaaate Uiaeralogie Torbereltead so wirkea habe.
Uaaufschiebbare , an eine kurze Zeit gebundene Arbeiten machea es
mir unmöglich, auf diese Einzelheiten einzugehen, sie haben sich auch
am Mittelschaltage der KQrM derzeit halber der mäadlichea Beqprechaag
entzogen.
Ich glaulje, das.s durch die folgenden Tabellen genügende Klarheit
über Umfang und Anordnung dea Lehrstotl'eä gegeben ist, so daas die Ex-
perimente eich ao ziemlich von »elbst ergeben.
Dan ich mich ia dem eigeatlich miaeralogischea Theile des StolÜBi,
weldiem zwei Drittel der UaterriditMeit sngewiewa riad, der dnreh die
Instructionen gegebenen Anordnung nicht angeschlossen habe, wird be>
gieiflich sein, denn diese widerspricht dem Fortschreiten TOm Eiafochea
zam Znsammeagesetzten.
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442 ICiwellen.
Fturnn wir smammeo, wddie Foidoraiigeii aa die Mgeaaiinte Miaerar
logie ia den anteraa Ctaswa geirtellt werdea mflaitea, weaa dieaelbe dea
hittoriwh ihr angewiesenea, also alleia berechtigtea Staad walurea aad aU
Lelirgegenstand ebenbürtig nebea Zoolofi^e aad Botaaik bettebea toll » m>
ergeben sich folgende Sätze:
1. Die Mineralogie muss den unbelebten Theil der Nntur umfassen.
2. Sie rouKS, selbst ohne VorauBsetsangea, vorbereitend auf andere Diaci-
plinen wirken.
B. Sie muss dem jugendlichen Schüler eine genügende Fülle anregender,
allgemeia wieseaswerter Tbatiadiea bieten.
Der ErdkUrper.
Planeten. — Größe der Erde.
I. Luftocean. Lut'tiörmige Kürp^^r.
II. Wasseroceaa. Flflinge K<kper.
III. Erdfeate. Feste KOrper.
Qesetmftüige Lage der drei Theile. — Giebas dereelbea, Imm »
1 fifeograpbiidie Heile.
I. Der Luftoeean.
Eigenschaftea.
1. Breaalnft 1 ^ x ir
o T i 1 i«! ^ Saueratoff.
2. Lebensluft |
3. Wasaerdampf.
IL Der Wasserocean.
1. Waaaerdampf, Eigenaciiailen, Vorkommen ia der Erdfeate.
2. Waaaer, Eigeaschaftea, Torkommea auf der Erdfeate.
» «ber „
3. Eis, Eigenschaftea, Vorlcommea auf der Erdfeate.
II in « »
über , »
n
Bildung des Dampfes — Sieden ^ Traaqport des Wasaera aad der
Wärme — fiegelung dea Klimas.
HL Die Erdfeste.
1. Graadatoffe:
o) Metalle,
h) Nichtmetalle.
2. Erae: Schwefelkies, Kupferkies — Bleiglanz, Silberglnnz — Zinnober —
Roheisensteia Braoaeiseaateia — Magaeteiaeasteia — Spat-
eisenstein.
3. Steiae: Quarz, Opal, Granat — Feld««pat — Calcit* Aragoait — Gips —
Glimmer — Steinsalz — Flu.s<spat.
4. Pflanzliche Mineralien: Bernstein — Kohle.
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443
So leid et mir that, die »Erdfeste" am abeolatem Mangel an Zeit
aieht eingehend lieiprechen an kOnnen, wae der Zukunft vorbehalten ist,
io kann ich doch eine korae Bemerkung nicht onterdrOeken.
Die gebräuchlichen HJlrteprrnle sind Schiitiungen and keine Messungen,
ihre TrSf^r den) J^chül<?r unbekannt und fnln^lich hier naturwidrig:. Si<» sind
zu ersetzen durch bekannte Elrscbeinungcn und Objecte uU: Abfärben am
Finger, Fingernagel, weicher Eisennagel, MesserspitZie, KieseUtein, härter
als Kieeeletein.
Ffir die aamnimengeeetaten Kfirper möge ein einftebee Beiii|nel ge-
nfigen: SchwefelkicB beBtebt nngeflUur snr Hillte ana Bisen und aur Hftlfte
ans Schwefel.
Das« die so kurz bemessene Zeit am Mittelscholtage eine eingehendere
Besprechung und Klärung meiner im Au8tu^»e vorgebrachten Aniichten
nicht zii;^elaj?8en hat, bodaure ich aufs tiefet«», da jede mündliche Verhand-
lung ungleich sieherer und schneller zum Zieh' tuiirt al« alle Schrei bcreien.
Da es aber einmal nicht anders möglich, t»o lege ich dieselben einer wobi-
wollenden Meinungsäußerung der geehrten Herren Facbgeaossen vor mit
der Bitte an bedenken, was aneb am Mittelsobnitage allgemein anerkannt
wurde, „dass dieses Thema einer der schwierigsten Punkte unseres ünter-
richte« ist".
TepUta. ^ C. JCitfldr.
Einige Bildereyklen aus dem elassisehen
Süden.
Von Prof. Dr. SidgMed Lederer (Radanta [Prag]).
(Vortrag;, gehalten am 18. April 1897, gelegentlich dee VI. deutsch -Öster-
reichischen Mittelschultages, im k. k. Theresiannm.)
Hocliverehrtc Versammlung!
Eini^^»e Bildereyklen nm dem damischen Süd'Mi, umj Griechenland und
Italien, sollen heute nach vorbereitenden Bemerkungen zur Projectiou ge-
langen. Orieehentand msd Italien — wir wollen b^ den theuen Namen,
die unser Hern bOher schlagen madien, einen Augenblick Terweilen. Alles
Schone und Edle, alles Große und VorbtldUcbe ist seit unserer Jngendaeit
mit ihnen Terknupft. Als Knaben lauschten wir dem Worte des Lehrers,
wenn er von den kriegerischen, von den cultnrellen Kuhmesthaten erzählte,
die Hellas und He^perien vollHlhrten; als Jünglini?:« bewunderten wir
staunend die Meisterwerke antiker Kunst, aber erst al« Männer brini,'en
wir dem clastiiächen Allerthume reife? Verständnis entgegen, das wir deui
uns anvertrauten Geschlechte treu zu vermitteln bestrebt sind. Jede wirk-
liche Forderung dieser Eniebungsthätigkeit ist uns freudig willkommen.
In tausend und abertausend Wirkungen, mittelbar und unmittelbar, greift
die Antike in die G^nwurt ein: das Studium der Alten ist nicht mehr
gleichbedeutend mit geisttOdtendeni, ^grammatischem Regelkram. Nach allen
Richtungen hin sucht heute auch schon die Mittelschule dem Leben und
SchalFon der Alten gerecht zu werden. Völker und Nationen, die einander
politisch feindlich gegenüberstehen, einigen sich in der Erforschung der
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444
Miscellen.
dahiiigeguigeneii großen Zeit tn firendiger und efsprießlicber Friedenttrbeit
Auf elaniNhein Boden, im ebuMiaeben Sttden tre^n Alterüranukettaer und
AlterihiiiiMfreunde aiM aller Herren Länder, aus der alten nnd neaen Welt
zufammon, nm an Ort und Stelle die Monumente zu studieren, um. wo die^
möglich i^t, unter Aufwand der j^rößten Opfer "mit Spaten tind Hacke dem
Trt^ealichte wieder zu gewinn^'n. wa.s .schirmende Erdauf häufun«3[en Jahr-
hunderte-, jahrtausendelang der Vernichtung entzogen. Dort aber, wo
weder Beetehendea noch Verborgenes zu gewinnen ist, da breiten idcb heate
wie ebemalt die Ebenen ans, anf denen in beißem Kampfe die Geeittang
über die Barbarei negte, da ragen die «genberahmten Berge, da murmeln
die Quellen, da rauschen die FlOsse, da schimmert das Meer, da blaut der
Himmel, wie in alter Zeit, da bestehen beute noch vielfach die Bedingungen.
All* df>npn die von xins so bewunderte antik ^^Tröße hervorgieng. Diese
Bedingungen aus »^iijener Beobachtung kennen zu lernen, sich auf »r^-
heiligtem Boden «innend in gewaltige Epochen zurückzuversetzen, das war
lange, lange Jahre hindurch die heiße Herzenssehnsucht der Lehrerschaft,
einer jener Wllneobe, denen üut durebwege eehon aue materiellen Gründen
die Gewftbrung Tetaagt blieb. Ncn cuMb homini eonUngii adire CO'
Mit einemmale wurde das andenti nnd, was uns mit besonderem Stolie
erfiillt, zuer!«t in Oi?terreicli. In ganz einzig dastehender und. wie ich von
ini^iiipr im Vorjahre unternommenen Siidlandfahrt hfrweib, vom f^esammten
Ausiunde vielbewunderter Freigiebigkcit bietet tmsere hohe Unterrichts-
verwaltung ihren MittelschuUehrern durch Urlaub, reich ausgestattete
Stipendien und eeit iwei Jabrtn Sberdiee noch durdi ausgezeiebnete
F&hrung Gelegenbeit* ani eigener Anaebaoung den durcb den Geiet der
Antike geweihten elaMnecben SOdra grflndlich kennen m lernen. So war ee
auch mir vergönnt, Italien, Griechenlaadp die Troas und Sicilien lu bereiten.
Noch sind Kopf und Herz voll der großen Eindrücke, der reichen Be-
lehrungen, die ich empfienjr; sie verleihen dem Denken und Fühlen auf
lanf^e Jahre hinaus neuen Inhalt und beeinflussen naturgemäß auch die
Lchrthätigkeit in er^prielUicber Wei^. Ich mu;is e« mir, schon mit Rück-
sicht auf die knapp zugemessene Zeit, versagen, diesen Gedanken weiter
auwQipinnen. leb will Tielmebr die seltene Oelegenbeitf die ausgezeiebuete
Scbulmftnner, bingebnngtvolle Lebrer, Leuebten der Wimenecbaft und £r-
liehnngskunst hier miammenfQbrte, daxu benfltiea, um Ihnen eine kleine
Auswahl des SebOneten vorzuführen, das mir tu ecbauen vergdunt war»
damit Sie aus eigenem Urtheile entscheiden können, ob es in der von mir
fjebotencn Form der Schule im allgemeinen Nutzen zu lirinj;^en vermacf.
hu Intore.s.se der Sache »elbst aber glaube ich einij^e einleitende Be-
merkungen über die Entstehung der Bilder vorausschicken zu sollen. Ver-
zeihen Sie, wenn ich dabei mit dem eigenen Ich beginnen muaa.
Im Herbete 1891 wurde ieb Ton Wien in den äußersten Oeten Onter-
reiehn Tenetxt Der Oontraat swieehen Wien und Radaute ist bedeutend; in
der Absiebt, meine Gedanken von der schOnen Kaiserstadt abzulenken, die
mir neuen und ungewobaten Eindrücke mangels käuflicher Photogramme
•ell>^t im Bilde festzuhalten, veranlasste mich zur Beschüftigunpf mit der Kunst
Daguerres. Bald aber fand ich zu meiner großen Freude, dass es mir mösr.
lieh sein werde, über den ursprünglichen Zweck hinauszugelangen. Wa^ mir
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MiaceUen.
445
anfiaaga Zentrennag nad Lieblttborei gowcMB war, gemtm wiMiueluifi'
lieh«« Interem; MhlieBHch durfte ieh dunni dcnkm, die BhiisebniM meiner
Beächilftigung in don Dienst der Schule SD •teilen. UngefUir gleichzeitig
wies Herr Prof. Dr. Primoziö cachdrucksvoll nnd überzeugend auf die Be-
deutung des Skioptikons für den An3chaunnf»sunterricht hin. Gelegentlich
einea Skioptikonabends der „Bukowinor Mittelschule" kia^'io mir Herr Prof.
Dr. Polaschek in Czernowiti, ein eifriger Freund und hucliverdienter För-
derer des philologischen Anschauungsuntcrrichtett , wie schwer es halte,
gute und dabei doch billige Diapodtive für dai Skioptikon in beidiaffiBii.
Er fragte mieb tdiertend, ob ieh nieht in dieser Hinsieht helfen könne.
Die flflehtige Bemerknng aber fiel, wie die« im Leben maaebmal so
gebt. a\if guten Boden. Ich begann mich emsthaft mit der Anregang m
beschäftigen nnd kam .schließlich nach manni^^fachen Versuchen zu einem
sfither vielfach erprobten Verfahren, dessen praktische Kr^ebniase ich später
Ihnen vorznfilhren die Ehre haben werde. j^elang mir nämlich, auf
denkbar einfachste und billigste WeiHe sowohl direct nach der Natur wie
nach jeder beliebigen Vorlage zuerst Ar das Skioptikon, später auch für
da« Stereoskop Diapositive bersastellen. 1886 seigte ich gelegentlieh Yer^
sammlnagen des Vereines «Bnkowiner Hittelschnle" soldie Bilder auent in
Badautz, spftter in Czernowitz ; sie fanden ermuthigende Aafnahme. Mittler-
weile betonte auch die Archftologische Ck>nimi;^ion fDr die österreichischen
Gyinnn.sien, die 4*2. und 43. Versammlung deutscher Philologen \md Schul-
männer zu Wien und zu Köln, »^itie große Zahl von Prof^raramen und
Specialarbeiten immer eindringliciier Hie Bedentunp des Projections-
apparatea fDr den Mittelüchuiunterricht; fast durchwegs aber wurde auch
Aber den Mangel sweckentspreeheoder and wohlfeiler Diapontive geklagt.
Als mir nnn das große Glück eines Beiiestipendinnts naeh dem cbusischen
Soden sntheil wurde, sah ich ein bedeutendes und dankbares Arbettifeld
erSfTnet. Der Aufenthalt in Italien und Griechttiland bot mir die sosehr
gewünschte Möglichkeit, in Bezug auf Alterthums- und Volkskunde unter
gleichzeitiger besonderer Berücksichtigung des landschaftlichen Momentes
reiches Material für den Anschauungsunterricht au gewinnen. Thatsächlich
habe ich von der Reise, genau gezählt, lb27 Bilder mitgebracht, die sich
folgendermaßen vertheilen. Es entfallen
76 Bilder anf Venedig,
6 anf Oattigo,
4
»•
Arqua Petrarca,
14
Raveana,
54
Bolof^na,
113
*
Florenz,
5
r
Orvieto,
526
1»
Rom,
14
P
Corftt,
76
«
den Peloponnes,
187
*
Athen,
n5
die Inseln des fi^isehen Meerei und Troja,
179
r
Sicilien,
394
Neapel,
114
*
Pompei.
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446
Miscellen.
1827fiUiler — das scheint viel, ja da^ scheint zuviel zu sein. Thatsächlicb
aber iet ee nur ein kleiner Bruehtheil dc^n, was eigentlich zu beächaflfeik
wflre. ein Grnndstock, der «ich allerdinge mit der Zeit leicht wird ver»
vollständigen und ausbauen lassen.
(ierne hätte ich ßelb??t die Zahl der Aufnahmen verpr(>[^ert; aber ab-
geäeheu von materiellen <:>chwiet'igkeiteu stellten sich meiner guten Ab-
eiclit Tenchiedene innere imd ftaßese Hiademiese entgegen. Wir reiften,
wie erwähnt, unter wiasenschaftitch an^ieBeicbneter Ftthrong; oft hatte
ich nnr die Wahl, einen wichtigen Vortrag sn Tetdnmen oder mir einen
geeigneten Standpunkt zu suchen und za photographieren: oft regierte an
Orten, wo unsere Gesellschaft nur kurze Zeit verweilte, der unbarmherzige
Jupiter Pluviu? : es bedurfte oft zum Photographieren ein»>r besonderen Er-
laubnis, die nicht nunc h zu beschaffen war. Um stets mit gleichwertigem,
gutem Materiale zu arbeiten, ließ ich mir trotz der durch Porto und Zoll
erhöhten Kosten ein aiugeseichnetes, in langen Jahren erprobtes Wiener
Trockenplattenfabricat nacbeenden ; dem Entgegenkommen de« hohen Finanz>
nnd Unterriehtiministeriums danke itdi es, dae» die Aufnahmen bei der
Rücksendung nach Österreich unverzollt blieben. In Griechenland öffneten
onwissendo Zollbeamte trota aller Vorstellungen wiederholt Platten]>aket^
bei vollem Tageslichte, wodurch natürlich die Sendnnpffn unla-auchbar
wurden. Ich mu^nte mich deshalb mit minderwertigen Platten begnügen,
die in Athen kiluflicli zu bekommeu waren. War ich aber schon mit
allem Nöthigen ausgerüätet, dann begann erst recht die Plackerei. Zum
Plattenwecheel geeignete Räumlichkeiten waren während der Reise nur in
den seltensten Fällen aufsatreiben: sn diesem Zwecke mnssie ich also nach
angestrengter Tageaarbeit oft einen Theil meiner Nachtruhe opfern. Um in
der Zahl der An&ahmen freie Hand zu haben, beschickte ich gewöhnlich
12 Doppelcassetten mit swei Dutzend Platten; bei dem Mangel an Trägern
hatt»^ if h dann, wenn sich nicht mitleidige Koisegetuhrten erbarmten, das
Vergnugen, die Camera, das »Stativ und die gefüllten Ciissäetten, zusammen
au zehn Kilo, auf dem Rücken stundenlang herumzuschleppen, oft in
sengender Sonnenglut steile Berge hinauf und herunter. Oft kam ich nur
dadurch «i Aufiiahmen, das« ich die sur Rast oder sum Einnehmen der
Mahlseit bestimmte Frist f&r photographische Zwecke benfitste. Heote^ wo
ich ^ post discrimina TtTUm — die mühsam gesammelten Schätse
glücklich geborgen habe, freut es mich, dass ich der oft an mich heran-
tretenden Versuchung, da*? Photographieren sein zu lassen, tapfer Wider-
stand leistete. Nur insofern machte ich den mitunter schwierigen Ver-
hiiltnlsöcn ein Zugestilmlni?, das"?? ich, besonders gegen das Ende meiner
Heise, das, was in guten und zureichenden Bildern zu erwerben war, nicht
nochmals selbst aufnahm.
Vielleicht ist hier der geeignete Ort, auf sweierlei hinsuweisen. Meine
Sammlung enthält lediglich Bilder ans dem Sfldra; vieles, was f&r unsere
Schulzwecke in Betracht kommt, ist derzeit in ■ t i rreichi^chen, deut«?hen,
englischen, französischen Museen geborgen ; hier ergibt sich also ein reiches
Arbeitsfeld für unsere photographiekundigen Wiener Professoren und für
die ins Ausland reisenden Stipendisten.
Ferner würde ich wüutM:hen, da-ss unsjeren Schülern nicht bloß die
ebrwfirdigen Tr&mmer großer Vergangenheit, sondern auch lehrreiche
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Misceüen.
447
GrnDcIrisBe, beMDd«x8 aber Beconstraetioneii gebotan werden. Vom strengen
Standpunkte der Wiawnediafb irird gegen aoIcliR Eraenerangen antiker
Plätze, Bauten und Denkmäler gewiss oft manches einzuwenden sein ; die
Mittelechnle , die auf minder wichtige Einzelheiten nicht eingehen will
und kann, wird solche, wenn auch nicht bis ins Kleinste tadellose Hilff-n
dankbar b<'£rrüf>en; ist doch dio l'liantasie des .Schülers noch nicht so
gfübt, dajss sie aus den Kuinen ohneweiters diiü Ganze aufzubauen vermut,',
noch weniger aber kann sie etwa an die kaum mehr erkennbare Steile,
die einet von einem berfibmteB Oebftode, von wner herrlichen Statue ge~
tiert war, dteeee Monument selbst in nreprflngliober Gestalt nnd ScMnbeit
hinstellen. Qanz an^eceichnete Reconatructionen dieser Art, die, durch das
Skioptikon dargeboten , der Schule große Dienste za leisten bemÜBn eind,
hat, worauf wir Österreicher slnlz sein nifif»on, Prof. Nieroann von der
Wiener Kunstakademie in j^roßer Zahl geschatien; erinnert sei hier nur
an den neuerdings in plastischer Pracht entstandenen Parthenon.
ü))er die Art und Weise, wie die bkioptikonbilder im philologisch-
historischen Unterrichte «u verwenden wftren, darf ich mich kurz faaeen.
Etwa einmal im Monate mag den Studierenden, betoaden der oberen
Classen, ein größerer Bilderc^klnt, wie a. B. das alte Athen, Born, Oijmpia,
Pompei, Troja. oder ein zusammenb&ngender Stoff, wie Tracht, Bewaffnung,
Familienleben, behufs freier, ungezwungener Behandlung vor^^efnhrt werden;
an den Bildern mögen die Scb -ler die Kunfst de<? Sehens und Beobachtens
lernen; sie sollen uach allem t ra^jen . Wjus ihnen auffällt, nnd. nach Maß-
gabe ihrer Kenntnisse, das einzelne selbst zu erklären suchen; wo ihr
Wibäcn aufhört, greift der I^iehrer ein; zum Schlutiue werden die gewonnenen
Ergebnine ftbertichttieh «neammengefasat Außer eolchen mehr ^jstemati-
sohen EriSrterungen Iftsst eich aber die Claankerlectfire aufe wirkeaaute
durch die Verwendung des Skioptikon« unteratfitEen. Eine Reihe vortreff-
licher Arbeiten, wie z. B. von Tumlirz, Polaschek, Weigel, Engelbrecht,
Kukiitsch, geben in dieser Hinsicht sehr nützliche Winke , fiust alle in den
betreffenden Aufsätzen genannten i^iUler las,«en sich unschwer für Prc>-
jectiouszvvecke herstellen. Wie p^ewinnt /. H. die Homer- Leetüre durch die
Bilder des von Schliemann, respective Düri)feb] ausgegrabenen Troja, wie
das Verständnis t&r Cäsar durch Darbietung der Schlachtenpläne, etwa
nach den Descriptionee von Kampens; wie die Leetttre des Tacitus durch
Vorf&hrnng von Kaiser- und Feldhermstatuen! Warum Tiberius Oapri sum
Lieblingsaufentbalte machte, weshalb Horas sein udum libur so reizend
findet, diis wird dem Schüler sofiHrt klar, wenn er die entsprechenden
Bilder größer und schöner, als ?ie ein photographisch es BUitt bieten kann,
zu stehen bekonunt. I)er Historiker wird im An'^chlubse an eine soeljen
durchgeuomuiene P;irtie dem iichüler das Sehlachtfeld von .Marathon, den
Grabhügel der im Helden kämpfe gefallenen Athener, die Akropolis von
Chäronea teigen, in den unteren Claasen schon wirkt die Bilste des ApoUon
von Belvedere, der Kopf des praxitelischen Hermes mftchtig auf die Phan-
tasie, Doch genug der Beispiele. Solche Vorftthrungen v«nusadben, was
ausdrücklich bemerkt sei, keine erhebliche Mflhe, da der Projectionsapparat
leicht von einem Schüler bedient werden kann; sie lassen sich rasch bewerk-
Htelligen, zumal wenn dem Skioptikon, wie in diesem Physiksaale, ein
fester Platt angewiesen ist.
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448
Miacellen.
Im Yerlanfe dieteB Schaljahrea hatte ich wiederholt Gelegenheit, die
Wirkung der Skioptikotibilder sowohl an und für sich, als auch in Ver»
blndiin«? mit Vortrüf^en zu beobachten, die ich in Ausfuhrunj^ meiner Reiue*
notizpn für ein allgemeines, gebildetes Publicum hielt. Irh kann in beider
Hinsicht nnr GOnstigea constatieren. Wenn Wort und i-'iojection in f^e-
eigneter Weise verbunden werden, dann bleiben eie auch in der Erinnerung
dauernd beiMunmeii« Unno daaUianr wird man die ICaßnahmea nmerer
ArehAologuehen Commimon b^grOßeii dflrfeo» die, wie mir deren boeh*
Terdienter Obmann Herr Lande*- Sdralintpector Dr. Hnemer gfitiget mit-
theilte, die Abficht bat, su bestimmten Bildercyklen eine Reihe von Vor-
trägen herauszugeben; dadurch wird auch den Provinzanstalten die Mög-
lichkeit geboten, den Projectionsapparat beim ]*bi1olnrrisch -historischen
Unterrichte bequem zur Anwendung zu bringen. Auch populär-wissen-
schattliche Vorträge, die erfahr ungsgcuiub den classischen Stndien 7jUi1-
reiche Freunde im Publicum gewinnen, werden auf diese Weise eruidg-
lieht. Ober^ee wllte jedem eiaselnen Bilde eine gedruckte, hnappe £r-
klärnng beigegeben werden, die die Benfttsiing des Diapocitiva <^neweiter8
thmilich macht.
Die vortrefTlichen AusfiUmingen des Herrn Prof. Dr. Primoii<^ im
3. Hefte der „Zeit.schrift f. öeterr. Gymn." 1897 ersparen es mir. wenn ich
auch in in;ini her Beziehung anderer Ansicht bin, einen Canon der f(5r lif^
Schule notiiweutiignten Bilder aufzustellen; es ist nur zu wünschen, dass den
einzelnen Amtüiten über daa dringende Erfordernis hinaus nach speciellem
Geachmadee reiche Anawahl mOglich werde.
IHw Verfahren, welcbea idi tnr Herctellnag meiner Diapotitire be-
ntttie, halte ich keineewege geheim; ich wOrde im Q^gentbeile wflneehea,
es möge von photographiech vorgebildeten Lehrern — und welche Anstalt
be^Uie nicht wenigstens ein solches Mitglied? — zur Bereicherung der
verschiedenen Lehnnittel-jnimnlunrjen recht sehr be?int7t worden. Ich habe«
ep in einer bei J. F. liichter in Humburg erschienenen Brotichüre (Das
übertragen von Photographien auf tilaa etc.) genau beschrieben; mit
größtem Vergnügen bin ich auch zu jeder directen Auskunft bereit.
Doch ich darf Ihre Geduld nicht aUinlange in Aaepnich nehmen
und mnea mich mit dieaen Andeutungen begnflgttis ea kommt mir, wie
geaagt, bauptaSchlich darauf an, Ihnen nunmehr in einer Auswahl aua
meinen Vorräthen die Qualität des Material* au zeigen, dm ich als sicht-
bares Ergebnis meiner Heise dem Anschauungsunterrichte zur Verfiigunt^
stellen kann; ich würde mich herzlich freuen, wenn Ihr gerechtes Urtheil
günstig lauten sollte. Ausdrücklich bemerken will ich nur noch zum
Schlüsse, dass fast alle Projection gelangenden Bilder Manutactur und
Hausindustrie sind, hergestellt unter großen äußeren Schwierigkeiten, von
denen aich der glficklicbe Bewohner der Oroßatadt nichta träumen Iftmt
Geatatten Sie nun, dam leb Ihnen snnäcfaat an einem Beiapiele teige,
wie ich mir die Benfltsong der Diapositive mit Zuhilfenahme der kn^pen
gedruckten £rlättteruttgen denke. Was hier als ein Fertiges für den Lehrer
geboten wird, wäre in das lebendige Wort, in Frage und Antwort, um-
zusetzen. Hier aber koiumt es mir nur darauf an. zu zeigen, dass Herren,
deren Arbeitsthätigkeit S'ich auf anderen Gebieten bewegt, gleichwohl ohne
jede Möbe da^ iSkioplikon für Unterrichtszwecke benützen können.
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MUcellen.
449
<^uii kamen die beiden Sdinalwände dei Mneeums von Olympia aor
Projection; der Vortragende erklärte die an ihnen befestigten Hrrukleii-
Metopen, vier weitero ßiUler zeigten den in dem Museum anf bewahrten
Torso der Nike d^*-- Fiiionio^, die Heeonstruction dieser Statue, den Herraes
des Praxitelep. den Kopt dieser Statue [Profilansicht]. Weiter wurden mit
kurzen Erörterungen vorgeführt: griechische und itaiieniüche Landschaften,
Sculpturen, Bauwerke, Typen, ferner Karten und Reconitractionen ; zu-
eammen 107 DiapoeitiTe, hergestellt tbeile mittelst Abzugpapier Toa Sebfitse
nnd Noaek, tbeila direct mitteilt Scbattera-DiapontiTplatten.)
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Literarische Rundschau
morirh K! ein:^chiiiidt , RüriTPr^'^lmllohn-^rr Leitfaden der Geometrie
und des geometrischen Zeichnens für Knabenbürgerschulen.
Wien 1896. Alfred Hölder. 218 S., :'A5 Figuren im Texte und 0 lafcln
Preia geb. 1 fl. SS kr. Approb. mit Erl. d. h. U. f. 0. n. U. wom 7. Juni
18%. Z. 13721.
Das vorliegende Buch kann als gediegenes Lehibuch bezeichnet wer-
den. Jede Seite zeigt, dass der VernMr den Gegenstand von erhöhtem
Standpunkte aus benerrscht. dass er über reichhaltige piula<:o'.^y lu' Er-
fahrungen veriiigt, und dass er von Liebe zur Sache bei Abia^sung des
Bnchet erftHli war. Der Inlialt dürfte denn auch selbst strengen Anrorde>
rungen genü^ren und das Buch als höchst geeifjnet für den l'nterricht an
der Bürgerschule ert»cheinen lassen. Wenn manchen der Inhalt, namentlich
in den Aufgaben, hin und wieder als zu reichhaltig und vielleicht auch
zu weitgehend erscheinen ma^s so kann entgegengehalten werden, dasi
es dem nmsichtifren Lehrer bei der ^eschi« Icten übersichtlichen Eintheilung
ein Leichtos sein wird, hier eine entsprechende Eeduction vorzunehmen.
AI« einen Haaptvorzug des Baekee mddbten wir es hinstellen, dass
dem AnschauuQgsbeweise überall das ihm znkoninionde Recht zutheil ge-
worden und er in einer äußerst glücklichen und der in Betracht kommen<Mn
Unterrichtsstufe gut angepeilten Weise mit der logischen Beweisfttkrang
in Verbindung gebracht worden ist. Ks wird so der sonst meist trocken
erscheinende Gegenstand dem 8rhi))er interessant gemacht, wozu aach noch
die reichhaltijü^en comtructiven Anwendungen beitragen mögen.
In gescl Kt r Weise umgeht der Verfasser heikliche Definitionen»
z. B. jene des Winkels, indem er die Gebilde direct einführt und an ihnen
ihre £igenschaften entwickelt. Hervorzuheben ist die uräoise, gerdilige
AnsdrucKsweise, sweckmftßig sind die Namen für die anftretenden Gebilde
und ihre gegenseitigen Beziehungen, von denen allerdings manche neu und
vielleicht, weil zusebr von den bisher im Gebrauche befincllichcn abweichend,
nicht auf allgemeinen Beifall rechnen können (Beiwinkel statt Compleraents«
Winkel, Standebene statt verticale Projectionsebene n. m. a.). Viele sind
wohl recht bezeichnend, z. B. winkelrecht statt normal, Verhftltnismittel
statt mittlerer geometrischer Proportionale etc.
Der erste Abschnitt behandelt die Raumgebilde, die Form der Linie,
der Flrichen, der Körper, den Punkt, die Geraide und die K'if.-ne in ihren
gegenseitigen Lagen, den Winkel, den Kreis, seine üesiehuugeu zur Greraden
ond EU anderen Kreisen, das Rechnen mit Strecken nnd Winkeln, die
Winkelpaarc (Nebenwinkel, Scheitelwinkel etc.), endlich die Symmetrie.
Im zweiten Abschnitte wird das Dreieck, zuerst als Grenzfläche einer
dreiseitigen Pyramide, in Betracht gezogen. Der Satz von der Winkel-
summe wurde allerdings schon im ersten Abschnitte bei den Parallelen
gebracht, wir hätten ihn seiner Wichtigkeit wegen lieber hier durchgeführt
oder wenigstens wiederholt gesehen. Den vier Congruenzsätzen hätten wir
gerne einen fünften angeschlomen gesehen, der sich auf die Gleichheit
einer Seite, einem anliegenden und den) gegenüberliegenden Winkel be-
zieht, anstatt denselben in den vierten einzubeziehen. Recht hübsch sind
die constructiven Anwendungen der Congruenzaätze. Daa Viereck, wie das
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Uterarische EuntUchau.
451
Dreieck vom ROrper (vierteittgee Priima oder Spat) abgeleitet, ebenso
ihm Vieleck (mehivieitiges Prisma) schließen eich an, daraut \'o\^i der Kreis.
Der hier gegebene Beweis über den Umfangswinke) im Vergleiche mit dem
über demselben Bogen stehenden Mittclpunktawinicel erscheint uns zu
•ehwierig. Beeilt hfibsch sind die gegebenen Constructionen über das Uber«
gehen von Bögen in solche und in Gerade ohne Eckenbilihm^j Den Schluss
des Abschnittes bildet das Wichtigste über die Ellipse und über die
Spiralen.
Der dritte Abschnitt behandelt die Verhültni**s*' nnd Proportionen
von Strecken. Dieser schwierige Abschnitt ist recht zweckmäßig behandelt
niid dem VenOndiiiMe der Säifller binreiehettd nahe gebracht.
Der vierte Abschnitt behandelt den Um Fang und den Flächeninhalt
der ebenen Figuren. Für die Richtigkeit des Pythagoreischen Satzes wird ,
der einfache und schöne Beweis von A. D. VVheeler (1859) erbracht.
Im f&nften Abecbnitte werden die raumlichen Oebilde in Betracht
gezoperi Hier \vird auch das WiVhti^r-tf nhvr rl-'e Projectionslehre be-
andelt und werden die Kegelschnitt^slinien angeiiihrt
Anhang bringt noch einiges fiber die AuefDhituiir der in den
techniHchen Zeichnungen zur Verwendung kommenden Zierschriften, v i
auch schutzen.^werte Andeutun<{en über das geometrische Ornament, das
FeldinessL'Q und das gewerbliche Zeichnen.
Die beigegebenen Tafeln enthalten auf Tafel I die Stein-, die Block-
nnd die ethische Schrift, die Tafeln II bis V brinp^cn eine sorgfältige und
geschmackvolle ZuHuiimenstellung von geometrischen Ornamenten. Tafel VI
enthtit die in Planen yorkommenden wiohtigsten Beieidmungen.
Die All' t^ttnn<; d« s Buches ist eine Tonfigliche, «0 dass in dieser Be-
ziehuiW nichtä zu wünschen übrigbleibt.
Wir wünschen dem Buche eine weite Verbreitung und glauben in
demselben ein ▼onflgliehes Uaterrichtamittel erblieke» m dttrfen.
Wien. JoMcf Meixner.
Dr. Anton Ii rl f» Ii . [ii ,Tit Ii Philosophie: Atomismus, Hyle-
moiphismus und Naturwissenschaft. Naturwissenschaftlich -philo-
sophische Uatetsnchnngen über das Wesen der KSrper. Graz 1897. Selbet-
veilag des Verfavers. 104 S.
Die vorliegende Broschüre j^elit auf die Beantwortung der Frage ans:
.Worin besteht das Wesen der Körper T — eine Frage, die ebenso oft
unbeantwortet geblieben ist, als sie aufgeworfen wnnle. Daas dieselbe
nicht a priori, dass sie nicht auf Grund rein logischer Operationen, son-
dern da?«» sie nur auf Grund umfassendster naturwissenschaftlicher Unter-
suchungen tiiner Erledigung /.ugefiilirt werden kann, wenn eine solche
Oberhaupt zu erwarten ist, wird dennalen von keiner Seite ermtlich ge-
leuf^et. Auili der ^■' -t";uwer der in Kede fttebend^'n Schrift geht von den
Ergebnissen naturwi^etischaftücher Forschung aus, um zu seinen Hypothesen
zu gelangen.
Er legt im erf^ten Theile der Arbeit die Verschiedenheiten der
Körper dar. soweit es sich um Gemenge und Verbindungen, um Allotropie*
um I.somerie und Polymerie handelt, fQhrt die Gesetz« der bestimmten
Volums- und GewichtBVerhältnis.>'e und das Gesetz der multiplt n Pro-
portionen ins Treffen und erinnert auch an die Verschiedenheiten der
organischen und unorganischen Körper, insofern der f^ebenaprocess ins
Spiel kommt. Diesen ersten Theil erkl&rt der Verfasser seibat als den
grundlr^'enden, and es ist daher xweckmilOig, gleich hier nfther auf ihn
einzugehen.
ZniAehst müssen wir da ein paar ünrichtigiceiten hervorheben, die
zu FehlschlOssen geführt haben. In Absatz 73 wird Avogadros Hypothese
in unrichtiger Fai«ung citiert: „Die Molekel aller Gase seien im gleichen
Baume bei gleichem Drucke, fjleicher Temperatur und gleicher Dichte
in gleicher Ansahl und gleicher Größe vorhanden." Nach Avogadro ist
aber weder von gleicher Dichte (sc. der Gase) noch von gleicher ÖrdOe
„OiMrr. MittelMliute". XL Jabiy. 82
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452
Literarische Rundschau.
(sc. der Molekeln) die Rede. In der That ist die obifpe Fassung in sich
widersprechend und die darani abgeleitete VerdSclitigoog der Atomistik
biofälliR.
Ancb das Lavoitier^sche Gesetz von der Erbaltunj^ der Maupe ist nu«8-
verstanden. Dasselbe sa^rt ja nicht, dass die speci fischen Gewichte der
Körper bei Veibindiuigen unverändert bleiben oder sich summieren, und
diese Auffassung kann nur den Fragen des Herrn Verfassers in Absatz 77
«ngrunde liegen.
In AVij^at/ Tf) und 76 ist absolutes und specifischps Gewicht der Körjjer
auch durcheinandergeworfen, so dasa es höchst mühsam ist, den binn
dieser Absätre herausrafinden. Von einer Erklärung des Oeseties der
multiplen Proi>*:>rtionrn haben wir nichts bemerken können.
Im Ab.xatze 81 ist in böch^it vorsichtiger Weis^ zwischen todtem und
lebendigem Blute, zwischen todten nnd letMndigen Knochen unterschieden:
dadurch ist a priori der Naturwissenschaft eine Controh^ der metaphyai-
(•chen Speculationen des Verfassers abgeschnitten, und damit ist der Boden
für eine Beantwortung der Frage nach dem Wesen der Körper dem Ver-
stände entrückt und der Phantasie, beziehungsweise dem Dogma über-
antwortet.
Im zweiten Theile wird denn nun auch abseits von natorwissen-
scbaftlicher Logik frisch mit Worten und Namen hantiert. Das Wasser
besteht wohl weiter aus Wasserstoff und Sauerstotf. aber wichtiger i^t. diiss
es „aus StoflF {.'j'-fi) und Form (»o viT^)" besteht. Aus diesen zwei Bestand -
theilcn setzt sich nun jeder unürganischc und organische Körper zusaramen.
Diese Lehre, der Hj'lemorphismus oder die Stofform lehre, gestattet nun —
freilich in der Manier jenes Zeitalters, in welchem die Naturwissenschaften
nicht nur keinen Schritt vorwärts gekommen, sondern kläglich versumpft
sind — „an der Hand der Erscheinungen bis ins Hers der K9n>^i'
zudrinj^'en. um sagen zu können, worin das Wesen der Köri)er besteh«^."
Nebenbei kann man auch „auf das bestimmteste das Dasein Gottes, der
Seele, der Elektricität beweisen" : hiebei niuss man allerdings trachten, die
nicht ganz leichtfasslichen, gewiss aber nicht naturwissenschaftlichen Grund-
sätze des heili<?en Aut^nistinus, des heiligen Thomas von Aqnin, erentueU
des Aristoteles zu acceptieren.
Der Hylemorphismus kann, wenn er überhaupt ernst genommen und
dem Atomismu^» fjesrenü hergestellt werden soll, vom Standpunkte des Natur-
forschers oder auch von demjenigen des MetHphyaikers natürlich nur als
eine der Hypothesen angehen werden, welche erdacht sind, um eine
möglichst gro(>e Anzahl von Erfahrungsthatsachen aus einem oder au.s
wenigen Gesichtspunkten überblicken, ordnen und, wie man 7^^ «igen pflegt,
erklären 2u können. Der Uerr Verfasser will ihn freilich höher gestellt
wissen: er soll ein Do<^iua vorstellen, das für die Naturwissenschaft bmdend
ist. Sonst hätte er wohl nicht nach Beweisen de.ss«>llu"n nfes-ncht. deren
er nicht weniger aU drei vorführt. Der erste ist .für die gläubigen Ge-
lehrten". Jeder ernste Forscher muas die Unterscheidung zwisdoien gläubigen
und ungläubigen Gelehrten a priori zurückweisen. Religiöse oder con-
fessionelle Überzeugungen Rind von der Forschung ebenso bewusst fern-
zuhalten wie nationale oder politische. Die Geschichte lehrt /.nr Genüge,
daas nur vorurtheilsloses Herantreten an die Thatsachen der Natur (aber
auch an die Thatsachen der Geschichte etc.) zu Kesultaten führt, die nicht
Ton Lustrum zu Lustrum, das einemai ebenso willkürlich wie das andere-
mal, modificiert werden mfissen. — Der zweite und dritte Beweb ist Bwar
auch nir andere als gläubige Gelehrte ben rlniet, hält sich aber in dem
Gedankengange, wie er früher chai-akterisiert worden ist.
Der dritte Theil vorliegender Broschüre 8olI die Brauchbarkeit des
HylemMphismos für die Phyok und Chemie darthun. Wir haben darin
mehr eine Compilation diverser physikalischer und chemischer Sätze in
nicht ganz moderner Darstellung mit viel Polemik gegen den Atomismus
gesehen, als eine Darlegung der Verwendbarkeit des Hylemorphismus cur
Erklärung naturwissenschaftücher That.sachen ist ja auch gar nicht zu
erwarten, dass eme solche Darlegung hier gelungen sein könnte, nachdem
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Litemri»cbe UimcUchau,
453
die Geschichte der XaturwiaieBtchaften den Beweis de^ Ge^'entheils Iftoffii
<»rbr:ir h^ hat. Der Verfasser facjt Soite 89: „Die groben Fortschrif te dor
Natur wi«$eiiachafteQ sind nicht aat' Kechnun« der Atooienlebre zu setsten,
sondeni der fleißiffen BeobaehtnnfiTt den ^ dicklichen und geflchiokten Ver>
suchen, der Vervollkoiiminunjj der Instrumente, der Anwendung der Mathe-
matik, der jrroüen Anzahl der Beobiiohter. dem erleichterten Verkehre,
Öffentlichen Unterstützungen u. s. w. zujtUÄchreiben. ' Man darf aber ruhig
hinzofBgen. da.-is sie viel weniger al« aaf Rechnung der Atomenlebre am
Kecbnung des Hylemorphisnm« rn setzen sind, dass sie vielmehr der Eman-
ei|)ation von Aristoteied und dessen Nachbetern, der Unerscbrockenheit ge-
WMMr Foncfaer den Vertreteni dee Doguoas gegenüber n. w. sain*
•ebreiben sind.
Die geschichtliche Kundschau im vierten Theile endlich ist ebenso-
wenig objectiT als die ganae frühere Untersuchung. Sie geht in eine Glori-
ficierang der Lehren des beiligen Thomas aus. von welchen behauptet wird,
dass von ihnen „die Geister gegenwärtig mit elementarer Gewalt wieder
angezogen werden" . so da«» ^e» heute Überuli überzeugte Anhänger des
Hj^emorphitmns gibt".
Im p.mzen i-^t nicht zu wünschen. da«s die Philoso])hie in der Wei«e,
wie es in dem besprochenen Büchlein geschieht, mit der Naturwissenschaft
nicb befiuee; von lotiterer ist wohl nicht mehr tn besorgen, da« sie in
eolche Metaphysik eich einlftnt.
Dr. Joli Müller:^ GrundrlSS der Physik mit besondrerer Bfrückslchti-
gun^ von Molecularpby^ik, Elektrotechnik und Meteorologie für die
oberen Clausen von Mittelschulen, sowie für den elementaren Cnterricht
an Hochschulen und zum Selbstunterrichte bearbeitet von Prof. Dr. 0. Leh-
mann, großh. bad. Hofrath. Kitter des Zährinj^^r Löwenordens I. Classe,
Director des physikalincheu Institutes der technischen Hochschule iu
Karlsruhe. Vierzehnte völlig umgearbeitete Auflage. Mit 810 eingedruckten
Abbild\in>;en und 2 Tafeln. Braunuchweig, Friedrich Vieweg und Sohn*
Ib^ti. Ö:iU Pruis .Tph. 7 M. 50 Pf., geb. 8 M.
In der vorliegenden vierzehnten Auflage des Müüer'schen , Grundrissen"
wohl ta nnteracheiden von dem «LehrDnch der Phjraik und Meteoros
logie", das dermalen Pfa\indler untt^r seine Fittiche genommen hat — liefet
wohl ein ganz neues Buch vor. Es ist auch natürlich, das« zwischen einer
Durstellung der phy^ii kaiischen Forschunesergebnifie im Jahre 1846, in
welchem Müller seine erste Auflage verötfentlichte, und einer totchen im
.lahre 1896 ein mehr aU bloß redactioneller ünterechied sein mum Nicht
nur der Inhalt eines solchen Buches bedurfte im Verlaute dieties halben
Jahrhunderts wichtiger Zusätze, entsprechend den Errungenschaften in der
Akn-tik. Optik. Wiirnit'-. Elektricitätslebre . die wir fii'ui Heimholt/.,
KirchhoÜ, Maxwell. Thomson, einem Gramme, Siemen«», Tesla, Hughes,
Bell n. X, a. ▼erdanken, ancb die leitenden Ideen moMten der erweiterten
Einsicht in die Naturerscheinungen und deren geläuterter Methode sich
anpfiJisen , wie J. H. Msu'ers, H. Hertz', E. Mnchs Arbeiten es fordern In-
dem der rühmlichst bekannte Bearbeiter t^oichen Erwägungen Kechnung
trug, lieferte er. wie oben gesagt, nnter alter bewfthrter Flagge ein nenee,
eelbstandige^ Werk.
Dasselbe ist zunächst in sechs „ Bücher" eingetheilt: I. Statik, II. Dyna-
mik, III. die elektrischen Erscheinungen, IV. physikalische 0])tik oder die
Lehre von der Strahlung. V. phy»iolOf?it^( he Oi)tik, VI Akustik, In der
Stiitik i$t die gerammte Lehre vom Gleichgewichte gegebener ürälte, in-
clusive der Molecuhu kräi'te, an festen, flüssigen und gasf^Jrmigen Körpern
und die „Thermostatik oder Lehre von den Zustandsänderungen der KOrper
durch Wärme" ;il>ije}i;mdflt : ebenso enthält die Dynamik die L(dire von
der Bewegung fester, tlüssiger und gasförmiger Körper und die .Thermo-
dynamik oder Lehre yon der Äquivalenz von Bewegung nnd Wärme*. —
Die Klektricitätslehre ist in eine rein qualitative und eine quantitative
Hälfte getheiU und behandelt in sieben Capiteln: L Beziehungen zwischen
32 •
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454
Uterarische Kundächau.
elektrischer und kinetiBcher Energie, 8. Beziehungen zwischen elektrischer
und chfniischer Fn^Ti^ie, 3. Beziehungen zwischen elektrischer und magneti-
scher Energie. 4. die Inductionserscbeinungen, 5. Beeiebungen zwischen
Eaekrtrieitftt nnd Wftrme, 6. elelctriiehe und magnetiacbe Mearangen,
7. elektrische Kntlaclun«,'en. — Die Lehre von der Strahlung beginnt mit
den (.transversalen") magnetiacheu und elektrischen Wellen und Strahlen
und den (,longitudinalen") Kathodenstrahlen, fQhrt die Lichtstrahlen als
besonderen Fall elektrisclMBr Strahlung, die Wärmestrahlen aber und die
chenii=ohen Strahlen als nur graduell von <h-n Lichtstrahlen und den
elektriächen Strahlen verschieden ein. ha toigi dann die Skhattenlebre»
Photometrie und die Lehre von der Bestrahlung der Erde durch die Sonne»
die Katoptrik, die Dioptrik und Dispersion, dann die Lehre von Icn Inter-
ferenz- und Beugungserscheinunffen, endlich die Lehre von den Polariüationfl-
erscheinungen. — Die mehr oder weniger physiologiKbe Momente ent-
haltenden Partien der Optik und Akustik sind in den nrei let/tcn Büchern
enthalten; die physiologische Optik zerRlllt in zwei Capitel, nämlich in
das „vom Auge und den optischen Instrumenten" und in „die Lehre von
den Lichtempfindungt n und vom Sehen"; die Akoitik ist gleichfolla in xwei
Oapitel getheilt. „die Lehr^ von der Erseui^ng nnd Aotbreitnnfjf de»
Scnallea" und ^die fiarmosielehre'*.
Eine kune hiitorisehe Einleitung nnd eine die Orensen der Nator^
forschung skizzierende Schlussbetrachtung, endlich ein Anhang, „das abso-
lute Maßsyi^t^m" vorführend, TorvolUtAnaigen den nrnfanocnden „Gmndri»
der Physik".
Wenn wir nun nach dieser Übersicht des Werk^ das Ganse nnd «eine
Theile einer krltinchen Besprechung unterziehen sollen, so haben wir zu-
DHchst zu constatieren, dass das Buch wegen der Fülle des Stoffes, welche
es enthilt, sowie wegen der vielfiich stark dednetiven Darstellung desselben
nur für höhere S'chulen als unsere Mitti l i !; il< n als Lehrbuch geeignet er-
scheint. Für solche höhere Cuise aber dürfte es sich als ein ganz vorzüg-
liches Handbuch verwenden la«pen, und bei solcher Verwendung werden
auch alle seine Voiafige, wie Knappheit der Darstellung, Vollständigkeit
der Detailergebnisse bei Beachtung der reichhaltigen Li^te von Schlag-
worten, zumtheil auch die der neuesten Forschung entnommene Gruppierung
des Stoffes n. a. cor Geltung kommen. Im elementareren Untemcnte der
Mittelschule könnten wir aber einen engei m An8chlus.s an Dispo-'^ition und
Methode des Buches nicht ohneweiters em|)teblen: es sind der Lücken im
nenen Systeme noch m vide« als dass wa den Ausgang von einfachen^
allenfalls auch phrsiologisohenErfthningen und einen soigAltagen inductiven
Aufbau unserer Disciplin zugunsten eines rasch r.ii Prindpien vordringen-
den und Uann deductiven Lehrganges aufgeben könnten.
Die Art der Einführung des Energieprincipes s. B. scheint nns schon
viel mehr Einsicht in die phyt^ikalisohen Erfahrungen zu erhei^^chen, als
sie Zöglingen der Mittelschule zugemuthet werden darf; die Grundlagen
für die elektrischen Mesinngen scheinen nns ebenso nicht hinreichend rest-
gelegt; der Zusammenhang zwischen qualitativem und quantitativem Theile
der Elektricitätslehre im Buche selbst ist liiefflr ein zu lo!*er: auch die
lichre von der öLraulung ist auf zu wenig i haU»achenmHtenai aulgebaut^
so da»s ein Hedürfnis. von elektrischer Stnthlnng aussugehen, ▼omSchOler
gar nicht gefühlt werden könnte.
Wenn aber auch das Buch Anfangern nicht angemessen ist, so bringt
es dalUr weiter Vorgeschrittenen, namentlich dem Mhrer, Aniv^ngen in
großer Zahl. Es wird ?.. 13. jedem erwünscht sein, über die jüngsten That-
«usben der Molecularphysik einen überblick zu gewinnen, die Lehren
Arrhenius' an richtiger .Stelle vorzufinden, über die Eigenthümlichkeiten
der Wechselströme, sowie über die Errungenschaften der Elektrotechnik
durch übersichtliche Erläuterungen belehrt zu werden; eberfo ist überall»
wo es angeht, auf eintH^hlägige Versuche hingewiesen, deren nähere Be-
schreibungen in einem ganz besonders dankenswerten Ruche des Verfassers,
nämlich in seiner Neubearbeitung von Fricks physikalischer Technik, ge-
funden werden können; auch die übungsau:^ben , welche dem Texte
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Literarische Hundtichau.
455
einf^estreut sind, wird der Lehrer willkommen heißen. In prineipielle
Einz«^lheiten, wie die Frag'- nii> h l 'i- Zivor küüißigkeit der Kinf '(hr:mg des
C-G-SSyateoM erst am Schlu«iäe des physikaiiächen Unterrichtea, der Voran-
•telluB^ d«r Statik im medmniiieheii Theile dendben od«r der stiltediweigen*
den Übertragung des Energiejjrincipes von mechanischen auf andere pbysi-
kaliache Vorgänge, sowie in Einzelheiten der Darstellung und Diction können
wir nicht eingehen, da erstere einen die Grenzen einer liecension weit über-
aehnitenden Kaum in Anspruch nehmen, letztere aber angesichts der Ge-
diegenheit des Werkes und der Sorgfalt, die tad deaaen VoUendang ver-
wendet ist, als kleinlich erscheinen würden.
Die gaas YorsQgUcbe Atustattung d^ Buchet jedoch ▼erdient, wenn
man sie inh ron der berühmten Verlugehandlmig erwartet, aoadrOckliclie
Anerkennung.
Wien. Dr. Eduard Mai^i.
SaUusH €frUpi bellum Jugtit'ihinum» Fflr den Schnlgebrauck
erklärt von Theodor Opitz. Leipiig, Drook und Verlag Ton B. G. Tenb-
ner. lö'Jä. IV und 93 SS. in 8».
Die ächulaos^be ist auf drei Hefte berechnet. Das erste, das 1894
ersehienen itt, enuAlt den Catilina, das Torliegende «weite den Krieg mit
Jugurtha, das dritte noch ausständige hoI! die Reden und Briefe aus den
Fragmenten der Historien enthalten. Die drei Seiten lange Einleitung ge-
nügt für den mäbigen Bedarf des Öchülers, In derselben möchte ich den
letzten Satz geändert wiaeea durch Ausmenong der verftnglichen Litotes:
„selbst Tacitus nicht ausgenommen". Es war einfach zu «5cbreiben: be-
sonders auf Tacitus. Ingleichen klingt der n^ußerordeutliche EinfluiM", den
Satlnat anf andere Hiatoriker anigefibt haben aoll, einigermaßen hyper-
bolisch.
im Commentare begegnet cap. 7, 5 da^) Versehen ^lodicatiT" statt
Positiv, während ebendaselbst eine Note zu der )AA\i{\ytxg plerumque solet
fehlt; ebenso cap. 14, 3 ein solche zu eo mUeriarum (statt de^ classischen
in eas miserias) und cap. 18, 4 zu locos; ibid 7 prscheint der Accent-
fehler Nopi^i;; cap. 23, 1 steht armis für das gewuhnliche vi\ cap. 25, 5
begegnet der Druckfehler Hrhu, was gar nicht leebar ist; cap. 26, 1 ver-
dient defensnre (für das classiache defendere) eine kurze Note; ebenso 28, 7
der modale Ablativ Gerundii pugncmdo; cap. 29, 3 übersetze helU mm'am
mit - Waifenstillstand" und p<xeuombus mit „Vertragspunkte" ; cap. 31, $0
iat der seltene Plural pacei bemerkenswert; cap. 88, & muss periculuM
aneeps erklärt werden; ebenso cap. 41, 5 ducere und cap. 43, 8 pmesidia-,
cap. 44, 6 ist im Texte nach aberat statt des Punktes ein Strichpunkt z\i
setzen; cap. 45, 3 übersetze confirmavit mit .reorganisieren"; cap. 54, 9
bedarf ignoratus einer kuizm Nr te. ebenso cap. .57, 4 pro ingenio quis-
que, ferner cap. 60, 4 monere . . iwrtari und cap. 62, 1 Juguriham cuxedü
wegen des fehlenden ad. Dam honnten Fanutelftellen ans der Schrift
selbst citiert sein. — cap. 65. 3 wird in den Ausgaben nichts über die
jedenfalls unangenehme Wiederhohmfr ob morbos animo parum rnJido
und Masinissae nepotem ge^u^t, da alle«« dies schon § 1 von dem i'nuzen
Gauda angeführt erscheint. Auch Opits schweigt diese stilistische Nach-
lässigkeit des Schriftsteller- todt. — cap. 82, 3 steht anxie für accp'e,
cap. 86, 29 corpore statt peciore wie Tac. Ann. XII, 30. Anderes übergehe
ich der Karze halber. Nur die Bemerknng mag hier noch ihren Plate finden,
da-s cap. 108. 1 an rnaii'rno (fmerc hnpnr, n/im pafer eins ex concnhina
ortuB erat kein Anstoß genommen noch eine Erklärung davon ge>
geben wird.
Der Text ist nach der An^be von Eußner gestaltet; doch kommen
viele Abweichungen davon vor, die im Anhange S. 88 bis 03 verzeichnet
sind. Daselbst steht dreimal Knntze statt Kunze und ä. adortit fUr
advortü. Die Anmerknngen sind kam und fesslioh; anoh ersdieinen viele
Ati.sdrncke übersetzt. Im Infi rr~ der Schüler wTire es geboten, sowohl die
Noten als auch die Übersetzungen zu vermehren. Auch der Text könnte
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456
Litemribche Uund»»chau.
lesbarer gemacht werden. So ist cap. 38. 10 die seltsame Lesart quia moT'
tis metu mutabantur beibehalten und in der herköramlichon recht wunder-
lichen Weise erklärt. Man schreibe in einer SchulauBgabe cogebaniur.
Ebenso halte ich humus als Masculin cap. 48, 8 und lOI» 11 fUr nehr be-
donkürh — ta]). 54, 5 jj^eht »-s nicht an, non pynoHi» lUqtte in ncie zu
schreiben, sondern in iat zu streichen, cap. (>0, 5 m vielteicht ^^lu« statt
Uniua xa wbreiben; cap. 62, 1 fla. yermmk man ipsi vor oder naeb «tdtV
öfter sind Worte des I't^xtt's oinj^ekLimnicrt oder Lücken durch Pankte
angezeigt. Beides sollte in einer Schulau.sjjabe vermieden werden.
Die Orthographie konnte minder gelehrt und den Schulzwecken mehr
angepa8st sein. Die ;iu[>ere .Ausstattung ist anständig, der Druek correet.
cap. öS, 5 schreibe in» Texte victorc für victor.
Das erste bändchen enthalt dieselbe Einleitung, aber ein längeres
Vorwort, worin der Verfeater die Gmnde&tse angibt, von denen er sieh
bei seiner Austju^p hnten ließ. Richti*' ist vor allem das Princip, (liLs.s bei
Üallust Übersetzungen nothwendiger sind als bei anderen Autoren. Der
Umfang des Heftes betrfigt IV und 51 Seiten, wovon drei nuf den Anhang
entfallen. Referent bef^mi^'t sich, einige Lesarten und Erklärungen kurz
SU besprechen, cap. 6, 7 übersetze more mit «Verfiussung"; cap. 7, 5 wird
UdUnis viris recht gekünstelt erklärt; cap. 13, 3 ist das längere Lecker-
biMenveiteiehnie so ttreiehen; cap. 18» 4 Kaan opprimundae rei pubUcae
und c^YK 31, 7 perdita re publica passend mit .Staatsstreich'' ührrsetzt
werden, ebenso cap. 20, 2 vana ingenia mit «eitle Tröpfe". Getreulich
beibehalten wurde die harte Stmctar „nacb dem Sinne" 18, S de qua nach
conturavere und 56, 5 cuius nach servilia. Auf diese Art wird freilich die
Construction ^nach dem Sinne" im Handumdrehen 7.ura baren Unsinne.
Auch cap. 33, 2 prangt das ungeheuerliche maiores vustrum dem Gram-
matiker Gellius zu Ehren, ebenw cap. 59. 2 rupe atpera (letzteres Wort
als Neutrum Plnralis von intei' nVinäni^ij^ <. Im folgenden Paragraphen
schreibt jedoch Opits vernünftig cum Ubtrtis et colonU. Warum hat er
niebt auch 97 tiu9 nach ignoroB weggelassen, nachdem er doch in der
vorausgehenden Zeile unverzagt das urdumme 7*c&M5 f^ewt riehen? In^leichen
hätte er cap. 26, 5 ,ohne Bedenken" cnv^uH statt des falschen consiilihi/s
schreiben sollen. Nach allem dem gewinnt es leider den Anschein, d;is3
angemeawne Sehulanigaben , die von lächerlichen Lesarten und seltsamen
Erklärungen sorgsam purgiert sind, erst dem kommenden Jahrhunderte
vorbehalten bleiben. Dann wird es hoüentlich niemandem mehr einfallen,
cap. 39, 2 quo im Sinne von ne ca nehmen oder 55, 8 exUhim vUae va
acnreiben.
S. 12 findet sich im Texte der sinnstörende Druckfehler situm für
sitim und S. 19 formae statt farnae, S. 49 Nipperdei und S. 50 die un-
gewöhnliche Wertform beachtlich statt beachtenswert. S. 26 fallt
die Schreibung opstinaHs in einer Schnlaasgabe doch aof, ingleichen S. 85
exuperat (zweimal).
Die Germania des P. Cornelius Taeitus lierauagegeben von Johanne«
M ulier. Für den Schulgebrauch bearbeitet von A. Th. Christ. Mit
einer Karte von AUi^ernmnM'n. Preis ^'eh. 24 kr , j^eb. 40 kr, Wien und
Prag, Verlag von F. Tempsky. 1H'.)7. XII und 42 S.^. in S*».
Die acht Seiten lange Einleitung enthält Has für die Schüler Noth-
wendige in gedrängter Kürze. S. V med. soll es >tatt den Feldherrn
wohl besser heiO n: dem Feldherrn, da vor allem der vorausgenannto
Qaintilius Yarus uemeint ist. — S. VI, Z. 3 v. o. wird vom Dreikaiserjahre
69 fferedet, das aber eigentlich ein Vierkaisetjahr ist. Anf 8. XI und Xtl
eiscneint eine Übersicht des Inhaltes, die jedoch allznkurz ist.
Der von S. 1 — 23 abgedruckte Text, an dessen Hand pass<f»nd aus-
fttbrlichcre Inhaltsangaben angebracht sind , cuthält mitunter Lesarten,
die für eine Schnlansgabe minder angeniesten sind. So cap. III, 3 haec
qitfiqufi carmhta, wo fterotca «statt des dummen horc zu schreiben ift. —
cap. XiX, 14 und 15 ist nach Conjectur aufgenommen ne non maritum^
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Uterariächti Runiläcbau.
457
»ed tamquam matrimonium ctment, was mir QiiTerständlich ht. Will
man die fatale Stelle lesbar pv^talten. mu?»«« man wohl mit
schreiben: ne tarn maritum quam mcäritiu/tutau ament. — ciip. XXIV, 13
halte ich se suo.tque ^tatt des überlieferten se quoque fUr zweifelhaft. —
cap. XXVIII. G •■iui)fiehlt es sich, zur Bt'seitijfUD? dt-r hart» ti Strncttir
cimda nach igitur eiiuuaobiebeo} cap. XV II« 13 begegnet die i^rcbreibung
braeihia fiir braochia.
Von S. 24 — 41 ist ein NamenverseichniH gegeben , worin die Namen
hilnfii» rrklart werd<»n, f)arin findet »ich S. 21 das Versehen Naharvalp n
»tatt N ahüuai vulen: 20 genügt e», die Kriegszüge de^ Drm\i6 als
erfolgreich zu bezeichnen mit Streiehang von sehr: S. 35 wird ahdiet
Mercurii der Montag Bn<»ejjp'>en. wo man sonst d(Mi Mittwo« h findet.
S. 42 ist ein kurzes Verzeichnis der Änderungen gegenüber der Aus-
gabe Tom Jahre 1884 gegeben. Die Ansgabe ist für Schnlswecke jeden*
falls brau<:li1)ar, die iluüere Ausstattung schön. d»'r Drin k • orrect. der Preis
nicht übertrieben. Bezüglich der beigegebenen Karte möchte Referent für
die nächste Auflage nur wünschen, dasa sie coloriert sei.
Wien. lg* Prammer,
Wenzel Eymer: C. Julii Caesuris tle hello civlli commetUttrius
tertius, Wien und Prag 1887.
Die sehr rührige Verlagsbuchhandlung F. Tempsky hat «ich bekannt-
lich entRch lotsen, eine Sammlung griechischer und römischer Clasiiker mit
Erläuterungen für die Privatlcotüre herauszugeben ; in dieser ist als dritter
Band kttrzlich Casars dritt«>( Hucli De bello civili, berauagegeben von
W. Eymer. »m si hii-nfn. Da--* dif für die VT. Gymnasiali la^so vor<»'o*fchriebf»ne
lateinische Leetüre zu umtangreicb ist, kann eine Durchsicht der (jymnasial-
pr(^^nitDe beweisen, und auch die Instmetionen lanen es nnter Umitftaden
als riUhlich erscheinen, da.s belhtm civili Ciisars als I'ris-atU'itüro zu ver-
wenden. Das« aber eine Privatlectüre nur dann mit Nutzen betrieben wird,
wenn sie der Schüler ohne unerlaubte Hilfsmittel absolviert, iiegt auf der
Hand. Vorliei,'end>» Bearbeitung des dritten Buches von Cäsars liürgerkrieg
'•rieirhfert durcti pine zweckmilfM^'e f Jliodpninc: de^ (lanz.'n, durch passend.'
Anuierkuagen unter dem Texte und durch ein kurzes Wuilci Verzeichnis dem
Schiller die LectUre wesentlich und wird gewiss beitragen, dasa das durch
seinen Inhalt nnd «pinr sprachüt he Darstellun^i: anziehende dritte Buch von
Casars bellum civilu von den Schülern gerne privatim gelesen wird: auch
für den lateinischen Stil wird sich mancher Gewinn ergeben. Die Ausgabe
kann den Schülern umso lieber empfohlen werden, als ihre Au^tattung eine
schöne und der Preis (40 kr. geheftet, 60 kr. gebunden) ein mäßiger ist.
F. W. Kaeding: HäufigkeltswöFteFbueh der detitseheii Spraehe*
F^tgestellt durch einen Arbeitsausschuss der deutschen Stenographie»
Rjsterae. Stef,'litz bei Berlin 18I>7. Lieferung 1 und
Von einer giganti<chf*n Arbeit, an welcher sich 1320 Personen fünf
Jahre hindurch betheiligt haben, und die bei Beginn der Drnckleguns;
noch nicht fertiggestellt ist, liegt die erste Doppellieferung vor. Das Werk
»oll enthalten: 1. eine allgemeino Einleitung über die Nothwondigkeit
sjjrachlich statistischer Untersuchungen, sowie über die an eine derartige
tntersachnng %n stellenden Anforderungen; 2. Titelangabe der für die
Zählung von l'O Millionen Silbt n znf;ninde gele<:tcn Druckbogen: Ii. die
Einrichtungen der Oesammtarbeit, durch weiche die Erg^ebnisse gewonnen
worden sind; 4. alphabetische Nachweisnng der sftinmtlichen mindestens
viermal Torgekommenon Wörter; 5. Kacbweisung der nackten Wortstämme;
t>. Nachweisung der Vori^illien n) in d**r Form ihre« Vnrkommens, b\ mit
.Vngabe der Verbindungen, in welchen diese vorgekuuimen sind: 7. Nach»
Weisung der Endungen und Nebensilben a) in der Form des Vorkommens,
b) die Verliin<limf;en derselben untereinander; 8. die Statistik der Laute;
Tabellen der Consonanten, getheilt in Vorsilben, Ötümme, Endungen
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458
Litoraritdie Rundachaa.
und Nebensilben, sowie frir j dieser Abtheilunpren qr^'trennt in An- und
Auslaut-, einfache und zusaiuniougesetzte Consonanteu; 10. Zusammenstellun-
gen und Übersichten.
Die Arbeit hat ihre fieschiL-htp und ihr unleugbares — Vech. Sie
Milte der Sprachwi&genscbaft einen Einblick in die ZusMnmensetzunf der
deatsefaen Sprache, wie dieser in gleicher Übersiclitliehkeit und Annllhr-
lichkeit nocn nicht vorliej^t, {gewähren, ferner die för die wissenschaftÜLlie
Weitfrhildung' der Stpnoj»^ruphie erforderlichen statistischen Grundhxj^en
bieten und lur die Verbesserung de^ deutschen GieÜ/^tteläi die lan? ver-
mis4ten Fet»tstellungeii an die Hand geben. Da aber die deutsche (lelehrten-
welt dem Unternehmen gleich von Anfang wenig Beachtuns? gehenkt»' und
ihre moralische, mtellectuelle und materielle Unterstützung veralte, da
ihm auch von Seite der Stenographen nicht die gewünschte Opfer&etidig-
keit zutheil und von den größeren Buclidruckereien und Schriuj^ießereien
Deutschlands die gewünschte uiHterielie Unterstützung nicht gewährt wurde,
Bo konnte der Herausgeber die über stenographische Bedürfnisse hinausgehen»
den Wünsche nicht l>erück8ichtigen. Aber auch in dieser Beziehnim wird
das im Erscheinen l)egrilFene Werk keine vollKt;indi£»'e Drucklegung dtf
Ergebnisse bieten. Ub der Erfolg unter diesen niisslichen Umständen der
aufgewendeten Mühe entsprechen wird, nmss vorderhand abgewartet wer-
den-, ein Urtlioil kann noch nicht gefällt werden, da die vorliegende
Doppel lieferung bloß die alphabetische Nacbweisung der gezählten Worter
bis „besicfatigr* enthält. Zn bedauern wftre es, wenn auf das vielver»
q|»recbe&de Unternehraen die Worte des Dichters ])a8sten:
FarturiwU motües, fuueeiur ridiculus mus
Wien. Joh. JÜdmiidi.
Goethe und das classische Alterthum. Die Einwirkung der Antike
nuf Goethes Dichtungen im Zusammenhanf^^e mit dein Tiebensgange des
Dichters dargestellt von Dr. Franz Thalmayr. Leipzig, Verlag von
Gustav Fock. 1897. XI und 185 SS.
Wer heutzutage über Goethe zu schreiben beginnt, muss bei der ge-
wnltijren .\uscli hnung der einschlägigen Literatur in der Regel von vorn-
herein aui besondere Originalität m Mittheilung und Verwertung der
Thabmchen Ternehten. Gleichwohl kennen noch immer verdienstliche
Arbeiten ^'eliefrrt werden. Zu letzteren gehört au< Ii vorliegendes Buch.
Lassen wir den Verfasser zuerst selbst sprechen: „Der Verfasser hat es
tjich zur Aufgabe gemacht, Goethes Verhältnis zum classischen Alterthume
im ZuKEramenhange mit des Dichters Lebensgeschichte darzustellen, auf die
zahlreielirn utid vielseitigen Einflüsse hinzudeuten, welche die Antike auf
seine Dichtungen nach Inhalt oder Form ausgeübt, sowie aus dem Zeug*
nisse seiner eigenen Worte den Nachweis liefern, dass Goethes tiefe
Geistesbild unjüf zum ffrößten Tlu'ile auf der Grundhi^'e classischer Studien
beruht, doss die Anerkennung ihres hohen Wertes ihn durchs ganse Leben
bcKleitet, und dass er den vertrauten Verkehr mit allem, was aus dieser
Quelle ätauHut. mit liebevoller Theilnahme bis in seine spUetten Lebens-
tage unterhalten iiat." (Vorwort, 8. III f.;
In Duichtiilirun;^' dic»e» l'rogrammes wird Goethes Leben und Schallen
in sehn größeren .\Kschnitten beleuchtet und dabei all das sorgfältig ge-
sammelt und mitgetheilt, was den Einfluss iler .\ntike auf Goethe bekundet.
Die Jugendjahre des Dichters wurden ausführlicher behandelt. Die zahl-
reichen Quellenschriften lUteren und jüngeren lÄatuuis wurden — soweit
mir ersichtlich — mit Fleiß und Scharfsinn ausgenützt.
Die Lectüre i<-t infolge des unvergänglichen Keizes, der aus allem
spricht, was an Goethe erinnert, wie auch infolge der geschn>ackvollen,
formToilendeten Darstellung sehr genussreich und — was das eigentliche
Thema des Verfa>.-er«; nnhe]anf»t — auch vielfach >>e!ehrend Die «ranze
Arbeit zeigt, das.s der Autor seiljst ein fürs classische Alterthum begeisterter
SchttlauAn ist. Natürlich wird nur derjenige dem Boche gerecht werden,
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Literarische Rundschau.
459
der mit den nöthi^en Vorstudien an die LectQre heruatritt. Auch war eine
gewisse einiteitif^ Betotum^ der antiken Einflfl«9e kaum zu vermeiden, so
dsaa der Leser, um d.iu> iii>-toriache Bild Goethes nicht zu verrücken, gut-
thtm wird, für das not h ige Gegeii|{ewicht sa aorgen.
Au? !> pt Heortheilang beraoe mflgen BOBfolgaMleEuiielbeinerkaiigea
gewürdigt werden:
S. 10, Z. 4 n. (Anmerkiiog) irilre hinter ,Anch benannte er' ein-
zuschieben: dem Gebrauche seiner Zeit folgend . . . Das Streben des Ver-
fassers, möglichst zu erschöpfen, hat «tf^l)»'n weise zn allxuj^oPer Ausführ-
lichkeit geführt, beispielsweise bei der Kul^Leiiunßsgeschichte der „I^hi^^enie"
(S. 52 f.) oder bezüglich der „Nausikaa" (S. 89). Besonders breit wurde
Goethes schwankende Meinung in def honierischen Frage dargestellt. Audi
Wiederholungen wurden so hervorgerufen, z. B. ä. Ö5 f., ITd u. ö. Einige
ROekrerweisungeB würde ich empfehlen, so 8. 42, Z. 1 f. o. auf 8. 14
(nnten) ; oder S. 97, Z 8 f. auf S. 59. Z. 4 f ; S 128. Z. 15 auf ? 42.
I>en läuternden fJinfluss der Philosophie auf Schiller fand ich ä. 120
nicht erwähnt, erst die folgende Seite bringt eine entsprechende 6e*
merkong.
Dass der Verfasser manchmal mit der behaupteten Anlehnunj? ans
Altertbum zu weit geht, beweist u. a. die Darstellung des Tasso-Frobiems
S. 109, Z. 9 ff., desgleichen die Motix aber Wilhelm Meisters Lehipabre S. 125.
Mindestens nniä»ten in solchen Fällen anck die modernen Einwirkangea
und Analogien kräftiger betont werden.
übertriebene Behauptungen und femer: S. 188« Z. 9 v. o. „fast gSnz-
lick"; 8. 140, Z. 16 ff. (Hexameter); S. 154, Z. 7 f. v. u.
8. 16 f. leidet die Anordnung des Stoffes etwas.
Stilistischer Verbesserung iahig wäre S. 21, Ende des ersten Absatzes,
8. 98, Beginn dm zweiten AlMatz^
S. 66, Z. 11 ff. V. u. ist unklar. Zar VerdentUchnng wftre vieUeicht
vielmehr in viel mehr zu ändern.
Sprachlich weniger gut ausgedrilckt iet S. 110, Z. 10 ff. v. o. — 8. 152,
Z, 16 V. u. wäre eine Wortumstellung erwünscht.
Der Druck i-'t flberau« correct. Mir fiel — abgeeehen von einigen
Interpunctionsveraebcn — nur Folgendes auf:
In den Berichtigungen selbst (letzte Zeile): /weiroal von. — 8. 101, Z. 4
V. o.; S. 102, Z. 9 V. o. 1. trotzdem; S. 165, Z. 15 v. u. ver sQstrncken;
S. 186, vorletzte nnd letzte Zeile: zwei falsche Zahlen.
Mehrmala endlieh vermint man Anftlbrungszeiehen, s. B. 8. 166 (oben),
107 (Mitte;.
Schließlich seien noch lobend hervorgehoben: die übersichtlich an-
gebrachten Quellennachweise, das trefflich gearbeitete Inhaltsverseiehni«
nnd die iypiwhe AuitattaBg.
Wien. Dr. Rudolf Ufhntr.
Unsignierte Vasen des Amaisis. Ein lieitrag aar griechischen Vaseu-
kande von Ludwig; Adaniek. Mit 2 Tafeln und 16 Textdrucken. Vor-
gelegt von Wilhelm Klein. Prag 1895. H. Dominicus' Verlag.
Diese Arbeit bildet d -^ fünfte Ht ff A^r „Prager Studien aus dem
Gebiete der clasHischeu Alterinuniswissen.scijiiti". Der Verfasser geht von
der Bespreehang einer großen Amphora des Berliner Antiquariums ans,
welche er nach Furtwängler als ein Werk dt- Aniiusis bezeichnet. Ersucht
dioie Yermutbung durch eingebende stilistische Würdi^ng und Vergleichung
mit «ignierten Vaaen de« AroMii sn begrttnden. DabS hebt er 8. 18 aU ein
für diesen besonders charakteristisches Merkmal das Vorkonunt n befranster
Gewänder hervor vmd zieht von hier atis den Kreis seiner tietrachtunffen.
«Dass gefranst« Gewiinder,"' führt er IG t" aus, „im Orient, zu dem
wir auch Ägypten rechnen, gebräuchlich waren, lehren uns die Denkmäler,
lonisi lies Gebiet wird diesen (b^braueh nach Grii-theulund vermittelt hal)en.
wo er sich in der Zeit der rothtigurigen Technik weiter verbreitet haben
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460
Literarische liuiui^i-huu.
dOrfte . . . Für ungereB Menter aber hat das in Hede stehemle Detail eine
doppelte Bedeutung, indem es uns einrnnl als Wegweiser dient bei der
Frage nach seiner Heimat, tlas andereuial als Kriterium bei der Ecbtheits-
frage." Der Verfa8«er wendet nun die«et Kriterium an zunächst auf die
Berlitji 1 Amphora und die des Brit. Mus. f)54* (/? 200 lici ^Yalter^^'J und
vcrtieit die eingangs begonnene stilistische Betrachtung; dabei ergeben &ich
ihm fBr die Deutung der Darstolliiii}; Analogien. Aber auch fBr eine ganze
Reiht' anderer GufaGe sollen die Fransen die Signatur de« Künstlers er-
setzen t8. 22 ti.). Man wird sich dabei nicht immer befriedigt fühlen,
namentlich dann nicht, wenn die Fransen auffallende stilistische Ungleich-
heiten aufwiegen sollen (S. 87 und 43), oder wenn ganz neue Stoti'e auf-
treten i:inn striiubt sich gegen die Voraussetzung, ein Vast»rm;i]rT, der
in Athen wirkte, habe absichtlich eine damals dort noch fremde Mode aus
•einer ionischen Heimat beibehalten. Waren aber cnr Zeit den Amaeis be*
franste Gewiinder aiieli in Athen schon in Mode, dann können und worden
ebenso andere Maler einen tichmuck nicht unbeachtet gelassen hiil»M).
welcher der jener älteren Malerei eigenen Zierlichkeit so entsprach. Dio
Frage kann also nur im Zusammenhange von Trachtstadien gelöst werden.
Indes mujfs hervortjehoben werden, dass der Verfasser sich dieser Bedenken
wohl bewus8t zu sein scheint. Sein Verdienst ist es, aus der Masse von
Material nfther Verwandten siuammeBgeetellt oad durch scharfe Forronlie-
rung einzelner Fragen die Kenntnis der ftiteren Vasenmalerei gefördert
£U haben.
Die Ausstattung des Werkes isfc sehr hflbscb.
Wien. Dr, E. Hula.
Dr. La8<:ar Cohn: Die Chemie im täglichen Leben, ^.Auflage. Ham-
burg und Leipzig, Verlag von Leopold Voss. 1897.
Der Inhalt des Buches umfksst auf 293 Druckseiten twOlf Vortrftge.
welche der Verfasser im , Vereine für fortbildende Vorträge" ge-
halten hat. Der erste Vortrag nimmt Köekp«icht auf die physikalische Be-
schaffenheit und cheuiische ZusammenseUung der Luft, ferner auf Ver-
brennung untl Athniung. Im »weiten Vortrage erörtert dt i Verfasser zu-
nächst die Natur der Flamme und schildert dann die iieleuchtungsmittel,
wobei sowohl die Zusammensetzung der letzteren wie auch das Wesen der
chemischen Verbindungen Oberhaupt Beachtung finden. In interesmnter
Weise schildern die foI^,'en(bni drei Vorträge die Ernährung der Pflanzen,
Thiere und Menschen, den Frocess der Verdauung, die Nährstoße und die
wichtigsten Genussmitte!, wie Wein, Bier und Spirituo^n. Im Anschlösse
daran werden im sechsten, siebenten und achten Vortrage einige organische
Verbindungen, dann Explosivstoffe, Leder, Farbstoffe, CMe. Cellulo^e und
Papier besprochen. Im neuntea Vortrage ist von den anorganischen btoü'cn
der chemischen Großindustrie, wie Pottasche, Soda, Sehwefelsfture u. dgU
neliätbei von den verschiedenen Seifetiarten die Üedo. Dio letzten Vorträge
beschäftigen sich mit den Glasarten und Thonwaren, den wichtigiiten Me-
tallen und der Photographie. Zum Schltisse werden noch einige organische
Verbindungen, .Methan. Acetylen u. a. erörtert.
Der gesammte Stoff wird in dem Buche in populärer Weise be-
sprochen, und es gibt sich in der Darlegung des Ganzen die Absicht kund,
dem Laien sowohl die wesentlichsten natQrlichcn Stoffe und chemische
Producte, deren Gowinnung. Fifjf^nschaften und Redeutnn*?. sowie das Wesen
der chemischen Vorgänge vorzuführen und theoretische Betrachtungen
daran tn knapfen. Die Besprechung der Erzeugung wichtiger Körper ist so
gehalten, doss auch die nrsprQngUcbe Methode neben allen Fortschritten,
die in der Gewinnungsweise zu ver/eichnen sind. Beachtung' findet. In
vielen Fällen werden auch geschichtliehe Angaben über eiax,elne Körper
gemacht und der Einfluss. den die chemischen Fabricate auf die Cultur
treübt, hervorc^eboben. D;ls Buch lunsq <laher als ein höchst lehrreiches be-
zeichnet werden. Es bietet nicht nur dem Laien eine interessante Leetüre,
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Literarische Hund«chuu. 461
sondern auch >>tudierenden. Mit Rücküicbt auf den letzteren Uxnttand Bollte
es in Schälerbibliotheken der Mittelecbulen Platz finden.
Wien. C. Beichi.
Prof. Dr. H. Menrer: OrleeliiseliM Lesebueb mit Wortscbatz. L Theil:
für Untertertia ZweitL-, n ioh den nenen Lebrplftnen amgoArbeiteta Auf-
lage. Leipzig, Teiiliner, l>*''J«j.
Die griechischen Elementxvrbücher, welche nach der Leaestückmethode
der strengvten Richtirog ftbgeftwBt sind, huben neben nnleufrbaren Vonflgen
ganz 1>efi»'nten(lt_' Mängel. Mitt»-! uiul Zweck sind oft unvereinbar, die für
die leichte Eiiernunsf der Formenlehre unerläsHÜche meth od i8 che Gliede-
rung des grammatischen Stoffe* muas oft dem heißen Verlangen nach
intwemierenden Lnse-tiicken weichen, innerlieh Zmammengehörige^ mua»
zerriwn und Frenuiartige:» lose aneinandergereiht werdf'n. So zeigt denn
auch Meurers Versuch, die Lesestück methode zur aiieinherrscheuden zu
machen, daae wir auf die erprobten Vorzüge der alten, bewährten Einsel-
flatzmethode no< Ii itninei- ni< ht verzichten iliiiftMi. wonn wir das Hauptziel
de« griechiiichen Eiementaruuterricbted) Sicherung der Formenlehre, nicht
aus den Ang«>n verlieren wollen.
Ein Vorzug den MenrerVhen Lesebuches ist es. dass die inhaltlich
feeeelnden Lese^tücke von e^rinfrem rmfanpp find, odfr doch wenigstens,
wiez. B. das Musterstück .A-. "IjVjxoo jicavo:" 6. Iii ti., in kleine Abschnitte
zerlegt werden. Zu loben i^t das methodisch richtige Verfahren, dan nach
d^'ui Vorgangt"» Stiers. Fechts n. a. sowohl bei der O-Di-clination , welche
der schwierigeren J.-Declination vorangeht, als auch bei dieser die Sub-
stantiv nach den Accenten geordnet zur Einübung gebracht werden.
Doch sollte der Dualis, der in der classischen Zeit im Absterben begriffen
i-t. vom Anfangsunterricht*» znrnckgp^tf»!!t weiden fS ')). Schon Kaegi und
Fritzssche haben die liualforiuen von den rarudignien ganz ausgeschlossen.
Wesener. Holzweißig, Franke-Bamberg wenigstens durch den Druck ge-
konnzfMchnet. In metlindischer liiii>irlit tadellos i?t die (Jruppiening der
Substantiva der dritten Deciinatiou nacii deat Stamme; aber an derGliede-
mnir der der Einübung der O)mperation gewidmeten Leeeetficke kOnnte
der Verfiisser. der den grammati.-ichen ('bungsstott' so schön in kleine Ab-
schnitte zu theiien versteht, noch manches verbessern. Auch sollten
/aft'.izzt^oi (S. 41 und 4;)) und TroXattutoc (S. iii und 44) nach Kaegi (,Kuiz-
gefaiiete griech. Schuigramm." S. '32) vorläufig übergangen werden.
E.« i'-t ein Zeichen von Re-onnenliejt und richtiger Heol'achtung, dass
der Verfasser den vielfach geäuberten Wünschen, es möge die Behandlung
des Yerbume wenigstens theilweise in die des Nomens eingeschoben wer-
den, nicht nacliiiekoninien i>t. Selit-t die Formen des re^relniäfMgen Verbuni
vocale sind, wie Kaegi nchtiij bemerkt, viel zu compliciert, als dass sie
von dem Anlllnger nur so „nebenher mitgenommen" oder inmitten anderer
Partien so leicht ^vorweggenommen" werden könnten. Die Gruppierung
der Tempora bei der F^inübung der Conjugation entspricht leider den
didaktischen Anfoideiungen nur .sehr wenig. Beim activen und medialen
Fatunini und Aori.stuä aoW der Cintheilnngt^n*und das Tempus, nicht das
Genus verbi sein. Für die ^'er^a auf otu genügt die kleine Nr. 8S nicht;
hier müssen zvni Gruppen gebildet werden. Beim Perfectstamme müssen,
wdl Zusammengehöriges zusammen behandelt werden muss, einerseits das
Perf. und Plusq. activi. anderseits das Perf. und Fut. exact. pa<»s. zu je
Hner Gruppe verbunden werden. Natnrgemüß ist ferner die Verbindung:
Uf f-jZ-di^iu. fei E'fj>.'/4a, rf >/.oi;ÖL|i.Y//j c) i f j/.ayO-T,/. f 'jXa/{K^30ji.at;
nicht entspricht: a) f/'.ct^to, t^6X«^«; &) »fiXd^ofuu, E^'>]'.a;a}xrjv, ^oAaydifiooiMit»
£'f' >>.ct^i^v V. Hei einer sfi formenreichen Sprache, wie iler griechischen, mnss
das Einigende mit peinlicher Sorgfalt wahrgenommen w^erden, wenn das
Erlemen der fremden Sprache nicht eine Mythe sein soll. Gans un^ereeht-
fertigt ist und bleibt es. den starken Aoristus act., med. und pass. in einer
kleinen, sehn Zeilen umfassenden Nummer (S. 75) einzuführen. Wenn die
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402
Literarische Rundschau.
Leaestückmethode innerlich ZuaammeDgehöriges gewaltsam zerreißt und
Fremdartiges nnr lose verbind(>t, !»o widerspricht sie dein Unterrichtsziele,
und es luuss zu einem veruiittelndeu Verfahren gegritfen werden, indem
auch die von mftnehen Schulmännern fast leidenschaftlich bekämpften
Einzelsätze herangezogen werden. Kiiier methodischen Anordnung entbehren
auch die Yerba liquida; neben Formen des Fut. und Aor. act. und med.
erscheint, nm nur ein Beispiel aninf&hren, gleich in der ersten Übungs-
noinmer (S. 88) die Perfectform atxptra«, die gewiss nicht als ^{nselie
Bildung vorangehen darf.
Dem Verse zuliebe wird uiiin die jonische Ponu -v^iuy.i.-f^ (S. 42/ auf
der Eleraentarstufe gewiss nicht nelunen. Vocabeln. wie v.oo'j'>/.>.).o-. i:sX«xp-
•j-ö;. : i h ini früh genug bei Horn.) sind auszuscheiden. Für die ersten
vier i>eit«u de^^ Anfangsunterrichtes (S. 2 bis 5) ist die Auswahl der Prä-
positionen doch w<Al so ntannigtaltig : die Schiller lernen gleich i«, i;.
irsp'l c. acc. und gen.. sri, sv, si; (s;), avi-i, ctito (auch a-p' tTtiro» = zu Pferde),
xata c. acc, unö c. dat. Auch syntaktische Verbindung-en, wie of.vö? xä to'j
Ro).£}i.ou (S. 4), tä r.ty. ta 53Tj>'jt (S. lOj, wird mau am Anfange vermeiden
mfissen.
Wenn^rleich es dem Verfa's'iPr gelnn;jen ist, den .^chiilern schon auf
der Elementarstufe inhaltlich anziehende Leüestücke vorzulegen, %o unter-
liegt es doch keinem Zweifel, dass durch eine entsprechende Heranxiehung
von Einzel.siltzen die als die er>te und unerlässliche Vorbedinjfung für eine
ersprießliche (Jiassikerlectüre zu betrachtende Hauptaufgabe des Elementar-
unterrichtes noch besser au^efQhrt. d. i. Sicherheit in der Formenlehre
noch inmlftssiger orreicht werden konnte.
Prof. Dr. Bernhard Gerth: Griechlsehe Sehulgrammatlk. Vierte
Auflage. Leipzig, Freytag. 1895.
Das Torli^rende Schulbuch, welches in 11 Jahren vier Auflagen er-
lebt hat, bftit die Mitte swischen den ansfthrlicheren Schnlgrammatiken
und den sogenannten „kurzgefassten''. welche alles nnberücksichtigt lassen,
was die Schüler e'^1*'«/ent!ich bei d'r lioctnre aus dem Wörterbuche
oder aus dem Munde deä Lehrers erfainen können. Neu hinzugekommen
sind im dritten Theile S. 21G ff. einige Fußnoten, welche die Besonder-
7iiMt*'n des neujonischen Dialects betreffen. Sehr brauchbar ist der er.sto
Anhung (S. 114 bis 122), weicher Beispiele zu Declination»- und Con-
jugationsfibnngen enthält, insbesondere untcrslfltst den jüngeren, minder
geüliten Lehrer die Zusammenstellung von Beispielen zur Unterscheidung
ähnlicher oder «gleicher Formen auf S. 12**. KI»en*o i.*t der zweite Anhang
(S. 164 tt.), welcher eiue Übersicht über die Zeit und Haumbestiinmungen
bietet, sehr förderlich.
Wissenschaftliche Genauigkeit \ r tiLndjee .\uswahl und methodische
Anordnung des ffrauimatischen Lernatottes. Übersichtlichkeit und Knapp-
heit bei klarer Fassung leichaen diese tüchtige Schalgnunmatik aus und
werden so den alten freanden gewiss neue hmsnerwerben.
T eschen. Friedrich Lobt.
Bernhard Landsberg: Hllfil- lind Obungsbueh fQF den botanlsehen
und zoologrlschen Unterricht an höheren Schulen und Seminarien.
Ertiter Theil: Botanik. Leipzig 1896. B. 6. Teubncr. XXX VII und 508 S.
Geb. 6 M.
Dieses atisgateichnete methodieebe Buch enthält eine überaus reiche
Fülle anziehender Details, die sich alle beim Unterrichte verwenden lassen
und denselben U lihaft und fruchtbringend gestalten werden. So «oll Botanik
unterrichtet werden, und Lehrer sowohl,^als Schüler sind zu einem i>olchen
Unterrichtsmittel tu begl&ckwünschen. Ode und fad wird bei Anwendung
diese.«! rnterrichtagange« die naturf?e>(_hi( htiiche Stniult- pewiNS ni( ht sein.
In den österreichischen Schulen wird es bei der lächerlich geringen Stunden-
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Utemrische Kuodscbau.
463
lahl fBr die Natnrgeeehichte ~ nuui denke nnr an die Qainta ^ kaum
möglich sein, ilen ffe^]^ebenen Anro^junpen überall zu folfjen. ;iVier brauch-
bare Winke sind in Menge vorhanden, und auch bei uns wird einmai ganz
eo imterrichtel werden. Im Interesse der Schaler wäre die Beigabe von
Abbildungen gewesen.
Dem ErBcheinen des zoologischen Theiles mnis mit berechtigtem
Interesse entgegengesehen werden.
Wien, Dr. F, Tschern ich.
Alois E. Tino ho»: ZVF JngmidllOltnnige. Wien 1897. Verlag von
Ant Reimann, I., Schwarzenbergstraße 8. Preis 10 kr.
Die Wartung,' liortbednrfti^'iT JuL'' nil ipt nicht bloß einn interes-^nntp.
sogar den Charakter der g^enwärtigen und auch zukünftigen Generation
b^Bbrende Frage, sondern rie bat anch leider gerade in der Gegenwart
eine sehr praktische Bedeutung. Wie weit die Sache speciell in Wien
p^diehen ist und durch Vermittlung von Mensrhenfreunden gedeihen soll,
ist in der vorliegenden Broschüre in warmherziger und dringender Wei»e
aneeinandergesetzt. }A&ge das Jubiläumsjahr Seiner Majestät an «iein edlen
UntcrTK"hm»>Ti nicht spurlos vorübergehen! Dit^^^es Schlusswort des Verfamers
mögen ^ich weitere Kreise wirklich zuherzen nehmen!
Wien. J. Kessler.
Programme.
Josef Schiepek: Untersuchungen Ober den Satzbau der Egerl&nder
Mundart. I. II. (XXIl. und XXiU. Jahreebericht de« k. k. StaaU-
gyninasiums in Ssuu. 15595, 1896.)
Öo umfangreich die Literatur Qber die Formenlehre der Dialecte ge-
worden ist, so spftrlich sind Untersuchungen auf dem Gebiete der dialecti*
h'»n Syntax zn rciT'^i< hnen. Di»« Ursivche liegt auf d*'r Haiul. Die .Syntax
einer >Iundart darzustellt^u, ist zwar ein sehr reizvolles, aber auch «'in sehr
seliwierigee Unternehmen. Gb gehOrt dazn aaOer den Vorbedingiiu>;en für
jegliche syntaktische Forschung: Kenntnis der Methoden und des gegen-
witrtißon Standes der syntakti^chfn Wissenschaft, an^jeborenfm feinen
.SprachgetÜhle umi j^uter ji^yeholojjischer Vorbildung, auch noch jene ein-
dringende Kenntnis und durch eigene Übung erworbene Beherrschung des
Ihalecte.*, welche fl' i ^'.'liüil-t St;i-iter, der meist «:eit den frühesten Jugend-
jahren der heimatlichen Voik»t>prache sich entwöhnt hat, in den meisten
Fullen nicht mehr besitnni kann. Danun ist et nicht zn verwanden), dam
wir, von Xa<,'l.s Uoanad iibgesehen . hier eigentlich zum ersteimiiile eine
umfassende systematische Darstellung der syntaktischen Erscheinungen eines
Dialectes unternommen sehen.
Der Verfasser behandelt die Mundart des nordwestlichen Böhmens,
das EgcrUlndische, wobei er von der Volkssinache seiner Heimatstadt
Plan ausgeht, aber immer das Gesammt^ebiet der „nordgauischen'' Mund-
art innerhalb der böhmischen Grenzen im Au^ behält. Der I. Theil der
Untersuchungen enthält die Lehre vom unentwickelten und unvolUtändifren
Satze, die Genera und Tempora des Zeitwortes, der II. Theil die ^Modi in
Haupt- nnd NebenAtsen mit Ausnahme der indirecten Rede. Die Beispiele,
bei dem beschränkten Räume etwas sparsam gegeben, sind theils der
Dialectliteratur theils der Beobachtun;:,' de« mit seinen Spracbf^eno«*scn
sprechenden Lanumannes (jedenfalls Ute sicherste Quelle), theil» eigener
Spraehschflpfnng des Verfassers entnommen. Ältere Spraehquellen werden
mit der nf'ithigcn Vorsieht <;elefjcntlich heranf,'ezofjen , häußg wird ver-
{ gleichend auf andere Diaiecte ausgeblickt. Die Ausdrucksmittel des Dia-
ectee werden mit der Schrifti^prache und der Ton Wunderlich dargettellten
Syntax der „gemeindeutschen Umgangssprache" verglichen, die neben-
einander in Verwendung stehenden und die stell vertretenden Ausdracks-
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464
Literarische Rundschau.
weisen des Dialectes in möglichster Vollttändigkeit «laammeiigestolH und
auf Unterschiede der Bedeutuns; f?epröft, wobei die Betrachtung öfter bis
an die Grenzen des ganz individueilen Sprachgebrauches vordringt (I. 8,
10. 11, 14, SS. II. 4, 16, 17).
Ich iiiöchle besonders auf r-ini^e Beobaolitnngen aufmerksam niachei;.
die fUr ^Sprachforscher von allgemeinen) Interesse sind : die Öcheu des Dia-
lectes vor einfachem Ja nnd Nein (f. 7). die Wiederaufnahme der Fiaae
vor der Antwort, di0 einer hervorstechenden stilistischen Bi'geilthümlicD-
kcit 'It'j^ Volksliedes so nahe steht ^l. 19), die objeftlosen Vorba. wip bleichen,
brt'cuen (Flachs), stoßen (Futterrüben), einführen (Getreide), zuschneiden
(Leinwand. Bretter), die im Alt* and Mitlelhochdeuiachen ao viele ParaUelen
haben (dir 7 Iii der Beispiele könnte aus dor Fachsprache der verachiodonGn
Gewerbe eine wünschenswerte Vermehruuf^ erfübrenli die Activa mit me-
dialer und intnuBsitiTer Bedeutung (I. 29), die Partieipia Pr&t. mit actirer
Bedeutung {gsttudiert, glami u. s. w. [1. 81]: Vollzähligkeit der Beispiele
wäre hier erwünscht), der Verlust des Indieativ Prät. il. 31), die Ver-
wt ndving des historischen und futurischrn L'iäsens (l. 32 ft.), die modale
Bt'doutunip des Futurs (I. 35), das übergreifen der schwachen Form des
Conj. Prät, auf starke Verha (1. 3G). der Indieativ au St»»lle des Conjunctive
in irrealen und potentialen Sätssen (II. 2), die Paratoxis. wo die Schrift-
i^prache Hypotaxis hat (II. H). die auch im MittelhodideiitKhen gebiftneh«
liehe Verwendung von und in Bedingungssätzen (IL 17 1. was statt ob im
indirecten Frago-^atzp ^TT. ?0\ die „Rc Tntiv^tütze" was {der icos — qia) (II.
-3), wer — si qitis (II- , die „Conjuj^aiion" des Bindewortes (II. 38) u.a.
Endlich mögfn noch einige Eigenthflralichkeiti'ii den Dialectes hervor-
gehoben werden, in denen sich gewisse V.-'vjo des VoiksLliarakteiH kund-
zugeben scheinen: die Vorliebe tür miUieiuUe und einschränkende Au»-
drncksweisen im befehlenden Satze (IL 4, 8, II. 12), die Vorliebe flir
Deminutiva der Intfrjoetion (ächerla, husrhrrl u. a [1. 11]; biiizuzufüfren
wäre hasserla, welches bei Berührung heiber Gegenstände ausgestoben
wird), den potentialen Conj. Prät. an Stelle des Indicativs (Xo wog wdr
enn äffa dös* — was ist denn das?), den der Verfasser erklärt aus ^der
zähf>n Neifxnuf:: des Volke« 7m bedächtiger, vorsichtig bedingender Formu-
lierung selb'it der vollendeten Thatsache gegenüber" (IL 11), den Hang zu
drastischer Übertreibung (IL 16, 81, 33) u. m. a.
D. r Kindruck, den uum von dieser Arbeit gewinnt, ist in jeder Hin-
sicht ertreulich und erweckt den Wunsch, da^s es dem Verfasser recht bald
gelingen möge, die Darstellung der Syntax dieser Mundart zu vollenden.
Bielits. Ferdinaend Zimmert.
Für die Sehülerbibliothek.
Bernhard Land^borg: StrelfzOge dureh Wald und Flur. Eine An-
loitunpr 7.nr Hcobarht un;^ d-M- liciiiiist hr-n Natur in Monatsbildern. Für
Hauä und Schule bearbeitet. Zweite Auflage. .Mit ^4 Illustrationen.
Xlll nnd 234 SS. Leipzig 1897. B. 0. Tenbner. Geb. 5 Mark.
Nicht oinmal, sondorn Öfter haben mir gegenüber «nf Spaziergängen
Freunde ihr Bedannn danibfi ^'ofnißert. d;i-,s hie <n wenig das :^*'li"n
gelernt hätten, und dass ihnen deshalb das Herumgeben im Freien lau*<-
weilig sei. Das vorliegende Boch ist in ansgeeeichneter Weise geeignet,
zum Sehen und Bt-nbai hten anziehencb-r VoiL'änge iui Reiche der i't'i«bten
Natur, wozu an allen Orten reichlich Gelegenheit i^t, anzuleiten .Schon
die Leclüre dieses lebendig geschriebenen Buches ist sehr lehrreich und
fordert geradezu heraus, selbst Naturvorgänge zu beobachten. Die Darstellung
i-<t '»enioinvor>tf\ndHrh rmd ilnrh strontf wi.ssenbchaftlich. "„'»'friippn von ilurch-
au» modernen An$»chauungen. Die ganze Natur gleicht einem aufgeschlagenen
Buche, in dem man mühelos flberall die interMsantesten Dinge lesen sann,
wenn man eben d,)> L-^^en in di m nnclie icr Natur ^'olprnt hat. Niemand
mehr, der dieses Buch als seinen Führer erwählt bat, wird gleichgiltig
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Literai'iücbe BundscUnu.
46Ö
im Kn ien heiuiugehen. sondern er wird überall und jederzeit etwa* finden,
da« sein Denk»'n beschäftijjen wir-1 Einf i^fwi^^o B'-ti i^'l]i^:unJT wir-l in
die Bru«t einziehen. Die Lectöre dieses schön ausgestatteten Buchen kann
nur wti wftruate einpfoblen werden.
Wien. Dr, F, Ttehemich.
Eingelaufene Druckschriften.
Rudolf Lehmann: Der deutsche Unterricht. 2. Auflage. Berlin 1897
(Weidmann I 9 Mark.
Ur. Kichard K >>sier: Die verbreltetsteii Sehmettorlinge Deutseh-
lands. Leipzii( 189t> (Teubner).
Dr. Otto WDnacbe: Die veflipeltetsteii PUze DeuUehlands. Leipzig
1896 (Teubner).
Dr. Otto Wünsche: Die verbreltotsten Pflanzen Deutschlands.
Leipzitf 18% (Teubner).
Ben M M 1 LainUbL i «,': Hilfs- u n d Übungsbuch far den botaolsehen
und z.oologrlschen Unterricht. L-ii»/!..' i'^'tt; fTeni-nt--
Dr. Jos. ivrist: Anfangsg^ründe der Naturlehre für Gymnasien.
Wien 1893 (Braumnller).
Sam in hing (."gehen: Detttsehes W6rterhueh von Dr. Ferdinand
Detter. Leipzig lb97.
Dr. Jos. Kubik: Bealerttlftrung und Ansehairaiigsiiiiten*leht bei der
Leetüre des Tacl tu s. i>''7 II'V,i.ti
Franz ivörner: Lehrbuch der Physik zum Gebrauche an höheren
Gewerbeschulen. Wu-n und Leipzig ib'J? (Deuticke).
Werner Waiden: Der Wald und seine Bewohner tm dentsehen
Liede. Leij»/,ig (Meriteburger).
A. Weiner t: Leitfaden der Physili. Berlin lö97 CSaUej.
Ekkehard: Walther und Hildegund, fibersetst von Dr. Paul von
Winterfeld. Iiiii>brurl: 1^'«7 (\Vaf,'r,i i
Dr. Eduard Koschwitz: Anleitung zum Studium der französischen
Philologie fOr Studierende, Lehrer und Lehrerinnen. Marburg
1807 (Elwert).
Dr. Wilb. )iu Schini ! Der Attlcismus in seinen Hauptvertretern
von Dionysios von Halicarnass bis auf den zweiten Philostratus.
Stuttgart 1897 (Kohlhammer), ß Mark.
Stephan Fellner: Die homerische Flora. V.' rr, ]<^07 ir.iMeii
Dr. Joa. Clemens Kr eibig: Die Aufmerksamkeit als Willens-
ersehelnung. Wien 1897 (Hölder).
Ludwig M t y i V .'..to./ -.'Vi.:; Die Stadt der Musen. > ; j / ^^^^^7 (Ciealar;.
Käding: Häuflgkeitswörterbuch der deutschen Sprache. Lieferung ö
und G. Steglitz bei Ikrliu löliT (ftelb.-*tverliig).
Deutsch-Österreichische Literaturgeschichte. ^Ein Handbuch snr
Ge>i hichto iliT deutschen Dichtung? in U.sterreicli-T'ngarB.
Unter Mitwirkung hervorragender Facbgenosseu herausgegeben von
Dr. Nagl und J. ZSeidler. Wien (Fromme). Liefernng- 1 bis 4 k€Okr.
= 1 Mark.
Karl Steg mann: Lateinische Elementargrammatik. Leipzig 18%
(Teubnor).
Dr. Julius Krohn: Repetltlonstabellen zur Uttelnlsehen Orammatik.
Brf'slau 189»i (Koebner).
Dr. P. We ä e n e r : Paradigmen zur Einübung der griechischen Formen-
lehre Im Anschlüsse an das grleehlsehe Elementarbueh des
Verfassers. isfir, Teubner)
Adolf Pochhammer: Einführung in die Musik. Frankfurt a. JkI.(Bech-
hold^. 1 Mark.
Dr. (;*m)l;: Fiv um ibrr: Die Elemente der historischen Laut* und
Formenlehre des Französischen. Berlin 1895 (Gärtner).
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466 Literarische Rundschau.
Programme 1886/97.
Dir. Dr. G. Hergel: Herzogin Sophie Charlotte von Alen^on. (Communal-
Untergymnasinm, Aussig.)
Qymnasiallebrer Ferd. Holzner: Bericht über eine Studienreiae nach
Innsbruck und München. (Ebendaselbst.)
Dir. Dr. G. Her gel: Bericht Aber eine Studienreise nach Dresden und Wien.
VI. deut8ch-Ö8terreiclii>cher Mittelschnltag. (Ebend.iselbst.)
Gymnasiallehrer Ferd. Holxaer: Die deutschen ächachbttcher. (Eben*
daselbst.)
Prof. Jos. De übler: Vierzehn Tage in Sicilien. (Staatsgjmnasium, Freistadt.)
Sappl. Gymnasiallehrer Dr. Karl Schüller: Unters Hypothese über dae
Fcldherrnbuch des Cornelius Nepoa. (St^u,tsgymnasium, Görz.)
Albin Belar: Das periodische Gesetz und das natürliche Sjatem der
Elemente Stn;i(- Oberrealschule. Laibach.)
Prof. Ignaz B ran hofer: Katalog der Iglaaer Lehrerbibliothek. (Staats*
gymnasinm, Ifflau.)
Franz Ilesid: Dramatica in slcvensko üoo9t»o, (Staat^mnaiittm,
Liübach. )
F. Hintner: Prof. Franz Seraphin Gerdinec. (Ebendaselbst.)
Eduard Ott: Yen Venedig bis tot Rom 189& (Staat^gymnasiam, BOhniiach-
Lt'ipa.)
Prof. Jos. Blumer: Die Familiennamen von Leitmeritz und Umgebung.
(Oberrealtchule, Leltmerits.)
Franz Kunz: Seatenien in Seoeeas Tragödien. (Staat^gymnasiam, Wiener-
Neustadt.)
Prof. Wenzel Nowak: Katalog der Lehrerbibliothek. (Staatsgymnasium.
Pilsen.)
Prof. (rilbert Helmer; Zar Syntax Hugo« von Montfort Das Verban.
i KbtMulHselbst.)
VictorNavrat: Das Gepräge der altbdlmuseben Aleiandreisfragmente mit
RückMcht auf die suostantiviseh^ -o-StKnime. (Staat^^moasinin,
Prossnitz.)
Dr. Eugen Lammer: Katal<^ der Lehrerbibliothek. (Landes*Real- und
Obergymnasium, Stockerau.)
Dr. Anton Schlosser: a) Die sieben Kechenoperationen. ft) Die Dreiecks-
satze. (Comuiuual-Heal- und Obergvumasiuui, Teplitz-Schüiiau.)
Prof. Karl Müller: Das Formalin. (EbendasellMi.)
Prof. Dr. Franr T r hevnich: Deutsche Volksnamen der Pflanien ans dem
nördlichen Bübiuen. (Akademisches Gymnasium, Wien 1.)
Prof. Dr. Ton ZitkOTSzky: Nachrnf an Prof. Ludwig Blume. (Ebendaselbst.)
Gottfried Pfoser: Die Ameisenpflanien. (Gymnasium zu den Schotten,
Wien I.)
Dr. C. F. Vrba: Zum Commentum des Honuscholiasten Porfyrion. (Com-
inuiial-l{»-al- uncl Obergymnasium, Wien IL)
Dr. Julius Key/Jar: Theorie des Übersetiens ans dem Lateinische.
(Staat^gymnasiuui, Wien VIII.)
Prof Jos. Golling: Einleitung in die Geschichte der latnnischen Syntax.
I. Die lateinische Syntax bei den römischen Grammatikern. (K. K.
Maximiliana-Gymnasiom, Wien iX.)
Prof. Jos. Meise 1: Zum Betriebe des deutsch-grammatisehen Unterrichtes
im Untergymnasium, besonders in der IV. Ctaise* (Ebendaselbst.)
Dir. J.d. M. VVasti: Der Name: KarULadwig-Gymna8iom.(Staat8g7mnaaium.
Wien XII.)
Ptof. Dr. Franz Noe: Der Schulgarten des k. k. Karl-Lndwig-Gymnasiums
in Wi' ii. XII. Ik'zirk (Ebendaselbst.)
Dir. J. d. .M. Wastl: Prof. Paul Peucker; Nekrolog. (Ebendaselbst.)
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Inhaltsverzeichnis.
Vorträge und Abhandlafigren.
Uecker Autou, Dr., Quellenbenützung im GeKchichteunterrichte . . löä
BOtk Rndolf, Der Mangel an Lehrern für das Freihandzeichnen an
Mittelaefaulen. — Die Mittel snr Behebung dieses Mangels: Sti-
pendien nnd ZtMchenlelirersorninare 386
GQttiuaiiii Max, Die Förderung der kurperlichen Ausbildung an den
Mittelschnlen Österreiebs • 1
HerKo? Hniro, Dr . Der dt^ut.vchc Unterricht auk Obeq^ymnasinm und
die Forderung der Concentration 366
Inrltseli 6., Dr., Die Tnttractionen snin geographisehen Uoterriehte
im Vt ihiiltiii^sf zur bisherigen Methode der Lehrbücher .... 367
JLaiiner Hlit?o, ( her die Ferialreisestippndien für Lehrer der natur-
wiaseoschattUchen Disciplinen au Miitelgchulen . 376
Maresch l*eter^ Die Piivatlectüre in den altcla8si8chen Sprachen . . 23
Filsch JohtBiiy Dr., Die Principien der Mechanik nacu Heinrich
iierU '6bO
PolBiie1i«k Aaton, Dr., Reform der PrOfungen f&r Gandidaten des
Mit;. :> hullehramtt s 146
SedJmajcr 11. St., Dr., Der Tempel der Vesta und das Haus der
Vestaiinnen im alten Horn 34
Mager Ludwig, Dr.. Über politische und wirtschaftliche Bildung . 339
Spengler (* ii8taT, Eine Anregung auf dem Gebiete des Anschaoungs-
Unterrichtes , , 133
Vereinsnachrichten.
Ä. ^itzung8bericbte des Vereines ^Mittelschule" in Wien .... 49, 166
B. Sitrangsberichte des Vereines ,,DeQtsche Hittelschnle" in Prag
GO, 171, 394
C. Sitzungsberichte des Vereines „Die Realgchule" in Wien 70, 181, 419
J). Sitzungsberichte des Vereines ,,Mittelachulf für Oberösterreich
und Salzburg in Linz" Ih, 188, 895
E. Sitzungsberichte des Vereines „Bukowiner Mittelscbale" in Czer-
nowiU 7», m, 402
F. XV. Protokoll der Arcbftologiechen CommiisioD für die Öster-
reichischen Qyinnasien 107
Standesfragen.
Danrcr Frani, Correferat über die Dienst pragmatik 206
Daurer FrauK, Beachtenswerte Abtinderungs-i beziehungsweise Er-
gänzungsvorschlüge zn den in OEernowits nnd Wien Toroerathenen
Entwürfen einer Dienstpragmatik 425
Schwaic:er Norbert, Heferat über die Dienstprogmatik 203
„OsUiT. MitU'Ucbule". XI. Jahri;. 3JJ
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468
Inhaltäverzeicbuis.
Seite
Miscellen.
Bslej Wlllielm, Gins Ludwig-, Kronniiir J., Pawel Jaro und
Yogt Karl, Entwurf eines Lehrplanes tiir den Turnunterricht an
den Gyinna8ien und Realecbnfen , sowie an ähnlichen Jjebr-
aiistilteii (V^torrtMclH . 808
LeUerer Siegfried, Dr., Einige Bildercjklen aus dem claäsischen
Süden 44a
Hilß £.) Dr.» Bericht über den VI. deutsch •Siterreichiaeben Mittel'
achultaj? 216
Müller Die Mineralogie als Unterrichtsgegenstand in den unteren
Cla»>en der Mitteleehnlen 440
>'iotäich Victor, Dr.. Tmhutiv.'i- Lelniirniii^ aii^ Geolojfie 427
Konianovsky A., :?uranier Meeting zu Cambridge 1896 110
Simon J.y Dr., Vergleichende Bemerkungen sur Bomer-LectQre . . 117
Literarische Rundschau.
AUaiuek Ludwig^ Uusignierte Vaaen de» Amasis (Hula) - .
Benseler O. S«, Dr., Griechiach'dentsches Schnlwarterliuch (HintnerJ 138
Bloch Leo, Dr.. Römische Alf i'ithumHkundr Hiilai ..... 817
littugcr C'*, hr., Auswahl au» Xenophonn Heltenika (Hintner) . . . 184
BVn^r C*. Dr., .\uswRhl ans X^nophons Anabasis (Hintner) .... 184
Cliri^t A. Th., Die CieniKinia dea P. Cornelius Tacatüs (Pramnter) . 456
DiekenH Oharies. A Christinns Cirol (Reiniger) älä
Engel Friedrich und StUckel i'aiii, Die Theorie der Parallellmien
von Eijklid bis auf Ganß (Oppenheim) 125
Engnrr Th., Dr.. Lettr>s fraurn/s'^.^ (Sinion^ .128
£Tmer Wenzel. C- Juiii (Jaesaris de beilo civUi commentavius iei'iius
(Schmidt) 457
Oei th Beruhard, Dr . Griechische Schulgrammatik (Löbl) 462
Hal^esy Eiiicoii roii, I^i . Flora von Niederösterreich (T.schernich) . 127
Kaedin^ F. \V., ll.iuligkejtswörterbuch der deutschen Sprache
(Schmidt) 467
Klein F., Vr . träge über anpgewfthlie Fragen der Elementaigeomebie
(Oppenheim) 331
KlelBflefamidt Emerieht Leitfaden der Oeometne und des geometri-
!it n /••iclint^ns für Knabenbürgprschulon (Meixner) 4fiO
Laudsherg Bernhard, Hilfs- und t^bungshnrii fnr den Imtani^^hen
und zoolojfifchen Unterricht an höheren Sclmiuu und Seuiimirien
(Tfcbernich) 462
Lang'l Josef, Gründl i»ge hervorragender Baudenkmale (Bück) . . . . 323
Las8ur-Cohu, Dr., Die Chemie im täglichen Leben (Keichl) .... 4fi0
Haybaan S*» Dr., Methodik des jfldischen Keligionsnnterricfates
Hofmann^ 830
Mayer Franz Martin, Dr., Lohrbuch der nllcremeinen Geschichte für
die oberen Classen der Realschulen iSiiijier) 381
Mourer 11., Dr.. (Griechisches Lesebuch mit Wort«chatB (Ldbl) . . 461
Mivhclit.seh Anton, Dr., Atomisinas, Hylemorphi^tmua und Natnr-
wi'isen'-chaft (Maißl 451
MUller Joh., Dr , Grnndrisa der Physik (Maiß) 453
Opitz Theodor, SttUvsfi ('r)\f>l }>'!lwu Juffurihinum (Prammor) 456
Schmidt JohauU| hfehülcrcommentar z\i (jäsara Denkwürdigkeiten über
den gallischen Krieg (Prammer) 317
Seemanns Wandbilder (Bock) 325
Thalninyr Franz, I>r . »Goethe und da< «1 i»sische Alterthum (Löhner) 45«
TlIleh«^ Alois E., Zur .Ju^endhortfragc ^Kessler) 463
'l u\)v\y. Tli., Dr.. Orbis pictus des A. Comeniiis (^imon^ 331
Vollx'hr Theodor, Dr., Gc the und die i.iKi- lal- Kunst (Böck) . . . 326
VoUbi'ccht Ferd«, Xeuopbons Ai^abasis (Uintuer) 12^
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Inbaltsverzeicbois. 469
Seite
Weüs&cker Panl, Dr., Pol^gnois Gemälde in der Lesche der Knidier
in Delphi (Böck) 824
Williuaiin Otto. (i. ' l hte des Idealismus (Toiscber) 180
Wrany Adalbert, Di., Die Pflege der Mineralogie in Böhmen
(Scbimek) 327
PFOgTamme.
Bmnbaco II., Die Conjugation im Romänischen in ihieia Verhältnisse
tar l:iteini«;hen 838
Ckrapek J. , JioJzaj rzpczmoniköw niemteckich (Daa Geschlecht der
deutschen Hauptwörter) 884
Kftti Kberbftrd, Ht^rbarts Regierung, ünterricbt und Zucht nach dem
Inhalti' it'iuotinciort 128
]Uuilien!HCh(Mil Johann, Über dm Orinoco- System und dessen Er-
RohliclMlug 129
Sehicpok Josefy UntersnchuDgen Ober den Satsban d&r Ei;erlftnder
Mondart 463
SchnbeH Fr., Zur mehrtacben präfijcalen Zu>«mmensetzung im
Griechischen 888
Für die Sehülerbibliothek.
BalMnal H«! Unser Wien in altor und neuer Zeit (Gorge) .... 384
LmiBberf B«nih«rdy StreifzQge durch Wald und Flur (Tbchemicb) 464
Eingelaufene Drnckschriften 130. 336, 465
Ehrung de» Herrn Hofrathes Anton Maresek 837
VI. dentsch-ystcrrcfchfscher Mittolschultair ........... 181
YlIK allgemeiner deutscher Neuphiiologentag 838
MtUhellnnff der MMtlon 182
IMekll^nr 132
■Vcraii'«ot;,i. !!■ 1 K. Lu ti^ur: IW. Feodor Hoppe tu Wisn.
K. u. k. Uofbucbdnickerei Jos. .Peichtiuger» £rben» Lim.
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ÖSTERREICHISCHE
MITTELSCHULE.
„MITTELSCHULE» und „DIE REALSCHULE» ik WIEN,
„DEUTSCHE MITTELSCHULE" ik PUAG,
«mTTELSCHULE FÜR OBERÖSTERREICH UND SALZBURG
IN LINZ»
UND
„BUKOVVINER MlTTELiSCHÜLE IN CZEliiNOWlTZ".
PROF. PETER MARESCH
DT WIEK,
PROF. FRANZ HALUSCHKA
IN WIEK,
PROF. DR. ADALBERT HOROiCKA
IN UNZ,
REDIGIERT
TON
PROF. DR. ANTON FRANK
IN WIEN,
PROF. ANTON MICHALITSCHKE
IN PBAO,
PROF, DK. AKTON POLASCHEK
IN CZERNOWIIZ.
WIEN 1898.
ALFRBD HÖL.DEH
K. U. K. HOF* UND UNIVERSITATS-BUCHHJLNDLER
BOTHENTBDBMSTRABBE 16.
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AU« Rechte vorbehalte
Vorträge und Abhandlungen
Wie soll der psychologische Unterriciu an Mittelschulen
und wie soll die pädagogische Psychologie zu den
PosLuiaten der modernen Gehirnph^sioiogie Stellung
nehmen?
Vortrag, gehalten in der Philosophischen Section des VI. d<^nN' b -.».t« ! -
reichischen Miitelschultages zu Wien (18. April 1897) von Dr. Aloii» HöÜer,
Professor am Thereniunisehen Gymnasium, Privatdocent der Philoeophie
und der Pädagogik ui der Univertiität Wien.
Hochgeehrte Versammlung! Die beiden Fragen: 1. Wie
soll der psych oloffische Unterriclit an Mittelschulen —
und 2. AVie soll n'w pn <I a troo^ische Psychologie zu den
Pü.stulaten der mudeiuen Gtiuniphysiolog'ie Stellung nehmen?
— waren vielleicht noch vor wt-nigen Juhren kurz h«';i)itwortet
wurden mit: Gur nicht, (iehiruphysiologie geht den Gymua«ial-
echttler ebensowenig an wie den Gymnasialpädagogen. Nun,
aach das w&re ja doeh wenigstens eine Antwort, wäre sehen
eine bestimmte Art von ^Stellungnahme". Und in der That
wünschte ich, indem ich in Ihrem Kreise, hochverehrte Herren,
jone beid»*ii Frarren übfrlinupt znr ?5prache bnnf^e, zunächst
^'Av »ichts anderes zu •'n-ciclieu. als uns Gymnasial psycliologen
im doppelten Sinne, ich meine die Lehrer der PsycliologR' und
die Aubüber einer auf Psychologie basierenden püda«rf)gischeu
Praxis, den Vorwurf zu er&pareu^ als wollten wir ge^^enüber
dem immer btOrmischeren Andringen der physiolo^ehen Psycho-
logie einfach Vogel Strauß spielen. Auch falls wir jene absolute
Negation für das Richtige halten, müssten wir dies einmal laut
und deutlich sagen — sonst aber einmal versuchen, die Grenz-
linie zwischen dem, was möglich ist und was nicht, uns klar
zum Bewusstsein zu bringen.
Den äulieren Anlass, dass icli jtMn* zwei Fragen auf diesem
Miitelschulta^e anzuregen versuche, bilden zwei ganz concrete
wiBsenschafthche Vorkommnisse aus der jüngsten Zeit.
Ich meine zunächst die mehr als lebhane Debatte, welche
sich auf dem MOnchener Psychologencongress im August des
vergangenen Jahres an Pal i. Fli c hsigs Vortrag „Ober die
AssociaüoQScentren des menschlichen Gehirnes^ geknüpft hat.
t.Osterr. MUtelaebule". XU. Jahi«. 1
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2
Dr. Alois Hötler.
Wenn man sonst auf zwei Schwesterwissensebaflen wie Physio-
logie und Psychologie gern das Wort „Getrennt marschieren,
vereint selilagen" anwenden möchte, so hat das Wort ^.vereint
schhigt n'' in jener Discussion auf dem Psyehologencongress den
noch etwas stärkeren Sinn an<Tenomaien, dass. wiihr<»nd sonst
gewöhnlich die Phj'siologHn aut' die Psychologen lfis/.uscli]n<jen
pflegen, dies;iiial die Psychohigen gelegentlich auch einmal
zurückschlugen. So fiel seitens Lirrs das Wort: ..Wir können
die Spraehe der Psychologie nicht eintauschen gegen das
Lallen der Gehirnphysiologie."*) Dagegen wieder warf laut
gedruckten Berichtes*) Dkchterrff (8t. Petersburg) die Frage
auf: j.Wer soll die Psychologie ausarheiten ?" — und antwortete:
„Die Physiologen und P.sychiater sollen die Psychologie bo-
arbeiten. Wer nicht ernste Fachstudien als l'liysioldrre und
Psy<-hiater (Inichgemucht hat, wird, wenn er sieh ini kiinttigen
Jahriiini(lerte als Psychologen bezeichnet, von ernsten Menschen
angesehen und behandelt werden wie jemand, der sich Archi-
tekt nennt, ohne eine technische Schule oder Bauakademie
besucht zu haben. Das ist meine feste Überzeugung." Worauf
der Vorsitzende Stu.mpp (Berlin) erklärte: „Gegenüber einer
derartigen Verschärfung des Gegensatzes scheint mir eine Dis-
cussion fruchtlos."
Meine Herren! Wir liaheii uns luer nicht zu einem rein
theoretisch-akademifecheii Cougress zusannuengefundHii und haben
also Uiclit das Beueficium, so sehneil eine Discussion /u schlielieu:
wir müssen sie vielmehr erst recht eröffnen, da eben an unseren
Schulen seit der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts Psycho-
logie tbateäehlich vorgetragen wird und auch im XX. hotfent-
lieh vorgetragen werden wird. Von wem dann: von Physiologen ?
Wäre es auch nur halbwegs so, wie es jener letzte scharte
Debatter will, so müs^t'ni wir uns schämen, inisereii AitiTiirii'nten
eine P.sycholn^iestunde zu ^;ebcu: nach dem Lelu jilajie siiul di' -e
eben Psychologiestunden und nicht Filyhiulogie^tunden. Ja wir
niüssteu uns schämen, überhaupt unseren Beruf als Lehrer und
Erzieher fQrder auszuüben : denn gestehen wir es nur, wir sind
höchstens pädagogische Psychologen, von der Physiologie pflegen
aber die meisten von uns noch weniger zu wissen und wissen zu
wollen als von der Psychologie, Las.sen iSie mich denn, meine
hochgeehrtt n llen-en Collegeu, ein Wort zur Güte innerhalb
des Uahmeus unserer bescheidenen Mittelschul/. wecke versuchen.
') In dem olticiollen Berichte: .dritter intenialinninfr roii;^i>>s tär
r^ycholo'jip in Miinchen vom 4. 7. Auf^uHt IhlM'». >?'ir.i lim. Vorlii:» von
.1. K. liehiuann. 18D7 ^>.)"' hat Lipf^, otfenUvr um nicht «len Schein
SU erwecken, rU habe er Terletsen wotleti, seinem Geflanlceii die Fit<;9ung
j^efToiipn: _nio >ri;.M'ii innton |)hysioloj.nsohen KikU^rnniren psvchischnr Kr-
»chc'inuDifen >-ind die Übersetzung wirklicher oc1<t vernjeinihcber |i«ycho-
lofrischcr firkenntn» aus der Sprache der ('»ycholojtie in die Sprache der
Gehirn physioloi^i^'" tS. 163).
al a. O. S. 73.
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Wie soll der psychologische Unterricht an Mittelschnlen etc. 3
Vielleicht lässt sich wenigstens für uns ein ^7nodus vivendi^
tinden, der zugleich ein „moifus tu ichvs^ ist.
Zuerst: Besteht die Möglichkeit und das Uedürfnis, unseren
psychologischen Propädentiknnterricht auf physiologische Grund-
lage zu stellen? DasCapitel ^H. Philosophische Propädeutik"
der Instruction vom Jahre 1884 (S. 301 ff. der officiellen Aus-
gabe) scheint <l:is gerade Gegentheil zu sagen: ,,In der Lehre
von den Emptindungen ist das anatomisch-physiologische Bei-
werk auf (las AllernothwduÜLrste zu beschränken, na ohnehin
das dahin Irehörige ini nuturwis-sensrhaftlichen Uuteniclite «Zoo-
logie, Physik) der oberen Classen auslülirlicher behandelt wer-
den muss.*' Sie sehen, meine Herren, dass von Physiologie hier
überhaupt nur in Beziehung auf den Abschnitt von den Em-
pfindungen die Uede ist, wiew^ohl die Instructionen kurz vor-
her ausdrücklich die denkbar weitestgehende Forderung stellen:
„Der volle Reichthura der Erscheinungen des seelischen Lehens
ist df»m gereiften Schüler begriff lieh -syst^mn tisch zu er-
x-hli^^ltfii.'' Da nun scliun lifi dein drr IMiysiolofric iiiichst-
stelieiiih'ii Capitel, den Eiiiptindungen. von Anatuiuie und IMiysiu-
logie nur als von einem ^jUeiwerke'' die Rede ist, so duii es
uns nicht wundern, wenn wir im weiteren überhaupt nichts von
einer physiologischen Theoiie der Association, des Gedächtnisses,
des Willens u. dgl. vernehmen. Und so liegt denn die Deutung
nahe, dass eigentlich in der ganzen Gymnasialpsychologie von
Physiolo^rip nicht die Rede sein solle. Falls diese Deutung
wirkiicli zutritl't. standen also rlie Ttistrn(*tion«Mi von 1S84 auf
einem Standpunktr. den die Anpreisn- dci- i^hysiologischen
Psychologie höcli.st unniodcni neuntn würden; so ist unter
anderem kein Zweifel, dass z. B. Decutekki-f den Ausdruck
„Beiwerk'' gewaltig übelnehmen müsste.
Gleichwohl wage ich es, zunächst einmal den Ausdruck
„Beiwerk" in einem Sinne iIuk liaiis zu vertheidigen. Es hat
mir immer einen sonderbaren Eindruck gemacht, wenn ich ein
Buch — sf»i (»s ein Gyninasiallehrbuch, sei es ein wissonschaft-
liches Buch mit ih ni Titel ,. Psyehologie" — aufschlug, um darin
wirkliche Psycbolo^nr zu lesen, und wenn ich nun Mittheilungen
über die Zahl der Knochen unseres 8kelets (wie in einer alten
Psychologie für Lehrerbildungsanstalten von Dbbal) oder eine
große Zahl von an sich sehr schönen Abbildungen Yon Rüeken-
niarksquerschnitten, von Nasenhöhlen, von Zungen nebst zahl-
reichen Formen von Zungenpapillen u. dgl. m, in behaglicher
Breite dargestellt fand. Denn alles das ist Anatomie statt
Psycho1on;i(\ Und zwar 'nicht einmal Anatomie als Hilfs-
wissenschaft der Psychologie: es werden ja thatsächlich aus
der anatomischen Besunderheit der beschriebenen Orgaue
keinerlei Aufschlüsse und Besonderheiten der p.sychologischen
Daten ~ im letzten Beispiele also der Geschmacksempfindungen
als solcher — gewonnen oder auch nur zu gewinnen versucht.
In Wahrheit fangt aber die Psychologie der Sinnesempfindun-
1*
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Dr. Alois Uöfler.
Sen geuau erst dort an, wo von den Etupdndungsiuhalteu
ie Redeist Eine ps} c ho logische Thatsaebe der Empfindungs-
lehre ist es z. B., dass sieh die Tonempfindungen in eine Reihe
ordnen lassen, die Geschmack.seTU|)fnuluiigen nicht. Diese Sach-
lage aber erkenne ich ausschliellhch aus innerer Wahrnehmung
— die genaueste Kenntnis der Lnp^erung der Hörnervenfaser-
Endigungeu kann mir über jene Eigeiithüinliflikeit der Ton-
empßndungen, welche eine der psychülogischeu Gnmdlageu für
die Möglicnkeit einer Tonkunst ausmacht, nicht das Geringste
verrathen. Liegen doch sonderbarerweise die Fasern für die
höchsten Tone in den breitesten Theilen der Schnecke, die
für die tiefsten Töne au der schmälsten Stelle der „Claviatur"
— also gerade umgekehrt, wie die Saiten eines wirklichen
Clavieres. so dass hier ein versuchter Schluss vom Anatomischen
aufs Psychologische gerade das Gegenthoil der psychologischen
Wahrheit liefern würde. — Ich meine also, insoweit ist Ana
tomie wirklich nur ein ,,Beiwerk'' der Psychologie. Und un-
streitig ist auch souüt der Püychologielehrer viel weniger der
richtige Mann, von Zungenpapillen u. dgl. zu sprechen, als
der Naturhistoriker der Vi. Classe.
Ganz ähnlich stünde es, wenn der Psychologielehrer das-
jenige in aller Breite vortragen wollte, was in der Physik der
Siunesqutilitäteu ( Wärme. Schall, Licht) über die physikalischen
Erreger dieser Empfiiidungeu gemäli dem Lehrplane vorgetragen
wird. — Freilich sind auch Cunipftfii/überschreitungen in um-
gekehrter Richtung weder der Physik noch der Psychologie
zum Heil: ich meine nämlich, wenn im Physikunterrichte von
den Empfindnngsinhalten als solchen, von den Tönen, den
Farben, den Wärmegraden in ungenauer, missyerständlicher,
ja manchmal die psychischen Thatsachen geradezu entstellender
Weise gesprochen wird. Ein Beispiel ist der traditionelle Satz:
„Die Kälte ist ein geringerer Grad von Wnrrae." Was physi-
kalisch damit gemeint ist oder wenigstens gemeint sein sollte,
wisHen wir alle, und auch dem Anfänjrer in Phvsik ist es als-
bald beizubringen. Psychologisch aber ist ebenso gewiss
Kälte kein geringerer ^Grad" Ton Wärme, sondern ein con-
trärer Gegensatz su ihr, so gewiss Schwarz psychologisch nicht
ein geringerer Grad, sondern ein Gegensatz zu Weiß ist.*)
M 2*eccatur intra muroft et exira: Hier nnr noch ewei Beispiele am
dem Gebiete der Gehörsempfindungen:
1. Ea gibt Fhyaiklehrbücher, in denen zu lesen ist, das» „die Octav
das Doppelte des Grundtones* sei. Schwiugungszahl und TonhOhe sind hier
einfach itlentlfi< ieit oder — confuiidit-rt
2. Noch in der fünften [\) approbierten Auflage von Lixdsers .Lehr-
buch der empirischen Psychologie als inductiver WiMenschaff* (1883 —
ich weiß nicht, hin zur wievielten späteren Auflage sich die Stelle erhalten
bat — in der Bearbeitung von liindnor-T/ukas ist sie Termieden) iat za
lesen: „Diese drei Merkmale, durch welche &ich . . . die Schwingung
<Oscillation, Vibration) chnrakterisiert, sind folgende: Erstens die Dauer
der Periode . • zweitens die Sohwingnngsweite . . drittens die Art
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Wie soll der psychologische Unterricht an Mittelschulen etc.
6
Ich darf nicht länger bei solehen Einsellieiten verweilen.
Vieileieht haben die Herren Fachgenossen die Freundlichkeit,
Einsiebt zu nehmen in meine ^Gnindlehren der Psycbologie**,
in welchen ich es gewagt habe, innerhalb der Empfindunga-
lehre eine möglielist strenge, wenn Sie wollen. sehroflV» Ab-
greuzuug zu tretieu zwischen der psychologischen Be-
schreibung der einzelnen Empfindungsgattungen, -Spe-
eles und -Reihen einerseits und den physikalischen und
phy Biologisehen Lehnbecriffen und Lehnsätsen ander-
seits. Natürlich kommt hiebei nicht ein physikalischer oder
ein physiologischer Be|(riff vor, den der Schüler der VIII. Classe
nicht schon im uaturhistorischen und dem physikalischen Unter-
richte viel aiisführlieher erörtern gehört hat; /.. B. Helmholtz'
Theorie «IfM- Klansrfjirbe u. dgl. m. Gleichwohl habe ich mich
bemüht, diese \\ lederholnngen Kpeciell aus dem physikalischen
Unterrichte in derjeuigeu begritl liclien Schärfe zu formulieren,
welche der Schüler aus dem Unterrichte der exacten Wissen-
schaften 2nm Glücke gewohnt ist. Was eine Verwasehnng nnd
Verflachunff physikalischer Begriffe in der bekannten Weise
der schlechten Popnlärliteratur den an gediegenere Kost aus
dem sonstigen Gymnasialiintemchte schon gewöhnten und un*
und Weise, wiß die IJewegunji? innerhalb einer Periode bei derselben
Schwint^ungsdauer und Schwingungsweite vortichgeht (in einer Ge-
raden, einem Krrjsf in lier ElH))^e u. s. f.) und die man nh
Schwingungsform bezei* hnen kann, jüie Kigenthüralicbkeit der:fchwin-
gungsform macht sich subjtctiv dorcb die Eigenthfimlicbkeit der Klang-
farbe bemerkbar ..." Es ist unglaublich, dass Hei.mholtz' glänzende und
gerade durch ihre lofji-che Klarheit auch für den naturwissenuchaftlichen
und psychologischen Intenicht classiscbe Lehn' von der Klangfarbe von
einem Lehrbuchverfasser so hat ini»»erBtandt>n \in<l entstellt werden
könnon. Also die Luft im Gehörgangp tind wohl aucli die Theilchen des
Trommelfelle»« dachte sich Lindkek als ^in Kreiden, KUipaen n. t. f.*
tchwingend! Di«9 en verwecbfeln mit der Superposition von Sinns-
linien ist un^jeHilir ebenso erlaubt, wio — «'int-n Ciri uiuncx auf die viert-
letzte Silbe setzen. — Dase Lindnkk, wie ich höre, einstmals Kachlehrer
fiir Physik gewesen ist, macht das Vorkommen jener physikalischen Un-
möglichkeit in seinem vielgebrauchten Bnche nicht weniger beschämend.
Ich hahe dieso bridon l'<Mspiele. deren eines einem F^hyniklehrbuche,
diis andere einem Fsjchoiogielebrbuche zur Last fallt, demjenigen Sinnes-
gebiete entnommen« anf welchem es dank einer 2000jährigen Entwicklung
von PYTTi.vnoitAs l.is auf Helmholtz Unklarheiten und Entstellungen im
Unterrichte einfach nicht mehr geb«n darf. Kein Wunder, dass, wenn es
trotzdem sogar hier noch Verwecbalnngen von Tonhöhen nnd Schwingungs-
zahlen gibt, es auf dem Gebiete der Farben noch kunterbunter zugeht. So
le«^•nn wir in der vielfach verdienstvollen Physik von Pai'L Ukis (nchto
Auflage. 1893): „Farbe und Licht sind . . . identisch" (S. 385); ebenda
lesen wir von „Licht, das aus zahllosen Schwingungnahlen oder Farben
?.n-aninir'n|:^osptzt ist"; ebenda: „weißglühende Körper . . . strahlen oino
unendliche Anzahl von verschiedenen Schwingungitaahlen aus." Ebenso
S. 886: „Auf der verschiedenen Brechbarkeit der verschiedenen Schwingunga-
z«ihlen beruhen die berühmten Versuche Newtons." Und so <r('ht « -i fort.
Gewiss sind das zunächst nur sprachliche Laxheiten. ^Venn sich nur nicht
zeigte, dass die populiutii Phrasen „Töne sind Schwingungen'', , Farben
sind Schwingung'* n" u. s. f sehr hänfig eine ganse Naturphiloflophtef den
kinetischen JUAtenalismua, einschließen.
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6
ür. A lois Uöf ler.
mittelbar au der Schwelle des Hochschulnntemchtes stehenden
Studierenden nützen könnte and sollte, vrar mir allezeit un-
verständlich. Aber freilich, es gibt nicht wenige, welche den
Ruf „Physiologie I" unablässig im Munde tiilircu. diibei aber an
nicht mehr als an das luftige Postulat denken, es werde sich
schon noch einmal „zu jedem psychischen Vorgange ein physio-
logischer Parallel Vorgang construieren lassen". Der Mühe ernster
wissenschaftlicber Arbeit aber, welche auch nur die exacte
Besehreibung psychischer Thatsachen als solcher kostet,
und ebenso der Mühe, ohne welche ein erfolgreiches Studium
auch nur der mathematischen und [iliysikalischen Theile der
Schriften einef? Hklmhot.tz über physiologische Akustik und
Optik namentlich dem Xiehtphysiker Nerschlossen bleibt, jttlegen
iiKiuclie der lautesten Kuter im ^Streite sorgfüliig aus dem W ege
zu gehen.
Es wird heute noch einmal Geleffenheit sein, die Grenzen
zwischen Psychologie und Nichtpsychologie, auch soweit es
unseren psychologischen Elementarunterricht der VIII. Classe
angeht, scharf ins Auge zu fassen, nämlich auschlielleud an
den dritten der uns für heute versprochenen Vortrage, welchen
Herr Dr. WiTASKK auf meine Bitte unserer Section halten wird.
Vielleicht hai>en manche von Ihnen, meine Herren , indem Sie
das Wort ..psychol(t«ri.sehe Schulversuche'' in unserem Progrumme
lasen, auch hierin einen Versuch befürchtet, die üymnasial-
psychologie an die Physiolof^te auszuliefern. Denn in sehr weiten
Kreisen denkt' man bei „Kxperimentalpsychologie" immer viel
mehr an einen Zweig der Physiologie als <] i Psychologie.
Gestatten Sie mir, hier eine persönliche Erinnerung an-
zuknüpfen. Es war gerade jetzt vor zehn Jaliren. als ich das
einzigemal in meinem lieben fünf Monate lang dasdiück wissen-
schaftlicher Mube. nämlich einen Urlaub behufs Abfassung
meiner Logik und Entwerfung der zugehörigen Psychologie
genoss. Ich brachte ihn in Graz zu, wo MKixoNtt als der erste
in Österreich ein Übungscolteg unter dem Titel Experimentelle
Psychologie'* abhielt, mbikoku beschaffte die für den Anfang
unentbehrlichsten Apparate aus eigenen Mitteln, und ich Ter*
brachte mit ihm manchen Abend, Farbenkreisel zu pappen u.
dgl. m. Seither haben sich jene Anfiinge ausgewachsen zu einem
..Psychologischen Laboratoiiuin aji der Univei"situt Graz", dem
er.sten in Osterreich wirklich activierten. Und wie ich jenem
unorganisierten, so ist Herr Dr. \Vit.\j>kk diesem organisierten
Institute zu Gevatter gestanden, nämlich als Priratassistent
Prof. Meikongs. Gestatten Sie mir sofort an dieser Stelle, den
beiden genannten Herren meiuen persönlichen Dank aus-
zusprt^chen, dass Prof. MtiNoxa einige Apparate und dass Herr
Dr. WiTASEK seine Zeit und seinen Eifer unserer heutigen
St'cti nissitzung zur Verfügung gestellt haben. Für jetzt aber
erlaubt'ii Sie mir, ohne dass ich damit der l)i-rU'>>ion über
physiologische Psychologie in der öchule, über psychologische
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Wie »oll der psychoioguche Unterricht aa Mittelschulen etc. 7
SelitttTerBttciie und was sonat als neues Leben aus den Ruinen
der alten Psychologie erblflhen will, irgendwie Torzugreifen
wQuschte, die Antwort auf die erste Frage, nämlich: ,,Wie soll
der psychologisciie Unterricht au >rit telschuleu zu den
Postulaten der modernen Nerven physiologie Stellung nehmend'",
zusammeuzut'asfieu in die folgende
I. These:
Insoweit die Bargtelluug der psychiselieii Thatsachea
aaf Grenzgebiete der Psychologie und der Physiologie
fahrt, ist strenge darauf za uditen, dass den Hchfilem
nicht anstatt psyehologiseher Begriffe und Gesetze physio-
log^isdu' irchotc»! worden. Was vom anatoniisehen Uane der
sensorischen und motorischen Organe und von deren physio-
logischen Funrtioiien im Psychologieunterrichte zu b©-
rQhren ist, kann sich durchwegs auf eine Wiederholung
des UHturwissenschal'tlicheu Unterrichtes^ namentlich der
Bomatologie der YL Classe» der physikaUsehen (und physio-
logischen) Akastik und Optik der YIIL Olasse beschr&oken.
Umso deutlicher wird aber den Schfileni der wesentliche
l nterschied zwischen einer physikalischen Betrachtung
der KT]ii>findungserreger, de?* plivstolofrlschen Ue-
trachtuug der Kmpfindungsorgiiue und der jisyeho-
lo {Tischen riitersiichung der Enipfindnngsi iihulte als
solcher zum liewusstsein gebracht werden müssen. Und
zwar können einer solchen begriiflichen Kl&mng und
Ahgrenzang der physikalische und der natarhistorisehe
rnterricht darch sorgfältige Termeidang verwirrender
Ausdrucksweisen zwar wirksam vorarbeiten, die ab-
schneidende Belehrung fiber den tiefgehenden Unterschied,
ja Gegensatz des Physischen und Psychischen bleibt aber
dem psychologischen Unterriclite als solchem vorbehalten
und bildet eine der bedeutsamsten Aufgaben des plülo-
sophisch-propädeutischen Unterrichtes Oberhaupt.
Indem ich von einem Gegensatze der zwei wie immer innig
aneinandergreuzenden. aber eben nicht ineinander-
fließenden Gebiete Psychologie und Physiologie gesprochen
und vor einem Hiuüijerführen unserer PsychologieschiUer
üher jftio (n-'n/f [r«'wariit hübe, hoffe ich gerade (hireli das
H^^toiien dv6 iiffjritlfs ..(Trcii/t'" hinreichend deutlich, wenn
auch bisher nur tmiAiciU, äL iiua inriuer Überzeuguug Ausdruck
gegeben zu haben, dass der Psycholugiel ehrer seinerseits auch
auf dem Gebiete jenseits jener Grenze — ich will nicht sagen
heimisch, gewiss aber auch nicht ganz unbewandert sein mUsse.
Als eine These formuliere ich das nicht. Denn dass dies eine
unabweisliche Forderung ist, ist kein Gegenstand des Streites
und darf keiner sein. Gerade wer auf diesem vielnmstrittenen
Gebiete nicht das üpfer von iSchlag Wörtern werden will, musä
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8
Dr. Alois Höller.
sich durch eigene Arbeit einen Einblick versehsfffc hftbeii, wie
denn dasjenige eigentlich aussieht, was die Nerrenphysiologie an
Aufschlüssen über die Abhängigkeitsbeziehungen von Physischem
und Psychischem zu bieten hat. Gestatten Sie mir, meine Herren
CoUegen, in dieser Hinsicht eine persönliche Erinnerung. Als
ich jetzt vor drei Jalireu für den Mittelachultag ein dem heutigen
uLnliches Thema angekündigt hatte (über welches vor Ihnen
va sprechen ich mich dann durch ein Unwohlsein infolge Über-
aibeitang gehindert gesehen habe), da stand ich noch unter
dem erschütternden Eindrucke vom T< de Meynebts, des großen
Bahnbrechers auf dem Gebiete der Gehirnwissenschaft. Wie
ich in meinem Vortrage „Worte der Erinnerung an Titeohou
Mkynert und sein Verhältnis zni- Philo^-opliiselien Gesellschaft
an der Universität AVien" ') • > «ifseiiildert habe, verdanke ich
meine freilich auch heute noch sehr bescheideneu Kenntnisse
anf dem in Rede stehenden Gebiete den unbeschreiblich licht-
Tollen Vorträgen Mstnerts, welche er wiederholt in unserer
Philosophischen Gesellschaft zu halten die Gttte hatte. Das
lebendige Wort des genialen Mannes hat mich dann zum Studium
seiner bchriften geführt.
Indem ich nun, meine hochgeehrten Herren, Meym kts
Schriften als solche nannte, aus denen auch noch heute und
wohl noch auf lange hinaus gnuHlleijende Leitgedanken üiier
Gehiruiiuatomie und -Physiologie zu gewinnen sind, kann ich
wieder nicht umhin, auf die schwerwiegenden Bedenken hin-
zuweisen, welchen mir METNSiiTS Theorien, so glänzend und
überzeugend sie als physiologische sind, nach Seiten der psycho-
logisch en Interpretation unterworfen scheinen.
[Als Beispiele wurden Mkynerts Theorien des Uberganges
vom unbewussten LidschUge zum ..bewussten", vom Begrifl'e
der „Individualität" als des durch die Associationsbahnen
der Großhirnrinde repräsentierten Inbegriffes verfügbarer Er-
innern ngsassociationen und einige weitere von AIeynkkt in die
Sprache der Phjsioloffie übersetzte psychologische Begriffe dis-
cuiiert. Mit diesen Erörterungen war verbunden eine nähere
Erläuterung der in zwanzigfache ni Maßstabe und in Farben
ausgeführten Figur 1 aus der großen Ausgabe meiner Psycho-
logie, welche F\f^\\r zum theilwei.sen Ersatz joner Demonstration
hier n | rnduciert ist. Die erwähnte Kntik jener Theorien möge
in menier seither erschienenen Psychologie, Ö. 38—41, nach«
gesehen werden.]
Lassen Sie mich, hochverehi-te Herren, Ton diesen rein
theoretischen Erörterungen zurückkehren zu unseren praktischen
gymnasialpädagogischen Fragen. Ich vermuthe, da.ss mancher
▼on Ihnen schon bei dem Gedanken an die bloße Mr*^dichkeit er-
schrocken sein wird, dass etwas von diesen Theorien über Leitungs-
bahnen, Individualität u. s. f. künftighin im psychologischen
») Wien, Brauuiüller, 1892.
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Wie soll der pii^'chologische Unterricht an Mittelschulen etc.
Gymnasialiiiitemcbte vorgetragen und ,,ezamimert"'werden solle,
wie etwa ..der Pendel- und der Linseubeweis". Andere yiel-
leicht hoifeu derlei noch zu erleben. Meine zwar nur ganz
persönliche, aber dafür umso festere Überzeuffung ist, dass derlei
nicht in den P.sychologieunt>Mrieht des Gymnasiums gehöre.
Eben diese Überzeugung habe ich dadurcli juisdrücklich be-
zeugt, dass ich jede noch so entfernte Hiudeutuug auf diese im
größereu Buche ziemlich ausrührlich behandelten Dinge aus
den „Onindlehren der Psycholc^e" Töllig ausgeschieden habe.
Fig. 1. Schema f&r die Entttebang des bewxusten Lidschlages (nach Metnert).
O An^pf*'!. — Sph Si'hiiff.r jwi^j» l,r'iru)\t . — J.finfitr fvilftthrnr atii" riniis. —
Tll TTtiltnm*$ll Ofltini'-. <> ''"r/n^ 'itiiiiii uf immuK. — l'hl t • rili/lllivt. — MC Slnlnlhl li/ii-
tfiJis. J, 7 l'r»|'l illi_'-k> I i;i il'S .\'(7-r(/> '-,il:i)tii-t')rit(>- . i/hikIhs nixl Jnriiili.o. ~~ II. .V'Ti.'«-
o/itiriiti. — III. Xiriiis '"■i(/M/(i..A.rr/(s. — \'. .\ii-nis (/kix/ks i t riiji luinn.t ) . — Vfl. SrrruK fiinalm.
.Iiiv In<livi<ltiiilitfll. .Ii, J; Itiiii rviilionKContrutii >l< r Itin<l<- frtr f tful<>nn>l'irtu» und l'^l-
riali». — Kv Uiiuti-ncnirum «los i^uinluM. — V.n Kin<l<-n(->-itlniin den (t/ittt-us.
Di« mit a l><'/.< i( liin't«Mi Lini* n b<'«li-iii«>n orntrip«Mal lfit»'iid<', «Ii«- mit U und r iMMPJch*
nelni eenlrifagal lf>it<>nd«' Projcctionsfuaern; die UDif>n EitKv, En Jt, J7 Jdv u. ». w.
bedentrn A tnoeiatlonanyttcm«'.
Es schien mir, dass ich gerade durch diese Dillereiiz zwischen
der großen und der kleinen Ausgabe meiner Psychologie deut-
licher, als es durch Thesen und Resolutionen geschehen könnte,
zu erkennen gegeben habe, was meiner Meinung nach in den
psychologisclit ii fJymnasialunterricht gehört und was nicht.
Und so hoii'e ich denn nach allen Seiten hin unzweideutig
Stellung genommen zu haben zur ersten unserer beiden Fragen:
ob auch die richtige Stellung, mag Ihre Abstimmung über
die erste These zu erkeuneu gebeu.
Die zweite der heute zu erörternden Fragen hat gelautet:
„Wie soll die pädagogische Psychologie gegenüber den
Postulaten der modernen Gehirnphysiologie Stellung nehmen?"*
Mein ursprüngliches Thema um diese Frage zu bereichein, hii!)e
ich erst vor wenigen VVorben mich veranlasst gesehen. iükI
zwar durch die damals erfolgte Verseuduug des Prospectes einer
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10
Dr. Alois HOflei;
vou Schiller und Ziehen herauszugebenden Bamtuluug von
Abhandluugeu über pädagogische Psychologie. Ich kaun Sie,
meiue sehr geehrten Herren CoUegen (diesmal nicht nur die
Propädeutiklehrer, sondern alle an Pädagogik überhaupt in-
leiTssiertnn Schulmänner), nicht rascher über das Wesentliche
und iligcuurtige dieses Unternehmens orientieren, als indem ich
Ihneo dea Praspect ToUinhaltlieli vorlese.^)
1) Geschah. — Hier f&fare ich wegen des Zuaammenhangea der auäteren
Aii>fiilinin;rf>n rl("^ N'ortrages aus dem l*ro>pecte nur nn. _dris«; die Lt^hrer-
welt im i:ruben und uauzen mit deu Ergebnüi^en der neueren rbvcbologie
meist nicht in dem wünwhenswerten UmfAnge vertraut ist. Zumtneil trftgt
die Schuld au dieseuj Verhältnisse die {widai^ogischo Literatur, welche, he-
stimmten Cberlipf«*nintjpn folt^end. noch öfter eino vr-ialtete psychologische
Ijrundlapre teHthiilt. Zum uiideien Thoile aber ist ia die pildagof^ische Praxis
die eigentliche Beobachtung im exacten, naturwihsenachaftlichen Sinne
noch v'ftiii,' i'iiiu'"d"nl)rt , ju von ninor empirischen ].iiiiiU'();^MM licn P-yclio-
lu^ie, die nach testen Methoden arbeitet, kann, .*-treng genommen, noch
gar nicht die Rede sein. Vereinzelte Versuche haben hier allerdings dem
Anscheine ii.uli L'»'/«'igt. da&s manchet« mit einiger Sicherheit festgestellt
werden kann, wa-* lti8 dahin sich anders zxi verhalten schien. Aber so
bestechend und verführerisch diese Ergebnisse bisweilen sind, so können
doch die angestellten Beobachtungen nicht als ausreichend erachtet werden,
da sie in der Hegel vereinzelt blieben und noch immer der Ergänzung,
t'outrole und Conectur durch ;&ahlreiche methodische und zielbewußte
Vertiuche harren. Kine Aufgabe der Zukunft muss es sein, Methoden su
Michen . mich dem n tinifn-siMide iJcobarlitini^'cn in der Praxis angestellt
werden können, um zu gesicherten Ergebnissen zu gelangen, sie unserem
Schulwesen zuziifOhren und danach Endvbung und Unterricht su gestalten.
l»abei wird «peciell die Hilfe der Hirnpbysiologie und der auf der
H i r n Physiologie fuLH'nden physiologischen Psychologie nicht zu
entbehren sein. Die Thatsache. dass alle psychischen Procesi>e mit einem
<Jrgane unseres Köipeis. dem Gehirne, in engstem Zuimmmenhange stehen,
ist in dt r Psychologie der Päduu'i>.:ilv noch kaum zur Geltung gekommen.
Die pädagogische Uehaiullung richtete sich d«her leider allzu oft au'^scblieü-
Uch auf ganz metaphysische Seelen. Erst durch den Zusammenhang
mit d«'m Gehirne werden «Ii«; seelischen Vorgänge de« Kindes uns zuf^ng-
lieh. AlleuthaU eil bedarf dieser Zusammenhang der Berück.sichtigung . .
Es werden sodann ils specielle Heispiele die Ermüdung, lUe Ausdrucka-
bewegungen. ^du« hchönen Arbeiten ülier Heize, Empfindungen und Er-
innerungsbilder" [eine nähere Charakterisierung wäre hier wohl wünschens-
wert], über ldeena«>süciatiouen, iicdächtniü und Gefühl und sieben andere
Punkte angefahrt.
Der Curiositüt halber sei dieser Auffas.-ung. welche von physiologischer
Psychologie alles erwartet, eine / wohl unmittelbar durch den angeführten
Prospect hervorgerufene) Auf.»erung >^ciJit\i)KHs gegenübergestellt, der in
.einem « oit.iiht.'n'' (_f*l)fr di-» <u*riTuiung pädagogi.scher liiln-tühle an
unseren L niversitäten und über die Einrichtung des akadeiuiM lien Unter-
richtes in der Pädagogik"; Lebrproben und Lehrgänge von Fi ick, 53. Heft,
>'. -ich folgenderiiiaGen vernehmen lässt: „Andere unter ihnen (,den
let/igen akademischen Lehrern der Pädagogik, seien es Theologen oder
Philosophen') bieten theoretische Auffassungen, einem voi gefa«!>ten ethischen
oder psychologischen Systeme. /. M. dt r INychophysik zulielie. wjus zwar
bei der wissen^chaftlii hi-n Bede-uturig dieses Zweiges erklärlich ist. zur
piUlagogii-chen L'nterwt i.sung aber nichts beiträgt, nichts beitragen
kann. Denn die ilethode dieser jungen Wissenschaft klärt und fe.siigt
^ich zwar täglich mehr; vi'H iiii. ii I'i „'> hni-.^i'n und ihrer \'.'; wi'ndi arkeit
gilt dies aber nicht, am wenigsten lür die Leitung des jugentilichen Geistes,
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Wie soll der päychologiijche Unterricht an Mittelsciiulen etc. H
leh habe die Ehre, iQ die Reihe der Mitarbeiter aufgenommen
zu sein, hoffe über natQrlich yiel mehr aus der Sammluug zu
lernen'), als ich je werde meinerseits zur Verwirklichung des
Programmes beitragen können. Lassen Sie mich denn einst-
weilen noch als völlin; Unparteiischen /u drin einen Passus von
der sogar zweimal knajtji nacli «-luauder betonten ..Hiriiphysio-
logie" und zu dem anderen Passus von den „metapiijsisebeu
Seelen'^ ein kurze Betrachtung austeilen.
Wie der Prospeet selbst hoffnungsfreudig iu die Zukunft
und streng tadelnd auf die Gegenwart und in die Vergangen-
heit blickt, so mag er in manchem Schulmanne und äcnul-
freunde kühne Hoffnungen wecken, es werde mit unserem
Schulhalten besser werden, wenn der Lehrer es verstehen wird,
durch GehirnjdivsiolojTie hrllsielitig nremacht, seinen Zöglingen
sozusagen diirrh die Sciiudeldeck»' direut in die GroÜliirnrinde
zu schauen und sich bei jeder Beleiirung, jeder Frage, jeder
Ürmahuuug u. s. w. die Associationsbahnen, das Apperceptions-
centrum u. s. f. vor Augen zu halten.
dn sie einstweilen wenifr^tens gerade da versagt , wo es anf den Umsatot
des äuf.Vren Reizes iu tias geif*ti*?e Leben, also gerade auf den Beginn des
pädagogischen Kinflupsea unkoinmt. iJeuinuch kann ich die Forderung, das»
der Unterricht sich fortan anf physiologischer Grundlage aufbaue, nur auf
unfertige Anregungen zurückführen, die den angehenden Lehrer verwirren,
statt ihn ii ufzuklrni'ii und zu !»'iton."
Diese •jcnleclitluu abjiprecheudü Haltung Scükajjehs sogar gegeoüber
jedem Versuche der pädagogischen Psychologie, mit neueren wissenschaft-
lichen .Methoden Fühhing xu gewinnen, ist in erster Linie wohl der
Gewöhnung des erst jüngst gefeierten Jubihirs an so ganz andere Me-
thoden zugute zu haltiMi. Minder harnilos i-t e-i. wenn .Si hhadku einige
Seiten später <S. G) in mathematischer oder naturwis-sen^ehaftlicher Bildung
geradezu eine Art erachwercndm Uni.stnnd rr^^cr] die wix'^ nhchatfiicln' He-
läiiiguiig 7,u theoretischer Pädagogik überhaupt erblickt. Er sagt von dem
mit dem akadenii>tchen rinterricnte der Pädagogik betninten Schttlnianne:
„.Seine rai h\vis.<enschaftlicli»' l'ildung anlangend. >«n i-'t nicht au>*g».vt( hln^sen.
da«^ sie mathematischer o<ler naturwisHenschaftlicher Art sei, wenn er nur
son^t (!) die erforderlichen Kigenschaften besitzt . . . Allein in der Mehrzahl
wird die.ser Pädagoge aus dem sprachlich-gt^hichtiichen Fache zu wählen
sein, weil dii^scs eine weitere allgemeine BHdun<4 eher (I) verbürgt und ein«'
reichere didaktische umi » thi.Hche Erfahrung ermüirlicht.'' — Ich denke, das»
da« „eher verl)ürgt'' doch ^ar zu wenig „verbörgf*: denn es handelt sich in
jedem einzelnen Kalle doch darum, was an wissenschaftlicher und [M t- 'ml icher
(^uaUÜcatiou wirklich, nicht wutt vielleicht, Wiw „eher" vorhanden int.
Vollends aber die beiden Hauptfachgruppen, die Hprachlich-i^esehichtliche
und die mathematisch - naturwis-sensrhaftliclie. im ganzen gegen einander
au<zusj)ie!en . erscheint geradezu geiiihrlich im Hinblicke auf den (zum
Glücke wenigstens bei uns in Österreich seit der großen Gymmwialenqueie
vor uiehr als 'J;') Jahren nie mehr autgetlammten) „streit zwischen Humanisten
und Wealisten*' ; denn es kann sicherlieh nui Ix'^,'- iJint niaclmn, wenn nian
iu der Weise JfcuKAbKtts einer ganzen Gruppe von Fachlehrern grundlegende
menschliche Qualitäten, wie „allgemeine Uildnng" nnd „ethische Errahmng*
nnr bedinffungs- und ausnahmsweise zugesteht.
^) Ich habe solche Belehrung mit bestem Danke schon emi)fangen
aus den seither (bis Weihnachten l.y.>7; erschienenen vier eisten Heften
der „Sammlung*": es sei ausdrucklich bemerkt, daas ihre Haltung keines-
wegs eine einseitig physiologische ist.
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]2
Dr. Alois HQfler.
Gestatten Sie mir, hier sofort offen auch das auszasprecben,
dass ich meinerseits eine solche Hellsichtiffkeit uns armen
Schulmeistern weder für das Jahr 1900 nofTi so^rar für «das
Jahr 2000" erhoffe. Dass ich auf pädagogisclie Psychologie
kein»' kleinen Stück«? halte, habe ich jetzt vor fünf Jahren*)
und ausführiu'lier aui dem Wiener Philologentage 181^3 wohl
naehdrlleklich genug bekanni. leh habe aber damalB die physio-
logische Psychologie als einen Theil der pädagogischen rsycho-
logie zu erwähnen — vergessen. Tinso lieber ist es mir heute,
auch 2u dieser Speeialfrage ausdrücklich Stellung nehmen zu
können
Liissen Sie mich iin-li liier, damit wir wenigstens ein
concretes Heispiel vor Augen haben, an eine ganz bestimmte
Situation aus dem Schulleheu anknüpfen. Ich wähle hiezu das
„Examinieren^, und damit wir gleich dem heikelsten Falle ins
Auge sehen: das Examinieren bei der MaturitatsprUfüng. Ich
wähle gerade dieses Beispiel, weil ich es mir während meiner
nunmehr 21jährigen Lehrthätigkeit allerdings zur voUbewussten
Pflicht gesetzt habe, während des Prüfens and zumal bei der
Maturitätsprüfung als einem so folgenschweren Actus wirklich
dem Schüler Augenblick für Augenblick so scharf ,,ins Hirn
zu schauen", als mir dies nur immer möglich ist. Und mit
liintausetzung aller Bescheidenheit rühme ich mich, in der
That jeden Augenblick zu wissen, an welchem Punkte der
Oandidat gerade ^stockan'' ist, und wie ich durch eine Zwischen-
frage seine Gedanken lenken miiss, damit er von dem augen-
blicklichen Hindernis loskomme und auf eicrenen Füßen weiter-
schreiten könne. Uber die schultechnische Seite dieser Sache
habe ich mu']\ Im-I dieser Gelegenheit nicht zu verbreiten, näm-
lich dass uiMiui rijerzeugung nach wirklich nur dann, wenn
die zufällifj^en Hindernisse durch eine solche Art des Prüfens,
so oft es nur nöthig sein mag, beiseite geräumt werden, über-
haupt erst eine sacUiche Entscheidung darüber möglich ist, ob,
abgesehen von solchen zufälligen Hindernissen, der Candidat Ober-
haupt gehen gelernt hat, d. h. ob er etwas weill und dasGewusste
relativ selbständig zu verwerten vermöge. Für diesmal also ganz
absehend von der Frage, ob es den administrativen Zweek^-n
bes.ser entspricht, wenn ..seliwer" ndcv wenn ..leicht" geprüft
wird, habe ich mir erlaubt, das Beispiel vom Piürcn nur des-
wegen anzuführen, um daran zu erläutern, was an dem „duixh
die Hirnschale ins Hirn schauen" Gleichnis und was daran
der wahre Sachverhalt ist. Und in dieser Hinsicht, meine
Herren, muss ich Ihnen bekennen, dass mir fdr meine Person
beim Examinieren noch nie eine noch so blasse Vorstellung
') in dem Refemto „über die philosophischen Ornndln^n der pilda-
goeischen Ausbildung /.um Mittelschul ieluamte" uuf dem ilittelschulta^je,
Wien 1892. (Sonderabdröcke bei Holder, Wien.)
-) .Wii.s die iTPfrf»nwiirti^'t> rn'cholojfie unserem Ovinnasiuui sein und
Winden könnte." (Verhandtungen tler 42. Versammlung etc. Teubner, 10^1.)
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Wie soll der peychologische Unterricht an Mittelschulen etc. 13
Yua iiiudeijzelleu, Leituiigsibahueu u. dgl. m. iu deu Siuu ge-
kommen ist, sondern das« ich das Verdienst daran, wenn es
mir gelingt, „elegant" oder, wie die Seh&ler es nennen, ^leicbt**
zu prüfen, niemand zuschreiben kann als — der Psychologie
und der Logik. Auch an die metaphysischen Seelen" der Candi-
daten denke k-li dabei nicht, sondern an die Reihen möglicher
Distinetionen und Disjunctionon, an naheliegende aber irre-
leitende Associationen — und so noch :in gar vieles, wjis man
eben nur in einer completen Logik und completen Psychologie
systematisch beisammen findet und was alles man selbst wieder
nur durch eine vieljähri^e Tecbnik in der Handhabung solcher
psychologisehen und logischen Theorien fClr den pädagogischen
Ernstfall Augenblick für Augenblick verfügbar bekommt . Ich
habe also auch im Hinblicke auf physiologische Psychologie
nichts zurückzunehmen von jener Formulierung, durch welche
ich in dem erwälwit t u Vortrage auf der Philologeuversammlung
die der Pädagogik wirklich nut/.bare Psychologie (insbesondere
im Gegensätze zur UEaBAKx'schen Vorstelluu^smechanik) zu
charakterisieren yersucht habe, indem ich mir einen Lehrer
und Erzieher wflnsehte, ,.der in der Zeit seiner theoretisehen
Ausbildung sich in solcher psychologischen Technik hinreichend
lang geübt und so sich die Gewohnheit erworben hat, für jede
Schattierung psychischen Charaktere gleichsam künstlerisch ge-
übten Blick zu besitzen", und der sich dann ..auch im späteren
thätigen Schulleben . . . die Fähigkeit zu prompter Keaction auf
das psychische Leben seiner Zöglinge für immer erhalten
müsste".
Da nun aber heute doch einmal speeiell Ton den physio-
logischen Forderungen, welche man der künftigen psycho-
logischen Pädago^k in Aussieht stellt, die Rede sein soll, so
darf ich nicht schheßen, ohne zum Problem von den Abhängig-
keitsbeziehungen zwischen Pbvsischem und Psychi-
schem, welche von jeher und bis zur btunde aus der Physio-
logie direct in die Metaphysik hinüberführen, für unseren be-
sonderen Zweck noch anders als in bloß negierender W eise
Stellung zu nehmen.
Leibkiz hat die metaphysischen Theorien yon den Ab-
hängigkeitsbeziehungen zwischen Physischem und Psychischem
durch das berühmt gewordene Gleichnis von den zwei Uhren
erläutert, aus welchem Fechner das Gleichnis von einer Uhr
mit zwei Zifi'erbiättern gemacht hat.')
^) In Fecbners verßlhreriscber Darstellung: ^Zwei Uhren auf dem-
selben Brette befVsti^'t richten ihren Gang durch Vcnnittlung dit.-t'r ^e-
n>eins:itT)on Befestigung auf einander »^in <wenn sie nämlich nicht zuviel
von einander abweichen); dus ist die gewöhnliche dualii»tische Ansicht vom
VorhultnisM «wischen Leib Ottd Seele. Ea kann auch jemand die Zeiger
VM'iJfr l hrcn so schieben, das« bie immer harmoniVich (jehen. I i i^t die
ücca»iünulii»tiBche, wonach Gott zu den körperlichen Veranderungea die
geistigen nnd uni^kebrt in beetindi^r Hannonie erzeugt. Sie können
auch von vomberem so Tonkommen eingerichtet sein, da» rie, ohne der
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14
Dr. Alois Höfler.
Gestatten Sie mir, meine Herren^ nach diesen Vorbildern
in unsere Streitfrage ebenfalls ein „Uhrengleiclims" hinein-
zutragen. Ich meine aber nur eine ganz gewöhnliche Uhr mit
einem Zifferblatte und einem mehr oder weniger guten Werke.
Was für eine Zeit die Uhr zeigt und ob sie falsch oder richtig
zeigt, hängt gewiss nur vom Werke ab. Könnte da nicht ein
besonders gründlicher, deductiv angelegter Kopf daiaitf ver-
fallen, jedesmal, so oft er wissen will, wieviel Uhr es ist, statt
auf die Uhr in die Uhr zu schauen l-' . . . Will die Uhr einmal
nicht richtig gehen, und hat er das Zeug zum Uhrmacher, so
bleibt ihm ein Blick und ein Einffriff ins Werk jedenfalls nicht
erspart. Hat er das Zeug zu solcnem Eingreifen nicht, so gibt
er sie zum Uhrmacher in Reparatur. Aber ich glaube, sogar
der Uhrmacher wird nicht umhin können, zuerst „auf" die Uhr
zu schmien. um erst darnn^; zu entnehmen, in welchem Sinne
er eingreifen, abschleifen, repassieren muss; und ich glaube
nicht, dass es sobald Uhrmacher geben wird, die in der Manier
des LAPLACü'scheu Weltgeistes aus dem Wissen um die inneren
Kräfte des Werkes rein deductiv auf den äußeren Anblick des
Zifferblattes würden schließen wollen und können. — Sie sehen,
meine Herren, dass das Gleichnis den Physiologen alles zugibt,
was sie sich meritoriseh nur wünschen können: das innere
Werk wäre der Bau 1'- Gehirnes; Zifferblatt und Zeiger, die
„äuliere Seite" der Ulir, wären diesmal die „psychisehen Äuße-
rungen", wie sie auch dem Nichtuhrmacher. will sagen Nicht-
physiologen so wohl bekannt sind. Und wenn wir Pädagogen
uns ganz bescheidentlich von vornherein zu den Nichtphysio-
logen zählen und doch meinen, die Äußerungen der Kindes-
seele zu verstehen, so können wir dieses unser Wissen und
jenes unser Nichtwissen wenigstens vor uns selber dadurch
rechtfertigen, dass wir sagen: Bis man einmal nicht mehr auf
die Ulir behauen, sondern nur iranier in die Uhr schauen wird,
haben auch wir pädagogische Psychologen wohi noch hin-
Niichhilfe zu bedürfen, von selbst immer genau mit ein iiuler (^ehen; Jas
i>t iTc An-ii'lit von «1er in'n^faiiilii'it en Tlannonii' tlcr-i^liMMi. T.kiisniz h;it
eine Ansicht vergossen, und zwai eiufachüt njögliche. J^n* können auch
barmoiiMch miteinander gehen, ja ^ar niemat» nnseinander gehen, weil sie
giir nicht zwei verschiedene Uhren sind. Damit ist dius gemeinsame Brett,
ilie stete Nachhilte, die Künstlichkeit der ersten Kinriclitun«j or>|»;irt. Was
dem üuPerlich stehenden Deohaehter als die orgaiii-chc Lh; niit einem
Triebwerke und Gange oiirani-cher Räder und Hebel oder als ihr wichtigster
und we5:('ntii(h-<f f'i* Tlu'il erscheint, ersclit'int ihr selbst innerlich u'^''
anders als ihr eigener Geist mit dem Gange von Emptindungen, Trieben
und Gedanken. Ed darf nicht beleidigen, daaa der Mensch hier eine Uhr
genannt wird. Wi iui «m in einer Hinsicht so genannt wird, soll er nicht
in jeder so genannt werden."
Die Jrchwierigkeiten. ja Dunkelheiten dieser heute zu so allgemeinem
Ansehen gelangten ..Zwei-.Seiten-Theorie" habe ich näher erörtert in
§ 17 meiner Psychologie, W'Molit'r Paragraph auch in Sonderabdruck er-
schienen ist unter dem Titel „Die metaphysischen Theorien von den Ab-
hängigkeitsbeziehongen zwischen Phynschem und Psychischem. Einige Fragen
an die Monisten' (Tempskj 1897).
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Wie soll der psychologische Unterricht an Mittelschalen etc. 15
reichentl Zeit, ehe wir unsere Thütigkeit auf pSdagogisehe
Physiologie anstatt anf pädagogische Psychoktgn- grüudcn.
Damit ich aber ja uns pädagogische Psychologen nicht
besser mache als wir sind, so soll auch unser Uhraleichnis
noch seine Kehrseite bekommen. Nehmen wir an, die Uhr gehe
wirklieh einmal hartnäckig falscii. Wir versuchen es dann zu^t
eine Zoit lan£^ rnit Hin- und Herrücken df^^ Zoirrers, dann
Klopfen und JSchütteln der ühr, versetzen ihr eridlieli einen
gelinden HtoH: und wenn nlle?» das nicht hilft, so ~ iribt es
weiterhin ein doppeltes Verfahren: Entweder sind wir im
cansalen Denken so geschult, dass wir die Ühr zum Uhrmacher
tragen und ihn bitten, einmal hineinzuschauen, was denn im
Werke los sei. Oder aber wir begnttsen uns mit dem Eindrucke,
die Uhr ^habe eben Capricen'*, und wenn alles Schütteln und
IStoßen nichts nützt, so — es sei ausnahmsweise erlaubt, den
wienerischen Krat'tnusdruck zu gebrauchen — ..hau'n wir sie
um d' Erd'". Hochdeutsch ausgedrüekt heilh nuiti das ..Wer-
fen'^, norddeutsch „SehmeiUen* : und in der Thal sind ja das
zwei Wichtige termini technici gerade unserer praktischen Päda-
gogik, welche sehr häufig die idtima ratio ^ den £rsatz aller
theoretischen, physiologisäen wie metaphysischen und auch
der einfach praktischen empirischen Psycliologie ausmachen.
Ich enthalte mich jeder Vermuthung darüber, ob. wenn
wir einen Schüler, bei dem unsere herkönirnlichen Mittel von
mehr <u]*'r minder sanften: Rütteln mit ..Entsprechend*' oder
..Miiubjrent>preehend in Sitten", ..(ierinir in M»'il)'" und „Zweiter
in Fortgang nicht anschlagen und auch eine ..Iteparutui" uach
den Ferien nichts nützt, nun zum — Gehirnphysiologen „in
Reparatur geben" wollten, dieser einen besseren ^Fortgang"
des Werkes herbeizuführen Termöchte
Aber — wieder ernst und ohne Gleichnis. Das allerdings
meine ich und habe vielleicht hiemit auch die Grenzen be-
zeicbnct. innerhalb deren für die niieb>te absehbare Zeit eine
V'erriMfiin<x (U-s psycholocjischen Wissens dureh die physiob»Lxi«:ehe
Hüfswisseuschaft den Pädun-oeren vor niaiu-her \ ergewaltigung
der Kindesseele bewahren kann. Was für den Physiologen bis-
her Postulat ist — zu jedem psychischen Vorgange wenigstens
hypothetisch ein physiokigisches Correlat vorauszusetzen — das
kann für den Pädagogen als Praktiker ein wirksamer Imperativ
werden, der ihn mit lauter Stimme immer von neuem daran
mahnt, dass jedes Einwirken auf die Kindesseele eine Anwendung
und Handhabung unverbrüchlicher Natu re^esetze sei. wobei
wir von vornherein über der physiseluMi Natur d'w psychische
nieht verp^essen wollen. Es sehwebt mir ein Schüler unserer
heurigen III. ("lasse vor, bei allen seineu Lehrern als ein „guter
Kerl'' geschätzt, aber in fortwährender Gefahr und Angst, den
Forderungen des Lehrplanes nicht zu genflgen. Er begreift
schwer, ermüdet leicht und lebt in bestandiger Aufregung im
Vorblicke auf den Misserfolg. Denkt man sich einem solchen
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16
Dr. Alois Uöfler.
Kinde gegenüber einen Au^eublick in die plivsiologiäche fie-
traehtuiigsweise binein und eubetitaieit fllr den Begriff des
^Vernageltseins^ den einer anämischen Großhirnrinde, für den
des y^Kichteinfallens" die Vorstellung von verlegten Associations-
fa.sern u. dgl., so mag das in der That die letzte Spur von
Ungeduld, wo nicht gar Entrüstung und Härte gegen das Kind
mit noch lauterer Stimme zum Schweigen bringen, als wenn
ich fingiere, dass es im Grunde docli nur an der armen „raeta-
physischeu Seele" gelegen sei, dass sie dem Lehrplaue so gar
nicht nachkommen t^ann. Vielleicht yerleiht ein solcher natur-
Trissensebaftlicher LnperatiT dem einzelnen Lehrer den Math,
mehr an die Förderung, geduldige Kräftiffung der armen Seele
oder des armen Hirnes zu denken als an die stramme Execution
des Lehrplanes um jeden Preis. Vielleieht hat umgekehrt für
denjenigen Lehrer und Erzieher, der sieli gewöhnt hat, so
sciiwierige und Mitleid erregende Fälle snl/ spucif tt st ^r Natur-
gesetze aufzufassen, dies die entgegengesetzte Wiikung, über-
mäßiges Mitleid zum Schweigen zu bringen. Es werden sich hier
die Individualitäten der Lehrer dem Gedanken der unabwendbaren
Naturgesetzlichkeit gegenüber wohl ebenso scheiden in solche,
welche sich durch die Härte dieses Gedankens in ihrem Gemüthe
selbst härter, und andere, die sich durch ihn weicher gestimmt
fühlen — wie jn auch dem Anblicke physischen Jammers gegen-
über der eine Arzt das Mitleid auszuschalten sieh gewöhnt hat,
der andere nur umso zartlülilender und opferfreudiger dem ihm
anvertrauten Leiden gegenüber sich verhalten lernt.
Sei dies wie es sei — mag künftiges Eindringen unseres
ganzen Standes, dem die gt i tgc Hygiene der heranwachsenden
•lugend anvertraut ist, in die bisner selbst den Physioloj^n
kaum entschleierten Geheimnisse nach was immer für einer
Richtung unsere praktische Thätigkeit beeinflussen — als
pädagogische Theoretiker wollen wir fürs erste festhalten,
dass auch für eine pädagogische Physiologie das Ttf^o-
TEfvOv TtfjO^ iil^-^Z tlie pädagogische Psychologie wird sein
und bleiben müssen. Und ich denke, alle jene Imperative,
welche die Anerkennung physiologischer Gesetzlichkeiten uns
in jedem Augenblicke einer Schulstunde, einer Gensurconferenz
zuruft, können wir als nicht minder ernste Stimmen auch ver-
nehmen, wenn wir uns gewöhnt haben^ das Sein und die Ent-
wicklung des Schülerlebens nicht fnh sjiecif einer bloß physi-
schen Gesetzlichkeit, sondern vor nllrin der psychischen
Naturgesetze, an denen wir uns hochsteus versündigen, die
wir aber nicht durchbrechen können, zu verstehen und hoch —
ja heilig zu halten.
Ich fasse diesen Gedanken in folgende
II. These:
Es ist durchaus wünschenswert nnd als wesentlicher
Theil der Yorbilduug zum Mittelschiülehramte anzasehen^
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Wie soll der psychologische Unterricht an Mitteldchuleo etc. 17
dass der Lehrer und Erzieher in der pädagogisehen Psycho-
logie nnäy soweit Nerrenphysiologie eine ihrer Hilfewlssen-
selulten Int^ aneh in den Gmndlehren dieser nnterrichtet
sei. Wfthrend der Ansfibnng der Unterriehts- und £r-
ziehmigspraxis aber wird, wie bisher, so ancli anf abseh-
bare Zeit <Ho psychologisch- pliysiolosrische Theorie dem
Schul iiiauiie die unmittelbarer wirksamen Imperative ein-
geben, wenn er sich gewöhnt hat, die Erscheinungen des
Geistes- und Gemüthslebens seines Zöglings zunächst Ton
der psyehisehen Seite her ins Auge sn fiissen. Erst in
Fillen^ welche das pathologische Gebiet stre^iBn (wären es
anch nur die BegrUTe der UbermfidiuigimdOberbflrdnng)^
mögen Oedanken an die physiologischen Gei;ebenheit«n
Erzieher noch eindrinarli^'hor, als es die bloß psycho-
ioi^ische Rücksichtnahme auf die psychischen Gesetze zu
thun pflegt, davor warnen, dass er vom Zöglinge nichts
Unmögliches lordere.
Und hiemit denn geuug der ADgemeinheiien, denen ja so
viele onseres Standes — fast mdchte ich sasen mit Becnt —
so wenig Vertrauen entgegenbringen. Die oeiden folgenden
Herren Redner, denen ich noch einmal im Torhiaein aufs
innigste dafür danke, dass sie meiner Bitte so liebenswürdig
willfahrt haben, werden dnfür sorgen, dass au«"]i Miif dem
nnspfpii bislierigen Schulinteressen so ungewolmteii Gebiete der
pliysiolügiischeii INycliologip und der experiiiuMitelleu Psycho-
logie den Begriiieu — um mit Kant zu sprechen — vor allem
die Anschauungen nicht fehlen.
,Ö«teir. MU(cl«cbuIv". XU. Jnhrft. 2
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18
Dr. Stephau Witasek.
Über psychologische Schulversuche.
Vortrag mit Demonstrationen, gehalten am VI. deutsch - (isterreichischeii
Mittelschultage su Wien, Ostern 1897, von Dr. Steplian Witasek aus Qraz.
Meine Herren I Gettaiten Sie mir znnäehst eine kleine per-
sönliche Bemerkung. Vielleicht erregfc ee manchem Ton Ihnen
einiges Befremden, dass jemand, der» wie ich, ganz außerhalb
des Kreises der Schule steht, es unternimmt, vor praktischen
Schulmännern über eiue praktische Untcrnditsangelegenheit zu
sprechen. Nun, hu iikj Herren, ich bin der Aufforderung, es zu
thun, nicht aus Anmuüung gefolgt, sondern aus Interesse an
der Sache, an einer Sache, die zu fordern mir ebenso am
Herzen li^ wie Ihnen; und soleh gemeinsames Interesse ist
wohl ein Sand, das über die Sehranken yon Stand und Beruf
hinausreicht. — Nun zur Sache.
Wir haben heute bereits die Frage erörtern gehört, wie
der Psychologe -Unterricht des Gymnasiums gegenüber den
Postulaten der modernen Gehirnphysiologic Stellung nehmen
Soll. So wichtig und überlegeiiswert, ja vuu so grundlegender
Bedeutung diese Frage gewiss ist, so bleibt doch das weseut-
liehste Merkmal dessen, was als Psychologie an unseren Gym-
nasien zu lehren ist, von ihrer Beantwortung unberührt. Mit
und ohne Gehirnpbysioloffie ist die heutige Psychologie eine
rein empirisehe Wissenscnaft; sie kann sich daher auch auf
dem Gymnasium nur als solche darstellen. Es sind Wahr-
nehmung, Beobachtung, in vielen Fällen Experiment und
Messung, die ihr das Thatsaehenmaterial verschaffen, es ist
Analyse und Inductiun, was sie zu den Gesetzen führt, und
schlieUlich die Hypothese, die sieh, wenn es einmal so weit ge-
kommen ist, als Stütze und Krone zugleich dem Bauwerke ein-
fügt. Mit diesen wenigen Worten ist die Methode der Psycho-
logie im wesentlichen charakterisiert. Aber Sie werden mir zu-
geben, dass mit genau denselben Worten das gleiche für die
Physik. CheiTiie, kurz für sämmtliche Naturwissenschaften ge-
leistet wäre, und ich stolle daher gewiss nicht auf Widerspruch,
wenn ich beliaupte, dass die Wissenscliaft von der inneren
Natur mit denen von der äulJereu Natur völlig gleichen Grund-
charakter besitzt.
So stehen die beiden Wissenschaftsgebiete selbst zu einander.
Wie steht es nun mit dem ge|^eDseitigen Verhältnisse ihres Untere
riciites auf unseren Gymnasien? Da zeigt sich eine gegenüber
der eben besprochenen Gleichartigkeit höchst auffallende Ver-
schiedenheit, eine Verschiedenheit, die durch da«? Wort ..Experi-
ment" sofort gekennzeichnet ist. Der Unierriclit in der Physik und
Chemie ist auf der Unter- wie auf der Oberstute ganz und gar auf
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über psychologische Schuir ersuche.
19
das Experiment gegründet, und wenn auch das Obergymnasium
an mathematischer Deduction und an hypothetischer Zusammen-
fassang ein Beträchtliches leistet, so wird doch immer vom Ex-
perimente ausgegangen; nueli der Unterricht in den beschreiben-
den Naturwissenschaften trägt der Pordernnir nach Anschauung
im weitesten Ansmalie Rechnung. Dem gegenüber gehört — ich
glaube, man wird mir darin ^icht widersprechen — die Vor-
führung eines Versuches im Psychologie -Unterrichte zu den
allerseltensten Ausnahmen, und selbst die fast überall bereit
liegenden Mittel der Anschaannff werden nur in bescheidenem
Malie verwertet. Icli sage: Ausnanmen. Denn dass es deren gibt,
ist mir nicht unbekannt. Öo theilt mir z. B. Prof. Höfler mit,
diis< Prof. Pommer schon vor zwanzig .lahren am Mariahilfer
Gymnasium in \\'ien begonnen hat, sich beim Psychologie-
Unterriclite einiger Demonstrationsversuche zu bedienen, und
Prof. Alurtiuak in Graz thut, wie ich weiß, desgleichen. Sol-
eher Ausnahmen wird es vielleicht noch manche sreben — aber
das sind eben nur Ausnahmen, und es ist die frage, soll es
dabei bleiben?
Dieser Sachverhalt ist umso auffallender, als ja die heutige
Psychologie den experimentellen Forschungsweg ganz besonders
bevorzvigt und aus dieser ihrer Vorliebe gar kein Hehl macht.
Freilich kann man bisweilen — und zwar gar nicht selten —
die Meinung vernehmen, dasjenige, was unsere Psychologen
unter dem Namen eines psychologischen Experimentes in Um-
lauf zu setzen versuchen, das seien gar keine psychologischen
Experimente, sondern, wenn überhaupt Experimente, so höch-
stens physiologische oder gar physikalische. Aber, meine Herren,
ich glaube nicht, dass es nöthig isty sich in Ihrem Kreise mit einer
eingehenderen Beleuchtung dieses Vorwurfes aufzuhalten. Er
trägt zu deutlich den Stempel der Unwissenheit und Obertiiichlich-
keit au sieh. Ein Experiment ist, kurz gesagt, das absichtliclie
Hervorrufen eines Naturgesehehens zum Zwecke seines Studiums.
£s gehören also nur zwei w^esentliche Punkte dazu, um irgend
einer Veranstaltung den Charakter des Experimentes zu ver-
leihen: erstens, dass die betreffenden Naturthatsachen, um deren
Untersuchung es sich handelt, absichtlich hervorgerufen wer-
den, und zweitens, dies unter Bedingungen, die für das Studium
günstigeren Erfolg versprechen als ihr natürlicher Ablauf.
Beiden ßedinguugen kann auf p'sychologischem Gebiete sehr
wolil entsproclien Averden. Dass sich psychische Thatsachen
willkürlich beeinllusseii lassen, ist im Ernste nicht zu bezweifeln.
Ich thue es, Indem ich zu Ihnen spreche, ja der ganze Verkehr
von Geist zu Geist ist darauf gegründet. Ünd was den zweiten
Punkt anlangt, so genüge ein Beispiel für viele. Das Gedächt-
nis und seine Leistungen sind Thatsachen, die auch schon der
vorwissenschaftlichen Erkenntnis höchst geläufig, ja selbst in
ihrem gesetzmäßigen Verhalten bis zu gewissem Grade bekannt
sind; aber eben nur bis zu gewissem Grade, über den hinaus
2*
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20
Dr. Stephan Witasek.
übrigens die tausendjährige Erfahrung des Alltagslebens auch von
der außerexperimentellen Psychologie kaum überholt worden ist.
Erst »>xp«M'iiiiente]len Veranstaltungen, namentlich der zuerst
von Ebbinghaus augewendeten Methode des Auswendiglernens
sinnreich zusammengesetzter sinnloser Silbemeihen, war es vor-
behalten, diese Grenzen zu überschreiten und die Gesetze dos
Gedächtnisses m Maß nnd Zahl Ond in feste Form zu bringen ;
ein deutlicher Beweis dafttr^ dass diese Veranstaltungen die zu
studierenden Thatsachen der Untersuchung unter günstigeren
Bedingungen zur Verfügung stellten als der natürliche Ablauf
des Geisteslebens. 8ie hubeu daher zweifellos den Charakter
des Experimentes, und zwar den des psychologischen und nicht
physiologischen oder physikalischen, da es psychische That-
sachen sind, die dabei absichtlich hervorgerufen und untersucht
werden.
Also, wie gesagt, meine Herren, dass man psychologisch
experimentieren könne und dass dasjenige, was uns unter dem
Namen eines psychologischen Experimentes geboten wird, diesen
Namen mit Recht führt, das brauche ich Ihnen gegenüber nicht
er^;t weitlänfig zu beweisen. Die Fraise ist die, ob diese psycho-
lofri.sL-lu'n Experimente sicli anch iu der Schule nützlich erweisen
können, ob sie sich besonders im Psychologie -Unterrichte
unserer Gymnasien als Demonstrationsversuehe mit Eriolg an-
wenden lassen.
Die Antwort auf diese Frage liest keineswegs so auf der
Hand wie die auf die vorige. Vielmehr glaube ich, dass man
den psycholoeischen ScholTcrsucben von zwei Seiten her an den
Leib zu rücken geneigt sein könnte; einmal von Seite der
praktischen Durchführbarkeit und dann von der des pädagogisch-
didaktischen Wertes. Unter ersteren Titel fallt es, wenn man
an das geringe Zeitausniaß erinnert, da.s dem Psycliulogie-Unter-
richte zur \ erfüguug steht; bei zwei Stunden wöchentlich könne
man sich den jedenfalls zeitrauhenden Luxus des Experimen-
tierens nicht gestatten. Aber zum Experimentieren brauche man
auch Api)arate, und die kosteten Geld, psychologische vielleicht
mehr als andere, und das stünde der Mittelschule nicht zur
Verfügung. Schließlich die Hauptsache: Psychologische Versuche
seien versuche ganz eig^ener Art. ganz eigener Technik; von
einem Lehrer aber, der aulier Psychülogie noch zwei, drei andere
Fächer gründlich zu beherrschen und zu unterrichten hat, von
dessen Thätigkeit die Psychologie nur einen geringen Theil
ausfallt, kdnne man nicht Tcrlangen, dass er sich diese eigen-
artige Technik in dem Maße su eigen mache, als es zur ee-
deihhchen Durchfülirung der Versuche erforderlich ist. ilso
kurz gesagt: Psychologische Experimente erfordern viel Zeit,
viel Geld und besondere Vorhihhinjr, und all das könne die
Mittolscluile niclit leisten. Soviel im Punkte der praktischen
Durclitülii bai keit. — Aber das sind, wie gesagt, noch nicht alle
Bedenken, die mau gegen die Idee psychologischer Schul-
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über psjchologittohe Schul versuche.
21
Teroaehe hegen kdnnte; es kommt ftueh der didaktiselie Wert
m Frage, denn es ist klftr, dass, falls dieser zu gering ist, die
VorfUhrniig der Versuche auch bei leichtester Durchführbarkeit
nicht zu rechtfertigen wäre. Was ist es also, was wir in dieser
Beziehung von einem Seluilversiicho verlangen und was uns
z. B, die physikalischen ExperimfMirp so wertvoll macht "r^ Xun,
da fallen zunäclist einige mehr iiuljeruciie Dinge in die Augen:
Das Experimentieren belebt den Unterrieht, regt das Interesse
au und hilft dem Gedächtnisse. Wichtiger als das ist die
außerordentliche Erleichterung, die Demonstration und Ex-
periment dem Lehrer beim iTittheüen und dem Schttler beim
Auffassen der Thatsachen gewähren. Der Lehrer braucht sich
nicht abzumühen, um durch Worte dem Schüler ein möglichst
adäquates ßild der mitzutheilenden Thntsaehe zu vermitteln,
ein in manchen Fällen der Natur der Sache nach sogar
ganz vergebliches T^eniühen: das Experiment, die directe Vor-
tuhruug der Thatsachen selbst, gibt ihm ein einfaches und da-
bei sichereres Mittel an die Hand. Der ^:chüler anderseits be-
hält die psychische Arbeit, die er sonst darauf verwenden mfisste,
um sich aus den Worten des Lehrers erst das anschauliche Bild
der in Rede stehenden Thatsache zu construieren, frei für die
Betrachtung der Thatsache selbst. — Schließlich noch ein wichtiger
Punkt. Wenn es richtig ist, dass es der Lehrer möglichst ver-
meiden soll, den vSehülern irgend eine Erkenntnis kurzweg mit-
zutheilen. die sie durcli eigene Thätigkeit tiud»'n könnten, wenn
es richtig ist, dass die Keceptivität des Schülers möglichst
wenig, dagegen seine Actiriföt möglichst yid in Anspruch ge-
nommen werden soll, so muss derUnteiTicht dem Experimente
eine entscheidende Bolle einräui: < n Denn dadurch wird der
Schüler in den Stand gesetzt, die Thatsachen selbst zu con-
statieren und die Gesetze des Naturgeschehens aus den That-
sachen durch eigene Gedankenthntigkeit auszulösen. So be-
rechtigt also die von einer jeden Didaktik erhobene Forderung
nach möglichst heuristischem Vorgehen ist, so wertvoll ist auch
das Schulexperiment.
Wir steh en nun vor der Frage: Können alle die eben auf-
gezeigten Momente, die das Schulexperiment sonst zu einem so
wertvollen Unterrichtsmittel raachen, auch vom psychologi-
schen Schulversuche bewährt werden?
Meine Herren! Ich will diese Frage, und damit zugleich
auch die praktisclien Bedenken, nicht durch blol5e Worte er-
ledigen, sondern, wie es der Intention meiner Auseinaudersetzun-
ffen gewiss besser entspricht, gleich lieber durch anschauliches
Vorführen einzelner Beispiele.
Versetzen wir uns allenfalls in jene Psychologiestunde, in
der die Erörterung der Thatsache und des Begriffes der TJnter-
schiedsschw.'lle auf dem Programme steht. Wie wird es der
Lehrer anzufangen haben, wenn er experimentelle Hilfsmittel
verschmäht? Meine Herren! Die Unterschiedssch weile ist eine
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Dr. Stephan Wifcasek.
Thatsache, und zwar eine Thatsacbe der existierenden Natur.
Einer solchen gegenüber findet sich der Lehrer, wenn er auf
Wahrung des heuristischen Principes möglichst bedacht ist, in
einer misslicheu Lage. Sie lässt sich aus keinem, wie immer
gearteten hcUieren Piäncipe, etwa durch Krage und Antwort, ab-
leiten, und die Methode, deren sich der Mathematiklehrer ver-
möge der Natur seines Gegenstandes mit so großem \'ürtheile
bedient, ist dort, wo es sich allenfalls um den Geruch des Chlor-
gases oder um den Bau des Eiemenapparates handelt, gans un-
möghch. Der Lehrer ist also, wenn er Demonstrationen und
Experimente verschmäht, auf bloße Mittheilnng der Thatsaclien
durch das Wort angewiesen. 8o auch in unserem Falle. Er
wird zunächst vielleicht daran erinnern, dass die Empfindung
sowohl nach (Qualität wie nach Intensität dem It'ei/H folgt, und
daran anknüpfend sagen, dass dies nur mit gewissen Beschrän-
kungen gilt, indem zwei objectiv verschiedene Ueiiiszustände,
solange sich ihre Verschiedenheit innerhalb einer bestimmten
Grenze — der ünterschiedsschwelle — hält, als gleich auf-
gefasst werden. In dieser Art ungefähr wird er die Thatsachen
mittheüen mflssen. Freilich wird er sich damit nicht begoflgen,
sondern versuchen, das Gesagte durch Anführung concroter
Beispiele greifbarer zu machen, ja vielleicht sogar, den Schüler
aus solchen Beispielen heraus die Tliat suche der ünterschieds-
schwelle selbst erkennen, gewissermaßen auffinden zu lassen.
Er wird daran enunern, dass eine Kerze, in hellem Tageslichte
angezündet, nicht heller macht, dass in einem halbwegs starken
Orchester ein Geiger mehr oder weniger am Fortissimo nichts
ändert, u. s. w., und aus diesen Einzelfällen kann dann der
Schüler den allgemeinen ßegriff der Unterschiedsschwelle ab-
leiten. Doch geben wir uns keiner Täuschung hin! Ein solches
Ableiten verdient kaum mehr diese Px zeichnung; der Schüler hat
ja dabei nicht viel mehr zu thuji, als einfach nachzusagen, was
ihm vom Lehrer vorgesagt worden ist. Denn der sprachliehe
Ausdruck, in dem die als Beispiele augeführten Specialfälle
der Schwellenthatsache vorgebracht werden, ist nothwendiffer-
weise gleichzeitig ein Ausdruck der Schwellenthatsache selbst;
es ist eben mit bloß sprachlichen Mitteln in der Kegel gar
nicht möglich, einen Specialfall zu bezeichnen, ohne dabei
\\'örter und Ausdrücke zu gebrauchen, die sofort auf das zu-
ti'elp o int^ Allgemeine hinweisen. ird dagegeu ein solcher
Specialfall anschaulich, experimentell vorgeführt, so hat der
Schüler, um zum Allgemeinen zu gelangen, den ganzen Weg
zuiückzulegen, den die Forschung einst zu gehen hatte, um
Oberhaupt die betreffende Erkenntnis zu finden, ein Weg, der
bei der außerordentlichen Mannigfaltigkeit alles wirklichen Ge-
.'^eheheus ein solches Maß von Abstraction und Concentration
fordert, dass ihn der Schüler, wenn nicht seine Aufmerksamkeit
vom Lehrer in /ielbewus.ster Weise grleiikt und geleitet wird,
in den meisten i'üllen gar nicht tiuden könnte. So kann der
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über pfjcbologische SchuUereuche.
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Aetivitat des Schülers die angemessene Anregung geboten wer-
den. In unserem Beispiele ließe sieh das etwa aarch folgendes
£xperimeut erreichen.
Der Lehrer lässt an die Schüler die Aufforderung ergehen,
an einer beslimmteu Stelle die Wand des Zimmers zu betrachten,
und zwar einmal jetzt — und einmal jetzt.
'Der VortrajTrfndf /fnn^ot oin Strcichht'ilzchen an nml halt es, indi'm
er eai lait uer iiaiiii dem Auiiitoriuui verdeckt, in UDgetäbr 1 m Abstand
vor die bezeichnete Waaditelle.)
Das Experiment ist su Ende; an seiner praktischen Durch*
fUhrbarkeit wird man nicht gut zweifeln können. Aber auch
sein didaktischer Wert ist einleuchtend genug. Mit wenigen
Fragen wird der Schüler dazu zn bringen sein, aus dem all-
seitig individuell bestimmte Vorgänge das allgemein Giltige
zu abstrahieren, zu erkt iüieii, dass durch das Aiizüiuleu des»
Streichholzes die Inteuäität des von der Wund reilectierten
Lichtes gewiss erhöht worden ist, dass aber dieser Helligkeits-
zuwachs, da die Wand heidemale guuz gleich aussah, unter-
merklich war; und weiter, dass es eine Grenze — die Unter*
ßchiedsschwelle - gehen muss, an der ein solcher Zuwachs den
Merklichkeitsgrad eben erreicht.
Da«? alles kann der Schill »^r aus diesem so einfachen Vor-
gänge durch eigene Gedankenlüäiigkeit ablesen. Gleiches lässt
sich mit fast ebenso primitiven Mitteln aut dem Gebiete des
Drucksinnes erreichen; der ganze dazu erforderliehe Apparaten-
aufwand besteht in zwei Gewichtsschalen, ^) die übrigens noch
durch zwei gleiche Schachteldeckel ersetzt werden können.
Auch die gewiss instractive Vorführung von Masson'schen
Scheiben wird auf keine erheblichen Schwierigkeiten stoßen,
da sich die Ceutrifugalmaschine, die das physikalische Cabiuet
wohl eines jeden Gymnasiums besitzt, leicht genug als Kotations-
apparat benützen lässt.
So hiitte ich Ihnen, meine Herren, bereits ein Beispiel
eiuesi in jeder Beziehung einwandireien uud bei aller seiner
Einfachheit höchst dankbaren Schulrersuches gebracht. Aber
eine Schwalbe macht noch keinen Sommer; also wiU ich
Ihnen noch andere bringen. Der Versuch, den ich Ihnen vor-
zuführen gedenke, bat neben den Vorzügen, die den vorigen
auszeichnen, auch noch den, dfiss er mit unfehlbarer Sielicrheit
über die Schwierigkeiten liinweghillt , dif^ dem Aiifiingei' das
strencf becriffliehc Ert'Lisseu von vafjeii Uedanken<4ebildeii des
Alltagslebens kosit^. Der ganze Apparat, den ich dazu brauche,
ist ein nol/Jiaiuiuer. Ich werde mit -diesem Instrumente zwei
aufeinanderfolgende Viervierteltakte taktieren und auf ^Eins^
^) Siimmtliche im Vortra«2:e orwilhnten Apparate und Di^inonstration.«-
niittol waren dem Vortragenden vom Vorstände des psychologischen Labo-
ratoriuuijj der Universität (Jraz, Herrn Prof. Meinong, mit dankenswerter
Bereitwilligkeit zur Verfügung gestellt worden und wurden sur Ansicht
Torgewiesen.
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Dr. Stephan Witasek.
des zweiten Taktes einen kräftigen Schlag auf den Tisch ans-
fQhren; diejeniffen, die den Veisucli niitzumachen gewillt sind,
mögen während des ersten Taktes beiderseits mit den Fingern
den Gehörgang zudrücken, die Ohren über den Sehlag hinaus
bis zu j,Zwei" des zweiten Taktes verschlossen halten und
dann durch Lüften der Finger r:isch öö'nen.
(Folgt Austiihiung tles beachriebenon Versucbe^.)
Wenn der Yersueh gelungen ist, so werden die Herren
den Schlag des Hammers auf den Tisch trotz der yerschlossenen
Ohren immerhin noch gehört haben, aber einen zweiten stärkeren
beim Öffnen des Ohres, obwohl in diesem Augenblicke objectir
keiner erfolgte. Die Erklärung dieses Versuches liegt auf der
Hand.
Ursaclie der beim Offneu des Ohres eintieteii(ien zweiieu
Schallemplindung bind die infolge der Reflexion an den Wänden
des Zimmers immer noch vorhandenen Schallwellen, die aber,
wenn der erste Schlag auf nicht verschlossenes Ohr trifft,
wegen der dabei auftretenden Ermüdung viel schwächer oder
g^r nicht mehr empfunden werden. Daraus ergibt sich für den
egriff der Emüdunj^ die zwar abstracte, aber einzig scharfe
Fassung: Herabs^etzinin^ der Reactionsfühigkeit das Organes. So
scliwer es dem Aiifliiif^er ist, diese unauschauliche, abstraete
ForTiiulierang des Ijegrifits gegenüber seinen zwar vagen, ;il)er
umso handgieiilichereu Anwendungen des Aiitagdlebens /.u be-
haupten, so leicht wird es ihm, sie aus diesem anschaulichen
Experimente sogar selbstthätig abzulesen. Also wieder ein Schul-
yersui-li, bei dem von praktischen Schwierigkeiten keine Rede
sein kann und der der Activität des Schülers die beste An-
regung zu bieten geeignet ist. Denken Sie dabei an die reine
intelleetuelle Freude, die jedes Gelingen, jedes Sen>srfiiiden drin
sich euttaltenden U eiste geradeso hereitot wie dem gereilten,
denken Sie an den iiohen erzit lili< hen Werl dieser Freude, so
werden Sie dieses so wertvolle UnterrichtsLuiLLel umsoweuiger
missen wollen.
Meine Herren! Ich könnte nun meine Auf^be als erledigt
betrachten. Aber ich möchte doch noch auf einen Punkt hin-
weisen, der den Wert psychologischer Schulversuche Ton einer
anderen Seite iier belenehtet.
T)a/,ii erinnere ieh un Folgendes. Es ist ganz iiatihlicdi,
dass jeder normal Beaulagte, auch wenn er niemals physikali-
schen Unterricht genossen hat, eine ziemliche Menge physikali-
schen Wissens besitzt. £r weiÜ, dass Öl auf Wasser schwimmt,
dass die freie Oberflache einer Flüssigkeit eine Horizontale
bildet, dass ein nicht genügend unterstützter oder aufgehängter
Körper zu Boden fallt, und so vieles andere. Die unausgesetzte
Berührung mit der physischen Natur drängt ihm soläe Er-
kenntni?:se mit nnfehlbarer Nothwendigkeit anf.
Die p.^^yeliisclie Natur .steht ihm aber uniuittclbar näher,
und es ist daher seibstverstäudlich, dass auch sie der vorwisseu-
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über pnycbologiticbc Schul versucbti.
25
schafilielieii Erkenntnis reichlich Stoff bietet. So bringt der
OctaTaner in die erste Psychologiestuude die ganze, keineswegs
arme Psychologie des Alltagslebens mit. Aber in dieser Psycho-
logie fiiulen sieh neben wirklichen auch manche bloß vermeint-
lichen Erkenntnisse; und die zu beseitigen und zu corrit^iereu ist
mit eine Aulgabe des Unterrichtes. Das ist nun gerade auf dem
Gebiete der Psychologie eine besonders schwierige Aufgabe,
Denn es ist die unmittelbare Evidenz der inneren Wahrnehmung,
die, freilich mit Unrecht, auch für solche falschliche Erkennt-
nis insÜDctiv in Anspruch genommen wird, und jeder Wider-
spruch gegen diese auch vorwissensehaftlichem Denken sonnen-
klare firkenntnisquelle wird unyerstanden und ungeprüft bei-
seite geschoben.
Ich erinnere beispielsweise daran, wie schwer es ist, den
Anfänger zu der dem naiven Denken so paradox erscheinenden
Erkenntnis zu bringen, diiss es Vorstellungen, Emplindunjjeu
gebe, die ans irgend einem Grande unserer inneren Wuir-
nehmung entgehen, die unbemerkt bleiben und bleiben müssen,
sich dem UrUieile entziehen und in diesem Sinne unbewusst
genannt werden können. Ja, dass es objective Reize gibt,
die unserem ürtheile und unserer Empfindung entgehen, wohl
meist deshalb, weil sie zu schwach sind, das ist jedermann
wohlbekannt. Aber dass wir uns über Vorhanden- oder Nicht-
vorhandensein einer Kin))tindung, alho einer der inneren Wahr-
nehmung zugünglichen Thaisache unseres Bewusstseins, täuschen
können, davon wird sich der Anfänger durch bloße Worte nicht
leicht überzeugen lassen. ^Deine Rede ist hart, o Herr,'' wird
er sich denken und die Sache nicht gar zu ernst nehmen. Da-
gegen führt ein einfacher Versuch in handgreiflicher Weise
7ura Ziele. Ich lasse eine angeschlagene Stimmgabel verklinj^en
und gel)»' der Versuchsperson die Weisung, den Aurrpnblick. in
dem ilir (ier Ton völlig verklungen zu sein scheint und sie
keine Empfindung mehr zu haben meint, zu bezeichnen. In
diesem Augenblicke dämpfe ich die Stimmgabel. In der Regel
wird die Yersnchsperson an der dadurch Yorsichgehenden Ver-
änderung gewahr, dass eigentlich erst jetzt völUge Stille ein-
getreten ist und sie in dem von ihr bezeichneten Augenblicke
zwar thatsächlich noch eine Gehörsempfindung gehabt und nur
gemeint habe, keine inehr 7ä\ haben.
Ein anderer liiehergeiitu-iger Kall. Selbst nauiliaften Psycho-
logen von Fach hat es lange genug Schwierigkeiten gemacht,
einzusehen und zu/ugebeu, dass es nicht nur dem o])jectiven
R^ize, sondern auch der subjectiven Emptindunc ^ugcuiiber
eine ünterschiedssehwelle gibt, derzufolge zwei in Wirklichkeit
Tcrschiedene subjectiye Empfindungen unter Umständen als
gleich aufgefasst werden können, so dass wir uns in unserem
eigenen Urtheile über Gleichheit und Verschiedenheit unserer
eigenen BewusstseinstlKitsaclu'a täuschen. liei dem Anfilnger
Toilends, der noch mit den Schwierigkeiten der (irundbüätim-
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2G
Dr. Stephan Witasek.
mungen zu kämpfen hat, wird sieb diese Erketmtuis, denurt
absinket ge&SBt, gegeuüber der eatge^ngesetzteu lebendigen
Über/pngiinrr der Vulfrärpsychologii» nicht behaupten köiiuen.
Sie wird ihm, weim er überhaupt verstellt, was damit gemeint
ist, paradox und uusiniiig vorkommeu. bull man sie deshalb
aus dem Lehrstofle des Gymnasiums ausseheideu Ich würde
das für einen empfindlichen Verlust halten. Denn gerade sie
ist, wie nieht bald eine zweite, geeignet, einen lehrreichen Blick
in dag Getriebe unseres psychischen Lebens zu gewähren und
die Eiffenexistenz und reiatiTe Selbständigkeit des Urtlieils
gegenüber den Empfindungen erkennen zu lassen; sie ist vor
allem geeignet, die Bedeutung des Urtlieils als des zu den Vor-
stellungsthatbestünden neu hin/.ukonnnt'nden, die Erkenntnis
constitiiioreuden Factors in helles Licht zu setzen. So etwas
dari mau sieh nicht entgehen lassen, und man braucht es auch
nicht, wenn man nur die geeigneten DemonstrationsTersnehe
2uhilfe nehmen wilL Ich werde Ihnen ein ganz einfaches Ex-
periment zeigen, das zwar zu denken gibt, aber dafür auch
über die in der Sache liegenden Schwierigkeiten hinweghilft.
Sie, meine Herren, haben dabei nichts anderes zu thun, als in
einer Reihe von Tönen, die ich Ihnen angeben werde, je zwei
Hufeinnnderf olgende auf Gleichheit oder Verschiedenheit zu
prüleu.
( Ausführun*; des Versuches: Die Liuifgewichte einer Künig'schen
Stimmgabel werden succcssivc um ganz kleine, beiderseits gleiche Stück-
chen von oben bis unten binabgetwboben ond die iStimmgabfl wird bei jeder
Stellung angeschlagen.)
Sie werden mir auf (Tnmd Ihrer subjectiTen Wahr-
nehmung gewiss zugeben: Die Töne waren einander gleich,
leh will nun nochmals den letzten Ton der Heilu* — und
den . rsten augeben. Sie liüren. dass die beiden ir»ii<' sehr
merkücü von einander verschieden sind. Was folgt daraus?
Wir haben eine Reihe von Tönen t^ gehört und ge-
funden, dass = B= ^, SB und das Bewnsstaein
des psychologisch Naiven nimmt es damit als ganz selbst'-
verständlich an, dass, wenn auch diese Gleichsetzung den ob-
jectiven Tönen gegenüber eine irrthümliche sein sollte, so
doch gewiss die Empfindungen e, - ~ ~ — f. sind,
also aueh f, - - . Hei uimiittflbairr Aufeinanderfolge der
beiden Tüne und ' , sind w ir jedocli mit voller Sicherheit zum
Lrtheile gekommen , .sonach auch ..d c.^ ^ e^, emem
Urtheile, das dem vorhin deducierten et e^ widerspricht.
Nur eines von beiden kann wahr sein, und wenn wir schon
einem raisstrauen müssen, so kann es nur das Gleichheitsurtheil
st ill. Es ist also wirklich e, ^e^. Dann kann aber auch nicht
die (ileiehungsreihe ~ — = = f. gelten, es muss
vielmehr weinirstens eine von di<"=eii (ileichnnn;en falsch und
durch eine L ügleiclunig zu er>:* l /.. u sf'in. l)a< lieilU also: Die
Empiiuduugen, die wir für gleich gehalten haben, waren thatsäch-
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über pHj'cbologi^iche Schul veraache.
27
Hell nicht gleich, sondern Teracliieden. Und damit ist diese sonst
80 Bchwerfassliche Erkenntnis geradezu handgreiflich gemacht
Das eben Torgewieseue Experiment hat noch eine audere
gate Seite; Es re^ in hohem Grade zur Discnssion an. So liegt
es z. B. nahe, in relativistischem 8iuue einzuwenden, er-
scheine eben nach /, aiidors als nnrh i*,. X\\r]\ da ist es wieder
eine experimentelle \ enuistaltiiug, die den Gegenbeweis bringt:
Die Tonreihe /j überzeugt nämlich deutlich genug von
der Unrichtigkeit dieser Behauptung.
Welch hohen Wert das Discatieren für die Erziehung von
Intellect und Charakter besitzt, verkennt wohl niemand, und
der Lehrer wird daher solche Gelegenheiten nicht ungenützt
vorübergehen lassen; er wird vielmehr die Vorführun<T von
Experiment und Demonstration auch dann für erwünscht er-
achten, wenn sie nur dieser Absicht dient. Um wieviel leichter
spricht sich z. B. über die Cüutra.sttTscheiuuugen . wenn man
sich nicht mit todten Worten begnügen muss, sundern die
lebendige Anschauung davon vor Augen und in Händen bat.
Dazu brauchen wir aber gar nicht die kostspieligen Mittel einer
Hering'schen Fenstereinrichtung oder eines Projectionsapparates,
die den Contrast freilich außerordentlich frappant und prächtig
zu zeigen gestatten; wir wollen ihn nur überhaupt sehen, und
dazu ^^enügt schon diese einfache TntVl . die ich Ihnen hier
vorleg»'. Sie sehen darauf roth»' und grüne StreifV-n; wenn Sie
aber das durchscheinende Pjipier. mit dem sie überden kt ist.
lüften, so werden Sie zu Ihrem Erstaunen bemerken, dass üieh
gran and grün darunter befindet. Die bekannte Gombination
graner Hinge auf verschieden farbigem Papier leistet Ähnliches.
Mit ebenso einfachen Mitteln lässt sich der successive Contrast
demonstrieren; beliebige farbige Zeichnungen auf hellem oder
dunklem Grunde, mit einem Fixationspunkte versehen, bieten
alles, was wir bninchen. — f)ie Erscheinungen des sncressiveii
Coulra^trs kruint n bekanntlich auch zur Demonstration and< rer
Thatsaebeu herungezogen werden. Nimmt man mit primär ge-
stellten Augen von einem aufrechten, rechtwinkligen rotheu
Kreuze das X^achbild und projiciert es nach seitwärts oben oder
unten, so sieht man es schiefwinklig; der beste und handgreif-
lichste Beweis dafür, dass für unsere visuelle Kaumauffassujig
die räumliche Vertheilung des Reizes auf der Netzhaut nicht
allein maligebend ist. Auch andere Grundlagen der Theorie vom
räumliehen Sehen lassen sich mit ähnlich einfaelu n Mitteln zur
Anschanujjg bringen. Di^ Demonstration des Gesetz 's von den
identibchea Sehrichtungt.n erfordert nur ein Fenster mit freier
Aussicht, und wo das nicht zur Verfügung steht, leistet eine
Glasscheibe mit zweien an der Wand angebrachten farbigen
Kreuzen den gleichen Dienst. Ebenso erinnere ich an die inte-
ressanten sogenannten geometrisch-optischen Täuschungen, deren
Besprechung durch ilire Vorführung auf Wandtafeln außer-
ordenthch belebt und gefördei-t werden kann.
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28 Dr. Stephan Witasek. über p^«>-cbologi8che SchnlTenuche.
Meine Herren! Ich hatte nieht die Absicht, Ihnen Experi-
mente gleichsam als Vorlagen vorzumachen oder eine Liste der
für das Gymnasium in Betracht kommeudon Schulversuche zu
cebeii. Denn al>n'e.<ehen davon, dass ich mir nicht anmaße, Sie
darin belehren zu künneu, wäre es schon deshalb ein unersprieß-
liches Begiuuen, weil sich aus der Entfernung von den im
einzelnen überall verschiedenen Verhältnissen des SchuUebens
eine Anleitung in Form von völlig durchgeführten Experimenten,
die dabei naturgemäß bis ins Einzelne bestimmt sein müssen,
nieht geben lasst. Der Lehrer wird bei der Auswahl und Durch-
filhmng der Versuche die jeweiligen zeitlichen und örtlichen
Verhältnisse berücksichtigen müssen. 9r wird sehen, was ihm
an Apparaten das physikalische Cai)inei zur Verfütrung stellen
kann, er wird vor allem auf die momeutaneu Bedürfnisse der
Clasbe achten und es immer mitgrüßter Befriedigung begrüßen,
wenn der Vorsehlag zu einem Versuche aus der thätigen Mit-
wirkung der Schüler selbst hervorwächst. Also eine ins Einzelne
gehende Anleitung hätte keinen Sinn. Doch glaube ich, den
ledttrfnissen mancher Praktiker Rechnung zu tragen, wenn ich,
wie ich es beabsichtige, eine knappe, übersichtliche Zn!?animen-
stellung von psychologischen Öchulversuchen mit kurzen Be-
schreibungen und Angaben der Apparate in Form eines kleinen
Büchleins abfasse; was die Apparate anlangt, so hat sich bereits
die Firma Kohrbeck in Wien erboten, sie zu ganz mäßigen
Preisen auf Lager zu halten. — Hier aber war es, wie gesagt,
nicht meine Absicht, Ihnen eine solche Liste zu geben. Ich
wollte vielmehr nichts anderes, als Ihre Aufmerksamkeit wieder
einmal auf die experimentelle Seite der Psychologie lenken und
Ihnen die Grundlosigkeit aller Bedenken gegen die Durchführ-
barkeit und den Wert psvehologischer Schulversuche ffff nrytlos
demonstrieren. Ich holl'e, dass mir dies gelungen ist; und
wenn es mir auch nicht zusteht, diesem Erfolge durch einen
im Sinne meiner Ausführungen zu stellenden Kesolutionsantrag
die äußere Form zu geben, so ist es mir doch ein angenehmes
Bewusstsein, dank Ihrem freundlichen Entgegenkommen in
meiner W' eise zur Förderung dieser der Förderung so würdigen
Angelegenheit beigetragen zu haben.
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A. liomanovskj. Über die Beobachtung in der äcbulo. 29
Ober die Beobachtung in der Sehule.
Vortrag TOn Prot A* Ronuuiovsky, gehalten im Yefeine «Bukowiner
Mittelschule" in Gsernowitz am 18. November 1897.
Meine Herren! Nachdem Sie alle seit Jahr und Tm^ an so
wichtigen, oft schwierigen Aufgaben unseres Vereines, <&e zum-
theil Btandesfragen betrafen, unverdrossen mitgearbeitet habeu,
will ich heate keine weltstOnnende Frage anfwerfen, ich will
das neue Vereinsjalir in viel boscheidonerer Weise inaugurieren.
Gestatten Sie mir, meine Herren, da.ss ich Sie hcnfp mitten
unter die iSchuljugeud, in die Classe führe: das ist ja der Tempel,
in dem wir die hohen Priester sind.
Das, was ich Ihnen bieten werde, will durchaus nicht eine
erschöpfende Darstellung des Gegenstandes sein; ich werde
sehr zufrieden sein, wenn es mir gelingen wird, einerseits ge-
zeigt zu haben, dass man der jungen Seele des Schillerit von
verschiedenen Seiten beikommen sann, anderseits zum um-
fHH<;enderen Stadium der einschlägigen Literatur angeregt zu
haben.
Der Gegenstand, dessen Behandlung ich in Angrifi' nehme,
ist keinem Lehrer unbekannt. Jeder Lehrer beobachtet die
Jugend: der eine begnügt sich, zu wissen, ob der einzelne
Schüler begabt und fleißig ist; der andere forscht mehr nach
dem urräehlichen Zusammenhange der psychischen Erscheinun-
gen. Es gibt aber auch Lehrer, die ihre Aufgabe so auffassen,
dass sie nur dazu berufen sind, ihre Wissenschaft v.n lehren;
im übrigen überlassen sie das Kind seinem iSchicksale. Findet
ein solcher Lehrer etwa, dass ein Knabe faul ist, so sorgt er
Tor allem dafür, dass derselbe als lästiges Element baldigst
ausgemerzt werde. Ich meine aber, dass er oft dem Kinde, den
Eltern gegenüber ein Unrecht thut und dem Staate gegenüber
eine Unterlassungssünde begeht. Meines Erachtens ist die Auf-
gabe des Lehrers, und insbesondere auch des Mittelschullehrers,
mit der eines Arztes zu vergleichen. Da heißt es nun, zu for-
si heii. wo das Übel steckt, welelies seine Veranlassung ist, und
wie künute die Heilung herbeigeführt werden. Es gelingt die
Heilung^dem Lehrer freilich nicht immer, auch dem Arzte
nicht. Warum? Vielleicht hat man eben beiderseits schlechte
Diagnose gestellt oder nicht die richtigen Mittel angewendet.
Man hOrt wohl auch, dass dieser oder jener Patient von seinem
Arzte zu Tode curiert worden sei: mit einem solchen Arzte ist
jener Lehrer vergleichbar, der ohne viel Federlesens das Uadical-
mittel der Beseitigung in Anwendung bringt. Man darf nicht
vergessen, das6 auch die Psyche manchmal bei Kindern au
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30
A. RomanoTsky.
einem schleichenden chronischen Übel siecht, fliiss sie es oft erst
nai'li Jahren über^vindet, worauf sie sich dann umso schöner
entwickelt. Man hat daher nur für günstige Bediugimgen zu
sorgen, die den Reinigun«jfsprocess unterstützen.
Unter der Lehrerschait hört mau oft über Undankbarkeit
der Schüler klagen. Nun, ein Kind, welches von der Natur
mit den schönsten Gahen des Geistes ausgestattet ist, verdankt
dem Lehrer eben nicht viel. Wirkliches Verdienst ist nur dort,
wo es Mühe gekostet hat, das Kind xnr Selbstüberwindung,
Pflichttreue, Fleiß, oder wie die Eigenschaft sonst hellJeu mag,
anzuleiten: dauu fasst nber aiieh die Daiikburkpit unwillkürlich
feste ^Vurzelu im Herzen des Kindes. Würden nur von der
Natur best ausgestattete Kinder in die Mittelschule kommen,
dann brauchten wir überhaupt keine Pädagogik, keine Methodik,
dann wäre vielleicht sar auch der Lehrer unnöthig.
Die richtige Beobachtung der Jugend um&sst also: die
thatsächliche psychische Erscheinung, ihre Ursache und
nöthigenfalls die Heilung.
Die Heobaclituiig der der Mittelschule aiivertraiitoTi Jugend
ist nicht so leicht, wie nmit von vonilierein anzunehmen ge-
neigt sein könnte. Ein zehn- bis zwölfjähriger Knabe hat Welt-
kenntnis genug, um sein inneres Wesen nicht oileii zur Sehau
zu tragen; auch aus dem Einvernehmen mit seinen Augehui igen
ist nicht viel Ersprießliches zu erwarten. Der Lehrer ist in
diesem Punkte ganz und gar auf sich angewiesen. Nach unseren
Schuleinrichtungen kommt der Lehrer außerhalb derClassennr
selten in die Lage, mit seinen Schülern zu verkehren, um sie
näher kcniiHii zu lernen, und in der Classe selbst kann sich
die Beobachluuf;: nur auf wenige Eigenscliaften beschränken.
Überdies setzt nainentlieli der der Bequemlichkeit fröhnende
Schüler seine ganze Erliudungsgabe darein, den Lehrer von der
richtigen Spur abzulenken. Gestatten Sie mir, meine Herren,
einige solche Typen ans der Schule vorzuführen.
W^em ist nicht jener perfecte Stotterer bekannt, der nicht
ein Wort herausbringen kann, der dem Lehrer ein tiefes Mit-
leid einfloßt, der aber außerhalb der >^t'liule ein -wahrer Parla-
mentarier istr' Wem ist uicht jener Schüler bekannt, der zwar
nichts weiß, aber doeh stets die Hand oben hat, sich vordriug-
lich meldet, der die Gesetze der Wahrscheinlichkeitsrechnung
genau kennt und es gern riskiert, j^tU gentlich keine Antwort
zu geben, wenn er einmal doch anfcerufen wird? Wer kennt
nicht den Schüler, der im großen Eifer die Lippen in Bewegung
setzt, als ob er die Lection im Geiste herunterrecitierte, in der
That aber nicht das erste Wort davon gelesen hat? Jeder von
Ihnen, meine Herren, weiß aus der täglichen Praxis, wie un-
versiegbar die (^{uelle der Kuiistrrriß'e der Jugend ist, die alle
darauf berechnet sind, die Beurtheihing des Lehrers irre ku
lübren. Dass auch ein älterer Lehrer gegen alle Täuschung
nicht gefeit ist, wird wohl jeder gern zugeben.
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über die BeoUachtung in der Schule.
Ein breiteres Feld der Beobachtung eröffnet sich g* geu-
wärtig dem Lehrer auf dem Spielplatze: hier wird man leicht
den Umsichtigen von dem Voreiligen und Unbesonnenen, den
Erfinderischen von dem Nachahmenden, den Tapftü * n von dem
Feigling, den Ziinker Yon dem Friedensstifter, den Egoisten
von dem auf das Ganze Bedachten ii. s. w. unterscneiden
lernen. T)ie Beobachtung ist dabei aber immer noch von Zu-
fällen abhängig und insbesondere unsystematisch. Ich will nun
einige Beispiele aufiCLhren für eine planmüßige psychologische
und physiologische Beobachtung.
Eine systematische Beobachtung der Kinder habe ich während
meines Aufenthaltes in Cambridffe in den Sommerferien 1896
auf der dortigen Lehre rinnenbiloungsanstalt vorgefunden. Die
Leiterin dieser Anstalt Miss Hughes lii.N.sfc jede Probecandidatin
eine kleine Anzahl iSihüleriunen wählen, die sie besonders zu
beobachten hat. Da die Seliulen in England zum grcißten Theile
Internate sind, haben die Lehrer und Lehrerinnen leichte Arbeit,
die Kinder auch beim Studieren au beobachten; da wissen sie
freilieh bald, wie sich jedes Kind die Arbeit eintheflt, wie viel
Zeit es zur Anfertigung seiner Aufgaben yerwendet, wie es mit
der Selbständigkeit bestellt ist u. dgl. Außerdem beobachten sie
die ihnen anvertrauten Kinder beim Spiele und beim Spazier-
gange. In dem erwähnten Institute nehmen die Candidnt innen
ihre Pflegebefohlenen wohl aueh auf ihre Zimmer, um den
Kindern mehr \'erlrauen einzuflößen. Dabei notieren sie aufs
sorgfältigste ihre Beobachtungen in dazu bestimmten Heften,
welche der Leiterin behufs Prüfung, Besprechung und Richtig-
stellung Yoreelegt werden. Es ist nun klar, dass bei einer so
vielseitigen Beobachtung die ganse Seele des Kindes allmählieh
offen zutage tritt. Sie nat aber auch ihre Mängel: Tor allem
sagt sie dem männlichen Charakter des Lehrers wenig zu; und
dann büßt sio dadurcli an Unbefanrrenheit seitens der
Candidaiinnen ein, daj>s diese, wie sicli das Fräulein LeittM-in
ausdrüciite, dabei selbst Gegenstand ihrer Beobachtung sind.
Jedenfalls aber haben die Collegeu der englischen Mittelschulen
durch das Zusammenwohnen und durch die Stellung der Spiele
in der Jugendendehung eine viel größere Möglichkeit der Be-
obachtung als wir und können aus dem Umstände, dass ihnen
der Charakter und die Fähigkeiten der Schüler offen stehen,
für ihren Beruf als Erzieher und Lehrer viel Nutzen ziehen.
Nach unseren iSchuleinrichtungen scheint es umsomehr ge-
boten, nichtb aulieracht zu lassen, waa zur tieferen Kenntnis
der Seele des einzelnen Kindes beitragen kann.
Neuerdings sind verschiedene Versuche angestellt worden,
um ziffermäßig den Grad der Fähigkeilen zu bemessen. In erster
Linie verdient die Schrift Kraepelins „Über geistige Arbeit^* ge-
nannt zu werden.
Emil Kraepelin, Professor der Psychiatrie in Heidelberg,
untersucht die Ermüdbarkeit, um die geistige Tragkraft
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32
A. Romanovsky.
des Individuums zu ermitteln. Dabei bedient er sich folgender
Methode: er Itat von einer Ansahl janger Leute ganz einfache
Aufgaben losen, z. B. fortgesetztes Addieren einstelliger Zahlen.
Alle fünf Minuten ertönt eine Glocke, bei welchem Zeichen die
jangen Leute hinter der zuletzt addierten Zahl einen Strich zu
machen haben. N.u h HeeTidij?nn<» des Versuches kann leicht
festgestellt werden, wie viele Zahlen in je fünf Minuten von
den einzelnen Personen addiert werden : das ist die individuelle
Arbeitsgeschwindigkeit. Bei wiederholten Versuchen ergibt
sichf dass die Arbeitsgeschwindigkeit durch Übung gesteigert
werden kann, dass diese Steigerung aber individuell bestimmte
Grenzen hat: das ist die individuelle Übungsfähigkeit. Die
Steigening der Ubungsfähigkeit wird wiederum durch die
Wirkungen der Ermüdung allmählich beeinträchtigt bis zur
Leistungsunfähigkeit. I)as Verhalten des Individuums zur
Ermüdung gibt den Grad der persönlichen Ermüdbarkeit.
Das Product dieser Factoren ergibt die Leistungsfähigkeit
des einzelnen Menschen.
Wenn es dem Forscher auch im großen und ganzen geinnffen
ist, den Weg anzudeuten, um geistige Eigenschaften ziffer-
mäßig darzustellen, so können wir diese Untersuchungen doch
nicht für abgeschlossen betrachten, da er viele Factoren der
persönlichen Begabung außerficht ließ: er beschränkte seine
Untersuchungen auf di»^ (Quantität . während doch die Qualität
der Arbeit nicht minder aiisschl:te<_:*'ljeiRl ist. Bei der Ermüd-
barkeit ist das Verhältnis des ludn uliiunis zu der zu leistenden
Arbeit auch in Rechnung zu bringen, denn die Lust des In-
dividuums steigert die Leistungsfähigkeit und hemmt die Er^
mfidung. Empfindet das Individuum Unlust bei der Arbeit,
tritt natürlich ein verkehrtes Verhältnis ein. Und welcher
geniale Mensch wurde bei fortgesetztem Addieren einstelliger
Zahlen nicht Unlustgefühle empfinden? .Jedenfalls ist es sehr
ewasft, den Geist an Ueistlosen] zu messen. So ist denn
em Korscher der Widerspruch nicht erspart jreblieben: es ist
eine Flut von Entgegnungen veröffentlicht worden, von denen
mir die von Dr. Gustav Biehter in den ,,Lehrproben und Lehr-
gängen" im 45. Hefte unter dem Titel „Unterricht und geistige
Ermüdung" als die verdienstlichste erscheint.
Wer sich um diesen Kampf interessiert, dem empfehle ich
ander der genannten Schrift von Kraepelin noch „Zur Uber-
bürdungsfrage'' und ^Zur Hygiene der Aile it'' von demselben
Gelehrten, dann ^Der Stundenplan, <'iii Taj^itel ans der päda-
gogischen Psychologie und Physiologie" von Schiller zur Leetüre;
das letztere Werk bildet das 1. Ilelt einer vielversprechenden
Sammlung von Abhandlungen aus dem Gebiete der pädagogi-
schen Psychologie und Physiologie.
Während Kraepelin seine Beobachtungen an jungen Männern
,'in-ti«llte, untersuchte Leo Burgerstein in Wien die Ermüdbar-
keit der Schulkinder, indem er die Schüler vier Reihen von
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über dw Beobachtung in der Scbole.
33
geläufigen Rechenaufgaben arbeiten ließ; für die Ausarbeitung
jeder Reihe waren zehn Minuten aujB;esetzt, nach jeder Reihe
trat eine Pause tou fünf Minuten em. Auf diese Weise war
eine Ton Viertelstunde zu Viertelstunde waehsende Steigerung
der Arbeitsgeschwindigkeit zu constatieren , welche jedoch in
der Mitte geringer war als im ersten und letzten Theile des
Versnehf^«!. Aneh in Bezug auf die Qualität konnte in der Mitte
der Arbeit die grüÜie Anzahl der Fehler testgestellt werden.
Neuerdings sind zahl reiche Untersuchungen dieser Art von
Lehrern in Deutschland unbestellt worden, welche meist andere
Resultate ergaben: eine bis zn Ende der Stunde steigende
Arbeitsgeschwindigkeit bei einer noch starker anwacnsen*
den Entwertung der Leistung.
Indem nun Kraepelin aus seinen und Burgersteins Be-
obachtungen Schlüsse zieht, will er für die Schule längere und
öftere, gegen das Ende der Unterrichtsze it zunehmende Pausen
eingeführt wissen, um die Leistungslüliickeit der Schüler auf-
recht zu erhaltf^n. Soweit kann man sie Ii damit einverstanden
erklären. Wenn Kraepelin jedoch aus seinen Beobachtungen
folgert, dass, wenn die Sehüler bei dm sewöhnHeben Sebul-
unterrichte schon nach der ersten Viertelstunde Zeichen der
Ermfidung zeigen, sie nach einem mehrstündigen Unterrichte
völlig geistig erschöpft sein müssen, so kann diese Folgerung
ans (lfm Grunde nicht richtig sein, weil die Aiisarbeitiinj:^ von
ein tr.rmigen Aufgaben, wie sie von Burgersteiu und Kraepelin
gf^stellt wurden, dem gewöhnlichen Schulhetriebe gar nicht
entspricht. Der abwechslungsreiche methodiache Unterricht des
Lehrers sorgt dafür, dass nicht eine und dieselbe Gehh'npartie
während einer ganzen Stunde in Thätigkeit trete, wie es bei
den genannten Aufgaben der Fall ist. Während der Schüler
bei jenen Versuchen mit Widei-willen schaffend erscheint, ist
er in der Schule meist freudig aufnehmend. Dieser Unter-
schied scheint mir bis jetzt überall übersehen worden zu sein.
Hiemit soll das Meritorische der genannten lieobaclitungen
diuehaus nicht geschmälert werden. Icli glaiil)e aber, dass der
Lehrer bei jeder gelieferten Schulautgabe ( weniger bei Haus-
aufgaben!) — woKm die Menge der Correcturen ihn daran
nicht bindert, in welchem Falle die Arbeit nothwendigerweise
ganz mecbaniseh TOrsichgehen inuss — ähnliche Beobachtun-
gen anstellen kann, was den Vortheil noch für sich hat, dass
der Sehüler <^ich dabei nicht als Yersuchsobjeet fühlt und sich
somit fjibt wie er ist.
Die Antwort auf die Frfige. warum es von gröliter W ichtig-
keit ist, die Ermüdbarkeit der Jugend m studieren, ergibt sich
sofort, wenn m,ia vom Psychischen auf das Physische übergeht:
wie ein körperlich schwacher Mensch schneller ermüdet als ein
sterker, so weist auch die schnellere geistige Ermüdbarkeit auf
geringere geistige Kräfte hin. Hier drängt sieb nun die Frage
anf: Was ist die Ermüdung? Darüber sagt Dr. Richter in dem
„Ovtcrr. SlUtoiiichalp". XII. Jnbrff. 3
Digitized by Google
A. BomanoTsky.
erwähiitcu Aufsätze^ indem er sieb auf den beriilimten italieui-
scken Physiologen Prof. Mosso aus Törin stfttzt: „Nach der
Auffassung der heutigen Physiologie beruht der ErmQdungs-
zustand auf Vorgängen cbenuseher Natur in den orgamsehen
Zellen. Im arbeitenden Muskel werden Auswurfstoffe erzeugt,
welche giftig sind. Je kräftiger die Gehirnthätigkeit, dfsto
reichlicher sind ilie Ausschwit/ungen der (Tehirri/.elleu. Ihre
Umgebung wird dadurch vürimreiuigt, die btoÜe gelangen in
das Blut und treten cireulierend mit den Nerven uud Zellen
anderer Kdrpertheile in Berührung. Mit Hilfe des Sauerstoffes
werden ■» L Blute rerbraiuit Mier Ton der Leber >erst6rt
oder mittelst der Niere ausgeschieden. Wenn diese Zerfallstoffe
sich im Blute anhäufen, fühlen wir uns ermüdet, überschreiten
sie die physiologische Grenze, so werden wir krank." Mosso
weist übrigen« Tinch, dass die Ermüdung kein partieller, son-
dern ein allgemeiner Zustand des Menschen ist, so zwar, dass
kr>rperliclie Ermüdung auch die geistige Arbeitsfähigkeit be-
einträchtigt uud umgekehrt. Uud in der That, welchem geistig
Ermüdeten liest man die Ermüdung nicht aus dem Gesichte
heraus! So hat es denn auch nicht an Versuchen gefehlt, die
geistige Ermüdung am Körper zu coustatieren. So hat Kemsies
m Berlin mit Hilfe d* i Ergügrapheneurren nach Unterrichts-
stunden, wek-lie stärkere Anforderungen an die geistige Thlitig-
keit der Schüler stellen, eine deutliclie Herabsetzung der Mii^lcel-
kraft nachgewiesen. Griesbach wiederum hat zu denif,*lbeu
Zwecke und mit überraschendem Erfolge die Uautemptiudlich-
keit mittelst des Tastzirkels geprüft und ^glaubt in dem klein-
sten Abstände, der gerade noch swei Berührungsempfindungen
ei'zeugt, ein Maß für die Größe der jeweiligen firmfldun^ ge-
funden zu haben^. Je größer die Ermüdunff, desto weiter
müssen die Spitzen des Tastzirkels von einander entfernt wer-
den, um getrennte Eindrücke /n erzeugen. Diese nach-
gewiesene Abnalinie der Hauteniprindliclikeit «etzt eine ge-
ringere Haiitth;Uio;keit voraus. Es iüt interessant, zu erfaliren,
dass nach dieseu Messuugen die Mathematik uud — das Turnen
gleich den Zustand der AUgemeiuermüdung herrorbriugeu.
Wenn der Lehrer über die allgemein geistige Kraft oder
Leistungsfähigkeit des Schülers im klaren ist, kommt es darauf
an, wie es mit jenen besonderen Gaben bestellt ist, die seinen
be.>«onderen Gegenstand angehen: Ansehannng, V^orstelluug,
Urtheil, Gedächtnis u. s. w. Die genaue Kenntnis des Ge-
dächtnisses erscheiut mir für die allgemeine lieurtheiluug
des Schülers von höchster Wichtigkeit. Ich pllege in meinen
Unterrichtsstunden oft das neue fremdsprachliche Stück mit
den SchUleru gleich in der Schule zu memorieren und sehe so
augeublieklieh, welche Schüler leicht memorieren und welchen
es größere Mühe kostet. Desgleichen erachte ich es für nöthig,
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über die Üeobachtang in der Schule.
35
sich von der Gedaehtnis treue za Qberzeugen. Was die be-
sondere Begabung der Schiller für meinen Gegenstond an-
langt, finde ich dieselbe oft aus einem einfachen Gespräche iu
der Unterrichtssprache: eine gewisse epische Behaglichkeit in
der Dnrstellung ist für die Aneignung fremder Sprachen un-
bedingt uoth wendig. Von dieser Begabung ist jene für die
grammatische Betrachtung im allgemeinen genau zu unter-
scheiden. Mau kann ein perfeeter Linguist und Philologe sein,
ohne es je zum Sprechen einer fremden Sprache zu bringen.
Der berühmte Begründer der romanisehen Philologe Friedrich
Diez hat alle romanischen Sprachen gründlich gekannt, ohne
sich auch nar in einer einzigen leidUä fließend ausdrücken zu
können.
Fernerhin mns3 jeder Lehrer beobachten, ob die Vor-
stellung langsam oder schnell, oh die Keproduction leicht oder
schwer sich vollzieht, ob Spracharinnt oder Sprachreichthum
vorhanden ist, ob die Begabung nach, irgend einer Seite prä-
ponderiert u. s. w.
Wenn auch den Lehrer die Leistunjo^sfähigkeit und
die Begabung des Schülers im allgememen am meisten'
interessiert, wozu er leichter Gelegeimeit beim Unterrichte
findet, so dürfen die anderen Sphären des Geisteslebens des
Schülers vom erziehlichen »Standpunkte nicht übersehen wer-
den: die Beobachtung muss sich ebenso auf das Gefühl und
den Willen, beziehungsweise die Bethätigung desselben beim
Handeln erstrecken.
In die Sphäre des GefUhles gehören folgende Erscheinun-
gen, die jeder Lehrer beim Unterrichte oft wahrnimmt, ohne
sich mit einem Schüler besonders zu beschäftigen: Erröthen
und Verlegensein, Augenleuchten, Aufsteigen Yon Thräuen,
Htirnrnnzeln, Umschwuncr in der Stimmung, Angst und Sorge
in Gesichtszügen, Verwunderung, Unruhe und regungsloses
Dasitzen. Im Verkehre ist zu beobachten: der Grad der Er-
regbarkeit und ihre Nachwirkung, Neigung zur Zärtlichkeit,
Abneigung für Dinge und Personen, Lannemiaftigkeit, Lachen
u. s. w.
Bei der Beobachtung der Bethätigaug des Willens im
Handeln kommen in Betracht: der Sammeltrieb, die Äußerung
des Entschlusses, die Ausdauer, die andauernde Beschäftigung
mit einem Gegenstande, Ordnungsliebe, bewusste und unbewusste
Nachahmung, Geschicklichkeit und Ungeschicklichkeit, leises
oder ])estimmtes Sprechen und scldeichender oder selbstbewusster
Gang, Beherrschen des körperlichen Schmerzes durch Zusammen-
beißen der Zähne und Unterdrückung des Thränenergnsses
u. 8. w.
Im letzten Theile sind wir vielfach aus dem Gebiete des
Psychischen in das Physisch«' Ubergegangen. Wir haben auch
gesehen, dass es gelungen ist, die geistige Kraft mit dem — ►
Zirkel abzumessen. In der That wäre die Beobachtung der
8*
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36 A. EomanoTsky.
Jugend imTollkommeD, wenn wir das physische Moment außer-
acht ließen. Kein sagt darüber in seinem „Encyklopädisehen
Handbuch der Pädagogik*^: „Bei der steten Weehsel Wirkung
zwischen Leib und Seele miiss auch dtt*; <Tanze kÖrperlii-he Be-
finden <^('^ KiTides in die Beobachtuuo- i labczocjen \v(M-(leii, also
ist neben die psycholof^ische auch die physiologische Heobachtuug
zu stellen. Es darf nun der Erzieher niciit bloÜ darauf ausgelien,
die beiden Gebiete getrennt von einander zu beobachten, s>on-
dem muss womöglicn die Fäden aafsuchen, die herüber und
hinüber führen, &s GausalTerhaltnis zwisehen beiden feststellen.
Bei dem unahzw ei fei baren Parallel ismus, der zwischen pSTchi-
Schern und physischem Geseheheu besteht, sind diese Öeob»
achtungeu von größter B»'(hMitnnir Beispiele dafür gibt es
schon in Menge: leise verschwommenes ►'Sprechen deutet auf
einen schwachen Willen; gewisse Nasenkrankheiteu geheu
parallel mit Begriffsstutzigkeit; Trägheit ist oft nur Uirumüdig-
Keit, Schwerhörigkeit beding Unaufmerksamkeit." Im Jahr>
gauge 1896 der nier erseheinenden „Pädagogischen Blätter''
nnden die Wirkungen der Nasen- und Ohrenkrankheiten bei
der Schuljugend eiue fachmännische Besprechung, worauf ich
die sich dafür Interessierenden verweise.
Solche physiologische Beobachtungen werden, dank den
Bemühungen des Physiologen Dr. Francis Werner, im großen
Maßstabe in England angestellt. Im Sommer 18*JB hatte ich
Gelegenheit, deu Mann, sowie seine Methode der Beobachtung
in einigen Vortragen und den daran geknüpften Demonstra-
tionen an Schulkindern kennen zu lernen. Seine Methode der
Beobachtung hat er für Lehrer klargelegt in der Schrift:
„The Chüdren: How to study lAsn?", und über die Ergebnisse
seiner vieljnhrigen nt'scliäftigur^o' rmt «lern Gegenstande berichtet
er iu ^iieport im ihf SriejUiJic Stnti»/ <>f fhf Mcnfrd and Physirnf
Conditions of (Jii/</l>aod'\ Außerdem hat er „Anatomy of move-
ment" geschrieben.
Dr. Werners Beobachtungeu haben denGesammtausdruck
zur Grundlage. Diese Methode mag dem Uneingeweihten be-
denklich erscheinen, sie beruht aber nichtsdestoweniger auf
wissenschaftlicher Basis, und die Richtigkeit derselben wird
gewährleistet durch den Namen Werners, der ehemals Arzt
eines Kinderspitals in London war und jetzt eine Lehrstelle
der mt'difinischcji Schule daselbst bekleidet: es sind von ihm
im Laufe der Jahre uicht weniger als l(K).t)ÜÜ Schulkinder in
London beobachtet worden. Im übrigen pflegen wir ja auch den
Menschen nach seinem Gesammtausdrucke, Gang, Sprache, Be-
wegung u. s. w. zu beurtheilen, es geschieht aber ohne System,
unbewusst, daher oberflächlich, unsicher und unwissenschaftlich.
Aiit-li <ler Künstler legt seine ganze Kunst in den Ausdruck
und Kiiriu rhaltnng, und der Kenner liest seine Idee aus der
Statue mit Sicln'rlieit heraus. Sovi<»l muss zug^'^'tnndeu werden,
dass, soweit der Uesichtsausdruck in betmcht kommt, diese Ai*t
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tber die Beobacbiang in der Schule.
'61
der Beobat-hiung bei jüngeren Schülern leichter anwendbar ist,
wo das Kiud Verstellung noch nicht gelernt hat: mit fort-
flchreitendeti Jahren, der damit yerbimdeneii Erfahrung und
Menschenkenntnis lernt man freiUch seine Regungen za ver-
bergen; aber der verschmitateste Politiker kann ein Auf-
blühen in den Au^en oder ein Zusammenziehen der Augen-
brauen nicht uutercTrücken, wenn er entdeckt, dnss seine go-
ht'iinen Pläne durchblickt werden. Nun tusst ;il»f>r ^Veruer den
Ausdruck ^Physiognomik" im weitereu Sinne, milem er darunter
nicht nur das weite Gebiet der Phrenologie, sondern auch die
Entwicklung, Ernährung, Haltung und Balancierung des ganzen
Körpers versteht.
Angerefft durch Werners V ortr^e habe ich nicht nur seine,
sondern auch andere einschlägige Werke studiert und will im
folgenden einige Bät/x* herausnebeu.
So wie sicii nicht ganz gleiche Gesichtsbiklnng bei ver-
schiedenen Menschen vorfindet, so ist aueii ihr Geist mannig-
faltig beschaffen. Der Geist und der Korper bilden aber so
innig ein einheitliches Ganze, dass der Kenner aus der be-
sonderen Beschaffenheit der einzelnen Theüe des Körpers so-
wohl auf den gesammten Kdrperbau als auch auf die geistige
Beschaffenheit sichere Schlüsse ziehen kann. Von diesem
•Standpunkte aas hat die Phrenologie allerdings ihre volle Be-
rechtigung; bei dem complicierten Systeme des menschlichen
Körpers und der nicht minder verzweigten Bethätigunp; des
Geij-tes <xv]\i die Physiognomik, die nicht nur den Kopf, sondern
den ganzen Menseln ii ins Auge fasst, sicherer. Den innigen
Zusammenhang des inneren und äuileren Menschen bestätigt
der berühmte Dr. Lahmann in folgenden Worten : „Entwickelungs-
geschichtlich haben sich das Gehirn, das Gehörorgan, das Seh-
organ, die Zähne und die Haare wie die Haut überhaupt aus
ein und demselben sogenannten äuüeren Keimblatt gebildet, sie
sind also fjleichwertig. Für mich bestellt ein untrüglicher
Sehluss von den sichtbaren Organen auf das unsichtbare Ge-
hirn. Wer tadellose Augen, Ohren, Zähne und Haare hat, der
hat auch ein gutes Gehirn; wenn hier und doi-t ein Mangel
ist, wird im Nervensystem auch ein Manco nahe sein."
Es fragt sich nun : was ist die Norm desGesichtsausdrucks?
Eine solche Norm gibt es allerdings nicht und kann es nicht
geben, aber das >>tudium der fingierten Gestalten der antiken
und modernen Kunst lässt uns eine solche ahnen: die Künstler
sind ja diejenigen, die die mensehlichp Gestalt am gründlichsten
studiert haben. Um sich von dem Vielerlei nicht beirren zu
lassen, ist es rnth.sjun, zuerst die k^eitenansicht ins xVuge zu
fassen und duuu nach einem Gesammiiiberblicke des Kunst-
werkes in das Studium der einzelnen Theile einzugehen. Ge-
wisse Hilfslinien zur Feststellung der Proportionen leisten dabei
vorzügliche Dienste. Bevor dann an das Studium der lebenden
Individuen gegangen wird, möge der Blick noch geschärft
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8B
A. Ho inanovsky.
werden an den Gestalten der realen Bildnisse der alten und
neuen Welt.')
Worauf haben wir also bei der Jugend zu achten?
Was sofort ins Auge fallt, ist die GröHe des Kopfes: es
ist ja klar, je größer der Schädel, desto grönor die Gehirnmafse.
Hiebei ist jener Theil des Kopfes /u beobachten, der oberhalb
der Linie liegt, die die Angenwinkel und die OhrenöfTiunigen
verbindet: je tiefer das Ohr, desto größer der Schädel; das
hochgelegene Ohr gibt sofort den Äusdruek der Minderwei ug-
keit. CaeteriB parwm deutet ein größerer Schädel auf eine
höhere geistige Beschaffenheit. Wichtiger als die absolute Große
ist die Proportion des Kopfes zum ganzen Körper: ein kleiner
Kopf mit großem Körperwnehse, wie ein großer Kopf mit kleinem
Körperwuchse bedeuten mangelhafte Geistesbesehaffenheit. Großer
Kopf wird oft bei Kindern beobachtet, die mit der englischen
Krankheit behaftet waren. Kleine Köpfe kommen öfter hei
Mädchen als bei Knaben vor; solche Kinder, wenn kein anderer
Mangel vorhanden ist, mögen mittlere Durehschnittsbegabung
haben, sie bleiben aber gewöhnlich zart; sie mögen auch später
im Leben recht Tüchtiges leisten, unterliegen aber leicht der
Erschöpfung und Nervenzerrttttung.
Ebenso große Bf^a'-lituncr wie die Proportion nimmt die
Forin des Kopfes für sich in Anspruch üm die Form des
Kopfes mit Nutzen zur Grundlage un i ler lieobaclituugen zu
macheu, müssen wir kurz die Temperamente berühren: mit der
alten Theilung des Hippokrates ist uns freilich nicht viel ge-
dient; für unsere Zwecke seheint die Tom Amerikaner Fo^er
herrührende Eintheilung der Temperamente praktischer zu sein.
Fowler unterscheidet drei Orundtemperamente:
1. Das vitale Temperament mit verhältnismäßig breitem
unteren Theilo des Kopfes. Hiemit verbindet sieh breite Brust
und Schultern, kleine Hände und Fülle, kurzer dicker Nacken.
Der Ausdruck zeigt Behaglichkeit, Ofl'enheit und Gutmüthigkeit.
Sulelie Menschen sind lebhaft im iJeukeu und Hiiudeiii, es fehlt
aber der Fleiß, die Ausdauer und der feste Vorsatz. Perceptive
Fähigkeiten und Redegewandtheit sind diesem Temperamente
eigen.
2. Das motive Temperament mit länglichem Kopfe, hohen
Backenknochen und auf einem Beinrüeken aufsitzendtMt Anjxen-
braucn. Die Meü^chen mit diesem Temperamente haben starke
Knoclit-n und hoiieu Wuchs, sie sind geschäftirr, ihr Geist ist
eriinderisch, der Gesichtsausdruck ernst und enischlosscn.-)
H. Das mentale Temperament zeichnet sich durch die
auffallend größeren Vordertheile des Kopfes aus. Die mit diesem
^) Zum hcsseren Vei^tiiiidr.i-sc wurde dieser Th« il dr« N'ortraj^s an
Gip^bxÜ8(ien von Kuuätwerken und Charuktet köpfen deniou&Uiert.
Mit freundlicher Erlaubnis des Betreffenden wurde dieses Temiteim*
nient und die damit in Verbindung stehende Form des Kopfes an etnem
Herrn ans der Zuhörurttchatl naibgewiesen.
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über die Beobachtung in der Schule. 3 J
Temperamexite begabten Individuen lieben die Besebäftiguug
mit WisaenBchaft, Literatur und Kunst. Ihre Statur ist klein
und zart
Es sei gleich erwähnt, dass es wenige Menschen mit
reinem Temperamente gibt, dass vielmehr mannigfache Com-
bination der Temperuniente negel ist. Ebenso erfährt d;is
Individuum Wandhuigen iinitihalb seines Temperament > je
nach Lebenslage uud Erziehung. Der GesieliLsausdruck kait
Sebritt mit dieser Wandlung. i)aher mag es kommen, dass
wir mancke Personen nach vieljähriger Abwesenheit nieht er-
kennen: sie haben eine k^rperliehe und geistige Wandlung
durchgemacht.
In liezng auf die Form des Kopfes ist noch hervorzuheben,
dass die per|ie!idiculäre Linie des Gesichtes die Norm ist; das
animalisierte Gesicht des Cretins zeichnet sich aus durch die
jäh zurücktretende Stirn und ebensolches Kinn bei hervor-
tretendem Mitteltheile.
Die gewiss sehr wiehtige chemische Zusammensetzung
des Gehirnes entzieht sich unserer Beobaehtunj^, und auf die
Cousistenz — ich möchte fast sagen das specifische Gewicht
— können wir nur aus den Übrigen Geweben des Körpers einen
Schluss ziehen.
Mit den Temperamenten uud dem Vorherrschen gewisser
Organe hiingt auch die Farbe des Kopfhaares zusammen; weil
sie aber für unsere Zwecke Ton untergeordneter Bedeutung ist,
wollen wir die Besprechung derselben übergehen. Sonst ist
aber iQr die Menschenkenntnis die Farbe des Haares, der Augen
wie der Teint von größter Wichtigkeit. Wenn wir schon von
Haaren sprechen, mache ich auf die dicken harten Haare auf-
merksam: sie sind zu finden bei Individuen mit ausgeprägtem
Willen
Von der Kopfl)ildung ist die Form der Stirn abhängig.
Niedrige, liolie, sehmale und breite Stirn, alles hat seine Be-
deutung. Besondere Aufmerksamkeit ist auch auf die Stirn-
runzeln zu lenken. Die ruhige Aufmerksunkeit zeichnet neh
durch ruhig glatte Stirn ans; die horizontalen Runzeln sind
Wirkung einer angespannten Himthätigkeit; horizontale in Ver-
bindung mit Torfeicalen Runzeln manifestieren die angeordnete
Hirnmasse eines verlegenen oder minder begabten Kindes,
während zwei bis drei ständige Kunzein zwischen den Augen
auf gewolmlieitsmäßige Sorgfalt hinweisen. Bedenklich ist die
asymmetriöclie Stirnruuzelung, wie überhaupt jede asymmetrische
Balancierung des Körpers; in einem solchen Falle sind nicht
beide Seiten des Gehirnes gleich durchblutet, und dieses schickt
nicht dieselbe Stromstarke nach beiden Seiten des Körpers.
Auch die Form der Ohren, die Augen, die Augenbrauen,
der Mnn l. die Lippen und Mundwinkel haben natürlich ihre
besondere Bedeutung; ich rauss mir aber leider ihre Resprechnng
versagen. Von den Augen will ich nur eines erwähnen. Bei
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40
A. Rouianovsky.
emem geeunden, gut gelaunten Kinde erscheint das untere
Augenlid scharf geschnitten und wohlgeformt, die Rundung des
Augapfels und die Convexität des unteren Augeulides sind recht
sichtbar: dies rührt von der Spannung des orhicid'iyts nmli her.
Ist dieser Muskel schlaff, baucht sich das uutere Augenlid aus
und bildet eine beutelartige Anschwellung. Dieser schlaffe Zu-
stand des erwähnten Muskels weist auf Erschöpfung hin.
Schwache Kinder zeigen auch eine mangelhafte Bewegung
derAuffen: wenn man ihnen einen Gegenstand vor die Augen
hält und dann damit bewegt, folgen sie demselben nicht mit
der Bewegung der Augen, sondern mit der des Kopfes und
halten dabei die Augen fix.
Wenn wir das Gesicht betrachten, fällt uns die Nase als
der hervorragendste Theil desselben auf. Im gewuhulicheu
Leben erfreut sich die Nase keines besonderen Ansehens: da-
fär ist sie für den Phy.sioguomisten alles in allem, er sehließt
daraus auf die Kraft und Bedeutsamkeit des Menschen. Es
ist auch kein Wunder: durch die Nase geht die Athmung
vor sich, oder, wie es Hufeland ausdrückt, nehmen wir die
geistigere Nahrung auf; je größer die Offnungen der Nase,
desto mehr Luft nehmen wir in die Lunge auf, desto be^s^T
werden säramtliche Nerven ernährt. Ein geistig bedeutender
Mensch ist für den Physioguomisten ohne eine tüelitige, aus
dem Gesichte recht hervortretende Nase nicht denkbar. Das
Wickelkind ohne Verstand und Charakter hat eine verschwom-
mene Nase. £i)ie hübsche, scharf geschnittene Adlernase ist
gar eine ganz besondere Gabe der Spenderin Mutter Katur.
Das ist die Kaae des Muthes, der Ausdauer und des marti-
alischen Wesens.
Sowie eine unbedeutende, zurücktretende Stirn einen ge-
ringen Geist, eine unbedeutende Nase Mangel an den zum
Herrschen und Befehlen nöthigen Fähigkeiten kennzeichnet, so
zeigt ein schwaches, zurücktretendes Kinn Mangel anschaffen«
der Kraft, Energie und Unternehmungsgeist; ein schwaches
Kinn ist Folge mangelhafter Cirenlation und ist geistig schwäch-
lichen Kindern eigen.
Eine ganz besondere Beachtung verdient auch die Er-
nähriiTig. von der im allgemeinen sehr unrichtige Begntie
im Umlaufe sind, indem man die riumpheit und das abso-
lute (jJewieht bei ücksicltu^t, ohne J^ieh nm das speeifische
Gewicht zu kümmern. Thatsache ist, dass die plumpen Kin-
der aus besseren Kreisen meist blutarm, also mangelhaft er-
nährt sind.
Nachdem ich einige Punkte aus der Phrenologie und der
all|^emeinen Physiognomik angedeutet habe, muss ich zur Physio-
logie der Bewegung oder Balancierung des Korpers, der
Hauptlehre W fruers übergehen.
Das Spri eil wort sagt: „den Vogel erkenust du am Gesauge,
den Menscheu am Gange", und es hat recht: alles ist aus dem
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über die Beobachtung in der Schule.
41
Gange und der Haltung des Körpers herauszalesen. Der Stolze,
der Bescheidene, der Kühne, der Feige u. s. w., sie alle be-
kunden ihr Wesen in der Balancierung des Körpers.
Überaus interessant ist die Balancierunj^ der Uand. Las*!en
wir einmal die Kinder iu der Schule aufstehen und di*' Arme
aui'Commando heben, so werden wir die Kräftigen und I nseiieu
Ton den Schwachen und Erschöpften sofort unterscheiden. Ein
frisches, gesundes Kind hebt die 'Arme, die Hände und die
Finger horizontal in einer Linie mit den Schaltern; ein
schwaches Kind zeigt eine Haltung der Hand, welche Werner
als „schwache Hand** bezeichnet: die Hand sinkt im Gelenke,
sie ist nach den beiden Seiten gebogen, die Finger sind inälhg
gekifiiuait, der Daumen nach unten gerichtit oder gar unter
die Hand gestockt; dabei ist auch der Körper iiielit aufrecht,
sondern Kupf und Rückgrat zuriUkgebogen. Ähnliche Balan-
cierung der Hand /.eigt auch der ruhende Mensch. Noch mehr
gebogen erscheint die Hand der nerrösen Kinder mit in Ge-
lenken krampfhaften Fingern und zurückgebogenem Daumen.')
Beim Commando bemerkt der Lehrer auch, dass manche Schüler
auf dasselbe nicht sofort mit der Ausführung antworten; sie
sind unsicher und srlieu erst, was die anderen Kinder thun:
dipsp werden leichter durch die Aiifjen als durch die Ohren
bt lifi ischt — ein für den erzieheuden Lehier bedeutungsvoller
Wink. Er wird bei denselben Schülern linden, dass sie auf
seine Frage nicht imstande sind, sofort zu antworten: die Ant-
wort kommt nur langsam, sie wiederholen vielleicht vorigen
die Frage f sie stammeln und stottern, und wenn sie vor den
Bänken stehen, zeigen sie eine krampfhafte Bewegung der Fiuger
— ein Beweis, wie verworren das Gehirn arbeitet. Hier kann
ich den Gedanken einscbieb«'n, dass- der Lehrer, der all die
äulJeren ungünstigen Zeiclien mit richtigen Mitt»'lu \ erseliwinden
macht, eben von außen auf die Gehirnthätigkeit einwirkt: s>owie
die Bewegung Ausfluss der Gehirnthätigkeit ist, so beeintiusst
die äuJjere Bewegung das Gehü*n.
Ich habe bereits früher an|jedeutet, wie wichtig die Be-
obachtung der Sprache der Kmder ist; Uber diesen Punkt
allein könnte mau ein Buch schreiben. Ich will nur kurz auf
die frische, klangvolle Stimme des ausgeruhten und auf die
l»'i«e näselnde Stimme des timhU u Kindes aufmerksam machen.
Der natürliche Selbsterhaltungstrieb zwingt das letztere, die
Hier wurden den Znhörem '/«'ichnungen folgender HanUhalam-ie-
rungen vorf,'fltL'* : 1 'h*' tTfrndf Hand e'wf^" frischen gesunden Mrnsclien;
2. die gerade tliind mit sinkendem Daumen bei beginnender irchvviichej
3. die itn Gelenke sinkenile «chwaehe Hand; 4. die rahende Hand;
5. die nervöse Hund; 6. die im t'elenke eiiipotf.'» ii< te energische
Hund; 7. die Hand im Schrecken; 8. die zusammengeballte krampf-
hafte Hand. Außerdem wurde die ruhende Hand eines Arbiters, die
nervöse Uand einer Dame und die energische Hand des Apoilo an
Gipsmodellen gezeigt
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A. Bomanovüky.
Kräfte zu schonen. Die Beantwortung der Fragen ist wortkarg,
andeutend und ohne Zusam nie ii hang.
Mit der Balanciernnf? dns Körpers hängt auch die Hand-
schritt zusammen. Statt über das Lesen des Hliarakters aus der
Schrift zu sprechen, führe ich für jene, die sich für dieses
Studium interessieren, zwei Werke an: Frey er, „Zur Psycho-
logie des Schreibens^, erschienen bei Voss in Hamburg, und
des berühmten französischen SchriftsachTerstandigen Crepienx-
Jaroin, icritvre et h earacthre^^ erschienen bei Alcan in Paris.
Die Wissenschaft der Psychophysik oder psychischen Physio-
logie ist allerdings kaum noch über ihre Anfänge hinaus-
gekommen, sie darf aber vom Erzieher und Lohrer nicht über-
sehen werden. Sie ist berufen, einst zur Grundlage einer ver-
nünfticren Pädagogik zu werden, wie die Anatomie und Physio-
logie die Grundlage der Heihvisseuscbaft ist. Es ist geradezu
nnoegreiflieh, warum sich die Pädagogik die feststehenden
Wahrheiten der Phrenologie und Physiognomik bis jetzt noch
gar nicht zunutze gemacht bat.
Meine Herren! Ich bin am Ende meiner AusfÜhrungeu
angelangt, ohne das Thema erschöpft zu haben. Ich tröste
mich damit, dass es eben uiieischöpflicii ist. Eine halbwegs
voUntäudige Darstellung des Gegenstandes müsste noch zwei
gleich wichtige Cupitel der Beobachtung in der Schule ent-
halten, nämlich die Selbstbeobachtung des Lehrers und die
Beobacbtuni^ des Lehrers dureh dieSehüler. Was die letztere
anlangt, so ist ja hintönglich bekannt, dass die lieben Kleinen
mit einer bewunderungs- und naehahmeoswttrdigenBeobachtungs-
pabe ausge«;tattet sind, und dass der Lehrer das ständige Ob-
ject einer scharfen, unnachsichtigen Kritik der Jagend ist. Schon
dit">f'r TTmstnnd sollte den Lehrer zu einer ebenso strengen
Selij.st beobaclituii": veranlassen. Anderseits wirkt aber sein cjanzes
Wesen wie ein elektrischer Strom auf die ganze t'iasso: er
theilt ihr seine Haltung, seine Stimmung, seine Begeisterung,
seine Hingebung, seine Frische, aber auch seine — Sfttdigkeit
mit Von diesem Standpunkte aus ist eine stete Selbstbeobachtung
eine der ersten aber auch schwersten Pflichten des Lehrers.
Wenn der Mittelschullehrer so seine Augen nach allen
Seiten offen hält, wenn er jeden Sc]iü1»m- gleichsam wie mit
X-Strahlen durchschaut liat, dann mag er sich über den ihm
oft gemachten Vorwurf, duss er sich aiimaÜOj über die Zukunft
eiues jungen Menschen zu entscheiden, ruhig hinwegsetzen. Er
wird sich bewusst sein, in jeder Beziehung seine Pflicht gethan
zu haben. Seine Kenntnis der jugendlichen Seele wird ihn ver-
anlassen, die Schlucht zwischen den gesteigerten Anforderungen
der Schule und den schwachen Kräften der jetzigen Jugend ge-
schickt zu überbrücken. Er wird sich bestreben, durch richtige
Übung die schwachen Kräfto der heranwachsenden Generation
zu b,i;i]ilen und durch Sinnen nacli neuen Methoden zur Be-
seitigung der Überbürdungsfrage beizutragen.
^ j . ^ci by Google
über die Beobachtiing in der Schale.
4^
Zum Schlüsse noch zwei Kegeln:
1, Di6 BeobaeMunff der Jaffend mues unauffällig geschehen:
der forseliende Blick seMchtert die Kinder ein.
2. Msiii hüte sifh, nach einer eiuxelnen Erscheinung ein fertiges
Urtheii zu fällen: die richtige Beortheilnng des Schülers
kann nur das Ergebnis niner langen, allseitigen und sjste-
matischen Beobachtung sein.
L^icjui^L-ü cy Google
Vereinsnacbrichten
A. Sitzungsbericht des Vereines „Mittelschule" in Wien.
(MitRetbeilt vom ^chriiTtfabrer Proi. Dr. iiarl Wotke.)
Jahresrersammlnng.
(11. Decamber 1897.)
Der Obmannstell Vertreter Prot Peter Maresch eröffinet die SitzODg
mit folgenden Worten:
»Daa yerfioaaene YereintjAhr unteracbeidct sich in einer Besiehung
von allen frühenu. Prof. Feodor Hoppe war, nachdem er durch drei
Jahre in aufoptVrndcr und verdienstvollster Weise den Verein geleitet
hatte, d iH gimxe ,Iahr hindurch zu unsorfm tiefsten Bedauern durch .«< hw-Te
Kranklirit ^'''hindert, seine OhmantiMtluitigkeit hier an dieser Stelle itus-
zuübeu. Doch daheim im Krankenbette, wo er oft die heftigsten Sc h merzen
litt, ließ er es sich trotz aller Bitten und Warnungen nicht nehmen, einen
nicht geringen Tbeil der vielen Arbeit, welche die Bedaction unserer Zeit-
Achrifk fordert, weiter zu venieben. Ja als GeechftflsfUhrer des VI. deutsch-
Osterreichiftclien Mittelscbultages berief er sogar einigemal den vorbereitenden
AussehusR in sein Krankenzimmer und führte da von seinem Schmerzenslager
au8 den Vorsitz. Für diesen «blühenden Eifer und diese Uneigennützigkeit
fühlen wir alle pfewis« dt-n innigr<ten Dank und die höchste Bewundenincr:
einen anderen Lnha haben wir nicht. Und wir wünschen von ganzem
Herzen, da.ss seine (Genesung rasch und sieher vorwiirt.sschreite, so dass er
bald seinen Beruf wieder antreten und nach voller Kräftigung seiner Ge-
sundheit rach wieder unserem Vereine nfltastich machen könne. An seiner
Stelle leitete bis zu Beginn des neuen Schu^ahres die Verein»' und Aus-
schuBwitEUngen und traf die oft schwierigen Vorbereitungen zu denselben
mit regstem FleiOe der Obmannstellvertreter Dir. Johann Zycha. Im
Namen des Obmanns? . des Ausschusses und de?» ganzen Vereines sei ihm
hier für seinf Mfihe und llinjicbung aufa witrmste ^'whmkt. IHe irroßto
Arbeit aber lu.»»telc in diuii abg- l.iufonen Vereinsjahre auf di ii Schultern
des ersten lichriftführera, des Prof. Georg 6c h legi. Ich ertiUle eine sehr
angenehme Pflicht, wenn ich diesem Manne» der durch volle vier Jahre,
in den ersten drei Jahren mit dem Obmanne, im letzten Jahre oft durch
Wochen ganz alleio, die zeitraubenden Redactionsgeschäfte mit aller Ge-
wipsenli.if'tigkeit und ])einlichster Sorgfalt in stiller Bescheidenheit geführt
hat, im Xamen des Vereines nicht nur df>n wftrm&ten Dank, sondern auch
die gröUte Anerkennung zum Ausdrucke bringe.
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Vtjreinftnachii chten.
45
»Wie ich bereite erwfthnt habe, Tertrat Dir. J. Zycha den durch
Krankheit verhindertea Obmann bis m Bc^finn des neuen 8cha\jahres*
Än&ngs October legte er in einer AnaschaaBntznn^ seine Stelle nieder,
and eeitfl 'tu f:joni* ßc ich die £hre, Obmannstellvertreter zu sein. Es ist
daher jetzt meine l'Hii lit. einen Rückblick auf die Thati^'keit des Vereines
im abgelaufenen Jahre zu werfen, d. h. den üblichen Kechenachaftsbericht
im Namen des Ausschusse«! zu erstatten.
„Diese Aufgabe bietet uiir einige Verlegenheiten und Schwierig-
keilea. leb kann diese nicht besser vnd trelEisnder schildern als durch ^e
Wiederholong jener Worte, mit welchen Dir. Joh. Zycha selbst vor
einem Jahre in der Eigenschaft als Obmannstellvertreter seinen Rechen-
schaftsbericht einleitete. Er sagte nftmlich damals Folgende: ,Die Actionen,
die sich im Verlaufe eines Jahres tunmmendrftngen, können mit Antheil-
nähme und Wärnif» mir von demjenijyen zu entsprechendem Ausdrucke
gebrncht wrrdeti. di-v sie in AngriiI ^'enoinnien hat.' Ich bitte daher die
hochlobiiche V'ermiuimluug und insbesondere meiuen Vorgänger um gütige
Nachsicht, wenn es meinem Berichte an Kraft und Saft fehlt.
«In der JahresTetwmmlung vom 21. November 1896 wurde zum Ob-
manne Prof. Feodor Hoppe gewählt. Nach der gleichseitig erfolgten
Neuwahl eines Theilee des Aue^chusses, da statutenmäßig einige Mitglieder
desselben ausschieden, constituierte ^ich der Ausnehuss derart, dass er aus
den Herren Prof Joh. Zycha als dem Obmannstellvertreter, Prof. (ii org
Schierel als dem ersten Srhriftf'nhrer, Prof. Peter Maresch als dem
zweiten Öchriltlüiner. l'rof. <iuido v, Alth als dem Ca.«isier und ferner
den Herren Prof. Ko^peristeiner, Prof. Ur. Isidor Kukutsch, Prof.
J. Wicauer, Prof. Arthur Wiskotschil, Prof J. Zeidlcr und Dr. Emil
Sofer bestand.
«Der Ausschuss fluid bei Übernahme der Geschäfte ein leichteres Pro*
gramm vor als in den Jahren TorherT denn es fiel die BrOrternng von
dtandesfragen weg, da das neue rie>»'fz über die Pensionen der Witwen
und Waisen nach Mittelschul lehrern in Kraft trat, das Gesetz über die
Nenregulierung unserer Bezüge im we-t ntliclien nach der ron \im ge-
wün.-' hten und heiß erkiimpft^'n Kaswung lui i;> ii lisrathe angenommen w.w,
und jeder von uns es für angemessen hielt, vtiidcrhaud sich mit dem Er-
reichten Btt begnügen. Es konnte daher der Ansschuss seine Zeit und Kraft
ganz seiner anderen nicht minder wichtigen Aufgabe widmen, nämlich
der Sorge, dass durch YortrBge und Debatten in den Yereinssitenngen,
sowie durch Abhandlungen und Anisätze in unserer Zeitschrift nicht allein
streng wissenschaftliche, sondern auch insbe.sondere pLldagogiache und
didaktische Fragen eine erfreuliche und .dNelts anregende Forderung er-
fahren. I'nd die^p Förderung f»e<jeli;ili in reicheren» Maße wh in den zwei
vorhergehenden Jaltren, da hener in der Osterwn. he der V I. deut.sch-
österreichische Mittelschultag in Wien abgehalten wurde und ein schönes
und reichhaltiges Programm zur Durchftihmng brachte.
„Wegen de« Mittelschultages fielen einige Vereins ab ende weg, so
dass im ganzen nur sechs stattfanden. Am ersten Abende hielt Prof.
Dr. Karl Wotke einen ebenso interessanten als lehrreichen Vortrag mit
dem Titel: ,Die Geschichte der Universität Olmütz' und machte da die
Versammlung auch mit einigen wichtigen Geschäftsstäcken dieser Uni-
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46
Veremsnachrichteu.
vetrität bekannt. Am «weiten Vereinaabende sprach der k. k. Tiunlefarer
in Wien Herr Max Gutmann über ,Die Förderung der körperlichen Ans-
bildtmg an den Mittelschulen Österreichs' und rief durch («eine belehren-
den und höchst anref?enden Mittheilungen lebhaftt'n Beifkll hervor. In
der folgenden Debatte nahm Dir. Loos VeranlaKsun^'. in seiner gewohnten
interessanten Weise auf einige Erscheinungen der reichen einächlügigen
Literatur hinzuweisien und zur Anstellung von ßeobacbtungen anzueifem.
Den dritten Vereinaabend fUlte Prof. Dr. Heinrich Stephan Sedl-
najer mit einem wiaienachaftlichen YiHrtrage ans. Er gab mia in fesseln-
der Weise nnd mit poetisohem Schwange nach den neuesten Forschungen
höchst interessierende Aufschlüsse über den «Tempel der Vesta und das
Haus der Vestiilinnen im alten Rom*. Am vierten Vereinsabende hielt ich
einen Yortnigf über .Die Privatlectüre in den alt^*la5?s5schen Simicht n': an
diesen knü{)fte sich eine lunj^e Debatte, welche auch den fünften Vereina-
abend vollständig in Anspruch nahm. Die acht Thei^en des Referenten
Würden mit einigen Änderungen angenommen, eine neunte These wurde
dann von Herrn Landes^Scholinspector Dr. Scheindler beantragt nnd
einstimmig angenommenf worauf noch Herr Landes-Schulinspeetor Dr. Joh.
Hnemer som Nachdenken Uber einen der wichtigsten Punkte, der im
Vortrage und in der Debatte nicht berührt worden war, eine Anregung
über die Frage gnh, durch welche iiadaf^ogische Mittel man die ^^chüler
dazu brinj^en könnte, da^.s sie sich in gröberer Zahl als bisher /,u der
i'rüfuni,' iius der Frivratlectüre bei der Matura melden. Die Keihe der Vor-
tragenden eichloss Prof. Josef Aschauer, welcher am sechsten und letzten
Vereinsabaide die ,Ca9a dH VeitH in Pompeji' gleidmm vor nnser Auge
zauberte. Durch die Art s^ner Ausftthrongea wurde das Interesse der
ZuhOrer noch gesteigert, indem er in der Lage war, sein Thema nicht
nur auf Qrund der Literatur, sondern auch auf Grund seiner petiOnlichen
Anschauung an Ort und Stelle und unter Yorseigong von gelungenen
Photographien zu behandeln.
„Ich habe mir erlaubt, in diesen Theil meinen Berichtes das Uesammt-
urtheil der jeweiligen Zuliörer in ( bereinstimmung mit den Vereins-
nachrichten in unserer Zeitschrift eiuzuüechteu, uui der hochlöbiichen
Versammlung su zeigen, daas der V«rein in Bexug auf seine Haupttfa&tig'
keit noch immer auf seiner hohen Stufe steht, von seinem Tieljflhrigen
QhuiBe nodb nichts eingebüQt hat. Es sei also jraen genannten Herren
OoUegen für ihre MQbe und Opferwill^keit nochmals aufs wärmste gedankt.
„Meine Herren, unser Verein muss auf seiner Höhe bleiben. Er ist
anrh fiir un^ j^leichsnni eine Naturnothwendif»keit . d<'nn die edlen Ziele,
welche den Gründern de-; Vereines vor .\u^'en si liwebten, sind auch noch
heute anzustreben und werden immer gelten, solange um;er schwieriger
Beruf seine ideale Glauzeeite bewahrt. Und wenn das eine- und das
aaderemal die Bestrebungen und Thaten der Vereinsleitung den Beifiül
von Mitgliedern des Vereines nicht find^, so mOgen diese nicht durch
Fernbleiben von den Ydreinsversamtnlungen oder sogar durch Austritts«
erkUbrungen ihre Missstimmung ftuDem und so dem Vereine selbst schaden,
sondern dann erst recht eifrig in den Verein>abenden erscheinen und
da ihrer wohlbegründeten Meinunj,' mit mannhailor Offenheit Ausdruck
leihen. Je zahlreicher wir zusaujmenkommen, desto mehr wird der Verein
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Vereixunachriciiteii.
47
iiutblühen, und iletilo gvüÜeie Achtung wetdeu wir nach allen Seiten
hin flndm.
,Eb bleiM mir um wenig mehr übrig. Ich werde mich auch da mOg»
1ich«t kors hmai.
»Jeder Verein ehrt eteh selbst, wenn er es versteht, in ihrem Berufe
hervorragende und ausgezeichnete Mitglieder su ehren. So regte unaer
Verein, ala Herr Hofrath Anton Maresch von seinem Amte jnit dpr be-
kannten Allerhöchsten Auazeichnunp pchifii, die Bildung einen Coiuite-i nn,
welches über fine geeignete Ehruiij^ dieses lioehverdienten Mannes schlüssig
werden sollte. Auf den lUth des Herrn üegierungmitbes Josef Steiner wor-
den Photographien jener Lehrer gesammelt, welehejeniale feiner Ini^ection
nntentonden, um in einem knnalToU amgestatteten Albnm vereinigt sn
werden. Ee kamen gegen SOO Photographien snaunmen. Bei der Aue>
fuhrung dieses schönen Planes haUe die Hanptarbeit das Aus.<4chuannitglied
Prof. Dr. J. K u k utsc h , welcher seine Aufgabe zur vollsten Anerkennung aller
löste. Am 8. Mai <!. .7. überreichte eine Deputation, welche aiis den R^ - reu
Kegiernnf,'8ratli Fr Slameczka, Prof. G S c h 1 e g 1 und Prof. Dr. J. Ku-
kutsch bestaud, diia schöne Album dem Herrn Hofrathe Anton Maresch
in dessen Wohnung. Der Herr Hofrath dankte sichtlich gerührt und bat,
dem Vereine amnen wärmsten Dank ta flbermittefai, waa hiemit geschieht.
«Eine sweite Ehrung &nd heute in dem kleinen Feataaale der Cniverai*
tlt in &ierlichBter Weise atatt. Sie galt einem eheafiilla hochhedeotoiden
Mitgliede unseres Vereines, dem Herrn Hofrathe Prof. Dr. Karl Schenkl
zu seinem 70. Geburtstage. Sie gieng zwar nicht von uuÄerem Vereine aus,
aber in dem vorbereitenden Görnitz waren auch mehrere Mit(,'lieder unserea
Vereines eifrig tbätig, unseren Ausschuss vertrat da Prof. 0. Si hlegl.
„Eine dritte Führung ist im Zuge^ sie soll dem hochverdienten
Ministerialrathe Dr. Matthias Kitter Wretachko bereitet werden,
der viele Jahre als Landea-Schnlimqiector nnd dann mehrere Jahre als Be-
ferent für die Mittdachulen im hohen Miniaterium rOhmlichat gewirkt hat
Die Anregung gieng vom Vereine ,Rea]achttle* ana. Als aher di^r seinen
Obmann verlor, mnaste ich als Obmannstellvertreter unseres Vereines die
allerersten Vorbereitungen treffen; doch erhielt sogleich in der ersten
Comit«^sit7ung ^ellwtverstandüch der Natur der Sache «^emäß wieder die
Führung der Verein ,lu;aibi liul#'. In dem enj^'eren Cuiiuie belinden «ich
aus unserem Auseehusse die Proti. Schlegl, Ivoppensteiner und .Ma i eseh.
nEine vierte Ehrung mnsa von dem neuen Auaschusae ins Auge ge<
faast werden. Ein Mitglied unseres Vereines iat nämlich k. k. Qeheimrath
geworden. Es iat diea das hOchatgestellte Mitglied nnaerea Vereines, der
herforragende Gelehrte und hochverehrte Lehrer sehr vieler Mitglieder
nnaerea Vereines während ihrer Universitälsstudien , der nm das Gedeihen
des ö^^terreichischtMi M ittel>rhul\ves(«ij8 hochverdiente Section-<i;hef Th . Wi 1-
heim Kitter v. Härtel. Der neue Ausschiiw wird <,'puiss im Sinne aller
\'ereiuaiuiilglieder handeln, wenn er durch eine Deputittiou m ehilurcht-s-
vüi ister VVeiiG die herzlich.sten Glückwünsche des Vereines Sr. Excellenz
dem Herrn Sectionschef aussprechen Itat. (Aliseitiger fiei&ll.)
„Bin herrorragendes Mitglied, Herrn Hofirath Lang hat uns der Tod
entrissen. Unserer tiefen Trauer Ober diesen schweren Verlust wurde in
der Versammlung am 9. Januar der entsprechende Auadruck gelieben.
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46
Vereinsnachrichten.
, Ferner habe ich xnitxntlieüen , dan Herr Landes-Schulinspector
Dr Job. Hoemer wegen Xnderung seiner amtliclien Stellung sich ge-
jEwungen ttili, seine Stelle als Obmann der Arch&alogisclien Commission
niederzulepren. Den gebärenden Dank für seine verdienstToUe Leitung hat
die Archiiologische Commission bereits abgestattet; ich spreche im Sinne
aller, wenn ich beantrage, dass wir uns diesem Danke vollinhaltlich an-
schliel'en.
„Höch^it angenehm wird es «ieherlich alle berühren, wenn ich melde,
dass das bochlöbliche Dccanat der philosophischen Faculiät uns auch für
das heurige Yereinsjahr die nnentgeltlicbe Boifltining dieses Saales in
gnädigster W^se bewilligt hat Ich erlaube mir auch Ton dieser Stelle
ans im Namen des nicht reichen Vereines Ar diese Gfite ehrerbietigst den
wärmsten Dank auszusprechen.
.Für die würdige Ausstattung d»'r einzelnen Ht^fte unserer Zeitschrift
verdient d<»r Herr Wcleq-er Alfred v. Höider den besten Dank.
„Zum 8chliis<e lialn' irh noch den Mitarbeitern an unserer Zeit-
schrift, insbesondere den k a r t e 1 1 i e r t e n Ve r e i n e n für ihre opferwi llige
Unterstützung unseren herzlichsten Dank zum Ansdracke sa bringen.
»Ich schließe mdnen Rechenschaflsbericht."
Bevor ich zum sweiten Program mpnnkte übergehe« habe ich noch
über einige eingelaufene Schriftstücke Mittheilung zu machen:
1. Die Sonderanastellungscommission «Jugendhalle" hat den Verein ein-
geladen, fin oder mehrere Exemplare der Zeitschrift üls Ausstellun^rf-
ohjpct für ili»^ niiebstjähri'jc Jui>i ;äum!iaMsstolhiTi^ anzumelden. — ^'.u:h
erlblgter Uenebmigiiag von Seite des Ausschusses bat die Anmeldung
bereits stattgefunden.
2. Die „Bnhowinw Ifittelschule" bdet den Verein ein, fiber die Anf-
nahmsprOfhngen in die höheren Classen der Mittelschulen Berathungen
zu pfl^n und das Ergebnis bis Ende Januar 1898 einsusenden.
8. Zahnanct Dr. SchmöU (Stock im Eisen-Platz Nr. 3) gew&hrt Honorar^
ermäßigung fi\r Vereinsmitglieder und deren Familien.
4. C o n s t i n o R e y e r hat wieder eine Zuschrift fiber die Reform des Sprach-
studiums eingesandt
5. Die Direction des Tin» ri: irtens bat dem Vereine 12 Eintriltäkarten
zu hiilbem l'reise geschickt. *
6. Die Centralleitung des pädagogischen Yoreines in Lemberg wünscht den
Austausch der Yereinszeitschriften. (Genehmigt.)
7. Der bayrische Gymnasiallehrerverein wünscht dasselbe. (Kaan nach
ö.sterroichischen Gesetzen nicht genehmigt werden.)
8. .Als neue Mitglieder melde ich an die Herren Dr. Philipp Broch,
Siipp]pnt am k. k. Gymna-'iiim im III. Rozirke, Dr. Robert Krtiur.
»Supplent am G3'mnnfinin im XIII. Bezirke, Dr. Gu<'tnv S jM ni.'l''r.
Professor am 2. k. k. Gyninasiura im 11. Bezirke, imd Dr. Eduard
Marti nak, Professor am k. k. Gymnasium in Gnu.
II.
Es erstattet uuu der Ca-sier Prof. Guido v. Alth folgenden Rechen-
scbaftsbericht:
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Yereinanachrichten. 49
Casae-Aasweis fOr das VereimiJahP 1896/97,
I. Einnahmen:
1. Caasereut aus dtiu Vorjahre 52 fl. 88 kr.
2. Spweinlaga bei der allgerodneii tteterreichiacben Sparcarae 669 » 47 ^
i). Spareinlage beim altgemeineii Oaterreicbuchen Beamten«
vereine 15 , 87 «
4. Zinsen der Spareinlagen 86 n 85 „
5. f) Mitgliedsbeiträge für 1895;9r, a 2 fl 10 „ — »
«1 :'>n(; MitjjHpilsl.eitrage für l^^itÖ,97 ä 2 fl 612 . — »
7. Beitrage der Mittol^chnlvereine Priuj;. f.inz und C'/.eriiowiU
zu den Hedactionskosteu der Zeit^chrilt aSfl 9„ — „
8. Commi$»ioDtigebür von Hölders Verhig 1„ — ,
Sumuie . I3iyii Ü. 47 kr.
II. Ausgaben:
1. Saalmiete und Bediennng . 34 A. 32 kr.
2. Fflr die Zeitachrift „Mittelachate" an HOldeia Verlag . . 480 , — „
3. Diveree Draekkceten 81 , 09 ,
4. Verwaltung«» und Redactionakoaten . 108 , 71 ^
Summe. «38 6. 18 kr.
Somit verbleibt ein Camereit TOn 747 fl. 3Öjrr.
Derselbe besteht aus:
1. Spareinlnt^e bei dr-r alif^pmeineTi ö=5tprreiehi9rh»»n Sparcasse 684 fl. 09 kr.
2. Spareinlage bei dem aligeoieinen öaterreicbiscben Beamten-
vereine IB „ 50 „
3. Bar betrag . 16 „ 7G .,
Znaanimen wie oben . 747 fl. 35 kr.
Außerdem wurden dem Garnier aU ÜbersobuaB aua der Sammlung
fttr dua Herrn Hofratb Mareacb flberreicbte Album 81 fl. 50 kr* Übergeben,
Ober deren Verwendung der Auascbuai nocb keinen Beaeblum gefaast bat.
Mitglicderatand :
p:nde 1895/96 338 Mitglieder
Auagetreten «ind 21 „
Anfang 1896 97 317 Mitglieder
Neu eingetreten 9
Ende 1896/97 326 Mitglieder (20 Beitrüge au^ä^itüadig).
Prof. G. V. Alth,
derzeit Ca-ssier.
Eh wird ihm einstimmig der bmlicbste Dank für seine so eifrige
Mühewaltung ausgesprochen.
U\.
Zu Cassereviaoren werden die Prott". Neumann und übermaun
gewählt.
IV.
Zum Obmanne der Archäologischen Oommiaaion wird einstimmig Herr
Landes^Scbnlinapector Dr. Aug. Scheindler gewäblt.
Deui scheidenden Obmanne dieser Comraission Herrn Landee-Schul-
inspector Dr. Joh. Huemer, der wegen Änderung seiner amtlichen Stet"
„Oaterr. Uittelscbulc". XU. Jahrg. 4
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50
Vereinsiiacbrichten.
lang rieh gezwungen sab, di€ie Stelle niedermlegen, q>riclit der Tonitzende
fttr 8^ne ßo eifrige, so bewährte und die edlen Ziele der Corauns.>^ion
Oberaus fördernde Tfa&tigkeit den wärmsten Dank ao». (Lauter, aU«eitiger
BeifaU.)
V.
Der Vorsitzende meldet, dass der bisherige Obmann Prof. Feodor
Hoppe seine Stelle schon im October niedergelegt habe und aus Rück-
rielit auf seine noeh niclit hergestellte Gesundheit eine Wiederwahl nicht
annehmen k4$nne.
Es folgt nun die Wahl des Au^husses.
Zum Obmannp wird gewählt Prof. Peter Maresch, zu Aus-ichnss»
mitgliedern die Herron Prof. Guido v. Alth, Prof. Josrf A schauer,
Prof. Dr. Anton Frank, l'rof. l>r. Josef Kohm. Supiilent Ür. Gustav
Kruittichek, Dir. Dr. I.sidor Kukutsch, Prof. Arthur Lankiuayr.
Prof. Dr. Julius Schönach, Prof, Dr. Andreas Washieti und Prof.
Dr. Karl Wotke.
VI.
Während des Scratininms hftlt Herr Dir. Looa seinen angekflndigten
Vortrag:
„Die P&dagogik auf dem Phllologencongresse in Dresden**.
Der Vortragende scliUePt mit lautem, allseitigem Beifalle.
Der Vorsit'/endo Jaukt iiim aufs hfr/^Hchsle für seinen ttberan.'s an-
regenden und le.ssehuleu Vortrag. Ein Bericht über Uenseiben wird in dem
nächsten Helte der »Mittelschule" erscheinen.
B, Sitzungsberiohte des Vereines „Deutsche Mittelsohule"
in Prag.
(Mitgetheilt vom Schriftführer Prof. F. Demi.)
Zehnte Yereinsrersammlniig«
(13. October 1697.)
Die Versammlang eröffnete der Obmannstell Vertreter Prof. U. Strach
mit ein« BegrQßnng der sahireich erschienenen Mitglieder und verlas
hierauf ein Abschiedaschreibon des Obmannes Prof. G. Spengler, der
infolge seiner Ernennung nach Wien aus dem Vereine scheidet, worauf
fli.^ Versammlung über Antrag dos Vor.sitzf>nden beschloss, ilnn den Pank
für 8oin prfo!prf»icb»>.M Wirken sclirif'tlii Ii /inu Ausdrufko zn lu-in<,'en. Hier-
auf übermittelte Prof, Strach dem Vereine den Dank tie-i lleirn Sections-
chefs Dr. W. Kitter von Härtel tür die ihm seitens des Vereines anlässlich
der Verleihung des Ordens der eisernen Krone II. Qasse dargebrachten
OlüokwUnsehe. Sodann widmete er dem dahingeschiedenen Vereinsmitgliede
Prof. A. Wach einen Nachrnf. Als neae Hitglieder worden die Proff>
Kohm, Kuhn, Dr. Lcdorer und Urban angemeldet. Darauf ergriff
Prof. Strach daa Wort zn sflnem Vortniüre:
,, Kreuz- und Querzüge durch Sicilien".
Kr bemerkte '/UMi!( h«t, dass infolge d<'s <;re'iliist }i-tiirkischon Krif»ges.
welcher lange Zeit die Keise nach üriecheniand unmöglich erscheinen
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Vereinmachricfateii.
51
ließ und schließlicb dieselbe erst in der zweiten Junihälfte ermöglichte,
die die^jührigen Stipendinten Ruf dieiwr Innel, deren Berach die „Instruc-
tionen (Qr die Studienreisen von Lehrpersonen an Utttelscbulen nach
Italien und Griechenland" dem freien Belieben (tber1a<!äen , längere Zeit«
vom n. bis 2H. Mai. verweilten. Dann Bebilderte er die Abfahrt von
Neapel, wo si( h d\e Kfisenden auf dem itiilienischr-n Dampfpr „Galileo
Galilei" -.1111 Abende il-'s 4. Mni Hnscbittten. um nach Sicilicns llauptf^tadt,
nach Palermo zn «ro laii^^t^n. „fuhrworko nllcr Art," sagte er, „brachten
die Keisenden an Uord; jetzt kamen in zwei Zollenwagen gegen 15 Ver-
brecher, mit Ketten uneinttudergeschlossMi, in Begleitung von Cambinieri,
^er Krabn schaffte die Lasten in den Scbiffiranmp Verk&nfer ließen ihre
kreischenden Stimmen ertönen, die in Nwpel alles flbertreffen, was Italien
in dieser Betiehnng leistet. So war unvermerkt die achte Abendstunde
herangeltonunen, das letste Dampfsignal ertönte. rn«sp!iid wurde der Anker
am der Tiefe nmporgewunden . und lanpf«»ani «ft/,to sich «las Schiff in Bo-
•wegiing. Einen herrlichen Aiiltlick bot nun dm weiter und weiter zurück-
tretende Land. Links ergliinaten die Lichter von Neapel, unter denen
namentlich eine schier endlose Lampenreihe längs des Stnmdes hervortrat,
recht« wnrde um den Oipfel des Vesuvs settweilig ein leiser rother Schein
eichtbar."
Redner schilderte dann die Seefohrt und die Landung in Palermo,
wo man am nächsten Morgen ankam. „Man erMickte schon die grauen,
nur mit wenig Grün bedeckten Felsen der sicili^chen Küste, unter denen
namentlich die charnkteri^tischen Formen des n/^rdlich rnn Palermo ntif-
«teigemlcn Monte i'eiiegrino hervortraten, .letzt sjali m,\u auch schon
Hafen und Ötadt. Eine Menge von Barken näherten sich unserem SchiH'e.
um die Reisenden mia Ufer zu bringen, tbeilweise auch mit Angehörigen
der Ankommenden gefallt. Mit sttdlicher Lebhaftigkeit fanden nun Be-
grQßnngascenen statt, ohne die SoheUt Gefühle an den Tag so legen, wie
wir sie namentlich hei unserem Landvolke finden. Kinder worden dem
ankommenden Vater von der Barke auA entgegengestreckt, ein Soldat, der
vielleicht von Afrikas gefährlichem Boden glücklich zu den deinen zurück-
kehrte, durch die nmnrmnn<ren derselben fast erdrückt. Anrh lii»« Verbrecher-
jjcsellschaft wurde in ein Iioot hineinfjctiibrt, von den < 'aia'iiiiieri unter-
«tützt, denn sie waren aueli jetzt aneinandergckoppelt und niussten theil-
weise mit den gefesselten Händen, tbeilweise mit Hilfe der Z&bne ihre
Habseligkeiten triigen. Doch seigten sie dabei guten Humor, und wie
einem von ihnen der Hut im Gedränge herabfiel, setite ihm ein Genosse
lachend denselben wieder auf. Ks kam mir vor, als ob die umgebende
Menge diesen von der menschlichen Gesellschaft Abgetrennten gegenüber
keine Spur von Sche\i orler Abscheu zeigte. Auch wir betraten mm, von
einer Barke ans Land gesetzt, den Boden Palermos, fies a]t> n l'anormoH,
de<< .Ganzhafens', um hier vom 5. bis /uin H. Mai, an welchem TiiL''' wir
einen tüntiiigigen Austlug nach Trapani, Marsala, Castelvetrano-^elinirnt
und €lalatafiroi*S<^sta unternahmen, dann vom 13. bis sum 15. Mai su
verweilen. Schon die Fahrt ins Hotel ließ uns die Sauberkeit und Nettig«
keit dieser Stadt bewundern, dc^pelt ffir uns aulfallend, da wir- zuvor
das schmutzige K.ai»»! noch dazu an einem Re«.^ontage gesehen li.itten.
Wie hat sich da das Verhältnis swiscben beiden Stödten seit Goethes Zeiten
4»
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52
YereiuHnucbrichteo.
Terftndert! Diefler baite anf de» StraOen Palermo« aoml Unrath getroffen,
dam Jeder Windstoß einen nnendlidien erraglen Sfainb in alle Baden und
Fenster aogleieh Tertheilte'. Kr hatte einem Palemiitaner gesagt: ,In
ypapel trngen geschäftige Esel jeden l'ag das Kehricht nach Gürten und
Fehlern: solltp denn bei euch nirht irofond oino ähnliche Kinrichtung ent-
stehen oder getroütm werden V Gegenwärtig könnte man den Neapolitanern
Tulernio als Muster hinstellen."
Bevor nun der Hedner daran gieng, die wichtigsten Bauten und
sonstige Denkwürdigkeiten Palennos an besprechen, schickte er, auch um
den eigentfailnilicben Mtschcharakter der Bauwerke m erklftren, die wich*
tigtfcen Daten der Stadtgeschiehte vorant, eingeflochten in einen kurzen
Abriaa der Schicksale Siciliens. Er erwähnte die 8ikaner im Westen, die
{^ikelcr im 0>^ton der Insel, die Niedprla-'''««ngpn dt-r rhüuicier (und der
Elymer) . zu welchen auch Faleru o i,'ehürt. die Ein\vand''run>,' und Aus-
breitung der (5 riechen, die Kämpfe zwi>chen diesen und den von (h_Mi
Phöniciern zubiife gerufenen Karthagern, den Streit dieser mit den Römern
nm Sicili«it Berits, wobei anch Panormos von den Römern erobert und
auch behauptet wurde« obwohl Aimtlkar Berkas drei Jahre anf dem Monte
Peltegrino, der damals Heirkte hieß, lagerte, nm die Stadt wiederzu-
gewinnen. Dann wurden der Verfall Siciliens unier römischer Herrschaft
gestreift und die Schicksale der Insel im Mittelalter kura vorgeführt, vor
nlli"m di»' lI'Trscliaft der Araber, die Palermo zur Hauptstadt erhoben
und der Insel zu bedeut<'ndeui Wohlstände verbaifen. da«s denn auch
i\et\ Orundton der mittelalterlichen Kunst, in Sirilien. vor allem in Palermo,
das arabische Element bildet, umsomebr, uls auch die Überwinder der
Araber, die Normannen, die Kunst und Cultnr der Besiegten in ihren
Dienst stellten; dann wurde die Herrschaft der Hohenstaufen berQhrt, vor
allem Friedrichs des Zweiten Verdienste nm Sicilien gewQrdigt, die Herr-
schaft Karls von Anjou, die sicifianische Vesper, sowie die weiteren Schick-
aale der Insel bis in die Gegenwart gestreift.
Diese so wechselreiche (^e^chichte Siciliens ziehe an den Au'^en vorüber,
w. nn man die lUlume des in einem ehemaligen Kloster unterf,'ebrachten
MuäkfO Nazionale durchwandre; denn die>e« enthalte von vorgejäcbicht liehen
Funden an Erinnerungen un alle die genannten Epochen bis in die
neuere Zeit
Bei der Besprechung hervormgender Objecto des Muieon» verweilte
der Bedner besonders bei den lietopen von Selinnnt, die, verrchiedenen
Tempeln nnd Zeiten nngehörig und in einem Räume, der sala delle Metope,
vereint , die seltene Gelegenheit bieten, die Entwicklung dieses Kunst-
zweiges in ari liai«ch<^r Zeit auf dem Boden von selinnnt durch unmittelbare
Vergleu hun;,' zu vf i toli^en. niese Entwicklung zeigte nun der Redner
an der Hand der latein in Otto Benndorfs „Metopen von Seünunt" vor,
wies aber auch auf die Verschiedenheit der demselben Tempel angehörigen
Metopen hin.
Ebenso fand eine besondere Berflckrichtigung der schöne Satyr von
Torrc del Greco, bei dessen Betrachtung sich sofort der Gedanke aufdränge,
dass dies der ins Knabenhafte Übertragene Hermes des Praxiteles sei.
Hierauf schilderte Redner an der fland zahlreicher Abbildungen die
hervorragendsten Gebäude der Stadt, wobei er mit dem L*alas20 Reale den
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Vereio«nachi-icbten.
53
An&iijf ttiaehte. jenem Schloese, dais nnf den Deateclien eine »o niftcfatiigc
AnxiehangsVnift aneflbe, weil hier» vte Oregorovius in den „Wanderjahren
in Italien", III. Band, pag. 129, Mgi, ^eimi ein großer deutscher Kaiser «eine
liederreiche Jagend verlebte", während der Ituliener es „mit Recht nU
die Wiege seiner nationalen Poesie betrachte", da sich an l riedrichs dea
Zweiten Hole die itaIioni»cho ?|M-achp znr Schriftsprache aiisi n'l«'tc.
Nachdem Redner auf ilen NtisohcliHnikter dieses Baii»\< tjüitiewiescn.
schilderte er besonderd die Capeliu l'alatiua, „die schönste Schlotiükapeile
der Welt", mit ihrem SloaaikBchroucke, der auf Goldgrand Scenen aus dem
alten Testamente, ans dem Leben Cbriati, eowie d^r Apostel Petroa ond
Pantus sur Duralellang bringt; dann erwähnte er die anderen Bäume des
Schlosses.
Hierauf wurde die eigenartigste Kirche Palermos, S. Qiovanni d^li
Fremiti. l)t:'>'chripb''n , fernor der Dom mit don Kruii'crifrrJiherij^ worunter
^ich ilor Sarkophag' Krictlrich-f <l(>>i Zwoitt^n lü-fiinlet, dann das von Wil-
helm 1. erbaute IiUäit.'«.lil(><s ,1a Zisa". Als .Merkwürdisfkeit^ wurden sodann
die unterirdischen Gänge des Convento de" Cappuccuii beschrieben, wo
die anegetrockneten Leichen wohlhabender Palermitaner aufbewahrt werden,
welche Bestattungsiirt von der italienischen Regierung ent vor 16 Jahren
▼erboten wurde. «Die Leichen ttnd theilweise an den Wänden aufgestellt,
mit schwarzen, grauen oder braanen Kutten bekleidet, manche eine Kapuze
fiber den nackten Schädel mit dem offenen Munde gezogen; ein jeder
trägt in den Händen oder an der Brm\ nngehpftpt oinon Zottcd. auf
welchem Name und Todt».«tag verzeichnet sind. Aof einem oder dem andern
Zettel ist auch die Plioto^raphie des Lebenden angebracht, aU »olUe »o
recht der Gegensatz von einst und jetzt zum Ausdrucke kommen. Theil-
weise liegen die Skelette in meist offenen Nischen, die fibereinander an
' den Wänden angebracht sind, theil weise in Kisten, die am Bo<1en stehen,
bald geschlosien, bald durch Glaswände den Inhalt seigend. Der wort-
karge alte Kapuziner, der uns führte, gab anf die Frage, in welcher Weise
die Leichen in diesen ausgetrockneten Zustand gebracht worden seien, nur
an, das«? sie e'ii Jahr Inns: in einer Kammer nnfliewahrt wurden, ehe man
sie hier a\it>itellte; von der l'rocedur. die man daliei anwendete, sagte er
nicht». Doch vermuthe ich, da><s es damit ein äiinliches Bewandtnis hatte
wie in Neapel, wo man noch jetzt theilweise die Leichen zuentt sur ersten
Bestattung in einen Unterraum bringt; der Tuff des Bodens verhindert
die Verwesung und trocknet nach ungefähr 18 Monaten die Leiche völlig
aus, worauf man »ie erst ober der £^de dauernd beisetzt, allerdings nicht,
wie man es in Palermo that, offen, sondern in den Oberräumen der Be-
gräbniskapcllen oder in geschlossenen Nie lun."
Hierauf schilderte drr Vortran-ende eiiu n nach dem schönen, süd-
westlich von Palermo gelegenen Monreale. dem „K^nii^'n berge", untei-
nommenen Ausflug. „Die Tramwaj führte uns den -kkut hingen Weg ItU
au dem Punkte, wo die Steigung auf die Höhe von Monreale beginnt,
welche ungefähr Stunden in Anspruch nimmt. Doch läsat der herrliche
Weg leicht die ünannehmlichkeiten des Steigens unter der heißen Sonne
Siciliens vergessen. Zu beiden Seiten sieht man nichts als Limoniengärten
mit ihren swischen dem glänzenden Laube hervo: schimmernden gelben
Frachten, ein Anblick, der stellenweise noch belebt wird durch die berr-
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Vereiuaaacbricbten.
liebe glühendrothe Blüte des Granatapfel«; dasu kommen die hohen, stach*
Ilgen Aloen und oben auf den AnhOlten eine Menge ?on Cactu.sp Hunzen.
So gelangt umn zu der Stadt, die sich mit der Zeit um die von Wilhehu IL
1174 gegri\n»ii'ti' Bonodictinotabtei und die von ihm in den Jahren
H74 — 1189 erbaute Katlir-drale <,'ebi[dft hat und prenfenwiirtit» ]<)' 'I tuispnd
Einwüiiner zählt. Die Wilnde der Kirelie, weicht« Papst Liuius III. in
seiner Bulle, in welcher er Alonreale zum Erzbiätbuute erhobt, mit Hecht
einen «bewandernngswQrdigeD Tempel* nennt, sind wie die der Capeila»
Palatina mit Uosaiken bedeckt, gleicher Art nnd gleichen Inhalts wie
jene, nnr daas sie entsprechend der QrOße der Kirche umfiingreicber und
überhaupt die umfangreich^tcu Siciliena .^ind
Redner schilderte dann die herrliche Aussicht vom Dache dor Kuthe-
(Iralp, zu welchem man auf 17i Stufen emporklimmt, und den b( riihniti^n
Kreu^giing des ehemaligen Benedictinerklosters, ein «kroßes, von einer
Arcade umgebenes Viereck; „216 schiauke, kleine tJäuleu, großentheiU
mosaiciert, mit geraden und gewundeneu Canneluien, mit Hauten- und
Zicksaokmustem geziert, tragen paarweise die Spitsbogen. Noch größere
MannigfitlUgkeit als die Schäfte «eigen die (Spitäler der Sftulen, die, s&mmt-
Hch verschieden gebildet, bald nur aus Blfttterwerk bestehen, bald aber
auch Thier- und Menschengestalten, zuweilen ganze Scenen aus dem alten
und neuen Testamente, aiier auch Weltliches, wie Reiterkämpfe, aufweisen,"
Nachdem der Vortragende noch einen .\nfst:ej^ auf den Monte PellefTrino
zu der auch von Goethe be-sm htfii uml -^t Hciiibici ten ü rotte der heiliKeu
Roaalia beschrieben hatte, brach er der vorgerückten Zeit wegen seinen
Vortrag ab. die FiMieetrang auf eine der nächsten Sitzungen verschiebend.
Lebhafter Beififtll wnrde dem Vortragenden fQr seine ttberaos fesseln-
den Ausfahrungtm zntheil.
0 eil eralTersaminl nng.
[•II- October 1897.)
Nachdem der Obmainintellvertreter Prof. il. St räch die za Iii reich
erächieneneu VereinsmitgheUer begrüüt haile, ertlieilte er dem bchrift-
iübrer Prof. F. Demi das Wort, der iolgenden
Beehensehaftsberieht OtNir das Verelnajahr 1896/97
erstattete:
Das abgelaufene Verein^ahr kann uls ein recht erfolgreiches bezeichnet
werden.
N.M hdetn in der am 28. October 1?^9(> abgehaltenen Gener<«lrer-ainiu]nng
zum ')l>i!iauue Trof. «Justav Spruurler. zu Ausschussmitgiiedern dii*
Frort'. l'\ Demi, J. llöuig, Edm. Lülller, J. Seifert, M. Strach neu
gewählt worden waren, wahrend die Profi". Dr. J. LJittner, F. Bardachzi
und J. Quaißer im Ansschtisse verblieben, oonstituierte sich der Ausschnss
des Vereines in folgender Weise: ObmannatellTertreter Prof. H. Strach,
erster und aweiter Sehriftf&hfer Proff. Demi und fiönig, Gissier
Prof. .1. Quaißer, Aui^chussmitglieder Proff. Bardachzi, Dr. J. Bittner,
Kdm. Löffler. Zu Uevisoien wurden die Protl". G uckler und J. Kirsch-
ner gewühlt, zumMitgliede der Archäologischen ComroissioQ Prof. A. Th.
Chrixt.
Digitized by Google
Veveiosnachricbteu.
55
Die Zahl der periodischen Yeniimiiiliiiigen betrug heoer sehn. Vor-
trftge worden gehalten von Prof E. MQller, üntv. Prof. Dr. A. 8 oh nix,
Prof. A. Michalitschke (zweimal), Regierungsratb Dr. L. Chevalier,
Prof. G. Spengler (zweinud), Prof. Dr. J. Simon, Prof. M. Strach.
Die remito VemTi^verwimmhinj» wurde in dem Vrreinslotale den
_l>out!«cV)cn Vereines für Alterth\nnskimde" abgehalten, in weicher Dr. Le-
deror aus Radautz einen Vortra;,' über Olympia hielt.
An den am 12., Ii. und 14. April 1897 in Wien abgehaltenen Ver-
ttmmlungen des 71. Blittetoehnltages betheüigteii neh dnige Vertreter
des Yerrines, danmter der Obmann des T^ines selbst. Üb» den Verlauf
desselben, der besonders einige wichtige Standesfragen znm Gegenstände
aeint-r Erortenint? macht«' und i-in» n recht firiBChen C5barakter zeigte, ist
in dem III. und IV. Hefte de« gemcim«amen Organea berichtet, so dass
hier nur enlbrigt. den dort im n irreleiteten wichtigen Arbeiten einen gaten
fc'ortgang und Krfolg zu wünx tifu
Der Ausschuss hielt vier öit/.ungen.
Eine Abordnung des Vereines begab sich am 10. November 1896 zn
dem Herrn k. k. Landes^hnlinspector B. Chr. Riedl, am ihn zvl seinem
30jfthrigen DiensIgnbilUnm zu be^ackwllnschen. Zweimal hatte der Verein
Gelegenheit, Vovtrilge von liebensw&rdigen Gftsten zn hflren, von Herrn
Univ. Prof. Dr. A. Schulz und Dr. Lederer.
In der dritten periodischen Ver5?nnimlung brachte Herr l'n>t. C iiri^^t
^seinen schon im Vorjahre gcHtellten .\n^ra^^ über die Einrichtung der
Ferialcurse wieder vor, der a*>er niiht »lurchdranf»-
Ein Oesuch, das der Verein an die k. k. ümversitätsbibliothek um
Einrichtung einea Zeitschriftenlesesimmera richtete, hatte dank dem Er-
hisse des hohen k. k. Ministeriums fttr Cnltus und Unterricht vom 22. Juli
1897, Z. 18200, als Erledigung des dankenswerten Einschreitens des Herrn
k. k. Universitätsbibliothekars Dr. Richard Kukula den Erfolg, dass
diese EinfQhning fltr das kommende Jahr in bestimmte Auasicht gestellt
worden i«t
I.Huit r h.itt«' der Verein auch den Verlust xwt it r sehr geschützter
.Mitglieder zu ht kLigen, des Horm Prof. .T. Kirschner. der die Steile eines
Uevisors bekleidete, und des Herrn emeritierten Prof- A. Wach. Ersterem
widmete der Obmann in der siebenten VereinsTeraammlung, letzterem der
ObmannstelWertreter in der sehnten Versammlung einen Nachruf.
In das ßir die Berathung der Dienstpragmatik eingesetzte Oomit^
wurden außer dem Obmanne und in «lassen Verhinderung dem Obmann-
stellvertreter noch die Herren Dr. J. Bittner, Edm. Löffler, Ferd.
Demi. .1. Qn Sil Ger rn.i]it ifrt.
Die erste Mabregel, die zur Fünlerung dieö« r iSache getrolieu wurde,
war die Au&.>eiidung von Exemplaren des „Entwurfes zui- Dienstpragmatik"
an die einzelnen Lehranstalten mit dem Eisuchen, mit Urtheilen über
denselben nicht zurfickhalten zu wollen.
Ära 18. März 1897 wurde auf Grand eines Aosschussbeschlasses vom
24. Februar an Se. ExcoUenz den Herrn Minister für Cultus und Unterricht
eine Dankesadresse für dessen ßeuiflhungen in der Gehaltsregullerun^'>f;:i'^'e
beschlossen und dieselbe, kunstvoll au-sgeführt, .*^r. E.xcellen/. überaiitii lt.
;äcbon am Id. Mär^ gelangte ein Schreiben är. ExceUenz an den Obmunn
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Vereinsnachrichten.
des Vereines, in welchem der Dank des Herrn MinuteM in wohlwollendster
Weiae zum Ansdnicke kam.
Am 20. Milrz üTjcibniohto eine DeputÄtion de« Vereines, bestehond i\m
dem Obiii;inne und Ueni crhten iSrhriftff'ihrer F. Demi, den \\'illkomDiy:riil^
tle« Veieines dem in Pnif,' iinwesenUeu Herrn Settlonsclief Wilhelm Ritt«n'
von Härtel, imiem sie zugleich in Erinnerung an eine von dem Herrn
Sectionschef im Voijalixe gemachte dieebevflgliclie Zusage die Bitte vor-
^ brachte, der Herr Sectionschef mifge einer Temammlnng des Vereines bei-
wohnen. Der Herr Sectionschef bedankte« den Verein seiner Sympathien
▼ersichernd, wegen seines kurzen Auf« rith iUps den Vorein nicht besuchen
zu können. Am 10. Juli wurde anlrusslich dir liohen Auszeichnung, die
denj Herrn Sectionschef Wilhelm I'itter von Härtel durch die Ver-
leihung des Ordens der » ist'rnen Krone II. ('lasse zutheil ward, ein Be-
glück wünschungstclegramm von dem Obmanne dea Vereines entsendet, für
welches der Herr Sectionschef am 18. Jnli in wohlwollendste Weise den
schriftlichen Dank abstattete.
Die Hitgliedersahl betrug su Ende des abgelaufenen Verein^ahres 170.
Wieder unterstStzte wie in den verflossenen Jahren un-ser Verein den
deutschen Kindergartenverein in Karoliiienthal und in Königliche Wein-
berge, sowie den Verein zur Unterstützung der Witwen und Waisen der
Mittel&chulprofessoren der österreicbiscb- ungarischen Monarchie mit dem
Sitjse in Prag.
Gewiss stimmen mir alle Mitglieder unseres Vereines bei, weuu ich
nun nocb den innigen Dank ausspredie dem hochlOblichen k. k. Landes-
schnlrathe und dem Herrn k. k. Begierungsrathe Dir. Dr. Hackspiel
fQr die glitige überlanung des Professorensimmers im Altstftdter Staats-
gynma.'^iiim bei den Ausschusssitzungen and der Direction des „Deutschen
Ca.sinos" iWt die gastfreundliche Aufnahme, sowie den Redactionen der
^Hoh'Mnia" und de.s „Prager Tagblatt " für die bereitwillige Aufiiahme der
Vereiunnachrichten
Einen groÜen Erfolg hat der Jugendspielausschuss zu verzeichnen.
Dem überaus energischen und aufopfernden Wirken seines Obmannes, des
Herrn Prof. Anton Michalitschke, ist es namentlich durch die Ver>
mitflung des Herrn Advocaten Dr. Ludwig Krieg gelungen, einen
schonen Spielplatz auf dem Übungsfelde des „Deutschen Fnßbaliclubs" zu
erwerben. Wie dem Herrn Prof. Anton Michalitschke und dem Ob-
manne des Vereines der Dank und die Anerkennung von Seite des hoch-
löblichen k. k. Lande.s4?chulrath«'s für die eifrigen Bemühnnp^en in die-ser
Angelegenheit zutheil wurde, so ^'tviemt es atieh nns. doia llerra i'rof.
A. Michalitschke, nicht minder Heim Dr. Ludwig Krieg unseren
aufrichtigsten Dank zu Ziagen, wohl aber auch dem „Deutschen Vereine
für städtische Angelegenheiten" f&r die fr<>nndliche Unterstützung, die er
in dieser Sache gewährte.
Die Wirksamkeit des Jugendspielausschu.'ises dürfte übrigens klarer
werden au.s dem Berichte, den Über die Thiitigkeit desselben Herr Prof.
Michalitschke noch iui weiteren Verlaufe der Veraammlung abzustatten
die Güte haben wird.
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V e rci nsnach r i cb t en .
57
Hieraaf erstattete fiber AufFordernng des Vonitsenden Prof. J. Q n a i ß e r
ab Gaaner folgenden
Beriebt Qbcr den Cassestand des Vereines „Deutsche Mittelsehule**
in Prag am Schlüsse des Vereinsjahres 1896/97:
A C'us^estiind am Scblus<!<> Vpreinj.jahre8 1896,96. . . .221 fl. ö9 kr.
Ii. Einnaimjen : 1. Mitgliederbeiträge 810 „ — »
2. Zimsen 5 ^ 80 ^
Zusammen . 537 fl. 8<» kr.
C. Ausjraben ^291 ^ ?A _^
D. Ciwsestand am Schlüsse de» Schuljahren 1896,97 . . . . 246 fl 08 kr.
l*ro{. Jo«. QuaiÜer,
derzeit Cassier.
Nachdem Herr lio^nornnrfsrath Dir. Dr. J. K. Hackspifl unter all-
st'itii.:('i- . durch Eriiclicu von den bitzrn Urzri^ter Zu.**tiniiiiung der Vor-
«aiiiiiielU'U dem Ausüchusac lür die Mühewnltung den Dank und die An-
erkennung des Vereines ausgesprochen iiatte, erhielt Prof. A. M ichalitschke
als Obmann dea JugendapielaoBschaaseB das Wort, der folgenden
Reehensehaftsberieht des Jugendsplelaussehusses des Vereines
„Deutsche Mittelsehule*' In Prag ober das Vereinsjalu* i896;97
erstattete:
D*^r .Tnfrond«])ielau8Schusii.«i de« Vereines „Deutsche Mittel-
st liule" in Prag, in welchen von den Anfitalten nm rechten Moldau-
ufVr dir das Schuljahr 1896/97 entseml -t wiirtTi die Hnäen l'jutl : Hott-
wald und Michalitschke ((lyninasiuni Altsladtj, Wiethe und liiba
(Gymnasium Nenstiidt, Graben), Kotyka und Lieblein (Gymna«iam
Nenstadt, Stephan^gasae)» Nrnschka, Fischer und Kindermann (Beal*
schale Kikolandergasse)« Seifert und Schains (Realschule Karolinentbal),
constituierte sich in der Jt?it/.uiii,' am 2. Dci cinber 1896.
Da Prof. Hru.schka die durch die Wahl ihm zugefallene Obmann-
stelle nicht annahm. inii«ste der zum nbniann«:tellvertreter gewählte Prof.
Michalit<5rh ke als Obmann an die Spitze de** Au.sjschu.s«es treten.
Zum i ) b iJi a IUI stel l V e rt reter wurde Prof Lieblein gewäliU, zum
Schriftführer Prof. Seifert, der zugleich im Aus.<*chusse als Delegierter
des Vereines „Deutsche Mittelschule* fungierte, znm Cassier Prof. Ko-
tjka wiedergewählt Geräthewart blieb Prof. Wiethe.
Dem Ausschusse oblag nun xunftchat die Aufgabe, einen Plats f&r die
Abhaltung der Jugeudspiele zu beschaffen, da der bi.sher verwendete Platz
auf der Kroneninsel zu diesem Zwecke nicht mehr zu haben war. In
IJetrefi' der r.fi«iing diej«er AiifL'al>\ in Prag für die Zöglinge deutscher
Anstalten einen Platz überliaupt uder gar einen wirkü' h zweckent-sprecben-
(len zu finden, durlte sich der Au8Hchus.s keinen lllujiionen hingeben, und
die eisten JHemühuugen münzten ibre.s Kesultates wegen sogai* befürchten
lassen, daas die Platxfrnge einen regeren und dem Sinne der EinfQhrang
entsprechenden Betrieb der Spiele unmöglich machen werde. Wenngleich
dem Obmanne auf seine Anfrage in Aussicht gestellt wurde, dasa das k. und k.
Corp.scommando die Bitte nni Benützung der (M-äl>en vor den Bastionen
XVI — XVI II gewähren werde, .><o musste doch alles verflicht werden,
einen möglichst grolk'n, staubfreien, für den Luftzutritt otlenen und für
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Vereinsnocbrichton.
die Yenchiedetieii Arten dar Spiele tauglichen Plats m finden, der aber
zugleich die ipielende Jngwd nicht — mit Sicherheit tn erwartenden —
stSrenden Einflössen und Behelligongen von anGen her ausliefert. In zweiter
Linie niui^Hie die Sorge darauf gerichtrt sein, die Aufgabe ao zu lösen, daas
der Au8schu8s nicht jedes Jahr vor die Frage gestellt sei, wo und ob Clbei^
haupt ncch in ausgedehnterem Maße gespielt werden k^nn(\
Der Au»*schuss nntprbreitete nun wieder Sr. Exeeilenz dem Herrn
cominandiert^nden Generai Feldzeugineiater Grafen Grünne die Bitte,
die Benützung des großen Invalidenhanspiatzes auch heuer geetatten zu
wollen, welche auch mit Zuschrift vom 28. Januar 1897 gewährt wurde.
Der Platz diente dem Spielbetriebe der Zöglinge der Staatsrealschole in
Karolinenthal.
An die hochlöbliche Direction der böhmischen Sparcasse wurde die
Hittt' gerichtet, dem AiiMschuase auch im laufenden JfUire die so werk-
thiltige L'nterstiUzun^r an^^wleihen zu lassen.
Nach mancherlei re-sul tatlosen Unterh.an«lUinL:en mit Be.'»itzern. Piich-
tern und Veruiitilern trat der Obmann auf Anregung des löblichen
«Deutschen Vereines fDr städtische Angelegenheiten in Prag*,
• an den sich der Aust-chuss mit der Bitte um werkthfttige Untersttttsung
bei Beschaffung eines Spielplatzes gewendet hatte, mit dem Vorstande des
„Deutschen Fußballclubs in Prag" in rnterhandlungen.
Der Ausschu^s unterbreitete nun dem Herrn Vicepräsidenten
Hofrath ZuIium h den l^«nirht 'Mx'r den Spielbetrioli im Vorjahre und
mit einei ^^chil•U'rlUig der gL<.:» inv.irt ip ii l^age, tÜe der Mangel an (leld-
mitteln umso schwieriger gOHtultete, die ergebenste Bitte un» weitere
Förderung der Sache des higeudspieles. In der Sitzung am 17. Februar
1897 durfte der Obmann dem Ausschusse den Dank des Herrn Viceprfisi-
denten für die bisherige Tbättgkeit und die Zosicherang wärmsten Interesses
an der gedeihlichen Bntwicklung des Spielbetriebes flbermitteln.
In der sehr prekären Lige unternahm es der Ansschuss, in einem
zweiten Gcsik lu« an die Muuiticenz der böhmi»chen Sparcas^e zu appelH«»ren
und untt r iuistühilicher Begiünduntr ein»» erhöhte Spende zu erbitten.
Die hochlubliche Direction willf.ihrtr »It iD AnsiK lu n, indem am 22. .Mai
eine Spende von 400 Ü. 'gegen 300 Ii. in den Vorjahren) einlangte.
Inzwischen hatte dar Obmann unter dem 21. Februar ein wohl-
motiviertes Ansuchen um Überlassung des .Spielplatzes unter mttglichst
günstigen Bedingungen dem Ausschüsse des .Deutschen FuOballclubs*
überreicht, weldn m dieser im Principe Folge gab. Nach mehrfachen
Verhandlungen mit dem Vorstande des genannten Clubs einerseits und
dem Jugendspiel:! u>^<chuK8i' andi}rseits konnte endlich d< i Obmann den
Mietvertrag auf Grund der j^ctrotfenen Vereinbarungen abfiisj<en la.s»<en.
Er fand hiezu in dem .\dvuv.iSen Herrn J. U. Dr. Ludwig Krieg nicht
nur einen KechtalVeund, der die Interessen des Jugendspielausüchusües warm
▼ertrat, sondern auch einen oneigennQtsigen Freund der Sache selbst, der
die Aufstellung des Vertrages ohne jeden Anspruch auf Vergütung besorgte,
80 dass der Ausschuss nur fitr die Stempelgebüren , die Abschrift und die
Legali.>*ierung aufsukommen hatte. Der Verein ^Deutsche Mittelschule"
S]irach dem genannten Advocaten für seine Mühewaltung einstimmig den
Dank aus, den ihm der Obmann des Spielausscbusses schriftlich Übermittelte.
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Vereinmachrichteii.
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Mit dem genannten Mietverträge, der am 8. April l J. perfect wurde,
hat nun der Äusschuat das Recht erworben, fSr eine Jahretentschüdigung
von 250 fl. auf einem Plntie das Jagendspiel zu pflegen, der in seinem
Ausmaße von 129,124 nowohl eine ziihlreicbe Bethetligong , wie auch
eine angehinderte Entfaltung der Spiele aller Art gestattet, der durch
:»eine Lage auf dem Plateau «les Belvederes mit "einem R:)senl»oden der
«pielenden .Tugend einen Auf'*nlhnlt in friscb- r und staub frei er Ivuft bietet,
der durch seine solide Einfriedung, iliui h die auch vom Ciub streng ge-
handhabte Platzorduung nicht so leicht störende Eiogritfe von auben her
— wie sie sich auf anderen Pl&tsen ttota polizeilicher Asttistent fühlbar
gemacht haben — befttrchten lässt, der endlieh unseren Schfllem, den
Zöglingen deutscher Anstalten, nicht jeden Moment vor Aunen fahren
niu»t, daas in Pnvg fUr sie nur das Schlechteste gnt genug ist. Zugleich ist
mit dem Vertrage der Aus.schu.ss — nachdem da« abgelaufene Prohejahr
von bi'iileii Thi'ilen gh'k'klich be'^tanden worden — nneh meti^ächlirlier Vor-
aussicht bis Kinle September de« Jahres gegen eine nem lürhc Kri^i^
in der IMatztVage gej^ichert. Freilich, mit den ^tadtvätern ist ki iu ewiger
Bund zu (iechten - die im Lagerplanc vei zeichnete .'^trabe 8chnei<let den
Piatft nnd alle Veitrftge mitten entzwei.
Die Ungunst des Wetters im heurigen Frfihjahre verzögerte leider
die Instandsetznng de« eben erst ganz neu hergestellten Spielplatzes, so
dnss die Fetische übernähme nnd der Beginn der Spiele erst am 10. Mai
erfolgen konnte. Von da an spielten vertragsinäbig die Zöglinge der
drei (iyninaMien nnd der 1. Staatßreal'-clnile K;irolinentha! bt-nüt-^te
a tis«ch ) i e (M i <■ Ii den Invalidenjvlat/ — am MonLiig, Dienstag. 1 )oiinrr--t tg
und Freitag jeiier Woclse. Die .Xiistaiten hatten .sieh in die lieüiU/.ung
des Piatzea derart getheilt, dasa den Gymmtsien Graben und Stephaus-
gnase der Montag und Donnerstag, dem Gymnasium Altstadt und der
Realschule Nikolandeigasse der Di^stag und Freitag als Spieltage zufielen ;
gespielt wurde von jeder der zwei Gruppen einmal bis 7 Uhr, einmal bis
8 Uhr abends
Diis gleichzeitige Si)ielen der Zöglinge zweier Anstalten machte
einen erhöhten Aufwand für Spielgerilthe erfonlerlich. Der Aus^ehnss
war l).-iuüht, diesen Anforderungen nach Vlr.Lflichkoif m ent^-j^rechen und
das Inventur aowobl nach Zahl, wie aueii nach Z w ee k lu iibig k ei l und
Solidität der AusfQhrung auf eine Hdbe zu bringen, wie es eben die
Sache erfordert. Dass sich hiebei immer die bescheidenen Mittel als Grenz«
pßlhle der Ausfdhning des besten Wollen« entgegenstellten, zeigt der
CiV-ssebericht, noch mehr aber die Erfahrungen draußen auf dem Spieiplat/e.
Doch hoft't der Ausschuss bei weiterer Förderung von Seite der bisherigen
Freiiiule des Jugend«) it« l< > nml l>ei werkthätiger rnter>>tüt/.ung von Seite
aller lieriifenen Fuf fon ii überli.iu|it. aneh hieiin itein sielbewusätes VVollen
in er.spriebliciie Thalrii umsetzen :äu köimen.
Xoch eine andere, sehr bedeutende Auslage stellte sich im Verlaufe
der Spielzeit als noihwendig heraus. Wohl gewährt der „Deutache Fuß^
ballclnb" unseren Schülern insofern Gastfreundschaft, als er die Tertrag9>
mäßig ausgeschlofvene Benfitsung seines Clnbhäuschena bei Unwetter
zuvorkommend gestattet Die Räume können jedoch nur einer beschränkten
Anzahl von Personen Unterstand gewähren. Da musste denn zum Baue
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Vercinsnachrichten.
einer auch fttr den Fall sehr sahlreichen Besacbea aunreiclienden Schnts-
hilttc ^'escliritten werden. Diese ist iils lanf^fresfcreckte . einerseits offene
Veranda jjebaut, in der Bänke und Kleiderrechen zur Verfngunt: sfolien.
Ein Thci! ist vollständig vor.«ch:iU und absperrbar; derselbe dient als
A u t be wu h r u 11 ^so r t der in Kisten versorgten Geräthe. Sowohl die
Scbut/hütte kiU atich die Spielgeräthe sind gegen Feuerschaden versichert.
Die vom Magistrate entsendete Baucommission erkl&rte den Ban im Bei-
sein dar betheiligten Parteien am 12. Juli 1897 al« den geaetzlicliai An>
forderangen entsprechend und gestattete die Benfltzung desselben.
Die Jugendspiele, über die weiter unten ein statistischer Ausweis
folgt, fanden unter Aufsicht — eine vertrag>iniär>i<,'e Bedingung — der den
betreffenden Anstalten angehörend«»n Mitglieder des ^pielHn^j^clnis^p^ «'tatt.
Abwechselnd besuchten auch die anderen Mitfrliefb r der Lehrkörper den
Platz, unterstützten die beaufsichtigenden und leitenden CoUegen und
förderten so das wachsende Interesse der Jugend an dem geregelten und
doch vollständig fireie Bewegung gestattenden Spiele auf dem allen An-
forderungen entsprechenden Platae.
Obwohl vertragsm&ßig dem Aussdiusse auch im Monate September
das Henützungsrecht zuatdit, wurde heuer wegen des ungünstigen Wetters
und wohl auch wegen der vielen Arbeiten, die der Beginn des Schuljahres
für jeden einzelnen Lehrer mit sich bringt, von den! Kochte kein Gebrauch
gemacht und der ."^i'ii-nM'trieb mit dem Sclilu-sc dev; Sciuiljahre« abge-
brochen. Die tliutffik bliche Spielzeit uii)i"a.ij.>ite also heuer nur etwa neun
Wochen. Doch ist für die Zukunft eine bei weitem längere Spielzeit zu
erwarten, da das Bentttsnngsrecht mit dem Frflhlinge jeden Jahres ersteht
und die Gefahr einer Frülgahrsflberschwemranng, die die Spiele auf der
Kroneninsel beeinträchtigte, hier ausgeschlossen ist
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Vereiiunachricht«!!.
61
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jer der Spielzeit
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62
Vereinsnachrichten.
iSo darf wohl der Aua^chusa sich der Erwartung hingebon, dass der
D>'richt über seine 'I'hiitigkeit im abgelaufenen Jahre rücksichtlicli seines
nMilichen Wnllons und auch dessen, wa-s wirklich erroirht worden, von
iiUcn j- nen Factoren, die ihm das Mandat üt ei tr;i;,'('ii , j^n nohmigend zur
Kt-nntnis genommen werde. Anderseits umss »ler Ausüchiuss an die wprk-
thlltige Unterstützung und Förderung von Seite der Nlichstbetheiligtt'n.
aber auch weiterer Kreise appellieren, weno der Erfolg seiner Benatthnng
der Bein soll, daas er den Intentionen der hohen DnterrichtsbehÖrde in
der zwecltm&ßigen Pflege der Jag^dspiele, die ja auch dem der Schale
ferner stehenden Freunde der heranwachsenden Jii<; 'nd, in deren (^^osund*
hoit Volks- uml Staats wohl ihre Stfltsen finden« am Bensen liegte in bester
Weiso j^frprht werde.
I'er Aus« liiiss erlaubt sieh auch zunächst dem Vereine ^Dentsrhe
Mittelschule", t«uwie den hochlübliehen Directionen der Mittelschulen die
Frage einer eingebenden Erwägung zu unterbreiten, ob nicht an die Opfer-
willigkeit jener appelli^t werden «oll, die der studierenden Jugend in
irgend welcher Besiehang nahestehen, damit ein Fonds geschaffen werde
znr endlichen Erwerbung eines eigenen Heims, anf dessen Boden in
ungestörter, uneingeschränkter Weise ein Spielbetrieb erwachsen kann, der
einpr-<oit-; <1ii-< aus den Jugendspielen hebt, was in ihnen für die kfirj^erliche
und damit auch geistisi'o Knt wieklnnj; unserer .Tug"ond Fördorndp?: Tmletifrbar
liegt, der iiber aneh die iircnzeu ziüiit, innerhalb deren tlas Sjiiel unbedingt
gehalten werden muss, wenn es nicht schädigend an den Forderungen der
Schule als Unterrichtsanstalt rütteln soll. Hier ftnde auch d«r Turnunterricht
in der Zeit des höheren Sonnenstandes die sweckmäßige Stätte, und mancher
nndere Zweig des Unterrichtes kSnnte hier aeitweiltg sein Zelt aufiichlagen.
Vorderhand erlaubt sich (b r Ausschnss den hochlGblicben Dln rtion- n
die Bitte zn unterbreiten, der 1 riigc lULhersutreten , ob es sich nicht
em})fehlen würde, diiss jene An>(alteu. dif* Rieh zum Betrie'»ir* der Jugend-
s]iifle vereint haben, im Verhültni*,-' zu iliren Mittt ln. di.' sie aus den
.Sehülei beiirügen schöpfen, die also .sehr ver^ciiieden «ind, zu den gemein-
samen Kosten, für die der Ausschuss aufzukommen hat, beitragen — so-
hmge dieser eben snnftchst ntit diesen Einnahmen allein zu rechnen hat
Es sei nun am Schlosse des Vereinnjahres hier nochmals im Rückblicke
auf das Erreichte allen jenen der wärmste Dank ausgesprochen, die fördernd
eingegritten haben in die Entwicklung dieser bei uns noch neueu Seite der
Krziehung zu Mutz und Frommen der körperlichen und der geistigen CJesund-
heit der sttidiereuden .Tu;Trnd: d-'r löMiclien Direetion der böhmischen
iSj^arcasne für die » rlMliti' Sjifiide, tlem k. und k. Corpsconi m ando für
die Überlassung des InvHÜtlenhausplat/.es. dem „Deutschen F u ü ba 1 1 cl u b"
für da« von der Erkenntnis der Lage der Zöglinge deutscher Anstalten ge-
l<*itete En^genkomroen, dem Advocaten Herrn Dr. Ludw ig Krieg für die
Ansfertigung des die Interessen des Spielansschusses wahrenden Mietrertrages,
der löblichen Dir<*ction des Prag-Altstftdter deutschen Staai«igymnamnms
Herrn Kegierunpsrath Dir, Dr. nacksj)iel, der nicht nur dos Professort ii-
yimmer der .\nstalt für Ausvchusssitzungen zur Verfügung gestellt hat,
Houdern nneb jederzeit mit re<rem Interesse dem An««ichusse in allen Frap-en
/nr 8eite >>(and; enillich tlei Uiblichen Direetimi d r I, deutschen Stiuiln-
real-ichule, Herrn Dir. Smotaczek, der in Aiil>eiracht des Baues der
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Vereinraachrichten. G3
Scbutzhatte schon för das kommende Jahr einen Beitrag Ober die ron jeder
Anstalt zu entrichtende Suuimo zur Vorfügung gestellt hat.
An den Dank schließt aich die Bitte, die Sache auch in Zukunft
werktbätig xu fördern.
Im Anschlnaie an diesen Bericht ergriff Prof. K. Kotyka als Oasner
des Spielauss(]ins?o5) cla.=j Wort, um fol^'-ciulfn
Casseberlcht des Jugendspielaussohusses aber das Jahr 1896,97
SU eratatten: ,
Einnahmen.*
Barrest vom Schuljahre 1895/96 281 fl. 76 kr.
Beitrag f^r daa Schuljahr 189697 von der löblichen Direction
des Staat«gyninaijiums Altstadt 60 » — «
Beitra? für da«« Schuljahr 1896/97 von der löblichen Direction
des Üt«at«?ymnasiuni8 Graben 50„ — ,
Beitrag lür lUi« »Schuljahr 1896 97 von tier löblichen Direction
des Staat^igymnasiums Stephansgju«se 50 „ — ,
Beitrag für das Schuljahr 1896/97 von der Ifiblichen Direction
der Staatsrealschule Kikolandergasse SO,'— ^
Spende der löblichen Direction der böhmischen Sparcasse . 400 „ — p
Beitrag für das Schuljahr 1897/98 von der löblichen Direction
(los Staat8gynina«inms Altstadt .... ... ....60,—
Beitriig für da«* Schuljahr 1897 9ö von der löblichen Direction
df»r StiuitsreHlx hu lo Nikolandprsr'»^se 50 , — „
Spende der löblichen Direction derötiuitsrealschuleNikolauder-
gas^e zu dem Baue der Veranda . 15 ^ — ,
9461776 k?:
A u .s g a n c n •
Auslagen bei Anfertigung des Mietvertrages mit dem ,Deat«chen Fußball-
dub-' 17 fl. 80 kr.
Miet€ pro 1«97 .... 250 , — „
Erste Bäte pro 1898 125 . — ,
Bau einer Schutzhütte und eines B«quisitenh&uscheiis . . . 256 , ,
Neuanschaffung, Reparatur, Instandhaltung derSpielreqnisiten 128 , 90
Versicherung der Schutzhüitc und Geräthe 2 „ 58
Remuneration der Polizei für daa Schuljahr 1896 40
Hf'innnoratinn des Chibdifiiers 16 , —
Beitrag zu «li-n .liij;t;ii«l-i.iclen der Staut«realöchulc Karolinen-
thal am lnv.ilidei»j>lutze 60 , —
Stempel. Portoau^lageu u. u 4 „ Tö „
899 fl. 48 kr.
Einnahmen 946 fl. 76 kr.
Au.'gaben .^^99.. 48 ^
Ke^t 47 fl. 28 kr.
Prag, am 27. October 1897.
Für den Verein .Dotit-(>he Mittelschule":
Prof. G. Spengler,
dcneHt Obmaon.
FOr den JugendspielansBchufls:
Prof. K. Kotykn. Prof A. Michalitschke, Prof J Seifert»
d«neit Caasier. übnumn. Schriftf&hrer.
»
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64 Vereiusnacbrichten.
Herr Ref^^rungsraUi Dir. Dr. Hackspiel sprach in warmen Worten
dem Jugfnili^piclausschusse für seine — trotz unji^ünstiger Verhält nljjst^ —
SO erfolgreiche Th&tigkeit den Dank und die Anerkennung des Vereines
Die Versammelten erhoben sich zam ifieichen der Zustimmung von
den Sitzen.
Bei der nun folgenden Wahl wurde Prof. A. Michalitschke ein-
ätimuiig zum Obmanne uud die Proil. Dr. liitlner, Quaiber, Strach
wieder und Dr. Tschinkel neu in den Ansschnss gewfthlt. Als Mitglied
der Architologischen Commisnon ▼erbleibt Prof. A. Th. Christ, xu Be<
visoren worden die FMff. Bardaehsi nnd Guck 1er gewählt. Der neu
gewählte Obmann dankte in einer beiflUlig aufgenommenen Rede iÜr das
in ihn gesetzte Vertrauen und erklärte, die Wahl anzunehmen.
In der darauffolffenden Anssrhusssitztinf? eoiis^titnierte ^'wh der Auf-
schuss wie folgt: Prot. M.Striuii ()l>niannstellvertreter, die Pro ü'. F. Demi
und J. Höuig Cjchriftführer, Prof. J. Quaißer Cassier.
(Mitgetbeilt vom Obmanne Prof. Ant. Michalitschke.)
Erste Vereinsversaiiinilimg.
(10. November 1897.)
Nachdem der Olninuin die Versammelten bepriibt hatte, theilte er
die in der Au&chusadiizung vorgenommene Constituieruug des neuen Aus-
»chuüäeä mit.
Hierauf hielt Prof. M. Strach den angdcQndigten Vorftag über:
„Siemen^
der die Fortsetsung nnd den Scbluss des am 13. October begonnenen Vor-
trages bildete.
Der Vortragende schilderte diettmul einen fünftägigen Aui^flug, der
am s Mai von Pulermo nach Trapani, Maraala, Selinnnt und Segesta
unternominen wurde.
Von i'aieruiü aus brachte zunächst der italienische Dampfer „Principe
Amedeo" die Keimenden nach Trapani, woselbst er gegen 10 Uhr nachts
anlangte. Der Morgen war aunächst einem knrsen Gange durch die rein-
liche Stadt gewidmet^ die an und fSr iiich nicht viel Merkwürdiges bietet*
doch weckt lio sowohl als der tui Nordosten sieh erbebende Monte San
GiuHaiio. der Eryx der Alten, manche Erinnerungen. Nachdem der Vor-
tragende die Ereignisse der Kämpfe zwischen Roui und Karthago, die sich
hier abspielten, gestreift und darauf hingewiesen hatte, dass hier Vergil
(Aen. III, 70? t!'.) den Anchises sterben nnd im (ol;^'enden Jahre den
Aeneas seinem Vuter zu Ehren Leichenspieio veiiiiiMtuUen lil"*st (V, 32 ft.
wobei er die im Norden ans dem Meere empot.>>teigende Insel, die heute
Asinello heißt, für das Wettfahren der Boote als Ziel bestimmt, schilderte
er einen Aufstieg auf den Crjz.
,Be>m Aufsteigen boten sich vielfach herrliche Ausblicke auf dos
grOne, wohlbebaute Thal im SQden nnd auf das blaue Meer mit den
Salinen, das sich im Westen daran anschließt. Dagegen der suchend»'
Blick, der .^ich nach der Höhe des Berges richtete und de^-ren Kuppe
mit der darauf liegenden Sttvdt i^uchte, stieß bloß auf Nebel und Wolken,
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Vereiiunacbrichten.
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welche Jas Ziel Tei'bargeD. Ein Sturm, der umsu .stärker tobte, je höher
vir kamen, peittdite die WaDKen» was wir ilim gerne verziehen hätten,
b&tte er nur aocli oben die Nebel vertrieben. Doch da* tbat er leider
nicht, nur hie und da tanchte geepenvtiaeh ann dem Nebelmeere ein
Thurm, ein StQck Maner mit Zinnen empor, und »o sahen wir die Stadt
deutlich erat vor uns, als wir nath ungefähr »tiindigem Marsche vor
dem alten Thor«» standen. Und wpit<»r jjiencr durch ilif altnrthuinlichpn,
npb<»]durchzogenen , enpen Ga-ssen, in «ieiien nur selten ein Mann un^( be-
jfegnete. in einen kurzen blauen Mantel mit Ka|>uze gehüllt, eben des
Nebels wegen, der hier ein häu% wiederkehrender Gast ist."
Der Redner beschrieb nun die noch vorhandenen Überreete toq dem
phOniciachen Tempelbesirke der Aataroth nnd dem römischen Vennn-
heiligthnme.
yVon der berühmten weit reichenden Fernsicht gOonten uns spttrliehe
Sonnenblicke, die theil weise den Nebel zerstreuten, nur einen geringen
Theil. doch da?? w*>nip^e Heß die Wahl lit p^; Piinktea für das Heiligthum
der Aataroth und der Venus begründet erscheinen.
„Ais wir wieder heruntergestiegen waren und in einem Tram way wagen
vom Fuße des Berg^ sur Stadt zurückfuhren, stiegen auch drei Musikanten
mit anf, die ans sn Ehren und auf unsece Kosten einen ICarsch ans «Boccaccio*
and »Hoch Österreich' aufspielten, wie wir denn hftufig in Italien, sobald
man unsere Herkunft erkannte, mit heimischen Weisen begrüßt wurden.
^Am anderen Tage brachte nna die Eisenbahn sun&chst die Küste
enthm^ naeli Marsala. Wir haben diese Strecke wie fa^t alle sowohl
in Itali^'n -:!ni!nt Sirili>'n. als auch in (Griechenland Iii. Clasi^c zurück-
gelegt, übwohi biideker davor warnt, und haben dabei nie br>sp Erfalirtingen
gemacht. Allerdings sind die Wagen kleiner al^i bei un» und die 1 ahrgu^ste
im allgemeinen firmlicher» aber durchaus höflich und suvorkommend. Fast
nie begann ein einheimisdm Reisegef&hrte seine Mundvorrftthe su ver*
zehren, ohne zuvor seinem Nachbar anxabieten. Mir hat ein Zollsoldat
ebenso von seinen Orangen angeboten, wie ein armes, sehr esslastiges
Mütterchen, da« der Ki rächen Verkäuferin für ihre Centesimi immer noch
einige Stücke mehr abn'tthipfte. von diesen Früchten und eine junge Frau
aus uem Volke von ihrem trockenen Brote.
.Eine Untugend de« Italieners macht sich wohl hier unangenehm
fühlbar, nämlich sein Spucken; aber schließlich thut er dic8 auch in der
II. Clasie, und dann besetzten wir meist eine ganze Wagenabtheilung und
hatten so Ton diesem Übelstande weniger zu leiden."
Hierauf gab der Vortragende das Wichtigste von der Geschichte Kar-
sai as (der Name ent.standen aus dem sarncenischen Marsa Ali, der Hafen
Alis), indem er vor allem erwähnte, dass diese Stadt auf dem Boden de<?
alten Lilybäura entstanden ?ei, einer rJrHndnng der Karthasrpfr, die darin
einen Ermtz suchten tür die durch Ihouysins bewirkte Zerst Irung von Motye,
der kleinen, jetzt S. Pantaleo genannten Insel nördlich von Mars»ala, einer
der pbönicischen Niederlassungen auf Sicilien.
Nachdem er die hier befindlichen antiken Reste besprochen« enAhlte
er weiter, dass die Eisenbahn die Reisenden noch am selben Tage nach
CasteWetrano brachte, von wo sie am anderen Morgen Wagen zn den
Ruinen von Selinunt. den größten Tempeltrümmem Europas, brachten.
„Osten-. MittelKbale". XII. Jahrg. 5
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Vereinsnachrichten.
,Die Fahrt gieng durch eine fruchtbiire Ebene, die thetls mit Wem->
feldero bedeekt ist, auf denen eich die gans niedrig gehaltenen Reben,
reihenweiite nebeneinander gepflanzt, an kleinen StOckchen emporranken,
tbeili mit Getreidefeldern, welche, mit zahlreichen Fruchtbaumen bepflanzt,
Ton Mauern oder von Aloen umgrenzt sind. Plötzlich zeigten sieh uns
glf'irli7.eitig einige TO<:^en(lo .Säulen des Trilmmerfeldes and dae in kleinen
Wellen anbrandendo .\h ci "
Mit Hilfe einer Skizze, die der Vortragende auf einer Tafel entw«>i ten.
erklärte er nunmehr in anschaulicher Weise das Terrain, auf welchem
Mich da» alte Selinunt erhob; wie so viele äciliache iStftdte, war e» nach
dem benachbarten Flusie SeKnn» benannt worden, an demen Ufer die An-
nedler daa Selinon. den Eppich, Torfanden, der aneh jetzt danelbitt zu
finden int; der Vortragende zeigte ein Exemplar de^^selben vor.
Hierauf gab er in den Ilauptzflgen die i^tadtgeschichte, deren rothon
Faden dio Foindseligkeiten mit Sef»esta bilden. Diese führten auch zu der
ersten Z»'i-t -riing der Hindi durch die Karthager, bei denen die Sej^estaner
Hille gefunden hatten. Wiederhergestellt, wurde die Stadt 249 zum zweiten-
male zerstört. Die Tempel entgiengen der Vernichtung durch den Feind,
ihre Zerstörung wurde durch Natnrgewalt herbeigefQhrt, durch Erdstöße,
wie solche diese Gegend hAafig erachottert haben.
Dann besprach der Redner die vorhandenen Beste im einzelnen, ror
allem die Tempeltrümmer, mit deren Behandlung er das im ersten Vor-
trage ülirr die Metopon Hcsagte verknüpfte.
Von hier braclitcii die Wagen «lio Kf>i«ipndon nach Campobel lo.
einem nordwestlich von der Ruinonf.tiiUo lt» 1. ^'^nt n Orte, in dessen Nahe
eine Sehenswürdigkeit ganz eigener Art winkte, antike Steinbrüche, welche
das Material zu den Tempeln von Selinunt geliefert hatten, für den Beschauer
darum so interessant, weil sie ihm in demselben Zustande entgegentreten,
in welchen eine plfitzliche Einstellung der Arbeiten, eine Folge jener ersten
Eroberung Selinunts, sie versetzte, so zwar, daas man hier die Entstehung
einer Säulentrommol in ihren vei-schiedenen Stildien verfolgen kann
Von hitn- fuhren die Heisenden mit der Bahn nach Calatafiini; von
der Station hatten sie am Abende dieses Tages bis /im» ■j'l< irhn:inii<,"'n
.^tädtchen noch ungeHihr Stunden lang zu strii,',ii Ti Iz der llrhe
des Ortes fanden sie auf der ganzen Strecke von einigen i i;l.shuheu alles
gut angebaut, tbeils mit Wein, theils mit Getreide.
yAm anderen Morgen." ao erzählte der Vortragende weiter, «machten
wir ans auf den Weg nach Segesta, das ungefthr l^li Stunden nördlich
liegt. Auf diesem Wege erblickten wir zunächst auf einem der Berge einen
Obelisk, das vor fünf Jahren auf dem Schlachtfeldo von Calatafimi zum
Andenken an dieses Treften errichtete Denkmal, und buld dar;itif sahrn
wir von ein^m A^r 7ahlrpirhf»n Borge den 'IV*m])el von S.^„M'stn herüber-
grüGen, dci^cü von den J.ilii liundert»»n gelbbruim gefärbte Giebel freund-
lich in der Morgen"«<june ergUtnztcn. Hatten wir uns in Selinunt aus den
geborstenen Trfimmern die einstige Pracht erst im Geiste wieder erbauen
mfissen, so trat ans hier zum erstenmale ein griechischer Tempel in vorsflg-
licher Erhaltung eni^fegen. EnAi wenn mau ganz nahe gekommen, erkennt
man, dass er unvollendet geblieben ist, das« die Säulen noch ohne ("anno
Inren sind und die Cella fehlt, deren Bau noch nicht begonnen war."
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VereioBnaebrichten.
67
Nachdem mm dor Vortra<?en<l»' mit Hilt'c einer riioto^j^rapiiie den
Tempel näher besprochen, sowie die Aussicht erwähnt hatte, die von ilie-i 'in
aus den weiten Kesael bis zu der auch noch iheilweise sichtbaren Uuelit
TOD OaRtellamiire nmfaMt» MshiMerte et den Aufstieg za dem noch hOboren
Monte ^rbttro. auf dem die eigentliche Stadt lagt von der vor allem das
bekannte Theater erhalten iet. Dieiee wurde nun näher beechrieben, wobei
auch die vortreffliche Akustik hervorgehoben wurde.
^Von hier wurde," so erzählte er weiter, „bei sengender Mitta^r^-liitze
der Hfickmar^eh nach Cahitafimi angetreten, nnd lebhaft steij^t nocli jetzt
die Erinnerun;^' in mir atjf, mit welcher Gier wir uns. bei einem «i.irttn
anj^elanprt, auf die Oranj^en und Mispole stürzten, welche die Leute bei
unserem Nahen verständnisvoll herbeibrachten, theilweisc auch nach unserer
Anawahl von den Bftumen brachen. Ijetatere« die Mispole, «ind eine gelbe,
pflanmenfiSrmige Frucht von angenehm herbem OeBchmackOt die nicht nur
äußerst erfrischend, sondern auch infolge des starken Gehaltes von Gerb'
flfture ein gutes Mittel gegen Durchfall i^t
-Eine jfeistige Erfrischung? bot bei diesem Rückmärsche der Rückblick
auf den Tempel, den mnn wiederholt genoss, zunuehst beim Hjth b«f ei jjren
vom Monte Burbaro, wobei er aber tit fer Inir, nnil so laii^'e nicht den Ein-
druck machte wie — abgesehen vom Anblicke aua nächster Nähe — aus
der Entfernung.
pEine Art Postwagen brachte uns dann wieder zur Bahnstation, von
wo wir nach Palermo fuhren und dabei die MeereekQste von Ciwtellamare
bis Paleriuo, neben welcher die Eisenbahn hinführt, kennen lernten. —
Diese Fahrt bot auch den Anblick eine» herrlichen Sonnenunterganges.
Lanpr^'Hm «imk der röthlich -goldene Sonnen ball in das Meer, aus welchem
an d'r Küste weif.^e Nebel anf/nsteigen begannr'n. und lange noeh be-
7.ei* liiM t.' r.itiier Glanz die >tell..'. wo das Tagei»gef<lirn iii die Fluten iierab-
getaticiit war. So waren wir denn von unserem funfl^igigen Auf^ünge, der
uns so viel des SchOnen und Merkwflrdigen gezeigt, wieder in Palermo
angekommen, von wo wir dann am 15. Mai weiterfuhren."
Redner gab nun mit Hilfe einer Skisxe eine kurze Übersicht Uber
den übrigen Aufenthalt in Sicilien:
15. Mai: Fahrt nach Bagheria, von dort Marsch zu den Ruinen von
Soluntum. Rückmarsch nach F'a^^li. ria und Weiterfabi t narh ("cfalii, Besuch
des Dome«. Rückfahrt bis Terninn, von dort Fahrt nui Ii (iir^'i nti.
16. Mai: Besichtigung der Tempel und sonstigen Sehenswürdigkeiten
von Girgenti.
17. Mai: Fahrt von Qirgenti über Csstrogioranni (Enna) und Catania
nach Syrakus.
18. bis 20. Mai: Besichtigung der SebenswQrdigkeiten von Syrakus
und Umgebung; am Nachmittag des
20. Mai: Fahrt nach Catania.
21. Mai: Besichtigung von Ciitania.
22. Mai: Fahrt naeh Taormina. Besichtigung des Theaters und der
übrigen Sehen.swürdigkeiten, abends Fahrt nach Me.ssina.
23. Mai: Besichtigung der SchemwOrdigkeiteu von Mes-sina und Ah-
fiührt per Dampfer nach Neapel.
„Die hohe ünterrichtsverwaltung," so schloss der Redner, „hat nn»
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Vereinvnacbhchten.
MittelKhallebrer Oiterreiclu durch die Einrichtung der Reisettipendien zu
großem Danke fwpflichtet. Bekommen ja doch die Stipendiaten dank
diener Einf&hning SchSnea nnd Erhabenes, Lehrreicbe« nnd Interessantes
in solcher Fülle su sehen, dass sie wohl ihr Leben Ung an den Erinnerungen
zehrrn nnd diese znr Belebung des Unterrichtes verwenden können. Wie
viele Begrifft' ;;elangen da zn voller Kiailieit, für wie viele Fragen wird
da da« Intcres^je des Reisondon j^t^weokt oder aiitVre frischt! So kann ich
denn nur dem Wunsche Aufjdruck geben, dma noch recht vielen l'ollo^en
dieses große Beneficium zutheil werden m^e, und schließe also mit dein
Rufe: ,Vivant fiequattet!**
Der wabrhaÄ anziehenden, von trefflichen Bemerkungen Aber Land
und Leute durchflochtenen Schilderung folgte der ungetheilte Beifoll der
Znhdrer. l>er Obmann sprach unter allgemeiner Zustimmung dem Vor-
tragenden den wärmsten Dank der Anwesenden fOr seine interessanten
und fesselnden Dnrbietnnfjen aus.
In der hierauf vom Obmanne eingeieiteten Debatte über die in
Czernowitz („österr. Mittelschule" XI. Jhg., pag. S4f[.) aii*?cre^'te und ein-
gehend behandelte Frage betrefi's der Aufnahmsprüfungeu in die höheren
Classen der Mittelschalen wurde nach begründeten Antrftgen der Herren
Begierungsrath Dir. Dr. Hack spiel und Prof. Em. Malier die Erledigung
derselben dem Ausschüsse fiberlassen.
Zweite TerelnsTersaminlang.
(27. November 1897.)
Die Versammlung, welche die Mitglieder des Vereines „Deutsche
Mittelschule" und des »Deutschen pldagogischen Vereines" an diesem
Abende im S&ulensaale des «Deutschen Hauses" susammenfUhrtet gestaltete
sich zu einer FestTenammlung, an der au< h z.ibln i^ lie Gaxto üich be-
theiligten. Der Obmann des Vereines .Deutsche Mittelschule" eröffnete die
Sitzung mit einer herzlichen Begrüßung der Kr^cliienenen , der er den
Wunsch beifOgte, welchen der in Fij^er weilende li- rr k. k. Lan<lcs-8chiil-
inspector, P. R Chr. Riedl, der Versammlung teleg^^phi^)ch geiseiulct:
„Dem Zuaianimen wirken beider Vereine das beste Gedeihen". Kach(iem
der Vorsiteende im Niunen aller Anwesenden d&a. Oast der beiden Vereine,
Herrn Prof. Hans Hartl aus Reichenberg, dessen Leistungen auf dem
Gebiete des Lehr- nnd Anschauungsmittelwesens bereits die größte An-
erkci\)iung gefunden, begrflßt hatte, ergriff dieser das Wort, um an der
Hand der zahlreichen von ihm construierten Apparate mehrere intere.ssante
Experimente nm dem Gebiete der (tj»tik und der Mpchanik vrirznfuhi cn
und zu erläutern. Nach kurzer Kinleituug begann der Vortnigende mit
den Versuchen über Ketlexion des I.i hte.s an ebenen und sphiaischen
."Spiegeln, über Brechung vom und xuni Lothe, TuLalieflexion, prismatische
Brechung und die Linsen Wirkung. Alle betreffenden Erscheinungen und
ihre Gesetze zeigt der verwendete Apparat, die «optische Scheibe",
unter Verwendung des Skioptikons im halberleuchteten Saale in deutlichster
Weise. Auch die Entstehung des Itegenbogcns wurde durch einen ^'er^uch
demonstriert. Eine neue Vorrichtung zur Erzeugung centraler Sfrahlen-
hüschei, durch welche die Leiatangstähigkeit der optischen Scheibe weeent-
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VereiDsnacbrichten.
lieh gesteigert wird, wurde gleichMli in Th&tigkeit gezeigt. Sodann
wurden ui der Sehw nngmaachine eine B«ibe neuer AnMtoe Torgefllbrt:
ein dnrchsichtige« coniinnierlich arbeitendes Modell der Kreiselpumpe,
eine S( hleudertrommel und eine Vorrichtung sur Erklärung der Passate,
Weide mit Schutzvorrichtung, und zwei Apparate zum Nachweise der Flieh-
kraftfp'f!»etzf. Mit der hierauf vorcrrf lihrten ppmonstrationj''/f»ijr'*r-
wage wurdtMi inessi'ndo Vcrsiiclic iil>er AtlhaHion und über Keibunj;. sowie
der Nachwein dej» Archiiuedischen rrim"i]ies durthgelTdirt und die viel-
fachen anderen Verwendungsweisen des* A^iparates erläutert. Ein einfacher
Apparat för die Gesetze des Druckes im Innern einer Flüssigkeit und
swei selbfttthfttig und stetig teigende Bodendmckapparate, die die Gesetze
des Bodendruckes ebenso bequem als genau nachweisen, schlössen die
Reihe der vorgeführten Apparate, die in ihrer praktischen und präcisen
Ausführung ein Experimentieren erm^lichen, das durch seine Eleganz
und An?ä( hnulichkeit den Unterricht belebt und zu einem erfolgreichen
gestalten muss. Die vorj^'eführt«n Apparate werden in der WerkstAtte des
Mecbiiuikers Juliu*» An tusch in Heichenberg her^'c^telU. ~ Nachdem
der Vortragende geschlossen, erscholl lauter Beifall, mit dem die Zuhörer
schon frfiher mehrere in ihrer Einfachheit und Feinheit besonders Ober*
raschende Experimente begleitet hatten. Der Obmann des P&dagogischen
Vereines, Herr Lehrer A. Malley, gab in herzlichen Worten dem Danke
der beiden Vereijie nnd aller Anwesenden filr die wahrhaft anregenden
Vorführungen Ausdruck und sprach den Wunsch aus, dnss die Benützung
dieser Apparate immer weitere Verl>reitiing gewinne, zum Nutzen des
T'nterririite-; Der Vor«it/i'iide sehlos?* uiit dem Danke für äm '/.ahlieiehe
EnjchHiiieu und dem VVunsche, es möge sich noch mauche Gelegenheit zu
ebenso anregendem Beisammensein ergeben, die gemeinsame Sitzung beider
Vereine, der noch eine gemflthliehe Nachaitzung folgte*
In derselben Versammlung brachte der Obmann den Mitgliedern des
Vereines „Deutsehe Mittelschule" die Einladung zur Kenntnis, welche der
Verein für Alterthumskunde zu der von ihm am 30. November zu
veranstaltenden Fest Versammlung aniaasiich des 70. Geburtstages Theodor
Momii '^ens hatte ergehen lassen.
Inzwischen waren in Prag denirtige VerhiUtniNse herrsehend geworden,
daäs an dem bezeichneten Tage die Mitglieder wohl der Kinlatiung folgen
wollten, jedoch bald wieder das belagerte Cleiuentinum verlassen musaten,
da die reroltierende Menge eine derartige Feier nicht gestattete und der
einberufende Verein auf Wunsch der BehSrde die Pestsitzung yersehob.
Auch die für d« n 15. Deceniber anberaumte Vei einsversammlung.
für welche ein Vortrag de.s Herrn Regierunjii^rathes Dir. Dr. L. Chevalier
auf der Tagesordnung stand, musate unter den gegebenen Tmatänden aue*
fallen.
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Verüiu8nuchncbttiü.
C Sitzungsberiehte des Vereines „Mittelsehule für Ober-
österreieh und Salzburg in Linz^
(Mil^etheiU von dem Obmanne Prof. Dr. Ail. Horcicka)
Dritte Yereingrersammlmig.
(Lüii, 16. October 1897.)
Anirecend 26 Mitglieder, daninter Herr Landee-Scbulinspector Eduard
Seh warn mel und Schulrath Dir. Chrittoph WQrfL
Nach der Eröffnung der Sitzung durch den Obnuinn Dr. Ad. Horcicka
ergreift Prof. Hans Belohlawek der Handelitakadeinie in Linz das Wort
SU dem Vortrage:
„Die Personal-Einkommensteuer".
Nach kurzen eink-itiMuli ii Worten über dm Wesen und die vei-
schiedenen Kuiegorien des mit Januar lb9ö in Krai't tretenden Steueigesetze»
übergieng der Vortragende Mrfümrt zur Beepreehung der die Mittelachuilehrer
betreffenden Personal-EinlcomnieniiteDer. Mit großem Oeacliieke und Klarheit
erledigte der in die Behandlung der Frage ▼oUstftndtg eingeweihte Fachmann
seine Aufgabe, indem er nicht vom doctrinären, sondern vom rein praktisch« n
Standpunkte alle möglichen Fälle der Besteuerung, immer an der Hand
von Beispielen, heranzog, so dass den Zuhörern ein trefflicher Schlüs el
für das Steuereinbekenntnis geboten wunlf. Für seine .\usliihi unj^ct»
erntete er den Drink alier in großer Zahl imwcbcndou Mitglieder, von
denen einige noch für ganz besondere Kalle Auskünfte erbaten, doch alle
den Eindruck gewannen, dasa die neue in Durehföhrung begriffene Steuer
keine Erleichterungen bieten, ja im Gegentheile die Einnahmen im Stande
der ProfeiBoren bedeutend beiasten werde. — Daran knflpfte «ich eine
anregeode Besprechung über die mit Unrecht seit September 181^7 so hoch
gestiegenen Lebensmittelpreise in Ijinz, wobei mit besonderer Befriedigung
zur Kenntnis- fjenomnx'n wiirtlo. <la-s der von der Gemeindevertretunff Linz
zur Beseitit^mi;^' ciicst-s ( lu'Utainlo t'in«?esetzte Sonderausschus« sich mit
ailem Krn.ste der Suche annehuie. fc^* wurde der einstimmige Beschlu«-!*
gefasst, entsprechend dem Vorgehen der anderen Vereine, eine Zuschrift
an die Gemeindevertretung zu Abenreichen mit dem Ansuchen um m6g-
lidist beschleunigte Abhilfe dieser Unzukömmlichkeiten, durch welche
insbesontlere der Lehrstand hart, betroifen werde. Da.s Gesuch wurde am
30. October 1897 der löblichen Gemeindevertretung der Landeshauptstadt
Linz übergeben; der von dieser eingesetzte Sonderiiusschusä hat. wie wir
aus Zeitungen veru' hinen. Vor^i Isl it"' orntatt^^t, leider aber haben wir von
einer Herabminderung der Lebensaiiitelpreise bis jetzt (Ende Februar lö9S>
noch nichts gemerkt.
Der Obmann theilt femer mit den Eintritt der Herreu Proff.:
Rudolf Knesek, Franz Matouschek und Anton Sauer (Gymnasium
Lins), Dr. Karl Müller (Realschule Linz), des Dir. P. Lambert Guppen-
berger und der VvviW Dr. Josef Osternacher, Adolf Müller und
Johann Paul (CoH(L,'iiiin Petrinum in Urfahr). Franz Schneider und
Dr. Budolf Weiß iPrivatgymnasinm Gmundeni und rr;in/, Nemluvil
( HandeUakaiitMiiio Lin?.). Aiu 'S. Octol»«'r 18{*7 wun]-- an dca Lehrkörper
de^ Gymnasiums in iiadauiz in der Bukowina aus Anlass des «^öjähiigen
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Vereiosiiaciirichteii.
71
Bestände» der Aiinilt ein BegrQßunjzsscbreibeii abgeaendet. Der Bücherei
de« Yeretnes flbenendeten Prof. Josef De übler in Freistadi und Dr. Leo
Langer in BrQnn ihre ProgramtnanlUitse in Separatabdrflcken, wofQr
ihnen der g-eziemonde Dank anigesprochen winl. [m Sinne des in Wien
eingesetzten n: I l ausschuaies^ welcher sich mit dem Entwürfe einer Dienst-
prf^ftnatik befdcst, wurden in den Snnderanaschuss äon Linzor VcremPH
unter dem Vorsitze des Ohmnnres vier Mitjflieder . und zwar:
Schulrath Dir. Chrintoph Würti und dip Protf. .Tolumn llrl.l ijyju-
naäiuw Linz), Moriz Hock iBeaUchuie Lim) und JuliuM CtHitner
(Lehrerbildungsanstalt Lint).
Vierte YereinsYersammliing.
(Linz, 13. November 1897.)
.•\nwosrrul "Jl Mitgliodor, danintcr Herr Lundes-Schulinfpector Kduard
'^(■hwanimel, ätatthultereirath Dr. Eduard Magner und Dir. liudolf
Pindter.
Nach der Begrüßui g der anwesenden Mitglieder ertbeilte der Obmann
des Vereines Herrn Dr- Friedrich Falbrecht, Professor am Staats-
gjmnasinoi in Lins, das Wort sn seinem Vortrage:
„Die SeUaeht bei Marathon",
eine Herodot- Präparation nach psychologisch er Methode.
Dor Vortragende erörterte zunilchxt den Gang der Herbart-Ziller'schi'U
FortuaUt iifentheorie und schloss daran zwoi nach dieser Methorle praktisch
erjirohtf? Stundenbilder über die betretiV'iulfii napito! der Schililernni» der
Schlacht bei .Marathon, welche un» durch Hmodot überlietert wird und den
Gegentttand der LectQre der VI. GymnaKialdasse bildet. Ka wai* dem Vor-
tragenden dabei Tor allem auch durum su thnn, die Qewinnnn^ des ethi-
flehen Gehaltes ans den unsterblichen Meisterwerken des clasnscben Alter<>
tliums und so gerade den erziehlichen Wert der clavsiachen Literatur för
die Jugend danuthna. Der mit großem Beifalle aufgenommene Vortrag gab
«iie .\n!H<^img zu einer recht leVihaften Debatte, an d#»r sich mehrere MH-
g(i*'(it'r ii'-theili|j:ten. Wir begir'i^'''n un« vnrirniti_', nurMuit wt-iiigen Worten
dl n Voi tiai,' zu skizzieren, da tiertselbe im il. lletie, Jalirgung XII unserer
Mittheuiingen zum Abdrucke gelangt. — Als Mitglieder eingeticlcn sind
die Proff. Josef Bentel, Franz Schickinger (Oymnasimu Lins) und
Dr. Karl Majer (Colleginm Petrinnm\ Der Obmann gibt bekannt« daas
der Sonderansuchuss fttr die Berathung des Entwurfes einer Dienstfaragmatik
fÖr die Mittelachullehrer den Sihulrath Dir. Christoph Würfl «um Be-
richterstatter gewählt habe. Für den Entwurf einer Prüfungsordnung für
die lif^Tf^ren Clausen der Mittelschulen im S:nn<' der Vorla^'e des Vereine-:
.Ttik ivv ii« 1 Mittelschule" wurden zu Dei iihterstattern gewählt, unfl
zw.ii IUI- die humanistische (Jru\)pe Prof. Franz Schickinger (Gym-
nasium Linz, und für die realistische Gruppe Dir. Uutluit l^indter
{Keal^chiile Linz). In dieser Sitsnng wurde auch die Abhaltung des (Jnter-
haltangsabendes für den 27. November 1897 angesetzt. An diesem Abende,
der in der heitersten Stimmung verlief, bctheiligten sich gegen 60 Mitglieder
mit ihren Familienangehörigen. Zu de«? n n.lin^ren trugen bei durch
GesangSTortrSge Fräolein Marie Buraschi, Emiiie Schwammel and
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4^ Vereimnachrichten.
Fraa Knesek-Neumiinii, doreh Yortrftge von Hedichteii Frftulein
Clotilde Gärtner und Pr(rf. Edwarrl Samhaber. Prof. Frans
Kofensky brachte einige pMseode Lieder» Prof. Dominik Loisel ge-
eignete Stncke auf dtT Goip^p 7.0m Vortnij»p. Mit unermüdlichem Humor
waltctf l'rol'. I>r. ^'rio(^l•ich Fiilbrecht seines Amtes als Obmann des«
\ * rj^iiü^unj^^ooniit wiihiend n^m Unuler Rudolf Falbrecht in ?Mvor-
komiueudtir Weist; neben dem V^ortnige eigener Stücke die Begleitung aut
dem Claviere fibemahm. In fröhliebster und gemüthHcber UnterlmHung
blieb die Venammliing bit weit Ober die niitternftchti|{e Stande beisRmmeo,
sn größtem Danke den Damen ond Herren verpflicbtet, welche mit größter
Bereitwilligkeit durch ihr Mitwirken den achOnen Abend ermöglicht haben.
FAnlle YereinsTeTsammloiig.
iLini, HB. Deoember 1^7.)
Anwesend 20 Mitg^lieder, darunter Herr Landes-Schulinspector Ednard
Schwammel, Statthaltereirath Dr. Eduard Majjner, die Directoren
Rudolf Pindter. Schulrath Christoiih Wür fl und J oh it n n bf n i cht.
In Verhindcrunji^ des Obmannes führte (K'-srn Stcllvt t tnd»r l'iof.
JuliuH Gartiicr ib'n Vorsitz.. Der Abend wav iuisschlieblich der Dis-
ciisdion über den Entwuit einer Dienstpragmatik fiir diu Lehrerpersonal
an den k. k. teterreichischen Gjmnasien ond Realschalen im Sinne der
bei dem VI. Mittelschultage in Wien berathenen Vorlage gewidmet. Oer
zu diesem Behufe eingesetzte Sonderausschuss hat den Entwurf in drei
langdauemden Sitzungen einer eingehenden, reiflichen, rein »ichlichen
iawiigung unterzogen. Namens dettselbcn übernahm Schulrath Dir.
<'hri'<toph Wnrfl die BerichtersUxtt uiiij. F> ^^'t begreiflich und in der
Niilur di-r .S;n lif L:''i«'r,'en, das-s «ich an dit* tMn/.»dnrn Punkte d«'.s tintwuifcf
wie auch an die vuin Aus.schus.se vorgebtaehLeu Auderuuj,'en eine lebhafte,
aber rein sachliche Debatte ansfchloss, ^umal da» Streben dahin gehen
muss, ein allen VVfinschen entsprechendes, aber auch formell möglichst
Toilendete» Operat Tontulegen» auf Grund dessen dann an die Abfassung
einer 8okhen allgemeinen Dienstpragmatik geschritten werden könnte.
Die Debatte war eine nißeri^t rege, da beinahe alle Mitglieder in dieselbe
einjTriftfn. um auf Grund ihrer im praktischen Schuldienste gesammelten
Ertalii unu'en ihron An=;ichten Au-- Iruck zu verleihen, dir Theil.-^ er^jänzend,
theils vöiiit; uin.iutleind auf die einzelnen l'imkte des Mut wurt».'» einwirken
sollten. Ein wie reger Eifer an der Sache zutage trat, erhellt <laraus.
doss in der mehr als vierstündigen Sitzung die Berathung nur bis Haupt*
atück II, % 13 gedieh, worauf wegen weit vorgerückter Stunde die Fort*
Setzung der Berathung fAr die nächste Vereinsversammlung verlegt wurde.
Seehste YereinSTdrsammlang.
(Linz, 33. Januiu: 1898.)
Anwesend 20 Mitglieder, darunter die Directoren Herr Kudolf
Pindter, Schnirath Christoph Wfirfl und Franz Schauer (Oym*
nasium Frei.st;idt I.
Na Ii l'e<;nibuiig der Anwe.>;enden eröttnet der Obmann die Sitzung,
indem er zunächst einige ge^chältliche Mittheilnogen zur Kenntnis bringt.
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Vereinünachrichteu.
73
■
Eingetreten üt ab Mitglied Prof. Brnat EbenbOch (Gymniittani Ried).
Sodann gelangt sar Berathnng der von Prof. Oikar Langer (ReaUcbnle
Lins) ein<;ebrachte Antraf?, diu«» dtr Verein die geeij^neten Schritte niit<T-
nphnif», damit fQr die Neuphilologen der Hcalschnlen in Oberösterreich und
hnlzhurq'. wip m schon für Böhmen und Mähren durchgeführt ist. im
nit^tlerüsterreichischen Landtage eben in Berathung steht (s*»ither schon
beschlossen), das Maximuni der Lehrveipllichtung von 20 auf 17 Stunden
herabgesetzt werde. Der Antrag wird aus dera Grande gestellt, weil bei
der bevorstehenden Reorg-.iniaierang des Kealschnllehrplane« eine Ver-
mehrung der philologischen Standen, aber nicht der Lehrkräfte bevorsteht,
«o da»s man von der bisher in den genannten L&ndem herrschenden,
milden Aul&sffung, den Nenphilolc^eo nicht mehr als 17 Stunden zu-
zuweisen, abkommen nin.«ste, und diese dann bei größerer Stundenbelastung
untor dem Dnuko dfr vioh^n Correctmi'n nicht imstande wären, di^n An-
torderungen des LnlerrichLes und eigener FortV*i)dnng zu cTit-] »rechen.
Da über die Berechtigung dieser billigen Forderung kern Zweilei sich
erheben konnte, bewegte sich die Debatte nur über d» Form des Gesuches,
«einer Motivierung und den zu wählenden Instansenweg. Einstimmig
wnrde sum Beachlnsse erhoben, das« der Aossehnss die £ängabe im Wege
doä k. k. Landesschulrathe« an das Ministerium fiir Cultus und Unterricht
leite mit der Bitte, dass dieses an die Landtage der Erblftnder Österreich
ob der Knns und Salzburg herantrete, damit von diesen ein der Hingabe
entsprechen' 1er IJeschlu.««? gf*fii*?t werde. Die Eingabe wurde ani 9. Fe-
bruar IbÜb dem k. k. Landeä.schuirathe zur weiteren Amtshandlung vor-
gelegt.
Im Vordergrunde aller Verhandln ngKgegenstftnde »teht die brennende
Frage der im Reichsrathe beschlossenen, aber snr Sanction leider noch
immer nicht unterbreiteten Gehaltsregulierung. Die Niehtactivierung
derselben trifft unneren Stand in Oberösterreich umso schwerer, da gerade
in diesem Lande seit Mitte de.s Jahres 1897 eine so ungemeine Erhöhung
dfr gt'wohnlirh'tpn. zum Leben nothwendii;*»n .Artikel eingetreten ist, daj*.«'
der mit -riiicri »iciuilt .iiiLi:ewie?ene Tiehrcr einen ^^ehr knappen Haushalt
luhren uiUüs, uui isein Au.sküuauen zu iindeii. ^ulboLverständlleh hat die
in dieaem Sinne gegebene Anregung des Lehrkörper»* des Gymnasiums in
Iglan bei uns einen mächtigen Nachhall gefunden, und wurde zunächst
vorderhand der Beschlnss gefasst, dass sich der Verein »Mittelschule für
Oberfieterreich und Sakbnrg in Lins" den Schritten anschließen aolle,
welche der Vor(>in „Mittelschule'' in Wien zu nnternehmen beabsichtigt^
nber welche der Obmann nach vorher eingegAngenen Erkundigungen die
Anwesenden in Kenntnis j^etzte.
Den nächsten Punkt der T.i;,'r->ofduuiig Vtiub^te die Berathung iiljer
eine neue Autuahni»j)iüiungsorunung in die höheren Clausen der Mittel-
schulen, für welche die Grundlage die im Vereine „Bukowiner Mittel-
schule" in Czemowitz gepflogenen Berathungen bildeten. Zu Bericht-
entattern wurden in der Siteung am 13. November 1897 die Herren
Prof. Franz Schickinger (Gymnasium Linz) fQr die humanistische und
Dir. Rudolf l'indter (Realsehule Linz) für die realistische Gruppe der
Gegenstände gewählt. Zunüclist Werichteie Prof. Schickinger in sehr
eingehender und ausführlicher Weise namentlich über die bei den Prüfungen
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74
V e rei nsaachrichtea.
au9 den Sprachen gestellten Forderanf^eu. Wfthrend sieh bei den übrigen
Fächern der humanistischen Gruppe die Begrenzung des PrüfuttK^toffet
meist aut> dem Wetsen der Sache selbst ergibt, ist dies bei den Sprachen
nicht der Fall. In diesem Punkte konnte der Berichterstatter, tlcr eine
l'iniindei uns^ der PrülungHordiiun«^ im Principe wünschenswert tindet, den
Vorschlagen au» C^erucwitz nicht ganz l>uipilicbten. Er brachte auf Grund
»einer Erfahrung im Lehrfache und seiner scbuluiännischen Kenntnisse
eine Reih« von Abänderungen Aber da« Ausmaß des au prüfenden gram-
niatiaohen Stoffias, inebeiondere Bber die den Scbfllern cur Oberaetcung und
Erklärung vorzulegenden Schriftsteller, welche die nngetheilte Zniitimmung
fanden. Dir. Rudolf Pindter hat sich als Berichterstatter fUr die rea-
l:>li->cht' Faoh^rruppe mit wenif^en Worten diiliin geäuliert, da*?s er für die
Ucjin haltun); der bifsherigeii l'rül'ungsordnung .sei und eine Neuerunjr nach
dieser Seite, wie sie von Czeriiowitz aus angerej^t werde, nicht fiir noth-
wendig erachte. Nach einer anregenden Debatte wurde der Beschlut$i> gela>.sl,
atcbdein vom Vereine „Bukowina: Mitti^l^eknlo" inCEomowitz vorgeschloi^eneD
Entwürfe för eine neue AufnabmsprQfangiordnnng fiir die höheren Ülasien
nicht anzuflchtießen» doch die von Prof. Frana Schickinger vorgebrachten,
«ehr fleißig zusaniuiengestellten Uniiinderungen zur Berücktdchtignng besten«
zu empfehlen. Der Ubniann dankte den Herren Berichteratattern für ihre
Mühe und brachte den Beschlnss dem Vereine in Ciiernomts mittelst eines
Üohreibens vom 24. Januar y.ur Kenntnis.
Den Schlu-s der Sitzuni; bildete die Fortsetzung der Discussiun über
den Entwurf einer Dienstpragmatik für dun Lehrper&onal der k. k. Gym-
nasien und Realscfanlen, welche bis Hauptstttek III, §34 gedieh, dann
aber wegen weit vorgerilckter Stunde abgebrochen werden m aaste.
Sieheiite Vereins- (zugleich Jahres-) Yersauuulung.
(Linz, 14. Februar 1098.)
Anwe.<»end 29 Mitglieder, darunter Herr bandes-.Schuluispector Kd uai d
.^chwanimel, die Directoren Schulrath Christoph Würfl, Joiiann
Habenicht, Jobann Degn (Lyceum Linz) und Karl Schuh (Gym-
nasium Gninndea), ferner die Proff. Alois Hartl (Gymnasium Ried) und
Theodor Sehmid (Realschule Steyr).
Nach der Eröffnung der Versammiong ergreift Prof. Moria Bock
der BealiiChule in Linz das Wort zu dem Vortrage:
,,Dle Shakspere-Bacon- Frage".
Nachdem IJedner ztiiuichsl in ehiiiren einleitenden Worten die große
Zahl von Schritten, welclie iibei die-s-u < Jei^iTstiind verüll'eut lieht wurden,
hervorgehoben und jene Bücher und Lrüschruea namhaft gcmaciit hatte,
welche die Grundlage zu seinem Vorti-age bilden, geht er auf sein Thema
über und erwähnt zunächst, dass ernste Shakspere- Forscher selbst viel-
leicht KU Zweifeln Ober die Verfiusersehaft der Shakspere'achen Dramvn
Anlass gegeben haben mögen; es werden Theobald und Max Koch eitiert
und die betreffenden Stellen verlesen, auf welche eben angespielt wurde,
zii<;leich aber wird bewies;en, d>i*s die Zweifei dieser Korscher nur dahin
i:ien<;en. ob Shak-i)ere nieht e*wa M:tarl>eiter auhaljt habe, tind inwieweit
die beiden geistig am höchsten stehenden Männer des Zeitulters der Künigin
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Vereiusnachrichten.
Elizabeth einander beeinfinwi hüben uiöffen. Der Hanpti^rnnd fAr die
Förderung der Zweifel an Shaksperei« Verfaäserschaft h»g offenbar in dem
Unistande, das» der Abstant-i swiBchen dem Bildung>-g-ange des jungen
Sliak.'ijKTo und den in den Dnmipn niedergelegten Kenntnissen auf tien
v»»r^ehiedt'n>tt'n Gebieten (bcsundcrs Jurist tRohr-n nnd inediciniachen Kennt-
iii~s,'n; '/AI auttallend ist. Um zu zeigen, iimn die juridische Gelehrsamkeit
öluikspeiea keine so hervorragende gewesen ist, verweist der Vortragende
vor allein auf den «Kaufmann Ton Venedig". Mit Besng anf die übrige
Gelehrsamkeit des Dichtere führt er die Hanptargumf»te am dem Buche
Farmers Ea»ay on the Leaming of Shäkspere* an und hebt die
wichtigsten Anachronismen aua den Dramen hervor. Wie kann aber Bncon
der Verfasser so großartiger dnimatiRcher Meisterwerke gowosen sein?
Hedner gibt an. was fiir dichterist li»> Loistungen uns Bacon hmtorlassen
hat, und thut dar, das« dus allt.s nicht über das hinaus geht, was leicht
jeder, der einigermaben gewauut und geübt ist, hat zustande bringen
können. Nun wird aber vom Vortragenden nachdrücklichst durgcth^u,
was fEür ein Unterschied in der Anschauangsweiae bei beiden Mftnn<*rn
vorhanden ist, inftbeeondere in ihrer Auffassung der dramatischen Poesie
und in ihren Ansichten über die Liebe. Endlich wird das (Irtheil Speddings,
des besten Kenners von Bacons Werken, in dieser Frage angeführt. Redner
geht üodiinn zur ßt w - isfühnin"^' du- Baconianer über und behandelt zvi-
nächst den äuGeren li' weis. Hie .Sti/l!e aus tler Apology, in welcher er
sagt r,. . . ihouffh l jn-itfess not to bc o poef, der Brief, den Bacuii an
den Dichter Davies schrieb, das Gedicht Ben Jonsous zum 60. Geburtstage
BaconB, der Brief Tobie Matthews an Bacon, alle diese Documente, welche
die Baconianer zn ihrer Beweisführung benutzen, werden angeführt und
in* rechte Licht gestellt.
Bei der Behandlung des inneren Beweises kommt besonders Donnelljrs
Buch «jTAe Great Cryptoffrann" und die Paralleiism-Methode (Mr^. Potts)
zvir Spruche: wird gezeigt, wif Ii in HUI ii,' ;ill«'s ist. was durch die-'- Art tler
Beweisführung zutage gefördert worden ist. Auf Bormanns Leistung'* !! näher
einzugehen war nicht tuehr Zeit; Redner behielt sich vor, i;ei .^|,Ȋten'r
Gelegenheit dai'auf zurückzukommen. Zum Öchlusse wurden alle be-
deatenderen Schriften erwähnt, welche auf dns bt'stimmteste den Schau-
spieler William Shakepere als den Verfasser der Dnunen nennen (Greenes
Pamphlet GroaV» toorth of Wit brught with a MÜlwn nf Bepenianee"
[lf)\)2\: Francis .Meres' ^Palladiff Tamia'' [1598]; John Weevers Epigramm
[lOüiij; das Schuldrama „The Rclurne froin Farnas.tu.t" [IGOiJ]: das Zeug-
nis de-* John Cook [1(;(>4J; das des Dichters Barksttnd; das Gcd fht des
John Davit.'s ^ Srm/rfje nf FdUii" \ das Z"u^'nis de^ Dranuitikers
l homiVS lieywüüü;. ( ipl »luliich erlul^le no<li dt r NOrtrag einiger in der
Folioausgabe des ^>iiak»pere- Werkes von 16<io al»geilrucktcr Gedichte, in
denen des verstorbenen Sehaui^iele» nnd Dichters William Sbakspere
aus Stratford am Avon mit den Ausdrücken begeistertsten Lobes gedacht
wird. Namens der Anwesenden dankte der Obmann dem Vortragenden
für den äu[>erst interessanten und anregenden Vortrag, der einen schönen
Einblick in eine der neuesten liternrgehichicht liehen Streitfragen gewährt,
die «rerade in unseren T:iir"n mit ziemlicher Heftigkeit getilhrt, aber nicht
im Siane der Baconianer enUicbieden wurde.
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76
Vei einsnachrichten.
Sodann wird an die Erledigung der geiwhfiftlichen Angelegenheiten
goechritteik, da diese Versammlung gleichxeitig auch die JahiesTersammluiig
'viL Der vom Obmanne vtrltMiene Jahretbericht, wie aacb der Ausweis dt's
Ciissier-» über die Cassegfebanin<r wurden von der Ver^ümmiunjT mit dem
Ausdrucke des Dankes für die Müiiew.iltunf: der beiden ilenen. sowie der
übrigen Au8schussmit}»!ieder ^enehiuigt. An den Bericlit cies (linu.inne^
knüpfte Prof. Josef Heller (Ileal^hule Linz) die Bemerkung. dasN dei
von der Stadtgemeinde eingesetzte Ausschn«« zur Untersuchung der seit
Herbst 1897 zugenommenen Vertheaerung der Lebensmittel bisher nichts
Wesentliches in dieser Angelegenheit wegen der großen Schwiei'igkeiten.
die sich seinen Arbeiten entgegenstellen* habe leisten können, doch das>
ti\r die nächste Zeit eine llevision der Marktordnung u. «>. w. in Aussicht
htehen. Bei der hierauf vorgenommenen Wahl wurde Dr. Ad. Kori icka
trotz seiner Erklärung, dsi>s er wegen Überbürdnng mit anderen Angelegen-
heiten nicht iniKtnnde .sei. den \'erein /.n leiten, wiederj^e wählt und nahm
schließlich nach dta aiieikennenden Worten Prof. 0. Langers und Schul-
rathes Dir. Christoph Wnrfls über seine und des Ausschüsse« Thätigkeit
im abgelanfenen Tereinsjahre die WQrde des Obmannes noch für ein Jahr
an. Unter dieser Yoranssetsung nahmen die wiedergewählten Aussehuss-
mitglieder Prof. Hans Belohlawek (Handelsakademie Linz), Julius
Gärtner (Lehrerbildungsanstalt Lin/.i und Dr. Leopold Poetsch (Real-
schule Linz) die auf sie gefallene Wahl an, so djiss der Ausschusa in seiner
alten Zn^ümimensetzung bestrebt sein wird, dn"? neuerlich ihm entgegen-
geliraehte Vertrauen der Mitii;lictier /.u bestiltiijen , imd sich mit allen
Knllteu ciuseizen wird, die Ziele des Vereine» nach bester Thuulichkeit zu
verfolgen und zu deren Erreichung sich mit allen ihm zugcbote stehenden
Mitteln einzusetzen. Ab erfreuliche Thatsachen unseres Vereinslebens lassen
sich die verseichnen, dnas die Zahl der Mitglieder im heurigen Jahre zwei
Ehrenmitglieder und 141 wirkliche betrug (gegen 136 im Voijahre) und
dass das Vereinsvermögen trotz größerer Ausgaben im heurigen Jahre
fl. 73 kr. (gegen :H)3 fl. bl kr. itti Vorjahre) betrug, sonach eine Zu-
nahme von IG fl. kr. zn ver/pirhnon hat.
Am i>chlu8se der Vet suuiinlung bot sich gleich Gelegenheit, für die
Wahrung des J^tandesinieresses einzutreten. Der Obmann brachte einen
Brief aus Salzburg des Inhaltc-i zur Kenntnis, dass die Salzburger Mittel-
schulen gemeinsam an die hohe Regierung im Wege des k. k. Landes-
Rchulratbes eine Eingabe richten mit der Bitte, das im Reichsrathe be-
schlossene (resetz der (rehaltsregnUerung baldmöglichst der Allerhöchsten
Stinction zu unterbreiten. Im Anschlüsse daran verlas Prof. 0. Langer
einen von ihm verfa.swten Entwurf, der zu gleichem Zwecke von dera
L«^hrkör()er der Kealsohule beschlossen wurde. Ent.«!prechend dem Vorgehen
der S'alzburger Lehrnn-talten wurrlc der Jieschlu^'^ gefasst. da«^ auch dir
oberüsieireichi.schen i.eiiran:<talien als solche einr i;einein«;inie Eingabe ein-
bringen sollen. Zu diei=cm Uehiifc wurde ein .""onderuusüehuss, bestehend
aus den Directoren Johann Habenicht, Rudolf Pindter und Schul-
rnth Christoph Wttrfl, ersucht, mit Verwendung des Lange raschen
Antrage:« die Eingabe nuszuarbeiten. Mit anerkennenswerter Freundlich-
keit äbemahm Dir. Schulrath Würfl die Ausarbeitung derselben, welche,
von allen Lehrkörpern der k. k. Staats^ymnasien und Bealschulen Ober-
VereiD«nachricbteii.
77
Üsterreicha unterfertigt, aui i. Marz 1898 dem k. k. LanUesuchulrathe in
Lins vorgelejzt wurde. Der Verein ,»MilteI«cbnl0 tOx Oberö^^terreicfa nnd
Salsborg in Iiiox* wird alt aolcher eine Eingabe in dieser Angelegenheit
ilirect dem hohen Miniaterium för Cultos und Unterricht unterbreiten.
Z>. Sitzungsberichte des Vereines „Bukowiner Mittel-
schule" in Czernowitz.
»Seehsaudvierzigste (auiierürdentliciie) Yereiii8versaiuiuluiig.
(Mii^theiit von Prof. Ür. H. Herxog [Radautx].)
(Radauts, October 1887.)
Anwesend 47 Mitglieder, darunter der Schnlreferent Landesregiemngs-
rath Dr. Freiherr v. Schwind, Lande« - Schiilinsppctor Dr. Tumlirs,
Schalrath Klauser, die Directoren Mandyczewaki und v^. Mor; eis Qatit
Exarch nnd Protopresbyter Johann Prokopowicz.
Obmannst»>l!vertreter Prof. st yn no w i l)cgrüßt die iinlÜMslirl) Am
GyLiiim.sialjubilauru9 ungewöhnlich zahlreich buäuchte Versaruuiluug und
heibt in.sbesondere die Vertreter der Landeaschulbehörde und die Vertreter
der Osernowitser Mittelachnlen und dee grieehiseb* orientalischen Gymna-
.liams in Sncsawa willkommen.
Obmann Prof. Dr. Palaschek, der htevauf den Vonita übernimmt:
Bevor wir in des Meritorisehe der heutigen Venammlung eingehen, er-
fülle ich nur eine angenehme Pfiicht, indem i h Inn Hausherrn Herrn
Dir. V. Mor und dem Obmannstellvertreter Herrn Prof. Cstyanowirz
ttir die freuiidlicbe BepfTÜßnng unseren lierzlidien Dank sage, Wir kom-
men iinnier ^erne y.n den Hiul;iut/er Collegen, heute .-^ind wir aus deni
be^uudereu Aulaaiie gerne gekommen, um der Anstalt peiiK>nIich unseren
Glückwonach darmbringen. Ich knüpfe daran den Wunsch, es mOge das
eoUegiale Band, das alle MJttelachnilehrer der Bukowina umschlingt, noch
fester geschlungen werden.
Der Obmann bemerkt noch unter anderem, doM die am 82. September
erschienene neue Prüfun<;8vorBchrift für die Candidaten des Lehramtes an
Gymnasien und Realschulen in gewissen Punkten den von ihm in seinem
Vortrage ,L lit>r Jie Keform d^r Lehramt^pt nfnngen" <jeruiLu'i ten Wünschen
entspreche. Hieruuf entwuit der Vorsitzende einen Abriss des Arbeits-
programmen tür das neue Vereinsjahr.
Nach diesen Mittheilungen erh< Prof. Rom. Würz er das Wort zu
seinem Vortrage:
„Über SleUton".
Prof. Wnrser erklärt, sein Bericht über seinen sicilischen Aufenthalt
erhebe keineswegs Anspruch auf Neuheit der Thatsachen, sondern wolle
nur die Kindrücke schildern, die er selbst erfahren habe. Der Vortragende
schildert das Leben im Hafen von Neap«d nnd an Bord des Schiffi's „Galilei",
da-* er um 4 Mai d. J. bestieg, um .^ieiaeii zu erreichen, dann d- n Anlilitk
des Hafens und der Stadt i'alerrao, der die Bezeichnung uU „goldene
MuscheP gerechtfertigt erscheinen lasse. Er erwähnt der Vergangenheit
der Insel, die uns das heutige Leben Siciliens erklftre, und entwirft ein Bild
78
Vereinsnachhcbten.
von lier Bauart der >tadt, die sich durch Regelmäßigkeit und lieinÜLlikoit.
und der Lebensweit« der Bewohner, die aieli durch Ernsfc und V'ornehmbeit
sehr TOD Neapel nnterwbeidet. Er beschreibt dm TTpufi der Bewohner,
au« dem dich die bewegte Geschichte der Insel and die Nähe des afrika-
ni«chen Festlandes erkennen lame, die an antike Wa^en erinnernden
Bauernfuhrwerke, das Treiben auf den Straßen. Besonders bebt er die
eahlrt^ichon öffentlichen und Frivat-Gärt»»n hervor, die vor dem Beschauer
eine wahre Zaiiberwolt trof)i?:chor Flora erscheinen lassen, m den clor N'illH
Giulia» in dem Üoethe gerne vcrwoilt, den l>f>tnnischi'ii (iartfii und «Icn (n-i-
Villa Tasca. Nach einer Schiidt-rung der Ausflüge nach Monreale und auf
den Monte Pellegrino wendet sich der Vortragende den Kunstdenkmalern
Palermos sii, die den Elnfluss der wechselnden politischen Verhältnisse de»
Landes denüich verrathen. Das Museo naaionale iässt mit seinen Kunst-
werken ans allen Zeiten die Entwicklnnjp der bildenden Knnst von den
rohesten Anfängen bis auf unsere Zeit verfolgen. Insbesondere gilt das
von der Sala delle Metope. die eine Sammlung der berühmten Metopen
dos 'l empels in Selinunt onthiilt. Diese Metoppn. ans gelbem Tutt^fiMii'" br»-
stehend, aus der Zeit von 627 — 429 v. Chr. G. hentihrf^nd, gewahren ein
treti'lichea Bild des Fortschrittes der griechischen Plastik von der grüßten
Unbeholfenheit bis zu der höchsten technischen Vollendung.
Hierauf wendet sich der Vortragende dem Dome von Palermo au,
der, obwohl die verschiedensten Bauweisen, der golhische Stil der Nor^
mannen, die saraceniscben Bogen und Arabesken, die erst 1781 aufgesetzte
Kuppel, den Wechsel der politisehen Verhältnisse verrathen, im ganzen
doch einen einheitlichen, ernsten, ritterlich -romantischen Eindruck mache.
lh\H Innere, eine dreis(lnffi.xe Baailica, wirkt dagefjen abknlilei:«! und er-
nüchternd. Die Kapelle rechten Seitenschitf^i mit den Grabmii'.ein der
großen Ilobenstaufen Heinrich VI. und Friedrich II. erweckt durch ihre
historischen lieminisccnzen das Gefühl ehrffirchtigen Schauer». Aus dem
Palazso Reale, einem arabischonormannischen Festungsbane dea Xll. Jahr*
hunderte, wird besonders die Capeila Palatina erwähnt, eine dreiscbifBge
romanische Basiiica, in der alles von märcbenhaftcr orientttliscber Pracht
erglänze. Besonder« erwähnenswert sind die ausgedehnton Mosaikdarstcl-
lungen. Die kleine Kirche San Ciovanni degli Kremiti. eine romanische
Kapelle in der Form des ägyptischen Kreuzes, ruft die Erinneninf» an <He
sicilianihch«' Vesper wach. Die Kirch«» de« 1174 gegründeten Klosters
.Monreale bildet durch ihre reicle-n. » im- Fläche von G34() m* lM>il> » kenden
Mo.^aikcn ein Gegenstück zu der Capelia i'uiatina; der Kreuzgang zeichnet
sich durch höchst zahlreiche Säulchen von großer Verschiedenheit aus. Das
Kloster der Kapuziner ist dnrcb seine Katakomben berQbmt, die etwa
HOOü Gerippe enthalten, die Leichenreste wohlhabender Bewohner seit dem
XVII. Jahrhunderte.
Indem der Vortragende die Schilderung sein<M* Eindrücke von Trapani,
Felinunt, hiegoste einem späteren Vortrage vorbehält, schließt er seine
Ausführung mit der Rückkehr nach Palenno fT? Mai\
bebhnfter Beifall lohnt den fesselnden, durch zahlreiche instructive
PhotograpliH'ii erläuterten Vortrag.
Obmann Dr. Polaschek dankt unter der Zustimmung der Versamm-
lung dem Vortragenden fBr seine AusfRbrungen.
VereixunadirielLteii.
Zum vierten Pnnktt' der l';i<;osorilnun£j i Anträge und AutVay;»'n ni^rcift
Dr. Spitzer das Wort und fragt, wie die Einberufung des von ihm an-
geregten Atuacboases («0. M.** XL S. 418 f.) vor sich ^ben mllo.
Dr. Polaachek erwideri^ da» der YorBtand» wenn er «ich der Bereit-
Willigkeit der betreffenden Mitglieder werde Teraiehert haben, die Ein-
berafang dm kxmchrmei sofort veranlassen werde.
Dr. Polasoh^k bringt hierauf die Einladung zu dem abends 8Vs Uhr
im Turiifiaale des Gymnasium'; f^tattfindenden Festcommerse ehemaliger
Äbiturientt'n der Anstalt zur Kenntnis
Der Schriftfiilirer verliest die anläs-liidi de« Jubiläums an da- Gym-
nasium gelangten Zuschriften und Telegramme, darunter von Ihien Ex-
cellcnzen den Herren Ministem Dr. Freiherrn Qantsch nnd Grafen
Ledebur, femer von sahlreiehen ehemaligen Lehrern der Anstalt.
Der Vortitsende ladt die Radantier Mitglieder su zahlreicher Be-
theiliguDg an der Jahresvemmroliing ein nnd achließt mit dem nochmaligen
Ansdracke des Dankes für die frenndliche Anfhahme die Versammlung.
SlebeniindrierzigsteTereiiis- (zugleich Jahres-) Yersammlaiig.
(Mitgetheilt vom Schriftfllhrer IVof. Jos. Bittner.)
(6. November 1897.)
Der Obmann Frof. Dr. Polaschek begrübt herzlich die ven^ammelteu
(3Gj Mitglieder, besonders den administrativen Referenten des k. k. Landes«
schalrathes, k. k. Landesregtenmgsrath Dr. Wilhelm Schwind» die
Directoren Schulrath Elanser und Mandycsewski nnd die Vertreter
de« Radautzer Gymnasiums, den Obmannstell vortreter Prot Ustyanowioz
und Prof. Mock, nnd meblet als neue Mitglieder den Profes.%or am Staat--
Untergymnasium in C/.ernowit/, Friedrich Löbl, den Architekten und
wirklichen Lehrer nn dfr k. k. Staatsgewerbeschule in Czernowit? .Tnsef
Dell und den 'lurniehnr des iStaatä > Uotergjmnasiums in Czernowitz
LeoniduK Boduarescul an.
Hierauf widmet der Obmann dem am 36. October verschiedenen Mit»
gliede P^of. Leonhard Hajder vom Staat.sgymnasiiim in Sanok einen
innigen Nachruf, worauf sich die Versammlnng xum Zeichen der Trauer
von ihrem Sitze erhebt.
Nach einigen gettchäftlichen Mittheilungen erstattet der Obmann den
ÜechenBcbaftsbericbt üb. - 1 - ;h u'- lmf. n • ^ najahr 1896/97.
Rechenschaftsbericht.
Im abgelaufenen Veroin.'^jahre traten ilem Vfn iiif 1') .Mitglieder V)ei,
2 traten aus, 2 starben, ho dass nunmehr die GesiUimitziihl 124 beträgt.
Auch dieses Vereinsjahr stand noch im Zeichen der Gehalt8re;.Milierung.
Es ist gewiss zum großen Theile mit dem iiifttigen Eingreifen der Vereine
zu verdanken, dass wenigstens die Härte der Zweistufigkeit der Gehälter
maßgebenden Ortes als unhaltbar erkannt und aufgaben wurde.
Eine andere für unseren ganzen Stand überaus wichtige Frai^f. die
Schaffung einer Di- nstpragmatik, wurde von uns angeregt, und dem
Entgegenkommen der Wiener Vereine .Mittelschule". ^Uealschule" und
^Supplentenvorein" i«t o.s zu verdanken, da.ns nehon nn<iereni Referate,
welches unser Vereinsmitglied Prof. Norbert Schwaiger erstattete, auch
Digrtizeo Ly <jOOgIe
80
VereinBnachridiieii.
ein Corieferat im Namen 6vr geoaonten drei Vereine von Prof. Fran»
Danrer benn VI. d«atM]i-&iterreiebi8elien Mittelaehultage in Wien (Ostern
]8d7) vorgelegt werden kMinte. Die Saclie irt, wie es nch bei deren
Schwierigkeit von eelbet Tenteht, noch nicht abgeacfaloasen; es ist aneb
in onnerem Vereine ein engerer Ausschuss, bestehend ans den Proff.
M. Bulaban, Jo«. Bittner. Norb. Schwaiger, Dr. Sam. Spiiter
(Hadautz) und dem Bericht'»rstatter , einj^osetzt worden, der die Frage
weiterverfoltrt. Anregunjjpn und \V in ' h»' von allt^n 8eiten entgegennimmt,
um dann die Eru'ebnisstf (l^^in in Wu-n ta^^enden Hauptausschiuee cur end-
giltigen Fiiikumg zur Verfügung zu »teilen.
Eine besonders umfkngreiohe Frage, die viele Sitzungen des be-
treffenden SoadeianeMjhatief nnd der VolWersammlnng beanspmcht hatte,
ist anch ihrer Torl&vfigen LOenng eotgegengeführt worden, die Frage über
die Anfnabmeprllfangeii in die höheren Claasen der MitteLwhalen. Die
Vorhige des AusschoMes, der Gang der Bcrathun^on um! die dort be-
schlossenen Änderungen und Zusätze sind, wie es die Wichti^^keit der Sache
erforderte, ausfuhrlich in nnserem Vereinsorgane abj^'eii ruckt worden. Die
V»•rein!^leitun^r bat mit Schreiben vom 2. Noverabpr dir- Schwester vereine
eingeladen, «ich mit unr^eren Vorschhlgen zu beschäftigen und ihre Be-
schlüsse uns bis Ende Januar 1S98 zu übermitteln. Unser Verein wird
dann die Aufgabe haben, die Sache in die entsprechende Form sn bringen
und an da« hohe Ministerium fUr Cultue and Unterricht su leiten.
Ein gflnttigee £b^bnis lanen die Schritte erwarten, die die Vereine*-
leitung beim hohen Miniiteriam fÜir Gnltns und Unterricht zu unternehmen
im Begriffe steht, um die eeinerzeitigen Vereinsbe^tchlüsse der Verwirk»
iichung entgegenzuljrinjjen . wonach im Sinne der .Ausführungen unseres
Vprpin^niitt,rli,.de.s Prof. Dr. Frank („r). M." 9. m. '^ihi H") dits hohe Mini-
sieriuni die Verfügung treffen solle, dass bei den .\ufnahmsprüfungen in
die VI. bis VIII. Gjiuua»ialcliu>äe die Leistungen aus der Naturgeschichte,
Religion und philosophischen Propädeutik mit Noten zu beseichnen wären«
die dann (ttr dae Maturitfttsprfifbngsseugnis einrecbenbar wttrw.
Leider haben aber unsere Schritte in Sachen der Erm&Oigung der
Lehr^erpflichtung der Philologen an Realschulen trotz des Betreibens
seitens der Vereinsleitung noch immer keinen Erfolff aiif/-u weisen.
Eine weitere Angelegenheit, die den Verein jahrelang beschäftii^t
hatte und der auch das hohe Ministeriuni fflr Cnltus und Unterricht ^ein
Augenmerk zuwandte, die Frage nach den WohnunpsverhältniÄsen un^' i t
J^ehiil' r wurde endlich abgeschlossen. Die Lösung wurde allgemein in der
Erncbtung von Internaten gefunden. Ein weiteres Betreiben der Sache
durch unseren Verein ist bei dem Umstände, dass inswisdien mehrere
Internatsgrandungen erfolgten, nach der Ansieht des Berichterstatters,
der auch der Ausschuss beistimmte, wohl nicht mehr am Platze, weil nicht
mehr alle Factoren, die der Sache sonst ein Interesse entgegenbrftehten,
in Betracht kommen könnten.
Von der A'.i>frihnni<,' des «seinerzeit s^efassten Beschlüsse«!, ?ei eine
Organisation der im Principe beschlösse ncn Vorbereitnngsc lasse an Gym-
nasien und Kealschulen ausznarbeiten und der Vollversiammlung vorzulegen,
wurde lui Einverständnisse mit dem damaligen Referenten Prof. Dr. Paw*
litächek Abstand genommen, weil bei dem immer st&rkeren Andrang«
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VereinanacimohteiL,
81
EU den Mittelschulen, wenif^teoa in der Bukowina, eine aolcbe Einrichtung
die ihr lugedacbte Aufgabe doch wohl nicht erflillen wOvde und der hoch-
löbliche bnkowinieche k. k. LuideMehnlnith äoh in einem conoreten Falle
gegen die Errichtung von Vorbereitungsclossen ausgesprochen hat.
Im Sinne de« vom Ver^nsmitgliede Scholiath Dir. Klauser gestellten
und vom Vereine angenommenen Vorschlages, es seien durch freies Überein-
kommen an den gleichartigen Anstaltt»n der Bukowina möglichst gleiche
Lehrtexte zu grl rauchen, hat aich die \ ereinsleitung an die betbeiligten
Directionen gewendet und um Förderung diese« Vereinsbeschlmwes ersucht.
Von Sonderausschüssen tagt neben dem bereits erwähnten fUr die
Oienstpragmatik nnr noch der im Sinne der Beedililae der Jnnivwnmm-
lang eingeeetste Annehnm, der sieb mit dem Stadinm der Vereinftchong
der Schrdbgeedilfte mit beeonderer Rfickiidit auf die FQbrang der Oliwien-
kataloge zu beschäftigen hat. Der bezügliche Beriebt dfizfte in nicht an
langer Zeit der Vollversammlung vorgelegt werden.
Abgesehen von den genannten im Vereine behandelten Fragen fanden
noch vitT Vortrüge .statt, unter denen der Vortrai^ des Prof. Dr. Hugo
Herzog Radautz) „f'lier den deutschen Unterricht Jim ()bergvmna.<»inm
und die Forderunt^eu der ConceDtration" den Verein auch weiterhin nocli
beachäftlgen wird.
Im ganaen worden 11 Versammlnngen abgehalten. Den Herren
ProfF. B. Bumbac (Sncuwa), Dr. Frank, Dr. Hertog (Badaatx),
Dr. Lederer (Radaata)» Dr. Polaschek, Norb. Schwaiger, Wotta und
Wurzer, die Vorträge hielten oder Beferate erstatteten, sei hiemit der
herzlichste Dank der Verein^ileitnng ausgesprochen
Der gleiche Dank geljürt allen Vereinsmitgliedern, die sich den oft
überaus zeitraubenden Arljeiten in den Aua^büssen unterzogen, terner den
Proff. Norb. Schwaiger und Dr. Polaschek, die wichtige Referate,
nnd den Proff. Dr. Lederer nnd Dr. Perkmann« die Vorträge anlftsslich
des VI. Mittelachnltage« in Wien abhielten nnd somit den Verein dort in
schönster Weise vertiatent den Auasehaaimitgtiedem and damnter wieder
insbesondere dem äUskel warte Prof. Dr. Frank, den Directoren Schulrath
fClauser, Mandycsewski, v. Mor und v. Repta. die allezeit gerne
bereit dem Vereine ein Olnlach gewährten. Prof. Wotta. der wie immer
in gleich liebenf-würdiger und huniorvn! 1«t Wf'i-t^ für die Unterhaltung
der .Mitglieder bei den geselligen Abenden sorgte, kurz allen Mitgliedern,
die durch ihren regelmäßigen Besuch der Vereini^itzungeu, durch ihre
Anadauer und ihre sachlichen AusfDhrungea mit zu den Erfolgen des eben
abgehrafenen Vereinsjabres beigetragen haben, und da wieder inebeiondere
den Herren Landet-Schulinspector Dr. Tumlira und den Directoren SchaU
rath Klanser und Handy csewtki, die in «eltenem Pflichteifer bei allen
Sitzungen des Vereines anwesend sind und uns ihren bewährten Rath
jederzeit zutheil werden lassen. Ganz besonderen Anspruch auf den Dank
des Vereines erwarb aber Prof. A. Sauer (Linz^. der, obwohl nicht Aus-
schussmitglied, in der liebenswürdigsten und zuvorkouunend-^ten Weise in
den meisten Füllen die Geschäfte des W-reinsschriftführers versah. Möge
ihm sein neuer Aufenthaltsort die Kräftigung seiner Ge.iundheit bringen.
Der Berieht wäre unTolbt&ndig, wenn nicht noch des freundlichen
Emplange« gedacht wQrde, den die Vereinsdepotation, bestehend aus dem
.,öst«rr. Mittelsehale". XII. Jahne* 6
82
Y ei-eiusmichriokteB.
Bericktentatter und Prof. Dv. Perkmaaa, bei 8r. Excellens dem Hanrn
Unterrkbtnniiiittor Dr. Freiherrn Gaaiaoli aalteEeh dar Votieraiig
der PeanOBigfieetie gefanden hatte.
ünd wena ich noch zum Sohluaae anführe, dasi die jüngst erachimene
neue Prnfungsvorsclirifl für MittelHchullebramtsciindidaten einige, wenn
auch iiK iit diV wesentlichäten Voischlii<^e aus dem Vortrage aufgenommen
hat, den der Berichterstatter über die Heforu unserer Lehramtsprüfungen
in uuaerem Vereine und beim VI. Mittelschaltage in Wien gehalten hat,
so dürfte hiemit alias, wae an Bemerkeniwertem in diesem Verein^ahre
geschekea ial» enchOpA sein.
rHef^er r^erichi des Obmannes wird mit Beifall aofgenommen. Der
S&ckelwart Prof. Dr. Jos. Frank erstattet hieraaf den
Cmeberlelit
aber das fttnfte Yereia^ahr 1896^97.
..-1. E 1 11 n u Ii ui e n :
1. Cassere^t vom Vorjahre 15 ft. 2*J kr.
2. Mitgliedsbeiträge pro 18%;97 918 , — ,
3. Efickstbide an MitgUedsbeitifigen pro 1895/96 90 , — «
4. Zinsen von der Sparoasseeinlage 7,95^
5. Aas der Sparcasae behoben , . 60 „ ^ ^
Zttflamnen . 806 fl. 8i kr.
B. Ausgaben:
1. Hfilders Verlag 116 fi. 16 kr.
3. Liedertexte 5, 20,
3. Entlohnung der Schuldicn* t 15 „ 50 «
4. Beitrag zu den Redactionskosten der „Österreichischen
Mittelschule" 8^__^
.'». Jahr^sy^itra^' für den Coiuenius'>Verein 6,— 'n
it. V'erwaltuüg>iiu.slagen 18 „ 04 „
7. Kranzspende -lO» — „
8. Sparcasseemlage 138 n_p^_r_
Zusammen . 305 fl. Ö5 kr.
Ausgleichung:
Summe der Einnahmen 306 fl« 24 kr.
Snmme der Anq^aben 806 w_^_^
Rest im Baren . ~ fl. 89 kr.
Sparcasseeinlage . 845 «, 09 ,
Staad des Vermögens . t45 fl. 48 kr.
Prof. Ko/ak verliest im Namen der Rechnuu<^revi.soron den Bericht
über die vor<i:enommene Prüfung' der Hechnimtr, woraul' ;nif ciessen Antrag
die Versammlung deui Auäuchusbe diu» Abiioiutonum ertlieilt.
Hierauf erfolgt die Wahl des Obmannes, des Ausschusses und der
Rechnangsrevisoren.
W&brend des Scmtiniams, wobei die Proff. Prelies nnd Moek als
Scmtatoren fungieren, hSlt der ObmanastellTertreier Prof. A. Romanovsky
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Vereinanachriebten.
83
feinen angekiindi^'ten, äehr anregenden und mit iauU^m Beifalle auf-
genommenen Vortri^^:
„Ober die Beobachtung in der Schule" (S. 29).
Der ObmHui dukt dem VortMgenden mit Mterkennenden Worten
und gibt Ueranf das Resaltat des Wahlaotes bekannt.
All Obmann eraeheint Prof. Dr. Anton Pola8«bek wiedergewählt.
In den Ausscha<« werden gewählt die Proft'. .Tos. Hittner (neu), Dr. Joe.
Frank, Leo Ilnicki (neu), Cornelius Kozak (neu), Hieronymat
Mnntfan. Anton Romanovsky, Nikolaus üstyanowicz, Josef
WottH und Hugo ^nkowski; zu R«'chnun«^rf»visoren die Herren ISchul-
rath Dir. Limbeiger und i'iot". Ad:i)i)ert Mikulicz,
Bei der nach der Vereinssitsung stattgefandenen constituierenden
AuttchnMiifanng wnrde Prof. RomnnoTikj tum Obmannitellrertreter
wiedergewählt Das Amt dea Säckel warte« Obemahm wieder Prof. Dr. Fra nk«
das des ersten Schriftf&brers Prof Bittner nnd des »weiten Prof. Kosak.
In Badautz wurde Prof. Ustyanowicz zum Obmannstellvertreter
wiedergewählt, in Snemwa wirkt in derselben Siellang Prof Hieron.
Mantean.
Nach dtMii Danke des Obmannes für dip Wi»Hlerwuhi und dem Ver-
sprechen, dii' Interessen de» Verein»'s nach wi»' vor nach »einen KrJUten
vertreten zu wollen, geht die Vorsammlung zum vierten Funkte der Tages-
ordnung, „Anfragen nnd Antxftge", aber.
ZttBäehst bemerkt der Obmann, dass der Ansschuss ron einer weiteren
Behandlang der Frage betreffs der Yorbereitangsclaase Abstand genommen
habe, da diese Bestrebungen j^t7.t keinen rechten Boden mehr haben, weil
der Bukowinaer Lande.Hscluilratb in einem ccmcreten Falle sieh gegen die
Errichtung einer Vorbereitun^'''« la-^«e nn-sjesprochon hat.
Ebenso wimJe auch eine zweite Frage, die nach der Errichtung von
Internaten bis auf weiteres von der Tagesordnung abgesetzt, indem alle
Factoicn, auf deren nioialiiidie und materielle Mithilfe der Verein an-
gewiesen wäre, aus AntasB des im nächsten Jahre faltenden Hegierungs-
jnbiläums Sr. k. nnd k. ApostoUseben Ifojestät anderweitig in Annpruch
genommen sind. Ibmer naticmale and confessionelle Internate bereits be-
stehen und andere, wie s. B. ein israelitisches, im Entstehen begriffen sind.
Die Versammlung stimmt mit Räcksiebt auf die vorgebrachten Gründe
diesen Vorschlägen zu.
Endlich begründet Prof. Dr. Kr iTik zwei Anträge, welche dahin
gehen, e« lu^'x^o der Ausschu^s anf;,fetor(it'rt werden, g^eiw-nefe Schritte bei
der hohen lU'gierung zu uuternehuien, dasw den iSupplenten in jedem
Falle das Existenzminimum von 600 fl. unbesteuert bleibe, und ihnen im
Falle der Znerkennnug von Mehrleistungen nur Ton diesen die Einkommen*
»teuer in Abzug gebracht werde, und dass von den Snpplenten die so-
genannte Anslellungstaxe nur einmal abverlangt werde, damit nicht bei-
spielsweise ein Supplent, welcher am Schlüsse dessweiten Semesters enthoben
wnrtle, im nüch.sten ersten Semester, da man seiner noch bedarf, also von
neuem bestellt wird, nochmals die An-tellungstaxe 5?ahlf*n müs<se. oder die
hohe Roi^iernnGT tnöpre die Supplenten iii/erhaupt von dieser (ieliiir Iti'lVeien.
L'arauf wurden zwar Stimmen laut, welche dahin gienyen, der Sup-
plentenverem möge als der rechtliche Vertreter diese Sache in Angriff
6*
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VereiitoaachrkbWa.
oehmeii, wogegen »ber beiaerkt wunl«. diM ja dk i$iippleateii der Bo'
kovimer AiMtalten Mitglieder mueref Vereian aeioi, abo andi dieser
berofen endieiiit, die Stehe der Snpplenteii so Tertrete«.
Bei der tderaiif erfelgteB Atetimwunig wurde der Aatomg Dr. Frank»
einstiiuniig ugenomuien, ebenso der Antrdg deR^elben, da» der Verein^-
au.svhn«.- f^aeifc^ete Schritte untemehm«*, flamit h'-reits im Schuljahre 1897
mit Hürk-iicht auf die in trro^er Zühl d^'n »'inzeintm Lehrj>er!'on<*n aaf-
geu'uciU-U'B Überstunden die Hetuunerationen hielür nach den bestimmungen
dl» neuen Uebaltiiffesetze« bemessen werden.
£. XVI. Protokoll der Arofaaologisohen Commission für
die österreidiisehen Gymnasien.
(Mitgetheiit vom Schriftführer-Stellvertreter Prot. Dr. I. Kukutsi h.)
(18. Juni 1H97.)
Anwej*»?nd »ind (ii^- Mit^liedtr der Commisaion und mehrere zur Theii-
n<ihiue an der Sitzung eingeladene Herren. Herr Hofrath Benndorf und
Herr Prof. Marx sind am Erscheinen verhindert
Der VomUende, I^ndee-Seholinepector Haemer* erSSnel die Sitsunjr
nsd machi soniehet die freudige Süttheiliiiigt daee die Grfiodonjp des
flsterreichiaehea archäologischen Inttitatet tur That geworden sei. Dareh
diCMt Institut werde auch die Gymna^ialarchäologie nachhaltifc gefördert
werden. Es falle ihm die Oberleitung der Stipendiaten zu, und so dürfte
diese temporäre Einrichtung, die jetzt nur von drei zu drei Jahren wahrt,
f.n einer dauernden werden. Durch die Errichtung des österi eichischen
üichtiulogitichen Institutes dürtte auch die vor mehreren Jahren aui Mittel-
schultage angeregte Gründung einer MQnaencentrale zum Austausche mit
Aquileja und Spalato yenrirklicht werden; darQber hat Prof. v. Renner
im Monatablatto der Namismatischen Gesellichafl (Jnni 1S97) eingehend
gebandelt
Femer theiit der Vorsitzende mit, dass ein cweites Modell des
Parthenon in der Akademie der bildenden Künste aufgestellt sei, firei von
jenen Fehlern, die dem ersten Versuche bep^reiflich noch anhaften mussten.
Den Bemühungen des Prof. Priinozii verdanken wir eine Photographie
und Diapositive des Modells, die am Miitelschuitage allgemeinen Beifall
fanden. Die Diapositive seien durch den Verein «Skioptikon" jederzeit zu
bestehen.
Auf eine Anfrage des Directora des Ejgerer Gymnasinma betreib der
Ansehattung einer Gewandatatae berichtet; Prof. Hnla, dass eine solche
in I- rankfart nicht mehr erhftlüich sei, jedoch Hensell bereit sei, sie aus
Uok bersustellen.
Von neuen Erscheinnnjjen atif dem Gp))iete der Gymnasialarchäologie
hebt der Vorsitzende hervor: 1. Dr. J. Kubik: Healerklärung und An«
schau un^fsunterricht bei der Leetüre des Tacitus. Wien 1897. Holder.
2, Douiauig, Porträtmcdaillen des Erzhuuses Üstenvich. Wien 18%.
Gilhofer.
Hierauf gelangt der Hauptpunkt der Tagesordnung, die Frage der Ver-
wendung des Skioptikons im Anachaunngsnnterrichte sur Besprechung. Dem
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Veiemsniiciiricbten.
85
Betcbluise der XV. Sitenng gemäß wurde «n alle Aiutotten ein Fragebogen
eingeaehiekt, worin um Amkonft ertneht wnrde: 1. welche Anstalten be-
reits im Besitze einet Skioptikona seien, ond welche Lichtqnelle hiebei ver^
wendet werde; 2. bei welchen Anstalten Aussicht auf Anaebafßiniif eines
Skioptikon« vorhanden sei; 8. welche Anstalten aaf den Bezug der Dia-
positive durch die Firma Lechner refleotieren; 4. welchen Betrag sie dafür
einateHon wollen.
Zu di^eiu Gegeost4inde erstattet Prof. Dr. Priiuo/.ic folgtinUes lU'lerat:
Im ganzen sind bis jetzt 142 Antworten eingelaufen. Frage 1 wurde mit
86 Ja und 54 Nein beantwortet, nnd «war haben 40 Anstalten ein
Skioptikon mit Petroleum ah Lichtquelle angeg^en, 9 sogar noch mit
einer Oldochtflamme, Sü haben Auer^sches Licht, 15 elektrisches, 1, be-
ziehungsweine 3 Kalklicht, 1 Sonnenlicht (mittelst HeliostatsX 1 Zirkonlicht,
1 A( efylenlicht; einige haben einen Projectionsapparat auch för mehrere
Liehtijvipllen. Gar innnrhpr von die^^en Apparaten wird wohl nur ein«»
ganz priruitivf lateina uiugica sein, die im phj^sikalibchen Cabinette als
InvenUirstflck mitg«>tuhrt, ahor auch in der Physik «<»ltf»n oder gar nie
benützt wird. Denn in vielen Antworten ist die Notiz enthalten: unbrauch-
bar, weil raach- and gerocfaerseagend. Hit solchen Apparaten freilich
wird man keine aoch nnr halbwegs entsprechenden Wandbilder erxengen
können nnd wollen. Aber wenn das Linsensjstem (Condensor nnd Objectir)
gut ist, Ro kann ja dem leicht abgeholfen werden; man schafft sich (um
25 bi» 30 fl.) eine ordentliche Lampe an etwa f&r Ligroingasorlnhlirht oder
noih l>f«Kser fiir Ae<'tylt'nlicht. T)''nn diesp«i Iptztpre ht nächst ilom elektri-
--oh<Mi und Kalk-Lichtf (Nonncnlifht ist natürlich daa allerbeste, wo man es
vtrw. nden kann) dm int^'n^ivste, über "Joo Nkl , nnd -xhönste, ganz leicht
und sehr billig herzustellen, und es Ydn^t mich auch die Unannehmlichkeit
des Geruches (den das noch nasae Calcium-Carbid nach dem Heransheben
ans dem Wasser erteugt) ganz beseitigen, wenn man dasselbe aaOerhalb
des nrojectionBlocales enengt nnd durch einen Schlaudi dorthin in die
Lampe leitet. Die frfiher anch von mir gehegte und geäußerte Besorgnis,
dass Acetylen giftig nnd ezplosionsgeßlhrlich sei, erscheint jetzt gans gmnd-
los, nachdem die exactesten Prüfungen dargethan halion. d,n-< wohl Im
flü«8t;/t'n (sehr stark conipriniiert«'n) . :(bt'r dnrchati'i nicht im ijastonni^en
Zustande explc^iv «ei: nnd b*"i dd- trejfcnwärtij^cn < 'on-tnirtion de« Gene-
rators ist es durchaus nicht gefährlicher, damit zu jnaniiJiilu'ren, als etwa
mit Petroleum oder gar Leuchtgas. Und unter anderem bat Gravelot
nachgewiesen, dass das Acetylengas erst bei 40 Voinmprooent dem mensch-
lichen Leben gefthrlich sei. IMe Frage 2 beantworteten 40 Anstalten mit
Ja; Ton diesen refteetieren 18 auf elektrische« Licht, nnd awar sonderbarer-
weise gerade nif^hion^ Anstalten von ganz kleinen Prorin»tftdten. Den
Anstalten, welche Auer'sches Oasglüblicht verwenden wollen, mu*s ge-
iath»'n worden, «la«^ sie für starken Druck sorgen, weil «onst die TntorKität
gerinj^pr int und auch bald bedeutend nachlädst, ««oirhfii da>jt"^» n. %v" l' h»'
sich noch ein Skioptikon mit Petroleum anschaticn wrdlen. nni*s in ihrem
eigenen Interesse gerathen werden, dass sie sich wenigstenH eine möglichüt
gute Lampe annchaffea und dass sie diese ganz rein halten und beim
Projicieren für hinreichend Sauerstoffknfnhr sorgen. Vielleicht werden nch
diese spftterhin die PetroleomgasgltthUchtlampe anschaffen kOnnen, deren
^ kjui^uo i.y Google
86
Vereinsnacbrichten.
Construution aber bis jetzt mir noch nicht vollkommen er:$cheiat. Fra^^e 8
beticftend bcHtellten 51 Anstalten Glasbilder aller drei Grupppii; außerdem
21 Anstalten die Gruppe a, 20 die Gruppe b und 17 Anstalt» » die Gruppe c.
mithin im »ganzen 72 Anstalten die Bilder der ßrchitoioi^^tsch- historischen,
71 der ^'eogruphischen und 68 die der iiatiuhi8lorischen Gruppe. Und
endlich zur Frage 4 haben 91 Anstalten Betrüge zugesagt, und twar variieren
diene swiechen B bis 60 fl. per Jahr. Ein großer Tbeil bewegt >icb swiaoheo
15 bw 80 0., wenige haben Aber 80 und unter 10 II. cngeMgt. Einige
wollen im Anfange einen grOOeren Betreg, eine Anstalt eogar 100 fl., anf
einmal aungeben und dann nur Ergänzung geringere Beträge. Viele An-
stalten stellen zwar keine sicheren Beträge in Aussicht, wollen aber nach
Ma[>^'abe der vorhandenen Geldmittel sich Diupoeitive bei Lechner an-
»charton. andiMe machen die Anschaffung von holchen von sonstigen Liu-
.«lüiitit ji uud liedingungen abhilnjjig. l'rincipiell bat sich keine Anstalt gegen
die Vei wenduDg des Skioptikooü in der Schule aussprechen. Allein zu-
«unniengeÜMat maes dieser Erfolg der Umfrage als gana unerwartet gO ästig
beieichnet werden, nnd es ist nur au wünschen, dass das rege Interesse fOtir
dieses neue AnsohauungMaittel wenigstens nidit abnehme, was nicht der
Fall .sein dürfte, wenn sich die Anstalten gute Appuate mit guten Tjc lit-
quellen und guten, Kweckenttprecbenden Diapositiven anschaifen und sich
bei der Anschatluny^ nicht zusehr vom Gesichtspunkte der Billigkeit leiten
lassen. Auf (inmd der eben vorgebrachten und der Firma Lechner mit-
getheilten Daten hat sith diese bereit erklart, die Bilder aller drei Gruppen
t»tets aui Lager ^u halten und um den l'rei« vou 00 kr. das Stück an die
Anstalten absugeben. Die Auswahl des Grondstoekes für die Arefaftologie
und alte Geschichte (s. ,Z. f. 0. G.** 1897, p. 911 bis 218) wird definitiv
vom Beferenten und den ProiT. Dr. Kukutseh und Dr. Hula festff^tellt
werden. Ein großer Theil davon ist bereits vorhanden, zumeist aus dem
Verlag<i von Lewj* et ses fils in Paris, die noch fehlenden Stücke werden
thcils nach Ori<?inalen und Gipsah^nissen, tlicils nach guten Photographien
von Lechner hergestellt werden. Die Liste liir die (geographische Samni-
iunjf U"n*a 120 Stück) hnt Dir, Tramp ler und eine solche für die Natur-
geschichte Prot. Dr. liukan liereit«i fertiggestellt, und es wurden die be-
treffenden Diapositive zur Ansicht bestellt, um dann denn die x passenden
Objecto in einer genügenden Ansahl von Exemplaren bei den betrefibnden
Firmen herstellen xn hMsen. Bis »um Herbste werden hoffentlich drei Gruppen
wenigstens aum größten Theile fertiggestellt sein. Die in die einseinen
Collectionen aufgenommenen Objecte, die man auch einzeln wird bestellen
können, werden in Lechners monatlich erscheinenden „Photographischen
.Mittheilun;;;en" veröffentlicht werden. Auch an dem Wegweiser beim
Projicicren" wird bereits gearbeitet.
Hieraul spricht Prof. Prix die Besorgnis aus, da«s*< bei der Art der
Beschaffung der Diapositive, wie sie dermalen geübt wird, die Lehranstalten
erst nach einer Reihe von Jahren in den Besita eines solchen Apparate«
gelangen werden, der eine dem hohen Werte des Skioptikons als Unter-
richtsmittel entsprechende Aiisnfitsung desselben ermögliche. Er b< es
daher für wünschenswert, dass eine ähnliche Einrichtung, wie sie mit den
Lehrerbibliotbcken bereits im Kntstehen begriffen «ei, auch fOr das Skiop-
tikon geschaffen werde. Zu dem Zwecke «olle ein aus Vertretern der
Vereinsuachlichten.
87
Tenehiedenen Fftcbgruppen bestehende« Comit^ nach getroffimer Äuftwahl
von Objecten, die in photogcaphiicber Reproduction durch das Skioptikon
den Schülern gezeigt werden sollen, unter Mithilfe von künstlerisch und
technisch gebildeten Männern einen jjroßen Fond von Diapositiven be-
schaffen, die von ilen einzelnen Anstalten entlehnt werden könnten. Da-
durch werde es ermöglicht, diis-s die Lehranstalten in kurzer Zeit geijen
eine nicht allzuhohe alljährlich ui leiütende Beisteuer in die Lage kämen,
Aber eine große AnsaU von OiapoeitiTen lu verfügen. Prof. Prix be-
ipridit andentottgsweMe. wie aetne Anr^t^g darehsnfQhren wftre, nnd
empfiehlt dieidbe der Beachtttng aeitene der Oommianoo.
In der Debatte, die über den Gegenstand geführt wurde, wurde die
Idee des Prof. Prix allgemein als eine schöne begrüßt, Jedoch unter Be-
tonung der (]:imit verbundenen Schwierig'keiten und mit Rücksicht atif
die mit der Finnn I.erhner ani^eknflpften Verhflndlun^^en vorlänfii: von
deren Reali-^icruni; iil ijf^sehen. Jede Anstalt solle sich einen <iniiid.itock
von Diapositiven uuschatlen und könne immerhin mit anderen Anstalten
in TamohTerkehr treten. Pkof. Primoli^ ervfthnt noch, dass der Terehi
„Skioptihoti" die Bolle einer Oentraltfeelle bereila ftbenHMnmen habe und
alle DIaponiive in swei Exemplaren forfftthig halte.
Zum Schlüsse tbcilt der Vorsitaende mit, daas die von den Herren
Dir. Trampler und Prof. Lukas besorgte Anawahl von Dia^oaitiTen in
Lechners „Mittheilun>3fen'' publiciert werde und bei Lechner um den Preis
von 60 kr. erhilltlich ist. Kr spricht i|rn s^enannten Herren, sowie Herrn
Prof. Dr. Frimozic für ihre Benuihungen im Namen der Commission <len
besten Dank aus mit der Bitte, in der Sache weiter wirken tu wollen.
Miscellen.
Jubiläen des Jahres 1898/)
Das Jahr 1898, an deawn 2» December nnser edler Monarch eine
Iftnliigiftlirigei thaten* und rnhmrdehe Regierungszeit surackgelegt haben
wird, ut anoli fHae xwei andere boefabedeutianie Ereigniate naseras Vater-
laadee ein Jubeljahr. Im Jahre 1848, acht Tage nach den Stflnuen der
Mftrztaf^e in Wien, wurde mit Allerhöchster Entschließung vom 23. Mär/,
ein .sf'lb8tilndij»'os Ministerium für den öffentlichen Unterricht
errichtet. Die < 'nltu-^aniffleo'enhf'iten blieben jedoch eitip Afithoilun;^' ')ps
MiniateriiHii« des Innern i Sta.iUsuiiniHteriunisV Zu den ersten Thaten K >
neuerrichteteu Miuisterinuis gehörte die Vereinigung der zwei sogeminnteu
philosophischen Lehrcurse mit dem bis dahin seduclassigen Gjmmisium, die
im Mai 1848 angebahnt und im Deeenber demlben Jähret wbon theil-
weiae durchgdlihrt wurde. £Si fnert alio im laufenden Jahre unser aeht-
classiges Gymnasium sein ffia&igjfthtigee Jubil&um und ebenso unser
Unterrichtsministerium, wobei allerdings von dem Umstände abge-
sehen werden muas, dass vom 4. Februar 1861 h'ia zum 10. März 1867 das
Unterrichtsministerium als selbstlndi^e« Ministeriuni aufgehoben und nur
eine Abtheilnng des SiiiatsniiniMteriums war. Die« Juhiliinni ist also nicht
ein Jubiläum des tuntVJgjährigen Bestandes, sondern nur eines der Er-
richtang vor fünfzig Jahren. Die Bedeutung der Regierung Sr. Majesität
unseres Kaisers für unser Schulwesen im allgemeinen und insbesondere
für unser Mittelichulweeen gedenkt der Verfasser an einer anderen Stelle
SU wür^gen; in den folgenden Zeilen will er sich vor allem mit den swei
anderen Jubiläen befassen.
Das Unterrichtsministerium trat an die Stelle der von Maria There-
Kin im Jahre 1764 ins Leben perufenen und 1774 weiter ausgestalteten
n il 1 I II hofi ommission, deren I^üthe Heferenten des neuen Ministeriums
wurden. Zun» Unterrichtsminist^r wurde mit AUeihüclisteni ( ahinet*-
schreiben vom 21. März 1848 Franz Freiherr von Somrourugit ernannt,
der die Geschftfte am 1. April fibemahm und bis cum 18. Juli 1848 in
dieser Stellung verblieb. Seine wichtigste That war die Berolbng des
Prof. der Philosophie Dr. Franz Exner (Prag), des Prof. des Criminal-
') AU Quollen ifkr di«* rolp.>ndou Ziminui('n!<U-l1un)r(.'n wtinlcn lH>iiDtzt: In «TMtcr
Linie Dr. S. Frank ftirt<>r!« hochvcrtli<'n!itlichc Si-hrift lllier Li-o Thun, I-'runx Exn^r
iiml H < r II) ;i II II Hoiiit/ il.i'' l^tlli: <ianii > i ■ v; iii ii n il llithns Heirtkfiniihs - .V 1 m a n ac h.
d(o bekaonicD NaclucblagebQcber vou Divis und cubauer und von l>a««<*Dbachcr,
die Zeitaehr. f. öat. Gymn., Wutsbselis Biogr. Lexikon« Roatocks Frana Joa^f f.,
endlich «Im VerordnnngübUtt de« k. k. Mintateriuni t. Cnltua u. Vnterrielii.
^ j . ^cl by Google
Miscellen.
89
rechtes Dr. Anton Uye (Wien), de» yicedirecton des med.-chirQiq;.
dtndtoras Dr. Ernst Freiherrn von Fenchtersleben (Wien) und
sieben anderer bedeutender Gelehrten nn/l Scholmftnner zu , Gehilfen des
Ministeriums des öffentlichen Unterrichtes". Am 18. Juli erhielt der Mi-
nister «les Tnnem des Ministerinme Wessnnberg- DoHlhoff, Dr. Anton
Freiherr von Doblhoff-Dier, die I^eitung des UntemchtaininisteriumR,
und zugleich wurde der obengenannte Dr. Ernst Freiherr von Feuch-
tersieben, der auch Dichter und ab» Philoaoph (Diätetik der
Seele) sich einet bedentendeii Bnte exfteQte, mm UntetetaatMecfettr in
diesem Ministerium eraaimt. Die atfirmisehen Octoberbige nebst anderen Ur-
sachen hatten Fenchteralebetts Bttektritt eot Folge, dem am 88. NoTember
Dr. Josef Alexander Reifert 'später Freiherr v. H.) nachfolgte. Anf
Minister Doblhoff fol^^en ebenfalls in provisorischer Eigenschaft der
Finanzminis-ter Philij)]> Freiherr von Krauß, vom 22. NovP)nV»pr 1848 an
dor Ministfr des Innern Fran7 <4 ruf Stadion, des.sen wichtijfste Tbnt fiir
da» l'nterrirhtsweson »he Ijeruhuig llt^rniann Honit// war, und der ^Ilnl.■^ter
für Landencultur und Bergwesen Ferdinand Ritter von Thiunteld.*)
Mit Allerhöchster Entschließung vom 28. Jnli 1849 wurde Graf Leo
Thun- Hohenstein, der frühere GnbenialpriUndent (Statthalter) von
Böhmen, nachdem über seinen Wunsch die Cnitn sagen den mit denen
des Unterrichtmninisterinms vereint worden waren, zum ersten Minister
für Cultns und Unterricht ernannte Diese Vereinigung i^^t seitdem
geblieben, findet sich übrigens auch in anderen St^iaten. Unterstaat«secret4r
blieb Reifert, und zwar bis zum 1.5. Juni 1863, an wpIi h^m T-.v^p F>r T,eo-
pold Hasner Ritter von .\rtha Vorsitzender de^ i^ntug« hadenen )
Untf rrichtsrathcH wurde. Graf Leo Thun, dessen hohe Verdienste um
unser Hochschul- und Mittelschulwesen ebenso bekannt, als von berufenster
Seite ^) eigehend gewürdigt worden sind, bekleidete diese seine Stellung
am Iftngslen von allen bisherigen Qsterreiehiachen ünterriohtsministem (wie
man, das größere der beiden Tereinigten Ressorts h^rrorhebend, gewöhnlich
sagt), nilnilich bis zum 20. October 1860. also 11 Jahre und 84 Tage ohne
Unterbrechung. Nach seinem Rücktritte leitete das Ministerium bis zum
4. Februar 1861 der inzwischen in den Freiherrn«tand erhobene H*»lfert.
dann wurde es als seib.^itändiges MiniHtfrinm uutgehohen und in eine
Abüieüung des Sfaatsniinisteriunis verwandelt, in der Reifert, wie schon
gesiigt, bis zum iö. Juni 186.3 verblieb.
Nach der BeactiTierong des Hinisterioms für Caltns nnd Unterrieht
im Jahre 1867 erhielti nachdem es eine Zeitlang dem Minister des Innern
I Frankfurt' 1- i>. 1-16) iiikI am h Wuntliach m-nn«'» TIi i n ii f i- 1 il ,,il>ii • i>t' it und
i«UU>n Miui»t<*r fUr Bci^wt-wo" tu 0»tcrn.>H.'b, wo» den Nauion nach ganz richlig i^t. Alter
thaUSchlicii iat auch hmt» noch der Aek«'rtMumiiii«t«'r «igteleli Minitter fOr «Im B«>rKw«>!«n,
un<l OK unt'M-^t' Ji' )i -fiiv uMfli h»*iH«' noch fn«*'!"»? 'ffn I.nn'l- und f«»P»twirt»chaftl)rh»'n Schulen
nic<lt'n'r »ind iiiittK i- r Kau-gori«') di<.' von I ii i ii n i«- 1 ti In'grttndf'U'n D«- r gu k u lieni i «>n in
Leob*'n und I*i-il»rani. l>«'r ^'•■ni<in«jinipn R^givrung iMinislfriuni de« .\ulJ<>ni od»*r di-s
Krieg«*») untentehen di*' k. nnd k. orientaÜMbe Ahiademio, dM Ic. und k. höhere Bildung»-
in«ti(ut rOr Weltprieater (AugusiintMitn) , «He k. nnd k. TbiennKneiNbole, das k. nnd k.
nffi, i- i-itrxliiorinstUiit und k. 'in.l k im -fntiTriHilsolnil«' in Pola , auUerdoni einige
XliliUlrvolksschult'n. Pa^ g«'!»aininte üttrige iiivilej Sehulwi'M.-n HU*bt iintvr dem k. k. Mi^
ni«terinm fQr l*ultiia und Unterricht.
-) S. Fnink(ur«<r, <i ra f L<o T h n n - H o h n Mej n , Franz. V.xn •• r und Hermann
Bonitz, Wli-n Wti. Willi« Iiu R. v. Halt«-!, Fcstn-di' zur Entliüllung d'sThun-
Kxner>Bonltie«Df*nkinalR, Wi«» 1808.
Miwellea.
<i rufen Eduard Tu äffe unterteilt gewesen war, mit Allerhöchstem
Handschreiben vom 2S. Juni 1867 desson interimistische Leitung der Jiisti/-
ministfr Dr. Anton Hitt»»r von Hye (»päter Freiherr von Hyr-
<; Inn eck), und am HO, L>eceniber 18G7 wurde Dr Leopohl H. v. Hasner
Minister für Cultus und Unterricht. W'm Leo Thun fUr dm Hochsehul-
und Mittelachulwesen, das bedeutet Hatner fBr da« Volksschulweeen; wie
unler jenem der berAbrnte „OrganifAlioBieatwiirr iwar nicht ent-
fltandf aber snr kaieerliclieD OeaelmügttBir und Darebfthnmg gelangte, ao
kam nnter und dnreb Hain er dae Rridn-YolkMelnilgeaeti »utande, auf
welcher Qrundlage sich unser Yolkaschulwenen weiterentwickelte. Hagner
blieb bin zum 1. Februar 1870 ünterrichtsminister. Auf ihn folj?te
Dr. Karl von Stremayr, de.««en erst*- Ministf'r.schaft bis znm 12. Ajiril
1870 wihrte. Vom 12. A)»ril bis zum liO. Juni war fler .Iu><ti/ministor
Adolf Ritter von Tschahusrhnigp. ehenfallo ein leichter von liut,
wie der obengenauute Feuchtersieben, Leiter deü ^tdinisterium» für Cultu««
und Unterridit; vom 80. Jnni 1870 bie 0. Februar 1871 dauerte Stremayr«
zweite MiniiterKfaall. Von dieaem Tage bie lam 80. October deMelben
Jahree bekleidete den Pötten dei ünterriektmiiniatei« der biekerige Vi-
nisterialrath in diesem Ministerium und Literat Dr. Josef Jire<!'ek.
Nachdem nach Jireceks Rücktritte interimistisch Seclionschef
Karl Kidlf r 7.x\m 2h. Novenil)er da.s rnt<'rrif'hf«nnni«lfM-tnm geleitet
hatte, wurde mit dem «renHnntpn Tage Dr. Karl von Stiemajr zum
dritteumale ünterrichtsnnni.Hiei und blieb es diesmal In.^ /.um 12. Auguüt
1879; vom 15. Februar desaelbeu Jahre« an war er zugleich Vorsitzender
im Minitterrathe. Vom 12. August ab war er Justisminister und zugleich
Leiter des Ministerioms Ar Cnltna and Unterricht bis som 16. Februar
1880. In Hasners nnd Stremayrs Ministersehaft ftUt der Abscblnss der
Reorganisation der Realschulen, die jedoch sameist Ton den einzelnen
Landtagen durchgeführt wurde: unter Stremayr erschienen die In>
structionen für den Unterriiht an Realschulen (1879), unter ihm
wurden femer zahlreiche Gewerbe- und Fachschulen ins Leben
gerufen.
Die eigentlich organisatoriMchen Arbeiten auf dem liebiete de« ütlent-
Uchen Unterrichtes fanden damit mehr oder minder ihren Abechluss, und
den folgenden lliaistem blieb mehr die Ao^abOt das Vorhandene refor>
mierend and ausgestaltend fortaaftthren. Dies thaten denn anch besonders
Stremajrs Nadifiilger Dr. Siegnund Freiherr von Conrad, der vom
16. Februar 1880 bis zum 5. November 1885 Minister fBr Gultus und
Unterrieht war, und dessen Nachfolger Dr. Paul Gautsch von Frank en-
tlniru; imter er^teren» orsrhienen die bekannten, in vielen Punkten pinz
vor/.ü}^liihen Instructionen für den Unterricht an Hyninasien
(1884), der letztere entwickelte auf allen Gebieten des l'nterrichtsweseu.s
eine gleich intensive Thätigkeit. Insb^ondcre seien seine Fürsorge für
eine eingehende {aehmflnnisdie Schulinspection, sowie seine groß angelegte
Action tax Verstaatlichung fast des geaammten weltlicheo Mittelschul»
Wesens, die freilich infolge ihrer Kostspieligkeit bis heute noch nicht sum
Abschlüsse K*dfU)gt ist, henrorgehoben. Nicht unerwähnt darf femer die
besondere Förderung bleiben, die er den archäologischen Forschungen und
allen kUnatleriachen Bestrebungen anged^en ließ.
Mi&celien.
91
Auf Gauttoh« der inzwischen mit «einem alten Adelsptüdicate ia
den Freihemistand erhoben worden war, folgte am II. November 1893
der Abgeordnete Prof. Dr. StaniülauH Kitter von Madeyski bis zum
19 Juni 1895, der auf dem Pfade seinet« Vorgängern weifcrwundLltc. auf
ihn als Leiter der Sectinnschct im ünterrichtsministeriuin Dr. K(luar<i
Hittner bis zum üO. Se|iteml)er 1895. Von die<»em bia zum 28. Nf>v«'inltpr
1897 war Freiherr von liatttiich zum /.weitenmale t'nterrichts<miaister,
mit diesem Tage wnrde er Ministerprilttdeiit und am 1. December 1897
der bi«beri|(e SectioiMchef der Coltuneetion Graf Vincens BaiUet de'
Laiour Minitter filr Cnltn» and Unterricbt
Unser Gymnasium, hervorj,'p;?aiifren aus den alten Lateinschulen, hatte
bis zum Jahre 1848 sechs ClflHsen. die vier .so<?onannten (» rfimma t i f a 1-
clasnen 'Untcrclaüson) und di<' zwei H u ui anit ät >«• lassen (auch l'oetik
oder Poesie un<l Khetorik genannt). Ks herrschte an dem>ielbeu da«
Classenlehrersyätem, nur die Religion hatte stet« einen eigenen Lehrer.
Lehrgegenstibide waren außer dieaer Latein, Geographie und Geicliiclite,
Mathematik, von der IIL Clane ab auch Griechvieh; der Unterricht trug
alte ▼omehmliek einen linguistisoh^humantstischen Charakter und
war an der Mehrzahl der Ovmnai^ien in gpjstliehen Händen. Besonders
ragten drei Orden durch ihre Thütigkeit auf diei<em Gebiete hervor: die
Benedict iner . besonders in den Al|>pnlHndem. die Piaristen ^dif
«Benedictiner de» Norden!«'' «genannt), vorzugsweise in den Sudetenlandern,
und bis 177;^ (Auüiebung de« Orden««) di<- Jesuiten. Aber auch andere
Orden ertheilten anstaltuweise Gymuiiäialunterricht, so die l<'ranci8caner
(in Tirol, Krain, im KQstcnlande), die Cistercienser und Prftmon*
■tratenter, in einzelnen F&Uen auch die Angnetiner, die Domini-
caner nnd die Baiti lianer Oiriechiseh-katholiiicher Orden in Galisien),
endlich auch Weltpriester.
An due Gymnasium tichlossen sieh die zwei Ly cealclasten oder
die sogenannte , Philosophie" an, die bald mit der Landesnniversität.
bald mit einem (iymnasium in (Inser) Verl»iii<liiiiir standen. An diesen
Cla.s^sen lelirten Faihprofejisoren , ihre lie.'*uther galten ul> „iioier" und
wurden bereits „Herren" genannt. Der erste Schritt zur Vereinigung dietier
C]ai»en mit dem Gymnasium gettchah schon im Mai 1848 unter Minister
Sommaruga durch Dr. Frana Exner. Am 28. August 1848 wurden
^proriaoriifche Anordnungen fiber dae Studium der Naturgeschichte, der
deutschen Sprache und der Landessprachen im Sinne der Nationalbildung,
der alten Sprachen in einem freieren Sinne" getroffen, und noch im December
des Jahres 1848 erfol^fte der erste Vereinigung« versuch in Wien. In den
foli^enden zwei Jahren kjim die Artion /nm Abschlüsse, die seclisclassigeii
(iymnasieii verschwanden, und e.- wurden il.uuns entweder Hchtcla!>aige
Obergymnasien oder vierclas-nige L ntergy mnasien.
Dem Zui^mmen wirken von Franz Kätner und Hermann Bonitt
verdankt bekanntlich der berOhmte Entwurf der Organisation der
Gymnasien und Realschulen in Österreich seine Entstehung, der
die Grundlage bildete f&r die Weiterenttiricklnng unseres Gymnasiums wie
unserer Keolschule. Die innere Entwicklung de:» ersteren hat der Ver^
^ kj i^uo i.y Google
92
t'iisst^r bereits an einer anderen Stelle^) eingehenil erörtert, ebenso die
Weitet-liilduDgdeMelbentdaaUealf^ymnasium. Was aber die Realtchal«
anbelanjjt, 5?o mim"» eine einziehende Darstellung' ihres Entwickhmgsjjanges
einer beiufeneren Feder überlassen werden. Hier sei über dieselbe nur
Folgen dp?* »»rwiihnt.
Im Jahre 164^ und vor demselben existierte die Realt^hnle cigentlich
fost noch nicht; es gab nur einige wenige Anstalten sicher Alt luid
Michen NamoM, m die Ludenreilechole in GtM (1846 gegründet), die
Schottenfelder Realaohule in Wien, eine deniidie Renltcfaiile in Vmg
(jetzt I. d. St. 0. R.), eine Art deutscher Realsehale in Reichenberg,
eine Realsefanle in Rakonit» mit geistlichen Lehrern (Piaristen). Diete
Anstalten wnren aber keineswe^fs- einheitlich orgunisiert und dienten pro-
vinziellen lind lornlpn 1 ntprt>«»sen. Im „Orffsinisrttionsentwnrr' . flesseii
HerausjT'^bejjihi lK4fl) als das GeburtKjahr der modernen Realschuie gelten
kann, erscheinen drei Arten von UeaUchalen aufgestellt: Oberreal-
üchulen mit sechs Clauen, Unterrealschulen mit vier Classen und
ttUTolktAndige (später nnielbeUlndige) UnterrealHchalen, nndswarmit
drei nnd mit swei Glasten. Nach den dort anfgettellten Lebrplftnen and
Gesichtspunkten entwickelte «ich das Bealscbulweeen in den nichiten
zwanzig Jahren bis zur Reorganisierung? desselben meist dnreh eigene
Landesgesetze (1869 bis 1B74). Sehr zahlreich wurden in dieser Zeit die
unselbständigen ünterrealschnlen, die in vieler Beriehunsf unseren Bfirfjfer-
schulen vergleichbar sind, während die selbständigen HealThnlen wirk-
liche MittolKchulen mit allenlin«^ etwits niedriger gesteckUm Lehrziele
(wozu ja schon die Classenzahl nöibi^e) waren. Der Ausdruck „Bürger-
sehnle" Itlr jene findet sich schon im „Organimtionsentwarr (S. W).
Die fdgenden Seffern mOgen nngeffthr ein Bild geben von dem
riesigen Anwachsen der Zahl nnseier Hittelsehnlen im engeren Smne
(Ober- nnd Untergymnasien, Bealgymnasien, Real- und Ober-
gymnaiien, Oberrealschnlen nnd Ünterrealschnlen).
^"^'c.l'ZSS? « ^ ''
In Österreich u. d. Enns 9 88 mit Offentlichkeitarecht, 1 ohne dieses;
, „0. d.,85p , 8,,
, iSaUburg 2 2 «
^ Steiermark 4 8 «
_ Kiirnten 2 3 , ,
Krain 2 ^ n »
dem K liste nlünde . . 4 «
„ Dalniatien 3 ,
, Tirol nnd Vorarlberg 6 11 ,
.. Böhmen 216^, « 3„ «
. mren 7 24 , , 2 ,
., Schlesien ...... 3 7 , •
Galizien 13 30 . *
, der Bukowina .... 1 4 « ,
■) Prognmm d«a äUaui«Ob>>rgymiM«iai»* in MahrUcb-Tr&bau, 1K*4.
*t Außer <l4>n hier g<>](lbli«>ii gab c», fowi« auch hmu* noch, *Aw Anxsbl kinMi*riielHt'
Amtailpn mit Gymnitlalnnt^rrirbt.
Digitized by CiOOt^I
Miiicell«ii.
93
K« gab also 1818 im ganten Ül Gjiunasien, ^) jettt, Ende Januar 1898
gibt et 193 mit Offentliehkeitsreeht tmd 8 (darunter 5 geistticbe) ohne
dieses. Dabei sind die oombinierten Gymnasien in Cilli (mit selbständigen
dentacb-slovenisehen PacaltelclaNen) und in Trient (mit acht deutschen
Parallelclassen) als Einheiten gezählt. Dazu kommen endlich noch die
2 «Mädchengymnasien'' (Wien und Prag), freilich mit anderer Organi-
sation.
An IteHiMhulfii jcftliUc uutu 1870: Im Jahrc gibt c» doroii:
In den Alpen* und Karstlftndem S7 84 mit öflfentliohkeitsreefat;
, , Sudetenlftndem . . . . S7 54 « ,
» Galisien und der Bukowina .4 6 „
Es gab also 1870 im ganzen 58 Healschnlen,!) 1898 gibt ea deren 94.
Die Ecichenberger combinierte Mittelschule ist sowohl hei den Gymnasien
als auch bei den Realschulen gezählt. HinznfrpffHjt sei noch — was übrigens
ja all^^emein bekannt ist — , dass eine überau.s große Anzahl sowohl von
(ryninjisien als auch von llealschulen Paralieldaswen aufweist. B»-! dem
einen oder anderen Kronlande könnte man sich bei aller Öchul- und
Bildnngs&eundliefakeit doch wohl versucht fählen, da ein quousque tand&nt
ansBorofen. Dean so erfreulich dieser Anlschwong unseres Mittelsdiul-
wcsms ist, so ist anderseits nicht au übersehen, dass, da jede Anstalt sich
lebenst&hig erweisen und erhalten will, so manche gezwungen ist, mit
einem minderwertigen Schülerroateriale zu arbeiten und infolge dessen
die Anforderungen für die r.eistimgen herabztidriicken. Dass aber im all-
gemeinen noch im liier ein Zuwachs an Mittelschulen nöthig ist, 7oigt die
Frequenz der meisten hauptstädtischen Gymnasien und Realschulen. Diesem
Bedürfnisse wird aber durch die Errichtung von Mittelschulen auf dem
Lande in Kleinstädten fisist nie abgeholfen, da die Studierenden seit jeher
ans Terachiedenett inneren und ftußeren üxsachen den Hauptstädten oder
doch größeren Städten snstrffmen.
Da ich mich ohnehin «chon etwas toh dem eigentlichen Zwecke dtesi>8
Aufsatzes entfernt habe, so eile ich sum Schlüsse, den ich in den Wunsch
ausklin<?en lassen will, es möge unsere Mittelschule, das Gymnasium in 50.
die Keaischuie in 51 Jahren in noch glänzenderer und abgeschlossenerer
Verfassung das 100jährige Jubiläum ihres modernen Bestände»
feiern !
Marburg a. d. Drau, Ende Januar 1896. Josef Hölzer.
■) Sullu n ilii-!>o KWtM Ziff« ni iiiclit khiu rii Utig *ein, SO tiigt die Schuld daiM mein
BStürlicli nicht gauz rollstUmligi.» (^uvlli iiiuatcriul.
Literarische Rundschau
Hans J.inuHc hk.': Das Princip der Erhaltung dev Energie und
seine Anwendungr in der Naturlehre. Kin Hiitabuch lür den höheren
Cntt?mcht. Leipzig. B. G. Teubner, l.SH?. (455 JiS. und 95 Figg.)
Der Verfaaaer ist eine den Physikern liUigst bekannte Persönlichkeit.
Wenn ich zmn I>( le«,'e liiefür — abgesehen von seinen /jihlreichen anderen
Publit iitionen — nur im Vorübergehen an «eine Ahhanflhing^m über die
Niveuutlilchen der Cyklone (1882), über da» Enoigieprincip in iler Dynamik
(1B84), über die Ähnlichkeit verschiedener SpannungszusUinde (1SH8), über
<h> Hrtn})t-v'tt/,f» lifr luechani^-chen Wärmetheorie (1890), über die Cberein-
»tiuiuiung der physikalischen Arbeits^eseUe (1892) und über den Äther-
druck als einlieitltche Naturkraft (1893) erinnere, so wird gewies auch das
neueste Wr-rk dpssplbon Autors sofort mit Beifall begrüßt wer<lt'n.
DnK Buch ^tollt i-icli dio Aut'f^abe, .Geltung und Anwendung
des En 0 r}^ i j) r i n c i |>es in allen Gebieten der Natu r lehre" dar-
suthun. Hiezn wartMi hegreiflicherweipp umfangreiche Vorstu<Hen noth-
wendig, und wir h'mltMi thatnachlich nicht n ir iif nnentbehrlielien f^rtind-
legenden Arbeiten von ClausiuR, Faraday, Gaub, Uelmholtz. Laplace, Max-
well, R. Majer und Newton entsprechend benfltst» sondern es wurden
auch fü.st alle anderen bekannteren Forscher und Sammler auf pbysikali-
schein riebiete. wie Boltzmann. E. und V. Dühring. Hehn. Hertz, v. Lang,
Mach, .NUiHcart und Joubert. F. Neumunn, Ostwald, l'taundler. Planck,
Poincare, Ueis. Ho-ien berger. Stefnn, W. Thomson und Tuit, Tumlira, Violle,
Van <h'r Waals. Wt^yraucli. Wiedemann. Winkelmann, Wnllner n. s. w.
entweder zuratbe gezogen, oder der Leser wird auf deren Schriften auf-
merksam gemacht.
So wird ein doppelter Zweck erreicht. Der Verfa^x r lirf.'rt » rotens
den Beweis, dass das Energieprincip keine Zwangsjacke für den G»^taiien-
reichthum der Naturlehre ist. »Ume im allgemeinen näher auf ?^xperimente
einzugehen, wozu in dem vorziig^weiHe theoretischen und, könnte man
sagen, compendiös-encyklopildischen Werke thatsiichlich der Ratini f>^hlt,
leitet Januschke, immerhin auf Erfuhrung freier Fall, Maschinenarbeit,
Erregttng und Verbrauch von Wärme, magnetische Kraftlinien etc.) gestfiltst,
die wichtigisten bekannten Naturgesetze ausnahmslos ans .l.-m Prim ipeder
Erhaltung der Energie ab. Dabei bedient er »ich durchwegn der einlachsten
mathematischen Hilfsmittel. Wenn wir auch häufig dem Integralzeichen
begegnen, n> neht es doch immer vor den einfachsten nlgebraucben Aus*
dn'ickt'ii. un<l oft ist üVif-rtlie'? fin pmz <'!e!nentarer Weg anj»e£»eben, auf
weichem die Integration umgangen werden kann. Begritte, welche
schwieriger su erfassen sind, werden möglichst leicht eonstruiert So wird
beispielsweise zuerst bei der Betrachtung ein*M- leiti-nileti Kngel definiert,
was Elektricitütsfi^rad ist. seine Abhängigkeit von Ladung und Kadius ge-
zeigt, darauf überjj;i Kii»j4t'n auf beliebig geformte Leiter und nachgewiesen,
dass Elektricitätsgrad und Potential dieselbe Größe sind. Nach Feststellung
des Begrilfes der elektromotorischen Kraft fällt e- ni. ht iu« }ir schwer, die
e^ektritiche Dichte und die elektrische Spannung von ihr zu unterechctden.
tiberhanpt begegnen wir durchwegs einem von glücklichem Erfolge be«
Literarische Kund«chau.
gleiteten Htreben, ümttiadlichlMiteii sn yerroeicleii und trots der KOne
manch«'!- Schlussfolgeninpen Klarlieit und t^.lri^lon zu wahren.
Erfüllt 80 dm Buch die ihm zunächst j^estellte Aufgabe in an-
erkennenswerter Weise, so bietet es zweitens auch demjenigen, der »ich
mit höheren Studien befassen will, eine vortreffliche Grundlage. Viele
Capitel gfhf'n üb^r das Lohrziel unserer Mittt Ischulen hinaus; neben d»»m
Energieorincipe sind theiis erwähnt, theils angewendet Ostwalds Gesetz
dee ffrOfite« UraHttMe, Hein» Inteonttiiipieieti, Oinß* Princip de« kleinsfani
Zwanges, das TIerta'sche Princip nioglichRt gera<ler Bahnen und andere
fundamentale einsetze. Da^ss die Lichitheorie auf die Maxwell-Hertz'achen
Grundgleichungen des elektioniugnetischen Feldes gestützt erscheint, ist
in eineni l^ucho, wie dae vorliegende, selbstverständlich.
Die Einleitungen zu den eiTT/elnnn Abschnitten br-nq-t^n virlc histori-
sche Notizen; z. B. über die Entwicklung des Principe^ der Erhaltung der
Energie, fiberVennehe bezüglich der QrandeigemidMuFten yon Flfisngkeiten,
über Temperaturnie.Hsungen (eine Angahe über das Celsius -Thermometer.
S. 235. ist wohl insofern nicht ganz zutretiend , als wir die Strötuer'schon
Grade irrthünilich mit „(J." bezeichnen), über Heibungselektncität. iibor
Magnetismus, Galvanismus und Licht. Wenig bekannt ist die auf S. ööb
mitgetheilte interessante Thatsache. dass die Erscheinungen, welche Gal-
vani beobachtete, schon III Jahre vor ihm von Swammerdam gezeigt
worden waren.
In richtiger Würdigung der nicht oft genug zu betonenden That-
sache, dasR die Kfnntni.s der Xaturj^esetze allein nicht ausreicht, sondern
dass stets nach Möglichkeit deren Cousequenzen gezogen und dadurch
dieselben n uns erst lebendig werden sollen, sind an allen geeigneten
Stellen des Buches Aufgjiben beigefllgt. dit» lin Verfasser tli' il. ^oll^t zu-
sammenstellte, iheils vorliegenden Sammlungen {no von Reis, Jb Itedner und
Kreb«, Bndde, Maüer-Enbacb, R. Weber, Maiß, Danrar n. a.) entnahm.
Die Ijö<4ungen wurden beigesetzt und, wo ee aaigemenien ereeoien, anch
Andeutungen über den I^f^songsweg.
Schließlich sei noch erwähnt, dm^ am Ende de« Buches Berichtigungen
beigegeben sind, welehe von ^iner sorgfUltigen Revinon deeielben dnrch
den Verfasser zeugen. Dem Keferenten fielen nur wenige andere un-
bedeutende Versehen (z. B. S. 302. Z. 11 v. u.; S. 432, Z. lÖ v. u.) auf.
So sei denn dieses neue Werk, eine Fracht ▼ieljftbrigen Stadium«
und ein Product geistvoller Naturan?(hauung, allen, welche sich ein-
gehender mit den rheorenien d^'r l'hysik befassen wollen, besonders aber
jenen wärmstens emufohlen, denen angestrengte Berufsarbeiten nicht ge-
statten, selbst aus all den Originalarbeiten zu schöpfen, deren wichtigste
Ergebnis^* .Tanus( hke von einem 9cMn9n Gesichtspunkte ans so einen»
abgerundeten Ganzen vereinigte.
Wien, im September lö97. Daurer.
Dr. Jos. Cleui. Kr ei big: Die Aufmerks&mkeit als WUlenserschei-
nung. V. AI fr. Hölder.
Der Verfasser dieser Monographie naeht es sieh mr Aufgabe, das
schwierige Aufmerksamkeitsprobieni einer ebenso fieiOigen als von selb»
^tiindigem I rthoile zeugenden Früfong za untendeben, und schlägt dabei
folgenden Weg ein.
An die Spitze der Schrift stellt er vorläufig eine descriptive DeBnition
der Aufiut'rks;tnikeit: ^T>i>' Aufmerksaniki it i f i in Wollen, das darauf ge-
richtet iöt, einen äußeren Eindruck oder eine reproducierte Vorstellung,
beziehungsweise bestimmte Einzelheiten darin klar und deutlich bewuwt
zu machen."
Für diei«e durch fünf typische Fälle ilhwtrierte Definition sucht er
nun tichrittweise die einzelnen Bestandtheile zu gewinnen. Zu diesem
Behnfe begrentt er den Willen in absiehtlich weiter Auffoosang als »Ver*
Litei'uruche Kundscbuu.
ni<^n. welches aller mit 4em Erkenntnis und Gefühlsleben verknüpften
psychinchcn Th;ttjp;kfit zugrunde liegt".
Bei der wiilküriicheo AiifmerksAmkeit führt die innere 6eibätwahr-
nehmung dasn» die Anfinerkmaikeit als WUlenaersebeinnn^ anftttfusen.
Bei der „unwillkürlichen Aufmerk-;aiiikeit" könnte man. wenn man den
Procefitt des Wollens festhält, von einer contradictio in aäiecto sprechen,
welche Schwierigkeit aber Terschwindet. wenn man „ohne Wollen" gleich
setit ,.ohne vorherig bewiuwte Vorstellung von dem Gewollten'. Weiter
seigt Kreibig, dass jeder Versuch, die Aufmerksamkeit unter die anderen
anßer dem Willen denkbaren Grunde lassen der psychischen Phänomene
(Vontellnng. Urtheil, Geftlhl) einzureihen, ebenso misslingt, wie die Auf-
lösung der Aufmerksamkeit in Vorstellungsassociation .«^i' h ils unmöglich
erweist. Die noch übrigbleibende Möglichkeit, die Aufmerkttamkeit auf
rein physiologische Voi^änge zurückzufilhren, iflt deshalb zurückzuweisen,
weil eine solche physiologische Erklärung der Aufmerksamkeit, sobald sie
streng materialistisch ist. nicht geliefert 'verHen kann. Abgesehen nämlich
daTon, da», wie der Verfasser ganz richtig beuterkt, die Physiologen, „so-
fern sie eine .Ableitanfi^ oder Zarflekfllhrung'' der psychisehen Ertchet*
Hungen auf physische anstreben, vor allem bei dem Phänomen der Auf-
merksamkeit an der Grenze ihrer principieilen Leistungsfähigkeit angelangt
sind, so sind die Elementarfunctionen. das zum Klären und Verdeutlichen
nothwendige Vergleichen und Unterscheiden beim Aufmerksamkeitsucte.
physiologisch-mechani.sch nicht erklärbar, abpr nnch nicht der übrige Pro-
cess beim Aufmerken. Dieses Klären und Verdeutlichen ist aber nach
Kreibig in Übereinstimmung mit einer Reihe Ton Antorra das Ziel des
Aufmerksamkeitswillens, indem die Aufmerksamkeit nicht nur «'ine Vor-
stellung von der anderen scharf unterschieden ins Bewusst-sein bringt,
sondern auch ihrem Inhalte nach deutlich bewusst macht. Als Objecte
des Aufmerken« sind alb* Sinneseindriickc einschließlich der am oder im
Inneren des Leibes localisieiten Gefühle (,sinGere Eindrücke"). ;ibf^r auch
die reproducierten Vorstellungen im weiteren Sinne zu nennen, welchen
xwei Arten der Objecto nach Herbarts von Kreibig Tertbeidigter Ansicht
die zwei Grundtjpen, «die sinnliche nnd die intellectoelle Aufmerkumkeit*
entsprechen.
Kreuzt man hiemit die in wilikflrlicbe nnd unwillkürliche Aufmerk-
samkeit, so ergibt sich folgendes Schema: Aufmerk.sanikeit : 1. sinnliche.
a) willkürliche, nnwillkürliche; 2. intellectuelle. n) willkürliche, b) nn-
willkürliche. Einen Wettstreit zwischen intellectueiler und sinnlicher An-
schauung leigen s. B. die Erscheinungen in suggestiven Zustfoden. in
welchen da^ intellectuelle Object solche psychinche Bedeutun«^ erreicht,
dass selbst krivftige äußere Heize nicht bewuHst werden. Oft wirken aber
diese beiden Arten der Aufmerksamkeit zusammen, so in der Ergänzung
der äußeren Eindrücke durch reproductive Hilfsvorstellungen (Interessen-
kreis, Milieu etc ) Di*^ Fraee nach der Entwicklung beantwortet der Ver-
fasser dahin, dass die unwillkürliche und anderseits die sinnliche primäre,
die willkOrliehe und intellectuelle Aufmerksamkeit secnndftre Formen der-
selben >in(1 I' i^>f^i vr>r ^i' !,* nr mir vermutlmngsweise, nicht als Th»'orit\
eine Erklärung der Erwerbung willkürlicher Aufmerksamkeit beim Kinde
Als einzelne Stadien des psychischen Verlaufes der Auf-
merksamkeit erkennt der Verfasser 1. das Hauptstadium der Erwartung.
welch«*s charakterisiert ist durch Jen aTiftauchenden iiul>ertii Findruck
oder die reproducierende Vorstellung, die die ErwartungRvor.Htellung be-
stimmen, oder auch durch Veranstaltungen des Willens zum Zwecke de«
klaren und N ttlioben Bewusstninchen« ( Associationshilfe. Adaption der
i^inne8orga^e und sonstige Innervaiioneu;: 2. Hauptstadium dt r Fixip-
rung. und zwar der ins Bewosstsein tretenden Vorstellung. Veij^h ichun«;
der fixierten und der Erwartungs-Vorstellung und Assimilation der Er-
wartun<rsvnn5tplhmfr durch die fixierte Vorstellung A\h besonders instruc-
tives Beispiel führt der Verfasser an: .Fernand sieht am Wege etwas wie
eine Goldmünze, darauf folgt Erwartung, eine solche zn finden, darauf
ABsimiktion der fixierten Vorstellung an diese Erwartungsrorstellung. daher
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Literan^icbti Kund/ichau.
97
Deutung aU GoKlmünze Mit dem Erkennen des beleuchteten Olimmer-
stückes lic'i niiheiem Zus.'lu-n vf'r>:(hwind<'t lias As>ociationsintf' i-m.sko, mein
Aut'merk^amkeitswiile 10t daher wieder für andere Objecte IVei. Die ße-
tiehuDg von Aafmerkmmkeit nnd Übung liegt nicht in einem Ausfallen
von Einnellunctionen. >«>ndem vielmehr in einer Veränderung der psychischen
Arbeit, und daher /Mitlit he Bpsrhlcuniirnnj; <ler A^-^ociationen und Inner-
vationen, wobei <iie AutiiK-rkNaiukeit si( Ii vermindert.
Auch ülter ünaut'merk«amkeit und „Zerstreuung" sj)richt der Ver-
fa-J'-tM-. und will unti-r Iftztoren Bc^'iitV nur das „planlose Hin- und Her-
wandern" schwach concentrierter unwillküriichet- Autmerksamkeit aub-
samieren.
„Spanniinij, Cnnccntration . ."^tiuke. Intensität" sucht Kreibig in der
Weise zu diHi'renzien'n , diuss er unter dem ersten Terminus ein Maß von
^psychiRcher Bereit>c halt" im Erwartungsstadium, unter Conecntiiition
ein Maß von Enge der Aufmerksamkeit während des Fixiernngsätadiums
versteht. ^Stärke" und „Intensität" betretet« bald Spannung, bald (.'on-
eentration. Dann untersfcheidet der Verflu^üer lui Anschlusüe an selbstgemachte
Zu- und Abtiahme der Mäi btigkeit des Willens im Erwarten oder Fixieren,
und zwischen Oscillation der Aufmerksamkeit, einem «Hin- und Uerwandem
des Blickpunktes"'.
In den Capiteln (VI. l>is IX. inclosive) sind die Leistungen der Auf-
tn« rl>;i mkeit innerhail» der Verstellungen im allgemeinen. li> i der l{e])ro-
• iuctuin. bei der Bildung von Begriti'en und endlich auch bei den abnormen
Steigerung»- und Zwangserscheinungen in suggestiven Zust&nden besprochen,
l'ni nur einiges aus die>em Ab.si hnitte hervorzuheben, so «ibt Kn^ibig für
die Erscheinung, dass ilie .Vulmerksauikeit tHe Stärke der Kmptindung
steigert, die Erklärung, liass die Stärke der Emj)Kndung durch den Reiz,
und die Emptindlichkeit bestimmt wird, die Autm* ! k-,imkeit aber erhöht
tii«' Emi>tindiichkeit und da<liirch auch die Stärke d.T lüiiptindung. .\ueh
die Leistungen der Aulmerk^amkeit in räumlicher Beziehung (.Doupei-
deutung bei der SchrOdor'schen Tiepi>enfigar) und in zeitlicher Beziehung
linden eine klare Darlegung. Mit Ib cht tblgt der Verfasser tler Abstractions-
theorie bei iler r>ar>tclliing der BiUlung der Gemeinvorstellungen uml Be-
griÜ'e. Wenn aber nach -einer Darstellung die ältere Abstractionstheorie
darin unrecht hal>en »»,1 , 1 s .sie „von einer Thätigkeit <les Nichtberück-
-ichtigens von .Meikiuait u" spricht, so scheint dies mir doch nicht als ein
p.sychoiogiäches Unding, indem ich doch wohl, um das angeführte Beispiel
letttzuhalten. in drei verschieden gefärbten Scheiben ganz wohl meinen
Willen auf ein Merken einer bestimmten Farbe und zugleich das Nicht-
merken der anderen richten kann. Dass auch bei der BegriHsbildung das
„Zurücktreten der nicht hervorgehobenen Merkmale" nicht >o „von sellKst",
wie der Veriass-n- meint, geschieht, sondern auch dal»ei eine Willensthätig-
keit liemerkiiar i-t. /.i-ii;t sich elien darin, d.iss es Mühe kostet, die indi-
viduellen Merkmale der anflchaulicheu Vorstellung von dem »Begritfe"
fernzuhalten.
Ib'e '"teigerung^s^ufen der .\ufmerksanjkeit, welche nach Kreibig
einerseits den (»rad tler Concentration , anderseits den correlaten (b-fühls-
factor betroffen, roichen von dem bloßen .Merken durch das Bemühen,
fixieren bis zur lukhsten .Stufe der .Aufmerksamkeit in suggestiven Zn-
stän<len. widche dem Verfas.ser (bdegenheit Lrel»en . verx liiedene ]•',]]]<' der
Suggestion zu besprechen. Im Folgenden wird di' i ntücheuiende Wirksam-
keit des Aufmerksamkeitswillens innerhalb des hypnotischen Erscheinung»*
gebietes besprochen. Die dem GefQhIsfa(!tor entsprechenden Steigerungs-
.stufen sind durch sprachiiclie iermini. wie Erstaunen, Entrüstung, Ent»
.setzen ete. festgehalten. In tiem .\bschnitte. der die (.'Ijerschrift „Auf-
merksamkeit und Willensfreiheit" trägt, tritt der Verfasser für eine durch-
gängige {isychi-cle' Cmsaiität ein.
Die scheinbar den Indeterminismus unterstützende Erwägung, dass
die Aufmerkflarokeit einem Motive unabhängig toh seinem Inhalte (die
Lust am Geldbesitze kann so beim Stehlen durch Aufmerksamkeit auf
„ÖstPiT. Slittclflcbulc". XII. JabiK. 7
Versuche mit tikenden Uhren
-lÜ • ^-J ^J^''
98 Literarisclie Rnndachao.
,Hück»icht auf fmiules Ijciii' ticwillti«^! werden) zum Sic^'c vprhelfVu
kann, erhült dadurch eine entgegengesetzte Hicbtung, diu^ die Aut'iuerk-
aunkeit als WoHung nicht frei, nur die am naeiiten gef&blsbetonte Vor'
Stellung begünstigt, so dim die Freiheitrtheae in ungereimter Weise auf
das Gelnhl sich zurfiok'zöf^'p.
Den Abschliiss dos Hiiches bildet ein sein u f^eordneter historischer
Cborblick einerseits über dio psychologischen <XI i. iinderseit.s über die rein
physiologisch«'!! i beorien der Aufmerksiiinkeit (XII.) zum Zwei I i I m- Aus-
einandersetzung ded Vürt'üiserä mit den der Auffassung der Auiuierkijumkeit
als Wülenspbftnomen enti^egenstehenden Gmndlehren, sowie der Ver-
gleichung voluntaristischer Theorien. Wilbrend der XI. Abschnitt mehr
kritiaierenden Charakter tn'ifjt, ist dor XII. rein leferiprend.
Wenn nun der Vcrtasser in einer Schlussbemerkung diese iui Geiste
der modernen de-eriptiven Psycholojjrie -^^ehaitene Durstellung eines der
ächwieri<^sten I'rnl)leinc (b'r.ielb'-n als einen «Baustein" lietrachtet wiesen
will zum neuen Gebäude derselben, dessen Errichtung langsam, aber sicher
fortschreitet, so yerdient nach dem Ermessen des Referenten dieser sein
Beitrag zu den ErrangenschaAen der ^eueren Ptayehologie diesen Namen
mit vollstem Uechte.
Wien. Gustav Spengler,
Lnise Hairen und Anna Bejer: Wie lässt Sieh die Erziehung der
weiblichen Jugend in den höheren Berufsclassen unseres Volkes
vom 15. bis zum 20. Lebensjahre am zweckm&ßlgsten gestalten?
Gekrönte Preisarbeiten.
Im Üctober de.s Jahres 1895 beschloas der Senat der königlichen
Akademie gemeinnütziger Wisisenschaften zu Erfurt, für das Jahr 1896 die
oben angegebene Preisanfprt'be r.n stf^Uen. Es liefen uHbrend de> Jahre««
lb96 im ganzen 28 l'reisarbeiten ein. l'uter diesen wurden zwei als ganz
hervorragende nnd gleichwertige Leistungen befanden. Ea wurde daher
beiden der volle Preis von '100 Mark zuerkannt Die Verfasserin der einen
Arbeit ist die Sehnt täte iierin Kniulein Luise Hagen in Uerlin, die der
anderen Fräulein Anna Beyer, Lehrerin an der städtischen höheren
MAdeiien^i hulc zu Fornt in der Lausitz. Beide Arbeiten sind abgedruckt
in den Jahrbüehcrn der königlichen Akademie gemeinnütziger Wis.<?en-
achaften zu Erfurt, Neue Folge, Heft XXIII, Erfurt 1897 (erstere Arbeit
44 SS., letztere 42), sie sind aber auch in Separatabdrficken «n haben bei
Karl Villaret (Arthur Frahm) in Erfurt, b Ii irl.nibe. den Herren C'nllef^en
einen Gefallen zu erweisen, wenn ich sie auf die.se trelllichen Arbeiten
aufmerksam nuiche. Gewiss haben schon manche unter uns lebhaft darüber
nachgedacht: „Was soll ich mit meinen Töchtern anfangend Jeden, der
in dieser Ln^'e iwt, muss es interpolieren, wie man in Deutfc bland darflber
denkt Ich unjpfehle daher jedem die Leetüre der beiden Arbeiten.
Wilfa. Schmid: Der Attlclsmus in seinen lütuptvertretern von
Dionysius von Halikarnass bis auf den zweiten Phllostratns.
Begisterband. Stuttgart, Külilhinmner. 1S97 *>3i 6 M.
Mit dem vorliegenden Registerbande ist das höchst vertlienstliche
Werk m Ende gebracht. Ich habe die ersten vier Rftnde in dieaen Blättern
kurz angezeigt {lU, 118 1 JV. 279^: VIII, 318; X. 118). Dem Wunache,
den ieh bei der Anzeige dej^ I\ . Bandes ausgesprochen habe, es mögen die
Register möglichst ausführlich sein, ist so ziemlich entsprochen worden.
Sie zerfallen in ein Sachregister (52 SS.) und in ein Wortregister (172 SS.).
Der Wrirtsdiat/ d*'s Lm ian i«t nur in>oweit aufgenommen, als es fiir
den Zusammenhang des ganzen Werkes uöthig scliien. Kraat« dafür bietet
der Index Ludaneus von Jakobitz. Durch diesen Regiaterband ist
Benützung des Werkes wesentlich erleichtert Die (^-lehrtenwelt ist dem
Verfafiser für sein mühevolles Werk zum größten Danke verpflichtet.
Literarisclie Kundgcbaa.
99
St. Fellner; Die Homerisehe Flara. Wien« H5Ider, 1897. 84 SS. 70 kr.
£in sehr anregend geacbriebenes, für Philologen ebenso wie fttr
Botaniker interessantes, gehaltvolles Schriftohen . dorn die weiteste Ver-
breitung zu wünschen iat. Der Herr Vertktiäer hat sich in der ziemlich
reichbaltigen Literatur Ober unseren Gegenstand genügend umgesehen
und trägt seine Ansichten mit großer bidierheit iror. Das ist auch in
Fällen ^schph<»n. hei denen die Sache imnjprhin zweifelhaft ist. Ich will
dem Herrn Verluaser desw^eu keinen Vorwurf machen, die Arbeit liest
sich so glatter, als wenn flberall Zweifel ausgesprochen wären. Derjenige
freilich, der sich mit unseren Fragen eingehender bcschäftijjt hat, wird
öfter ein Frageseichen an den Kand setzen. Auch hätte ich gewünscht,
daes die benfltzte Literatur etwas genaoer angegeben worden w&re. So
habe ich nicht ermitteln kOnneOi ob von Hehns Culturpflanzen die
allein maßgebende 6. Auflafrp, versehen mit linguistischen Zusätzen von
0. Schräder und botanischen Beiträgen von Engler, benutzt wurde
oder eine frtlhere. Wenn (S. 15) behauptet wird, die Insel Cypern habe
von der Cy|»re88e den Namen erhalten, so ist dies an und fTir .sich nn-
wahrscheinhcht aus sprachlichen Gründen aber kaum möglich (vgl. Hehn*',
8. 282). £her ließe sich das Umgekehrte anneinnen, der Banm habe von
der Insel den Niinien erhalten; ich erinnere an den Sebenbanm ««■ Sa-
bina arber. Inwahrscheinlich ist ferner, dass hochdeutsch Kanne auf
griechisch xäv/^ beruhe (vgl. Kluge-'. S. 184). Auch gegen die von
unserem Herrn Verfasser vertheidigte Deutung des Homerischen ^fiiöz als
Kastanie hat Murr (Programm des Gymnasiums in Innsbruck 1888;
derselbe: „Pflanzenwelt in der griechischen Mythologie", Innsbruck 1890,
8. 4, A. 2) gewichtige Orflnde vorgebracht, die meines WisMus Ton nie*
mandem widerlegt worden sind. ,.Der obersten Gottheit gehört überall die
Kiche." <?ag:t 0. Schräder („Sprach vergleichnnir und rrgeschichte"^. S. 404).
Nun lidirt aber der Zea« von Dodona unter anderen auch den Beinamen
y»jY«va:o;. Sollte dieser Zeus wirklich ein Maroni-Mann sein? Dass «Tj^ö?
eine Eichenart bezeichnet, ist ohne Frage Dies kann nur die Knopper
eiche sein (Quereus Aegilop, L,), d^en Eicheln, wie Ueldreich, einer
der besten Kenner Oriechenlancn, berichtet, ailß lind und j<m LandToIke
noch jetzt roh oder geröstet gegessen werdien. Ein Register Homerischer
Fflanzennamen wäre erwünscht gewesen.
Wien. Dr, Vol. Eintner.
H. S. Schmid: Kunst-StU-UnterselieidUllg. Fflr Laien, Kunstfreunde.
Gewerb-lente etc. 22 Stilarten. 240 lllnstiationen C,. Franz'sche Hof-
buchhandlung. .München 1897. 3. bereicherte Auflage. 1 M. 25 Pf,
Auf 14 Tafeln und 44 Seiten ist des Wis-senswerten und Charak-
teristischen soviel übersichtlich und allgemein verständlich zusaminen-
gestellt. da.-'s jedem Neulintre in der ]viinst;,'e>chiohte binnen kurzem alle
zu intensiv'erem Studium nothwendigen Grundbegnöe und Fachausdrücke
geläufig werden mfissen. Das Büchlein ist nicht nur fOr den Lehrer der
verschieden.sten Fächer wertvoll, sondern anchfOrunsereSchfller eii i{ !i lilens-
wert. Die gute nf nähme, die es seit seinem^ Erscheinen vor drei Jahren
(1894) fand, spricht a?n benten für seine Qualität.
Das alte Rom mit dem Triumphzuge Constantins 312 n. Chr. Kund-
gcniälde von Prof. Bühlmann und Wagner in München. Hanfstaen^cl»
Kunstverlag. München 1892. Photographie dannch in Leporelloform 6 M.
Textheft dazu mit Situationsplan. Verlag der Panoramagesellschaft 1890.
60 Pf.
Auf diese vorzügliche und sehr instructive Publication machen wir die
Vorstände der Cabinette für tieographie und (Jeschichte aufmerksam. Der
billig Preis ermöglicht leicht die Ansehaffnni? iind «steht in keinem Ver-
hültnisse zu der Schönheit des Gebotenen. Der Name des Architekten
fifihlmann bllrgt fttr das Beste.
Tr Oppau. Rud, BÜtk.
100
Literurisehe Uundschan.
i)y T Küt'ik: Realerklärung- und Anschauungsunterricht beider
LectUre des Tacitus. \\ ien lsi^7. A. Hölder. bö S. 1 ti. 20 kr.
Die Abhandlung euthält i<ositiTe und detaillierte Vorschläge darüber,
,W0 nuiK am pauendsten mit rint r Kciilerklilrung oder dem Vorweihen
eines Ans. hatiungsmittels einsetzen köimti"." Berück^ichtij^t sind nur die
«belesensten i^artien des Tacituü (ann. 1— V, XIV, XV; hist. I, vuii deu
üitrig<'n Bachern die Auswahl in Weidner« Schnlani^iibe des Tucitus);
(las- fünf Bücher dor \nnulen von der rntetsnohnnjT i^an/. au.sge>it.hlo.->on
worden äind, obwohl doch jede« von ihnen auch für die Schule geeignete
Partien enthftlt, wird mancher Leser bedauern. Der Stoff ist bflcherweiBe
Wesen, öffentliches Leben, Privatleben. Saerales (MythoTo-
giächeii). Öffentliche Spiele, Porträts: die VI. Ahtheilung war mit
der III. va. verbinden. Den Scliluss (8. 558— b6) bildet eine Übrnicht der
vorkonimenden Localitiiten und Realien mit Rücksicht auf den AnschauimL's-
unterncht. Auf das, -wm die Cicero- und die Horaz- Leetüre, zumtheii
auch die anderen Schnlautoren, Einschlägiges bietet, ist regelmäßig Bezug
genommen. Die Ge<r<'n\v.iif winl oft treffend mit dem Alterthume in
Wechselwirknnir f,'e«etzt^(8. 20: 30. A. 4; 87 nebst A. 4; 55; 5Ü, A. 1: 66;
67; 6'S; 71; 74, A. 2; 77, A. 5*. Der IniuiiL der Abhandlung entspricht
insofern nicht ganz dem Titel« als die KealerkläniDg", wie schon die
erwähnt'^n < Jpsichtspunkte zeigen, nur innerhalb eng go/o^joner <irenzen
behandelt wird; auch lumi aich keine objective liichtM^huur erkennen,
nach der über Aufnahme oder Ausscheidung von Realien entschieden
wonli ti wiire; denn »s \v<rden nicht bloß solche herangezogen, für die
ebt'M An.-schauungsmittei in Betracht kommen. Dass der VertassC^r eine
beiu iUc-nswerte Siichkenntuis bejutzt, verräth jede .Seite. ' I
Im An.schhisse an die Besprechung dieser Abhandlting seien aber
noch einige Berne rknn^'-''Ti ullgemoimr .\rt. gestattet, ili.-, wie ich hoffe,
die Überzeugung vieler Coliegen ausarücken. Litt der philologische Unter-
richt früher an der grammatischen Hyperbel, um mir eine Wendung
0. Jägers aii/iii'i;:iien, so fangt er nunniehr schon bedenklich an. an der
Hyberbel der Mi alu n nud der Anschauung.^mittel zu ki-anken — vii Il- ii ht
bis jetzt noch wenig in der l'raidü. aber gewiHs schon in der LitL-rulur.
Das beweist auch unsere Schrift. 8. 66 z. B. verweist der Verfa.s.ser auf
die .Xbbilibmg eines /i*/rrr?/7/?. wenn auch nur iiciii nl., !. S. C" firulct or fs
erwähuetiäwert, da*4> die cnhortes viyilum keine tibicines und cuniicuws,
wohl aber eine groüe Anzahl budnatores hatten n. s. w. 8. 64 empfiehlt
er ann. XV 1 — 17 (die Ereignis.se der Jahre 61 und 62 im Kampfe mit
den Parthern und Armeniern) „ganz bo n «1 i für die Lectine; etwa
wt il ijiaii für da-s Kriegswesen iler Römer uiul riUtiier manches daraus
leim II kann und einige Stellen der Horaz- Lectiire dadurch im vorhinein
i'iii,- lit leuchtiing eiTahren (vergl. S. G'. A. Ii? [< Ii finde die .Abschnitte,
welche die rartherkriege betreffen, nur in beschränk teste ui Maße für die
Schule lesenswert (ver^. das 8. 7 angeführte Progr. 8. « f.). Zum T. Buche
der Annalen werden ungefähr 40 (Jelegenheiten zu Keab'rklärnng und
AnsihanuiigMuiterricht naudiaft gemacht; daV»ei sind aber wohli^eiiierkt
die wichtigen (Jebiete der Staatsgewalt, der Staatsverwaltung, der Kriegs-
geschichte, auf welche gerade die ersten 1.5 Ca\)itel der Annalen vielfach
einzugehen zwingen, kaum gestreift. Der Verfa.sser scheint selbst zu
fühlen, da.ss er deu Anfang der Annalenlectüre tC 1 — 10) mit IteaJ-
erklärung überladen hat (vergl. S. 26), er erklärt auch sonst öfter die
Vorweisung eines Bildes für unnüthig <vergl. z. B. S. 16, 57) und äußert
sich aiirfi am Schlüsse seiner Untersuchungen und Zusammenstellungen
vorsii iitig (vergl. S. 82). Aber trotzdem scheint er mir diesen Hingen für
d:- ;ii fere Vei -t.tii inis des .\utors viel zu viel Wichtigkeit lieizunies.sen
uh'l 'I:. K-ir-e ,l,>r der Tacitus- Leetüre eingerliumten Zeit, zumal bei «len
groL''eu spracii liehen Schwierigkeiten, viel zu wenig in Anschlng zu bringen.
') Liii I>niokf.-lil. r miis" S '^i, Z. ?. v. n. \<jrtii -. ii : statt des CiUtte» 14, 9 lloU e»
wohl heiUeii Ib, i ; .'S. ILi, A. G {»Uht ^rtucilus, Ü. 73
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Literarüche Rundschau.
101
Für jenes tiefere Verständnis kommt es aut liieüe JJiiige meist nicht so
viel an . im Gegentheile — ea Hegt die Gefiihr nahe, dass dem so wie so
siin Anr^Hi lichen klebenden .Schüler dio>»e immer wieder hervori»^ehobenen
Auberliehkeiten schließlich als d;«s Wichtigste erscheinen und sein Interesse
von der Hauptsache ablenken. In der III. hin V. oder VI. Clause, auch
früher schon. möj?e den Spracliunterricht reichliche .Anschanung begleiten,
in d^n f)l>orstpn ria^^siTi n^n r s ill die Leetüre andern Ans« hannnfr^Tiiittol
als Plan und Karte nur ausnahmsweise heranziehen, um der Hauptaufgabe
eher gerecht werden zu können. Sollte ein reiferer Schfiler nach 2000 Jahren
in dsLs Ver.ständni.s einer classischeniieschichte Österreichs mul >]>eciell unserer
Zeit einj?pfuhrt werden. wa.s hätte er denn für die Erkenntni.s desHen, was
ftir un*<eren .Staat und unsere Zeit, was für den Autor und den Kern des
Werkes chamkteristiach ist, so viel «rewonnen . wenn er den Fhm Wien*
im Kol»!.' li.ittf. AI-/fichoTi und Stellunpr fines Hauptmanns od. r Adjutanten
kennte, wenn ihm das Maunlicber-Gewehr, die B^mtenuniformen u. dgl.
vorgewiesen wflrden? Und verlAlt es sich etwa mit vielen Bealien nnd
Anschauunjjsmitteln, (he <\i\< Verständnis der lateinischen und •rrir* hischen
Autoren noch in den obersten Classen fordern sollen, wesentlich anders?
Was ist denn unsere eigentliche Aufgabe bei der Leetüre des TacitusV
Doch wohl da*« Üild der rOmischen Welt, wie es sich in Tacitiis spiegelte,
im ^cliül'^r nm hr.nerTienjren. (h und dort auch einen Zu£r nchtifrzustellen.
die Weltanschauimg des Geschichtäcbreibera und die Kunst seiner Dar-
stellang dem Schüler aafxneeigen — soweit all dies bei einem Schfiler
\ind im Rahmen einer bc-^( hi;inkffii f.i-i für*' möglich ist. Zu solcher Ein-
sieht tragen die Healien und Anschauungsmittel, die nnsere Abhandlung
bringt, blutwenig bei. Wer die .Schriften von 0. Weitienfels zu Cicero
und Horaz kennt, wird zugestehen, dass ihr Verfasser das feinste Ver-
stämlni- für beide Classiker und ihr«' Zi if Ii. '<it7.t, und er wird sieh nufh
selbst durch ihn in ihreuj Verständnisse wesentlich ^jefördert fühlen; ai»er
▼on Realien und Anschannngsmitteln in unserem Sinne macht er durch-
aus keinen riebraiu h. l i>-t :nu h ni« lif <].is Icisi -te Verlangen danach auf-
kommen. Fremde Eigenart nachzueniphnden und sich in sie einzuleben,
sei P« die des Schriftstellers oder der von ihm dargestellten Personen und
Zeiten o<ler (ieilankenentwicklungen . liildet das höchste Ziel der L» ( türe
jedes be«leutenden Literaturwerke-.': die-«- KaliitrIsPit zu wecken, zu nähren,
möglichst zu steigern, ist auch die höchste Aufgabe des ciussischen Unter-
richtes; wird ihr nach Möglichkeit entsprochen, so bringt dies dem Schüler
bleibenden, wctm ;iiirli nii }it mit der Elle messbiirrii Gewinn. - Es wäre
noch manches auszuitihren. um Missverstilndnissen vorzubeugen: doch dürfte
aufh schon da« bisher <ii ^.i^rte in keinem richtigen Verhältnisse zum An-
lasse stehen, und so wiederhole ich ntn*: die angezeigte >chrift ist in ihrer
Art dankenswert und vortrefflich, aber eine wesentliche Förderung der
eigentlichen Ziele der Leetüre darf man von derartigen Arbeiten überhaupt
nicht erwarten.
Prag. A. SlrobL
Dittmar: Studien zur lateinisehen Moduslehpe. Leipzig, Teubner,
1«597. XII H- im .S.S. M.
Ich mu*s gestehen, nicht bald hat mi< h ein liuch lebhafter beschäftigt
als das vorliegende. Gieng ich ja auch mit einem gewissen Vorn rth eile an
d;is Sdiiliuni desselben, da i' Ii mich mit den Hypothesen von Hoff mann
und Haie nie h;ibe befreunden können. Mein Vorurtheil, das» ich es mit
einem Buche zu thun habe, das Licht und Ordnung in die verwickelten
Modalverhältnisse des lateinischen Satabaues bringen werde, wurde noch
gesteigert, als ich druii Herrn Vf rf;i5«er im ersten Theile seiner .Arbeit, in
der Kritik, fast durchweg zustimnum konnte. Um mein ürtheil gleich
▼orw^ KU nehmen, hätte der Herr Verfasser sich auf diese Kritik beschränkt,
müsste irh olmcw '-ittT^ s.i^'fn. das^ er ein gute- Srü^^k Arbeit geleistet
haVie. Mit grober Sp.Tunung gieng ich nun zum zweiten Theile über, zum
Aufbau. Eine kurze Strecke Weges vern»ochte ich dem Herrn Verfiisser
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102
Literarische Eundschau.
auch hier noch zu folgen, dann begann ich sn stutzen, ich mmste fa»t bei
hnn^'M er mit dem Früheren stehe, ob er sirh nls nothwendigf» Fo\**e au«
dem besagten ergebe. Da vermochte ich nicht u)ehr zu lolgen. Je weiter
ich vordrang, xn desto lebhaltefem Widerspruche wurde ich gnreizt, Ale
ich am Schlüsse angelangt war, legte iih das Buch mit einem crc'^'if'^cn
Unbehugen zur Seite. D^h idi suchte den Grund hieven zunächst in mir
selber, in meinem körperlichen Unbehagen. Ich ließ das Buch einige
Wochen liegen und nahm es dann nochmalfl vom Anfange bis zum Ende
mit der größten Aufmerksamkeit durch. Leider war der zweite Kindruck
kein günstigerer. Ich musste mir sagen: „Nein, uud aberniai-s nein, da«
ist nicht der richtige Weg.* In der Erklfixnng der einzelnen Beisi)iele
geht der Herr Verfas.«pr viel 7.u -julijectiv vor, die Ii^t. i j irtution ist ofh
geradezu gekünstelt. Aus einer grollen Anzahl von Uei^pieien lühle ich
etwas anderes heraus als der Herr Verfamer. und so dfirfte es einem zweiten
und dritten auch «?rgehen. Wo aber bei der Erklärung sprachlicher Er-
«oheinungen das subjpctive HefOhl die riaii]>tsache bildet, schwindet nns
der Boden unter den Füüen. Eine grolie Rolle .»spielt der pulemiiiche
Coi^junctiv. Ich finde den Ausdrtick nicht gerade glücklich gewühlt. Ich
sehe nicht ein. warum m ni «jfr nie im C^njunctiv polemisi' r. n soll, l'nd
welche lnter]>retationsküuste aund da nothwendig! An Zwischengedankeu
wie «großarti<;", „uns^laublich*, »wer hfttte es gedacht" u. dgL hat gewiss
kein Schriftsteller gedacht, und es heißt denn doch das Wesen der Sprache
verkennen, wenn man einem Schrift.steller solrbe "Nebengedanken unter-
schieben will. Aucii die Behauptung, dus;>s im \ erlaul'*' der Zeit eine Ver-
schiebung des huli(ativs zugunsten des Conjunctivs nicht stattgefunden
habe, hat tler Herr Verfa.s.ser durch seine F'eispieb^ nicht erwiesen. Die
Erklärung, warum z. B. bei Sallust Quippe qui so oft mit dem Indicativ
Terbunden wird, ist ungenügend. Auf eine etymologische Erklärung der
Partikel nt lässt sii Ii der Herr Verfsisser nicht ein. L'nd doch wäre das
auch nach Dahl („Die lateinische Partikel ut," Kri.stiania 188'2> nicht
iiberfl^id!^i;,'■ i^'ewesen. Selbst bei tler Annahme, diisa utei, uti zum Piono-
minalstanuiie ({}(o- ;,'eht'rt, nmss die Grundbedeutung nicht wie gewesen
sein. Und ila.s ist denn doch nicht ;:leir}i^'iM i^r. _T>ie Zeit, wo" (S. 134 ff.)
entspricht trotz Wustmann nicht dem deutschen Sptachgebraucke- Die
Erklärung des acc. c. inf. (8. 811 ff.) Terdient nicht den Vorzug vor den
bereit- ;^'ef,n beiien . ja ich halte sie für sehr unwahrscheinlich. Wie ge-
künstelt nimmt sich diese aus gegenüber der so einfachen . ich möchte
s^en, selbstvei*ständlichen von Deecke (Programiu von Mühlhausen 1890,
„&läuterungen zur lateinischen Schulgrammatik", S. 878)V
Wenn ich nun auch die ]io.«5itiven Aufstelbin^en nur nicht anzueignen
vermag, so stehe ich doch nicht an, die Lectürc des Buches jedem Philo-
logen dringend zu empfehlen. Er wird vielfachen Nutzen daraus dehen.
Namentlich mögen sii n die Verfasser von lateinischen Grammatiken das
Buch genau ansehen und die cwm- Sätze, diese crr/x dificipulnrum et ma-
gistrornm, in wenige Regeln kurz und bündig zusaunuenfassen. Stoff
dazu finden sie in unserem Buche zur Genfige.
1. Kud. Kleinpaul: Das Fremdwort im Deutschen. l^.'G 176 SS.
2. Kud Merin«>er: Indogermanische Sprachwissenschaft. 1097.13888.
3. Ferd. Detter: Deutsches Wörterbuch. 1897. 146 SS.
Alle drei ans der Sammlung 60 sehen. Leipzig. Geb. 80 Pf.
Nr. 2 ist in hohem Grade geeignet, wissenschaftlich Gebildeten einen
Einblick zu gewähren in das Wesen der Sprache, in das WerJ-n der indo-
germanischen Sprachen und in die Methode, nach der die heutige Öpnich-
wissenschaft arbeitet. Es ist in den engen Rahmen eine Masse Stoff eu*
^ainmen^redränprt. und doch ist die Darstellung leicht fasslich, was nicht
von allen derartigen Abrissen gesagt werden kann. Ea ist demnach dieses
Ueftchen besonders zu empfehlen.
Weniger befreunden Icann ich mich mit 1 und 8.
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Literaruche Rundschau.
103
Nr. 1. Wer die anderen Ai lieiten des«elben Verfivjser« genauer kennt,
wird Hchon mit einer gewisnen \ oreingenommenheit dus Büchlein in die
Hand nohmoii Klt'inpaul ist kein Sprachfnrsrhcr von Fa<h, d»'r er
Kerne gelten möchte, sondern ein ünterbaltungaschriftsteüer. der um jeden
Preis geistreich sein will. Daw er in seinem Sdireibdrunge verneinst, was
er anderswo (^eso^t hat. und das Gegentheil auKspricht. darf nicht wunder-
nehm«^n Mi orinnere daran, wie sich nnser Ht^rr Verfasser über »h^n Ge-
brauch der Fremdwörter in unserem iiiichleia \iiid in der „Münehener
Allgemeinen Zeitung" vom 8. und 9. April 181>6 fuilH-rt. l ud so kann er
ixwh in dif.ser Arbt-if nit ht ;ius di'r H.uit fahren. Übrigein will ich ja nicht
in Abrede stellen, da3ä das bchrittchen brauchbar ist. Alkiu es war auch
keine Kunst, den 8toft\ der schon so vielfach und erschripfend behandelt
wotdi'M ist, in eine angeme^ne Form äu bringen. Neuen bringt die Arbeit
nichts, es n»ü.s.st« denn sein, diuss man eim'ire wirlclich komi-nche Etymologien
iiU .solches betrachten will, wie /. II. Kaviiir ~ ararhim (ein Blick in
Heyae-Tiyon hätte nicht geschadeti), torso — Dornch u. a.
Nr 3. Ein so düniit's I?ü( hlcin und fülirt ilfx li di u Titel: Deiifsi hes
Würterbuchl Ich weib nicht, wie dem Herrn Verfasser ^umutbe gewesen
xein mochte, als er in die 80 Pfennig- Kibliothek ein deutsches WOrterbuch
hineinjjferchen Rollte. Geschickt und mit Sachkenntni^i gemacht ist ja die
.\rbeit: was darinnen steht, wird man im großen und ^unzfn nicht bean-
ständen. Allein ein W<irterbuch ist doch ein NachseiiU;^'cbuuli. Sollte dies
aber seinen Zwe« k erreichen, so uuisste es nach meinen« Dafürhalten
weni'-T^tpn^! iim die Hälfte größer <ein. Ich fürchte, dass derjenige, tb r da«
Büchlein in diesem Umfange benützen will, es bald beiseite legt, wenn er
findet, dasB er fortwährend im Stiche gelassen wird, und zn einem anderen
greift. 7,. B. zu Kluge, einem von Heyne oder selbwt Weigan«!. Die
RilhV'keit .spielt hier nu ht die Hauptrolle, .sondern das praktische Bedürfnis.
Es wäre zu wünschen, dass ea dem Herrn Verfasser ebenso ergienge, wie
einst Kluge. Vielleicht geben diese Zeilen einen Sporn doxa.
Wien. Dr. Vol. Hintnw.
Sehulbibliothek französischer und englischer Prosaschriften. Heraus-
ge|feb4>n von E. Bahlsen und J. Hengesbaeh. Abtbeilung I: Fran*
zusische S« hriftcn 2>^. B. (iabriel Kerry, Cnnf>^<i Chnhf's'. hg. v. Dr. .loiiannes
l'eronne. 29. U. Eugene Froiuentin, Un ete dann le Sahara^ hg. v. Dr. Georg
Nftlle. 30. H. H. Figeonneau, Histoire du Cfmtmeree rff /« Prane^^ hg.
V. Dr. Wilholm Greif. H. Oi'ntenrs fratirais, hg. v. Dr 'l'li I-.r Engwer.
— .\btheilung 11: Engli.sche Schriften. 28. B .lohn .Stuart Mill, Oii IJ-
berty^ hg. v. Dr. Karl Wehrmann. 24. B^Ascott K Hop«', llulyilny Sfories.
hg. V. Dr. .f. Kla|iiM ririi. 25. Ii. South Afrim^ hg. v. Dr. Karl Feyer»
abenil. 26. Ii. London J^ifr oixl ft's-fffi'f/onx, hg. v. Dr K' Ackermann.
o. Hoensel und VV. Eick; Sammlung engrlischer Gedichte, in awei
Baiidchen. Berlin, R. liaertuer-s V^erla^sbuchhaudlung, 1097.
Im allgemeinen habe ich mich Qber die „Sehulbibliothek französischer
und englischer Prosiuschrittt^n" -chon an einem anden-n Orte (..ZeitMchrift
f. d. neueren Sprachen," H. HI, II. 9) ausführlicher auHj^-f^^proehen Dio oben
angeführten und mir vorliegenden neuen Bändchen kuan ich hier nur kurz
2ur Anzeige bringen.
Die ('niitfs Chnis'is sind vier Kr/.rililiinnrf'n au-i den Aveidiives du Ca-
fHtaine iiuperto Castahos au Mexique üe.s bekannten .1 ugendschriftMtellerx
Gabriel Kerry. Sie dürften sich zm Privatlectüre recht wohl eignen.
i'n r'te dans le Sahm a i.st eine ßeisebe?fchreibung, die Ixöi) nach der
Eroberung Algiers durch die Franzosen verf;i^4 wurde. >ie enthält vi«de
Hinweise auf Ereigni.sse, die heutzuttige kein hiten'sse mehr be-sitzen. .Vuch
seheint es /weitelbaft, ob diese Schilderung von E.md und Leuten, so an-
zieluMid >-i>'^ ,iui h ist. nach so langer '/.>'\t noch unf «lie gegen wiirtitr«'n Ver-
hältni&je pit^st. Willkommen ist der Abriss der franzdsisclien (Jolouieu aui
Schltuse de» Bftndchens.
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Litemmcho Rnndscbau.
Dio lllsiiilvfi du (^mimfivrf ife Jn Vraiicc i^t I'i«reoiineaus unvoU-
stündigciu \\ erke entnommen, da.s die <ie5!( hichte dt-s iVau/,Cm»chen Hündeb
leider nur bis Ludwig XIV. behandelt. Wichtiy^r wäre eine Geschichte
des franziisi.schfii Handels im 1"^'. utul 11) /aluhundeite. Das Gebotene wt
gleichwohl recht interessant und zur Privutlectüre zu empfohlen.
Mit den <irund«ät/X'n, nach welchen die Auswahl der Oratetirs f'rnn-
^'(lis jjelrotten wurde, kann man sich einverstanden erklären. ln> j^anzen
»»ntliält (la^ iidclicn 27 Muster akadciui-chcr. juristi-rhri-. <_rrjstlicher und
politischer Üeredoamkeit. In der Einleitung sind die iiiograi»hien der be-
treflenden Redner in alphabetischer Anordnung gegeben. Leider sind sie
deutsch abj^etiisst. Die Heden .selbst 8ind chronolo^M^« h geordnet : -ie be-
ginnen mit MirabeauH berühmter liede jfefjen den Hankerott und endi^'en
mit einer Jiede Jule.s Ferry.s aus dem Jahre 1893. also der lebendigen Gegen-
wart. Die Anmerkungen liringen alles zumYerständniitöe Nothwendige. Diese
Schulausgabe eignet ^Ich i^anz be.sonders zur Chi.sseniectüre und rerdient
der lieacbiuug der Faclilehrer emiii'uhleü zu werden.
John Stuart Mi IIb Schrift On Libf^rty handelt von der bürger-
Il«lion Freiheit, d. h. von d- ti Rechten und I'fliihton des einzelnfii Inii-
viduum.s gegen die GesellHchatt und dieser wiederum gegen das Individuum.
Der Hcrausgubcr hat gewi.ss recht, wenn er meint, diese Schritt f>ei ge-
eignet» das sittliche Kmidinden der Schüler zu bilden und strenge«*, klares
Denken zu üben. Al'cr f ir die österreii hi>i heu Uealschüler ist si<« ent-
schieden zu schwer. Dasü>elbe Urtheil lallt übrigens auch ein tiecensent de»
BucheH in ^Herrigs Archiv" in Hinblick auf die deutschen Schulen.
l)en schon früher in derselben Sammlung erschienenen ^Stories o/"
J'Jntflish Schoolhny Life"" hat der Herausgeber eine Sammlun«: von fünf
Erzählungen desseUien Vert"a.s»iers folgen la.ssen, die unter dem Titel ^Holy-
day Stories'" da^s Leben der englischen .higeml außerhali* der Schulzeit
betretten. Auch dieses Bändchen kann den Schülern xur Privatlectöre an*
geratheu werden.
Unter dem Titel ^Smtth Afriea* sind «echs Skiszen von ver»c'hie-
deneii Autoren veieinigt. Die ersten zwei aus Soufh Afvicn von .Anthony
Trollope behandeln die (ieschichte der Capcolonie unter den Holländern
und unter ilen Engländern. Die dritte Skizze charakteri^iert die engli.'^che
Politik im Cai>lan(b,'. und die vierte gibt eine Schilderung der ('ai>>tadt.
Diese beiden sind Froudes Oceaiia eidnuinineii. Ilieranf folgt eine lie-
ücbreibuug der Diamuntenfeldei*, abermals von Trollope, und zum Schlu-^se
ein Bericht fiber dio Miwiionftstation Rdendale aus Lady Barkers Year'it
llousehecfniu/ hi Sottth Af'rica". Das ganze Werk ist wolil u'eeignct. über
die < b'schieht«; und die V'erhältni.sse Südafrika*, «la* in allerjünirster Zeit in
den A ordergrund des allgemeinen Interesses gerückt wurde, aufzuklaren.
Das Bän<lehen ^Lomlon IJf^ <nid Insdüutifins* enthält die vier Ca-
jiitel: 1. llow L"iifhtu fal : 2. Ciisttrnis nud Import: Tho Li»uh<v
Foltcc; 4. .In Kvaiiny at tlw iVM-Z (Jffict. D»'r Text ist W. .1. (Jordons
„How Ijondon Lives* entnommen. Da» Vorwort bringt Mittheilungen über
tien anl' ilem Continente ziemlich uniiekannten Vertä^ser. bei dessen ge-
rühmter Vielseitigkeit und Frm htbarkeit hoft'entlich nieht die (»ründ-
lichkeit zu kurz gekommen int. Dem Texte folgen sprachliche und xach-
liche Anmerkungen, ein Verzeichnis der Kigennamen sammt Aussprache
und ein klein, i- 1^1, m von London.
Die Schul bibliothek der englischen rroi<aseiiritten hat in demsebieu
Verlage und in ähnlicher Ausstattung eine willkommene Ergänzung er-
fahren durch eine „Sammlung englischer (iei1i( lite in zwei Händ-
chen", von denen djui ei>ite leichtere, .stufenmäbig geordnete, da» zweite
schwerere und bterarisch wertvollere Stücke enthält. Die Auswahl ist in
beiden Bftndehen gut. Von den bekannten Gedichten ist kaum eine.s zu
vermissen, le ide Händchen ' nfli ilten nicht nur \V()rterverzeichni«f*e mit
Aussprachebezeichnung, sondern auch im Anhange mehrere Melodien. Die^e
Sammlung ist bestens ku empfehlen.
Wien. Ih\ A. Wiirzner,
Literarische UunU^chau.
105
Dr. John KocJi: Praktisches Elementarbuch zur Erlernung der
englischen Sprache fQr Fortbildungs- und Fachschulen wie zum
Selbststudium. 5. AuH. Herlin 1J<9T. Kinil (ioldschmidt.
Der Verfasser i^t von ilcm rit*hti*;cn Rrstrt'l)«*n i^'eleifet worilcn . «Ion
knapp bemejj-senen grumniatikiiliscUen Stoti in iiUersirlitlicher Faouu;;; liar«
/nl»iet€'n und ihn durch Ik'i>i'iele. die den» Hantlflsverkchn« un<I dcni tfig-
liclii'ti I,*>V»en entnoitnnnn .siiul. zu veranschaulichen und einü''i'ii /u la^^on.
VortreÜ lieh ist die Wahl der Uesprüche. die durchweg» moUenies Englisch
aufweiiten. Die eingestreuten kurzen Geschäftsbriefe und Annoncen bilden
oine gute Vorbereitung für die en<rlis<he Correspondenz. Die deutschen
rhungssät/e sind kurz und rifhuien ihrrni vorwic^'end geschäftlichen In-
halte narji ituTuer Be/ULr aal den vorangehenden «'nglischen Le«estnti'. Die
nachfoh.'enden Bern m k ungen sind in der Reihenfolge angeführt, wie .«ie
beim Durchlest-n des Buches .-ich ergaben. Was die l in < hreibung der
Aussprache betrifft. Hei ea dem Ueceuseuten uuf, dass <t cinnuil zur Be-
zeichnung des vocalischen Lnute« in am, cf. ho» nnd dann in der Ver-
bindung iii verwendet wird, wehh letztere zur Bezeichnung «b'« di-
phthongi.s< hcn Lautes in ivy, thufi. hind dient. Bei cleni stimmlos' u Laut»'
des deutschen ..vc/i" heil.'t es. dass e* meist durch „sh", mitunter durch
^ti" ausge<lrückt wird, wobei unterlaswn wurde, die Darstellung; durch
„rh" liliiziizufügen in Fällen wie chnisr. mnrhiiif, chiv<ilry. rhtcane, so
da«s die Kegel hätte lauten «ollen :^ meist dur<h ,ä/*". öfter» durch ^tT
und mitunter durch ^cÄ* etc. En nt twat nur eine Formsache, die hei
den enirlischen <ieschäfts])riet"en bemängelt werden muss. alter bei
Musterbriefen soll auch die Anordnung; von Adresse. Datum etc. niuster-
giltig sein.
Irreführend int dfui Wort «Krgänzung" zur zn^^ommenfussenden Be-
zeichnung von .Attribut. Objcrt und i lvri lii tl. i Bi -f iiniuung.
.So soll z. B. im 5>ttt'.e the veather kau bcen fine djw letzte Wort
eine »Krpränznnj?" sein. wRhrend es doch PrSdiait i«t. ,.vnfire premisei^''
heilH ni( ht das gesamnite (trundstOck. sondern die f^eiuimmtett LocalttHten
(Räumlichkeiten i
Bei Keststellung de-* Cntersehieds zwisriien >• hnf und n'liirh heil»! es
ungenau, da-^s das deutsche ,t«r«7.s". welch« ^ sjch auf den Inhalt eine-< Salzes
I < /i. 'nf . durch irhich wiederzugeben sei. während es richtig heilten sollte: auf
den Inhalt eine"« „vorherf^ehenden" .Satzes» «im (tegeuj*atze zu irliat, dan «ich
auf den Inhalt eine» nachfoljyenden herieht). Die Ühersetzung von Stnißen-
nauteri ist gewiss in solchen Kiillen niemals angezeigt, wo nur Kinv)>rarhig-
keit herrscht Man hat also B.ik"r Street ebensowenig mit B iekeiv-tra(>e
zu übersetzen, wie z. B. den nrt-n.unen Newca>tle mit Neuburg r.dcr Neu-
schloss. Bei dem Cupitel „Starke Zeitwruter" hätte aN prat. von /" sin);
die Form sunk nicht we;?bleihen sollen, da sie frebräucldicher i^t als die
Ferra sank.
Im ühriffen int es erfreulich, ein engflisches I^ehrbuch vor sich «n
haben, da**, für Fachselml-n k nmmercielle und gewerbliche) bestimmt,
seinen Zweck, in das heutige Knjjlisch einzuttihreu, unzweifelhaft er-
reichen wird.
Lotufou Haiki* in tfte Mi-tropoNs of EuifUtntl* Mit Anlehntmg an
d;us Ili'ilzei - Bild .London" tiir den .Schulgel»rauch herausgegeben von
Dr. Edmund Wilke. Leipzig und Wien. Bniiunnd (ierhard. I>1>T.
In einem Helte von 2*> fceiten unternehmen wir mit dem ileiau^-
geber eine Wanderungr von der City nach dem Westen und erhalten in
gutem Knglisch ein«' Sihilderung vieler Sehenswürdigkeiten: (iebäude.
IMätze. BrückeJi. l'arks Ks ist ailertiings fraglich, ob ein solcher Führer
durch London demjenigen das richtige Interes-e einfiöl»t. dem die Themse-
Stadt fremd ist. .Auch Hölzeis Wandbild dürfte zur Erhöhung des Intere*««»
nicht wesentlich beitragen, wenn man nach der colorierten \'* rkleinerung
des Bildes zu urtbeileu bat. die dem Helte beigegeben ist. Immerhin wird
dan Bnchlein i«icb nützlich erweisen , wenn der Lehrer aus eigener An-
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10(i
Literai-ittche Uuml^chAu.
iicliauung — er muss in London frewesen sein — den hier gebotenen Stoff
zn belehn, su erläutern und xu bereichern imstande i^t.
Freytags Sammlung französischer und englischer Schriftsteller.
G. Brano. Le tour de la France par deux enfants. Herausgegeben
von E, Walther. — Hector Malot. En famille. Herausgegeben von
Dr. E. Pari.«}pHo, — Erckniann-Chatrian. Deux contes popttlaires et fieux
contes des bords du IHiin. Herausgegeben von Dr. A. Mühlau. — Wien
nnd Pra^, F. Temptky, 1897.
Den in dieser Sammlung vor einem Jahre erschienenen Dramen von
Moliöre. Racine und Scribe reihon nich die«p drei Prosawerke :»n, dif», A>^m
Zwecke der Sautmlun«' entsüree)iend , moderne Schritutellei- voriühven.
Das liebenswürdige Werk der Madame Fouill<^e (pscudonym G. Bruno),
das bereits über 250 ,\nf]afr*^n erlebt hat und dem wir leliioi in unsor'^r
Jugendliteratur nicht» Ähnliches zur Seite stellen können, ist vorzüglich
geeignet, Knaben und Mftdchen TOn 1^ bis 14 Jahren mit den geographi-
schen und itulnstriellen Verhältnissen Frankreichs bekannt zu machen:
der neueste iioman von H. .Malot, von dem dtut^^chen Herauageher auf
ein Drittel des Umfange« de.s Originales gebracht, wird besonders in .Vladchen-
kreisen gerne gelesen werden; die zweckmäßig ausgewilhiten Erzählungen
Erckmann-Chutriitn«! (Midlich bieten fih- die sittliche Bildung der Jugend
Wertvoiles {Le t'oquiUage de l'üncle üernard)^ eine grote.sk-komi«€he
Gesebicfate aus einer rheinischen kleinen Stadt {La Comete), endlich eine
SehatKgräbergeachichte {Lf Tresor du Vwux Seigneur),
!>eni i^rogramme <U'r Sannnlnng gpmüG ist Jedem der drei hnlxrh
ausgestatteten Bändcliea eiue knappe Einleitung und in einem beson-
deren Hefte sachlicher Commentar und Wörterverzeichnis beigegeben.
Der < 'oiuintMitai- zu Ei-ckniann-Ch.itrian i^'-'nu^^t für den Schüler in iIit Er-
klärung sachlicher, und grammatischer Schwierigkeiten; ParisHlles l^'om-
mentar ist ungemein reichhaltig, obwohl man gerne xu Marauconrt
(p. 12, Z. 8) und £u Bousovatcha <p. 130, Z. 9; gemeint ist Busova^a in
bo^nifn) eine Anmerkung -äli auch Stellen wie p. 27. Z. ii-l c'en fnt
une tiejonrs, oder p. '.iö, Z. Ul il en nvait ete delle comtne d'uiie bete
traquee vf^iienten eine Übersetzung (letztere Stelle ist übrigens p. 188
untrr t'frr idjen-etzt ; der Schült r dürfte aber diese Übersetzung,' kaum
unter etre suchen); p. S'-f, Z. 2^ des oeu/'a ä la coque ou dura ist weder in
den Anmerkungen noch im Wörterbuche erklärt; ebenso mdt de cocagne
(p. 17))) \ind jeux de bnule (p. IHÖ, Z. 101.
i l/tT den Commentar zu Brunos Tour de la France liisst sich da-
gegen nicht viel Lobendem sagen. Der Verfasser beschränkt sich haupt-
sächlich auf die Übersetsung idion)atisoher AusdrQcke in gutes Deutsch,
obwohl aucli liier inanchp>s dtT Erklärung Bedürftige übergangen ist.
r. lö, Z. 15 {se remeitre eti rouU\ p. 10, Z. 19 wenir d botä de), p. 27,
Z. 14 {se foid), p. 81. Z. 2 0« «« «'ö«* eonnaiaaaia paa ee defaiU\ p. 3S,
Z. 12 (r'est un fameux bnut de ehemin), p. Z. 28 (Pierrot-Pett^rchen).
p. 54, Z. 2(j ifofr»' r-'ide A iviM.vi, p. .'>4, Z 6 iJn maimn oü nous voila\,
p. SO, Z. 17 {clie.min u .siarre), p. 87. Z. 28 if'aire des mauvaises affaires],
p. ö9. Z. 22 {allons dtmc), p. 91. Z. 24 {il a l'air adroit de ses mains et
ivMli(j^vf\ p. Z. 14 (de ce cöte-Iä), p. 181, Z, 10 (fioa vitemmta ä toua)
erforderten unL>edingt eine Erklärung.
Der sachliche Commentar ist sehr dflrftig. Dem Werke hat der
Heraasgeber ein kleines Kärtchen beigegeben, auf dem der Weg der zwei
Waisenkinder imfj^'geben ist. Von den vielen Orten. <lie in der Ery.iihlung
erwähnt oder von den Heisenden berührt werden, bringt er nur bei Tiials-
bourg. Marseille, dem Cienft-r See, Dieppe. Caen und Dunkerque stalisti.sahe
— ,w — — ' ^* » — ' " — V • — " - — - \r 4 ' — ^ w-^ — —
Kirche von Fourvieres (p. 57), St. £tienne ip. G4), Valenoe (p. t>&), Avignoa
(p. 79), Nantes (p. 99; den Satx: puia on redeacendit le fieuve kann der
Prag.
Guatav Jieiniger,
^ j . by Google
Litenurücbe Kundachau.
107
Schüler ohne einen Hinweis uul liie Be(K.'hati'enheit der Loiremündung
nicht verstehen), la Uagne (p. 106), Chartres (p. 120) hätten wohl eine
kurze n»'n (vknng verdient. Schlinitm^r teht es noch mit den Provinz-,
Orts-, l:iebiigä> und Fluainiinien, die weder aoi' der Karte eingezeichnet,
noch im Conimentar erwülmt sind; solehe dnd foecarat {|>. 3i7. Z. Mi
Mirecourt (p. 28, Z. 9\ Cbarolais, Bourgogne und cöte d'Or (p. 47, Z. -24— 26),
le Creusot (p. 48, Z. 19), Nivemais, Morvau und Nievre (p. 51. Z. 12, U. 16),
Nevers (p. b2, Z. 2i, puy de Dome und Äuvergne (p. 52. Z. 14. 16 j, Liiua<|ne
(p. 52, Z. 24), TbierH (p. 55, Z. 8|, Lyonnaia, mont d*Or und mont Dore
'p. 56, Z. 9, 14, 17), Dröme, Dauiihine und Annonay (p. 65, Z. 26, 30),
Venuisäin (p. 7<), Z. 5), Darance (p. 79, Z. 27J. la Orau und Camargue
(p. bO, Z. 3). Routtillon (p. 90, Z. 6), Bezier^, Narbonne nnd Carcasaonne
(p. 92, Z. 26, 29, 30), Canijfon, Arioge. Foix und cirque de Gavarnie
(p. 9H . Z. 13—21) etc. Auch manchen Personen wünscht man eine
bio^^raphische Notiz, so bei cjiaude Lorrain p- 31), Houvet (p. 51, Z. 24),
Jean Bart und David (p. 122. Z. 81). Endlich i>t in den Anmerkm^i^n p. 129
zn b«'rii.hti^en (}it/non si rii h ognon (nicht wie in iler Kkuniii'T ^teht ni-o;
p. 179 ist richtig bemerkt oi^non', i stumm) und oeu/is sprich aeu (nicht oeua).
Waft die wOrtorbücher betrifft, so scheinen die Hmansgeber grund-
sätzlich Wörter ausgeschloissen zu haben, die in beiden Sprachen fa^t gleich
lauten bih/infhPquey blousfe, marine ote.) oder die als bekannt voraus-
geseti^t wviden \iner, vivre^ main, orftilc picd^ chose^ savoir etc.). Daruber
IfiMt sich ja streiten, obwohl g^iMilc )>ei der Annahme, dass ein Wort all-
gemein bekannt sei. äußerste V^r.-^icht geboten erscheint. In Pariselles
vVörterbuch zu Malot fehlt kaum ein Wort (zu planier p. 207 wäre die
Bedeutung planter im elou einen Nagel einschlagen mit Rücksicht auf
p. .5k, Z. 4 nachzutragen). Im Wfirterbuche zu Erckmann- Chatrian ver-
n)i.s3t man die Wörter mnnhre, prosperer, ressembler, merveiUe, triste,
euiter^ dtsobeissance, couvrir, bouräonnement, priiUemps^ aevh'e^ com-
mmetmmt, itommeiller^ verre^ malade, encre, eonger^ mere^ veriU^ »olide^
.tprmirir, rortip/, f, (fnvscr, ctfcn/' r. jn-rsompt-neyiT, roiitrcifnns'e, riveur de
bottcs, pxirijitr, cloitre, recöUtf ci tte, solitairt, soUtude, marmite, gloire,
etuve, eapitale, cordier^ boucle a. a. m. Wie man sieht, kann dieses
Wörterbuch nicht den .\n.spruch auf Vollstilndigkeit erheben. — Schlimmet
ist esf noch mit dem Wörtf^rbuehe von Walther be<«tpllt. Es fehlen z. B.
proüideme, longtemps, diffictiltt, derouler, criatallerie, brodense^ capitale,
rang^ etef^ mim-rai, ho f esse, sei, fite, convenable, voie, Spreuvet dMcurtre^
rifjnureiix, ilrsiij)pt.)i>itt\ pmlontjer, iie/fj€iij\ <'tn! , fourreau, compretne,
vocatiotif paire. etnile^ baiyner, teintureries^ scmaphore u, a. m.
Die alphabetische Folge der Vocabeln l&sst in allen drei Wörter-
bikhein /n wünschen übrig. Bei Pariselle steht p. 207 plafond zwischen
plaidoyer und plainf, {». »'Oi vioyen nach moyennnnt : bei Mühhiu p. 109
coquelicot, coquillayc und coquille zwischen coqutn und corbin; p. 117
foutt^ fougere, fouine und /'«mle vor foudroyer^ p. 119 harasse zwischen
harmonifi und hnsanl : p. Vi\ jitpe vor j(>vr, joyeiix, jnbilation, judicieux,
Juyer, juif; p. 124 meuHrir vor meurtriire; p. 125 muscfe vor mugir,
multiple, multiplier, Munich, mar, mür elct bei Walther [>. 179 foier
zwischen foire und f'ois; p. 169 gaite vor gaillard: p. 172 inquieter nach
inquirhidt': ]i. 173 Ininage nach laine: p 17.') mntin nach mauvais: p. 184
puits uacii pur: p. Iö9 route nach rouvrir : p. li>2 suicre vor suite; ibid.
surplus nach surprendre und mrpriäe; p. 194 trou und trouble zwischen
trot und trottoir.
Der Druck ist in den Auiigaben von Maiot und Erckmann -Chatrian
sorgfältiger als in der Brano'schen. An Druckfehlern wurde bemerkt:
Bei Malot p. 42. Z. 12 morcean: p. 64. Z. 29 ntt (statt nn): p. 81, Z. 2.*)
inoite (Statt moitie •, p. f>4, Z. 14 6o//<7 (statt boile); p. 18<> drbitf^r ■= ver-
tragen (statt vortragen); p. 11K> xinter feu mette tstatt mtttrew p. 2*J0
surveiller ^ überfallen (stiiti ül>erwachen); p, 220 tremquillite ('»tatt
tranquiJllte r. ]>. 201 sind bei monttt' eine uml die Klammern Vfidnn kt;
p. 14 gehört der ßei.strich nicht nach Z. 25, ^^ondern Z. 26: p. 134, Z. 24
ist der Punkt nach ineendie tu streichen.
Litemrisclie Kundschau.
})t'i KiLkmiinn-Chatiiiiii : [i. 21. Z, 32 terwt'iw (statt ivrmim' : }>. 44.
Z. 17 roij' (für ro/e^: p 45, Z. 82 conhtme (statt cniilume -, p. llt» bei
Hacke (statt Jie.cke)'. ]i. 105 bei cnrnfe VValTt'rHasche : p. l'i*» i-t
oiynon (on) ankiur: im C'oiumentar zu p. iiO. Z. 11 (p. U3) ist die t ber-
setzan^r unvoihtänd ; ]i. 13i fehlt bei rouger mou»9e; p. IS, Z. 25 ist
der Bindestrich bei ma' di-ffras au streichen; p. 14, Z, HO fehlt das Tren-
imngÄtoichen rnicli omtri-.
Bei Bruno: p. 11. Z. 24 maitrc: p. 12, Z. 25 t/ant: p. 13. Z. 9 mileu;
p. 16. Z 2«< diner; p. 17, Z. lo moit^; p. 2o. Z. 4 mefiail; p. 8:i, Z. 2ft
parfnn (statt patr(m): p. 4<>. Z. 22 /W/e (ütatt reite); p. 55. Z. 2;j row-
naisait: ]>. 6(j. Z. 10 ^ait ^ebeu^ p. bi, Z. 4); p. 57, Z. lö eniiere; p. öb.
Z. 13 nporreit: p. Z. 22 tiotM (statt tiouffh p. Hö. Z. 35 depcertemeot:
p. 70, Z. 25' oru/' (ebenso p. 72. Z. 14. 15): p. 6.5. Z. 19 .4«/)n' (stutt ^«t/»r :
p. 74. Z. 14 chaval: p. HO. Z. 6 paissetff: p 9.'>. Z. 19 ?rjauo»M>'re ; p. *.*5.
Z 2»; oW/; p. 105. Z. 2!) r?i;^wc; p. 109. /.. 4 cih-e: p. 109. Z 10 a/>p//i;
p. III. Z. 32 re?iyf.ver.- p. 116, Z 14 cmh nde: p. 121. Z. 10 /if/ros: p. 122.
Z. 30 xnitqeuani ; im Wörf« rinn he und in den ATiiiicrkiinjen ist immer
oei7, ocm/", cocm)*, boeuf, voeu etc. gedruckt; p. 134, 2. Zeile voo unt^n
Yhonntter: p. ItJl desempare nicht ratlos, «ondern Thede\o^; p. 162
i'cenomiser: p. 165 tpnnntnr enth.ilten; p 165 e'te: p. 171 ist hnpUnI
nach hosjutalite 7.n streichen; p. ISI pvnible: p 19i (bei /e/) rfninii :
p. 196 fo/e (statt vuile); ibid. zc/e =^ Eisen (statt Eil'crj; p. 162 tehien
bei eem de vie die Bindestriche.
Dr. John Ko. i): Praktisches Elementarbuch zur Erlprnung- der
enfflisehen Sprache für Fortbildungs- und Fachschulen wie zum
Selbststadium. FQnfte Auflage. 1897.
— Praktlsehes Elementarbueh zur Erlernung der fk*anzdslsehen
Sprache etc. Zweite Aufhijje. Berlin, K. (ioldschniidt.
Der Vi'rf;f*ser, Afr «fit t'iiiitjpn Jahifii dii- T'marbeitun^ der altbe-
kannten englischen Lehrbiiciier von tebing besorgte, bat zuerst im Jahre
1hff3 das vorliegende Elementarbuch dett Englischen erscheinen Inssen nnd,
durch den Krt'olu des-ielben auf«jreinuntert. ihm im Jahre 1695 das franzö-
jsische Klementarbuch folgen lassen, da^ in der methodischen Behandlung
<ier Auswalil des (ibung^«toti'eH un(i der Durchführung der Ijautwchritt ein
getreneü .Abl>ild ib-s engliMShen Elementarbuches ist.
D.i licide Bücher beson«i«'rs für den rnternclit in Handel-^( linken
be-ttimuit sind, «o war vor allem neben der graumiatischen Schulung der
praktische Zweck dieser Scholen sa beracksiehtigen. Die yorltegenden
ersten Theiie bringen il.ihci- die Formenlehre und die wirliti.:-! Tniikte
der Syntax neb.^t der Kintührung in den Geschäft^stil. während der zweite
Tbeil uns Land und Letite kennen lehren soll.
Der Formenlehre ist immer ein knap|)er Abriss der Lautlehre voraus«
g*»'!! hirkt. tmd eine phonetische 'l'ran<?scription neuer und schwieriger Wörter
zieht tuch dua ganze Buch hindurch. Im einzelnen wäre gerade bei der
Lautlehre des Englischen geboten gewesen, nicht durch Vorwegmihme
später zu erwähnend -1 lu'geln den S liüler zu verwirren: sn ist yi - l'ei
den .Musterwörtern nre und garJen tliirauf verwiesen, da-ss r beinahe stumm
ist; ebenda wird auch bei is auf da» »timmhafte s aufmerksam gemacht,
dngegen fehlt diese Bemerkung bei dem dinebenstehenden hi9. Ebenso
wäre e« viflleiclit l.f^.t^r. p. 'A ilie Musterw^irter und youtiff wei»f»n
der Ausspraclie des n durch andere zu ersetzen. — .^uch in der franzö-
sischen Lautlehre ließe sich manches gegen die Must<*rw9rter einwenden.
Daran schließt sich die Formenlehre, wobei die H'^geln immer durch
vorausgeschickte Beispiele erläutert werden, sammt übersetzungsstflcken
zum übersetzen im Französische. In das grammatische Pensum sind dann
l)raktische Beispiele (Annoncen, einfache Dialoge. Ge^chiiftsbriefe, Markt»
berichte etc.) ein^i'^trent , dif i1*mi ^ 'u-rihnlichen fie^^-'-tun" der Fl>'uientar-
bücher ersetzen sollen. Diese "^tiicke «md mit einer deutschen l bersetzung
versehen, da der Verfasser dem Schiller das seitranbende Nachwhiagen
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Literarische KuacUcbuu.
109
der Vocabeln er«piirea will und daher kein enRÜscb- (bezw. französisch-)
(JcuUches VocabuUir beigefügt hat. Auf diese Weise kann >ich ailonlinirs
der Schüler einen mechanisch iiTid sfedächtnisnuifMVf pin^'e(inlltr.n S'pnrh-
stott' aneignen; da aber diese Bücher ausdrücklich auch tür das öelb.st-
studiam berechnet sind, wäre die Beif^be eines firemdBpmehliGh-'deiitschen
Wörterverzeiclinis^es dringend nothwendi«?. Das Advertisement p. 26 de^
englischen Buchen oder p. 32 «les französischen au previiei' etaye eine
Treppe hoch) oder p. 55, Satz 13 sind Beispiele von den Fällen, wo der
Schüler keine Vorstellung von dem Verhältniiwe de.s fremden zum deutschen
Texte hat. — P. 15 de?-' t iiLjlischen Buches ist die Kwähnunpf von thi/,
. la die von tkou für den praktischen Gebrauch ganz überÜü&jiji. I'. 26
e<! franzfieischen Baches werden die Pronoraa pogsessifs nach dem Erachten
des Referenten vi» ! zu früh bi-h.in'lelt. Im X. Capitel wir<l bei dovner
bemerkt, das«* bei gewi.<»sen Formen (Hist. Perfect. Conj. Imp., Part. Perf.)
ein Bindevocut n zwischen St^imm und Endung tritt; die historisch richtig
gebildete Form domw kann der Si huleraber doch nicht bejrreifen. destutlo
empfiehlt -sich nicht, sie unter den Formen mit Bindt'voe;il anziiführon :
ebenioweniif emptindet er in fiu-i einen Biudevocal *, und nocii weniger
in vend'U fp. 61).
An (Iii- Fl)! iii'-ül.'liri' .schließen -icl) in ninem dritten Ab-i hiiitle
üeschäftästücke und Briefe, jjowohl in der fremden Sprache, ah auch nach-
gebildete deutsche znm übersetzen in die fremde.
Der Druck beider Bücher ist correct; von Druckfehlern sind zu be-
merken fxfrd = Bund p. t>. 44 in den deutschen Sätzen bei 11 Hatte
vp. d. — paxse Jefinif ot>wobl der Name der Zeit sonst immer H. P. =
Historisches Perfect ist), p. 49 le 2. oetabre^ p. 178 Zeile 3 von unten ou
statt ot(.
lui ganzen genotniuen, k;inn der Keferent beide Bücher den an Handel«-
schulen wirkenden Collegen bestens empfehlen und bedauert nur, dass die
Ver\v»^ndun^ iler preul.Mschen ()rtho<;raphie, dann manche bei uns unge-
bräuchlich*' Ansdriicke i'^chlips, Spinde, regnij^t) und üb^'rHü.ssi«4e Fremd-
wörter ^biirdine. Sociua, Bullet etc.) ihre Einführung in Österreich nicht
gestatten. Facbcotlegen werden aber vieles daraus fdr den (Jnterrieht
verwerten können.
Wien. Dr, Karl Ullrich.
J. Langis Bilder zur Geschichte. 2 Auflaufe. W i •n, K l. IlöJzel. Nr. 02-05.
llcferent hält es für übcrfiü^i*ig, aniässlich der Fortnetzung eiues j»o
allgemein anerkannten und verbreiteten Lefannittel.^i, wi*« e^^ fiangls Bilder
sind, i.'> -h erst aiislührlich von ihrem Werte für der Aii-i hauun<^sunt*'i rtrlit
zu sprechen, hi kann iar ihn nur darum handeln^ datt KrtM:licinon
der neuen Serie anzuzeigen und einige kurze Bemerkungen über die Wahl
der tief,'enstünde der Darstellung, die AusHihrung imd den begleitenden
Text anzuknüpfen. Di»» Wahl der Ge^'^Ti-^trinde rechtfertigt si<*h von selbst.
Dits btrabburger Münster ist ein so typisciier, so oft auch im ünterriciite
genannter Vertreter der (iothik, dass man es in der Sammlung nur nngern
vermi.'ü.en würde. Der Westpavillon des Dresdener Zwingers i-t « in k 'et-
liches und ciiarakteri»ti«iches Mutiter des Barockstilea, von unbestritten
hohem künstlerischen Werte. FSr den Unterrieht eignet sich das Bild ganz
trefflich, weil sich an ihm nicht nur die Kigenthümlichkeiten der Fa^aden-
bildnntr. sondern auch die der Anlage der Vorhalle und de.s Stiegenhauses
deutlich aufzeigen hvsiseu. Die Bilder der Hab^burg und der Wartburg
erregen schon mit Rücksicht auf den Geschieht»* und Literaturgeschicht«-
unterrii'ht .'in lnihes lnteres>-''>. ■l'r N-t/tiM.; Iiii'f<'t überdies ein priiditiLTf^s
Beispiel eines mittelalterlichen Herrensitzes grolien StiU. Der Standpunkt,
von dem ans die Aufnahmen gemacht sind, ist in allen Fällen höchst
glücklich gewählt, die Ausführung in der bekannten Welse gehalten. Der
begleitende Text I>rintrt bfj . wt-.s(.n man zur Krläuternnij hccl.irf. doch
leid.et der de.s Wartburgbildes an einer gewi.«».sen Undeutiichkeit. indem
der Verfasser den bekannten von Leasing gerühmten Kunstgriff poetischer
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110
Literarische Hundschau.
Beschreibung am unrechten Orte anwendet, eraehwert er die Identificierong^
dt r t inzdru n Tln'ilo de« Bildes, auf die es ihm vor allem ankommen >o]ltp,
und erst die Zubiltenahm*? eines Planes ermöglicht es demjeni}?en. der die
Wartburg noch nicht gesehen hat, sich voUkomineii zurechtzufinden.
Hölze Is Wandbilder für den Anschauung-s- und Sprachunterricht.
III iSerie. Städtebilder. XI. Wien von Hans Fiacber. 140— 1)3 cm. Preis
fl. '6, 3 80. 4 80.
Diu Bild der Kaiserstadt an der Donau reiht sich seinen Vorgängern,
di.'u IJililcrn von Pari^ uirJ Lornlon , hinsichtlicli der lvnn>l li-rischen Aus-
führung würdig an und ü'iit rtriflt sie noch an Verwendbarkeit für den
geographi.Hchen Unterricht Denn von der Höhe bei Nunsdorf ans. die den
Standpunkt des Maler« bildet, übersieht man den größten Th«Ml <it>s Hüiner-
ineeres, und eine Heihe der wichtigsten Gebäude tritt wie in der Wii klKlikeit
80 auch auf dem Bilde deutlich genug hervor, selbstverständlich, ohne dass
es mOglich wftre. architektonische ElnJEelbeiten cur Darstellung za bringen.
Von hier aus vermochte FifJclu'i- alu-r auch die ('i<_'t'n;u tii^('n ff('0<4raiiliis( hen
Verhältnisse, denen Wien »eine Entwicklung verdankt, in vortreHlicher
Weise vor Augen zu führen. Wir .sehen im Vordergrunde das Hügelgelünde
der Ausläufer des Wienerwaldes, dann das südliche und aumtbeli anch
das nördliche Wiener Becken, im Hinterj^nimh' alij^esc hlossf^n von Aninsjer,
£ichkogel, Leithagebirge, durchzogen von dem mächtigen Donaustrome.
Das regulierte Bett, der Sporn bei Nnssdorf mit dem SpeiTschiffe nnd recht«
Theilo lie- CanaU sowie Imks Theile uer alten Donau sind >ichtbar. Die
Brücken, die den Strom überspannen, die Sthitfe auf seinem Spiegel, die
Eisenbahnen an seinen Ufern rufen in dem Besehauer die Vorstellung wach,
dass er <'intMii mächtigen Verkehrsmittelpunkte gegenübersteht. Der von
Gustav Husch verfasste Begleittext ist sorgfältig gearbeitet, orientiert den
Beschauer sehr gut und ermöglicht ea auch dem Lehrer, der etwa Wien
noch nicht ans eigener Anschaunng kennen sollte, da« Bild in der Schale
zu erläutern. Der >Viener freilich, oder wer sonst nnst-re m hüiu- II uipt.studt
genauer kennt, wird -«ich freuen, auf dem Bilde noch mancherlei wieder-
zufinden, wa* Busch aU minderbcdeutend übergangen hat, um Verwirrung
SU Temieiden.
B Kozpnns Geographischer Atlas für Mittelschulen. 37. Auflage.
Unter Mitwirkung hcrvorrügender Fachmänner vollständii? neu bearbeitet
von V. V. Haardt und W. Schmidt. Wien, Ed. Holzel, 1897. Zulässig
erklärt mit b. M. £. vom 11. Mär» 1697, Z. 6831. Preis 11. SöO, gebun-
den H. 8 HO.
Vergleicht man dieses Wtrk im ganzen und in den einzelnen Theilen
mit dem Atlas, als dessen neue Auflage es in die Welt tritt, so wird man
fast nlrerall einen tiefgi»'il'''nrien I iiti r liied wahrnehmen, der znfrleich
auch einen wesentlichen Fortschritt bedeutet, so dass die Verlagabandlung
im Rechte ist, wenn sie es in ihrem Kundschreiben als ein durchaus
neues Unterrichtsmittel bezeichnet. Geändert ist, um mit einer bei einem
Schullnirhe nicht unwichtigen Äußerlichkeit zu beginnen, da-; Format.
Die Wahl de.s.selben ermöglicht eine viel größere Schonung der einzelnen
Karten, waa bei einem Lehrniittt l . das während des ganzen Mittelschul-
stndinnis in dtn Händen »hr Schüler hh ihen soll, durchaus nicht gb^ch-
giltig ist. Selbst solche Karten, die die Größe eines normalen Blatt^ über-
schreiten, weisen höchstens einen Bug von oben nach nnten auf. Im Zu-
sammenhange damit steht aber auch die für die Unterrichtszwecke höchst
förderliche Thatsache, dass den Kartc-n gleiche oder leicht zu vergleichende
Maßstäbe zugrunde gelegt werden konnten und neben dem jewtriligen
Haaptgegenstande auch seine Umgebung Berfickstchtigung an finden ver-
mochte.
Die Ausführung der Karten ist wohigelungcn, die Projectionen sind
{flOcklich gewählt, die Schrift ist scharf, deutlieh und im gansen gut
eserlieh. Mit Recht haben die Nenbearbeiter bei den einseinen Ländern
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Literaiüche Hundachau.
Ul
«uf das Fläcbencolorit verzichtet und diese Manier auf die politischen
ri)frsichtsk:irt<'n iici- Krdt heile . i\v< 1 »•M't'-chen Reiches, Österreichs und
der Vereini>;ieii Staaten beschränkt, weil es »ich hier darum handelt, die
«tiiatlichen UesatnintTerhftltiiisse zu «iark «innenfUliger Anachanung zu
brin}?en, Sonüt genügt, von Mitteldeutschland abgesehen, die gewählte Art
der OrenzV)ozeRhnun{T, «turkp rothe Linien, zur Hervorhebang- dea Umrisses,
und ct% wird der groüe Vortheil gewonnen. di^Ä.^ durch geschickte Ver-
bindung von farbigen Höbenschichten und ifchraffierunjif das Terrain deat*
liih tlar^Tfstellt werden kann. Wie »ehr (ü» -; 'lie Darlegung des Zusammen-
hanges der politischen und wirtachattiicheu mit den physisch -geographi-
when Verbftftnisflen erleichtert, braneht nicht gesagt 211 werden.
Die «ehr nützlichen Höhenangaben hätten bei einzelnen Karten
(Nr 22 7. B. nicht auf die Höhenzn^*t> he^chränkt werden sollen, da sich
eiiaiiruD'4s:^'eiuiib im Kopfe des iiehülers die gleichmäßig gritne Fläche des
Tiefland bilde»« der Karte leicht in die einer giinz horizontalen Ebene um-
«etzt. Eine ähnliche Hücksicht hätte es wiinschen-iwert erscheinen liBsen.
auf dem Kärtchen der Vertheilung der Mittel- und Großstädte Mittel-
europas (Blatt S9) die Grenzen so anzugeben, wie die« auf Nr. SO, 4 (Städte
Österreichs) geschehen ist. — Auf den kleinen Karten zur Klimatologie,
Höhenschichten rertheilung, Bevölkerdnesdiehte u. s. w «ind die Verhrilt-
nisse deutlich ersiclitiich gemacht, die Farben im i^Mnzen und groben deut-
lich zu unterscheiden. Nicht dasselbe gilt von ilen Zeichenerklärungen.
Diese ki*5nnten da und dort deutlicher «ein iNr. 9 : Xr. 15 fehlt Hot^nr die
Erklärung, was das Braungrün ^Ostgalizien , Huasiscb-Polen , Oberungami
bedeutet. Auf Karte 48 (Politische Übervicht der Osterreichiseh^ungarischen
Monarchie) ist die Wahl der Farben für die Bahnbezeichnung nicht glück-
lich. Das Rothbraun der Privatbahnen ist zwar leicht von dem Grün der
ungarischen, aber, namentlich auf tVirb!;L,'em Grunde, nur schwer von dem
Roth der österreichischen .Stant^bahnen zu unterscheiden.
Das Material, «las dem ?^chi"iief (^^ehoten wird, ist überaus reiehlich.
Wird auch nicht alles beim Schulunterrichte verwertet werden können, so
gewährt es doch dem Schftler, der fBr den Geffenstand Interesse hat, reiche
Anregung. Dies gilt besonders von den fünf Karten zur mathematischen
Geographie. Das Verständnis eines großen Theiles der Zeichnungen auf
I \m [V und der zugehörigen Erklärungen wird sich wohl nur reiferen
Schülern der Oberclassen eröffnen, deren ril um liehe« Vorstellungsvermögen
schon gut entwickelt ist. Hei Nr. V ( Projectionfarten und Elerm-nte der
Terraindarsteilung) fehlt jede Erklärung. Referent verrais^t sie umsomehr,
als der Schüler, der sich dafnr interessiert, in seinem Lehrbuche gar keinen
oder doch nur höchst unzureichenden Aufschluss findet. — Sehr nützlich
ist Blatt 6 (Oberflächenformen), wo ^ich neben den acht T.unds'chnft.shildern
ihre kartographische Darstellung lintiet. Der .'Standpunkt für die Aufnaiiuie
ist angegeben: vielleicht wäre es aber nützlich, noch weiter zu gehen
und am h die auf dem Bilde sichtbaren Obj.M te auf dem Kärtchen iih
solche zu bezeichnen. Statistik, liassenverbreiiun^' — dass Schmidt hiebei
Ton der Teralteten Fünf-Rassen-Theorie abgegangen. i«t nur su loben — .
Klimatologie etc., nicht minder die Colonial- und Verkehrsverhältnisse
haben eine geziemende Berücksichtifruncr erfahren. Österreich- Ungarn wird
mit der nothwendigen Ausführlichkeit behandelt. Steht auch die Zahl der
Lftnderkarten hinter der der früheren Auflagen zurück, so übertreffen sie
die^p doch aus den schon oben nn;Ereführten Gründen an innerem Werte,
und an topographischem Materiale ist auch auf dem kleineren Kaume noch
immer mehr als genug gegeben. Auf Nebenkarten haben die Verfasser
fast ganz verzichtet. Wo Ausnahmen Seemacht wurden (Nr. 37. 41. 44 u. s. w.).
rechtfertigen sie sich von selbst. Ol) aVier nicht auch für die in manchen
Atlanten auf Nebenkarten gezeichneten i'läne der wichtigsten Städte der
Erde und der bedeutenderen Städte unserer Monarchie irgend ein Ersatz
zu bieten wäre, verdiente nm^omebr erwoq'en zu werden, als die nicht
wohl zu umgehende ausführlichere Beschreibung mancher von ihnen an
solchen Plänen im Vereine mit den vorhandenen Städtebildern eine treff*
liehe Stfitie fände.
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112
Literarische UunU^chuu.
Aul eine diuxh^jehenrl«» genaue riüfun^ auch nur lies giöGeren
'Iheilcs der Anjfaben (h-r Karten konnte sit h Ueterent nicht einla-ss^n. VV'o
er Stichproben vornahm, haben diese den auf die Persönlichkeit der Be-
arbeiter cregründeten Hhiuben an die Zuverläiaij^keit des gebotenen Matoriah
bestätigt, ei füllt der «alte Ko/enn" <lenn auch in st iiipr nciion (Ic-tult
die Aulorderungen, die uum au ein derartigeä Lelinuittel stellen kaitn,
und die Schule schuldet V. v. Haardt und Withelm Schmidt aufrichtigen
Dank für ihre weitvolle Arbeit, nicht minder aber ftuch der Veriaxa*
hanUiuDg für das, was sie au ihrem Theile geleistet.
6. Frey tag: ReiehsFathswahlkftirte aller Ciiiten TOti Österreich
nebst statistischen Daten u. s. w. von Prof. A. L. H ick in an u. Ftejiiig
und lierndt. Wien 1897. 2 Blatt 1 fl
Du« ernte Blatt behandelt den österreichischen Reichwath. .seine
Parteien und Wahlyerhältnisse in der vom Taschenatlas her allgemein
bekannten Darstellung-sforni . bringt ferner eine vergleichende Darstellung
der iiolitischon und nationalen l'arteigruppiernng von 187.'} bis 1897, der
Verschiebung der percentuellen Stilrkeverhültuisse der I'arteien in der
Kai:iiiier und nach W&hlerctassen (Wien gesondert), die Daten fHr die
WahlbetheiliguniT . >to'i'nleistung, Bevölkcntii<x>7;ilil im Verhältnisse zur
Zahl der Abgeordneten u. u. w. u. s. w. , kui'zum ein reiches und interes-
santes Material. Das «weite Blatt zeigt auf Karten von ö^erreich die Er>
gebni>>;e der Wnhlen von 1S97 derart, diuss der Umfang der Wahlbezirke,
sowie <ler Name und die I'arteistellung dos Abgeordneten deutlich sichtbar
sind. Da«:s die Kane im .Augenblicke, da dieser Bericht erscheint, noch
actneilen Wert haben wenle, wagt Referent freilich nicht mit Sicherheit
zu behaupten.
Justus Mr.ser: Patriotische Phantasien. Au.swahl. Für den .Schul-
gel>rauch herausgeben von Dr. Ferdinand Dieter. Leipzig, Or. Freytag,
J.^HT 70 Pfennige.
Ut'lerent hatte, als er da.s Büchlein dunhgieng, die Empfindung. da*>s
er aus Müsers Schriften eine andere Auswahl hätte tredeu wollen, dai«
der Leser nicht bloß den Juxtu« hlUmr kennen gelernt hätte, wie ihn
Goethe an der vielcitierten Stelle de^ dreizehnten ImicIj^s von Dichtung
und Wahrheit schildert, sondern auch den Volkswiit. wie ihn allerdings
wieder nur nach eint-r einzelnen Seite hin erst jungst Lujo Brentano')
charakterisiert hat. Hätte der HeraiHgeber auf dieae Seite der geistigen
Persönlirhlcf'it Mr.- ms mehr Kückxicht genommen, dann wäre es ihm wohl
nicht widertähren , in Nr. 4 (Trostgrüude bei dem zunehmenden Mangel
des Gelden^ nur eine Vertipottung des Roaaseau'schen Ideal« der Rückkehr
zum N.iturzustande zu sehen, inde.s do h Lr*'rai.le hier grundlegende .An-
schauungen Müsers. mit denen er sich zumtheil im Widerspruche zu herr-
schenden wirtschaftlichen Theorien seinerzeit befindet, zu ob auch scherzhaft
gehaltenem Ausdnu k - kommen aollen . .Mr»ser ist kein Freund der (.leldwirt-
schaft, in der ♦^r, der Agrarier, etwa>^ \'i ; (l.'iMi. h 's- sieht, vor di-ssen Folgen
der Bauer — fast möchte man »agen: der urund und Bodeu — nach .Mög-
lichkeit geschützt werden muss, wenn er auch sehr wohl erkennt, da»
sich die Weitgeschichte nicht nach rückwärts schrauben lasse und so etwa
eine reine oder doch ülterwiegende Naturalwirtschaft wiederhergestellt
werden kfinne. Nr. 9 zeigt zwar, dass die Härten des geltenden Agrar-
rechtes Müsers Tlu'i Inahme für den Betrotl'enen erregen, man erfährt aber
nirufMulM, dass ov die (irundzüge desseil'eii als geschichtlu li beiirünib't und
saclmch nothwiMiciig ansieht. Allein der Herausgeber scheint die Absicht
gehabt zu haben, seinen Lesern nicht den Socialpolitiker Moser zu zeigen«
sondern den Social pädagog' ii. tun ilurch diesen auf die .lugend einzuwirken:
ein Gedanke, der sich sehr wohl rechtfertigen lässt. Dann wird man aber
auch die getrotfene .Auswahl wohl billigen müssen. In der Einleitung
*) iHv tietn'ffendc Auf«att »t mt nach VoUt'nüting der Arbeit erBcliicoes.
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Literarische Ruaüticbau.
113
)i&tte aber auch m> MQaer «twAs vollständiger charakterimert werden mOnen
und es hätte sich das Nothwf'ndi:^'' leicht im Anschluiitfe an die Kt wähnun^'
«einer amtlichen Stellung aiikuüpt'an iataten. Daw Bt'ini>rkuugen über
Mteera Sprache ToraiMgeechickt werden, ist nur sa billigen, und über
Einzelheiten ma^ der Hefen'nt nicht rechten, wenn er auch manches aoM
der EinloiitiniT m «Ho Anmerkunjjen vpr^fptzt wünschte und umt^ekehrt,
da und dorL Krkiaruiij,'t.Ti lui- überÜihsijrf hält, anderswo eine nulche ver-
mißt. Nor aaf eines hätte er die Leser (unter den ersten CUissen versteht
der Herau'^geber doch wohl die obersten) gerne auch im einzelnen hin-
«ewiesen gesehen, auf die Kraft der i^prache, die Fülle und sinnliche
ebendtffkeit der Bilder nad Vergleiche. Je mehr unserem Sprachbewusst-
Hcin die sinnliche Bedeutung der Wörter und Wendungen zu entschwinden
droht, desto krufti^'er mnss die Kij^eniirt eine« solchen J^chriftstelicrs al«
Muster iiiuge^teiit werden, aus de&üeu bpiaciie es uns entgegendauipl'i wie
erquickender Qerocb des frischgepflügten Ac ker.s Wenn Referent bei dem
BQchleiu Uln<;pr verweilt hat, ul.s es dessen l infiwiiy 711 rff'}]tt'i rtiL,'i*n srheint.
«o mag dies sein Interesse tür die Sache entschuldigen. Den Lehrern,
welche ihre SchQler «am Nachdenken Aber wirtschaftliche Fragen ver-
Mlftäsen wollen, empfiehlt er, ihnen diese Auswahl in die Kand zu geben;
denn Anregnnjif. namentlich uut dem ihnen doch zuiiiiclist %'«rständ liehen
Oebiete der i.'nvatwirtschaft, werden sie reichlich genug empfangen.
Prag. Dr. Ludmig Singer.
E M ichs Grundriss der Naturlehre fQr die unteren Classen der
Mittelschulen. Ausg^ib» fir H'iilschulen. Bearbeitet von Dr. Karl
Uabart, i'rofessor am k. k. ötaatsgymnasium in Linz. Mit H5ö Ab-
bildnngen. Zweite, Terbesserte Auflage. Mit hohem Miniaterialerlaaiie
vom l'd. Juni 1896. Z. 14311. allgemein zulässig erklärt. Preis: geheftet
90 kr., gebunden 1 ti. 15 kr. Wien und l'rag, F. IVtnpskj, IHOG.
Schon die erste Auflage von K Mach« (Mach-Ud^trcii) „Grundriss
der Natnrlehre" erwies «ich als ein treffliches, in vielen Besiebungen gans
eigenartiges Lehrbuch , von dessen hervorragender Brauchbarkeit für den
Mittelachulunterricht Referent sich selbst pr.iktisch zu über/ensjt'n hinläng-
lich Gelegenheit hatte; die neue Auflage (.Mach- ilatiart) enthält die viel-
fachen Vorzüge der früheren, ohne die mitunter sehr erheblichen didak-
tischen Oebrreht'ii /.n besitzen, mit welchen dirse behaftet erschien.
Ein besonderer Vorzug des huches besteht in der sehr umsichtigen
Hervorhebnuff; der historischen Entwicklang der Wissenschaft, indem die
Schüler an die gewöhnlichsten, in deren £rfahrungskreise liegenden Be*
obachtun;]fen erinnert und zu klarer Erfassunnf jener Gedanken angeregt
Werden, von denen die groben Forscher l>ui ihren Entdeckun;,'en selbst
ausfl^an^en sind. Die clasaikchen und dabei so leicht ausführUireu Kxperi-
mente eines Black, Galilei, l'a>cal. Kcjtler, Stevin. die sehr mit rnrecht fast
gänzlich in Vergessenheit geriethen, werden nach I hunhchkeit berück-
sichtigt und gründlich er<Srtert; ale werden sweifellos jedem Lehrer sehr
willkommen sein, der nicht in doi^matischer Weise mit fertigen Definitionen
und Lehrsätzen beginnt und die letzteren nachträt^licli als richtig? f;rwei«t,
sondern der inductiv von den einfachsten und am uieislen bekannten Vor-
stellungen ausdrehend mittelst zweckmäßiger Fragen den SO behandelnden
physikalischen Lehrsatz entwickelt und die Schüler so auf dem natürlichsten
Wege zur Erkenntnis allgemeiner physikalischer Gesetze führt. Von sehr
bildendem Werte ist die namentlich in der Mechanik hftafig benatzte
SchluRsweise mittelst des „zureichenden Grundes**, welche nicht allein bei
dem Nachweise oder der ungezwungenen Ableituncj bekannter physikalischer
Lehren ilie besten Dienste leistet, sondern aueii der Wi.ssenschait zu neuen
Errungenschaften ro verhelfen vermag. Betnerkunc^en, wie die S. 114
hefindliche ^Wem es sonderbar erscheint, da^s ein in VVosser eingetauchter
Körper an Gewicht verliert, der bedenke, dass der einsinkende Körper
unter sich das Wasser verdrängen nnd auf dieselbe HObe heben muss .
nnd femer „Wenn ein KOrper nicht einen Verlost an Gewicht erfllhre, so
„Ost«ir. NUtelsebul«''. XII. Jshig. 8
114
Literuiiscbe Kumkchau.
mnsste die Wamennasse 1 (Fig. 215) sinken, etwa nach 2. das an die Stelle
1 tretondp Wiisser miisste aus demselben Grunde wiedfr sinken; es infi»«te
demnach ein fortwährender Kreislauf de» Wassels im üefäbe fltutttinden,
was aber nicht der Fall ist und was auch niemand erwarten wird*, rtljffen
das physikalisrhc Interesse den SchülfM-s in liohcni (Jtade an tind fordern
in tebr wirksamer Weise seine seibsttUidige Denkthätigkeit. — Uervor-
xaheben Ist femer, das» anf die neuereu wiasenscbaftHclien und didaktischen
AnM^Hurai^yen gebfirende Rücksicht genommen und 80 eine correcteie.
widei-sprucnslose und zugleich viol f.isslichere Darstelhmg mancher Partien,
iut^beäondere der Elektricität^lehre ermöglicht wurde; hauptsächlich jetiocb,
da» die Diction des Buches an Einfochbeit, Ankcbaulichkeit und Prikidon
des Ansdruck'"; vrfsentlich gewonnen liat. Der i^rößtM-f' K -i btbum an
sorgfältig auageführten und zumeist Kehr mstructiven Abbildungen statt
880 der enten Auflage), deren Autwahl durch die BedQrfnive der Praxis
mitbestimmt wnrde (s. H. Feuenpritxe), erhöht ebenftlta die Verwendbarkeit
des Bucb&i.
Zu den Eigeothümlichkeiten hingegen, welche seinen Wert einiger-
maßen SU beeinträchtigen vermögen, gehört eunftchst die noch immer be-
trächtliche Ziibl von theil> :intioi])it'rtr'n , mitunter völlig ühertlutKigen
Definitionen und Aberhan ut fcjrörterungen , zu deren Verständniftse Vor-
stellungen unerl&Mlicb sind, die dem Anfänger noch mangeln, wie etwa
die Erklärung der Begritt'e Natur, Ursache, Wirkung u. dgl. Man sollte
sich füglich mit der Wahrnehmung bcfjnüijen. <ta<s dfr Schüler die in Rede
stehenden Begriffe deutlich und klar denke, ohne deren Healdefinitionen
auch nur versuchen su wollen,' die doch za den schwierigsten logischen
Operationen gcböron, welche ein sehr intensivo« Denken und eine weit
größere geistige Hegnamkeit erheischen, als sie dem Schüler der ünterreal-
schule zugemuthet werden kann.
Es soll nicht geleugnet werden, dass es dem gewandten Lehrer wohl
gelingen wird, die „allgemeinen Kigenschaften der Kf^rpor". welche der
Verfasser im Sinne des Lehrplanes sämmtlich bereit« tu der „Einleitung"
bespricht, mit Hilfe zahlreicher und passender Experimente «hon «u Be-
ginn des physikalischen rnterrichtes systematisch dem Verständnisse des
Schülers sugünglich zu machen ; unstreitig viel größer ist jedoch der päda-
gügiaehe Emig, wenn diete allgemeinen Eigenacbaften nicht systematisch
und dogmatisch dem Schüler vorgeCQhrt werden, sondern wenn jede erst
dann rur Erwähnung g^lansirt, wenn man ihrer beim Hnterrichte betlarf,
und wenn dieselbe aus eiiur ansehnlichen Keihe von dem Schuler bereits
gel&nfij^n Erscheinungen und Vorstellungen von ihm selbst — allerdings
unter einiger Leitunfj Lehrers — aivstrahiert werden kann.
Zweckmäßiger als die traditionelle scharfe Sonderung der Mechanik
in Statik und Dynamik erscheint aus mehreren Gründen jener Vorgang,
welcher mit der Kinematik beginnt, der also zunächst die Bewegung eines
materiellen Funktcs. tins Prinop der Coexistenz Her Rewep^tmgnn. die Con-
siruction und Bedeutung des Bewegungsparalielogramuifi erklärt, aus wel-
chem sich — auch ohne Experiment — das Kräfteparallelogramm mit
T,clclitif?kcit sofort ^rewinnen Ktsst. Denn selbst abgesehen von dem Be-
dürfnisse der Aufstellung eines kinetischen Mubes der Kraft, welches den
Begriff der Beschleunigung, resp. Verlagerung nothwendig vorauasetet, er^
fordert schon die Annahme der bloFt-n F.xistenz einer Kraft die Vorstellung,
dass ein Körper Veränderungen erleidet, welche sich in letzter Instans
sämmtlich aut Bewegungen zurücktühren la^isen.
Die von Huggens herrOhrende Ableitung der Gesetee des Stoßes
mittelst der relativen Bewep^nTi;.'^ Stof^ auf einem in Bewcgnnpr ^ejjrit^Vnen
Kahne; Beobachtung der Stobwjrkung vom Kahne aus und auch vom Ufer
ans) dürfte Scfafliem der Unterrealschule betrftchtlicbe Schwierigkeiten
bieten. Man wird sich auf dieser ünterrichtsstufe wohl mit der Erklärung
jener Gesetze begnügen müssen p welche durch die üblichen Schul versuche
demonstriert werden können.
In Bexug anf Eiocelheiten des Buche« drängen sieb noch folgende
Bemerkungen auf:
Literarische Rundschau.
115
Der Satz (S. 3) «Alle Lothe auf der ErdoberflAche b«ges^en einander
im Erdmittelpunkte" bt sitrt im alljfenioinen nur an^renäherte Giltij^keit.
10. Da der Begrill Gewicht auitchaulicher und dem Anlaxiger jeden-
fiiUa gelftnfiger i»t als joner der Haase, so wflrd« Referent im üegensatxe
»n der liepflogenheit vieler Lehrbruher die relative. Dichte al« das Ver-
hältnis zweier Gewichte (strenger als den Exponenten dieses Verhältnisse«)
tftatt als dasjenige sweier Massen erklären, zumal man bei der wirklichen
Wertbestimmung der Dichte schließlich doch Unteraichen niuss, wie oft
da-s TM-wicht eines Körper.«^ in dem Gewichte einet anderen Körpers (von
gleichem Volumen) entbalten ist.
86. Z. 13, »t atatt ^vollkommen leer" so eetien eiwa «luftleer"; ab*
•^'esehen vom hypothetischen Äther befinden äch im Tonricelliachen « Vacaum"
zum mindesten Quecksi Iberdämpfe.
40. Z. 9, soll es etwa heißen: .hängt hauptsächlich von seiner Tempe-
ratur ab" statt .hängt von seiner Temperatur ab" : denn auch der auf die
Ol>erf1äi iie cie> Kdrper» autgeObte Druck iit mitbeatinunend für dewen
Aggregaiz ustiin d .
43. Die Marginalnote eoUte den Zusatz ^bei gleichem &ußeren Drucke"
enthalten, sonst wäre d^'i- Satz unrichtif^; > ja sowohl die ."^t hmelz- ats
auch die Siedetemperatur vom äußeren Drucke abhangig, wie auch in
§ 45 des näheren auseinandergesetzt wird.
Die Marginalnote zu § 45 sollte die Worte enthalten: «Unterschied
zwischen Verdani]ift n nnd Verdunsten" statt „. . . rwi«ehen J^ieden und
Verdunsten". Die Begritte Sieden und Verdampfen sind gänzlich ver-
schieden; aber auch der Unterschied zwischen Verdunsten und Verdampfen
sollte ^(■h*^rfer hervorgehoben werden, nh die;* tfpwöhnlich geschieht.
S. 24, Z. 16. ist statt ^verHüssigt'' zu setzen etwa ^coodensiert"} denn
auch der Wnsserdampf ist ein flQssiger Körper.
S. 32, Z. 2, könnte statt ,.den Luftdruck" allgemein geseüct werden
.einen Druck": es kommt hiebei nur anf die Größe des au -Überwindenden
äußeren Drucke» an, nicht auf dessen Proveniens.
80. Der D^iff Spannung darf mit dem davon wesentiich ▼erschiedenen
He<?rift"e Totential fhi'-r anch Klektricitätstrratl i^enannt) niemals verwechselt
werden, was allerdiags sehr häutig geschieht, auch im vorliegenden Buche
z. B. in dem Satze: ^Nor von Körpern höherer Spannung geht die Elektri«
cität zu Körpern niederer Spannung über." Die Spannung ist nichts andere«
als der elekt rontiitisclie Druck, den die elektrische Laduni,' auf den I:-olator
ausübt, sie ist dem (Quadrate der Dichte proportional, alwj wesentlich von
den KrÜromungs Verhältnissen des Cottanctors abhängig, während das
Potential einer im Gleichj,'pvrichte l»efindlichen El- ktricitätsmenge in allen
Punkten des Conductors den gleichen Wert besitzt. Die Begriffe Dichte,
Spannung, Potential, Capacität sollten etwas ausftlhrlicher erklärt, an
Kugeln von vei-schiedenen Radien erläutert und — zunächst — mit der
Wärme in die innic^^te Analo^fie gesetzt werden Vm sollte z. B. gezeigt
werden, dass sowie bei der 1" rage, ob Wärme vom ivörper A zu dem Körper
B flbergeht, nicht der diesen KGrpem zukommende Wärmeinhalt, .sondern
nur der» ii WärMiei?ra«l in Betracht kommt. eV)en>o auch bei der Krage, ob
Eiektrtcttät von A nach B oder umgekehrt sich begibt, lediglich der
EIcktricitätsgrad der beiden Körper entscheidend ist.
S.^. Die Erklärung des elektrischen Flugrades sollte der ße!<prechung
de.«? Experimentes unmittelbar anp^esrhlo-isen werden, ohne auf die .,Hück-
wirkung" des § 172 zu verweisen, welcher iehrplanmäüig erst im uach«;t-
folgenden Schuljahre cor ErOrtenmg gelangen Rann.
Zur Erklärung,' de-* Satzes (S. öoi: „Die i;n)r>arti;:sten .dektrischen Er-
scheinungen treten auf. wenn sich im Luttmeere gewaltige Dunstmassen
plötzlich zu schweren Wolken verdichten . . ." könnte bemerkt werden, dass
durch das Zusammenfließen vieler mit Klektricität geladener Nebelbläschen
in je einen Wa^.-ertro].fen der Grad der Elektrieitiit sehr gesteigert wird,
wodurch eruptive elektrische Entladungen hervorgerufen werden können.
9b und 96. Die übliche „Votta^selie Spannnngsreihe" muss entsprechend
der neueren Terminolc^e der Elektricitätslebre etwa durch „BiiBihe der
8»
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116
Literarische BatidNlwu.
Potentialtiifferen/.en" o<ier dergleichen ersetzt werden, wenn raan Incon-
sequenzen in dem Gebraache ded Wortes bpannaog überhaupfc ver-
meiden will.
Anf eine eingehendere Erklärung der chemischen Vorgänge bei der
Waaaentersetzung. der Zerlegunrr eine-t Salzci^. der s'ivlvanischen Polarisation
IUU8S wohl verzichtet werden, da dem Schüler nicht einmal die Fundamental-
b^rilfe der Chemie, welche erst in der IV. Classe gelehrt wird, zur Ver*
ITifrung" stehen; es durfte die experimentell vermittelte Kenntnis des Lehr-
satzes, dass bei der Elektrolyse eine« Salxes das Metall an der Kathode,
alles übrige hingegen an der Anode ausgeschieden werde, f&r die III. Real-
schulelasse vollkommen genügen.
121. Bei der Besprechung der Entstehung Ton Induction?strömen
durch Bewegung könnte hervorgehoben werden, da^ ea sich nur um lUe
Änderung der relativen Lage zwischen dem Inducenten und dem Leiter
handelt, in welchem ein Strom i n Jucit-rt werden soll. Von großer Wiohti::-
keit ist es. den iichüler hiebe) aui die sich gleichsam von selbst aufdrängende
Beziehung anfmerkiam m machen, in welcher die indncterten Slr5me au
der Arbeit stehen, welche ihrer HerTorrafnng verbrandit werden
musste.
137. Der theoretiMch und praktisch jjleii h wii-litis^e Fall, io welchem
die Kraft parallel zur Basis der schiefen Kl>ene wirkt, fehlt ganz. (Noth-
wendige Anwendung dieses Falles zur Erklärung der Wirkanirsweise der
Schraube, welche in 144 mit der ganz unaureichendeu Bemerkung ab-
gethan -vrad. sie sei ^eine nm einen massiven Cylinder gewickelte schiefe
Ebene
143. Statt ..Überwindunif einer Kraft auf die Strecke . . / soll es
heißen . . aut der strecke . .
Zu S. I'i3, Z. 8 V. u., wäre tu bemerken, dass auch daa Lieht einen
wirklich leeren Raum nicht zxi durchdring-en vcrma«?.
S. 126. Z. 3, ist statt „fühlen" zu setzen ,.emptinden'' ; die allerdings
sehr häutig verwechselten Begriffe Gefafal und Empfindung sind keineswegs
identisch.
213 I)as Photoraeter von Bunsen würde Referent dem im Buche er-
klärten vorziehen. (Auch die „lustructionen" IV. Aull. S. 107.)
Statt „Zenith* (S. 177 ff.) wäre wohl besser „Zenit" su setaen. (Vgl.
z. B. Üiesterwejj, mathem. Geographie, XV. Aufl . Martiis. astronom. Gtv>-
graphie. IL Auü.: Zenit sUimmt vom arabischen samt ~ Gegend. Daa ^k"
haben die Fransosen angehängt, um anxadeaten, dass das „r gehört wer-
den muss.)
In der Fig 345 int C statt ^ zu f^etzen.
S. lö.'j, Z. 2, sollte bemerkt werden, dass der „Temperatur Wechsel iu
den verschiedenen Zeiten des Jahres" auch von der verschiedenen Neigung
der die Krde treffenden Sonnen.strahli*n ablirin;;i<,' ist.
Diese angeführten und die wenigen unerwähnt gebliebenen, zumeist
ganz geringfügigen Mftttgel verschwinden fast ganslich angesichts der oben
gewürdigten Vorzüge des besprochenen Werkes, welches unstreitig an iden
besten Er^engnissen unserer ph/sikalischen Schulliterutur gehört.
Wien. Dr. K. Zahrcuiniuk.
Franz Körner: Lehrbuch der Physik fttr den Gebrauch an höheren
Gewerbeschulen. Mit GU Abbildungen und 2 Farbentaftln Wien und
Leipzig. Franz Dcntit kt-, 1897. Preis ungebunden 3 fl., gebunden 3 fl. 20 kr.
Das Buch trägt vor allem der praktischen Richtung, welche sich im
gewerblichen Unterrichtswesen geltend niui heu uaiss, Rechnung. Eine große
Zahl neuerer, im wissenschaftlichen wie im gewerblichen Leben gleich
•wichti^MT Apparate werden iliirin erklärt. Die Zeichnungen, die größten-
theüs schematisch gehalten sind, beweisen das Streben, die Hauptsache
hervortreten zu lassen, ohne dass die praktische Richtigkeit nnd Aosfllhr-
barkeit darunter leidet. Diesen zahlreichen und nahezu durchwegs origi-
nalen Illustrationen ist auch ein vorzüglicher Text augmnde gelegt, der
Literariiclie RnndBchaa
117
an Eintaebbeit und Verständhcbkeit, ferner auch an treülicben historisdien
Anrei^ungen nicbto wOnsch«!! dbriglüsst Di« mathematisdieii For-
derutij,'»'!! sind möglirhst auf ein MinitJinrn rpiluciert, so »lass die elemetl'
tarsten Kenntnisse aus der Algebra und Trigonometrie ausreichen
Das Buch dient dem Unterrichte an höheren Gewerbeschulen, wofür
es am h iipprobiert ist. als treffliche Grundlage. Es wird aber «effen seiner
einfachen Kiarhett und lieriicksiciit ijjjung^ der nfiMTcn Leistungen aneh der
WerkmeiHerschule, wie überhaupt dem bildung.sbeUürfti^n Gewcrb^manne
in den meieten phyiikalitdieB Fn^n ein tflchUger I^eitfaden «ein.
Wien. J. KieMfer.
AlexaTi.ler Weinberg: Unsere Lebensmittel und deren Ver-
fälschung-en. Ein.- hy<ri<nii,>^< he Studif Hrnpchiert 70 kr. 99 S. Wien
l89i>. Verlag von A. I'i<-hl<'rs Witwe und Sohn.
Die vorliegende Schrift enthält eine grobe Menge auch für den Laien
▼erfftRndlieher und interessanter Mittheiinngen Aber unsere Lebensmittel
und dt'ren Vernhchung. Besonden« ltv>-en«wt'rt sind dit- Artikel über Milch.
Butter, Mehl und die geistigen Getrilnke. Die Beigabe mikroskopischer
Bilder wflrd*» die Nötzlichkeit dieser Stndie natürlich bedeutend gefördert
haben. \'t»'ll)M( hf kann bei einer Neuanflage darauf Bedacht genommen
werden, lui Interease deräache ist dem Werkchen die weiteste Verbreitung
zu wünschen.
Franz Bley; Botanisches Bilderbueh iür jung und alt. Krsfer Theil
nrofaftiend die Flora der ersten Jahreshftlft»-. 216 Pflanzenbilder in
Aqiiarelldruck auf 21 Tafeln. Mit erühit^rndem Texte TOn B. Berdrow.
Berlin 185)7. tJustav Srhinidt. rartonirrt M. W S.
Uns ist schon lange kein Buch unter die Hand gekommen, das in so
gemeinventftndlicher Weise wie dieses und unter Beobachtung streng
wt>senf!chaftlicher Grundsätze die am häufin'iten vorkommenden blühenden
und nicht blühenden Pflanzen vorführt. Die einzelnen Pflanzen werden
nicht, wie es manchmal in Volksbüchern fiblich ist, ganz losgelöst von den
flbrigen Lebewesen und Ihr sich allein besehrieben, »ondern imm«M- in
ihrem Zusammenhange mit anderen Pflanzen und Thieren betrachtet. Die
genaue Erläuterung der interes.^anten Bestüubungsvorgänge durch in^ecten
und die Darlegung des Verhältnisses zwischen BiQtenform und Insect werden
dit' T/esf^r sehr erfreuen. Auch zjihlreiclu^ IJomerknn^'en rnlturLrf-elncht-
lichen Inhaltes sind eingestreut. Der erläuternde Text ist sehr lebendig.
Auf die deut»chen Benennungen der Pflanzen hätte aber mehr Rflcbrieht
genommen werden können: einige Namen mehr hätten dem Hie Ii»- nicht
seschadet. Im vorli'^sTr"nd» n i-i-ten Theilo des Werkes wird dif Kloi;i der
eisten sechs .Monate des Jahres bebandelt. Manche Arten sind doch wohl
zu stiefmütterlich behandelt. Von den Primeln s. B. ist nur eine Art
besprochen.
Auf 24 Tafeln nnd je \) Pflanzen, also zusammen 216 farbig abge-
bildet Mit dieser Anordnung können wir uns nicht befreunden. Auf der
1 afel 8 X. B. sind nebeneinander die Bilder von Poa annua und Aesculus
hippncaxtmnfm : ein kleines Gr«»» und ein Baum dnreh je ein gleich
großes Bildchen dargeitteiit: wir dürten un« keiner Täuschung hingeben,
das Erkennen der Pflanzen wird dadurch ei-schwert Vm wären größere
Rüder, wenn aiicli weniü 'r. lieber. Das I?u( Ii wird aber doch seini-n /weck,
die heimische Flora in naturgetreuer bildlicher Darstellung zu bieten,
vollkommen erreichen. Die Verlagshandlung hat keine Mühen und Korten
gescheut, das Buch prilcbtig aussnstatten.
Wien. Dr. F, TsehenUtA.
^ kjui^uo i.y Google
118
Literariacbe RuncUchaii.
Dr. K. Fritsch: ExcuFsionsflora fttp Österreich (mit Ausaehloss Ton
Galizien, Bukowina und Dalmmtlen). Wien 1897. C. Gerold« 8oha.
Kl. 8". LXX un.l G(jl 8. 4 fl.
Das Buch kündigt sieb gleichsam als Neuauflage des bekannten
Lorinser'schen an. ist aber glucklicherwei.Me keine solche, sondern,
Ton der handlichen Form und Anlage abgesehen, eine gans neu be-
arbeitete und. wie gleich gemgt werden »oU, höchst willkommene Ex*
cursionsßora.
Nachdem die wichtigsten QmndbegriiTe der botanischen Morphologie
in klarer, unzweideutiger Weise erläutert sind, werden die Gattungen
zuerst mit Hilfe des Linne's( lien Systems bestimmt, welches ja für den
Laien, dem die zugehörige Familie noch nicht bekannt ist, immer das ein-
fachst«' bleibt.
Der Haupttheil des Werkes enthält die Familien nach dem natür-
lichen, heute gütigen Systeme behandelt. Für die Bestimmung der
Gattungen und Arten wird die altbewährte „analytische* Methode ein-
geschlagen. Die C't*.'<^>-n9ü\7,e sind klargehalten und heben die auffallendsten
Merkmale hervor. Freilich mussten, dem heutigen Standpunkte d»'r Wissen-
schaft folgend, gar viele der „guten alten" Arten getrennt oder eingezogen
werden. Auf di«Mem Gebiete wurde in den letzten Jahren ungeheuer ge-
arbeitet und — auch ge.HÜndigt. Das vorliegende Buch enthrilf :il>er nicht
alle derart geschatienen Arten; der Verfasser hat sehr eingehend gesichtet
und nnr jene Pflanzen aufgenommen, deren Artrecht heute kaum mehr
bezweifelt wir«! Ilieduich wird künftii^hin unoh cleui .^nCintxcr Gelegen-
heit geboten, die Pflanzen seiner Heimat richtig zu benennen. Da die
Xomenclatur auch nach dem ueueäten Standpunkte bearbeitet ist, wird
msnoher saerst keinen geringen Kampf mit sich zu bestehen haben, wenn
er irpmeinp PBanzen unter anderen, ihm fremden Niimen bestimmen wird
Dafür tindet sich aber am Schlüsse des Buches ein sehr Ubersichtlich ge-
haltene<{ alphabetisches Veneeicbnis der gebränchlichsten Synonyme. Den
.Prioiitätsgesetzi'n" tia-^'i'n ül>tii,'ens die N''niaufla„'en ile> all^^enifin ein-
geführten Pokorn^- .sehen Lehrbuches bereits Kechnung und werden diesen
die übrigen Lehrbücher des Pflauzenreichej? und Floren früher oder später
folgen müssen.
Mit l)esonderer Freude bei,'riibi Referent da.s endlich einmal einheit-
lich durchgeführte Priucip, jeder (Gattung und Art nur einen deutschen
Namen beizufOgen, und zwar von den oft sahireichen Namen derselben
Art den verlneifet^ten.
Fiue sehr wesentliche V( r)>esserung des Buches liegt in «ler strengen
Einfilhning der Verbreitungs.ingaben. welche ja hüufi^ für die Be-
stimmung'von Vortheil, immer aber von wissenschaftlicher Bedeutung sind.
Haben unsere vorgeschrittenen ^^ch^lI^'r einmal die nöthiize Anleitung
zur Benützung des Buches erhalten, so werden sie sich rasch einarbeiten
nnd leicht und mit großer Befriedigung ihnen unbekannte Pflansen aus
der Falle der beschriebenen Arten hetauufinden.
Dr. Otto Wünsch»«: Die verbreitetsten Ptlanzen Deutschlands.
Ein Übungsbuch liir den naturwissenschaftlichen Unterricht. ~. Aiitl.
Leipaig, B. 6. Teubner, 189«. 8« VI, 272 8. H. 2*40.
Das Buch enthält neb.st einer Übei*sicht der Classen des natürlichen
Systems die Farn- und Samenpflanzen nach d<^r „analytischen" .Methode
und in wis-senschaftlich begründeter Keiiienfuige behandelt. Die Anzahl
der beschrieljenen Arten ist sehr beträchtlich; «nd doch sogar die wich-
tigsten nnd häutig angebauten nartenjiflanzen in d»^n Kreis der l^t'trach-
tung einbezogen. Die „Diagnosen" sind einfach und bestimmt gehalten,
die auffallenden Merkmale hervoit^hoben. Zahlreiche Versuche haben
ergeben, dass auch die Bestimmung schwieriger Formen sicher zum Ziele
führt. Zudem befindet sich für Anfanger, denen der Blütenbau bei Lemna.
Elodea, Juncu.s, Potamog^ton u. a. nicht ohneweiters klar sein kann,
am Schlüsse noch eine Übersicht solcher schwieriger an bestimmenden
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iiiterariäcbe Kundscbau.
U9
Pflftnaen, vobei als nnteraefaeidende Merkmale ihr yorkomraen, Stellnng
ond (M'stiiU ihrer Blfitter hervorgehoben werden.
Da «las buch l'Hanzen Deutschlandä behandelt, so können weder alle
bei nus häufigen Arten vertreten sein, noch auch die in den Tabellen auf-
ffefübrten Vertreter alle bei uns gefunden werden: doch gilt dies jeden*
von der Mehrzahl der besprochenen Arten. Referent möchte dieses
Büchlein besonders Laien und Scoülem zur Einarbeitung in die ,anaijtiiH:he"
Bestimmungsnietbode empfehlen nnd den w^aterreiehern dann rathen* das
weit irihaltsreichere und wissenschaftlicher gehaltene Exciirnonihncb von
Dr. Fr lisch fernerhin zu beuützen.
Dr. Otto Wünsche: Die verbreltetsten Pilze Deutschlands. Eine
Anleitung ihrer Kennini«. Leipsig, B. G.Teubner, W>. XII, 112 S.
M. 1 40.
Dem Verfasser ist es mit voi liegendem Uuche gelungen, die ver-
breltetsten Großpilze durch Hervorhebong auf&liender Unteraeheidung?-
mprkmale dem Anftnrrer der Bestimmnnsr zujrjin^'lich zu machen. Alle
nur irgendwie in die äinne tallenden Eigenthümliuhkeiten, auch Geruch
und Geschmack, sind herangezogen, am der mikroekopiaehen Untersnchnng
auszuweichen.
In Her ersten l';\l)elle worden die in Betracht kommenden Pilze nach
der Gestalt der Fruehtküiper bestimmt; die besonders wechselvollen und
▼erbreiteten, das Interesse am meisten in Anspruch nehmenden Agaricaceen
werden noeh in »-iner e;<;enen Tabelle nach ihrem Standorte behariflelt.
Pilze, welche an verschiedenes Vorkommen gebunden sind — AnnUlariaf
CHtocyhe n. a. — werden an verschiedenen Stellen, also wiederholt be*
sprochen. Der Haupttheil des Büchleins enthält eine systematische Über-
sicht der Abtheilunpen, Gattiin^jen nnd .\rten nach der „analytischen"
Methode bearbeitet. Die gan/e Anlage und Nomeuclatur entsprechen dem
heutigen Standpunkte der Wissenschaft
Für jene, welche mit den vork<Mnin'^nden Fachausdriu-ken nicht ver-
traut sind, wird das gleichzeitig erschienene Helt des Vertassera: „Einiges
Aber Bau nnd Leben der Ptl%e* (Zwickau 1896) empfohlen, in welchem
<iie üblichen Termini ansf&hrlich erläutert und darch ttblreiche Bilder
veranschaulicht sind.
Dr. Rieh. Küssler: Die verbreltetsten Schmetterlinge Deutschlands.
Eine Anleitung zum Bestimmen der Arten. Leipsig, B. O. Tenbner, 1896.
b*^. Ml und 170 S. mit 2 Tafeln .M. 180.
Referent als Botaniker hat die Besprechung dieser Arbeit nur aua-
nahm.sweise übernommen , weil er sich längere Zeit hindurch eingehmd
mit Schmetterünfren beschäftigt hat.
Der Verfasser beginnt mit einer leicht fasslich und anregend ge-
schriebenen Anleitung fdr das Fangen, Spannen und Aufbewahren der
Schmetterlinge, erkliirt dann auf Grund der Abbildungen die gebräuch-
li(h<?ten Knn^tausdrüclce. nnd mit diesen etwa 70 allgemein verstand liehen
Terminia wird mm an die Bestimmung der Unterordnungen, Familien.
Gattungen und Arten geschritten. Die Anordnung gründet sich vorwiegend
auf den Staudinger "sehen Katalog'. Die Bestlmmung.'^methode i.st flie
«analytische". Die unterscheidenden Merkmale sind gewöhnlieh auffallende
nnd nur in selteneren Fällen wird der Rippenverlauf herangezogen. Die
Zahl der beaprochenen Arten beträgt nicht ganz die Hälfte der in Deutsch-
land vorkommenden Groüschmetterlinge; Kleinschmetterlinge sind nur die
allergemeinsten uutgenommen.
Referent hat an der Hand dieses Buches zahlreiche Bestimmung«-
versuche unternommen und muss gestehen, dass er (im Kähmen der be-
sprochenen GroGschmetterlinge) immer auf die richtige Art ^'eleitet wurde.
Er m{iehte dieses schön aui|{estati^e und so übersichÜtch gehaltene Büch-
lein jedem Anfänger auf das wärmste empfehlen.
Görs. E. Schob.
^ kj i^uo i.y Google
120
Literarische Kundschau.
Dr. Emannel Witlaiii: PpatePbueb» Ein Führer sar Beobacbtong de»
Natnrlebens. Wien, Verlag von A. HOMer« 1697. 147 Seiten.
Der Herr Verfa«ssei-, der, wie er er7:lhU. viele froh»« Stunden der
Natur beobachtung im Prater widmete, wurde durch den ün)t<tand, dass
k«iii geeignetet mlfiamittel ihm diese NaturbeolNMhtODg erletebtem konnte,,
bestimmt, das vorliegende ßucb 7.« schreiben, das den LebenHvorganizen
der Thier- und Pflanzenwelt sein Auj^endierk zuwendet und die Ver>
Änderungen der Natur im Laufe des Jahres verfolgt.
Demnach zerfällt das sehr gefftlHg ausgestattete und nett illu-^trierte
Werkchen in 8 Tlieile: Gliederung und liildunf^scfoscbichte des Fraters.
Kennzeichnung der Tlora. Fauna deK Piuters. Erwachen der Natur.
Im FrQhlingsachmnck. Auf der HOhe der Entwicklung. Sommerruhe. Im
Herbstkleide. Winterschlaf.
Der Herr Verfas.ser 8cbil')»'rt in schwungvoller Weise recht naturgetreu
das Thier- und Pflanzenleben in den einzelnen Jahreszeiten und versteht
es so angenehm tu enfthlen, no trefflich l'hier- und Pflanzenleben in seinen
Wechselbeziehungen darznstellen . m put auf verscliiedene 7.%veckHienliche
Eigenscbalten der Pflanzen und Thiere aufmerksam zu machen, dass man
mit Vergnügen der LectOre des Buches sich hingibt. Wenn daher der
Autor der HofTnung sich hingibt, dass sein Buch der reiferen Jugend ein
Föhrer sein nnd H*» anfmnntem soll, mit Vfrstandnis die Natur zu be-
obachten, öo kann Kecen^^ent nur wünschen, dass seine Hoffnung sich ver-
wirkliche. Das Buch wenigstens verdient, dass es recht oA von einer Itlr
die Vorginge in der Natur empfänglichen Jugend gelesen werde.
Prag. HHnr. Vieäorf.
l)r, Franz v. Wagner: Thierkunde. Mit 78 Abbildungen. Leiptig»
G. J. GöRchen'sche VerlaKslmchhiindlnnf?. 1897. 19.') ?^S.
In dem vorlieijenden Bandchen der „Sammlung Göschen" wird nach
einleitenden Bemerkungen «le^prochen: 1. vom Bau der fertig ausgebildeten
Thiere (Anatomie). 2. vom Bau der sich entwickelnden Thiere (Ontogonie),
9. vnn der Eintheilung der Tliiere (Systematik) Und endlich 4. von der Ent-
stehung der Thiere (Entwicklungslehre).
Der specielle Tneil ist sehr bfibech behandelt; nur ab und su konnte
wohl n)it der Anwendung von Fremdw("irtern etwas inelir <,'e<{)art worden !
Die Beispiele, an denen die wis.«enschal'tlichen ErÖrteiunjjen gegeben
werden, sind sehr gut gewählt. Recht ansprechend sind die am Schlüsse
eines jeden Abschnittes zusammengestellten systematischen Übersichten.
Hei Durchnahme der einzelnon Gruppen empfiehlt e.s sich nach der
Meinung des Keferenten. sofort nach der erstmaligen Namhaftmac hung
einer Abbildung die kune, unter die Figur gesetzte Beschreibung ein-
snsehen und er.-^t dann im Texte weiterznijehen !
Die guten Charakteristiken der fhiergruppen werden dem Lehrer
der Zoologie ganz willkommen sein! Das gleiche gilt für manche, auf
v»gleichende Anatomie bezügliche Darstellungen.
Der Umfang des Stotte^^ mnss dahin gekennzeichnet werden, da^t« nher
vieles, besonders vergleichende Anatomie und Entwicklungslehre Behan-
delndes in der vorliegenden Schrift weitaus mehr geboten wird, als im
Pensum der Mittelschule verarheitet werden kann! ist <feradezu
eine Fülle von allerdings «ehr wissenswerten Thatsachen aufgeführt.
Manche Partien bedürften nur eine noch reichere Ausschmückung mit
Figuren-Skizzen — die «.gewählten sind vollkommen zweckentsprechend und
sie könnten einoni Lehrljuche zur Zierde t^ereichenl
Das reichlich gebotene Material eignet sich in ausgezeichneter Weise
zur Wiederholung; zur ersten Belehrung aber, also auch cum „Selbst-
unterrichte" pas>t es nicht. Dies jjilt ganz besonders von dt*n allLTeniein
gehaltenen Partien! AU Wiederholungstext ist das Büchlein auch durch
den Umstand bestens empfohlen, diiss die verg lei ch ende Methode sehr
hevorsngt wird.
Literarische Eundscluui.
121
Mit wahrer Qoniifftbinittg legte Referent du Werkefaen aus der Hand
und mit (](>r Üiier/.ougnng. dass an« jedem Satee der Meister des Stile und
der Meister des Faches spricht.
Wien. Joh. A. Kail.
la
Ib
II
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Programme.
B. Hr/ano w^ki : llzerz o ukltidt'ie tnowif Demostenesa: ::ej>1 -oO
oTSfcivoj (XVlil). UJer ."Sachverhalt betreifend die Anlage der Üemostheni-
achen Ht'de jc t. ot.) (IVogr. Wadowtce 1897.)
Niich einer mühevollen, beachtenswerten üntersuchunpr der Kede ge-
langt der Verfasser auf p. 30 zu folgendem rhetorischen äcblusaechema:
nposi jttov § 1 — 8.
o I RpQX«Ta9Nstrq
, : 1 6a-J09 I '\
, . §110—121 tivifii|iov \
. § 122 — 1.')9 \ x& 2utau>v | »aTttSMti^
. § 160-2% ; I
'Rjci/.ovo': § 297-3Ä4.
Mein SchinsKschema war p. 29 («t ^ei die Composition der Demostheni»
sehen Kranxrede," i*rogr, Czernowit/, 1.sk8) nachstehendes:
1. exordium ^ 1 — U
II. guaestio § 12-296
nar ratio % 12—52
1. Excurs 8 25^—275
■J. Kxcuts 270-296
III. peroraiio § 297- :{2}
recapitulaÜo § 297—313
i amplificaiio / » •'i'*-**'»
Sch!n«^sj^ehpt ^ 324.
Die Dift'erenzen iu der liietorisrhen Disposition sind gt'iin^^fiii^ijje :
Das npooiji'.ov (exordium) hatte bekanntlich unt<'r anderem vnrnchralich
die Aufgabe, die Zuhörer über die in Fraire stehend*- An;:<df(,'cnheit aus-
reichend zu informieren. Dies geschah in dieser Kede in den ernten elf
Paragraphen; die Information § 1 — 8 ist untnl&nglicht weil im Verlaufe
der hoiic wichtige Punkte erörtert .sind, welche § 1 — 8 nicht einmal an-
dpiitnn<,'s\veiKe erwähnt werden. Meine Gliederung d^^r quaeatio (aiüjxa '.rA
Xö/otjj Ifrner ist allerdings complicierter, jedoch eindringlicher und daher
wobl auch richtiger. — übrigens darüber ausfflhrlicher yielleieht ein
andermal.
V. Burobaeu: HomftBlaehe Übersetzung des IV. Gesanges ans
Virgils Aeneide mit Beibehaltang des Orlglnalmetnims. (Progr.
Suc/awa lM?i7.)
Der als zoi-rirr^^ bereits wohlbekannte Prof. Dumbaca übersetzt in
scbOngebauten , glatten mmftnieehen H«xametem den obbexeichneten^ Ge*
sang Virgils — excepfis tribux versäm» eerte supervacanets — . Der tjber-
rtchus« von drei rumänischen Verton (705 lateiniHche, 708 rnniäni«che . der
dnrch entsprechende, durchau^i nicht gewaltsame Uontraction. z. Ii. V . 123 tt.,
178 if., 308 If.. 44-.' tV . r)90 tf., 643 hätte vermieden werden können,
findet seine Fntsschiddifriin^' in d»'n sich nitdit liUerall derki'ndrn Wechsel-
beziehungen zwischen der iateini^^chen und rumänischen Sprache: Der
rumftniiene Vers leidet Torerat infolge Häufung der Voeale, oe ooem, au
ovum^ au habenf, m habw^ eu ^go u. a. w.; er leidet infolge des bftufigen.
122
Literariäcbe KuDUochuu.
»obenan nten groben Hiattia, i^mä asprd hiemft anpera, tntr'o odae in cubiii^
priimi inelul anuium accepit; er ItMilet ferner infolf^e der verscbiedeneu
Quantität, da die rumsnidcho Sprache bekanntlich accentuierend ist; er
leidet schließlicb infolge der Vieisilbigkeit vieler Worte, so da« die An«
setsunsr entsprechender Gftauren oft unmöglich ist. — Die vom VerfiiMer ge-
brauchten niniani^chpn Archaismen, <iif» in dem Volkamnnde. in der Kircben-
sprache und in den (Jiui»ikern der letzten Jahrhunderte zu finden sind, geben
der Obersetsung ein altett dem lateinitehen Texte enteprechendes Colorit.
L. Kieroüski: Etyka w trttgedf/ach üofoklesiit* (Die Ethik in den
Tragödien de» Sophokles.) (Progr. Ken-SaDdee 1897.)
Kieroiiski erörtert auf Grund der rcspectiyen Stellen ans Sophokle»
in übersichtlicher, ^'elun^ener Weiso dos Dichters philosophische Sitten-
lehre (Lebensziel, Ftiichten, Wille. Motive, l^entenzen, Kiickblick) und ge-
langt am Schlüsse der Arbeit zur Ansicht, dass Sophoklen Ethik viele
Reminiscenzen an Homer, die Kykliker, die Elegiker und Lyriker auf-
weist. — Die vollstilndi!_'e Ansj;rhreibung der Bt legstellen bat die Arl>eit
nnnutzerweii»e auf 67 Jieiten anschwellen lassen. Die bloße Verweisung
auf die Stellen hfttte sicher oft genfigt, infolge denen dann Raum für
Vergleiche zwi.schen So}»ho1iles und Homer einerseits mul Suphokle.s und
die Kykliker. £legiker und Ljriker anderseits gcschatten woruen wäre.
Radautz. Koczynski.
Eduard Scholz: SeUttssel zur Besttiumiiiig iidtteleiiF0i»fti8oheii
Farnpflanzen. (Pro^^rammaufints des k. k. Staatigymnaitinms in GOrz
Mit 1 Tafel I H2 8
Der vorliegende Program mau fj*atz hat nach des Herrn Verfassers Worten
den Zweck, die Gruppe der Pteridophyta weiteren KreiMn zugänglich
7.U machen, indem er auf möglichst einfaclie Weise zur Bestimmung der
mitteleuropäischen Gefäßkryptogamen führen soll. Der Herr Verfasser
schließt sich in der Nomenclatur vorwiegend Luerssen an und verwendet
nur die nnerl&ssigstfn Kun.stau.Hlrücke. Besonderes Gewicht wird auf in
die Augen sprinpejidt- Mi-rkmale gele<,'t. die mit der Lupe »^rkannt werden
können. Jeder FHanze werden Bemerkungen über ihr Vorkommen bei-
gefdgt, doch werden besondere Fundorte selbctverstAndlieh nur bei jenen
Formen erwähnt. di>' auf l»estiruuite Orte beschränkt oder für die Flora
von (jörz in irgend einer Weise von Wichtigkeit find. Diese Bemerkungen
gehen allerdings stellenweise weit Aber die im Rahmen eines Beatiminungi-
buches gestatteten Zusätze hinaus (z. B. pag. 13).
Die Bestimmung wird schließlich erleichtert durch eine Tafel von
20 nach der Natur und in natürlicher Größe entworfenen Abbildungen.
Der Herr Verfasser hat mit dem vorliegenden Anftatze. soweit die
wenigen Controlversuche. die Ret onsent anzii-^telleu in der Lage war, zeif^ten,
einer sehr verdienstlichen Arbeit sich unterzogen, die der Nachahmung
wert wäre.
Prag. Hemr. VüUorf.
Dir. Ed. Kofera: Aus dem Traumleben. 20 S. (K. K. Staats- Ober-
gyiunn^ium in Mähr. Weißkiroh'^n. IS!».*«. )
i>icser i'rogrammau&atz enthält in gedrängter Kürze die Erörterung
der interessantesten und wichtigsten Phftnomene ans dem weiten und noch
immer so mysteriösen Gebiete der Hjpnologie. Der VerfiusHcr bekämpft
zunächst die schon im Alterthume und auch in nenestnr Zeit wiederholt
aufgestellte Behauptung der Müjrlichkeit eines völlig trauniloaen ^^chlafe?^.
Er erklärt diesen „leicht begreiflichen Irrthum" dnrch das «Abhanden-
kommen der Erinnerunq- an die gehabten Träume, weiche^ ja selbst in
emzeinen Fällen ein habituellem sein mag", und conatatiert die zweifellose
Continnität und den nothwendii<en Zusammenhang »wischen dem Traume
nnd dem „wachen Bewusstsein", indem der Traum nichts Nenes an erfinden.
Litemriache Rundachaa,
123
sondern die ira Geiste des Träumenden bereits vorhandenen Vorstellunj^en
und Vorstelluns^s^ruppen nnch den Gesetzen der bloßen IdettnaBsociation,
durch keinerlei Controle von Seite der Lo<;ik srehemmt . 7.n rf^prodiunoren
vermag. .Au«!gelü»t" werden die Träume durch die während des Schlafes
Auf di« Nerven wirkenden Reize, welche tfaeils von ftuGeren Objeeten.
theils von organischen unil j^eniiithlichtMi Vori^ringen hern'ihron. Ülior din
Träume der ersteren Kategorie, welche »ich der expennienteilen Forschunj?
zugän$;lich erweisen, lie<^ bereits ein ziemlich reiches Beobachtung»-
naterial vor (z. B. A. Maury. Kluge n. a.): in den Nervenreiztrftumen
sncht nach Schf*rner die Seele die räumliche Cons:tnirrion der Körperorgane
und Körpertheiie, aus denen die Heize stammen oder die sie durchlaufen,
sowie deren Functionen «ymboliBch in den Traambildern sachzaconvtroieren
(Streckreiztraum — ITeral.faUen ans einer Höhe, Lungenreixtranm — Fliegen
in der Luft, Zahnreiztnaun — Ausfallen der Zähne).
Aua dem steten Ineinandergreifen von Traum und Wirklichkeit erklärt
»ch ungezwungen eine Reihe von Erscheinungen, die auf den ersten Blick
oft sehr überraschend *ind nnd den minder umsichtigen Beobachter leicht
SU voreiligen Aonahmen übernatürlicher Ursachen verleiten können. L>ahin
geMrt s. B. die oft ^ehfirte Behauptung, daai Poeme, Tonatfieke, originelle
Gemälde dem Traume ihre Kntstehung verdanken, das=! wissenschaftliche
Probleme, „mit denen wir nm lange vergebene ^eqnält haben", sich dem
Trimaienden lösen, namentlich aber der sogenannte prophetische Traum,
mit und ohne Symbolik, welcher seit Homer und den Traumorakeln de»
AlterthuuH bis auf unsere Zeit selbst in den Kreisen der höher Gebildeten
zahlreiche Verfechter getunden bat. Der Verfasser erklärt nach dem
Vorgange Hildebrandto und auf Orand seiner eigenen Wahrnehmungen
unter aii.^-^cblieOlicher lleranziebiin«,' psycliolo^,'i<cher und physioloiriscber
Momente die Kntstehuns? dieser und ähnlicher Traurogebilde und ihr „Er-
fülltwerden" in ganz natürlicher Weise, wobei den Vertheidigern de«
«prophetitehen TranmCd" u. a. mit Recht die unverrrleichlich gröüere Zahl
von Träumen entjx'^s'ensrelialten wird, di-* nhur' Verwirkliclnint; <»eblieben
sind; diese Erklärung wolle er blob als einen Versuch angesehen wissen,
^sich von der aberglftubischen nnd ni3rBtisehen Mantik zu befreien, welebe
dem Traume gern eine übertriebene Dignität beiznmes.-i» n geneigt i^t" —
Wichtiger erscheint hinjjegen die puthognomisiche Bedetitung des Traumes,
der vermöge seiner 1 endenz, da.^^ leidende Organ, unter dessen notorischem
Einßusse er sich befindet, zu verrathen. oft das Vorhandensein einer
Krankheit zu *'iner Zeit signalisiert, in welcher sinnlich wahi nehnibare
Krankheitssymptome noch vollständig mangeln; deshalb wäre es gewiss
im Interesse der Therapie sehr vflnaehenswert. wenn auch ftrztlichertetts
der Analyse solcher Träume einige Aiifnierksaiiikiit «geschenkt würde.
•Schließlich berührt der Verfitsser _dt n pragmatischen Eintiuss des Traunif^s
auf Besrebenheiten des wachen Leiwens* und erblickt in den Träumen
^eines der wirksamsten Vehikel des Glaubens an die Unsterblichkeit".
Di" besprochene, auf umfangreichen und eingehenden Quellenstudien
beruhende und klar dargestellte Abhandlung des Verfassers ist als ein
^br schftteenswerter Beitrag mx Erklftrang des Wesens des Tranmes su
begrüßen,
Wien. Dr, JL Zahradm6ek,
Dr. D. Schmitl: Der deutsche Unterricht an der Realschule und
die neueren Sprachen, mit stetem HlnbUeke auf das Gymnasium
und die classischen Sprachen. (Zweiter Jahresbericht der deutschen
Commnnalrealschule in (iruHn^r 18D7.';
Die mit Sachkenntnis und Temperament ge.schri(?bene Abhandlung
verdient nicht nur den Vertretern des neusprnch liehen Unterrichtes, sondern
auch jenen Männern zur Leetüre empfohlen 7.u werden, welche zwar dem
Studium der altclassischen Sprachen stets ferngeblieben, dafür aber mit
ihrem Urtheile über den Wert der ,.todten Sprachen" umso aufdringlicher
sind. Es ist gewiss interessant, aus dem Munde eines Lehrers der moder-
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124
Literarische Rund^K;hau.
nen Sprachen ein Loblied auf den Bildun^swert der alten Sprachen m
liören. und weni in >-o Lrrim<11ichpr. detiulliorter und überretif^ender Weise
nachf{ewie«en wird, wie Kehr die lateinische Sprache als Unterrichtsmittel
snr FOrdernng der Mutter^rache tliw Frünzfintche Qbertriffir, «o darf den
todten S|n'achen wobl nooh ein rocht lant;ps Lel»en prophezeit werden.
Der we.^entHche ünterschieti in der btelhing de«« Deutschen an den
Gymnasien und Keakchulen ist nach der Ansicht des Verfassers durch die
Thattiacbe bedingt, dass ^an Gymnasien die Methodik des deutschen Unter-
richtes nach den Gesichtspunkten iler j?efjen5»ejtig'en Beziehung de^ Deutj^chen
und der altclassischen Sprachen vorgezeichnet ist, denen an der Realschule
xwei moderne Caltnrspraehen «nbstitniert «tnd" (S. S KX Die Wechsel-
beziehung der in Mähren an den Realschulen eingeführten zwei modernen
Cultursprachen, der französischen und böhmischen Sprache, zur deutschen,
sowie ihr Verhiiltnis zu den aliclassischen isprachen, welche sie substituieren
sollen, wird nun unter BeechAnkung auf die unteren Classen erörtert.
Unter voller Anerkennung des formalen Bildungswerte:» der modernen
Sprachen wird die bei diesen und den altclaMiacben Sprachen notbwendige
Verachiedenheit des Unterricbtsbeti'iebea als der Hauptgrund dee gerin^ren
formalen Wertes der modernen Sprachen >;enaiint, da -i ll st bei der <re-
mäüigteu analytisch - directen Methode die Realschulen weit hinter den
Gymnasien zurückbleiben. Von S. 11 an führt der Verfasser mit richtigem
Verständnisse der elementaren Methodik den Beweis, von welch unschätz-
barem Werte die Lateinstunden tiir die deutsche Formenlehre sind, und
kommt S. 14 zu dem Ergebnisse: „Es gibt in dem grammatischen Lehr-
stoff der I. Gymnosialcliune keine I^rtie. bei weldier das Lateiniscfae
nicht von gröf.^ter Bedeutung für da^ Verständnis des Baues und des 6e-
fiiges der Muttersprache wäre, keine Partie, deren schnelle und gründliche
Bewältigung nicht durch den Lateinunterricbt auf das allerwesentlicbste
gefordert würde" S. 15 — 19 bringt eine genaue Erörterung der Frage,
inwieweit unter Anwendung der oben srenannten ruterrichtsweife die
substituierten modernen Cultursprachen die altclassischen hinsichtlich der
Einübung der denteehen Formenlehre ^wenigstens einigermaßen"
ersetzen können, da ja die innigr^, hffruchtende Wochselbeziehun}* zwischen
der fremden und der Mutter- öprache unleugbar fehlt. Wie gewaltig der
kleine Gymnasiast gegenüber .seinen Realscnulcollegen in dem Stndinm
der deutschen Syntax gefördert wird, zeigt der Verfasser auf S. 19—26,
nnd der erfahrene Sprachlehrer wird ihm hei aller Wertschätzung der
modernen Cultursprachen gern beipflichten, wenn er S. 22 fg. sagt, dass
sich der Vorfbeil des Stndinras einer classiBchen Sprache in seiner ganzen
Gr60e erst bei der ei^'en t liehe n Satzlehre zeij^t.
Bezüglich der Behandlung der deutschen Grammatik sind manche
beaehtenswerte Winke gegeben. Wenn der Verfasser die phonetischen
Studien (S. 5) und den Anschauungsunterricht mittelst der Hölzerschen
Anschau nns^sbilder, bei welchem das Deutsche nur in beiMihränktem Maße
zur Anwendung kommt, ablehnt (S. b it.). dagegen praktische Phonetik
nnd die vielfocb verpönten HinQbersetsungen empfiehlt^ so mögen dar&ber
die berufenen Fachlehrer urtheilen.
Josef Wagner: Testprobe zn einer latelnlselien Sehulgrammatlk.
(Jahresbericht des ersten deutschen k. k. Gymnasiums in Brünn. 1897.)
Der Verfa-sser legt eine die fünf Declinationen umfassende Textiirobe
zu einer lateinischen Schulgrammatik vor und sagt in den ein begleitenden
Worten, es wflrde ihn freuen, wenn es ihm gelänge, zur FCrdernng des
Lateinunterrichtos etwas beizutragen. Es sei ohne Uückhalt au.^gesjjrochen,
dass der Verfa.s«er mit Sorcrfalt, «Jründüchkeit und richtigem Verstiindnisse
an die Lösung seiner Auti^'-alie gegangen ist. Doch will ea mir scheinen,
das» zur Hebung des elemt')itaren lÄteinunterriehtes eine neue Gram-
matik nicht wesentlich beitragen kann. Wir hühen ja in Österreich
ganz tüchtij^e lateinische Schulgrammatiken, die aber auf der Elementar-
stufe in die Hand des Lehrers gehören, der richtig ansznwählen nnd
methodisch anzuordnen verstehen muss. Dem SehSler ersetzt das Wort
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^ Literarische Kundticbttu.
125
des Lehrern, die Wandtafel, das Diaoium und da« Vocabulariutn salbst die
ausj^ezeichnf't^to nranimatik nicht. ^^t>errpich nn latfinischpn Srhnlfr^rnin-
matikeu uod Formenlehren ist besonders das deutsche Nachbarreich, ich
brauche tmr an Stef^manns Schutbneh in eriniieni, dai» J. W. Beck das
„Iiltnil einer Schulfrriimmatik" nennt, an den vortret!'lichen Holzwoißiv'.
an Deccke. Harre, Bromig, Arndt, Giilhausen, Seytiert-Fries, l^erthes u. s. w.
Was ims not tbot> um namentlich den jungen Lehrer in seiner schwierigen
Aufgabe zu nnterstQtzen. ist eine ausführliche lateinische Elementar-
methodik. Diese i.«t das punctum saliens in der Frage nach der Förde-
rung des Lateinunterrichtes, und wer diese Aufgabe glücklich iö^en wird,
wird dem trots des Probejahres unsicher tastenden and hastenden Anfänger
im ünttMiichte einen veririsslii^hen P'iihrer geben. Gegen wärt mwm «ich
der junge Lehrer erst durch die reiche didaktische Literatur durcharbeiten,
um sich recht müheroll and immer auf Kosten seiner Scfafiler endlich eine
Methodik seihet tu schaffen.
P'inige Bemerkungen, die den Wert der Arbeit nicht .Hchmälf-rn sollen,
luöKen mir gestattet sein. Statt der schwierigeren Fassung der Anmerkung 1
aar S. 8, in welcher sa dem kleinen Jungen von der .übertragenen
Bedeutung" ge^^profhon wird, könnte nach Stej^nnann ver^^tänill icher gesagt
werdeu: «Nicht die Bedeutung, sondern der Anfang entscheidet" u.a. w.
S. 3, 1. B. Zeile TOn unt^n mnss nach „Declination" hinsugefügt werden
„gen. masc. und fem.", weil sonst der Zweifel entsteht» ob etwa „OK^^tM**
nach Kej^el 1 oder ?> zu behandeln sei (vergl. die Fiüisung bei Ötegmann).
S. 5, 3 ist Kpruchrichtig nach ^.ebenso" das Wort phat" einzuschalten.
8. .12. c sollte wegen des sarflcktretenden Accentes anch das Neutrum
plrraqtte und dazu al.n Oenetivns „pfnrfmörum" penannt werden. Die
Anordnung der äubstantiva der dritten Dedination mit ihren sechs Para-
digmen behnfs Einflbnngr der Declination kann der bisherigen Übang
gegenüber nicht als Fortschritt bezeichnet werden. Da genOgen TL B. nach
der alten, bewährten Anordnung bei Schmidt zwei I'aradigmen , ein Mas-
culinuiu oder Femininum und ein Nentrnra. Es iüt zuviel verlangt und
auch ganz flberflftssig, dass der kleine Lateiner gleich beim Declinieren
der Siubstantiva der ( onsrm an ti suchen Declination darauf achte, ob das
jeweilige Substantiv ein iuipurisjrilabimi mit nur einem Cousonanten vor
'is ist tS. 6. Anmerkung 1). Der Schfller decliniert anfangs einfoch nach
dem ersten oder zweiten Paradigma. Später lernt er bei der /-Declination
nur Be.Monderheiten zu einzelnen Casus, und da sind neue pHranigmen
«ogar schädlich, weil dann der Schüler etwas total Neues vorzutinden
glauben muss. Anch ist. die Nothwendigkeit der sechs Paradigmen xtt'
gegeben, die Fiu*«ung auf S. 7. '2 für den zehnjähri<,'en Knaben zu dunkel,
wenn es heibt: „Nach beziehungsweise un!>« werden decliniert"
u. s. w. Was soll der kleine Anfanger, dem ja die Verbesserung der Gram-
matik zugute kom tuen äoil, mit dem »bexiehungs weise" machen? Aber
selbst die «ochs Paradigmen genOf^on wegen der Benierkunj? auf S. 7, 2. ?>
nicht; deuu auch os (oiisis) \nt ein luiparisyllabum mit zwei Coiusunauten
Tor *U und kann mit seinen Formen o#Mr, oniftm weder nach mare^
noch nach hosf/s. noch nach uibs decliniert weiden, und die Paradi^^^nien
der consonantischen Declioatiouen dolor , itx und /tUgur lausen ossttf
otHttfn anch im Stiche.
Wer den horror vor der gemäßigten Stammtheoric nidit überwinden
kann und bei der traditionellen Genusbestinrmung bleiben will, wird
Wagners (jienusregeln bei seiner weisen Beschränkung ganz geeignet tiuden.
Nur möchte icti die Merkmale c und t für die Nentra in der III. Haapt-
re;rcl (>. 9 . dü sie ja nur je einem Substantivnin (lue und capvt) /nkommen,
tilgen und diese Wörter lieber mit passenden Attributen verbunden ein-
sein lernen hunen.
Cxernowitac Friedrieh LotlL
12li LiterarUche Kandscbau. .
Eiiigfelaufene Druck sehr ifLen.
Schulbibiioihek französischer und englischer Prosaschriften aus
der neueren Zeit. Hemuafief^beii von L. Bahlten and J. Hanges*
bach. Berlin K. (lärtner:
27. Bändeben: jüickens VhrUtmas Cnrol von Tb. Uegener.
2ti. « Tht Couniies of l-'nyhntd by Ch. M, Mason too
Dr. 0, Ba.lke.
32. M Schnett et tahleanx (h- l<i unture par Fiqner von
Dr. W. Kliugelhötier luui Dr. J. Lejclulf.
Maiires conUurs von Dr. J. Henjfe«biich.
Grolle Erzieher. Eine Darstellung; <ler ncueron Pädai^ogik in Hiojfrapbien.
Btl. 1. Pentalom. Von E. v. iSailwürk. Leipzig. K. Voigtländer lbi*7.
Bd. II. Basedow. Von K. Di est el mann« Leii^zig. R. Voigtiftnder 1897.
SehulgesundheitSlehre. Das Schnlhaus und das Unterrichtswesen vom
hygienischen Standpunkte fHr Arzt*». Lehrer, Verwaltungsbeamte und
Architekten bearbeitet von Dr H. Ku Irnberg und Dr. Th. Bach.
•J. .\iitl. und 6. Lieferung. Berlin. .1. Heine lh98.
M. HeHdörftor: Anleitung zur Blumenpflege im Hause. Berlin. G.
Schmidt 1^1,
Dr. Edmund Wilke; Einführung In die englische Sprache. 4. Anfl.
Leipzig: nu'l WIct; K (üu-li;irJ 1898.
Ders.: Einführung in das geschäftliche Englisch. 2. Ausgabe. Leipsig
nnd Wien. K. Gerhard lb97.
Dr. K. DeutKchbein: Stoffb zu engUaehen Spreehflbungen. Gsthen.
O. sfchuhe 1898.
Dr. Fr. Ziemann: Text der biblischen Geschichten. Leipzig 1898.
K. Henniger: Die Verbindung der Lehrfächer in der elnelasslgen
Volksschule. Hildesbeim i807
J. iSt hmarje und E. Jensen: Deutsche Sprachlehre fOr Mittei-
scimlen. Flensburg 1897.
Dr. J. Nagl und .1 z. idier: Deutseh-Österreiehlsofae Literatur-
geschichte. Wien 7 i». Lieferung.
Aus dem Schatze deutscher Dichtung. Eint« Aunwabl von Gedichten
für Schule und Hans. Leipzig. DQrr 1896.
Dr. K. Mariinak: Zur Psychologie des Sprachlebens. Mit einigen
Anwenduncjen iiut* die ünterrichtspraxia. Wien, (irrolds i^ohn 1898.
0. Schanzenbach: CorHfße lies thi^mes all^tnatHln conteiuis
du HS la €hrammaire francaUe ^ Eugens Barel, SCnttgart
p. X. tr
Dr. W. <^uebl: Naturkunde fOr Lehrerbildun^anstalten. l. Tbeil.
Lebrasformen und Natnrbilder der Heimat Leipsig. DQrr
E. Bibel: Die hauptsächlichsten SehAdlinge im Obst- und Garten-
bau. Leipzig. Stock 1898.
Dr. H. Fenker: Arithmetische Aufgaben. Unter besonderer Berück>
sicbtignng von Anwendungen aas dem Gebiete der Geometrie, Physik
und Cheniii'. H.-rlin, Sille 18'.>8.
Dr. W. Ule: Beitrag zur physikalischen Erforschung der baltischen
Seen. Stuttgitrt. Engeihom 1Ö98.
Dr. E Steiger: EinfQhrung In das ehemlsehe Praktikum. LeJpaig
und Wien Denticke 1H98.
K. Geißlei : Der erste Chemieunterricht. Leipzig. )Jöächke 1898.
B. Dllrich: Die „Neue Sehrllt". Wien 1896.
^ j . ^ci by Google
Mittheilung der Schrittleitunff. 127
Die SchriftleituDg der „Usterreicliischen Mittelschule" er-
achtet es für ihre Pflicht, den Herren Proff. Feodor Hoppe,
Georg Schlegl, Franz Daurer und Gustav Spengler
für ihre Mühewaltung im Dienste der Zeitschrift den wärmsten
Dank auszudrucken; sie schließt zugleich an die genannten
Herren die Bitte an, ihre scliätzenswerte literarische Mitwirkung
dem Vereinsorgane femerhin nicht versagen zu wollen.
Mittheilung der Schriftleituug.
Die Herren Mitarbeiter werden höflichst ersucht, die
Correctur so schnell als möglich zu besorgen, da sonst die
Ausgabe der einzelnen Hefte nicht rechtzeitig erfolgen kann.
VenmtwortlldieT Bedaeteur: Firof. Peter Maresch in Wien.
K. tt. k. H«n»nc]idnKkerei Jos. Fetehtinfon Erben, Lins.
Digiti^ea by GoOglc
Vorträge und Abhandlungen.
Die Schlacht bei Marathon.
Eine Herodot-Prftpavatioii nach psychologischer Methode.
Dr. Friedrich Fal brecht in Lm/..
Auf dem letzten Miftelschultage hat es sich, wi»» mir scheint,
wiederum deutlich gezeigt, dass in pädagogischem Uebiete die
Geister sich gcfronwärti^ auf dem landen des Sowolil-Als auch
gefundeu haben, iusoferii als num darüber einig ist, der an-
geborenen Lehr- und Endehuugäiähigkeit niflsse planmäßig
der Weg gezeigt, der Lehrer methodisch herangehildet
werden, eine Pflicht, die mit der Zurücklegung des Prohejahres
nicht erlöschen darf, sondern gerade in der Selbstvervollkomm-
ining, die sich der Lehrer hinsichtlich pädagogisch-didaktischer
Dinge zur Aufgabe macht, ihre hf^hre Refriedigiuig findet.
Nach dem oft gehurt t-u, im Grunde genommen sinnlosen
Aussj)ru('lie, duss jiMlcr Lflircr seine eigene Riethode habe, möchte
es nun bei der Meuge der Scjiuijuänuer, die es gibt, auj^sichtblos
erscheinen, hinsichtlich der Methode eine Verständigung zu er-
zielen, wenn nicht das Material, das wir zn behandeln haben, uns
gebieterisch auf die einzig sachgemäße Methode hinwiese. Der
Iiehrer hat es mit Seelen zu thun. seine Methode muss daram
psychologisch sein. Innerhalb dieser hat nun meines Erachtens
Ziller im A?»schliisse an II» rbart den Weg in seinen Haupt-
punkten am klarsten gezeigt. Auf seiner Lehre ist die vor-
liegende Präparation autgebaut, — soviel ich weiß, die eri?te
methodische zu einem griechischen Autor. Sie hat aus der
Ziller'schen Schule hervorgehende Arbeiten, insbesondere die
von Menge, und Th. Vogts Vorlesungen über Pädagogik dank-
bar benützt und sich zur Aufgabe gestellt, zu zeigen, wie inner-
halb des von den Listructionen empfohlenen Venahrens die auf
Grund v ii m- Theorie erlernten Grundsätze praktische Verwer-
tung tindeu können. Ich glanbe aber jenen ('(»liegen, dlf nicht
(i'-legfuheit hallen . sieh mit der Herbart-Ziller'srhei] Kormal-
stiileiii lieoi ie eingeiieiider zn besschältigen, einen Dienst zu er-
weisen, wenn ich — haupthäcldich im Anschlüsse an Th. Wiget
1) Die formalen Stafen des Unterrichtes, Chur 1895.
„Osterr. Iflttektehule*'. XII. Jahrff. ^
130
Dr. Friedrich Falbrecht.
— eiiie theoretisebe Erörterung Toianschieke , die sieh umso
kürzer fmssen kaac, je ausführlicher Bolis^) über dieselbe Sache
hinsichtlich der Nepos-LeetÜre kürzlich gehandelt hat.
Die erste grundlegende psychologische Thatsache für den
Unterricht ist die der Apperception. „Denn alles Lernen und
WeitfiliTnen," sagt Ziüer.-) ^ist ein Appercipieren. das ist »'ine
Assimilierimg des Aufzunehmenden an das bereits . . A orhandene."
Wir wissen, duss jede neu eintretende Vorstellung 1. nur dann
in unser Bewusstsein eintritt, wenn sie von der bereite dann an-
gesammelten appercipierenden Vorstellung dahin gehoben vrird,
und 2. dasB sie nur so in unser Seelenleben gelangt, wie es
die Apperceptionsmassen wollen. Es gilt also vor allem, am
Beginne jeder Unterrichtseinheit die appercipierenden Vorstel-
lungen des Schülers in Fluss zu bringen, den neu eintretenden
Vorstellungen gleichsam den Weg zu bahnen. Diese Auslösunpf
der appercipierenden Vorstellungen besorget die methodisch-
psychologische Analyse.^) Was aber den Schüler zwingt, in
seinem V'orstelluujjsgebiete einen ganz bestimmten Weg ein-
zuschlagen, ist die der* Analyse unmittelbar vorhergehende
Zielangabe»
Es folgt der /\\ eite — wichtigste — Aet des Apperceptions-
Vorganges, die Hinzufügung des Neuen, die Synthese,
in der fremdsprachlichen Leetüre nun haben wir bei erstmaliger
Lesung eines Capitels die Erscheinung, dass Analyse und Syn-
these eine /eitl;tii«r ineinander übergreifen.^)
Die neuen \ orstellungen werden zuerst nur unvollkommen,
als rohe Totalaul lass ung, erscheinen und erst durch die
Fragen und Erläutei'ungen des Lehrers zur geläuterten Total-
auffassung werden. (Vertiefung und Besinnung.
Die Arbeit auf der Stufe der Synthese ist nun insbesondere
für den classischen Philologen recht verwickelt , keineswegs
leicht.') Ich hebe folgende wesentliche Punkte im Gange der
Synthese hervor:'^)
L \Veuu das Capitel ab ovo in der »"Schule durchgearbeitet
wird (Ziel, Analyse):
1. Das Capitel wird gelesen und von den Schülern unter ge-
legentlichen Bemerkungen des Lehrers übersetzt.
2. Aufschreiben neuer Vocabeln
«
1) über die formalen Stufen Zülen in ihrer Anwendung bei der
Leetüre ties Cornelius Nepo.s, Progr. v. Eger 1897.
-I Vorlesungen über allgem»Miie Pi'ula^ogik, l.Aufl., Leipzig 1876, S. 216-
') Vgl. ZilJer, Allg. ITul, b. 220, 24d.
« I Ziller, a. a. 0. s. 218.
/aller, a. a. 0. ti. 228.
Ziiler, S. 226.
7) Ziller. S. 226.
/) Holis, S. 27. fiihrt 10 Punkte an. Vgl. Menge. Jahrb. f. wiss. Päd.
!XXV11, 8. 284. Von «lieseni weicht meine Aiifsteilung nur in wenigem
durch die Praxis Nahegelegten ab. Bei dieser Gelegenheit uinss wieder
betont werden, dais die FormaUtufen dorchatii kein starres Scheins sind.
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Die Schlacht bei MaraUioii.
131
II. Es wird vorausgesetzt^ dus das Capitel war hanslielieii
Praparation mittelst eines empfohlenen Gommentara aufgegeben
wurde. ^)
1. Die Hchüler trugen ihre Gesammtaui tu s s\i ng yom Inhalte
des Capitels vor 'erste rohe Totaiauffassuugj.
2. Das Capitel wird ge leben u. s. w. wie sub I, 1.
3. Rechtfertigung des Übersetssten. (Der Lehrer Überzeugt
sieh Yon dem Verständnisse und der Selbstthatigkeit der
Schuler durch eingehende Fragen nach der Grundbedeutung
der Vocabeln, Erklärung von Phrasen u. s. w.)
4. Feilen des Ausdruckes. (£s werden geschmackvollere
Wendungen gefunden.)
5. Musterübersetzung (vom Lehrer frei und fließend zu
geben ). ')
Beginn der Concentrationstragen:
6. Der Inhalt der einzelnen Abscluiitte des Capitels wird
herausgearbeitet und diese mit Überschriften versehen
(mttndlieh). Im engsten Zusammenhange damit erfolgt
7. genaue Erörterung der sachlichen Einzelheiten.
8. Psychologische und ethische Vertiefung. Sie steuert
auf etwa zu gewinnende ethische Systeme los und bietet
auch au und für «^irh dem Scliüler eine Anleitung, sich
über das sittliche \ erhalten der Personen, von denen er
liest, ein Urtheil zu bilden.^)
9. Capitelüberschrift.^)
Schon in die Volksschule bringt das Kind Begriffe mit, z. B.
den BegrifiT Yo^el. Aber wie mangelhaft ist dieser Kindesbesriff !
Das Kind hat Tielleicht bisher nur Vögel von der Größe und Art
eines l^^perlings oder Huhnes kennen gelernt; es ist wenig wahr-
scheinlioli, dnss es den Kasuar, den Kiwi sofort zu den vögeln
zählen wird, rben weil der Gattnno's^f' ltüV \'oixel bei ihm noch
unvollkoaimen ii^t. Anderseits kuiiute es wohl vorkommeu, dass
ein mit mangelhulteu naturgeschichtlieheu (G;ittun<]rs)begriffen
liehaiteter das Schnabelthier zu den Vögeln zu rechueu geneigt
wäre. „Der psychische Mechanismus nimmt die zufällig zu-
sammengekommenen Anschauungen kritiklos auf," erst das
Denken schafft Ordnung, hebt die wesentiichen Merkmale
'j V^L Ziller, S. 223.
^) Diese habe ich nach la&fi^in Schwanken hiehergentellt — gegen
Menge, Jahrb. XXVIl, S. 242 , 244. Denn es kam mir in der Privxis so
vnr. aU ob wich die Mii^tcrnbei'setzung als eine Tonvin<,'enfl s)>ru rh 1 iohe
Leiatung am besten an den Scblusä der sprachlichen Krürtenmgen
(Punkt 4) anreihe.
■■^) Ziller. S. 326.
^) Punkt 2 — 8 erzeugten die zweite apracblich und sat blich geläuterte
Totalanifattrong. Nunmemr ist die dritte anch ethisch gelästerte Total-
auffiissung, ro Gott will, erzielt. Diese etwa noch mündlich vortragen zu
lasaen, dazu, meine ich, fehlt es vor allem an — Zeit; dafür nin;^' der
Schüler nein eLhiHch<'8 Urtheil in die Capitel Überschrift (kurz) einbeziehen,
die also nicht ohne Grund hier steht ~ allerdinn, wie es ecbeint, gegen
Ziller, Allg. Päd., 8. 285.
9*
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132
Dr. Friedrich Falbrecht-
liervor. scheidet sie Von den aceidentiellen und sucht zur De-
finition des Begriffes zu gelangen. Und nun zur Methodik! ,.Den
Schüler Begrifte lehren, heißt soviel als ihn denken lehren. Der
Unterricht wird den Scliüler anleiten, die gleichartigen Dinge
mit Absicht und Aufmerksamkeit zu vergleichen und hernacli
die allgemeinen Merkmale ausdrücklieh zusammenzustellen."
Wir sind damit auf der III. Stufe, der der Association, au-
gelangt, welche yergleichend und abstrahierend von den Bei-
spielen zum Allgemeinen (,,zum Begriff, zur Regel, zum Gesetze,
zum sittlichen Grundsätze**) fortschreitet. „Die Association ordnet
den Besitz, sichtet ihn, macht ihn disponibel."')
Die Associationen der fremdsprachlichen Leetüre sollen nach
Ziller mit den Rückübersetzungen beginnen.*-') Von diesen habe
ich in der folgenden Präparation ganz absehen müssen, denn
1. ist in den Instructionen nirgends davon die Rede, also auch
im Lehrplane nicht darauf Bedacht genommen, 2. würden sie
zu viele Zeit in Anspruch nehmen, — man hat ja zu thun, mit
dem Torgeschriehenen Lehrstoffe auf kürzestem planmäßigen
Wege zuende zu kommen, 3. würden sie bei Herodot geradezu
schädlich wirken, da der Schüler, wenn er aus dem Deutschen
ins Griechische übersetzt, sich immer des reinsten Attischen
bedienen soll. TTberhaupt tritt das formale Element
naturgemäß bei Herodot nicht so hervor wie bei iigend
einem anderen griechischen Schulautor.
Die IV. Stufe, die Systemstufe, fasst zusammen und gibt
das wissenschaftliche System. Sie bietet das Ergebnis des auf
jenem inductiTen We^e Gewonnenen, welches entweder mit den
Worten des Lehrers ins Merkheft eingetragen oder nur mit der
entsprechenden Nummer des systematischen fachwissenschaft-
lichen Lehrbuches ^) darin vermerkt wird. Z. B. der Lehrer steuert
schon so und so lange auf die Regeln von cum los; es wurde
jetles Beispiel der Leetüre aufgemerkt, endlich hat er die ent-
s|ireL-hende ausreiehende Anzahl von Beispielen beisnnimeju nun
wird durch Vergleichung, Zusammenfassung und Krgäuzung^)
die Kegel gewonnen, und zwar soyiel als möglich nach dem
Wortlaute der in Verwendung stehenden Grammatik, deren
hieher bezüglicher Paragraph nachgesehlagen, gelesen und mit
seiner Nummer ins Merkheft eingetragen wird.
Der Schüler ist auf dem bisher geschilderten Wege von
der AnschauunLT /.mn Begriffe cjelangt. Er soll nun auch
sein Wissen m Ktiniien u in sfi / »mi . es soll kein todtes bleiben,
sondern erst durch j>raktisclif Bethätiiifung seinen wahren Wert
gewinnen. Der Schüler muss nunmehr, allerdings vorwiegend
reproducierend, allein immerhin in den Grenzen des von ihm
^) Vgl. üher diese Stufe den dngehenden Aafeatz von Wilk, Jahrb.
f. wiu«. Päd. XXVll, S. 168 — 228.
AI lg. Päd, ö. 2.V2.
>) Ziller, AUg. Päd , S. 258 und 259.
*i Ziller, a. a. 0. & 255.
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Die Schlacht bei Aburatium.
Erworbenen selbstthätig, durch mannigfache Zusammen-
stellung desselben in verschiedener Orduunf^ zu beständiger
Repetition und Eigeubethätigung herangezogen werden: £s ist
dies die Stufe der Function.')
Die vorliegende Präparation umfasst Uerodot, 1. VI, c. 109
bis 117 [114], einen Absehnitt, der einen TheU einer methodi«
sehen Einheit bildet. Als eine solche stellt sieh die Schlacht
bei Marathon heraus. Sie lässt sich wieder in Untereinheiten
zerlegen, deren ich drei aufstellen möchte:^)
I. Die Vorereignisse c. 102 — 109. Ethische Anhaltspunkte
gewähren c. 10(5 und 107 (Anf.): Ihre Religion hindert die
bpartaner an feinem verdienstlichen Werke (vielleicht ein
Vorwand!),^! c. lOT: die verächtliche Gestalt des i aber-
gläubischen) Hippias, der gegen seine eigene Vaterö ladt zieht,
Ton dem Ehrgeize gestachelt, wieder Herr derselben zn werden,
selbst um deren Freiheit, c. 108: die wackeren Flatier.
IL Die Schlacht selbst (ich rechne dazu die Rede des M.
als unmittelbare Einleitung) c. 100 — 114.
III. Die Folgen der Schlacht c. 114—117 (Anf.).
Meine Präparation befasst sich vornehmlich mit dein mitt-
leren Theile. Sio beabsichtigt, di«' Theorie mit der Praxis zu
verbinden, und kann wenigstens darauf hinweisen, dass sie so-
zusagen die Schule der Schule durchgemacht hat; sie verlief in
dem Zeiträume von ungefähr 14 Lehrstunden, die nach passen-
dem (einstweiligem) Abschlüsse der Homer-LectOre in Sexta vom
ersten Semester erflbrigt und zur Einführung in die Herodot-
Lectüre benützt wurden.
Menge hat die doppelte Art gezeigt,*) auf welche eine
solche Präparation gegeben werden kann: 1. die ausführliche,
welche solantre zu betreiben ist, bis sich der Schüler mit den
Eigenthünilichkeiten des Autors in Inhalt und Sprache soweit
vertraut gemacht hat, um auf Grund von vorgeschriebenen Be-
helfen selbst eine erträgliche Übersetzung liefern zu können,
was bei Herodot nicht zn lange auf sich warten lässt. Erst
dann tritt die 2., kürzere Art der Proparation ein. Um nun
diesen zwiefachen Weg zu veranschaulichen, hab»' ich an c. 109
die eingehendere Präparation, an den folgenden aber die knappere
zur Darstellung gebracht.
Die erste Stunde vergieng mit der Darbietung des Wich-
tigsten über Herodots Leben und die XovoYpa'fO'.. Genau eine
Stunde (die zweite) verlief dann mit Aufstellung des Zieles
und der Analyse fUr die ganze methodische Einheit. Ich
hatte mir die Sache folgenderart zurechtgelegt:
») Nach Vogt; Ziller (S. 26:^ u. a.) .sagt Methode.
-t Ihrer.Heits ist hw eine Untereinheit der größeren: Der erste
Perserkrieg, 1. Vi, c. 94—120 (nach ächeindlers Auswablj.
^) Vgl. darfiber Buaolt, Griech. Gesch. II« 69 and Anm. 4.
^) Jahrb. f. wi.s8. Päd. XK, S. 140-187. und XXVII. 8. 281-287.
Vgl. dazu auch ganz besonders 2Seit9chr. f. d. Gymnasialwesen 1884.
134
Dr. Friedrich Falbreebt.
Ziel: Wie die Athener mit deu Persern zum ersteumale
auf heimatlichem Boden zusammengeriethen.
Analyse: In lebhaftem Wechselgespriiche zwischen Lehrer und
SchttleiB.
I. Dieses Ziuammentreffen wird natürlich feindlich gewesen
80in? — Woraus schließt ihr dies? — Ans den bisherigen Er-
eignissen. — Aufzählen!
Es kommt niin unter 8teti|rer Anleitung^ des Lehrers Folj^enfles zn-^tande :
1. Die lonier (kurze Wiederholung der geographischen und
politischen Verhältnisse Eleinasiens!), deren Stammesbrüder
ja die Athener bind, ertrugen in ihrem FVeiheiinHme^) nur
tmwiiiiff die persisehe Oberhoheit nnd hatten sieh Ton Ansta-
goras auch sofort zu dem Aufittande bewegen lassen, der so
unglücklich verlief (500 —494). Herod. V, 23— VI, 42.
2. Dabei hatten ihnen die Athener mit 20 Schiffen (und die
Eretrier mit o) Efeholfen. „Diese Schiffe waren der Anfang
des Unheils für Hellenen und Barbaren (vyr'j.: ai vä^; ^fz/vi
xaxü)v s^svovTo "EXXr^oi ts xai ßapßdfrorat).'' lierod. V, U7, Ende.
3. Im Gegensatze zu den meisten griechischen Staaten hatten
die Awener und Spartaner die Aufforderung, Erde und
Wasser su irahen, empört vurüekffevn^ten, ja sogar zur
Frerelthat des Gesandtenmordes sich hinreißen lassen. Es
steht wenigstens fest, dass die Gesandten zu Sparta in einen
Brunnen geworfen wurden; hinsichtlich der Athener ist die
Überlieferung allerdings zweifelhaft Was kann man jeden-
falls daraus schliefen? — dass diese lieiden gröllten lielleni-
sehen Staaten (im Gegensatze zu den meisten Inseln und
vielen festländischen Staaten)*) von vornherein jede yütliche
Verhandlung mii dem Feinde beHimnU %urüekwie*en.
4. Auch hatten sie die unglttekliehen Eretrier wUerMi%i, (Hdt.
VI, 100.)
Allt" (Ii • V Vrrfnlle sind dem S<"h il<M- ,\m dem Geschichtsunterrichte
mehr miiiUer bekannt, und ihre Zusamuientäsijung bildet jetzt eine an-
regende Wiederholung und Überleitung sn dem angekfindigten nenen
l^iema.
II. Fällt euch nicht nnf, dass es nur: „die Athener" heißt?
W^as mag der Grund sein
1. Ihnen galt ja nebst den Euböern (^wemgstens dem Vor-
wande nach) der Zug der Perser.
2. Sie waren die Tyrannenhaster xor' kiop]'^. HippiasI (vgl.
Herodot V, 55 — 6ö Uber diesen). Aber die Bpartaner hatten
doeh auch von vomherein jedes EiuTernehmen mit den Per-
sem surückgewiesen! Was ist also zu Terwundem? — Dass
^) Hinweise psychologischer und ethischer Natur sind fett und acbief
gedruckt. Ich glaube hier der An%v»'i^iui<,' Zillers (Allg. Päd., S 256) ent-
gegeuzukommen : „Die nv thodische Behandlung mnss nllordinps lien luhalt
solcher Aussprüche (ethit^cher und usjchologischer Art, wie ich nie im
Systeme gebe,) aaTermerkt aehon in die TontUBgehende Besprechoxig . . Ter-
webt haljen" ....
=«) Vgl. Herod, VI. 49.
. kjui^uo i.y Google
Die Schlacht bei Marathon.
135
nieht aneli ihr Name genannt wurde. — Wir werden sehen,
waram! (zugl. Analyse zu o. 105 nnd 100).
III. Mit den Persern.
1. Die ünterstütsong, welche Athen nnd Eretria den loniem
geleistet hatten, gab dem Könige Dareus einen willkommenen
Anlaxit zum An^rnffe ;inf Griechenland, nach dessen Besitz
ihn schon hinge gvluxten mochte. Zugleich Ivoimte fr durch
jene W'rletzurnj des } ölkerrerhte* wirklich erhiih rt .nein,
2. Dieser zweite Feldzug der Perser unter Datis und Arta-
phemes war also besonders gegen Athen gerichtet und yer-
folgte zugleich den Zweck, dem herrschsüchtigen Hippias
wieder zur Herrschaft zn yerhelfen und so Athen zn einem
Vasallen Staate der Perser zu machen, wie ja Dareus auch
die griechischen Tyrannen Kleinasiens zu seinen Vasallen
gemacht hatte. (Com. Nepos. Milt.)
3. Die Perser steuerten von lonien aus westwärts, eroberten
Naxos und iiahnien Eretria durch Verrath> (Hdt. VI, *.H5. 101.)
IV. Wohin iialjeu sich nun die P. von Euböa aus ge-
wandt? Karte! — Über den Euripus nach Attika. — Welcher
bekannte Ort fallt euch dort in die Aug»n? — Marathon.
Diesen Ort^) wählten die Perser auf Anralnen des Hippias zur
Landung. \on dem Terrain sagt Herodot VI, 102: «od T|V
Maf/xO^üDV £r:'.rY/"=ÖTaTOv ywoiov zf^r, 'Arrixf,'- ivvtfflOofltU Aber wie
heißt 68 doch bei Corn. Nepos! Datis e.tui locum noit iteqnvm
videbat sui/t . . üud darin hattf» er recht. Denn das Terrain
war für die Ailiener weit günstiger: fi) sie standen hüber, in
Front und Flauken gedeckt; h) die persische Reiterei war theils
durch Sumpf, theils durch Baumwuchs (Nepos: arborum cultu)
behindert
Nach diesen einleitenden Betrachtonpen, die das Interesse
der Schuler in hohem Grade erregten, gieng ich zur Lectfire,
zunächst des Capitels 109, Uber.
3» Stunde.
Cap. 101t.
Ziel: Sehen ^vir, wie sich Miltiades im Kriegsrathe benaliiu.
An diene bei ^geschlossenen iiüchern vorgenonunene Aufstellung
de« Zieles »chlie(3t Hieb die
Sachliche Analyse, welche hier, als bei einem Capitel, aus dem
Bich etbii^ch WertvoUeR gewinnen läsvt, auf den (sittlich-. religiösen)
Conceutrationsstoff Bezug nimmt.
L Wenn wir die aus Cornelius Kepos, Milt. 4, 5 bekannte
Stärke der gegneriBchen Heere in Betracht ziehen, was ^It
uns anf? — Das Missverh<nis zwischen der ungeheuren
Menge der Perser und dem kleinen Griechenhäuflein. — Welcher
ungünstige Umstand kam noch hinzn? — Dass die Spartaner
die Athener thatsächiich im Stiche gelassen hatten. — Welche
>) Nähere» nach Scbeindler.< <V)mnientar.
^) Den Schülern wird empfohlen , sich die Biographie des Miltiades
wieder einmal darcbsolesen.
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186 Dr. Friedrich Falbrecht.
Stim?ming wird sich demnach wohl der athenischen Anführer
bemächtigt haben? — Gedrückte VenoMeiL — Also Kampf-
lust? — Nein, Abneigung genren eiTiPn Kampf.
IT. Wer von den zehn atlieuischen Feldherren wurde nament-
lich angeführt l-' — Miltiades.
Der Lehrer liest nun die c. 103 und 104 vor, in welchen Herodot
die besondere Aufmerksamkeit des Lesers ;iut gelenkt hatte.*)
Dürfen wir ihm demnach hier Muthloxigkeit zutrauen? —
Wohl nicht, sondern thatkräftiges Eintreten für ffrn Kampf.
III. Welches Mittel wird M. /unächst angeweiidei IiuIm u,
um den Beschluss der Schlacht durchzusetzen? Die Gewiniiuiig
der Majorität. — Wodurch wohl? — Durch eine lieäe. Es folgt die
Sprachlicho Analyse.
Was heißt: Mit jem. kämpfen? *Mdx«^C tivu<) — Wenn
nun ao{ißdiXXstv statt jl. anznwenden ist, was beifit: sich mit dem
Mederheere schlagen? — T3|j.ßaXX£'.v tf^ wv MiJ$(t)v otpar.ä. , —
Xoqfx^^**^* Bedeutung und Formen! Ebenso von '*':raaytu, nifftin,
9.?;:2(o. — Dieses aufs Vorhergehende bp/ogiMi'-' — O'ko':.
Aufs Folgende? — oo£. — "II/oj: zweifache liedeutung! — Oiö;
TS si{jLt: Bedeutung und Erklärung! — Bücher aufschlagen!
Synthese.
1. Abnshnittwetiet Lesen mit wenigen nachhelfenden und verbessemden
Beuierkunji^en des Lehrers.
2. Aufschreiben unbekjinnter (nener) Voeabeln und Wendungen.^)
Solche i^hraaen, die der Schwer ihren Bestaudtheilen noch kennt, aber als
ganse nicht entsprechend abersetzt hat, sind der folgenden sprachliehen
Ausfeilung zuzuweisen. In diese gehören vorderhand auch noch stilisti'
sehe Bemcrknnfren, welche einst woili"!! bfilruifi'j' ilnvrh/unohnien, vom
Lehrer aber uicliUdciitoweniger genau zu vermerken hind, da sie die
Onrnd lagen für später zu gewinnende stilistische Systeme bilden.
a) O'V/. Eiv dissuadere. — <|*T]^t$o^poc (selten) seine Stimme
abgebend, stimmend. — o x(»a{i.o; Bohne; Bohnenlos. —
&|j.ri']/T/fo; zusammenstimmend; 6. tiv. das gleiche Stimm-
recht habend mit einem. — htm t» siuv etw. beruht
auf mir. — y.izj.wn/ji^^ zum Sclaven luaehen, unterjochen.
— ^wj[i.ö^uvo^ 3 das Audeuken erhaltend. — £*; oG (Humer
66 00 ta Howta) seitdem, ex quo, — oiroxoirroi sich darunter
buchen, sich unterwerfen. — dlSoxTa* (welche Form des
bekannten es ist beschlossen, ausgemacht, be-
schlossene Thatsache. — zb xOpo; (im Att. nicht häufig)
Hauptsache, auf der alles beruht, Kraft, Macht; ■/.. r.vo^
Entscheidung über etwas. — aa^stw durchsclHltteln, vr-
wirreu, aufregen. — [x-i/a^o) sich med. betragen, es mit den
M. halten. — oat>pö; 3 zerrieben, morsch; faul, schlecht
^) Das Vorlesen durch den Lehrer dUrfte gerade im Anfange
besondern gute Dienste leisten , da sich der Schiller ent tantKeh an den
ihm ungewohnten Dialect gewöhnen muss. (An dieser Stelle bekommt
der SchiiU r zugb-ich einen Begrifl" von <l»»n (ifffVfiSfoneK H» rodots.)
*i Die mit ."^ternehen versehenen Voeabeln oder Redewendungen
finden später bei den Scripta s. 8. 149 f. Verwendung.
3) Vgl. Scheindler, Comm., S. 83 ff.
Die Scbkcbt bei MarAtboo.
137
— oaö-pöv ZL e^Y'l-peta» jtoi mir kommt ein schlechter Ge-
danke in den Sinn. — ttetec^pot 3 einiffe^ etliehe » hwi. —
aptk» (att. apxiM) anfnangen; *ifi^cfflSm, Ix ttvoc von einem
od. etw. abhangen, auf e. beruhen. — *Ttpoaxi^r({Li wört-
lich? — Dazu, daransetzen, also medJ — Sich (5^) hinzu-
fügen; — demnach ff^ 7V(iVj.if] T.yj'jv.\>=z\}'y.'.? — Sich jem.
Meiuuug hinzufügen = 8. anschließen, beiptiichten. (Nepos:
>id hoc conailium cum pUrique acceciereiU,) — qlkq^ksmuü
iibrathen.
6) Vom Attischen abweichende Formen;
MaJnz% licotsSyto, icoXuiiy, xcb^ (zweimal), (ov (zweimal),
£Ö'/T(i)v, Twv. (Daneben die attischen Foruiea schreiben!)
Diese von mir hier ein^'ert-ilite li i a 1 o c t i S( h o Synthese «oll den
im weiteren Verlaufe zu ^'ewinneii'len Diiiiei tsystemen (s. Seite HC) vor-
bauen. Wir haben oh y.i mit einem Schrittsteller zu thun, deaten Dialect
vom attischen abweicht. Dif m r ,1,- n- i iiische Dialect ntin mu88 einer-
aeits in seinen wichtigsten Erhciieiuuugalormen vom Schüler gelernt werden,
darf aber afideneita niemals praktisch verwendet werden, wenn andere
Gewandtheit im Attischen als höchstes Ziel der formellen Ausbildung
bestehen bleiben und die in den untoren Chiosen {jewonnene Vertraut-
heit mit attischen Formen durch die Leetüre llerodots (wie Homers)
nicht ad absurdum gelilhrt werden soll. Es muss also der Gegensats
zwischen den beiden Idiomen, wie mterliiuipt in allem Sprachlichen,
dem Schüler zum klaren Bewusstsein gebracht werden — und dies be-
zweckt die Anstellung eines dialectiscnen Systems. Es wÄre nun ebenso
zwecklos als zeitraubend, jede einzelne abweichende Form aufschreiben zu
lassen, da der Schüler ja die Mehrzahl ?chon hei Homer kennen ge-
lernt hat. Für zahlreiche Wortioniien dürfte er wohl sofort nach einer
(mit Hilfe des Lehrers) mündlich vorgenommenen Association das System
aufhnden, wie: 1- tritt an die Stelle von '/.; 2 die Cnntractinn unter-
bleibt oft; 3. dat. pl. -o;3t statt -0;^ u. s. w. Dagegen würde ich die auch lui
Folgenden von mir anfgescluriebenen Formen einstweilen noeli Teraeich-
nen la^en, da sie (auch bei Homer) nicht SD tcharf ins Ange fallen nnd
wohl Kchon vergessen sein dürften.
i. Stande.
Ich habe hier zunächst ein sprach 1 iches Ziel zu geben, etwa: Wir
wollen nun einig^i gewandter übersetzen und die neulich gegebene Über-
setzung rechtfertigen. Vorhergieng Abfragen von VocalM ln. Wiederholung
der ersten rohen Übersetzung «. a d. Ausfeilen der Schülerüber-
setzimg: Toirjt 6s 'AdTjvatüJV nxo'yxy^'^ol'Ji sy'Ivovto ^i'/i o?« ^xö'j.at die
Feldherren der Athener aber waren getheilt in ihren Meinungen
(att. ^Qiimi^oi'.). — O^L-foo;? — Zu wenige. — £u{ißd^s»? —
Um sicli sehlagen zu können. — Ttai und unter ihnen, in hisqu«.
'ö« & ^ytoL ÄY^vovto. Beachte die episehe Breite! — Ivtxa
siegte. Ist dies genau? — Nein, denn eigentlich waren von
den 10 Feldherren für, 5 gegen den Kampf. Insofern aber
dies zur Folge luitte, dass der l»e.scliliiss, nicht zu schlagen,
zustande kam, kann H. sacren zvixa: wir weivb-n es als Impf,
de coli, übersetzen: Die Olierhand zu behalten .srlüen (ein
Schüler übersetzte auch gut: drohte); lat. cum in eo es.ut, nt . . .
vinceref. Wie lautet das entsprechende Particip dazu? — *Nt%Äv.
— *UyBi[jfAvr&y'Cm\Lim sagtH., also ist auch er der Meinung,
dass diese Zagfiaftiykeit verwerflich sei. — Betrachtet den
138
Dr. Friedrich Falbrucht.
8atz voa iv^aOra . . . bis . . . Iaeys idos; übersetzt ihn wörtlich;
was stellt sieh henus ? — Dass er ohne grobe Verstöße gegeu
unsere Spraehe niebt aneb nur annähernd sa fibersetsen ist. —
Woher kommt dies ? — Durch das lange Einschiebsel yon i]v fäp
(s. Scheindler) . . . bis . . . 'A'fi^vaio;.
Wie lautet der Hauptsatz? — i'AH-'iZi — xf/^; 'jJrj/^ iAv>OiV
rA£7= ri'-vs. — Wie iienut man solche eingeschobene Öatzffheder
mit einem griech. ^? — Parenthese, — Was bezweckt sie
hier? — Die Anitsstelhmcf des Polemarelien, seinen Einfluss
und den Namen des damaligen Puiemarchen dem Leser bekannt
Btt maehen. — «dXai vordem. Zu Her.« Zeit war der P.
nur mehr preuior ptr^-grinut. Man rieht hier, daas sachliche ErOrte-
miigen xuweUen mr Erlangung einer guten Übersetzung voriireg genommen
werden mClsaen. — Wie werden wir diesen Satz übersetzen? —
Getheilt: So giengen also die Meinungen auseinander, und sehen
drohte die schlechtere die Oberhand zu gewinnen. Nun hatte
derjenige, welcher durch das Bohnenlos zum P. der A. erwählt
trar, die elfte Stimme (att. *T7iv ev^sxdtrriv 'j^7/fov ^s'.v), denn vor-
dem hatten die Ath. dem P. das gleiche Stimmrecht gegeben
wie den Strategen; es war aber damals P. K. ans A. Zu diesem
nun gieng M. und hielt folgende Rede. — Merke xoiyi'savra auf
öot bezogen! — tiviij{&(kRiva der pl. von einem einzigen Gegen-
stande! Wie werden wir es übersetzen? — Oder dir ein Denk-
mal stiften willst . . — Ir r. -z. av»>. ,3iov über das ganze Leben der
Mensehen hin, für ewige Zeiten. — sc oG r/'Svovro seit ihrem Be-
stehen; wir besser: seit Athen besteht. — viv Sr//&jj.a.i 'if^x^wv
ich gehe, um zu sagen, vgl. laudatum iri (Scheinaler, Anh. llj
ich will sagen {je wns dtre). ^ Wie habt ihr tiby xsXeodv-
xm übersetst: indem die einen rathen. — Täw 61 oo
zu erganzen? — xeXcodvToiv. — D.ro'j.ai (att. ^ictCia) hoffen von
unangenehmen Dingen; auch im Deutschen? — Sich nichts
Gutes hoffen. Wir haben heuer ein schlechtes Weinjahr
zu hoffen. — Beachte TZ^jbA — O^eäv la ha Vs[xö'/to)v wenn die
Götter das Gleiche gewähren: wem? — Beiden Parteien. —
D. h.? — Wenn sie Keine Partei ergreifen. — Lat. ? — A^tquis
dfiis, — Deutseh werden wir aber doch den »Sinn hineinlegen
dürfen: Mit Hilfe der Götter. Wie sagt Xenoph. fast im selben
Sinne? — *abnf xai^ — x&y $7«» raix0jtia «fadabv xm
ttYad&v. 7. r^d) xat^s^a Attraction!
5. Musterlibersetzung.
Diese durften mf^inf Schüler an fanjr'' mitstenographieren. Ith schließe
hier gleich die sprachliche Association an, um das Sprachliche ohue
Unterbrechung abzuthun.
III. Sprachliche Association.
^VIlI■(lt' niändlich vorgalominen.
Wendungen:
1. Uber Krieg und Uneinigkeit:
67'lvovTO di'/jy. OLi 7vcb{i.ou inter se dissentiehant (ducaa),
ocpatt^ M-!^^cav ^sojißoXstv manum cum Mtdis eoMertre,
ffsfi(7svi§9d^t ao[x[WKr^ pugnä vincen.
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IKe Sehkuslit bei Marathon.
139
% Über Mrtclit:
£v Goi azz'. nl(it per U..
0^ avTjXsi (singulär).
sl? rj^ TE'lvsi ad te pertinet.
Ich stelle hinter die griechJache immer gleich die lateinische Wen-
dunjj. weil ich diest'r Verbindunj^^ von Liiteinischem und Griechiachem nicht
f erne entratben möchte. Auch hier muss wohl beständiger Hinwei« auf
an attischen Sprachgebrauch rtattfiDden.^)
Nun kolireti wir sar Stufe der Syntheiie zurSck, die wir aus dem oben
angegebenen Grnnde einen Auprenbliek verlaasen rnnsst^n. umi Hctxpu sie
in der sachlichen Vertiefung ioit, welche womöglich, aber uiu uuf*
dringlich, den Concentrationsfragen vorarl^eitet. Jetzt kann ethische As«oc. %
un l ( tlij.svlies SyNtern, fnlpen und ich lasse sie auch hior eintn^ten, da die
Gelegenheit dazu günstig ist. ^jie muss aber meines Erachtens nicht
nnbeungt hier erfolgen, sondern kann ancb erat bei dem endgiltigen Ab*
flchlusM dieser Stufe am Schlüsse dieser (Unter)eiBheit atattfladen. Ks er-
folgt nun die sachliche Yertiefnng.
5. Staude.
II. Die Synthese (Fortsetzung).
6. Sehen wir, was wir wo» e. 109 lernen, and suchen
wir Überaehniten zu den einzelnen Absclinitten.
1 . Satz: MeinnngSTerscliiedenheit der athenischen Feldherren.
Was für einen Grand fQhrt die gegen den Kampf stimmende
Partei an? — Die fferinge Anzahl der Griechen gegenüber dem
Persrrheere. — Nacti N<^pos, Milt. waren es? — lO.üOOGr. gegen
2W.W0 Mann Fulivolk und 10.(X)U Rpit.*r. -— Fällt euch
■da nichts auf? — Die ungeheure Verschiedenheit in der Zaiil
der Streitkräfte. — Dieser Bericht des Com. Nepos ist auch
wirklich sehr übertrieben. Herodot selbst nennt das Perser-
heer mC^ otpai^y soXXdv te xcd so koimaa^Awt (Yl^ 95). Man
<larf sich das ZahlenTcrhältnis ungefähr so Torstellen, dass etwa
^0.000 Mann Perser gegen 13.000 Griechen standen. Es wird
■dadurch den Grieeheni TOr allen den Athenern, nichts von ihrem
Verdienste genommen. — Mi^dwv oft bei Her. statt lispofiiv.
Wieso
2. Satz: M. wendet üieh an den Polemarchen K.
Die 11. Stimme» welche in diesem Falle entscheidend
war, hatte der Pol, Zu welcher Obrigkeit gehörte er? — Zu
^en Archonten (9 seit 682). — Ihre Namenl — Der P. stand
Also urspränglien (t6 «o^aidv) an der Spitze des Heeres; weiß
einer, welchen Wirkungskreis er später hatte? — Die Juris-
-dietion über die Fremden und Metöken und einige sacrale Be-
fugnisse. — Also dein Kriegswesen ganz fernstehende! — Wie
gieng seine Wahl vor sich? — Durch das Bohnenlos! — Er-
^) Zum äpiauh liehen Systeme bin ich Ueshalb hier noch nicht
ühe^^angoit weil es noch zu mager anafiüleo würde, etwa, wie fiolgt:
1. 3'j|ißd>//.s'.v f.vi manum covfsn'crc ann alo.
ntfriYivts&ai (xivöi) Tivi (a/w; ala re vincere.
2. ffv «vt v. iowv M per alm 8tat
-Tj'vs: t: £:•: Tiva alqud nd alm pei'iinet.
YjptiQt«i tt tx ttvof pendet ald ex alo.
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140
Dr. Friedrich Falbreciit
klSren! [Unterschied von afz/ai xXYjf>ü>TO'l (die 9 Aj*c honten) und
ysLpo'ovrjTOt (die 10 Strategen) !] — ' A^iSvaio? Karte !
3. Satz: Des E. entscheideiide Stellung.
KnedUitehaß oder F)reiheii wmHeüas liegt also H Meiner
Hand. — Ist aber durch seine Stimmenabgabe auch wirklich der
Sieg schon entsehieden? — Naeb der vwtersickiUehen Meinung
des Miltiades allerdings.
4. Siitz: Die Folgen der Uiiterwerftnip^ und des Sieges.
Ist es wahr, dass die Atheuer jetzt iu der höchsten (refahr
sind? — .Ja, denn wir haben gesellen, dass ein großer Gegen-
satz zwischen Abend- und Morgenland bestand, der jetzt aus-
getragen werden sollte. (Darin bestand ja H.8 Auf^be, wie
er selbst am Anfange seines Gesebicbtswerkes sagt, die Kämpfe
zwischen Hellenen und Barbaren zu schildern.) Wieder ein Punkt
für die allmählich nit h aufbauende Charakteristik dea Schriftstellers, wozu
dem Lehrer die Werke von Dahlmann, A. Bauer, Büdinger, Kirchhotf,
Gomperz u. a. als Grundhige dienen mögen. — Warum hatten die A.
Hippias SU fürchten? — (Schon erw&hnt.)
ö. bis 8. Satz: Warum die A., um zu siegen, sofort kämpfen
mflssen.
Damit kein Umschwung der Gemüther zugunsten der P.
eintrete. Es raag wohl auch in Athen selbst eine perser-
freundliche Partei (die des Hippias) gegeben haben. Aus
welchem Werke schließt ihr dies? — Aus ji.sw4«t6p<Mai. — Wir
werden sehen, wie rerhf M. hafte (c. 115).
9. Satz bis Ende: Nochmalige eindringliche Vorstellung der
Folgen.
9. Satz: Alles hän^ jetzt von Eall. ab.
10. Satz: Wenn wir uns gleich schlagen, ist Hellas frei.
11* Satz: Wenn nicht, ist Athen verloren.
Concentrationsfragen psycludogischer und ethischer Art:
Wir wollen die von H. vorgefühi-ten Personen beurtheilen!
a) Die Obersten der A.: Es herrseht keine einträchtige Meinung
unter ihnen; ist der (irund der vom Kampfe Al)rathenden
giltigf — Er kann es sein, denn ein derartiger Einwand
kann aus kluger strategischer Vherzeugting hervorgehen.
— Welcher Beweggruna wird aber wohl noch mitgewirkt
haben? — Fktrekt, also ein verwerflicher,
h) ümso höher erheben sich in unseren Augen die fünf ande-
ren Feldherren, unter ihnen besonders
e) Miltiades. — Warum besonders? — Weil er allein das
richtige Mittel fand, der besseren Meinung zum Sie^e zu
verhelfen. Er wandte sich an K., der die entscheiaende
Stimme hatte. — Also? — Planmäßig es Vorgehen — Wo-
durch sucht er K. zu gewinnen? — Durch die Macht des
Warfes. - Was zeigt sich in dieser Rede? — 1. Berech^
nende lilugheit. Er wendet sich an den Ehrgeiz des P. K.
2. Richtige Erkenntnis und Beurtheilung: A, der gegen-
wärtigen Lage, denn in der That bot sich den Athenern
Die Schlacht bei Marathon.
141
kein besserer Kampfplatz als der bei Mar., wo die P. eine
ungünstige Stellung einnahmen; B. derZakunft, also weite
Voraussiclit. C. Er kennt auch den WankelmiUh der Ath.
3. Zuventicht, aber auch sofort der Gedanke an die Götter»
4. Eine glühende VaterlatuUliebe: Athen soll die erste Stadt
von Hellas werden I
Es folgt nun (9.) die Überschrift.
In die-e soll der Schüler, wie schon bemerkt, wenn auch noch so
Irarx, sein Urtbeil Aber die handelnden Personen einflecbten.
Miltiades sucht durch eine wohlbeyründete Rede die Stimme
des Polemarchen K. für den Knmpf zu gewinnen.
Nach der Sj^nthese, die naturgeiuivb den größten Kaum eingenommen
hat, folgt hier die an die ethischen Concentrationsfiragen «ich ansäiließende
ethische Association und im weiteren Verlaufe das ethische System. Es
mag vielleicht manchem scheinen, als ob hier das Guten zuviel gethau wäre,
aber ich gebe Folgeudes bedenken: 1. Kininit sich die S<tche im Drucke
doch anders aus als im lebendigen Schulverkehre; 2. wollen ja die vor-
liegenden Au^ffihrungen k»^in todtt s Schema bieten, vielmehr wird sich
der L'mfung gerade dieser Partien nach dem jeweiligen Bedürfnisse,
anoh nach Temponunente des Lehrers, Tenefaieden gestalten mflssen.
6. Stande»
III. Ethische Association nnd lY. Ethisches System.
1. Vergegenwärtigen wir uns die Lage der Ath. im Angesichte
des Erbfeindes:
A. Der Ort ist für die Perser ungünstirr.
H. Die Masse des Volkes ist noch patriotisch gesinnt.
C. Doch ist wit' II siüdeutet und wir bald sehen werden)
ein CiUM liwuiii; der Gemüther durch die Wülilarbeit
peiseriieundliclier Leule zu beliircliteii. ^Auch Eretria
war ja durch solchen Venrath gofulleu.) Nehmen wir
dazu, was uns Gorn. Kep. Milt. 4 fin. ausdrücklich sagt:
D. dass die Ath. umso unerschrockener in den Kampf gehen
würden, je mehr sie sähen, dass man auf ihre Tapfer-
keit große Stücke setze, und
E. dass ein Angriff einer so kleinen Schar die Perser ge-
radezu sojjar verblüffen müsse.
Was foltrt aus alledem? — Dnss Ort und Zeit zur Entschei-
dung driiügea; dass jetzt allein, und vielleicht nie wieder, der
Augenhlick, Athen zu retten, da sei. — Aher während ein Theil
der Feldherren in Verkennung der wahren Sachlage die Ent-
scheidung hinausschieben will, der andere nicht weiß, wie
eich helfen, versteht es M. allein, den Augenhlick zu erfassen
und den Zufall wirksam auszubeuten.
Kommt nicht auch Teil in eine ähnliche Lage? — Bei
der Überfahrt u-m-\\ Küssniu lif . Gefesselt — ohne Aussicht auf
lletturjg; - losgebunden — liudet er sofort das rechte Mittel:
ein kühner Sprung macht ihn frei.
Wie wahr ist demnach Schillers Wort:
Den Zutuli gibt die Vorsehung;
Zum Zwecke muss ihn der Mensch gestalten.
(Don Cftrlo« HI, 9.)
142
Dr. Fiiedrieh Falbrecht.
2. Um seiueu Zweck zu erreielieii, wählt M. das einzig mög-
liehe Mittel. Mit Grflnden sucht er den K., den wir m
einen klugen Mann kennen gelernt haben, zu seiner Meinung
zu bewegen. Ahnlieh benahm sich Cäsar. Wann? — Als er
die rpbellierenden boidaten durch diis eine Wort Qinn'fejt
bändigte (Suet. Caes. 70). — Bonifaz an der Thor-Üiche bei
Geismar !
So bewahrheiten sieh Goethes Woite:
Ein Mann, der recht su wirken denkt,
Muss anf das beste Werkzeug halten.
fFaust, VorsjMel auf dem Theater.)
£ine grammatisciie ^ntheae wurde deshalb hier nicht angestellt,
weil dieses, wie auch die folgenden Capitei fast gar kein Material daf&r
bieten. Was allenfalls spiltcr in ein System gebracht werden könnte, hat
der Lehrer ohiuhin an Ort und Stelle betont und für sich aufge7eirhnet.
Die nun folgenden Capitei beluuidle ich nach der kürzeren Methode
(Menge. Jahrbn(m für wiaiensi haftlit Ii.- Pädagogik 1887, S. 175), ohne
entscheiden zu wollen, ob man hier In'n'its ticn kürzeren VVe^ einsohlaj^en
dflrfe. Eü wird vorau^esetzt, der Schüler habe sich zuhause mit Hilfe
eines (vom Lehrer emptohfenen) Commentars vorbereitet. Am Schlu8»e
der vorausgehenden Stunde war Aufstellung des Zieles und (sach*
liehe) Anal vs«' (zur Wecknng des Interesses) erledigt und das Capitei zur
Piaparati«>ii auigegeben worden.
Das Ziel lautete: Welchen Erfolg die Rede des M. hatte.
Analyse (aueh für 110 und III): 1. Wenn K. ein einsichtiger
Mann ist, dürfen wir an einem günstigen Erfolge wohl nittht
zweifeln. 2. Welche Stellung wird M. nun eingenommen haben?
Die huebste Vertranensstelle, die er aach klug ausnützen wird.
7. Stiiiid«'.
Ziel: Die näcLste Folge von Miltindes* Einschreiten.
. . . Der Schüler trägt zunächst seine Gesam ni tauff as-
sung (1) vom Inhalte des Capitels vor. Es folgt die U her-
setzung (2), welche etwa folgendermaOen ausf&lU:
Nachdem aber die Stimme des Polemarehen dazu gekommen
war. wurde beschlossen, zu kämpfen.*) Hierauf aber übergaben
die Feldherren, deren Meinung es war, zu kämpfen, wie eines
jeden von ihnen Tagesfünriin^ war, dem M. Dieser
nahm sie zwar an. lieferte aber nicht früher eine Schlacht,
als bis seine Führerschaft da war.
3. Die Schüler rechtfertigen ihre Überset/.unn;. veranlas.st durch
Fragen des Lehrers. * Wie habt ihr das l'tep. aufgelöst —
Mit nachdem. — Seine Bedeutunj^? — CausaL — 6X6x*)pe»to;
Plusqupf.? — Es war und blieb beschlossen. — *Wie habt
ihr oExöaEvo; übersetzt? — Durch einen selbständigen Satz.
4. Dialectische Synthese.
1) Ich habe die Commenturc von Abicht, Stein, Scheindler und die
einschln^M^-m rJc-chulif -wt-rkc :in.-bef"ondere Busolt) beniU/t und die Text-
aus^be von Holder %ur i Grundlage genommen. Von durchgängigen Citaten
durfte und muaate wohl abseeehen werden.
<) Die gesperrt gedrudtten Worte sind noch später anssnfeileii.
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Die Schlacht bei Marathon.
143
5. Ausfeilen.
. . . wurde der Kampf zum Bescbliim erhoben; ... »ber:
nicht nothwendi^^ zu Qberetzen! : .... deren Meinung dahin
fteng; .... sowie die Reihenfolge im Tagesbefehle ui sie
f\ra; .... ließ sich aber durchaus nicht früher in eine
Schlacht ein, »la bis er seibat den ihm zukommenden Ober»
befehl hatte.
6. Musterübersetzung
7. Zu besprechen iüt hier höchstens: ::f#'jiavöia jedes nach regel-
mäßigen Zeitabschnitten wechselnde Amt, hier Fübrunff des
Oberbefehls, welche bei den Strategen jeden Tag wechselt.
8. Ethische und psychologische Concentrationsfragen.
A, Wieder M. im Mittelpunkte. Lohn seines energischen
Vorfi^ehens? — Das unbedingte Vertrauen seiner Ge-
sinnungsgenossen (twv "fj 'pm\vr^ iz'y- Tj'j.fiaXXi'.v .
B. K. hat ein offene» Ohr für des M. (inlnde und gibt so
eigentlich den Äitsxvhlay zum Kampfe.
9. Inhult.sangabe: M. als Vertraueimmann der Athener.
Cap. III.
Ziel: Welche Maßregeln M. als oberster Kriegsherr traf.
Synthese: 1. Die Schfller geben ihre Gesam mtau ff assuug:
Da man die Fronte dem des persischen Heeres C^!^ieh macht,
stehen die Griechen im Mitteltreflfen nur dünn. 2. Übersetzung:
Sobald aber die Reihe an ihn kam. da stellten .sich die Athener
so zum Kampfe auf: den rechten Flügel führte der P. K., denn
das Gesetz verhielt sich damals so bei den Athenern, dass
der P. den rechten Flügel halxMi solle. Als dieser aber führte,
folgten die Phylen, wie sie gezählt wurden, sich aneinander
anschließend; zuletzt wurden die PI. aufgestellt, welche den
linken Flügel hatten; denn seit dieser Scnlaeht fleht der ath.
Herold, wenn die Ath. die Opfer hinaufführen zu den alle
fUnf Jahre geschehenden Festzfigen für sie, indem er zugleich
den A. und rl. den Segen wünscht. Als sich aber damals die
A. bei M. aufstellten, jjeschah Folgendes: Das Heer war
in der Hreite gleich aufgestellt wie das medisehe. und zwar
wurde das Centrum wejiiLr»' lieilieH hoch aufgestellt — und
dort war das Heer am schwtichsten — die beiden Flügel aber
waren stark au Menge.
Nun wird die firklftrung Dnd Ansfeilung dieser roben Obersetsmig
aufgegelu-n.
8. Stunde.
Ziel: Es gilt nun, unsere übersetzuuu: zu begründen und
für einzelnes feinere Redewendungen zu tiud' ii
'6. Bemerkungen des Lehrers: Ihf/./jXxh; was
istSubj.? \\r/iziY(j.r^. — Was habt ihr mit zum Kampfe über-
setzt? — 12; Ti^otX&vcs; (Tom Lehrer anzumerken!). — Beachte
die Stellung xepoc tö de^tov. — tivo?? — Schließe mich
an etw. an. — '0 yö(io< l/st 6 v. eottv. — TeXstttalot im D. ein
üiyiiizeQ by GoOglc
144
Dr. Friedrich Falbrecht.
Adverb! — Die Stellung Ton IlXacot^c! — Fdp? — BeffrOndet
den Yorsch webenden Gedanken: Die Platfter baben wirklieb an
dieser Seblacbt eineu bedeutenden Antheil genommen, und dies
wurde auch Ton den Athenern anerkannt, denn .... — Wozu
gehört TXi? ■ — 7a\ xaTSoystsr'.. Wir linniolien p«? nicht zu üh^r-
setzeu, — HoT.a; avaYsiv: Warum hinaufführen [\\'\v: begehen)?
— Weil die heiligen Orte gewöhnlich höher lagen (Akropolis).
— To arf-atörsSov s^taooiisvov ? — Wurde in gleicher Breite auf-
festellt wie das medische (in der Fronte); tö arparö^-sdov selbst
at kein Präd., sondern erst die beiden darin entbaltenen Tbeile
TO tj.lv ^3ov — t6 $1 xipo^. — Ein deutoebes Wort f&r Centram?
— Mitteltreffen. — 'Eiri tdliac dXCfoic; mit welchem Casus habt
ibr in dieser Bedeutung int zu verbinden? — *Mit dem Genit.
4. Dialectische Formen.
5. Ausfeilen.
. . . folgendermaßen, . . . denn das war damals herkömm-
lich bei den Atli . . . — Unter seiner Führung nun,
... in ihrer Ordnung (welche alljährlich cliirch das Los neu
bestimmt wurde) sich aneinander anschließend. — Und seit
jener Schlacht lieht denn auch der athenische Herold, wenn
die Athener bei den croßen FestzUgeu, welche sie alle 4 Jahre
feiern, die Opfer darbringen, zugleich für die Atb. und PI.
um den Segen (ra aYaddt» welche in der Gebetsformel enthalten
sind). — X*yojv abondant. — Bei der damaligen Aufstellung der
Ath. bei M. aber wurde folgende Einrichtung getroffen . . — Die
Fronte des Heeres wurde in gleicher Lauge wie die des med.
Heeres aufgestellt . . ... dagegen waren die beiden Flügel
stärker in den Reihen.
(I. Musterüberselzung.
7. Abfragen des Inhalts:
1. Aufstellung zur Schlacht, 2. den rechten Flügel be-
fehligt nach (lern Gesetze K., 3. duraui folgen die 10 Phyku
und endlich die Platäer, 4. deren Auszeichnung, 5. die (mit der
persischen gleich breite) Fronte ist schwach besetzt, die Flügel
ziemlich stark.
8. Besinnung über den Inhalt.
Töte? — Zu jeuer Zeit, da der P. noch das königliche
Ebrenrecht der Führung des rechten Flügels hatte. — ta;
r7vr;,"\'>'.a; td; sv -fp: zi'/zirr^y.^y. Yivo[jivar? — ac. Die großen
Panathenäen. Sie waren penteteriscli , d. Ii. sie wurden alle
4 Jahre gefeiert. Kurze Beschreibung derselben (durch den
Lehrer), s^ivsto -oiövvs r kann zweierlei bedeuten: 1. Eine
durch das Terrain gebotene Muli rege 1. 2. Es ergab sich diese
Contiguration yielleicbt erst zufalHff beim Angriffe; wir werden
wohl darin eine klu^e Maßregel des Miftiades erkennen;
wo/u? — Um nicht von den P. überflügelt zu werden (in den
Flanken war er ja durch die Höhenzüge des Thaies, in dem
Die Schlacht bei Marathon. 145
er stand, gesichert), mnsste er dem Perserheere eine gleichweit
ausgedehnte Fronte entgegenstellen. — Was war wieder die Folge
davon? — Dass du athen. Mitteltreffen sehr schwach in der
Tiefe war.
Nun wii'd eint' Kartenskizze au die Tafel gezeichnet.
9. Überschritt: Aufstellung der Athener (und Platäer) zur
Schlacht.
Die Stnnde naht ihrem Ende. Ich gebe noch rasch das Ziel itUr
Gap. 112.
Ziel (f. c. 1 12): Wie die Athener auf die Perser eindrangen.*)
9. Staude.
III. Sprachliche (und zwar phraseologische) Asso-
eiation (für c. III und 112).
Lehrer: Wir wollen uns nun, ehe wir uns weiter iu den
Inhalt des von Herodot Überlieferten Tertiefen, ein weui^ mit
bloß sprachlichen Dingen beschäftigen, nnd zwar zuerst Wen-
dungen aus dem Gebiete des Militärischen zusammenstellen:*)
ou(i|ioXy]y (att. {i.ayr/>) izruisxa proelium iniit.
S'/3!v tg os^.ov dextrum coiiiu ohtinere.
zfj 'jrjOarörrsoov Sino'juisvov exevcUit» fronte ae^uatus.
eviv-ro kzi zaiiasi öXi^a^, besser: s. hti to^so» OAtvcov pauco» ordines
hfihcbal.
sppcuio zhu^^ii nunwo valeOnt.
IV. Sprach!, (phraseol.) System,
fidcvijy iroesiodoti (Herod. liebt dieses Verb besonders! Scheindler,
Anh.) proelium inire; dazu aus 109: oi^diXXscv Ttvi manum
conserere cum alo,
t6 ds^iov x^fya; r/eiv dextrvm cotmu obtinere»
I|'-'5o0v TO OTparö;rsoov exereitnm aequare.
ktii tpiü>v rym iriplici ordine proßrisci.^)
Getreu Ueni Grumi^iataie, diu^ der Lehrer jedes Flätzchen seiner Leetüre
für iri^end einen genan erwogenen Zweck ansbenieii solle, werden wir hier
zur Jiösun^ einer weiter( tt rinollon Frage zu gclnngen ^-nrhcn. nämlii h
auch noch zur Gewinnung dialectischer Systeme. Es ^verden nun die
auf den einzelnen Synthesestafen besprochenen oder notierten Ergebmtse
(eigentl. selbst schon Syi^t^mei assocüert and ans ihnen der ll.) äatz ge-
wonnen; „Herodot /,* i<rt grote rbfreinstimmung in der Sprache mit liomcr."
Einstweilen sind näraiieh (mit Benützung? der Formen etwa von c. 102 an,
anf die der Lehrer hinwies,) noch folgende Resultate gefunden worden:
1. si i'isilit'int statt o') statt t>, 2. der gen. i>l. der f. i-t -su>v, 3. die
i-Stümme behalten ihr t in allen Casus bei iimmer ein Beispiel!) u. a. m.,
Über deren flüchtigere oder eingehendere Besprechung das jeweilige Be-
dürfnis entscheidet. Nun sagt der Lehrer: , Schreibt mir jetzt solche Fcrin. n
anf. ilie ihr auch bei Homer noch nicht gefnntlen habt!" Geschieht. \sm
folgt daraus Satz II: Herodot hat aber auch manche ihm eigen-
^) Ich meine, die Analyse könne hier so^ar ffwuz wi-gfallen. da jasosa*
.«ti^oTi j« il,'s rapitt^'l -t'Ibst orhon Aiiuiysf (It-s folgend'Mi ist. Pfswci-f^n
glaube ich mich nicht im Widerspruche zu Zillers Ausführungen, Alig Piid.,
.S. 284 f.. zn befinden.
^) Diese Stunde ist also bloß sprachlichen Zwecken gewidmet.
^) Diese Wendungen werden von den Schülern in das dazu bf^timmte
Merkheft (sprachliche Systemheftj eingetragen. Später treten neue Kate-
gorien ein, wie „Machtt «Ämter", «Gerichtswesen" n. a. s. S. 189, Anm.
„Osten. UUtelachule". XIL Jahrg. 10
^ kj i^uo i.y Google
14(i Dr. Friedrich Falbrecht.
thfimliche Formen, welche nun Ayst^^matiseh zusaniniengefas^t werden.
MehifTf Formen, die zu f^ering an Zahl sind, bleiben, der Krg-äiijsiing
harrend, noch auf der Ötufe der äjntbe«e oder Association. Die dialecti-
»chen Formen in ein System sn bringen, halte ich fOr nnumgänglich nOthig,
soll der Schüler auch hier einen klaren Überblick gewinnen. Zudem «ind
fli»' aufgestellten Sy^enie ganz einfach und ihre schrittweise erfolgende
Ergilnzung leicht. Von nun an hat der Lehrer schon bekannte lierodot.
(bäew. hom.) Formen nnr hie und da mit attischen vergleichen zu lanen,
um 8ich zu i)ber/.engon. nb weh die SchCUer des Unterschiedes dieser Formen
auch immer bewuHät üeien.
IIL Sprach!, und zwar dialectologische Association (von
c. 102 an; neuer, auch bei Homer noch nicht gefundener
Formen.
A. aiRxö(uvov. -oc statt att. a^txdjuvo^.
B, osxöasvo«; Ss^ötASVO^.
Raum!
D. d>v ouv.
Raum!
£. sfMitavijiTj (zweimai) icpnrocvsia.
F» zwn6 (zweimal) larnd.
hamof} (dreimal) hpyy/y.
TV. bpraehl. (dialectol.) Sy.-^teia.
1. Die Aspiration unterbleibt, z. Ii.:
ainxd|uyo; st. «^.xö^uvo«;.
2. TjC steht für st.
«pOT«vr/lr^ st. rf/^TOvsta.
3. o»o erscheint für asi.
£(«)')TO'J für ^a'HOU,
10. htuude«
Cap. 112.
1 (resammtauffassung, etwa: Die Athener stürmen
im Liuif.schrittf' iiuf die Perser ein. Diese halten sie für ver-
rückt. Die Athener aber beweisen Unerschrockeuheit. Sie haben
es hier zuerst mit M^dt rii zu thun.
2. Übersetzung, beiläulig so: Als ihnen die Schlacht-
ordnung aufgestellt war and die Opfer günstig ausfielen, da
stürmten die Athener, nachdem sie losgelassen worden
waren, im Laufschritte gegen die Barbaren. Es betrug aber
(h l Zwischenraum zwischen ihnen nicht weniger als 8 Stadien.
Ak aber die Perser sie im Laufe anrücken sahen, rüsteten sie
Die Schlacht bei Marathon.
147
sich zu ihrem Eiup tauge imd legteu den Atheueru \\ ahosiuu
bei, und zwftr ganz und gar Terderbliehen, als tie sahen, wie
wenige sie seien und diese im Laufe herandrängten, während
ihnen weder Reiterei noch Schützen sngebote standen. Das
wähnten also nun die Barbaren. Nachdem aber die Athener ins-
geeamnit mit den Persern handgemein geworden waren, kämpften
sie rühmenswert. Denn zuerst von allen Hellenen, die wir
kennen, wandten sie den Laufschritt gegen die Feinde un,
zuerst ertiii£^en sie den Anblick der raedischen Kleidniig, als
sie sie sahen, und die damit gekleideten Mäuuer. Bis dabin
war den Hellenen auch nur der Name der Meder eiu Schrecken
2tt hören.
*d, Fragen des Lehrers: a^i dut^ootto? — Unpersönlich.
— axsidipvv Ton ^'f'lTjtu; — wieso loslassen? Sie standen bis-
her hinter mnem Verhaue und erhielten nun den Befehl, los-
zustOrmen wie in der Rennbahn. „Als ihnen der Befehl zum
Anstürme gegeben war,** — A{>o|j.{p lat. abl. modi: curtu, —
*lsvxo schon bei Homer: eilen, stieben. — *fhav 5s .... to
rjLETar/p.'.ov .... Subj.? — jisTott/fj, ; das Verb ist also im
Numerus f^^ ^ogen zum? — Näherstehenden TVädicat. — Wir:
Es betrug ;ü)er der Zwischenr:unn zwischen ihnen nicht weniger
als S Stadien. — Wie habt ilir oj; diiöiLiw. übersetzt? — Zum
Kmptauge. — Hatten wir schon Ähnhches? — Ja: w'; oujjLSa/.iovrs;.
— *Koit to'itw? und zwar et eoa. — ijnco; (r^)? — UolleetiT:
Reiterei; — att. gewöhnlieh: to kictxöv. — Tö^eoft« heiOt eigent-
lich: Bogen. Ihr habt übersetzt: Bogenschfltzen. — Wie nennt
mau diesen Tropus? — Metonymie. — W O-y^vatot ^6 Ggs zu? —
Zum vorausgehenden Tai)!« jÄ^v vov ot |3af>,3a(>ot xateixa^ov. —
zavro)v, Twv? — st. ra'/T(ov, om: . . — Wieder? — Attraetion. —
ivir/ovro ^owvr^r? — 8ie hielten den Anblirk nielit aus (Lehrer
anmerken, weun er das Part, praed. noch nicht durchgenommen
hatlj. — ia^r^as'/O'); = y,Ti)'Y;'j.?>0'j': = vestia) (R^dupl, unter-
bleibt). — tc Mt^W/ wieder statt? — ilspfOcbv.
4- Ausfj'ilen.
Als sie in Schlachtordtiuug aufgestellt waren . . — ziehen sie
des Wahnsinus, der iliaeu sicher zum Verderben gereichen
werde . . — ohne dass ihnen . . — Bis dahin war selbst der Name
der Med. ein Sehrecken für hellenische Ohren.
5. Musterübersetzung.
IL Stande.
6. Vertiefung (sachlich).
1. Die A. stürmen im Laufschritte gegen die P. Vor Beginn
einer Schlacht schlössen die Alten aus dem Oj>fer auf
den Erfolg. 8 Stadien c. l^j^hm. Dazu brauchten sie etwa
10 Minuten. — Wo stehen die Athener? — Nach c. l{)>i.
SV Wyf/J.i'j' im Hernkleion. Dieses lag in dem Seiten-
thale von Avloua, da» üieh au die Ebene von Marathon an-
schloss. Die Fronte der Athener war nach NO. gerichtet
10»
148
Dr. Friedrich Faibrecbt.
2. Die Perser halten sie für Terrttelct.
Warum? — Weil sie a) in so kiemer Zahl, h) im Lauf-
schritte, wobei sie leicht in Unordnung gerathen konuteu,
c) ohne Reit, und Bogensch, anstürmten. — Was zeigt dies?
— Dass die P. (Yw taktisch liluf/c Maßregel des M. nicht
verstandeu. Denn eben damit die hellen. Truppen dem Pfeil-
hsgel von Seite der P. weniger lang ausgesetzt seien , was
bei deren Uberzahl doppelt gefährlich war, und damit die
den Gr. so gef&hrHche p. Reiterei nieht zor Entwieklang
gelangen kdnne, endlieh um die a. Hopliten so schnell au
niciglich in das Handgemenge zu bringen, in dem sie den
Persern weit überlegen waren, wurde 3er Laufschritt an-
geordnet. Diese Art des Angriffes musste denn auch die P.
verblüffen.
3. VnersrhrorkenhvU der A.
Sie lassen sich durch den ihnen luigewohnteu Anblick des
Feindes nicht eiusehüchtern. iSeheu wir nun zu, was ihnen
H. sonst noch nachrOhmt: Ä. Sie wandten zuerst den Lauf-
schritt an. B. Sie hielten zuerst den Medem stand« wie
noch keine Hellenen. Womit stimmt dies nicht? — Es
hatten ja doch die lonier schon rühmlich gegen die F.
gekämpft! — Richtig! Ich will euch aus H. selbst einige
Stellen vorlesen:') T, 160 (von den loniern); V, 2 ivon den
Perinthiern), 102, 112 (von den loniern), . . . VI, 28 tf. i von
den Thaten der lonier). Was folgt hieraus y — Dass liero-
dots Worte hier unrichtig sind. - Wie mag das kommen?
— In seiner Torliehe für Athen Tergisst er für den Augen-
blick ganz der Verdienste anderer Griechen. Und Athen
war ja damals der Vorort griechischer Gesittung, (Wieder
ein Beitrag zur Charakteristik Herodots!)
7. Psychologisch-ethische Vertiefung.
1. Miltiades, der hier die Maßregeln trifft, beweist Feld^
herrnkldgheitj denn er weiß A. die beste Stellung, B. die
passendste Anghlfsweise zu tiuden.
2. Unter solch zielbcwusftter Führung nun finden auch die
Athener all ihren Mulh^ ihre angestammte Tapferkeit
wieder. Einiy um ihren Tührer geschart, tcanken sie nicht
vor der furchtbaren Ütferzahl des Feindes.*)
8. Überschrift: Die Athener stürmen im Laufschritte m/i-
ernchroeken auf die Perser ein.
III. Sprachl. Association (Phrasen).
') H ilifii i\'w hnlpr ;nich jene Hücher in ihrem Besitte, 60 ziehe ich
genieiiHchiiftliclie extemporierte Obersetzung vor.
-I Es hiingt von der Kigenart des Lehrers und der Schüler ab, ob
diese Partien mit mehr oder minder ixrodten Worten behiiudelt AverJen.
Ich kann mir denken , dass oft ein einaigea wohlan^jebrachteü Wort des
Tjehrers alle Wirkung erzielen kann. Hier war es eben wieder um Exenipli-
ficatton XU thiin.
Die Schlacht bei Marathon.
149
Über Krieg (Forts^'tzuug):
^pöiicf) TsvTo ciirsu appru^jniquabaiU.
irap60X6odCoyro wc ds^^tuvot a<l «o« aedpiendaa se expediehant,
Sic X^%f^ '(^^ '^^'-^ ß' ''i^'**^ ctf*'^ harharis conservernnt.
IV. Sprachl. System (im Att. gebräaclilicher Phrasen),
5(iöjt({) liTS'.jJLt roö^ tiva CMTÄff aggredior ahn.
xapaaxsoaCojtai ü>; zry.rpuyj ri expedio me. nd ald perßciendum.
sie '/sip'Otc E-'J'- ''-v. mfiuHiii comero cum ulo.
Hieiau bchlielie ich zwei Scripta. Das eiue variiert den-
selben Stoff (also III. Stafe)f das andere behandelt einen ähn-
lichen Stoff (Xeno^h. anab. ,111. Anfang), gehört also anf die
y. Stufe. Da es bei nns in Österreich keine Extemporalia dieser
Art gibt, können beide vielleicht als Compositionen verwendet
werden; drei deutsch -griechisehe sind ja in Sexta geblieben«
T.
1. f*Da» die Feldherren der A. getheilter Ansicht waren,
ob mau sich schlagen solle oder nicht, und i)ereits die schlechtere
Meinung den Sieg davontragen sollte, begab sich M. zum P. E.
(*Qnd) nielt tiplgende Ansprache [an ihn]:
2. Von dir hangt es, (*da) du die 11. Stimme hast, jetzt
ab, C^'ob) du Ath. in Knechtschaft bringen oder Ton der
Knechtschaft der P. befraien [willst].
0. Frei wird A. sein, wenn wir sofort pinp Rclilricbt liefern,
ehe noch die Athener durch einen Aui'ruhr verwirrt werden
4. Die Richtigkeit dieser Rede erkennend ()caTa(j^v&dva»),
schloss sich K. der Meiuuug des M. an.
5. Nachdem nun besehlossen irar (oö^av), sich zu schlafen,
flberlieOen die Feldherren, (*welehe) zum * Kampfe geratnen
hatten, dem M. ihr Commundo; er aber ließ sich nicht früher in
eine Schlacht ein, als bis die Beihe des Oberbefehls an ihn kam.
G. Da wurden die Hellenen auf folgende Weise aufgestellt:
Den rechten Flügel hatte K., den linken dip Ath. und PI. inne.
7. (*Da) das Heer der A. dem der P. in der Fronte ({xsTwUTj^öv^
gleich gemacht worden war, Stauden die A. im Mitteltreffen [nur]
wenige Reihen hoch.
1. Täv ofpatifjfuv tÄv *Ad7jyaf«y *^wi'JTÄvt«v, ic^pov *a':>jj,-
sXdft)v TTfvö; KaXX{;i.a/ov iEoXi|Mtpx^ "^^^
*3lplv xai TO'):; 'Ad^r^vaiou'; oiiost x'.vl EV.irXYirtS'j^ott.
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150 Dr. Friedrich Falbrecht
*r7jv auTwv rpuiavslav MiXtidto-j] TcaplSoo^v, 0 Ä'o& irj>ÖTe(iOv j*.^xv;v
6. Tdis S'ot"mi2ysc *fc»o£ i-ay^jqiv tfe tisv oiliw xipa; KoXXt-
7. *'l*);iaü)v>s{a7]; ;jJt8»STjOov t*^ tcibv 'Aihjvatcov orpatidtc t§
II.
1. Als nach der Schlacht bei Kuuaxa die Anführer der
Gr. ums Leben gekommen waren, befanden sich diese in der
größten Gefahr, seit sie naeh Asien gekommen waren.
2. Denn die Entfernong Ton Griiechenland betrug niehi
weniger als 10.000 Stadien, und rings (xOxXoc) umschlossen
(«•pißaXXo|jLat) sie Feinde.
.1 Da rief Xen. suis A. die Lochagen zusammen (und) sprach:
^Die Feinde haben uns nielit elier offen df^n Krieg erklärt«
(;röXsjxov sxcpot'lvto u,'>ö; r.va), als bis sie ihre Angeiegeuheiten wühl
instand gesetzt hatten (Trofoar/.sna^ou.ai).
4. Es bleibt uns jetzt nur die Wahl (onrdpvci) , uns ent-
weder den F. zu ergeben (zaf/a^{^(o[j.i) oder aun rtthmliehste
zu kämpfen.
5. Denn wenn wir in die Gewalt des Perserkoni^s kommen
werden (fix\f0^i hd ttvt), was, glaubt ihr, werden wir von dem
leiden, (der) seinen eigenen Bruder verstümmelt hui f^v^zTjfyöw)?
Wenn wir aber wacker kämpfen, werden wir mit Hilfe der
Götter die Feinde, (dai sie auch feige sind, besiegen.
6. Von euch nun, ihr Feldherren, hängt es jetzt ab, ob wir
uns ergeben oder kämpfen werden; bedenket, dass dies Brauch
bei unseren Vorfahren (:rf^ÖYovoi) war, nieht zu weiehen {a'^T/juarAbi^
sondern zu kämpfen mit den Feinden, und zwar den furcht-
barsten!"
OLZöikoveo, (H ""EXXijvsc *ipoB» sv |UYI<3T<|» xiySt»v<|>, ^44 ou sie ^
*i. To '(ä[j 7.7,0 ir^i l'jj.'yAoz oidaTT^aa oüx SAaTtov f^v ir^ {U>(>toi
Ol ^roAiyiiot o'j rpÖT£(iov ;rp6? r^jid«; tov köXsjjlov £4d'fT,vav, *<:plv ti
4. **r)ta{>-/£i o5y vöv iljfilv ^ '"icapadt^dvat i^ji&c ot&to&c T| (id^sa^at
5. Fl '(ä^j kzi ßaatXsi ^Yevijod^^, zi oVsad-s '"jrsiaea^t
9tt»(fcei>a. ;r£f/.7£VTf]aöjj.sv^a *oüv toi; O-so':? twv IUf>^{bv *5=tX(bv *^,/Ttt)v.
6. '^jiÄv O'jv, (I) OTpaTTjVOi, vöv *r^^Jzr^xail, ;:öts(>ov t^jj^; a'jTOf>i
r«o'3f/^^^)^oasv {jLayo''>ii.6v)'a ' iv/osi'^t^s Ss. oti *0')T(o; a£l6 vÖ{j.o; sr/£ TOi;
to6cote SsivocdroKc*
Die Sehlaebt bei Mamthon.
151
Vi. Stunde.
Cap. 113.
Ziel: Was uns Herodot über den Ausfall der Sehlacht bei
Marathon iiiittheilt.
Da di€» scbon taa der Oeachicbte im allgemeinen bekannt ist, entfiel
aach hier die Analyse.
Gesammtauf fassuQg, beiläufig: Die Griechen siegen zwar
gleich anfangs anf beiden Flüceln, haben aber im Mitteltreflfen
einen harten Stand. Doch geuugt es ihnen, die Perser in die
Flucht zu werfen.
Ubersetzang: Während sie nun bei M. kämpi'leUf ver-
strich viele Zeit. Und in der Mitte des Heere« siefften die
Barbaren, wo die Perser selbst und die Saker aufgestellt waren.
Dort nun siebten die Barbaren, und dnrebbrecliend ver-
folgten sie bis ins Binnenland; an beiden Flügeln aber
siegten die Athener und die Platäer. Die Sieger aber ließen den
geschlagenen Flügel derBarbru pii fliehen, gegen diejenigen aber,
welche das Mitteltreflen tlurchbruehen hatten, kämpften sie,
nachdem sie ihre beiden Flügel zusammeusezogen hatten, und
es siegten die A. Den fliehenden F. folgten sie, indem sie
sie niederhieben, bis dass sie ans Meer gekommen Feuer ver-
langten und die Schiffe erreichten.
2, Fragen des Lehrers zur Gontrole: Ma/opiSvittv? — Wäh-
rend des Kampfes — zu ergänzen? — Etwa otft^ocipwv. — To piv
pi^oGv im Mitteltreffen, Ace. des Bezuges. — Tfj*, att.? — 'Iii. —
'KTJTayy.To = Trr^*j]iivo'. ypy.v. — Kata local. — Beaelite die
epische Breite i?i der Wiederholung fzweimal). — To ok vcipa^;
Casus? — Wieder Arr. des Bezuges. — "K; rrjv jtsaoY'Dt'.^v; was
ist gemeint? — Landeinwärts. — Beachte ro tstpau-ij.ivov twv
^ap^dpCDv! — 'li)a»v; att.? — Iv.o». — Beachte die bezeichueude
Stellung des Satzes «od Iviiuw 'Adugvo^m. — bnka^ff&^mm sachten
zu fassen (ef. 109 ivtxai).
3. Ausfeilnng: Der Kampf .... dauerte lange Zeit.
. . . . und nachdem sie durchgebrochen waren, verfolgten sie
die Geschlagenen landeinwärts. — ... Da nun die Perser flohen,
da hieben (die Griechen) auf sie ein und verfolgten sie, bis sie
ans Meer kamen Dort verlangten sie und legten
Hand an die Schitl'e.
5. M List er Übersetzung.
6. Herausarbeiten des Inhalts.
A. Der Kampf dauert lange. B. Im Mitteltreffen siegen
die Barbaren (Perser und Baker). C, An beiden Flüeeln aber
die vereinigten Athener und Platäer, die dann auch aas persi-
sche Centrum bewältigen. D, Die Verfolgung bis zu den
Schiffen.
13. Stande.
7. Sachliche Vertiefung.
Die Sakfr. ein den P. unterthaner Volksstamm,
n. ö. in der heutigen iiu-gisensteppe zuhause, vortretfliche Reiter
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152
Dr. Priedricb Falbr6eht.
und Bogenscluitztni und als solche deu Griechen besonders ge-
fähilich. ~ D;is8 die P. im Mitteltreffen siegen wurden,
war vurauszuseheu, denn a) dort waren die Reihen dünn,
b) aueh waren die athenischen Uoplitenf welche dort anter
Themieiokles ünd Aristides standen, diireh den Lauf aus der
Ordntuig gerathen, c) und ihnen gegenüber standen die Kern*
trappen der P. und S., tUchtige Krieger, in großer Menge. —
Ans Meer gelangt, machen sie sich nun auch an die Schiffe.
— Wann fand die Schlacht statt? — 490. — In einem der
letzten Souimermouate.
Ich ließ nun Cap. 114—117 cursorisch l^n, nachdem ich iu kurzen
Worten das Ziel gegeben hatte.
14. Stunde.
8. Coneentrationsf ragen ethischer Art (über e. 113
bis 117).
A. Die Athener und Platäer. Ernste Lage: der Feind
fast vor Athen. Es gilt, alle Kräfte nufiubieten. — Kühn
stürzen sif auch in den gefährlichen Kampf, wobei eine Reihe
von Heldenthatcn vollführt wurde. B. Ihre Tapferkeit wird
weise gelenkt durch AI. C. Die Perser spotten^ im I erlrauen
auf ihre Vber%aMy deB kleinen, verblendeten (!) Häufleins.
9. Überschrift: Die Athener besiesen dnreh ihre außer'
ordentliche Tapferkeit die Perser beilf.
III. Eth. Association und IT. Eth. System (Aber die
ganze methodische Einheit).
1. Tapferkeit gegen Maxxe; kluae Lenkung. Kennt ihr
ein Beispiel aus unserer vaterländischen Geschichte, wo ein
kleines Häuflein sich einer Unmas.'je Feinde tapfer erwehrte?
— Der Kampf der Wiener gegen die Türken 1083. Auch sie
Terrichteten Wuntier von Tapferkeit und Toilcsverarlilung,
auch dort eioe kleine ?5char entschlossener Leute eiuer Un-
masse von Feinden gegenüber, auch dort ein weiser, selbst in
Rath and That vorangehender Führer^ Graf Guido Ton Starhem-
berg!
Und wenn ihr euch nur selbst vertraut,
Vertrauen euch die andern Seeleu.
(Goethe, Fan^t Studierzimmer.)
2. TK'ir«'us hatte den Eroberungszug gegen (iriech«Miland
im Verl niuen auf seine große Heeresraenge untei iiouuneu,
aber die Athener^ als Werkzeug der Vorsehung, besiegen sie.
Sie konnten also sagen, wie Schiller es in an&er Denkweise
ausdrOckt:
.Es leben Gotter, die den Hochmuth rächen!"
(W. T. 4. 8.)
3. Die Ath. kämpfen um ihr Vaterland.
Vergleichet das Verhalten der Deutschen in den Frei-
heitskriegen: Deutschland seufzt unter Tyranueujoch, die
deutsche Sitte ist dem Intergangfe nahe, da rafl't sich das
deutsche Volk zum heiligen Entscheiduugskampfe auf, und iu
^ j . ^ci by Google
Die Seblnobl bei Marathon.
1&3
blutigen Schlachten ward die Freiheit erruncr^Mi . Wiiudfii tuuI
Thränen waren die Saat, aus welcher Deutsehiaud neu erbiiilitel
"Wie wahr ist demnach, was Schiller sagt:
Was ist unschuldig, heilig, menschlich, gut,
Wenn es der Kampf nicht ist ums Vaterland!
i Juug^frau V. Orl. II, 10.)
4. Großes, Erhabenes haben die Ath. in jenem Eiampfe ge-
leistet! In ihrem begeisterten Freiheitsdrange haben sie einen
Sieg erstritten, dessen Folgen uiclit nur für sie, sondern txurh für
uns, für die gani^e Menschheit unberechenbar sind. Die griechi-
sche Cultur, welche ein Gemeingut der Menschheit geworden
ist, wäre in ihrer ersten Entfaltung erstickt, eine Despoteu-
BerrsebKft an Stelle des freiheitUehen Athen gesetzt worden!
Die große Noth, in der die Grieelien damals schwebten,
hat Hdt. selbst mit folgenden Worten gekennzeichnet. (Er
spricht vom Erdbeben in Delos, w elches der Gott als Zeichen
des kommenden Unheils den Menschen gesandt hat, nnd dann
>^agt er (VI, ySj: kid '(äp Aapstoo . . xat Esf4"<'> . vo'.' ' V^rot^^p^sw,
Tvtov TOt)tsti)v iirs4*?)? fS'i^dwv, ^Y^/sio Tz}AiA staxd E/j.doi ^ sirl
elxoit ÄXXac 7svsac tac Aotpstou Y«vo|iiva^, td [ilv olkq t«äv
IIspaefDv aot-^ fsvöjiLsva
Ähnlich waren die Wiener 1683 ein Bollwerk chrMlicher
Gesittung gegen den Islam.
Solange uensehen leben, wird der Bnhm solcher Groß-
thaten, mögen sie nun von einzelnen oder von ganzen Nationen
ausgehen, Degeistert weiter erzählt werden, denn dies sind
wahrlich ^pLvr^uö'TJva xbv ämtyra dvdpt»fffi»v ßiov", und wie Cicero
sagt (Brut. LXXXTV:
jfHanor e,st praemium viriutis.^ — —
Das wissenschaftliche System ist: Die Schlacht bei
Marathon 4ÜÜ in ihrem Verlaufe und Ergebnisse gemäß der
dnreh die gegebenen ndthigen Erl&nteruugen modificierten Dar^
Stellung mrodots.
V. Function.
1. Ethischer Art.
Deutsche Aufsätze (natürlich vom Fachlehrer des Deutschen
zu stellen):
1. Nur in der eigenen Kraft ruht das Schicksal einer Nation.
<HoItke.)
2. Det Mannes Tagend erprobt allein üio Stunde l i ( . f vi :
(Schiller, 2daria Ötuart, 1, 7.)
3. Säume nicht, dich zu erdreisten,
Wenn die Menge /.iiudernd achweift;
Alles kann der Kdle leisten,
Der veiöteht und rasch ergreift.
(Qoethe, Faust, II, 1, Anmuthige Gegend)
2. Wissenschaftliche Function.
1. Es ist der Gang der Sehlacht zu schildern.
2. Zeichnet den Pinn der Srhlnflit!
3. Die staut1ir]it'n Euiiii'htuiigen Athoiif? um 490.
4. Vergleich zwischen dem Berichte des epoä und dem Herodots.
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154 Dr. Friedrich Falbrecht Die Schlacht bei MaratboD.
Ich denke mit der hier vorgelegten, ohne besondere Abwei-
chung deu vou mir iu der Schule beobachteten Giiug wiedergeben-
deu Präparation die Zweckmäßigkeit dieser Methode — hoÖeutlieh
aller mein Fach limaiis — aoch memeneitB dmetbui m haben.
Emwättde und Ancniffe hat sie genug Uber aien ergehen lassen
müssen.^) Über Einzelheiten wird mau auch jetzt noch ge-
theUter Meinung sein können,') ja ich selbst habe mich, auf
dem Boden Zillers stehend, nicht selten, sei's wissentlich, sei's
vielleicht auch imbewusät, von den Andeutungen des Meister»
entfernt oder bin — da allerdings aus bestimmten CTründen —
von Menges Vorgänge abgewichen. Viele werden sich vielleicht
an den nach Schablone riechenden Termmi stoßen: VVahriich,
anf diese kommt*8 nieht an!
Ziller wollte ja nnr den seelengemäßen Gang in seinen
Hauptstnfen darlegen, nnd dafftr müssen wir ihm dankbar sein.
Zillers Unterrichtsgang kann, weil eben der Natur und Be-
thäti^pn^ der Psyche gemäß eingerichtet, Anspruch auf All-
gememgiltigkeit erheben. Denen aber, welche clit^ Schwierig-
keiten dieser Methode für den Lehre r betonen, rufe ich zu:
') Viele 8ind angefiihrt und wiiierlegt bei Wiget, S. 74, Menge,
Jahrb. XXVII, S. 234 f.
^) ßesoncleis in ikr Synthese wird vielleicht von manchen öae noch
größere Beschränkung verlangt werden.
Dr. S. Spitser. Die lai u. griecb. Bautarbeiten iiu Cntergyianasium« lod
Die lateinischen und o-riechischeu Haus-
arbeiten im Untergymnasium.
Vortrag von Dr. S. Spitzer, Radants, gehalten im Vereine ,|Bukowiner
MitfeeUchole" in Csernowitz am 18. December 1S97.
Die Frage der Nothwendigkeit der Httusarbeiten und im
besondem der lateiniflchen und griechischen Hausarbeiten ist
früher häufig erörtert worden. Der Ministe rialerlass Tom
30. September 1891, durch den diese für das Oberg^HEnnasium
aufgehoben wurden, hat hier entsoheidend eingegriffen, und nur
wenige Philoloo;en dürften den ehemaligen Zustund zurücksehneu.
Aber leider ist die früher so r»'ge Discussion damit auch nahezu
verstummt — mit einer später zu berührenden Ausnahme. Und
doch wäre es gerade jetzt, wo die Auflassung für die oberen
Ciassen sich bereits bewährt hat, nnr naturgemäß, in Erwägung
zu ziehen, ob sieht auch für das Untergymnasium dieselbe
Bestimmung sich empfehlen würde.
Ein kurzer Rückblick auf den Stand der Frage dürfte nicht
überflüssig sein. Schon 1851 hat Graumanu in der Zeitsehr. f. d.
öst. (lymii. (Die Correctnr der häuslichen sclirifrlichf ii Sdiüler-
arbeiteu, S. 76Ö H.) auf die beiden SchwiiideiniethudHu auf-
merksatn gemacht, durch die der Zweck der Hausarbeiten
zunichte gemacht und eine richtige Beurtheiluug der Schüler-
leistangen vereitelt wird: die Sehfller sehreiben von einzelnen
Mitschfilem oder ^ar nur von einem ab, oder aber der Lehrer
corriffiert das geistige Productdes Hauslehrers. Diese Missbräuche
gesteht auch Scheindler (Mittelschule lU, 89 ff. : Sind die Haus*
arbeiten der Schüler zu censieren?) zu; aber er meint, sie
lieHeji sich unschwer bekämpfen. Die Mittel. w»»lehe er hiefür
emptiehlt. sind: 1. Die Überfühnitig diireh sorgfältige Correctnr;
2. die 1 bpr/.eugung bei der Küekgube; ',>. die Nothwendigkeit der
Verwendung gelegentlich gemachter Bemerkungen des Lehrers,
so dass nur durch die Kenntnis der Intentionen desselben die
Hausarbeit „in der Regel" glttckeu kann. Lindner meint (ebenda
S. 307 ff.) dagegen mit Reeht, dass man nicht bei allen eine der-
artige Probe machen kann, und dass die Betreffenden auch durch
das Einlernen der abgeschriebenen Übersetzung sich schützen
würden. In der Zeitsehr. f d. öst. Gymn. hat Scheindler f 1884,
S. 380 ff.) die Nothwendigkeit der Hausarbeiten in eificni Auf-
satze betont, mit dem sich die Kedaction freilieh (vgl. die Note
dazu) nicht identiiiciert hat. Er begründete diese Nothwendig-
keit zunächst durch die mangelhafte Eiuriclitung der übungs-
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Dr. S. Spitzer.
büeher, dereu Sätze immer nur eine eiuziffe ßegel illustrieren.
Aber selbst wenn diese auch Ideale der Vollendung dar-
stellten« wären doch die Hausarbeiten unentbehrlich, weil sie
allein eine Anpassung der Aufgaben an die individuellen Be-
dürfnisse der ulasse herbeiführen kcumteu. Diese Auffassang
entspricht derjenigen, wie sie in den Instructionen (p. 10)
zum Ausdriu'ke f^elangt. Da wird betont, dass die Pensa im
Gegeiisatzt' zu den Compositioneu auf ältere und umfang-
reichere Partien Bedacht nehmen und besonders die Theile
berücksichtigen sollen, deren Wiederholung sich als ein Be-
dürfnis der Glasse herausgestellt hat. Die Missbranche soUeu
nur dazu auffordern, ihnen zu steuern, sprechen aber nicht
für eine Abschaffung der Pensa. Ähnlich ist der Standpunkt
der „Weisungen'' (p. 45), die mehr auf den Gegensatz von
Präparationen und Hausarbeiten aufmerksam machen und als
charakteristisches Kennzeichen der letzteren neben der VVieder-
liolung älterer Partien Beschränkung auf Hauptpunkte her-
vorheben Trotzdem hat der 1. Mittelsehultag sich für einen
lediglich facultativeu Charakter der lateinischen und griechi
sehen Pensa erklärt; die Ojmnasialseetion des IT. Mittäsehnl*
tages, der 1892 — also wreits naeh dem letzten Brlasse —
abgehalten worden ist, hat sieb für ihre gänzliche Auflassung
ausgesprochen. Die Gründe dieser Stellungnahme sind theil?
in der Unmöglichkeit einer wirksamen Controle, theils in der
Zwecklosigk^•ir dn- Hausarbeiten gelegen, wie z. B. bei der
letzteren (ielegenheit Lampel erklärt hat, es sei ihm nicht ge-
lungen, zu erfahren, was durch die Hausarbeiten erreicht
worden ist.
Der Wert der häuslicheu Arbeiten und ihre Bedeuiunsc
auch für den lateinischen und griechischen Unterricht ist bei
uns nie verkannt worden. Mag man auch immer mehr das
Hauptgewicht auf die Arbeit in der Schule selbst legen, würde
man doch diese Ergänzung schwerlich missen wollen. Der
radieale Standpinikt. den Schiller in der Berliner Schulconferenz
vom Jahre vertreten hat (Verhandlungen über Frafjen
des hüiieren Unterrichtes, Berlin iJ^yi. S. 425 und .^48>, dürfte
in österreichischen Mittelschulkreisen wenige Anhänger zählen.
£r beantragt — und hat dies auch au seiner berühmten Anstalt
dttrchgeftthrt — nicht nur die Auflassung der Hausarbeiten
aus den Fremdsprachen im engeren Sinne, sondern der häns*
lieben schriftlichen Übungen Überhaupt und will sie durch
Schularbeiten und Anschreiben an die Tafel ersetzt wissen.
Soweit ist meines Wissens keiner unserer Schulmänner gegan-
gen, wobei natürlich der Volksschulunterricht auÜer Betracht
bleibt. (Hier hat allerdings Otto I.eißner im Dittes'schen Päd-
agogium VIT, HH» fl*. einen äliiiliehen Standpunkt vertreten.)
Aber mau kann die Befestigung des Wissens und Könnens
durch die häuslichen Übungen sowie ihren Einfloss auf die
Entwicklung der Selbstthätigkeit anerkennen und dabei doch
^ j . ^cl by Google
Die lateiniücfaen nncl griechischen Hausivrbeiteu im UotergyniDasiutu. 15 <
«
die Notbwendi^keit der eigenUielieii ^Hausarbeiten", wenigstens
für das Lateiniaehe und OrieeliiBebe, in Abrede stellen. Sie
sind in ihrer gegenwartigen Gestalt ein eigenartiges Zwitter-
ding. Dies beweist schon die Unklarheit über ihre Oensier-
barKeit, die sich auch in dem widerspruchsvollen Charakter
der iniitlielien Verrügunpron ansspriclit. So führt der Ministerial-
erlass vom 2. Mai ibSl unter den ..Änderungen .... des
Lehrplaues bezüglich der schriftlichen Aufgaben, welche der
Correctur und Censur unterliegen" auch die in der Zahl der
Pensa an. Dagegen beißt es iu den Weisungen S. 45: ^Es
versteht sieb tob selbst, dass ein sicberes und auf die Scbluss-
cla8si6catio& Einfluss nebmendes Urtbeil .... nur auf jene
schriftlichen Arbeiten gegründet werden kann, welche sie
selbständig, d. h. ohne fremde Hilfe oder be^^onderes Hilfsmittel
angefertigt haben." Der Arbeitsfleiß und die newisseuhaftig-
keit in der lientttzung der Hilfsmittel soll iineb den Instructionen
fp. 10) vor allem aus den Hausarbeiten ertiichtlich werden.
Nun beides können ja die Priiparatioueu mindestens ebenso
gut an lien Tag legen. Zur Hervorhebung des au zweiter
Stelle genannten Umstendes hat übrigens wohl die Analogie
der wissensehafÜicben Hausarbeiten der Lebramtocandidaten
ein weni^ beigetragen; für die lateinischen und griechischen
Hausarbeiten, die ja jetzt nur im Untergymnasiam yerfertigt
werden, ist er ziemlich bedeutungslos.
Die Daseinsberechticfiiurr der Hau^sarbeiten — wir denken
natürlich immer nur an die allolassiselieii Sjiracben — bernlit
also ausschließlieh auf der Annahme, dass sie allein imstande
sind, zwei, allerdings sehr wichtige, Zwecke zu ertidleix:
die Wiederholung älterer Partien und die Befriedigung der
speciellen Glassenbedürfnisse. Die Weisunffen leugnen (S. 44 j
die Möglichkeit, den ersteren Zweck dunui die Präparationen
zu erreichen. Nun ist es ja doch nicht geradezu ausgeschlossen,
dass man selbst von der Secunda (in der Prima gibt es in
unseren Gegenständen keine Hausarbeiten^ aber jedenfalls von
der Tertia an von Zeit zu Zeit /.nsanimenhängende Stücke über-
.setzen lässt, die eine ältere Partie behandeln; die rbunes-
bücher enthalten da eine große Au^wiiiil. Aber vor allem wird
doch der Lehrer die Gelegenheit nie versäumen, in den Schul
arbeiten immer und immer wieder die wichtigsten Formen und
Constructionen einzuprägen. Dieses Bestreben muss durchaus
nicht zu ungeheuerlichen Dictaten mit gesuchten und geschraub-
ten Wendungen führen. Im Gegentheile. man wird schon durch
die Natur der Sache dahin gebracht. Der Lehrer braiu ht doch
weder sich noch die Sobüler übermiU^i«; '/u quälen . um. wenn
er etwa speciell den (Jebraurh des Gerundiums einzuüben hat,
in den betreüeuden Sätzen auch die eonsfrutio trhiporum zur
Anwendung kommen zu lassen. Lud ähnlieh verhält es sich
mit dem zweiten Zwecke. Überall werden die Schulaufgaben
so gestellt, dass sie auf die Eigenart der Classe zugeschnitten sind.
158 Dr. S. Spitzer.
Es versäumt wohl da schwerlicli jemftnd, in den Crompositionen
immer wieder das eiuzuübeii, was die raündlicheu Prüfangen
uud die früheren Arbeiten als der Einiibiiug bedürftig erwiesen
hal)en. Die Scliüler babeu Lieblingstehler, welche die Tendenz
fortwährender \\ iederholung in sich tragen und nur durch un-
ermüdliche Correctur niülisam ausgerottet werden kfinnen. Beide
Zwecke also laüsen sich durch Präparationen uder Schularbeiten
erreiehen, und es bedarf dasa nicht einer eigenen dritten Kate-
gorie. Von den Missbränchen 2a sprechen, ist da nicht mehr
ndthig; sie sind an den oben angeführten Stellen richtig her-
\ i genoben worden. Die Schüler werden demoralisiert, für den
Lehrer ist die Correctur eine nutzlose Qual und Zeitverschwen-
dung. Übrigens hat der Ministerialerlass vom 30. September
18tn diesen Gedanken in sehr zutreft'ender Weise ausgeführt,
um die AbschaÜuug der Hausarbeiten fius Latein uud Grieehi^ich
für das Obergymnasium zu begründen. Ls tragt i>ich nun,
warum sie für das Uutergymuasium aufrecht geblieben sind.
Eine herafene Interpretation liefert uns wohl eine Stelle in
dem Aufsätze Huemers, der die Bedeutung des Erlasses aus-
einandersetzt (Zeitschr. f. d. dst Gymn. S. 1029 ff.):
,^Demnach wurde auch an dem propädeutischen grammatikali-
schen Unterrichte im Unter^ymnasinra und dem damit ver-
bundenen Auffr;'^'^ nwesen nielit im mindesten gerüttelt.'' Nun
werden wir aber die Hausarbeiten aus den bereits entwii-kelten
üiundeu weder für ein passendes noch für ein unentbehrliches
Mittel dieser — sicherlich höchst nothwendigen — grammuLi-
sehen Übung ansehen können.
Die lateinischen und griechischen Hausarbeiten sind im
Gegentheile für das TJntergymnasium noch weniger geeignet
als für das Obergjmnasium. Hier kann man wenigstens Alil-
derungsj":! ündo anführen. Es könnte geltend gemacht werden,
da.ss für umfangreicher»' und stilistisch schwierigere Arbeiten
das ZeitausraaÜ der Couipusitiouen nnznreiciiend wäre. Für die
unteren Classen fällt aber ein derartiges J'iMl' iikeu hinweg. So
hauen bich denn auch m der Discussiun des L Mittelschul-
taffes einige f&r Auflassung am üntergymnasium, aber Bei-
behaltung am Obergymnasium ausgesprochen. In den „Gesichts-
punkten'^ der neuen preußischen Lehrplane heißt es S. 65:
„Demgemäß sind die Hausarbeiten als eine wesentliche Ergän-
zung des Schulunterrichtes besonders für die mittleren und
oberen Classen zu erachten.'' Für die untersten zwei Classen
wird die Hesehränknng auf l\einselii-ifteti fMii|d"idih'n Die Lehr-
pläue sellist weichen allerdings :iut" die.^rni liebiete von den
unsrigea nicht erheblich ab. In Bayern dagegen sind die Haus-
arbeiten aufgehoben.
Auch bei uns wäre die folgerechte Fortführung dessen,
was man im Jahre 1891 begonnen hat, wohl an der SSeit. Xach
einem äußeren Ersätze braucht man sich da nicht umzusehen;
der Lehrstoff würde nur leichter bewältigt und — was wich-
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Die lateinischen und griechischen Hausarbeiten im Untergymnai^iutu. 159
tiger ist — die Lekranfgabe besser erledigt werden. Mit Ver-
gnügen würden gewiss die Lehrer des Lateinischen und Grie-
chischen, wenn man ihnen diese lästige und fruchtlose Arbeit
abnähme, auf ^federen (bereits angedeuteten) Wegen noch
rüstiger den Zielen zustreben, die bei der Einführung der Haus*
arbeiten vorgeschwebt haben.
L>icjui^L.ü cy Google
160
Dr. Franz Spengler.
Adalbert Stifter, als Erzieher.
Vortrag von Prof. Dr. Franz Spengler, Wien, gehalten am 22. Janaar ISdti.
In weni^eu Tagen werden dreißig Jahre verflossen seuit
seitdem A. Stifter dahingegan^n ist. Dieses Datum ist von ganz
besonderer Bedeutuog, da seine Werke von diesem Zeitpunkte
ab für den buchhändlerischen Verkehr frei werden. Neue und
billige Ausgaben werden an verschiedenen Orten vorhet- itet,
und es ist zu erwarten, ös^s die Bekanntschaft mit den Werken
des Dichters wieder weitere Kreise gewinnen werde. Auch die
Schule wird sich voraussichtlich mit Stifter eingehender zu be-
schäftigen haben, als dies bis jetzt geschehen ist. Diese Um-
stände haben mich veranlasst, auch in unserem Vereine einige
Worte über den Dichter zu sprechen, dem ich von Jugend an
manche weihevolle Stande verdanke. Möge die Vorliebe ^ den
heimischen Dichter es entschuldigen, wenn ich in meinen Aus-
führniigpii hie und da nhpv den Kähmen dessen hinausgehe,
was durch den Titel meintä Vortrages angekündigt ist!
. Wilkt den Dichter dn verstehen,
Miuat in Dichten Lande gehen.
Dieses oftcitierte Wort hat für Adalbert Stifter ^anz be-
• sondere Bedeutung. Das ürtheil ttber den Dichter schwankt
hin und her. £s gibt wenige, die nicht den „Hnehwald" oder
den ^Abdias" gelesen haben, aber es gibt viele, die darüber
nicht hinan8n:ekommen sind, und denen die eigenartigsten seiner
Diclituugen verschlossen blieben. Solilagworte helfen dazu, den
Dicliter abzunrtlieilen, und auch Le>siiiirs ^Luokotfri" wird herhei-
geaogen, das Verdienst des malenden Dichters zu schmälern. Aber
seine Landsleute im böhmischen Walde oder andere, die Wander-
lust desselben Weges trieb, sie schenken ihm ihre volle Liebe.
Es ist kein ffroßer Bezirk, in dem Stifter heimisch ist.
Wenn man eine der Hohen des Waldes erklimmt, kann man
sein Reich fast überschauen. Wer die braunen (Quellen und
Bäche, die im Böhnicrwalde bertrab rauschen, zu ihrem Ur-
sprünge vert^Sc^t, w^r l)rtMvt'ssel oder Soliöiiiii^er di»' Blicke
schweifen läüst uIm r Herg und iiuil, W nld uiul Wiese wen lii/iein
ins büluulsche Land und gegen Mittag bis an die fernen Alpeu-
berge, überschaut überall des Dichters grundeigenen Boden.
Und wie seine Lebenspfade ihn weiter hinausfuirten in das
ebene Land, wo die Donau dahinwallt, von Passau bis Linz und
von Linz bis W'ien, so erweitert sich sein Reich, aber es ist
dasselbe gelobte Land, das er als Knabe \ on den Gipfeln seiner
W aldberge mit ahnender Seele geschaut hat. Auch die Wunder-
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Adalbert Stifter, als £rzieher.
weit der Alpen hat sich ihm oft erschlossen, doch nur in ihren
Vorberffeu, tief ist er nirgends eingedrungen, von einer Studenten-
fahrt abgesehen, die ihn nach Heiligenblnt und an den Faß
des Großglockners brachte. Von Linz führte ihn sein Weg immer
wieder nach Gmunden au die Gestade des Traunsees und das
Thal der grüuon Traun entlang nach Ischl und an den Hall-
stUtter Spp. Das Et bernthal und der Waldbachstrub, der aus den
Eisfeldern des Dachsteins herabrauseht. und weiter hinauf die
Halden der Oehsenwies. das öde ^\ ildkar und die Schneeflächen
des Karlseisfeldes mögen die Wunder weit abschließen, in die
uns der Dichter immer und immer wieder zu geleite u pflegt.
Gelegentlieh weüt er bei einem Gastfreunde an der ungarischen
Grenze. Im Westen kam er bis München und Nürnberg. Das
Meer hat Stifter nur einmal erblickt, als er Triest besuchte,
zu der oft geplanten und ersehnten Reise nach Italien ist es
nie wkommen. W^enn der Dichter die Wüsten Afrikas schildert
und an den Ufern des Gardasees ebenso heimisch /.u sein scheiut
wie an den Gestaden des Gmundner Sees, so hat ihn doch nur
die dichterische Intuition geleitet. Wer den „Witiko" gelesen hat,
weiß, dass dessen Fahrten und Züge im wesentlichen Stifters
eigenen Reisewegen entsprechen. Aber seine Heimat ist der
böhmisch-bayrische Wald geblieben, dessen schwermüthig schönes
Bild er im Herzen trug seit der Zeit, als es ihm ,,gegönnt
war, dort zu wandeln und einen Theil jenes Doppeltraumes dort
zu träumen, den Her Himmel jedem M»'!iv;elien einmal und ge-
wöhnlich vereint gibt, den Traum der Jugend und den der ersten
Liebe." An den Fuß des Dreisessels hat es ihn immer wieder
fezugen, dort hat er wieder geweilt als Greis, als holzschuh-
ewaffneter Siedler in den Lakerhäusern gehaust und dort auch
die Keime der Krankheit geholt, die seinem friedlichen Leben
ein sanftes Ende bereitete.
So ist Stifter aufgewachsen am Waldessäume, Unterricht
nicht nur in der Schule empfangend, sondern flberall in Wald
und Wiese, in Feld und Busch, wo seinem wundernden Auge
sich die Herrlichkeit der Gotteswelt wies. Das Unglück dos
Vaters entschied sein Schicksal. Kremsmüuister ward die Anstalt,
wo er regelmäßigen Unterricht erhielt. Es ist nicht meine Sache,
die Wirkungsweise geistlicher Schulen iu Üäteneich zu schildern;
für Stifters Eigenart scheint sie in vieler Hinsicht bestimmend
gewesen zu sem. Dem Walde entrdckt, war er hier den Alpen
näher. Schon hier bat Stifter seine pädagogischen Schwingen
geregt. Der fähige Schüler wurde dazu ausersehen, jüngeren
enossen nls Vorspann zu dienen, und erwarb sich so das Ge-
schick, das ihn später befähigte, jahrelang als Hauslehrer sein
Dasein zu fristen.
Wie sein ..Witiko"' donauiiut'wärts fährt, um den Hof der
Babeuberger zu besuchen, so ist er selbst in Wien angelangt, um
den Universitatsstudien zu obliegen. Er hat seine Ankunft und die
ersten Tage selbst in launiger Weise geschildert. 1826 hat Stifter
.»Ostcrr. UUtelwliiil«". XII* Jabirg. XI
Iü2
Dr. Franz Spengler.
die Universität bezogeii, iiu Juüi 1850 wurde ihm die luspection
der Volksschulen in Oberösterreich anvertraut. In dieser ganzen
Zeit hat er sein Brot durch das Ertheilen von PriratlectioDeii
gefunden, in den späteren Jahren kam allerdings noeh der Ertrag
seiner Schriften hinzu. Der einzige Vortheil, den dieser blutige
Dienst dem jungen Manne brachte, war der Eintritt in Yornehme
Häuser, der dem Dichter wertvolle Bekanntschaften vermittelte
imd seiner Bildung einen gewissen äufUM-en SclilitV gül). Hier
lernte er die Behaglichkeit des Lebensgeuusses kennen, die er
im ..Nachpommer" in breiter Bequemlichkeit ansei luuuleilegt.
Das Elend des llausslehrerthums hat Stifter beredt geschildert
in der zweiten Fassung der ,^ Mappe", die biographisches Material
in Fülle enthält. Wenn er neben den Rechtsstudien sein Haupt-
interesse den Naturwissensehaften zuwendet, so dürfte dadurch
auch die Hauptrichtung seiner pädagogischen Thätigkeit gekeun*
zeichnet sein. Daneben mochte es ja vorkommen, dass er junge
Miidchen in die Literatur und Ästhetik einführte. Er selbst Imt
in seinen Werken wiederholt Erinnerungen au diese Thätigkeit
niedergelegt, in den „Feldblumen" und namentlich im „Nach-
soimuer". wo der alte Freiherr von lliesach die wis.sensehaftliche
Ausbildung seines Sohnes selbst in Händen hat. Über Stifters
Eigenart äs Hauslehrer unterrichtet Emerich Ranzoni in einem
Aufsatze, den er seinem Lehrer gewidmet hat. (Adalbert Stifter.
Ein Beitrag zur persönlichen Charakteristik des Dichters. Gon-
cordiukalender f, d. J 18(3'J, p. 209 ff. ) Er preist die anregende
Art des Lehrers, seine Schüler zu fes.seln, bei dem Gegenstande
festzuhalten, das Zerstrente ihre?? Wissens zu ordnen und schlielJ-
lieh in abgerundeter Darstellung das also Gewonnene zu ver-
einigen. Auch die Unterrichtsstunde, die in dem genannten Auf-
satze vorgeführt wird, hat Naturwissenschaftliches zum Gegen-
stände, die Erklärung meteorologischer Erscheinungen, ein
Lieblingsthema, das auch in Stifters Schriften immer wieder-
kehrt. Man erinnert sich an den „Abdias", die breiten Erörte-
rungen im Nachsommer", seine Schilderungen der Wiener
Wetterverhältnisse und nicht zuletzt au die Wiuterbriefe aus
tircli^^f'hlfig
Vj< Ut gleichwohl bezeichnend, da.ss Stifter diese auf-
reibende Thätigkeit jedem festen, geregelten Berufe, der ihm
frühzeitig lläude und Füße gebunden hätte, vorzog. Wir wissen,
dass es ihm leicht geworden wäre, eine gesicherte Anstellung
zu finden. Aber Stifter wich aus, solange er es Termochte. Die
Ferien brachten den Studenten immer wieder in die Heimat,
über ein Liebesverhältnis, das das Empfindungsleben des Jüng-
lings ins Wallen brachte, haben wir erst in neuester Zeit durch
Johann Amman Aufklärung erhalten, über sein Nerhnltnis zu
i'aiinl (iiripf'l Ein seltsura^«'^ Verhiiltnis! Ein junges Fried-
berger M;oi< li i. di ren Cit ^flNelnift er in den Ferien schöne
Stunden verdanuL. schenkt ihm ihr ilerz. Nach AVien zurück-
gekehrt, kann er gleichwohl zu keinem Entschlüsse gelangen.
Adalbert iStifter, als Erzieber. 163
Er sebreibt die tonderbaretexi Liebeebriefe. Er qaält sie, er
will TOD ibr das Wort baben, dass alles wieder aus sei, er will
es aber selbst nicht aussprechen und offenbart so ein räthsel-
haftes und fahriges Wesen. Und dieses grausame Spiel wieder-
holt sich. Er hat die Wahl zwischen der Kunst und der Ehe.
Die Eltern Fanui'^. l»r:ivo Lt^ute, wollen Ton einem Verkehre
nichts wissen, elie Mifter nicht begründete Aussicliten auf eine
gesicherte Leln-nsstelhmg nachweisen kann. Aber J^tit'ter zieht
es vor, zur Forti»etzung der Prüfung, die er zumiheil ab-
gtlogt und trefinich bestanden hat, nicht zu erscheinen. Die
F^olge ist ein Auseinandergeben. Fannis Oefttbl scheint freilich
nicht tief gegangen zu sein, denn sie schenkt ihre Neigung
bald einein anderen Manne.
Den Dichter wühlt es viel tiefer auf. Und doch geht der-
selbe Mann, dessen Briefe an Freunde noch von leidenscliaft-
lichfMi Ergieliungeu der Reue und erneuten Hoilnung über-
quellen, bald darauf die Ehe mit Amalie Mohaupt ein. Was
ihn da/.u bewog, ist ganz unklar. Eine Vernunftehe kann man
es nicht nennen, wenn mau von dem Elende des jungen Haus-
standes liest. Aber Liebe war es noch weniger, denn seine
Gedanken weilen auch zu dieser Zeit bei Fanni. Amalie Mo-
haupt erscheint nach den neuesten Veröffentlichungen in ihren
Briefen aus der ersten Zeit als ein gemüthloses und ungebil-
detes Wesen Was sie an der iSeite des Dichters geworden ist,
zi'igeti die Briefe, die dfr Greis n}i die Gattin geschrieben hnt.
d«?n'n Innigkeit der Iiilniinst eini's jngendiichen Verehrers) alle
Elire geniueht hätte. Allerdings, so ersehien sie dem Dichter, und
k>tifter war stets eine enthusiastische Natur, die den Maßstnb der
kühlen Erwäguug und Beurtheilung nur zu oft aus den Händen
verlor; zumal seit er aus dem Kunst- und Gesellschaftsleben
Wiens in die engen Verhältnisse «1er Provinzstadt versetzt wurde.
Stifters Ernennung zum Schulrathe hat dem Dichter nicht
zum Heile gereicht, so schön der Gedanke gewesen ist, eiueu
durch (üp Kunst geadelten Mniin auf einen Aufsiehtspn-sfpn v.n
berufen und damit sowohl der »Schule als dem Manne st lli^t zu
dienen. Uber Stüters Tliätigkeit ist wenig zu sagen. Befriedi-
gung hat sie ihm keinen Augenblick gewährt, und seine dich-
terische Schaffenskraft ist durch sie völlig lahm gelegt worden.
Es klingt traurig, wenn wir den Dichter über seine Zeiteinthei-
lung berichten liören und erfahren, dass er sich täglich des
Morgens eine halbe Stunde Tor dem Beginne der Amtsstunden
im Bureau alwperrt, um zu — dichten. Lästige Amtsreisen
zersplitteni seine Znit. und so klingt denn der Ruf nach Kuhe
immer fMndriiifrlicher aus seinen Briefen. M:in kann iii-^lich
b* liiiupteu . vom Tage seines AnU!<:ini rittes hatte Stifter keine
andere »Sehnsucht als die, wieder in den Ruhestand zu treten.
Als dieser Wunsch in hochherziger Weise erfüllt wurde, war
es zu spät. Stifters physische Kraft war gebrochen, er gieng
bald darauf zur ewigen Ruhe ein.
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164
Dr. Franx Spengler.
Die Aiifsiitze üijer Schule und Sehulbildunff aus dem Jahre
1849. die in .stiiieu „Vermischten Schriften" (II. p. 2'2i) ff.) zu
findeu sind, zeigen, dass Stifter bich schon irüher mit seiner
Aufgabe vertraut zu maehen gesuclit hatte. Es sind pu^mlire
Attseinandersetzungeu Ober die Aufgaben der Scbnle und die
Pflichten des Staates. So arm, so dUi^tig, so unausgestaltet ist
der Mensch, und dennoch ist er das erste und herrlichste der
sichtbaren Geschöpfe Gottes. Nur er hat eine Geschichte, sein
Ziel ist fortschreitende Vervollkommnung. In naiver Weise
schildert er die Culturfort^^chritte der Menscliheit, deren Auf-
gabe es sei, zu lernen. Zunächst ist daa Leben selbst die vor-
züglichste Schule. Kein einziges Lernen ist schwieriger als das,
die Freuden, die Gott in die Welt gelegt hat, reobt zu genießen.
Weil der Mensch nicht alles in der Schule des Lebens lernen
kann oder zur Erlernung große Umwege brauchen würde, so
sind für ihn die eigentlichen Schulen nothwendig. Die einfachste
und wahrscheinlich auch älteste Schule dieser Art ist die Fa-
milie. Er schildert mm die Pflichten der Eltern und den Segen
der häuslichen ErzieluiiiLj. Deshalb ist der Stand der Ehe ein
heiliger Stand. Deshalb sorj^e der Staat dafür, dass wir rechte
Väter und Mütter erhalten. Der Bilduugsuünister im Staate
muss nicht sowohl ein Fachmann sein, sondern er soll der
Beste, Weiseste und Menschenliebendste im ganzen Umfange
des Reiches sein. Leider ist die Familienschäe zumeist nicht
in den richtigen Händen. Dafür hat die eigentliche Schule umso
frößere Aufgaben. Jeder vorzügliche Staat, vom Alterthume
is zu unseren Zeiten, und jeder vorzügliche Mensch, der in
einem Staute lebte uiul ihn leitete, hat eintxe.-^eheii, dass Linter-
rieht und Erziehung die einzige nieiiseh liehe Ixrundlage des
Staates und die einzige Stufe zum Glücke und zur Vollkommen-
heit des menschhchen Geschlechtes ist. Am liebsten verweilt
er bei der LandschulCi d. i. der Volksschule, die ihm die wich-
tigste Schule ist, weil sie den größten Wirkungskreis hat. Er-
ziehung zur Tugend und Kechtschaffenheit durch Männer, die
solche Eigenschaften selbst besitzen, ist ihr Ziel. Daneben soll
sie den allgemeinsten Bedürfnissen dienen, denn mit dem
Schreiben, Lesen und Rechnen allein sei es nicht g^ethan. wenn
es sich nicht auf einen gewissen Erfahrungskreis gründe. Sogar
geWLsse Kenntnisse ül)cr die Einrichtung des Staates soll die
Volksschule vcjmittelu. Denn unserer Zeit, wo selbst die
untersten Stände in die Lage kommen können, auf den Staat
einzuwirken, zum Beispiel durch Wahlen und dergleichen, und
wo, wie klein auch die Einwirkung des Einzelnen sei, diese
doch durch die Menge unabsehlicli wichtig wird, ist es eine
unausweichliche Nothwendigkeit , dass jeder Kenntnis von
Staatsdingen habe, die ihn zum wirkenden oder auch nur zum
einsichtsvollen Bürger dieses Staat e.-i mache.'* Er verspricht,
diesen Gedanken bei anderer Gelegenheit näher zu erörtern,
wie er überhaupt den Kopf voller Pläne hat, die alle auf seine
üiyiiizeQ by GoOglc
Adalbert Stifter, ah Erzieher.
165
künftige Stellung Be/iig hnben. Aber (1<m- frisclie Eifer erlahmte
bald, und der Dieliter sah seine llort'nuiig. wie er als Schrift-
steller seine höchste Aufgabe darin erblickte, auf das Volk ver-
edelnd und erziehend zu wirken, so auch als Schulrath eine
auf die Bedürfnisse des Volkes segensreich einwirkende Thätig-
keit entfalten zu können, enttäuscht
Viel Interesse zeigte er für die GrrQndung der Realschule
in Linz. Er yereinigte sich mit Joh. Apren t, einem seiner
Linzer Freunde und Berufsgenossen , zur Herausgabe eines
deutschen Lesebuches. Ich habe es nicht zu Gesicht bekommen.
Soviel aus Stifters Brief^'u hervorgeht, suchten die Herausgeber
den Lesestoff so wenig als möglich zu zerstückeln» und boten
in umfangreichen und nir»glicbst vollständigen Stücken clas«ji-
sche Muster antiker und moderner Kunst, Das Buch durch-
zusetzen, ist dem Dichter nicht gelungen; wie es scheint, stieß
er dabei mehr auf den Widerstand der Lehrerschaft, die aus-
Setretene Bahnen nicht zu verlassen gewillt war, als auf den
er vorgesetzten Behörden.
Auch der „Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien"
hat er in ihren ersten Jahr^rängeu ^»'inen Namen geliehen,
ohne ntih, wie ich glaube, merklich um ihre Interessen zu
kümmern.
Wichtiger als Stifters persönliche Thätigkeit erscheint der
hohe erziehende Wert seiner Schriften. Religion und Kunst
sind ihm enge yerbündet. Sie verfolgen dieseloen Ziele. „Der
Mensch sei nicht zuerst der menschlichen Gesellschaft wegen
da, sondern seiner selbst willen. Und wenn jeder seiner selbst
willen auf die beste Art da sei, so sei er es auch für die
menschliche Gesellschaft.'" Die.se Wort« lesen wir im ,.Nach-
sommer". Und an anderer Stelle: ..Gott hat uns auch nicht
bei unseren Handlungen den Nutzen als Zweck vorgezeichuet,
weder den Nutzeu für uns noch für andere, sondern er hat
der Ausübung der Tugend einen eigenen Heiz und eine eigene
Schönheit gegeben, welchen Dingen die edlen Oemfilther nach-
strehen. Wer Gutes thut, weil das Gegentheil der mensch-
lichen Gesellschaft schädlich ist, der steht auf der Leiter der
sittlichen We.^ ii schon ziemlich tief. Dieser müsste zur Sünde
greifen, sobald «ie dem menschlichen Geschlechte oder ib in Nutzen
bringt.'' Diese Grundsätze bestimmen auch den A\ irkuugs-
kreis den Dichters. Darum hat er nicht das Laster .^:it irisch
ausgemalt, sondern die Tugend in ihrem „reizenden" (n wande.
Seine Dichtung trägt einen idyllischen Charakter, es sind gute
Menschen in einer guten Welt, die er uns vorführt^ und wenn
sie jemals den StUrmen der Welt und der Leidenschaft aus-
esetzt waren, so schildert er uns nur die Ruhe, die auf den
türm gefolgt ist. Auch die Liebe ist ihm zumeist keine Leiden-
schaft, sondern ein stilles Werben, das der Entfaltung ent-
gegenharrt. Das Verhältnis der Ehegatten . überlianpt das
Fumilieniebeu hat er mit Vorliebe zur Darstellung gebracht.
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16G
Dr. Franz äpengler.
Der Ur^roßfater« der Großvater, die Großmutter, in ihrem
Verbältnuae zu den Enkelkindern patriarebalisehe Gestalten,
schreiten ehrwQrdiff durch seine Geschichten.
Auch das Proolem, deun von eiuem solchen kanu nach
der Art, wie es Stifter behaudelt hat« die Kede sein, auch das
Problom der kinderlosen Ehe liat er zum Gegenstande der
Dielituiig gemacht im Waldgiiiiger". Der Held ist der Kuge
und Dürftigkeit eines prutestautiselien Pfarrhauses eutsprosseu.
Seine Ehe mit Ctuoua bleibt kiuderlüs. Die protestautisclie
Kirche ermögliclit die Scheidung. Die Frau macht selbst den
Vorschlag: „Was wir auch durch unsere Verbindung erreichten,
was wir uns auch gegenseitig gegeben haben, ein Zweck, ein
hauptsächlich ] ist nicht erreicht worden. Die Gatten gehen
auseinander. Er heiratet wieder, zwei Knaben werden ihm vom
Schicksale gegönnt. Sie geht einsam durch die Welt. Als er
sie zufällig begegnet, antwortet sie auf die Frage des Mannes,
ob sie wieder vermählt sei: .. leli liahe es nieiit vermocht.'^ In
diesen Wortuu gipfelt <lie ganze Erzülilung. Auch er findet
das Glück nicht, das er ersehnt hat. Die Kinder werden grob
und gehen in die Welt. Im hohen Alter, da sdn Weib ge-
storben ist, hätte er gerne Corona aufgesucht, allein er schämte
sich. So wird er der einsame Waldgänger, der sein Herz an
den Hegerbuben hängt, ihn auf seinen Wanderungen mit sich
führt, ihn schreiben und lesen lehrt und endlich in die Welt
hinausschickt. Hierauf ist auch der Waldgänger für immer
aus der Gegend weggegangen.
Auch die Ehe des i)iciiteis mit Amalie Mohaupt ist kinder-
los geblieben; so scheint diese Erziililuiig zum eigenen Truste
gescnrieben; denn dass er den Mangel schmerzlich empfand,
ist bekannt, auch dass er ihn durcli die Annahme fremder
Kinder und Hausgenossen zu ersetzen suchte, wobei er freilich
Bitteres erfahren musste.
Alle Erzählungen, die in den Jahren 1843 — 53 getrennt
erschienen und später als „l-?nnte Steine" gesammelt wurden,
sind als Kiiidererzähluugen ge(hic]it. iiirlit als Er/.;ililungen für
Kinder, wühl aber uIü Erzählungen, die von Kindern handeln.
Allerdings hat der Dichter, dem es um eine Zusummenfassuug
bereits vorhandener Erzählungen unter einem Gesammttitel zu
thun war, diesen Gedanken nicht ganz durchgeführt. Die erste
Erzählung „Granit" führt in des Dichters Heimat und Jugend.
Das Abenteuer mit dem Pechbrenner und die Fürsorge des
Großvaters für den Enkel ist nur der Rahmen für die Erzählung
von den beiden Kindern, die zur Pestzeit im Walde hausen
Das Gerrenstück dazu bildet der ^Bergkrystall*', dessen Eut-
stehung<gesrhiehte durch Fr. Simony (vgl. E. Kuh, ^Zwei Dichter
Österreichs", p. ff.) in liebenswürdiger Weise erzählt worden
ist, eine der schönsten Blüten Stifter'scher Kunst. Öannah und
Konrad yerfehlen auf dem Heimwege über den Hals die
Richtung und yerbringen die heilige Kacht in den Eisfeldern
Adalbert Stifter, ak Erzieher.
1Ü7
des Gletschers. Es ist schwer, die Enähluiiff zo locaUsieren.
Stifter hat nicht immer wirkUehe Landschaften geschildert,
auch sind die Ortsnamen zumeist erfanden. Mir scheint es
unzweifelhaft, dass er in diesem Falle an Heiligenhlut nnd
den GroUglockuer gedacht, tlies aber mit Erzählungen Simonys
und eigenen Anschauungen vom I ^.u listeinf^letscher zu einem
Phantasiebiliie vereinigt hat. Auch der ^Kalkstein" ist ein echter
..Stifter". Der Erzähler ist bloß der Zuschauer, der mit der
Handluug in losem Zusamiueuhauge äteht, eine Technik, die
in Tielen Erzählungen Stifters wiederkehrt. Hier ist es der
lugeniettr, in der „Brigitta" und in den „Beiden Schwestern''
der Gastfreund. Zuerst wird der Zustand des Pfarrers in
ganzer Breite auseinandergelegt. Diesem entspricht genau die
Schilderung der Gerrend. Darauf folgt die Erklärung des Zu-
staudes durch die Erzählung des Vorlebens: eine Jugendliebe,
so zart wie em ilaueli, in rührnnde Verbin<lunt; ixel)nu-ht mit
der Vorliebe des Pfarrers für kostbare Lein» invaselie. Aus dem
ßlätterwerke der Li/:aüluug bricht dann zum Schlüsse die
Blume: der Pfarrer spai-t wie ein Geizhals, lebt wie ein Heiliger
und hinterlässt ein Testament fUr die Sehulkinder. Im Mittel-
punkte der Erzählung steht die ehrwürdige Figur des Pfarrers,
der die Sehulkinder durch den augeschwollenen Bach führt.
Am wenigsten scheinen die beiden anderen Erzählungen
in dtMi liahmeu der Kindererzählungen zn passen. „Turmalin,"
eine chmkle Gesi-hichte, wie sie der Dichter sell)st nennt, zälilt
mit dem „Alten Siegel", das einer anderen Sammlung angehört,
trotz mancher Vorzüge nach meinem Gefühle zu den unerquick-
lichsten Schöpfungen des Dichters. In beiden Erzählungen
handelt es sich um Ehebruch. Leidensehaften darzustel&n,
die zum Verbrechen fQhren, die das Innerste aufwühlen, ist
nicht StlfttMrj Sache. Schon die Wahl des Motivs befremdet
jedeu, der die Keuschheit der Stifter^schen Muse kennt. Freilich
(f(^ht der Dichter mit der zartesten Hand über das Geheimnis
hinwe«^, in der zweiten Erzählung erfährt der überraschte
Leser erst zum Schlüsse, was sieh ereignet Imt. lu der
Kiudererzählung aber war es ihm \vied«'r um ein pädagogisches
Problem zu thun. Er deckt die Folgen auf, die jeder Anschlag
auf die Heiligkeit der Ehe mit sieh bringt. Er zeigt, was aus
dem Kinde der beiden Eheleute wird, dessen unschuldsvoUes
Dasein ihnen zur Zeit des ehelichen Friedens ein hohes Glück
war, „dessen Wiege sie umstanden, die winzigen rotheu Lippen,
die rosigen Wangen und geschlosseneu Äuglein betrachtend",
nachdem die Mutter den Frieden der Ehe tjebroehen hat. Sie
verschwindet spurlos und stölit den ^T^tten ins Elend, dessen
exeentriseh»' Eigenschaften sich zum \\ uhnAinue ausbilden.
Xacli Jahren lüftet sich der Schleier. Der Vater, der in einer
Kellerwohnung ein Asyl gefunden, bricht den Hals, das rosige
Kind aber, das zum Mädchen herangewachsen ist, ist physisch
und geistig Töllig verkümmert.
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168
Dr, Franz Öpengler.
Auch die letzte der Erzählangen ^Bergmüch'' gebort nicht
zu Stifters eigenartigen Erzählungen, yielleieht hat er dafQr
eine literarische Quelle benützt. Als Eindererzählung erweist
sie sieh mir durch den Umstand, dass der alte Junggeselle
und Schlossherr die Kinder seines Verwalters wie die seinen
betraclitct und für sie sorgt.
Die Erzählung ^Katzensilbcr" hat der Dichter als Märchen
hezeichnet, aber gerade sie seheint auf sclimerzliche Erlebnisse
des Dichters zurückzugehen. Stüter hatte die Nichte seiner
Frau ins Haus genommen. Schon ihr Eintritt in seine Fa-
milie war ein onneilTerkQndender, da das Kind, wenn ich nicht
irre, anf der Reise nach Linz Ton einem Hunde gebissen wurde.
Auf dem Äliiddien lastete die Vererbung, es war ein wildes
Ding, an dem alle Erziehungskünste verloren schienen. Wieder-
holt bereitete sio Stifter scliwere Sorgen. Im December ISnl
schreibt Stifter an seinen Verleger und Freund Gustav Heckenast:
y.Meiu Ziehtöchterlein ist in meiner Ab\v»»senheit auf einer Anits-
excursion von Hause verloren gegangen, und ich habe sie noch
nicht. Sie ist jetzt 11 Jahre alt. Wegen ihrer früheren Ver-
wahrlosung und ihrem Hange zur Ungebundenheit war nebst
der Abstammung Ton ihrem Vater, der in seiner Kindheit und
Jugend dreimal durchgieng, wohl etwas Ähnliches zu erwarten.'*
Es ist dassen)e Mädclien. das dem Dichter sieben Jahre später,
als ihre Entwicklung durch die Liebe und Sorgfalt der PHege-
»'Itern auf das günstigste fortgeschritten zu sein schien, das herbe
A\ eh bereit»'te, ilirem jungen Leben in der Donau **m Ende
zu machen. Auf dem Zettel, den sie zurückließ, standen die
Worte: „Ich gehe zur Mutter." Konnte der Dichter auch den
tragischen Ausgang nicht Torans wissen, so sagte ihm doch
eine Ahnung, wie es mit dem Kinde beschaffen sei. Dieses
eigenartige Mädchen, das der Erziehungskunst des Dichters so
schwierige Probleme bot, hat der Di<3iter im ,.Katzensilber"
geschildert. Ein anderer Stoff, den er in der weitverbreiteten
Sage von den Wildfrauen vorfand (H. Noe erzählt si*» in seinem
„Deutschen Alpenbuche" 1. p. 444ff. ). kam ihm entgegen, und
so entstand das Märchen, das durch die B«^ziehung auf
des Dichters Leben erst seine rechte Beleuchtung erhält.
Anch eine Schöpfun^r unserer Tage, Gerhard Hauptmanns
„Rautendelein'', scheint dieser Sippe der Wildfräulein an-
zugehören.
Linter den Erzählungen der ..Studien^ behandelt der
.Waldbrunnen" einen ganz ähnlichen Vorwurf, nur ist die
Losung eine andere. Auch hier steht ein eig»'nartiges Mädclien,
ein Kind des Waldes, durch Mangel an Er/irhung vcrwihU'rt.
stiirrig in (h'r Srliul»*, an dem die pädagogische Kraft des
Lehrers »Tlalimt, aber die entgegenkommende Liebe eines alten
Mannes Wunder wirkt, im Mittenpunkte der Erzählung. In der
.Brigitta" führt die liebe znm Kinde und der Sehnsuchtslaut
des Gatten, das verscherzte und lang entbehrte Glttck des
Adalbert i^tifter, ab Erxieher.
109
Vaters ineder sa yerkoston, die Gatten nach jahrelanger
Trennung wieder zusammen.
Eine anspruchslose Erzählung ^Zwei Witwen^ dient aus-
schließlich pädagogischen Zwecken, indem sie in eontrastieren-
der Weise den Segen der guten und den Fluch der schlechten
Erziphunp^ an finpm Gpschwisterpnarf^ anschaulich macht. Sie
erinnert iu der Einfalt ihrer Erfindung an die pädacrof^schen
Tendenzdruineu und Kinderspiegel des XVI. Jahrhunderts.
Stifters eigenthümlichstes, von seinen Verehrern hochge«
sch&tztes, von dem großen Theile der Leser wenig Bekanntes
Werk ist der „Nachsommer". Es würde sich Terlonnen, die
Urtheile zusammensnstellen, die Ober dieses Back gef&Ut worden
sind. Wie hoch es der Dichter sell)st stellte, ist aus seinen
Briefen bekannt. Man kennt das hämische Wort Hebbels, der
demjenigen die polnische Krone yerspricht, der das Werk zu
£nde lesen könne.
Emil Kuh. der iu der ersten Fassung seiner Aufsätze fast
nur Worte de» Tadels über die lehrhafte Breite und uuerträg-
Uche Weitschweifigkeit des Buches hat, urtheilt einige Jahre
später wie folgt: „Einmal tapfer mitgegangen nnd die Ein-
förmigkeit des Weges in den Kauf ffenommen, werden wir im
.Nachsommer' Freuden erfahren, we rche wir sonst nirgends
fenießen, und eine heitere Bequemlichkeit empfinden, die uns
ein anderes Buch bereiten kann." Und selbst in den lehr-
haften Partien des „Nachsommei^s" findet er Stellen „von der
dnrehsichtiijen Klarheit antiker Schriftsteller''. Man sieht, von
der Verwerfung zur IJberschwenglichkeit ist nur ein Schritt.
Vielleicht liegt das richtige Lrtheil iu der Mitte.
Emil Kuh hat es anen unternommen, nach den Yorbildem
auszuspähen, denen Stifter im ^«Nachsommer'' gefolgt ist. Er er-
kennt, dass er ein Roman im Sinne der ,,Lehijahre", der „Wahl-
rerwandtschaften", des ^Don Quixote" u. s. w. nicht ist, ebenso*
wenig ein psychologischer und selbstbiographischer Roman wie
der,. Anton Reiser" oder der „GrüTU' llfMurich". Auch mit der Lehr-
liafti^^keit der „\\'aiii.hTjahre'^ zeigt der „Nachsommer" nicht die
mindeste Ähnlichkeit. Aber dass diese Altersproduction (ioetlu's
unserem Dichter vorschwebte, scheint ihm sicher. Em uiuierer
(H. Möbius) hat in der „Sächsischen Schalzeitung" ans d. J. 1871
Nr. 42 eine P»»Il.le i^Winshen Bonne«!. „^V und Stiften
^Naehsommer^ gezogen. Dieser letzte Vergleich ist abzulehnen.
Die pädagogische Tendenz sollte nach Stifters Äußerungen über-
haupt nicht in den Vordergrund treten. ^Die zwei jungen Leute
sind weitaus nicht die Hauptsache.^ sa^^i er selbst, ..sind eine
heitere Aii-.s<^]imückun^ des VV'rrkes, sein iürust und sein Schwer-
punkt muss irgendwo anders liegen.^
Man hat Stifter oftmals anderen Die hier n gegenübergestellt,
zunächst Jean Paul, dann all den Schildercru des Volkslebens,
etwa Jeremias Gotthelf, man hat an die Diehter erinnert, in
deren Leben zwei Künste um die Herrschaft ringen, an Edmond
170
Töpfer, an Tliackeray, auf Goethe natürlich nicht zu yergessen.
Aber die Parallele mit Gottfried Keller liegt sehr nahe, SQuäehst
was die äußeren Verhältnisse anbelangt. Auch Keller war Maler
wie Stifter, auch bei ihm ist die Dichtkunst ziemlich spät iu
ihre Kerbte getreten. ^^ Keller im „Grünen Heinrich" die
Studien des jungen Mau i s. das Ivingen nach einem Ziele der
Kunst, dem schließlich die iijutsagung folgte so hat auch Stifter
die eigenen, auf die bildende Kunst gerichteten Bestrebungen
immer wieder dargestellt. Schon im „Condor'^ ist der Held ein
Maler, nnd aueb der Dichter malt darin eine Mondlandschaft,
wobei ihn der Blick des Künstlers geleitet hat. Der Held der
„Feldblumen" ist ein Maler, dessen Studien uns vorgeführt
werden. Und noch in den ,.Nachkommenschaften" wird die
Selbstquälerei (h^> Malers vorgeführt, der unermüdlich Bilder
malt und wieder verbrennt, bis sein Sebieksal eine andere
Wendung nimmt. Auch der jugendliche Freund des alten Frei-
herrn von lliesach ^eht iu die Berge, um zu malen. Die Er-
zählung „Drei Schmiede ihres Glücks" erinnert durch den Titel
an Kelters „Schmied seines Schicksals'*, dieselbe Erzählung aber
auch durch das Motiv an Kellers „Geisterseher'^ in den Züricher
Novellen. Keller hat es allerdings humoristisch gewendet.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass in diesem Falle für beide
die Benützung einer franr.ösischen '}nf'llp vorliegt. Die i^ituati()n
des Schläl'erjs ist in beiden Erzählungen eine ähnliche. Es ver-
lohnt f>ich übrigens, dem Motive nachzugehen. Am grausigsten hat
es Grillparzer in der „Ahnfrau" verwertet. Hier umarmt Jaromir
wirklich das nächtliche Gespenst der Ahnfrau, die er für Bertha
hält. Auch an eine Erzählung Otto Ludwigs kann man erinnern.
Ich meine die Jugendarbeit des Dichters ,,Maria", die iu den
Gesammelten Werken, 2. Band, p. 539 ff., zu finden ist. Hier
allerdings handelt es sich um kein Nachtgospenst, aber um das
gespensti-clie Treiben der Nachtwandlerin, ganz wie in Stifters
Er/älilimg. Die Wefidnng, die Otto Ludwig dem Motive gegeben
hat. kann hingegen wieder an Heinrich von Kleists „Martiuise
von 0.'^ erinnern. Auch in seiner Sprache erinnert zuweilen Stifter
an Gottfried Keller. Man beachte etwa folgende Stelle im „Grünen
Heinrich^. Die Schulmeisterstochter Anna ist gestorben, Heinrich
halt die Todtenwache: „Es war so stfll, dass ich durch die Stille
hindurch glaubte, das Rauschen der Ewigkeit zu hören/ In den
»Feldblumen'' heißt es: ^Ea gibt eine Stille — kennst du sie —
in der man meint, man müsse die einzelnen Minuten hören,
wie sie in deri Oeean der Ewigke it liinuntertropfen.'" Ich kenne
die Unterscliieae sehr wohl, die den derberen und tüchtigeren,
dem Leben zugewandten Dichter der „Laute von Seldwyla''
von dem zarten und verscbamteu, welttiüchtigen Dichter des
Böhmerwaldes entfernen. Keller selbst hat Stifter nicht zu
strenge beurtheilt, wenn er Kuh Überschätzung des Dichters
vorwirft und von diesem sagt: „Seine Schranke lag wohl in
dem Stück Philister, das in ihm war." Aber es scheint mir trotz-
Adalbert Stifki-, aU Erzieher.
171
dem kaum zu bezweifeln, doss Adalbert Stifter auf dem Wege,
der Ton Goethes „Wilhelm Meister'^ zu Kellers „Grttnem Heinrich''
führt, eine Etappe bedeutet.
Von Jean Paul hat Stifter viel gelernt. In den frühesten
Jugend briefen bis zu denen des spätesten Alters wiiiHuelt es
Ton Jean Paurscheii Citatim. Ab^r es ist mehr der Ästhetiker
nnd Pädagop. als der Dicliter. der Ilm anzieht. Wer Stift' rs
tiicliterische Sprache ajüilysu-reii Avill, \vird übrißfens den Spuren
Jeaa i'aulä auch in den Werken nachgehen müssen.
Hührend ist das Verhältnis Stifters zu Goethe. Otto Lud-
wig sagt irgendwo: „Klarheit ist das GrundbedOrfnis meiner
Seele." In Stifters Briefen kann man zwanzig Stellen auffinden,
die denselben Gedanken aussprechen. Für Stifter aber ist Goethe
die Sonne der Klarheit, was er an ihm bewundert, ist die schöne
Ruhe, der Einklang mit sich selbst. Goethe ist Stifters Jung-
brniineu; niclit (Um- jnntr»^ Goethe, mit dem er sieh nicht ver-
wandt fühlt, zu 1 liier Zeit, aber der gereifte und alternde
Goethe, Der .. VViilieliu Mei:iter'' ist seine Hausbibel. Schiller.« philo-
fcophische und i hetorische W eise behagt ihm nicht. „Ich hin kein
Goethe," versichert er immer wieder, ;,aber ich gehöre zu seinen
Verwandten.'' In Karlsbad geht er den Spuren des Dichters
nachf nach Italien geht seine Sehnsucht nicht zuletzt aus dem
Grunde, weil Goethe dort gewandelt. Für den ^Naehsommer'*
hat er nur den Wunsch, wenn doch Goethe das Buch gelesen
hätte. Den Homer liest er wie Goethe, honiprische Einfalt
will er nachahmen und erzielen, und — es klingt fast komisch
— sogar ein Drama „Nausikaa'^ will er diehteii. Natalie ist
ein Liebliugsuame Stifters, und als die Mutter dem jungen
Gustav mit besonderer W'eihe ein Geschenk überreicht, so ist
dies eine von ihr selbst langjährig benutzte Ausgabe Ton
Goethes Werken. Dass Stifter in seinem „Nachsommer^ das
Ideal des „Wilhelm Meister'* Torgesehwebt , darüber kann
niemand im Zweifel sein.
Freilieh wird rann zunächst kaum zugeben, dass der ..Nach-
sommer** überhaupt ein Roman ist: denn er ent))ehrt der Hand-
lung. Dafür spricht ül)rigeii.>^ sehon die Entstehung; wer Stifters
liriele kennt, weil], dass es sich ursprünglich um eine Erzählung
handelte, die ganz in dem Sinne gedacht war wie die meisten
anderen Erzählungen, die wir als besonders charakteristische
Producte der Stifter*8chen Muse bezeichnet haben. Ein alter
Hofmeister hat in der Jugend durch seine eigene Energielosig-
keit und durch den störrigen Sinn der Geliebten das Glück
der Liebe verscherzt. Die Erzählung hätte den Herbst des
Nfannes geschildert und als Erklärung seines Zustandes die
Gesehiclite jener Jugendliebe eingefloehten, ganz so wie im
.,\Valdg!ing»'r'' oder im ..Kalkstein" und anderen Erzählungen,
die wir kennen. Wie so oft dem Dichter seine Gestalten über
den Kähmen hinauswuchsen« so geschah es auch hier. So hat
er zunächst in der Gestalt des Hofmeisters sich selbst geschil-
172
Dr. Frans Spengler.
dert , uudere Anregungen kamen hinzu und es wurde ein
drdib&ndigeB Bneli daraus, ein Roman aber ist es nicht ge-
worden.
Der Inhalt 'des Boches ist bald erzählt. Der Sohn eines
begüterten Kaufmantie«; Bndet auf seinen Wandernngen im
oberösterrpicbisrlit'u Hügellande — dass der Dicliter jene Ge-
genden, die ihm durch seine Inspectionsreisen l)es()ii(lor?? tpt-
traut waren, im Sinne hat, ist außer jcdom ZweilVl — im
Asperuhofe Schutz vor einem drohenden Gewitter. Der liesitzfM-
des musterhaft bewirtschaftete u Auwesens mit dem schuiuekeu
rosenbedeekten Wohnbanse ist der Preiherr von Riesaeh, der
ehemals hohe Staatsamter bekleidet hat und nun in stiller
Zurückgezogenheit seinen Nachsommer feiert. In seinem Hause
wächst Gustav, der Sohn einer befreundeten Dame, unter seiner
Aufsicht und Erziehung heran. Der Kaufraannssohn findet die
Freundscliaft des alten Mannes, und seine Besuche im Aspern-
hofe werden nun alle Jahre im Sotmner nach der liosenblüie
wiederlioll. Bei dieser Geleu, uii»>it lernt er aucli Gustavs
Schwester Natalie kenueu und gewinnt sie zur Gaiiiu. Gustav
nnd Natalie aber sind die Kinder jener Mathüde, die der Frei-
herr vor Jahren selbst flieht hat, ohne das Ziel seiner Ver-
einiguni: mit ihr zu erreichen.
Der Freiberr ist Stifter selbst. In seiner Liebesgeschichte
hat er die Erinnerung an Fanni Greipel niedergelegt, jenes
Mädcben. das er durcb sein unverantwortliches Benehmen von
Bich ent lernt hatte. Auch der alle l'reiherr hat sein .Tucrt^nd-
gUu'k vrrseherzt nnd ist iu späteren Jahren eine Eue ein-
gegangen, die nur auf gegenseitiger Achtung berubte. Selbst
in der zweiten Fassuug der „Mappe" bat Stifter, obwohl in
kühlerer Weise, noch Erinnerungen an jene Fanni niedergelegt.
Dass ein anderes Verhältnis des ehemaligen Hofmeisters zu
einer seiner Schülerinnen, wie Kuh meint, der schönen Er-
zählung zugrunde liege, ist aus den spärlichen Andeutungen
der Briefe kanra zu erweisen Auf den alten Freiherrn über-
triit^t bLitler alle seine Xeirrini'j-fM . denen er in seiner Linzer
Abn;eschiedenheit oblag oder lieuen er sich «gewidmet liiitte,
wenn ihm der erträumte Nachsommer zutheil r^eworden wäre.
Wie der Freiherr von Riesach pflegte Stifter sein Gärtchen,
wie dieser gieng er allerlei Liebhabereien nach, wie er suchte
er nach Alterthümern nnd Ennstschätzen in den Kirchen Ober-
österreichs und trug altes Geräthe zusammen, um ihm neuen
Glanz zu .verleihen und sein Haus damit zu schmQcken. wie er
liebte er es, ein gutes Bild zu erwerben und auf die Staffelei zu
stellen, um e«; mit i^einen Freunden lieliernll 7.n betrachten, wie er
lieb er sriiif Hüte rrerne jüngeren Schiit/Jingen. wie er dachte
er über Ei/,iehuug und Luterricbt. Die Bücher, die in der
Bibliothek des Freiherrn stehen, sind auch die Lieblingsbücher
des Dichters, und selbst seiner Vorliebe für Cacteen hat er ein
Denkmal gestiftet in dem Certm j»er»viami8f der auf dem
^ j . ^ci by Google
Adalbert Stifter, aU Erzieher.
173
Aapernhofe die ersten wanderroUen Blfiten tragt, an dem Tage^
als das junge Paar vor den Altar tritt.
So entoält denn das Buch eine Fülle lehrhafter Excurse
über die verschiedensten Dinge in Kunst und Leben, die den
Dichter selbst interessiert haben. Er unterrichtet uns über die
Pflege der Gälten, die Heh:indUiug der Obstbäume, über Bieueu-
zuclit und Ausiedluug der Singvögel, durchaus Dingt*, die wohl
auch zu jenen Bedürfnissen gehören, denen der Landöchullehrer
seine Aufmerksamkeit zu widmen hat Dazu aber kommen Be-
trachtungen über das Kunstgewerbe« die antike und mittelalter-
liche Kunst, über Erziehung und Uber den Beruf des Staats-
dieuers. Da der alte Freiherr seinen Ziehsohn Gustav selbst unter-
richtet, haben wir reichlich Gelegenheit, auch Stifters Ansichten
über Erziehung und Unterricht kennen zu lernen. Man kann
daraus niuiicli^'« lernen, obwohl Stifter, wie es seiner eigenen
Erfahrung entsprach, hauptsächlich den Privatunterricht im
Sinne hatte.
Damit aber ist die Bildungsgeschichte eines jungen Mannes
verknüpft, dem wie so manchem anderen derStifter*sehenHeldent
die die Güte des Dichters in der Regel mit reichen Erbtanten
oder -Onkeln ausstattet, das beneidenswerte Geschick zutheil
geworden ist, sein Leben ganz und ungehindert der harmoni-
schen Ansbildung seiner Kräfte zu widmen, der dmcli die Welt
schweift wie jener Wilhelm Meister, nur etwas zi^^HM'wusster,
denn seine Seliritte sind von frühester Jugend an gelenkt-, und
als die Sorgfalt des Vaters nicht mehr ausreicht, tritt die Er-
fahrung des alten Freundes schützend an seine Seite.
Auch in der Erziehungsgeschichte dieses jungen Mannes
hat der Dichter Erinnerungen an die eigene Jugend nieder-
gelegt. Er schildert zunächst seine Erziehung im Eltern-
ause. Neben dem Unterrichte wird großes Gewicht auf
die Ausbildung des Körpers gelegt. Der Knabe ist ein
Schwininier und Turner und schweift frühzeitig als Wanderer
in den Bergen und Thälern des W ienerwaldes umber. Aueh
die häu«Heben Arbeiten der Schwester wt-rdt'n gt'sehikb-rt.
Über die Erziehung des Mädchens, das nicht nur eiue
tüchliffe Hausfrau, sondern auch die gebildete Gefahrtin
des Mannes werden soll, hat Stifter auch in den „Feld-
blumen" schöne Worte gesprochen. Unter den Wissenschaften
bevorzugt er die Mathematik, sie sei die schwerste und herr-
lichste Wissenschaft, die Grundlage zu allen übrigen, in ihr
sei alles wahr, und was mau aus ihr habe, sei ein bleibendes
Besitzthum für das ganze Leben. Heranwachsend überlässt ihm
der Vater die Verwaltung seines <'i ei l»ti'n Vermötrens und gönnt
ihm frühzeitig Aufenthalt auf dem Lande. Briefe, die er an
die Eltern sc&eibt, geben ihm Gelegenheit, sich in Schilderungen
der Natur zu üben. Er schärft seme Beobachtungsgabe durch
genaue Betrachtung aller Dinge, zunächst der Bodenerzeugnisse,
danu der Gegenstände des Gewerbfleißes. Dies führt ihn auf
Digitizeo Ly <jOOgle
174
Dr. Frans Spengler.
<li.> Natursjeschichte: Pflanzenkunde und Mineralogie. 80 wird
ihm die Uiuffebuug der grolieu Stadt, die Stifter selbst uuer-
mOdlich darcostreift bat, immer vertrauter. Der Ausblick von
den Basteien, der ihm in der Feme das gewaltige MassiT des
Sehneebergs weist, lenkt seine Aufmerksamkeit auf die Alpen-
-weit Der Anblick eines todten Uirsc luvs führt ihn auf die Be-
obachtung der Thierwelt, und endlich schreitet er — man sieht,
wie planmäßig — zum Studium der Laudseluift in ihrer groß-
artigen Ersc]i»'iiiuug weiter. Nun wird er niu-li Zeichner und
Maler, wieder von den Elementen, der Auffassung der Pflanzen-
form, zu größeren Naturgebilden aufsteigend. So ausgerüstet
tritt er nun in die wissenschaftliche Forschung ein, die die
Bildung der Erdoberfläche zum Gegenstande hat. Es ist gar
kein Zweifel, dass der Dichter hier, seinen eigenen Erfahrungs«
kreis überschreitend, die Thätigkeit des unlängst dahingeschie-
denen Freundes, Prof. Friedrich Simony, und dessen Studien
im Dachsteingebiete im Sinne hat. Dessen Gletseherstudien. die
Messungen des Hallstätter Sees, einen Winterhesuch auf dem
(ner<eli«*r hat der Dichter wohl naeh Erzählungen des Freutules
gesciiildert, der schon einmal für die Erzählung „BergkrvstalP
die Anregung gegeben hatte. Es ist nur autfallend, das.s nie-
mand, auch Kuh nicht, auf dieseu Zusammenhang aufmerksam
gemacht hat. Simonjs Bescheidenheit ließ ihn darüber schweigen,
obwohl er, wie der Schluss seines Briefes an Kuh beweist, noch
manches zu erzählen hatte. In dem Hause des Freiherrn, in
das ihn der Zufall führte, findet der Jüngling reiche Belehrung,
er lernt vor allem Kunstwerke betrachten, auch für das Leben
gibt ihm der alte Freiherr manchen Rath, uiul so fiiulet >ein
Streben nach liildung und Kenntnis in diesem Hause einen
■vorläufigen Abschluss.
„Ich hoffe, ddss die Keife des Mannes und der weitere
Blick in diesem Werke ist," säet Stifter selbst, „uebst der
Ruhe, der Heiterkeit und der Innigkeit der Kunst, welche
breite Theile des menschlichen Lebens umfasst. In der Form
habe ich die Einfachheit der Antike vor mir gehabt/ ,.E8
sollte etwas Grolieres und Heiteres sein, als das unerquickliche
Volk des Tnges." Dass jene Heiterkeit und Ruhe aus dem
]Vii-'li»' zu uns spricht. y.>'\ix\ . das«? dem Dichter seine Absicht
gelungen ist, Grülie allerdings wird man darin nicht suchen.
Es sind die Bnkenntnisse eines schlichten Mannes, der auf ein
stilles, der Kujist gewidmetes Leben /.urückblickte, aber aui li
auf diesem Gebiete über gewisse Grenzen nicht hinauskam.
Was sollte auch der Dichter zu bekennen haben, der in der
Welt und auch in seinem Inneren so wenig erlebt hatte. ^Das
Kleine ist mir groO.^ Wie oft hat Stifter diesen Satz wieder-
holt, und er bietet allerdings die beste Erklärung fUr Stifters
Eigenart.
Die'ce«^ Streben nach der Kiiifalt der Antike liut Stifters
spateren Arbeiten nicht zum Heile gereicht. Was in der ersten
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Adalbert Stifter, als £rsieber. 175
Fftssung der ^Mappe ", die zu den sehöne»ten Stücken der
p Studien" zählt, wirklich noch schön« Ruhe ist, wii*d in der
zweiten F&ssnnf^ zu trostloser Einförmigkeit. Um das rohige,
der täglichen Erfüllung schwerer Pflichten gewidmete Lehen
des Arztes zu schildern, führt er uns in die Hütten und Häuser
sein«']- sämmtlichen Patienten und unterrichtet uns über ihre
Krankheitsgeschichten und die Heiiwege, die vom Ar/te ge-
funden werden. Auch im ..Witiko'' erzeugt dieses Streben,
die \N eise des homerischen Stiles nachzuahmen, ermüdende
Langeweile. Man rechne nach, an wie viel Srelleu des Buches
erzählt wird, wie Witiko sein Pferd ver&orgt. Auch im
„Nachsommer^ macht uns die ^Einfalt*' des Dichters zuweilen
lächeln. Als der Jüngling hereits fünf Sommer im Hause des
Freiherrn zugebracht hat und der Verlobte Nataliens geworden
ist, bemerkt dieser gelegentlich: „Ihr werdet wohl wissen,
dass ich der Freiherr von Riesach bin"
So zeigt sich bei Stifter die merkwürdige Erscheinung,
das? er von dem Augenblicke nn. wo er der eigenthümliehen
\ orzüge seiner Dichtuiififeii iiine wurde und darauf ausgieng,
durch Vertiefung in jene Muster, die diese \'urzüge in classi-
scher Weise an sich tragen, selbst höhere Ziele zu erringen,
der Naivität des Schaffens verlustig wurde und nichts mehr
hervorgebracht hat, was sich seinen ersten Schöpfungen würdig
anreihen ließe.
Doch mit solchen Worten wollen wir von dem Dichter
nicht scheiden, der in guten Tagen soviel Schönes geschaffen
hat. Stifters großer Zeitgenosse Grillparzer ist nun aucii unserer
Jujjend vertrauter ffeworden. Mncht<'n docli diese Worte dazu
beiti Hi^t'ii , auch dem Dichter de?» liuhmei widdes neue P'reunde
zu gewinnen, das meiste, was er geschrieben hat. ist geradezu
für die Jugend geschrieben; seine Liebe zu dem schönen Lande,
in dem er lebte, und die sittliche Reinheit, die jede Zeile seiner
Bücher athmet, lassen den Wunsch begreiflieh erscheinen, dass
unsere Jugend sich ihn immer mehr zueigen mache, und dass
auch der Unterricht nicht zurückbleibe, dazu die nöthige An-
regung zu bieten.
Wir stehen an der Schwelle eines neuen Jahrhundert-^.
Die grolle Zeit Goethes und Schillers rückt iiiiniei- weiter in
die Vergangenheit. Die Literatur unserer Tiii^e. (leren Kinfluss
auch auf unsere Jutrend d^ iu ;iiü'meiks;imcu ßeubachtcr nicht
entgeht, stellt sich iiunier mehr in den Dienst der Sehlagworte
und der Tendenzen. Stifter selbst hat sieh mehr als einmal
den Vorwurf machen lassen müssen, dass er in der Abgeschieden-
lieit seiner Wälder und stillen Thäler den großen Fragen der
Zeit fem geblieben ist. Wir wollen unsere Jugend keineswegs
heranziehen zur Mattherzigkeit . aber davor möcliten wir sie
l>e\v:ihren, d:Hs sie. uii<:erer /iirht entwachsen, dem sugge«;tiven
EmäuF'^e der Sciilagworif iiiiLifw apiuitt, und sorglos preisgegeben
sei. Deshalb führen wir sie gerne in derartige stille Winkel,
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176
Dr. Franz Spengler. Adalbert Stifter, als Erzieher.
WO der Lärm des Ta^^eB yerhallt, aber das, was ewiff wahr und
schön nnd gut ist, eine lieberoUe und begeisterte Pflege findet.
A. Sti&r gleicht nicht dem Strome, dem die Brüder von
den Bergen jauchzend zueilen, aber er gleicht dem erfrischeu-
deu Waldbaelie, der uns von den Wundern der Eiswelt erzählt
und nach kurzer Wanderung durch Waldesdunkel sicli im
stillen Bergsee verliert, an dessen Ufern wir nielit dauernd
weilen, zu dem wir aber iuiraer wieder gerne flüchten, wenn
die Hilze des Tages uns iimaui>ti'eibt in die Einäumkeit der
Berge.
Aber Stifter ist auch ein österreichischer Dichter, der
österreichische Geistesrichtunff und Gemfithstiefe in eigenartiger
Weise ausprägt. Auch Ton uim gelten die Worte Grillparzers:
Hast du voin Kahlenberg das Land dir rinKs be^h'n,
80 wir<t du, was ich schrieb, nnd was ich bin, ver.steh'n.
Auch deshalb sei er unserer Jugend wärmstens empfohlen,
damit er sein Theil dazu beitrage, sie zu befestigen in der
Liebe zu unserer schönen Heimat, unserem alten, ehrwürdigen
Osterreich.
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Jos. Puchs. Roms Strategie Sil Beginn dessweiten pantschen Krieges. 177
Roms Strategie zu Beg^inn des zweiten
puni sehen Krieges.
Vortrag von Jos. FuehS, gehailtt n im Vorcine «.Mittelschole" in Wien am
10. Kein nur löÜ».
Unter den kriegerischen Actionen» welche die antike Welt
erschüttert haben, ist der zweite puiiische KrieiJ oine der be-
deutsamsten. Er erweckt zniiärhst fins Iritt^i-fsse des ^Jilitiir«;
nicht nur dass er wie wenig»' Kriege die schwierigftteji i'robieme
der SStrategie löst und die feinsten Künste der Taktik in ihm
die Meisterschaft des Künstlers bekunden, er zeigt auch wie
kein zweiter Krieg die Bedeutung der leitenden PerBönKchkeit
und weist zugleich auf die Grenzen ihrer Kraft hin. Auch
Alexander, Cäsar und Napoleon haben ihre Welt in Athem ge-
setzt; aber sie kämpft* h wie Alexander gegen eiii morsches
Reich, gegen einen Koloss auf tlionernen P'üilen, oder gegen
ein iibsterbeiides System, wie Cäsar und Napolr-oii; iimi die
Mittel zu diesem Kampfe fand Alexander Torbereitet durch
meinen großen Vater, den anderen aber er^chlu.ss die Begeisterung
für die junge Freiheit die verborgensten Schätze und fiiiirte
Tauseude freudiger Kik g< r zu, über welche sie kraft ihrer
amtlichen Stellung uneingeschrankt geboten. Anders die kar-
thagisehen Führer. Mehr geduldet von der Behörde als bestellt,
sammeln sie nach der gänzlichen Erschöpfung des eigenen
Landes die Mittel zur künftigen Erhebung in der Fremde, in
einem vergessenen Winkel Europas machen sie in der kurzen
Spanne Zeit von 'ü fahren ans Feinden rnterthanen, fesseln
sie durcii nie kargende Entlohuuncr der Ai-beit und diireli den
Zauber <ler Persöulicidieit an sich und büiigeji dadurcli den ge-
meinen Vortheil der Masse, welche nicht die Vaterlandsliebe
gegen Korn in Bewegung setzen, nicht die Liebe zur Freiheit
entflammen kann, mit ihren politischen Zielen in Einklang; in
fieberhafter Eile YoUendet der Sohn nach dem frühzeitigen
Tode des Vaters das seltene Werk, gewinnt in kühnem Sprunge
den italischen Boden, eröffnet mit einem Häuflein nackter und
abcfezehrter (testalten den Krif^ij nicht ffesren ein morsehes Reich,
sondern gegen lin kraftstrotzendes Volk, zertrümmert seine
Heere in mörderischen Schlachten, reiljt ►'Siück um Stück aus
einem festgefügten Staatskörper, der Name Roms scheint ver-
nichtet — da versiegt der seichte Quell, aus dem er die Mittel
zum Kampfe schöpfte; sein Flug vermag die Landslente nicht
fortzureißen, in der selbstgesehaffenen Basis — in Spanien —
fehlen die moralischen Potenzen, das Unglück des Gegners
aber weckt dessen Kraft, und die Zähigkeit eines ausdauernden
..österr. HHtolMlittte". XII. Jahrft. 19
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178
Jos. Fuchs.
Volkes triumphiert über tli" TColossalität des Genies: wohl hält
er sich noch einige Zeit dureii «einen an Anskiint't.siuitlehi nie
verlegenen Geist in den Eingeweiden Italiens, aber bald stößt
ihn der gesunde Organismus des» römischen Volkes wie einen
Fremdkörper ab. Aber froh dieses Krieges kann der Militär
nicht weraen; sosehr ihn ein Feldherr hegeistern muss^ der
bescheidene Mittel zu so imponierendem Werte zu steigern
wusste, so groß muss sein Bedauern sein, dass die Ge-
sehichtsehreibuug nicht imstande ist, den urröchlichen Zu-
sammenhang der Erscheinungen zu erklären und ihm damit
eine Quelle strategischer und taktischer Erkenntnis zu eröffnen;
die Linie, weleh»' vom Plane zur Ausführung, von dieser zur end-
lichen Eutr,cheuiuug führt, ist in ihrem Anfange verstümmelt,
in der Folge vielfach durchbrochen; er sieht nur den Schluss
der einzelnen Acte, der Verlauf des Schauspieles ist seinem
Auge entrückt, er kann das Genie des Künstlers ahnen, seine
Schöpfung nicht sehen.
Nicht geringer ist das Interesse, welches die Schale an
diesem Kriege nimmt. Zunächst um seiner selbst willen.
Denn keine der gi nOen Völkeraetionen ist wie er imstande, die
Phantasie des jug.'iiiÜirlien Cieistes mit efller Flanimo vn niüireii,
au dem hohen Beispiele eines auf sich seilest gesleiiien CnMstes
die schlummernde Energie zu wecken, iin der zähen Ausduuer
eines nie verzagenden Volkes verwandte Gefühle reifen zu
lassen und in die jugendliche Seele den fruchtbaren Keim
einer hohen Lehre zu legen, der Lehre, dass die kriegerische
Leistungsfähigkeit eines Volkes ihre Wutzeln hat in der sitt-
lichen Kraft, eine Lehre, welche ebenso trostbringend ist, weil
sie das Schicksal der Völker vom Zufalle loslöst und in ihre
eigenen Hände legt, wie sie sittlich ist, da sie zur Arbeit hinleitet.
Zweitens wegen des Geschichtschreibers Liviiis. Seine Liebe zur
Wahrheit, sein glühender Patriotismus und die volle Beherr-
schung der Sprache umi ihrer Mittel der Darstellung haben
die Unterrichl^verwaltungen aller Staaten veranlasst, ihn in
die Hände der Jugend zu legen. Aber diese Vorzttge haben
eine wesentliche Entwertung erfahren durch die Resultate der
Forschung, welche seit Jahrhunderten mit immer zunehmender
Vehemenz und Sicherheit dem römischen Autor geringes Ver-
stand iiis für militärische Fragen vonvirft und das \^rtrauen
in seine Glaubwürdigkeit arg erschüttert hat; diese Gering-
schätzung des Autors ist schon zum Gemeingute der Philologie
und llistorik geworden; mau kann jahrelang stöbern, ehe man
eme Stimme für den Verurtheilten hndet, es ist die Stimme
eines Zurückgebliebenen, Unb^reifKchen, der einer ernsten
Beachtung nicht wert ist. Daher kann auch die Schule dieses
Autors und dieses Krieges nicht froh werden; denn wenn die
Lectttre mehr sein soll als ein Spiel mit tönenden Worten,
wenn die Schule mehr bieten will als die Entwirrung des
grammatischen Geheges, wenn vielmehr nach der Überwindung
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RomB Strategie tu Beginn de» zweiten punischen Krieges. 179
der ersten Seliu ieriirkeiteii der Vorm die Träger der Cieschiehte
in den Vordergrund treten und der Seliiiler iu deren geistige
Werkstatt eingeführt werden soll, damit an ihrer Weise zu
deukeu der jugendliche Geist sich befruchte, au ihrer W^eise
kraftvoll 7.u handeln die schlummernde Thatkraft sieh rege,
so ist ein Antor wertlos, dem auf Sehritt und Tritt geringes
Verständnis der Materie vorgeworfen wird« der den von den
Quellen gebotenen Stoff nicht zu sichten verstehe, der die poli-
tischen Fragen verwirre und militärische Probleme, die den
größten Theil der Leetüre bilden, nicht zu lösen die Kraft hat;
und die Lectüre eines solchen Autors ist nicht nur wertlos,
sie ist eine Getahr, da sie einem ])edeuiilichen Culte der Form
früliiit und die Gedankenschulung im Keime erstickt, und man
kann es denen nicht verdenken , welche fragen, warum man
die gleißende Schale mit dem hohlen Inhalte noch länger in
den Händen der Jugend lasse.
Ehe man aher mit einstimmt in I n allgemeinen Chor der
Verkleinerung, geziemt es sieh, die Berechtigung zu prüfen, mit
welcher die Forschung dieses wegwerfende nnd veniiehtende
I rtlieil iil>»'r den römischen Autor fällt. Hier darr zunächst
eine allgemeine Erwägung Raum finden. Das Alterthum hat die
Civil- und Militärverwaltimg nicht getrennt die Vorbereitung
ftir den öffentlichen Dienst und die Ausübung desselben umlasste
beide, nnd die alljährlich geführten Kriege haben nicht nur in
den leitenden Kreisen eine Summe von Erfahrungen groUgezo^en,
welche die Lehren der Theorie theils ergänzten, theils berich-
tigten, auch in den breiten Schichten des Volkes entwickelten
die jährlichen Kämpfe einen instiuctiven Blick für die Forde-
rungen des Krieges. Ganz anders heute. Der bürgeiliehe nnd
militärische Beruf liegen w»'ital) voneinander getrennt; Kriege
werd^'n selten geführt, der letzte, welcher die ganze Armee
bciciiaftigte, liegt fast ein Alenschenalter hinter uns; die bürjjer-
Hche Erziehung vermittelt den genauen Einblick in die Kriegs-
geschichte, von dem demnach allein die Kenntnis der Natur
des Krieges abhän|^, gar nicht; innerhalb des militärischen
Berufes gewinnt sie nur der, wel -lier nach den Mühen des
Tages Selbstverleugnung genug besitzt, i^af die Annehmlich-
keiten der Erholung zu verzichten und die Heschwernis.9e eines
intensiven Studiunis zu wählen. Wie kommt es nun, so darf man
tragen, dass das römische Publicum mit seiner unleugbar har-
nu)nischen Erziehung kein Wort des Tadels gefunden, unsere
Zeit aber mit ihrer einseitigen Bildung auf dem ihr fremden
Gebiete nur ein ürtheil toU Spott und £u>hn ausgesprochen hat?
Diese Frage an einem concreten Falle zu beleuchten, sei
es gestattet, aus der Flut Ton Aiü^lagen, welche die Forschung
gegen den römischen Autor erhoben hat, eine herauszuheben,
die erste der Zeit und Bedeutung nach in diesem Kriege, die
Vorwürfe nämlich, welche sich ge^en den strategischen Aufbau
deä Krieges richten. Der römische benat, welcher die Grundzüge
12»
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180
Jo«. Facha.
des Pi:in»'ö te.ststelite, habe die Absichten liaiinibal.s. da dieser
in Spanien von Sieg zn Sieg eilte, uicht begriffen, ans .seiner
Biiudiieit und Luthiitigkeil sei er erst herausgetreten, als die
beste Zeit des Handelns schon Terstriehen war; statt eine kräftige
OffensiTe zu ergreifen, wie es die Art seiner Väter war, habe
ihm eine schwächliche und unentschiedene Defensive beliebt;
der römische üeschichtschreiber habe beide nicht begriffen, den
Senat uicht und Hannibal nicht; wiewohl er. geraume Zeit nach
den Ereignissen schreibend, (-Gelegenheit und Muße genug gehabt
hätte, den Knoten zu entwirren, habe er die KlarhHit nicht ix*'-
fördert, und hätten wir uicht den grieehisch«'ii Autor, Polytjiu^
den Strategen, so wäre es um unsere Kunde vou diesem Kriege
sehlecht bestellt.
Diese Anklagen bedürfen der Beleuchtung.
Die erste Frage, welche im Angesichte eines Krieges die
leitenden Factoren beschäftigt, ist die Fraee nach dem Ope-
rationsziele; unter dem Operationsziele Terstelit man jenes feind-
liche Objeci, dessen Gewinn den Krieg entscheidet, es sei ein
wichtiges Stück des feiudlichen Gebietes od<M' <Mnp pnlitischc
oder militärisehe r»»ntrnle oder die feindliche )• ddai luec oder
eine Coiubiiiation hievon; die Linie, welche zu diest in Objecte
führt, ist die Operatiouslinie. Die Wahl des Operution.szieles
nun und im Zusammenhange damit der Operationslinie, sowie
die Vertheilung der Streitkräfte auf derselben ist vielleicht die
schwierigste und zugleich die wichtigste Aufgabe der Strategie;
die schwierigste, weil ihre Lösung nicht nuj die genaue Kennt-
nis der beiderseitigen Kampfmittel, der fremden wie der eige-
nen, der physischen wie moralischen Seite nach, sondf*rn auch
einen Hlick in du' S^^le des (tefVfi.Tv /ur Vornns'^otziinti* h:if.
denn die wahrschLinliche Taktik des liej^uers. wt lriie bei der
Construction des Planes uicht ganz ohne B'nicksichtiguug
bleiben darf, resultiert aus seineu Mitteln und seinem Charakter;
die wichtigste Aufgabe, weil sie den Verlauf des ganzen Feld-
zuges beherrscht und unglflcklich gelöst nie oder nur mit un-
feheuern Opfern an Gut und Blut wieder gutgemacht werden
ann; denn einmal in eine falsche Richtung geworfen, können
Truppen und Heeresanstalten nur mit einem schweren Verlust»*
an Zeit eine andere Direction erhalten, ein Zeitverlust, der iu
der Regel auch den Verlust des Krieges bedeutet.
Zwei Heispinh» nKtnt n die Bedeutung der Operationslmie
verauschauiieheji. Aji unserem eigenen Leibe haben wir sie
schmerzlich erfahren.
Als Österreich im Jahre 180ä den Krieg gegen Napoleon
beschloBS — S^gen den Vyillen des Erzherzogs Karl, welcher
die geringe Vorbereitung Österreichs wohl kannte und wenig-
stens um den Aufschub eines Jahres bat, auf Drängen Eng-
lands, dessen Geld uns imponierte, weil wir selbst nie eines
zur lecliten Zeit liesurien — battn iiiun dif» Absicht, NapolfM>ns
Machtgebiet au den beiden otteueu, durch die Alpen getreuuteii
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Koius Strategie zu Beginn des zweiten puiiiscbeu Kriege)«. 181
Linien, am Inn und am Mincio, anzugreifen, demgemäß die
Hauptmacht uuter Erzherzog Karl nach Italien zu schicken,
den kleineren Rest unter General Mack über den Inn vorzu-
schieben, um Bayern der IVanzö^äischen Allianz zu entreil^en,
dann die Russen, dif indes noeii an der Reichsgrenzo staudeii,
zu «»rwarten und eudlich zu gleicher Zeit mit der Foaimee,
die inzwischen Raum gewonnen haben musste, deu concentri-
ßcheu Angi iü gegen Frankreich zu Tollenden. Napoleon, welcher
den größten Theil seiner Kraft im Lager zu Boulogne vereinigt
hatte, Überschaute die Lage mit raschem Blicke : er erkannte, dass
sich die verbündeten Gegner freiwillig in das Verhältnis der drei
Curiatier gesetzt hatten, und er beeilte sich auch, die Situation
nach dem antikpu Muster auszunützen. Wiewohl an Streitkräften
Nap(»lMon \soit übcrlcgeM. warfii dif \ (*rl)iindeten iii drei weit
\on einander entieiiit<^ Gruppen gespalten: voran der unge-
duldige Mark, weit rückwärts die Russen, weit abseits in Italien
Erzherzog Karl. General Mack vervollständigte die Situation»
indem er unter dem Schlagworte der OflensiYe nicht bloß bis an
den Lech, sondern sogar bis an die Hier vorrückte, und wurde
in Ulm eingeschlossen, ehe die Russen ihn befreien konnten; diese
wurden geschlagen, ehe noch Erzherzog Karl anrücken konnte;
denn als die Entscheidung bei Austerlitz fiel, stand er, wiewohl
er durch den schönen Schlag bei Galdiero Massena von sich
RbETPschüttelt hnttp, noch tief in Ungarn, vier Märsche hinter
Körmend. So war iler beste Theil der Kraft in eine falsche
Richtung geworfen, der Rest war zersplittert und gab dem
Gegner freie Balm ins Herz des Reiches.
Eine bessere Wahl der Operationslinie zeig^ Athen im
zweiten Perserkriege. Als die Athener nach der Schlacht bei
Marathon in Erwartung der uugelieiiren Massen, mit welchen
die Perser das Abendland zu überschwemmen drohten, vor der
Wahl standen, ilirr Land- oder ihre Seemacht uufzugestalten, da
sie für die gleichzeitige Entwicklun«/ Ix-idcr /n si-!nv:tcli wMvrn.
da wiesen wohl die Erfahruii;4eii der Ift/tcn \ c» uaiigenneit
deutlich auf die Fortentwicklung des iiopliteuheercs luu, da
dieses bei Marathon seine Überlegenheit über das Perserheer
in glänzender Weise bekundet hatte, während die griechische
Flotte bei der Insel Lade hatte den Kürzeren ziehen müssen;
aber die Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit, so wertvoll
sie sind, dürfen nicht die einzigen Rathgeber sein: vielmehr
will der kommende Krieg nach seinen wahrscheinlichen Be-
dingnncTPU gemeff^en worden, und diese ersehloss Themistokles.
Em i^roCe«? Landlieer. <las sich von Asien nach Kuropa wälze
und bei seiner GrüÜe unniügUeh die liediuguugen seiner Exi-
stenz auf dem Wege linde, könne ohne eine grolle Traus-
port- und diese deckende Kriegsflotte nicht gedacht werden;
je größer das Landheer sei, umso großer sei seine Abhängigkeit
von der begleitenden Flotte; suchten nun die Athener ihre
Kraft im Hoplitenheere, so ist im Falle eines Sieges die Flotte
*
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182
Jos. Fuchs.
nicht berührt, es ist bloß eine Hälfte der Arbeit gethan, die
Operationen zur Seo boten aber den zweifachen Vortheil, dass
die gri^ßere Beweglichkeit der Flott«' im Falle einer Niederlage
vor öclaverei und völliger Veruichtiiii!j: >phüt/tH. ein Sieg aber
zugleifb auch die Kraft des feintUicheu Lauülieeres läbmte.
Die Zähigkeit, mit WfKlit r Themistokles seine Idee zum Siege
führte, hat Griecheulaud und die abendländische Cultur gerettet.
Vor diese ernste Frage. Tor die Wahl des Operationszieles
und die Yertheilung der Streitkräfte auf der Operattonslinie,
sah sich Rom von dem Augenblicke au gestellt^ als es sich klar
wurde, dass die Absichten Hannibals über Spanien hinausgiengen,
es sei ror oder während der Belagerung Sagiints oder nach
dem F'alle desselben. Korn liatte 7unächst die VV'ahl der Offen-
sive oder Defensive: im Kall»' der Offen>^ive musste es zwei
möglifiie Operatiousziele ms Auge fassen, Karthago und Spanien.
Karthago war durch seine Lage auf einer Halbinsel, durch
seine ungewöhnlich hohen und breiten Mauern und durch die
stete Kürsorge der Bürger für seine Armierung eine Festung
und ein Waffenplatz ersten Ranges. Die festen Plätze des Alter-
thumes haben immer eine grcUiere Widerstandsfähig^keit gezeigt
als die der heutigen Zeit: nicht nur dass die A\ äffen techmk
noch nicht imstande war, Werke, an denen Jahrhunderte ge-
arbeitet hatten, in Monafm nd.T ijar Woclien zu vernichten,
das traurige lios. das jimIci- t'iii<'ejiommeneu Stadl harrte, stei-
gerte die Tapferkeit und Zähigkeit der V^rtheidiger zu einem
Grade, der noch heute unser gerechtfertigt rs Stuuneii hervor-
ruft; nur eine Einschließung und langwierige Belagerung konnte
zum Besitze eines so günstig gelegenen und trefflich armierten
Platzes führen, eine Arbeit, welche — nach den Erfahrungen
des dritten punischen Krieges — mehr als drei und vier con-
sulai ische Heere erheischte und eine iStörung von einer anderen
iSeite nicht vertnicr.
Das zweit»' Operiitionsziel war dif spanisrle' Fe]dnrni(»e.
Diese war aus den Trümmern des ^icilischi-n iieercs hervor-
gegangen und ergänzte sich aus Afrika und den eroberten
Läuderu Spaniens. Weniger durch das Band der Untertbaueii-
treue als durch reichliche Entlohnung der kriegerischen Arbeit
zusammengehalten T hatte sie den Keim der Auflösung in sich
bei seh wacher Leitung, konnte aber ein furchtbares Werkzeug
in der Hand » inns Mannes werden, der es verstand, die rohen
Instiuett* zn zügeln, mit der Kühnheit und dem Wagemuthe
df»s AVH-nteurers die Zucht de« Soldaten zu venMnirr<m und (h*n
<;t'in"ineti Vorthcil d*'r Mass»' uiii seinen politiNclirn Zirlt-n in
Einklang zu bringitn. Einen genauen lUick in das üeiüge ilieser
Armee hatten die Körner bei der großen Eniternnng und der
Mangelhaftigkeit der damaligen Berichterstattung g< mHss nicht
gethan, aber das rasche Wachsthum der karthagischen Macht
in Spanien ließ ihre feste Organisation ahnen, der schnelle Fort^
gang der Belagerung einer der stärksten Festungen musste die
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Roma Strategie su Beginn des iweiten panischen Krieges. 183
Gewissheit geben, dass auch zwei eonsnlarisehe Heere nicht
imstande wären, diese Armee zu biudeu uder gar zu bezwingen;
kurz, Koin war für den gleichzeitigen offensiven Vorstoß gegen
Karthago und Suauieii viel /.n schwach, auch weuu es gleich
im Anfange des Krieges eine ungewöhnliebet mit seiner Heeres-
organisation kaum ▼erträglielie Anstrengung gemacht hätte.
Konnte aber die Bezwingung des Gegners nicht in zwei
gleichzeitigen Stößen erfolgen und ransste sie in zwei aufein-
anderfolgende Actionen zerlegt werden, so war es wiederum
ansgesdilossen, dass Karthago das erste ( )})eration8zipl sei. weil
die B»'<lr(»liung dieses Platzes mit der gan/«'n Macht entweder
das eigene Land bloßstellte oder «las freie und bewegliche
Element, die spanische Armee zum v>i hutze des bedrohten Kar-
thago herbeirief und damit die beabsichtigte und nothwendige
Theünng der Arbeit wieder aufhob. Es blieb demnach, wenn
Rom der drohenden punischen Gefahr durch eine kräftige
Oöensive begegnen wollte» nur übrig, dass es sich mit unge-
theilter Kraft auf Spanien werfe; die Wahrscheinlichkeit aber
zu messen, mit welcher liom auf einen günstigen Ausgang
dieser ungetheilten Action gegen Spanien rechnen konnte» ist
nicht schwer.
Horn iiob ini .l:ihre ^2\H sieben Legionen aus und vertheilte
diese Macht so aui die drei Kriegsschauplätze, dass die beiden
Consuln Sempronius und Scipio zusammen 50.000 Mann In-
fanterie nnd Cavallerie erhielten und der Rest den Prätoren am
Po zugewiesen wurde. Nehmen wir nun an, Rom hätte diese
Rüstungen schon ein oder zwei Jahre frtther ins Werk gesetzt
und hätte die gesammte gegen Karthago und Hannibai ver-
fügbare Macht, also r>(J. OOn Mann, nach Spanien geworfen;
gehpH wir. um den Fall recht grell zu beleuchten, noeh einen
SchritT weir<*i- und nehmen wir an, Rom hätte die doppelte
Anstrengung geiuacht nnd wäre in der aullergew(»linlichen
Stärke von lUO.UUO Mann in Spanien aufgetreten; nehmen wir
endlich an, Rom hätte diese Macht durch die Saguntiner
oder ein Jahr später durch die nordspanischen Cantone auf
13U.0(J<) Mann streitbarer Truppen erhöht, unter welchen Be*
dingungen hätten sie in Spanien kämpfen müssen oder wie
groB war die Wahrscheinlichkeit des Erfolges? Auf der römi-
schen Seite eine Truppe, welche wohl kräftig nnd voll natür-
lichen Muthes war. von der aber kaum ein Vierthe-il vor dem
Feinde gedient hatte und, vom Pfluge geholt, dieser über-
seeischen Expeiliiion kaum das nöthige Verständnis entgegen-
brachte, befehligt von Consuln, welche, wenn vereint, die
Führung dieser für Rom unerhörten Massen nicht geübt hatten,
wenn getheilt auftretend, die schwierige Cooperation noch
weniger verstanden und dem Feinde leichte Gelegenheit zu
Theilerfolgen gaben, auf fremdem, durch das feindliche Gebiet
eng begrenztem Terrain, gestützt auf eine einzige Festung oder
ein wenig verlässliches Land, mit den Subsidien der Heimat
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184
Jos. Fnch».
nur durch das unzuverlässicrt». durch oinige Monate des Jahre»
gänzt!<*h (j'^'^'hloiisenp Meer verbunden — dort vin der Zahl
nacli j^leicli starkes Heer von Veteranen, dem drr Kritju; Heruf
war. mit Land uud Leuten vertraut, unter einem Führer, wel-
clier, in die Geheimnisse der Kriegskunst von seinem genialen
Vater eingeweiht, alle Zweige des Dienstes bis zur Führung
der Masse gefibt und sein Land zu einer großen Rüstkammer
des Krieges gemacht hatte: wenn es wahr ist, was Napoleon
einst gesagt hat, dass die Schlachten schon vor dem ersten
Schusse entschieden sind, das heißt, dass jedes Heer die Be-
dinguncren des Siet^es oder dor NitMlerlag»' in sich tvn^e. und hs
ist wahr, so kann über Schicksal der Ihmikt in Spauien
nicht mehr gezweifelt wridcii. Wem diese Erwägungen nicht
genügen, den dai l nmii aut den festen Boden der Erfahrung ver-
weisen; wenn Haunibal bei Oaunä, um von der Trebia und dem
Trasimenischen See zu schweigen, als seine Truppe schon viel-
fach mit den minderwertigen keltischen Elementen versetzt war,
duirli die treflfliche Organisation der Armee und seine taktisch*?
Meisterschaft die doppelte Zahl des Gegners nicht bloß besiegt,
sondern vernichtet hat. .so wird man sich kaum der Über-
treibung schuldig machen mit der BeliMiiptun»^. ob die I\'f«mer
">() « n odfr 1(M).(M)() Mann sturk in Spanien autgoircten wären.
k«iii einziger Manu hätte den Boden dieses Landes lebend
verlassen.
Nach diesen Darlegungen kann es kaum einem Zweifel mehr
unterliegen, dass Rom für die Offensive viel zu schwach war,
und fragen wir nun die Autoren, welche über die Anschauungen
der leitenden Kreise berichten, zunäeh.st den vielgeschniähten
Livius. so erhalten wir XXI. (>, 0 ein klares und sprechendes
Bild (li'r Situation. Der Srnat war in seineu Anschauunirf^n
über (b'ii sn-aii-Lrisclicii Aufbau des Krieges gethcilt. wie es nur
natürlich ist in einer Frage, in weleher nicht bloli die damals
erschwerte Kenntnis der gegnerij>chen Machtmittel, sondern auch
d^ Verständnis für die feinsten Imponderabilien maßgebend
ist; drei Parteien kamen noch während der Belagerung Sagunts
im Senate zum Worte: die eine wollte Karthago und Spanien
zu Wasser und zu Lande angreifen, sie wölke also eine vier-
fache Operationslinie — es waren dies die Chauvinisten, weiche
nur das siegende Rom des ersten punischen Krieges vor Augen
hatten und vergali^Mi. da.'^s der kommende Krieg fjeänderte Be-
dinofungen des Kamjdes bringen könne; die Verständigeren
wullirii die uliensive Kraft nach einem Punkte, Spanien, con-
ceutnereir. die dritte Partei wollte warten, sie wollte die Offen-
sive nicht, sie war die allein sehende. Die moderne Geschicht-
schreibung steht im Banne der beiden ersten Anschauungen,
sie wird ihre Meinung ändern müssen. Freilich wenn wir den
griechischen Autor fragen, Poljbius den Strategen, so müssen
wir auf eine genaue Orientierung verzichten: nur III. lö, 12
legt er der Gesandtschaft in Spanien Worte in den Mund, welche
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Koma Strategie xu B(»giiiii de* xweitcn puniscben Kriege«» 185
die ÄusehauuDg der zweiten Partei ausdrücken und die Offensive
nach äpanien verlaiigen. Ich will nicht annehmeu, dass e» des
Polybius eigene Meinung ist: denn sie ist unrirhtif^.
WtMif! jtlt' i- (lit> Rönit-r die Ottensivf* verwarten niid sicli
für die DfU'u.sivc eulscliifdeD, so lausütrn sie vt)U »It'rseiix'n auch
positive Vortheile erwarten. Dies scheint allerdings autfallend
IUI Augesichte der Wertschätzung, welche die Offensive in der
Kriegsgeschiclite von Homer an bis auf den heutigen Tag ge-
nießt und mit Recht genießt, denn ihre Vortheile sind in die
Augen springend. Die Offensive sucht den (logner aui\ um
ihn zu schlagen, sie ist es, die den Krieg beginnt; sie geht
demnach hervor aus dem Gefühle der Vorbereitung und dem
Hewusj^tsein der Kraft; indem sie ferner da.s Heer in Bewegung
setzt, den Feind aufzusuchen, erhöht sie nicht nur die lebendig*'
Kraft desselben, sondern erlndit Jiiich in jedem einzelnen Manne
die Zuversicht und deji Mulh, du jeder ein/*eliie Mann in der
Vorwärtsbewegung den Ausdruck der fStärke empUndet; kurz,
die Offensive geht hervor aus der Stärke und erzeugt wiederum
Starke; kein Wunder, wenn es die angelegentliche Sorge jeder
Militärrerwaltung ist, den ofifeusiven Trieb auch im geringsten
Manne großzuziehen. Die Defensive dagegen hat die gegen-
theiligen Eigenschaften: sie wartet den Gegner ab, dieses Zu-
warten ist das Eingeständnis der Schwäche, wenigstens der
momentanen Schwäche, und wirkt ];ilinien<l auf alle Glieder des
Heeres. Aber <l;e ()ttV»nsive hat auch üiieu wunden Punkt. Indem
sie den Feind aufsucht, entfernt sie sieh von der Basis, der
Quelle ihrer Kraft, verringert also mit jedem Tage die leichte
Möglichkeit eines raschen Ersatzes der Abgänge. Noch mehr.
Das Wesen der Offensive ist die Bewegung, die Bewegung gegen
den Feind, jede Bewegung ist Arbeit. Arbeit aber verbraucht
Kraft, und dieser Kräfteverbrauch äußert sich in der Ab-
brüeklung durch die Mamden. Kranken. Todten, durch Ab-
nützung des Materials, endlicli m der Nothwendij^keit. die bereits
zurüekmdpfjte Linie, die Commuiiicationslinie, zu i?i(']iern, um den
Zusammenhang mit der Basis, der Quelle der Kraft, nicht zu
verlieren; je weiter nun die OÜensive geht, das heißt, je größer
die Strecke ist bis zum Zusammenstoße mit dem defensiven Gegner,
umso größer ist die Einbuße an Kraft; es muss also bei fort-
gesetzter Ofl'ensive einen Punkt geben, auf welchem sie cul-
miniert, über den sie nicht hinausgehen kann, ohne die Eig-
nung zui* taktischen Entscheidung zu verlieren. Dieser Punkt
war für Napoleon im .Talire 1^1).") Austerlitz. iwiy Moskau ; im
er.sten F;ille gaij ihm der banguinismus des rus.si^ehen Kaisers
noch di<' (ielegenlieit eines Sieges, im zweiten mussie er ohne
Entscheidung umkehren, trotzdem er den Feldzug mit einer
halben Million Streitern eröffnet hatte.
Wenn nun die Stärke der Offensive mit der zunehmenden
Entfernung abnimmt, ihre Schwäche mit der Entfernung wächst
und wachsen kann bis zur Auflösung, so wäre es ein Fehler
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186
Jos. Fachs.
der römischen Oberleitung gewesen, einen Voriheil nicht zu
benützen, der ihr durch die Lag»' j 'LT^^ben war; denn Neu-
Karthago ist vom Her7:f»n Ttalien«! auf dem Landwege, anf welchem
d'o Köim-r Huiinibal »*r\varten nuissten und ti-otz jiHhi- Protest«'
der < M'scliichtschreihinio-. wie ihro Taktik und ihr<' Autoren
zeigen, wirklieii erwartet. 'u. weit über 2UIM) /.-»// eutferut. eine
Strecke, die auch bei günstiger Terraingestaltung den Stand
einer Truppe erbeblieh Termiudem muss, hier aber durch die
Mangelhaftigkeit der Straßen, dnreh den Übergang über reißende
Ströme mit den Mitteln des Augenblicks, durch die Kämpfe
am £bro und in Gallien, durch den Übergang über Hochgebirge,
welche zu allen Zeiten der geturchtete Boden der Heere waren,
die Operationstahiijkoit vernieliten musste. Die römische Ober-
h*itun<r hätte daher im An^csii hte dieser unLreiu'uern Strecke
und ilirer zersetzenden iikung nur die l>e(|ueine Aufgabe ge-
habt, ruhig in der Heimat zu bleiben und den Process des
Kräfteverbrauches beim Gegner nicht zu stören, wenn es anf
dem weiten Wege nicht einen Punkt gegeben hatte, welcher
dem Gegner für die verbrauchten Kräfte Ersatz bot — Ober-
italien: daher musste ihm Rom vor der Vereinigung mit den
Kelten Oberitaliens entgegentreten, auf einem Punkte also, anf
welchem er wohl durch die Reibungen des Marsches seine Furcht-
l):irkeit eingehüllt, Erholunij und Ersatz a))er noch nicht ge-
funden iiatte. Da sich unmittelbar hinter den Kelten Oberitalit^ns
die Alpen erheben und diesen aut der westlichen Seite wiederum
ein Fluss vorliegt, beide aber, Gebirge und Fluss. ein neues
und wesentliches Moment in die Vertheidiguug bringen, so
scheint es geboten, deren Bedeutung für die Vertneidigung mit
einigen Woiten zu streifen.
Das hohe Gebirge und der große Fluss, nicht als Kriegs-
schauplatz, sondern als strategische Barrieren betrachtet, sind
Hindernisse der Heweuune:. welche mw auf einifjen von der
Natiir vnrm»zei<'hneten Punkt'-n überschritten werden können:
es ist nun dei- Gedanke naiieiirurnd, diese von der Natur ül^rit;-
gelassenen Lücken zu schlielieu, djis heilJt die l*ässe und die
möglichen Übergänge des Flusses zu besetzen und damit dem
Angreifer einen festen und dauernden Riegel vorzuschieben.
Sosehr sich dieser Gedanke dem ersten Blicke einschmeichelt,
sosehr er in Laienkreisen durchwegs überaeugte Anhänger be-
sitzt und selljst eine Zeitlang die Signatur des Krieges wurde,
so liat er doch nur beschränkte Geltung und ist nur durch-
führbar bei einer bescheidenen Ausdehnung des Hindernisses:
eine weitere KrstreckunL'' des<ell)fji aber zersplittert die 'rru|ij>e
des V'ertiitidiLi'Ts. raubt iiir zunial tiu Gebirge diiü uv»lhweudigeü
Zusammeuhunir uini iribt dem vorurtheilsh>sen Anureifer Anlass
zum gewaltsamen Durclibruche mit der an einer Stelle massieHen
Kraft, während die geringe Ansdehnutig der Vertheidigungs-
linie wiederum zur Umgehung einlädt: so hat Napoleon im
Jahre 1796 die Linie der Österreicher und Sardinier, die sich
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Roms Strai^e sa Beginn dea vweiten punischen Krieges. 187
von der Bocchetta westwärts erstreckte, mit einem kräftigen
Stoße in der liiehtung gegen Tnrin durcbbroclien, damit dieses
gewonnen nnd die (Österreicher zum Rückzüge hinter den Po
gezwungen; so hat Napoleon denselben Gegner, als dieser am
Mincio seine Macht an die Ubergnngspunkte zienilicli gleich-
mäßig vertheilte und am Flusse kleben blieb, durch den mas-
sierten AngiiÜ bei Valeggio geuöthigt, die Vertheidiguug des
Mincio aufzageben nnd sieb nach Tirol zurückzazieheu. Ss
bleiben demnach nnr zwei Falle Qbrig, entweder der Verthei-
diger hält sich iu entsprechender, durch die Verhältnisse ab-
gestufter Entfernung vom Flusse oder Gebirge und nimmt die
Gelegenheit wahr, den Gegner in seinen Theilen zu schlagen,
wenn er gHOu'ilt liervorbriclit. weiin er nher einen Übergang
versnrlit. ihn vor der völligen Entwicklung zu veni-rhten; selbst
dieser Fall ist in der Kriegsgeschichte selten, an d- n Fingern
einer Hand kann man die Beispiele dieser gl uok liehen Ver-
theidiguug eines Flusses zählen, sie sind freilich glänzend; so
hat Erzherzog Karl Napoleon bei Aspern auf die Lobau zurück-
geworfen« so hat Erzherzog Albrecht die Italiener bei Custozza
trotz ihrer mehrfachen Überlegenheit durch kluge Ausnützung
von Fluss und Festung geschlagen, bevor sie sich auf dem
linken Ffer entwickeln konnten, lu den weitaus meisten Fällen
aber geiit der Vertheidiger über Flu-^s und Gebirge hinans,
sichert den Kiickzng dnrcli Brückeukojife nnd Spcrrforts und
Blicht die takti>eli»' Fiit^ehfidung auf deiu jenseitigen Ufer; da-
bei hat er deu V <»rtheil. im FaUe des Sieges an der wirksamen
Verfolgung des Gegners nicht gehindert zu sein, im Falle der
Niederlage aber das Hindernis zwischen sich und den nach-
drängenden Feind legen zu können.
\ On diesen beiden Arten, Fluss und Gebirge für die Ver-
theidigiin<j^ auszonützen, gebürt iu dem vorliegenden Falle im
Hinblicke auf die zersetzende Wirkung der damaligen Alpen der
ersten, wenn auch selteneren Art nnbedinixt der V'orrantj; der
Vertheidiger, welcher zwisch- u Turin und Ivrca stand, hatte
leichte Gelegeuheit. die Auflösung des durch den Ubtirgaug
erschöpften Gegm rs zu voUeuden. Aber (üese Art der Verthei-
diguug hatte den Tollen Besitz der Poebene zur Voraussetzung,
diese Voraussetzung war bis dahin noch nicht vorhanden. Dies
war einerseits für Hannibal der Orund, noch im Jahre 218 den
Marsch gegen Italien zu beginnen, wiewohl Spanien nicht voll-
ständig pacificiert war, anderseits war es für Scipio die Auf-
forderung, die Vertheidigung Italiens vor die Alpen an die
Khoue zu verleL'^t n. df^nn dahin zog er — trotz, aller Proteste
der Gesciiichtsturschung — nach dem Zeugnisse der Quellen und
den Forderungen des militärischen Denkens, welches die Ver-
theidigung Italiens vor oder hinter den Alpen, an der Rhone
oder an der Sesia, verlangte ; diese empfahl sich durch die zer-
setzende Wirkunff der Alpen auf den Gegner, wurde aber be*
einträchtigt durch ^e unsichere Haltung der Insubrer, jene
188 Jos. Fuchs. Roms Strategie zu Beginn des iweiten puni^hen Krieges.
empfahl sieh durch die Basierung auf das reiche und unbedingt
verlässUche Ma^silia, fand aber einen stärkeren Gegner; wenn
bcipio nun in der Abwägung dieser Momente zu dem Resultate
kam. die Verthf^idiguiis; ;ui die Rhone zu verlegen, so unter-
srhiit/,te er auch hier noch iiuuuibal; denn nur die Ablehnuncr des
Kampfes durch diesen bat dem Römer die Niederlage in üuUiea
erspart. Alle anderen Muünahmen Scipios sind die richtige Fol-
gerung aus der freilich dureh die InitiatiTe Haunibals zum Nach-
theile der Römer Tersehobenen Situation; nothf^edrungen musste
er jetzt thun, was er im Misstrauen gegen die Kelten gerne ver-
mieden hätte; da er ferner am Po mindestens zwei Legionen
wusste, mit denen er sich schon an der Rbone dem Gegner
gewachsen fühlte so durfte oder vielmehr iniisste er im Inte«
resse der driii<j:end (Gebotenen Eile nllein dahin abgehen, freilich
war es nur r-iuiische Schnelligkeit, und er traf den Gegner
nach der Erholung.
Nach diesen Darlegungen darf mau demnach kurz resü-
mierend behaupten, die Geschichtsforschung thut unrecht, den
Römern die Wahl der Defensive vorzuwerfen, denn die Offensive
war in diesem Falle gleich der Selbstvernichtung und die De-
fensive allein bot die Möglichkeit des Erfolges; der un^rlück-
liche Ausgang derselben rechtfertigt das abweisende Urtheil
der Forschung noch nicht, oder man c^leirht dem, welch»'r die
Uhr vernichtet, weil ein Uiidchen den l)ienst versagt. Der
Feliler lag zunächst in der rüniischen Pt)litik. welche es verab-
säumt hatte, die Vertheidigungsfühigkeit Italiens durch die
rechtzeitige Eroberung der roebeue auszugestalten; der zweite
Fehler ist die Unterschätzunff der Kraft des Angreifers an der
Rhone und der dadurch bedingte Vorstoß Scipios an diesen
FlusB, der wiederum das verspätete Eintreffen am OstfulJe der
Alpen verschuldete. Unberechtigt ist der Vorwurf, dass Scipio
jenseits des Po und Tessin den Kampf aufnahm; denn schon
ans diesem Beispiele hätte die Forsehnnjr entnehmen küinien,
das^ diese Ausnützuug des Flusses ein un<;lückl.ich kämptt-ndes
Heer vor der Katastrophe der Verniehtuiiu; bewahrt, rnrceht
thut endlich die Geschichtsforschung dem römischen Autor;
denn dieser zeichnet die Strategie Roms und Bcipios klar und
deutlich; ihn trifft hier wie anderwärts der Vorwurf geringen
militärischen Verständnisses nicht
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Vereinsnachrichten.
A, Sitzungsberichte des Vereines „Mittelschule" in Wien.
(Mitgtjtbeilt vom Schi ilH uhrer l'rof. Dr. Karl Wotke.)
Zweiter Yereinsabend.
<8. Januar 1898.)
Der Obmann Prof. Peter Maresch erOfFnet die Sitxung und ertheilt
znnllcbKt Herrn Prof. Andreas Simeon er (Znaim) das Wort su seinem
Vortraf^e:
,,Ein Besuch eines Gymnasiums in Athen'*.
Nach Itblialteui BeifsiÜe tler Wr^sanimlung dankt der Ulun inn im
isiimen des Vereines dem Vortragenden für seine interessante und liunior-
voUe Schilderung.
Dann theilt der Obmann mit, da» der neue Auescbuss sich constiiuiert
und Herrn Prof. Arthur Lankmayr zum ObmannstelUertreter, Herrn Prof.
Dr. Anton Frank «um erstent Herrn Prof. Dr. Karl Wotke sam zweiten
Schriftführer und Herrn Prof. Guido Alth zum Ciu^der gewählt haWe,
und spricht dem alten Aus.schu>«se für seine gewissenhafte Pflichterfüllung
und inf<beson<lere den bfidon «scheidenden Keilav teiirfn Tfi^rrn l'rof. Feodor
Hoppe und Herrn Prof. (it iui,' Schlegi lür :hr' lanirjilhri«re und von
allen Seiten rühmlichst anerkannte Tbätigkeit im Dienste der Zeitschrift
den wärmsten Dank um.
Es folgt nun die Anj^abe der Gründe, welche den Ausschuß bewogen
haben, seine Wirksamkeit mit folgender Zuschrift an eine bestimmte An*
sabl von Mittelschullehrkörpem zu beginnen:
„Verehrte StandesgenoH^en !
.,Die Wiener ,Mittel8cbule' ist in ein neues Vereinajahr getreten, und
der in der letzten Jahrn-'versnminhinc: gewählte An^schuss hat untei- keinps-
wegs gün^titren Au--'irhti^ii die Leitung ül»ernonimen. Wenn wir die liiat-
sachen Rntf.i.-M ii, wie sie s])i'\ In n, der schwache Brauch der Vereinsabende
und der Austritt vieler Mitglieder la.'ssen auf ein inuKen in der Wert-
schätzung der Tereinsziele achließen. Und doch rufen dieselben heute
mehr denn je tum Zusammenschlüsse und zur willenskrftftigen
Bethätigung. Was die «Mittelschule* seit ihrem Bestände für die Ver*
tretnng unserer Anliegen in gesellschaftlicher, erziehlicher und wissen-
Bchaftlicher Beziehung geleistet hat, miige hier nicht dargelegt werden.
Das Gute zu erhalten« um es zum Besseren zu (Bhren« wer sollte auch
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190 VereiiunachriGhtan.
dietje» Ztt'l nicht erreichen wollenV Und nur im gemeinsamen Streben
ist e« SQ erarbeiten. Dem yerdeawecke su dienen, wurde die Vereint«
zeitocbrift ins Leben gernfen. Ihr Fortbestehen ist bei den sinkenden Ein-
nahmen bereits in Frage gestellt. Mit dieser offenen Erklftrong wendet
sich der Ausschuss an Euch, verehrte Standesj^tMiossen , in vorurtVieil^iloser
Würdigung der obwaltenden Umstände die Mitgliedschaft anmelden zu
wollen und in den bethtMÜtjten Kitiseii Mit^'lieder zu gewinnen. Findet
der Verein auf dieser Stute wieder Halt und Boiieu , sn darf e? der Aua-
schufis iils ein Vertrauen betrachten, welches der ^uten .^acbe entgegen-
gebracht wird. Auch unserem Ötande thut eine Stelle iioth, welche die
Wünsche und Anregungen der Einzelnen msammenfasst und in sachgemäßer
Erörterung zn einer gedeihlichen LOsung wendet. Damit dies mOglich
werde, bedarf der Verein der werkthfttigen Unterstütanng aller Standes-
genossen. Der Ansschnss der «Mittelschule* in Wien. Jannar 1898."
Hierauf berichtet der Obmann, dass sowohl der alte Ausschuss zu
Ende des Vereinsjahres als auch der neue gleich nach «einer Constituierung
ühor die Schritte bcrathen hätten, welche in Betreff der GehaltsretjiilH'rnngs-
fra:;e zu unternehmen seien. Der sehnsuchtsvollst erwartete eiste Januar
IbUh habe allen Staatsbeamten eine bittere Enttäuschung' i:ebmcht. Eine-
atattliche Menge von liöflichen und nicht gerade höflichen Schreiben, an
die Vereinslettung lege Zeugnis ab von der gedrückten Stimmung, die sich
der Mittelschttllehrer bemftchtigt habe. Es müsse baldigst eine energische
That geschehen. Doch die Mittelachulvereine allein warden sich vergebens
bemühen; ein Erfolg sei nur an erhoffen, wenn sich alle Staatsbeamten-
▼ereine zusammenschlössen.
Der Obmann meldet, dass Herr Landes-Schulinspector I)r. A. Scheind-
1er mit dem Ausdrucke des ergebensten Dankes für di»» Wahl zum Obmanne
ciet Archäologischen Commistfion sich bereit erklärt habe, die Stelle anzu>
nehmen.
Dann berichtet der Obmann, laut Vereinsberfchlusses vom 11. December
1897 habe er am 88. December mit den beiden Schrifbf&hrern (den Froff.
Frank nnd Wotke) bei 8r. Bxcellena dem Herrn Sectionschef Ritter v.
Härtel yorgesprochen, um ihm im Namen des Vereines in ehrfnrchtiTollster
Weise die herzlichsten Grlückwünscbe zu seiner jilngsten Allerhöchsten Aus-
zeichnung darsubringen. Die Deputation sei in liebenswürdigster Weise
empfangen worden. Se. Excellenz habe sein wärmstes Interesse für da« tie-
(Icilu'n des Vereines auegesprochen und danke dem Vereine aufs wtu:m«te
für die Glückwünsche
Als neue Mitglieder weiden augemeldet die Herren Dr. Friedrich
Marx, k. k. o. ö. Universitätsprofessor in Wien, Dr. Konrad Zindler,
PrivatdocMit an der technischen Hochschule, Leopold Eysert, Direetor
am 3. Gymnasium im II. Beairke» Gjmn. Dir. Langer, Prof. Dr. Daurer
(dem k. k. Minirterium fftr Cultns und Unterricht zur Dienstleistung an-
gewiesen), Josef Hickl, Suppleiit am Theresianum, und Gustav Leupold,
Snpplent am Gymnasium im III. Bezirke.
Zum Schlüsse verliest der Obmann den Bericht der Cassorevisoren
(der Herren l'iüti'. Ober mann und Neumann^ Diese haben die Ciuse-
und Vermöf^en«<gebaruTii; tiir rielitij; befunden. Es wird dem Cossier Herrn
Prof. Guido v. Alth der innigste Dank ausgesprochen.
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VereiiiBDiftchrichten.
191
Dritter Terelnsabend*
{22. Januar 18H8.^
her Obmann erötinet »lieSiUuug und Ije^m'iabl iicnni HotVath M. Kitler
V. Wretscbko. Nachdem er berichtet hatte, dass alle Mitteliichul vereine,
nicht allein die deutacben, eondern anch die Maviachen, sich iq einem ein-
heitlichen Vorgehen in der GebaltsfraKe verbunden hätten — ee eei jeder
Verein dem anderen auf halbem Wege entgegengekommen — und dan
die Antwort der Staatsbeamtenvereine noch aiisstäodig sei, ertheilt er dem
Herrn Prof. Dr. Frans Spengler das Wort zu eeinem angekündigten
Vortrage:
„Adalbert Stifter als Erzieher" S.
Der Vortragende schlipßt mit reichem Hfifall«*, wnrauf ihm der Ob-
mann im Namen de» Vert'iu»'»> für den ao herrlichfu, aiirej^ungbVoH' ii und
von patriotischem Geiste durchwehten Vortrag auf» herzlichste dankt.
Vierter Vereinsabend,
(19. Kebroar 1H08.)
Der Obmann eröffnet die Sitzung und begrüßt den Herrn Vicepräsi-
denti-n dp<! nipdr'n'lstfrrüichischt'n [j:ini1t'-j,schulr;ith<'s St'ctii»n>chof Dr. Erich
Woit, Herrn Honrath Hi Karl Schenk!, Herrn Univ. Frot. Dr. Friedrich
Marx und zahheichü p. t Giist»'
Dann theilt er mit, das«* iu der GehaliAitgulierungsfrage eine Einigung
swischen den MitteUcbnl vereinen und den Staatsbeamtenvereinen ganz
Österreichs mit leichter Mflhe imstande gekommen sei. fii habe eine Dele*
gtertensitknng der Staatsbeamten- nnd der Mittelsehnlvereine Wiens statt*
geftinden, in der den Verein der Obmann, der Obmannstellvertreter nnd
der erste Schriftführer vertreten hätten. In dieser Sitsnng" seien folgende
Beschlüsse gefasst worden:
1. Es «»n'en von jedom Vercinp und von mHiT'lTcb^t vielen Beamten- und
Lehrkörpern iVtitioiicn an da.-^ l>c'trpttV>nde iieasortmiuiaterium oder an
das Ministerrathspräsidium zu richten;
2. jeder Verein möge möglichst viele Ueicharathsabgeoidnete für die Sache
gewinnen ;
3. sollten diese beiden Schritte fruchtlos bleiben, so sei in Wien ein Staats-
beamtentag absnhalten, bei dem alle Vereine vertreten sein sollen*
Dann gibt der Obmann im Namen des Ausschnases folgende Er-
klärung ab:
^Der .^u-'-chn«^ t\ps Veioiius .Mittelschule* hiit mit Befreni(b'n von
einem aiionyiiH-n Art:k*'l Kenntnis bekoinmpn. der in (Irr .I3e;uuten/.eitun^.
Zeitüi liritt tles Kr^ieu aligeraeineii licaintonvt.'ieiues der üsieirt'icliisch-iin'^iin-
üchen Mouarcliie' vom 20. Januar iu Nr. 2 des 29. Jahrgangeä (1098) Seite 22 tt.
enthalten ki.
„In diesem Artikel wird die frühere Vereinsleitnng unter Anführung
von einigen wohl auf ungenauen Informationen beruhenden unwahren
Behauptungen angegriffen, die wir« eingedenk der im Interesse des Vereines
sowie auch der Gesammtheit der MitteUchullehrer unermüdlich zielbewussten
Thfttigkeit des Auaschusses, richtigzustellen uns verpflichtet fühlen. Wir
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192
Vereinanachricbten.
4
erklären nh Uurchaus unwahr, (las«» (Mo Anfiifiibo d»»^ Vprpinf?', .dio >t;inilt'->-
intereasen ins Auge zw fiisscn*. imintr inelir veruachlas.sigt wuiue. Wahr
ist etj vielmehr, diiss der frühere Aus-ichuss die Pflej?e der Stundesintereftsen
atetü mit Ernst und in wQrdiger Form vertrat, wio dies die Berichte Ober
die abgehaltenen gemeinftatnen SibsiinKcn der hiesigen Vereine sowie die
Petitionen beweisen, welche in unserem Vereinsorgune abgedruckt sind.
Wir sehen da iku ]i ab von den einschlätjigen Benithunijf^n und Vorarbeiten
für den V I. und besonders tQr den V. deutsch-diiterreicbiteben Mittelschulo
ta^, bei denen gleichfalls unsere Vereinsleitnng in hervorragender Weise
thätig war
„Vollstiindio; unwahr ist ff^rner. liiv-s di.- uliHgaiorische Zuei'k*'iinuni:
der VII. Kan<jsclas.se unti die Err»'ieinin<^ den Höchstjjehaltes in d<'r-eiben
und aniieres zu wenig oder j^ur nicht berfihrt wurde. Wahr ist. vielmehr,
da» die Frage der gesetxiicb su normierenden Zuerkennung der VII. Rangs*
clasae fHr die Mittelschalprofessoren und der VL f&r die Directoren auf
Initiative des Vereinsaosscbusses in der gemeinsamen Sitsong vom 25. Januar
18ö6 eingehend erörtert wurde, wofür das I Heft des Jahrgun«,'es l&M) den
Beweis erbringt, und die Verleihung des Höchstgehaltes der Vil. Rang»-
ilnfTse in dor «^niiifinsamcn Sjtznnj^ vom Ib. April IHftn vcrlang^t wnrdo. wntTir
der Beleg im 11. Hefte des Jaiurganges 1896 zu finden ist. Ihu-- li'-r \ Cicin
.Mittelschule' für die Gleichstellung der Gehalte aller Profe^suien ul. i.
der in Wien und der Provinz) eintrat, ist ein merkwürdiger Vorwurf
in einem Organe für die Gesammtinteressen der Beamten aller
Classen, sumal da doch allgemein bekannt ist, dass sowohl bei den Mittel*
schaltagen als auch gans besonders in der gemeinsamen Sitanng vom
18. April 1896 nicht bloß einstimmig diese Forderung von den Anwesenden
aufge^tciU, Nondern sogar dius Princip vertreten wurde, lieber gemeinsam bloß
1.3^)0 fl. als Grundgebalt /n verlangen, als ein^i das Ansehen unseres ganzen
Stande.^ srh'idif^'enden Zweitheilung (von 1200 tl imd 11<H) W.) ztr/.ustinimen.
.la wir iiuts.sen erklären, dsuss eine Parallelaction der Wiener, um (»ine
Katscliädigung zu erstreben, als ein Wortbruch hätte erscheinen kunneu,
weil eine solche Action in Jenem Stadium die Erlangung der Hauptsache
entschieden gefährdet, wenn nicht unmöglich gemacht hatte.
«Wir erkl&ren hiemit, dass der frflhere Aunchuss in ungerechtfertigter
Weise angegriffen worde."
Hierauf ertheilt der Obmann das Wort Herrn Prof. Josef Puchs
f Winnfn--X«*us(adt') zu »einem aTi:.,'-kündi!j:t«'n Vorfrage:
„Roms Strategie zu Beginn des zweiten punischen Krieges" (S. 177).
Much dem Endf» dt>s Vortrages erschell lebhafter Heifall, der Vor-
trag**nd»' wird aubenimu von vielen bcirii,, Kwun-clit. Der Obmann dankt
im 2>>amen des Vereines dem Vortiiigemieu m den w.uuisten Worten für
die höchst interessanten Auf«chlü&<<e und Anregungen auf dem Gebiete der
Strategie und der Livius-Interpretation.
l^ üiiitei* Vereiiibubeud.
(12. Marx lädH.)
Per Obmann eröffnet die Sitsung und berichtet Ober die Besehlflsae,
weiche in der vorher abgehaltenen gemeinsamen Ansschuessitanng der
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Vereinanachrichten.
193
, Mittelschule", der «Kealschule" und des Supplentenvereines gefas8t worden
üddL Sie betreffen dit ungereditfertigtea Angriffe der Abgeordneten Gre-
gOTig tind Stiirm im niederOeterreichwehen Landtage gegen die Mittel-
«cfanllebrer Wient und die Mittelsehiillebrer an den niederSaterreichiechen
Landeaanstaiten und die von der «Wage" einberufene «MltteUcbnl-
enquete". Der Obmann liest, oft dorch Heiterkeitsausbrüche der Versamm-
lung unterbrochen, aus dem stenographischen Landtagssitzungfiprotokolle
vom 17. Februar — das ihm erst vor einij^en Tagon zugestellt werden konnte
— die Keden der beiden Abgeordneten vor und knilpl't darun im Nimien
der drei Vereine eine entschiedene Verwahrung und betont die traurige
Th.itäüche, da^ der eine der beiden Abgeordneten (Sturm) ein Staades-
genoase «et. ScblieOlicb bemerkt der Obmann» er spreebe im Sinne der über-
wiegenden Mehrheit der Colinen, wenn er erklSre, die drei Vereine hielten
CS oater ihrer Würde, weiter gegen jene Angriffe Stellung an nehmen.
Zu diesem Vorgehen fühle er sich umso mehr verpflichtet, weil ja auch die
vorgesetzten Behörden dnrch vollständige Ignorierung diis gleiche Urtheil
gefällt hiltten. In Bezug auf die -«ogenjinnte MitteUchulenquete sei be-
uchlosM'n woriien. zur ^eeignet-'n Zeit Öteliung zu n.dmien; dann werde
sich auch die Art der Stt'llun<;nahine von selbst er^^euen. Ein Mitglied
des Ausschusses erklärte sich bereit, das Uei'erat y.u übernehmen.
Hierauf verlieft der Obmann eine Einladung zur Theilnahme an der
Ehrung des Herrn Univ. Prof. Dr. Max Bfidinger, der am L April «einen
70. Geburtstag leiere. Der Obmann wird beauftragt^ ein Beglückwünachungs*
achreiben abanienden.
Dann wird Herrn Prof. Dr. Karl Haas das Wort ertheilt au seinem
angekündigten Vortrage:
,,Die Mathematik der alten Ägypter", n
Nach dem lebhaften Beifatb^ der Versammlung dankt der Obmann
aufs herzlioh«ite dem Vortragenden für seine so interessanten und trotz des
anscheinend ^iirrnicn Stotfes so lichtvollen Aiibführnngen, welche auch die
Philologen unt^-r den Zuhörern gefesselt und angeregt hätten.
Seehster Yereinsabeitd.
(2G. -Marz 1808.)
Der Obiimnn ei ütiaet die Sitzung und begrüßt aufs wärmste den Herrn
Vicepräsidenten des niederösterreichischen Lande^tschulrathes Sectionsohef
Dr. Erich Wolf nnd Herrn Hofrath Dr. Karl Scbenkl und die Herren
p. t. Oiste.
Als neue Mitglieder werden angemeldet Herr Gottfried Vogrins,
k. k. Professor am Qyionasium in Villacb, und Herr Dr. Augost Barkart,
k. k. Professor am Gymnasium im Vf. Bezirke Wien«.
Hierauf hält der Obmann folg*»nde >'chlusgrede:
,Die heutige S!t7:ung dürfte in di«^seni Schuljahre die letzte sein. Es
sind allerdings noch zwei Vortra;,'*- -} angemeldet, aber diese konnten erst
nach Ostern gehalten werden, zu einer Zeit, in der ein größerer Besuch
') I>«'i Vortrag folgt im nBcbBt«>n H«'ft««.
») \V«'g«'n »>eh«nllicher .SchlieCuii« «1' i Uiiiv* r^it-it imi^«'*tea «W«I Sitxiingen eotlall«».
Daraus erklärt Mch, dasi nur »«cb» Vcniusabeudt- »tatUanden. Di« Rcdactlon.
..Üsa-rr. Mittelschale". XII. Jabt«. IS
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Vereimmuchricliteii.
nicht mehr zu erwarten ist. Vielleicht konitnt et noch im Frühjahre zu
«iii6r gemeinmmen Sittmng der «Mittelsebule* and der »Reatiebale*. Denn
wir wollen gef^en die aogenannte Mitt«]«chnlenqa£te Stellang nehmen.
Wir and dies ont «elbrt and der Öffentlichkeit sehnldig.
«Dft also die heutii;e Sitzung; die letzte ist, mOchte ich gern den
Herren tarn Al>^chiede einige Gedanken mitgelien, die wert sind, in den
langen Mittelscliulvert^in-ffrien gründlich erwn::pn r.n weni^n
.Der allseitige h'-ilv Wiinsrh. da^n da«« < iehalt?reguli''rnn;:-gt»cf'tz Immi-t
endlich in Kruft trete, hat. wi** ich sscuoii in tniheren Sitzui^g»*u erwähute,
alle MitteltichuKeieute. nicht nui die denUcuen. »oiuiern aueii die slavi^hen,
geeinigt. Meine üetren, erhalten wir dieuas Eisen warm und taaien wir
das Feuer nicht erlÖRchen! Bei Gelegenheit, and diese wird oft kommen^
läwt Bich daran« manch nfitsliches Oerftth «chroieden. An« dem lebhaften
Briefwechsel habe ich ersehen, das« e« gar keine Schwierigkeit bietet, dieee
Einigkeit in Slandestragen und anderen Fragen gemeinsamer Natur zn be*
wahren und /.n festigen. Meine Herren, wir müssen noch viel thun. um
unserem heiligen Stnri'lp fhi< An--^]i» n zn erringen, dew ihm sein^^r -o wert-
vollen Arl»e!t^»leistun;,' iiiich gebiirt. in diesem Streben, m (ÜH-rm Kampfe
mflwRf-n wir allo ein*- l'halanx bilden vom I>aTide9-Schulinspector bis asum
Suppienten herab. Man sagt: Wenn einmal ein i^andes-Schulinspector aus-
gezeichnet wird, so werden wir Professoren mitgeehrt. Richtig. Ich füge
aber hinan: Wenn wir Mittelscfanllehrer an Bedeutung und Würde ge-
winnen, so werden die Voi^esetaten mitemporgehoben. Wenn s. ß. die
älteren Professoren die VII. Bauguclasse erreichen, so muss ea dann Directoren
der VI. und InF])« ('tnren der V. KangHcIasse geben. Warum soll nur unser
Stand mit der VI. Kangsclasse abschlietjen? Doch genug. Kurz, durch fest-
ge8chlo8>iene Eini;:l(( it krmnfn wir mit der Zeit noch viel für die Hebung
unseres Stande**: erreiclu ii 'ind w ii j.'rlioben. so werden auch die Schulen
gehobi u lind mit den Schulen aueli der Staat.
„Als weitere« glückliche» h>eignis muss ich bezeichnen, dass die Aus-
sehfisse der beiden Wiener Vereine ,Mitte]schule' nnd «Realschule* sich
heaer enger aneinandeigeechlofesen haben, so das« sogar schon die Frage
der Verschmelzung in einen großen Verein ernstlich aufgeworfen wurde.
Wenn es anf die beiden Obmftnner and wohl aach aof die Auascbfisie
allein ankäme, so kannte dieoes grobe und nützliche Werk sofort in An-
griff genommen werden. Meine heutige Aufgabe ist es, dafür Stimmung
zu machen Meine H'-rrcn. denken Sie sich die beiden Wiener ^littelschul-
vereine in einen \ erem verschmolzen! lia> <rii\H' fsnen Verein von weni«?-
stens 600 Mitgliedern und mit einer jähriiclu n lunnahme von niindesteus
1200 ü. Die Localfrage, die unseren Verein in Irühereu Jahicu bosehr ge-
schädigt hat, ließe sich in glücklicher Wei^ lösen. Dieser große Verein
mOsste «ich in Sectionen theilen, in eine altphilologische, neupbilologisehe,
germanistische, historische, mathematische, natorwiasenschaftliche nnd philo-
sophische. Was könnten die einzelnen Sectionen in wissenschaftlicher und
fachpädagogi scher Hinsicht leisten! Wan für Erfolge erst würde der ^noOe
Verein als Ganses in allgpmein pädagogischen Fragen und in Standesfragen
erzielen!
„Ein ncntr, frischer Geist würde »la« Mittelsrhnl\v(^«en in Wien
durchwehen. Diese Errungenschaft kilme nicht nur den Wiener MiltelschuJ-
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Vereinsnachnchten.
195
lehiern zugute, sondern würde auch die Grobstadt Wien als geistiges
-Cent 1 um heben.
«Noch ein drittes Ereigni« uius« ich erwfthnen. In der Conferenz mit
-den Yertretem der Staatabeatnt«n Wiens wurde von diesen der Umataiid
mit Freuden b^praßt, daas rieh endlich fUle Staatsbeamteii Wteus, d. i. die
Beamten in engeren Sinne und die Mittelachullehrer» rar Forderung der
.gemeinsrnnen Interessen zusiimmengefunden haben. Dabei wurde die »chOne
Frage betont, ob nicht diese Kinigkeit weiter ausgebaut und in wirtschaft-
licher i^eziehung verwertet werden könnte. Der Lebeiitikaniiii in der
theureu Großstadt ist schwer und drückt manchen gewisjscn haften Beamten
nieder. Wirtschattiiche Selbsthilfe, die eben nur einer groütn Mas«*» möj^-
lich ist, könnte diesen Kampf sehr erleichtern. .So könnten mit der Zeit
eigene Wobnfa&uter fSr Staatabeamte, eine» nach dem anderen gebaut und
andere höchst nfltxliehe Einrichtungen geschaffen werden.
«Ich wQneobe, dass diese drei SamenkOmchen in fruchtbares Erdreich
fallen und aus ihnen drei mftchtige Bftuve emporwachsen mOgen — su
unserem Schutz und Schirm gegen Hitze, Sturm und Begen!"
Es ertheilt dann der Obmann düs Wort Herrn Univ. Prof. Dr. Fried-
rich M;ir>; 7M «?eineni nnf7pknn'1ii'*''n Vortraj?»^:
„Die neueren Forschungen über die Lebensschicksale und die
bürgerliche Stellung des Dichters Plautus**.
Unter raut$cbeudeni Beifalle der sehr zubi reich besuchten Versamm-
lung «chloss der Vortragende, worauf ihm der Obmann im Namen des
Vereines für den tiefwiasenschaftlichen und h($chst anregenden Vortrag
sowie far die hohe Ehre und die so liebenswfirdige Bereitwilligkeit ehr-
erbietigst den herzlichsten Dank ausspricht.
Mit dem Wunsche, dasn allen nach den Ferien ein fröhliches Wieder-
sehen beschieden sein mfige» schließt der Obmann die 8itznng.
Sitzungsberichte des Vereines „Deutsohe Mittelschule"
in Pragf.
(Mitgetheilt vom Obmanne Prof. Ant. Mtchalitschke.)
Dritte yereiusversauiiiüuug.
{12, Januar 1890.)
Nach längerer Pause, welche die bekannten Vorgänge im Gefolge
hatten, fanden sich die Mit^'lieiler orst am 12. Januar wieder zusammen.
Der Obmann eröffn»'t<^ die i^itznT;^.' mir dem Ansdrüfki^ der nnfrichti'r^tfn
Wünsche für das VVoiii der Mitglieder, wie für das Gedeihen des Vereines
im neuen Jahre.
Die ersten Decembertage des verflossenen Jahres brachten in all die
Aufregungen hinan die Nachricht von der Allerhöchsten Ausseich-
nung eines um das Wesen des heutigen Gymnasiums hochTerdienten
Schulmannes, der auch als akademischer Lehrer zahlreichen Yereins-
mitgliedern nalie «tfdit. Der Obmann hat im Namen des Vereine» am
2. December Sr. Excellenz dem Herrn k. und k. wirkli« li<-n Gehei-
•men Rathe» Sectionschef Dr. Wilhelm Bitter t. Härtel den Aus-
13*
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190
Vereinanaehricbten.
druck d'T t'igei'cn-^tt n Glückwünsche und der auhichtii^on Fi^uxle au deii*
Allerhöchsten Acte der Auszeichnung telejfraphisch übermittelt.
Nachdem noch der Obmann den Beitritt des Herrn k. k. Landes»
Sehiilinapectors R. Chr. Riedl der VerBammlang zur Kenntnis gebradit,.
ertheilte er dem Herrn Regierangaxathe Dir. Dr. L. Chevalier das Wort
zu seineia Vortrage:
„J. 6. V. Herder in seinem VerhAltnisse zur neueren Germanistik»
Ästhetik und zur geoflnntpbiseh'historischen Wissenschaft".
Der Vortragende wies vornehmlich auf Grund df»r Sui)lian'8cben
Herder- Ausgabe nafli, da<?8 J. GotttViod v. Herder in verscbiedenen Wi^ssenß-
ge^'it'ten g^nindlegendf Anschauaugen und Fingerzeige j^ffje'bcn hal»'. Nicht
blob diiH pädagogische üebiet hat duich ihn reiche Aureguu^jen erfahren ;^
auch auf dem Gebiete der Geographie und der Geschichte sind ioine
Anachanni^pen von Karl Bitter, Rätsel und La mp recht gewSrdigt und
durchgeführt worden. Vor allem aber ist er der Begrfinder der 6ernia>
nistik in der Ansdehanngt wie der jetcige Begriff dieser Wissenschalt sie
ver:*teht, insofern ntich die Volkskunde in ihren Bmioh gehOrt. Ebenso
hat Herder für die Ästhetik maßgebende, mit den neueren Darstellungen
üherein<'timmende Urtheile aufgestellt. Dor Vortrai^cndp wies dies durch
Citate aus Herder!^ Werken ein<^ehpnd nach und ?a^}<j;*i^ . wie durch di»^
beiden Grimm, durch I hland Herders Gedanken wHitei>;etiihrt werden.
Audi im Betriebe der claH-sischen Philologie sind Uerdeiö Anschauungen
sowohl im Betriebe der Wissenschaft selbst, als auch beim Unterrichte
wieder aar Geltung gekomm«». Die vergleichende Sprachwisaenaebafb ver-
dankt ihm wichtige Winke. Julias Hart and Baumgartner haben auf
Herders sahireiche Anl&ufe, eine bestimmte Entwicklung der Weltliteratur
nachzuweisen, aufmerksam gemacht. Ebenso hat Disscl hof in seinem Werke
„Die classische Poesie" Herders Oedanken, das» die Poesie wie die Kelif^ion
in den tiefsten Tiefen der menschlichen Natur wnr/elt, ein<,'ehend ^'e-
würdiirt. Bedeutende Gelehrte erkennen Herders Führerschaft in den
geniinniea Wi&^ensgebieten mit vollem Ucchto au, wie das auch jungst
Paul in seiner Münchener Rede bezüglich der Germanistik gethan hat.
Den Worten des immer gern gehörten Redners folgte lebhafter Bei-
lall. Der Obmann fügte dem Danke f&r die fesselnden, tempetamentvoU
cum Auadrucke gebrachten Auaftthrungen dea Vortragenden den Wnnscb
bei» der Verein möge noch oft Gelegenheit haben, einen Blick in die
Resultate der Arbeiten dieser geistigen Werkstätte, in der nie gefeiert wird,
thun zu dürfen und den Herrn U^ierungsrath als Vortragenden zu hören.
Der abermalige Beifall der Anwesenden bewies die allseitige Zustimmung
zu diesem Wunsche.
Nach der Erledif^un^;. lieziehungsweise Zuweisung mehrerer Standes-
fragen an den Ausschuss, wobei die Herren Regierunj^sräthe Dr. Hackspiel
und Dr. Chevalier und Prof. ^uaißer die schwebenden Fragen ein-
gehender Erörterung unteraogen, sehlosa der Obmann die Sitcnng.
Vierte YereinäTersauimlung*
(29. Januar 1898.)
Für diese Versammlung hatte der Vorstand des physikalischen
Institutes der deutschen Universität, der Herr k. k. o. ö. Prof.
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Vereiiiiioucbrichten.
197
Dr. Lecher in entgegeDkommendcter Weite den HOrtaal «eines Inatitates
«ar Terfiigung gestellt. Der Obmann hieß die Anwesenden, vor allem die
Herren k. k. LandeS'Schulinapectoren Kloueek, Dr. Mubr und
Dr. Txijtotz, sowie die «ahlreicb or^ichieTieneTi Mitglieder des „Deutacli. n
jiäclaa^Of^isc heil \'ereine8" herzlichst willkouuuen und ertbeüte hierauf
üerrii Prof. Schicht das Wort zu s^'ineni Vortrage:
„Die Hertz'schen Wellen und die drahtlose Telegraphle".
Nacb einigen einleitenden historischen Bemerkungen erläuterte der
Vortragende das Wesen der elektrischen Oscillationen« welche hei der Ent-
ladnnff von Ijeydener Flaschen oder offenen Indnctionsspulen anftreten,
und führte die elektrische Besonana (Syntoni) nadi Lodge an swei ahge-
stimmten Leyden^ r Flaschen vor. Nachdem die Fortleitung und endliche
For^flansnngegesch windigkeit der elektrischen Schwingungen in Drähten
an einem Hertz'schen Nebenkrei^ii^ demonstriert worden war, wurden die
stehenden elektrischr-n Wellen an e^ir^ni f^'^- lipr'schen ."Systeme vorgeführt.
Sodann wurde die Austueitung der eiektn.schen Wellen im Lufträume uud
der Nachweis derselben uiiiteUt einei» Hesonators von Hertz erklärt. Hierauf
iivurde daa Princip des Brantz sehen Coberers besprochen uud an einem
Eisenschranben^Coherer mit elektrischer Klingel demonstriert. Ein solcher
Ooherer diente dann anm Anzeigen der elektrodyaamisehen Wellen bei
der VorfÜhrnng der classischen Herts*schen Spiegelversncfae. Es
-wurde die geradlinige Ausbreitung, Polarisation, Reflexion und Interferenz
<ler elektrischen Wellen, die Durchlässigkeit von Isolatoren und Undurch-
lässigkeit von Leitern gejjen di» selbe gezeij^t nnd die Brechung in Prismen
und Linsen, .«owie die t'beieinslimmung d>'r FortpHan/untrsL'eschwindig'keit
der elektrischen Welleu mit der der Lichtwelleii hervorgehoben. Auch die
große Bedeutung dieser Hertz'schen Versuche für die elektrouiagnetiscbe
Lichttheorie von Maxwell, wie überhaupt für die ganze Faraday-Max-
'weirsebe Theorie der Elektricit&t wurde gehörend betont Nun wurde die
-drahtlose Telegraphie mit einem Righi-Scuder als Zeichengeber und einem
Empfiuigsapparate nach Marco ni •Spieß ▼ofgefQhrt. Zum Schlüsse wurde
«och die praktische Verwendbarkeit der Er6ndung ausführlich erörtert.
Das Interesse, das ja der sachliche Inhalt des Vortrages schon für
sich hatte, der die grofnirtigen Verbuche und Erpt'bnisse der Forschung
jener Männer reproducierte, welche unter den Pfadfindern und den Führern
zu den Höhen ni('n«chliclien Wissens unci Könnens stehen, wurde voll l'e-
friedigt durch die vollendete Form des Vortrage^} und die elegante Aus-
führung der Experimente. Dem allseitigen Danke, der sich in ungetheiltem
Beifalle kundgab, verlieh der Obmann in den Worten Ausdruck, mit denen
•er unter Hinweis auf die Dankespflicht des Vereines dem Yorstande des
Institutes t Herrn Prof. Dr. Lecher, gegentiber die Versammlung schloas.
Ffilille YereinsTeTsammliiiig.
(23. Februar 18Ö8.)
In der Vereinsversani nihuii,'. die am 'J.'j. Februar im 6anlen?aa!e des
^Deutschen llau»e^" statltaud, ülienniUeite der Obmann zunücu;>t den
Mitgliedern den Dank des Henu Hegierungsratbes Dir. W. Smetaczek
för die Gittckwfiasche, die diesem vom Vereine anlSsdich der ihm zutheil
4
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198
Vereinanachrichton.
gewordenen Allerhöchsten Auszeichnung aiugesprochen worden waren^
und welchem der Obiniiiiiii namena der Versiim malten dem anweeendea
Herrn Re^'erunpf^rathe f^pgenfiber nochmals Ausdruck verlieh.
R«»i der hierauf vorffenomiu'Mieii \Vahl des V^ertreters des Vereines
im Ju«,'eiulspielaussehu88e wvmle über Antrag des Prof. M. Strach
der Ob manu de?« Vereines und bitiherige Obmann des Jugendi»piei - Aus-
schueeea einatimmig gewühlt. Dieser erklärte nun, den Ausschuss demnächst
zur Coliatitiiiemng und Inangriffnabme der Arbeit einladen tu uilUmn. an
der maocbe neue binaukomintt da fBr einzelne Anstalten der Spielbetrieb
auf ihren besQffUchen Plfttsen unmöglich geworden.
Ein vorläufiger Bericht über die Thntigkeit des Ansäcbusres in der'
von Iglau aus angeregten Action bezüglich der von den Zeitverhältniaaen
80 gebieterisch (;oforderten . von d^r TjPsjjHlative langst beschlossenen, von
doY Kxccutive abt'r noch imuier nicht durrhi:fl"ü}iitf>n nclmlt^remiliei utii,'
winde übor Antrag' des Piof. Fm. Müller ohne Debatte zur Kenntnis
genommen und je<ler weitere Schritt mit dem Auadrucke des Ver-
tranena dem Ermessen des Auaachoases anheimge^tellt.
Hierauf erhielt Prof. Dr. S. Lederer das Wort zu einem Torlmge:
„Das Skioptlkon und seine Verwendung für den Unterrleht in
den elassisehen Spraehen, der Geographie und OeaeUehte, der
Naturgeschichte, Physik ete/*.
Nachdem er die Zuhörer über die Be«chaftung uml Verwendung, und
Prof. J. Schicht über die zur Verffl^jung stehenden Lichtquellen, insbe-ion-
dere Obei Er/.en^rnng und Verwendunr; dea Acetylengases inforniiert hatten,
führte ielzttner einige physikalis» h.' Vernuehe und mikro-Kupisi he Präparate
in Protection vor. Ersterer brachte eine Reihe von photographischen Ab-
bildungen antiker Knnftwerke und von LandachafUbildern roitteUt eines
vom Mechaniker der deutschen techniachen Hochschule, Herrn Kettner,
ausgefQhrten und- bedienten, vom Herrn Regierungsrathe Dir. Dr. L. Che-
valier zur VerfDgung gestellten Skioptikons zur Anschauung.
Die besonders zahlreich erschienenen Mitglieder verfolgten die Vor^
fiihrung mit Interesse und gelangten zur Überzeugung, dass unter gewissen
Umstünden und nach Eifullnng mancher Vorbedingungen das Skioptikon
sich sehr wohl eignet, den Unterricht in manchem Gebiete mit Vortheil zu
begleiten.
Sechste Yereinsversaiumlung.
(9. mn 1898.)
Diese Versammlung, zu der Vertreter s&mmtlicher Pmger Anstalten
erschienen waren, war der Berathung Aber die wesentlichsten Punkte einer
„Instruction für die Terantwortlichen Aufseher" etc. (Rrlaaa des
hohen Ministerium» für Cuitus und Unterricht ddo. 17. December 1897,
Z. 2ü7Uj) gewidmet. Unter lebhafter Betheiligung der Anwesenden wurde
eine derartige „Instruction" t'ornniliert , in^soweit sich Punkte aufstellen
In«« n. tiie allgemein den Fordei unt," n bfidtT Kat»'gorien von Mittflschulen
entiprecben. Das F'r^ebnis der Berathung, bei der Herr Prof. Kd Müller
die Functionen des Schriftführers veraah, — eine Skizze einer in 14 l'unkte
snsammengefasaten Instruction — ist am 16. Märs TOm Vereinaobmanne-
den Directionen der Staats- und der Cömmunalmitteischulen Böhmens
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Vereinsnachricbten.
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stigeflcbickt worden. Der VerMintnlanff brachte der Obmann snr Kemitnia,
daas Herr Dir. Hergel (Avmg) ebenfalls eine von tbxn TerfiMite Inetruction
den Lehrkörpern zur Verfügung stellen wertl*'.
Die auf Grund früherer VereinsbeachlQsge abf^ef isste Petition hat der
Ausschuss bereits an das hohe k. k. Ministerium für Cultas und Unterricht
geleitet.
Siebeute Vereinsversammluiig«
(23. Märs 1898.)
In der sablreieh besavhten V^raammlnng aiellte der Obmann den
Anwesenden den Qaat des Vereinest Herrn Dr. Egon R. Oppolser, vor
und ertheilte ihm das Wort la einem in liebenswürdiger Weise augesngten
Vortrage:
„Über die Bewegung des Sonneiisystems im Räume**.
Erst durch das Copernikaniäche Sy4em und <lurch die Entdeckun»»
der Higenbewei^ung der Fixsterne — führte d»'r Hediier aus - - war ein
Ejiil»liek in die Welt *ier Fixsterne «gewonnen. Die um die Sonne krei-
sende Eide hol eiäl eine geniigend große Basi» in dem Durehine''ser ihrer
Bahn, so daas in unserem Jahrhunderte die Entfernung der Fixsterne messbar
wurde. Durch die Entdeckung der Eigenbewegungen war nnwiderl^lich
geieigt, daas die Fixsterne keine «stellae fixae' seien, sondern dasa sie
ebenso eine Bewegung im Räume haben wie die Planeten, die nur infolge
ihrer großen Entfernung so gering erscheint, dasH sie erst nach grOßeren
Zeitr&uroen merkbar wird. Hat der uns nftchste Fixstern, die Sonne, auch
eine eigene Bewej,'nnrj. so uiCIwti die wahrgenommenen Eigenbewegunpt^n
der Fixsterne zuiuiheil auf Reclimiii«,' unserer eigenen Bewegung im Haunie,
zunitheil auf Kechnung der wirklichen Eigen bewe^unpen der Fixsterne
gesjetzt werden. Es ersteht nun die Aufgabe, dieJse Bewegungen zu
trennen, und dien ist nur möglich, wenn wir die Bewegung des Sonnen-
systems nach Riebtang und Geschwind^keit bestimmen. Dabei tritt die
Forderung auf, ein Ooordinatensystem festxalegen, aof welches wir die
Bew^^ng bexiehen können, nnd dann ein absolutes Maß fdr die Ge-
schwindigkeit zu gewinnen. Dius erste ist in der Ekliptik und im Frühlings-
punkte, dieses dadurch gefunden, das» man die Geschwindigkeit auf den
Äther bezieht, analo«? der Bestimmunir der Fnhrj:^pschwindi^ifkeit zur See
durch Au--\vrrfen des Logs. Der Vortragende erliiuterte nun. cla.s-s die durch
die fuit^th reitende Bewegung der Sonne bewirkte Annäherung au die Fix-
bteme erst nach Jahrhunderten luerkbar werden kann, ebenso der durcb
diese Annäherung bewirkte Hell igkeit^u wachs. Dagegen gibt die Beobach-
tung der Etgenbewegung der Sterne Ober die Richtung unserer Bewegung
sehr genauen AuftdÜuas, während f&r die Messung der Geschwindigkeit
erst daa in Prag von Doppler um die Mitte unseres Jahrhunderts auf-
gestellte Prineip die Schwierigkeiten behoben hat. Nachdem der Vor-
tragende die verschiedenen Methoden in der Erforschung der Bewegung
unseres Sonnen^v-'^tenis dem We«en nach erläutert und sie gegen einander
abgewogen liittt*, gab er das He>ultat: wir nähern uns dem Sternbiide
des Herknb's mit einer Geschwiiuü^'keit von 1 — 2 Meilen pro Secunde.
Dieses Dahineilen im Weltenraume brauche uns nicht zu Leunruhigen,
weil die Menschheit nicht mehr ist, bis wir dorthin gelangen. Oberhaupt
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Vereinsnachrichten.
ilt ein ZusaiDmeiifttoO zweier Fixsterne hfichsi anwahrscheinlich und darfte
in hundert Millionen Jahren vielleicht einmal vorkommen. Auch die Cber-
legunf(f ÜMB es sicherlich ebenso viele dunkle, erloschene, daher unsichtbare
Fixsterne gibt, braucht uns keine Befürchtiinprnn ein7nflr>ßen . ■weil :iuch
diese sicherlich den Weltenrantn sehr spärlich t'rfiiilcn Etwas anderes
bieten die zahlreichen Nebel, die rrrnß»» Räume eitüllen. Vor allem hat
hier die l'hotoj^mphie nachgewiesen, diu^ fast in allen Hegionen des Weltall;*
dieee großen Neljelmaasen so finden sind. Aber es gibt natürlich auch nn-
eichtbiire, nicht mehr leuchtende Nebel, und in einen tolehen hiaeinsu-
f^rathen, emcheint nicht ala unwahrscheinlich. Ee i»t ja schon in histori-
scher Zeit manch ein so|;enannter «neuer Stern" anfj^etaucht, der wieder
▼enchwonden ist. Dieser ist eben durch einen Nebel hindurchget^an^^ea,
der auf seiner Oberfläcli*' « inen Weltenbrand hervorgerufen. Keine Wissen-
schaft kann hier jetnals etwas prophezeien, jede Stunde kann uns diesen
Weltuntergang bringen, umi es bleibt uns nur übrig zu hoffen, dass
uns dm Schicksal noch lange unsere Heise im Weltall unbehindert tort-
setzen iä»st.
Dem Vortrage, der in geistvoller Durcharbeitung das Ringen um
freien Ausblick in das Gewoge im unendlichen Baume Ton den hohen
Warten aus, die der Menschengeist erklommen, in fesselnder Form vor-
fahrte, folfften die Zuhdrer mit gespannter Aufmerksamkeit. Reicher Bei-
fall drückte dem Vortragraden den Dank aus, welchen der Obmann noch
in herzlichen Worten au&sprach. — Mit den aufrichtigsten Glückwünschen
und flem .Xn^tlrucke der Hotlnunfr auf frohes Wiedpisehon nach Ostern
8chlo« der uitmann die siebente periodische Versammlung des laufenden
Vereinsjabreb.
C. Sitzungsberichte des Vereines „Die Realsohule" in Wien.
(Mitgetheilt vom Schriftführer Prof. R. Dundacxek.)
Erste YollTersammlmig 1897/^«
(20. November 1897.)
bei Oom.innstellvertn*ter l*rof. Glö>er «ttithu't die ^itziini; mit der
Begrüßung der Anwesenden, insbesondere des Hei in k. k. öectionschefs
Dr. Erich Wolf und schlägt vor, von einei- VerlMung des umfangreiehen
Protokollee der Jahresversammlung vom l(>. October absusehen, da dieses
durch die von derselben Versammlung betrauten Proft AI sc her und
POlsl beglaubigt wurde und im Vereinsoigane «österreichische Mittel-
»diuie" bereits abgedruckt ist. (Angenommen.)
Der \'or.sitzende geht sodann xum »weiten Funkte der Tagesordnung
(Wahl des Obmannes^ nher
Prof. Üaurer habe an den Vorstund tle» Vereines «Die Realschule"
am 2b. October ein Schreiben gerichtet (dasj?elbe wird verle.*en), warin
jener anzeigt, dnss er zufolge Erlasses Sr. Escellenz des Herrn Mini-iterii
vom S2. October 1897 von seiner Lehrstelle enthoben und sur zeitweiligen
Dienstleistung im Ministerium für Cultus und Unterricht tnn&chst auf die
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Vereinsnuchrichteu. 201
Iraner eines Jahres einberufen worden tei. Er bittet darin den Antichn»,
%m Eenntni» zu nehmen, daia er seine Obmannstelle niederl^.
Prof. Glöser bedauert diesen jähen Wechsel in der Obmannachaft
und spricht dem Scheidenden für die thatkräftige Führung der Verein«-
geschäfte in warmen Worten den Dunk an<. f Lobhaft Beifall.) Der
Vereinsausscbu>s habe sich in Heiner letzten 8itz\inf,' ent^ehifden . der
Versammlung die Wahl des Herrn l'rotessors an der Staat«reaUchulö im
XVIII. Bezirke, Franz Haluxchka, eine» laugjährigen, arbeitsfreudigen
Mitgliedes des Vereines, Yonnsehlagen.
Nach einer korsen Unterbrechnng der Sitsun^ behnft Stimmenabgabe
und Zfthlnng fibernimmt Prof. Halnschka, ron den Anwesenden mit
allen gegen eine Stimme sam Obmanne gewfthlt, den Vorsits. Er dankt
fClr die ihm erwiesene Ehre und erklärt, die Wahl anzunehmen. Gestützt
aof die bewährton Hilfskräfte des Aaschusses, wolle er im Sinne seiner
Vorgänger nach bestem Wissen und Gewissen weiter wirken nnd den
Versuch ni:t(hen, auch die f»esellige Vereini«?imf2r der Coliegen zu fördern.
Zum ibehiusse seiner beifiiili^ antj^enommenen Rede meldet er den Beitritt
des Herrn k. k. Landes-Schulinspectorä d. ti. Dr. igna/. .Mache an und
fordert bn diesem Anlsswo die Anwesenden aof, unablä^äig auf die Ver-
mehrung der Mitgliedersabl des Vereines hinwirken xu wollen.
Hierauf «hielt Frof. Frans Sehiffner das Wort su smnem Vortrage:
„Über PoFtaehrlttA auf dem Gebiete der Photographie'*.
Er spracli zunächst Ober die Wandlung, welche im Äußeren der
photographischen Bilder vorsichgegangen ist, und zeigte zahlreiche
eigene Aufnahmen und solche von Mitgliedern des Camera- Clnb? vor:
Albumindrucke. .Vristo- und t'elloidincopien, Platinbilder, verschieden y^e-
tonte Photo^raitiiien auf Mattpapieren und entwukcite Uopien, scharfe
Aufnahmen, endlich mit der I^ocbcamera und dem Monokel herge^itellte
monochrome nnd polychrome Gommidmoke. Letstere ffthrten ihn auf die
Photographie in natfirlichen Farben. An das Lippmann*sche Verihhren
anknflpfend, gieng er auf die Forschungen von Wiener Aber, erwähnte
die von Ditmar hergestellten Bilder und ersfthlte dann, wie Chosaange
unlängst die Gelehrten getäuscht, indem sich dessen Erfindung als ein
Colorier verfahren entpuppte, das jetzt unter dem Namen Uadiotint au.s-
geüV»t wird. Er verweilte dann län^jere Zeit bei den Aufnahmen unt
orthochromatischen Platten, die als (Jrundla^e für den Dreif tri>cndrnck
dienen, und erklärte, wie mit Hüte solcher Neijative die tarbigen (iummi-
drucke angefertigt wurden, die Dr. Henneberg und Prof. Walzek in
Hamburg ausgestellt hatten.
Solche worden der Versammlung gezeigt und alsdann noch das Ver-
fahren von Jolj und Dr. Seile erklärt.
Der Vortragende gieng dann auf die neuesten Entdeckungen über
und entwickelte die Unterschiede zwischen den Kathodenstrahlen Ton
Lenarnd, den X-Strahlen von Röntgen und den Kanalstrahlen von Gold-
stein, gab Krkliiruji^en über divs „schwanke Facht" von l>r. Le Bon. die
Wirkung von Metalldämpten, von rrnn.>traliien und den Entladuogsstrahlen
von E. Wiedemann. endlich der Kii ferst rahlen.
Von den künstlichen Lichtquellen wurden das Magnesiumlicht, das
Acetjlen und das Hydro^Press-Gaslicht besprochen. Bezüglich der Objecti?e
üiyiiizeQ by GoOglc
202
VereinänachricbtoD.
wurde des aaiigmatischen Corrüctors von Dali mejrer gedacht» die Zu^inmaB-'
Setzung? des Planars erklärt und dewen Vonflge an vorgelegten Probe-
bildern hervorj^ehoben. Zum Schln*?9e wnrdp noch ein Teleobjectiv von
Zeiß vorgelegt, fiullich jjezpi?t, wie die n<'iv Klapp-ranient von \{. l>echiier
zu handhaben ist und wie die damit heigestelUen Autiiuinuen mit Hilfe
eines dazu passenden VergrößerungsapjMuates auf das Format Ib ^24 ge-
bracht werden können.
Prof. Schiffner entsQndete sunt Schinne eine BHUlichtfolle von
Schwurt«, wie eolche zu Momentanfnahmen im Dunklen verwendet
werden.
Der Obmann dankt dem Vortragenden fiir seine inbaltareichen«
interessanten Ausfuhrungen und achließt, nachdem die Tagesordnung er-
schöpft ist und sich niemand zum Worte meidet, die Sit/.un^'-.
Mit Be7,ug auf die Henierkunof im vierten Heft»' (lies.t'r Zeitschrift
(X I. .billig mi^. 1H97. S. I'-Mi wird uaciwtehend der (iedankengang des vom
Herrn o. ü. Prof. Emauufl Czuber:
„Ober einige Resultate der modernen Messkunst**
in der JabresverMiaimlang de« Vereine« «Die Kealachale" am 16. October
1897 gehaltenen Vortrages wiedergegeben.
Der Vortrag verfolgte den Zweck, an einer groCen Operation des
Königl. preußischen Geod;1tischen Instituts den heute in der bfiheren Mesa-
kunst erzielten Grad der Genauigkeit zu demonstrieren, üm die mit-
zut heilen den lu'snltitt» zu vullein Verötandnisse zu bnni»en, nohicktf der
Vortrauendt' eine kurze Darlegung des Wesens fincr Triani^iilifrung voraus
und besprach insbesondere die seit Prof Schwerd Ln-iUite Methode, aus
einer relativ kleinen, ma j^rol-er Schärfe gemessenen Busis mittelst einer
Kleintriangnlierung, eines nogenannten Basisnetzes, eine große Basis ab-
zuleiten, auf welche sich die Haupttriangnliemng zu stQtaen bat
Bis in die Siebsiger-Jabre galt als vollkommenster Apparat für die
Sleasung einer Basis derjenige, welchen Hessel für seine 1894 ausgef&hrte
UstpreuOische Gradmessung hat anfertigen lassen; mit diesem Apparate sind
seither viele wichtige Grundlinien in Mitteleuropa gemessen worden. Der
Apparat befsteht in der Hauptsache aus mehreren fjleichen Messstangen
von 2 loi-en Län»:»', jede aus einem Eisen- und einem Zinkstabe 7,n*tammen-
jje«etzt und >o ein iMetallthermonieter biiiiend, diw iu jeder I^a^re die innere
Temperatur der Stange zu bestimmen gestattet. Die durch die Meibsstange
dargestellte Länge befindet sieh »wischen deren keilförmigen Enden; beim
Messen werden die Stangen suooessive aneinandergereiht, aber nicht sur
Berührung gebracht; die kleinen Zwischenräume werden mit fein getheilten
Glaskeilen gemessen.
Nach Begründung der Fluropälsehen Oradmessnng. die .sich später zu
der gegenwärtigen Internationalen Erdmessung erweitert hat, stellte sich
das Bedürfnis nach einem mit rillen Mitteln der PriiciHionsniechanik her-
gestellten Basismejsfäapi ar.it.' umsomehr heraus, ais die l ntersuchungen
General Baeyers, des Begründei-s der lnt<»rnationalen Krdmessung wie
auch des Geodätischen Instituts, gewisse iJedt uken gegen den Bessel'schen
Apparat wachgerufen hatten. Auf Grund der Berathungen einer specielleo
Commission warde denn auch die Herstellung eines solchen Apparates
beschlossen und der berfifamten Mechanikerwerkstätte der QebrQder
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VereinsnaciuichWu.
203
Bi-unaer in Paris im Jahre 1876 flberti'ag«», und twar aof Rechnung de«
Qeodfttuchen Instituts.
Der im Jahre 1878 fertiggestellte Apparat behält dus Princip de«
BimetalliginuA bei: Es ist nur eine Messstange von Am lÄnge vorhanden;
dieselbe besteht aus zwei gleichdimensionicrten Stäben, der eine aus
Messing, der andere ans einer Plafinindinnilewiprun'^; beule sind in der
Mitte fest verbunden und lauien im übrigen auf Köllen, die von einer
eisernen Bank getragen werden. Die Messätange ist ein sogeuanuter
Striehmafistab, d. h, die durch sie definkrie Läufe Mt «wischen zwei
.strichen auf der oberen Fläche enthalten. Die Platinstange ist der gansen
Länge nach in Centimeter getheilt; die letzten Sem zn beiden Enden beider
Stangen sind in O l mm getheilt.
Eine der wichtigsten Voruntersuchungen, welchen der Apparat unter*
zogen werden musate, war die Vergleichung der Messstange mit dem
Kormalmcter. d. i. mit jenem Meterstabe, welcher gegenwärti«; die <M iind-
lai^ des internationalen metrischen Maßsystems bildet, und die Lnter-
suehüDg ihres Verhaltens bei Änderungen tler Teut)>eratur. Dip«ie überaus
subtilen Arbeiten sind zweimal, in den Jahren 1891 und 1^9 i, in dem
Bureau international des poide et mesnrea m Breteuil bei Paris
ausgeführt worden, wo auch das Nornwlmeter aufbewnhrt wird. Es ist
Ton Interesse, die Resultate derselben zu erfahren, weil sie charakteristisch
sind für die Schärfe, mit welcher derlei Bestimmungen heutzutage voll-
zogen werden können; diese Resultate finden ihren Ausdruck in zwei
Gleichungspaaren. Es ergaben sich nämlich für die Länge P der Platin-
und die Länge M der Mes»ing»tßnge bei der Temperatur T (in Celsius-
gradeuj die Ausdrücke:
Im Jahre
P = 4 000 300171 ( 1 + 0 000 008 GIM T -f 0 000 UOO 000 25 7 -),
M = 4 000 U9m (1 4- O OCO 018 04« T + 0 000 000 005 99 2'-).
Im Jahre 1893:
7» 4 000 2[nin (1 4- 0 Of f) OOS (1114 T -f O'OOO COO 000 25 7*- '.
M = 4 000 133 >« ( 1 4- 0 000 018 04G T -f 0 OOn f 00 005 99 T-).
Das Princip der Messung mit dem Brun ner'schen Apparate besteht
darin, dass an der naho horizontal und in der Flucht der zu messenden
Basis aufgelegten MeA«stange die Entfernung' di r \ eitiralen optiseht*n Ach«en
zweier vorher in der»»'liMii Flucht aut;;e^tellt('n Mikroskope \.uiit Mikro-
meterschraube) gemessen wiid. Niiehdem dies geschehen ist, bleibt dns
vordere Mikroskop fest stehen und wird das andere um die doppelte Länge
der Messstange vorgetragen, diese selbst um ihre eigene Länge vorgeechoben
und der frflhere Vorgang wiederholt; dies geschieht längs derganaen Basis.
Zur Einstellung der Messstange und der Mikroskope in die Flucht der
Basis dienen eigene Ei nfluchtun^sfern röhre, zur Einstellung der Mikro»kop-
achsen auf die Endpunkte der Basis und etwa festgelegte Zwischenpnnkte
besondere Ablothungsfernrohre. In jeder Lage der Messstange erfolgt auch
die mikroskopi.-^che Messung des Längenunterschiedes der beiden Metall-
.stäbc behufs Bestimmung der inneren Temperatur und mittelst eines sehr
feinen .Setzniveaus die mikrometrische Bestimmung der Neigung gegen
den Horizont.
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204
V ere ins uac h r ic h t e u
Die große Operation des Geodätiwlieii Institata, von der eingwigt die
Bede war und deren Resultate nun mit^etheilt werden sollen, bestand
darin, dass drei Grundlinien, welche in früherer Zeit mit dem 6 es s er-
sehen Apparate genip?spn -worden waren, nunmehr mit ilem l?rnnner'-
Bchen Apparate naolitjPiuosstMi wmdHn. Hio-i hatto zunächst den Zweck, die
Leistun<jsfähi^keit de» letzteren Apparates zu erjaoben, aber auch die V.-r-
Ifisslichkeit des ersteren zu prüfen. Jede der nachbenannten Uit*i i^uuiid-
linien wurde zweimal, je einmal in jeder lUchtung, ^emesuen. Die Er-
gebnisse nnd nachstehend tabellarisch »ManiniengeBtellt.
A. Die Grundlinie bei Strehlen.
J. Me&iiUDg durch General Baeyer mit dem BesäeTächen Apparate 1854
II. Messong durch das Geodätische Institut mit dem Brnnner*-
schen Apparate 1879:
Erste Messung 2762 588.40 „
Zweite Hesrang 37tS2*&8L94 ,
Arithmetisches Mittel 2762*685.17^
Mittlerer I t hlMr des arithmetistchen Mittel:i = - \"Jt-i2 mtu «=■ -«fo-j/iTiTiA'
der Länge.
B. Die Grundlinie bei Berlin.
L Messung durch General Baeyer mit dem Besse rächen Apparate 1Ö4G
2d36 392.0 m
II. Me.ssunjjdnrc h d.is < iooiiütische Institut mit dem Brun ner'-
sehen Apitaratc löbU:
Krst.' Messunjt 233<)-3I»5.r2
Zweite Messung t>33(i-38**.(>6 ,
Arithmetische« Mittel 2336-392.39 ,
Mittlerer Fehler des arithmetischen Mittels t 1067 WM» "= qqq"
der Länge. *
C. Die Grundlinie bei Bonn.
I. Messung durch die Königliche Landesaufnahme mit dem Besserschen
Apparate 1892 2512*961.24 m
II. Messung durch das Geodätische Institut mit dem B ru n n e r •
sehen Apparate 1892:
Erste Messung 2512 972.49
Zweite Messung 2512'966.62tt
Arithmetisches Mittel ^12'969«65«
Mittlerer Fehler des arithmetischen Mittels — -r 0*724 nttn — «
o,47U.UUU
der Liinge.
Diese Zahlen siiiil f;r>\vi«* <^Afi«jni't . für die hentiirnn L'^'^tungen der
Feinmechanik und der BeoüacbtungtikunU Bewunderung einzutlüüeu.
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VereiDsnachrichteD*
205
Zweite Yollversamiiilang 18Ui,9b.
U5. JaatiAr vm,)
Auf der Tagesordnung itaod der Vortrag de« Herrn k. und k. Ober^
lientenanta Franz Hiaterstoißer, Cotnuandaaten der uiUitär-aSronanti>
sehen Anstalt in Wien:
„Über wissenschaftliche Ballonfahrten".
Während man ant'an^^s skh Bescheiden nni^^te. die Messungen der
Temperatur und dea Lufklrueke-i in staiil»pi füüten Städten vorzunt hinrn,
ist es den Anregungen Hanns und Bc/.ülJs ^u danken, dass allmiihlich
Ob^^ervatuiieu m hüchgelegeneu Orten , ja auf Berge^gipfeln erbaut und
eiogerichtet worden. Diese liefern nun allerdings einwandfreiere Daten;
man hat es indessen gewagt» derartige Aufxeichnungen aus noch höheren
Lufbschiehten herabxuholen, welche Aufgabe die Ballons fibemonimen
haben.
Der Vortragende erläutert nun an den an«ge?tellten Objecten die
Ausrüstung eines Ballons und schildert in fesselnder Weise den Verlaut
Mint>r normalen Freifahrt. Überraschend wirkte die Mittheilung, da«s man
hogiii' unbemannte Ballons mit Kegistrierapparat^n ffir Luftdruck und
Wilrrae in di»- Lütte entsendete, welche an» Hüh»-Ti bis zu 2.ö.000w sehr
niedrige Tempeiaturen ( — 25*^ R.) verzeichneten. — Uu) Querschnitte durch
die Atmosphäre zu erlangen, wurden am Ii. November 1896 Simultan*
fahrten von verschiedenen Auffabrtspuukten gleichseitig unternommen.
Redner bespricht sodann ausführlich deren Verlauf und fosst die wichtigsten
wissenschaftlichen Ergebnisse zusammen.
1. Bis zu einer Höhe von 4000 m nimmt die Temperatur mit je 100 ifl
um 0 5'*, in höheren L.ij^en um 1*^ ab.
2. Temperatur umi Kenolitigkeit, trockene und feuchte Luftscbithteu
wechseln oit initeinantitT ab.
3. Im Inneren der W olke sinkt die Temperatur, erreicht in ihrem oberen
Theile den tieftten Stand und steigt Über der Wolke, welche die Wärme
reflectierti raseli wieder.
4. Die Ötratoswolken erweisen sich als lose Gebilde, welche auf kurse
Entfernungen die Sicht nicht behindern. Die Cumuluswolken reichen
oft in ganz unglaubliche liehen. Die Cirrhuswolken, welche man frQher
für Eisnadeln hielt, machen den Eindruck eines Schneegestöbers.
5. Der Wind weht an d*»r Erdoberfläche vom Maxinnnn r.tim Minimum,
wechselt jedoch in einer Höhe von 1100 — loOO/// die Hii htung, indem
er vom Minimum zum Maximum spiralföruiif? zurückkehrt.
0. An optischen Erscheinungen kommen vor: Aureulen, Luftt^piegelungen,
farbige Schatten, Nebensonnen und Sonnenhöfe.
7. Von Prof. £rk und Hauptmann v. Rosenberg in Manchen wurde etwas
sehr Merkwürdiges beobachtet.
Bei Fahrten über den Wolken kann man auf der Wolkendecke
die Flttssl&ufe wahrnehmen, deren Bett etwa 30— 50fii in der Wolke
versenkt erscheint, so dass sich sogar die Neb^iflQsse, Abzweigung^,
Mrindunn^t n u. s. w. genau unterscheiden lassen, was fOr die Orientierung
-t'lir wichtig' int.
Das Potentialgefälle der Elektricität nimmt mit der Höhe ab.
üiyiiizeQ by GoOglc
206
Veretnsnacbrichten.
Der Vortragende schlieft mit der Bcmerkuug, Uass durch Siiuultan-
fiüiiteii nodi yiele andere Fragen gelöst werden dürften; er ffSbe ikh der
Hoffiiung bin, auch Wien werde künftig nicht nnrertreten bleiben.
Viribus müis exetisiar!
Die YereinsmitgUeder nnd sahireiche GSste, welche dem Vortrage
beiwohnten, spendeten diesen interessanten AustAhrangen reichen Beifall.
Z>. Sitzungsberichte des Vereines „Mittelsehule für Ober-
österreioh und Salzburg^ in Linz".
(Mitgetheilt von dem Obmanne Prof. Dr. Ad. Horii&kaJ
Erste yereinsTorsamiiiluug^.
(Linz, den 19. März 1898.)
Anwesend '20 Mitglieder, darunter Herr Landes-Schulinspector Eduard
Scbwamiuel, die Directoren Rudolf Pindter, Johann Degn nnd
Johann Habe nicht nnd ans FreistutU Prof. .1. Zatininüilpr.
Der Oliiiiiiiin Dr. Ad. Horcicka tnütVnet die iSit/.nnf^ mit dt-r He-
griil.niucj der er.-ichitnieuen Mitglieder. Er theilt mit, welche Sihritte im
Sinne der mit der Mittelschule iu hhn kartellierten Vereine unteiiiommen
wnrden, nm dahin «u wirken, dass endlich die sosehr gewQniehte Oelutlts-
regnliemng ins Leben trete. Ferner wurde die heurige Wanderversammlang
f&r den 5. Juni in Freistadt bestimnit, wo der Verein von Seite des
Lehrkörpers des Gymnasiums die freundlichste Aufnahme finden wird*
Zwei Professoren des Gymnasixnns in Freista4lt haben sich in suvorkommender
Weise bereit erklärt, die Vorträge bei dieser Festversammlung zu über-
nehmen. Neu eingetreten sind als Mitgliedert V. Dr. Laarenz PrölJ,
Johann ilätele (Gyinnusiuni in Linzi und 1'. Tliiemo Schwarz (Gym-
nasium in Kremsmün>t-'i). Die anderen Mitiheilungcu des ( »bniannes be-
trafen Angelegenheiten ganz interner Art. Sodann hielt Piof. Franz
Lehn er des StaatsKymnasiams in Lins den Vortrag über seine Studienreise:
mVod Ancona Uber Tenii, Aquila, Solmona und Foggla naeta Neapel".
Bedner schilderte in Kürie Land und Leute in den Abruissen, soweit
er sie während seines mehrtägigen Aufenthaltes kennen lernte. In form-
vollendetem Vortrage verstand der für die Naturschönheiten des italienischen
Gebirgslandes und für die Denkmäler römischer Baukunst }iO(>hbe^ei?terte
Redner die Anfmerksamkeit der Zuhörer zu fes-seln. Viele tretl'liche Fboto-
grajdjieu dienten zur Veransthaulichung des Oe«agten. Am ein^rehendsten
verweilte er bei Solmona und Aquila. di n ln'iden llauptoitcn dieser Ge-
gend. Ganz besonders erregt Aquila unsere Autinerksamkcit, eine Gründung
des hohenstaufisehen Kaisers Friedrich IL, das sich infolge dessen auch von
den anderen Städten in Anlege u. s. w. wesentlidi unterscheidet. Auf den
mit großem Beifalle aufgenommenen Vortrag folgte die Fortsetcnng der
Discussion über den Hntwurf einer Dienstpragraatik fQr die Osterreichischen
k. k. Gymnasien nnd Realschulen auf Grund des von dem Vereine «Mittel-
echule" in Wien vorj»e1f^'ten Vorschlages, welche bis Hauptstück IV inclusive
gedieh. Die Debatte, welche fich insbesondere nn da?« Hanptstück V knüpfte,
war eine sehr iebhatte und anregende. Die Berichterstattung übernahm in
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VereinüDachrichten.
207
Yertretmii; des erkrankten Referenten Herr Prof. Horis Bock (Reniflchnle
in Linz). Es worde nach den in der Versammlung gen^ebenen Anr^ngen
bescbtOBSen, eine vollständige Umarbeitung des V. Huuptstucke^ vor-
7tin(^hT))en, womit snnftcbst der für diesen Zweck eingesetste Sonderausscbnss
betraut wurde.
Zweite YereittSYersammiuiig.
(Lins, den 80. April 1898.)
Anwesend 84 Hitglieder» darunter Herr Landes-Schalinspector Eduard
Schwamm el, Stattbaltereiratb Dr. Eduard Mag n er, die Directoren
Audolf Pindter, Johann Degn und Johann Habenicht; ferner die
Froff. J. Zfiunmüller aus Freistadt und Dr. Weiß aus Gmnnden.
Vor Enirtnung der Sitzung widmete der Obmnnn dem verstorbenen
Ehrennutfjliede dos Yoreines Prof. G»'nanrk, Direetor der Staats- Hand-
•werk<'rsohult' in Linz, einen einenden . warm <'!i;|!fniuienon Nnehrnf . da
derselhe stet» mit allen Kiiitten tiir die Int»'re.>sen des \'ereines nnd >les
Standes eingetreten ist. Sein haupttiät bliche« Verdienst war die genaue
Ausrechnuug der Erhöhung der Witwen- und WaiseubeKflge für die Hinter-
bliebenen der k. k. Staatsbeamten bei Einsablnng ron 8% des systemi-
«iert«n Gebaltes aller Beamten, weiche nach seinen Vorschlagen auch
thatsächlicb übernommen wurde, wobei jedoch vom Staate als die
nonn.ile Basis angenommen wurden. Leider hat ihn eine langandanemde
schwere Krankheit gehindert, sich an den Sitzungen des Vereines in den
letzten Jahren zu bethjiti<ren, wiewohl er trot/dem allen Fragen, welclie
8taTitl*'sinttM-t-s»-n betrafen, mit i,nübter Thei Inahme folgte. Die .\nwes,.,i(len
ehrten das .Andeniccn an den \'»n-l)lirlienen ilurch Erhebung,' von den >itzen.
Der Obmann theilte dann mit, dass Dr. Phil. Johann Zöchbauer
(C!ollegium Petrinum in Urfahr) als neues Mitglied beigetreten ist, dasä
alle Vorbereitung«» {Ar die Wanderrersammlung m Freistadt für den 6. Juni
getroffen seien und dass der Aosschuss beschlossen habe, in der nächsten
2ett mit den Vereinsmitgliedem einige neue Unternehmungen in Lins sn
besichtigen. So wurde für den 4. Mai d. J. die Besichtigung des neuen
•Schlachthofes nnd der Anhige des Elektricitiitswerkes in Linz-lrtahr in
Aussicht genommen nnd tliatsäehlirh auch nu-^^enihrt. E«? betlieili:.,'ten >^ich
-H Alltsrliofler. L)ie Fiihrunfj im neuen Sclihu lithofe übernahm in seht zu-
vorkomuiemler W»'ise der sLüdtische Ingenieur Herr .Tulius Biow«ki, im
Elektricitätswerke der betriebnleiter Herr Franz SsLheinig. Beide Herren
haben «ich die größte Mühe gegeben, die Einrichtungen dieser ganz modern
angelegten Werke eingehendst sn erklfiren, wofflr wir uns erlauben, ihnen
an dieser Stelle den wohlverdienten Dank aussusprecben. Der Ansschuss
-wird nicht ermangeln, da das Interesse an dieser Besichtigung so rege war,
auch in Zukunft gemeinsame Ausflfige ähnlicher Art zu unternehmen, da
diese nicht bloß zur Belehrung dienen, sondern auch den Sinn lür ooHegiales
Zusammenwirken Vieleben und stärken
Daran kniiplu- .sieh der Heri' lit über den Verlauf und die Tli.ttiirkeit
des V. Tages der dentschen HiHtonkcr in Xiiinberg, der in der Woche
nach Ostern (13. bis IG. Aprilj abgebalitn wurde. Leider konnte der Ob-
mann, der demselben beiwohnte, nur in ganz knapper Form über die
I
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I
20S
Vereimnaciirkhteu.
wicbtigsten Fragen, welebe in Nfirnberg erörtert worden, Mittheilung-
machen und über die hütM intereesanten Vortrflge, welche üaeellwt ge-
halten wnrdmi, nur mit wenigen Worten Erwähnung thun, wiewohl die*
aelben Ar einen weiteren Kreis als den engerer Fucbgenossen gehalten
wurden und Fragen iUli,'emeinen Intereases berührten. Schade, daas es die
Kürze der 7j'\^ nicht zuließ, sich mit einig^en Punkten ausführlicher za
bes^chäftig-en. Vit'llt'icht er*^il)t sieh im Herbste ilie Gelej»enh»'it, einen otl*^r
den anderen Funkt zum Gegenstande einer weiteren Errirterung zu luachen»
weil namentlich die Fragen über die moderne Geschicht^chreibung und
Geechichtefotvehung, inabeeondere über die hiebei Terwendete Methode der
S^stiker und NationalOkonomen die Aufmerkaamkeit der Zuhörer gana
beeondera anregten. Die eigentliche Aufgabe des Abends füllte die weitere
Herathung über einen Entwurf der Dienstpragmatik fSr die LehrerHchaft
der k. k. Staatsgymnasien und Bealschuien, welche schon mehrere Abende
in Anspruch nahm und endlich in einer alle Theile befriedigenden Wei?e
gelöst wurde, l^ie Herichterstattnnt^' iilM'rnahm auch diesmal we^en ün-
pässlichkeit des IJeterenten Herr Prot. Moriz Bock. Dem Sonderuus,schu88e,
der neuerdingi» zur Berathuug dieser .Standesfrage eine Sitzung gehalten,
lag diesmal die Arbeit eines für organisatorische Fragen sehr veranlagten,
auf theoretischem und praktischem Gebiete erprobten Ftsobmaanea vor.
der mit viel Flnß und Aufopferung der ihm übrigen Zeit die voUstftadige
Umarbeitung des Wiener Entwurfes vornahm, und swar nach einheitlicheui
Principe, vom modernen Standpunkte, inabesondere in Betreff der Stellung
der Sapplenten ; diese Vorlage wurde nach eingehender Discusaion im Sonder->>
au.s5ichuüse der Vereinsversammlung xnr Annahme ohne weitere Änderung
empfohlen.
Herr Prof. Bock brachte Uie«ielbe Punkt fiii l'unkt langsam zur Ver-
lesung, und nachdem in der sich anpchlieüenden Debatte über einzelne
Pnnkte, welche manchem Mitgliede unklar zu sein schienen, die gewünschte
AufklftruDg gegeben wurde, nahm die Versammlung einstimmig den
neuen Entwurf an, der als die Willensmeinung des Vereines nach Wien
inr weiteren Berathuug vonulegen sei. Da derselbe von der Wiener Voi^
läge vielfach abweicht und dieser gegenüber große Vorzüge aufweist,
wurde über Anregung des Herrn Prof. Sauer der Antrag einstimmig an-
genommen, dass derselbe wörtlich in den Mittle-iiuTT^en abzudrucken sei,
damit er auf die-»*^ Weise den übrii^en Si hwe.stervrrpinen wie auch alten,
die an der Lö.«ung die^ser ^tandesfrage ein Intere^e i!^eigeo, leicht siigäng'
lieh sei. Derselbe lautet:
Bntwupf einer DlenstpFagmatik fOr das Lehrpersonale der Mi9T»
reiehisehen Staatsgymnasien und Staatsrealsehulen.
I. Von den Erfordernissen sur Anstellung als Direetor und
Lehrer an Staatsmittelsehulen.
§ 1. Zur ersten Anstellung als Direetor oder wirklicher Lehrer an
einer Staatnmittelschule wird gefordert:
1. die österreichische Staatsbürgerschaft;
2. physische EiL'nunir imd t^in Alter von nicht mehr aU 40 Jahren. Unter
berück8ichtigungäwürdi<^'en [ mstäuden kann bezüglich dieser Altei*»»
grenze Nacb^icht ertheilt werden;
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VeyeinUBcbrichfeeii.
3. die durch die Prufungsvorschrift verlangte Lebrbefähigung, bei Religious-
lebrern der KAchweit der mit Erfolg bettandoieii MaturitStaprÜfang
und der LebrbeflUiigiiiig von Seite der Oberkircbenbehörde;
4. der Nacbweia des au einer Staatsaiittelaebnle sarflckgelegteB Probe«
jahres. Dieser kann bei einer mindestens einjährigen Dienstleistung?
als Sapplent an einem Gjnmnasium oder an einer Kealscbnle nach Er-
worbnnff der Lehiltefiihiirnrit; oder hc\ einer mehrjährigen befriedigen-
den Dienstleistung im Xiebramte überhaupt erlassen werden.
II. Von der Besetsang der Dienstposten eines Directors oder
wirklieben Lebrers.
§ 2. FQr jede an ein» Sfcaatnniitelschule erledigte Directors- oder
Lebrerateile wird Ton dem Landesscbnlrathe ein Omen» ao^gesebrieben,
der bei Lebrstellen die dm PrOfbogsvorscbriften entqtreebende Facb-
grappe m beseicbnen bat, aas welcher die Bewerber die LebrbeAÜiigang
aacbsnweisen haben.
Zur Einbringung der Gesuche wird eine Frist Ton mindestens vier
Wochen gewährt. .Te«!*^-^ vor Ablauf des Bewoibungstermines hei der vor-
gesetzten Direetion, »'vontuell von Tandidaten, die nicht im ötl'en fliehen
Dienste stehen, bei dem Landes-schulrathe, der die Aii?«chreib«np vertwi-
lasst hat. eingetroffene Ge&uch iüt als rechueitig eingebracht aazusehen
and in den Besetxun^stvct auAnineboiea.
Die Oesucbe sind mit den LebrbefILbigungs- nnd Verwendongs-
sengnissen des Oandidaien su verseben, denen die Direction die Qnali-
ficationttabelle beifügt. Es bleibt dem Bewerber aabeimgestellt, sonstige
einen Vorzug begründende Beilagen anzufOgen.
§ 3. B i Krstattvmg von Vorschlägen zur Besetzung von Dienstplätzen
und bei Verleihung derselben sind die im 6tFentli<4ien Schuldienste er-
wori>enen Verdienste maßgebend. Bei Neuernenniin^^ von wirklichen
Lehrern ist auf die xeit Erwerbung der Ansteilungstähigkeit zurückgei^jte
Diensii&eit gebürend Rücksicht zu nehmen.
§ 4. Die Erledigung der Competenzg^acbe dnreh die EnAnnong
eines Bewerben erfolgt derart, dass der Nenemannte Iftngsteos mit Beginn
des nenen Semesters die ibm mliebene Stelle antreten kann.
§ 5. Jeder nenemannte wirkliebe Gymnasial« oder Bealscknllehiar
erbftlt den Titel , Professor*.
§ 6. Jeder neuernannte Direetor oder wirkUebe Lefarer einer ßtnat»
mittelschule ist tax beeiden.
§7. Der Tausch von DienstplStxen kann in berücksichtigungswürdigen
Fällen nach Anhihung der LHüdes-^chnlräthe durch das L'oterrichtsmini-
sterium gestattet werden. Die bctrettenden Lehrpertionen haben keinen
Anspruch auf Ersatz der Übersiedlungskostea.
§ 8. Bei Versetsnngen, welche das Untertioktaministerinm ans Diensles-
rOcksiehten vornimmt, gebArt den Lehrpevsonen der Enata der über»
siedliingskoaten naeb den hierfiber geltenden Bestimmnngen.
§ 9. Wird eine Lebraiütalt aufgelassen, so werden Direetor nnd
Lehrer von amtswegen und gegen Vergütung der Übersied lungskoeten an
andere Staatsmittelsehnlen versetit oder denselben xur Dienstleistung sn-
gewiesen.
„ö»U'rr. MitU'l»cliuk XII. Jahrg. 14
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Vereinsnachrichteu.
I 10. Der freiwillige Amtritt ana dem Lehntande kann in der
Begel aur mit Schlan eines Semester« erfolgen. Zar Fortfahranff det Titeb
(Director. Profeesor) bedarf es der Oenehmigoniiir des k. k. Unterrichts-
ministerium r«.
§ 11. Die Veraetsonif von Lehrpersonen in den dauemdm Eaheetand
erfolgt :
1. über Ansuchen den Hot reifenden bei nachgewiesener physiacher oder
geistiger DieustunfUhigkeit;
2. von amtswegen, wenn ein Director oder Profei^aor das 70. Lebenyahr
zurückgelegt hat oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres den An-
fordemngen des Amtes nicht mehr Töllig zu genfigen Termag, in beiden
FtUlen nnter Gewfthrung des gaaaen Gehaltes als Pendonsbesug;
8. im Disei|dinarwege.
§ 12. Bei Benie88Qng der Pensionsbezüge nach den hierflber gelten-
den T^psf tzliehen Bestimmungen werden im Sinne des Gesetzes vom 9. April
1Ö70 je drei im .MittelschttUehramte Toilständig zurückgelegte Dienstjahre
als vier gerechnet.
§ r^. Dpmgf'mÄß beginnt die l'ensionstahi(»keit für Mitj^lieder des
Mittelschuik'iu'Ntandet« mit dem Tage der Vollendung des achten anrechen»
baren Dienstjahree.
Rnhegenüsse nnd Abfertigungen dod durch die Bestimmungen der
§§ 1 bis 8 des Geseties vom 14. Mai 1896 im Znsammenhalte mit § 1. Ab-
sata V, des OesetMS vom 9. April 1870 Ober die Pensionsbehandlang des
Lehrpersonales an Staatsenstalten geregelt.
III. Von den provisorischen Lehrern und Sup]tlenten.
§ 14 Die Verwendung von provisorischen Lehrern und .Supplenten
findet nur statt, um einem vorübergeliemlen Bedürfnisse des ünterrichtü-
betriebes (Urlaub oder Erkrankung einet> Lehrers, Errichtung von Parallel-
classen) abanhelfen. Lehrstellen, welche dnrch fünf Jahre von Sapplenten
oder provisorischen Lehrern versehen wurden, sind mit wirkUchen Lehrern
extra statom m besetaen.
§ 15. Für die Bestellung von provisorischen Lehrern und Supplenten
an Mittelsohnlen gelten im allgemeinen die im $ 1 an^C^^ol^^'^
dttrnngen.
§ 16. i^obald ein Mittelschul-Lehrumtacandidat die Anstellungsfahijj-
keit erworb« n Ir.it. wird er ül)er sein .Ansuchen in ein nach den Priilungs-
gruppen un«l innerhalb derselben nacli dem Zeitpunkte der Anmeldung ge-
ordnetes Veizeichniti aufgenommen, welchem im k. k. Ministerium für Cultus
und Unterricht gelifihrt wunL
Die Anfhahme kann bei einem notorisch nngfinstigen Ergebnisse des
Probejahres aeitweilig verweigert werden.
§ 17. Die k. k. Landesschulräthe haben längstens Ii Tage nach
Bcbliiss doH .Schuljahres an das k. k. Ministeriinn ffkr Cnltos und Unterricht
unter Vorlage der Referate der Mittelscbuldirectionen zu berichten:
a) weiche bisher in Verwendiintj gestandene Supplenten oder provisorische
Lehrer im niichsten Schuljahre an der betreöenden Anstalt verbleiben;
b) welche bisher verwendete provisorische Lehrer und Supplenten vom
nächsten Schuljahre an den Auätalteu de^ Landes disponibel werden;
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Yeremmacbricbten.
211
c) für welche Stellen Uie Ernennuog VOn Supplenten für dos nächate
Schuljahr uothwendig ist.
Auf Gnmd dieser Beriehte verfu)^ das k. k. Ministerium über dis*
ponible {woviionsdie Lehrer nnd Sapplenten nnd ernennt imdi Bedarf
neue lAngstent bia Ende Angiirt eine» jeden Jahres, wobei die Reihenfolge
der Vormerkongen innerhalb einer Fachgruppe einmhalten eein wird.
§ 18. Wird wfthrend des Schuljahres durch eine vom Miaieteriuni
verf>e Emennang zum wirklichen Lehrer oder am irgendeinem anderen
Gmnde an einer Anstalt eine Stippliernng nothwendi^, «o wird in ^^leicher
Weise voui k. k. Ministerium fiir die Bestellung eines provisorischen Lehrers
oder Supplenten Sorge getra^jen.
§ 19. Ergibt sich zu Beginn des Schuljahres die Nothweudigkeit,
snr Vorsehung des Unterrichtes an nicht vorhergesehenen Parallelclassen
Lehrkrftfte m bestellen, so haben die Direotionen eheniflglichst» läugätens
sogleich nach Sehlo» der Aufnabme, an den k. k. Landesachnlrath an be*
riditen* der mit aller Beacbleunigang die Berufung der erforderlichen
Lehrpersonen veranlassen wird.
§ 20. In allen Fallen, in welchen die Nothwendigkeit zur Bestellung •
snppHert'n'ltT Lehrkräfte durch lilngere Zeit vorausgesehen werden kann,
wird auf rocht^eitige Ernennung derKpllipn bedacht zu nehmen sein. '
§ 21. Die Zuweisung von Lehrkratten zur Supplierung an eine An-
stalt erstreckt sich in der Regel aut mindestens ein Semester. Voraus-
gesetxt, daas nicht beaondere Momente, xumaJ Verschulden des Supplenten,
eine Auanahme rechtfertigen, endet der Subatitutionaauftrag erat mit
Semeaterachlnaa.
Toraoasichtlicb eine kürzere Zdt dauernde Supplieruagen werden,
womöglich, Too Mitgliedern des Lehrkörpers besorgt; ist jedoch für eine ,
solche ausnahmsweise die Berufung einer Lehrkraft nothwendig, so kann | / V
die Bestellung nur mit Zustimmung des betretenden Candidaten erfolpren. I ♦
§ 22. Sn]))>lenten, welche nach Erwerbung der Anstellungsföhigkeit
durch zwei Jahre an Mittelschulen mit gutem Erfolge gedient haben, erhalten,
wenn sie im Staatsdienste stehen, den Charakter und die Hechte von
Staatsbeamten mit dem Titel und den Bezügen von proriaoriachen Lehrern
(§ 8 des Gehaltageaetses), nftmlich 120011. Gehalt und die ActtTit&tasulage
der IX. Bangaclaaie.
Alt solche kffnnen aie ohne ihr Verlangen oder Veraohulden nicht
mehr entlaaaen werden.
Die von einem Mitgliede des Lehrstandes in der Eigenschaft eines
provisorischen Lehrers zurückgelegtH Dienstzeit wird bei der Ernennung
7A\m wirklichen Lehrer für die Berechnung von Quinquennalzulagen voll .
eingezählt.
Die Dienstzeit, welche ein Mitglied deei Lehrstaudes nach erlangter
AnatellungaflUiigkeit, sei es als proviaoriacher Lehrer oder ala Supplent, an
einer vom Staate oder aber bei dem Bestände der Reciprodtftt an einer
von Gemeinde oder Land erhaltenen Offentli<dien Mitteladiole oder Lehrer-
bildungsanstalt bis zu seiner definiUven Anatellung zurückgelegt hat, wird
aeinetieit für die Penaionsbemeasung eingerechnet, auch wenn der Be>
treffende mit einer geringeren als der vollen wöchentlichen Stundenzahl
betraut war. Eine ohne Verschulden des Betreffenden eingetretene Dienstes-
14*
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212
V ereiiuimcbricbteo.
unterbrechunff hebt den Anspruch auf Änrechnunjf der tactischen Dienst-
zeit nicht auf.
§ S3. Bei Beneteiing von SnpplenteiMtellen an Mittelteholea werden
nmlleltBi die Terfagfaaren proviaoriachen Lehrer der enteprechenden Fach*
grnppe berflckächtigt. Sie m Oasen sieb jeder Tom k. k. Ifiniiiterjaiii muh
Bedarf angeordneten Versetzung fBgen; nach Mdgliehkeit nnd fvir die
Daner des Bedarfes sind sie an der Anttaltf an der sie dienen, zu beiaasen.
§ 24. Findet >ic'b fnr einpn provisonschen T-ohrri V»Mn vacantor
Posten, 80 ist er unter BeiassxTTi^'- s»'iner Bezüge einer Anstalt, am besten
jener Anstalt, an der er i^uletzt ^'edit nt hat, zur Dien-^Hfi^tuntir zuzuweiflen.
§ 25. Steht kein für die betreffende Fachgruj>j<t' Utl.tlngttjr provi-
äoritieher I^ehrer zur Verfügung, so sind die sich ergebenden Supplenten-
■tellen mit anatollnngafthigen Lehramtseandidaten in hesetae«; aneh in
diesen RLllen ist nach dem Zeitpunkte der Erwerbong der Anatellnngs-
flibigkeit nnd der Vormerkang vorangehen.
§ 26. Nur im Falle, dass anstellungsföbige Lehrperaonen der en^
/ sprechenden Fachgruppe nicht zur Verfüj;rung stehen, können solche
ohne FrobejHbr oder auch ohne LehrbeRlhifrun^ über Vorschlag der
Direetion vom k k. Landesschulrathe in Verwendung? genommen werden:
letztere aber sind längstens nach Ablauf von rwoi .lahien zu entlassen, wenn
sie bis dahin die Lehrbeföbiguug nicht erwori>en haben.
§ 27. Auf die an Staatsmittelschulen bestellten proTisorischeu Lehrer
und Supplenten finden die in dieser Dienstpragmatik fSr wirkliche Lehrer
festgestellten Bestimmungen Qber Pflichten nnd Obliegenheiten sinngemäß
Anw^dung.
§ 88. Proriaerisehe Lehrer nnd Snpplentm sind ananah mslos in
beeiden.
20 Die Bezöge der Supplenten. welche nicht StaAt>*!beamte sind,
/ bestimmt \i des Oehaltsj?esotzes Für die rechtzeitige Anweisung der-
selben haben die riande.sscliull>ehörden ^orge zu tragen.
^ Nach Möglichkeit iat dieaen Supplenten das volle wdchentlicbe
. Stundenausmaß zuzuwenden.
§ 90. Provisorische Lehrer nnd Supplenten, welche snr Tersebang
einer yacanten Stelle berufen werden, haben Ihr sich Ansprach auf den
Ersata der ihnen durch die Übersiedlung erwachseneu Beiaekoaten.
§ 81. Supplenten, welche nicht Staatsbeamte sind, erhalten im Falle
der Dienätunfähigkeit infolge einer Erkrankung ihre Beaflge noch durch
drei Monate fort. Jede weiterp^ehenfb« Beruclv.-.iohtif^'ung bedarf der Ge-
nehmigung des Ministeriums iür Cultua und Unterricht.
IV. Von den Amtspflichten und AmtsTerrichtungen der
Lehrpereonen an Staatamittelschnlen.
I§ 89. Die Lehrperaonen haben alles au vermeiden, waa din Achtung
▼er dem Stande, dem sie angehören, nnd daa Vertrauen, das ihr Beruf
I fordert, zu schJUligen geeignet wire.
Sie haben die Verpflichtung, mit E^fer und ernstem Streben die Auf-
gaben der Schule in Bezug auf Unterricht und Erziehung wahrzunehmen
and alles zu thnn. um seli)st mit Rrfol«» an der Lö^unf,' die.ser Aufgaben
au arbeiten, im harmonischen Zusammenwirken mit den übrigen Lehrern
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\r«reiiinia«hrichteii.
213
der Anstalt den Ruf demlben zu begründen und zu erliülteu un<l ,da^ Ziel
aller Jugendbildang* «i emiclieQ» die ihaun anvertrMite Jagend sn „ge-
bildeten edlen Charakteren* henunnaiefaen.
Ihren Vorgeaetsten haben eie stete mit gebdrender Achtang ra be*
gegnen und deren dienstlichen Anforderungen willig Folge zu leisten.
§ 33. Kein Lehrer darf einer geheimen GeHelhchaft oder einem aos-
Iftndii^hen politischen Vereine als Mit;;lied angehören.
34. Jede Lehrperson ist verpHichtet. über amtlich«' Angelegen-
heiten, welchia entweder ihrer Natur iiiich oder infolge besonderen behörd-
lichen Auftrages geheimzuhalten find, gegen jedermann, der nicht zur
EIntgegennahue eine» amtlichen Berichtes befugt ist, Verschwiegenheit zu
beobaehten.
§ 85. Im dienttlicben Verkehre mit den Parteien ist frenndliehee
Entgegenkommen mit Anstand ond Emst an Terbinden.
Die Annahme von Geschenken und Begünstigungen jeder Art ist,
da sie die Aratsthätigkeit beeinflussen können, unbedingt verboten.
Die Anordnungen über das Halten von Koststudenten und fiber die
Ertheilung eines Privatanterriebtes an Zöglinge der Anstalt sind genau su
befolgen.
§ cJti. Jedei Lolnpfrson winl die freie Ausübung uutl der üenuss
aller staatsbürgerlichen Hechte gewährleistet. Die Ausübung eines Ab-
geordnetenmandatet neht weder den Yerlwt der Lehrbeftbigung noch
der mit der amtlichen Stellung des Lehrers Terbnadenen Rechte und An*
•prQche nach sich.
Die Rücksicht anf seine amtliche Stellung verbietet dem Lehrer, j ^
sich an politischen Agitationen was immer fftr einer Art activ tu be- 1 •
tbeiligcn.
37. Über da^« amtliche Wirken iirul ii5»*'r <lif"> tjeHaimiitt' Haltung
eines jeden Mitgliedes Ue-* Lrlirkürpei!» wird von ut m Director eine yuali*
ficationstabellp «geführt, welche nach bet-timmten Voikommni!»6en zu er-
gänzen und nach Al*iauf von je drei Jahren zu erneuern ist. Über münd-
liches Ansuchen wird es jedem Mitgliede des Lehrkörpers gestattet, in diese
QualificationstabeHe Einsicht sn nehmen.
Jedem Competensgesnche wird ?on der Direetion eine Abschrift dieser
QualificationstabeHe beigegeben.
Die gleichen Bestimmungen gelten für die QualificatiorstabeUen
der I>ucctoren, die von dem betrett'enden k. k. Landes" Schulinspector au
führen sind.
§ 38. Jeder Lehrer ist zur ( luMnuhrjie und Vfrspjmn^' der ihm zu-
gewiesenen Lehrstunden innerhalb de»» gesetzlichen .Vlaximuius vcrpUichtet.
Fühlt er sich durch die ihm auferlegte Lehraufgabe oder eine andere Ver-
pflichtung beschwert, lo steht es ihm au. seinen Bedenken und Wflnschen
im Conferenzprotokolle Ausdruck sn geben und die Entscheidung des k. k.
Landesschnlrathes anaurufen.
§ ;ilt Im Falle eines unvorhergesehenen vorübergehenden Bedarfes!
oder bei swiogenden Verhältnissen kann jede Lehrkraft au einer über das *
Maximum hinniHfjehenden Lehrverpflichtung herangezogen werden, für ^
welche .M> hrl. i-.tun<,' Itei einer zwei Monate übersteigenden Dauer die im |
Gehaitsgejfetze festgestellte Keuiuneration geleistet wird.
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V^ereinsnachrichten.
§ 40. Wenn die Betorgang der Bibliothetcugeicb&fle die Zeit und
Ufibewaltong einer Lehrkraft in aiiiiBedehntei& Meße in Anaprnoh nimmi,
so kann dieser vorübergehend eine Erm&ßigong der Lehrverpflicbtnng ge-
währt werden.
5j 41 Nt'benbeschaftipnngfT). ä'm cK ni Anstand^ und der Wurdo oines
Mittt l-chullchieis widpr^rreiteu oder ihrer Natur nach die Erfüllung seines
iDieiJiste.-i beeiiit liiciitii^fii. sind untormift.
§ 42. Zur vorüberKehenden oder diiuernden Verwendung von Lehr-
kräften der Staatsmittelscholen an anderen im Scbulorte oder in deawn
Umgebung befindlichen Lehranstalten ist die Genehmigung des k. k. Landes-
schnlrathes erforderlich.
§ 48. Sowie die Mitglieder des Lehrkörpers dem Director, soll auch
dieser ersteren vertrauenerweckend ent>;ogenkommen, ihr Ansehen im Ver-
kehre mit dem Publicuui und mit iicbttlern wahren nnd sie nöthigenfaUs
mit seiner Autorität unterstützen.
V. Von der L' r la u Vis.' r t Ii 1 1 u n ^ au iiC iirj'«- iso ti en.
§ 44. Eh Mf'ht den Mitglied» m iles Lehrstandes der Mittelschulen,
soweit 9ie nicht durch besondere Verpflichtungen gebunden sind, frei, die
gesetslichen Feriabeiien gegen bloße Hetdang beim Direetor sur Ent-
fernung rom Orte ihrer Lehramtsthätigkeit in benütien. D«r Director aber
bedarf fSr einen Ferialnrlaub der Oenebmignng des k. k* Landesschnl-
rathes, die nnr ertheilt werden kann, wenn für die Erledigung dringender
Angelegenheiten durch Mitglieder des Lehrstandes Vor>orge getroffen wird.
§ 45. Wilhrend der Dauer eines Semesters bedürfen die Mitglieder
de*ä Lehrpprs'onale? zu jodfr Entfemunpr vnjii Orte ihrer Ijehramt«thiltigkeir,
durch du' i'ine L ntcrbr.'cliiin^ des Tut crnrlitcs odtT -«onst eine Störung
in dl« geregelten Verhiilinissen der Lehran)>taU eintreten kann, eines
Urlaube«.
Urlaub fQr einen Zeitraum von höchstens acht Tagen ist beim Director
nachzusuchen* der ihn nach seinem Ermessen gewähren oder verweigern
kann. Ist der Grund, auf den hin ein Lehrer Urlaub erhält, nicht gans un-
abhängig von der eig<*nen EntschlieEung, so hat dieser sich auvor der Bereit-
willigkeit von Col lehren zu geeigneter Supplierung zu versichern und dies
dem Director mitzutheilen.
Die Ertheilntig eine-s üriaubea, welcher acht Tapfp überschreitet, aber
höchstens einen Monat dauert, liejjt in df^r H»'tu<;nis des Landessehulrathes,
die Gewährung eines längeren Urlaubes aber M.'ibt der Entscheidung des
Ministeriums vorbehalten j i« beiden Fällen ist ein Gesuch sammt den er-
forderlichen Beilagen dem Director mr Begutachtung und Beförderung an
die Behörde sn übergeben.
Wird ein im Prafnngsstadium befindlicher Lehrer von der Prüfung»-
couinn.säion zur Fortsetzung der Prüfung vorgeladen, so ^ wird^ ihm der
Director oder der k. k. Landesschulrath den erforderlichen Urlaub gewähren.
För die erforderlichen J^uj)piierungen hat der Director zu sorgen.
Urlniib an Directoren während des Schuljahres kann nur vom k. k.
Land esse hu Irathe, eventuell vom k. k. .\I)ni'«terium gewährt werden.
4<>. Wird ein Lehrer oder Director infolge seiner Verwendung als
Besirks-Jfchuliuspector oder zur Ausübung de.-» Mandates als .Abgeordneter
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Verejnsnachricbten.
215
den iieiilisr.iliies lieurUubt, so Ut tteine Stelle durch einen wirklichen Lehrer
extra stütuui zu versehen.
'§ 47. Jeder wirkHcbe oder proviaorisebe Lehrer liai im Palle der
Erkrankung und der nftchgewifsenen Dienttaafthiffkeit ünapnich anf einen
Urlaub längsten« bis xar Dauer eine« Jahres, Ist derselbe nach dieser Zeit t^ -' -
noeh nicht diensfcf&hiff, so winl er, fallii er überhaupt penaionstähig ist, '
in den zeitlichen, und wenn eine dauernde Diensfcunföhigkeit constatiert
wird, in den bleibenden Ruhestand verst tzf.
"V § 48. Quieseierte fjphrpr sinil bP7n<^Ii<-li ihrer Wiederactivi*»riinf^ und
Anrechnung der Dienstzeit nach den für Ötaatabeamte geltenden Normen
tu behandeln.
Wird ein quiescierter Lehrer binnen drei Jahren nicht wieder an-
gestellt, so ist er in den bleibenden Ruhestand su venetaen.
§ 49. Der Antritt eines neuen, nicht dem Bereiehe des Öffentlichen
Dienstes angehOrigen Dienstpostens kann in d«r Regel nur mit Schlnss
eines Senie-sters erfolgen; übtr ein motivierte« G^uch um unverzflgliche
Enthebung oder um Beurlaubung behnfe Antrittes eines neuen Dienstpostens
entüchetdet das k. k. Ministerium.
VL Von der Ansflbung der Disciplinargewatt über Lehrpersonen.
§ 50. Bis sum Zustandekommen eines Oeaetses fiber die Disciplinar-
behandlung Ton Lehrpersonen an Hittelscfaulea finden die f&r Staatsbeamte
geltenden Normen aoch auf das Staatslehrpersonale sinngemäß Anwendung.
Mit allgeiueiner 'Spannung wurden noch üuui Schlüsse der Sitzuni,'
die Mittheilungen des Herrn LandeH-Schulinspectors Eduard Schwammei
entgegengenommen, welcher die ihm im letzten Augenblicke zugekommene
wesentliche Änderung des Realschuiptanes (vom tSd. April 1^18) mittheilte.
£. Siuungsberichie aes Vereines „Bukowiner Mitiel-
schule" in Czernowilz.
(Mitgetheilt vom SchriflfQhrer Ttof, Jos. Bittner.)
Achtuudvierzigste Tereitisversammluug.
(18 December 1ÖU7.J
Anweiend 2ii Mitglieder.
Der Obmann Prof. Dr. Polastrhck begrüßt die Verjüitinnelten und
besonders die Landes-Schuliuspectoren Dr. Vyalouzil und Dr. Tuuilirz,
die Directoren Scbulrath Klauser, Mandycsewski und Faustmann,
den Vertreter des Radautser Gymnasiums Dr. Spttser und die sum
erstenmale erschienenen Mitglieder Prof. Loebl, den wirklichen Lehrer
und Architekten Dell.
Der Obmann erwähnt, dass der unerbittliche i'od bereits zum zweiten'
male in diesem Vereinsjahre in unserer Mitte erschienen ist und «lich ein
liebe« Mitj^lie«! niTiPres Vereines, den l*rore--or am hiesigen Obenjymnasitim
Euöebiua Iwauowicz nach hinger Kr.inkh-'it uii 1.5. d. M. ir*'iiolt h.a.
Er hebt die großen Verdienste lie-i Verstorbenen um die Neuordnung der
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316
Yereinsnachi'ichten.
GymnaNiallnbliotbek, seine Liebenswürdigkeit im Umgange mit anderen
und «eine Bescheidenheit hervor, glaubt aber von der Darlegung «eines
Lebensganges absehen zu können . d.i deifielbe erst vor wenigen Stnndon
von berufener Soito darir»'<tf^lU wurde und uuch Gegenstand eineä Nekrol(^es
im diesjährij^en Pro^ninnne der Anstalt sein wird.
Die Versauimiung gibt ihrer Trauer durch Erheben von ihrem Sitze
Ausdruck.
Prof. Dr. Spitser bJUt dann «einen mit Bei&ll aufgenommenen
yortttff:
oDI« latainiMhen nnd grleehiaeheii HausarMten tan 0nter-
gymnasium*' (i^. 155).
woflir ihm der Obmann im Namen des Vereines den besten Dank ausspricht.
Vor Eröffnung der Debatte regt der Obmann an, es m^f^e «tjcli diese
nicht bloß anfdaM vom HetVrenten behandelte I bema beschränken, soii lern
weiter ausgleiten und aiicli <lie übrigen schritt lieben Arbeiten, lie,->ün*ler8
in den zwei unteren Chisseu des G^ uinasium.-*, in ihren Kreiü ziehen.
Zur Begründung führt er an, er habe bereits dieses Ansuchen, aber
ohne Erfolgt an den Referenten gestellt; denn nicht blofi durch die
Correctoren der Hanaarbeiten werde der Philologe Übermftßig belantet,
sondern es sei anch die Zahl der Schnlarbeiten, besonders in der Secnnda,
eine su «^roße.
Ein Blick in die ('laasenkataloge, namentlich überfiUlter Anstalten,
zeige uns in dt-r Rubrik für mündliche Tiei>tnngen in einf^r Conierenz-
periode liäufi<^ nur eine Note, wiihrend in der für schriftliche Leistungen
drei Iti.s vier stünden. .Sollen nun diese Noten nach den bestehenden
Normen als gleichwertig gelten, ao werde die Schlussnote für den Schüler
häufig sehr ungünstig ausfallen; denn es sei ja bekannt, dass da^ Ergebnis
der schrifbliehen Arbeiten, deren Ausfall nicht bloß von dem Fleiße und
dem Talente des Schülers abhftnge, nngfinstiger sei als das der mflndlichen
Prftfungen.
Zunächst erklärt der Landes- Schul inspector Dr. Tumlirz, der An-
trag des Eleferenten, es haben die lateinischen und griechischen
Hausarbeiten auch am T n t e r;^y ni nn« i n m KU entfallen, werde
an ma(>gel)ender Stelle keinen Anklang tinden.
Uio H;! iisaufß'al)en iu den untpren Clas^-en seien nothwendig: denn
wenn auch m (lem iielerale daraut hingewiesen werde, dass der vou den
Instructionen den Hausarbeiten zugewiesene Zweck auch durch die Piü*
parationen erreicht werden kOnne, so sei doch su bedenken, dass sich die
Prftparationen auf einen kleinen Kreis von Segeln werden beschränken
mttssen, während in den Hausarbeiten größere, susammenhängende Partien
Bur Einöbnng gelangen sollen. Ebenso dienen auch die Hausarbeiten als
Ergänsnng der Corapoeitioneo, indem diese vernünftigerweise den in der
letzten Zeit durchgenommenen Lehrstoff enthalten werd<»n. die noth-
wendige Zusammen fassun^r des grammatischen Materiales aber Gegenstand
der Uau8aufgttb«»n sein müsse
Freilich nuisse dei Lfhrer, sollen die Uausaut>{aben ihren Zweck
ganz erfüllen, die gemachten Verstöße zusammenstellen und diese dann
in der Ciasse besprechen; dasu fehle ihm aber in (iberflillten Claesen
die Zeit.
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Vereinniilchrichteii.
217
Fmgen kOnne man. ob die Haudarbeiteii von dem Lehrer unbedingt
einer Uueliehen Correotar nntenogen weiden mOaeen.
Und da «ei allerdüifls nicht zu verkennen, dam die Correetur all er
•cbrilUichen Arbeiten durch den Lehrer, inubeeondere in so uberfQllten
CbHBen, wie sie in derfinkowinu liestelK^n. eine gewaltige Behistunt?
mit nervenzerrüttender Arl»eit bedeutet, wie «ie nicht leicht
ein anderer Beruf zu leisten hat. Kine wesentliche Krleii litetun';
wäre es nnzweifelhaft, wenn l)ei den latei nischen und griechischen
Hausarbeiten, wie c-s schon jetzt bei den lateinischen hiluslichen Cber-
setzungsaufgabeu in lier 1. Clause der Fall ist, an Stelle der Correetur
dnreh den Lehrer die Ciaseeacorreetnr traten könnte.
Prof. Dr. Pawlitechek bemerkt, dane ee für den in den unteren
Claawn beeclAftigten Philologen acbon eine bedratende Enttaslong wäre,
wenn er von der Correetur der Hawarbeiten enthoben würde.
Prof. lioel)! wendet n'ich gegen die Bemerkungen des Keferenten
Aber das Verhältnis der Arljeiten an den Gymnasien Deutschlands zu den
Arbeiten an österrei einsehen (iyinnn^ion. fjiht genaue stati.-*ti'(}te Daten
Aber die Anzahl der Arbeiten au den unteren ('lassen der preubischen
Gymnasien und lährt fort: „Wenn wir schon in den unteren Classen,
namentlich in der II. bis IV. Classe weniger schriftliche lateinische Übungen
als in PreaOen haben, so weiehen die Verfa<nieBe in den oberen Ciaseen
noch mehr ab. Während bei uns in der V. bis VIII. ClasNe keine Hans-
arbeiten und nur je eine Schularbeit monatlieh gefordert wird, ist in den
obersten Cla-ssen Preußens seit 1891 nebst den regelmäßigen sechswOchent»
liehen Herttberftbersetzungen alle Ii Tage ein Scriptum, abwechselnd als
Sehul- und Hausarbeit.
„Daraus ersehen wir 1. dass wir hinsieht lif h der Zahl der Scripta
im allgemeinen und der Hausarbeiten im besoniieren weit hinter Preußen
zurückstehen uml 'J, d^a der bewährte Grundsatz. Haunarbeiten zu geben,
in Preußen bis zur obersten Classe consequent festgehalten ist, während
derselbe bei uns seit dem hohen Ministerialerlasse vom Jahre 1887 sum-
theil modificiert, sumtheil gaas aulgegeben wurde.*
Schulrath Klaueer bemerkt dem Obmanne gegenfiber, es «ei bei der
großen Antahl der Lehrstunden nicht nothwendig, dass in einer Conferent*
Periode nur eine Note über mündliche Leistungen vorkomme, es könne
bei .s, lieziehnnijsweise (j wnehontlichen Stunden auch in nberfüllten Clausen
jeder Schüler in einer ( 'onb'renzporiode wenijf'^ten.-' zweinia! ;.ut'o;eiiif'en
werden, worauf der Dbniann erwidert, seine Hehaujitung^ entspreche den
Tbatsachen. wenn er auch den cra^esten Fall hervorgehoben habe.
Prof. Saxl tritt für Beibehaltung der Hausarbeiten ein und betont,
dass man besonder« in der Bukowina bei der großen Anahl rumänischer,
mthenischer und polnischer Schiller jede Gelegenheit mit Freuden er-
greifen mQsse, die einen in den Stand setse, die SprachTerschiedenheiten
klar zu machen. Speciell kOnne man in der III. und IV. Classe in den
Hausarbeiten auf die stilistischen Verschiedenheiten beider Sprachen hin-
weisen.
Dir. Faii-^tinann bemerkt, auch er habe sich die t*ber7:en£;ung ver-
schallt, dm^ du- ( orrectnrarbpit, wie rjie jetzt von dem Piiilolotjcen verlangt
wird, geisttüdtend wirken müsse. fc> wäre zu überlegen, ob nicht auch
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VerdiunaGhricbteii.
abge^iehen von den Hautfurbeiien die Zahl der Schularbeiten, besonders in
der L und II. Cla^^se, verringert werden könne, ohne daas dadurch der
Zweck dpr Arlioit beeinträchtipft wcrdo. Hauptzweck der Arbeit ist doch
zunächst die Information des Ij<*hrer>i. ol> hich die Schüler den f.t V:r^'toff
so iin^^eeif^net haben, dti-> sie selb^tündii,' über denselben Tert'ügen können,
und nur Nebeneweck die Belehrung des Schülers.
Auch bemerkt er dem Obmanne gegenüber, das angeblich ungünstige
Resultat der acbrifUicben Arbeiten kOsne dadurch verbeMert werden, daat
man leichtere Arbeiten gebe und sich anf das in der letsten Zeit durch*
genommene Spiachmateiial besehrftake.
Ihm gegenüber bemerkt der Obmann, dass das sogenannte Arbeitä-
fieber auf manchen Schüler so lähmend wirke, da» er nicht mehr ruhig
arbeiten könne, und macht weiter auf die Forderung^ aufmerksam, das**
im !>p^t^c•ht'n die Lectiire den Mittelpunkt bilde, wofür aber infol>,'e der
grof.Nen Zahl der Arbeiten höchstens IV» Stunden übrigblieben, was er
uueh »tutlMtifich nachweie>t.
Prof. RomanoTsky wUnacht, da die Verhältnisse an d^ Realschule
bei monatlich 18 Lehrstnaden für Fraaiteisch, 9 oder 10 Stunden für Eng-
lisch und dem Fortbestehen der Haasarbeiten auch in den oberen Classen,
die lumtheil freie AnMtie seien, ndi noch ungünstiger gestalten als
am Gymnasium, es mOge anch die Realschule bei dieser Action berück-
sichtigt werden.
Dagegen «{»rechen der (Obmann und in der weiteren Debatte Lnnde«-
Schulinspector l)r. lumlirz, Dir. iMand yczewski und 1 >r. Kum p dafür,
dass die rliiiUaijiäjc' an der Healsciuile aus dem llahmen der heutigen
Dii^usäiou ausgeschieden bleiben »ollteu, und es möge etwa Prof. Roiua-
novsky selbst nächstens einen mit statistischem Ifaleiiale belegten Vortea^
halten, aus dem man erkennen könne, was Schiller und Lehrer in den
modernen Sprachen sn leisten hätten. Auch wflnscht Dir. Handycaewslri.
der Referent inQ^ auch die Abrigen Oegenstände und anderes, s. B. den
Arbeitskalender u. s. w. in sein Keferat einbeziehen.
Nach Prof. Wotta, der sein Uffrenulen darüber auaspricht, dass tiir
Arbeiten, für die *j Stunde bestimmt ist, eiiii?e.standenermaßen '"':4. ja
ganze Jjtunden verwendet werden, woraus sich von selbst das ungünstige
Resultat ergibt, indem der Schüler bei der mündlichfn Prüfung an dem
Lehrer einen Halt tind^t. dagegen bei der schriftlichen Arbeit auf sich
selbst angewiesen ist, ergreift nochmals Landes-Schulinspector Dr. Tnmlira
das Wort, führt die früher ausgesprochenen Oedanken weiter aus und er-
klärt dann, die Arbeiten mOgen von mäßigem Umfange sein; in der untersten
Classe genügen etwa 5 bis 6 kleine Öätse, so dass auf die Ausarbeitnog^
eine'^ jeden Satzes 5 Minuten kämen und zur Durchsicht noch einige
Minuten übrigblieben.
Zur Hegründtin«r weist er auf die schriftliche AlHturitätsprttftinf* bin
bei der zur t liMr>etzmit,' vnn 30 bis 32 Druckzeilen H Stumlen if*'w;ihrt
werdeu. Mit lieiufung uul die mündliche Maf uritäts|nüfung, bei der auf
die Prüfung eines Schülers aus einem Gegenstände auch nicht mehr als
etwa 10 Minuten verwendet werden hfinnen, wünscht er, dass in jeder
Stunde möglichst viele Schüler xur Prüfung herangezogen werden, schon
damit sie genSthigt seien, sich immer ▼orsubereiten. Endlich erklärt er.
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Vereinsnachrichten.
219
der hohe MinisterialerlaM, in dem die gleiehmftflige Berficknchtigung der
mandlichen und achrifUichen Leisiungeii gefordert wird, kdniie nicht den
Sinn haben, daas das arithmetigehe Mittel ans den Noten za riehen sei,
und schon vor dem Datum die»eH Erlasses seien die meisten Lehrer so vor^
gegangen , daes sie der durchschnittlichen Leistung im Mündlichen die im
Schriftlichpn ^egrenOherstellten.
In der folgentlen Specialdebatte legte Landes-Schulinspector Dr. Tum-
lir^ entgegen dem Anti'<i<,'e Dr. Spitzers auf vollständige Autlassung
der Hausarbeiten folgenden Antiu^if zur Beachlussfassung vor:
Die «Bukowiner Mittelschule* erklärt es fflr wftnschens-
wert, dass sur Entlastung der philologischen Lehrer die
schriftlichen Hausaufgaben, deren specifischen Wert die
Mittelschule anerkennt, am Untergymnasium nicht der häus-
lichen Correctur durch den Lehrer unterzogen werden müssen.
Prof. Wolf bcantra<:t, da>o< der Zwischensatz „deren specifischen
Wert die Mittelschult' anerkeTmt" woggelassen werde, da die Hans-
anf<;abcn zu leicht den ächüler mm Versuche, den Lehrer su täuschen,
veninla»Jien.
Prof. Dr. Spitzer lääst sich durch die Ausführungen des Herrn
Landes-Schniinspectors Dr. Tnmlirs bestimmen, sich seinem Antrage an>
suschließen mit der 7on Prof. Wolf beantragten Modification. DafSr be>
antragt er als Nachsäte: Dabei verkennt der Verein nicht die Bedeutung
(\>"< Zweckes, der ihnen in den Instructionen und Weisungen sugesehrieben
wird.
T?t'i der Abstimmung wird dtn- Antrag des Landen -SchuHnspertor«:
Dr. Tumlirz DoNt einstimmig angenommen, der Antrag Spitzer mitbin
abgelehnt.
Beim dritten Punkte der Tagesordnung: „Antnlge und Anfragen"
stellt Dir. M andjcsewski an den Obmann die Frage, ob der Verein
SU den in jüngster Zeit erfolgtm Peraonalverflndernngen in der obersten
UnterrichtsbehOrde Stellung genommen habe.
Auf die verneinende Antwort des Obmannes und das Venprecben
desselben, die Vereinsleitung werde sich allenfalls mit den andert ii Si hwester-
vereinen in Verbindung setzen, nimmt die Versammlung ein<tin)Hii^ den
Antr.ifj: des Herrn Landes-Schulinspectors Dr. Tumlirz an: Du* Vcrpin"-
leitun^ werde Ueauftragt, Se. Excellpnz den Herrn Secttonschet Dr. Wil-
helm Hilter v. Härtel im NniiH'n des Vereines xur Verh'ihuni; der
Geheiuuatliäwürde zu beglückwüntjcbeu und deui^eiben gleichzeitig den
ergebensten Dank auszusprechen für daa, was Se. Excellens für die öster-
reichische Mittelschule und speeiell f&r das Gymnasium Verdienstvolles
geleistet hat.
Ebenso werde die Vereinsleitung beauftragt, dem Herrn Hofrathe
M. Ritter t, Wretschko im Namen des Vereines anlässlich seines
Scheidens aus dem activen Dienste den Dank für die Verdienste aua-
zuspreclion, die er sich um den Auabau der österreichischen Realschule
erworben hat.
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230 Vereinraachriehten.
Nennandf ierzigste YereinsTersammlaiig*
(15. Jannar 1898.)
Anwesend waren 21 Mitglieder, liurunter Uei Lande!t-Schulin«»pector
Dr. Vyslouzil und die Directoren Schulrath Klauser, Mandyczewski
und Faust mann.
Nach Begrüßung der Eraehwnenen ertheilte der Obmann Prof. Dr. Po-
laaehek dem Gymnaiiallehrer Com ei Jasknltki au dem angekündigten
Vortrage:
„Über d«n Einfluss der ästhetischen Anschauungen Kants auf
Herder" <S. 323)
das Wort.
Nach BfL-ndigung desselben dankt*» der oijinann im Namen de.s
Vereine» im den gediegenen Vortrag und gieng dann über zu den Mit-
theilungen des Vorstandes.
Zunfichat gab er bekannt, da« er in Ausführung des Beitchlusaes in
der 48. Vereinsrersaromlung ein BeglflckwCInschnngNchreiben an Seine
Ezcellena den Herrn Sectionsehef Wilhelm Ritter t. Härtel und den
Herrn Ministerialroth M. Ritter v. Wretschko gerichtet habe, und diis«
von dem ersteren auch bereits ein in schmeichelhaften Worten abgeiaasfe«
Dankfichreiben ein<jelanfen sei. das er nun zur V('rle<<nrür ' raclitp.
„In so vorantwnitungsvolier Stellung, " heibt es dort unter amlerem,
p bleibt iiuiiier ein Trost und eine Erniuthigung, das Vertraut-n j»'ner
zu geniebeu. welchen zunächst nur allein ein Urtheil über Bestrebungen
und Leistungen auf dem Gebiete des Unterrichtes zusteht."
Femer verlas der Obmann eine ZiischrÜl des Vereines «MittelM:bule
fOat OberOsterreich und Salaburg", in welcher von dem am S. April
1897 in Lina gefassten Beschlüsse (Tgl. «Üsterr. Hittelsch." XI. Jahrg..
IV. Heft, S. 395) Hittheilung gemacht und unser Verein um Anachlusa
gebeten wird.
Die darauf folgende nn])atte, nn der sich besjonders Landen -Sehn 1-
inspectnr Dr. Vy = lnnzil. 1 'ir. M a n »I yc/e \v sk i und l'rof. Dr. Fe rk in a n n
betheiligten, er^a)'. d i'^«« d;e Ver«;uuuiiung mit dem Antrage im Prim ipe
einverstanden ist. man aber dem Obmanne überliisst, den Schwe-ster-
Terein in Linz aufmerksam zu machen, dasj der letzte Absatz in der an
das hohe k. k. Ministerium su richtenden Petition entweder ganz weg-
fSallen solle (Antrag Vysloujfcil) oder wenigstens eine entsprechende Modi-
fication erfahren mllsste.
Entschieden sprach man sich dafilr aus, dass der marktschreierische
Gebrauch des Profe-^worstitels auf Placaten u. s. w. von herumziehenden
Künstlern u. dgl. verboten werden solle.
Im Hinlaufe V>efindft ^ich t>rnei, so berichtete der Obmann, »'in vom
Masristra(-iiirt'ct<n- .loset Wiedmann verfusster Entwurf einer Wahl-
ordnung für «lie liandesliauptstadt Czernowitz. in deren 1 und 10 eine
Hintansetzung der Mittelschul lehrer gegenüber den Volksschullebrern und
den tibrigen Staatsbeamten zutage tritt.
Nach einer ziemlich lebhaften Debatte wurde der Antrag des Dir. Fau st-
mann sum Beschlüsse erhoben: Es m/Sge der Obmann im Namen des
Vereines allen Vereinsmitgliedem , die Gemeinderftthe sind, eindringlich
Vereinenachricbteii.
221
ao6 Herz It^geu, Ijei der Berathung über diese Wahlordnung entschieden t'ilr
das Interette des Mittekchullehrstanded einzutreten.
Eine Iftngei« Debatte entwickelte sich anlMich der MtttheilunK einei-
Zeitangnaohricht fiber die in Wien abgehaltene Bealachulenqoftte.
Dir. Faust mann vaehte siinSchst Erwfthnnng von den Vorwarfe,
der gegen die Realschule eiiioben werde, doss sie die oiatheinatiBeh-aatur-
wiisenflchaftiichen Fllcher su stark im Verhältnisse zu den Spraohiftchem
und der Geschichte be^orzupe, und ea wäre immerhin interessant, zu unter*
suchen, oh «ii^'ser Vorwurf ein berechtigter ist oder nicht, nn<1 im ersteren
Faliti isollte der Verein dahin trachten, diu>ä das richtige Veriialtnit zwischen
die&en beiden Gnippen hertjestellt weide.
Dir. Mandyczewfiki gab einen iiiurzen Abriää der Entstehung der
Realschule und der dadnreh bedingten Organisatiott derselben und der
Qesetsgebnng Ton Seite der Landtage.
Man wird aueh jelat, so meinfte er, von Seite des hohen Ministeriums
nur soviel ändern, als im Rahmen der bestehenden Organisation ndglieh
ist Es handelt sich bei den Vonichlägen der Regierung, wie sie den Land-
tagen zugehen, nach den Zeitungsberichten meistens darum, dasa die
RoHr^inn- lehre auch in der Oberrealschule flberall in den Lehrplan <iuf-
i;enoiuuien werde, femer den niathematisch-Diiturwissenscbaftüchen Filcliern
einige Lehrstnnden genommen und den Sprachfächern, der Geographie,
Geschichte und der Keligion zugewiesen werden.
Bei uns in der Bukowina handelt es sich nach einem im Vorjahre
gefiusten Landtagsbeschlnsse um EinfQhrung der Landessprachen in die
Reibe der obligaten Gegenstände.
Dieses ist aber nach einem von der hohen Regierung vom Lehr*
kurper abverlangten (; it;irhtf'n nicht anders möglich, als dass das Eng-
lische wieder am dem Lehrplane ausgeschieden werde, da die Schüler in
einzelnen Classen ohnehin schon mit UnterricbtsstUDden (bis 34 in der
Wocbe^i überlastet sind.
Auch Landes- SchnHnsj)ector Dr. Vyslonzil maclite Andeutuni,'en
über die Veränderungen im Lehrplane der liealsehule anderer Krouläuder.
Prof. Dr. Perkmann sprach «ein Bedauern darüber aus. dass das
Englische wieder aus dem Lehrplane der Realschule sehwinden solle, und
regte die Bildung eines Comit^ an, das diese ganze Frage an studieren
und im Vereine Bericht zn erstatten hätte, sog aber sp&ter auf die Be-
merkung, dass wir damit po»t festum kftmen, seinen Antrag zurück.
Im weiteren Verlaufe der Debatte erj^rifT Dir. Mandyczewski noch-
malsi da>! Wort und ;^ab Auf?iehluss über die Voifj^etschichte und den gegen-
wUriigen Stand der Kraj,'e der Kinführung der LandesHpracheu (Ruthenisch und
Uuinäniäch) iu den Kreis der ol)ligaten Gegenstände an der ReuUchule und
regte an, es möge sich un;>er Obmann an den Obmann der „Realschule"
in Wien wenden und es diesem Vereine «Is dem officiellen Vertreter der
Realschulen Österreichs Qberlassen, ob und welche Schritte in der An-
gelegenheit der Reform der Bealschale an machen wären.
Auf die Bemerkung eines Vorredners, dass wir mit der Besprechung
dieser Angelegenheit erst poxt fesium kämen, erklärte Dir. Faustmann,
die Sache an und für sich verdiene unabhängig von dem etwaif^en Erfolge
eine Besprechung; da er sich aber von der Tb&tigkeit eines ComiU^s nicht
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222
Verein«oftcbricbton,
viel verspricht, so regte er an, es möge ein Fachmann, am besten von der
Bettlichule selbst, die Fräse «tadieren und uns in einer Veraammlunfir
darQber Aufklärung versclu^a.
Hierauf berichtete der Obmann über den Empfang bei dem neu*
ernannten Herrn k. k. Landespräsidenten Freiherrn t. Bonrgnignon.
Er habe sich mit dem Schriftführer Prof. Bittner zu dem Herrn Landee-
Präsidenten begeben, um ihn im Namen des Vereines zu begrüßen und
ihn zu bitten, er möge dem Vereine, der sich mit den ^?Pi*ammten wiasen-
achaftlichon \ind pädagogischen Fragen, der >chnlge8Ptzgei)iini^ und den
Jstandeüintert'aüiju der Mit^^lieder befasse, gütige ^^»r(ierun^^ zutheil werden
lassen. Der Herr Lande^prüdident versprach, der ausgesprochenen Bitte
gern nach Erilten tu willfahren, nnd dankte in firenndtichen Worten fUr
den Willkommenagmß.
Endlich machte der Obmann die Vemmmlung anfmerkiam, da» ee
am Piatie wäre, die nächste (50.) Versammlnng sn einer Fettvetwammlnng
zu gestalten. Man einigte sich dahin, dass man die Art nnd Weise der
Dorchfftbrung dem VereinmuMchusse Oberlassen solle.
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Miscellen.
über den Einfluss der ästhetischen An-
schauungen Kants auf Herder.
(Aiusog ai» eiii«iD in der-^Bokowiner Mitteltchnle" am 15. Januar 1896
g«halteii«i Vortrage Ton Cornelius JasknlskL)
^Ali ich, wo man nichte denkt, — nichts fQhlk,
Einst Ketten trag, durchnagt von Stanb und Schweiß,
Seufst* ich. denn singt ein Sclave wohl!
Da kam ApoU. der Gott:
Die IVv^e! weg! mein Erdenblick
Ward hoch — Er gab mir Kant!"
In diesen Zeilen, welche sich in Herders Natlilis-^*' als Fragment
einos Gedichtes vorfanden.^) fühlen wir den freudigen Herzschlag, den
H.3 brüst bewegte zu einer Zeit, da die Unj<unst des Sihicksals sein
jugendliches Genie zu ewiger Vergessenheit und KuhmIosi>^'keit verdammen
SU wollen schien, wa einer Zeit, da ans den Banden ^'eiueinster All»
tSglichkeit errettete Seele sich jauchsend an den lichten Regionen des
GetBtes emporhob, um hier dem großen Genius Kants sn begegnen. Kant
ist H. der Inbegriff alles Wertvollen und Bedeutenden, dus er mit der
Erinnerung an die Königsberger Studienseit verknüpft. Er ist ihm „das
leuchtende Meteor, das mit seinem Glänze alle Gestirne des Cielehrtfn-
binnuels überstrahlt"; und diesem Gedanken leiht er wohl selbst Aufdruck,
wenn er ihn im oben angeführten Fragmente aU das ^herrlichste Geschenk
Apollos bezeichnet.
Im literarischen Zirkel des Kanter'echen Buchladens, wo H. sich f3r
den Kaufmamustand vorbereitete, war &nt auf die außerordentlicben
Geistesanlagen des Jünglings aufmerkBam geworden; und nunmehr erbot
er sich, ihn alle seine Vorlesungen in der Logik, Metaphysik, Moral,
Mathematik nnd phjsiKhen Geographie unentgeltlich hören zu lassen.*)
Mit besonderer Liebe und Achtung hieng damals H. an seinem Meister
mit wahrer Be^eisterunf^ lauschte er dessen Ynrtr3,^en, die, weit entfernt
vom trockenen, nüchternen, farblosen Katiieder-tilf . sich l^esomlers durch
gefallii^e Form und «i^eistreicben und unterhah' n i< n Tou auszeichneten.
Als Kant eines Morgens, wo er gewöhnlich mit voiTsügiicher Geistea-
erhebung und Begeisterung sprach, sich über Zeit und Ewigkeit mit
') LB. I, 1, 187.
*; LB. I, I, las.
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224
kQhnen HypotbfMen ausließ, entflammte er B.s Gemütli derart, dan der-
selbe, als er nachbanae kam* des Lehrers Ideen in Verne kleidete. Ho
berichtet Eji Studiengenosse, Kriegsnith Bock.^) Ähnliches er^lt auch
Wilpert, gleichfalls ein Commilitone des Dichters. Beidf bezeugen, daw
H. im CoUegium Kants jedes Wort de» großen Philosophen mit der ge-
spanntesten Aiifinpi-ksanikoit vpifolj^tf? nm\ r.nhause Oedanken und Aus-
druck orcinete, thu^s er dann in Mußestunden sich mit seinen (ieno^sen
darüber gerne unterhielt. — wiis die noch erhaltenen Notateuhefte H.s
vollkommen bestätigen.-) Als ein weiterer Bewets iür die dem großen
Meister gezollte Verehrung möge die Schluaaitrophe des H/sehen Gedichtes
, Vonreit, Gegenwart und Nachwelt"^ dienen, wo er mit pathetischem
Schwnnge den einstigen Ruhm Kants ▼erkundet:
,,Wenn Zeit! einst naeh zertrümmertem All
Du deiner Brust tief deinen Liebling eingräbst,
Dann mit den Phönixschwingen dir ein Feuer anfachst,
So brenne, der Ewi^^^keit Nacht nnttberglänxbar an leuchten.
Auch dein Num»-. Kant!"
Dass Kant daher auf den strebsamen Jungfer, zumal im Stadium der
grüßten huiptauglichkeit, einen bedeutenden Eintluss üben musste, iat von
Tomherein klar. Gesteht doeh H. selbst in einem Briefe an Eiebhorn,^)
dass ihm durch Kant die Philosophie das «Lieblingsfeld* seiner Jugend
wurde, und in einem Briefe an Scheffner^) beseichnet er Kant als den-
jenigen, von dem er ^in die Rousseauiana und Humiana eingeweiht* wurde.
Diesen Etnfluss in seinem ganzen Umfange darzustellen, wäre eine
ebenso interessante wie lohnende Arbeit, die auch zum größten Theile
bereits auso-efiihrt ist. Wie weit sich derselbe aber auf dem (tebiete der
ästhetischen Forsclninj,' erstreckt, ist meines Wissens bisher noch <^ar nicht
oder nur in sehr geringem Maße f»'st<re:;tellt IHe folgeiui. u Austiiliningen
mögen als bescheidener Beitrag zur Lösung dieser Frage angesehen werden.
Ich glaube aber nicht fehlzugehen, wenn ich H.s eigene Ansiditen
Aber Ersiehung und Beeinflussung jugendlicher Geister durch andere
Talente zum Ausgangspunkte meiner Untersuchung mache. In der Ab-
bandlung „Die Hosaiache Scliüpfnngsgeschichte: keine Offen Vtarung über
den Hergang der Schöpfung"*^) äußert sich H. an einer Stelle') folgender-
maßen: .,Gewiso nicht bloß Was, sondern Wie wir in der .Tnpend dfnkfn
lernen, ist Erzielnini» Nicht Materialien allein, sondern die Methode, in
der man sie zuei-st gelernt hat — das wird Denkart, das wird innere
Mechanik der Seele!" Ganz ähnlich heißt es an einer Stelle der Denk-
schrift auf Baumgarten, Heilm. und Abbt:^) «Daher hören wir so gerne
Erfinder und Denker und Originalköpfe von der Methode reden, in der sie
denken, sollten sie uns audi nur Embryonen von Begriffen und
nnansgebildete, halbentworfene Gedanken liefern."
') LH. I, 1, i;«.
LB. II, 1, 133—137.
*) LB. I, 1, 198.
*f Voti ui.l ;in H., hüuUvr, < IF
*; 23. S€pt«iuüer^24. Ucui^wr U'Ai, LB. I, 2, 193.
LB. I. 3s. 416—542.
') f<. ö:ji.
LB. 1, 3 a, 27ü-:Mü.
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Miscellen.
225
In diesen Sätzen liegt eigentlich bereits in allgemeinster Fassung
die Antwort auf die toq una zu behandelnde Fmge, wie wir denn auch
im Folgenden sehen werden.
Kant selbst hat es in den Jahren 176d— 1766, die H.s Studienxeit
umfiisBen. anf dem Gebiete der ftsthetischen Forsehnng noch an keinem
Sväteme gebracht, sondern er stellt nur in empirischer Weise Beobachtungen,
P>fahrungen nus dem ästhetischen Leben zusammen. In seinem iUthetischen
Erstlingswerke: . Ik'oliachtuiipi'ün über das OL'fnh] df's Schönen iinii Er-
h^Hpnon" kann nur von einer Methodf, aber von keint'm wisscnscbat't-
lichen Sv-iti'Tiie dl«» Rfnlc sein. Nicht s]>e( ul:itive .^ondtTTi daS Ge-
fühl von der Schönheit und Würde der menschlichen Natur sind
Grnndlage meiner Forschungen. Gerade das Ssthetiscbe Hauptwerk Kants
«Die Kritik der ftsthetischen Urtheilskraft", in welchem Kant im Gegen-
sätze snr Torkritiechen Philosophie ein vollstiUidiges Sjstem bietet» hat in
Werken nicht die geringste Spar hinterlassen. War er doch gerade
der heftigste Gegner der kritischen Philosophie. So käme daher im großen
und ganzen ausschließlich das obgenannte ästhetische Erstlingswerk Kants,
<lit* .I'cobachtunjren", bni nn^oror T'iitfr-uchung in Betracht. Aber auch
hier war es vor allem und hauptsächlich '
I. die philosophische Methode Kants,
die H.s ästhetische »Studien am meisten beeinflussle. Das Lob, das H. der-
selben spendet, zieht sich durch eine lange Heihe von Stellen, angefangen
von den Fi a<^inonten , Skizzen, Entwürff^n u. s. w, des Jahres 1766 weiter
hinauf ois zur „Kalli^^one", die zur Genüi,'e beweisen, welchen Wert H.
ant die „Melliode Kants", wie er sie p:»^le^'ent Iii h nennt, legte. In der
Kecension der Kanti!^chen Schritt „liäuaie eines Geistersehers erläutert
durch Trilume eines Metaphysikers" lobt er des Verfassers „glücklichen
analytischen Weg", immer av^poieov su philosophieren. Don Menschen
anm Mittelpunkte der Philosophie im machen, dos war der Weg, den H.
in den „l'rftumen" von Kant bereits Torgeseichnet land. Derselben Methode
redet er das Wort insbesondere an einer beaeichnenden Stelle der „Denk-
schrift auf Baumgarten n. s. w.":*) „Ich stelle mir vor, dass ich durch
diese Schrift mit Menschen «preehe. die aljer ein solches Gefiihl der
Men-ichliclikeit haben wie ich; und welche Fhilosojdiie, nn'in Leser, wird
dir arii^t'iit luner «ein. die in der Welt umherirrt nnd sich vergisst oder die
Freundin deiner Natur, und, mit einem Briten zu reden, die Haus-
philosophie deines Hersens? Was wird dir also für eine Theorie der
Wissenschaft des Schönen gefälliger sein, als die deine
Empfindungen hervorsulocken weiß und in einer Art Gesprftch
mit deinem Herzen mit dir wetteifert und alles, was sie dir TOraeigt, aus
dir selbst entwandt hat?"
H. empfiehlt hier also ganz ausdrücklich die Methode Kant.s, xvt'
aviVpiurov zu philosophieren, für die Ästhetik. — Hatte doch Kant sell>at
in seinen ^Beobachtungen über da?» Gefühl des Schönen und lühabenen",
wie schon der Titel ^'agt, da> blol.*.' (iclViiil als Quelle der Hrtaliruni.r wnd
des ästhetiüchen Wissens angesehen und den Menschen zum Mittelpunkte
«) SWS. 1, 125-190, 8. 129.
LB. I, IIa, :ii5.
.,0»terr. Mittelnchule". XII. Jatirg. 15
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226
Miacelifn.
der Beobachtung gemacht. Spricht doch Kant darin bald „von den Bigen-
Schäften des Erhabenen und SchOnen aui Menschen überhaupt", bald „von
dem Unterschiede des Erhabenen und Schönen in •It iii Gegenverhältniase
beyder Geschlechti r", bald «von dt_ni Xationalunterschieden, insoffrn sie auf
dem unterRchiedlichon Gefühle «1"-^ Kihabeuen und Schönen beruhen" u. s. f.^)
Di»»ser „menschlichen i^hilu-iophie" ist H. zeitlebens treu geblieben; in
ihren Dienst hat er alle seine Kräfte gestellt; und wenn er im Gegensatze
zu den „Spitzfindigkeiten" der deductivent kritischen „Modepbilosophie"
der späteren Zeit fKr eine Philosophie „dee gesunden MenschenTeratandes*
und des menschlichen Hertens mit der ganzen Fenerkrafb seiner über-
lengnng nnd Begeisterung «ntrat und diesen gesunden Mensofaenverstand
und Geschmack im V^olke fand, »o hat die „menschliche Philosophie"
Kants für H. insofern große Bedeutung, als er dadurch auf einen Boden
gestellt wurde, in dem er am tiefsten Wurzel fassen konnte und fasste.
als hier schon das l'rüf,'iamm seiner pe.sininiten Lebenethlitij^keit vor-
gezeichnet, das Ziel seiner Lebensaufgabe gesteckt war. H.b ei«^ene geniale
Kraft quillt ja auch mehr aus dem Gefühle, als aus dem klaren, durch-
dringend scharfen Verstände eines Leming. Wenn H.s größtes Verdienst,
wenigHtens meiner Ansicht nach, darin besteht, daas er den k(M-
lichen Schatz des dem Volke innewohnenden gesunden GefQhls und
MenscfaenTerstandes, der echten, lauteren, rein menschlichen Empfindung
aufdeckte, verwertete und zur Verwertung aneiferte, so hat Kant daran
keinen geringeren Antheil als den, H. den Fundort diese« Schatzes g^eigi
zu haben. — Wie vielfache Anregunij H. tlureh Kants „men>'ch!iohe Philo*
Sophie" gleich im Jahre 170t3, dem Kr-^cheinunti-jalire der Fieobiichtnnfrf'n''.
erhalten hatte, beweisen eine Keihe von Fragmenten, Pi.lnen \i. <. w.. die
beinahe t-iunmtlich in das Gebiet derselben schlagen, so i. Ii. das Friigiiient:
„Wie die Philosophie fUr das Volk nutzbar zu machen sei",'; „Wie kann
die Philosophie zum Besten des Volks seinen Geschmack verüsinem?*^) u. a.
Aber auch die analjtisch-empiriscKe Methode überhaupt kann H. im
Hinblicke auf Kant nicht beredt genug loben. Die Anzahl der Belegstellen
dafür ist Legion. In einem Fragmente einer Abhandlung Ober die Ode*)
l&sst er die Ästhetik sich mit den feinsten „Erfahrungen der Empfin-
dung" VjeHchäfti^'en, deren Knäuel aucli schwerer zu entwickeln wäre nh
.Tiielir :n)t:ebaute metapliysi.sehe Het,'ritle". Als i'inzig und allein zulässige
.Mt'iiiuiie der A.^thetik eni|ifiehlt er „slrengf .-V n a 1 y si s",^) deren Haupt-
auj^'ennierk darin bestünde, „die Phänomene und Daten iies Schönen zu
sammeln, zu ordnen und auf ihre L'rsprünglichkeit zurückzuführen". Dem
Preise» der Besprechung und Erklärung dieser Metbode widmet H. in den
„Literaturfragmenten* ganze Abschnitte.*)
25 Jahre nach dem Erscheinen der „Beobachtungen" trat Kants
„Kritik der Urtheilskraft" zutage. Innerhalb dieses Zeitraumes hatte al>er
Kant den Boden der inductiren, analytischen Ästhetik längst verlassen
') S. i», 47, Hl.
>) LB. I, 3a, 317.
^ II.. I. :>.A, J.-.! .
*i i.H. I. t;n.
»I Krit. Wiild. SWS IV. Jl. V,.
*) Vgl. Fragm. IH, 4, iii:}, lo6, Uts, u;», 117. I.B. 1, ita. S>. ».1, ?A, iU, ir, V.n\, 21«»,
ai2. ?W6. 22, 91. Vi, m II. a.
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Miflcellen.
227
und aich der deductiven, kritischen Philosophie zugewandt, während H. mit
derselben leidenschaftlichen Überzeugung wie in den Jünglingsyahren an
<lfr ersterPTi festhielt. Mit einer üppigen, blühondon Phanta^^ir» begabt,
wiche (lio Kuhe iil>stiactcr Hpeculation stört, voll Leidenschaft und Empfin-
dung, sichaudeit er zurück vor den leeren, fiirlilosen Scbattenbegritfen der
Trans8cendeutiil])hih:»süphie; und so konnte er auch nur an einer Ästhetik
der Empfindung und des QefübU Oefallen finden, die als eine !>eincr
Lieblingabetch&ftigungen im innigsten Bunde mit dem Haaptaiele Heines
Lebens: der geistigen Ausbildung und Yeredlong der Menschheit, — ihn
durchs ganze Leben begleitete. So war es hauptsächlich das «Wie", die
Metbode Kantischer Ästhetik, die, wie oben angedenteti H. am meisten
beeinflusste.
II. Kants ^Beobiichtungen".
Aber auch das „Wa-s" sollte zur Geltung kommen. Nur aua der
maßlosen Verehrung, welche U. Kant in seiner Jugend entgegenbrachte,
erklärt es sich, daas ein sonst unberOhmtes Werkchen des ietiteren, dem
Kant selbst später einen geringen Wert beilegte, so gans imm Eigenthume
des jungen Philosophen wurde, dass der Gedankeninbalt desselben gewisser-
maßen den geistigen Luftkreis bildete, in dem H. lebte und welite, dass
er in den nächsten drei Jahren nach dem Eriicheinen der Kantischen Schrift
(1766 — 176111 fortwährend Gedanken aus dem unerschöpflichen Rorne der-
selbon holte, zuletzt iiuch nicht Ab^ätand ruihin, Kant Hchon danial« neben
die beileutetulstcn Ästhetiker wie l'auwgarteu, Winkelmann, Sulzer n. a.
zu stellen,0 ihn unter den „besten .Schriftstellern" dieser Art zu neuueu.
In stolzem Tone weist H. auf Kants Heubachtungen" an einer Stelle der
,Krit. WtUd.* hin:*) . . . Darf ich hier einen Ausgang nehmen, nm
einen Philosophen über das Große und Erhabene sn nennen, der in diesen
letsten Gattungen insonderheit sehr lesenswQrdig ist. Kant, ganx ein
gesellschaftlicher Beobachter und dtr gebildete Philosoph nimmt
iu seiner Abbandlnn;^ vom Schönen und Erhabenen auch insonderheit die
bibl'same Natur des Menschen, die p'VJellsch.iftHche Seite nn«;erer Nntnr.
in ihren feinsten Farben und Sohattierun^'en zum Felde seiner lieobuch-
tiinc^en. Das Große und Schöne aui Mensclien und int nsc hlichen Charakteren
und Temperamenten und Ge.-ichlechtatrieben und Tugenden und endlich
Nationalcharakteren ; das ist seine Welt, wo er bis auf die feinsten NOancen
fein bemerkt gam ein Philosoph des Erhabenen und SchOnen,
der Humanitftt Wie kommt es, dass diese kleine Schrift
von so reichem Inhalte weniger bekannt und angemeldet ist.
als sie es verdiente?" Ja in einem Briefe an Kant selbst^)
hotl't er, das.s dieser auf dem Gebiete der Moral ein ebenso bedeutendos
Werk «chaften werde, wie er es ,.zur Culttir de-i Jahrhunderts" gethan in
dem. _waH schön und erhaben" ist. Diese Stt-llen nitii^t-n hinreichen, um
die Annahme der vielen im Folgenden zu erwahnencien BeeinHussungon
zu stützen.
1. Das Jahr 1766.
Schon in den zahlreichen Anf^tzen, Entwürfen, Plänen und Frag-
menten des Jahres 1766 ist der Einfluss der Kantischen Schrift bemerkbar.
') sw-. I. 17.1. Krit. Wald. SWS. IV, 168.
>j SWS. IV. 175.
») LB. J, '2, 29y.
lö»
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Miscellen.
Im Anfange derselben spricht Kant von der Verflchiedenheit der Empfin»
düngen des „Vergnügens und des Verdrussc»"' und führt sie nicht auf die
Beschaflenheit der Dinge, ulso eine objective Ur^cbe. sondern auf ein
jedem Menschen eigenes Gefühl, mit Lust oder Unlust gerührt zu werden,
zurück und wei^t auf den reichen ^'orrath hin, den ,.das Feld der Be-
obachtungen «lii'st'r t5e!^iiudtnheiten uienschlicher Natur" verlrersre. H, suchte
ihn zutage zu ITiniern. l'utor allen Arbeiten jenes .hilues nehmen iiie
ästhetischen den eiste« l'lalz ein; so die Themen; „Uber die Veränderung
des Gesehmacltet und der Grnikhfttte bei Katiiraen bloß durch die Zeit-
folge",^) »Wie weit sich der Geschmack der V51ker verftndert", »Von
der Verschiedenheit des Geschmackes und der Denkart unter Men-
schen",') »Von der Veränderung des Geschmackes der Nationen durch
die Folge der Zeitalter". ^) — Sämmtliche theils nur entworfene, theil.s aua-
geführte Aufsätze streifen aber an keine geringere Frage als die. ob die
einander widersprechenden Gefichniacksarten ver»*chiedener Menschen und
Nationen docli welchen geuieinsanjen Berührungspunkt haben; ihre Be-
antwortung und die Zweifel über die Moi,'lichkt;it iloröeJbcn übetiäsat er
anderen und begnügt sich damit, na<:h Art der Kanti»chen „Beobachtungen**
nur „Materialien" xn sammeln. Allerdings geht er auch schon daran, die
Ursachen dieser Verschiedenheiten des Geschmackes ans der „Verschieden-
heit der Bildung des KQrpers, besiehungsweise der Beschaffenheit der
Sinnesorgane bei den einseinen VOlkem* ZU wklftren, kommt aber darin
nicht weit und liefert so nur Anlange, aber wenigstens den Gedanken
einer naturwissenschaftlichen, auf physischer Grundlage ruhenden Ästhetik.
In einem anderen Fragmente „Vom gothischeu Geschmack"^) unter-
niumit er es, die W.iiulliinrren desselben von dm iUtPstcn Zeiten her zu
verfol^'en und dieselben aus jtnütischeu und socialen Verhiiltni.ssen zu. er-
klären: klare Umrisse für eine Geschichte des ^gothlschen Geschmackes'",
wie sie später von den Romantikem Tenmcht wurde. Die aus der Ver-
schiedenheit der Nationalcharaktere sich ergebende Verschiedenheit des
Geschmackes ist auch Gegenstand eines Fragments über die Ode,^) worin
H. im AnscbluMse an Kant dem Deutschen in sittlicher Beziehung die
Mitte zwischen <len KngUindern und Franzosen einräumt^) und demgemäß
auch für di*^ deut-;ch-' Ode einen bestimmten Charakter beansprucht. Die
Kantische Kintheiinn^' des- < ic^chinackes in dnn Arten bf'ir,.(_rni't uji- in IT.k
Aufsjitze: ,.ii>t die bchöuheit des Kr'r]iL.'rr- ein 15üte von der ^cnr>ii}i*Mt (Jer
Seele?",'*] was sich sogar durch würtliclie Anklänge beweisen läs>t. Ganz
unter dem frischen Eindrucke der „Beobachtungen" und zwar des Uapitels
„Von den Nationalcharakteren, insofern sie auf dem unterschiedlichen Ge-
fühle des Erhabenen und iSchÜnen beruhen" ist das Fragment „Betrach-
tungen über das verschiedene Urtheii der menschlichen Schönheit**^) ver-
fusst. Aber außer diesen mehr principiellen Fragen begegnet uns auch
•) LB. I. 2, 195.
*> LH. I, .;h. 187.
») lu. b. lyi.
«) LB. I. 8a, 205.
*J I.B. ]. :5a.
') F.l.fll-iO Lb. 1. itU, 18. ."5\V^5. 1, l>>b.
■) S. ifl.
•> ÖW.-^. J, 51.
T LB. I, :^n, ?»— $.
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Miscellen.
229
in einzelnpn Gedanken und .\npr>r'!in<:en Kantisciv.'r Einfluss. — litM'adezu
überrttscli.'iid i'^t die i'liereiu'^tiininuni; mit Kant in dem Fr.i^niente oiner
Unterüuciiung, „diuss und wie die Ptulosophie fiir da-» Volk nüt/.Uir zu
machen sei".') Wie Kant-j geht auch U. hier von der Ansicht aus^ da««
die weiblich« finiebung vor allem die Ausbildung dea feinen «iitlicb*
schönen Oefflhls bexwecken müsse, wogegen beim Manne mehr auf die
Übung des Verstandes und Gedächtnisses Gewicht za legen sei, indem er
das Wesen des Weibe» unter dem Begriffe des Schönen, das dea Mannes
unter dem des Erhabenen — ganz wie Kant fasst. Dm» aus Goethe«
„Dichtung und Wahrheit" bekannte Urtheil H b ttber Ovids Metainorphoi'en,^)
sowie die abfallif^o Betirthoihint^ der geistigen Eigenschaften d^^r Neger*)
erinnern lebhaft an Kant, desgleichen die Ansiclit If (]n^'^ di«- Sch«inheit
ein Begriff sei, der sich sehr oft bis in den Gpsrhleclitertrieb verliere.-"')
Aus diesen wie aus vielen anderen Entlehnungen, deren Beweis ich
wegen Zeitmangela schuldig bleiben ntvss, ergibt sieb sunftchst die l*hat-
aache, dass H. durch Kants ^Beobachtungen" gleich im Jahre ihres Er»
scheinens su bestftndigem Schaffen auf dem Gebiete der ästhetischen
Fori^chung angeregt wurde, daas er in diesem BOchlein eine unerschöpf-
liche Fund-;iube von Ideen entdeckte, die ihn zu weiterer Ausfiihrung
reizten. Beiiiiilie in keinem einzigen I'lane, den H. damals fasste, unter-
ließ er es, jene Schrift Kants wie einen guten Freund /nrathe zu ziehen.
t>ocli von tJer bedeutendsten Wirkung war der Kintln.-< de-selliea in.-ut'ern,
als H.s Blick .schon frühaeitig auf die verjjchiedenen Nationen und die
Verschiedenheiten im Geschmacke derselben gelenkt wurde, was ihn weiter-
hin sur Vergleichung jener Gcschmacksnnterschiede, also sur Idee einer
▼ergleicbenden, inductiven Ästhetik fObrte.
t>. Die Jahre 1767— 17G9.
In den „Lit^ratnrfrni^un iiten" und „Kritischen Witldern", die in die.^e
Zeit fallen, beschiänkt .-»ich der Einfliua Kants auf Entlehnung einzelner
Gedanken, Definitionen u. ä.
Itas schon oben erwähnte Urtheil über die Deutschen wird hier durch
die Behauptung ergänzt, dasa dns Genie derselben sich mehr »auf die
britiache Seite neige" Die Neigung des Deutschen snr Pracht, Cere-
monien, Titeln, äußeren Auszeichnungen u. s. w. wird der ^Lustigkeit", dem
Sinne für das Moralisch-.Schöne, dem feinen Tone des Fransosen gegenüber^
gestellt, beide.^ im Hinblieke auf Kant/*)
Was H im zweiten Stücke der FraLTtnertt^aninihtn^ über di^n Zn-
samnienhanr: zwi-chen .Sitten und Geschmack eines Volke, au^tiilirf . ver-
rüth deutlicl» KunÜK'hen Einfluss. Mit Anlehnung an den bei Kant"/ vor-
kommenden Excurs über die Veränderung des Geschmackes der Menschen
in rerschiedenen Zeitaltern und bei verschiedenen Völkern verfolgt er die
Wandlungen dieser „Proteasfignr" in stetem Hinblicke auf den ursächlichen
•) LB. I, 3«, _x^7 — m
») l.n. I, :{a, 1»«).
') I, 18.
^ws. I, fjß). KkQl, s. m
*J Ii, 254.
') 8. CS.
•) S. l«7.
■
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230
Miseellen.
Zusiimuienhan^ mit den politischen nnd sociulfn Bewegungen bis auf seine
Zeit Tn deinsfllten Stucke Klsst H. :ilu-r auch <lie Anffoiderung ergehen,
sich nach ilen N;itionii11if»d»^rn unizu-elion. und crötiiu't so selbst die l'er-
spoctivo seiner ht'rvotr;iLjen(lst«^n kiint'tii^>'n Thätigkeil. Der J^chluKs. (la>-
H. zu diesem /ukuntLaprogranime seines Wirkens eben durch das von Ka.ui
angeregte Studium des Znsammenhanges zwischen Geschmack und Sitte
der VSlker und der Venchiedenheit ihrer poetiadien Schöpfungen geleitet
wurde, liegt gar m nahe. Doch wir wollen ihn vorderhand nicht ziehen.
Das oben bereits erwähnte Urtbeil Kante Aber die weiblichen Philo-
soiihinnen behandelt H. wieder, nnd diesmal bedeutend ausführlicher im
fünften Stücke der dritten Sammlung der „Fragmente". Auch hier neht
er das Ziel der Frau**nbilflnrf» in der Erwockung von Empfindunj^en.
Noch einige Geüiinkenfaden , wie z. B. dip Unterscheidung, welrhe
H. zwi-chen EnthuMiasteii und Fanatikern niaeht,^) leiten zu Kant hinülM'r.
Iht hciion die Anjuihl der von Kant entlehnten Gedanken in den
n Fragmenten" geringer, ist dies erst redit der Fall in den , Kritischen
W&ldern**. Hit voller Bettimmtheit läset sich mit Anraahme des weit-
läufigen Excnrses Ober die „Schamhaftigkett" im »weiten Wäldchen, wo
sich selbst auf Kant beruft, Kantischer EinfluRs beinahe nirgend«
feststellen. Aus Kantischen Definitionen sehen wir H. Pfeile schmieden,
mit denen er den ohnehin von Leasing arg mitgenommenen Prof. Klotz
weiter verfniprt. Indem fr, von der Kantischen Theorie der „hülfoleistenden
Triebe" aa-igehend. die falsche Auffassung Klotzens von der Schamhaftigkeit
berichligt, schlä^'t er auch dessen Behauptung, dass Vergil schamhafter
wäre als Homer, nieder. Auch zu der im vierten ^Kritischen Wäldchen*"
gegen Klottens Freund und Pkirteigänger Riedel, den V^aseer der „Theorie
der schOnen Kanste* gerichteten kritischen Bombe hat Kantiaches Oe*
dankenmetall das Material geliefert Schon gegen die nngenfigende In*
duction Uiedels muss er als Schüler Kants entschieden Front machen. Ja
er erklärt sich überhaupt gegen alle deductive Ästhetik. Da das Cienie
nicht nach Kegeln schatte, oder solche wf'nicp=*tens nicht im Augenblicke
dos Schatten.« dem Künstler vorschweben, aruierj^eits aber solche dent
unbegabten Dichterlinge nichts nützten, verwirft er überhaupt ästhetische
Regeln. „Beobachtungen sollen sie sein, au t klärende ent-
wickelnde Philosophie für Philosophen, nicht für Dichter-
linge» nicht für selbstherrschende Geniee'"^)
Hat sich also H. früher schon fUr eine vergleichende « indactive
Ästhetik ausgesprochen, lehnt er hier entschieden jede deductive. geaets-
geberische Ästhetik ab. Nachdem er so die Grundpfeiler des Riedel Vchen
."Systems erschüttert, vernichtet er wieder vom Gesichtspunkte Kantischer
Ästhetik dessen Theorie von den drei Grnndkraften für das r.iite. Wahre
und .'"^chöne. H. verwirft ein Grnndgofühl des Schönen, denizufol^o man
ohne Urtheil gezwungen wäre, etwas für schön r.u erklären, wuh zu allen
Zeiten und überall gleiche Wirkungen hervorbringen müsste. Aber be-
weiset nicht", fährt er fort, »selbst dieser Proteus von Geschmack, der
sich unter allen Himmelntriehen neu verwandelt, mit der Ur>
saehe der Verwandlung, da« alle Schönheit nur Eins eei ?*
'J b\V.>. 1, 524.
») BWS. IV, 19.
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Miaeellen.
231
AläM) trotz Uer ven>chiedensten Geschmacksarten ulier Völker und Zeiten
<)<i6h eine gemeinaame Ursache des Schönen: dag will aagen: H.
glaubt Mk die MOj^lichlteit einer Tergleiohenden Xsthetik auf inductirer
Grandlage: ein Gedanke, dessen YerwirVlichnng bis heute nicht erfolgt
ist. Die ganze Stelle stimmt aber mit dem Schlosse der Kantischen ,Be-
obachtungen" theilweise sogar im Wortlaute überein.
Doch von sonstiger Entlehnung minder wichtiger, einzelner Gedanken
ah«x(»«ehen, lässt sich «1er Einfluss Kant<? in den Jahren 17G7— 17C9 in
folijendcn Worten y.nsaiiinifnfti^sen: Die beinahe schülerhafte Art d>-v Knt-
k-linuu^ oin/.f'lnor Gedanken dauert fort, w^nn aucli beltener auftretend.
Am den vereinzelt erscheinenden aathetischeu Wahrheiten wäre wohl eine
gelinge Aosbente ftlr ein ftsthettsches System zu machen. Aber ein solches
strebt H. anch gar nicht an, sondern er stellt — nnd darin gipfelt der
Einflnss Kants in jener Zeit — auf Grund der Kantiachen Methode die
Forderung einer dem Geschmacke verschiedener VOlker und Zeiten Rechnung
tragenden, v i i;] eichenden Ästhetik auf empirischer Grundlage,
die also Beobachtungen machen. Daten <:nnimpln, erkiftren und erst dann
m^Sglicherweise Grundsätze abstrahieren sollte.
8. Die Jahre 1769—1800.
Merkwürdigerweise ▼«rlieren sich, die analytisch-empirische Methode
Kants ausgenommen, die Spuren des Kantischen Einflusses in der Folge-
zeit immer mehr. Ein leider beinahe ganz verloren gegangener Brief-
wechsel mit Kant liür<j-t auch jetzt noch für freundschaftliche Beziehungen
zwischen H nnd tleui noch immer verehrten Meister. Eine Kritik des
jungen H. über Kants „Beobachtungen" in einem noch erhaltenen Briefe
an denselben beweist die Selbständigkeit H.8, der vom „Nachbeten und
Nachtreten" weit entfernt war. Ein Brief an Lavater aus der BUckeburger
Zeit, sowie der gegen die s(^enannte «Modephilosophie* gerichtete Auf-
satx ans dem Jahre 1776 leugen für ein nngetrfibtes Verh<nis zu Kant.
Aber schon im Jahre 1^ kam es zu einem Zwiste, da Kant den ersten
Theil der , Ideen" ungünstig recensiert hatte. Die stete, innner weiter um-
sichgreifende Vergötterung der kritischen Philosophie reizte H. zu jenen
bekannten, von Bitterkeit und Eigensinn nicht freizusprechenden Streit-
schriften „Metakritik' und „ Kalli'^one" ilTlH) und 1780). In der Vorrede
zur letzteren wird Kant gegenüber dem Manne von „dialektischem Witz",
„politischen sowohl als wissenschaftlichen Scharfsinn" und ^ bestrickender
Redegewalt"* sogar ungerecht.^) Der Bruch war unheilbar. H. m ernte Kant
untreu werden, weil dieser sich selbst untreu geworden war. In glOhendsteni
Zorne, in flammender Entrflstnng Viber den Termeintlichen Unfhg der
Tri) nssoendental Philosophie ist beinahe die ganze „Kalligone" geschrieben.
Widerspruch auf W^iderspruch gegen Kant begegnet von Anfang bis su
Ende. Von einem Einflüsse Kant^^ kann weiter k' in'^ Hrde sein.
Worin besteht nun im allgemeinsten Sinne (iieser Kinflu«'.'^? Der
Ästhetiker H. ist es vor allem, der denselben erführt, uijer ni( ht
.•iowohl duieli Aneignung von einzelnen ästhetischen Wahrheiten, sondern
der analytisch-empirischen Methode, die Kant in seinen „Beobachtungen"
'^ Suphan, Z. f. d. Ph. IV, 287.
>) SWH. 2Ü, 12.
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232
Misoellen.
angewendet hsA. Sein ganses Leben hält H. bei teinen fiathetiedien
ForMbungen an deiaelben fest, indem et schon im Eracheinung^ahre der
«Beobachtungen** su einer Menge von (j;roßai-tig angelegten Plänen nnd
Entwürfen angeregt wird, die alle auf den Gedanken einer naturwissen-
schaftlichen, empirisch-analytischen Ästhetik hinauslaufen, zu
der H, «selbst unschätzbares Material liefert. Wenn er aber zu keiiiPtn
Sy>teaie i,'elanp^te, so war dies entweder nacli dem damaligen Stande der
Miitur Wissenschaften nicht luüglich oder er lietertt- iiulirect den Bewei-*
von der Unmöglichkeit eines solchen oder uunUej»tens von dem Unwerte
eines dednctiven Systems der Ästhetik, eine Wahrheit, deren Er-
kenntnis ich höher stelle als vielleicht die Snmme aller sonstigen positiven
ftsthetischen Maximen, die er von Kant entlehnte.
Aber nicht nur der Ästhetiker H. wird durch Kants Einfluss be-
stimmt, sondern nicht minder der Philosoph überhaupt* H. rühnito.
wie wir oben sahen, jederzeit die Methode Kants, xat' aAHiuj:o'/ zu phiio-
soidiieren. den Menschen zum Mittelpunkte der Phtlowphie zu mach«'n.
Diese ,Menschheit<»philosü]diie'' trat ihm sclinn in Kants Schrift ,.Träuine
eines Geistersehers", dann iu deü^en „ Beobachtungen" entgegen und lenkte
schon frühzeitig seinen Blick auf den großen Schauplatz der Entwicklung
des menschlichen Geisteslebens von den Ältesten Zeiten an. Kant f&hrte
H. auf die Hohe dar Menschheitsphilosophie und zeigte ihm von dort den
Menschen in seinen mannigfachsten Gestalten. Er deutete anf das bunte
Gewirr der verschiedenen Volker, die doch alle ein Band vereinige. Das
reifste philosophische Werk E ^. die „Ideen zm Piiilosophie der Geschichte
der Menschheit", dem schon frühzeitig, im Jahre 1774, die Schrift „Au. h
eine Philosophie zur Geschichte der Bildung der Men^eliheit" vorher-
gegangen war, hat ja zum Zwecke die Darlegung des Entwicklungsgänge*
der menschlichen Cultur bei allen Völkern. Die Betrachtung dieser P'r-
scheinungen ist H. das erhabenste Ziel seines Forschen^ gewesen, sie hat
in ihm auch jenen kosmopolitischen Geist erweckt« den er selbst neben
Lessing seinem Jahrhunderte aufprSgte, die deutsche Nation ftlr das Beste
der Cultur und Eigenart aller Völker empf&nglieh machend.
Bei der innigen Wechselbeziehung, in d»'r Poesie und Charakter
eines Volkes zu einander stehen, mosste H., der selbst als beste Quelle
zur Erforschung des Nationalcharakters die Poe.«ie nngibt. naturgemäß
auch auf das mit dem Volkeliede leider noeli immer olt ve rw(!oh-eite
Nati on a 1 1 i im! kommen. Der Beschäftigung mit diesem ist H.s hervor-
ragt'nd^te literarische Leistung, die J^ammluug der sogenannten Volks-
lieder'', entwachsen. Und dazu soll auch Kant die Anregung gegeben
haben? ... Ich glaube wohl.
Wenn man das ausf&brliche Capitel der Kantisehen ,»Beobacbtungen"
Aber die Nationalcharaktere liest und dann verfolgt» wie Blick gerade
in dem Erscheinung-^jahre dieser Schrift seines so hochverehrten Lehrers
(1706) beständig auf Eigenartigkeiten, Bräuchen, Sitten verschiedener
Völker gerichtet ist, wie rr bald die men«ehli<'he Schönheit bei ver-
schiedenen Völkern betrachtete^ l)ald in einer Abhandlnng üb(>r die < Hie
die Bedingungen zur Entwicklung dieser Dichtungsart bei allen Völkern
LB. I, 3a, 3.
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Miscellen.
235
aufzusuchen bemüht ist,') wie er in seirn in Fragmente der Geschichte der
DlchlkuM^t die nothwendige Forderung autstellt, dass man vor allem
anderen in jedem Volke selbst den Samen snclien mass» der die Wissen-
. Schäften und KOnste hat hervorbringen m^n,*) wie er in mehreren Ent-
würfen dieses Jahres sich um den Geschmack verschiedener Völker in-
te^e^i8iort,<} wie er so^ir selbst gelegentlich zugibt^) dass er seinen
Geschmack „aui» mehr als einer Nation, Zeit und Sprache selbttt za
bilden gesiuht hiihe", — wenn man dns alles in Betracht zieht, so
wird man wolil nicht umhin können, anzunehmf^n, Inss H. durch Kant.H
Scbrilt >ih()n in früher Zeit, also wslhrend des Tiii^'a^r Aufenthaltes, zum
Hauptprobleme sseines Lebens», der Krfoi^cluinf,' def< (Jhai-.iktt'rs veivcliiedener
Nationen und dadurch indirect xuui NatiomiUiede getührt wurde.
Aber auf allen drei Gebieten, Ästhetik, Geschichts-
philosopbie und Literaturgeschichte gipfelt der Einfluss der
ästhetischen Anschauungen Kants auf H. nicht so in der Ent-
lehnung von einseinen wissenschaftlichen Wahrheiten, wie
in der Anregung, dem Anstoße.
Abkürzungen:
M. <» Herder.
LB. = Joh. G. Herders Lebensbild (herausgegeben von seinem Sohne).
SWS. Herders sBmmtiiche Werke, herausgegeben von Suphan.
Die G^mnasialarchäolog ie auf dem Dresdener
Phüoiogentage (1897).
Bericht, vorgetragen von Dir. Dr. J« Loos in der JahresTereammlnng des
Vereines „Mittelschule" in Wien am 11. December 1897.
1. über Einladung des kaiserlich deutschen archäologischen Institutes
wurden unter dem Vorsitze Conses zwei Sitzungen zur Erörterung folgen-
der zwei Fragen abgehalten:
aj Wie weit soll auf der Universität für eine Schulung des künftigen
Mittelschullehrers in Archiinlofji»» vorffo-ori^t w^nlfn?
bj Wio jioU dieser Umstand in den Priliungisverordnungen zur Geltung
konunen V
2. Die Discusüion dieser Fragen bildete eigentlich nur die Fortsetzung
der Berathtingen, die auf mehreren frnberen Versammlungen (in .München,
Wien und KOln) stattgefunden hatten.
3. Einigermaßen vorbereitet waren diese Besprechungen doch durch
den Umstand, dass die einzelnen Rejrierungen ersucht worden waren, Ver-
treter 7.U senden, welche darüber zu berichten haben würden, was in den
einzelnen Staaten mittlerweile geschehen war, um die archäologischen
fttudion m Ansehen zu lirintren, be/.iehung8^v>»i-(' inif w» lrhen Mitteln der
betretiende Ötuat diese Studien xu unterstützen beitrei»t war.
1 I.B. I. >A.
h Lb. l, aa, ill.
>l LB. I, 3k, lf}7, 191, 190, 205.
«) LB. I, Sa, m
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234
Miscellen.
4. Da entwickelte sich denn ein reclit interessantes Bild >?leich txi
Anfang der ersten Sitzung, als über Einladung Conzes die einzelnen
Regiernngnvertretei', dieser die», jener daa berichtete, jeder von ihnen mit
einem gewissen patriotischen Stolxe.
5. Davon nnr einige Beispiele! Zuerst erhielt der Bayer das Wort,
fiector Arnold hob mit großer Genufrthnung hervor, dass dort Archäologie
bereits Prüfungsgegenstund sei. Kr berichtet ferner über Studienreisen,
über die archäoiojfuicben Uuterweimingen Fartwänglers, sseigt Diapositive
11. 8. \v.
Dann Österreich: Liindps-Schulin}*|i<'< tov lir. 5)cheindler citiert
Uen auf Archäologie bezüglichcu Passus der neuen Prüfungsordnung und
berichtet, was durch Yorle.'<ungen , SeminarttbangeUf Staatsstipendien itir
Stadienreisen hier geschehen ist: verglast auch nicht des Niemann'schen
Parthenonmodells und der Hoppe'sch^ Bilder.
Hessen: Oberschnirath Soldan berichtet von archllologischen An>
^chaunngs- oder Wandercursen (begonnen mit der Berichtigung und
Krläuterung der Sammlungen in Würzburg, abschlief^end in Mainz). Studien-
reisen Tiai Ii Italien, Erweiterung" des pädagogischen Seminars (!| in Gießen
und Darm.-^ratlt (in GioTHTi liun ii acht Tairp einen ('ih-ni.
Hadcn: < »berschulntth Wen dt berichtet über Studienreisen nach
Italien (vgl. human. Gymnasium).
Die Vertreter von Württemberg, Braunsch weig, Weimar und
selbst von Berlin wissen nicht viel von concreten Veranstaltungen zu be-
richten, sind a]ber gleicherweise erfUUt von Wertschätrang f&r die archfto-
logischen Studien, und da gerade sie davon sprechen, wie man die archfto*
lojvischen Studien fordern könne, hat sich unter der Hand, vielleicht nicht
zum Nutzen der Sache die Berichterstattung in eine Discussion der
von Oon/e anfsyeworfeiicn Fragen verwandelt. So hattf si hon an die'tem
Nachnuttaye iler A ii Ii a i t'-rhe Hpiriernny*svertreter Oberschulrath Krü^'er
versiucht. zwei ']'lie>cn zu loruiuheren, »iie jedoch evi^i de«- and»'rn Tages in
nioditicieiter Form vorgetnigen wurden. Ober-chulrath Gcutz aus Berlin
*prach schon an diesem Nachmittage aus, das.s er große persönliche Be-
denken h&tte, wenn die Arcb&ologie zu einem Prfifungs&che würde: man
kdnne nicht von jedem verlangen, doss er sich voll und ganz der Archäo-
lojE^e zuwende: es müsse immer individuelle Begabung hinzukommen. Im
selben Sinne sprach sich Wendt ans, man solle nur junge Leute, die
besonderes Talent zur Archäologie hätten, sich hiefSr qualificieren lassen.
Einer eigenen Prüfung bedürfe es hiezu nicht.
Anderen Taije« «teilte dann Krnp-er foliroTifle zwei The^jen auf: 1. Auf
der l'iiivfr>it;it goll dun li Vorlc.**un<:en iitid l lMingen sfiteni- der Docenten
für eine archäologische Ausbildung der Candiiluten gesorgt werden. 2. Der
künftige Lehrer soll sich auf der Universität neben einem ausreichenden
Maße mythologisch-archäologischer Kenntnisse auch die Grundzüge archäo-
logischer Hermeneutik zneigen machen.
In diesen beiden Thesen war nnn allerdings zunächst gar keine Rede
von einer Constatierung dieser Kenntnis.se durch eine Prttfung. aber es
sah doch so auB, als wenn die Archäologie in einer Art von Zwange oUegien
angeeignet werden *r>!lte. De.shalb ergriff der Berliner Schnlrath < I c n t z
und nach ihm der sächsische Begierungävertreter Gebeimrath Vogl datt
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Mitcellen.
235
Wort, iini dar/.utluui, da««« ihr*» Refrieningen vor allem ror einer Ersrhwerun^r
(UT l'rüfiinjf in philol'-Ki^" Facultas durch Eiutühiuiij; (.Ut Arrhiiol' »üfie
iil^i l'i üluiiiTfgegen.stan»! zui iickschreckeu würden: eine solche Erschwerung
verbiete die Lehrernoth und die ganze Zeitlage.
Andere wieder hoben hervor* daas eine solche PrQfung mehr auf ein
änßerlicbes Aolemea hinanplanfen wflrde, auf ein mecbaniaches Einprägen
des WiteensstoffeN n. dgl. m.
Dazwischen durch traten die Docenten fDr Archäologie Studniczka.
Förster undReisch für obligate Collegien und für die Prüfang» namentlich
Stndniczkn. ein, mit d.T H. t^ründung, das« sich ohne einen gewissen Zwang
nichts Kerbte*« werde in Archäologie lei«ten !a«^en
Von x.wni anderen Professoren, Kekule und iiubert, waren biienivhe
Gutachten eingclauten; keiner von ihnen hält die Priifung aus Archäologie
für noth wendig, Koberfc — zum Erstaunen aller — auch Feriencurse und
Studienreisen nicht: er halte alle diese Dinge fllr schädlich, da sie bei der
Fftlle des Materials nur zn einem oberflächlichen Dilettantismus fahren.
Conze hatte nunmehr ans der Diecossion erkannt, daas weder durch-
wegs in den Kreisen der Docenten noch auch besonders in denen der
Schulmänner, worunter ja auch Schul Verwaltungsbeamte waren, die Neigung
fiir die Einfuhrung der Archaolog-ie ;ils Pi-nfungstfegenstand bestehe, und
schlug daher folgende vier Thesen /ur Annahme vor:
1. In jedem Semefäfer sollte an der Universität für eine cursorische Leetüre
von Biidwfrkeii gcj^orgt werden.
2. Jeder künftige philologische Lehrer sollte diese Vorlesungen — wöchent-
lich eine Stunde — durch die ganze Üniversitfttszeit hindurch besuchen.
8. In der Prfifungsordnnng m5ge wenigstens soweit auf die ZngehQrigkeit
der Archäologie zur Philologie Rücksicht genommen werden, dass die
Voraussetzung ausgesprochen werden könne, es habe sich ein jeder
künftige philologische Lehrer auf der Universität mit den Elementen
der Arrhrmlogie vertraut gemacht: den Fortgeschritteneren in der Ar-
chäologie möge Gelegenheit gegeben werden, in der Stiuktsjirüfung diese
ihre archäoloj^isrh«- IJildung zur (Geltung zu bringen.
4 Es mögen noch mehr als Vii^her von den Regierungen pecuniäre Uut* r-
stutzungen für Studienreisen geboten werden, damit auch minder be-
mittelte Bewerber Gelegenheit f&r ausreichende archäologische Studien
finden.
Diese Thesen wurden einstimmig angenommen; d^ Vertreter der
bnyrischen Regierung hatte nicht mitgestimmt, da fQr ihn die Berathung,
wie ich frfiher sagte, gegenstandslos war.
Mir «eheint. i]nfi9 der Inhalt diP!«er The-en die riehtipre Mitte dar-telle
zwischen zu .starker Betonung, wie sie in den» Hufe nach der Prüfung' an-
der Archäologie liegt, und zu optimi.sti.«eher Auffassung der ganzen Frage.
Den Optimisten, die da ghiuben, es werdeu die Studierenden die Denkmäler-
kunde, weil sie ja doch in der Philologie in ihrem wdteren Sinne als
Alterthumskuttde eingeschlossen ist, als etwas Selbstverständliches betreiben,
^b Prof. Studniczka deutlich zn verstehen, dass die Erfahrung datf Oegen-
theil lehre. Seine archäologischen Vorlesungen seien zumeist vonMedicinem,
Juristen, Neuphilologen u. a. besucht, gerade aber nicht von denen, die
doch durch ihr Studium zunächst darauf hingewiesen seien, nämlich von den
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1
III
236
Altphilologen. nn nun .tuch anderswo, wu; z. B. in Wien, die Ding©
in dieser Bezieiiuug >,Miiii>tigt'r liegen, so meine ich doch auch, das^ man
mit dem spontanen BildangsbeclOlfoiaw des kUnftagen Philologen allein
nicht wird rechnen kOnnen» ich meine aber aach nichtt dam gerade das
Examen als der beste Ansporn f&r diese Studien betrachtet werden kann.
Einer gewissen Nöthigung für dieeen Betrieb wird es immer bedfirfen. Die
kommt aber, wie ich glaube, von verschiedenen Seiten zugleich. Die
jüngeren der Candidaten haben (Lü h wohl 7in!i*»i*<t hon pinen derartigen
philologischen und Instorischen Lntenicht gt-no-ot n . in wcl« lu iii arrhUo-
logische AnschHUungHmittcl mit verwendet wordt-a .sind, gut mlw m hlecht,
je nach den» Lehrci , der den Unterricht leitete. So oder ho werden si©
aUo wohl die Nöthigung empÜnden, sich mit diesem wichtigen Vehikel
für die Erkltrung der Autoren u. s. w. vertraut ta machen. Auf der
anderen Seite aber stellt ja doch die neue Prfifungsordnung gans deutlich
die Nothwendigkeit vor Augen, data sich der Gandidat während seiner
Unirer.xitatsstudien mit Archäologie zu be.schäftigen habe.
In die.Hem Zusaammenhaage möchte ich darauf hinweisen« das» in der
Pädagogischen Section noch zweimal eine Äußerung gethan wurde, die
den bi<li*'riL"'n Anf-;tcllungen /.u \vi<lr»r«prfrhf»n *-rh''int K« gpschah die.s
Jieiteii^ rU'> /iLt^uicr Gynin. Dii-. Sct-ü^er, der in si'iiinii \"i)itrcige «Die
Aufgiibtu de.i griechischen Unienieiites in der Gegenwart" den Aus.spruch
that: „Die grammatische Arbeit ist auch jetzt noch der Jugend heilsam;
im allgemeinen wird die Oruromatik jetat ungeschickter betrieben als
die Leetüre. Wohl müssen auch die sachlichen Schätze gehoben werden,
aber leider weixlen heute die Realien tu einem £r8atsmittel f&r jene
Lehrer, welche eine bessere Kost nicht zu geben vermögen. Durch Übertlus.s
▼on Bildern und sonstigen Anschauungsmitteln wird die Einbildungskraft
mehr gehemmt als geweckt." In einenv anderen Vortrage, den Prof. Kichter
über die Gpldfragp in fh'r Piidaar^^ik hielt, wird datiir plaidiert. dass die
Sammlungen von ailerh iiid Anschauungsmitteln eingew-hrankt wenien .sollen.
Wir geräthen nomt in einen i 1 1 u.str ierten Unterricht liinein, der die
Zer>>treuung lurdere, der Anschauungsunterricht arte in Bilderbegaffen aus.
Diese Sätze enthalten Wahres und Falsches zugleich. Falsches, weil es
gar nicht wahr ist, dass eine ordentliche sachliche, auf Denkmäler gest&txte
Erklärung etwas so Einfoches ist. Der Vortragende hat außerdem das Ver-
stiindni.s das dem Schüler aus einer solchen ICrkläning entspringt, viel zu
tief bewertet. Er hält oHenbar die .sachliche Erklärung f&v ein KubekisRon»
auf dem man sich von den grammatischen Strapazen au.sruhen kann.
VV";Uir ist aber gewi*s Hf'hanjitnn^''. da*».« auch hier da=! ( bermaB
Von .^1 hinifii ist. Es stumi'tt au. zti-treut aber auch, wt*nn in.iit die \n-
i!ichauung>jb<'helfe das ganze .Jahr hindurch in den Classenzimmern und auf
den tiängeu hängen lä.sst.
Ich möchte da noch einen Gedanken zum Ausdrucke bringen:
1. Archäologischer Anschauungsunterricht als eigene Dieciplin ist un*
statthaft.
2- NVif? Ijei der Cla^^sikerlectttre Ad fonies! so auch bei den Denkmälern.
Wo es Uiögiich ist, mehr als das Bil«l (Abgüsse, Originale) zu sehen,
solle man dazu tlihren. Das äkioptikon bildet das Zwischenstadium.
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Mii»ceUeii.
237
Nachtrag zum Artikel „Jubiläen des Jahres
1898".
(Ei'schieiieti im I Hefte des laafenden Jahre«, 8. 88 ff.)
Ala der genannt»' Aitikel Knde Januar 1. J. abgosch losten und zum
Drucke oingesundt wuiile, war das „Jahrbuch" von Divis und Neubuuci
lür lb*.)7,08 noch nicht cm schienen und ich auf Da-tjcnbachers bekannten
Kalender und mein Ged&chtnia angewiesen. Au» dem im Februar er-
ffchienenen «Jahrbuch" ersah ich und von den betreffenden Stadl-, be-
ziehungsweise OrdensTOratehung»! erhielt ich die lieatätignng, dass die
Gymnas« 11 in Korneuburg und Gablonx a. d. N. im laufenden Schuljahre
noch nicht, da^ Je^uitengyninasium auf dem Freinberge bei Linz nicht
mehr bestehen. Da die Correctur des Aufssatze^j von der Hedaction selbst
l>esorgt wurde, konnte ich diese Daten nicht mehr richtigstellen. Überdit«^
haben .seither das Collfi^ium l'etrinum in Li lahr und das Privatgy mnasium
in Mährisch-Obtruu diu» ÜtientlKhkeitsrecht erhalten. Danach ist die Ta-
belle auf S. U2 folgendermaßen abzuändern:
Osterreich u. d. E. 2b Gymnasien mit Offentlichkeitsrecht, 0 ohne diese«;
y o. d. E. 6 , « , 0 n p
Böhmen 56 „ , , 2„„
Mähren . . . . 2f) „ . „ 1 . .
Es gibt also derzeit in Österreich 195 Gymnamen mit dem üüent-
lichkeit-! » chte, Ji und zwar lauter geistliche (Duppnu und Mariaschein in
Böhmen und Kreinsier in Mähren) ohne die-es /u den combimerten
Gymna*<ien (Cilli und Trient; ist uoi ii hinzuzutiigen das Gyiuna-iuin in
Koloiuea (polnisch) mit seibatandigen rulheniachen Parallelcla^^!>cu. l"iu dii.->
kommende Schuljahr sollen, soweit es bis jetzt bekannt geworden. Gym-
nasien in Eorneuburg, Gablona und Lundenburg xur ErdShung gelangen.
Die Reihe der Unterrichtaminiater ist auf S. 91 mit Folgendem su
erg&nxen: Hinister Graf Bailtet de Latour schied am b. März lb88 von
seinem Posten, ihm folgte Arthur Graf Bylandt-Rheidt, bis dahin Ackerbau-
minister des Ministeriums Gaut.sch. als Minister für Cultus und Unterricht
des Ministeriums Thun. Unter den letzten drei Unterrichtsministern wurde
ein nenrr „Normallehrplan für die Reabchulen" au^earbeitet, der Ende
April Ihi^ö zur Veriitientlichung gelangte.
Marburg, Ende Mui lä'Jb. Jos. Hölzer.
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Literarische Rundschau
O&kiiv Jäger: Lehrkimst und Lehrhandwerk. Wiesbaden 1Ö97. H. iV-^
m. - 6 U. 60 Pf.
Da« Werk zerfallt in drei Theile nud einen Anhang. Der L und
tler III. Theil behandelt die ünterrichtsertheilung in den einzelnen Gegen-
stunden au dr-n »Jyninasien Deutschlands und zwar von Sexta bis Unter-
8etunda. bezielmngsweise iu den drei oberen (^»jiunasialLlassen. Der ein-
;;e8uhobene II. Theil enthält «Erörterungen einiger wichtigeren pädagogi»
iichen üfgrifte"
Für uuü können hier natürlich 2unächät nur die nligeweinen Gesicht»*
punkte, von denen aus .die Lehrknnat" und »das Lehrhandwerk" beleuchtet
wird, von Interesse sein, diiss wir aus jenem nicht unbeträchtlichen
Thrilt'. wf'lcher den .sj»eciellen l-phrplan th-r Schulen in Deutsi'hl.md einer
Kraik unterzieht, nur das in jener HinsiciiL Kiniiclilu.s?ige berücksichtigen
wollen.
hi'' auT^eroi il'-tit Hill wi'rtvnih'. klare und synipailil.srhe Krörtortnii,»-
«iblreii her wichtjj^ur ^ädagogis>cher Fvag» u wird leider mannigfach getrübt
durch eine nicht tmuter leidetischaftelose Polemik gegen die neuere Päda-
gogik, wobei mitunter die Sache gar zu>ehr außeracht gelassen, aber umso
erbitterter gegen einzeln»' X u<\viii der notieren Ki' litung losgesohlairen.
mitunter auch idoL> ein reiner \Vortkanii)t getührt wird.-j So kommt e*.
doss man nach beendigtem Studium des Buchet die Überzeugung von der
Siliönheit und Hoheit iles Ijehrberut'e.s nicht ;_'f-.viiuit. wie sie zu Ht giiin des
Werkes hervorgehoben und .späterhin de.** näheren begründet int iS. 818 f.),
weil dieser Beruf nach der Schilderung des Verfa-tsers einem ilurch eine
Menge von Einzelheiten in der modernen Praxis ganz und gar verleidet
werden könnte Die.s und noch eine andere Behauptung, dass nrimlith die
moderne i'äUagogik ein mehr auf Öchein und Wortschwall beruhendes
vergängliches Phantom sei, so dass der angehende Lehrer der Ansicht hin«
neigen könnte, es sei besser, die pädagogischen Schriften der neueren Zeit
nicht zu lesen, als sich durch dieselben ohne AutoritätxSglauben) hindurch-
zuarbeiten und so geläuterte An.ichauungen über den erfolgreichsten Unter-
richksbetrieb zueigen zu machen. >ii-\\t die Erreichung des ursprünglichen
Zweckes dieser „Sem i na rvnrträi,'»'" recht in Frage, da so ninnchfi- junge
Lehrer dieses Buch mit der falschen Beruhigung aus der Hand le^en dürtte,
die eigene Individualität, auf die nicht selten viel gesQndifft wird, sei ein
besserer FQhrer als eindringliches Studium.^) Diese Qefi^r scheint mir
') Wenn je. R Sjinnn in Haun)< ii«(en* IIuixUmk-Ii i1>t Kr/.i< |iiings- tirnJ Unlerrichtslt'hro
für hi>h' i<' h il. 11 Ih • 1. a id Maiii<-iiititik, S. :!ti «a^t : .,Ii« r I^'hi» r nni.'«s, f\w er «Ii«?
Chi*-»' ij< tiitr. K*'uuii wi.>.!.. n, wvUb** truRe **r woJcLcm .Schttler iünt MinuU;i) vor SchluM
v.>rl< i;t. nur «Innn bat pr jen«* (larDberstohcnde .Sicbi^rbeit, di<> dem Lehrer und Leiter der
Cla»'^'- >;''/i«'iiit.""
'i <i- h<' /.. B, den AbMbnJtt ..Sohnl«- im«l Klt> riihniiM'" S. .T»tl ff. ii. k.i.
»I 235: „Der Lebrer nuil di«« und da» tbun, «In wb jedi>r jedes nur m> obne«
weiietK Auf glHcbe und auf riehtiiie Alt msebeii kOnnt«», als ob, votnusgeteUt, daH er nur
die fbr Ihn xareehtKemaebie rpchte Methode halie, Monvr r^cbrer. eine neue AiMfabe des
i*»r*rt/MViivdcr9toii«cb«*ii sfchMl**. n»is den Scbttlrrn und mit d«»n f*chOlprn all«»» machen könne,
ChanikttT. IiirlivjiluulilUt. «e -iiiniun;. ratrintisiimt- >n-li ^'(•wi>>«'rniati»'ii xüflilr-n
S. l»r.'; ,,1.» ifi « iu»' >>< mah" unvciscliamt zu iu-iiiien<li- rürderung ik's päiljigugi»ch(.*u
l'hari^iii^iniiK, tvt verlangen, tinvn jv<le Stunde, auch jede Oescbicbtratnnde ein «Kunatwerk*
Win jkjU»',"
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Literariacbe Uundaduku.
239
aber uugleich gröber zu sein, al-s dass die Individualität des Lehrers, deren
Bethätigung ein erfolgreicher Unterricht f^ewiss nicht entrathen kann^
durch unvernünftijrf' und von leitender .Stelle auch gar nicht heabsichtigte
kleinliche und pedantische Einschriinkung zum Nachtbeile der Unterrichts-
freade und des UnterrichtnerfolgeB eine bedaueriMweite Embaße erlitte.
Gewiss könnte man manchen Krlass entbehreiif sieharHclt erscheint
manche Directorialwei*»nnff allzustren^, -aber ebenso gewiss winl d»'r an-
gehende Lehrer — zuiual bei (»einer jetzigen pädagogischen Vorbildung —
einer kurzgefassten, fiber alle wichtigen Punkte des Unterrichtet und der
Krziehung orientierenden Hodegetik mehr Dank wisisen alx einem Buche,
d.is ihm das im Laienpublicuni vielfach verbreitete Urtheii zu bestätigen
.scheint, unser höherer Unterricht weise soviel Mängel auf, unsere neuere
Pädagogik versteige sich %n so absurden iMnirt n. dass e.s da.s Beste sei, in
dt-r Praxis d»'n Kinpebiint,'en der ei^jenen Individualität zu feieren, in (h'e
Theorie aber gar nicht erst einzudrinj^en zu versuchen, sondern sich ihr
;^egenüber als einem heillosen, unentwirrbaren Wimale kflhl nnd tbeil-
nahmslos zu verhalten. Ja, er wird zum Schlüsse nicht wis-sen. ist er ein
.lün^'er jener hohen Kunst, der die Wissenschaft aller W'issensv'haften,
die i'iiilosojjhie als d.is Streben nacli Wahrheit auf Schritt und i'ritt treu
helfend und berathend. tiihrcnd und leitend zur Seite steht, oder bloli ein
gewöhnlicher ^Hand werker", ein i Schul- 1 Meister, der es mit nichts Edlerem
zu thun hat. als mit ^nächüler-;Alateriar, das nicht nur wie ein anderer
Stoff sprOde und unbieijsam ist, sondern anch ganz besondere «Arbeit"
erfordert ob seiner heftigsten Widerstandskraft, der Dummheit (s. S. 146).
Das ein.seiti^e nnd daher verfehlte Hauptstreben des Vertassers geht
dahin, zu zeigen, diUM die sogenannte «alte Methode'' wohl schon alles ge*
kannt und beachtet habe, was die ^didaktischen Weltweisen" der Jeütieit
als Krniniienschiiften der neueren Päd.iL,'(iM-j)< t'eiern. dass sie sich aber nur
ferngehalten habe von so hochtrabenden Öchia^woi tern und von so stolzer,
ttbernebender Eedeweise wie die moderne Pädagogik. Dieser mitunter ge-
radezu höhnische Ton. in wrlr'nem die gegenwärtigen Bestrebongen herab-
gespt/.t werden.') berührt selitst dort unangenehm, wo man in sachlicher
Beziehung keine Veranlassung hat zu widersprechen. So ist der Verfas.ser
gewiss mit Recht ein Gegner pedantischen Scheroatisierens (s. S. 16*
b9, 1*28), eines Canons der auswendig /.u lernenden Gedichte (S. 83!,
einer Verballhornung der (.»edichte durch Text- oder Interpunctions—
änderungen (S. 128),-') zu eingehender Biographien. Inhaltsan-
äaben. Dispositionen i.lJispositionsiuikrolftj/ie"!) und Erkläruniren. ')
ie genulezu bis zur Lächerlichkeit führen krmnen.*) er betont mit Hecht
den Wert der Anleitung zu selbständiger Arbeit, die von dem<
ächOler ffuhanse geleistet werden mnss {S. 80 f., 150, 178), ohne dass bie-
bei die überbürdungsfrage aufgerollt werden dürfe,^j er befürwortet
die nicht gjir so nutzlose .Arbeit mit dem Wcirterbuehe'"') und verwirft
damit den (Gebrauch gedruckter Präparationeu , er warnt vor peinlich
ins Detail gehender Vorbereitung des Lehrers für die einzelnen
') S. "250 (öhor «li<- Piiik- Istnif«'/ : .,I>if Thfori«.' wird < s wohl im allg»>nii-in('n n<K'h .in«
malivuller Wei»*»' /ulu^si n -i. winl in ilin-r nioUt-n Weise «'iwa « ine The»«; aufst<'lii-n. ,Eb-
ist xutä.o<«iK, <Ia>^!4 Im-I gri)li<T l'iwrt ein KuiirsUtckcben von bOchatenii O'Bem Dicke mit dem
RQcken «l<-s Schülers ra»rh in so nahe Berßbrung gebntcbt wird, das« ein itarkes, über nscli
TorQberK*'bcnde8 rnluat|t(*fQbl erviifft wird.'"
aiich 8. Mti Ober die wiltkBrlichen Ob«r«ehrirten ni den HoriKiscben Oedieht^n !
') S. 174: „Mnn muw bei der liiTtüre nirbl allos >{l''i<'l>»"Hüii,' «•rklttr»'n woll. ii :"
•) 8. 127: . . . „es war ein groOor PUdagoj;, ih r .Schillers Kraiiicheu t-f» nicht lassen
konnte, an dem
I'ntl in rti-<'i<hiii^ Kit'litfiiliiiin
Tiiil »1 iiiit tiiiiiiiii' iii Si IkhiiI' i " in
«lic ll<'ni<-rkun^^ /ii niachci). ila>-- ili<'>*'r l- U'hi> in W'alii li' it iiiiil h<'Ut'' nur aii'* >'iii
kttninicrlichen l- irht«'n he!«i. ||.- : «lafiii war «t ja «••jli. i dort k.""W<'H» n."
^: s. _N : „Was die UaiuMufgaben bvtriflt, ao wird davwu vieKacb in einer Weise
t;*'r<-<l> ( , n\y oh unsere Sexten aus lauter schwindsikditigen nnd nervenkranken Knaben
bestünden."
*) S. 140: „Wer Wissenschaft erringen will, (»egelxrt ein köstliches Ding, das wie alle»
Wertvolle auf dieser Weil nicht umsonst an haWn ist, sondern unter and«rem auch tinige
pbysisdie Unbequemlichkeiten, schwere BBcher tragen, UeruBsklettem in Bibtlotbeken u. s. w.
und so auch dieses Lexikonwalzen fUr den Tertianer mit sich bringen kann."
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240
Literarische Kiiiidt»chau.
Unterrichtsstunden^) und beleuchtet d^n wahren Wert der im voraus
detailliert au.sgeurbeiteten ^Lehrproben" («Sellistbe^iH. -t lun^sliterntw"!
iS. 106. 103'. öchlieblich fordert er ein woitrre^ Fehl tin dip Entfaltung
der Individualität den Lehrers,-; das niciit durch au /ahlreiche Be-
stiintnunp^en und Erlftne in unertriij^lieher und unersprießlicher Weise
eingeengt werden sollte, wobei er sieh allerdinj?« insofern wider-prioht.
al-< f'r die einzige Möglichkeit, welche ."«olche Knunci»tion«^n fih oin^n
tu inen Vorjfang bieten, indem die dort aufgestellten Korderungvii h,tntig
durch ein „gelegentlich'', «in der Regel", , möglichst", „oder" u. s w. ate
nicht ganz .stricto lie/.eichnet werden, mit .<charfem Spotte bekämpft.
Zu weit geht der Verfasser, wenn er pede Vorprüparatiuu, ^die
jüngste Ausgeburt didaktiflcher überweisheit**, verwirft (8. 91, 4021. Denn
sowie eine zu eingehende Vorpräparation. wozu die ünterricht.satunde a>>er
auch nirht au8lanj,'en dnrt'to, den Schüh r ?»''quem und un'.plb>t.indig nuicht.
ebenso gewiss vernujg eine Vorpräparation im richtig**n Ausmaße dem
guten Schttler die Freude an der Muslicfaen Vorbereitung zu erhöhen, den
» Ii wachen Schttler aber geradesu vom Gebrauche unerlaubter Hilfsmittel
n> »zuhalten.
Die geschmähte Privatlecifire soll sich allerdings nur in mäßigen
Grenzen iMwegen. nie darf 8ie dem Schüler einen berechti^n Grund zur
Klugf* übf»r t hfrliürdnng bieten, '.indcr-eit-j aber wird sie gewiv« dem
geweckten Schüler einen Ertiatz bieten für den Verlust, den er durch
langsameres Fortschreiten in der SchuUectttre. geboten durch die Rflck-
sichtnahmo auf die minder beanlagten Schüler, nothwendigerweiwe beim
Mjissenunterrichte erleiden muast. Sie bietet, in solcher Weise mit geschickter
Uand geleitet, gerade Gelegenheit /.iir individuellen Uehandlung der
Schfiler. die der Verfasser allerdings beim Ma^senunterrichte für ganz
au«ijf'-< lilu-sLMi liält.-'i die Ol al'fr mi^t'\vn->t ilnch in einem gewissen Grade
zugibt, sowohl dort, wo er über die deutschen Arbeiten,^) als auch dort,
wo er Aber die Art und das Maß der «weise geregelten häuslichen Lectüre**
spricht (S. 804), und in gewisser Üeziehung ger.idrzu fordert.-')
in gleic h zweideutiger Wei«e s]>richt d»n- V- i tit-s.M über da.«« Si hl:tg-
wort ^Conccntration des Tu tci rieh t ch". wenn er einmal behau}>iet,
nicht der Unterricht in der deutschen Sprache, sondern der Schüler müsse
im Mittelpunkte dfs T'nterrichtes stehen, anderseits aber an vicK n St- llen
äich bemüht, zu zeigen, wie weit eine solche Ck>ucetttration mit Hückäicht
auf die einzelnen Disciplinen darchfiBhrbnr sei.
Auch bezüglich der statarischen und cursorischen Lectüre be-
steht meines Krachtens kein wepentlichor T'nter>* liied zwischen der Anwirbt
dci Verfassers und der der gegen wiirt igen Neuerer; stellen doch beide hie-
■i S. BO: „Moltko hnt fOr den Kii«'^ mit Hoh'ucbtrndpiu Kecht darauf hingeiHetea,
dn«^' d«'r ,Kri*'«!'plim* nur < in (.'mUci« Voililiifi««''« iiitlit all«', ja niclit viflp EinzellRMten
itu voraus fixi<Ti>ii k'Uiiic »md /war aus d«'in «'iiifiu iumi (iruiidc, »< il d< r F< iiid auch handle,
vielleicht aufh ••in' n ri.m Imho: so i<<t ex auch hi' i
8, :!'.•: ,.I><'iii witkli lu ll Li'lin-r. zu di'sx-u U'irktuiikfit «Imt K'di'Tt. ila*« jjtit vor-
liff-ilrt, Htf\<* »achlieh um ^•■rri>i«t i^t, kumincn iu dor Stunde M-ll>>t die l»f>l«-n <o-daiik'n.
I»>'nn «T IM hier, »obald lt til'vr dif Öchwicrigkfitvn und AntP^Uichkeiicii diT Aufüiip- hiuaii»
i>t. in drr allerproductlTaten StlmtniitiK etuer productivcren ala xamviftt auf avlnem Studkr»
nmnuT."
*) M« ho Anni<-rkung ;i; S. Hlö: ..Ih-r I>'luvr di'* I'culsolu-n in l'rinui uiu«« oder *oIlt*»
9vln^ vigvuv Art, seinen eigenen liei»!, »eine ei^^ue IndividiuilitiU liabeu und niii»!i sie
geltend machen dürfen."
*) S. 8ü2: „Vflr mSMen hier «Idkrum mit einer hoffmigen lM>ra<K> neiutviüieher
FSdaROgilt abrccbneD, welche von Lehrer Individuelle Befaandltin^ di r Sch&ler, Be-
rOck«*i('htijjiinK d« r Individuulit.'it. v< ilan«t und darin naii'irlich alU- in ihr«- Kind«T und dewn
IndividiKll»' I naitcn v< rli< l>t<>ji ICItorn, kein«; ganz ^:< rini.'»' Zahl, r.\\ Iiiiniic»g<-no««en hat."
'1 >. l'i'J: .,y.H j^ihi «.iih im d*•u^^<ll»■n Aufsatz hüufiK t-in Stück vi»n individu»'ll<»ni
Ia-Im ii dt.'s SrhUit n». von individu»litüt, sehr »«.Ih n Originalität, und dainul mu»i» der L<-hrvr
uin^o iH'^i. riuvr actii>-n, ala dem Schuluatcnriclit faat naturgemüS elno gewlaae Kleicbinachende
T<-nd< riz inin'wohnt "
V >. •) Maßt dor \'<Tfa«»' r hin>>iohtli('h di « Au^r^^f<•n^ d4T Sohrd<'r: ..Nicht du — du —
du. dtT ! «ils;i'n<l<-. d'T K<>l;;«-iul'' ; «Ii'- iauic N*-nnun^ d<-!t Nnni<-nH ütit vim- rlfktri^ii'n-nde
Wirkulli; aid die Kr\»ai-li«''n<-n, k;f»rh»< i^i- auf n<Miiij;ilirt^;'- Kindfr: sii- tQld>-n sich, idiilo-
tMuphiiHÜ au!«K<-drarkt, hiv frKn>ifi«n Mcb damit in ibr«*r Indiridualitttt, und dieser Segritf der
Individualität, den wir nur nicht Qberti«ilH-n dürfen, i»t fOr den lehrenden Enrieher acbon
bii>r, ja hier >iei den Eieatanem gana liesonden, heaehtenaweri."
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Literarische Rundschau.
241
lür aU obeiüteu Grundsatz auf: CursoiiHch. wenn möglich, statariach, wenn
nQthig!
Da^'scllte gilt vom Turnen und von den .Tu ;^'f' ii dsyii f; 1 e n , wenn
umu von den Übertreibungen einzelner, für welche doch die vernünliige
Mebrbeit nieht Terantwortlich greraacht werden kann, absieht. Allerdings
«cheint mir d» r Yerfa^er gerade auf diesem Gebiete nicht oehr orientiert
zu sein (rt. S. 276 ff . vgl. S. 40).
Der ironisch-sarkastische Ton, d^r vieltach angeschhigen wird, verräth
eine große Erbitterung gegen das gegenwärtige f^hulwesen, «die Secbs-
interes-f-nfheone" und „den pädacojj^ischen Pharisaismus", und dessen Ver-
treter und Träger, sowohl gegen die ^ullwi.ssenden oder alles- besser- wissen-
den" Directoren und gegen die mit verschiedenen, nicht geradezu schmeichel-
haften Attributen bedachten Schulräthe, Geheimen >ehulr!ithe und wirk-
lichen Geheiiin'ii Sc-luiliilthf , als auch gepfn <lie Universität.sprnfoä^Koren
(S. 304) und gegen die mit „Khinoceroshaut" bekleideten „modernen Scribler",
wie man die« in einem znn&cbst doch für Lehramtscandidaten bestimmten
Buche nicht ei'warten wurde. Daher ist der (te.sammteindruck des Werkes,
wiownhl V9 im einzelnen des Wertvollen genug enthält, der einer Tendonz-
schril t, j<egt'n IVi thes ^S. 24 f., Iä2) und andere, die voll SelbsttiuHchungen,
Kün.stelei und Aufgeblasenheit als Adepten und Propheten, mitunter auch
als falsche, trotz Wissenschafts- und ^V^ Itverbes rnn-^skleid nichts anderes
sind als .ordinäre reber, Ordens-, Titel-, Geld- und Stellungsjätfer"
(S. 260).
Aussig. Dr. G. HevffeL
Dr. J. Kubik: Realerklärung und Anschauungsunterrielit bei der
Leetflre des Tacitus. iiölder. Wien 1897.
Zweck der vorliegenden, mit großem Fleiße durchgeführten Abband*
lung ist, die Realien und Anschauungsmittel, insoweit sie fifr die geiesenaten
Partien des Tacitus^) zu verwerten wilrnn --n ;,ni;tn"'n/nstellen. Die An*
Ordnung des Materiales richtet sich nach toigenUen Gesichtspunkten: Topo-
graphisches, Kriegswesen. öflFentlicbes l^ben, Privatleben, Sacrales, dffent-
liehe Spiele, Portraits. Wo sich Gelegenheit bietet, auf Stellen früher ge-
lesener Autoren 7nrückzn<;reifpn. ver.siiumt sie K. nicht; insbe«?ond(»re wird
Cicero berücksichtigt, für desssen Lectürc K schon dieselbe Aufgabe trefflich
gelöst hat. Wer da weiß, wie schwer ein Gymnasialiehrcr einer Provinz-
-tailt literarische Behelfe sich zu vei s» liaffiu vermag, wird der K.'schen
Arbeit umso größere Anerkennung zoUen müssen. Der Verfasser be-
herrscht vollkommen das einschlägige Material und hat es mit außer-
ordentlicher Akril)ie an rechter Stelle verwendet. Wir woll< n ihm daraus
keinen Vorwurf nuK lit^n . da.-'S *m- manchnml '»ogar niphr «rfhott n. al>; für
die bcbule nöthig sein dürfte, sondern denken, ilass der pädagogische Takt
des Lehrers aus der reichen Ffille des Gebotenen zu wählen wissen wird.
So \verd»'n vielleicht inanchf Hinweise auf Sueton. S(ral)0 und andere nii lit
in der .>chule gelesenen Autoren dnn i^chülern vorenthalten werden können.
Da.«.«» K. aurh die Inschriften »ui passender Stelle und in maßvoller Weise
verwertete, mU8ste umso lebhafteren Beifall beim Referenten erwecken,
als er «elbfit ffir di*^ K|ii<^ra]'bik al-^ Hilfsmittel llc•^ «•]a.'<-isfht'n CntPi ricnte.H
einzutreten versuchte in seinem Autsatze „Epigraphik im Dienste des Gyni-
nasialnnterrichtes" (Zeitschr. f. 6. G., 1»97, Heft 12). Vielleicht hätte es
sich empfohlen, au8nahm.'9los den herangezogenen Inschriften eine kurz«;
Notiz über d^n Fundort und Inhalt beizufügen, .lenen Collegen, die -ich
nicht mit Epigraph) k befassen oder denen die entsprechenden epi|i^iaiihi-
schen Behelfe nicht leicht zugänglich sind, wäre ein solcher Zusatz sicherlich
willkomninn. ^^^vt^r^M^tI^„' fTir derartige Notizen w"u<' «lic kurz»- Inh;ilt-^-
angabe des monumentum Ancvranum i>S. 12). Als einen weiteren Vorzug
der K.Vben Arbeit hebe ich herror, dass er fQr die leichtere Krfiusung
antiker Verhältnisse bisweilen den Pinsel in den Farbentopf der Gegen-
n Annnl. I, II, III. IV, V, XIV, \V; HIst. I, in, 1-.^, IV, 12-37, 51-79, 85 u. 8*.;.
V. 14. 26.
..OsUrr. Mitu^Uchiil«". XII. Jabrg. ]Q
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« «
242 Literarische BoDdachnu.
wart taucht (vgl, S. 20, 38, 37, öl). Allerdings bezweifle ich. daas durch
die Anmerktttiiir 1 &• 17: »Die antike Tuba glich im Tone mehr dem ftrin«
Hdien Signalhornt^ der deutschen Armee" einem firterreschiaehen Gymnasial*
scbfiler besondere AutklÄrung luthcil wird.
Ks Arbeit, deren Abscnln« eine sehr praktisch ansjelc^te Übersicht
der besproehenen Localitäten und Realien bildet, können wir jedem Col-
li ^rm iinfs wiir^n-fr» empfohlen Wir sprechen schon heute die Cberzen-
guu>; äUH, dass auch die tur Horaz in AuMicht gestellte Arbeit mit Freude
b(^r&ßt werden wird.
L. Mayr: X'/v.t«)/ r.'Vi.:'. Die Stadt der Grazien. Griechiseh mitdeatscher
Cbersetziin;^'. lira/., «'ie.shir, lö97.
Ein Loblied auf da» reizende Grax in — hüiueriAcber Spraebel Doch
nicht nur Brosamm vom reichen Mahle Homers, auch eigene echt poetische
Gedanken widmet M. der Verherrlichung der .Murstadt. B<'wuriderun?<-
wnrdif? ist das Geschick, mit dem M. die neuesten Culturerzcugnisse in
ein antikes Gewand zu hQllen versteht Man lese die famosen Verse über
das Badfabren:
fji t>a'jjJ.a3tov 9r.A,pi'. anhov: z•.'^r^ft^^^•
Wie treffend preist M. die Wohlthat des Telephons mit den Worten:
Gans im homeriaehen ueiste ist die bekannte [jurlochaffaire gehalten.
Jono siehen Männer werden von der listigen Kirke acht anj^.stvril !>> Tilge
und dächte iu der Uühle zurückbehalten, denn .bütien sollt ihr den frevel,
hier schmachtend im Dunkel der Gtotte". Dann enisehwaiid Kirke, oj>yt{
«u; avonoe.a oünT'xto. ^rado SO wie Athene sieh den Blicken Telemachs
entzieht. Tnd erst Evarr^ rfdvYj poSodd»t>>Xo« -ij»«, entließ sie die Wdnen*
den, toi sx,'.f.uYov ainüv oAsO-pov.
Auch köstlicher Hnraor würzt Mayra Dichtung. Im alten Laadhanse
6 Y****!? L'ntergeschoße) ist ein berühmter Weinkeller:
Toö 0£ -tov nükXtk Mal anf» xoYjOT)tvov T/.'i'^v
avopsc x:xiiY|töTtf o Y^P J^^''-*» 'ivoj^t äs^sf
ico'/./.o'j^ '5'' si'x'.TO': -,'5 lÄfii ^ptvaj 4^A,')iKv «(vo{
Ein Meiäterütiick der humoristischen Ader ist die Kun^t, mit der Muyr
sogar die frischesten Leberwfirste in eine altclassische Haat steckt und
geradein appetitlich dem Leser vor-etzt:
fjin/.c'.'x y.v'TYj- ts x'xl y^tt'/to; y^o: y'^'«'******
Doch genug der IVoben! Referent hat Mayrs Dichtung mit umso
größerem Vergnügen gelesen, als er sich bei dieser Lectfire an die ihm
unvergessliche Zeit seiner Lehrthätigkeit in Graz von neuem lebhaft erinnerte.
Doch wird jedem Philologen diesen moderne Zeitgemälde Freude bereiten,
denn der Maler ist zum alten Homer in die ^^chule gegangen und „Home-
ride TO sein, wenn auch als letzter, ist schön".
Dr. (i. Kri(graeber: Elemente der historischen Laut- und Formen-
lehre des Französischen. Guertner, Berlin löi^f).
Die Schüler hören zwar wohl öfters, dasH die franaüsijiche Sprache
eine Tochter der lateinischen sei, allein der Beweis hiefur wird ihnen
selten und in sehr verdOnnter Form erbracht Wenn nur ein Mangel an
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Literariache Hniulaeliaa.
243
einem praktUcbea Büchlein, welches die für diesen Beweis nöthigen Be-
lege geflammeU enth<, manchen Lehrer abhält, diese Pflicht" ta erffttlen»
so greife er zu Erzgraebers Büchlein. Es wird ihm ein so reiches Material
liefern, dass er es nicht volUtändig beim Schul nnterriehte wird vprwerten
können; vielmehr wird er eine weise Auswabi tieüeo müssen. Allein
umso wflnecbenswerter wftre es, da« anch wirklich von der mit großem
Fleiße nnd im Sinno dor ihm:i t -n Forschnnn-pn vorlassten Arbeit beim
t'ranacösiscben Schulunterrichte Gt:brauch gemacht werde. — S. 36 fiel mir
der Acmdrock auf: „die satsnnbetonten Personalpronomina" fUr den gcläuß«
geren „die tmverbnndenen Pei*sonalpronomina" (I*!^* P> absolus). Druck und
Aii^><tattiinp sind tudellos. r>n^ Bru hlt^'in sei den am Gymnasium Französisch
unterrichtenden Col legen ab willkommener Unterrichtsbebelf empfohlen.
Dr, E. Koschwitis, Professor an der Universität Marburg: Anleitung
zum Studium der französischen Philologie fOr Studierende,
Lehrer und Lehrerinnen. Elwert'scher Verlag, Marburg 18^7.
Wer dch dem Stndinm der frantOsischen Sprache widmet, um die
LehrbefJihigung in diesem Gegenstande sei es als Haupt-, sei es als Neben-
fach zu erlangen, wird an dem Btirhf» von K. einen höchst willkommenen
und sehr zufälligen Führer finiien. Sobald der Jünger der luuüernen Phi-
lologie diese Anleitung sorgfältig durcbgelt^Hen nnd sich im wesentlichen
eingcprä'^t hat, kann er wähmid (ier Universität'^^tnrlif'ji nn»I auch währ«'nd
seiner spätereu Lehrthätigkeit nicht einen Augenblick im Zweifel sein,
welchen Weg seine fransOrisehen Stndteii ejnsascblagen haben.
Die Disposition des K.'schen Buches ist durch die Natar der fran-
zösischen Sprache al'^ oiner Ipbenden tregeben. Ihr Studium muss im Gppen-
satze zu einer aitciius.-^ischeu S^)rache nicht nur auf einer wiiwenschaftlichen,
sondern anch auf einer praktischen Basis aufgebaut sein. Daher widmet
K. im »M'sten Abschnitte 8.3 -771 (Mntjjplunub' Ii'-tr ir btuiigen dem i>vakti-
dchen. im zweiten i'heile 78 — 13:5) dem wissenschiiftiichen Studium des
Französischen; der Anhang enthält besonders Belehrungen für diejenigen,
welche Französisch als Nebenfach wählen wollen.
Da^ ]n aktische Studium vnxi^s zunächst inten-^iv im Inlande boti ieben
wertien, um mit entsprechendem geistigen Rüstzeuge eine Studienreise
nach dem Ausland« antreten nnd ▼ollanf ansnHtsen sn können. Mit Recht
fordert K.. d.iss bpi VeilRihunj» von Ueisostipendien die in iler Kleinstadt
wirkenden liehrer die erste Berücksichtigung linden sollen, halten ja doch
die in der Großstadt angestellten Collegen eher Geles?enheit, ao'^av mit
Nationalfranzosen zu verkehren.
I)iLs.s K. in (lif Hnsprcchung eine« Aufenthalte.-; in Paris auch Be-
lehrung**n über Sitten und Gebräuche der französischen Gesellschaft ein-
streut (S. 56), kann manchem eine Verlegenheit ersparen. Sein Urtheil
über di»' französische Gesellschaft vertheilt in unparteiischer Weise Licht
und Schatten. Unter den zu bn>;iichenden Theatern wird aufs Odeontheater
verwieRcn. weil hier ,dem ueufranzösischen und dem ainländischen Drama
Berücksichtigung zutheil wird und den Vorttellnngen vom - i Ii verständigen
gehaltene Fjnh'itunijen und Krläuteinniren voranfxeht'n". Nicht nur für
die Studierenden, sondern für jeden modernen Philologen bietet sich eine
bequeme Gelegenheit, im schriftlichen Gebrauche des FranzjJsiscTfen sich
zu vervollkommnen mit Hilfe des Lombard'schen Bureau de correspondance
internationah». Gegen einen Jahresbeitrag von 9 fr. wird n»an Mitglied
und Kann mit den anderen Bundesgenossen nach Wahl in brieflichen Ver-
kehr treten. Anmeldungen nimmt Dr. E. Lombard, Paris, me Denfert-
Rochereau 77. enti^errnn
Der sweite, wichtigste Theii des Buches entwirft einen sehr aus-
führlichen Studienplan nnd stellt in sehr praktischer Weise die empfehlens-
wertesten literarischen Bebelfe zusammen. Wohl wird ein Prüfungacandidat
nicht allen Anfbrdernni»en nachkommen können, die K. in diesem Theile
seines vortreft liehen Buches aufstellt, aber er wird unter K.8 Führung im
Labyrinthe der französischen Literatur sich zurechtfinden. Denn K. ericmcbtei
alle Winkel derselben mit der hellen Fackel seiner Gelehrsamkeit Mancher
16*
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244
Literarüche Rundacbau,
Jünger der cLiÄsischen Philolo^^ie dürfte euch nach einer so >feiliegeiien An-
leitung? .sehnen.
I>a das K.'si.'h»' Ruch rrinviss Ijald eine iieui' Auflage erleben wird,
möchte ich die DrucklVlilcr. die mir aufutieben. erwähnen. Es «oll lauten
S. 26: „Sarcey", S. 5.'>: „Seiuegestaden"; einige Zeilen tiefer: ^citiert", 5^. 61:
«unmittelbar voram", S. lOB, Z. 5 «oll nur einmal „von" «tehen.
Ef^er. Dr. Simon,
0. Langer: Deutsche Dictierstoffe in Aulsatztorm. Zweite, verbe^^iert^
und vermehrte Aufla«^. Wien und Prag, Verlag von F. Tempaky, IH^ti.
Preis gebunden f»5 kr.
Die deutschen Dirticrstoff*' in AtifMitzronn von 0. Langer erscheinen
liier in sweiter Auflage: sie ist nothweudig geworden, weil das Büchlein
echon nach dem kurzen Zeiträume von vier Jahren gänzlich vergriffen war.
Da8 ist ein Beweis für die freundliche Anfnahme, die dasselbe in allen
betheiligten Kreisen gefunden hat. \uu\ zwar mit volloru Kechte. l>»'nn in
mehr als einer Beziehung Qbertritit das Langer 'sctie Buch alle ähnlichen
Dictierbilcher, auch die von Kleinschmidl und Kriebel, die rieb ein fthn-
lichos 2iel gesetzt haben, nicht aungenommen W:is das Buch so brauchbar
für die Schule macht, ist die strenge Beobachtung der Forderungen, da^Ji
jedes Stückchen ein in sich abge8chlo*ienes Ganze biete, dem Inhalte nach
den geistigen Horizont der Schüler in den zwei unter?<ten Chissen nicht
übersteige, die einzuübenden Wörter nicht aufdringlich uml wumn^dit ii
in Gesellschaii mit anderen bringe, denen die einzuübende Eigenthümiicb-
keit nicht anhaftet, dabei keine stilistischen Hftrten biete und doch bequem
in einer halben Stunde vom Lehrer absolviert werden könne. War deshalb
das Buch bereits in der ersten Anflajje von der Schulwelt mit Freiid.>n
begrübt worden, so ist es nunmehr in zweiter gewiss nur noch br.Juciiburer
geworden. Langer hat nämlich nach Ausscheidung von vier Nummern
das I^u( h um weittTt' Sl I)i( t ici ^lod'-' vt i nndirt. Dieselben entsprechen
fast durchaus all den oben ^e^teiiten Anforderungen; recht pas.«eude Stotie
haben dem Verfasser hiebei die Sa^n* und Mftrchenbücher von Zöhrer
und Krahm geliefert. Besonders vermehrt erscheint der i'v>i>' Tb» il. so der
Abschnitt über ii, ö. V durch vier, der über die .S-i,,iutf durch at^bt, über
g und k, <ler bisher nur ein einziges Stück bot, durch vier neue Nummern
u. e. w. Von den nen aufgenommenen Stücken scheinen mir nur Nr. IIB
(über <Y, ö, ii) wogen dor vielrn Fr. iudworte l'räfVft. Departement. Pla-
tane, Secretär;, l^r. 150 (über b und u) wegen der zahlreichen, dem Schüler
meist unbekannten Begritfe, wie: Baken, Brackwasser. Pascher, Schmuggler,
Baggwmaschine, Frise, weniger geeignet. Nr. 171, ^Frau Gode", nach
Frahm. ..nentsehe Sagen*" or/äblt, ist in der Faesunfif des Langer'schen
Buches wohl nicht verständlich.
Neu i»t ferner eine dem Bnehe angehftnfrte Anleitunjr xur richtigen
Schreibung und Zeiehensetzung. in welcher zu don betreffenden ftegeln
die wichtigsten Wörter, die in den Dictierstotion enthalten .sind, zusammen-
gestellt wurden. Uiedurch ist das Buch zum Privat- und Schulgebrauche
jedenfalls geeigneter geworden.
Die V ergleichnnix der Ti xte der beibehaltenen Stücke der ei'sten Auf-
lage mit jenen der zweiten ergab nur geringe Veränderungen; es sind theiis
orthographische Besserungen l^die KfiKte des .Adriatischen Meeres* statt
.adriati,schen" i^Nr. Ii), .,auf Allerhöchsten Befehl" «-tutt .allerhöchsten"
(Nr. 7), „Mit lauter stimme gebot er: .Niederlegen I" und las Kind
legte sich platt nieder" statt: „.Niederlegen!' Und da;, Kiud u. s. w."
(Nr. 45 ], theils stilistische; 80 heißt e« jetxt: „das an der schrotfen Kfisto
des Adriatischen Meeres gelegene Lu^tschlfss' Miranuir" iNr. 14) ?tatt:
„Aliramar, ein kaiserliches Lustschiotis an der schroilen Küste des adriati-
schen Meeres", „wenn die Brise ani^chwillt* statt „aufschwillt** (ibid.), „dieser
Koloss erreicht mitunter eine Länge von 18 Metern" Nr. Itj) statt: ,die
Lange dieses Kolosses erreicht mitunter 18 Meter". Die Unklarheit der
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Literariacbe Randachau.
245
Besiehnng des Pronomens ^ihren" (Weideplätsen) in Nr. 18 der ersten Auf-
lage (*» 24) ist behoben, das sinnstürende ^zwur** in Nr. 142 der ersten Auf-
lage (= 194) verschwunden Wün^schenswert wRre es {jewesen . in Nr.
("= 69 der ersten Auflage) dm erzählende Imperfectum durchweg beizu-
behalten; das Praesens hiKtoricum, das dort plötzlich auftritt, scheint mir
nichf i ni Platze; auch der Satz: «Ich schAme mich" entbehrt daseibat der
Begründung.
Die Druckle^nui<( ist mit peinlicher Sorgfalt flberwacht worden,
wenigaten^ ist mir bei der Dorchsicht auch nicht ein einziges topographi-
sches Vergehen aufgestoßen. Druck und Aiis-stattnnfr lassen nichts zu
wünschen übrig, i^oniit kann denn da^ Büchlein allen Fachgenossen
wftrmstens empfohlen werden.
Dr. Th. Matthias^: Kleiner Wegweiser durch die Schwankungen
und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. Für öster-
reichische Schulen bearbeitet von Dr. M. Manlik. L^pzig, Fr. Brand*
stetter, 1898. Preis geb. 2 Kronen.
Mntthian' Buch ^Sprachleben und Sprachschäden " enthält eine solche
Fülle von IieoV>achtungen über die zahlreichen Krankheitserscheinungen,
die besonder» in letzter Zeit an dem herrlichen Baue unserer deutschen
Sprache ihre zersetzende Kraft immer mehr und mehr fiihlliiii machen,
Sibt zugleich io treü'liche Winke, wo und wie man zu deren Bekümpiuug
ie Hel^l anzusetzen habe, dasa so mancher Lehrer bedauert haben wird,
da«8 es direct nur ihm , den Schülern nur indirect zugute kommen .solle;
denn ffh- '^'chült r ist Buch nicht fTPschriehen. Wo aber sähe man lieber
ein ähiilKheä Buch al>» in den Hunden unserer Jugend, die ja TOr allem
eines Berathers und Warners bei den zahlreichen drohenden Gefahren be»
darf? Wohl i.st es richtl','', da*<8 'liest- .sclnvicrif,'»' .Auf^'atx' /.n erftlllen zu-
nächst Pflicht des Lehrers ist, und er wird ihr sowohl durch lebendigen
mflndlichen Unterricht, als auch dnrch Besprechung der Fehler bei der
BQckgabe der schriftlichen Arbeiten gerecht zu werden stets bemüht .sein.
Aber wo bleibt der Herather. wenn ner Schüler seine hän>lir}ien Arbeiten
niederzuschreiben hat, wenn er vergeblich in seiner Schulgrnmmatik Auf-
schlnss fiber stilistische Bedenken sucht , die ihm wfthrend des Schreibens
aufs^ti-'^'t'u? I'iunni ist von FachtniiniitM n wiederholt die Fordernnp er-
hoben worden, man möge sich nicht mit gelegentlichen Bemerkungen bei
der Leetüre oder bei der Rückgabe der Aufsätze begnügen , da ohne Ein-
sicht in den Zusammenhang der stilistischen Regeln die Bekämpfung von
V«'rstöBen daircfren fniclitlo^ f<ei. Man kann daher Matthias, welcher
im Jalire 1896 einen für die Schule bestimmten Auszug ans seinem gröberen
Werke unter dem Titel «Kleiner Wegweiser* n. s. w. erscheinen ließ, und
Manlik, der sich (ler Mühe unterzog, den.selben durch Einführung unserer
Orthnfn-a]>hie und Änderung von Benennnngen zum Zwecke der Cberein-
stimnmng mit un.seren Schulgrammatiken tiir österreichische Schulen brauch*
bar zu ma( iieii. hiefür nur dankbar sein.
Das Büchlein behandelt in übersichtlicher Darstellunir Wortbiegung,
Wortfügung, Wortableitung und Satzfüguug; die Beispiele sind, wie be-
greiflich ist, ftut durchweg aus dem grßOeren Werlte herfibergenommen.
Am au.stührlichsten ist diis Capitel „Satzfügung** behandelt, und dieser
Theil ist auch der weitaus wertvollste; hier wird vor allem der Abschnitt
über die Zeiten und Aussageweise vorzügliche Dienste leisten. Aber auch
der erste Theil, die Wortbiegong, ist trefflich behandelt: richtig wird
unter anderem hier hervorgehoben, ila'^s der honte s^inz besonders ge-
fährdete ('usus der vierte sei, weil der übertritt aus der schwachen in die
starke Biegung gewöhnlich vom Acc. Sing, ausgeht. Dass gelegentlich
die eine oder andere Aufstellung nicht ganz mit den Lehren unserer
Schulgranitnat iken nbereinstiinnit. ist natürlich. So «ei heispiel^weise nur
auf die abweichende l>ehnition der schwachen und gemischten Biegung
oder die Aufstellung des § 9 (.,In Verbindung mit Beiwörtern heißt es ge-
wissenhafter: .des nördli( hen Böhmens', wenngleich sich auch V)esonders in
der letzten Zeit Formen wie: .des nördlichen Russland' eingebürgert haben'*),
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Literarücbe Rundschau.
▼«rglichen mit % Hl der WillomitnrVheD Chraoirofttik' (^die Oit«naineii
und siiclilichen Liindernaiiieu mit dem Artikel nehim-n keine Flexion an;
z H Die Fruchtbarkeit de« südlichen Mähren"*), hingewiesen. Im ganzen
uikI groben ist da« Buch «ehr gewissenhaft gearbeitet, die Kegeln sind
leicht verständlich, die Beispiele passend gewählt. Im einzelnen sei nur
Folgendes /u beniorken erlaiiitt : § 20. 4 heißt es: ^, derer* steht nur betont
vor einem Adelsnamen oder ^= dierjenigen) vor einem Genitiv; z. B.: Dm
Geaehlecht derer von Holtke; fast lAmiiitliche große Gescbichtwi^ireiber
Deutschlands und ein Theil derer des Auslands " Man vermisst hier, ge-
rade weil man es mit einem Schnlbiiche zn thun hat, unp^orn die Be-
merkung, die Matthias in seinem grübereu Werke uicht übergangen liat.
dass am häufigsten die Form öderer" hin- oder zurückweisend auf einen
Relativsatz verwendet wird In dem alphabetischen Verzeichnisse jener
Verba, die in der Bildung einzelner, bauptmcblicb der Staium>Forroen
schwanlren, wflrde man auch ^winken* nicht ungern sehen; ob man ^ge-
▼inkt" oder „gewunken" sage, hat s( hon manchem Schüler Kopfzerbrechen
verur«acht Es ist ferner eine bekannte Thatsache, da.^s die Auslassung
der Hilfezeitwörter „ist, sind, war, hatte"* im Nebensatze gerade von
den SchQlem alt etwa» besonders Elegantes und Nachahmenswertefl an-
ge^eben wird. Aus dii ^i tn Grunde wäre in § 28, 4 die AufTiihrnng von
Beispielen verfehlter Füguugen im Vergleiche mit anderen, in denen die
Weglassun^ der Hilfszeitwörter nur durch den Wohlkhuig unbeschadet der
Deutlichkeit gerechtfertigt erscheint, wunaehenawerter gewesen als die
genaue Bespreclumg der fehlerhaften \Vegla»«iing von ..worden" im Haupt -
Satze-, denn die» hört und \i&it man in Ü8terreichi?>chen Gegenden un-
Terhftliniiimäßig seltener. Schließlich sei bemerkt, da» die Kflirung: »Ffir
dem Zu^iininienhange ganz fremde Angaben ist eine Mittelwortfügung ein
gleich unzulässiges Mittel wie die Apposition" (."5. 112, § 69, V. 3} nicht
jedem :5chüler sofort ver-tilndlich sein wird.
Der Druck ist sehr sorgfältig, die Aus.stattung tadellos; dabei ist der
Preis so niedrig. da.Hs die Anschatl'ung des Bttchleius auch weniger be-
mittelten Schülern leicht möglich sein wird.
Wien. Z>r. Kari Vriiiz.
Dr. Th. Matthias: Kleiner Wegrwelsep doreli die Sehwaakungen
und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs» FOr öster-
reichische Schulen bearbeitet von Dr. M. Maniik. Leipzig, Brand-
atetter, 1898.
Unsere deutschen Grammatiker befusaen sich zu wenig mit dem
ff^enwärtigen Spracbgebrauche; f&r sie gilt nur Goethes und Schillers
Sprachbraucb.
Seit den Ulauijikera hat sich die Sprache aber sehr verändert; die
Veränderungen festzustelleo, das Richtige aus dem Schwankenden heiau»-
suheben, die (rrenzen zwischen dem oberdeutschen, mitteldeutschen und
norddeuts« )i«>T) < ) Sprachbrauche genauer zu betimmen, ist offenbar die Ab-
sicht des \ friasisers.
Er bespricht die Wortbiegung. Wortfügung. Wortbildung und Sats-
bilduni; in lf>2 Seiten in knapper Form; zahlreiche Hei^piele ans den
Werken hervormgender Dichter unserer Zeit wie ü. Kellers, F- Meters
und besonders Jensens dienen zur Erläuterung der Regeln, machen aber
auch auf manche verfehlte Anwendung aufmerksam.^ Von österreichisehen
Autoren ist Hamerlin«^ wiederholt angeführt. Der Übungsnatz Seite 28, 9;
„Die Ueichen sind meist sehr verderbt" sollte wegbleiben.
Sehr gut ist die Darstellung des Fürwortes und des Zeitwortes; f&r
die Wahl der iVispiele sei besonders nuf 27, 1 verwit wen.
bei der Erwähnung der Bindewörter ^ 54 muss man hinzutiigeu, dass
die Conjunction „nachdem" nicht causal. wie jetzt im Amtsstile, gebraucht
werden soll.
■) Vgl. Seit« 63, 4.
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Literarische Bundackau.
247
Der 4. Äbwhmtt Aber die SaisfQgung kt der beste; diete Beband-
lung der Syntax entspricht einem drin^'enden Bedürfnisse. Wir mochten
noch die Bemerkungen über die Wortstellunt^ § U4 ~ dieser Abschnitt
wird in anderen Lehrbüchern sehr kurz, iibgethan — über Einfachheit
des Ausdruck», Bilderschinuck der Hede, Bild und Vergleich
hervorheben; sie können im Unterrichte auf der Oberstufe treffUcbe Dienste
leisten.
Der Stil des Werkchens sollte ▼erstSndlicher sein; fiills eine eweite
Auflage erscheint, müssen aucli die österreichischen Eigenthümlichkeiten
im Geschlechte, in der Biegung, in den Vorwörtern aost'tlErlicher behandelt
werden.
Einigt" kleinere Versehen ffegen unsere Rechts* Ii reibung sind trot«
aller Sorgfalt unterlaufen: >eite 89, 4 a soll es Thon heißen, niiht T ni.
Dm Büchlein verdient eine weitere Verbreitung; vorzüglich möge
man es Sehfllem der oberen Glossen unserer Mittelschulen zur Anschaffung
empfehlen; der geringe Preis — gebunden 2 Kronen — ist gewiss kein
Hindernis.
Stockerau. Adolf Schneider.
Uejrl: Voikssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol. Bhxen, Buch-
handlung des katholiseh-poUtischen Pressvereines, 1897. 848 SS. 4 Ü.
Eine schöne Gabe, die sieb wflrdig un die bekannten Arbeiten ss. B.
von Aljienhur^' und Zinj^n-rle anreiht. Wenn nur nicht diu; 8pri<hwort
hier zutritit: jis^'* ^'.^i' v ar, / ///v.öv. Die Sugen sind in folgender Ordnung
aufgeführt: I. Obcriunth.il und Außerfern (S. 11-41, 58 Nummern).
iL Unterinn- und nördliches VVipthal (S. 42—112, 79 Nummern).
III. Oberp-' und niittlcn s Kisaekthnl 113-195, 99 Nnmmorn).
IV. Unteres Eisackgebiet, rechtes Ufer (Ö. 196—322, 138 Nuramern).
V. Unteres Eisackgebiet, linkes Ufer (S. 823—441, 188 Nummern).
VI. Deutsches Etschlund und italienischer Lundestheil (S. 442 bis
54S. 118 Nummern). VH. Pn^terthal 'S. 549— 6»0. 159 Nnmmcrnl
Vlll. (Salzburg {S. 681 — 1»95, 20 Nummern/. Dann folgen einige Nach-
träge »am ünterin ntbale und Etschlande (S. 696—705). Anmer-
kungen zu den Volkssagen (726 — 748), Bräuche nnd Meinunf^en
(751 — 815>, Zusätze zu den Volkssagcn, (^uellenverzeicbnis fUr die Volks-
sagen und Ortfregister.
Wie Miaii sieht, ist SQdtirol Am stärksten vertreten, was natürlich
ist, weil diijJt ll st Jic Wiege unsere« VerfaR*<erp gestanden. An) späriich.*iten
fließen die »Quellen über Pusterthal. Du gibt es noch reiche Nachlese^ für
einen eifrigen Sammler. An der Form der Darstellung ist im allgemeinen
nicht viel auszuset/en. Ilio und da hättr ninc l'rzjhlnnjj wohl etwas un-
sanfter eingerenkt werden sollen. .\uch gegen die eingestreuten Erzählungen
in mundartigeni Gewände habe ich nichts einzuwenden, wohl aber, dass
dem Leser durch Hpnuhliche Erklärungen viel zu wenig oder eigentlich
gar nicht narh^^fehoifen wird Diefor Mnnj^el wird avirli die Vt-rbrcittinj^
des Buches im Auslande wesentlich beeintlussen. Oder hat der Herr Ver-
fiuser die Arbeit bloO för die Tiroler geliefert? Allein ich bin überzeugt»
da.>:s auch in Tirol wt*ni;^t' I.cntf ^n'ht. dt-nf^n alh- Ansdnlcki'. dir in iltMii
Buche vorkommen, bekannt oder auch nur verständlich sind. Ich hal>e
mir, abgesehen von den Stücken in mundartlicher Form, eine große Zahl
solcher Ausdrücke angestrichen, die ein Auswärtiger gar nicht verstehen
kann. Viele davon sind auch t)Hi Schnpfnml St'hnif'Mer nirht verzeichnet
Der Herr Verfasser hätte gewiss der Verbreitung des Buches bedeutenden
Vorschub geleistet, wenn er entweder in Fußnoten oder in einem ange-
iugten kleinen Idiotikon dem Leser djis Verständnis hätte erleichtern wollen.
Letzteres wäre auch nachträglich noch möglich und ich möchte dringend
dazu rathen.
Auf Einselbeiten will ich nicht eingehen. Bei S. 781, 94 konnte ich
nicht er.snhnn. woher dieser Braneh ftainint. Dies zu wi.<«sen wäi»* für mich
deswegen wichtig, weil ich dem Ausdrucke „auf Ehren liegen" eine andere
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248
Liierariacbe Uimdschau.
Dc'ütunjj pregelu n h;ilip (Zf itselirift tur österreichische Volkskunde III, 331).
Dpi Preist des lim lies in\ im Vei hiilt iii.--r zum l*mtauf?e nicht zu hoch. ilV.
sich die LectUre eines derartigen buches auch iUr die studierende Jugend
eignet? Der Herr VerfasBer scheint (S. ä) es xu gUnben, ich kann ihm
nicht ohneweiten beiatimmen.
Wien. Dr. Val. HitUner,
Im Verlage der F. I. Ebenhöch'schen lluchhandiung i Heinrich Korb) iu
Linx ist das sechste Bftndchen der ErzählungrsscfirlfteD zur HdbuniT
der Vaterlandsliebe von Prof. Dr. Robert \Veiß»'nhofer ei.^diienen.
Ejj hat den Titel: Edelweifv Miln-hfn und Sagen aus den niederruster-
reiclmchen Bergen. Mit eiueut Titelbilde und dem Porträte des Ver-
fassers. 8^, 162 8. Preis geb. 60 kr.
Der VertiLsser hat im Vergleiche xu den früheren fünf Händchen neue
Wege betreten; dorm das vorliegende sechste \<\ . wie schon an- dem
Titel ersichtlich, eine Sanunluug von Sagen und Maiclieu. bie umfasst
sieben Abtheilungen (I. Erdgeister, II. Wassergeister, III. Feuergeiater,
IV. Lurti,'ei-ti r \' l'iest-ii. Zwerfre niid .\lraunen. VI. Sagenhafte Frauen-
ge-ütalten, V'll. iJageiihatte i'hiere) von ungleichem Umfange; am reichsten
sind die I. und II. Abtheilung, denen auch, vras poetiscben Gehalt an«
belangt, die Palme gebiirt. Da» Büchlein ist, wie in der Einleitung be-
merkt wird. nu<« diiu Vorrathe von ethnof^ray>hischen Notizen geschöpft,
den der Vcrliwser im Laufe der Jahre angesanmielt hat; die Stoti'e sind
Torwiegend der elementaren Welt entnoninien. Die Sagen und ^hlrchen
erbringen noufnlini^s den Beweis, welche Fülle von zarter und lieblicher
Poesie in unserem Volke schlummert. Wenn daher diese.s ^Edelweili"
aus den niederösterreichisthen Hergen das lebhafte lutere.s.se für diese nur
an wenig bekannte Hethätigiing der Volksseele erregen muss, so scheint
es- ;in<f''r-iM't.< in iltT Tliat j^t't'i^,MH't. wi-- Verfn«spr wnnsfht. anf fite vater-
ländische Jugend unterhaltend und beiehrend einzuwirken, und die Lieoe
zum deutseben Volksthnme za wecken und m fördern. Wir haben das
Hüchlein mit wirklichem Genu.s^ie yelesen, und glauben, es zur Leetüte
für die Jugend bestens enijifehlen zu können. Das ^>eii:^egebene sehr ge-
lungene Hildnis des Verfassers dürfte seinen jungen Freunden sehr will-
kommen sein.
Wien. Dr. Ideffer.
Unter Habsburgs Krlegsbanner. Feldsugserlebnune au^t der Feder
von Mitkäm])fern und Au»,'« n/eugen gesammelt und heiau.sgegeben von
Fr. Deitl. Viceconsul I Hand. — Sechstes Tau.send. — E. Piersons
Verlag. Dresden, Wien, Leipzig 232 + VIII SS. Kl. 8". Preis
broschiert 1 fl.
Es int vor allem ein löbliches, wegen »einer patriotischen Tendenz
aller Förd. i imj^ würdiges rnternehmen, mit dem hier an das österreichische
Lesepublicum heraugetret^iu wird. Der Autor will nämlich bei hinreichen-
dem Stoffe etwa jedes Quartal ein l^ndchen erscheinen lassen . was umso
freudiger zu begrüf:« ii wäre, als die in unserem Falle zur Verwirkliehung
gelwngende Idee, Erzählungen von Augenzeugen und Theilnehmern an
Kriegsafl'aireii zu bringen, als eine gesunde und gelungene zu bezeichnen
ist. Denn erstlich bringt der Leser einer Erzählung von Selbsterlebtem
gröf-^eres Intf '. f'P''e ent'^'f^jr^n und dann trägt eine soklu' rihiilirli dem Romane
in Briefform, wie sie etwa Goethe in „Freuden und Leiden des jun^n
Werther»" gewühlt bat. sogar dramatisches Ciepräge an sich. Indem weiter
die einzelnen Erzählungen kurz und interessant sind — meist füllen sie
ein jiiuir und nur vereinzelt l.*) — 30 Seiten — , so droht «lurchan« ni' ht die
Gefahr, dass die Jugend, welche ohnehin kriegerischen Erzälilungen mit
VergnögMH lauscht und solcher Leetüre gerne obliegt, ihrer gar über-
drüssig werden liTinnte, zumal für «lie Abweehslun;: g^cnt5;,'i»nd gesorgt ist
und in dieser Hinsicht nicht einmal an dem chronologischen Faden der
Kriegaereignisse der Jahre imnd, 1859. 1864, 1866. 1878, 1882 - die beiden
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LiterariKcbe HuncUchau.
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letzten Daten b«treffiBn^ daa OccupatioDsgebiet — festgehalten worde. Wir
zweifeln schließUck nkht C^^Ult unsere Mittelschuljugend an der
Leetüre dieser m scheinen, interessanten und lehrreichen Erzählungen
besonderen Gefallen tindeu werde, nur glauben wir, ^ium die wohl gewandt
und hnmOTToU geachriebene Erxählana; .Zwei Missverständniase", SS. 207
bia 217, nach ihrem Inhalte för die UntierBtufe nicht geeignet idt.
Bielitx. S. Garge.
Dr. Eroannel Witlacxil: Der Ohterrtcht dep Matupgesehiehte an
der Volks- und Bürgerschule. Eine Methodik dieses l nterri ht**» auf
moderner ^inindlsiire ><\ Seiten Hroschiert 40 kr Wien 1897. Alfred HiUder.
Der Verfaitöer legt uns hier eine bis iu die kleinste Einzelheit aus-
gearbeitete Methodik dee naturgesehtchtUdieti Cnterriehtea in der Voll»'
und Bürgerschule vor. Er fQhrt uns vor, nicht nur was, sondern auch
wie es Hilf dies»»r 8tufe j^eniacht werden mus.s. um das vortuest er kti^ Ziel
nicht biob iluberüch zu erreichen, sonJern gefestigte, naturwiswenschiiliuehe
Kenntnisse zu vermitteln. Der Concentration int überall und bei jeder Ge-
lei^enlit it ;^'eli''ri<4:f Bt-.iehtung j^eschi-nkt 'lunz einverstanden rfin'l wir mit
dem Verfuaser, wenn er z. B. aul die iiuliere Form der Mineralien wenig Wert
legt. Besonders lesenswert erschienen uns die Capitel über das Lehrverfahren.
Aber Lehr- und Hilfsmittel beim naturgeschichtlichen Unterrichte In allen
Bemerknnj^en erkennt man df»n erfahrenen Schuliii.i nn. Anfängern iiu Berufe
kiuin diese Öchrift auf das wärmste empfohlen werden.
H. Peter.s; Bilder aus der Mineralogie und Geologie. Ein Hand'mrh
für Lehrer und Lernende und ein Lesebuch für Naturfreunde. Mit 106
Abbildungen im Texte. 242 Seiten. Broschiert 2 M. 80 Pf, elegant gebunden
8 M. 60 Pf. Kiei und Leipsig. Lipsius und Tischer« 1898.
Der Verfiisser hält voll und ganz, was er auf dem Titelblatte ver-
spricht Dil« Buch wird bald ein unentbehrliche?! Nnt hi-chlaj^elnich für die
Lelirer der Naturgeschichte und der (ieo^ruphic und vln äuberst anziehend
geschriebene.s Lesebuch für fjebildete Laien sein. Auf dem mineralogischen
Unterrichte ruht»' bisher der l"l>i. ii der Ode und Langeweile, und die Ur-
«acbeu hievon waren mannigfache. \^or allem muss anders unterrichtet
werden als bisher und es mOi^n auch die Tiehrbflcher anders als bisher
Terfii.sst sein. Mit Benützung des vorliegenden Leithidens wird der Lehrer
»«iclu rliLli (bis lebendi^frfte Interesse bei den Srhiil-n'n erregen, und die
Freude am Unterrichten divaeA nur scheinbar trockenen Gegenstandes wird
plötzlich aufleben. Die Mineralogie ist nur scheinbar trocken; sie ist es
wirklii h. wenn sie cranz lo?*;r< i"st ist von den anderen ünterrichtsHichern,
zu denen zahllose Fäden hinleiten. Zur Chemie, (»eometrie, (ieoieraphie,
Physik, Botanik und Zoolotfie bestehen innige Beziehungen. Wir sind
Überzeugt, das« die.sf.s Buch we.sentlich dazu beitragen witd, den minera-
logischrii riitrrricbt in >jünstij,'>ter W'eise zu beeintlus-^pn.
Im einzelnen ist fa.st uichtn zu bemerken. Die .Abbildungen sind
▼orzfiglich. Nur die Figur 98. eine freilich ziemlich schwierige Darstellung
eines Ki.s Sturzes, ist für den >chüler vielleicht unverständlich.
Einem Le.ser aus Österreich mu!<s beim Lesen des vierten Uapitels.
welches vom Feldspute handelt, auffallen, da.xs unter den Sitzen der Pur-
zel hinindustrie Sevres und Limoj^es. die ja ganz mit Recht hervorgehoben
sind, genannt sind. >l.i^'* ^'en Karlsbad und Umgebung mit alter und den
Weltmarkt weitbehernjchender luduütrie nicht.
Papier, Druck und Ausstattung sind mustergiltig.
Wien. Dr, F, Tsehernich.
Frey tags Sammlung französiscüer und englischer Sehrittsteller.
Eugene Bambert, Le» Ceritea du vallon de Guewroz, Im Bat^&ire de
Fostunen.
Zut-i .«schweizerische Novellen mit Einleitunj?, illustrierten Anmer-
kungen und Wörterverzeichnis. Die Ausstattung ist vorzüglich. Ist es über-
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Literariscbe Rundschau.
baupt etaptelilenswert, Schülern der französischen Sprache schweizerische
Sachen in die Hand zn ^»eben mit solch localer Färbmii? und mit .-fo vielfn
ProTincialtjjuien wie cabri, par/'aire, renouveau^ la put^tiK, dnx fins tie,
de soir^i die noch dazu nicht gekennzeichnet sindV Was den Inhalt
betrifft, so ist <lie erste Novrlle die Krzicluiiifr'^sreachichte eines Flfißcrsohnes.
der den Tod tindet durch dieaeibe Hakenstange, welche den Tod seines
Vaierci verursacht hat, die zweite Novelle ist eine regelrechte Liebes-
geschieht«: ein schönes aber atolzes Mädchen, dius die Werbungen aller
jungen MSnner «chnodo abgewiesen hat, verliebt sich })lf5tzlich in einen
Sergeanten der französischen Schweizer Garde zur Zeit der Revolution, wobei
die pompdw üniform eine große Bolle spielt, int«reanert mch heftig f^r
sein Geschit k Ixn dem großen Umstürze und wirbt «<o ener^^isch um ihn,
dass er endlich sich herbeilil^st, ihr Bräutigam zu werden. — Beide Novell>»n
sind reizend geschrieben und für Erwachsene lesenswert, ob aber just für
die Schule zu empfehlen, das ist denn doch sehr fraglich.
Wien. E. FekhÜnger.
E M l Grimdriss der Naturlehre für die unteren Classen der
Mittelschuien. Ausgabe für Gynina«ien Henrheitet von Dr. Kurl
Hubnrt. l'iofe&jor am k. k. Stiuits^ijiunasiuüi in Liuz. Mit 326 Ab-
bilduDiri ii. Dritte, verbesserte .\uflage. 180:5. Wien and Prag, F. Tempsky,
189« Treis geheftet 95 kr., gebunden 1 tt. 20 kr.
Die Vorzüge der Mach'schen Naturlehre als eines ganz eiprenartig an-
S legten Lehrbuches sind erst vor kurzem in diesen Mittheiluugen^; an-
nlieh einer Beeprecbnng der zweiten, Terbeaeerten Auflage (Ausgabe für
Realschulen' einq-i-hnnd hervnrj;ehol>en worden und lä.'jst sich dem dusflli^t
Gesagten nichl.s wesentlich Neues hinzufügen. Das Erscheinen einer dritten
Auflage der Ausgabe für (»ymnasien zeigt neuerdings, dass dm Buch viele
Freunde gefunden hat. Die sorgfältig aufgenommenen Verbesserungen be-
ziehen sich theil!? auf den Text, theils atif'die Fii^iiren. welch»' gröGtentheih
schematisch und durchweg» sehr klar gehalten aind und gerade dadurch
auch ftlr den Schüler einen erhöhten Wert haben. Die Ansstattung des
Buches ist eine Tortreffliche.
Wien. Dr, Georg Wof/ner,
Schulbibliothek französischer und englischer Prosaschriften aus
der neueren Zeit. Herausgegeben von L. Bah Isen und J. Uengesbach.
Engliiiche Schriften 27. Bändchen: The Countiee of England geb.
1 M. eo Pf. und i>8. Händ. li. n: DkkeMT Christmas Card geh. 1 M.40Pf.
nebst Wörterbuch jjeh l'<> I'f
Abgesehen (iiuon, da*«» Uic Daüdchen der genannteu ."Seliulbil»liotii<-k
sich durch einemu«tergjltige Ausstattung auszeichnen undandere Sammlungen
— di*' Tein]isk v'sflit' a!lerding.s nicht - iln: h (iif'iße der Buchstaben und
Weiüe de« l^apier^ UbcrtreÜ'en , ^ind sie desiialb beachten«wert, weil sie
deutschen Schfllern auch solche Werke zugänglich machen, die in anderen
Ausgaben wenig oder noch gar nicht vertreten sind.
Zu diesen neuen Krscheinuni^^'n gehört Ch. M. Masons ,fThe Couuties
ef t^Ufflatui'", ausgewählt und efkliirt von 0. Badke, eine aU Claswen-
leetQre fÄr die mittlere. aU Hauslectäre für die obere Stufe des Unter-
richtes geeirrnete, Geographie, Gei^chichte, Landwirtschaft, (iartenhau und
Industrie gleichmäbig b«rück>iichtigende Dari^tellung der englischen (.«raf-
schaften. Mag dns Buch auch der Vollständigkeit halber manche einander
älinliche Ab^sätze enthalten, die bei fortlaufendem Lesen ermfldcn,
80 bietet ea «loch eine reiche Fnlle von interessanten Einzelheiten und pine
vorzügliche Unterlage tiir Sprechübungen. Die Aumeikungen am Schlu!>se
sind fast ausschließlich tacbliche; bie und da w&re auch eine sprachliche
wünschenswert, x. B. rfeite 58 bei merrte meit (veraltete Form), Seite 1»7
} .\tl. Jahrgang, I. IMi, S. IIa.
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Literarische Eondachau.
251
low fever (scbleichenclM Fieber). Bei den Ciiaten Seite 64 , 75, 140, 148
h&tte in den Anmerkungen deren Quelle angegeben werden sollen.
I>ip von Th. Hegener. Professor in Brüssel, bcsors,'te Ausgabe von
l>ickeu4t' Vhristnms Car<d ist uiit einer englisch geschriebenen Ein-
leitang und englischen Anmerkungen versehen und fHr vorgeschrittenere
Schüler (,.fhe innre proficient Student s of Englhh" besiiinint und ancfi -ji^-
eignet. Es ist lobend hervorzuheben, dass üegener durch seine ^^Analytical
Introduction" und y^Explcmatory NoM* da« gründliche Verständnis des
Gedankengangs dieser geniüthvollen Weih nach ts|^eschichte nnbahnt und
be^»ondeie8 Gewicht «lie psychologische Entwicklun«; K-^'t. In dieser
Beziehung kann sich wohl kerne andere Au^abe mit der üegeners messen.
Aach die sprachlichen Anmerknngen sind fast durchwegs entspreehend, doch
wird man finden, diias manche leichtverständliche Ausdrücke, z. B. fdlter
S. 3Jl, Z. 28, lough 5i), 4 erklärt sind, wiilirend andere ebenso schwierige oder
schwierigere Siell<»n fehlen, z. B. 19. Vi (wir hatten nie einen Zwist, der
von mir ausgieng), das Wortspiel 29,7, look 11 einmal — erwarten,
einmal = Sorge tragen. Im einzelnen wäre lieziit^lich d»'r Notes nooli Fol-
gendes zu bemerken: Zu 13, 17 the country's dorn for künnte noch gesetzt
w«rden: es ist ums Vaterland geschehen : zu 14, 83: die angehäuften
Beiwörter lassen immerhin eine Übersetzung ins Deutsche zu, wie die
Tempskysche Ausgabe zeigt; 15, „It'st nuts tn him" heißt nicht: das
ist seine Sache, sondern: das ist ihm gerade rtchi ; 15, 29 bleak entspricht
nur etymolo^ri^h bleich, heißt aber hier unfreundlich, frostig; 26, 15
spUnter bnr — Ortscheid oder F^jiri'nj'v.'nL'f : fipi 29, ir> sollte mit einigen
Worten auf den Gebrauch der iodteubinut; hingewi^en sein; 42, 32
crisp = resch, dann krftftig, anregend; 49, 2ö /t%e fiffy stomach achu
=■ Gass einem Hören und Sehen veigfieng; tiO, 34 ihrer harrte ein schweres
Stück Arbeit : 52, 4 small matter Kleinigkeit; bei 55, 3ö wäre es lehr-
reicher gewesen, die Schlussverse de« Gedichtes anzuführen: llie caUÜs €ire
grazino JTteir heads never rnutingn There are forty f$eding like one;
64. 4 könnte beigefiigt sein, da^>< das Küssen unter dem Mistelzw(/ii,'e in
der guten Gesellschaft; veraltet ut; 64, 22 anzuführen , da«» to a futh
scherzhafte Nachbildung von to a man ist; 66. 17 wäre zu sa^en, dass
hier eine Anspielung auf die Bemilhungen mancher Eiferer vorliegt, auch
die BA(l<stuben am Sonntage zu schließen: in der X"t»' /.n tjH, 27 <>r
dreitsinaker's zu streichen, da millincr nicht — ärensmakerj ü9, 14
rampant hier (mit Anlehnung an romp) in tollem Laufe, ausgelassen;
Note 70, 14 wärp nach noic einzufügen in Europe: 8*J . 24 zu erkliiren:
he wordd not have buried his last kindnesses with Martey, Iiis lasf
frieud. — Der iJruck ist äsehr sorgtältig: 49, 2 i>l der iieislricl» zu
streichen, 54, 24 hut statt buthy 76, 5 fUr-bvoted^ in der Note zu 13. 5
registers zu setzen. Im pfanren jrenomtnpn ist die Hegener'scb'^ A-i'-<;abe
besonders für Fortgeschrittenere zu empfehlen, die den geistigen uud Ge*
mQths* Inhalt von Chriatm<u Cwol vollkommen wfirdigen und genieß«i
wollen.
Lina a. d. D. 0, Langer,
Programme.
Dr. Ferd. Bronner: Gedanken über den Lehrplan der Osterreichi-
schen Gymnasien und Realschulen. (Healschulprogramu Jägemdorf
1Ö97, S. 35.)
Der Verfasser schreibt die geringen dauernden Erfolge des Unter-
richtes in den altcla^sischen Sprachen hauptsiichlich der gegenwärtigen
Auswahl und Aufeinanderfolge der lateinischen und grieehischen Schul-
autoren zu und tritt daher unter Detonunj,' des höheren Hildungswertes
des Griechischen f&r eine intensivere Behandlung (38 Wochenstnnden)
,],V-^t'- ( leppn^^tande« und zwar an erster Stelle (schon von Prima an), da-
gegen ttir eine tiestringierung der Stunden in dem Lateinunterrichte iSO
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Literarische Kuadscbau.
Wochenstanden), der erst in der III. dorne einzafietten b&tte. ein Die
8o gewonnene Zeit hätte zunflchst dem obligaten Unterrichte in <I^^r
französischen Sprache (von Quartn ani. aher auch dem im Uater-
gymnasium obligaten Zeichenunterrichte zugute zu kommen.
An >lies(' Hauptgedanken reiht sich die Erledigung zahlreicher ilaniit in
notliwnuli^'t'niZu'jnmmfTibanp'r' «tchoiulcn Nebenfragfn, unter »li'iu'ii ilie wich-
tigste die der Auswah 1 und Hcihentolge der aUclassi-schen Autoren
ist. IniGriechischen hfttten zu folgen auf denV^mmatikalischenUnterrielit
in Prima und Secunda in der Tertia (4 St i Xenophon. Qniirf i 4 St ^
Herndftt. s|niter Piutarch. »Quinta (3 St.) Homer, Sexta (8 St.; Homer,
im Ii. >timeflter .statt de»" vierten (Grammatik-) Stunde Xenophon (Memo-
rabiliens Septima (4 St.) Demosthenet, Plato (Apologie). Octava (4 St.)
Sophokles (2 Dramen): «elb.stärdip»^ ( Jri\ininntikstmidt»n hfttten von der
Septima (eigentlich wohl vom Ii. Semester der Sexta!) zu eutfalleu. Im
Latein wäre nach dem Elementamnterriclite in der III. nnd IV. Classe
in Quinta (8 St.l /u beginnen mit Caesar (bell. gall.). dem dann Orid
(Fasti) folgte. In Sexta (3 St i wäre /n le.sen Oae.«>ar (bell. cjv.>. Cif'ero
(1. catilin. Rede), Ovid Fiisti), in Septima (4 St ) Salln.st (bell. Juguith.),
Cicero (eine politische Schrift . in Octava (4 8t.) Tacitus (Germania),
Cicero (oinf rhotniisrhi- Srln-ift) nnd Hora/. Mit noch weiterfr Kinschrän-
kung der Cicero-Lectüre könnte eventuell in den zwei obersten Ciassen auch
Livius (die Verfiusungskftmpfe ' gelesen werden, dem sonst nnr inderF(»in
eines Lesebuches (in guter deutscher Übersetzung) im Ueschichtsunterrichte
ein Platz eingeräumt wird.
Andere i'unkte, die in der Arbeit berührt werden, sind nebst einer
flfiehtigen Erwähnung der realistischen Di.^ciplinen (insbesondere der Geo-
grapliie und der Naturgcgchif ht>v am Gymnsisium der gegv'iiwai tiir" Lehr-
j)lan unserer Realschulen, die Vertheilunjj der Lehrfikher nach Prüfungs-
grupj)en, der Mangel an Zeichenlehrern, die Kinführuug einer dritten obli-
gaten Turn- (beziehungsweise SpieWSlunde, der Unterricht in der ^KOrper-
hygiinio", in dvr „Hürgerkundt'" n. n m.
.Man »ieht, dasa die ertK^höpfende Behandlung dieHan Themivs im Um-
fange einer Programmarbeit unmöglich ist. denn nebst dem vorübergebend
Angedeuteten ist manches — otienbar nothgedrungen — ganz übergange n,
was nicht übergangen werden darf Al>er schon der Umstand, daiis der
gewiegte Gymnasialpädagog Dir. Dr. Loos diesen» (leisteskinde Pathe .Htaud.
genügt, die Arbeit al.« eine solche erscheinen zu la.ssen, die nicht mit Gleich-
giltigkeit ülicrsi'ln-n werden darf: iU>erdies berührt auili ang-ciicliiu der
bescheidene Ton der Diirstellung und die warme Hinjjiabe an die Sache
selbst. Einer Verwirklichung win) aber der Seite 84 aufgestellte Ijefarplan
wohl schwerlich entgegensehen dürfen, da, wie schon oben erwähnt, wichtige
Punkte übergangen wurden Denn es wäre doch sehr zu wünschen, dass
bei einer 8o durchgreiteiideii Änderung des Lehrplaues. wie sie in diesien
^Gedanken" vorbereitet wird, das Schematisieren, welche-« auch hier noch
viel zu viel in den VnriU rgrund tritt. — was ffh »»in* ti Krfolg könnte man
sich /. B. von einer Zeichenstunde wöchentlich in der «Quarta verj^prechen V —
«nrückgedrängt werde, abgesehen von allem anderen, zunächst durch die
Erw&^ng, dass die Entwicklungsstufen unserer (^ymnasialschüler ~ vom
10. bn 7\im IS. Lebensjahre ^ **(dtnn in der Zuwei^'ung d^r wöchentlichen
StuntleuÄiihl und der einzelnen Disciplinen, nicht minder aber in der Be-
handlungsart des I/ehrstoffes eine Dreithcilung gebieterisch fordern, welche
sich Laut das 10 bi^ 14. (I. bis IV. Clas.se i. 11, auf das 15. und Ifi iV. und
VI. Cla.s.se» und III. auf das 17. und lö. Lebensjahr (VII. und VIll. Classe) zu
erstrecken hätte. Ja, ich glaube, man wird naturgemäb selb.-<t für das
Winter- und Sommerseuester verschiedene -Stundenpläne schaffen müssen.
Vii'lbrcht i>t t"; mir vergönnt, niirli hierüber sjtiitor pinnial an anderer
Stelle nufituurlicher ausi^usprechen und vertttändlicher zu machen.
Aber auch im einzelnen wird sich der Verfiisser auf manchen nicht
ganz zu unt< i-< hätzenden Einspruch gegen seine Vorschläge gefasst machen
müssen. Livius nur l>edingungsw«'ist' nl^ Schulautor gelten zu lasspn. wird
bei den Conservativen auf nicht geringeren Widerspruch stoßen, wie die
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Litemrinche RnndBcbua.
253
Aui$ächlieDung der griechiHohen Lyriker, deren Be«icutung in iler Arbeil
selbst anwkannt wird, bei den Neuerern.
Mehr noch zu bfkliij^'cn alier wäre es wohl. \\> nn Huripides bei einer
solchen Bevorzugung des Giiecbii^-hen, wie lie in den N'orschiiigen gediu-ht
ist. in der Schollectare keinen Plate filinde. Da»* an die CMmr-Lectüre, wenn
der rnterricht in Latein mit der Tertia beginne, ei st in der Quinta heran-
getreten wür<le. wfirde i< h sehr bedauern, da i' h ( hon bei dem gepf n-
wärtigen Unterrichtsbetriebe die te^te Überzeugung habe, luuu könnte
dieselbe, ohne den Schülern Bnviel soxumnthen, mindestenii in der Tertia^
wenn nicht schon im II. Scimster d. r Secunda, beginnen. Die hohe Bevor-
zugtinjr des Französischen vor dem Hnglischen. <li -s»'n gar keine Krwäh-
nung gr.-,chieht, scheint nicht sosehr auf L'berzeu^' ui^ zu beruhen, als viel-
mehr einem aus früheren VerhältnL^sen entsprungenen realistischen Zuge
unserer Zeit concediert zu werden. tU'r ;iV>pr gar bald «ler rifhfif^'^.'n Kr-
kenntnifi dca höheren Werte» der englischen :<prache weichen diulie.
Abitnrienten der Realechnlen ohne Kenntnisse in der lateinischen nne
griechischen Sprache — wenigstens wird eine diesbezügliche Forderand
nirgends auagesprnchen — die Berechtigung zu geben, die medicinisclig
und philosophische Facultüt als ordentliche Hörer besuchen zu dürfen, wird
wähl selbst bei Schaffung einer VKI. Realscbulclasee nicht angehen.
Aussig. Dr. G. Hergtl.
Sewera: Zur Formenlehpe der griechischen Schulgrammatik
(Schlus!^). (Jahresbericht des k. k. Staatsgyiuiia-nniis in Ried IhHT. "iO.S??.}
r)en ersten Theil der vorliegenden Arbeit; Zu den Verballormen der
grit i hi.schen Schnlgrummatik, Frogi-amm von Ried 1896, habe ich in dieser
Zeit-t lii ift X. Vil f. besprnrhpn. IMe>oin ersten Tlieile ist nun dii^ statisti-
sche Behandlung de« übrigen Theiles der griechischen Formenlehre, des
Notuens, mit Ans^chluss der Präpositionen und Conjnnctionen gefolgt.
Zunächst unterscheidet sicn dieser Theil von dorn früheren darin,
da.s.s nicht alle SteUen nominatim ausgeführt sind, sondern häutig bloß ge-
sagt wild: „oft'' = an mindestens iXi 'Stellen, oder: „an 8, 10, 16 u. s. w.
stellen". Dadurch wird die Controle freilieh sehr emcbwert. Meine Samm-
iunjg'en stimmen oft nicht nüt den .^ni^alM H d-'s Herrn C<>lle>,'en S. , ohne
dass ich immer angeben könnte, auf weicher öeite der Fehler steckt. Aber
auch äonst hat dies Verfahren etwas Missiiches und schmälert das Ver-
dienstliche einer so mühganui Ai i>eit. Wenn es s. B. bloß heißt: „oti"
oder: ,rtn so und «o viel ^i. iltjr. so ist es keineswegs gleichgiltig, wo
diese .Stellen stehen, ich will dies an ein ^aar Beispielen zeigen. Unter
den Femintnis der O-Stämme ist anch ««/i6>>9t>7 mit ^oft* venseichnet.
Wenn man aber weiß, diiss y.iKVi^rr. ein dichteri^^chos Wort ist, also nur
bei Homer und 8op])'>' les voikommt, wird man zugeben müssen, dass
dies ..«dt" die Aufnatnue des Wortes in eine attische Formenlehre nicht
begiündt'l. Hin anderen Beispiel. fAxyir.hi soll vieraehnnial vorkommen. Mag
st'iii. ilh b.LiM' mir nirht ■»> vi.»!»' "^teilen aufgezeichnet, weil icli 'U-n Kreis
der Beobachtung mit UUcksicbt auf das laudiautige Bedürfnis etwas enger
gezogen habe. Wenn man von Xen. mem. III. 11, B (nicht bei Sehen kl
und Lindner) und IM.ito Phaedon 66'' (wo das Genus gar nicht erkennbar!
al»sieht, tretfen »iiese ."^trllen ntir II< rodot und zwar zunächst d e Partie
über iiie Kampfe bei den Ihermopylen und den Vcrrath des K|>hialtes.
Für ilen Betrieb des Unterrichtes, und das ist doch die Hauptsache, kouimr
es fast gleich riueni einmaligen Vorkommen. Wt-nn also der .Schüler
das Wort zum Zwecke der Übersetzung dieser Partie merkt, dann auch
wieder vergisst. so ist daran s^ar nichts gelegen, weil er es nie mehr
braucht. Außerdem steht das Wort j^anz isoliert da und ist etymologisch
ilunkel ulie Etymologie bei Prellwitz Et. Wb. d. gr Spr 3« ist höchstens
möglich, wahrscheinlich aber nicht), was alles uj du* Wagschale tallt.
Anch Honst entscheidet nicht immer die Anzaiil von stellen, und
es hat die Formenstatistik oft um einen relativen Wert. Es ist vielmehr
jeder Fall für sich zu betrachten, und es sind neben der Häufigkeit des
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Literarische Hundscbau.
Vorkommen» auch alle anderen Umstände zu beräckriichti^en , wenn d«
«ich darttm bandelt, ob ein Wort oder eine Form in die Schulgramniatik
aiif>,M»noromen werden f^oll oder nicht. Auch hiefür ein paar Bewi)ielp
l-j» ist Kwar richtig, dass vom att. iizzoiy* nur die Homerischen
uneontrahierten Formen fttr die SchuUecidre in ßetraeht kommen. Ga
hieße jedoch über das Ziel hinausschießen, wollte man daraos sofort den
ächluss ziehen, da« Wort mü^sp nm eint»r Schnlj?riinimiitik entfernt werden.
Wie man sonst Farauiguiata (huchtleciu rt ohne Hücksicht darauf, oh alle
Formen überhaupt bele^ sind, ^eschwei^e denn in der Schultet türe. eo
braucht eine systematiRch rxn<,'ejegte Grammatik unbedingt ein P.tr liirma
der Neutra der contrabierten subAtantivischen O- Stamme, an das sich ilie
Adjectiva anschließen kSnnen. Die Aufnahme des Wortes o3to6v kann
aber auch keinerlei Belastunj^ der Schfiler bedeuten. Wenn sie ö-:oöv
decliuieren lernen , hmuchen sie eben y vnoöv nicht mehr lernen. Das
Wort ö—o'jv muss der Schüler lernen. Es ist ein gerut^ingriechisches
Wort, kommt bei den besten attischen ProttaschriftsteUern und Dichtem
ebenso vor wie in der ionischen Pros^i nn ! ^"1 Homer (nach «lern In-lex
von (ie bring au 46 Stellen . Dazu kommt noch der wichtige Umstand,
dass das Wort einen bedeutenden Verwand tenkieis bat (ostpvvov^ o:)tp«xtop.ö^.
03Tp«xt4«v, o^Tosov = hit. ostrntm — Auster, lafc. «w n. s. w.; vgl. Pott
Wzlwb. IV. 24.')) nn«l (la.«?"» es zur Bildung eine Masü»p von termini technici
verwi^ndet worden ist, die nmn am volUtändi^sien bei Sanders (Krerod-
wOrterbuch 11*. 146) verseicbnet findet. Alle diese Umstftnde sprechen dafür,
dass man öoroöv aus der SchulijrununiJtik nirht entfernon darf.
Als zweites Beispiel wähle ich öoo'j;. Der Herr College S. sagt darüber
Folgendes (S. 2): „Dieses Wort lernt der Schüler vor allem nur au« Homer
kennen, außer Hom»'r hat es nur noch Herodot und zwar zweimal den gen.
pl. VI, 107. zweimal cU-n acc. pl. IX. H3; iler letztere Casus kommt ferner
noch Mem. I 4, 6, der dat. sing. K. 11 '6, \) vor; und doch plagt sich so
mancher Sebfller bei Erlernung der Formenlehre der attisenen Sprache
mit diesem Worte ab Will man nicht ganz die Wörter auf '^'C. o/to.;
fallen lassen, so wilre es angezeigt, dem .Schüler partic. als Beispiel zu
geben, obwohl auch diese in manchen Formen selten sind." Soweit Herr
College Sewera. Das ist allerdings starker Tabak, fch kann nicht umhin,
mit einer äbnliohf^n l'rise aufzuwarten: Ich müsste e-« al^ eine prtda<;oi,'is< he
Taktlot-igkeit bezeichnen, wenn ein tiraramatiker das Wort aus der attischen
Formenlehre entfernen sollte. Bis jetst bat dies meines Wissens niemand
gethan, auch Kaegi nicht, der doch in der Verminderung des Lernstoffes
nach meiner Üborzengnng bereit"* zn weit gefranj^en ist. Znnitch.<it musa
ich richtigstellen, ütiss unser Wort bei Herodot dem Schüler niclit bloß
an vier Stellen begegnen kann, sondern es steht noch VI, 107 zweimal der
Nominativ, nach meiner A\isrfalM' unrh 1, '.VJ der den. Singul. Bei Homer
erscheint das Wort (nach Ue bring) an b7 Stellen. Es gibt im gesammten
griechischen Wortscfaahte kaum ein zweites Wort, das sprachgeschichtlich
so interessant hi und dem Schüler eher vorgeführt zu werden verdient,
ö^o'j; ist nämlich ein .Aori^tparticipium zu so«» Prell witz 218) und als
«solches wie geschatfen zu einem subst. Paradigma, an das sich die Partic.
auf -o'j; Ton selbst anschließen. Wenn einem Schfiler Plage machen
>o]ltt' — ich habe die^e Broltaohtuiitr wrilirciul niciufr laii^n Praxi.s nie
gemacht — , so soll man ihn nur rechtzeitig mit dem Leisten oder der
Nadel vertraut machen, zum Studium tau»t er nicht Nebenbei erwähnen
will ich nur den großen Verwandtenkreis unseres Wortes (man vergl. den
ausführlichen ArtiTcel bei Pott WzKvfi IV. ?S7ff^ und die zahlreichen
termini technici, die mit ioovi- gebildet sind (Sanders II-, 183). Welcher
Lehrer dee Deutschen wird nicht bei passender Gelegenheit auf das Trifo-
lium ooovt-, dent-, zan(t)- aufmerksam machen? Zumal du- meisten Schüler
die alte, noch im Dialecte erhaltene Form ran/, zUndr kennen.
Wenn ich Herrn Collegen S. recht verstehe, d. h. wenn er sich
nicht etwa undeutlich ausgedrückt hat. hätte er nichts dagegen, daas die
Wörter auf -övto:.. al-o am ii die Participien. ganz fallen gelassen
werden. Da über das Vorkommen der Participien auf -o-j;, -övto; bei S.
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Litcmrwcfa« Rundscbau. 255
keine spcciellcn Angaben zu tinden sind, will ich im Folgenden selber
meine Aufveichnungen vorleiren. wodurch sich die obige Fraise wohl USaen
wird. Ii h b( >chränke mich für Xenophon A. = Anabasts, C. — Cj'rop,.
m. = iiifMuorabilia^ nnf die Chrestomathien von Sc henk 1 und Lindner,
ferner auf das Stück aus der Anaba^i-i in uieiueiu Ü Inm^-^lnicho. für Her o-
dot i— Ht.) ant' meine Auf*j?abe, für Demoathenes I I VI. VIJI. IX,
Sophoclea mit Aii.s->( IiUh-; iler Trach., Plato Ap., Kr . Kp.. La., Lg.. ' 'li;\t Tii
i'rot., Gorg., Fbacdo ; Uomer i = U.^ gans. Da ich die nachstehenden
Angaben nicht mehr flberprfift habe, ist es leicht möglich, daas noch eine
oder die andere Stelle fehlt.
o:5oy; C. VIII, 7, 11. Ht. III. 42. VIII, 5. Ai JUii! El. 30. OC. 1287.
H. I, im. 'XTJ^ Ht. ÜL m. O'.o- C. VIII. 3, 1. juta- (Jorg. 520 C. — ooo;
A. IIL 2, 4. C. I, 4, 25. VII, 4, 1. Ht. IX, 91. D. VIII, 62. Phaed. 88 Ä.
OC. 855. OK. 1038. 1143. Ph. 972. ivc:- Ant. 1067. »tto- Oorg. 471 B.
C. VlU, 3. 8. ica&«^ C. VII, 1, 16. D. VI. 13. VIII, 63. Kpo- A. I, 3, 6. Ai.
868. Ant. Fb. 911. — diXoö« Ht I, 91. Ai. 316. Ant. 496. 00. 547. 764.
Ph. 1337. - p.tori: Prot. 351 ß. Phaed. 95 C. - A. II. 3, 19. C. VII,
I, 36. Ht. VII, 194. IX, 47; 89. Prot. 310 B. Ei. 731. OR. 1177 iva- A.
1, 6. 4, III, 1, ö. — ^of>3a H. 0 369. npo- Ai. 1267. Ant. 46. El. 368. —
A/ oOtja Ht. VI, 9ö. H. B 874. A 891. IV 816. - T^oöa« Oorg 464 C. —
S'.'^övTo; m. 1. 2, in. II 390. — y"^'^"^'''- H. to 340. - oioo^rr^t GR
1081. — dÄOMtic D. IX, 62. - ?6vt'. t'h. 668. — f '^>'J^fl- H. t 250.
4 206. — 3tJowta D. IV, 24. VI, 23. Ep. 14 K Ätro- C. f, 2, 7. Phaed. 98
A. i;:t- C. I, 6, 1. - oö/T'z. anc- D VI, 22. «v- OK. 66. «po- A. I. 3, 5.
Ai. 1014. — -iU/Ta A. IV, 4, 19. m. II. 3, 10. Ei 12.^. — V'ovt'/. •ttr'x- Ht.
1, 86. - otoövti; Ht III, 42. D. VIII, 28; ^. La. 187 D. Prot. 34» A. H.
X 117. V 878. 41». Gorg. 519 C. — «ovtt? A. IV, 4 15; 7, 27. C. VIII, 2,
20; 5, 23. Ht. VII, 138. D. II. 29. Ch. 172 D. H. e 38, 'l U\. A. 299.
jxrca- Kr. 51 C. not^oi- A. III, 1. 28. C VIT, 1, 42 -oo- A. II. 5, 39. C VII,
1, 42. Ht. VI. 49. — ■fvovts': Ht. VIH, 3; 4. IX. 17. xato- Ht. VI. 97.
fiexo- A. II, 6. 3. 3'>Y- Ht. I, 89. — ^'.oövtuiv C. VIII. 7. 11. Ht. VII, 145.
D. IV, 12. — ov.Tuiv Ht. VII, 132. - S'.^övxa; A. IV. .5, 8. Ap. 20 A.
• Rjio- Ht, IX, 60. — oivia^ Ht. VI, 94. VIII. lOÜ. ««po- A. II, 1. 8. D. I, 6.
— Tv6vt«t La. 178 B. — Ht. V, 106. — AX^vt» H. B 487.
Aus diesen Daten kann sich jeder selbst ein ürtheil bilden.
Über die Frage, o^> eine wesentliche Kihzunj^ ilcr f»'rie( lii.schen
Formenlehre möglich sei oder nicht, iiabe «cii mich bereite im Jaluj^ang«? X,
S. 100 ff. dieser Zeitschrift au.*igesprochen und sie im verneinenden Sinne
beantwortet. K}i >i'}ie auch h- utn krinen Grund, die.sen >tati<lpankt auf-
zugeben. Was bedeutet denn der Abstrich von ein paar Wörtern oder
Formen? Was meine Grammatik betriflt. kann es rieh um ein Mehr
nicht handeln.
Noch etwas! Ich biitte an der Stelle dp!=i Herrn Collef^en S, die*ie
Arbeit nicht in Programmen verüHentlicht, wo «le so gut wie vergraben
ist. Er wäre dann beim zweiten Theile auch nicht an einen bestimmten
Kaum <»^ebiinden gewesen Der Druck ist <^ut überwacht worden, ein paar
Druckfehler ttind als solche sofort erkenntlich, opeutv und xsp^tjiv auf S. 11
sind vielleicht keine Druckfehler.
Wien. Dr. Val, Bintner.
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25Ü Eine Bitte. — Mittheilung. — Vll. dentsch-österr. Mittelscbultag.
Eine Bitte.
In«loni ich mich mit dem Gedanken trajye. ein Verzeichnis der
literarischen Abbandhingen der an den ö^^terreichischen Mittelschulen
wirkenden Lehrkräfte tn veröffentlichen, erlanbe ich mir an die Herren
DirectortTi . Professoren und Suppionton -U'r einzelnen fVv!nna-;ien und
Realschulen die höfliche Bitte zu richten, mir die litel ihrer bixher er-
schienenen Arbeiten unter Hinzufügung des Verhiges, beziehungsweise der
betreftenden Zeitschrift und der .Tahrei>zahl gefälligst zu übersenden. Die
Voi tli'"»!!!' fines 9olch*»n N;irh<ehl;iijft)u.hes-. \vol(»he<' ein bpr»'iUt's /ou<»ni!*
für (iie literari^he Thätigkeit österreichischer Mittelschullehrer liefern
wQrde. ddrften von selbst einleuchten. Den einzelnen Herren dflrfte die
Erfüllung m«iner I'itto nicht viel Zeit rauben, würdr' mich aber zu
be.^^onderem Danke verpflichti'n. In der festen Zuversicht aut allseitige
freundliche Unter^stützung ersuche ich um recht baldige gütige über-
•endtiDg der erbetenen Notixen.
Dr Jftknh SimnjK
wirklicher (Gymnasiallehrer in tüger.
Mittheilung*.
Die , Gesellschaft zur F(>rderung deutscher Wissenschaft, Kunst und
Literatur in Böhmen* bereitet die Herau.sgabe der überriebt Ober die
Leistungen der Deutsch' • 'Innen auf diesen Gebieten für die .Fahre 1895.
Isr'Ci Kiu! lSt(7 vor. Im Intt'reajje der so wünschenswerten VoUständicrkfnt
der Angaben crgt'ht an alle aus Böhmen «tammenden oder in Böhaien
lebenden, fachwi.ssensichaftlich oder schriftstellerisch thätigen Deutschen
(z. Pi auf <]>»m Gebiete <i<'i .Iiiris|)rudenz, .Mi'<li(in. der humanisti<th»'n
und realistischen, sowie der techni.<4chen Disciplinen u. 8. w.) das höfliche
Eifnichen. fall» sie mit ihren Arbeiten in den frQheren Jahrgängen noch
nicht vertreten waren, die Anffaben über ihre von 189.') bis IbDT fallenden
schiiftstollerischen Leistungen möglichst bald an >\\c Kan/lei der (Je<ell-
lichafl Pra<r. L Uutfga^e, Palais Clam-Gallas) einzusenden und auch die
Bekanntgai3e des Geburtsorte«, Geburtsjahres, des derseitigen Anfenthalt»-
ortes und der Berufsatellnng anzuachlieiUen.
VII. deutsch-Österreichischer Mittelschultag.
Wien. Ostern 1899.
Die Einladungen zu dem VII. deutsch -Österreichischen Mittelschai"
tage werden im Herbste versendet
Die Anmeldung von Themen ist nach den Feiien erwünscht.
Der Geschäftsfahrer:
Feodor Hoppe,,
III., MQfixgaMe 3.
V«'rantworilicher R«Mlact<'ur: Prof. Peter Maresch in Wivn.
K, u. K. HufbuchclruckiTiii Jus. Ffichtinger!« Krlwn, Linz.
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enn Dich, o Herr, die weihevollste Stunde
Im Kreise Deines treuen Volks begrüßt,
Beim heil'gen Klang aus erzner Glocken Munde
Dein Leben traumhaft Dir vorüberfließt,
So blick getrost hinaus nach allen Landen,
Denn, was Du fühlst, o Herr, es wird verstanden.
Es gibt auf Erden kein glückselig Thüle,
Viel Stunden Leids für jede Stunde Glücks I
Was ist das Leben? Eine Sorgenschule.
Was ist der flfensch? Ein Dulder des Geschicks.
Du aber hast in Deinen Erdentagen
Das tiefste Weh mit hohem Muth ertragen.
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Und sieh, o Herr, Dem Leiden wird zum Segen t
Auf Deinem Throne stehst Du nicht allein,
Dean alle Herzen schlagen Dir entgegen,
Nicht Herrscher nur, Du weißt ein Mensch zu sein.
Für jedes Leid empfindest Du Erbarmen,
Nach Jesu Wort hist Du ein Fürst der Armen.
Was Gottes Rathschluss Liebstes Dir genommen,
Aus bessern Wdten blickts auf Dich herab,
All unsre Herzen sind zu Dir gekommen,
Die Liebe einer Welt besiegt das Grab.
Zur Siegeskrone wird der Kranz der Schmerzen,
Und wer ein Mensch ist, huldigt Dir von Herzen.
Darum vernimm den Liebesschwur der Treuen,
Der Gottes Segen auf Dich niederfieht,
Lass Dich die hohe Sendung nicht gereuen,
Die Liebe Deines Volks ist ein Gebet.
Und dies Gebet, o Kaiser, lass Dir*s schwören.
Und dies Gebet wird Gott im Himmel hören!
Trtokz Keim.
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Vorträge und Abhandlungen
Die Mathematik der alten Ägypter.
Vortrag, gehalten in der Sthnnir der yMittelBchnle** vom 19. März 1888
▼on Prof. Dr. Karl Haas.
Die Mathematik der Ägypter p;»*no>s bei den Völkern des
Alterthuuis eines hohen Rufes. Das iiedüifuis, die Grenzen der
Ländereien, welche durch die Nililberschwemmungen oft ver-
wischt wurden, wiederherzustellen, soll in ihrem Lande zur
ErfinduDg der Geometrie geführt haben.') Griechische Philo-
sophen und Mathematiker pilgerten nach Ägypten, um an
dieser Stätte uralter Weisheit ihr Wissen za erwoitein und zu
Tertiefen. So Anaxagoras; Demokrit, welcher nach Diodor*) fütif
Jahre in Ägypten verweilte und von sich rühmte, dass ihn in
geometrischen Construetionen nicht einmal die Harpenoda]>ten
des Nillandes übertrollcu liätten: Euduxus und riaton, deren
AVobnhäuser in Ilieropolis noch zu Strabons*) Zeit den Fremden
gezeigt worden sein sollen; Thaies, von dem Hieronymus Ton
Khodus,^) ein Schüler des Aristoteles, erzählt, er habe die Pyra-
miden mit Hilfe ihres Schattens gemessen, und endlich Pytha-
groras, welchen nach Antiphon^) der Tyrann Polykrates von
8amos an den König Amasis empfohlen haben soll.
Hei nllen Freunden der Alterthumswissenschaft sowie der
Geschiflite der Mathematik nmsste deshalb die Kunde von der
Auffindung mathematischer Schriften dt*r alten Ägypter das
gröOte Interesse erregen. Von derartigen Funden ist der be-
kannteste der Papyrus ßhiud, den Prof. Eisenlohr") 1877 über-
setzt und erklärt hat; zwei mathematische Papyri wurden ferner
Ton Flinders Petrie^) lb89 und 1891 aufgefunden; ein mathe*
matischer Papyrus, über dessen Inhalt aber nicht eimna] Aii>
<deutungen bekannt geworden sind, gehört Herrn Goienischeff
») Herodot II. 109 und DioJor I. 81.
«) Diodor I. 98.
^) Strabo XVII. 1.
^) DiogeneH Lacrtius I. 27.
^) Porphyriu.«!. De vita Pytha^jora? 7 und Diqjjenes Lagrtius VJII. 8.
*') Ein niatheniatisi i)t > Fiandbiich der alten Ägypter, übersetzt und
^erklärt von Prof. I>r. Au;,'. Ki^mlohr.
'} W, M. Flinders Petrie, lllahim, Kahun und Gurob. London 1891.
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260
Dr. Karl Haa&
dem Couservator der kaiserlichen Sammlung iu der Eremitage
za St. Peteisbnrg. Ferner besitzt noeh das ägyptische Musettm
in Berlin unbedeutende Papymsreste mit Oleichungen.
Die Grundlage für meinen Vortrag ist der Papyrus Rhiud
in der erwähnten Ausgabe; bezüglich einzelner Fliieheuberech-
uungen wurde auch die Schenkungsurkunde von Edfu ^) heran-
gezogen. Eine Hanptquelle Rind auch Gantors Vorlesungen über
die Geschichte der Mathematik.
Der Titel des Papyrus Rhind gibt Versprethunnron, deren
Erfüllung wohl nie einem Sterblichen gelingen wird. Er hiutet:
„Vorschrift zu gelangen zur Kenntnis aller dunklen Dinge,
. . . aller Geheimnisse, welche in den Gegenständen enthalten
sind. Yerfasst wurde dieses Buch im Jahre 33* Mesori') Tag . . .
unter dem König von Ober- und Unterägypten Ra-ä-us, Leben
gebend, nach dem Vorbild von alten Schriften, die verfertigt
wurden in den Zeiten des Könic^ [Ra-en-m]at durch den
Schreiber Ahmes, verfasst diese Schritt."
Ra-ä-us ist der HykRoskönig Apepa,') der Apophis der
Grieelien, der in die Zeit /.wischen 2000— 17Ü0 v. Chr. zu
setzen ist. Der König Ka-en-mat, während dessen Kegieruug
jene alten Schriften abgefasst wurden, aus denen dann Ahmes
den Papyrus Rhind compilierte, war der König Amenemhat (II.
(XII. Dynastie), welcher der Träger der Beinamen Petesuchet
(Gabe der Suchet), Aasuchet (Sprössling der Suchet) und Sa-
suchet (Sohn der Suchet) gewesen sein soll. Wäre diese An-
nahme gesichprt. so hätten wir in diesem Könige den Oesetz-
geber AsvL-lüs des Herodot,**) den Petesuehis des Plinius,-') den
Erbauer des großartijgren Tempelpalastes in der Nähe des Sees
Möris, welcher den Namen Lope-ro-hunt (Tempel am Eingange
des Sees) trug, was später in Labyrinth verderbt wurde; end-
lieh den Sasychis des Diodor,'') den Erfinder der Geometrie»
Er regierte nach Lepsius 2221 — 2179 t. Chr., nach Lauth
2425 — 2385 v. Chr. Auch die von Flinders Petrie aufgefundenen
mathematischen Papyri entstammen den Zeiten der Xll. Dynastie.
Eine Bereicherung unserer mathematischen Kenntnisse ist
von diesen altehrwürdigen Urkunden menf^ehlichen Wissens
allerdings niclit zu erwarten; umso grölier wird das cultur-
hi^^toi isene und orkenutuistheoretische Interesse sein, das sie in
uns wachrufen. Sie zeigen uns den menschlichen Geist, vor-
sichtig tastend und mit dem Aufgebote seiner ganzen Kraft.
Probleme lösen, die wir heutzutage als alltägliche und selhst-
^) K. Lepsius. Über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von
Edfu. Abb. d. BerL Ak. 1856.
-) Monaten. nne.
^) Nach einem Holzfmgniente des Borl. äg. Mu8eaiii& Briefliche Mit-
theilang des Dr. Ludwig Stern an Prof. Cantor.
•*) Herodot IL m.
Plinnis Hist. nat. XXXVL 13.
S Diodor L 94.
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Die Mathematik der alten Ägypter.
2G1
yerständliche Dinge hiiiuehiueu. Auch eiu pädagogisches lute-
resse werden wir diesen »Iten Sehriften zugestehen müssen. Wie
der Embryo in seiner Entwicklung eine abgekfirzte Chronik
der Stammesgeschiehte liefert, so macht der Seist des Lernen-
den heute auf seinem Werdegänge Stufen der Entwicklung
durch, welche vor Tausenden von Jahren Höhepunkte der
menschlichen Cultur markiert haben.
Interessant sind schon die ver^chi'Hlfn^'n Methoden, welche
die Ägypter angewendet haben, um die Zaiileu tluich die Schrift
auszudrücken. Die primitivste und wahrsclieinlich avich die
älteste Methode ist die, welche zur Bezeichuuug eiuer hestimmteu
Zahl Yon Gegenständen das Wortbild für den Gegenstand ent-
sprechend oft wiederholt. So wird der Begriff „neun Götter"
auf einem Denkmale von Karnak dadurch ausgedrückt, dass
die Hieroglyphe für Gott neunmal nacheinander erscheint. Eine
zweite ebenfalls sehr ursprüngliche Methode ist die Angabe
der Ziilil durch Abbildung einer (land, respective zweier Hände
mit der entsprecliende?! Anzahl von ausgestreckten Fino;ern.
Dabei wird die Zählung — wie heute noch bei einzelnen
Negei-stämmen geschielit — mit dem kleinen Finger der liuken
Haud begonnen, schreitet successive bis zum Daumen dieser
Hand Tor und wird dann rom Daumen der rechten Hand aus
fortgesetzt. Eine dritte fflr die Kenntnis der Zahlwörter
sehr wichtige Methode ist die Ausschreibung der Zahl in Buch*
Stäben. Endlich haben wir noch die ziffermäßige Darstellung
der Zahl nach dekadischem System^ mit besonderen Zeiclien
für die Potenzen von 10 bis zu 1()0(J(KMM) inclusive. Die Zahlen
von 1—9 werden durch Striche ausgedrückt, die Zeliner durch
einen nach nuten offenen Bogen, die Hunderter durch ein
Zeichen, das einem eingerollten 1 urukruuLwedel ähnlich sieht,
U. 8. W.
Die Addition wurde durch zwei in der Richtung von rechts
nach links fortschreitende Beine angezeigt, die Snbtraction
durch zwei in entgegengesetzter Richtung sich bewegende Füße.
Auch für die Differenz war ein besonderes Zeichen vorhanden.
Die Multij)lication wird durch fortgesetzte Verdoppelungen
und Addition d'M- betreffenden Piodncte ausgeführt. )iöÜl><7
führt der Ägypter in folgender W eise aus:
1 X 2801 .... 2801
2x2801 .... or,02
4x2801 .... 112U4
7 X 2ÖÜ1 ... "196Ö7
Wie lange derartige primitive Methoden sich erhalten,
maff der Umstand bezeugen, dass diese Multiplicationsmethode
(neben einer der unsrigen ähnlic]ien. die Kenntnis des Einmal-
eins voraussetzenden Methode) in iiriechenland zur Zeit Piatons ^)
^) Auüauge eineä Scholiastea zum Charmides des Tlatoo.
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202
Dr. Karl Haas.
noch üblich war. Mutatis mutandis wird übrigens diese alte
Rechnangsweise selbst jetzt noch in der sogenannten welschen
Praktik angewendet.
Die Division wird entweder ilireet ausgeführt oder der
Divisor wird solange multipliciert (respeetive dividiert), bis der
Dividend als Product (respective Summe der Producte) zum
Vorscheine kommt.
Die Division 70 : 93^ z. B. führt der Agjpter aus, wie
folgt:
Technische Ausdrücke snul bereits vorhanden. So ht-ißt
die Ansführnng einer Keehiiiuig smot, das Kesultat cheperf,
die Probe sapi, der Kest uta oder tet.
Wir wenden uns nun zur Bruchrechnung. Der Ägypter
kennt mit Ausnahme von | nur ätammbrüche, d. i. Brüche mit
dem Zähler 1, nnd drückte alle anderen Brüche durch solche
Ton einander yersehiedene Stammbrüche aus. Das hängt
wahrscheinlich mit seiner Art, sprachlich den Bruch zu be-
zeichnen, zusammen. Der reciproke Wert einer ganzen Zahl
wird dureli Voransetzung des Wörtehens ro ausgedrückt. So
heißt z. B. met zehn, ro nict ein Zehntel; paut iiHun. ro paut
ein Neuntel. Paut ro met würde nicht bedeuieu, sondern
9iV,- der liierati.sehen Schrift wird der Stnmmbrach bezeich-
net, indem über den Nenner desselben ein l^unkt gesetzt wird.
Auch die Syrer ^) drückten alle Brüche durch Stammbrüche
aus und schrieben nur die Zahl des Nenners, während ein von
links nach rechts geneigtes Strichelchen die Zahl als Stamm-
bruch kenntlich machte. In ähnlicher Weise schrieben bekannt-
lich auch die Griechen il rf Stammbrüche, nur dass sie zwei
solche Striehelchen und in entgegengesetzter Kichtung geführt
verwendeten; so hndeutete /.. H. o" J. Selbst Heron raaehte
noch von den Statumbrücheu ausgedehnten Gebrauch, obwohl
er bereits andere Brüche darstellen konnte.
Brüche mit einem anderen Zähler als 1 konnten von den
Ägyptern wohl gedacht, aber nicht geschrieben oder gesprochen
werden. Sie mussten erst in (von einander verschiedene) Scamm-
brüche zerlegt werden. Daher nimmt den vordersten Platz im
Rechenbuche des Ahmes eine Tabelle ein, welche lehrt, wie
Brüche, deren Zähler 2, deren Nenner eine ungerade Zahl ist,
in Stammbrüche zerlegt werden. Auf Grund einer sn]i heii
Tabelle konnten dann auch i^rüche mit größerem Nenner als
2 in Stammbrüche zerlegt werden.
) Merjc, Gramuiatica Syriuca.
2 + 4 70
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Die Mathematik der alten Ägypter. 263
VVusste mau z. B., dass 5 = 1 -{- j'gi so ergab sich von selbst
7 — 4 ^ 7 ' a
* = i -4- y
7 ' 14
6 1 J. 1 1
■7 — 2 1" 7 14
7 'j ' 4 11 ' 28
Die Aufgabe Z in Stamuibrüche zu zerlegen, formuliert
der Ägypter so: „Theile *i durch 7." Er fragt nun zunächal:
Womit mubs ieli 7 multipliciereu, um 2 zu erhalten? In iigyp-
tischer Ilechuuugsart ist nun:
Auf 2 fehlt nun nur noch 4 ; zu 1^ ] muss also noch einf
Zahl genommen werden, die mit 7 raultipliciert | gibt. Diese
Zahl ist 3>g. Die Lösung des obigen Problems ist damit ge-
funden,
2 i
7 — 4 ä
Theile 2 dureh 17 wird in analoger Weise folgendermaßen
gerechnet:
Mit der Multiplicati(»u mit y'., sind wir (l»*r Lösung schon
ziemlich uaiif. Wir haben nur noch j auf ^ und ,\ auf ^ zu
erganzen. Also zu ^'^ noch Zahlen zuzufügen, die mit 17
miiltipliciert |, respeetive | geben. Diese Zahlen sind aber
und Also ist
2 _ 1 1 1
17 I_' 31 G8
Bei der Betrachtung der Tabell»' des Ahmes, die von ?
bis reicht, d rätigen sieh sofort folgende Bemerkuiignn auf:
1. Die Zerlegung m Stammbruchf ist uuf verschieden«' Art
möglich. 2. Vortheillmft ist Zerlegung in Stammbriielie mit
geradem Xeuuer, weil bei nochmaliger Verdoppelung eines
solchen Braches sofort ein Stammbrueh erhalten wurd.^) 3. Zeigt
uns die häufige Kürzung der geraden Nenner durch 2, dass
Ahmes bereits die Theilbarkeitsregel bezüglich 2 kannte.
i> Im Folgendeu sollen nach dem Vorgange von Ki^cnlohr uw\ Ciiitor
die Pluszeichen Kwischen den einzelnen Brüchen der Kürze Ijuiber weg-
bleiben.
-) So iat ». B. -i 4 + ^ + ^4 (^5^ ist in der Tabelle des Ahme«
enthalten).
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264
Di: Karl Haas.
Allgemeine Regeln für die Zerlegung eines Bruches in
StammbrUcbe finden sicli zuerst im Reelienbnelie Ton Achminif
einem griechisch abgefassten Papyrus, der bei Acbmim in einem
koptischen Grabe gefunden wurde und aus dem sechsten bis
neunten Jahrhunderte u. Chr. stammt. Namentlich ist 'daraus
das \^erfahren für den Fall hervorzuheben, wo der Nenner ein
Froduct von i^wei Factoren ist.
speciell wenn 8=2
PI
Boznr^licli cinor Primzahl p hat Lenardo von Pisa in
seinem über abaci zuerst die einfache Kegel gegeben
2 1 _^ l
-p- 1 , i
was z. B. für '5 sofort die oben viel mühsamer geiundeue Zer-
legung gibt.
Als eine Anwendung der erwähnten Tabelle werden im
Papyrus Rhind Vertheilungen von Broten unter 10 Personen
vorgenommen. Für uns ist das Problem außerordentlich einfach.
Bei einer Vertheilung von 9 Broten erhält eine Person y(<
eines Brotes. Der Ägypter gibt als Auflösung l ohne
writer anzudeuten, wie er das Resultat erhalten hat, und macht
dann die Prob<\ indem er das !?psultat successive verdojipt lt,
vervierfacht, verudit facht und endlich durch Addition des Zwei-
fachen und Achtfachen das Zehnfache, nämlich y Brote er-
hält. (Vielleicht wurden zunächst | zehnmal geuommen, was 6|
gibt. Zu 9 fehlen da noch 2^ Nun ist ^, x 10 » 2, X 10 » i.)
Die additive, respective multiplieative Er^nzung einer
Bruchsumme zu einer bestimmten Zahl Übt der Ägypter in der
sogenannten Sequem- oder Ergäuzungsrechnun^. Das Verfahren
besteht dabei wesentlich in der Zurückführung der Stammbrüche
auf einen gemoinsani<Mi Nenner, die durch rothe Schrift be-
sonders als Hilfsreclnumrr hervoiirdiobrn wird. Dabei können
auch Geueralneniicr «genommen werden, in denen die gegebeneu
Nenner nicht eine ^auze Anzahl Male enthalten sind.*)
Als Beispiel sei die Ergänzung von ] l 4'^ auf 1
angefahrt
Ähnlich isi ea dem Römer peläufiger, vou anderthall» Zwölfteln
als von einem Achtel zu «prechen, weil er Z" ii b* ii f Vr ""d für die
Hiilfto von besitzt, aber nicht fftr ^. Vergleiche Cantor, Geschieht«
der Mathematik I. 490.
- 4- '
2 '
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Die Uatbematik der alten Ägypter. 265
Die >ifiH.iiit.eniiuiig bei Ahmes führt iin 11 |, n \ l . 41,
1^, 1, zusaiumeu 4 woraus soluiL eihellt, duäs alles auf
den Nenner 45 gebracht wurde.
Auf ^ den 4>. Theil von m fehlt nun noch der 45. Theil
yon Gl 5 und |. Nmi ist der 45. Theil Ton 5:^, der
45. Theil Ton : Um also die obige Bruchsumme auf f
zu ergänzen, ist ^ -^^ nothwendig, um sie auf 1 zu ergänzen
Für die Multiplication von Brüchen mit Brüchen, z. B.
ü X fli 3 I X i» 1^2 X j, ist eine eigene Tabelle, vor-
haudeu.
Fürs praktische Leben berechnet sind die Theil uugsaufgabeu
und eine Reihe von Aufgaben/ die wir mit Hilfe der Kegel-
detri oder mit Hilfe der Schlussrechnung lösen würden.
Von den Theilungsaufgaben seien folgende hervorgehoben:
100 Maß G<'tnM(]f si)l!( n so an 4 Aufseher vertheilt werden,
duss der erste den Antheil für 12, der zweite den Antheil für
8, (hr dritt'» fleu Antheil fUr G, der vierte den Antheil für
4 Arbeiter erhält.
100 Brote sind so an 10 Personen zu vertheileu, dass
3 Personen doppelte Ration erhalten.
700 Brote sind au 4 Personen im Verhältnisse ^ : i : 4 : i
zu vertheilen; 3.^4
Von den Schlossrechnungen will ich erwähnen: Es ist der
jährliche Fettertrag ü geben. Es soll der Fettertrag für einen
Tag (das Jahr zu Tagen) angegeben werden.
Aus ;]\ Bescha (Maß) Mehl werden 80 Brote gemacht.
Wie viel Bint.' werden aus 1 Mali gemacht und wie viel Mehl
enthält 1 Brot?
Für die Zulil der Broto, die aus 1 Bescha Mehl bereitet wird,
findet sich ein eigener tecliLiischer Ausdruck, das Wort Pefsu.
Neben Berechnuogen des Pefsu für Brot findet sich auch
eine Berechnung des Pefsu für Bier, d. h. der Biermeuge, die
aus 1 Bescha Malz hergestellt wird.')
Auch Unirechnungen von Bier in Brot (und umgekehrt)
finden sich. Solche Keelmungen ergaben sich, wenn Natural-
leistungen in Brot dun Ii X;iturallei>;tnnf^en in Bier und vice
versa ersetzt weiden sollten, ein bei Opferrecbnungen nicht
seltener Fall,
Die Ägypter kannten bereits Gleit- Innigen ersten Grades
mit einer Unbekannten. Sie nannten sie liau-Uechuungen, weil
die Unbekannte Hau, d. i. Haufe ffenannt wurde. Die im Papyrus
vorkommenden Gleichungen sind meist sehr einfacher Natur.
(In moderner Schreibweise.)
x-f *=19; x-l ".--IG; x -f- y = 15; x -|- ^ 21
1) Eisenlohr hat die Berechnuiig des Pefsii auch fQr bayriaches Bier
diircli{fef ührt und ist zu ilem Kwultate i^ekonunen, dass diia bayrisehe Bier
fast denselben Pef«iu besitzt ali das ägyptische.
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266
Dr. Karl Haas.
Hat der Ägypter die Aufgabe, der Hau uud sein Siebentel
macheu zusammen 11), so sagt er, der siebeute Theil von 8 Hau
ist 19, und fragt nun zunächst, womit moss Ö multipliciert
werden, um 19 zu erhalten.
« X 2 .... 16
d , , • , 2
Mithin 8x21 J = 19
Nim wird 2| ^ noch mit 7 muitipliciert uud so der Hau
16j gefuiidfii.
Die Au\vt nduii<rt'ii der Gleichungen be/.iehen ii nieist
auf Getreidemaiie, juil Ausnahme der ^Vorschrift zu berechnen
die Arbeiten des Hirten'^, welche Aufnahme in die bekannte
Beispielsammluug von Ed. Heiß gefunden hat.
Die höehste Entwieklungsstufe erreicht die Arithmetik der
Ägypterin denBeispielenflber Progressi neu. Zwei arithmetische
Progressionen und eine geometrische Progression.) Die Durch*
führung derselben ist so interessant, da^s eine eingehendere
Besprechung derselben £ri\>tattet sein dürfte.
10 Mali Gttit'id«' sind so unter 10 Personen zu verthcilen,
dass jede folgende Person um l Mall weniger erhält. Ahmes
^ibt nun folgende Kegel: Nimm das arithmetische Mittel, das
ist I; vermindere die Zahl der Personen um 1, gibt U; nimm
die Hälfte des Unterschiedes das ist nimm das neun-
mal und lege es zum arithmetischen Mittel. So erhalt er das
Anfangsglied. Die Vorschrift des Ahmes ist offenbar nichts
anderes als die in Worten ausgesprochene Formel
a-=^ + (n- 1)
worin a das Anfang^ijlied, d die (negative) Diflferenz, ii di»' Zahl
der Glieder und s deren Summe ist. Eine Ableitung d^r Formel,
eine Erklärung, warum auf diese Weise das Kesultat ei halteu
wird, findet sich nicht. Alles das ersetzen die stereotyp wieder-
kehrenden Worte: „Mache, wie geschieht!"
Noch interessanter gestaltet sich die L6snng der zweiten
Aufgabe :
Brote 100 an Personen 5. •} von den 3 oberen das der
2 unteren. Was ist dor Unterschied?
Ahmes ixiht sofort, ohne zu sagen, wie er dazu frelanct ist,
als Unterschied 5^ an. Als letztes Glied nimmt er 1 an uud
erhält die Heihe
2a -f 17^- + 12 -f ^2 1 = 60
Das ist zu wenig. 100 ist |mal 60. Wenn wir also jedes Glied
^mal nehmen, erhalten wir die richtigen Zahlen
38j 29^ 20 lOf l 1|
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Die Mathematik der allen Ägypter. 267
■was zusaiumeji 100 gibt. Almit s weil) also, dass der Unterschied
zweier Theile das y fache des letzten Gliedes ist. Er macht
xunächrt die sehr einfache Annahme, dass das letzte Glied 1
sei; diese Annahme stellt sich als falsch heraus und wird dann
entsprechend verbessert. Wir haben hier das erstemal, soweit
wir die Geschichte der Mathematik kennen, die Methode des
falschen Ansatzes.
Die Aulgabe aus der Lehre von den geometrischen Pro-
gressionen ist bei Ahmes sehr lakonisch abgefasst. Sie lautet:
uat sutek an (Bild) 7
(Eine Leiter.) mau* (Katze) 49
2801 pennu (Maus) 343
5602 beti (Gerste) 2401
11204 beseha (Maß) 10807
1Ü007 (temt) Summe lUü07
Eisenlohr bemerkt hiezu, das Beispiel sei von «mz be-
sonderem Werte, weil aus ihm ersichtlich sei, dass die alten
Ägypter nicht nur den Begriff der Potenz kannten, sondern
sogar filr die einzelnen Potenzen typische Nameu (Bild, Katze.
Maus, Gerst«*, das Oetreideman Bescha) besaßen.
lnzwiscli«*n ist ein ^t'hv ähuliclies. nur in anderer Einkleidung
gestelltes Problem aus dem über abiici des Lenardo von Pisa
(1202) bekannt geworden, das aui' die Aui'^alie des Ahmes ein
neues Licht wim. Zum besseren Verstiina&isse sei bemerkt»
dass Lenardo in seiner Jugend gründlichen systematischen
Unterricht in der Mathematik erhielt und auf seinen Reisen in
Italien, in der Provence, in Griechenland, in Syrien und
Ägypten reichlich Gelegenheit suchte und fand, seine Kennt-
nisse zu erweitern und zu vertiefen. In seinem für die Geschichte
der Mathematik hochwichtigen Buche lautet die Aufgabe folgen-
dermaßen :
Sieben alte Weiber gehen nach Uom, jede hat 7 Maulesel,
jeder Maulesel trägt 7 backe, jeder back enthält 7 Brote, in
jedem Brote stecken 7 Messer und jedes dieser Messer hat
7 Scheiden. Wie groß ist die Gesammtzahl aller dieser Dinge?
Es ist unschwer, in dieser Aufgabe ein Pendant zur Auf-
gabe des Ahmes zu erkennen. Überdies finden sich bei Ahmes
"wie bei Lenardo dieselben zwei Arten der Lösung, eine durch
directe Addition der Potenzen von 7, die andere mit Hilfe der
Summenformel s a ^^ ^i « Ahmes stillschweigend Tor-
ausgesetzt wird. Der Sinn des Progressionsexempels des alt:
ägyptischen Kechenbuches ist also wahrscheinlich folgender-
Sieben Personen haben je 7 Katzen, jede dieser Katzen fängt
7 Mäuse, jede dieser Mäuse hätte 7 Gerstenähren verzehrt, jede
Gerstenähre bringt 7 Besi lia Gerste hervor. W^ie vi» ! machen
alle diese Dinge zusammen? Sutek ist wohl der terminus tech-
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2G8
Dr. Karl Haas.
ilicus für eiue geometrische Progression. Der Vergleich mit der
Aufgabe des Lenardo läast uns die iShe Lebenskraft solcher
Probleme bewandern. Denn zwisebea Ahmes und Lenardo liegt
ein Zeitraum von 8()0() .Iah reu
Der geometrische Theil beschränkt sicli im wesenilicben
auf rechnende Aufgaben. Zunächst wird die Berechnung der
Rechtecke in der noch üblichen Art gelehrt. Gleichschenklige
Dreiecke werden annäherungsweise nach der Formel i b s be-
rechnet, worin b die Basis, s der Schenkel ist. Der Vergleich
mit der genauen Formel V 1 — 4 l^^sst sofort erkennen, dass
diese Formel umso berechtigter ist, je kleiner b im Vergleiche
zu s ist. Nach derselben Methode wird uoeh In der Schenkungs-
urkunde von Edi'u (^237 v. Ciir.) ein f^leichsehenkliges Dreieck
berechnet. Auch Heron, der bereits (lie genaue Formel kennt,
wendet noch mitunter diese Näherungamethode au. Ja sie findet
sich selbst noch im Sammelwerke Gerberts (des nacbmaligeu
Papstes Sylvester II., 1000 d, Chr.).
Von der Formel | b s fQr das gleicbsebenklige Dreieck
ausgehend, gelangt man für das gleichschenklige Trapez zur
Formel ^ (a + b) c, worin a und b die Parallelseiteu, c die Scbräg-
seite bedeutet. Die genaue Formel ist i (a + b) c 1 — r*^] "
Die Näherun^formel nähert sich deiii genauen Werte umso
mehr, je geringer die Differenz der Parallelseiteu ist und je
größer die Sebrägseite wird. Denselben Schluss kann man un-
mittelbar aus der Betrachtung der Figur ziehen, die sieh umso
nähert, je geringer die Differenz der Parallelseiten im Vergleiche
zur Schrägseite wird. Auch diese XUherung.>foi*mel findet sick
in der Schenkungsurkunde Ton £dftt, some im Sammelwerke
Gerberts.
Die Kreisriäehe wir ] » iin ni Quadrate gleichgesetzt, dessen
Seite § des Durchmessers ijetiugt. Es wird also
Mithin ^ ==(';;) -^a-Ku . . .
Bedenkt man. dass in der Bibel der Umfang des ehernen
Meeres, das 10 Ellen Durchmesser hatte, mit ))0 Ellen ange-
geben wird.') dass sowohl in den (,'ulvasütras der Inder
in dem Teheuu pci der Chinesen r = *i genummen wird, dass
endlieh selbst Heron, der berciu den Aiehimedischen Wert
kennt, oti noch ic — 3 setzt, so wird mau die Genauigkeit des
ägyptischen Wertes mit Rücksicht auf sein Alter bewundern
müssen. Nach der angeführten Methode wird in Aufgabe 48
auch die Gonstruction der Quadratur des Zirkels rorge*
iiommeu.
I. Könige 7, 23 uiul II. Chronik 4, 2.
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Die Mathematik der alten A^pter.
26D
Auch eine Theilungsauigübi' coiistiuctiver Natur fiudet sich
bereits im Papyrus Rhmd. ( Aufgabe 53.) Sie bezieht sieb auf
die TbeiluDg eines gleicbsebenkligeii Dreieckes durch Gerade,
welche parallel zur oasis gezogen sind. Leider ist der Text
gerade an dieser interessanten Stelle so verdorben, dass der
inn ders»'!^ 'Ti sich nicht mehr ermitteln lässtJ)
Ein Tkeil der stpreometrisclien AufLj;:ibtMi des Papyrus be-
tritii flas VoliiTuon von Fruchtspeiehern nn l die Menge des
auigt'spf'ieherten Getreides, für welch letztere immer nur ^'g
des Volunieiis angenommen wird. Das Volumen wird berechnet» .
indem die obere Grundtläche (in einigen Aufgaben ein Kreis,
in anderen ein Quadrat) mit dem Anderthalbncben der Höbe
multipliciert wird.
Macht man mit £isenlohr die Annahme, dass der Frucht-
speicher die Gestalt eines Kegelstumpfes, respectiye eines quadra-
tischen Pyramidalstumpfes gehabt habe (was mit einzelnen
Abbildungen übereinstimmt , so wäre die Formel für die ]?e-
reclmung des Volumens des Fniehtspeichers richtig, wenn der
Bnrehmesser der unteren Busis sich zu dem der oberen wie
l'4;3ti5.. : 1 verhält oder, was (nahezu) dasselbe ist, wenn die
untere Basis das Doppelte der oberen beträgt. Bemerkenswert
ist, dass Ahmes auch Inversionen dieser Aufgabe bringt.
Bei der Wichtigkeit und Bedeutung der Pyramidenbauten
fOr den alten Ägypter sind Aufgaben über deren Dimensionen
geradezu mit Sicherheit zu erwarten. Diese betreffen nament-
lich Verhältnisse der Dimensionen der Pyramide, die wir in
der heutigen Spruche der Mathematik als gonioraetrische Func-
tionen der \\ inkel der Pyramide bezeichnen würden. Die Grund-
fläche der betretienden Pyramide ist stets ein Quadrat. Gegeben
sind der Uchatebt (Suchen der Fußsohle) und der pir-em-us*)
(Herau.-i^ehen aus der Säge). Gesucht wird der Quotient des
halben Uchatebts durch den Piremus, der sogenannte Seqt.
Was diese Worte im geometrischen Sinne bedeuten, hat
Eisenlohr durch die scharfsinnige Hypothese herausgebracht,
dass Ahmes wohl an Pyramiden gedacht liabe, die den Bauten
des Cheops Chephren und Mykerinos ähnlieli waren. Die Zahlen,
welche Alimes für den ob rv-iUmt Mi '^mtif üfr ii findet, schwanken
um den Wert O'Tö. Deiüselben Werte nähern wir uns, wenn
Avir bei deu oberwiihnten fjroßen Pyramiden die halbe Diacronale
der Grundfläche durch die Seitenkante der Pyramide dividieren.
Der gesuchte Quotient ist also nichts anderes als der cosinus
des Neigungswinkels der Seitenkante (ge^en die Grundfläche).
Auch zu dieser Aufgabe gibt Ahmes wieaer Inyersionen.
Merkwürdigerweise wird der Quotient, respectire der Ex-
ponent des Verhältnisses zweier Strecken bei Ahmes selber
^) Die Aufgubeu 54 imd 5o. die von Cantor im Zii^auinienhange mit
t)5 genannt werden, sind rein aritlimetischer Natur.
^) Von diesem Ansilrm ke dürfte das i^a iccliix Ii»; Wort Ti'iy/'v.:, d.i.*
jedenfalls aus dem Ägyptischen stammt, nach Eiäcniohr abzuleiten sein.
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270
I}r. Karl Uaas.
wieder a)8 Strecke aufgefasst, eine Auffassunfi^, die unserem
feiner aoBgebildeten mathematischen Geftthle durchans wider*
streitet.
Nach meiuer Ansieht ist der Papyrus Rhiud eine Beispiel-
sammlnnp; für Tiaudwirte zu praktischen Zwecken bostinirat.
Daraut wrist vor allem der ideeukreis hin. in welchem sich
die Aufgaben be\vo<jen. Die Theilungsauf^aben beziehen sich
auf Brot und Getreide, selbst die eingekleideten Gleichungen
betreffen Getreidemaße und Viehherden. Die einzige Aufgabe
aus der Lehre von den geometrischen Pj-ogressionen soll offen-
bar dem Landwirte die vVichtigkeit der Katzen für eine gute
Ernte zu Gemüthe fahren. Ferner bebandeln die Rechnungen
die Anzahl der Brote, die nu<^ einer gegebenen Men^je Mehl
gebacken werden, die Zahl dt r Krüge Hier» die aus einer be-
stininiteii Meii<:fe Malz gebraut w.'rdeii. die Fnttermens^en für
eineu Gellügelhof. für verschietiene Arteji <iänse. für einen
Ochsenstall. Aiieli du- i^eometrischen Auff;al)en beziehen sieh,
wenn wir von den ryiaiuideu absehen, auf Gegenstände des
landwirtschaftlichen Interesses. Sie betreffen die Berechnung
der Fläche von Feldern und des Volomens von Frachtspeichern,
sowie die Menge des aufgespeicherten Getreides. Auch die
Aufforderung am Schlüsse des Papyrus, den Sonnenj^ott Ka um
Wärme, Wind und hohen Wasserstand zu bitten, ist wohl an
einen Landwirt gericlitet.
Din AtnvpisnTig;on zur Ausreclinung werden in lakonischer
Kürze gegeben, die nur zu oft die Deutlichkeit bi»eiiitriii-litigt ;
sie sind apodiktisch, ohne Begründung. Kam nicht das erläu-
ternde Wort des Lehrers hinzu, so hatte der Schüler keine Ein-
sicht in die Motive seiner Berechnung; die Verificierung der
Lösung bot dafttr keine ausreichende Entschädigung. Ich mdchte
fast behaupten, dass der Papyrus dem Schüler gar nicht in die
Hand <r»'p l)en wurde, sondern nur für den Lehrer .«ielbst bestimmt
war. Die Notierung der Aufgaben ist nämlicli häutig so kurz
und mangelhaft, das«? sich ein Seliüler wohl kaum zurecht-
gefiiiKb-n hätte, Avohl aber der Lehrer, dem die Aufgabe ja
schon bekannt war
Das mathemaiisclie Wissen der Ägypter ist waiirscheiulieh
weit über das hinausgegangen, was uns diese Sammlnng bietet.
So werden beispielsweise bei den Aufgaben aus den Progres-
sionen offenbar Formeln benützt, die schon bedeutende theore-
tische Kenntnisse voraussetzen. Auch halte ich es nicht ftlr
unwahrscheinlich, dass zur Zeit des Ahmes schon genauere
Me thoden für die Berechnung des gleichschenkli|^en Dreiecke.s
und Trapezes, vielleicht J^ogar aiuli für den Kreis bekannt
waren, als sie unser Papyrus bietet. Für praktische Zwecke,
namentlich für Landwirte, mochten die Näheruugsformeln
gerade gut genug sein.
Zum Schlüsse seien mir noch einige Bemerkungen über
die Verwendung der Aufgaben des Papyrus bei unserem Unter-
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Die Mathematik der alten Ägypter.
271
richte gestattet. Icli mOsste kein Schulmeister sein, wenn ich
nicht uinvillkttrlich zu solchen Gedanken angeregt worden wäre.
Bs kdnn< u ein /.»'Ine Beispiele der Zerlegung in Stanim-
brüche vorgelegt werden mit der Aufforderung, ihre Kichti^<
keit 7.U prüfen. Man mag auch zur Znilf^cf'inir von Brüchen in
SbimiiibnK-he schreiten, wobei mau sich uatürlich auf einfache
Fälie beselnänken wird.
Mau führe Zerieguugeu wie
2 \ t i -* ^a^' -
vor und rege die Schüler zur Auffindung des Gesetzes an,
welches diese Zerlegungen beherrscht.
In ähnlicher Weise kann man Fälle wie
2 , 1^
15 1"« 20
behandeln.
Man gohf^ njich Beginn der Lehre von den Gl«'i(;huji(;en
einzelne Hau-Uechnungen des Papyrus mit Hinweis auf deren
ehrwürdiges Alter. Die Tbeilungs- uud die licgeldetri-Aufgahen
- des Papyrus werden in ihrer al&rthQmlichen j&kleidttng gewiss
ebenso interessieren wie die besprochenen Aufgaben aus der
Lehre von den Progressionen.
Unterschiede, welche sich aus der angenäherten Methode
der Ägypter und aus der genauen Formel für das n;loiehscbenk-
lige Dreieck und das jjb'ichschonklige Trapez (Mgeben. werden
gewiss das lebhafte Intert'ssi' d'.'s Schülers wachrufen. Man frage
auch, wovon der Grad der Genauigkeit bei der Näheruugs-
niethode al)hängt.
Man theile die Methode der Ägypter ftir die Quadratur
des Kreises mit und fordere die Schüler auf, den Wert von n
zu berechnen, der hier zugrunde gelegt wird. Man lasse die
Schiller selbst ableiten, für Avelches Verhältnis zwischen dem
Radius der unteren und dem der oberen Grundfläche die ägyp-
tische Formel für das \"«>hnnen von Fruehtspeichern riohtig
wird. Hei (b'n Seqt- Ant'£;"aben wird es sich enipfelibiU, von den
Dinieuaiüuen der Pyraniidi'u dt's('heops ( hephren und Mykerinos^j
auszugehen, weil diese dem historischeu Interesse des Schülers
näher liegen als die Beispiele, welche Ahmes bringt.
^) Siehe EiseDlobr, Comtnentar, Seite 139.
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Dr. S. Spitzer.
Das gegenwärtige ClassiAcationsverfahren.
Vortrag» gehalten ia Hadants atn 18. Juni von Dr. S. SpitzeP.
Der heutige Vortrag hat eine kleine Vorgeschichte. lu
der Torjährigeu Radautzer Versanunlaiiff habe ich mir deo An-
trag zu stellen erlaubt, dass wir die Einrichtung der Classen-
kataloge einer Prüfunpr unterziehen und zu diesem Zwecke einen
Ausschuss einsetzen. Es ist auch in diesem Sinne entschieden,
aher der Gegenstand der Prüfung erweitert und auf die Frage
der Sflir«Mbrf<'schäfte ausgedehnt worden. Ich pflauhe, nicht
zum \ »)rt heile für die Sache. Die Ber:it lnin«ieii des Ausschusses
haben /.u keinem prakiisehen lie.sultate geführt, wenn ich auch
zugestehen muss, duss sich die Disjcuission anregend und lelir-
reich gestaltet hat. So ist es denn zu der — ursprünglich
Tom Herrn Obmanne beantragten — Form des Vortrages ge-
kommen, die Ihnen Gelegenheit hieten soll, sich über die Sache
zu äullern. Wie sclion der Titel andentet, ist es natürlich
nicht meine Absicht« mich über das ganze weite Gebiet der
Classification zu verbreiten, sondern nur dasjenige darin zu
beriiliren. was für die jetzige Praxis von unmittelbarerer He-
deutnni^ ist. Der geschichtliche Kückblick wird sich auf das
alleriiulierste Mall beschränken.
Mit einer Philosophie der Classification möchte ich Sie ge-
wiss nicht behelligen; doch ist es uieht Oberflüssig, da zwei
Zwecke zu sondern, weil deren Vermengung einigen Schaden
gestiftet hat. Zunächst besitzt ja die Beurtheihing der Schüler*
leistungen an und für .sich einen gewissen Wert; und zwar —
nach der richtigen Ausführung der Weisungen (p. 12 ff.» —
für die Sehüler selbst, für ihre Eltern und auch für uns, durch
die Nntliweiidifrkpit . in die sie uns verset/t, in gemessenen
Zeiträumen ein aljschlieliendes klares ürtheil über ilire Leistungs-
fähigkeit zu fallen. Aber daneben hat die Classification auch
eine andere Bedeutung. Sie dient den Bedürfnissen des Tages,
als unentbehrliches Mittel der Anregung und Bewahrung des
Lerneifers hat sie die Maschine im Gange zu erhalten. Früher,
vor den neuen Schuleinrichtungen haben ja die Seraestral-
prttfungen bei uns bestanden. An Stelle der mechanischen,
rein gedächtnismiiÜigen Bewältigung des Stoffes, wie sie diese
gefördert haben, soll min seither eine rationellere Aneignung
durch das regehnähige Erlernen der Lectionen erfolgen, uud
diesem Zwecke wird zum großen Theile die Classification dienst-
bar gemacht. Solange wir eben nicht ideale Schüler haben,
die aus reinem Wissensdurstc lernen, können wir dieser gröberen
Triebfedern der Furcht und der Hoffnung schwer entrathen.
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Das ge^ienw&rtige CUunfieatioiuTerfahreii.
273
Nennen wir nun die eine Art die Seliliissr l;issiHcation,
die andere die lautende Glassiticatiou, so kann muu nur sagen,
dass sie beide orsprQiiglieli dnreb Normen wenig oder gar
nicht eingeschränkt waren. Hinsichtlich der Schlossnoten war
4er Spielraum eher ein zu weiter. Die Bezeichnungsweise war
ganz und gar dem Belieben der Lehrer anheimgestellt, und es
herrschte da — in diesem Falle ist es ganz begreiflich —
große Rathlosigkeit, die in den Spalten df»r ..Zeitschr. f. d.
österr. Gymn " beredten Ausdruck findet. Namentlich war das
«in Ubelstaud, dass dieselbe Bezeichnung au der einen Anstalt
diese, an der andern eine verschiedene Bedeutung hatte. Da
kam die Verordnung des Staatsministeriums vom 3. März
1866 gewiss nur gelegen, welche die uns geläufige Scala
festsetäe. Über £e Einseinoten und ihr Verhältnis zum
Schlussurtheile finden wir im Organisationsentwnrfe nichts be-
stimmt: wenig auch in den Anhängen zu diesem, aus denen
die Instructionen hervorgegangen sind. Hervorzuheben wäre
die Bemerkung de? Anhanges 'Nr. XII (p. 186). die davor warnt,
das Ürtheil „uur einer oder einigen Sehlus.sleistungen" zu
entnehmen. Sie kelnt ofieubar gegen die Senie.stralprüfungen
oder ein ähnliches Verfahren ihre Spitze. Aber auch die
Weisungen — in der Gestalt, die sie vor der neuesten Auf-
lage darbieten — enthalten wenige Bestimmungen dart&ber
(namentlich p. 12 ff., neueste Aufl.). Sie gehen von dem zu-
treffenden Grundsatze aus, dass sich das Urtheil im Laufe des
Unterrichtes allmählich bilden und berichtigen soll, und be-
tonen im Hinblicke darauf die Noth wendigkeit, sich mit einem
klaren und verstündl!ch»»n Vortrage nicht zu begnügen, sondern
sich jederzeit die Lberzeuguii^ 7,u verschaftV>n. wie die Schüler
den AVisseusstoff sich anfreeignei lieben. Diu Weisungen meinen,
dass dann der Lehrer ;,über die Aufzeichnung (^des Schluss-
urtheiles) weder in Verlegenheit sein, noch dazu eines be-
deutenden Zeitaufwandes bedttrfen" werde. Nach dieser Fassung
scheinen hier Einzelaufzeichnungen kaum vorausgesetzt zu sein,
jedenfalls werden sie nicht obligatorisch gemacht. Die Existenz
des Handkataloges, der thatsächlich wohl allgemein in Geltung
stand, wird an einer anderen Stelle (jetzt p. 4.'5i angedeiit*^t.
wo das Prüfungsverfahren überhaupt besprochen und dafür
u. a. der Vorgang empfohlen wird, dass man die Fragen an
die ganze Classe richtet, aber vorzugsweise jedesmal einzelne
Schüler heranzieht. Für diesen Fall wQrde der Einwand ent-
fallen, dass der Lehrer „ffir seinen Handkataloe (jetzt ,Classen-
katalog*^ keine feste Fortgan^snote gewinnen könne". In den
Instructionen für den Unterricht in der Mathematik hingegen
wird sogar der Handkatalog als entbehrlich bezeichnet. Denn
es wird dort (]). 177) gesagt, dass der Lehrer, wenn er in
jeder Stunde eindringliclie Wiederholungen vornimmt, ein
richtiges Urtheil gleichzeitig gewinnt, ,.so dass er für die
Zwecke der Censur eigentlicher Examinatorien füglich entbehren
„österr. MUtelschale". XII. Jabrg. 1^
Digitized by Gopgle
274
Dr, S. Spitzer.
kann.'' Leider hat — nebenbei gesagt — diese Bemerkung'
angesichts der obligatorisclien EinfUhrong der Classeukataloge
jetzt lediglich akadeniisdie Ikdi'utung. Oberhaupt behandeln
die lustruetionen das Prüteu nicht als selbstäudigen Vorgang,
souderu fast durchwegs nur im Zusaninienliange mit dem Unter-
richte. Für Mathematik und (icscliichtf* /.. B. erfolgt diese Be-
handlung im Anschlüsse an die Bespre( liuiig der Wiederholungen,
für Latein und (iriechibch dort, wo von der Autorenlectüre die
Bede ist Nur in den Instractionen für den Physikunterrichi
ist dem Frttfen ein eigener kleiner Abschnitt gewidmet.
Dies ist der Stand der Sache bis zum Jahre 1887. Da^
tritt durch den Ministerialerlass vom 2. Mai, der den Classen-
katalog einführt, ein Wendepunkt ein. In der Einleitung wird
darauf hingewiesen, dass die Beni tlieilung oft nicht auf ge-
nügender Grundlage erfolgt, da sie aut einer z« geringen Zahl
mündlicher Nuten fußt, und dass überhaupt die schriftlichen
Leistungen zusehr über die mündlichen gestellt würden. Dem-
gemäß wird die gleiche Berücksichtigung beider angeordnet
und bestimmt, dass jeder Schfiler mindestens vier- oder fünf-
mal im Semester zu prüfen ist. Dann fährt der Erlass fort:
^Damit aber die Leistungen ganzer Classen sowie der einzelnen
Schüler aus allen Unterrichtsfachern leichter in Evidenz ge-
halten und rascher überblickt werden, damit der Director der
Lehranstalt, der Claj^senvorstand und die übrigen Lehrer einer
Cla«?se jederzeit über die Zahl und über den Erfolg der ein-
zelneu Prüfungen unterrichtet seien, ordne ich die Einfühi'ung
zweckmäßig eingerichteter Classenkataloge an.^ Es wird her-
nach die sofortige Eintragung der Noten von Ta^ /ai T;ig leat-
gesetzt und die auf Verlangen zu erfolgende Mittheilung der-
selben an die Eltern oder deren Stellyertreter. Darauf heißt
es V ' it r: ,,Es ist zu erwarten, dass durch diese Einrichtung
auch der Verkehr zwischen Schule und Haus sich leichter,
reger und vertrauensvoller gestalten, und dass beiderpraktisehen
Durchführung mehrere Zweige der Amtsführung (z. B. das
(Jonferenzwesen ) in vorlheilhafter Weise vereinfacht werden."
Drei Zwecke also sind es, die vornehmlich durch die Ein-
fühi'ung der Classenkataloge erreicht worden sollen: 1. die
Eridenzhaltung der Schttlerleistungen , 2. die Verdn&ehung
des Conferenzwesens und S. ein gedeihlicher Einfluss auf das
Verhältnis zwischen Schule und Haus. Prüfen wir nun in
Kurze, ob und inwieweit diese Zwecke thatsrichlich erfüllt
werden. Zunächst die Evidenzhaltung. Wenn der Fachlehrer
seine Note einträgt und » r sieht daneben die Noten der ( 'ollegen,
so kann eine derartige \ ergleiehung unter Umständen ganz
interessant und lehrreich sein. Die Wichtigkeit einer gewibseu
Übersicht über die Schülerleiatungen für die Classenvorstände
und Directoren dürfte auch nicht in Abrede gestellt werden.
Die Frage ist nur, ob eine derartige Obersieht wirklich von Tag
zu Tag, für den Director Ton Woche zu Woche (Weisungen
Digitized by Googl(
Das gögenwilrtige Clasuficationsverfabren.
275
p. 73) noihwendig ist, und ob da niebt die frühere Einncbtung
genügt hat, bei der die Übersicht Daeb Ablauf einer Conferenz-
periode ermöglicht war — zum mindesten nach der negativen,
an vielen Anstalten auch nach der positiven Seite der Schüler-
leistungen. Ich würde keinen Anstand nehmen, die Frage im
eouservativen oder, wenn iSie wollen, im rcactionären Sinne zu
beautworteii, zugunsten des vormaligen Zustandes. Der zweite
Zweck ist die Vereint':u*)nuig des Conferen/wesens. Nim, der
praktische Vorgang ist ja meistens der, dass man die Tadlungen
und Mahnungen bei den Schülernamen in einem Bogen nach
wie vor einzeichnet« aber sie gleichzeitig auch im Glassen-
kataloge vermerkt. Wieso eine derartige doppelte Eintragung
eine Yereinfachung bedeuten soll, ist niclit gerade einleuchtend; '
wo die Bogen wegfallen, da kommt nur die Sache dem früheren
VerfM^M-en gegenüber auf dasselbe hertms Um aber die Über-
zeugung zu gewinnen, dass der Schüler nicht entsproelu'ii ]iat,
dazu braucht man ileu Classenkatalog nicht: die bat man uhue-
hin, oder es verschatft sie der Handkatalog ebensogut. Und
nun der dritte Zweck: die wohlthätige Einwirkung auf die
Beziehungen zwischen Schule nnd Hans. Der Veäehr soll
sieh nach der Intention des Erlasses leichter gestalten. Insofern
da daran gedacht ist, dass er so bequemer wird, mag es damit
seine Kichtigkeit haben. Es ist das eine sehr einfache Sache,
wenn der Classenvorstand bloß den Katalog aufzuschlagen und
auf die Noten hinzuweisen braucht; und zur Noth lässt sieh
dies in seiner Abwesenheit auch von anderer Seite besorgen.
Allenliiigs wäre eine derartige Auskunft dort, wo positive
Censuren bestanden haben, auch früher möglich gewesen, nur
von Conferenz zu Conferenz. Ob der Verkehr regt i geworden
ist, darüber dürften die Erfahrungen an den verschiedenen
Anstalten verschiedene sein. Aber selbst wo dies der Fall ist
— namentlich in den größeren Städten — , hat, fürchte ich,
die Intensität des Verkehrs unter der Extensität gt^litten.
Man hört oder sieht sich die Noten an, nnd damit ist in der
Regel der Wissbegierde Genüge geschehen; was die Haupt-
sache wäre, der Austausch der Meinungen über die Eigen-
art des Schülers unterbleibt jetzt meistens. Außerdem kommen
die Angehörigen auch deshalb häutiger, weil sich die Schüler
über einzelne Noten größere Sicherheit verschaffen wollen,
manchmal aus Ehrgeiz, häufiger aus Specnlationssucht. Ver-
trauensvoller hat sich wohl der Verkehr schwerlich gestaltet.
Die ganze Einrichtung der Classenkataloge steht ja wohl ein
wenig unter dem Zeichen des Misstrauens; und bei Gelegenheit
des letzten Mittelschultages bat Dr. Pommer unter lebhafter
Zustimmung der Anwesenden drastisch ges( hi1d»*rt, wie die
Eltern mit dem Stifte hinter den armen Scbulnieistcrn hinter-
her sind, um ihnen etwas am Zeuge zu ilickeu. So ist dies zum
mindesten in den größeren Orten der Fall. Die Verordnung
denkt wohl daran, dass die Angehörigen die Beurtheilung für
18»
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276
Dr. S. Spitzer.
eine gerechtere halten werden, weil sie gleichsam auf Grund
einer ncheren Aetenlage erfolg. Aber die Erfahrung sprieht
kaum dafür. Wo wir frfiher Vertrauen gefuuden haben, da
iflt es gebliebf^ü: lie Zweifelsucht der Misstrauischen dagegen
wird durch jede Einzelnot'' fi isch genährt. Die hohe Bedeutung
der Elternrechte ist ja durchnns nicht zu verkennen. Wir
Nvissen sehr wolil, diiss da schwerwiegende materielle Inte-
ressen in Betracht kommen und Interessen höherer Art, dass
wir oft in die peinliche Noth wendigkeit versetzt werden, mit
wichtigen wirtschaftlichen Erwägungen und den begreiflicheu
Empfindungen des Eltemstolzes un<f der Elternliebe in Wider-
streit zu gerathen. Aber die höchste Würdigung des Rechtes
auf Auskunft schließt noch immer den Zweifel daran nicht
aus, ob gerade diese Form seiner Ausübnog eine glückliche
ist. Mir scheint hier eine unangebrachte Anwendung des
sollst so berechtigten Grundsatzes der Öffentlichkeit vorzuliegen.
Em seltsamer Widerspruch bleibt es immerliin, dass bri der
Beurtlieilung von Knaben oder doch ganz jungen Leuten nieht
nur selbstverständlicherweise die Schlussresultate, sondern auch
alle dafür in Betracht kommenden Emzulmomeute uuter das
▼olle Lieht der Öffentlichkeit gerückt werden, die Qualification
gereifter Männer hingegen im geheimen erfolgt. So seheint
es mir denn, als würden die drei genannten Zwecke durch die
Olassenkataloge zum geringsten Theile erreicht, und man kann
daher ihre Notb wendigkeit nicht anerkennen; die älteren Ein-
richtungen genügen meines Erachtens im großen und rrrmzen.
Aber auch empfindliche Nachtheile hat diese Einrichtung
im Gefolg«». Vor allem widerspricht das Vertahreu, welches
sie bedingt, dem Wesen der Classification. Die einzelneu
Noten nebeneinandergestellt geben in ihrer Gesammtheit —
selbst wenn wir an keinen bloßen rohen Durchschnitt denken
— durchaus nicht ein zutreffendes Bild von der Leistungs-
fähigkeit des Schülers. Hier erfolgt eben die anfangs berührte
V^ermengun^ zweier ganz verschiedener Zwecke der Classi*
fication. Die Einzelnote (wir sprechen zunächst von den
mündlichen) besagt in erster Linie, wie die fiPrtion beherrscht
wird. Gewiss wird man durch Verstandesfrageu, durch das
Variieren von Sätzen u, dgl dem Prüflinge auf den Zahn
fühlen; aber es kauu darauf naturgemäß nicht das Haupt-
gewicht gele^ werden. Wenn der Schüler die Lection schlecht
CNder mangelhaft durchgearbeitet hat, muss ich ihn schon
wegen der moralischen Einwirkung auf die Classe durch eine
ungünstige Note bestrafen, auch wenn er dabei , was durch-
aus nicht ausgeschlossen ist. ein gewisses Verständnis zeigt.
Und umgekehrt muss die tleiilige und gewissenhafte Tages-
arbeit auch bei schwächerem Verstündnisse belohnt werden.
Die Einzelnoten haben eben zunächst andere Zwecke zu er-
füllen, als dass sie sich zur ausschlielilicheu Grundlage der
Beurtheiluug eigneten. Für diese kommt vor allem der all-
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Das gegenwärtige CUasificationsTer&bren.
277
gemeine Eindruck in Betracht, der sich durch sorgfältige Be-
obachtungen allmählich entwickelt. Es spielen da gewisse
Imponderabilien mit, die deb nicbt so bnchatabenmäßig fest-
legen lassen. Oft ivirft die kurze Beantwortung oder die
Nichtbeantwortnng einer kleinen Bankfrage, die niemand dureb
eine Note kennzeichnen wird, ein scbärferes Streiflicht auf
das ganze KönTien als alle Eintragungen. Und wenn ich bei-
spielsweise in der ultcliissischen Leetüre weiter gehe, als ich
aufgegeben habe, und aus dem Stpcrreif ii])ers»'tz«'ii lasse, lässt
sich nach den geltenden Bestimm uageii da .schwer eine Note
geben, aber für das Urtheil über die Leiütuugüfühigkeit ist es
gewiss Yon Bedeutung. Man kann auch nicht gut den ver-
scbiedenen Wert der Einzelnoten je nacb der Ausdehnung und
Bedeutung der Lection durch Sternchen und zugehörige lange
Anmerkungen hervorheben. Dann 'verkümmert noch die Spe-
culation, wie sie der Prüfzwai^^ zeitigt, die Bedeutung der
Einzflnotf. Dif* Schüler wissen ganz genau, dass jeder einzelne
in der Confereiizperiode mind«'stPiis einmal zur förmlichen
Prüfung gelangen muss, und können sich in stärker besuchten
Classen so den Zeitpunkt so ziemlich ausrechnen. Und selbst
wenn man den wohlbekannten Kuustgriü' des wiederholien
Aufruf ens anwendet, es nOtzt nicht viel, weil der jugendliehe
Leichtsinn die geringe Wahrscheinlichkeit schon wagt; selten
macht man bei derartigen Überraschungen eine freudige Wahr*
nehmung. Verschärft wird das Übel noch, wenn verschiedene
Seiten des Lehrgegenstandes zu berücksichtigen sind. Hat man
zum Beispiel das Griechische in der V. im zweiten Soraesrf»r
zu lehren und will begreiflicherweise den einzelnen aus Homer,
Xenophon und der Grammatik prüfen, dann gewinnt der Schüler
noch mehr Aiiliaitspunkte für seinen Calcul. Dann aber noch
ein weiteres Moment. Das Ui-theil soll sich, auch nach den
Weisungen, im Laufe des Unterrichtes unter Umständen be-
richtigen. Es kann leicht geschehen, dass ich erst tief im
Semester drin den richtigen Standpunkt für die Beurtheilung
gewinne; auch bei den schriftlichen Leistungen erkennt man
oft erst spiHf>r die Ehrlichkeit oder Unehrlichkeit der Arbeits-
weise. Nur hat man aber die Wnffen gegen si^h selbst ge-
schmiedet: man ist durch das bereits vorln ;j;Lude — wenn
auch den Thatsachen nicht entsprechende — otenmat^rial ge-
bunden. Der Grundfehler der durch den Classeukatalog be-
dingten Beurtheilung liegt darin, dasa dasjenige, was in erster
Linie in Betracht kommt, das OesammtgefQhl, der allgemeine
Eindruck, in den Hintergrund gedrangt wird, während die
Einzelnoten, die nur zur Ergänzung dieses Eindruckes und als
Gedächtnishilfe dienen sollten, in den Vordergrund rücken.
Kurz, die Reurf heilungsweise wird eine allzu äullcrliche. Und
ich fürchte, wir entheben uns so immer mehr der allerdings
nicht leichten Aufgabe, über die Leistungsfähigkeit des »Schülers
stets von neuem uns Rechenschaft zu geben, und warten bis
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278
Dr. 8. Spitser.
zum SemeKtersehliiPse, um aus den eingetrageneu Noten das
ziffernmäßige Resultat zu zieheu. Wer übrigens auf die Noten
mehr Gewicht legt — und in eiuzehieii Gegenständen ist es
ja begreif Hefa — , bat dies frttber auf Grand des Handkataloges
ebensogut thun können; nur lassen sich jetzt die anderen (doch
jedenfalls niebt zn unterschätzenden) Faetoren schwer weiterhin
in Ilechnuog ziehen.
Aber wo bleibt die Cmitrole? Nun, flas ist ein sohr
wichtiges Moment. Die Control»' \<f nothwendig uutl nns allen
ganz gesund. Aber auf diesem Ciehiete. auf dem Gebiete der
ClassiHeation wird sie in den meisten Füllen fruchtlos oder
schädlich seiü, weil diese Gewisseubsacbe ist. Die Einführung
des Glassenkatalug^'s hat aber thatröcblich dazu Veranlassung
geboten, das wichtige Recht auf selbständige Beurtheilung der
Schüler zu Terkümmem. Damit Sie mir, meine Herren, keine
Übertreibung yorwerfen, erlaube ich mir, Ihnen den Erlass des
Bukowiner Eandesschnlrathes an die Mittelschuldirectionen vom
IG. November Isiii' vorzulesen. Unter l^erufiiiif^ auf den
Ministeriulerlas.s vom '.]\. OctuhtM' desselben .lalires, durch
weleheu der Landes.sehnlr:ith auffiel ordert wird, darauf zu sehen.
da»s ,,jederzeit der den Nunueu etit. -sprechende Maßstab au die
Schülerleistungen gelegt werde^, eriolgt wieder die Aufforderung
au die Directionen, „die Classenkataloge regelmüOig ssu re-
vidieren und darauf zu achten, dass die in die Semestrai-
zeugnisse einzutragenden Noten auch thatsächlich
den Sehttlerleistungen entsprechen.^ Was bedeutet diese
Bestimmung anderes, als da*?«; vom Director verlanrrt wird, er
solle prüfen, ob die eingetragenen Ein/elnoten das vom Lehrer
bezeichnete Endresultat crgeljeii, und eventuell Einsprache er-
heben. Das Recht auf selbständige Classitication ist durch
die früheren Verorduuugeu zwar nicht mit wünschenswerter
Klarheit festgestellt, weil es fQr selbstTerst&ndlich gegolten bat,
aber doch offenbar vorausgesetzt. Der Organisationsentwurf
besagt nur 7G, 2): »Das Semestraizeugnis enthält . . . .
ferner das Urtheil der einzelnen Lehrer über Fortschritte
und Leistungen in den einzelnen Lehr^egenständen Aber
auf diese Worte berufen sich zwei Ministerialverorduungeu
fsif gehen zwa'' direct die Hfalschulen an, aber mittelbar,
da sie den gememsanien O. E. hetieÜ'eu, auch die Gymnasien),
vom 20. Juni 1853 und vom 5. September ISoG, welche deutlich
die Bestimmung der Endnote als ausschließliches Recht des
Fachlehrers anerkennen — hier im Gegensätze zur Gonferenz.
Jetzt aber, sehen wir, ist in dieses wichtige Recht Bresche ge-
schlagen. AVir werden sicherlich nicht so Terblendet sein, um
die Möglichkeit zu verkennen, dass es unter den Mittelschul-
lehrern wenig vertrauenswürdige Elemente geben könnte, die
ohne Conlrolo aus mangelnder Gewissenhaftigkeit oder geradezu
unehrenhaiteu Beweggründen ungerecht classiheieren würden.
Aber es heilit doch das Kind mit dem Bade ausschütten, wenn
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Das gegenwftrtige GInssificatioMverfiihreB.
279
man wogen der entfernten Mögliehkeit der Ansselireitungen,
im Hinblicke jiiif einzelne Uncrerechte die ganze Lehrerschaft
leiden lässt. Und gegen diese ist das Schutzmittel auch nicht
wirksam. Wer sich kein Gewissen daraus macht, die End-
note willkürlich festzustellen, der wird sich noch weniger
scheuen, mit den Einzelnoten so manipidieren, dm das
gewQDselite Scblussresnltat zum Vorsehein kommt. Ja, ich
weiß nicht, ob nicht auch wirklich gewissenhafte Lehrer durch
die Verkehrtheit des Verfahrens auf denselben Weg gedrängt
werden. Sie sehen im Laufe des Semesters, dass die Noten
nicht dasjenige Resnltnt erflehen wurden, welches ilmen richtig
f?clieint. und si»^ ir<-])>^ii di.« weiteren Noten nicht ganz dem
Sachverhalte eiil -pi f i hend. um lieber im einzelnen incorrect,
uls im großen ungerecht zu sein. Die richtige Einsicht mag
sieh ja durch alle Schranken hindurch Balm brechen; aber
selbst wenn die FSAh von Gewissensconflicten vereinzelt sein
sollten, so ist doch jeder einzelne höchst bedauerlich.
Wie steht es nun mit der Einrichtung der Classenkataloge
im Auslände? £s ist schwer, darüber erschöpfende Auskunit
sich 7A\ verschaffen, weil eben diese Einrichtung interner
Natur ist oder soin sollte lauch bei uns war sie ja schon vor
dem Jalire iShT an einzelnen Anstalten, z. B. am Theresianum,
vorhanden). In Deutschland, dessen Beispiel wir zu folgen
pflegen, scheint es nichts Derarti^eti zu geben. In Bayern
existiert wohl eine Art von Gharakteristikenbuch, wie es im
Jahre 1850 auch die damalige Landesschulbehdrde fflr Steier-
mark, Kärnten und Erain geplant hat, in welchem von Zeit za
Zeit die Schülerindividaalitat ausführlich gekennzeichnet wird
und worin auch die Eltern Einsicht nehmen können; aber dieses
1^.ti('h lässt sich mit nnserm Classenkataloge nicht gut ver-
^Irichen. Sehen wir. wie es in PreuHen damit bestellt ist. Ich
k inn es mir nicht versagen, Ihnen da eine ^^telle aus dem
Martiniak^scheu Vortrage Wochen Hospitierung an
Berliner Gymnasien" (Graz, Innerösterreichische Mittelschule,
10. October 1891) Torzulesen. Sie ist an und fUr sich in-
teressant und stellt meines Wissens neben der Pommer'schen
die einzige öffentliche Äußerung über die Classenkataloge dar, so-
viel auch schon im Privatkreise darüber raisonniert worden ist.
„Man prüft ganz bedeutend weniger als bei uns. Dies, meine
Herren, brachte mir mit umso größerer Klarheit vor Augen,
wie sehr unser Unterricht durch den Prützwang leidet, ins-
besondere seit der Einführung der Classenkataloge, Der un-
geheure Zeitverlust alleiu gibt schon zu denken. Noch viel tieler
aber greift der Umstand, dass durch den Prüfzwang — sagen
wir es deutlich heraus — das im Publicum bei uns überhau{)t
viel stärker als in PreuBen herrschende Misstrauen gegen die
Lehrer gewissermaOen officiell bestätigt wurde; und das ist ein
Übel, welches, wie Sie nur zu gut wissen, auf Angehörige,
Schüler und auch auf uns Lehrer recht ungünstig einwirkt.
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280
Br. S. Spitzer.
Draußen hörte ich noch die schöne, wohlthaende Äußerong'
mehrerer Lehrer, als ich sie fragte, wo sie denn ihre Noten am
Schlüsse hernähmen, dazu böten die schriftlichen Arbeiten An»
haltspnnkte, im übrigen aber gebe man eben die Noten nach
seiner besten Überzeugung, nach dem Gesammteind rucke, den
man vom Schüler gewonnen habe, nach dem Gefühle. Meine
Mittheilungen über das Prüfen und ü!)er die Einrichtung des
Classenkataloges wurden mit d<M!i hüch.sten Erstaunen, ja an-
fangs geradezu ungläubig nutViMionioien." Man muss weit
nach dem »Süden reisen, um eine uimliche Einrichtung anzu-
treffen. & findet sieh in einem Lande, das allerdings andere
Buhmestitel aufzuweisen hat, in Griechenland. Nun, iSa. glaube»
das Vertrauen, das man — ich will nicht von Deutschland
reden; möglich, dass dort die Lehrerschaft auf einer höheren
Stufe steht — das man aber auch sonst überall, vom mis8>
trauischen Griechenland abgesehen, den Miftolschiillehrern ent-
gegenbringt, das man uns früher entgegeugebru' ht hat und
noch ietzt den VolksschuUehrerii zollt, das würden wir auch,
weiterhin verdienen.
Der Classenkatalog scheint also nicht nothwendig und
zieht viele Nachtheile nach sich. Dennoch erhebe ich nicht
den Schreckensmf: Fort mit dem Glassenkataloge! Denn die
Re.^olution, die ich beantragen will, soll nicht persönlichen
Empfindungen Ausdruck verleihen; sie soll Ton vereinswegen
gefasst werden. Wir wollen dabei immer das Erreichbare
anstreben und \ins dns Bestehende üiTiglichst nnschlielieu.
So morlifp ich ihnen denn eine ModiticaLiuu der jetzigen Form
des Classenkataloges vorschlaf?*^n. Sie wird Ihnen vielleicht auf
den ersten Blick nach dem inuclitigeu KreiÜen von vorliia ein
lächerliches Mäuschen scheinen; aber ich glaube, dass sie
dennoch vieler Schattenseiten der Einrichtung entbehrt und
dabei manche ihrer Vortheile mit herübemimmt. Ich denke,
das Beste wäre, wir würden die positiven Censuren, wie sie
früher an einigen Anstalten bestanden haben, im Rahmen des
Classenkataloges wieder ins Leben rufen. Der Lehrer hätte
also, ohne die lästigen Einzfleintraf^niirfeii vornehmen zu müssen,
bloß am Schlüsse der Conterenzperiode sein Urtheil über die
Leistungskraft des Schülers — womöglich nach der mundiichen
und schriftlichen Seite speciliciert — durch eine Note aus-
zudrücken. Sie sollte sich aber auf den ganzen bis dahin ver-
flossenen Zeitraum beziehen, also beispielsweise nach Ablauf
der zweiten Gonferenzperiode besagen, wie sich der Calcul bis
dahin überhaupt stellt, nicht bloß in dieser Periode selbst; es
wäre dies wohl lehrreicher. Diese Noten wären den Angehörigen
auf Verlangen mitzutheilen: falls sie ungünstiger Natur sein
sollten, hätte diese Mittheilun^' imch ohne diese« von amts-
wegen zu erfolgen. Ich erlaube mir also zu beantragen:
„Die ,Bukowiner Mittelschule' spricht sich für eine der-
artige Modification der gegenwärtigen Einrichtung des Glossen-
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Oaa g^genwArtige OUMnficaÜoiuver&breB.
281
kaiaiüges aus, dass der Fachlehrer lediglich dazu verhalten
werde, am Eude jeder Conferenzperiode seinem (Jrtheile über
dasjenige, was der Schüler bis dahin geleistet hat, durch eine
29ote Ansdroek zu yerleUien. Wo sehriiUiehe Leistaxigen an-
geordnet sind, hat er sie dnreb eine besondere Note za kenn-
zeichnen. Diese Noten sind den Eltern oder deren Stellver-
tretern auf Verlangen mitsatheilen; sind sie angfinstiger Natur^
hat die Mittheilung von amtswegeu zu erfolgen.*^
Ich glaube, meine HeriPii, Sie würden durch die An-
nahme dieser Resolution nirgends verletzen und so die Vereins-
interessen gefährden und dabei doch der Uberzeugung von der
Ket'ormbedQrttigkeit einer wichtigen Schuleinrichtung oÜ'eueik
Ausdruck geben.
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282
Josef Wotta.
Über SehüleraussehließuBgen.
Vortrag Yon Prof. JOMf Wotta, gehalten im Vereine „Bukowiner Mittel-
schnle* in Csernowits am S8. April 1898.
Meine Herren!
lü den Mittelschulvereinen werden außer Staudesfragen
and wissenscbafÜichen Vorträgen auch pädagogisch-didaktisehe
Fragen sehr häufig erörtert, denn diese sind in erster Reihe
geeiguetf ftUe Vereinsmitglieder in hohem Grade zu interessieren,
weil sie jedem Mitglied e die erwünschte Gelegenheit bieten,
bei den Debatten seine Meinung za suißern, in welcher Weise
der eine und der andere Lehrer das Wohl der studierenden
Jugend nach seinem besten Wissen <:^etr»rdert wissen wollte;
denn es ist, man kunn sagen, in der Natur der Lelirer gelegen,
nicht blol] um das ^Vohl des eigenen Ichs, Huudern mit ebenso
grolJem Interesse auch um das Wohl ihrer Schüler zu sorgen.
Wer einmal nach reiflieher Überlegung sich dem Lehrer-
stande widmet, der thut es nnr infolge einer besonderen Vor-
liebe für diesen Stand, er fühlt in sich die s(^genannte Yocation
zum Lehrer und kümmert sich nicht um die Klagen, die man
heutzutage so oft zu hören bekommt, dass die Menschen keine
höheren Ideale haben und nur dem Materialismus huldigen.
W^ir können mit großer Freude constatieren, dass die meisten
Mitglieder des Lehrerstandes noch ideal angelegt sind. Die
Ideale sind gleichsam Schwingen des suchenden und strebenden
Geistes, auf welchen sich der Lehrer über das Alltägliche zu
erheben yermag. Diese Ideale yerleihen ihm jene edle Be-
geisterung, welche für jeden selbstlosen Erzieher der Mensehen
noth wendig ist; denn ein Lehrer ohne Be «reiste rung für seinen
hohen Beruf und ohne Interesse für das Wohl der Kinder, die
er zu l)ilden hat und die er erst 7,u Menschen erziehen soll,
sinkt zu einem gew'ihnliohen Taglöliner, dem es nnr darum
zu thun ist, dass die Unterrichtsstunde zu Ende geht und er
am 1. jeden Monats sein Gehalt bekitmnit.
Nicht die bessere oder schlechtere Besoldung, sondern die
heilige Begeisterung für unseren schönen Beruf befähigt uns,
den männlichen Geist herabzubeu^en zur Kinderwelt, uns liebe-
ToU selbstTergessen zu Tersenken in die kindliche Ajischauungs-,
Denk- und Stimmungssphäre, um die geistigen und sittücnen,
Kräfte, die in der Tiefe der Kinderseele gebunden liegen, zu
befreien. Die Begeisterung für den Erzieherberuf verleiht uns
jenen Grad von (xeduld, welcher nothwendig ist, das Streben
und die Freudigkeit in unserem Schüler zu wecken, ein Ideal
sich selbst zu gestalten, dem mögliehst nachzustreben, das nach.
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Ober Schflleransschließniiffen.
283
Kräften möcrlicbst aaszugestalteu als Zweck uüd Ziel seiues
Lebens ersrlieiut.
Es ist daher selbstverständlich, dass es uns auch daran
lie^t, dass mogliclist alle uns zur Erziehung und zam Uutei*-
mhte anvertraoten Kinder das angestrebte Ziel erreichen, und
dass es jeden von uns immer schmerzlich beiührt, wenn der
eine oder der andere von unseren Schülern infolge gewisser
Vergehen Tom ]3esuche des öffentlichen Schulunterrichtes aus-
geschlossen werden muss. Es dürfte wohl aus diesem Grunde
violon ^^)llo^•Hn die Thfitsache aii{'n;*'fallen sein, dass hei jed^r
ordcntiiciitMi Monatscunferenz der Lehrkörper unserer Mittrd-
Kclnih'n unter den holien Erliisspii, die den Cotiferenzmitgliedern
zur KuuuLuis gebracht werden, sich stets verhältnismäßig viele
vorfinden, durch welche Bchmerausschlleßungen Yerschiedener
Schulkategorien bekanntgegeben werden.
Wenn ich es unternommen habe, über SchÜleransschließun-
gen aus unseren Mittelschulen einige Betrachtungen anzustellen,
so muss ich gleich hier m rken, dass es durchaus nicht meine
Absicht ist, etwa eine Kritik üht'r die vollzoL'on»Mi Rcliüler-
ausschließuugen zu üben, sondern ich will nur die Aufmerk-
samkeit der geehrten Collegen auf diesen, wie ich glaube,
nicht unwichtigen Gegenstand gelenkt haben.
Ich habe auf Grund genauer Verzeichnisse die in den
letzten zehn Jahren, d. i. seit dem Jahre 1888 bis inclusive
1897 bekannt gewordenen Schülerausschließungen aus allen
Öffentlichen Schulen gezählt und habe gefunden, dass während
des genannten Zeitraumes im ganzen 6Ü4 Schiller vom öffent-
liehen Selmlunterrichte ausgeschlossen wurden. Es entfallen
sonjtt im ] )nr*dischnitte für diesen Zeitraum Schüler-
ausseiiiiebunu;en per Jahr. Auf die einzelii'Mi Jalire vertheilen sich
diese Fälle ziemlich veischit-den; so wurden beispielsweise im
aus allen Schulen ausgeschlossen. Dass die Zahl der Loeal-
ausschließungen eine bedeutend größere sein wird, durfte kein
Zweifel obwalten. Nachdem die Zahl der Ausschließungen eine
so große ist, so bin ich der Ansicht, dass diese Angelegenheit
wohl weii sein dürfte, in den Mittelschulvereinen seitens der
Lehrer besprochen zu werden: denn es darf niis doeli nieht gleich-
giltif^ sein. Avenn jährlieh ül>f'r 00 junge Leute, zu welrhen
iu der Keifel {gerade uielit die jreistioc Ijeschränktesten rr*^b*>i"t:n,
des Rechtes verlustig erklärt werden, an einer öffentlichen Lehr-
anstalt studieren zu dürfen. Man muss sieh nur in die Lage
der bedauernswerten Eltern solcher Schüler versetssen, um die
ganze Schwere eines derartigen Unglücksfalles begreifen zu
können. Was können die Eltern mit einem 16-» 17jährigen
oder noch älteren Sohne beginnen, der bis zu seiner Aus-
schließung nichts anderes gelernt hat. außer das, was die be-
treffende Lehranstalt, dif» f»r besucht hatte, von ilini gefordert
hat. Man wird wohl zugeben müssen, dass in der Hegel der
Jahre 1895 sogar 9.ö Schuler
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2ö4
Joaef Wotta.
lüßeie Theil der von dieser Strafe Ereilten für ihr ganzes
eben nnglüeklieh bleibt.
Darauf könnte mir wohl erwidert werden, dass der junce
Mensch es nicht anders haben wollte, denn er habe sein Schick-
sal selbst verschnldet ond müsse daher auch die natürlichen
Folgen tragen u. s. w. Mir fällt es auch nicht ein, darüber
Worte zu verlieren, wenn einen unverbesserlichen Thuniclitfjut
die verdiente Strafe trifft; denn es ist gnnz in der Ordaiiiig,
dass jeder Schüler, der die Schulgesetze nicht befolgt, sich den
Anordnungen der Lehrer nicht fügen will, gestraft werden
muss. „Strafen," sagt Goethe, „heißt dem JüngUiig wohl thun,
dass der Mann uns danke." Durch jede Strafe sucht der £r^
zieher ein unangenehmes Gef&hl tu erregen, um die Maeht
des Bösen in und außer dem Kinde zu schwachen und dem
Guten zum Siege zu verhelfen. Diesterweg sagt in seinem
Aufssitze „Was fordert die Zeit in Betreff der Scliulzueht?" aus
dem .hilire 1830: „Wer den Kespect und Gehorcmn f(en;on die
(conereten) Personen, durch welche die Gesetze sind und
lebendig werden, in seinem Geniüthe vertilgt hat, für den ist es
nur ein Schritt zur L'bertreLung der Gesetze. Das Gesetz muss,
wie der das Gesetz ausfahrende Beamte eine Autorität sein.
„Die Achtung gesen die Gesetze, sowie gegen den Gehor-
sam muss der Mensch lernen. Der heranwachsende Mensch, das
Kind, muss daher in der Achtung gegen die Gesetze erzogen
werden."
Man kann getrost behaupten, dass solange es Schüler
geben wird, sohmt^e werden die Lehrer gezwungen sein, Straten
zu dictiereu, nur ist dabei wohl zu berücksichtigen, dass die
Strafe dem jeweiligen Vergehen, das ein Schüler begangen bat,
dann dem Alter und der Indindualitüt des Schülers entsprechend
sei; denn ein Missgriff in diesem Punkte kann sehr leicht dem
Schaler zum Verderben gereichen. „Das Kind wird mehr ge*
zttchtigt, der Knabe mehr beschämt, der angehende Jflnghng
mehr ermahnt und zurechtgewiesen.^ (Kruse.)
Es ist selbstverständlicn, da.ss Schüler aus der Schule ent-
fernt werden müs.sen, wonn deren weiteres Verbleiben in der
Anstalt für die übrigen i^ehüler eine Gefahr brächte. Der Aus-
sehlnss eines Schülers aus einer Anstalt oder gar aus allen An-
stalten gehört wohl zu den iuirtesteu Strafen, die einen jungen
Menschen treffen, kann; die allerhärteste Strafe hat, wie oben
angegeben wurde, in jedem der zehn letztvergangenen Jahre
durchschnittlich Ober 60 Schüler getroffen, und zwar mit Recht,
denn sonst wären sie TOn den betreffenden Lehrkörpern zum
Ausschlüsse nicht beantragt, oder aber der beantragte Ausschlusa
wäre von den hohen St hnlbehörden nicht bestätigt worden.
Bis vor 1:iir7*'r Zeit wurde in jedem hohen Erlasse, durch
welchen die Aussciiließuug ein»'s Schülers publiciert wurde, auch
der Grund angesehen, weshail» dieser oder jener Schüler aus-
geschlossen wurde; in letzter Zeit werden diese Gründe nicbt
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Übor SchOlerausschUeßaiigeik.
285
mehr uu^egeben. Mögen nun die Grunde welcher Art auch
immer sein, so dürfte es unter den zur Ausschließung bean-
tra^n auch manche Falle geben, welche bei wohlwoUenaer und
mhiffer Behandlung seitens des betreffenden Lehrers h&tten
wohl Tcriiindert werden können. Ich sage absichtlich seitens
des betreffenden Lehrers, weil in der Mehrzahl der Fälle ge-
wöhnliel) -/nerst ein Lehrer über diesen oder jenen Schüler
Klage fuhrt, denselben mahnt, tadelt, einsperren lässt und auf
diese Weise die Aufmerksamkeit des Lehrkörpers auf den
*,Tavigenichts" lenkt, wodurch erst eine Erbitterung in dem
Schüler hervurgerufen wird, die ihn sodann iiir jeden wohl-
gemeinten Rath blind und taub macht. Schließlich bleibt dem
Lehrkörper kein anderes Mittel flbrig, als den Widerspenstigen,
Kecken and Nachlässigen zum Ausschlüsse aus der Anstalt zu
beantragen. Ich bin der Ansicht, dass bei taktvoller Behand-
lung der Schüler der Ungehorsam, die Keckheit, Widerspenstig-
keit nüd manche andere Untugenden äußerst selten jenen Orad
anurliiiiiMi würden, dass man die jungen Leute desliulb /um
Ausschlüsse beantragen müsste. Der Lehrer muss seine »Schüler,
wenn er sie ganz gerecht beurtheilen will, uach allen Hichtun-
j^eu genau kennen lernen, er muss die geistige und körperliche
Beschaffenheit eines jeden Schülers kennen und die einzelnen
Individualitäten ffenau berücksichtigen.
Am besten lernen wir unsere Schüler kennen und behan-
deln, wenn wir uns selbst genau studieren. „Willst du andere
verstehen, blick' in dein eigenes Herz." Jeder von uns, der zu
gewissen Zeiten im Jahre geistig übermäßig angestn^ngt zu
arbeiten genöthigt ist, wirdf an sieh selbst die Beobachtung
gemacht haben, dass die geistige Ermüdung sein ganzes Naturell
in hohem Grade nachtheilig beeiuÜusst. Ich habe iu dieser
Hinsicht an mir selbst und an meinen Schülern seit yielen
Jahren Beobachtungen gemacht* An unserer Anstalt findet
jedes zweite Jahr eine doppelte Reifeprüfung, d. i. an der
männlichen und weiblichen Anstalt statt. Die Prüfungen
dauern 10 bis 14 Tage, dabei wird täglich acht bis neun
Stunden geprüft, und diejenigen Mitglieder unsere^ Lehr-
k<"irpers, welche an beiden Anstalten in den vierten Jalngangen
beschäftigt sind, müssen während der ganzen Prüfungszeit bei
der Prüfung /.ugegen sein, um aus einem, zwei, eventuell auch
mehr Gegenständen 70, 80, sogar bis über 100 Candidaten zu
prüfen. Diese Arbeit gehört zu den anstrengendsten, die ich
kenne; denn bei der Prüfung muss der Lehrer stets den ganzen
Lehrstoff, über den er seine Schüler zu prüfen hat, vor seinem
geistigen Auge haben, um aus demselben jedem Schüler solche
Fragen zu stellen, aus denen die Commission die Überzeugung
gewinnen soll, ob und in welchem Grade der Candidat geistig
reif ist, der Examinator muss dabei die Individualität des Can-
didaten soweit berücksichtigen, dass demselben, der aus zehn und
mehr Gegenständen innerhalb vier bis fünf Stunden geprüft wird,
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2ÖG Josef Wotta.
kein Unrecbt widerfahrt. Diese geistige Anstrengung bringt
einen so hohen Grud körperliclier und geistiger Abspannung
und Reizbarkeit mit sich, dass mau förmlieb menschenscheu
wird nnd zufrieden ist, wenn man abends weder körperlich
noch geistig etwas tbuu mnss. Ganz dieselben Erscheinungen
bemerkt man an doiijeiiigeu JSehiUeru, die erst am 10., 11. oder
noch späteren Tagen au die Reihe zur Prüfung kommen. Die
feistige Überanstrengung erzeugt beim Lehrer und
ei den Schülern einen hohen Grad von Reisbarkeit.
Seit vielen Jahren wird in Lehrerversammlungeu über die
geistige Überbürdung der Schüler gesprochen und debattiert,
und fast immer heißt es: „Unsere Gymnasialschüler sind über^
bürdet." Bei der am 28. und 29. Deceniber 1897 in Wien (im
Unterrifhtsministerinm) abgeliaUenen Enquete betreffend die
Realschulen ist die Frage, ob eine U b^'rbürdmig der Keidschule
vorlianden sei und in welclieu Uielituiigeu sie sich üuüert, da-
hin beantwortet wcjrden, dass eine solche Überbürdung that-
siichlich bestehe. Ganz dasselbe kann mau über die Lehrer-
bildungRanstalten sagen, auch hier ist die Jugend infolge des
Vielerlei des Lehrstoffes und der großen Stundenzahl (7 an
jedem Wochentage) iu hohem Grade überbürdet.
Eine Überbürdung der Schüler ist somit vorhanden, dies
sehen die Lehrer ein, dies wissen die Schulbehördeu, darüber
klagen die Eltern, darunter leidet die Jugend, und trotzdem
kann man kein geeignetes Mittel gegen die.se Zeitkrankheit
linden, weil einerseits die Aniorderungeu, die der Ötaat an
.seine Beamten stellt, von Jahr zu Jahr größer werden, und
weil anderseits die materialistische Zeitströmung es mit sich
bringt, dass die Eltern sich nicht mehr damit begnügen, was ihre
Kiu&r in der Schule lernen, sondern die Kinder werden ver-
halten, noch außerhalb der Schule Musik, moderne Sprachen etc,
zu studieren, damit sie allseitig gebildet und recht bald eine
gut dotierte Anstellung erhalten: denn hohe sociale Stellung
und materieller Besitz sind die Ideale, nach deiuMi lieutz.utage
so oft gestrebt wird. Die Folge der Überbürdung i>t, dass die
Schuljugend ihr Gehirn und damit ihr ganzes Nervensystem
über das Muli des Norrnuiun anstrengt. Nun wissen wir aus
Erfahrung, dass in einem jeden Organe, welches über GebQr
angesti*ei^ wird, sich eine Ermüdung einstellt. Die Jugend
muss, falls sie in der Schule vorwärts kommen will, ihr Gehirn
mehrere Jahre hintereinander übermäßig anstrengen, die Folge
davon ist die geistige Ermüdung, die sich auch auf den Körper
ausdehnt.
Die Physiologen haben nachgewiesen, dass bei jeder Ge-
hirnermüdung der Puls schwach, der Kopf heiß, die Füße kalt
und die Augen und \V angen geröthet werden. Diese Erscheinungen
werden dadurch veranlasst, dass die Contraction der Blutgefäße au
der Körperoberflache infolge übermäßiger Gehirnarbeit schwächer
wird, dafür sendet der Organismus mehr Blut zum Gehirne, um
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über SchOJeraiuBehließungeii.
287
die durch geistige Arbeit verbrauchten Uehirnbestandtlieile so-
fort zu ersetzeil, weshalb der Blutandrang zum Gehirne so groß
wird, dass bei manchen Personen Ohrensausen, bei anderen
Schwindelanfälle und selbst Brbreelieii u. s. w. sieh einstellen.
Lehrer, welehe ihre Sehüler bei schriftlichen Schularbeiten
genan beobachten, werden ähnliche Wahrnehmungen gemacht
haben. Werden die Schüler z. B. in der ersten und zweiten
Unterrichtsstunde geistig recht angestrengt, so kann es vor-
kommen, dass in der dritten Unterriclit^^tunde der Schüler X
oder \ trotz des interessanten Unterrichtes etwas unanfmerk-
sani wird, was manchen Lelirer veranlassen kann, bei der Con-
fereuz über Theilnahmslosigkeit, Uiiautmerksamkeit u. s. w. der
betreffenden Schüler zu klagen, dieselben zu mahnen oder zu
tadeln. Sollte sich ähnliches Vergehen bei denselben Schalem
wiederholen, so könnten sich daraas böse Folgen fQr dieselben
ergeben, obwohl, streng genommen, die Siäüler unschuldig
sind, da sie dafür absolut nichts können, wenn ihr Gehirn ver-
haltnismäßig schnell müde wird.
Es wird mancher Lehrer an sich die Beobachtung gemacht
haben, dass, falls er vormittags zwei bis drei Stunden intensiv
geistig beschäftigt war und nachmittags schon um 2 Uhr wieder
in die Schulzimmerluit hinein muss, er sich sehi- anstrengen
muss, um mit voller Aufmerksamkeit den Unterricht zu er-
theilen; oft befallt eine auffallende Müdigkeit unseren Körper
und wir yermögen kaum das Gähnen zu unterdrücken. Man
hat constatiert, dass nach jeder verhaltnismäDig stärkeren
körperlichen oder geistigen Anstrengung sich der Schlaf ein-
stellt, während eine Übermüdung die Schlaflosigkeit zur Folge
hat. Die Ermüdung wird von den Physiologen als eine Art
Vergiftung aufgefasst, wodurch nach Mosso die Zusammen-
setzung des Blutes und die Lebensvorgänge verändert werden.
Die betreö'ende Person merkt diese Veränderung nur an dem
Geföhle der Erschöpfung.
Betrachten wir einen zweiten Fall, der auch in mancher
Schule Torkommen dflrfte. Jede ffrÖßere Ermüdung des Gehirnes
macht uns für längere oder kürzere Zeit für eine weitere
geistige Arbeit untauglich; das Gedächtnis versagt uns den
Dienst. Versuchen wir in diesem Zustande etwas zu lesen, so
fassen wir den Inhalt des Gelesenen nicht auf, die Gedanken
bleiben nicht haften, Erinnerungsbilder längst vergangener
Zeiten tauchen auf, lassen sich nicht zurückdrängen und stören
die Association des neuen Stoffes. Wir suchen uns zur Auf-
merksamkeit zu zwingen, um das Gelesene zu verstehen, wir
lesen denselben Absatz zwei- und dreimal durch. Doch Ter-
gebliche Mühe. Das Gedächtnis vermag keine neuen Vorstel-
lungen aufzunehmen. Schließlich legen wir das Buch beiseite
una versuchen etwas zu schreiben, aber auch hier will es nicht
besser vonstatten gehen. Erst können wir den rechten Anfang
nicht finden, dann wollen sich die Gedanken nicht einstellen.
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28Ö
Jo«ef Wotia.
ilie wir so oft uus zurecht selegt habeu, eudlich geliugt es
uns naeh länffmm Qaälen &B Gehirnes, einm Sätte meder-
sasehrelbeii. mim Darchlesen des Niedergescnriebenen finden
mir zu uuserer Yerwandenmg, dass wir im Concepte ganze Sfttxe
mid Satztheile ansgelassen haben, nnd dass sich sogar ortho-
graphische und grammatikalische Fehler im Niedergeschriebenen
vorfinden. Ist es daher zu wundern, wenn die Schüler in der
dritten oder vierten Unterrichtsstunde in einer Schularbeit
Fehler begeben, die der Lehrer in seiner Entrüstung über die
grenzenlose Unautnierksamkeit dieses oder jenes Schülers auf-
gebracht, drei- und viermal unterstreicht, dann die Fehler
nicht mehr zahlt, sondern, wie man za sagen pflegt, anf einer
goldenen Wase wägt und schon bei yerlältnismäig wenigen
Fehlern die Note „nicht genfigend" schreibt?
Man will die Beobachtung gemacht haben, dass unter den
I^ehrpersonen die verdrießlichsten und reizbarsten Menschen zu
finden sind, und dass die Lehrer gerade diejenigen Väter sind,
die «ich am wenigsten darum interessieren, ob ihre eigenen
Kinder die für die Schule nothweudigen Aufgaben u. s. w.
tagtäglich iu Ordnuug haben. Obwohl ich diese Behauptung
nicht ohneweiters unterschreiben möchte, so moss ich doch
zugeben, dass an der Sache etwas Wahres ist. Der Grund
dieser, man könnte sagen, sonderbaren Erscheinung lässt sich
leiclit erklären. Der Gexichtsbeamte, der Advocat u. s. w. be-
schäftigen sich in oder außer dem Hause je nach ihrem Stande
mit verschiedenen Dingen, kehren sie nach der Tagesarbeit
in ihren Familienkrpi'>^ zurück, so rinden sie in der Beschäfti-
gung mit deu eigenen Kindern eine angenehme Erholung.
Der Lehrer korarat abends nachhause ganz müde, abgespannt
und soll, wenn er beispielsweise vormittags drei bis vier und
nachmittags zwei Stunden unterrichtet hat, wobei er seine
Aufmerksamkeit Tielfach theilen muss, indem er beständig zu
sprechen, mit seinem Blicke 50, 60 und mehr Schüler zu
überwachen, hier zu prüfen, da zu erklären und dort zu
mahnen hat, mit Freude an den Unterricht seiner Kinder denken.
Muss er aber trotzdem seinen Kindern bei der Vorbereitung
helfen, so bietet ihm diese Beschäftigung keine Erholung, son-
<lern nur eine weitere geistige Anstrengung, durch welche der
brad der geistigen Ermüdung nur noch gesteigert wird.
Der berühmte Physiolog Mosso hat durch Experimente
nachgewiesen, dass eine jede weitere Anstrengung des bereits
ermOdeten menschlichen Organismus einen be&utend größeren
Schaden zufügt, als wenn man dieselbe Arbeit bei ausgeruhtem
Organismus TollfÜhrt. Sind wir genöthigt, unser Gehirn, wenn
dasselbe schon ermüdet ist, durch andere Arbeit noch weiter
aii/ustr^iimMi, so schädigen wir das Gehirn «nmmt dem ganzen
^Nervensysteme in hohem Grade. Die erste Folge einer Über-
anstrengung des Gehirnes ist eine Störunjz; der Bluteirculatiou.
Ist aber das Blut im Körper ungleichmäßig vertheilt, so be-
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über SchülerausschließujigeD.
289
kommen auch die Verdaaimgeorgaiie zu wenig Blat und kdimeii
deshalb die Nahrungsmittel, die dem Körper zugefährt werden«
nicht gehörig ausnützen, das Blut bat somit nicht diejenigen
Bestandtheile in entsprechender Menge, welche aar xiehtigen
£rnähruDg des Körpers im ganzen und des Nervensystems im
besonderen nothwendig sind. Daraus rosultiprt {iio Schwächung
des Nervensystems; geschwächtes Nerveusy.siem ist stets mit
Reizbarkeit des Temperamentes verbunden, und deshalb ist die
jetzige (leueratiuu sosehr reizbar, dass selbst ergraute Manuer
oft w egüu einer geringfügigen Sache in Streit, Hader und That-
liehkeiton gerathen. in der geistigen ErmOdung und in der
Reizbarkeit des Nerrensystems ist auch der Grund zu suchen,
warum die heutige Jugend sogar auf dem Turn- und Spiel-
platze nicht zu jeuer lebensfrohen Stimmung kommen kann,
welche man bei jungen Leuten so gerne sieht. Mit dieser
Zeitkraukheit dürften auch die häutigen SchülerselbstmordM in
einigem Zusammenhange stehen; wie oft liest man iu den
Zeitungen, eine nichtgeuügende Note war die Ursache des
Selbstmordes dieses oder jenes Schülers gewesen.
Wenn wir gewissenhaft sind, so werden wir zugeben
mfissen, dass auch manche Lehrer von der Zeitkrankheit „Ner*
vositäf^ nicht ganz frei sind, dass sie in ihrer empfindlichen
Reizbarkeit manchesmal, ohne dass sie etwas dafür können, ge-
wisse Vergehen der Schüler schärfer beurtheilen, als dies noth-
wendig ist. Will es der /iif':ill, dass ein nervöser Lehrer niit
einem nervr»s lieanlagten iSchüier zusammenstößt, so kann mau
fast mit Hicherheit erwarten, dass auch aus einer verhältuismäliig
geringfügigeu Suche ein schwerer Disciplinariall wird.
Schwere Disciplinarfälle, d. b. locale und allgemeine Aus-
schließungen Ton Schülern aus unseren Mittelschulen kommen
meiner Ansicht nach Terhältnismäßig zu häufig Tor, insbesondere
wenn man erwägt, dass die Kinder zum Besuche einer Mittel-
schule nicht gezwungen werden, wie dies in den Volksschulen
der ^'all ist, und wo manclie Kinder mit Absiclit ein solches
Benehmen an den Tag legen, damit man sie aus der Schule
entferne. Bei den MiUelschülern verhält sich die Sache ganz
anders; obwohl das Studium an einer Mittelschule mit großen
luateriellen Opfern verbunden ist, so wenden die Eltern das
Äußerste an, wenn es sich darum handelt, ihren Söhnen die
Wohlthaten einer lüttelsebulbildung zu ermöglichen; die Schüler
zeigen in den meisten Fallen ein erfreuliches Streben, den An-
forderungen zu enis{)rechen.
Schüler, welche keine Eignung zum Studium an den Mittel-
schulen haben, fallen von selbst ab, auch dürften Ansschliefiungen
wegen Unfähigkeit und Mangel an Fleiß sehr selten vorkommen.
Icii verniutlie daher, da.ss für manche Schülerausschlielluniren
die erste veranlassende Ursache in der geistigen Ermüdung
und der daraus resultierenden nervösen Reizbarkeit eines Theiles
der Schuljugend und mancher Lehrer zu suchen ist.
„Oiterr. UlUelichttia*'. XIL J»btg. 19
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290
Josef Wotta.
Man könnte darauf erwidern, dass der Lehrer für das
Wesen seiner Gemüthsart mrhf verantwortlich gemacht werden
köiim', weil dieselbe von der Beächaü'euheit des Nervensystems,
und die lieschatieuheit des letzteren von Geburt, von der Er-
nährung^, Erziehung und von vielen anderen Factoreu abhängig ist.
Dieser Einwand ist ganz richtig, aber man muss ihn dann auch
für die Sehuli ugend gelten lassen. Ein Gläck für die Menschheit
ist es, dass die nervöse Ermüdung auf versehiedene Menschen
verschieden einwirkt, es verhält sich damit ebenso wie mit
manchen anderen Krankheiten. Mosso sagt in seinem Werke
„Die Ermüdung" : „Wenn sich mehrere Menschen unter denselben
Umständen derselben niedrigen Temperatur aussetzen, kann
es vorkommen, dass der eine »Miie Lungenentzündung, der
zweite Starrkrampf, ein dritter UcbichtslUhmung, ein vierter
Rheumatismus, ein fünfter Darmentzündung, ein sechster
eine einfache Erk<uug, ein siebenter eine Hautkrankheit
und alle Übrigen nichts davontragen."
Für die meisten Schülerausschließongen dürfte jedenfalls
die Ursache in den schlechten Wohnungs Verhältnissen, im Um-
gange mit verkommenen Personen und in einer unpassenden
Leetüre zu suchen sein, also lauter Faetoren, welche durch die
Schule niemals ganz s;iniert werdoii kr>nn(Mi Man muss somit
darauf gefasst sein, dass ►Scluileiausscbiieliunji^en auch in Zu-
kunft vorkommen werden; nichtsdestoweniger soll von der
Schule alles versucht werden, was in dieser Richtung auch
nur einen geringen Erfolg verspricht.
Ich glaube daher, dass mancher Disciplinarfall fremildert
oder gar nicht vorkommen würde, wenn man den Unterricht mehr
^hygienisch'' gestalten wollte, d. h. wenn man beim Unterrichte
die sogenannte „geistige Hygiene" beachten würde; denn dadurch
würde man manchem Übel vorbeutr^n. dessen H'^ilung später
nur auf operativem Wege durchgefüliit werden kann.
80 wie es für einen denkenden Ar/.t viel leichter ist, einer
Erkrankung deb Körpers vorzubeugen, als die Krankheit, wenn
sie den canzen Organismus vergi&t hat, zu beheben, so wird
auch jeder Lehrer bessere Ensiehungserfolge erzielen, wenn
er all dasjenige von seinen Schillern fernzuhalten versteht,
worauf eine Strafe folgen muss, und nicht erst den Schüler
die böse That begehen lässt, um den Sünder durch Bestrafen
zu bessern. Pestalozzi sagt: ,.Die wahre Erziehung hat haupt-
sächlich Hindernisse uus dem Wege zu. räumen; sie hat mehr
negativ als positiv zu wirken."
Man denke nur, welche Pein es für viele Schüler ist, weuu
die Stuiuh» eines sogenannten „strengen Professors" herannaht.
Der Gegenstand ist oft Nebensache, das Naturell, die Laune, die
Reizbarkeit des Lehrers, dann die Art und Weise der Behand*
lung der Schüler seitens des Lehrers ist das ausschlaggebende
Moment, welches den Schülern Lust und Li* ' oder Unlust
und Widerwillen für einen Gegenstand verursacht.
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über Schöleraasscbliebuogen.
291
Ist ein Schüler ängstlicher Natur, und macht ihm dieser
oder jener Geeenstand besondere Schwierigkeiten, so vermag
er, wenn er sich für die Leetion auch leidlich Torbereitet hat,
selten zu entsprechen; denn die Angst lähmt seine Denkkraft,
benimmt ihm die Fähigkeit, laut und deutlich zu sprechen,
macht ihn am ganzen Körper zittern, schwächt die Schärfe
des Auges und des Ohres; der Schüler überhört dif» Frage,
oder er hört sie falsch, d. h. er verstellt sie nicht ganz ricliili^,
er sieht die Ziffern auf der Tafel undeutlich, er hat die Jahres-
zahl vergessen; die lieproduction der Vorstellungen stockt.
Schließlich wird er, weu er keine oder eine falsche Antwort
gibt, in die Bank geschickt, erhält eine schlechte Note und
wird wegen Unfleißes gemahnt oder gar getadelt.
Versucht dann ein Schüler, wenn er in der Bank sich er-
holt hat, etwa den Grund anzugeben, warum er diese oder
jene Frage nicht beantwortet hat, oder ersucht er den Lehrer,
dieser möge ihn bald wiederprüfen, so wird er oft wegen Störung
des üiiterrielites oder wegen Keckheit u. dgl. gerügt u. s. w.
Solche Fälle kommen oft vor.
Die Forderungen der geistigen Hygiene sollen besun-
ders bei der Anfertigung der Stnndeneintheilung beobachtet
werden. Vor allem sollen die Unterriehtsgegensände für die
einzelnen Tage, dann für Vormittag und Naclmiittag derart
gruppiert werden, dass dar:uis nach keiner Kichtung cioe
auffallende Überbürdung der Schüler erfolge. Die Stnnden-
eintheilung soll in erster Linie di»^ Gesundheit der Schüler
und <'rst in zweiter Linie die separaten Wünsche des Lehrers
bei ia ksichtigen. Ein großer Übelstaud unserer Schulverhältnisse
liegt auch darin, dass Schüler, die bis 12 oder gar bis 1 Uhr
in der Schule sind, schon um 2, bezüglich 3 Uhr nachmittags
wieder in der Schule sein mfissen. Das Übel wird anch dadurcn
nicht gemildert, wenn nachmittags, unmittelbar nach dem
£ssen, die Turnstunde angesetzt wird. Wird nämlich der Körper
oder der Geist, bevor die aufgenommene Nahrung halbwegs
verdaut werden konnte, zusehr in Anspruch genommen, so
leidet darunter der Verdauungsvorgang in auffallender Weise.
Wird man bei der Erziehung und dem Unterrichte sich
stets danach richten, dass man als Pfleger des Geistes uud
der Seele einen sich caLwickeluden Organismus vor sich hat,
der sich nur von innen nach außen entwickelt, der selbst
der Gewalt der unabänderlichen Naturgesetze unterworfen ist,
den der Lehrer nur zu modificieren, den Verhältnissen anzupassen,
aber niemals ganz neuzugestalten vermag, so werden auch manche
Härten, die jetzt noch beim Unierrichte vorkommen, entfallen,
und in demselben Grade werden auch viele Klagen der Schüler
und der Lehrer verschwinden.
Die Psychologie lehrt, dass die Seele > Menschen eine
Fülle verschiedener Anlagen und FähigkeitLii besitzt, und dass
die Entwicklung der letzteren von den auf den Menschen
19»
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292
Josef Wotta. Über Schülerausschliebuogeu.
einfrirkenden VerhÜtiinBen abhängt Weil diese Anlagen und
Fahigkeiteii bei jedem Menschen venchieden siod, und weil
auch yersehiedene Verhältnisse die einzelnen Menschen be-
einflussen, so müssen auch die Menschen venchieden geartet
sein; diese Verschiedeiilieiteii muss der Lehrer an seinen Schülern,
soweit als es der Unterricht erlaubt, berücksichtigen, d. h.
er muss auf die Individualität des Schülers bedacht sein.
Schließlich wird ein Lehrer, dem es darau liegt, seinen Schüler
zu bessern und nicht bloß zu strafen, nicht bei den wahr-
genommenen Symptomen stehen bleiben t das in Erscheinung
tretende Leiden an sich betrachten und heilen wollen, sondern
er wird die veranlassende Ursache dieses Übels zu entdecken
trachten, um den jungen Menschen zu retten, ihn den £ltem
und der menschlichen Gesellschaft zu erhalten. In solchen
FiiHeTi wird man sich um die LectUre des Schülers, um seinen
Lmgaug auüerhalb der Schule und um die Wohnungsverhält-
nisse, unter welchen iler junge Mensch lebt, erkundigen müssen.
Was die Controle der Wohuungsverhältnisse der Schüler,
die nicht bei ihren Eltern wohnen, anbelangt, so fordert der
hohe lÜnisterialerlass vom U.December 1897, Z. 26715, wdcher
auf Orund der Uber die Wohuungsverhältnisse der Schüler an
das hohe k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht erstatteten
Berichte erflossen ist, die Lehrkörper auf, dieselbe streng zu
handhaben.
Dl»* Forderungen, welche ich anfGrund meiner Betrachtungen
zu stellen mir erlaube, sind: Möglichste Berücksichtigung
der Individualität des Schülers: Vermeidung der
geistigen Überbürduug der Schuljugend, soweit es-
die Verhältnisse gestatten, und besondere Beachtung
einer geistigen Hygiene beim Unterrichte in der Schule
und bei der Beschäftigung der Schüler durch die Haus-
arbeiten.
Tritt zu diesen Forderungen noch eine wohlwollende Be-
handlung der Schüler seitens der Lehrer hinzu, ,,Der Lehrer
muss ein V aterherz und nicht ein Tyrannenherz haben" (Francke ),
so kunnen wir hüllen. <l:is.-, die Zahl der schweren Straffälle-
in mancher Schule tibnehmeu wird. Jean Bapt. de La Salle
sagt: „Wenn man will, dass eine Schule wohlgeordnet sei, 80>
mttssen die Strafen in derselben selten sein. Die Lehrer mOssea
die feste Überzeugung haben , dass die Autorität einer Schule-
viel mehr durch die Energie des Charakters, durch Festigkeit,
durch Ernst und Stillschweigen erworben und aufrecht erhalten,
wird als durch Schläge und Härte. ^
Sollte es mir geliin^'""ii sein, dun-li ?neine BetrachtuTip:r»!i
die Aufmerksamkeit der l^t ln crwelt aut den vuu mir besprochen* -il
Gegenstand gelenkt vm haben, so l)in ich überzeugt, dass aucli^
die günstigen Folgen nicht ausbleiben werden.
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Dr. Rudolf Ldkn er. Über d. AnsmaG d. oorrectnrpfliclit Arbeiten etc. 293
Über das Ausmafi der eorrecturpfliehtigen
Arbeiten aus Deutseh an Gymnasien.
Dr. Rudolf UVlineF*
Es ist eine yerbreitete imd berechtigte Klage der Ger-
manisten, dass sie an stark besnehten Anstalten ibrer Gorreetur-
pflicht schwer und nur unter Opfern genügen können. Inwieweit
hiebei auch lateinische und griechische Arbeiten mitspielen,
bleibe diesmal unerörtert. Dagegen möge untersucht werden,
ob nielit die P'ordf^ninj:(en des Lelir])lanes, beziehungsweise der
Instructionen hiusiciitiich der Correctur aus Deutsch als Unter-
richtssprache überhaupt zu hoch gegritVen sind und speeiell
dem Vertreter dieses Faches eine oft unerträgliche Last auf-
bürden.
Die Anzahl der zn eorrigierenden und zu censierenden
Arbeiten von T bis VIII ist bekannt. Sie beträgt (kurz ge-
sprochen) für I und (annähernd) II wöchentlich eine; von III
bis inclusive V zwei im Monat, von VI bis VIII alle drei Wochen
eine Aufgabe. An sich und jede Ciasse für sieh genommen,
könnte ja dieses Ausmali nicht gerade exorbitant erscheiii*^ii.
Aber jeder Lehrer weif^, was sich in der Praxis für erdrück »^nde
Combinationen ergeben können. Kein Zweifel. Lehrer und
Schüler sind hier durch das herrschende starre System, durch die
geringe Freiheit der Bewegung, welche uns in* solchen Fi-agen
gelassen ist, stark beengt. Denn nicht nnr Zeit und Kraft des
Lehrers kann hiebei über Qebür in Anspruch genommen und
dadurch anderen, wichtigeren Lehr- und Erziäungsauf^aben
entzogen werden, auch die allseitige Ausnützung der Unter-
richtszeit muss. wie leicht einzusehen, unter diesen häufigen
Arbeitsterraineu besonders in stark besuchten (jlassen leiden.
Denn jede Arbeit (auf der untersten wie obersten Stufe), die
nicht nur pro forma gegeben wird, sondern wohl vorbereitet
aus der gesammten Ünterrichtsthätiffkeit hervorwachsen und
die Ausbildung der Schüler fördern soU, muss vor ihrer Stellung
und bei ihrer Bückgabe mit einem gebürenden Zeitaufwande
besprochen werden. Bei der beschränkten Stundenzahl für
Deutsch ist es aber unvermeidhch, dass infolge dessen den
anderen Zweigen desselben Faches (Leetüre, Redeübungen,
Grammatik n n.) allzuviel Zeit und InteresK*» entzogen wird,
und nur bedeutende Lehrerfahruug und genügen Inr Schutz vor
pedantischer Übertreibung und einsichtslosem Z\\ ;iiige kann hier
die Härten der Vorschrift einigermaßen imdcrii. Doch gerade
für gewissenhafte, ängstliche rfaturen kann dies eine Quelle
seelischen D.rttckeB werden, der leicht zu yermeiden wäre.
Dass die Zahl der Arbeiten in jedem Gegenstande herab-
gesetzt werden kann, haben wir selbst wiederholt erlebt. Im
Jahre 1884 z. ß. beim Erscheinen der neuen Instructionen
wurde die Zahl der deutschen Aufsätze Ton der VI. bis VIII.
Digitized by Google
294 Dr. Rudolf Löhner. Über d. AaamaO d. correcturpflicht Arbeiten etc'
gegen früher herabgeniiudert. Man gehe noch einen Schritt
weiter, und eiue von vielen ersehnte Erleichterung ist gewonnen:
mau gestatte wenigstens Ton der III. an (und vor allem in
der meist aberittllten Qainta!) diese dreiwöehentlicheu
Termine. Ich erinnere daran, dass der III. Mittelschnitag für
die III. und IV. Classe eine älinliche Herabsetzung der s^rift-
liehen Arbeiten beantragte, — leider ohne Erfolg.
Für die VIT. und VIII. wäre dann ein gediegener Aufsatz
monatlich gerade entsprechend.
In der I. verlangt mau allwöchentlich, m der II. alle zehn
Tage eine Arbeit! Steht diese Uumeuefe von Dictaten und Auf-
sätzcheu in einem Verhältnisse zum Zeitverluste, den sie in und
außer derSehnle kosten, und som Erfolge? Auch hier wäre
eine Herabmindern ng der Correcturpflicht auf die
Hälfte dringend geboten und wfirde von Germanisten und
Philologen als eine v^rahre Erlösung 1h grüßt werden. Auch die
Forderungen einer bestimmten Abfolge der Arbeiten (z. B. ab-
wechselnd Schul- und Hausaufgaben) und unverbrüchlicher
Termin»' 's. ArlitMtskiilender) sollten gemildert und in der Praxis
mehr dem Ermessen des dafür verautwortUcheu Lehrers über-
lassen werden.
Man wende mir nicht ein, dass dies ja ohnehin geschehe.
Es kann gesehehen, aber wie viele Factoren haben da mitzu-
sprechen,, und — i,der Buchstabe tödtet'' bekanntlieh nur
zu OÜ,
Sollten aber die wenigen Glücklichen, die entweder über
eine außerordentliche Arbeitskraft verfügen oder an schwach
besuchten Anstalten wirken, diese Forderungen nach Herab-
nniid' nmg der Correcf iirpflirlit belächeln oder wohl gar mit
metiiodiseh« n (?) (tegeugründen bekämpfen, so mnriit' mau
wenigstens die.s Zugeständnis von Fall zu Fall. Es nitige in
einer kurzen Verordnung klar ausgesprochen werden, dass der
Deutsehlehrer im Einvernehmen mit dem Director auch unter
die Zahl der bisher fixierten Arbeiten herabgehen könne, nur
mOssten sich die Zahlen in dem frtther von mir Torgeschlagenen
Ausmalte bewegen, wenn eine nennenswerte Erleiiäterung ein-
treten soll.
Man fürchte nicht, dass durch solche Einschränkungen
das schriftliche Lehrziel weniger erreicht werde als früher.
Was quantitativ und extensiv verloren gienae, würde qualitativ
und intensiv gewonnen werden. Die Fähigkeit, sich correct
und gewandt auszudrücken, hängt ferner nicht allein von
solchen schriftlichen Übungen ab, ja es gibt namhafte Schul-
männer (s. Hildebrand), die von diesen ^papierenen" Übungen
herzlich wenig hslten. Nun, schriftliche Arbeiten gehören
natürlich zum Ganzen, sollen aber immer in ihrer dienenden
Stellung Terharren. Ein Ubermaß jedoch, eine allzu starke
Betonung ihrer Häufigkeit zttchtet nur das verrufene „Tinten-
Deutsch".
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Anton MicbsHtschke. Caelo»TeUarioni.
295
Caelo-Tellurium
(zusammenlegbare Sphäre)
zur Darstellung der täglicheu und jährlichen Erscheinungen
Tom anthropocentrischen, Tom geocentriachen and Tom hei 110-*
ceotrischen Standpunkte aus.
Von Anton Michalitsclike.
(Abs einem Vortrufife. sj^'liiiHen im Vereine ^Deutsche Mittelschule**
in Frag am 24. März 1Ö»7} Önt M. XI, pag. 179.)
Man raüsste sich großen Zwang anthun, einmal begonnen,
einzuhalten im Anführen tob Worten, welche die Überzeugung
von Männ^pr?-! der Wissenschaft wie die anerkaniiter Sehul-
lüäuiier von dem hohen Werte ausdrücken, welelier der Hi ni uiels-
kunile als Zweig menschliehen Wissens und Lernens zukommt.
Es sprechen Männer, die nicht nur das in schönen und be-
zeichueudeu Worten ausgedrückt haben, was jeder, den in
heutiger Zeit auch nur ein Schimmer von Idealismus noch auf
seinen Schwingen tri>, oft und oft gedacht, sondern uns auch
in Werken, welche, yon dieser Auffassung geii-agen, in dem
Gebiete dieser Wissensehaft sel})st in anziehendster Form Auf-
klärung und Belehrung verschaffen — in einer Form, in der
auch jener formale Gehalt dieses Unterrichtszweiges voll und
ganz zum Durchbruche kommt, auf den jene Männer hin-
weisen.
Es soll hier nicht über die Principien, die Methoden oder
die Aufgaben der Astronomie als Wissenschaft, ihren Wert als
Glied in der Kette menschlichen Wissens überhaupt gesprochen
werden, ja es ist anderseits auch gar nicht nöthig, hier die
Stellung der Astronomie als Disciplin im Rahmen des Unter-
richtes und der Erziehung zu beleuchten oder zu vertheidigen.
In unseren Lelirplänen und den weiteren Durchführnngs-
vorschrifteu finden wir die Bedentin^g" unerkannt utui auch die
Wege angedeutet, auf denen dem Ziele zugesteuert werden
kann, den muterialeu wie den formalen Gewinn zu heben, den
diese Wissenschaft der Erziehung und dem ÜJiterrichto in
die Hand gibt.
Allerdings: je erhabener der Gegenstand ist, je höher die
Lehren den Blick zu richten verlangen, je mehr Interesse er
beansprucht, wenn auch Stoff und Fragen selbst durch ihr
eigenes Wesen immer weiter gehendes Interesse erregen, desto
mehr gehört nur der ganze Idealismus eines Schulmeisters dazu,
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296
Anton ]klicbalitachke.
ein solches Wisseusgebiet zum .Schulgegenstande /.u mucheu —
in einer Zeit, in der Interesselosigkeit gegen alles zu herrschen
scheint, was nicht im AugenblicKO Gewinn oder Sinnengenuss
erkennen lässt, Wolil trdstet Diesterweg: ^Wo das Interesse
für dieses Wissen nieht gefunden wird, da ist es nicht mehr
vorhanden, war also da, entspricht der Natur, ist leicht zu er>
wecken. Nur der von den Soigen des Lebens ganz erfüllte,
unter den irdiscIiHii Lasten erliegende, oder auch der von den
Leidenschaften pinz unterjochte Mensfli ist für oin so reines,
an und für sich schon veredelndes \\ isseii unempfänglich."
Anderseits ist ja der (iegeustaud auch so dankbar für seine
Aufnahme unter die Unterrichtszweige, indem er nicht nur mit
den anderen, sondern anch vielfach für sie wirkt.
' „Die Kenntnis der Sterne," sagt Dr. Kühner, „dient zu-
nächst zur Befriedigung eines der ersten, natürlichsten und
reinsten Bedürfnisse des Gefühls. Dieses wird bald zur An-
regung für den Verstand, zur Quelle reiferen Nachdenkens.
An din Stelle des träumerischen und nbergläubischen Betrach-
teus tritt die Selbstthätigkeit der Sinne und des Geistes.
Dies bewalirt vor dem Grundfeinde aller Cileiste??rh:itigkeit, der
Gewöhnung, <la.s Nächstliegende nicht zu sehn — das Er-
habenste zu sehn, ohne es zu empfinden — das Unerklärte zu
betrachten, ohne es erklären zu wollen. Aus der Kenntnis der
Sterne resultiert zugleich ein hoher sittlicher Ernst."
Prof. Dr. Will mann spricht sich über die Verknüpfung,
^welehe die mathematische oder astronomische Geographie, die
sich, wenn sie nicht sachwidrig verkürzt- wird, zur Himraels-
kunde erweitert, zwischen verschiedenen Wissensgebieten stiftet",
aus und sarft u. a.: „Die Hiunnelserscheinungi'n sind ein an-
ziehendes Object der A nschauuug, ihre Veränderlichkeit fordert
die Beobachtung heraus; die zumtheil engen Grenzen ihrer
Veränderungen lassen unschwer bestimmte Ergehnisse gewinnen
und gestatten eine exacte Fassung nnd die Mziernnir im Bilde
und in sonstieen Veranschanlichungsmitteln; die Erscheinungen
des heimatlichen Himmels lassen sich mit denen anderer Ge-
f enden vergleichen und zwar mit der vollen Genauigkeit, welche
as Messen und Zählen rrewährt; die (unhide des Unterschiedes
k'">?m*'n angegeben, die Hericlite an ihnen geprüft werden; es
lasst sieh l)ereelmeu, welche Erscheinungen zu bestimmter Zeit
an bestimmten Orten sich zeigen müssen, an Orten, welche der
Berechnende voraussichtlich niemals, und au anderen,
welche kein Fuß je betreten wird. Damit wird die Trag-
weite der Mathematik schlagender, als in irgend einem Gebiete
erprobt; nnd diese bringt eine Fülle von Aufgaben, Ort, Zeit,
I'ewegung betreffend, mit sich. Die Anwendung der Himmels-
kuude auf die Zeitbestiinraungen begründet die Kalender-
lehre, in weleher sich das culturgeschichtliche Interesse mit
dem weltkuudlichen vereinigt und die vermöge der Bedeutung
der Jahreseiutbeiluug für den Cultus ein Bindeglied zwischen
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Caelo-Tellnrium.
297
Astronomie und KplifTiuus1»'hrt» »larsf-ollt Z^vischeu den letzt-
f genannten Gebieten aber besteht zugieich ein älteres und inner-
icheres Verhältnis: .Der Lauf der Sterne, wie er in des Jahres
Umkreis imd wie er immerdar in stauueuswerter, last uuglaub-
lieher Regelmälii^keit stattfindet, bezeugt, daai hier eine gött-
liche Kraft und Vernunft waltet; und der muas jeder Smpfin-
dung bar sein, welcher dieser Gottesmacht nicht inue wird.'^'M
Damit nun im Unterrichte sowohl für die Himmelskunde,
als auch durch sie alles geleistet werde, was herauszuheben
möglich ist, ist die Frag»^ nach dem „W;is und Wieviel^ und
dem ..Wie", die Frage nach der Auswahl des btolTes und der
Method»' zu erwägen.
Gebieterisch gefordert ist eine große Beschränkung; umso
glücklicher muss der Griß sein, der das Zweckmäßigste erfasst.
Die Methode wird Ton der Überzeugung geleitet sein müssen,
dass die fiimmelskunde ein Zweig der Naturwissenschaften ist.
Als solcher Terlangt sie einen Unterricht, der nicht realistisch
und naturalistisch genug — in der Worte bester Bedeutung
— sein kann; hier führt gerade die Realistik auf höhere Stand-
punkte in Welt- und Lebensanschaunng.
Findet nun der Lehrer einerseits verlässliche Wegweiser
im Aufl)au und in der Methode des Unterrichtes in der Himraels-
kunde,^j so tritt dann anderseits die Rücksicht auf die zur
Verfügung stehende Zeit und die Flaggen, unter welchen die
Bruebstflcke aus diesem Gebiete im LehrpTane segeln, gebieterisch
auf den Plan.
Die Himmelskunde ist aber auch als Zweig der Natur-
wissenseliaft geradezu eine Wissenschaft des Fortschrittes. Wenn
nun auch der elementare Unterricht nichts zu thun hat mit
jeder n«'uen Ansiciit dder neu auftauehendeu Hypothese, so wird
die Kenntnis von fim rrsclilos^enen That^achen dem Unterrichte
gewiss eine F}iri)ung geben können, die ihn nur ftirdert. Hierin
können den Lehrer wohl Werke auf der Höhe halten, welche
in mund- und handgerechter Form über Ergebnisse der For-
schung wie Uber Unterrichtsbetrieb berichten.') Sehr zweck-
mäßig freilich wäre es, dass der Lehrer Gelegenheit finde,
sich nach yielen Richtungen hin in diesem Gebiete durch den
Besuch Ton Sternwarten, den Aufenthalt auf Schiffen vertraut
7.11 machen Doch dazu jjehört Zeit und Geld — und beides
liat der Lehrer zumeist nicht sonderlich zur Verfügung.
^) Will mann: Didaktik als Bildiingelehre II, p. 15$,
2) Für tlas .sjjpciplle TtpLiot ?<eien nur j^fenannt: Littro w „Die Wnnder
des Himmels"; Mädler „Populäre Astronomie"; Diestorwejf „ropuläre
Himtnelflkonde'*; Heckenha.vn ^Method. Lehrbuch f. d. ersten Unterricht
in der astrr»rioii) Geographie"; in Ii I i l;t i-^t hi^r Hinsicht führt den Lehrer
auf diesem wie auf den anHeren Gcl>ieten des Unterrichtes Prof. Dr. O. Wili-
manns „Didaktik als Bildung-slehre'*.
3) Unter anderen seien srenannt die Zeitschrift «Himmel und Krde",
Berlin, und die «Zeitschrift f. d. phjs. n. ehem. Unterricht", Berlin.
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2U8 Anton Michalitschke.
Ein ratioueller Unterricht in der Himnielskuii<lp wird sicix
an Hilfsmittel halten, die einerseits der Lehrer nüthig hat
aui die bereits hier hingewiesen und über die Heckenhayji
ausführlich beriehtet — , anderseits solehe, welche dem Unter-
richte theils als BlÜttel für die Gewinnung und Ansammlung
des Beobachtungsmateriales, theils als Mittel der Veranscbau-
licbung, als Modelle, dienen.
In Bezug auf den ersten Punkt könnte nur eine im Ver-
gleiche zum gpfjenwärtigen Stande sehr weitgelvride Ausgestal-
tung der Verliältnisse öfVentlicher J^chulen Mittel und Wec^e
schaifeu, dass diesem Unterrichtszweige ein Boden erst«'he.
Treten einst nn die Stelle von Höfen, in die nur eiuaud im
Jahre der Sonnenstrahl dringt, freie, der Schule gehörige Plätze,
so ist nicht nur fttr die Pflege der körperlichen Ubunsen Raum
gewonnen, sondern es wird auch manch anderer Zweig des
Unterrichtes die Fesseln abstreifen, die ihm die Mauern des
Schulzimmers anlegen, und münche praktische Bethätigun^ kann
dann einmal von diesen Plätzen aus Eingang finden in den
Kähmen der öffentlichen Erziehung.
Vera?»schuuli('hung8niittel gibt es jedentalls smch auf <h>sem
Gebiete unzählige. Machen sie Anspruch, als Kunstwerke der
Technik zu gelten, so sind sie wolil wert, in Museen oder Biblio-
theken angestaunt zu werden, allgemeines Verständnis werden
sie aber weniger yermitteln, und für den Schulgebrauch wird
man sie überhaupt nicht heranziehen.
Wohl bleibt unter allen Umstanden die eigene Beobach*
tung am ersten und letzten Anschauungsmittel, an der
Natur selbst, das Wesentliche in der lebensvollen Welt, und
irgend ein Apparat kann und soll sie nicht ersetzen; aber
er wird sie anregen und lenken, das Gesellen»* der Auffassung
zuführen. Ohne durch Überfülle ubzuleuk<M n ii dem, was zu
beobachten ist, soll der Apparat nur ^auf das hinweisen, worauf
in der wirkliehen Welt zu schauen ist, er soll umgekehrt
auch dazu dienen, den Beweis zu liefern, dass der Schfier die
Bewegung Ycrstanden hat," dass er die Größen, die er nennt,
mit denen er rechnet, in ihren Beziehungen zu einander zu
deuten und die zusammenwirkenden Thatsachen, welche den
Zeitenlauf registrieren, anzugeben weil5. Der Apparat soll den
Lernenden durch nicht misszuverstehende räumliche Anschauung
mit den das Alltagsleben des Menschen und der Menschheit
regelnden N orgäugen im Weltenraunie, wie sie ihm von dem
stolzen und doch so engen anthropocentrischen Staudpunkte
aus erscheinen, vertraut machen; er soll ihn dann hinausftthren
um den ganzen Erdball und ihm yon verschiedenen Punkten
seiner zunächst noch ruhig im Mittelpunkte der kreisenden
Welt schwebenden, dann rotierenden Erde Ausblicke gewähren
und ihn endlich vom geocentrischen auf den helioeeutrischea
Standpunkt stellen, von dem aus er seiue Erde dahineilen sieht
in die Jahrtausende hinein, die Änderungen mit sich bringen,
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Caelo-Telluriim).
299
welche er im Apparate heute schon dem Weltengebäude auf-
zwingen kann.
Abbildung i. Polhöhe 75'».
iSonne (23*/,*' Dech'n ) circumpolar. Scheitelkreis, Dilmmerungskrei».
MichalitHchke: „Caelo-Tflluriuni".
Das Lehrmittel, auf welches hier hingewiesen werden soll^
ist ein Apparat, der vollständig zerlegbar im Verlaufe des Unter-
richtes dem Fortschreiten von Stufe zu .Stufe entsprechend auf-
gebaut und allmählich vervollständigt wird. Für einmaligen Ge-
300
Anton Michalitnchke.
bnuR-li, zu dem er aus dorn Cabinette hervorgeholt wird, um ein
Schaui»piel abzugeben, ist er nicht gedacht. Er soll beständig
den Unterricht begleiten; der Lehrer demonstriert und Ter-
arbeitet daran den Stoff der Beobachtung oder der Darbietung,
der Schüler reproduciert an der Hand des Apparates. Dass
auch hiebei der gleichzeitige Gebrauch von Zeichnungen, sowohl
vorgelegter als auch von den Schülern selbst ausgeführter, von
Sternkarten u. a, w. vorausgesetzt wird, ist nicht erst hervor-
zuheben.
Eine ausführliche Beschreibung wie auch Gebrauchsanleitun|^
liegt dem Apparate bei; sie macht den Lehrer rasch mit dem-
selben vertraut.^) Hier seien nur noch die beigegebenen Ab*-
bildungen durch einige Worte erläutert.
Abbildung 1 zei^ den Apparat, bereits mit den Wende-
kreisen und der Ekliptik versehen, für einen Horizont unter
lb\ Polhöhe eingestellt. Die Sonne ist in 23'/,^ nördl. Decli-
nation in der oberen r'nlmination. Bei der Drehung der äußeren
Sphftn' ('Stundenkreis un*l Ekliptik mit den Koluren) besehreibt
die l^jüuue den nürdln In a Wendekreis, in (ieni sie circumpolar
ist. Sie bleibt dies, solange die Declination nicht kleiner als
die Äquatorhöhe (9U^— 75"= lö"^ ist. Anderseits ist zu demon-
strieren, dass die Sonne nicht über den Hori9(ont kommt, so-
lange die südliche Declination mehr als die Äquatorhdhe be-
trägt. Der Beginn und das Ende dieser Perioden ist ungefähr
an der Ekliptik, genauer aus Tabellen zu entnehmen. Die
Ekliptik schneidet den Stundeukreis immer im Mittelpunkte der
Sonneuschei!>e Der Dämmerungskreis gestattet im Vereine mit
der Theiluug am Äquator (sowie an den Wendekreisen) den
Eintntt der Morgen-, beziehungsweise das Ende der Abeud-
diininierung oder auch den Eintritt der ^hellen Nächte" ab-
zulesen. Der im Scheitelpunkte (Zenith) befestigte Quadrant
gibt mit der Theilung am Horizontringe die Horizontcoordinaten
(Azimuth-Hdhe>.
Bei der im Bilde bezeichneten Elemmung steht die Erde
still und der Himmel dreht sich von Ost nacli West; wird die
untere Klemme in Thätigkeit gesetzt, so wird der Himmel fest-
gehalten und die Erde wird in westöstlicher Kichtuug ge-
dreht»)
Abbildung 2 stellt eine Moudestinsternis im Frühliuge
dar. Die Sonne ist im Frühlingspunkte in 0" Declination im
Westpunkte eines Horizontes unter bi)^ Polhöhe. Der Mond
ist im absteigenden Knoten seiner Bahn, der sieh gerade
im Herbstpunkte befindet. Der Mond wird nngeföhr in der
1) ^Beschreibung und GebrauchHanleitung des Ciielo-Telluriums" von
Prof. Ant. MichalitHchke. Mit Abbildungen und Fignrentafel und einem
Nachtrag. Trag 1808.
-) Hut man, wie im Bilde, die Erdkugel telblt bereits angebracht, so
nr^ibt sicli (Ihi- Tut ••r>ohi<'(l /wischen wahrem und echeinbarem Horiaonte,
die zuvor in einen zuäuuinientieleo.
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Caelo-Telluriuin.
301
Höhe der Frühlingssonne culminieren. Die Klemmung ist so
angebracht, dass der Himmel festgehalten ist. Der „Orion",
der „große Bär" uud die „Cassiopeia" vermitteln die Orien-
Abbildung a. Polhöhe 50".
Mondesfinsternis im FiTihlinge.
Michalitfichke: „Caelo-Telluriuin".
tierung am Sternenhimmel der Jahreszeit. Die Horizontscheibe
ist entfernt.
Abbildung 3 zeigt den Apparat auf den heliocentrischen
Standpunkt eingestellt. Die Kugel in der Mitte der Sphäre
302
Anton M iclialitschke.
hat die Rolle der Souue übernommen, während die Erde in der
Ekliptik geführt wird, wobei das Gelenk die Parallelstellung
der beiden Achsen gestattet. Die Erdkugel ist um ihre Achse
Abbildung 3. Heliocentrlsch.
Erde in der Ekliptik in der Winterwende.
Michalitschke: „Caelo-Tellurium".
drehbar. Die Stelle der Sommer- Sonnenwende ergibt sich als
AViuter-Erdwende in der Ekliptik. Au Stelle des Ab- und Auf-
steigens der Erde in der schräg stehenden Ekliptik kann das
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Caelo-Tellurium. 303
Kraisen in horizontaler Bahn mit schräg stehender Achse
treten.')
Die Eiustellung auf die Pole der Ekliptik ergibt dann ein-
fach die Dai*stellung der Präeession and der Änderungen, welche
diese in den Himmelscoordinaten nnd im Sternenhimmel der
Jahreszeiten zur Folge hat.
^) Die „ZcitHübrift f. d. pbjr«. u. ehem. Unterricht" bringt zwei Ab-
hildanffen des Apparates in einüiduter Zaaammeiiwtzung und io Diu^
Stellung einer SonncnfinsteraU ini Herbste,
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804
Max Guttttanii.
Vom 9. Deutsehen Turnfeste in Hamburg.
(2a. bia 27. Juli 1698.)
Seit den Sechziger- Jabreu bilden die TuriLTereine Deatscli-
lands uud Deatseh-Österreiclifi die Deutsche Turuerschaftw
Aus bescheidenen Anfängen hat sie sich unter der Leituug
opfV»rfreudig»'r Männer bis zu f)000 Vereinen mit circa GOU.OtKJ
Mitgliedern ejitwickelt. Sie hat sich zur Aufgabe die Pflege
Deutscher Turnkunst mit Ausschluss puliiiseher Tendenzen ge-
macht. Mit der Zeit hat die Deutsehe Turuers>chaft immer
mehr im Volke Wurzel gefasst, aber auch die Anerkennung
der allerhdchsten Kreise gefunden, wie das die Feste in Dresden
1884 und Manchen 1889 bewiesen haben.
Von allen bisherigen Festen war jedoch das in Hamburg
abgehaltene das bedeutendste. 27.000 Turner traten die weit«
Wanderung nach der größten Hafenstadt des Coutiiientes an
und wurden dort aufs herzlichste aufgenommen. Etwa 30 Aus-
schüsse luiben seit Jahresfrist an den Vorbereitungen gearbeitet,
deren Mühe dureh das vollständige Gelinj^en des Festes belohnt
wurde. Audi das Wetter, das uuiujigä regnerisch war, hat
sich von Tag zu Tag günstiger gestaltet und war an den beiden
letzten Tagen selten schön. Aber misstrauisch bleibt der Ham-
burger auch dem schonen WV>tter gegenüber; denn selbst an
heiteren Tagen geht der Hamburger nicht ohne Regen-
schirm aus.
Dem glänzende?) nußeren Verlaufe entsprachen auch die
turnerischen VorfüliruiiL;i'n Die von 7500 Turnern ausgeführten
Eiseustabübungen sind zur allgemeinen Zufriedeuneit aus-
gefallen. Zugleich war das die grölke Zahl Turuer, welche zu
gemeinschaftlichen Übungen angetreten sind; denn diesem Feste
zunächst kommt das in Dresden stattgefundene, wo von
20.000 Turnern 3500 die Freiübungen mitgemacht haben. Es
scheint auch, dass dem Männertumen die Übungen mit Be-
lastung besser entsprechen und mehr Anklang finden als die
ohne Belastung.
Den wichtigsten turnerischen Theil bildete der Wettkampf
in sechs Übungsarten . fler als moderner ^echskampf dem
antiken Pentathlon vuUkommen «'ntsjjricbt. Doch besteht
noch ein Unterschied zwischen beiden, der uui> nicht ohne Be-
deutung zn nein scheint. Die deutsche Art des Wettkampfes
hat den Ringkampf ausgeschieden, die einzige Übungsgattung,
welche an den wirklichen Kampf erinnert, leicht zu rohen Aus-
schreitungen Anlass gibt und thatsächlich durch den Übergang
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Vom 9. Deutschen Turnfeste in Hamburg.
305
zum Fanstkampfe im Pankration zum Unterganffe der groß-
artigen Olympischen Spiele beigetragen hat. Indem die dentaehe
Turnknnst toh dem Ringkampfe absieht, hat de der modernen
Kampfart die formale, also die ideale Seite gerettet. Diesen
Fehlbetrag hat sie aber durch reichliche andere Mittel ersetzt,
welche den Alten eben nicht bekannt waren. Übrigens findet
auch auf deutschen Turnfesten ein Ringkampf, aber ab-
fesondert von dem Seciiskampfe statt. Aus diesem als Sieger
ervor/.ugehen, ist der sehnlichste Wunsch jedes Turners. In
Hamburg sind circa 1300 Turner zum Wettkampfe angetreten,
woTon 106 den aehfiehten Eich^kianz mit sehwarz-roth-goldenem
Bande errungen haben, darunter befinden sieh fOnf Österreicher.
Neben dem Turnen der Männer ist die Jugend von Harn*
})urg und Altona beiderlei Geschlechts rühmli( h l; ervorgetreten.
£s bot doch einen herrlichen Anblick, als 4500 Knaben in
lic]itcrra\H*n Leinenhosen, rothen Flanellhemdeii, rrmuen Kappen
unter musikalischer Begleitung verschieden Irummler- und
Pfeifercorps aufmarscliierten. Größter Beliebtheit erfreut sieh
bei diesen, wie auch bei den Musikkapellen der Torgauer-Marscli.
Die Knaben recrutierteu sich aus den Volks- und Mittelschulen
beider festgebenden Städte. Sie führten zuerst FreiQbnngen
ans nnd dann ein Bieffentnmen an den versehiedensten &e-
räthen, wobei sich ein frisches Bild jugendlichen Lebens und
Treibens entfaltete. Erregten schon die Leistungen der Knaben
das Erstaunen der Zuschauer, so musste man vollends verwun-
dert sein über die T.f^istuugen der 900 Mädchen und Frauen.
Mit Ausnahme weniger Übungen bekam man da alle Übungen
des Miumertuniens zu sehen Besonders zu betonen wären die
Seh wuiigü bangen am Reck, die Sprünge über das Pferd. Leb-
haften Beifall fanden die rhythmisch ausgeführten Keulen-
übnn|^en mancher ^btheilangen. Im ganzen scheinen uns die
Darbietungen der Damen zu weitgehend zu sein.
Über alles Lob erhaben müssen die VorfUhrungen der
Jugendspiele von jun|^ und alt auffefiihrt werden. Unter
der umsicntigen und emsigen Leitung des Herrn Dr. Schnell,
Gymnasiallehrers in Altona, bekam man die verschiedensten
Spiele zu sehen. Zu den interessantesten gehörten ein Wett-
spiel im Faustball zwischen Hamburger Damen und dem
Akademischen Turnvereine Berlin, wobei erstere siegten!,
dann Fußball zwischen Breslau — München, Altona und Deutsch-
österreichischem Turnvereine Wien u. v. a.
Auch in künstlerischer Beziehung waren verschiedene Ge-
nüsse geboten. Malerei, Decoration, Baukunst und die dar-
stellenaen Künste, sowie Gesang trugen das Beste 2U dem reizen*
den Verlaufe des Festes bei.
Fi neu selten schönen Abschluss der Hamburcrcr Festtage
bildeten die Tum fahrten nach Helgoland, Loiidou, Kiel,
Düppeler Schanzen. Kopenhagen. Die Verkehrsmittel hatten
einen ganz außerordentlichen Andrang zu bewältigen, und hat
MOttefT. MUtolMbttle*'. XII. JtHug. 20
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306 Max Guttmana. Vom 9. DeuUchen luruieäte lu Hamburg.
der Tumiahrten-AassehDSs mit bewunderungswarcUger Geduld
alle erwünschten Autkflnfte ertheilt.
Das 9. Deutsche Turnfest in Hamburg mit seinem groß-
artigen Verlaufe, seiner Bethoilipfung, Hpr Bofhiitigung der
Massen bei dvn Vorffihninj^en selbst ist uiclit nur dns schönste
bisher stattgeluudeue Turnlest, sondern kann auch als ein Volks-
fest im besten Sinne des Wortes bezeichnet werden.
Wien, October 1898. Max Gutlmann.
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Vereinsnachrichten
A. Sitzungsbericht des Vereines „Mittelschule" in Wien«
(MitfitetheiU rom Mxitmhrer Prof. Dr. Karl Wotke.)
Jaliresvert^aiiiml ang.
(12. November 1898.)
Der Obmann Prof. Peter Maresch erOffnel die Sitmng und begrOBt
4iie Versammlimj? mit den herzlichsten Worten.
Dann erstattet er den angekündigten Bericht über die Trauter-
Ic u nd gebu n der acht M i 1 1 e 1 sch u 1 ve re i ne Oaterreichs an las s-
lich de» Uinscheideiis ihrer Majestät der Kaiserin und leitet ihn
mit folgende» Worten ein:
„Ale die nitodieraehniettemde Tranerlrande Ton dem plOtsliclieB Hin-
«cbeideii Ihrer Majee^t aneerer alWerehrten K«lMrill BUsab0lh mit
Windeseile dnrch alle Qaae nnaerea groBen, «ehUnen Vaterlandes, von Stadt
«tt Stadt, von Dorf zn Dorf bi« in die entlegensten Hatten drang, da wurden
nnch wir Mittelschullehrer, zu deren heiligen Benißipflichten auch die hohe
Aufgabe der patriotischen Ei-ziehnn'^ gehört, von tiefitem ^^chmerze und
unsäglicher Trauer erfüllt. D»»nri wie die uns anvertrauN sLu ii* t m !«■ Jugend,
-90 waren ja nneh wir, die wir ihren Idealismus nähren uti l ji Hegen, in
dem henrigeu Jahre, dem .Jubeljahre', deaaen Aulat» ho selten in der Ge-
«ebielife der eiaielnen Staaten wiederkehrt, von betonderer Begeisterung
-für ttnaeren Kaiser und unser Vaterland entflammt nnd von der festliehsten
Stimmung emporgehoben, tfan stelle sieh den Frohsinn einer Kindersdiar
*TOr, die einem eigenartigen, noeb nicht erlebten Festtage ihrer Eltern ent^
gegensiebt. PlSttiieh wird durch die rauhe Hand des Schicksals diese so
freudige Hoffnung zerstört, die geliebte Mutter hat der unbarmherzige Tod
entrissen. Nicht anders wurden wir und unsere studierende Ju^i^end und
•mit uns beiden zugleich auch die übrit^en f'nterthanen des Keiches, nicht
anders wurden die verschiedensprachigeii Volker des Reiche«, die g>'rade
die dynastische Treue fest zusammenkittet, durch deu unerwarteten Tod
Ihrer Migest&t der Kaiserin, der Landesmntter, anft tieftte erschfittert Fflr
4inseren Stand aber hat dieser Sehmers noch einen besonders bitteren Stachel
Unser Stand, der anf den sonnigen Böhen des Idealismas wirkt und
strebt und dem Wahren, Schönen und Guten seine beste Kraft widmet,
fnhlte sich zu unserer erhabenen Kaiserin mächtig hingezogen, zu jener
stillen Dulderin, die, unbekflraraert um das politische Parteigetriebe, ihr
.höchstes Glück in der Erxiehuag ihrer Kinder, in der Förderung gemein*
80»
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308
Yerelnsnachnchteo.
nfitsiger Ziele, im ttillen Wohltimn «ad in ihrem lebhaften Interesse für
die Kunst, namentlich die Dichtung, niohte nnd find. Und diew engel-
hafte Frau monte dorch den Hordstahl eines entmenschten Bnben sterben —
jünser armer Kiuser! Unser vtelgepHlfter Kaiser!' jammerten auch wir
ans dem tiefsten Grunde des Herzens.
„Zu Beginn des Schuljahres standen Lehrer und SchQler ganz im
Banno des entsetzlichen Ereignisses. Nruh dem Tranergottesdienstc rer-
einigte in jeder Lehrtinstalt der entspretlicnd gezierte Fe^tsaal den Lehr-
körper und die Schüler; da. lauschte dann jeder mit g'espannter Aufmerk-
aamkeit und mit tiefer Rflhrung den warm empfundenen Worten de»
INreetors oder eines Frotoors über das Leben nnd Steihen unserer edlen
Kaiserin. Auch die erste Cooferenz begann im Zeichen der Trauer mit
einer würdevollen Beileidsknndgebiing.
aDoeh damit war unseren dynastischen und patriotischen GelÜhlen
nicht genügegeleistet. Aufgabe und Pflicht der Mittelscbulvereine als der
öffentlichen Vertreter des Mittelpchnllehrstandes war es, den Äusdmck der
tiefsten Trauer und dos innigsten Beileirics anläsalich des Hinscheiden.*
Ihrer Majestät der Kaiserin und die Versicherung der nnwandelbaren Liebe
und Treue gegen Kaiser und Vaterland su den Stufen iles Allerhöchsten
Thrones gelangen zu lassen, damit unser allgeliebter Kaiser in den Un-
glfickstagen audi in dem Gedanken Trost finde, dass die ttudierende Jugend,
die kOnftigen Diener des Staates mid Fahrer des Volkes, echt dynastisch
und patriotisch gesinnten Mftnnem anvertraut ist. Es galt xu «eigen, das»
diese Gesinnung alle Mittelschulprofessoren des ganzen weiten Österreich
beseele. Rasdi verständigten sich die Obmänner der drei Wiener Mittel-
scbulvereine. wenige Tage darauf langte die Zustimmung der übrigen fünf
Mittelschulvereine ein. Am 20. Septpmhf^r wnrdt^n die Obuiiinner der drei
Wiener Mitt€lf«chulvereine von Sr. Exeellenz dem Herrn ünterriehts-
minister Grafen B j lündt-Rheidt empfangen; ich trug die eben an-
gedeutete Bitte im Namen der acht Mittelscbulvereine Oäterreichs vor^
worauf der Obmann der ,Bea1sohnle' Prof. Frans Halnsohka folgende»
von ihm verfasste (hier etwas gekamte) Schreiben flberreichte:
„,Euere Excellena!
,„Die in Ehrfurcht unterseichneten Vereine erlauben sich, Eurer
Excellenz die ergebene Bitte zu unterbreiten, unsere tiefe Trauer und
herrinnige Theilnahnie nnlüsslich des tragisehen, die f^anze civilisierte Welt
erschütternden Ablebens ihrer Majestät der Kaiserin an den Stufen
des Allerhöchsten Throne« niederzulegen.
„,Duä Wort vertagt, um den Verlust ganz in sich zu fa^eu, den
Se. Majestftt unser allergnädigstw Kaiser und mit Ihm Seine Völker er-,
litten haben, l^ef erschüttert stehen wir vor der sterblichen Hülle der
hohen Frau, die mit der Wflrde der H^jestftt die Hilde des Henens tu.
verbinden wusste. Die Spuren Ihres Erdenwallmis sind Wohlthaten und
Segen: Sie weben einen unrerwelklichen Kranz von Liebe und Dankbar-
keit um das geheiligte Andenken der erhabenen Todten, die im Leben die^
treaeste Gefährtin und festeste Stöt7.c Sr. Majestät gewesen ist.
„,In Liebe und Treue nahen in diesen Tagen der Trauer die Völker
ihrem Herrscher: mögen diese Gefühle auch zum Trost« werden über den
unermebälichen Verluijt. Wir aber geloben aul^ neue, treu zu >Sr. Majestät
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Vereinsnacbrichten.
r
XU halten nod mit gaacer Seele und Kraft dahin w wirken, anf da» die
nnaerer Obhnt anTertrante Jagmd in Wissen nnd Geaittang erstarke, ein
ÜBster Hort des Staates nnd eine raTerUsniie SUItce des Thrones werde.
Verein «Mittelschule» in Wien,
Verein «Die Realschale» in Wien,
Snpplentenverein in Wien,
Verein «üeut«ohp Mittplschule» in Prag,
Verein «Mittelschule tür Oberoaterreich und Salzbui^ in Linz»,
Verein «Bukowiner Mittelschule» in Cs^rnowitz,
Ustfedni spolek cesk^cb professorA ▼ Praxe,
Towanjffcwo nancsycieli ssköl wyzszych we Lwowie.*
,8e. Eicellens der Herr Minister Terqirach frenndlichst, die vorgetragene
Bitte an erfttllen, nnd forderte die Abordnung auf, sttnen Dank nnd seine
Anerkennung für diese gemeinsame patriotische und dynastisehe Kund*
gebung den einzelnen Vereinen kundzugeben. Er sei von der Vaterlands*
lie1)e <1er Mittelschiilprofe^'^oren und ihrer ^ewi^^enhuften Pflichterftilhing
:r,ich in der patriotischen Rrziehun«^ überzeugt und kenne auch die Schwierig-
keit des Berufes. Es könne fialier die Schuld nicht die Mittelschulprofessoren,
sondern nur das Elternhaus treffen, wenn trotzdem es vorkomnie, dass
Mittelschüler sich wider das Qesets an politischen Parteikundgebongen
durch ünterschriften betheiiigen. In dieser Hinsieht wende er neb be*
sonders an die Professoren dentseher Mittelschulen, weiter ein redit wach-
sames Auge so haben."
2. Der Obmenn gedenkt dann der fün f7i|):jahrigen Regierung
Sr. Majestät unseres Kaisers in folgenden Worten:
„Am 2. December sind 50 Jahre verflossen, seitdem unser allgeliebter
Kaiser den Thron seiner Väter be.stie<^en hat.
„Dieses festlichen Taftes in entsprechender Weise zu gedenken, wäre
eigentlich die Aufgabe der uächäten Sitzung. Aber das vierte Uei't des
heurigen Jahrganges unserer Zeitschrift erscheint in der ersten Hälfte des
December und wird auch noch den Bericht fiber die heutige Sitsung ent-
baltoi. Der Bericht üher die n&ehste Sitsung aber kann erst in dem
ersten Hefte des nächsten Jahrganges erscheinen , welches erst im Februar
oder Milrz zur Ausgabe gelangen wird. Ans diesem Grunde rein äußerer
Natur fühle ich mich verpflichtet, unseren patriotischen nnd dynastischen
Uef&hlen schon heute Ausdruck 7\\ leihen.
„Wenn »*in edler, von seinen Unterthanen innigst geliebter Monarch,
wie m nn»ti Kaiser ist, fünfzig Jahre regiert, so kann die« dem Reiche nur
zum vollsten Segen gereichen. Ein noch so bündiger Vortrag über da^ segens-
reiche Walten unseres Kaisen würde mehr als einen Sitcnngsabend ansfttllen,
selbst wenn wir uns hanptsicUieh auf die hohe Entwicklung des (toter-
Teichischoi Schulwesens beschränkten, dessen Einrichtungen mit ihren Er-
folgen die Bewunderung aller Culturstaaten ttregen. Wir hätten also alte
Ursache zu einem festlichen Jabel, zu einem aus tiefster Brust ertönenden
Jubel Aber diese *?o freudige Festesstimmung wird gedämpft und nieder-
geilrückt durch die tiefe Trauer, wolche die flerron aller Ünterthanen er-
füllt. Ich bin nicht iuiytande — ich bekenne es oüen — diesen gemischten
(»efühlen einen würdigi-n Ausdruck zu leiben. Darum habe ich einen
Dichter gebeten, umäeren verehrten Collegen Franz Keim, in einem
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Vereimnachriebteii.
schlichten und doch würdevollen Gedichte seiner Mn««^ alle»
das zu sagen und aller Welt tn verkünden, was unsere Herzea
so tief bewegt. Er kam in liebenawürdigriter Weise meiner Bitte nach.
Folgendes Gedicht wird dad erste Blatt des wiertea liefbes deä heurigeiL
Jahrganges tiMen." Der Obmaim trflgl das Gedifdit vor und knQpft daran
folgende Worte:
,80 laait nns denn das heiße Gebet snm Himmel lendea: Gott
trOtte unseren sebwergeprflfien Kaiser, Gott segne unseren
edlen Kaiser, Gott erhalte unseren Tielgeliebtea Kaiser tum
Heile unseres schSnen Vaterlandes!"
Hierauf .stellt der Obmann den Antrag, die löbliche Verkam wluug-
möge ihm gestatten, seinen Becbensebafbiberiebt ent während des Scra>
tininms an halten. Von dem üblichen Vortrage habe er diesmal absehen
mOnen, weil bei der reichen Tagetordnung fAr diesen die Zeit nidit aus-
reiche. Denn um 9 Uhr mfisse nach der Hausordnung die Sitsnng ge-
schlossen werden. (Der Antrag wird einstimmig gutgeheißen.)
3. Bericht des Cassier«;. Der Caasier Herr Prof. Guido V. Altk
erstattet folgenden Rocbenschaftsbericht:
Casse-Ausweis far das Vereinsjahr 1897^98.
Einnahmen:
Cassestand vom Vorjahre 46 fl. 76 kr.
Spareinlage bei der 1. ^^sterrpsohisrhon Sparca^sc 684 , 09 ,
beim allgemeinen österreichischen Beamten«
vereine 16 , 50 «
Zinsen der S^iareinlagen 20 ., 2d „
MitgUedsheitrüge Ifir 1897/98 548 , -
Baekst&ndige Mitgliedsbeiträge 24,— «
Für gemeinsame Auhagen im Vorjahre vom Vereine „Die Real-
schule" rflckvergfltet 14 ^ 20 ^
Summe der Einnahmen . 1359 fl. 83 kr.
An liüUiers Vorlag für die Zeitschrift .»Mittelschule" . . . 430 11. — kr.
Saalbedien iing 25 , — ,
Druckküsten bl ^ dii n
RedacUons» und Verwaltungaausk^en 67 ^ 70 .
Summe der Ausgaben . 574 t\. 1)2 kr.
Der VermOgenastand betrügt somit 785 8. 81 kr.
Derselbe besteht aus:
1. Spareinlage bei der I. Österreichische Sparcasse . . . 798 fl. 70 kr.
8. « beim allgemeinen Osterreichischen Beamten-
vereine 18 , 17 ,
3. Barbetrag ^ 44 ,
Wie oben . 785 8. 31 kr.
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Ternmiudiricliten.
311
Mit4»lieclerbewegull^' im Jahre 1897/96:
Zu Anfang 325 Mitglieder
Ausgetreten 46 «
Neu eingetreten 16 «
ZvL Ende 296 « (Datou haben etngesahlt: 874.)
Der Obmann sprififat im Namen des Vereines dem Cassier Herrn
Prof. Guido V. Alth den wärrosten Dank für seine io eifrige nnd große
Mühewaltung an«. (Lebhafter Beifall.)
4. Hierauf folsjt die Wahl <ler Casset e visoren Es werden wie
in den früheren Jahren die Herren Proff. Neumanu und Obermann
g«?wälilt,
5. Der Obmann theilt mit, dass nach den Statuten vier Ausschuiiü-
mitfflieder dnrch das Lot anwniiefaeiden bnben. Die AnMehiunnitgUeder
Herr Prof. Dr. Jnlius SchOnacb nnd Herr Prof. Arthur Lankxnayr
hätten erklärt, eine Wiederwabi nicht mehr ansunehmen. Für den definiiiT
gewordenen Herrn Collc^'en Dr. Gustav KTait><chek habe der Supplent^-
verein Herrn Collegen Karl Hehl empfohlen, fis habe somit nur ein Aus-
8cbti!^mitg1ic-d durch das Los ansxuscheiden. — Das lios trifft Herrn Prof.
Dr. Josef Kohin.
Es lindet nun die Wahl des Obmannes und von vier Ausschuss-
mitgliedern statt.
G. Während des Scrutiniums hält der Obmann folgenden
BeefaMiflehaftslieriehtt
«Das Terfloisene Vereinsjabr ist wobl an den besonders denkwürdigen
kn lählen. Denn in dasMlbe ftUt das bedeutende ISreignis der AllerhOch'
sten Sanction des Gehaltsregutifrungsgesetzes. Wonach wirnns
seit Jahren sosehr gedehnt haben, das ist MidUch in Erfüllung gegfln<^en;
was rlt'n bisherifren Mittelschultap^en ein eij^enartij^fes Gei)r:i<^o verliehen liat.,
nnd '.vaa unseren Verein nnd die mit uns kartellierten Vereine besonders in
«b 71 Irtiten zw»M Jaliien viel ^'escbädigt hat, da-s i«f endlich ver»»cb wunden,
l nd dieses Ereignis kam, obwohl es heuer, in dtin Jubiläumsjahre, fast
mit Sicherheit erwartet wurde, doch überraschend. Denn nach den schweren
Enttftnschiingen am 1. Januar, am 1. Jnlt und am 18. August trtetete man
sich mit dem Gedanken, dass der 2. December der beißersehnte GlOckstag
für die Staatebeamten Oaterreicbs sein werde« Als aber die k. k. «Wiener
Zeitung* die freudige Nachricht schon am 80. September brachte, da erscholl
es wie ans einem Munde durch ganz Österreich: ,Das verdanken wir
nur der Uochherzigkeit nnd dem Edelsinne unsere« gelieV)ten
Kaisers, d'-v nicht gewartet hat. l)is die hohe Regiemng die schwierig»»
finanzielle Deckiinj; erreicht hat.' Daher entbrannte unter den Betheiligtcn
die Begeisterung für unseren Kui^ier in bellen Fiamiuen. Allgemein wurde
der lebhafte Wunsch laut, durch eine gemeinsame Dankeskundgebun^
das edle Hers unseres schwergeprüften Honarchen eu erfreuen. Bäsch hatten
sich die Staatsbeamten- und Mittelschulvereine verständigt, bald darauf
erschien eine Deputation bei 8r. Excellens dem Herrn Ministerpräsidenten,
um ihm die ehrfurchtsvollste Bitte vorsntragen, er möge im Nnmen aller
Staatsbeamten und Staatslehrpersonen den unterthänig^ten und herzlichsten
Dank für diese Wohlthat Sr. Majestät dem Kaiser übermitteln. Gleichzeitig
aber fassten die Obmänner der drei Wiener Mittelschulvereine, gestuUt
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312
Verdnmachriditeii.
auf den Auftrag aller flbrigen Mittelschulvereine östoiroich?, ne bei einer
Holchen Kundgebung zu vertreten, den BescbluN, außerdem eine eigene
Dankeskuntlgt'Utinq' :m Se. Majcstrit den Kaiser z\i veranlassen, zumal da
im (TehiiHsretrulieruügsgesetaie fV^c Mittelschullrhrer eine !>esondere Stellung"
finnebmen. Am 15. October wuidcn die Obmänner der drei Wiener Mittel-
t^chulvcreine von Sr. Excellenz Herrn Minisier ürafen Byhindt-
Rheidt empfangen. Der Sprecher der Abordnung war diesmal der Oltnianu
der «RealachuleS da et bei der Trauerkimdgebung der Obnuum der «Mittel-
schule' gewesen war,
„Der Obmami der «Healschnle* brachte im Namen aller acht Mittel-
bchulvereine in wohlgewählten und gefiShl vollen Worten den inni^^sten
Dank des ganzen Mittelschullehrstandeszum Auedrucke und batSe.Ezcellenz,
diesen Drink zu den Stufen d<'s Allerhöchsten Thrones p^elanj^en zu lns>K*n.
AVie bei der ersten Audienz, so wurde auch jetzt die so seltene Geieg^en-
heit nicht versäumt, die unwundelbaie Liebe und Treue des ^littelschul-
lehrstandes gegen Küiäer und V^aterland zu bctouen, jenes Standen, der
«ine Bo wichtige und hohe Aufgabe im Staate zu erfüllen habe. Se. Ex-
eellens ctab das freundlichste Versprechen, den Dank und dea
Ausdrack der dynastischen und patriotischen Gesinnong Seiner
Majestftt dem Kaiser aar Allerhöchsten Kenntnis so bringen.
Darauf ergriff ich das Wort, wies auf einige allgemein gefasste Paragraphen
des Gehaltsregulierung^esetzes hin, besondei-s auf die §§ 6 und 10, und
bat um «'ine höchatwohlwollende Darchfnhrung derselben. Se. Exeellenz
nahm die eingehende Heg^ründung der Bitte wohlgeneigt auf und betont»'
in seiner ziemlich liinj^en Erwiderunj?, dass er e« für ein Gebot der aus-
gleichenden Gerechtigkeit halte, einen Theil der zurückgeieijteu
Supplenteiyahre im Sinne des 9 10 in die Qninquennien eintoieehiien.
Denn es gebe nicht wenige Professoren, welche ohne eigenes Verschulden,
lediglich infolge ungünstiger VerhUtnisse acht, sdin, ja sogar noch mehr
Jahre als Snpplenten hfttten dienen mflssen, während andere durch ein
günstigeres Geschick in noch jungen Jahren definitiv angestellt worden
seien. Die Landesachulbehurden seien mit den Vorarbeiten bereits he-
m h',\Ü'irr\ : aber erst nach Beendifjunj? derselben werde sich der jj^^crechte
Schlüssel für die Durchftihrung finden lassen. Üa<,'eg€n äußerte .sich Se. Ex-
cellenz über die Uetönlerang älterer IVofessoren in die VII. und älterer
Dircctoren in die VI. Uaugsclaiise und über eine Entschädigung der Wiener
Professoren, die in Rttcksicbt auf die alhm hohe Thenerong in Wien im
Vergleiche xu ihren Collegen auf dem Lande im Nachtheile sind, nicht
gans im Sinne der vorgetragenen Bitte. In Besag auf die Beförderung in
die VII. und VI. Bangsolasse sprach Se. Exoellent den Grondsats au»,
da^s beide Beförderungen nur aU Auszeichnung gelten und mir wissen-
schaftlicli oder pädagogiscli hervorragende Lehrkräfte ohne Bevorzuj^ung
irf^end »'Ines Dienstortes betreten werdeti: iu Bezu«? auf den zweiten Punkt
wie« iSe. Excellenz auf die Staatsbeamten hin, von denen ja auch die in
Wien unge^iteliten keinen entsprechenden finanziellen Vortheil genössen. —
Nach dieiicn Worten wurde die Abordnung huldvollst entlassen.
»Diese begab sich dann zum Herrn Hofratbe Dr. Joh. Hnemer und
Ton hier sum Herrn Vicepräsidenten des niederösterreichiscben
Landesschulrathes Sectionschef Dr. Erich Wolf. Beiden Herren
Veralnmaelirieliteii.
313
tia:- wimlo der innijfste Dank für ihre Mitwirkung bei der Scliöpfuncr des Gehalts-
reguliei ungsgesetzes in ehrlurchtsvollster Weise ausgesprochen, und beide
Ii. L wurden um ihr ferneres Wohlwollen be&onders bei der Ourchfühi ung des
Geseties gebeten. HieiMif fptaclieii wir bei den Httren Landes-Schul*
lir^> inepeeioren Dr. Aug. Scheindler, Dr. Stephan Kapp und Dr. Ferd.
ici:- Maurer vor nnd baten ne um die größte Milde bei der Eraiattnng der
Vorech lüge fiir die Einrechnung der Supplentenjahre in die Quinqnennien
.1'^ und für die Befördenmg in die höheren Rangselaisen. Von allen den ge-
nannten Herren wurden wir freundlichst empfangen nnd erhielten von ihnen
i;:;. in den wärmsten Worten die Versicherung, dass von ihrer Seite aus das Mög-
lichste ge.^clu'hcn werde. Mit stol/.er I^f^friedigung thoile ich hier die Be-
huiijjiiing des Herrn Hofrathea Dr. Joli. H nein er mit, dass unsere Vereine
selbst sehr viel zu einer günstigeren Gestaltung des Gehaltsgesetzes
tifilg«tragen bfttten. Wae insbeeondere unseren Teifeln betriltt, ao ist ja
allbekannt, dass mein Voigftnger Prof. Fe odo r B op pe entweder aHein oder
^ mit einer Deputation viele Qftnge im Intereme anterei Oefaaltigeaetsea
getban bat. Ich freue mich, ihm bei dieser Gelegenheit öffentlich den
^. wärmsten Dank aussprechen zu können. Ebenso theile ich mit stolzer
Freu(ie das Geständnis des Herrn V'icepriisidenten Dr. Erich Wolf mit,
dans er -ownhl w ihrnnd seiner Wirksamkeit im Ministerium als auch jetzt
, in der niedert -ti n uchischen Statthalterei den Mittelschullehrstand hoch-
^ schätzen gelernt habe. Unser Beruf sei sehr schwierig und erfordere die
^ ernsteste Pflichterftillung; diese sei aber in reichlichstem Maße vorhanden.
Der Herr ViceptSndeat sowie die drei genannten Herren Landes- Scbul-
inipectoren betonten in ihrer Erwiderung, dass an den. Wiener Mittelschulen
eine stattliebe Reibe Älterer hoebverdienter Professoren wirke, welche die
Beförderung in die VII. Rangsciassc vollauf verdiene.
«Bei Herrn Hofrath Dr. Joh. Huemer und Herrn Section.srut h
Dr. V. Wiener, unseren beiden Referenten im Ministerium, hatte ich auch
allein mehrere Tage früher vorp:p«|trochen, beide Herren von den gerechten
Wünschen der Mittelschulprofessoren unterrichtet und um gnädige Berück-
sichtigung derselben gebeten. Beide Herren offenbarten in ihrer Antwort
das größte Wohlwollen. Herr Hofrath Dr. Joh. Huemer legte dar, dass
gerade die allgem^e Fassung der §§ 6 und 10 fllr uns recht günstig seL
So sei es jetxt und m Zukunft von Fall sn Fall mOglich, selbst weitgehende
billige Wflasdie an erflllien. Doch mOssten, fuhr er in seiner TOn uns ge-
sehätzten Aufrichtigkeit fort, für die Gegenwart etwaige finaniielle
Schwierigkeiten ins Auge gefitsst werden, weldie vielleicht manches ver-
hindern wurden, was er und wir anstrebten.
„Vor einigen Tagen bep:;!^i ich mirh im Auftra<?e vieler Coliegen
4 wieder ins .Ministerium zu unseren beiden Herren Heferenten, Herrn Lnndes-
j Schulinspector Dr. Aug. Schetndler traf ich auf dem Wege dahin.
' Ich sollte mich über die Wahrheit des GerQchtes erkundigen, dass maß-
gcbentoi Ortes der Beschlnss gefasst worden sei, die an Privatmittet-
schulen und an Stiftfgjninasien sugebracbten Supplentenjahre weder in
die Pension noch in die Quinquennien einturechnea. Ich erfahr, dass diese
Gefahr wirklich bestehe, aber ein endgiltiges Urtheil darüber noch nicht
gef&llt sei. Erst mOssten die Yorscklige dar einseinen Landesschulräthe
alle eingelaufen und eine Übersicht gewonnen sein, dann erst kOnne ein
I
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VereiDsaachricbten.
gerechter und billiger Schlflasel gefunden weiden. Ich glaube, da« es ge«
Ungen wird, die erwfthnte Gefiüir ta. beseitigen.
,ilni gansen habe ich den Sndrnek gewonnen, daas nneere vor*
gesetsten Behörden den besten Willen haben, die allgemein gefasston
Paragraphen des Gebaltsgeaetzes in höchst milder Weise (lurchznfnhren.
Mdge es unseren Gruinern und Frennilen maßgebondcn Ortes {i;^elingen,
etwaige finanzielle Bedenken zu entkrä('tf>n und \insereni Stande die wohl-
verdiente Würdigung und Forderung' zutheü werden zu lassen I
^Von vielen Seiten bin ich aufgefordert worden, der Missstimmung
hier Auadruck %i\ geben, welche durch den § 3 des Gehnltsgesetzes fdr
die Qewerbesebiilen hervorgerufen worden lat. Dieter Paragraph lautet: »Der
•yttemmftßige Stammgehalt betrttgt ftkr Lehrer in der IX. Bangaelasae 1400 8«
nnd IDr jene in der VKL BangMlane 180O fL* Bi itt ein Gebot der
Gereehti^keit. dam Proro.s.soren an Sehnlen, die zwischen der Volks- und
Bürgerschule und der Hochschule liegen, in Besag auf Gehalt nnd
Ranjj gleich l>ehiindelt werden. Dabei setze ich voraus, dnss mit verdienten
Ausnahmen nur jene I,>>hrcr Professoren werden, welche eine Mittel- und
Hochschule absolviert haben.
^Meine Herren! Ich filhle mich verpflichtet, noch eine zweite Miss-
stimmung zu erwähnen. Bei den jetzigen Verhältniasen kommt jeder
absolvierte Jorist, wetoheni Staatsdienstsweige er sich immer widmet,
bei snfriedenstellender Berafserftlllang schließlich in die VII. Bangseiasse,
bei herrorrageader Berufterfilllnng leicht in die VI. und sogar in die
Y. Rangsclasse. ßine ganz andere Hochachtung genießt deshalb ein solcher
Staatsbetunter schon in jungen Jahren in den Augen der Bevdlkemn?.
Benöthigen wir fiir Tin<?pren Beruf nicht die gleiche Hochachtung dt^r B<'-
völkerungV ht unsere Bildung geringer und unsere Arbeitsleiatung tilr
den Staat tninderwertig?
^Genug darüber! Die«« Klagen betreffen hauptäachlich die Vergangen-
heit, die Gegenwart und eine wohl nur mehr knrse Zokunfc. In jüngster
iZeit worden schon mehrere actire Lattdes*Sehaliniqpectoren mit dem Titel
und Charakter eines Hofrathes awgeseidiaet. Nach dem bereits in Darch-
iühmng begrid'enen Gehaltsregnliomngsgesettt werden wir nach lOjäh-
riger definitiver Dienstzeit, die durch Einrechnung von 1 — H Supplenten«
jähren noch verkürzt wird, in die VIII. Rangsclasse befördert werden. In
wenigen Monaten werden eine stattliche lieihe nlterer Professoren in die
VII. und einige ältere I)!rf'ctor*^n in die VI. Kangsclüsise erhoben worden. Mit
dem innigsten i)aiikk- begruben wir die&e Veränderungen in unserem Stande.
Aber damit sei nicht ges^sigt, dtiss wir von nun an die Hündo ruhig in
den Schoß legen sollen, sondern ich wiederhole meine Woi-te ans der
heurigen Scblnisrede: «Wir m Assen noch viel thnn, nm unserem heiligen
Stande das Ansehen sn erringen, das ihm seiner so wertvollen Arbeitsleistung
nach geburt. In diesem Streben, in diesem Kampfe mflssen wir alle eine
Phalanx bilden vom Landes- Schul inspector bis zum Snpplenti^'n herab.'
Meine Herren! Nur Einigkeit macht stark. Wir müssen daher danach
tracliten, in xin.Herem heiligen Stande einen frischen und thatkrät^igen
Standesgeist zu erzifhen. der einerseit-; alle in gleicher Weise beseelt und
uns so der Ullentliclikeit gegenüber wirklich als eine festgeschlo&sene und
einige Phalanx hinstellt, anderseits unter un.s mit schürten und strengen
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Vereinoiachiricbteii.
3i5
Au^i'n claiübei' waohl". dass sowohl im coUejiymlen Verkehre als auch iin
Schulieben uU auch nach auben bin <Jie Standetsehre bewahrt und hoch-
gehalten werde. Erreichen wir diätes Ziel, und es ist wa erreichen, dann
wird nm die Hocbachtnng von hoch ond niedrig toa selbst kommen nad
mit ihr Tiele Vortbeil«. Zn dieser Arbelt sind snnAefast die einseinen
Ldirkikper nnd die Mittelicbulreieinn bemfen. leb habe mich, seitdem
ich die Ehre habe, nn der Spitze des Vereines sn stehen, nach Kräften
bemüht, die fünf kiirtelliorten Vereine inniger an einander zu fesseln und
weiter die drei ribrrt,'(n Mittelschnl vereine (Vaterreichs, den Siipph^nten-
verein, den Verein der czecbiscben Profeissoren und den Verein der Lrin r
der höheren polnischen Schulen fHr eine kräftige Mitwirkung zu gewinnen,
so oft eä gilt, gemeinsame Inteie«8on zu vertreten. So giengen während
des Winters nnd im Frühjahre, als yqh allen Seiten Schritte nntemommen
wurden, dess das Oehaltsgesets endlich in Kraft geietst werde, die ge-
nannten acht Vereine geschlossen ?or nnd erweckten dadurch die Be*
wnndernng der StaatsbeamtenTermne. Ebenso flbermitlelte, wie ich bereits
ausführlich »»rwähnt habe, Se. Gxcellenz der Herr UnterrichtsminiKter Graf
Bylandt- Rheidt auf unsere Bitte zweimal eine Kundgebung sämmt-
lichfr Mittolsrhnl v^TPine Sr. Majestät dpm Kai«wr. Diese Gemein-
samkeit hat jedenfalls .-im n nmchti^eron Eindruck hervorgerufen, als der
gewesen w.ire, wenn w u getrennt p^^^hundelt hätten.
^Äiu mnigaien hat äich das Veih.Utni.s zwii^chen den Vereinen ,Mittel-
schule* nnd ^Realschule' in Wien gestaltet. Beide Vereine mnssten ja
in dem beorigen Jahre wiederholt gemeinsame Schritte nntemehmen, so
dasA die beiden Obmftnner immer und immer wieder Gelegenheit hatten,
den gewaltigen Vortbeil su erkennen, welchen ein enger Änetnanderschlaas
gewilhrt. Mein Pinn, beide Vereine in einen xn verschmelzen und den
neuen großen Verein in Sectionen zu theilen, ist zwar vorderhand ge-
scheitert, ich billige die Gr(\nde des Au'?schusse8 der , Realschule' vollständi$r;
aber dahin haben sii-h beide Ausschüsse geeinigt, dass von nun an Vor-
trfls'e. die allgemeines Interesse erregen, in gemeinsamen Sitzungen
gehalten werden sollen. Das ibt jedenfalls ein Fortschritt."
Der Obmann verliest nun ein oflßcielles Schreiben, welches ihm der
Obmann der ,Bealsdhu1e' Prof. Frans Halnschka geschickt hat, nnd das
diesen Pnnkt behandelt E< ist in warm freundschaftlichem Tone gehalten
nnd legt Zeugnis ab von dem innigen Verhältnisse der swei Sohwestervereine.
Wegen Raummangels mögen nur folgende Stellen nnfgenommen werden:
„. . . Mögen wir auch sonst in allen Punkten einig sein, ein Moment
lieget 7wis( }ipn nn«, das die Schließung des Bundes wenigstens für die Dauer
der i<»-genwai tigen Generation illusoriscli macht, das sind die divergierenden
Interessen der beiden Schulinstitntionen . die wir vertreten: Während da»
Ojmnaiiium bestrebt «ein muas, seine historischen Vorrechte zu wahren,
kftmpft die Realschole nnabttssig gegen diese Vorrechte an nnd trachtet,
in ihrem inneren und äußeren Werte dem Klteren Gjmnasinm gleiehsu-
kommen. Ob dieser Gegensatz je sehwinden und der Zeitpunkt kommen wird»
wo die beiden Schulen gleichwertige Früchte hervorbringen und denigemftß
auch gleich bewertet werden, wer vermag dm jetzt zu sagen? Aber zu er-
warten und zu wünschen wilre es, da-n bei der Richtung, welche die Fort-
entwicklung dieser Schulen genommen hat, die gegensätalichen Elemente
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316
Vereinsaachrichten.
derselben immer mehr surtlekgedrftngt and die lebten Ziele einsader
immer näher gerQekt werden.
„Sosehr ich nun auch bedauere, dass ich Deinem ersten Toraclitege
nicht beipflichten konnte, ebensosehr bin ich erfreut, Deiner neuerltclien
Anregnnjr Tinstimroen zu können, der Anrei^ung nämlich, för den Fall,
als dio in einem d<>r beiden Vereine zur Behandlung oder zum Vortrage
gelangenden Themen die Intere^isensphäien beider Vereine berühren, gc-
nieinaame Ver^mmlnngen abzuhaken. Und »o bitte icli Dich denn, die
Erklärung entgegeosonebmen, dam der Verein »Eealachnle* jedesmal, m> oft
dieser Fall eintreten sollte, «ich geehrt ftthlen wird, die Mitglieder der
tMittelsehnle' in seiner Mitte willkommen heiOen sa dQrfen. Es erf&llt mich
dies mit besonderer Freude, du ich darin nicht allein ein Mittel erblicke,
den Genieingeist in unserem Stande zu fördern, sondern auch ein Palliatir,
das Erbüljel zu beseitigten, das der Annäherung der beiden ScbulpiUtungen
hindernd im Wef^ steht: die Verkennung der Ziele einersei t>-, (^<'nen die.-e
.Sehulkurptrorien zustreben, und der Mittel anderseits, die zu diesen Zielen
hintiiinen sollen. Durch das persönliche iSähertreten der Mitglieder beider
Vereine wird ein Meinungmustaui>ch herbeigeführt, der zur Klärung der
Ansichten und snr gegenseitigen Wertsch&tsQDg der Schulen und ihrer
Vertreter und dadurch indirect sur Forderung der beiden Institutionen
wesentlich beitragen whrd . .
Der Obmann fthrt dann fort: ,EbeD«o muss ich zu unserer Freude
riibmen l rrwähnen, dass der Supplentenverein sich an die .Mittelschule*
und die ,Ueulschule' innif^er ang'e«:chlo-wen hiit. — Wenn also das Hefühl
der Zusamniengebörigkeit unter un«j Mittel8chnl]irofe«soren immer weiter und
tiefer Wurzel gefasst hat und wir alle als eine geschlossene von gleieheni
Geist« durtiidrungene Massie auftreten können, dann wird vuis zu unserem
Segeu vielem gelingen, dann werden sich manche WQnsche verwirk-
U^en, Ton dmn MUlnng wir jetzt nur trftimwii dflrfan. So ist es
jelst nur ein frommer Woaseh, dam alle Professoren im dritten Decenninm
ihres Wirkens sehon bei ZUfMedener Dienstleistung die VIL, eine bestimmte
Anzahl von Directoren die VI. und eine bestimmte Anzahl von Landes-
Scholinspectoren die V. Rangsolasse erreichen und unser Referent im Unter»
richtsroinisterium immer an? unserem Stande entnommen und wirklicher
Hofrath «»m Ferm r i^t ps ein frounner Wunsch, dass den Professoren in
ihrem Alter nicht derselbe anstreni^ende Dienst wie in ihren junpfn Jahren
aufgebürdet werde. Freilich je älter, desto tüchtiger und erfahrener winl
der Lehrer ; von diesem Standpunkte aus könnten ihm nicht genug Stunden
gegeben werden. Aber mit der Zunahme des Alters lassen die physischen
nnd geistigen Krftfte nach» das Gedfichtnis wird schwftcber, die Vorbereitung
daher größer, die Sehkraft verliert ihre Scblrfe, das Gorrigiefen wird daher
mühevoller und erfordert mehr Zeit, die Stimmuskeln und die Lunge er-
müden früher u. 8. f . Schade, dass ein Scbntaverein hiefHr sich nicht
gründen lilsst!
..Meine Herren, warten wir ab. wie die hohe Regierung unser Gehalts-
regulierungsgesetz durchführen werde! Jetzt wäre es voreilig, unstatthaft,
ja schädlich, mit Bitten, Anträgen und Vorschlägen an das hohe Ministerium
heranzutreten. Von demselben Gedanken ließ sich das Vorbereitungscomit€
des nftchsten Mittelschnltages leiten und Tenchob ihn daher nm ein Jahr.
Digiii^cd by C
Tereiiiniaehriehtes.
317
„Ebenso luflssen wir die Berathungen über die Dienstpragmatik
vorderliaiid tmterbieelien.
,Der OeatmlTerein owehucher Profenoren in Pnip ttellt an unseren
Verein die Anfimge, ob wir geneigt -wftren» gemeinnm eine Action ein-
suleiten 1. betreflb Ansprachsberechtigung der Profeesoren auf die ,Ebren-
medaille fQr 40.jährige treue Dienste* scbon mit 30, eventuell 35 Dienst-
jahren, 2. behufs Honoriernn*^ der Programmaufsätze und 3. behufs Zu-
erkennuny der gesetzmäßigen r^iätfn an l'iotessoren bei Schülerausflügen. "
(Der Obmann wird durch emstiuimigen Bescbluss aufgefordert, an
der Torgeüchlagenen Action tbeilzunehmen.)
^In der Jabresversammlung vom 11. December 1897 legte der gans^
Ansachoei «eine Stellen nieder. Von den alten AmseboMnutKliedem er*
klirten aicb nur die ProE Guido Altb und Peter Mareteh und
Dir. Dr. Isidor Knkntseh bereit^ eine etwaige Wiederwahl ansanebmen.
Es wurde dann zum Obmanne Prof. Peter Mareech gewählt. Nach der
gleichzeitig erfolgten Neuwahl des Ausschusses conatitnierte sich dieser
derart, dass er aus den Herren Prof. Arthur Lankmnyr als dem Obmann-
stellvertreter, Prot'. Dr. .Antnn Frank als (\^^}^^ ersten Schriftführer, Prof.
Dr. Karl Wotke aln dem zweiten iSchriftlührcr , Prof. Guido v. Alth
als dem Cassier und ferner den Herren Prof. Josef Aschaupr, Prof.
Dr. Josef Kohni, Supplent Dr. Gustav Kraitschek, Dir. Dr. Isidor
Kukntseb, Prot Dr. Julius ScbOnacb und Prot Dr. Andreas
Washietl bestand.
«Wegen bebOrdlicherSchließnng der ünivecaiUli mosrten sweiSitsungen
entfallen, so dass nur sechs Vereinsabende staitfondw. Am enten Abende
hielt während des Scrutiniums Herr Dir. Dr. .Tosef Loos einen Oberaus
anregenden und fesselnden Vortrag über .Die Pädaj^ogik auf dem Philo-
loge ncon grosse in Dresden'. Am zweiten Vereint'abt:'ndo folgte der inte-
ressante und humorvolle Vortiaj? des Herrn Prof. Andreas Simeoner
(Znuiui) mit dem Titel: ,Ein Besuch eines Gymnasiums in Athen'. Den
dritten Vereinsabend füllte Herr Prof. Dr. Franz Spengler mit seinem
henrliebent anregnngsvoUen und von patriotischem Geiste durchwebten
Vortrage Uber »Adalbert Stifter als Ecsieber' aua Am riertenVereinsabende
fesselte lebhaft die große ZnbOrecscbar Herr Prof. Josef Fuchs (Wiener^
Neustadt) durch seinen besondern fnr die Livius-Interpretation höchst wich-
tigen Vortrag: ,Roms Strategie zn Beginn des zweiten pnnischen Kriegest
Am fTinften V(^rein<!abende hielt Herr Prof. Dr. Karl Haas einen sehr
intereasanton und trotz dp'? sprriden Stoffes liberans lichtvollen Vortrag
über ,Die Mathematik der ult^n Ägypter'. Die Reihe der Vortragenden
scbloss der Herr o. C. Univ. Prof. Dr. Friedrich Marx, welcher am
sechsten und letzten Vereinsabende in tiefwissenscbaftlicber und bOchst
anregender Weise 41« neueren Forschungen Aber die LebensMhicksale und
die bflrgerliebe Stellung des Dichters Plantus* bebandelte und unter ransohen-
dem Bei&lle der sahlreicb besuchten Tenammlung sehlose.
^Leider fehlte im verflossenen Vereinsjahre ein Vortrag pädagogisch-
didaktischen Inhalts mit der dazu gehörigen Debatte. Vielleicht wird das nene
Verein.^jahr wenigstens einmal einen allgemein od<»r viele interessierenden
Stoff püdaf»ogi9ch-didaktisch''*n fnhalt.s zn einer ref?»'n Debatte bieten. Aller-
dings sind bis jetzt nur wiääenschaftliche Vorträge augemeldet.
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318
VecoinsnacliriGhteii.
^Line hüchst angenehme Ttiicht erfOlle ich» wenn ich mir erlaube,
dem Herrn Vicepräsidenten des niederösterreicbischeii LandeMohalrathes
SeetioDMbef Dr. Erich Wolf, Herrn Hofmth Dr. Matthias Ritter
Wretsehho, HenmHofeBth Dr. Karl Schon kl, Herrn Hofrath Dr. Johann
Huemer, Herrn ünir. Proü Dr. Friedrich Marz nnd den Herren Landet*
Schulinspectoren Dr. Karl Ferd. Knminer, Stephan Kapp und Dr. Auj^.
Scheindler für ihren häufigen uns ehrenden Besuch der VereinRabende
UDMren herzlichsten Dank zum Au'^lrncke zu bringen.
„Peinlich f]\]\t mir die Mittheilun^, dass die schon in dm- .Tiihre«-
versammlung vom 11 [>fc»M)il)pr 1H97 erwiihnteu V orberei tunj^en nx einer
Ehrung des uui das Mit teiHciiulwe^en iioch verdienten Hofrathe« Dr. Matthias
Ritter ?. Wretschko noch immer nicht ▼ollendet sind. Es haben sich
wktkt 9tkmmmt^tSkm etgehaa, deren Oberwindnog viele Monate be-
aatpmchte. Doch dOrfte in ntthinan ünAiB daa Oomittf in der glQck'
liehen Lage atiim dM Ehrengeschenk ra flberreiehen.
„Dem um fünften Voreinsabende gefassten Beschluate, an dien ■■n
Univ. Prof. Dr. Max Büdinger zu seinem 70. Geburtstage, den er am
1. April feierte, im 'N'iiTiit'n «Ip* Vereines ein Hfi^lückwünschunp^steleürnimm
abzusenden, bin ich tifCreu narh.'pkouinn ii f^miii-*^ Ta^c darauf erhielt ich
ein sehr herzliches Dankschreiben, in welchem der verehrte Jubilar auch
der Hutinung Ausdruck leiht, dasä unser , Verein »eine segensreiche Wirk-
samkeit noch durch fiele Jahre bewähren mdge'.
„Herr Hofirath Dr. Otto Benndorf, nuser hodiverdkrtes Mitglied,
eandte mir |iaf meine Gratulation la seiner neuen Wirkeamkeitam 86. Sep-
tember aue Aquil^ folgendeeSchreiben : ,Ffir den freundlichen Glftckwunsch,
durch den Sie mich im Namen der <Mittel8chale> zu erfreuen die GOte
hatten, sagt Ihnen anfiriehtigen Dank in ▼onOgUcber Hochech&tsung Otto
Benndorf.'
„Eine Zierde der Wiener Universität, der hftchberühmte Prot. Hof-
rath Dr. Robert v. Zimmermann, der sich auch durch seine Herzens-
güte bei üeinen zahlreichen Schülern ein freundlichee« Andenken ge^iichert
hat, wurde uns au Ende der Ferien durch den Tod entrimen. Da ihn nicht
wenige Mitglieder des Vereines als ihren Lehrer oder Bsaminator sohfttsen
gelernt haben, fühlte ich mich verpflichtet, seiner Fhiu Gemahlin ein
Beileidsschreiben im Namen des Vereines so senden.
, Wahre und aufrichtige Befriedigung erfüllte uns Mittelechullehrer,
als die k. k. , Wiener Zeitung' die Allerhöchste Auszeichnung unseres hoch-
verehrten und allbelipbten "Referenten im Unterrichtamini'^terium , des
jeUigen Herrn Hotratheä Dr. Johann Huemer braobie K>- gibt gewiss
niemanden unter uns drei- bis viertausend Mittt-lsdiuilehrern. der nicht
deiütiea jSumen mit dem GefQhle des Stolzes und der Uochiichtung aus-
eprichtw Wer aber nur einmal mit ihm in Berfihrong gekommen ist. der ist
▼on dem Zauber seiner Persönlichkeit gelhagen. Jed«r von uns ist gans
libeneugt, dass wir in ihm einen aufrichtigen und wahren Freund unseres
Stande«, einen gründlichen Kenner unserer Leiden und Freuden und einen
eegensreichen FOrderer des Mittelschulwesens besitzen. Es war daher Ar
mich und den Obmann der , Realschule* ein höchst angenehmer Gang, um
dem Herrn Hofrathe Dr. Johann Huemer im Nam^n der beiden Vereine
die herzlichsten Glückwünsche darzubringen und ihn zu bitten, auch femer-
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VerelDsnacbricbten.
319
hin Mine tbatkrBftige Untenitllsnnfif den beidim Vereinen nngedeiben sn
laMW. Seine beiebeidene Antwort war der Aoadnick dea Wunsches, seine
Auszeichnung unter recht viele Terdienst?oUe Mitglieder nnierce Standes
tbeilen zu dürfen.
„Ebenso wnrHo mit innijjer Freude die Allerhöchste Auszeichntmjj
des Herrn r.iinde.s-Schuiin.sj)ectors P. Hobcrt Riedl auff^enommen. Denn
er ist uef erste active Lan les-Schiilinspector außerhalb des Miniateriums,
der den Titel und Gbarnkter eines Hoirathes erhalten hat. Wir finden in
dieser Auszeicbanng einen Beweis, dass unser Stand an Achtung und Wert-
schfttzung gewonnen bat. Höge diese Ansieiciinttng nur Hebung unsere«
Standes nicbt yereinxelt bleiben! Die vielen Verehrer des um das Gedeihen
des Mittelschulwesens Mährens und BShmens hodiverdienten Herrn Hof-
latbes Kübert Riedl haben seine Auszeichnung mit besonderer Genug-
thuung begrüßt. Der Verein , Mittelschule* in Wieu kennt den Uenm
Hofrath Robert Kicdl als »»infM seiner ilUesten Mitglieder und als ehe-
inalif»es eit'i ige>j Ausschus.siiiitgiied. Darum fühit4?n ir um angenehm ver-
pflichtet, ihm im Namen des Vereine.^ ein BegKirkwuuf^v hung^schreiben
2U senden, das vor einigen Tagen abgegangen ii^t. Heute erhielt ich ein
in den w&rinsten Worten abgefnsstes Dankschreiben.
,Das bochlöbJiche Deeanat der philosophischen Faonitftt hat uns
anch för das heurige Jahr die nnentgeltlkhe Bentttsnng dieses Saales in
gnftdigeter Weise bewilligt. Idi erlaube mir, im Namen des Vereines fUr
diese Güte ehrerbietigst den wSrmsten Dank auszusprechen,
„Für die würdige Ausstattung der einzelnen Hefte unserer Zeitschrift
verdient der Herl* Verlier Alfred H&lder wiederum wie aUjährUch den
besten Dank.
^Zuu) Schlüsse habe ich noch den Mitarbeitern an unserer Zeit-
schrift, besonders den kartellierten Vereinen für ihre oplerwillige
Untecettttnung nnseren henliebsten Dank sun Ansdrocke in bringen. Ich
sdiließc meinen Bechensehaftsbericbt."
Der Ohmaan verkündet nun des Beeultat der Wahl. Zum Obmanne
wurde Prof. Peter Maresch wtodetgewftblt, su Ausschus^n it^^Iiedern
wurden (an Stelle der vier oben genannten Herren) Supplent Karl Hehl,
Prof. Feodor Hoppe, Prof. Dr. Josef Kohm und Prof. Dr. Paul Lieger
gewählt.
Der Obmann Prof. Peter Maresch dankt auf-* herzlichste für das
geschenkte Vertrauen un«i erklärt, von nun au auf der eingeschlagenen
Bahn umso eifriger weiter wirken zu. wollen, nachdem er sich die Zu-
friedenheit des Vereines und der kartellierten Vereine erworben habe.
Freilieh erfordere diese Vertrauensctelle viele kostbare Zeit; auch sei es
schwer, es allen recht m tbnn.
Hierauf meldet der Obmann folgende neue Mitglieder an: Herrn
Karl Hehl, Supplenten am k. k. StaatqQrmnasium im VI. Bezirke
Wiens, Dr. Friedrich Oatächa, Supplenten am k. k. Stnat.sgymnasium
im III. Hezirke Wien.s, Dr. Paul Lieger, Professor am k. k. Gymnasium
der ."!?chotten in Wien, Dr. Franz Greise, Profe:ssor am k. k. Gymnasium
der Schotten in Wien, Dr. i- erd. Fried. Z inner, Supplenten am k. k.
Staatagymnasiuui im III. Bestrke und an der k. k. Realschule im II. Be-
rirke Wiens» Emil Schreiber, Supplenten am k. k. Gymgmstum im III. Be-
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320
Veieinsoachhcbten.
lirke Wieiu, Dr. Joaef Mesk, Supplenten am L Steat^tnnHium im
II. Besirke Wiens, und Dr. Arthur Sie in, Snpplenten am Frans'Joaefii-
Gymnaainm in Wien.
Hierauf meldet sich Prof. Dr. Karl Wot ke zum Worte und spricht
im Namen des Ausschusses und des ganzen Vereine» dem Obmanne für
seine uu'iiievolte und verdienstreicho 'l'häügkeit in I&ngerer Rede den
innigsten Dunk an«. (Lebhafter Beifall.)
Der Obmann knüptt an die Worte des Vorredners an nnd spricht
seinem Hedactionscollegen, dem ersten Schriftführer Prof. Dr. Anton
Frank im eigenen Kamen und in dem des Vereines in sehr warmen
Worten den inaigeten Dank fQr seine so eifrige und anerkennungswerte
Mflhewaltnng im Dienste der Zeitacfarift aus. (Lebhailer Bei&ll.)
Zoleirt ergriff ProC Dr. Frank das Wort Er erlaube nch« einige
Bemerkungen an die Berichte anzuschließen. Soweit die Ziffer das Bar-
vermögen des Vereines ausdrückt, gibt sie wohl «inen erfreulicben Abschlusg
des Vereinsjahres, allein steht ihr ein Abf^ill von 30 Vereinsmitgliedern
gegenüber, und dip"^ i^t >iei der ohnehin geringen .Mitgliederanzahl ein
sehr bedeutendes i'rotent. Was einen je<len drängt, der eü mit dem Ver-
einsziele ehrlich meint, sei auch hier in öffentlicher Versammlung vor der
Öffentlichkeit ausgesprochen. Ob die Überzeugung, unser Verein sei für
unser Staadesleben flberllflssig, jene Herren Oollegen mm Ab&Ue befragen
hat, oder ob wir hierin ein Urtbeil Aber die Leitung der „Mittelschule*
sehen, kann ja keinem EinsichtiTollen unklar sein. Wir brauchen nur
die Augen offen zu halten, um zu sehen, wie sich die Stände und Gruppen
zusammenschließen, um die wirtschaftliche und sociale Stellang ihrer Mit«
f^lieder ni wahren T'nd an uns allein sollte nicht dies Bedürfnis heran-
kouiiiieny Wenn nun in liein Vereine .'^elbst und außerhalb desselben die
Stimmen laut werden , da^s iler Vorstand die „Mittelschule" zu der .Stufe
ausnütze, um sich zu erheben, und der Verein nicht wert sei, gehalten zu
werden, so verdiente es die gute Sache, die jeden unseres Standes gleich
berfihrt, an sich und f&r sich, dass einem offenen Worte auch der rechte
Nachdruck gegeben wird; dann wird eher das Vereinssiel gefunden und
behalten werden, als wenn man sich mit der besseren Aniricfat in den
Schmollwinkel stellt. Niemand wird aber auch behaupten k^'tnnen, dast
in der Gehaltsfrage die „Mittelschule" und für dieselbe der Vorstand seine
Pflicht nicht gethan hiittf. f-'reilich, wenn hinter dem Vorstiinde der Wille
\ind Wnn^cli von i^o vielen Hunderten s?tOnde, als wir eben alle zusammen
tuid, (iann wäre für jeden Theil und jede Seite auch am be.>>t<?n gesorgt.
Man verkennt nicht den Wert und die Bedeutung der Arbeit, welche
gerade wir Mittelschallehrer f&r Staat und Qesellschalt leisten. Daas dem
MittelsehuUehrer bei der Bildung, die ihn ausseichnei« die persOnlidie
Wertschfttsung at^ieage und die fiinsicfat, dass nur im Zuaunmenschlusse
die Werte und Krftfte wachsen, kOnnea wir fflglich nicht voraussetaen.
Ks scheint nur der Wille zu mangeln, der uns zusammenbindet zum starken
Vereine. Diese Erkenntnis und die daraus quellende Bethätigung ist auch
Idealismus, von dem wir ho oft reden und reden hören, und zwar gesunder
Idcali-mnR. der nicht hohl it? nnd nicht dürre wird, da er aeina Wurzeln
in gut'„'n Boden senkt. Gewinnen wir einen solchen Idealismu.^. so dürfte
auch der Verzagtheit und dem Missmuthe, die nuu auch m unseren Reihen
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Vereiiunticlirichten.
821
uni<^f>}ii»n . It r verlegt wenlen. Dann mag sich für unn alles am
besten L'fstiüten. (Allgemeiner B»»ifall.)
liieirtut" wird die Sitzung tfe^chlosnen.
B. SiLzungsbeiiciiL des Vereines „Deutsehe MiUelsehule'
in Prag.
(Mitgetheilt vom Obmanne Prof. Ant Micbalitschke.)
Achte periodisehe Yersammluug.
(20. April 181>8.)
In der sehr zahlreich besuchten Vemimnilung besprach Prof. Ad. Gott-
wald mehrere
••Interessante zooloslsehe Fragen aus der Sehule**.
H< man die Thatnache föst Tor Aufpen, Ahrte der Redner aus» da«
Wftchsthura, Lebhaftigkeit und Neugierde natürliche Eigenflchaßen der
.Tugend bind, so erklärt sich auch der Umstand , daM die ZOglinge einer
Mittelschule an den Naturhistoriker am hänfigaten verschiedene Anfragen
stellen, voran^j^ecctzt . (la-> fr dm) Ciitcrrieht lebendig zu gestalten weiß,
und dass er «ich nicliL auf den Stinidiui rikt des im}} wf längere stellt.
Diese Fragen haben oft ein ganz bi sondere^ p.Uliis^ i;,Msehe.s wie didaktisches
Interesse, Der Redner fiihrt nun aus seiner Praxis einige tiolcher Fragen
tind deren Deantwortang vor. 1. Der Kall der Katae. Wird in der
Prima gefragt, ob die V^tze immer auf die Beine fiUlt, so kann diese
Frage tooi Lehrer nur b^aht werden. Wird aber die Frage gestellt:
Warum f&Ht die Katxe immer auf die Beine?, so rouse man den Parvisten
mit der Beantwortung auf die Vi, Chw-se verweisen, nachdem er zum Ver-
ständnisse derselben etwas Physik und Anatomie wissen mus.s. Der V'or-
tra'jonrle weist an einigen Experimenten nach, dass Körper, wpnn sie frei
fallen, ihr Oewi»'ht verüoien in dem Sinne, diu»s ihr Druck iiiit die Unter-
lage aufliüit. Dieses vorausgesetzt, erklärt sich nun der Fall tier Katze
durch den Umstand, das» ihre Mu-skeln unabhängig von dem beim Jitehen
auf dem Boden wirkenden normalen Drucke werden, dieselben können sich
freier bewegen und den Körper im Valien so drehen, dass die Beine nach
unten kommen. Eigene Experimente, welche der Tortragende 1^74 ~7G
vorgenommen hat, wie die erst neulich von der französischen Akademie
1893 angestellten und mit Momentphotographie festgehaltenen Versuche
bestätigen das. — 2. Daran anschließend, läsest sich die Frage über die
Seekrankheit l'^irht in dor V! Tinste erledigen. r>er Vortragende findet
— nach Anführut die«lit»ziigiiciier persönlich angestellt»»r Versiudie und
aus eigener Kviahrung b(M dem großen Sturm** im November 1878 im
Adriatischen Meere — das Wesen in den verschiedenen V^erschiebungen
der Muskeln, infolge der unregelmäßigen Bewegung, dem momentanen
Nachlassen des Druckes in den GefHQen, der sich sofort wieder geltend
macht, wodurch die Empfindungsnerven etc., endlich der nervus vagu9
gereiat wird, welcher die bekannt- ii Ri heinungen auslGst. Der Vortragende
führt auch » init^e Mittel gegen die Seekrankheit an, wie solche von ver-
schiedenen > iten empfohlen werden. — 3. Die Frage, was sind Brief-
„ÜBi« rr, MitUlscbul«'". XII. Jahrg. 21
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322
Vereinsnachrichten.
tauben, wird zunächst für die II. Classe erledigt, iruloni der \ ortras^eiule
dm Wesen der Briefiaubenpost eingebend darlegt, tieiieude Beispiele aus
der Geschichte vorführt, ihre Bedeutang im deatiach-fraiiiOaiwhen Kriege
1870—71 beleuchtet und ihren gegenwärtigen großen Aafdchwnng in den
meisten Staaten hervorhebt. Im Obergymnariam dagegen kann man auf
eine tiefere Behandlung eingehen. Der Unterschied zwischen der Orts-
kenntnis der Tbtere, als einer objectiven Eif?enschaft. erworben durch cUvs
Zusammenwirlcen aller fünf Sinne, und dem Orientierungsvermögen als
einer snbipctivpn Ki«jf'n<?cbaft, wolohe erst wirksam wird, wenn die nndcreu
fünl Simir (l;is Thier iui iStiche isissen, wird miautert. »SitÄ desselben s^intl
die haib/.u keltörmigen Canäle. Hedner fiihrt Beispiele an und geht nun
aur Besprechung von bewegliehen Taubenschlägen, wie solche in Frankreich
Verwendung finden. Das Oesetz lautet: Die Tanbe vermag den einmal
durchgemachten Weg in entgegengesetzter Richtung wieder auradcsalegen.
Nur die Liebe snm traoten Heim leitet das Thier. — Daran anschließend,
erläutert der Redner, daas und in welcher Weise auch Bienen in Frank*
reich als Briefboten verwendet werden. — 4. Eine etwas heikle frage,
welche dem Sprecher bisher dreimal — nur von Vorzugsscbülcrn - i:estellt
wurde, lautet: Was ist Parthcnopenesis? Diese Frage hat er ihrt in St-Oipr
erst immer nacli der fohriillichon Maturitätsprüfung beantwortet; die
Gründe für diesen Aufschub gibt er an. Als typisches Beispiel zur Klar-
legung wählte der Vortragende immer die Biene, erläuterte die ganz
eigenthQmUchen und wunderlichen Vorgänge in diesem Thierstaate und
hob den Unterschied der Begriffe, welche man im wissenschaftlichen und
im gewöhnlichen Gebrauche mit diesem Worte verbindet» deutlich hervor*
Wenn sich also der Mittel.«chulprofessor weder auf den Stand])unkt les
Gelehrten noch den des bloßen Einpaukers stellt, sondern auf den des
Frzichers, m kann er zu geeigneter Zeit vioie.-; leisten, d.is Wis«?en der
Zugliiiu'«* nicht mir erweitern, son<leni dte«ellion zum selbstiiadigen Denken
und Vergleichen auiegen helfen, süuiit zu ihrer Zufriedenheit, ihrem
Glücke beitragen. — Der Redner schlot« mit dem Spruche: ^.i-V/io; erä,
qiii poiuU rerum cognoactrt eausas^ seine äußerst intercsaanten Aus-
f&hrungen, die hauptdlchlich Tom bienenwissenschafllichen Staadpnnkte
aus den Zuhörern vielfach gnna Neues boten. Die Bigenartigkeit des
vollständig freien Vortrage<^ machte den Abend ZU einem genussreichen.
Allseitiger Beifall und herzlicher Dank, den der Obmann namens der Ver-
sammelten aussprach, wurden dem Redner zuth» il — Nachdem der Obmann
dem Wunsche Ausdruck verliehen hatte, die Mitglieder inöf^en nach glück-
lich beendetem Schnljnhre in den Ferien die jeden) so luiihii;"' Krbolung
finden und nachiiei zu erneuter Vereinsthätigkeil zuj-ammeutieten, schlo&j*
er die letzte periodische Vereinsversammlung des laufenden Schulj^ihres.
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Vereinx^uuchrichten.
C*. Sitzungsberichte des Vereines „Die Realschule" in Wien.
(Mitgetheilt vom ScbriftfUhrer Prof. B. Daudaczek.)
Britte YoUTersammlaiig.
(19. Februar 1S98.:
Per Obmann Prof. F. UHluschku begriUSt die Ver>*iumuiunür, ins-
besondere deu Herrn k k. Landes-Schulinspectcr Dr. J. Huemer, uud hält
sodann seinen angekündigten Vortrag:
^,über eine eventuelle Reduetlon des Lelmtoffes der darstellenden
Geometrie'*.
In der Einleitung verweist der Vortrug* n lr auf die Schritte, die vor
einigen Jahren in Betreff der Lehrstoffrednction in der Mathematik und in
der darstellenden Geometrie unternomnipn word-n waren: orinnf^rt 5ns-
besondero an den Vortrag des Prof. J. Moixner vom .Niarz lö^ö: ^Die
tlarstrlk-mic tlHoiut'trie als ünterr-clit-'^n-^Tii-tand an der Realschule",
welcher eine Eiitla«(ung des Ltiiiototiea /.um Zwecke hatte. Es entstehe
nun die Frage, ob die fortgesetzten Streichungen bei den reuliütiächen
Fftchem nicht eine Verschiebung de» Fundamentes der Realschule zur
Folge haben werden. Ohne jedoch dieser Frage nähersutreten, die nur
angeregt wei'den sollte« geht nun der Vortragende zu seinem eigentlichen
Thema Aber und bespricht zunächst die Lehre von den Durchdringungen,
<lie so viele wertvolle Hildungseleiuente enthalte, dns$ sie als unentbehrlich
bezeichnet werden mÜ8.Hf. I>och könne man slrh hier auf die einfachen
Körper: Pyramide. Pri.^Jiiia. Ki"Tel und ("vliiKlcr beschränken und die all-
gemeinen, wie auch die icgt'imäbiL(«'n l'olveuer, mit Au.^nahuic des W iutels
uud des Tetraeders, fallen lassen. Es sei nicht möglich, die Rotations-
flächen zweiter Ordnung in wQnschenswerter Weise in behandeln, da hiezu
die EenntnuMe der Schüler Uber die Kegelachnitte nicht ausreichen. Man
könne daher recht wohl anf dieses Capitel verzichten, wenn man die Kugel
zum Repräsentanten der Rotationsflächen wählt und an dieser die in Be-
tracht kommenden Conatructionen , wie ebene Schnitte und Parallel-
beleuchtung nach allgemeinen Gesetzen durchführt. Dagegen sei die Per-
spfctivf fin so h'-rvormi^endes Hihhin^^niitte] und eine «o «rhöne An-
wcndung den vorlici;:» htjnden Leiirstotlet^, da-- ilur Au-schlit-lHiii;,' aus dem
Lehrplane einer üeiab-etzung des Bildungsniveaus der liealscliulen gleich-
käme. Mit Rücksicht hierauf, sowie in der Erwägung, dass dieses Capitel
^usjenigo, was im Freihandzeichnen über per.spectivische Abbildung gelehrt
wird, begrQnden und verallgemeinen soll, spricht sich der Vortragende
fUr die Beibehaltung desselben aus. Schließlich hält Prof. Haluschka
eine Hcrabminderung des bisherigen Stundenausmaßes — drei Stunden
wöchentlich — ohne Gefährdung des Unterrichtszieles, besonders im con-
struetiven Zeichnen, nicht für zulässig und stellt folgenden ßesolutions-
antnig:
„Der Verein ,Die Realschule" erachtet es als wünschens-
wert, aus dem Lehrstoffe der darstellenden Geometrie die
Durchdringungen allgemeiner Polyeder, wie auch die Rota-
tionsflächen zweiter Ordnung mit Ausnahme der Kugel ans-
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324
Vereinsnachrichten .
zuscheiüen, hingegen die Central projection beizubehalten.
Die wöchentliche Stnndensahl bleibe anverändert."
Diese Rewlutioii wird Oegenttand einer lebhaften Eri^rterung.
Regierungiu-ath Prof. Kick wQrdigt die Bedeutnog der darstellenden
Geometrie sowohl hinsichtlich der ihr innewohnenden Bildnngüeleineiite
als auch in Betreff des pasitiven Wissens, das sie vermittelt und zum un»
entbf'lirlichen (lrund<'tein fiir die höheren Studien an der technischen Hoeh-
ächule macht. >ie weckt die Vorsteilung.Hkraft und entwirkelt «i> wie
kein anderer Gegenstand, und ist daher schon um diesem Grunde beruten,
eine fiihrende Kolle in dem Lehr])lane der Reubchuie zu spielen. Sie
rOstet aber auch den Scbnter mit jenen KenntniKsen nnd Fähigkeiten aas,
die für den rationellen Unterriebtsbetrieb an der Hochschale nnerlftsslidi
sind, und dieses Itfonient moss gans besonders hervorgehoben werden. Es
kommt fibrigens beim Techniker nicht sosehr das Bildun^moment in
Betracht, e^ handelt sich vielmehr um die grfindllche DurchQbong der
Elemente dieser Wi.ssenschaft und die Aneignung einer gewissen manuellen
Fortij^koit im Construiereu wie auch einer Sicherheit im Vorstellen, die ihn
betVihi^'t, von vornherein zu erkennen, ob das Ergebnis seiner Confti uction
möglich oder wubricheinlich ist. i]i> niup.s darum auf den geometrischen
Drill mehr Gewicht gelegt werden, ah dies bisher der Fall war, und dazu
ist ein gewisses Zeitausmaß erforderlich, das in frQheren Jahren bedeatend
grOOer war als jetst; dasselbe ist nunmehr auf ein Minininm herabge*
sanken und vertrSgt eine weitergehende Beduction nicht mehr. Redner
wflnucht daher, da^ der dritte Punkt der beantragten Resolution kräftiger
betont und mit Entschie<]onheit ausgesprochen werde, daas man sich gegen
jede Keduction des der darstellenden Geometrie xugeviesenen Stunden^
aus mu Ii es verwahren n!Ü«He.
Prof. .M l ixner erklärt sich mit dem Vorredner «iiirch.ius i-ines .'Muufs;
auch mit dt iii Vortragentlen sei er in Betr* If der Durchdringungen ein-
verstanden. Wiui jedoch die Perspective anhingt, stehe er auf demselben
Standpunkte wie vor drei Jahren, indem er dieselbe im Lehrplune der dar«
stellenden Geometrie für entbehrlich halte und sie als eigentliche Dom&ne
des Preihandseichnens betrachte. Dagegen mfichte er die Hotationsflftcben
nicht ganz fallen lassen. Wohl könnte von den besonderen Kotationsfl.ichen
zweiter Ordnung abge.sehen werden, dafür aber wäre die allgemeine Kota-
tionsflächo einzusetzen. I)er Misfere wegen d«^^ jroringen StuiuhmanpraaGes
im allgemeinen nei nicht anders beizukniniDcn , als durch Kinfiihrung
einer VIII. Chissse. Dann werden auch die liealschüler jene Kechte be-
kommen, welche luan ihnen gegenwärtig noch vorenthält. Was soll aber
mit der beantragten Resolution geschehen? Der Verein habe, als «s sich
nm die ReducUon des LehretoiFes der Mathematik in der VI. Cloa^e
handelte, am 9. December 1891 dem Ministerium ein ansfahrtiches Memo-
randum unterbreitet, ohne dass diesbezQglich auch nur eine Erledigung er«
flössen wäre. Redner tiirchtet, dsM der heutigen Resolution dsusselbe Schick-
sal bevorstehe. .Soviel sei jedoch gewiss, dass an den drei Stunden für die
darstellondp ''f^ometrio nii lit ifcrnttr'It wptilon düife. Zur Entlastun)^ de'*
nnit'tngreuln'n Materials . brn die tntternuwg der Perspective anj« ihnv
Lehrplane iicttragen, da dieselbe ja ohnehin auch im Ert ihandzeiciien-
unterrichtc behandelt werde.
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Vereinsnachiichten.
325
l'i-Af. Hai Usch ka dankt dem Herrn Kegit'niiig.-rathe Kick fih* dessen
Austüiuuugen, welche für den Verein von umso gröberen» Werte sind,
als hier einmal ein Vertreter der technischen Hochachale gesprochen hat.
Ei gehöre der Fall leider zu den Seltenheiten, daae ein erfahrener Mann
ftir die reaHntisehen Gegenstände eintritt. Die darstellende Geometrie sei
das Stiefkind nnter den Unterrichtsfächern der Realschule. Gegen die
Bemerkungen des Hputi Prof, Meixner wendet Redner ein, dass die Per-
spective im Freihandzeichnen nur in ihren Ergebnissen iin besonderen Bei-
spielen gelehrt werde, während der darBtellondon Gonmetrif' die Atiffjabp
zutiille, diese Lehren zu begründen. Der .^chüler (lürt»' niclit mit lialltcm
Wissen aus der Schule entlassen werdon, umsoweniger, alst die Zu-
samuienl'a«sung und Begründung desjeuigeu, wa« doa Freihandzeichuen
darbietet, als eine ebenso interessante als leiehtfimlicbfl Anwendung der
orthogonalen Projectionsmethode erscheint. SelbstTerstftndlich wird man
sich dabei auf die Dnrehschnittsmethode beschränken müssen. Wenn
Prof. Meixner sustimmt, die Hotationsflächen zweiter Ordnung fallen zu
la.*ssen, dann könne die Kugel sehr wohl an di<> Stelle der allgemeinen
Rotationsfläclit ri tr. fon: man brauche nur die Kn^el t V)enso all^^'emein zw
behandeln. lä- bitti t zum Srhlits^e. der He$olation zuzustimmen und den
Zuäatzantrag d«'s !'n>f Kick an/.unphmen.
Prof. Hein erklärt, diuss iiu Zeichenunterrichte die !'< r>)n < live wohl
auch in Betracht komme, es sei jedoch im Rahmen dieser Di^ciplin nicht
mOglicfa, sich mit dem constructi?en Zeichnen an beschäftigen. Der Frei-
handzeichoer habe es mit Formen su thun. Es werde allerdings der Per>
spectire vorgebaut, aber die wissenschaftliche Begründung gehöre in die
darirtelb'nde Geometrie.
liegierungsrath Kick spricht für die Beibehaltung der Grandgesetxe
der Per>iit'( tivp.
Prot. Meixner «teilt den Antrag, in die Resolution einen vierten
Punkt aufzunehmen, dii^s die verschiedenen Scliwierigkeiten nach der An-
(»icht des Vereines nur durch Errichtung einer VI Ii. Cia«><e behoben werden
kOonen.
Die Proff. GlOser nnd Halaschka machen diesbezQglich verschie-
dene Bedenken geltend. Jener fürchtet, dass durch Einführung eines achten
Jahres die Freqneninffer der Realschulen eine Einbuße erleiden würde:
dieser findet den Antrag außer wesentlichem Zusammenhange mit dem
Herathungsgegenstande und wegen der Ungunst der Verbältnisse nicht
wohl angebracht.
Hierauf wird die Resolution mit dem Znsnt7.in trage Kicks ein-
i^timuiig, der Antrag .Meixner }>cr maiora angenommen,
ifonach lautet der Beschluss:
„Der Verein ,Die Realschule* erachtet es als wünschens-
wert, aus dem Lehrstoffe der darstellenden Geometrie die
Durchdringungen allgemeiner Polyeder, wie auch die Rota-
tionsflächen zweiter Ordnung mit Ausnahme der Kugel aus-
zuscheiden, hingegen die Centralprojection wie bisher beiaa-
behalten. An dem gegenwärtigen Stundenausmaße ist un-
l'fdingt fest'/nhaltf>n; j^'fgen eine H f»rab m i n d e r n n ^ desselben
niuss der Verein die entschiedenste Verwahrung einlegen. Zur
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326
Vereinniachrichten.
BehebunfiT aller Schwierigkoiien des Kealschul unterrichte»
empfiehlt sich als geeignetttes Mittel die Einführuiifit einer
VIll. Clause."
Endlich wird über Antracf d-'^'^ Prof. Haliischlfa besrhiosspn. die
Resolut icm luit einem passenden Motiv enberichte dem hohen Minwterium
zu unterbreiten.
Dieser Antrag wird einstimmig angenouimen.
Yieite TollTersammlang«
(10. Mars 1898 )
Der Obmann Prof. F. Hnluschka begrüßt die VVri^.immlunjj, ins-
besondere den Herrn k. k. Landes- Schul insiiector St. Kapp, und macht
nachstehende Mittheilungen:
Die Vertreter der kartellierten Wiener Mittelachnlvereine haben in
gemeinsamer Sitaung und im Einvernehmen mit dem Ansachuaae des 8taata>
heamtenTereines in Wien mit Bexug auf das bekannte Bundschreiben de»
Lehrkörpers des Stiiatsorymnaäiums in Iglau beschlossen, an das hohe k. k.
Unterrichtsministerium eine Petitinn zn richten, da^.selbe wolle in An>
erkennunp der Unzulängliciikcit der (ierzeitigen Gehaltsbezu/ire dt r staat-
lichen MittolMdniUehrer dalmi wiikon, dass den berPÜ«; von lieiden Ilfnispra
des huhen Ucii lisrathps iini^'cnotiunenen Gesetzen über die iuni: d» r
Bezüge des Stautslflirjjcr.suiiules die Allerliöchste Sanction zutheil wt'ide. In
jener Sitzung wurde der weitere Boschluss gefiiast, falls die Petition ( welche
dem hohen Ministerium bereits Qberreicht wurde) ohne Erfolg bleiben
sollte« einen fOr diesen Fall in Aussicht genommenen Delegiertentag der
Beamten «a beschicken, um bei dieser Gelegenheit die WQnscbe der Pro-
feswren noch einmal nachdrücklich zum Ausdrucke zu brin^n-n.
Der Obmann erinnert sodann die Versammlung an die Rede eine«
Abgeordnt'tt'n, der in dr-r Sitzung' niodr-röst.M reirliisohon Landt icrr»- nin
19. Februar 1898 gi'i,'t'ii den Mittei.Hchuliehrstand nii'iinilitit icriian' Vor-
^vul•fe erhoben hat, die in ihrer Allgemeinheit durchaus unbegründet sind.
Der Gegenstand kam in der erwähnten gemeinsamen Ausschu^saitznug
zur Sprache und hat zu folgendem Beschlüsse gef&hrt; ,In Erwägung, daas
jenem Herrn zuviel Ehre geschähe, wenn man seinen Angriffen gegen
unseren Stand durch ^e öffentliche Abwehr b^^egnen würde; in fernerer
Erwftgung, doss die berufenen Vertreter unseres Standes es nicht der Muhe
wert erachteten, diesen Angriffen sofort an Ort und Stelle entgt^gen-
zutreten, noch sonstige Consequenzen daraus zu ziehen, und dadurch be-
kmidften. dass sie denf^elbcn keinen Ernst boime««on. vprziehtpn die lii('>ig**n
Vereine der Mittelschulb hi i r diiranf. sregen die erhobenen Beschuldi^Mnigi'u
Stellung zu nehmen, und btsdiiünken sich darauf, in der Vollven*ammiung
der einzelnen Vereine durch den Obmann die gedachten ungerechtfertigten,
jeder thatsächlichen Grundlage entbehrenden, unwürdigen Angriffe auf
das entschiedenste zurfickzu weisen."
Nachdem diese Erklärung von der Versammlung mit zustimmendem
Beifalle zur Kenntnis genommen worden war, ertheilteder Vorsitzende dem
Herrn Prof. Alois Seeger das Wort zu seinem Vortrage:
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Vereinsnacbrichten.
'621
„Zur Spreehfertigkeit der neusprachllelieii Lehrer und motl-
Ylerter Antrag zur Erriehtung staatlich subventionierter Spreeh-
zirkel".!)
Der Obmann dankt dem Vortragenden für die wertvolle n Anregungen,
wün:3cht , ihis» sie auf fruchtbaren Boden fallen möchten and eröffnet die
Debatte über ffM ^'ende K e s o 1 n t i n n :
«T^er \'*'rt'in .1 >ie Henlsrlml«'' in Wien halt e-^ im Intero^^^'e de^ Unter-
richtes lür sehr wüiJficUen»\veit , dass den neu-sprachiicheu Lehrern
neben den bisher gewährten Staatsunterstützun^jen zum lie-
sacke des Auslandes auch im Anstellungsorte behufs Errich*
tnng von engen Conversationszirkeln (mit nnr xwei bis drei
Theilnebmern), deren jeder unter der Leitung eines gebildeten
und berufenen NationaWertreter« der jeweiligen Fremde
spräche steht, und deren Zweck es ist, durch Con ?ersaiion8*
Übungen die .Spreehfertigkeit der Theilnehmer xu bewahren
und zu verTollkommnen, staatliche Subventionen bewilligt
werden/
Prof. Adolf Becht«rl hält die VorHchläpre. insofern «ich diese auf
die Kthaitung der Sprechfertigkeit beziehen, für durchtüiirbar. Kr gibt
zu, dass die Feriencune an Übelstftnden und Schwächen leiden» doch werde
davon nar der Anfänger betroffen ; fUr den reifen Lehrer seien diese Curse
ein ausgexeichnetes Mittel, seine Sprechfertigkeit «u festigen. Man finde
in Genf und liau^anne reichlich Gelegenheit, mit gebildeten Franzosen und
auch in DamengescUschaft ausschlicblich französisch zu sprechen. Gegen
die Resolution habe er nur ein bedenken: die Unterrichts Verwaltung
pfle'^'o niimlich nur solche Institutionen zu siibvi^ntionieren, welche '»ereits
iK-t.iipn und ihre Lfhon^fühi^^ktir nachg'"\vif>en haben. Ob das Mini-
Hleriiim auf da« vom Vui trageiuit n vorgeschUigene Mittel eingrheu werde,
sei «chou aus diesem Grunde fraglich. Man rollte daher znerst probeweise
einen oder mehrere Sprechzirkel gründen und dann erst an die Unterrichts-
verwaltuuff herantreten.
Landes-Schulinspector Kapp ist mit dem Inhalte' des Vortrage» nach
jeder Uichtnng einverstanden. Prof. Seeger scheine jedoch die Ferialcurse
bezüglich ihres Wertes fÖr die praktische Vervollkommnung etwas niedrig
zu ta.xieren. Hei den eigentlichen Vortragen seien die Thr-ünehmer nilcr-
dinff^ 7.11111 Theile jiassiv. Wer jedoch in der Wahl 'ler Pension
einigerinul.M ii \<>m (iliicko bfi^'iinstigt ist, könne in Genf odw Lausanne
ungefähr das erreichen, wu6 i'iof. Seeger erreicht wissen wiii. Wa^ die
Befürchtao}; des Prof. Bechtel anlangt, ao glaube er, dass man in dieser
Hinsicht nicht allzn ängstlich zu sein brauche. Die Unterrichtsverwaltung
werde den Mittekchullehrem gewiss nicht zumuthen, auf eigene Kosten
Sprechzirkel zu errichten, um erst deren Existenzberechtigung zu erweisen.
Redner wisse zwar nicht, wie sich da<i Ministerium zu dem Vorschlage
Seegers stellen werde, aber ganz au.ssichtslos sei dieser und die He.solution
nicht, W'dil werde sich iHt.' nnrrhftihnin;^ f>twns «i-hwifM ig gestalt<^n : dmn
ganz ohne Coutrole werde die Behörde eine Subvention kaum bowilHgeu.
*) Der Wortlaut Jlv«»« Vortnigra i*t in d*>r ,,S!«it«chrirt för da» Roalwhalwpann"
XXIII. JahrKiiMiT. 1> *>. H f' , S. <tm 1:' n. m iiiui wiikU' in Somlrnilxli lirk- ii xu
Piiiig^t'iu 1. J. üi-iu Vlil. iill^< iiieiiteu deuusvbeii N<'iiiihilulu){>'uUigt> in Wien voq{t>l)-gt.
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328
Vereinnucbrichten.
Der Verein »oUte sich also in der Action durch solche Bedenken nicht
abhalten lassen, umsonreniger, als die Kosten nicht gar so bedeutend »ein
fli Hb^n Eh sei in Wion nicht schwer, gebildete Frunzos*en 7.n c^ewinnen,
du' LTt iiogt wiucii . <^>-'^f'n eine angemesspne Entschädiguny zwei bi* drei
Jj'tundon in angenehmer Uebcilachaft Couvemition zu pflegen.
Prof. Dr. Leo Kellner knüpft an tUe letzte Bemerkung an und
meint, da» es, wenigsten» in Wien, schwwer &Uen dftrflet för die eng-
lische Converaation einen gebildeten EnglBnder «u finden. Diese seien in
fixen, gut bezahlten Stellongen. Er empfehle daher, die Resoiation dahin
SU ergänzen, dass neben Englftndem auch Englfinderinnen fftr die gedachten
Sprechzirkel im Auge zu fassen seien.
I'rof. .Seeger bffoiit, es sei nicht seine Ab<«icht gewesen, die Ferial-
curse herabzu8e('/'MT. Ki wim'fhr» mir, (l;i?> neben diesen die projectierten
Spr«'«-hzirkel nh tieiie Sjuih liiiliuii<,'stV)nH ('iii<.?eführt werden, und zwar schon
UtN-li.ilu, weil die iUtcteii Leliitr bcsondei» aus Fannlieurücksicliten schwerer
zu bewegen sind, an den Ferialcursen theilzunehmen. Es seien aber noch
verschiedene andere triftige Gründe maßgebend, die man wohl berflck-
sichtigon mflsse. Dose man im Auslände sehr dem Zufalle ausgeliefert
ist und das geeignete milieu nicht immer trifft, h< Seeger aufrecht.
Die vorgeschlagenen Sprechtirkd wfirden sich seiner Ansicht nach be«
wahren; es geltf, wie schon erwähnt, auch unbeweglicheren Elementen
die Möglichkeit zu bieten, ihre praktischen Kenntnisse aufzufrischen, und
zwar »nf (MHP Art. die den inei«t''n Collegen gut zusage.
Der Ülniuuin brin^'t tlu- voriTPKchlagene He^«olution zur A ij-tiuimung.
Dioelbe wird mit Stiuniieneinlieliigkeit angenommen uiiu der Ausschus»
ermilchtigt, für eine entsprechende Form des Motivenbenchtes bebuf« Vor-
lüge an das hohe k. k. Ministerium vonusorgen.
D. Sitzungsberioht des Vereines „Hittelsehule für Ober-
österreich und Salzburg in Linz".
(Mitgetheilt vom SchriftfQhrer Snpplenten V. Reif.)
I> ritte Yereinsversammlung.
iLinz. l'i. Nov.miiImt 1SH8.)
Der Vorsitzende. Ubiuannstellvertreter l'jol. Julius Gärtner, erklart
die Sitzung für erötfnet und gedenkt in tiefempfundenen Worten des er-
schQtlemden Ereignisses, das unseren Kaiser und unser Vaterland auf»
tiefste getroffen hat, des Dahinscheidens unserer geliebten Landesniutter.
(Die Anwescndi^n erheben sich von den Sitzen.) Hierauf berichtet er fiber
die Schritte, welche der Verein sowohl selbst als auch in Verbindung mit
den übrigen Mittel?chui vereinen anläs.slich dieses erschütternden Trauer-
falle.s unternoninien hat. um den Au^sdruck tiefgefiihlten Schmerzes au die
."stufen des Allorb'<ch-tr n Tliroiifs fji'l;ini^«'-n /n ln***en.
Hierauf begri lM «Ii i A ' r-it /ciul«' die iiuber.-^t zaliireich erschienenen Älit-
glieder, besonders den Heiin Linuk.^ Scbulinspector Eduard Schwammel,
Stntthaltereirath Dr.Eduurd Magner, die Directoren Schulrath Christoph
Würfl. Budolf Pindter. Johann Habenicht und Johann Degn;
ferner die Proff. Dr. Adalbert Horcicka, Dr. Julius Mayer, der, von
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VereiDaniicbrichten.
329
Oluütx nach Freistadt versetzt, dem Vereine wieder beigetreten ist, und
die neu eintretenden Mitglieder Dr. Hermann Gräber (Madcbenlyceum),
Dr. AUred Haekel (Renlschule) und Alois Pedoth (Oyrnnanum).
Der Vomitsende berichtet sodann Ober die Schritte, welche der Aus-
schuKä anlilsälich der Sanctioniprung der Gebaltsgesetze gothan bat, um den
Dank des Vereines zum Ausdrucke zu bringen, und bringt einige geschätl-
liehe Ansi-f^lpf^f^nhoiten zur Kenntnii^ dfv Mitglieder. I'iinn ertheilt er dem
hi^herigen Obinanne }': t l'r Adalbert Horcii-ku, der die Reise aus
Wien nicht ge!^( lu ut hat. um wn dieser Sitzung theilzunehmen, da« Wort.
Prof. Dr. Horc ii ka gedenkt mit warmen Worten der schönen Tage,
die er in Linz verlebt habe, nameutUcb der Zeit, in der er Obmann des
Vereines war. Er dankt den Mitgliedern fiir das Vertrauen, das sie ihm
jederzeit geschenkt hätten, und fOr die werkthätigpe UnterstOlzang bei der
Verwaltung seines mßhe vollen Amtes. Wenn er jetzt auch als Obmann
de.s Vereines Abschied nehmen miUse, m werde er doch jede Gelegenheit
benützen, um an den Sitzungen des Vereines tbeilzunehmen und inmitten
feiner FteTinde und gewesenen Coller^on oinif^'o f r'ihlicin' Stumicn zu ver-
1< Iji n. Er bittet die Anwesenden, auch ihrersciU ihn iu gutem Angedenken
zu bewahren.
Der Obmannstellvertreter spricht im Namen de.s Vereines dem
«obeidenden Obmanne den besten Dank für seine geschickte und erfolg-
reiche Leitung des Vereines aus und knüpft daran den Ausdruck seiner
Freude, dass Collega Dr. Hor6i£ka so sehr an unserem Vereine b&nge,
wie seine heutige Anwesenheit beweise.
Hierauf hillt Dr. Alfred Hackcl (Realschule Lhu.) seinen Vortrag:
„Die Besiedltmgsverhftltnisse des Mahlviertels'*.
Dr. Hiickol ijibt zunächst eine kurze Chai .iktei:>t)k lier Weltlage
und df-r Landesnatur dief«e« Thr-ilej? von Ohern>ten eich . (ier sein engeres
8tiiilii'iiu'*'h;et darstellt. Der ht-uti'^e /ustiind tiiT 1 >«'->iL'(rmni; lä.s>t sich alü
ditä Prodiict des Zusammenwirkeiiä natüi liditn und his.ton8clier .Momente
nachweisen. Das MGhlviertel vrofasst einen großen Theil^der plateauartigen
Abdachung des böhmischen Massivs, weldie, in ihren höher gelegenen
Theilen sanft geneigt, angesichts der Donau mit einem Steilabfalle abbricht.
Diese Abdachung zerfilllt durch zwei nord-sftdlich TCrlaufende tektonische
Senken in drei Theile: Pas.«auerwald. Linzer wald und Greinerwald.
Die klimatischen Verhältnisse des Miihlviertels zeigen infolge des be-
fitändi^en Anstei!ien.s des Land^« vnn dei- Duimu Ims iUht WOOm Mperes-
liölir eine sehr regelmnfjige Abnahme der .luhrestemperatur mit der Höhe.
Hand in Hand damit geht eine Verminderung <\**r Acker- und eine \'er-
gröüerung der Waldfläche, sowie auch eine ziemlich regelmäßige Abnalime
^er BeTÖlkerungsdichte von Höhenstufe zu Höhenstufe. Die Abweichungen
von der Hegel erklären sich theils durch Etgenthumlichkeiten in der Boden-
gestaltung, tbeils aber aus historischen Momenten.
Die Anfänge der Besiedlung des Mahlviertels seigen sich, den nns
«rbaltenen urkundlichen Nachrichten zufolge, in der Karolingerzeit, und
«war in den Donauebenen und im Gullneukirchener Becken. Nach dem
Un<rnrn'^tnnne knüi.ftf» sich »'ine neue Colonisierung, welche zumeist von
Ansiedlern bayrisciien btummes ausgieng, an der aber niieh Franken in
größerer Zahl theiinahmen, an die Ue^te der untergegangenen karo-
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380
Vereinsnachricht«!!.
lingifcDen Cultiir an ] - r AiiNtof» zum L'rof>en. fliichvnhaft sich au—
breitenden Besie<.iiiaji;~wt rke uienij aber zu Aiii.tug de? XI. Jahrhundert*
von Pa.'^iu auü, de<isen iJi:^cböl'e das l^nd von der lU bU zur großen MObl
tin<l yom Inn bis zum Salletiralde im Verlaufe ron etwa zwei Jahrhonderteii
coloDi«ierten. Uie Besiedlung der örtlichen Hälfte des Mflhiviertels gteng'
▼on d^T Ostmark aus. und nach den uns erhaltenen orkandlichen Nach*
richten scheint (i.- Li barmachnng im Laufe des XII. Jahrhunderts bis etwa
zur HOhenschichtenlinie von 700 m gediehen m sein. Die auf der Hube
deü Plateaus gelegenen •)rte. von denen wir nrkundüoli'' Kuchrichten be-
'ii»?.en. wenien ei>t in» Laufe des X III. Jahriuinilerts *:^enannr. ATsrH>rd*»m
w<'i-<en auch die Ortsnamen die.ser letzten Siedluni^speriod.- mif den zahl-
reichen Enciunpen auf ^-«chlag" und .,reit"'. welche sich iui Bereiche der
Siedlung des XII. Jahrhundert«» iluGer$t selten vorfinden, auf eine neue
Welle der Colonisation hin, welche wahrecheinticb nach einer Knhepause
den Rand des alten Nordwaldes ergriff.
Die Unterschiede in der Zeit der Colontoierung und in der Herkunft
der .Xnsiedler spiegeln sich in den Siedlungs- und Hau-ifornien wietler. In
den Donau' I rrt n tu; ] im GallneukircUener Becken findet sich die "^ieJ-
luni,";form der Hautend 'rfer; das von l'avsau aus colonisierte Land von der
Uz bis zur t,'roben Mrüil und xMlifh der Donau vom Inn bis zum >n !»^r-
w.ilde ist lies.int mit Hauscr^rii|>j«.'n (Weilern'; das übrij^e L:ind von vier
groben Mühl ostwärts bis zum Lsper und nordwUrts bis etwa zur iiuhen-
schichtenlittie von 700 m i^t ganz von Einzelhöfen eingenommen, wilhrend
auf den Höhen des Plateaus sich langgestreckte Waldhaufendörfer dahin*
ziehen. Jede dieser Siedlungsarten halt nueh ihre charakteristisehe Hansform:
die Haorendörfpr den grollen, weitläufigen Vierkant, die EinzeWedhing
d»-n kleineren Vierkant, die Passauer Weilersiedlung das flachjjiebelige
Alpenbaus, die Waldhaufensiedlung das sogenannt.- fränkische Gehöfte.
Die strer? von pinander sich sondernd*»n »i'-liif te der Siedlungsforni'-n
tstf'llen aueh (i. Ki. r,. , .«rschi«^'!' ii.*;- Itf^wTikerung.sdichte dar ; im allgenitMii'^n
wohn*'n iiu Keteiciie der Hauienuüi ler über KX). im Bereiche der Pa»sauer
Weilersiedluug über TO, in dem der Einzelsiedlung über 50, in dem der
Waldhaufensiedlung über 60 ISnwohner auf dem km^.
Der äußerst interessante und gelungene Vortrag wnrde durch eine
große Zühl von Karten und Ansichte», die der Vortragende mit großer
.S*»rgfalt angefertigt hatte, aufs beste unt'M>tützt und fand den ungetheilten
Bfif.iU aller .\nwesenden. Der Vorsitzende dankte im Namen des Vereine»
dem Vortragenden in herzlichen Worten.
Die Ausffibningen des V ort rage n d ^»n . die bei der .Au*il-'lniunir des
b».'handelten (»t-^'- n-tandes nicht auf jedes Detail eingeh>'n konnten, gaben
reichen >tott" zu aureg-nder Meinungsäußerung. Namentlich wurden die
Orts- und Flurnamen, die dialecti-'chen Unterschiede in der Sprache ver-
schiedener Gegenden, die einen sicheren Schiusa auf die Herkunft der ur-
sprünglichen Anniedlei' gestatten, die Rettte slavischer .\nsiedlnngen. die
Unterschiede im Menschenschlage, die ßestedlungsverhäUnis«e vemchiedener
Tingt-nden und Ähnliches von den Proti'. Dr. PrÖli. Dr. Hor£i(ka»
Dir. Pindf'^r und Dr. Mayer einvreht»nd besprochen.
Hierauf Jichto^is der Vorsitzende die Versammlung.
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VereinaDachrichten .
331
E, Sitzungsberichte des Vereines „Bukowiner Mittel-
schule" in Czernowitz.
(Jlitgetheilt vfmi Si-tinftfühiei* Prof. Joa. Bittuer.)
FAnfzigste (Fest-) YereinsTersammlmig.
(5. Marz 1808.)
Anwesend waren 45 Mitfftieder, darunter al« Vertreter des Herrn
k. k. Landespnlsidenten , der infolge dienstlicher Anwesenheit in Wien
an dem ])er9onricheu Erscheinen verhindert war, der k. k. Landeoregierunga*
rath Baron Schwind.
J>er OHmann , Prof, Dr. Pola-chek. begrüGte dio Anwo-ionf^^n.
namentiich .Kn Herrn Tiandesrii^i' riiiiLjsrath Daron Schwinit, den Il»rni
Landes-Schuliut>i>< ' tor l'r. Tuuilii^, die Sthulriithe Isopescul und
Klau^jer, die Directuren Rouistorfer, Mandyczewski und Puust-
mann.
Hierauf widmete Schulrath Klauser dem am 27. Februar d. J. ver-
storbenen Mitgliede und pensionierten Gymn. Dir., Schul rath Stephan
Wolf einen tief empfundenen Nachruf, den er nach einjijelK'nder Würdi-
^unf? der Verdienste deswelben um die Schule und die Wissenschaft mit
d<;n Worten schloss: , Schulrath Stephan Wolf gehört zu den wenigen
Schulmännern, denen von iliren J^chülern und Frotinden eine Vrrohniti*^
entL:ejT*'Tiir<'''ra< lif wird, die über das Grab hinausreicht. Mit Stolz können
wir Hemeii Naiuuu nennen: denn er war unser und wird auch stets iu
unserer Erinnerung bleiben. Khre seinem Andenken!"
Die Versammlung erhob sich sum Zeichen der Trauer und der
Theilnahme an dem erlittenen Verluste.
Der Obmann erstattete hierauf Bericht über die Th&tigkeit des
Au.><schu88es seit der letzten Sitaung und Uber den ziemlich umfangreichen
Einlau f.
Der Obnmnn hielt hif rauf einen Rfn kl.lick über die Thätigkeit des
Vereines .seit ?^ciner Gründung,' im l"ei»ruur i^Si-i.
Aus deujsell>en .soll nur hervorgehoben werden, da-.s dir \ > r- ni dio
stattliche Zahl von 132 Mitgliedern zählt, welche mit wenigen Au»nuhnicu
dem MittelschuUehrstande der Bukowina angehören. Der Verein habe,
so fiihr der Berichterstatter fort, im Verlaufe dieser fünf Jahre eine ehren-
volle Stellung erkämpft, die nur durch emsige Thätigkeit erhalten werden
könne. Er schloes mit dem Wunsche, es mdgen alle, welche noch aid^er*
halb des Vereines stehen, kommen und mitarbeiten an einem Werke,
welches den Namen der Hnkowina weit über die schwarzgelben Grenz-
ptUble bckainif ^^ftiiacht hat.
Es folgte hit r.mt ein höchst interessanter Vortrag des Architekten
Prof. Dell über die ehemalige Ilömerstadt:
„Carnuntum".
Der Vortragende, der sich an den Ausgrabungen persönlich betheiligt
und schon mehrere beachtenswerte Schriften Ober dieselben verfasst und
herausgegeben hat, entwarf an der Hand von Skizzen, Photographien
und Bildern der Versammlung ein deutliches Bild von dieser alten Cultur-
Stätte, wofar ihm df^e reichen Beifall als Dank zollte.
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332
Vereimnaebrichten.
l'.i liitf Z«^il nuteidesseu weit vorj?ern< kt war, musj^te ei« zweiter
von Prof. Wotta angekttndisfter Yortra<r „über Schflleramachliefiuagen''
Ton der Tajiresordnung abgesetzt w^den.
Der Landes-Sehnlinspector Dr. TuniUrz dankte im Namen der An*
wesenilen denjeni<;en , welche den Verein gegrQndet and anf die jetiige
Höhe gebracht haben, besonders dem ersten Obinanne, dem jetzi>?en Gymn.
Dir. Vincenz Fan st mann und den» jetzigen Obmanne Dr. Polaschek,
aber nicht niirulfn' ihiT'ii '^tellvr-rtret-rn und >hm .\msrhmmü^^]\'-\eYn.
Nacijdeui die Vei*auaiiUiu<; 'lun u l.iiitf Zarule ihre Zu>t imniuii;^' y.n
dit'>fn Wetten gegeben hatte, tiunkte Dir. Fau^tnianu für ilie Wurlc
der Anerkennung und fügte den innigsten Dank hinzu für die
niannifffache Anr^^gung und Forderung, die der Verein zu seinem Besten
von Seite der hohen Regierung ond besonders von Seite des Herrn Landee-
Schnlinspectora Dr. Tumlirs emplangen bat.
Nach Besprechung mehrerer Angelegenheiten localer Na;nr gedachte
der Obmann, während sich die Versannulung erb in einer längeren»
schwungvollen, von p;itriütischeni (ieiste getragenen Kede des Allerhüch.*^ten
Sciiirnier.^ der Schule, un^^rt^^ al!r'r::n''H]itr-ti^n Kais^-rs Franz .Toj-ef und
Inachti' auf Se. Majestät ein dreimaliges ^liocU" aus, in dm die ganze
Versa niniaing begeistert einst inunte.
Die dadurch erregte festliche Stimmung durchwehte auch die darauf-
folgende gesellige Zusammenkunft.
Nach dem „ortlo cantteorumf orationunit aHarum artium bonorum*
wechselten in mannigfacher Folge Lieder, Reden u. a., was bei der nn-
gewnhnlith zahlreichen Tafelrunde ili.- animierte^te Stimmung erregte.
Mit vielem Beifalle wuiden die eingelaufenen Telegramme, daninter des
Khrenuiitgliedes Herrn St.itthaltereirathes Dr. Ed. Magner aus Linz
und n'»;:r'!fMingsschreil'en von den Schwesterverfin« n Mittelschule und
lieal.-« liiile in Wien und in Linz von der Ver.i.imiulujig aufgenommen.
Lin Aufzug aujj deu) Begrrd.>ungssehreiben des Oljmannes der ^.Keal-
schule" in Wien möge anch hier seinen Platz finden. Prof. Halnschka
schreibt unter anderem:
^Ihr Verein hat in Ehren seine statutarische Aufgabe allezeit und
unentwegt erfüllt; die Interessen der Schulen sowohl, deren Namen er
zu dem seinigen gemacht« nicht minder aber auch die Interessen der
Vertreter derseil;en hat er stets wacker vei fochten, indem er bald einer
gogchf nrii Anregung tJefolgsehatt leistete. I>ald sei* -t r.I- Ruf. !- im Strf'ite
die Initi.it IV-' crgritl uuil die Kü>tnng geistiger Watleu anlegte stum Schutze
und .^^ehirrne der in Ubhut ül»ernonimenen t^iitor
..Möge es denn dem hoehvei einten VereiiiL vt ig»>nnt .-eni. wie bisher
auch tttrderMn zu wirken, möge er in unvergänglicher Jugend wachseBf
erstarken und blühen zum Gedeihen der Schule, zum Wohle unseres Standes,
zum Huhme des Vnterlandes! Heil ihm und Heil Euch, wackere Genossen
im fernen Osten, die Ihr in Treue uns verbunden seid durch die gleichen
Ziele, die gleiciien Freuden und Leiden, die in den Kran/ unserer ewigen
Ideale unentwirrb.ir mitvortloeiiteti »ind!" : L inganh.iitender Beifall.)
In dem Toa^te. den deroluuann naeh dem ersten canfuft confhedeva-
tii'ftls- tftrosoiiifs ibunde>iieii au>l>rachte. l»egn"il>te er die /ablreiche Ver-
sammlung, dankte d« r hohen Regierung für die Fönierung. die sie dem
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Yer«*in8nacbricbteii.
Vereine sU'ts ungfileihen ließ, uutl besonder* dem auwesendeu Liuules-
SchuHnspeetor Dr. Tuiulirs für die grollen Verdienst«, die er sich durch
die roge ThStigkeit in den VereinsirerBanimlDngen, wie auch durch Unter-
Btütsung der fieatrebungen des Vereine», die auf Besaerang der Stande«-
TerbftUnia^e hinzielen, seit einer Reihe von Jahren erworben hat.
Lande« -Sehulinspector Hr. Tumlirs dankte in lan>?erer, an vielen
.Stellen mit reichem BeifnlL* uit'kfenonimener Kede für die anerkennenden
Worte de> Obm.innesi mid tühitf unter anderem nn-, ihx^< füp hoh»^ IJ»'-
gierung den Be-^t i ' bungeu ile-* Vereines wohlwollend gegeaüber.-^tehe. W .t-^
seine persönliche Stellung anbelangt, sei nein iStrebeu seit mehr als zehn
Jahren vorzugsweise darauf gerichtet gewesen, soviel er könne, dem .Mittel-
schuUebrstande die gehörende Aehtnng und Beachtung in der öffent*
Uchkeit zu erringen.
Denn es habe in der früheren Zeit, von den F&nfziger> bis zu den
Siebziger- Jahren, der Lehrerstand und mithin auch der Mittelschullehrstand
nicht die ihm zukommende Stellung eingenommen; in mancher Be/.iehung
freiÜ' h (lui' h 'lu' St Imlil vieler Mitglie(l» r. denen die Sorge um den Nebon-
erwerb näher zu herzen gieng al?« tVv" <ler wi-isenschaftlichen Fortbiiviuug.
8'i wurde auch der Mittelschullehrer in der ofi'entlichen Meinung
im allgenieuien unterschätzt und minder bewertet, aU er es verdiente.
Dieser Stimmung sei es zuzuschreiben, wenn im Jahre 1878 die Zuer«
kennung der Tin. Rangiclasse ein einen Gymnasial' oder Realschnlprofessor
noch als eine ganz besondere nur durch auGerordentliche Leitungen
zu erlangende Auszeichnung angesehen wurde.
Diese Ansicht l)esitehe heute nicht mehr. — Wie 'las gekommen sei?
.\uf g.inz natürlichem Wege. In den V'erhandlungen der -M i tt e 1 sc h u 1-
ver»'inc. die durch di»^ Zeitung Mitt<^»lsrhn!«» ^vfM♦^Ten Kreisen Iickannt
wunlen, insbesondere ai/ei in den Verhandlungen lU r M i t tel sc h u 1 1 a ge
habe sich gezeigt, welch reicher Schatz des Wissens und welche gereifte
Erfahrung dem .Mittelschullehrstunde eigen sei.
Dadurch sei das Ansehen des Lehrerstandes an maßgebender Stelle
gehoben worden, was leider nicht immer gewQrdigt und doch von noch
größerer und dauernderer Bedeutung sei als die Besserung der materiellen
Luge der Lehrer, die ja nicht fQr sie allein, sondern fQr die gesammte
Beamtenschaft in .Aussicht genommen ist.
Mit dem Wiinsehe. es m5gen die Mittelschulvcreine ül/crhaupt iind
die „Bnknwiner M ittelsrbnl»'" insbesondere dif r>rrnn:jim>^ SrAUung audi
fernerhin bewahren, sciiloss Dr. Tumlirz seine U"de und eriiob diU( ♦jIus
aul das Uedeihen der Mittelschule
Nach Ab:dngun>^' eines zweiten Chorliedes sprach Prof. C. Kozak den
Toast auf die Directoren, gedachte, indem er die Hindernisse besprach,
die der Gründung der „ Mittelschule^ entgegenstanden, rUhoiend der
Thätigkeit der Directoren im allgemeinen und des damaligen Directors
des Czernowitzer Obergymnasiums Dr. K. Tuuilirz im besonderen.
Hierauf begrübte der Olnnann die Vertreter der Staat ' •■rbeschule,
den Herrn Dir. Karl liomstorfer. der .«ich durch seine .\ii*eiten unver-
g i iiL.'-l n tie Verdienste 'im <\u> engere Heimat erworben h:it un.l der trotz
der vi- len .Arbeit, die in Henif ihm auferlegt, es sich ni*'ht n<dunen lieb,
»ow(dil an der restvcr-^auuiilting als auch au der geselligen L nterii.iit ung
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VereinsDachrichten.
theilzunehinen, uiul den Architekten Josef Dell, der den Verein durch
«einen L'^f ilii-n'Hiien Vortnig in der hpnti2"en Festsitzung zum besonderen
Danke verptiichtet hat. Der Ohaiann >t lilo^- mit dem Wunsche, ea mi>gen
tlie Mitglieder des Lehrkörpers an »ier iStaatsgewerbeM*huie, wenn auch
die „Mittelschule" zuuitheil andere Zwecke verfolgt als sie, das einigende
Bund, die .Tugendemebung, feathalten und recht zahlreich an den Ver>
sammlnoffen der ^Mittelschule* tbeil nehmen und durch regen Meinung«-
Austausch Anregungen geben und empfangen.
Dir. Horn.«? torfer dankte dem Vorredner und der Versammlung fDr
die schmeichelhaften Worte der Anerkennung, protestierte unter Ohorufe
der Versammlung, das.s man ihm besondere Verdienste zu.schreibe, gab ais
Grund, das* er und srino cnirpron Staiidesgcnoasen seltener, als- fler Verein
es durcli den .Mund tu- i >liiu;inni'- wünschte, an den Sitznng^en tlu'ilnehmen.
an, dasif in den Ik'r.ahunjj't u vi*'itaoh Stotfe behandelt werden, die ihnen
ferner lägen; doch komme er, fuhr er fort, so oft es die Berufsarbeiten
ihm gestatten, gern in die Versammlungen, da er «ich hier wie in seinem
Lehrkörper zuhause f&hle. Auf die bedauernde Bemerkung des Landes-
Schulinspectors Dr. Tum Urs, daas es in Österreich noch keine Directoren-
tage gebe, surückgreifend, bemerkte der Redner, dass es auch dazu wahr-
scheinlich noch kommen werde, da Tor zwei Jahren liereita der An&ng
hiemit gemacht Murd^. indejn die Gcwerbeschuldirectoren zu einer ge-
meinsamen Beratliun;^ /.u-ii inn,fiiberijfen w^ird<*n.
Ferner sprach (i vmna.-.i.illehrer Jaskul.ski noch einen Toast auf
den Obmann, dessen Schüler er war, und pries ihn in demselben al:!
Lehrer, der es versteht, anregend auf seine Schüler zu wirken; endlich
brachte noch Dr. Perkraann unter Hinweis darauf« dass an dieser
Tafelrunde fast aUe Nationen und Confessionen Österreichs friedlich
beisammensitzen, einen Toast aus auf die Eintracht unter den
Standesgenoasen und beantragte, dem Obmannstellvertreter in Radautz
Prof. üstyanowicz, der sich einer gefährlichen Operation in Wien unter-
7,if'heii nnis^tp. 7iini Of^Hntrcn <lcn>!fdben die Glückwünsche seiner CoUegeo
auf telegraphisciiem Wege liek.iuntzugeben.
Da aber mit Rücksicht aiii den Patienten von die.sem Vorgange ab-
gerathen wurde, übernahm es der Obmajiu, demselben auf schriltlichem
Wege die Gefilhle der Freude Ober das Gelingen der Operation von Seite
der VereinsmitgUeder zum Ausdrucke zu bringen.
Nach Worten des Dankes von Seite des Architekten Dell scbloss
der ofScielle Theil des Programmes. Dir. Faust mann übernahm das
Präsidium der Exkneipe und verstand es im Vereine mit dem Redacteur
der Knoipzeitung Prof. W'otta und dem Sängerquartette, beziehungs-
wei.se Sextette, dif» < »«^«"^n-ehnft in die heiterste Stimmung tn versetzen, so
ilo^s tiaui erst lange nach .Mitternacht au ein Auseinandergehen dachte.
Eiuttudfftnfzigste YereinsTersaimiilaiig.
(23. April im.)
Anwesend 36 Mitglieder, darunter die Landes-Scbulinspeetoren
Dr. Vyslouiil und Dr. Tum Ii rz und die Directoren Schulrath Klauser,
Mandyczewski und Uomstorfer.
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Nach Begrüßung der Anwesenden und Miitheilungen geschUftUchen
Inhaltes ertbeüte der Obmann Prof. Dr. Pala^chek das Wort dem Profe^ior
an der k. k. Lebrerbiidungoanstnlt Josef Wotta zn dem angekfludigten
Vortrage:
„Über Schülerausschließungen" .S '2&2,.
Der V ortraj^enilo iripn<^ von 'lor beti ai)onden That» ic!:»' au«. (las.H die
Zahl der allgemeinfii An--Lliltebunsen in der leisten /.fit eine un;;felieuer
groüe Höhe eneiciil hat, schioss daraus, dasj^ die Zaiil der loeul am-
ge8chlo*senPn Scbäier eine noch höhere sein müi^ie, und möchte nun die
Frage anregen , welche prophylaktischen Maßregeln zu ergreifen wären»
damit sich die Zahl dieser Ausschließungen vermindere.
Reicher Beifall zeigte, dass der Vortragende eine Saite angeschlagen
habe, die auch in dem Herzen der Collej^en voll wiedertönt.
Nach dem Danke, den der Obmann dem Vortragenden aussprach,
folgte eine lebhafte Debatte.
Aus derselben möir'^n folgende Beuierkun^^en liervorgehoben werden:
l'rof. Dr. Pevkm.inu wünsciit ein^n >tatiHti>>ciien Nachwei?« über die
Gründe der Ausschliel-ntngeu und beantragt, es möge der Het'erent oder
jemand anderer sich, da die Gründe der Auaichlieüungen seit einiger Zeit
nicht mehr bekanntgegeben werden, nach denselben auf privatem Wege
erkundigen und darauf fußend die entsprechenden Antrilge behufs Hint^
■anbaltung der su zahlreichen Ausschließungen stellen.
Es dürfte sich nach den bisherigen Erfahrungen aus den an/u^tellenden
Untersuchungen ergeben, dass die mei>«ten allgemeinen .\us.schliel.>ungen
wi'gen grober UnsittlichkfMt. D!»'bstahls und in i nlifi^ch autgeregten Zeiten
wegen Theilnahuje an |>uiitiöcijen Demonstrationen ertt>]i.'''n, wogegen der
loeale Autischlusss in der Regel die Folge von grober Heniti lu *ein dürfte.
Der Orund derselben wird dann zu .suciien sein in der nervösen Über-
reizung bei Schalern und Lehrern, und swar bei einem Theile der ersteren
entstammend aus dem Gefilhle des Gedrficktseinü» bei einem anderen, den
Wohlhabenden, aus der Einbildung, da.w sie mit ihrem Gelde alles erreichen
können, so dass sie gar keine Autorität, daher auch nicht die des Lehrers
anerkennen wollen.
Willirend Prof. Dr. Kump sich den Au->fiihrungeii Dr. Perkmanns
anschli«'('t und nicht die F'rregun.r des Leiirers als Hauptgrund der -/nh!-
reiciieu loculen Auv<chH»-l>uii'j''ii '_-•(•. t. ti lassen will, da ja nicht der ein-
zelne Lehrer, .sondern die i onitnen/: dieselben beim Landes.^chuirailie be-
antragt, erklärt sich Prof. Dr. Frank gegen den Antrag, da der Vor-
tragende nach seiner Meinung nicht Normen aufstellen, sondern nur uns
alle zur SelbstprÜfnng auffordern wollte, ob nicht in manchem Falle durch
ein entsprechendes Benehmen von Seite des Lehrers dem Schttler gegen-
über grobe Renitenz vermieden werden konnte.
Landes -Schulinspector Dr. Tumlirs bemerkt, allgemeine Aus-
schließungen .sind ihrem Wesen nach weniger als i^tr.if", denn al.-^ pro-
phylaktische Maün gel zu betrachten. Wenn sich ein Srhtiier grol»er Un-
bittlichkeit oder eines Diebstahle* schuldig macht, so muüs er im Interesse
der anderen ifchüler aus der Schule eatferni werden. Das* in der letzten
Zeit die GrQnde der Ausschließung nicht angegeben werden, bat »einen
Grund darin, dass man den Schüler nicht für alle Zeiten brandniarkon will.
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Vereiusnachi'ichten.
Bedaaerlich ist es, dass so viele AtM^chließangen vorkomiuen. Aber
iin*ere nervflae Jugend ist sehr leicht zut;Hnglich für unsittliche Gedanken
und Handlungen, und die Aaßenwelt, besonders der Buchhandel sorgt daftir
ans pecuniären nrniidon, <!a-5s tinsittliohf» odrr w^miIl'-^tis die ün^ittHcbkeit
fördernde Sclint'tcn unter der Juu'end verbreitet werden.
Die Folgen eines solchen Tieihen-; konimon in klpsneren Orten leichter
als in giöbeien au das Tageslicht, und so tinden wir, da** Ausschließungea
all<;emeiner Natur in kleineren Orten relativ häufiger «ind.
Da die allgemeinen AnsBchließangen durch die Thataachen begründet
sein müssen, so kann man bei einer etwa anrastellenden Statistik von
diesen absehen und sich nur auf die localen AusscblieOnngen beschrftnken.
Ebenso könnte man absehen von den Fällen localer Ausschließung»,
die bedingt sind durch habituellen ünfleiG, durch geringe sittliche Fehler
nnd Diebstahl von Bürhorn und von anderen SchnlroquIHten. und bei der
Knif»e. vrie kann tier Lehrer durch sein Verhalten beitragen, da's dir» Zahl
der ioculen AuaschlielMiiifren vorrinsfort werde, nur die Fälle berücksichtigen,
in denen Henitenz die L rsuciie der Ausschließung ist.
,Wenn aUo/ so schloss der Redner, „dem Antrage Dr. Perkmann»
entsprechend, statistische Daten aufgestellt werden sollen, so werden sich
die daraus abzuleitenden Rathschlttge prophylaktischer Natur auf einen
sehr engen Kreis beschränken kOnnen. Wichtig ist« daM diese härte<>t^
Strafe nicht allzu oll verhänj^t werde, da der Lehrkörper damit sich das
Zeugnis ausstellt, dass seine Macht über den Schüler zu Ende ist und nur
(Inn h Kntfernung desselben aus der Schule eine Hemcdur geschalien
werden kann."
Im Schlu?wworte beirurrktf* Prot. .lo.»iet Wotta, er sei weit davon
entfernt, den CoUegen Belehrun;4ea geben zu wollen. Er habe diesen
Punkt des Schullebens aufgegrißen, weil seines Wissens darüber keine
Literatur besteht, und er wünsche, dass diese Frage nicht nur in nnserem
Vereine, sondern auch in weiteren Kreisen der Lehrerwelt snr Behandinn};
und Besprechung koniuie.
ZweiundfAnfzi^st« YereinsTersaniiiilaiig.
(•21. .Mui 1«H8.)
Anwesend '22 Mitjjlieder, darunter die Directoren bchulratli Klauser
und Maudy cze wsk i.
DerObmann theilt mit., dass derDirectorstellvertreter des Musikvereines,
der Musiklehrer Hans Horner, dem Vereine als Mitglied beif^etreten ist.
Hierauf hielt der Gymn. Prof. Karl Wolf seinen Vortrag über;
„Mnemoteehnisehes im deutschen Unterrtehte**.
Der Vort Tilgende sprach zunächst im allgemeinen über den Wert
der Mnemotechnik im L'ntorrichte und wählte zur Veranschaulichung dessen,
wie er e^! al> und tu niaehe. die i'artie der starken Verha in der deutschen
Grammatik. Die ueimi" i-r i^o vor, da«s t-r au.n den in der (irammntik an-
geführten Verben Ei zählunf^en .'■Hlbst zusammenstelle oder sie auch theil-
weise durch die Schüler anfertigen lasse.
Der Vortrag, theilweise sehr launig gehalten, machte einen trefflichen
Eindruck auf die Zuhörer.
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Vereinsnadiricbteii.
In seiner Danksagung hob der Obmann hervor, wie aehr es wünschens-
wert wäre, dan gerade die älteren Lehrer ao manches ans ihrer Unterriehta»
praxis der Allgemeinheit zum besten geben mochten. Da wftre ein wahrer
Schate tn beben. Die kleine Probe von heute werde gewiaa manchen
Lehrer zw ähnlichen KimstgrilTen auch anf^ anderen !• i ton anoifem.
In merito mögen awar die Ausführungen so manchem Widerf^jit m.he be-
gesrnf^n, allein nn/.weifelhuft hsltte eine solche Behnndinng der starken
Verba iür niehr-^priu hiart- Anstalten l inon unleugbaren Wort.
In der darautTolgendnn, st4illenwei.so sehr erregten Debatte wurde <lie
Frage nach der Zweckmäßigkeit solcher Arbeiten nach allen Seiten besprochen.
Die meisten ttednei* anerkannten das Geschick, mit dem Prof. Wolf
nicht nnr die Paradigmen der dent^ben ablautenden Verben, sondern
anch die einseinen Terba einer jeden Clasae in einer ErdUilung unter*
aabringen verstand, stellten sich aber größtontheils auf einen dem Stand-
punkte Wolfs entgegengesetzton Standpunkt, nämlich das» di«; Ablaut-
reihen, die nebenbei bemerkt nicht in allen Grammatiken gleich be-
handelt werden, überhaupt nicht zu lernen ^otcn. sond*nn diese Partie der
deutschen Grammatik n>ehr '/Mtn Niir lisehlHgen bestimmt sei.
Prof. Dr. Per k mann erklärt, tür ihn habe es mehr Wert, wenn
die Schüler gleich und ähnlich lautende Verbalformen unterscheiden
k&inen, i. B. von bitten, bieten, beten n. s. w., da ja die ablautenden
starken Verba den Sehtllem bei der Aufnahmsprflfung in die L Classe
bekannt ^in sollen.
Gymnasiallehrer Jaskulski begnügt mch damit, wenn die SchOler
die Verba richtig conjugieren, und sieht von den Ablautreihen ganz ab.
AndiMc IL-rn^n, wie Dr. Herzog aus Radaut^ und Dr. Kump It'-hnen
sich mt'hr der .Vn-iicht Wolfs zu, und letzterer will solelie AriM'it»ii von
dem liehrer ini Vereine mit den Schülern wenigstens zur Hclt-lning des
Unterrichtes durchgeführt wisi^en, während ein Auswendiglernen dieser
Eraählnngen behufs Fänprägung der Verba jeder einzelnen Glawe auch
fQr die vorgeschritteneren Schüler mit verhältnisroftßig au großen Schwierig-
keiten verbunden wftre.
Nach dem Schluasworte Wolfs wird die Debatte über den Antrag
des I'rof. Dr. Heraog (vgl „österr. Mittelsch.", XL, S. B66 ff. und 415)
fortgesetzt.
Dr. Herzog fasst seinen am 1. Juni 1897 in ßadautz gehaltenen Vor^
trag kurz zusammen.
Dr. Runip beantragt, da in liiulantz zu wenig FachcoUegen zugegen
waren, die Lrötfnuug der Generaldebatte.
Nach eittselnen Bemerkungen des Obmannes und der Proff. Dr. Frank
und Kosak wird der Antrag trotz der Befürwortung von Seite des Prof.
Norbert Schwaiger von der Versammlung aus vereinstechnischen
Gründen abgelehnt, worauf die Specialdebatte beginnt.
Zur 11. These (cf. XI. .lahrg. S. 375) wünscht Prof. Norbert Schwaiger
einen Zu^jitz „bei mehr als 4Ö Schülern" (andere Stimmen verlanijen die
Zahl und begründet »liesen Antrag damit, das^s die < 'nrrecturarbeit
bei einer größeren Sohülerzahl eine übermäf.Mg große ist, während .«ie in
Clas-sen mit geringerer Schüleranwvhl die Leistungj^tähigkeit des Lehrers
nicht übersteigt.
„Oatorr. Mittplschnlc". XII. Jnhrg. ^
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338
Vereinsnachricbteu.
Dir, Mandyczewski würde die gleiche Fordernng auch für die
Mathematiker und Neuphilologen an der Kealachnle erheben und wQnieht,
68 möge dem Director ^e^tuttet werden, mit itflcksicht auf die Correctur-
arbeit und die Schiilerziihl den einscelnen Herren swei bis drei Stunden
▼On dem jresetzlichen Maxinmm rn eriasüon.
Prot hr. I*e rlc in a 11 II liui't 'int'-r Zustiuuimn^' zu den Aii«führuDfjen
df^ \'(>n t.-<ln*'is die hohe liedeuliui^ <irs deut&eh'.'n Aiils-iUe^. tiir das ganze
Leben hervor und verlanjjt deuieutspiccheud auch für den Fachlehrer die
für die sorgfaltige Corructur derselben nothwendige Zeit.
BealBchnllehrer Naitasi stimmt der These II zu, wQnscht aber fSr
die Neuphilologen an der Ilealtchule eine gleiche Behandlung, während
Dir. Mandycsewski den Antrag auf Vertagung der Abatimmung stellt mit
der Be(;ründung, dass es uns doch darum handle, der hohen Regierung positive
Vorscbiüge mit Berücksichtigung aller einschlägigen Verhältnisse zu stellen.
l)r. Herze«; hat g^rrrin den Vertagungsanti-ag nichts einzuwenden
lind begrübt frondi^- den Antrup' ds^« I>ir ^! a n d v rzow sk i, das?^ dem
Ermessen des Direetor» anlieiuige^lelll weiden »oii, die Lehrverptiichtuug
nach den localen Verhältnissen individuell Icützuaetzen.
Der Yertagungoautrag Mandyczewski wird hierauf angenommen.
Zu These III ergreift Dr. Rnnip das Wort aU längerer Rede, in
welcher er sich gegen da« Detail der Voraehlftge Dr. Herzogs wendet
Dir. Mandyczewski macht unter Zustimmung der Versammlung
darauf aufmerksam, das«, wenn wir auch noch angeben wollten, was gelesen
werden soll, wir zur Berathunji? mehrere Vereinsabende bedürften und eine
Einigmitr unter den Fitchcollfc^en dcrh noch nicht erzielt werden könnte.
Iii dem Schlusiworle weiulet »ich Dr. Herzog gegen Dr. Rumj)
und erklärt insbv'sondere, dass er bei seinen Vorschlägen durchau» nicht
daran gedacht habe, duaa allcä gelesen werden mü^äc, sondern daas man
aus diesem eine Auswahl treffe und dann ganze Werke, nicht Bruch'
stücke lese. So genügen z. B. zwei Dramen, die anderen mdgen der
Frivatlectüre Überlassen bleiben.
Tli<'-e III wird hierauf angenommen.
Zu These IV bemerkt Dr. Perkmann, das^ sich auch der jetzige
Lehrplan nicht ganz auf den literarhistori.sclien Standpunkt stellt, indem
Hamburgische L>ramatur{;ie und l<aokoon in die VIH ('Iü^sp verlegt ist.
Dir. Mandyczewski hebt hervor, das.-j die Leetüre uie Hauptssache
und die Liieraturgescuiclite die Nelten->ache lür die Schule sein solle, stellt
dann mit Rücksicht auf die vorgerückte Stunde einen Vertagungsantrag.
(Angoiiomroen.)
Dr. Herzog ladet zum zahlreichen Besuche der nächsten Versamm-
lang in Radauts ein.
Dreiundfänfzigste YereinsrersammlDiig.
(Mitgetheilt vom Vereinsmitgliede Prof. Dr. Herzog.)
(Radaiitz, am 11. Juni 1898.)
Anwesend 19 Mitglieder, darunter 7 aus Czernowitz.
Obmannstell Vertreter Prof. Ustyanowicz eröffnet die Sitzung und
begrüßt die Mitglieder aus Czernowitz, insbesondere den nach schwerer
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4
Vereiutmaciiriehtea. 339
Krankheit zum erstenmale wieder erschienenen Prof. N. Scbwttif^er.
Hierauf Übergibt er den Vor«its an den Obmann des Vereines Prof.
Dr. Polaschek, der den Dank ftir die BegrQßung und seine lebhafte
Freude äußert, den Senior der Radantxer Anstalt Prof. Ustyanowicz
xmch <;t'iVibrIicher Krankheit wieder an seinem Platze zu sehen und ihm
hier baldige vollständige lienesung wünschen 7u können.
1. Hierauf erstattet der Oluuann Bericiit fiber die Thiiti<rkcit dea
Vereinsvor'^tnndf**: l'nscr Ein?i»'hreiteu um Eriiiäl>i,t,'iiii(r dor T>fhrvf rptlic htung
für moderne Fhiloiogen au tien l^ealschulen hat Krlblg gehabt, d;i da.-* eben
^anctiouierie Realschulgesetz fUr die Bukowina die Bestimunuj^' enthält,
da» die Philologen an Realschulen nur ta 17 Stunden verpflichtet sind.
Der Reichsrathsabgeordnete fQr Gsernowits Dr. Straucher hat im Reichs-
rathe eine dringende Interpellation in Sachen der GehaltBregnlierung ein-
ge}>racht. Ich bitte um die Erlaubnis, ihm im Namen des Vereines den
Dank des Vereines für seine Vertretung unserer Interessen auszusprechen.
Da -ich keine Stimme dapregen erhebt, betrachte ich meinen Antrag ab
angenommen. i/ut»timmung.)
2. Hier-tnf erj,^?!^ Prof. Dr S. Spitzer das Wort zu ^»•iiit'ui Vortrj^j^:
,,Über das gegenwarLigti Ciassiücationsverlahren" 272),
•dem «nstimmiger Beifall folgt.
Der Obmann spricht dem Vortragenden den Dank des Vereines aus
und eröffnet die Debatte, indem er auf den in der Praxis vorgekommenen
Fall hinweist, dassein Director erklärte, die Unterschrift auf dem Zeugnisse
zu vorweigern, wenn die Schlnssnote nicht mit den Eintragungen im
Kataloge stimme. P>s gebe übrigens auch Anstalten, welche den Eltern
nicht blof> Tadel und MabtiTingen, .sondern nach Abiauf des halben Semesters
vollständige Classiticatinnt n l^t'kannt*^^■iM'n.
l'rof. Dr. Perkmaiiii &uuuut dem Vortra'^e im ganzen lu'i. mf>chte
jedoch in Anbetracht des Umstaudes, dix^s die Aufhebung der Kataloge
nicht viel Aussicht habe durchsudringen, vorschlagen, die Classenkataloge
mögen bestehen bleiben, es werde jedoch ausdrücklich anerkannt, dass die
Eintragungen darin fSr die Schlussnoten keine entscheidende Geltung
haben, sondern diese dem gewissenhaften Ermessen des Lehrers überlassen
bleiVien sollen. Er regt den Gedanken an, dieses für die Erziehung so
bedeutsame Thema auf d»'in niUli^ten MittelschuItaL't* zu besprechen.
l)r. Polaschek stimmt der letzteren Anregung zu, macht ab<»r auf
den Widerspruch aufuierkiiam, der in Dr. Perkmanns Antrage ent-
iialten sei.
Prof. Ustyanowicz fahrt Beispiele aus dem älteren Classifications-
Terfahren an, aus denen man erkennt, wie trotz des Fehlens der Kataloge
ein richtiges Urtbeil über die Kenntnisse und Ffthigkeiten der Schüler
gefilUt werden konnte.
Prof. N. Schwaiger hebt die Vorzttge des Vortrages namentlich in
formeller Hinsicht liervor und wünscht, dass auch in Zukunft die Referate
in freiem Vortrage gehalten werden mö^en In meritorischer Beziehung
ist er iiTit der Tendenz des Voi tra„'enden einverstanden, da die Kataloge
nicht nur die L»'ijirr. soniltnu auch die Schüler mit Sciireibereien über-
laden; denn auch die Schüler lühren Classenkataloge. Zur Controle. die
jeder, der Lehrer vielleicht mehr als jeder andere, nöthig habe, zur Regelung
22*
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340
Vereinsnachrichten.
des Vortrags- und PrOfungsweseiM reichten die monatlichen Cenanren voll-
kommen hin, dieee seien aber bei Aberfllllten Clawen dringend nothwendii;..
Redner wendet sich gegen den Vorechlag des Prof. Dr. Per km an n, der
wenig Aussicht habe durchzadringen, weil er eine halbe Maßre^^cl enthalte.
Dr. Pola.->cIiek ineint« es wftrs wichtig, festzustellen, wie sich schrift-
liche unil inüiKlliihc Leistnnf^n etwa in dem Fallf /n oinander verhalten
sollten, wenn in überfüllten (Bussen einer mündlichen drei bis vier schrift*
liehe Noten in der Cont'erenzperioile «gegenüberstehen.
Dr. Fe rk manu sucht den Einwurf zu widerlegen, dass in »einem
Vorschlage ein Widerspruch enthalten sei. Das Schlu^urtheil sei die
Besnltierende ans mehreren Componenten, die einxelnen Leistungen nur
eine Gomponente. Der Gesammteindmck ergebe sich ans dem Vergleiche
sftmmtlicher SuitdartheUe, aber der Lehrer solle dnrch einzelne Wahr-
nehmungen nie in der Beurtheilung gelMinden sein.
Prof. Schwaiger macht darauf aufmerksam, dass mitunter schmerz-
liche Enttäuschungen eni«<t<»hcn könnten, wenn die EinTielurtheile den
Parteien mitgetheilt würden, das ächluasurtheil aber nicht damit über-
einstimme.
Prot. Uötyanowicz erklart die ClasseukuLaioge für einen Heiam-
sdinh der selbetftndigen und nnparteüsclMn Beurtheilung der Schüler und
stellt den Resolntionsantnig, die Versammlung mSge aussprechen, dass die
Beseitigung der Classenkataloge wflnschenswert sei.
Prof. Kobjlansky nnterstOtzt diesen Antrag auf Orund seiner Er>
fahrungen an galizischen Gymnasien, insbesondere mit BOcksicht auf die
Controle durch Hauslehrer.
Prof. E. V. Tarnowiecki hebt hervor, dass die Absicht der Classen-
katalo'^e . den Verkehr mit den Eltern zu erleichtern. i;ur vmvoilständig
eneiehl weide; denn um genaue Auskunft über die Ächwüehen und Mängel
des Schülers zu erhalten, müsse man sich doch immer an die Fachlehrer
wenden. Die Kataloge seien unnüts, der Antrag des Prof. üstyanowics
wAre ansunehmen.
Prof. Kobylansky fragt, wozu die durch den Organisationsentworf
festgestellten Versetzungsprüfungen dienten, wenn das Scblnssnrtheil nach
dem Kataloge schon feststeht.
Prof. Dr. Polasche k warnt davor, einen Be^ehlnss 7.n provooieren.
der keine Aussicht anf Verwirklichun^j;^ habe. Die Eltern haben ja ein
gewig.ses Recht anf Au>kujdi, und gibt immerhin im Lehrsbinde —
gewiss selir selten — Kleaiente, denen gegenüber die Controle, wie sie
die Classenkataloge bieten, angebracht ist. Er empfiehlt einen solchen
Antrag, der schon in dieser Versammlung mit Stimmeneinheit angenommen
werden könnte.
Nachdem der Antrag anf Schlnss der Debatte angenommen worden,
halt Dr. Spitser da« .^chlusswort. Er dankt d**!- Versammlung für das
rege lntere.s.so und polemisiert gegen die radicalen Vorschläge auf Be-
seitigung der Katalonrp an<' denselben Ornnflen wie der Vorsitzende und
mit Hinweis auf die Instructionen, die vorsclr. eÜNii . da«;^ das Urtheil des
Lehrers sich im Verlrmfe des L'nterrichtes berichtigen solle. Dif* .Anleitung
des i>r. i' er k mann möchte der Vortragende als Zusatzantrag zu dem
seinigen formuliert wissen.
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Vereinsnachrichten.
341
Dr. Polascbek: Es Ueffen nnnmebr drei Anträge vor; der weitest-
^hende ist der Antrag Prof. TJ^tyanowics, der auf Beseitigung der
Claraenkataloge and Rttckkebr zur alten Praxit absielt, der «weite iet der
-des Bericbterstatter», zn welcbein ab dritter der Znaatatantrag Dr. Perk-
niann vorlie<^t: ^Ks emheint wunt^chenswertt daes im Sinne der Weisungen
für dns b^chluasurtheil über die SchüIerleiRtungen nicht nur die ini Kataloge
eingetraponfn Noten, sondern der riesanimtnindrnck maßgebend sei."
NaclMlriii Prof- Üst Viinow ic/ winen Antrat,' an^ d -n von l>r. Pola-
re Ix- k und l»r. Spitzer an'^jot'iihrtf'n (Iri'mcU'n zurück^'« / »k'<"u, wird der
Antrug Dr. Spitzer luit deiu Zu.» at zun trage Dr. Perkniann einstimmig
angenommen.
Da snm 3. Punkte der Tageeordnang (Anträge and Anfragen der
Mitglieder) niemand das Wort ergreift, schreitet der Vortitsende mm
Schlüsse der Sitzung, zugleich der letzton im Vereinsjabre. Er wirft einen
Blick auf divs abgelaufene Vereins^jahr, dankt den Mitgliedern für ihre
rege Betheiligung an den Arl>eiten des Vereines und bittet sie, auch
fernerhin den> Vereine an ihren wissenRchaftlichen Forschungen uad
pädagogi-<( In-n Krtahrun<,'t'n Antheil zu gewiihrrn, damit der Verein bleibe,
wa-s er bi^ihtr gewesea, ein getreues Abbiki des gesammten Mittelschul-
lehrütandes in der Bukowina, in dem es keinen Untei-schied der Nationalität
nnd Confession gebe. (Bei&ll.) Mit dem Wnnsche: Fr^thlicbe Ferien! gieng
^ie Versammlung auseinander.
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t
Literarische Rundschau.
Freytags Sammlung französischer und engiiscber Schriftsteller.
Störte» flrom JBngltsh History, Herausgegeben von 3. Babe. —
A. Trollope, Drei Erzählungen. Herausgeben von L>r. J. Ellinger. —
Mrs. Craik, Carlo Mimii, Uemasgegeben von Gr. Opitz. — Wieo und Frag,
F. Tempaky, 1897/98.
Das erste dieser Bündchen gibt in 30 kurzen Capiteln, die den
Wr 1, n von Freeman. («reen, Church n. a. entnoutmen sind, einfach
und klar entworfene Bilder d^r wichtip;t»^n Epochen und der entscheiden*
den Wendepunkte der englischen (ieschiehte. Iti Aijbilduugeu, zumeist
gelungene Portraits von Herrschern und nationalen GrtVßen (die vielleicht
not Ii dui(h das eine oder andere Bild, etwa von Crom well, Xtl-on etc.
vermehrt werden könnten) und Ansichten historisch bedeutender Ürtlich-
keiten und (lebäude illustrieren den Text und die Anmerkunj^en. Drei
Kftrtchen orientieren über die Toposjranhie. Eine (leider niciit englisch
geschriebene) Einleitung gibt einen überi«lii k üImm- die Entwicklungsphasen
des britischen Reiches und bildet so den verbindenden Text zu den loüe
aneinander gereihten Oeschichtsbildern.
Die Anmerkungen sind nach Capiteln gesondert. In jcdt in f'ij.it, !
bringt der Herausgebf-r zuerst die Aussprache der darin vorkommenden
Eigennamen und. wtiin uuthi^'. die Stammtafeln der Dyna.stien. Die Be-
merkun;.,'(Mi zum Text machen den Eindruck der Fidle bei weiser Spai'sam-
keit im Ausdruck. Pas r;inc«a7- hat .iiif z.ihlr'Mclif Sfii Ii|.roben kaum ver-
sagt, ausgestattet, iiildet diis Bündchen, trot/deiu es nur Auäschuitte
ans der englischen Geschichte geben will, ein wohlgernndetes Ganzes und
übermittelt in leichtfasslicher. ansprechender Form jene populiii-sten
historischen Kenntnisse, die jedes englische Buch bei seinem Leser
voraussetzt.
Die *Dre» Erzlihhinpen* aus Trollope' s Taleif of All Counfriex sind
vom HoninsifTeber sorgfäHii,»' nnspewälilt. mit ausreichend»'!! bio;.'r.i]']iisi hen
Nachrichten über den Autor eingeleitet, vortredüch commentiert und mit
einem fast einwandfreien Glossar versehen. Sie sind recht gnte Beispiele
für Trollopes schlichten, trenhtMy.i^'en Kr/nlslerton , der doch manchmal
der «satirischen '^']iit/CTi nicht eiitlM'hrt, und lu-si'n lM'(]arioi*ii. da*'* (\<'V einst
so belielite Autor allmählich iiinter ileu Aleistern der oiv-ählendeu Prosa
xarficktritt.
r>ie beidoii r-rst.-'n rie-'^ hicliten , Cfnrqf Walker <tf ■'^iff- nnd 77/e
O'Conors of Castle Conorf sind von einem hübschen, leichten Humor
erfttllt und charakterineren Oberaus glücklich den Dflnkel des Londoner
Citymenschen und die rauhe Jägernatur des gastlichen irischen Laudedel-
manns. Die letzte Erzählnn^^, Rpfurning Home, sticht in ihrem tr:iiri«« hen
Emst lebhaft von den beiden andern ab. Sie gibt ein Bild der Kiinipfe
und Gefahren, denen sich die Pionniere der englischen Colonisation mit
80 viel Math und ScH'-f verlfMi^jmiiiLr unterziehen, und zei;:t. wir' di^ nncro-
faenren colonialen Erfolge der Nation nicht selten mit herben persönlichen
Verlusten und blutigen Thraueu erkauft werden mössen.
Auch bei dieser Ausgabe sind die Anmerkungen lobend zu erwähnen;
nachahmenswert i-t der Vorgang:. Kiliut» rungen von R'^nli-Mi womöglich
in englischer Sprache (,wie hier nach Webst^n zu geben. Die eingestreuten
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Literariache KunU^chau.
343
1>raci?!en syntaktischen Benjerkiin<fen sind gründlichen Lehern gewi^-> will-
commen und zoigen. dass d^r St^mdpunkt, die Anmerkniigen von Grammatik
völliir fV' i/iili.ittfii. nicht der rin/ii,' vfi-fcrlithMr»' ivt.
Die im tülgenden angotiihrten Kinzeiheiten wollen nur bencheidenö
Vorecbläge für eine npätere Auflage sein. 82, 20 not largfly made verlangt
eine Glwsierung; in 33, 31 he left me to write lie^'t kaum eine Auf-
forderung: 34. 14 y iL'as rery pnrticular in underscoring scheint mir mit
,ich dachte ganz besionders daran zu unterstreiehen" etwas umständlich
fibereetst, «ich nnteratrich ganz besonders* würde genügen: bei 34. '.^7 the
most nj)pr'n'i'if prai^sr rrluch . . . wäre :iuf don syntaktischen Vetstoß
autmerksum zu machen; tfifh 'glatt, fließend genügt nicht zur Wiedergäbe
vön *In ienr said /, qiihly. 35. 30; für 52, \t [ht has got . . .] «one
ofhers left fehlt im (llossar die Bedeutung „übriff"; die Anmerkung zu
55, 3 {war = was) wäre «chon bei 53. au machen; 4ö, 29 ochone ver-
mi.s.Ht man die .Au'isprachebezeichaung.
Druckfehler fielen mir auf 16, 1 consideralfiß (statt «), 51, 25 thö
und 67. !5 hat
In Cola Alonti erzählt Mra. Craik die Oe.*obichte eines italieniachen
Knaben, der in einer englischen Schule erlogen wird, anfänglich mit dem
Vonirtheil der Kameraden und seinem eigenen leidenschaftlichen Tempe-
rament zu kämpfen hat, aber s(bli^«fdifh sich IndiMirschen lernt utid die
Zuneigung ««einer Umgebung g(?winnt. Kin Ziiiall enihüllL jw in Maltfrtaient.
Er geht nach London and hat nach langem Ringen nnd Entbehren die
(f( nnr::thuung, sein erstes Bild in die Ausstellung der Academj auf-
genommen y.n sehen.
Das (ian/f* ist eine etwas tantenhafte NRchnbmung berühmter
englischer Schulgeschichten, derZweik.iiii]>f zwischen M'Kaye und Woodhouse
ein niatfrr A'.]J;if<' h d> r Si f»ne zwis. h-n ( uff und Dobbin in Vonify luür.
Immerbin kann man Jjchniern eujptenlen, aus dem Buche etwa« über
englisches Schulleben zu erfahren nnd die get^unde Lebens* und Welt-
anschauung, die sich darin aiisspricht, auf sich wirken zu hv^>t ti
Die .\nmorkungen sind im allgomciuen »orglVihig und klar ;," hi.sst,
die Realien gut interpretiert. Hie und da werden schwierigeie oder
idiomatische Stellen, in der Hegel zutreflend. übersetzt. Ausnnhmen finde
ich imr :in zwei Stellen, wo der Herau8l^eber kühne nbor Aus-
drücke ujetaphoriiich fjus«t und ihnen einen wohl verwandten, aber nicht
den l^bsichtigten Sinn unterlegt. Bo ist 37, 10 Hi» . . ejfes ttefmed
fdirly (hmciiiff hi his head wiiklich gemeint: „Die Augen schienen il.m
im Kopf zu tanzen {niclit zu funkeln t" und G2, 21 Siynnr del Monti;
yniL ihusit alfow me h) i-f/'resh iny tonynf by the lonff-dtsusttd Italian
will der Engländer wirklich Migen, d:iss ihm die weich- it il ionische Arti-
culation ilic Zum:'- < rfri>che ijürht ..nhr erquicke"» d. h. dass er das
Ualieni.sche selOst gern spreche nicht Idob höre.
Die Anmerkungen könnten übrigens ohne Schaden vennehrt werden,
da ja die^e .Ausgaben nicht allein für die Schullectüre bcstinnut sind,
{•ondern auch die Privatlectüre des SchülHrü anbahnen und fiirdern .sollen.
An manchen Stellen dürfte der Jugendliche Leser sich Vergehens nach
Hilfe uuisehen. So hält Referent eine Erklärung der folgenden Stellen für
nöthig: 6, 3'i [hc' fonkt il irlnif lir t/vj.v — n jhif f)nftf fad; S. 15 die Phnise
to aet me to rights agnin; S, l'J to be made a ^uol of; 37, 21 Gttd will
be 9ure to $end\ 45 die Capitetüberschrift Befftnning the World; 53, 2
eomehntr ornther: 69, 82 he. had n heap of th^m (sketches) on his hands;
70. 10 he nf the nire. gotnl^ ^lyty fnce. Auch wiivp liie tind da eine gram-
uiaii.«cfie Ben»erkung wohl angebracht. et\v;t: 1'/. 27 tlie. youiifi ftock
were ranged; 89, 9 money whieh neither of u<t hare got; in der An-
merkung zu 44, 10 wäre des synonymen by au gedenken, das 8$, 26 vor»
kommt.
Auch dHS Olossnr würe mancher Besserung fähig: 11, 7 he alwaya
do^s his h'ttefft qttickly das (Uo^sar gibt nur letter = linchstabe. Brief';
zu ix. l** n s'ifi^ress o)i sufffVoiwe findet man nur siiff'eynvce - Leiden,
Schmerz; f>ir iquable, 2ü, 2U tritlt die Uedeutung „gleichmübig" nicht zu;
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344
Literariücbe Kundschau.
28, 8 sinqle-viinded . inihmiitahle pefuntTanßt heißt sitifilc-minded
wf'lor ^redlich" iioi-h _arglo-". sondern „gerade nnf s.-iii Ziel lixgtditMul
(Flügel II, 1290'' oben)", ziclbewusat; für the best- lern inied hoy in the
sehool 29. 23 findet man im Gloassr nur tempered ge<<tiinuit, gelaunt;
sueeeed erscheint im Glomr nur unter der Bedeutung „^^elingen, glücken**
— wie übersetzt »Uinn der Schüler 34, 10 fliP )v.<^^'^•(^^/^•^<f '.StärkungsniittoD
ifucceededt — humihux 51, 7 fehlt im Glostau. Nüihdeni Ö7, 27 gesagt
worden ist, nwn stelle sieh einen Kunstjfinger wifh long hair and mmed
down cof/ars vor. iit jfW ts «^s' i von <*<'!. i Monti: G o od ■ Jonking young
ma»t äark ÄaiV, dose and cuiiy . . . Der Schüler liudet unter dose: eog»
genau, streng, eingeen^^t, drfickend, aber nicht das hier gemeinte cii>te
eut hair kurz geschnitten; 26, 4 the wU of the school ist nicht «Witt*
bold, Sj»aesm!u lier'' f-^ fraf!\ sondern: witziger Konf.
Drucktehler sind zu berichtigen: 4. 8 Alle, 20, 18 afta^noon^ 23, 23
Btudy, fcdmgit^ 27. 8 twülighi, 2b, 5 fehlt die Zeilensählung, 80, 4 fonndn
51. 1 jüumejf'»^ 67, 10 merriiy, 77, 29 weil -night ^ pieee Anmerkung
zu 91, 20.
Görz. Dr. Arthur Urandeis.
B u d o 1 f L e h tu H n n : Der Deutsche Unterricht. Kine Methodik fttr höhere
I.t'liiaiistalt'i) Zweite, durchgesehene und erweiterte A T*"!nf;o XIX
und 4tiÖ ^6. itebunden 9 Mark. Herlin, Weidiuann'sche Buclihaiidluug.
Dieses für die Methodik des deutscheu Unterrichtes vielfach grund-
legende Bnch. das im Jahre 1890 znm erstennuile herausgegeben wnrde,
hüt >i< Ii i a-< Ii all'^^i-inf'ines Ansehen erworben. Die 2. Auflni,'*^ \^\. •jr^'t'nüber
der trüberen durch Zusätze erweitert. Dem Untorrichtsbetriebe in den
unteren Classen. dem Aufsatzwesen , dem nihd. l'nterrichte wurden n. a.
solche Erweiterungen zutheil. (iroGentheils neu int auch das l^lusswort
über die Stellnni,'' dos deutschen Unterrichtes im Lehi jilanp unserer höheren
Schulen. Mit Kecht erklärt der verdiente Verfastter au.sdrücklich, da*» es
nicht in setnem Plane lag, das Buch etwa nach den bisher erschienenen
uiutlichen Lehrplänen voll<fändig umzuarbeiten. Dies würde /n rinom
Autgeben der perwnlichen Üb<'rzeugungen des Autors, zu gewis-sen Ein-
seitigkeiten geführt und diis Werk zu einer bloßen Erläuterungsschrift
herabgedrückt haben. Dn^s es auch un.seren heimischen Bestrebungen (be-
sonders' auf df tn fiphiete der Pro]iäd»Mif ik'f ^ferecht wird, nrag obt'Jifall<5
aU ertreuiichea Moment hervorgehoben werden. So wöge denn das Buch
nach wie vor dem angehenden Lehrer ein treuer Rathgeber und Weg«
weiter, dem erfahrenen ein aufmunternder, sur Besonnenheit und Kritik
mabneoder i«'reuud sein.
FFOytftgS Schulausgaben. Shakespeare, König Lear. Herausgegeben
von Dr. Ernst Kegel. Geb. 70 Pf. 127 SS. Leipzig, G. Freytsig. 1898.
Mit Kecht haben die Freyta^Vichen „Schulau-sgaben" auch Shakespeare
in ihr Programm aufgenommen, denn der Deutsch-Unterricht in Vll uud
VIII erfordert wiederholt Kücksi« hhiahme and Verweisung auf den groGen
Briten. I n*! je wi-nii;! r leider (Jic Zfit ^'tst.ittft . in nn^frcn Uyinnasien
selbst auf diese Dramen emzugehen, desto wünschenswerter ist es, die
^Studierenden auf so sorgfUltig gearbeitete Schulausgaben zur Erweiterung
und Erleichterung der Privat lectüre verweisen zu können. All dies gilt
auch von dieser neuestt^n Kr.scheinunsr. dorn König Lear. DIp .Ausgjibe geht
im allgemeinen zurück autden Text der deut>i.hen.Sli.-Gesellschall, gediegene
Hitismittel wurden bei der Einleitung und bei den Anmerkungen benützt.
Letztere gehen nicht liber elementare HedürfniH.-«e hinaus, eher kdnnte
dies von den ersten zwei Seiten der Einleitung behauptet werden.
G. T.schache: Themata ZU deutschen Aufsätzen in Dispositionen und
.\u.'«ifiihrungen. Für oImm--» <"|:iK«;,>n hr.herer Lehran.'^talten. N»'l>st ITÖ
t bungsaufguben aus S( lmi]trograninien. 5. Auflage. Preis M. 2 70. VIll
und 216 8§. Breslau 1Ö97. J. U. Kerns Verlag (Mai Maller).
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Uteriiruche liundschau.
345
Der iinf dem Gel)iete der AuisaUliteratur bekannte Verfa.*iser hat
biet eines seiner verbreitet«!! Bücher in 5. Auflage herausgegeben. Au«p
w.ihl niKi A iiordrurng der 165 Thomon «ind im wesentlichen gleich ;7e-
blieben, neu !«ind die oben erwähnten Programoa-Thenmta. Viele Wissens-
gebiete andDarstellungsformeti nnd rerireten. literarische and philosophische
Thecitn 11 her wiegen. D<'i lebendigen GiMfonwart entstammende Aufgaben
sind nur spürürh vertreten. Manche Austuhrung lehnt «ich an eine aus-
drücklich geiiiiunte Quelle an. In der Behandlungswei.se ist wenig Charak-
teristisches 7A\ bemerken, die Sprache int den stoftlich verschiedenen
Themen mö^^Iicli-t .mcopnsst . mehrfarh wohl absichtlich ^'edrän^'t. Der
Öelbätthätigkeit des bchüiers scheint im allgemeinen zu wenig zugemuthet
«u werden, auch ftethi manches Thema augenscheinlich Aber den Ideen-
und Erfahrungskrein der Jugend hinaua. Endlich sei noch bemerkt, dass
das Buch in jeder Beziehung einen streng norddeutschen Charakter trägt.
Heinrich Herb: Mein Vaterland, mein Österreich. Sammlung' öster-
reichisch-patriotischer C'Itiitt' und Dichtungen. 154 Seiten. ßO kreuzer.
Wien 1898. Vrrhi- von LenpoM VV'eiß.
Zu den patriotischen Üpenden. die dun Jubiläumsjahr bnichte, ge-
hört auch vorliegende Sammlung. Es kann nicht geleugnet werden, dass
viel Schnnes. 'Wiirdi^^'t's in dieser Arilin »l(i;^'i<' vcrt'iniirt i>f uiul d;i>-s die
edle Tendenz auch den Wert der kleinsten liabe erhöht. (Ueichwohl hätt«
der Herausgeber eine größere Sichtung TOmehmen kGnnen , da bei Weg-
fall des Unbedeutenden die Perlen mit umso grdßerem Glänze hervorge»
treten wären. Auch die Anordnung ist nicht einwandfrei, l^'ie drei
Oiu|men (1. Herrscher und Land; II. Krieg, Kuhm und Tapferkeit;
III. Friede und Segen) und die rein »Iphabetische Reihenfolge innerhalb
jcrlcr rirnpjif vereinigten inhaltlich und zeitlich oft recht het 'ro;,»^ene
Dichtungen, abgesehen von dem Übelstande, dais da.sselbe Gedicht ja Ge-
danken aller drei Kategorien enthalten kann. Die ^Anmerkungen" wüiii»chte
ich reichlicher. S. 92» Z. 1 r. o. ist ein Druckfehler zu berichtigen.
Wien. Dr. Rudolf Ufkner.
Prot. A. Micha! itschkc: Eine Dreitheilung des Winkels* (Separat-
abdruck aus „Techni!#che Blätter", 1897, III.)
Die Arbeit liefert einen interessanten Beitmg tn diesem Probleme,
welches den menschlichen Geist schon seit den ältesten Zeiten bes«;häftigt.
Da eine Lösung der Aufgabe nur mit Zirkel und Lineal brkanntlich aus-
ge.schlossen ist, muss muu schon von einer eleganten lUin htTdiruug der-
selben sprechen, w^nn sie mit Hilf.- .'incr Ciu vt' gelingt, 'l r* n Punkte
sich in einfacher Weise geotnetri>c!i . iils Si lmitt»* gerader Linien mit
Dreisen, ergeben. Dieser Forderung w«rd der vorliegende Aufsatz in voUem
Maße gerecht, indem hei der Oonstruction eine höchst einlach zu zeichnende
Piuscarsche Curve in Verwendung kommt, mit welchen < Gebilden nich der
Verfa-sser eingehend bei einer früheren Geleprenheit (T. Rl. 1*^96. Michalit«^chke:
Paijcar.sche Curven »U Bahncurveu und als Hodograptieri erster und zweiter
Ordnung I beschäftigt hatte.
Da s'ch eine Constru( fion nicht mehr wesentlich von den iU>li' hen
geometrischen Cont»tructiouen unterscheidet, wenn man i\x ihrer Durch-
fQhrunff ein eigenes mechanisches Hilfsmittel angeben liann. so beschreibt
der Verfiisser mehrere einfache Vorriehtnngen , mechanische Dreitheiler,
welche in bequemer Form die Theorie in Praxis umsetzen.
Prag. Dr. J'itsdt.
Hans Sommert: OpuiidzOge der deutschen Poetik für den Sehul-
und Selbstunterrieht. 6. Auflage. Wien 1898. Verlag von Hermann
und Altniann.
Der vorliegende gediegene Lehrl»ehelf, welcher vornehmlich den Be-
dürfnissen der Lehrerbildungsanstalten angepaüst ist. erscheint hier in
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346
Literarische Kitndschaa.
sechster Auflf^je. Es ist dem Vertasser gelungen, das Büchlein durch fort-
gesetste Verbmening«ii cind Ergftnsnnireti sn einer tauglichen Vorschule
für ein einziehendes Studium der deutschten Dichtkunst /n pestiilten. Der
Beweis für die Brauchbarkeit desselben ist längst erbracht, und es erscheint
die Hoffnung berechtigt: das Werkchen werde nicht bloß den eroberte»
Boden behaupten, sondern auch »einen Wirkungskreis erweitern
Form. Ausstattung. Druck mi'! Preis {geb. 1 t1 ) entsprochen voll-
kommen, im einzelnen i^t Folgendes zu bemerken: Die Einleitung — ein
keineswegs leichtes Ckpitel — enthält sehr instractive und doch angenehm
zu lesciidr „Erörterungen", wodurch der Schüler über den Bei^riH" uii l <1 1-*
Wesen der Po('sie belehrt und mit «iehtigen ästhetischen Grundgesetzen
bekannt geu»atht wii-d. Das Mateiiüi, welches ich seinerzeit als junger
Lehrer auit umfangreichen Werken för den ünterrichtszweck mühsam herbei-
schafi'en inus<?te, liegt nun n]^ c^omünzto-? Gold in d^r Ilaiiil de.- Schülers.
Möchte er es doch nutzen I Poetische c'itate bilden eine angenehme Zu-
gabe und willkommene Abwechslung.
Leicht fa.s»lieh und ffiinz entsprechend ist auch der Abschnitt über
die Lehre vom Vors-. Strophcnbau und vom Rtntno. Per Verfa-^er hat
mit Recht mei^t luu sulciie Beispiele gewählt, die -ich in den gebräuch-
lichen Lerebüchern vorfinden, oder dem Schüler aus der PrivatlectQre
i>fk;innt sein sollten. .Xna^'f-nehin hat mich lici-ilhrt, dass nn .\nbfini2r(»
nur einige Tropen und Figuren aufgenommen worden sind, weil seit deut
Erscheinen TOn Gerbers Buche »Die Sprache als Kunst" die^r Tbeil der
Poetik, wie mich dünkt, hie und da mit allsu peinlicher Ornndlichkeit
betiichon 7.n werden iiflo^^'^t»*.
Mit der liinthtilung iler poetischen Erzeugnisse in vier Gattungen
bin ich ganz einverstanden, denn die Ausschaltuns der Didaktik und Kin-
reihung ihrer Arten je nach iiin-r Natur in die Epi': l'-r Lyrik iMwcivf.
sich beim praktischen Inturhchte, wie vielfnch zugeütauden wird, mitunter
recht missfich. Nur h&tte xeh es Mme gesehen, wenn die Fabel, ParabeU
Allegorie und Paramythie thatriLchlich 2ur didaktischen, nicht zur epischen
Poesie geschlagen worden war»». — Die an passpndnn Stf^Uen eingefügten
schematischen Übersichtstabelien der Strophentormen und poetischen
Gattungen »ind im ganzen brauchbar, weniger allerdings die Viehoff*sche
Eintlicilung der Poesie (S. HG). — Di*' Lit»'ratnr der Sagen!«-animlt;ng"on
könnte betrachtlich eingeschränkt werden; dagegen vermisse ich die genaue
Anführung der sch5nsten biblischen Parabeln. Anderseits hat es mich
üljerraacht, den ^.Zauberlehrling" unter den Parabeln zu finden, während
dasselbe Gedieht 8. 99 den Balladen zugezählt wird. ( berhaupt sind einige
Literaturbelege insbesondere im Capitel Roman und Novelle nach meinem
DafQrhalten nicht immer ganz zutreffend ; den Verfasser dürften jedoch, wie ich
vermuthn. bei der .Auswahl Krwägungen erziehlicher Natur fj' loitr-t habini.
— Ferner hätte ich gewünscht, dms das Wesen der Komanze und Ballade
ändert«, nämlich durch ein»' ^^enane Distinction beider Begrift'e verdeutlicht
worden warn, in der Weise etwa, wie dies Adolf Hechelmann in einem
älter»'n ahrr ^iratichharcn l'rii<^ratnmaiifsat7e angedeutet hat '.fahn»shf»richt
den Gymnasiums zu War bürg IbTö und 1H79). — Einen besonders wertvollen
Abschnitt bilden die Erörterungen Ober die dramatische Poesie. Der Ver-
fa^-cr h.if den Schlüssel iur das Verstiimlnis des Dramjus, nämlich den
Autüau der Handlung, die aristotelische zjz-olz:-: tJjv rp'xYjiäuuv, an Schiller*
„Wilhelm 'relP veranschaulicht. Es wfirde sich jedoch empfehlen, in der
nächsten Auflage außerdem noch die Hauptpunkte des dramatischen Auf-
barifs in anderen an unseren Schulen gelesenen Stücken ganz kurz an-
zumerken, ü. Unbescheid, „Beitrag zur Behandlung der dramatischetk
Lectfire", gibt in dieser Hinsicht, wie bekannt, die trefflichsten Winke.
Ich n<'!iiiit' keinen .\nstand. Sommert« I'oetik auch als Hilfsbuch für
üymnasiiusten und Realschüler b('st«»ns zu empfehlen, weil es strebsame-
Schüler zur Leetüre der schönen Literatur aurn^t. insbesondere aber weil
es get'ignet scheint, bei der jetzigen Schiilergeneration die Leeefreude —
ich meine die Freude an den Werken unserer Classiker wiederzubeleben.
Wien. B. Dundatsxk,
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Literarische Rundschau. 347
Dr. Hugo Kenkner: Arithmetische Aufgaben. Ausgabe D Vor-
nehmlich für den Gebrauch in Öda^sigen höheren untl mittleren Lehr-
austalten sowie in Semin.aren und gewerblichen F.i« h>ehulen. ver-
besserte Autlage. Otto Salle. H^rlin 18'J8. S. 1 .M. 60 J'f.
Das vorliegende Burh. AiX< zugleich l.ehrhuch und Aufg^iibensiimmlung
ist» umfas^it das Rechneu tuil absoluten ganzen und imt algebraischea
Zahlen, die allgemeinen Eigenschulten der Zahlen bezüglich ihrer Pactoren,
da? Kechnen mit l.ro'^liorn'ii /ahlcn. .-infache lineare Gleichungen mit
einer Unbekannten und l'roportionen, Potenzen and Wurzeln, Gleichungen
des ersten und de« «weiten Grades mit einer und mehreren UnlMkannten.
Logarithmen, arithmetische und geometrische Reiben und endlich Zinses-
xins- und Rentenrechnungen.
\\m bei Durchsicht dieses Buches zunächst vortheil haft in die .Xugen
springt, ist die übersichtliche. pla.stische Anordnung des Lehr- und übun^
Stoffes, welch?^ nino ra.-clu' Oi ifiiti>>i uni,'' Itpiiu ru-briun-hf des Biii Ii.'- -t-
uiögitcbt und daher als ein bedeutender Vorzug desselben bezeichnet werden
mu«s. Der Übnngsstoff ist ein reichhaltiger und greift die Anff^aben xum
großen Theile ans verschiedenen Gebieten der Geometrie. Physik und
Chemie heraus, wodurch sich da^ liuch, wie der Verra««!er selbst bemerkt,
als ein Beitrag zur Concentralioa des Unterrichtes dai'stellt. Es
ist zweifellos, dass Aufsahen der angedeuteten Art das Interciue der Scbttler
lebhitf't arHT'ijnn nnd dass ^1." Vn-i rirliti^'fr Verwendung auch zur Unter»
Stützung der anderen Unterrichte beitragen.
Tn dem eigentlichen Lehrtexte geht der Verfiksser bei Entwicklung
der liegein von besonderen Zahlen aus und tiberträgt die so gewonnenen
Sätze dann auch auf allgemeine Zahlen — ein Vorgang, der wohl keinen
„Beweis", f^ontiern nur eine Krläuterung darstellt, der aber mit Hinsicht
auf die BeRÜmmung des Buches gebilligt werden kann. Auffallend iHt es.
<la>- der l't'i,'ritr ^^'ieichnaniige Zahlen" vermieden und die Addition und
fcubtraction solcher Zahlen durch „Absondern des gemeinsamen Ftvciors''
erklärt wird. Da doch dem Schüler diis Rechnen mit benannten Zahlen
(*. B. 5 fl. + 7 fl. — 8 fl. oder 8 w -\- Um — \) m etc ) gellm! - <ein
muss. so wäre es einfacher, sinngettiäPtn und vor allem der «[illt" it-n Dm. Vi-
führung Ssolcher Rechnungen eutaprechender, wenn man von vorneherem
die Hegel fHr die Addition und i^ubtraction gleichnamiger Zahlen in der
üblicl:t'ii Fnrni riiif>t'"'|]tr'.
Der .Ausdruck „Kl. gem. Dividend" scheint uhr dus Wesen der
Sache weniger scharf zu bezeichnen als die Bezeichnung „Kl. gem. Viel-
faches", für welche er gewählt ist.
Bei der Mnltiidic ation und Division der Hrurli«' wird ztierr-t die be-
treffende Uperaiiou zwischen zwei Brüchen, dann erst (als besonderer
Fall) zwischen einem Bruche und einer ganzen Zahl behandelt — ein Vor«
■A'.w^'j:. der gerade mit der in diesem Buche zutage tretenden Systematik
nicht übereinxtinunt.
In den eisten Capiteln der „Gleichungen" tritt eine zu weit gehende
Zergliederung des Stoffes auf, z. B.: 1. die l'nbekannte ist .Summand einer
Summe; ti. (lie Unbekannte ist Minuend einer Di tf- if 11/ ; •? <!!.> Unbr^kannte
ist Subtrahend einer Differenz u.a. f. Die fiir jeden solchen Fall zusannnen-
gestFllten Beispielgruppen leiden infolge dessen an su großer Gleich*
niäßigkeit. Die l'roportionen sind an die einfacheren Formen der
linearen Gleichungen angeschlossen, wofür sich manche gute Gründe vor-
bringen lassen.
Aus den Gleichungen mit 3 Unbekannten hat der Verfftsier die ver-
fehlten Üeispiele .'J. 4, II und 'J4 der ersten .\uflage ausgemerzt.
In den» Capitel „Logarithmen" werden die Hauptsätze eigentlich
zweimal nach einander entwickelt: zuerst fdr Brigg r<che. dann iftr be-
liebitre I-ogarithmen. Da auf letztere berechtigterweisM ohn«dnn nicht
näher eingegangen wird, so wäre »^s vortheilhafter, den § M mit den vor-
hergehenden Paragraphen zusauiaienzu/.ielu-n.
Alles in all- m ijenommen, dürfte sich diis Buch an solchen Lehr-
anstalten, nach deren Lehrplänen es eingerichtet ist, als ein sehr brauch-
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348
Literarische RuntLschau.
barer Uiiterri«ht«belie)f ffir Lehrer und Sehfller erweisen. Et bietet aber
auch Lehrern nmlerei An.-ta!teu insbesondere in den >()i.'en;inntt'ii Text-
unffjfaben ein interensante«« und vielseitige« Übungsmatenai und kann da-
her auch in dieser Richtung ciupfohlen werden. Die äußere Ausstattuiig
des Bliche« ist vonQglich, der Preis (1 M. 6d Pf.) ein niedriger. — a— .
Abhandlung-en zur Oesundheitslehre der Seele und der Nerven.
1. Arbeit und Wille, ein Capite) klinischer Fsvchoiogie zur Grund-
legung der Psychohygiene von ür. E. Hallervorden, Privatdocent in
Königsberg. Heft 1. Wiirzburg, A. Stuber« Verlag (C. Kabitzsch), 1896.
Im ^Pro'iM'ot" f;n;>t ib-r Vprta«'pr: .Dif' I^ropchüre .Arbfit und Willf*.
als erster einer Reihe noch folgender Aulsätze des Verfa«8ers, gilt der von
ihm auf klinische Psychologie, ulso auf Seelenlehre nach dem
Leben und für das Leben, zu begründenden Seelengo. Wundheit s-
lehre. Psychnh ygiene. Die seit vielen .TihrPii vorbereitete Disciplin
verspricht einen ebent^o tiefgreifenden Ijnflu&i» auf alle Gebiete des Men-
schenlebens« wie xio und weil sie boi universalster Auffassung, auf den
Forderungen der Sittlichkeit ful"« ml. (bis Stihlium an» (iclnhrtenstuben ins
Leben zurückführt ... In der ersten Broschüre ^ibt der Verfa«ier eine
Einleitung, respective Vorstufe fßr die Püychohygiene. femer eine über-
sieht im allgemeinen, er zeigt dem Arzte, wie gerade dieser sich zum
Hyrricnikor der Seele auszubilden haV>e. zoi^jt die moralische Basis und bietet
ein ri('grdninj. Arbeit und Wille sind li.uin moralisch wie psychologisch
die Angelpunkte der langentbebrten A\'is^i ii<Lhaft . .
Der Verfasser knüpft an Kräpelin (dem «las Heft anrli gewidmet i^^t)
an, glaubt aber ^behaupten zu dürfen, eu werde erst mit dieser Arbeit und
Ton mir die Psychologie end^ütig au« den Hörsälen der Philosophen, wie
au-) den Laboratorien der Phy^io!ot:fn hervorgeholt und auf ein freies
Gebiet, d. h. i-fbon geführt, auf welchem dor Arzt. d. h. der Psychiater
sie allen Fakultäten und psycbologi-schen Berufen am lebenden normalen
Uenschen demonstrieren und al^o wirklich zur einheitlichen Nntsan Wen-
dung fürs Leben hel l ichten kann . j. t/t 1<» nnr n wir nur metapbysi.sche
oder theorettttche oder Laboratorium^p^ychologie, Gattungspsychologie« kurz
Psychologie der Seele. Eine Psychologie des lebenden Menschen haben wir
nicht...* Trot« diest^r Erklärung verlangt der Verfa.sser: wird genaue
Anfiinnfsp inclusive Erblichkeit. kör])er!i( iit r Znstand. Stiitns de« Koi'lVs. des
Merveiisy>teu)s, der Psyche [aho dociilj nacii allen Kichtungen aufgenom-
men . «Selbstverbtandlich oind erkenntnistheoretisehe. psychologische
nn<] indix iilui-llo Grenzen der Forschung dabei gOMUi lrrt hervorzuhf Hen,
— Wir haben als (bixi nsiand theoretische und angewandte P.xycbologie
Tereinigt vor uns, vereiuigt im und durch das Individuum, den einzelnen
tranzen .Menschen und seine Seele [also doch!] nach allen Besonder-
heiten ..."
„Die ungewandte Psychologie ist nicht nur Wissenschaft, sondern auch
Kunst. Chirurgen, innere .VIediciner können, Psychiater (Pädagogen. Seel-
sorger u. f.) müssen od«'r sollten Künstler sein . . Diese Begabnnü:. der
musikalischen sehr analog, braucht selbstverständlich nicht die hohen J^tufen
der Künstlersohaft, etwa eines (iuddon, Pestalozzi u. 8. f. zu erreichen, muss
aber .selbst in niederen Gniden die gleiche präcise Gewähr bieten, wie das
mii^ik.tl iM ]i.< niii Als Irrenarzt oi kf iint n»an früh die zienilieli st hrnffe
Kl litt /wischen zwei Clatusen von .Menschen, den psychologisch beiehrbaren
nn i ]> ychologisch unbelehrbaren . . „Die Erfahrung zeigt, dass in der
Begebung der jxychologische Hlick häufig durchaus getrennt ist von dem
jjsyobologiseben Takt, die psychologische Heurtheilung von der psychologi-
sclien Einwirkung. .Meui-chen, welche niemals das geringste Beurtiieilungs-
vern)ögen erlangen, besitzen dennoch bisweilen die (»abe, taktvoll und
berzlif li .ir.f Kranke, auf leidgetr< ifVeiw C^r-uinle, auf .schwer lenki-are Kinder
etc. einzuwirken. Umgekehrt ermangeln gute psychologische Beurtheiler
dieses Taktes oft und lernen ihn niemals ..."
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Literariache Bundachan.
34D
„Die klinische Pi^ycholo^^ie is-t eifj^entlich itnmer (li<^ Psychalnrr;.* von
zwei Personen . . ." (S. 14.) Es ist .in die p^ychologi-^cho Eiir.viiUung .ils
Arzt, Richter, Lehrer u. f. immer tlie pmze PerRönlichkeit des Wirkenden
t'inzu-f»tzi»n . . fS. \') \ I)ie><p- persünlu-he Verhiiltni-s .(h-fiokt <ich in vi**l<Tlfi
Formen aus, welche dem irremu-zte [nur diesem VJ geliiulig sind. Z. B, ge-
visse Lehrer yerm5j?en mit gewiwen, sogar begaben Schülern nichts an-
zufangen, welche doch bei anderen Lehrern desaelben Faches spielend vor-
wärts kommen ..." (S. 10.) — ~
Soviel /ur Charakterisierung dea Standpunkte*«, auf welchem der Vei-
fii.sser steht, und von welchem aus er nicht nur in die Entwicklnn^ der
Wissenschaft einziij,n('ifon. r^ondorn sie n.-tt zu schatten hoft'f. .\n8ilt7<"' zur
Kinl«t.sun>r des Versprechens werden gemacht in 30 Thesen 35— 3^). Eier
einige von ihnen:
„1. Diejenige Thiitigkeit, welche der persönlichen Anlagen- und In-
tere.ssenrichtung entspricht, ist bjgienisch als Beruf der Person erforderlich.
(S. 35.)
.2. Diese Th&tigkeit gewährt zwei Stufen von Lust:
„rt) die sinnliche, dt'> I'etliärio'nnr^-^i^t'fnhls.
die höhere, nach geistiger Keitung, des ertiiüten Pflicbtgefüliiea, der
Arbeit, die zugleich frei gewählt sein mus8.
«8. Die Tb&tigkeit, wenn sie ans freier W'ahl. also der Anlagen- nnd
IntorpH^»>nnchtung gemäß, herrorgeht, entspringt aus Lust, aus fiethätignngs»
lust und aus dem Triebe dazu-
.4. Arbeit, wenn sie dem Individuum an^^epasst, d. h. frei gewählt
wird, ist also ursprüngliche Lu.st. Deuientgo^'on wirkt Arbeit aus äul.>erem
oder Selhstzwang. sclb.st au.s moralischem Zwang allein hervorgehend, dann
ersclu'ipfend, wenn sie nicht individuellem Trieb ents))richt-
„5. Immerhin ist Pflichtgefühl auch bei solcher .Arbeit bisweilen ein
Erleir htprung!»mittel. Der ^-ittlirlie Will.^ also, aber auch anderweitig unter-
stützende, selbst un.sittliche Motive gewähren Erleichterung für den Wiilen
und bei der Aosfiihrung.
»13. Das Hecht auf Arbeit mns-s man, wenn man e.s überhaupt gelten
lius.st. übersetzen in das Recht auf dir- josiinrlheitsniäßige Arbeit, d. n. da«
Recht auf die durch individuelle Aniagou gebotene Arbeit; diese erhöht
zugleich in ihrer Summe das Votkscapita) um unglaubliche Schätze direct.**
Mag der T.' -or an fli^^^fn Beispielen sf'lb-t pn* scheiden, inwieweit sie
Neues uus.<agen . und inwieweit da^ Neu« auf Kechnung epeciell irren-
ärztlicher Forschung kommt. In die bekannte specififich physiologische
Vorstellungs- und Au.stlrucksweise gefasst sind verhältniK«nU.Mg wenige der
30 Thesen; z. H. 26: „Nach der Sen.sitivitiitstheorie, weich»- alle gei.^tigt'n
Vorgänge auf Empfindung intercentraler EnergieübtTtragungcn zurückführt,
empfinden w i i- (Sen Energieabfluvs aus den .-ogenanntcn motorischen Zellen
'I i' Hiriiiiii'! - (iiii' li M'i)~itiv.» Si'itenwege als Willkür oder Wille, eine
suecitiijcbe Euiptindung . . . Der Theorie nach muäs auch alle nicht motorische
Willkür, %. B. Nachdenken, mit EnerKieabflnss aus den motorischen Rinden-
zellen, entsprechend der sensitiven Empfindung, physiologisch verbunden
sein; muss aus motorischen Centren Energie in sensorische uml bcnsii)le
Rindenzellen unterstützend, reizend, hemmend, direct oder indirect al>-
strömen." — 27. «Die (ültigkeit des Mayerschcn Ges< tzes \ on Erhaltnng der
Kraft auf seelische und gemischte, -(^-lisch-körperliche \'ori,'iinir(^ y.w )>rin-
cipieller Verallgemeinerung zu bringen, ist nur auf Urund und unter
Voraussetzung der Sensitivitätstheorie möglich: beide fordern einander als
nothwendig in ihrer Anwendung auf Gehirn oder .'^eele . .
Einijre der letzten Eormulierungon berühren sidi mir (l,»ui Probleme
der Begriffe ^.psychische Arbeit" uml „psychische Eacrgie". Doch
konnte Referent nicht Knden, diuss diese Probleme nach der psychologischen
Seite h:n diu-. ]! il.i- vorliegende Heft schon eine Woit- t 1 üdiing - i fahren
haben. Indes sagte der Verfasser selb.^ät; „Details in den folgenden Ab-
handlungen!" (S. 39.) wird also nach der theoretischen Seite hin ganz
von den folgenden Heften abhängen, ob und wie viel Wert dem vorliegenden
Programme zuzusprechen ist. Nach der praktischen Seite fugt der Ver-
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Liteturuche Kandschau.
fasser boi: „Wie d^m auch rei, was die Theorie betrifft: therapeutisch schien
mir Ermüdung Huiu- /u erfordern; daher haiie ich seit Jahren derartigen
Patienten ruhige, last platte Kiickenla^'e. die, wie man annimmt, dfni
Miukelüyätem die meiste Kuhe schatt't» für 5 — 10 Alinuten und zwar mit
geirti^r Ruhe, höchstens bei heiterer Unterhaltung, ca. Ö-~1S mal w&hrend
der Ar'>t':T-/<'it eines Taije< wledciholt . verordnet. T^:*^ wcniiri-ii. welche
dieber Verordnung nachkanit n, haben mir stet« Dank dalür gewusst; indes
von zehn Patienten betoigtc es einer. Und seit Jahren halt« ich diese
llflaßnahme fllr ein psychofaygienisc-hes Erfordernis, um Schlimmerem vor«
ziibt^ui^en . . .* „Schon vor mehr als 100 Jalnon hat Kant das Sj)a7ipren-
gehen nur iTnter der Bedingung aU Erfrischung bezeichnet, da.sä es nicht
wider Willen, nicht ohne die dem Subject angemessene geistige Erholung
unternommen würdr-: doiin olnie geislige AMriAuiiiX l)lrilit t>iiie \>]olu' Mu>-
kelanstrengung. eine öteigerung der schon voriiandenen Ermüdung." (S. 40.)
Dass hier zum Schlüsse der Verfasser doch wieder einen Philosoplien citiert,
mag dem Nicht-l'ljy>i'>Iogen Muth zur Vermuthung machen, mau könne
für die Hygiene der Arln'it und <]<■- WillfiiN Sinn. Yei->täiidn:s und Takt
haben, uucli ohne moderner Psychiater zu sein. Keferent muäs gerade vom
Standpankte dieser SSeitschrift betonen, dass z. B. der Lehrer als solcher
in seinei .pädagogischen Klinik", nämlich dem Schulzimmer, nicht erst in
dem Krankensaale des Irrenhausp^. genug <Tclog<^nheit hat, mit Wahrheiten
wie die folgenden vertraut zu ^ein: ^Ihv Einiüdbarke)t z. Ii. ist bei der
einen Ver.suchsanordnung gro(.>, bei der anderen gering. Rechnung»iiufgabent
Worte lernen u s. f. ^siud nicht geeignete Methoden, um !jplb*t in bf-den-
tendeu und vielüeitigen Heihen von Ergebnisiien a) psychologiäch einen
Schlnss auf allgemeine .geistige* Ermfldbarkett tazolassen, denn eine Seele
umfaü.st zu groGe Gebiete, deren charakteristische Seiten bequemer die
Klinik, diw Leben bloßlegt, h) pj^ychohygienist h i^ine Basi« für Vorschriften
zu Schäften, die klinisch nicht scnon geschatt'en wäre oder geschaft'en werden
könnte. Ermüdbarkeit ohne einschränkenden Zusatz ist normal überhaupt
keine Einheit, nur in annrmalnn oder in Krankin-itsrillf^n Freiiich findet
man bt>i einem so vorsichtigen und uachdenkuchen Experimentator wie
Krä|)elin die Variabilit&t nicnt nur beachtet, sondern sogar die Variations-
breite ausdrücklich als Untersuchungsgegenstand. Aber nicht findet man
das Nächstli^'gf'nde, wa« Klinik lolirt: dass Ditien^nzen nach der Begabungs-
richtung und interessenriclitung auch bitferenzeu der Ermüdung in gleicher
Richtung mit sich führen . .
Sollte wpnn dit'ser Vorwurf schon g'^gen dr-n vom Vi ifajiser ver-
ehrten Kräpeim berechtigt ist, heute noch Lehrer geben, denen .Be-
gabungsrichtung, Interessenrichtung'' ihrer SchOler überhaupt entgehen
können? Für d- n Referenten bleibt es also vorläufig auch angesichts des
wohl'jpm'''int('ii Pioiframmes — bis die atigok find igten späteren Heft-- der
jungen ZeiUcLritt uder Heibe von Aufsätzen ihn eines Bes«eren belehren
— bei dem au der Spitze des vorliegenden Jahrganges der ^.Mittelschnle"
dargf b .rtcn Verhaltnisse pädagogischer Psychologie und pädagogischer
Nervenphysiologie.
Wien. A. Hö/'ler.
HansHartl: 1. AufgabensammlungT aus der Arithmetik und Al-
g^ebra. P'ür den Untirri< htsgebrauch und für das Selbststudium. UBvpaig
und w;-n t^^'S, i)..,,fi,.ko VvU (.r.'bunden 1 fl. SO kr.
Retiiitinergfcbiusse der Autgaben. Ebendaselbst. Preis unge-
bunden 1 fl. 20 kr.
Die vorliegende Aufgabenj^auimlung — mit dem hohen Ministeriftl*
Erla«*«»' vom 28. April ISf'S. 7. 9b^0, zum Unterrichtsgebrauche an Mittel-
schulen mit deutiicher Liilerrichtüsprache allgemein zugelassen — ist ent-
standen durch eine gänzliche Umarbeitung und Nengestaltnng der von
demselben Verfa>-er im .Tahre 1S!*4 für den liebrauch an höheren Gewerbe-
schulen und für doä Selbststudium herausgegebenen Aufgabensammlung
ans der Arithmetik und Algebra. Sie ist in ihrem neuen Gewände sowohl
4
J
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Literarische itandachau.
351
lieuj inliiiite als der Methode nach den» Lehiplane filr den Uatciriuht in
iler Arithmetik und Al>(ebra an Mittelschulen vollständig angepasst und
hrinjit d<"Ti f'lainr's-t li!" in tief Anordiinii^'. da->< »ie den p&dagOf^cii-didakti'
sehen Antordcruugen der iui^tructionen enu^pricht.
Die Sftiuinlun^ enthält gegen 6000 Beispiele nnd Anff^ben; in der
TPbat aber ist ihre Z.ihl weit gröüer, da nicht selten unter einem Numero
mehrere Zahienbeispiele beisammen stehen. Sie biet*?t somit Wwer Hoich-
haltigkeit wegen dem strj'bsamen Schüler Gelegenheit, seinen Fleib la
bethätigen. den Lehrer aber setzt sie in den Stand, längere Zeit mit dem
übun^'^^t^n"' zu weelisrlii Den nn ist.n Ai>-(linitteu gehen auf (Mnen
üyäteinatisciien Aufbau der Begritfe, Formeln und Lebriiätze der Arithiuetik
und Algebm abzielende themretiache Pituren Torntis, die wissenscfaaftlicheu
wie djiiaktiwdieil Prinoipien in gleicher Weise Rechnung tragen, doch i>t
den Aiitlr.iben w*>it mfhv Kaum gesi>endet ilifs^'n thr'Oit'ti-clicn Fraijen.
Die Formeln sind den Aufgabcngr Uppen, an denen sie zur Anwendung
f^elangen. in fetten Lettern vorangesetzt. Die Aufgaben — durchaus me-
thodisch g<*ordnet — sind derart, dass bei ihrer Lösung nicht iill/.n große
Zahlen ?orkouimen, und dass sie möglichst einfache Resultate ergeben.
Auch ist bei der Zusammenstellung der Aufgaben sorgsau» darauf geachtet,
dass der bereits behandelte Lehrstoff immer wieder herangezogen und der
Sch;i!<T «huUiri li yr^zwuniren werde, sich stots die rJeMiiniiithcit des Ge-
lernten gegenwärtig zu halten. Dieken iiesonderen Zweck verfolgen auch
die d«*n einzelnen Abschnitten als «Übungen' beigefRgten Wiedeniolongs-
aufgaben. Die nur durch Kunstgriffe lösbaren Gleichungen finden mit
Keeht weniger Berücksichtigung, als dies in anderen Aufgaben.sammlungen
der Fall ist. Auf guten Wortlaut der Aufgaben wird strenge gesehen.
Koch verdient ausdrücklich hervorgehoben tu werden, dass der Verfasser
sich ernsHii l; briunlit. interfHsjinte Daten aus anderen Wissenszweigen in
der Aufgabenstellung zu verwerten.
Ein besonderes Heft bringt die Reebenergebnisse aller Aufgaben. Die
gleiche .Sorgfalt, die der Verfasser der Aufgabensammlung selbst angedeihen
li<'b, hat er auch den Auflösungen zugewendet. Die Resultate, deren Ein-
farhheit dem Lehrer wie dem Schüler gleich willkommen .sein dürfte, er-
möglichen e«i dem Schüler, die Kichtigkeit der gefundenen Lösungen sofort
selb:?t zu prüfen. Gewährt ihm auch die Kenntnis der K--^ultate die wünsclu-ns-
werte Beruhigung über den Erfolg «einer Arbeit, so nimmt sie ihm bei
der Natur der vorgelegten Aufgaben die Denkarbeit doeh keineswegs ab.
Die Ausstattung des Buches i.«»t eine vorzügliche. Trotz der Häufung
von Formeln und Zahlen sind Druckfehler selten. Das tiefere Verständnis
einztdiu'r Aufgaben wird diuLh 19 in den Text gedruckte, sauber ausge-
fährre Figuren gefördert. Hinsichtlich der Orthographie und Abbreviatur
der Malüx-n^nnunirTi sind di^ tr^'^'^tzlirli'^n \'or-rlirift 'Mi bi-lolirf
Möge die treilliche Aufgabensammlung des rührigen Verfassers ailseit«
jene Beachtung und Aufnahme finden, die sie verdient!
Reichottberg. Prof. Gustav Effenbergs»
Wandkarte der Planigloben, bearbeitet von V. v. Haardt. Orohydro-
giaphisclie Ausgabe in acht Blatt mit zwei Nebenkarten: a) die Nord-
poiarländer, b) die Südpolarregionen. Wien. Gd. HölzeL
Die mit ^Toßer Sorgfalt. Klarheit und Überaichtlirhkeit ausgeführte
Karte dürfte namentlich df>njenigen Anstalten zu emptV'hlcn >»:'in. dif> den
Kozenn schen .Atlas in seiner Neubearbeitung eingeführt haben, da die Art
der Dar.stellung hier wie dort gleich ist. Die Höheustufen von Ober 800,
.M)!», *,*(>()() und ■\<>0(\r)i ~ind ihin h verschiedene Schattierungen von Hrmin
bezeichnet . Tietland in der üblichen Weise durch helleres, Depressionen
durch dunkleres Grün. Meerestiefen bt« 2(M>4fi durch helleres, größere durch
tieferes Blau. Die Zeichnung der ; irge ist in vereinf.u hter Si iiraffen-
manier gf halten, die wichtig.sttn l.i ln bungen sind nur durch die Höhen-
Ziihieu bezeichnet. Es hätte sich uelieicht emplohlen, wenigstens die An-
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Literarische Rand«chaa.
fanp^buohstaben der Bertrnamen beizuseti:»fn. Die politischen Grenzen sintl
durch rothe Linien. <ler Colonialbesitz durch Beidriick anirej^eben. Detail
i^t in ;r ; 1 . ii hcniit-ni M.if>o vnrhnndpn. ohne dir Karte (»(»♦'rfiilU warr»,
die Ai Wu der ubjecte sind durch den — durch we/< «charf und deutlich,
aufgeführten — l>rnck geschieden. Die Haoptkarte ist im mittlereii Maß-
stäbe 1 : '..^OJ 100 000 gphalt<»n. so dass sie einem Globus von (»37 cm Durch-
nies.ser entspricht Auf den Nebenkarten fin«len «ich die Hpisnrnuten einiger
der wichtij^steu Poiurexpeditionen j^owie An^^ben üoer die Kisverhältnisse
(Tundra. Oreoze de» Packeises und de« Treibeises, tnotlmiaßlicbe Grenze
des rericletscherten Landes n. s. w.).
Schulwandkarte von Palästina für den Unterricht in der bibli.schen
Oeachichte des alten und nenen Testamentes. Nach den neuen Pablt-
cationen des deutschen PalHstin i vri (>itie< und der englischnn Palästina-
Dresel 1 sc hat't bearbeitet von \ . v. Haardt. Wien. Ed. Holzel. Ausgabe
tür Mittelschulen und theolovrische Lehranstalten. Sechs Blatt. 1 : 200.000.
Die Karte ist eine sorgfältige Neubearbeitung der bekannten im
gleichen Verlage erschienenen PaliLstinakarte. "^ic weist in Hezuj auf die
technische Aii^ttihrung die gleichen Vorzii}:ro auf wie die oben besprochene
Planigloucnkui te. ist in der gleichen Muuiei" gt-hulteu und nach denselben
GrunilKitzen gearbeitet, selbstverständlich mit den -Xbwcichungen, die <ler
verschiedene MaLv^taV» i>cilint:t. Hl*' 'I'c i j aindar^tclIunLr durch .Scli;af!'cn i>f
plastisch, im einzelnen bei aller durch den Zweck als Wandkarte gebotenen
Derbheit der Ausführanff hinreichend genau, so dass man anch Reiserouten
entsprechend verfolgen kann. Der Hauptkaitc, die das Gebiet vom 31" —
aiV^fjO' n. B. und 05' ö. L. von Greenwich nmfasst. >ind zwei
Nebenkarten beigcg»'ben : a) Ethnographische Karte für die Zeit der Entste-
hung' Ics Königthum.s nebst einer Übersidit der Stämme Israels (1 : 1.000.000|,
h) .I'-rusili'in im Mar*>tal>f' 1 : 7*,'fi". r)ifscr U-tztcre Carton weist gfg'-nülH-'r
der früheren Aufla^je vielfache Ergänzungen und Verbesserungen auf, so
dass man nunmehr nichts Wichtiges vermiftteD dürfte, und erhöht so die
Brauchbarkeit der Karte.
Uölzels Wandbilder für den Anschauuni^s- und Sprachunterricht.
Blatt XU. Prag. Farbendruck nach dem Originalaquarell von Ludwig
Hans Fischer. 140. 93. Auf starketa Papier mit Ösen und SchntsroUe.
ti. H.~.
Das Bild ertiUlt zunächst die wichtigste Forderung, die man an ein
derartiges rnterrichtsmittel stellen muss: es bietet das Charakteristische
der Lage und l»aulichen Hesehatfenheit der Stadt. Dies wird schon durch
die glückli' lu' Wahl von Standort und Z»Mt «b , .Vufnahme bewirkt. Wir
befinden uns lu ilen i»päten Nachmittagsstunden eines sonnigen Herbsttage»
auf dem Abbange des Laurenziberges. Unmittelbar unter unserem Stand-
üite. der ziemlich nahe dem rechten Hände des Bildes zu denken i>f . er-
blicken wir die Häu.sergrupi)en der Prager Kleinseite, die SchüizeninseU
die .Moldau und ganz am Hantle, noch am linken Moldauufer, die erat«^
Häuser von J<michov. .lenseits der BrAcke dringt der Blick in die Kerdi-
nandsstrabe, .in deren Kok«* uns der imposante Bau de- i />'clii-cben Nalii'iial-
theaters ttuflallt. Weiterhin dehnt sich die Häuscrmasse der Prager Neu-
stadt ans, überragt von dem mächtigen, ku}^|)elgekr9nten Bau des bShmi-
echen .Museums, und darüber hinaus sieht man die Bau!ichkeit*?n in
Königliche Weinberge sich Id:^ zu dnn Höhen erstrecken . iHe das Bild im
Hintcignindc a(»schließen. Kechti vom Mandorte - dotli ich verfalle in
eine HeschreiViung und Erläuterung de« Bildes, und die hat ja Friedrich
Umlauft im lM'gieitend"n 'l'e^t'' in aneikennenswerter Wci-^o gegeben,
freilich nicht ohne Irrthüiuer in Einzelheiten. So existiert z. Ii, das
Aujezder Thor schon seit acht oder zehn Jahren nicht mehr, der Baudi"
garten liegt nicht auf dem Belvedere. sondern bedockt nur de.«en Nord-
aldiaiig und mit meiner Hauptmasse die n-'rdi'ch bis zur Moldau vorgelagerte
Niederung u. ä. — Genug daran, der .MoldauÜuss mit seiner chaiakteristi-
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Literarische Bundschau.
ä53
sehen Krümmung, seinen Brtlcken, — besonders schön tritt die Karlsbrücke
mit ihren Thörmen und FiV'iuen hervor — die Kirchen und Paläste der
Klcin«(^it(\ nbi*rr:iyt von dfiii mäditit;'^!! Ilradschin mit dem Vf'itsdnnip. die
grünen Hänge und die weite HochÜäcbe des Btjlvedere«, die nördlich und
nordfietlieh der Moldan gelegenen HöhenzOge, die Troja, Koblitz etc. tn^en,
der ZizkaberfT;^, kurz alle be/eichnemlen Eifrt'nthnmlichkeiten de« unver^leich-
iich schönen Stadtbildes sind trettlich wiedergn$;(;l)t'n. Als Gemälde be-
trachtet, erlreut Fischers Werk durch die Kun.st, mit der all die vielen
deutlich erkeiiiibar<m Gimelheiten, nicht Sttm mindesten infolge der fi^ünBiigcn
Beleuchtungsverhältnisse, zu einem stimmunffsvollen Gesaniuit^il l*' vereinigt
Rind. Die Ausführung seitens der Verlagshandlung entspncht bei aller
durch den Gegenstand nnd Zweck de« Bildes bedingten Derbheit der
Manier den du ich das Interesse auch an der ästhetischen Eiviehnng der
Jagend gebotenen Rücksichten.
Gindelys Lehrbuch der allgemeinen Geschichte für die oberen
Classen der Gymnasien, bearbeitet von Dr. F. Mayer. 1. Bd.:
Das Alterthum. Mit 94 Abbildungen. Neunte verbesserte Anfhige.
1 Ü. •,>5 kr. (1 fl. 50 kr. geb.). Wien 1896.
Bei einem Schnlbuchf, das in neunter Auflage or«eheint, ist eine
au-sführliche Kritik Fieunduu und Gegnern gegenüber gleich i'diprflüssig,
und der Berichterstatter wird sich darauf be.>>chrrinken dilrten, die 'Hiiitif,''keit
des 1 bornrboif (TS im iilli^fciiicinen knr?. zu charakti^ri^irrrn und sein l.'ctheil
durch Anlührung einiger wichtigerer Änderungen zu begründen. i>ie gründ-
liche Sachkenntnis und Oevissenhaftigkeit Mayers ist auch dieser Neu-
bearbeitung des Gind»'ly'scii» ii Lehrbuches zugute gekomraen. Alte Irr-
thüuior wurden beseitigt, die Krp^ebni^sp neuerer Forf'f hiin^'en geziemend
berücksichtigt, die Darstellung stellenweise gekürzt und durch größere und
geringere Änderungen in der Anordnung des Stoffes und in sprachlicher
Beziehnnj,"- verbessort. Zunächst sind die Kartpn wnf»<»ebliebpn. und der Um-
fang deh Buches erscheint schon äußerlich ein wenig, vermindert (313 S.
geiren 3-.'3), was zumtheil auf bloß typographische Änderungen snrüdi-
zuführen ist, durch die das Buch übrigens auch sonst zu seinem Vortheile
ninijf'stultet worden ist. Dif» Bilderauswahl ist im ganz^'n die fjleielio ge-
büeufu, docli wurde uunierhin die zu kleine Iflfeconstruction der Akropolis
von Athen durch ein Vollbild ersetzt, ebenso die Olympias. Die Stelle der
SfaTne <les .Ttippiter Verospi nimmt ein großes Bild des Kopfes oin. die der
gegenwärtigen Ansicht des Forun« Traiuni eine Keconstruction , vom Co-
losiseum wurde eine andere Ansicht gewühlt, anderes verkleinert (ji-^'eben.
Der Lehrtext zeigt an zahlreichen »stellen die bes.sernde Hand. 8o bringt
gleich der Anfang,' eine Tfiersicht der prähistorischr'n Zeit, die Definition
der Geschichte ist berichtigt, die Stellung der Ka-s-sen (noch die allerdings
bequeme Blumenbach'sche Theorie!) kurs gekennzeichnet. In der ägypti-
schen Geschiehte sind die Zeitani^iiben n.ieh I>nncker diiirh die nardi Meyers
G. d. A. ersetzt, bei der Darstellung der religiösen V erhültnisse die falsche
Lehre TOm ursprünglichen .Monothetsmus heaeiti^ und auch anderes richtig-
gestellt. In gleicher Weise sind hei der Geschichte der übrigen orientali
sehen Völker Berirhtif?ungpn vorgenommen worden: einzelnes ist geschickt
gekürzt, 2G der alten Aut lage, »Die ältesten Bewohner", hat als § 25 unter
der Überschrift „Die ältesten Bewohner. Die troiemis^e und mykent9che
Ci'fhirepoche'^ die nollnvendiLre Lri iindlii lio, die Ergebni.«K'' der .•\\i-;,nabtin;:en
verwertende Umarbeitung gefunden; in ^ 1*7., (ift»») »Stiuiten der mythi-
schen (mykenischen) Zeit" ist die Anordnung; geändert, der troische Sagen-
kreis eingefügt worden. 2b und sind in *J7., unter dem Titel ^Die
Waiiib?rungen der einzelnen Stämme und ihre Folgen" zusammen ^■e7nLrnn.
die alterte Geschichte Spartas ist gründlich in modernem Sinne U- B. liykurg!)
umgestaltet worden. Für die älteste attische Geschichte wurde des Aristo-
tel» s \\ iVT//'<:<t»v Tkf/t.'.zv.u. herangezogen, Klei.sthenes' Verhältnis zu Delphi
und Sparta deutlicher charakterisiert. Die Bezeichnung mykoni^-che /«»it
f wird freilicn nicht conse4uent beibehalten (S. 7b: PeUisgerzeitj. Bei der
„ÖBt«rr. Mitcelmbule". XII. Jahr«. 23
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354
Literarische Runducliau.
Dantellung des Theaterbauea konnten die D0rpfeld*9cben Untersuchungen
noch nicht vcrwoitot werden. Unter den Ursachen des pelojwnnesischen
Kripj^cs vennis,s<' ich auch in der Neubearheitnno' den Hinweis auf die
ökonomischen Verhältnisse, die Handelsrivstlitüt, die die Korinther ver-
anlasste. Sparta zum Kriege zu drängen; gebessert ist dieser Abschnitt
durcli Streichung leerer Wf»itc. An sonstigen Neuerunfren mJ^clite ich im
Bereiche der griechischen Geschichte noch hervorheben: die bessere und
klarere Encfthlung des Zuges der Zehntausend und d«r Kämpfe iwischen
Sparta und Theben, die Erwähnung der Flottenriistung im böotischen nnd
korinthischen Kriege und in § 60 des Pythens von Massilia. Ungern ver-
misse ich die 8. gebotene Erwähnung des Unterganges der zur Unter-
stützung dos Iniiros ausgesandten Flotte, und zwar wegen der Analogie
mit der sicilischen Expedition. An § f-O., (Sc hlc ht von Mantineia) schließt
sich die Darstellung der Leistungen der Griechen in Kunst und Wissen-
schaft seit dem Ende des 5. Jahrhunderts, vfthrend § 528 «der Bundes-
genossen und der heilige Krieg* in 9 besser in die Geschichte Philipps II.
eingefügt ist.
Auch die Bchumilung der römischen Geschichte lässt fast Seite für
Seite die sorgfUltige Nacharbeit Mayere erkennen. Mit Redit hat der Be-
arbeiter Conjecturalpolitik und Conjeetnralstratejii'' r.r^ t ;i nsohlicß.'inh'i-
Kritik aus dem Schulbuche verwiesen, so die Erörterung, ob üannibal nicht
Eur See hfttte in Italien einfallen «ollen. Das wird wohl ein Uannibal
besser verstanden haben aU ein Schulmeister des 19. Jahrhunderts. Ähnlich
ist die Erörterung dessen, w;i< Cäsar vielleicht geleistet hiltte. wenn er
nicht ermordet worden wäre, durch eine ausführliche iiehandlung seiner
wirklichen Th&tigkeit ersetzt und die yerfeUte Beartheilung der BrnOhnng
der Senatnrcir/.ahl <;etil;rt. Beseitifijt ist die .schul meisteriitle Kritik der
Kriegsfuhruug des Brutus und C:usäius, gekürzt die der Princip;its\ erfassung.
— Bei der Besprechung der Servianischen Verfassung^ ist in der Anmerkung
fiiiiges Nöthipe über die römischen Währunfi^sverhältnisse gegeben, dagegen
die Liindhufenhypothcse fiilien gel'<iss»on. In der Geschichte des Jahres 5flö
wird dem Volke und seiner tftimmung der gebürende Antheil an der Kata-
strophe von CannA zugewiesen. Die Krie^ des Augustus nnd die StAdte-
grttndungen auf österreichischem Boden sind mit Rocht ausführlicher be-
bandelt und S. 177 die Bedeutung Aquilejas richtifjer gewürdigt als in 8.
Die Kürzungen (Krieg ^'tgen Autiochus, Politik Philipps III., Kriege in
Spanien, Verhältnisse Judäas snr Zeit des Pompeius, Kämpfe nach der
Thronentsagung Diocletians n. n. m.) sind zu bini<^'en Manche Unistili-
sierungen sind zugleich auch sachliche Verbesserungen, so, wenn ö: «als
ihm (Antonius) jedoch fillschlich die Nachricht fiberbracht wurde. Cleopatra
habe sich u. s. w." in 0 in der Form erscheint: ,als ihm jedoch Cleopatra
die Nachricht überbringen ließ ..." Da und dort ?ind die Änderungen
nicht ganz geglückt. Wenn es 8 von Julians des Apostaten Versuch, das
Heidenthura wiederzubeleben, heißt: ,ein Unternehmen, dessen Thorheit
der Verkommenheit des Ueidenthums gleichkam", so ist diese Wendung
.ja etwas geschmacklos; das dafür eingesetzte: „e. ü., das nicht gelingen
konnte,* ist aber su fhrblos, nnd die ürsache des Misslingens (sitüiche rait-
artung des Heidenthums, innere Kraft des Christenthums) hätte wohl an-
gegeben werden sollen S: „dann lockte er (Hannibar; das römische Herr
unter dem Consul Flammius in einen EngpathS aui See Tra^imenus und
schlug es bis zur Vernichtung** i.st sachgemäßer als 0: „dann verlockte er
den Consul Flaminius am See Trasimenus zu einer Schlacht" u. s. w. Denn
einmal am Trasimenus, konnte sich Flaminius dem Kampfe gar nicht mehr
entsiehen. Aus einer Reihe anderer Bedenken, die zum großen Theile 8
und 9 in gleicher Weise gelten, führe ich an: Zu einer verfehlten Beur-
theilung führt die Charakterisierung der Wirkung des Edictalrechtes der
Beamten durch diu Worte: „8o kehrte die Willkür der Beamten später
wieder zurück". „Sie (die Gensoren) vergaben die Stellen im Senate nnd
in der Kitter^chatt" führt direct zu einer falsoheu Vorstellung. fBes^ier:
stellten die Senatoren- und lÜtterlisten auf.; Die Wiedergabe des BegriHe^
capitis diminmiia durch: «Entti^nng der staatsbürgerlichen Rechte'' geht
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Liierariscbe Kund9cbaa.
355
va weit. § 116 itt der Begriff des Principiitet nnseiMii erklftrt (Vorstimm*
n-clit im Senate!' Sprachlich bedenklich ist el>endort: den Prlifedf!.
§ \2t fohlt (iie Erklärung, was das rtiniivohe Zehentland eigentlich war.
Die Vergittung des Germanicus auf Anstiften de« Tiberius erscheint noch
immer alü fireschichtlicbe Thatmche ; auch vermisse ich ein Wort über den
Ursprung i?f»r Majestätsprocesse. Der Tadel des Tacitus betreffs der Spiel-
und Trunksucht der Germanen ist durch die Worte: , Freude an der Ge-
nellig^keit' (8*»9) denn doch etwns za nitde wiedergef^eben.
In der chronologischen Ge«eh:chtstafel sind natürlich die schon bei
der Textbesprechnnf? erwähnten Änderungen folgerichtig bciltebiilten ; dem-
gemäß 8; 1104 Wanderung der Dotier = Ii ; 1(J(KJ Wanderungen griechischer
Stimme. 8; 850—775 Lykurg ist in 9 ebenso verschwunden wie die vOUii; «
v.'' rr]n-f>n Zahlen der römischen KTmigjigeschichte u. a. m. Hegen: Um
400 Antitophanes möchte ich einwenden, daaa die politisch bedeutsamen
Hauptwerke diese« Dichtem swiachen 490 und ilO fkllen. Die Erlftute*
Tungen zur Kun^t- und Culturgeschichte des Alterthums weisen die den
Änderungen des Huupttextes entsnrechenden Umgestaltungen auf. So kann '
denn die neunte Auflage mit liecbt als eine verbesserte bezeichnet werden
nnd sei allen bisherigen Freunden det Gindelj'achen Lehrbuches betten«
empfohlen.
Prag. Dr. Ludwig Singer.
Tke Criekei on the Mmrih von CKarte$ IHetoM« Für den Schal-
gebrauch herausgegeben von Prof. Dr. Hans Heim. Wien nnd Prag,
F. Temp^ky, 18*^8
Bereits im verÜoHsenen Jahre wurde von dem Unterzeichneten die
von demtelben Herausgeber besorgte Schulausgabe von iJickenJi' Chriitmat
Carol in günstigstem Sinne besprochen, und auch die obige Publication
wird ohne Zweifel von den FachcoUegen als eine willkommene ErKcheinung
begrübt werden. Kin^^eleitet wird üie mit einer knappen, aber das Wesent-
liche enthaltenden Biographie dei Dichters sowie mit Bemerkungen Ober
Ent=tehnn<r nnd Sprache des vorliegenden Weihnachtsmärchens, mit näheren
Angaben über die darin eingeflochtenen Hochzeitsbräuche, endlich mit dem
Hinweis auf den dieser Erzählung zugrunde gelegten Text, sowie Er-
wähnung einiger Qewfthnmänner, deren Blitthei hingen verwertet wurden.
Tnter den vorangeganjrenen Comnient-it'.ren wird besonders Hoppe genannt,
der leider zu trüb verstorbene Verlader des (in 2. Auflage fragmentarisch
erBchtenenen) engltschen Supplement- Lexikons. Wenn Hoppes Au<^be,
wie nicht anders zu erwarten, gediegen ist, so weist doch die von Heim
manche Verbesserungen und neue Erläuterungen auf. Allerdings berichtigt
Heim an einer Stelle 10, 13 Hoppe gegenüber etwas, was bei diesem sich
nicht tindet. , Johns Witz," heißt es am erwähnten Orte, „bezieht sich auf
die früher übliche Subtractior ! »rmel (nicht Addition, wie mW lfr>ppe
manche Herausjjeber meinen)." Jtlit Hoppe? Gewisa nicht. Vgl. A. Hoppe sehe
Ausgabe (Berlin, Langenscheidt, 1878) 7, 81. ..Die Phrase ist vom Sub-
triiliieren genommen. " In 27, 27 nimmt Dickens diis W<jrt bull-headed
wohl nicht als Synomym von clumsy, da er sonnt nicht looking hinzu-
gefügt hätte. Bei der Lbersetzung „plump" gienge übrigens dan iiieichnis
mit dem bull'head verloren. :?omit wäre zu übersetzen: stierkopfartig,
«tierköpfig aussehend. Wie bei comhirf (34, 15) auf die verschiedene
Accentuierung von vb. und sb. aufmerksam gemacht wurde, wäre daA
gleiche aaeh bei o<mv«r«e (89, 15) nicht nberflüssig gewesen. Für mocterofo
l3r>, :*2) als adj. und als vb. fand sich eine Analogie bei esHmate (39, 32)
als sb. und vh. Da.<?s die Bemerkung Heini.<< 40, 4, die Nohih'/y bilde einen
geschlossenen Stand, nicht zutritlt, erhellt aus tlhcotts Kn<?liitid i i.ondon, Chap-
man and Hall) p. 316 ff., woselbst es, an das Citat aus Macaulay anschließend
(Hist. of Engl. L 37. Taochnit/, Ed. i. auf p. 317 hei(.>t: llenc/t In ihh cnuntry
<ftere was never egtablished a barrier btiween the patrician and plebeian
MC^ioRjr of tk€ eommunity, such an iha^ uMdi gretc up and sUU in sonte
38*
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856
LiterarUche ßuncUchau.
meomre exitta on the Continent WHh Ihe exception of fhe peertt them'
sclrfif, trhose prir?'I(;/fs hehmg to them as hereditnrif ffijiafatont and
cmmciUora of ihe Crmrn, fhe secovd has ahrnys been in all subslantiaf
ihings on an equality irilh the first. And eoen an regctrd» metely
honarnry distinctions. the line whieh Mparates- them V.« sh'ght and
evanescent. liehceen the son of ihe ffounrjt*r fon of the gi'eafesi ditke in
the land and the son of a sucoessful iraäer no titular distinction tchat-
tver ig reeogtdted. In the fohah af the three kinffdam» there are only
Kij-fcfu or sevenfeen huudiwjl pt-rsuns, from fhe premifr peer to th( Ju-
nior haronet, v'ho orf^ in possession of hereditary dignities: white
atyroad, on the contrari/, ,/oreiffn connts and barofis" — to use a
familiär phraae — are numbered nai by hundred^^ but by hundredn
of Uwnsand.s.
In der Annicrkun|^ zu üiei*er Stelle führt Escott nach Angabe deA
irländiftclien Wappenkönig» ( UfHer Kittg-of'Arme) die Zahl d«r mit flber-
tragbareni Adelstitel veisehcnen P^r-wnen in GroGbritanniiMi uml Trl.\n«i
mit 1630 an. doch sind nach derselben Quelle etwa 2(M».ÜOO vorhanden,
die in dem continentalen Sinne des Wortes Adelijje würen. Es ist ferner
nieht einzu.sohen, warum es, wie Heim meint, nicht einen niederen Adel
in nn'änroni S'iniiP <»f'ben soll, da ja der Titel Sir mit dem Naohworto Haroivt
erblich ist und schon der persönliche Titel Sir aU Standeserhühung, wenig-
stem sicberlich in unserem Sinne, gilt, wie auch der Ansdrack tobetenighted
(f^gerittert* werden) beweist.
40, in just so many mfkhte ich stiitt mit «entsprechenrl viele" mit
„lauter" übersetzen, ganz analog dem französischen autant de vgl. la plume
aoec hl (/iicUe on ecrit et Innere du navire^ le fnsÜ du soldat aussi hien
que le bin in de Vtirlistr » f Ir risfjuu du sridpfeiir ftont aufntif d'objeis
fabfiqut» avec le fer. L>i«- Beistpiele, welche üoppe 34, 24 zu dieser Stelle
dtiert, uro seine Behauptung, es ließe sich so mtmy und so mn«h in
Vergleichen nicht übersetzen, sind nichts weniger als beweiskräftig, so
die Stell«; in Christmas Carol: Allei/s and archfrar/<f like so many cesspooh,
disgorged their offences of smell; übersetze: Gässchen und überwölbt»*
Thorwege strOmten, als waren sie lauter Senkgruben, ihre widerlichen
norrichf nus*. 1)( sfjIeiLluMi dii' andere Stelle: ihe criftp Irm-"^ of holly^
mistletoe^ and ivy refiecUd back the Ught as if so many iiltie mirror*
had been seatUfrn Uunre. Die frischen Bfütter von Stechpalme, Mistel und
Epheu warfen dos Licht zurück, als ob lauter kleine Spiegel dort verstreut
lagen. 41, 2H a four-pair front kann hior keinpswoir- mh> Voiderzimmer
im vierten Stocke bedeuten, wa^ aus dem g-anzen Zusauiiuonhanne und be-
sonders aus dem nebenstehenden Genitiv of a deeideredüe family monsiim
crhf'llt. KfMcnsent zweifelt übrigens sehr, ob ronm in solchen Fallon
wegbleiljen kann. Der Ausdruck Londoner «Oberbürgermeister'' ist irre-
führend, weil man daraus auf das Vorhandensein eines «weiten BOrger»
meisters schließen konnte ÜV^Tdies wäre dabei in Erinnerung zu bringen,
das» der I>ord Mayor nur Hilrgermeister der Londoner City und nicht des
ganzen Stadtgebietes von London ist (L«rrd Mayor of the City of Jj/ndon).
Dass die Orthographie honor statt konour, wie sa 49, 27 bemerkt wird,
immer ni«>hr in Kn<;lan(l inn>irh<^reife, hatBecensent aus GrseQgninen der
Praise nicht entnobmen können.
Schließlich noch ein Wort d«^^ Lobes fUr die schöne Ausstattung des
Buches, den fehlerfreien Teit und die das Verständnis fSrdemden lllu*
strationen.
Prag. Gustav Reiniger.
Otto Willniann; Geschichte des Idealismus, in dreiBänden, ilLBand:
Per Idealismus der Keuieit Brannschweig 1897. 8<». 961 $.
Auf die beiden ersten Bände des vorliegenden Werke« habe ich im
IX. .TahrqTinijp dio«or Zeitschritt S. 214 ff. und im XI. S. ViO ff. hingewiesen.
Nun liegt das ganze Werk abgeschlossen vor, und es möge mir gestattet
sein, auch von dem reichen Inhalte des letsten Bandes hier einiges mit*
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Liteiturisclie Kund^ichau.
357
zutheilc'it. um eiiii- Vorsstellun^' zu ^oben. was das Buch enthält, uml da-
dnreh anxuregen, es zu lesen odw vielmehr zu studieren, denn einfaches
Lfsen f^pniii^t da niiht. IiIh I hir-tdlunj^ ist freilich auch in dio^eni Bande
Hlles Lobes wert, der ungeheure 6to1i ist klar und übersichtlich diäponiert,
durch VenrdtQngen nach vor> und rOckwfirts, auch durch wteaerholte
Hervorhebang der wichtif^sten Gesichtspunkte. Zusainmenfassunsren der ge-
wonnenen Resultate, Vorblicke und Überblicke über prößcif» Gebiete ist
dem Verständnisse zuhilfe gekommen: alle Vorzüge, die ich au den ersten
Bftnden gerühmt habe, gelten auch hier, nber auch hier ist der ^UnfS auf
große Strecken a^-trnct und — wideinpriclit oft so sehr den hiui^obrachtcn
landläufigen Urlbeilon und Wertschätzungen der besprochenen Männer und
Meinungen und ZettstrSmungen . dtum ein Wiederieam und Benunen und
Nachprüfen fortgesetzt erforderlich Und das Buch will ein lotcheB Nach-
prüfen; eü will vorgefasste Meinungen und falsche, wenn auch weit yer-
breitete L'rtheile beseitigen und berichtigen.
Wer den Bnnd in die Hand nimmt, muM fentbalten, dam das Wort
Idealismus nicht in dem gewöhnlichen Sinne gebraucht ist, wie da«» schon
gleich zu Anfang des Werkes erklärt wurde. Idealismus bezeichnet ja
geradeKU Ehitgegengesetztes (S. ?ü9ff.), und dait ist ro gekommen, weil das
sugrunde liegende Wort Idee einen starhen Bedeutungswechsel durch-
gemacht hat. Bei Plato bezeichnet es die Wesenheit der Dinge, ist als
deren Vorbild gedacht; die großen (jcholastiker wenden das Wort zur Be-
seichnung der göttlichen G^anken an, aber auch im anbjectiv^-noenseh-
liehfn Sinne, indem auch beim Künstler von idea, ideare^ ideatum die
Uede ist: bei den Nominalisten bereitet sich die öubjectivierung dieser
Begrifi'e vor, und die neuere Zeit gebraucht dann irfca, »dec. Idee in der
Bedeutung von Vonitellung, und von da geht dann die Verwirrung im
Oebrfinch»^ der alten Tennini weiter. Bei W. ist an der ursprünglichen
Bedeutung festgehalten, idealistaus ist ^ene Denkricbtungi bei weicher
mittet« der idealen Principien: der Idee, des Maßeti, der Form, de» Zweckes,
des (tesetzes. das Vorliilltnis des Göttlichen zum Endlichen, de^ Seins zum
Erkennen, der natürlichen zur sittlichen Welt bestimmt wird" (S. :iOB).
I'ythagoras, I'lato. Aristoteles sind Vertreter dieses Idealismus im Alter-
thnme; die christliche Speculation hat diese Lehre aufgenommen und fort-
geführt: bezeichnen jene ijiofien Philosophen den Höhe]tunkt des Idealismus
in der Ueidenwelt, so Augustinus und die Uauptvertreter des scholastischen
Realismus, Thoniofl v. Aquin suhOehst, im christlichen Mittelalter. In der
Neuzeit müs^'en demnach als Vertreter iles Tdealismu« jene Denker be-
zeichnet werden, welche, an diese anschließend, das Erbe der antik-christ-
lichen, auf jene idealen IVincipien geb.iute Philosophie fortführen. Sollen
auch andere Gedankengebilde. die .sich von der philo-^ophi.^chen überliefe-
rnnjT entfV^men oder gar mit aller Tradition brechen, den.selben Namen
führen wie jene, dann kann nur die eine Kichtung den Flamen mit Kecht
ftihren und einem echten Idealismus muss ein unechter entgegengestellt
werden.
Im Lnnfe der Zeiten drän^ifte der unechte den echten in den Hinter-
grund, dann zeigten sieh nach der weitesten Abirrun«.' wieder Wendungen,
die zum echten xurückleiten. Damit i^t für die Gesehiehte des Idealismus
die Gliederung gerrebcn . wie sie die HauptHl>^chnitte ■! - vorliegenden
Bttcb^ bezeichnen, nämlich 1. die Vertreter des Idealismus tier Uenai«sance,
9. der unechte Idealismus (Deseartes. Leibniz. Sj^inoza, die englischen Philo»
sophen, die Führer der Aufklärung), 3. die Subjectivierung des Idealen
durch Kants Autonomismus. In diesem liegt ,der Gegenpol gegen den
Thomismus". Die folgenden Abschnitte beschäftigen sich mit der Wieder-
gewinnung der idealen Principien, xind zwar weist der 4. die Anfänge
dazu auf, die sich in den verschiedenen .Systemen nwd liichtuniien der
neueren Zeit zeigen; der 5. behandelt «das historische l'rincip als Weg-
weiser xuro echten Idealismus", der 6. ist ,.Die Erneuerung des Idealismus**
libencbrieben: er leitet mit Aussichten und Forderungen in die Zukunft
über. — Wenn der I. Band die Begründung und Ausbildung des idealismu*«
»childerte, der 11. die Uöhepankte in der Wrbindung der antiken mit den
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358
Literarische Rundschau.
christlichen Anschauungen aufwies, lehrt der III. Band, wie ^la-s Instorische
Vorstrmdnis für die £ntwicklang dieser Philosophie sich allmählich erachlow
und wirkte.
DafUr i«t gleich der erste Absciinitt von besonderem Inter'^^so. In clor
Geschichte der I'hilosopliie wird die Zeit vom letzten Viertel des X\r. bis
zum ersten Viertel des X Vi I. Jahrhunderts gewöhnlich als Übergangszeit,
die keioe bleibenden Leiitnngen beryorirebracht babe, abgethan. W. zeigt,
dass diese Periode auch für die Philosophie Leistungen von nachhaltiger
Wirkung aufweist nnd dass man dieser ganzen Zeit nicht gerecht wird,
wenn man nur mit intereiwc für die neologidchen KrÄcheiuungen heran-
tritt und die ..aeibstfindigen**. weil ihres Standpunkte» sicheren Vertreter
der phifm^ophin pfrfmnis nicht windiiit Das Andringen und Eindringen
antiker Elemente seit dem XV. Jahrhunderte äul>ert sich da in verschiedener
Richtung, tia findet eine Erneuerung pythagoreischer und platonischer
Anschauungen statt: Nikolaus v. Cusa ragt hier bedeutencf hervor; Mar-
silius ricinus, Johannes Pions u. a. Duhamel kann als Vertreter augus ti-
nischer DenkrichtUDg genauui werden, dem sieh dann viele anschlot^n:
der christliche Aristotelismus« dessen Kern der Thomismus bildet, wirkt
fort vom Mittehilter zur Neuzeit. Also die alten j^roßen Namen bezeichnen
uns wieder die verschiedenen Wege, die die Spcculation betritt, nur dass
jetzt auch historische Orientierung gesucht wird. ,,Da« Mittelalter hatte
eine historische Gesinnung, aber keine historische Bildung," nicht zuviel
Tradition, wie man gewöhnlich meint, sondern gerade zu wenig S' 14).
Die Denk- und Forschungsweise der Henaissance erneuert nicht bloß den
Idealifimus der Alten und der Kirchenväter« sie erf^nzt auch den Realinnus
der SchoIa-^tiVer. Gehen die Strtbnngen auch auseinander, indem man auf
verschiedenen W^egen die Wahrheit zu erreichen sucht, innerhalb des Kreises
der Vertreter des Idealismus herrscht doch ^die gemeinsame Überzeugung,
dass es dieselbe Wahrheit ist, die vor alters gesucht wurde, der nun mit
neuen Hilfsmitteln nachzus^inren ist; dif'^^'lbe zugleich, auf welche der
Glaube und die Vernunft. Theologie und Philosophie hingeordnet sind, und
dass der heraosgearbeitete Wahrheit§* und Weisheitsgehalt den Probierstein
fttr di*^ andrängenden neuen Erscheinungen zu bild' n habe" (^. IHK
Der Idealiiimus gibt denn auch den Maßstab tur die Bestimmung des
Werte» der speculativen Neubildungen der folgenden Zeit; Je n&ber sie ihm
blieben, umso jfftrderlicher sind sie der gesunden Speculation« je weiter sie nch
davon entfernen, umso mehr werden sie von den Zeit^trömnngen mitgerissen,
verarmen an Wahrheitsgehalt und kehren sich schlieblich gegen die
Wahrheit „.fenes Nahebleiben gilt von den hervorragendsten unter den
neueren V'pnkern, Desc.artes und r>eibniz, am meisten;* auch ihre Philo-
sophie ist S^nkretismu«. geht aus auf Bindung von Unvereinbarem, aber sie
halten fest an der Einheit der Wahrheit. Bei anderen Philosophen zeigt
sich der Irrthum von der doppelten Wahrheit im Widerspruche zwischen
Lehre und Leben oder ein völliges Hrerh<'n mit der antik-christlichen Tra-
dition und Verfallen in die dem Idealismus eutifegengesetzten Denkrichtungen,
den Nominalismus (in extremster Form bei mbbe») und Monismus (Spinoza).
Locke gibt das Forschen nach den Principien der Dinge ganz preis. ;inrf
die damit gegebene Verflachnng der Philosophie greift weiter um sich in
der Aufklärung und dem Naturalismus des XVllI. Jahrhundertn- Die ganze
Entwicklung oder Abwicklung dieser bpeculation ist begleitet vom Skep-
tici^mus, ein Beweis, dass sich das Gefühl der l'nsicherheit nicht unter-
drücken ließ. — Die einzelnen Hiebtungen werden eingehend besprochen;
der Kaum gestattet nicht, hier auch nar einiges näher aussufQhren, obschon
so vieles auch für „Nicht-Philosophen" so interessant ist. Beisjiielsweise
führe ich an die Aufhellung der Wechselwirkung zwischen Philosophie
und Mathematik und Astronomie S. 4.") ^. 90 Ö. Beslrebungen der Art,
wie sie im Dr. Faust verewigt sind, erscheinen als »verwilderter Plato-
niMuns" S. 91. Die Vernachlässigung d« r Fthik in der neueren Philosophie
führt zum Cultus des Staatsidols eineiäeit», zum radicalen Autonomismus
anderseits; «man muss gestehen, dass Socialismus und Anarchismus von
weither durch die Philosophie vorbereitet sind"; awenn irgendwo, so ver*
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Literarische Kunduchau.
359
räth sich die l uechtheit des Idealismus der Neuzeit an den monströsen
Consequenzen, zu denen er auf dem praktischen Gebiete geftShrt hat." S. 224.
S. 575 ff — Die 3charf:<te Verurthelhin^ erfährt SpinoJia (J? 06 . Naeli d*T
WiA unbedingten Bewunderung, die sein Sjätem im vorigen Jahrhunderte
gefunden hatte, baben Herbart. Trendelenbur^, Thomas, Überwe^j, Vol-
kelt u. a. den „bU^ndenden Schein einigermaßen sentreut": W. setzt diese
Kritik fort und dtckt vücksiclit>!o.s alle Schwächen und Vcrkehrtlu'itGn in
diei^em Denkgebiide aui. Bei bpmoza ^ist alles Mache, erzwungen, auf dcheiu
angelegt, unsolid" (S. 88i); was ihn^ca einer historischen OrSße hat herauf-
schrauben la^ssen, sind seine Angriffe auf die Reli^-ion" (S. 285); der Spinc-
zismus ^schneidet der Wissenschaft die ijehnen durch" ('S. 305), er ist auch
„der Tod aller Moral" (S. 308). ^Der Wissenschaft borgt er nur die Larve ub;
unter der mathematischen Methode verbirgt sich die Willkür, die von dem
tcndfn7.in>i(n « harakter seines Philosophicrens und seiner lückenhaften
Vorbildung herrührt" (S. 34ü). — Auch Kant erscheint im Uchte de*
echten Idealismus total anders, als man in den landlinfiffen Bachem zu
lesen gewohnt i>t. Diis Oesaninitmtlieil üljer ihn ist S. 527 ff. zusammen-
gefasst: , Kanin Gröüe besteht darin, dass er sich an die großen Probleme
wagte . . . Der Wert der Vernunftkritik besteht darin, dass sie ein Object
der Kritik ist, an dem diese mehr lernen kann, als an minder verfehlten
Formen des unechten Idealismusi Sie ist der apajron-ische Beweis für die
liicbiigkeit der idealen Welterkiärung: sie führt die Leugner der intelli-
giblen Principii n ad absurdum . . Bei den Nachfolgern Kants werden
seine Irrthüiuer tbeils gesteigert, theil> al-' Stamm zur Aufpfropfung anderer
Elemente verwendet. Seue und al>er ni'ue VerMUch»' werden unternommen,
jeder Philosoph glaubt endgilti;; der Speculation aulzuhelfen, und doch
ergeben sich nur ,.Pnvat8jstem ihrer Urheber"; was der eine baut, reißt
der andere ein, die Ermüduni; ist beider T nbn f>^. 530 ff.). Man nennt
die^eH überhitzte Treiben die Blütezeit der deut^^chen Philosophie. Die
Blfiten waren nur meitrb taub, kaum hie nnd da erschdnt ein Fracht'
ansut'., in dem sich in dem Streben, über Kant hinauszukommen, eine
Keaction frejjen sfine Trrthnmer geltend macht. Ansit/e zur Wiedfr-
gewmnuni^ idealer l'rincipien sich zeigen. Ist es auch abinnialsi ein unechter
Idealismus, so hat er doch die grr.l.^ten Verirrungen hinter sich (S. 534). —
Man siebt, liandelt sich in I i Geschichte des Idealismus nicht
um einfache Gruppierung und Darstellung dessen, was da war, der Mei-
nnngen und Systeme, die aufgestellt und der Menschheit Torgetragen
wurden. Es handelt sich überall um wahr und falsch, was verfehlt ist
und was recht gethan. Der Idealismus bietet den festen Grund zu solchem
Unternehmen, und er ^'ibt das Maß. — „Oft adelt er, was uns gemein
erschien. Und da>i (ieschatzte wird vor ihm zu nichts."
Wie er.schrinen da unsere Ciassiker? A\> Vertreter des Idealismus
müssen ja auch die Dichter eine Stelle in »einer Geschichte haben. \V. er-
örtert ihre Stellung und einstelne ihrer Werke an verschiedenen Stellen.
„Goethes ,Faust' ist die ausgereifte poetische Frucht des unechten Idealismus,
wie er .sich von so weither vorbereitet hatte" (S. 372): die Art und Weise,
wie Goethe Faust gerettet werden lässt, begründet dieses Uttheii. Aber
„der echte Dichter kann dem Unechten beirrender Zeitbestrebnngen nie
ganz verfallen" iS ß09). „Die Musen wurden die Bundesf^enoasen dt-r
edleren Geister gegen die verflachenden nn<l untergrabenden Zeitbestre-
bungen" (S, 608). Hamann hat den Zeitgeno?üen gegenüber so vielfach
richtig geurtheilt (S. 610 ff.. 614, 617 ff.); von ihm sind Herder und Goethe
angeregt: mischt sich auch ein rationalistisches Element ein, „in der Dürre
erfrischender Regen" (S. 61S). Goethe zeigt Verständnis Phttos: seine Idee
der Urpflanze , beruhte auf einer platoni^^chen Intuition" (S. 646 ö".). Goethe
b^ichnet auch „einen überraschenden Fortnchritt in Annäherung an die
aristotelische Denkweise". „Mehr ahnend als specnlativ denkend erobert
der Dichter das wieder, was die Philosophen verloren hatten" (S. 662—67.
Das Verhältnis Goethes zu Kant S iV22 ff.). Von Schiller les*'n wir S. (52.") ff.:
«Näher betrachtet i^^t die Abhängigkeit Schillers von Kant eine ziemlich
der Aufklärung wirken
Dichter doch wie ein
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aco
Literarische üundächau.
ji^mfre und sein geiunder Sinn machte sich von den Verkehrtheiten de«
Ki itici*Tmis .^nziisn^n'n in aller Stille los . . . Ohne dass er es beabsichti^'te.
nehmen die BestiiuinuD^en , die bei Kant einen subjectiven 6inn haben,
bei ihm einen objectiven an . . (S. 625). Le»iing4 Zurückgreifen auf
die Poetik und Ethik dm Aristoteltft wird bei der Darstellung der Er-
nf»neriing aristotelischer Anschauungen angeführt; freilich hh' n Lei'sing
unbekannt mit der Principieolehre des Aristoteles, wie seine buaderbare
Erkl&ranf; des „allgemeinen Charakters" beweist (S. 661). Es eingibt sich
da ein Beitra<; zur Krklilrung einer Stelle bei Lessing, und so will ich in
dem Zusammenhange die „Goethephilologen'' auf S. 787 ft". aufraerksan»
machen, wo die rühmliche schriftstellerische Thätigkeit Pleisings („Harzreise
im Winter") ausführlich «^cwürdiffk ist. — Leider hat W. seinem Werke
keinen Inlf^x, weder der i'ersonen noch der Suchen, beigegeben: di'! In-
haltsverzeichniK gibt bloÜ die Überschriften, nicht, wie bei der Uidaktik.
anch die genauere Gliederung der einseinen Paragraphen an.
Die trefflichen überklebten über dlo historischen Forschungen auf
verschiedenen Gebieten in unserem Jahrhunderte möchte ich znni Schhi«?e
noch hervorheben. Diese Forschungen setzten fort, was in der Zeit der
Renaissance begonnen wurde, sie fAhrten zur klaren Erkenntnis, diese
Krkenntni- führt zur Ernetiernnc^ dr>s eichten Idealismus. Die letzten Ab-
schnitte des buches legen dessen Wichtigkeit für Wissenschaft und Leben
dar: „Die idealen Principien als Lebensnerv der Wissenschaft" und „Die
idealen Principien uU sociale Bindegewaiten". Wie das 6. 734 angeführte
Zeu*;nis Ilioring^ ausdrücklich beweist, ist die idealistische Philo«;ophie viel
7.11 Wfni>,* bekannt. Gelingt es dem Buche W.s, in weitesten Kveisen Kin-
•lan;,' zu finden und wahrhaft aufklärentl zu wirken, dann ist damit der
Ideali-nius gelordert, mit der Frinr^chunf,' und Darstellung der Geschielite
desselben ist eine sociale Arbeit gethan — gewiss der schönste Erfolg, den
man dem Buche wOnscben kann.
Prag. Dr. IT. Toisdier,
P. Tn-r, i 1- i II . nii . 1 ! iles fie.il;^-', :i i im. -iunis K,.^ n i Ii--' : Vierstellige
logn^nthmische und gonioinetrische Tafein nebst den noUiigen
Hillbtatein. iiraunschweig, Vieweg u. Üoha, lÖOü. (72 S.) l'reis:
60 Pfennige.
Das vorliegende Büchlein enthJilt auf den ereten 19 Seiten vierstellig
die Mantissen der Bdgg'schen Logarithmen von 1 bis 10 0(K>; nrif den
beiden folgenden Seiten «ireistellig die Werte von sin und tg, beziehungs-
weii*e CO« und coig der Winkel von 0*^ bis 90*) von 20sn90' vorschreitend;
auf je zwei weiteren Seiten die vierstelligen Logarithmen von f(j, ro.?.
coiy der Winkel von 0"Ü' bis 0** 10' vorschreiteud von Secunde zu Secunde,
dieselben Zahlen fQr die Winkel von OO 10' bis O^^ 60' von 10 zu lO'' und die
Tonl'>0*0"bis lOGO' O" von 3C zu '60" vorschidtend ; die nächsten 3G Seiten
nehmen dip viei-stelli^en L-^ynrithmen der ^niometrisehen Functionen der
Winkel von bis 40*^ ein, voi-schreitend von Minute zu Minute.
An «Hilfstafeln" folgen hierauf: 1. eine Sterblichkeitstafel beginnend
mit lO.OOf) gleichzeitig Geborenen und bis zu *len lOOjährigeu reichend;
2. eine Tafel der Bogen des Einheitskreises für Lentriwinkel von Grad zu
Grad und für den ersten Grad von Minute zu Minute in vierstelligen
De( iiuaibnieli' I) : 3. eine vier.stellige Tafel der Quadrat- und Cubikiahlen,
der i^'u.iJmt- um) Cuhikwur/fln : 4. iMiie T;itVI der bis 10. Potenzen von
2 bis »i; 5. eine Tafei der Binomiaicoetticienten und Factoriellen bis 10 j
ti. Aui'sinsungsfactoren {2, 3, 8^/4, . . . 5^) mit ihren vierstelligen L<Hta-
rithmon Srhlief lii h folgen in vier kleinen Tafeln astronomische und ideo-
graphische Daten, in zwei Täfelchen einige Ge.^chtiindigkeiten und speci-
fische Gewichte und in awei»Mi die Zahl n und die häufigst gebrauchten
aliquoten Theile und Vielfachen davon, Potenzen und V^urzefn und den
dem Halbmesser gleichen Bogen in Gra<Ii-n, Minuten und Sfeunden.
Das Aufschi^en von Logarithmen gelingt mit möglichst wenig Neben-
rechnung sicher und leicht; die ichGne t^pcgi aithische Ausstattung macht
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Idterariscbe Eandacbao.
das Aufsiuchen von Logiirithiut n auch physisch nicht uDatreogend. Die Aus-
wahl der Hilfetiifelii ist für den Gebrauch des Werkehens «n der Mittel»
schale svreckm&ßig; Tielleicht bOtte noch eine fUr Verucherangsreelmimgai
beqneme TabeUe der Zahlen Q» -> ^ und — Q. + + + Q.» Auf-
nahme finden sollen.
Die Gcnaiii^kt it, wi N he mit vior.stelllgfn Lo^^^arithmen sich erreichen
VÄmt, ist wohl Hlr viele Angaben der iMittelschule hinreichend; ob aber
der geringe Mehranfwand an Arbeit, welchen die Rechnung mit f&nf*
atelligen Tafeln erfordert, aus GrQnden weiterer Verwendbarkeit einerteita,
nns didaktischen Gründen andor^oits; nicht doch in den Kauf genommen
zu werden verdient, möge hier dahitiff^tellt bleiben.
Wegen ihrer besonderen HandüchkeH und Übersichtlichkeit aber
werden die in Kede stehenden Tafeln wohl auch außerhalb der Schule
ihre i reunde finden.
Wien. Dr, Eduard Maifi,
Programm.
Prof. Dr. S. Oppenheim: Zur Lehf« TOn dw Centralbowegung In
el^entarer Darstellung. (Aus dem Programme des k. k. Staati-
Obergymnasiums in Aman 1897. 24 S )
Die Bedeutung der Kepler'selien Gesetze, sowie Newtons Leistung
bei Constatierung des Gravitation.sgesetses kann nicht erfosst werden, wenn
nicht auch der ganze mathematische Gedankengang geläufig geworden ist.
Der physikalische Unterricht soll aber gewis? nicht darauf verzichten, diese
epochalen wissenscbaftlicbon Ereignisse der Jugend vorzuführen, und bedarf
daher einer Methode der Darstellung des Oegemtavdes, welche dem geistigen
Niveau der Schill er ans^epasst i.st.
Das Gymnasium behandelt die Gravitationsmechanik in der VII. Ciasse.
in welcher auch die analytische Geometrie vorgenommen wird; die Real-
schule hat in der VI. Classe Mechanik, analytische Geometrie aber erst in
der VII. Classp. An Realschulfn ist somit ein*^ Entwicklung des Gravitations-
gesetzes aus den ivepler'schen Sätzen auf analytischem Wege ausgeschloss^en;
es kj(nttte erst — und das wftre allerdings sehr sweckmftßig — gelegent-
lich der Wiederholung in der Mathematik auch ein analytischer Weij »re-
zeigt werden. Im Gymnasium müsste alier zur Zeit, als die Physik bis zur
Gravitationslehre gediehen ist, die analytische Geometrie der Kegelschnitta-
Unien wenigstens im Ciange sein, was kaum durchi'ührliar scheint, so dass
in unserer Mittelschule^ fürs erste ein synthetisrher We<^ der A'tleitung des
Newton sehen Gesetzes aus den Kepler'«chen Gesetzen unvermeidlich er-
scheint.
Referent liat einen solchen seinerzeit') anffegeben und gezeigt, das>
sofjar die 'rrifjonoiuctrie, die an der Keaischule in der VI. Classe bej^innt
und oft nicht weit genug vorgenommen ist, wenn der Physiker die Centrai-
beweguttgen bespricht, für den in Rede stehenden Zweck entbehrlich ist.
Die vorliegende Abhandlung zeigt einen analytischen We^^, der sehr
hübsch uod als Übungsstolf im wiederholenden mathematischen Unter-
richte sehr SU empfehlen nt. Daas der Mathemataknnterricht den physi-
kalischen unterstützen soll, bedarf keines Beweises; in unserem Falle erhält
er aber zugleich von der Physik einen trefflichen f ibungsstotf, der mehr
Interesse bietet als manchem Beispiel, das iilier die Schulstunde hinaus
keinen Wert hat.
Nach Definition der physikalischen Bef^ritie Geschwindij^keit (u, v),
Beschleunigung, Kraft und deren Componenten und nach Fassung derselben
in die Sprache der Analysis wird der Flftchensats: c « x t — y u und
hierauf das Yerh<nis der Gesofawindigkeitscomponenten t : u für ti^nd
') Zeitsch. (. d. Koal9c))ulwe9en, Jahrg. 1S91.
„Olterr. Mlt(«lichate»\ ZII. Jahrg. 21
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362 Literarisclie Randachan. — Abormalif^e Bitte.
ein Bahnelemerjt ahijeleitet. Lot/.tt're« ergibt -^ich sowohl aus dm Mitt« !-
punktagleichung der gegebenen Kegelschnittsiinie aU auch aua ir<;en l
einer anderen Gleichung derselben. Aus der Brennpuuktsgleichung:
y' — — 2p t X — (l — »») X* + p« beispielsweise m:
=• — ä— 9 m, ▼ = m n.
Aus den Geschwindigkeitscomponenten u und v werden die Be-
«ichleunigungMomponenten durch «ne etwas längere aber principiell ein-
facbe fiechannir sefanden und xwar:
^ st "
3t 0- y
C ^ TO
und daraus die Centraikratt in der Form; ^ ^ • j:^. Die Auswertung
der Große \* ^ ftthrt dann m bekannter Weise auf das dritte
P
Kepler'sche Gesetz, welches diefle Größe als eine für alle rianeten con-
stante erklärt
Her Vorf;xis«^r hat sich nicht mit dieser für die Mittelschule aus-
reichenden betnichtung begnügt, sondern er bat in dankenswerter Weise
auch das allgemeine Bertrand*sehe Problem: ^weldie ▼erschiedenen Orte
kann der anziehende Korper innerhalb eines Kegelschnittes einnehmen,
wofern das \Virkiing«g&set2 der anziehemlen Kralt einer jjewissen be-
RChränkenden Bedingung unterworfen wird: so z. i*>. der, da«* »ie nur vom
Leitstrahle r als dem Abstände des angesogenen v«ni anziehenden Korper
nnd nicht anch von den Coordinaten x und y al>han^'i<; sei" in nber-^icht-
licher und leichtfasslicber Weise vorgeführt. Dazu hat er noch den Beweis
eingeschaltet, dass die Geschwindigkeit der umlanfendoi MasM an jeder
Stelle der Dahn der Länge der Normale umgekehrt proportional ist,
weicht' man vom l 'entralkörpor auf die augenblickliche Bewejrunj^richtung'
der Masse ziehen kann. Ferner ergibt sich als hübsches Nebenproduct
der Satz, dass das Verhältnis der Geschwindigkeitscomponenten in jedem
Bahnpunkte mit der Kiohtnngscorf't-inten der Tangente an jenem Punkt
identisch ist, d. b. umgekehrt, dat«H die Bewegung in jenem Augenblicke
in der Richtung der Tangente Torsicl^seht
Die Abhandlung, die ebenso originell als didaktisch wichtig ist, wird
jeder niit Vergnügen lesen.
Wien. Mcäß,
Abermalige Bitte.
Im Jüngsten Hefte der «Mittelschule" (S. 256) ersuchte ich nro ge-
fällige tTbereendnng des Verseichnisses der literarischen
Arbeiten seiteng der an den österreichischen Mittelschulen
angestellten Lehrkräfte. Wohl wurde von vielen Herren diese Bitte
in collegialster Weise erflillt; allein es dflrfte jene Bitte doch noch manchem
entgangen sein, und daher bin ich «*o frei, dieselbe nochmals dringend und
höflichst zu wiederholen. Gerne möchte ich daj) geplante ^Uepertorium der
literarischen Arbeiten im österreichischen Mittelschulwesen" bis zum näch-
sten Mittelschulta^ fertig vorlegen und bitte daher bis längstens Mitte
.T n n u n r da» Vcneichnis SO flbenenden. Schon heute dankt für die BrfftUaog
seiner Bitte
Dt* «71 Sinum
(Eger, Oymnaeinm).
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Inhaltsverzeichnis.
Vorträge und Abhandlungen.
Faihrceht Friedrich, Dr.. Die Schlacht bei Marathon 129
Fuchs Josof, Roms Strategie zu Beginn des zweiten punigchen
t^i'i^?^^»'^ ■ • • ■ • • • • - • • • ■
<»uttnii*nn Mftx, Vom U. Deutschen Turnfe-st;' in Hamburg . . . . :j04
Haas Karl, Dr.. Die Mathematik der alten Ayypter . . '2b9
Hüfler Aloi.s, L>r., Wie soll der })sycholo^i.sche Unterricht an Mittel-
«ciiulon und wie soll die pädagogische Psychologie y.u den t'o.sta-
iaton der modernen Gehirn])hy'iiolQgie Stellung nehmen? .... 1
Keim Franz, ünserm Kaiser zur Jubelfeier 257
Löhner Rndoif, Dr.. Lber das Au.smaß correcturpflichtiger Arbeiten
an.s Deut^sch an Gynina-sien 293
MIchalltschte Anton, ('aelo-Tellurium . . • • • • • 295
KomanoTsky A., über die Beobachtung in der Schule M
Spengrler Franz, Dr., Adalbert Stifter als Erzieher IGO
Spitzer 8.9 Dr., Die lateinischen und griechischen Hausarbeiten im
Cnterprynma.'jium 155
— Das gegenwärtige Classificationsverfahren 272
Witasek Stephan, Dr-, Über psychologische SchuWersuche 18
Wotta Josef, Über Schülerausschließnngen 282
Vereinsnachrichten.
A. Sitzungsberichte des Vereines ^Mittelschule'* in Wien . 44, 189, 307
JJ. Sit7Aingsbericht€ des Vereines „Deutsche Mittelschule" in Frag
50, 195, 321
C. Sitzungsberichte des yereines Die Realschole" in Wien . . 200. 323
1). Sitzungsberichte des Vereines „Mittelschule für Oberösterrcich und
Salzburg in Linz" 7(V2(Hj, 328
E. Sitzungsberichte des Vereines „Bnkowiner Mittelschule" in Czer-
nowitz ■ 77. 215. 331
F. XVI. Protokoll der Archäologischen Conimission für die öster-
reichischen Gymnasien 84
Hiscellen.
Uolzer Josef, Jubiläen des Jahres 1898 88
— Nachtrag zum Artikel «Jubiläen des Jahres 1898" 237
Jasknlski Corn., Über den Einfluss der ästhetischen Anschauungen
Kant^ auf Herder . 223
L00.S J., Dr., Die Gymnasialarchäologie auf dem Dresdener Philo-
logentage (1H97) 23a
364
Inhaltsverzeichnis.
Literarische Rundschau.
Bahlseu L. und Heugesbach J., Schulbibliothek französischer und
englischer Prosaschriften: Boeiisel 0. und FIck W., Sammlung
englischer Gedichte (Würzner) 103
— Schulbibliothek französischer und englischer Prosa^cbriften aus
der neueren Zeit (Langer) 250
Bley Frang» botanisches Bilderbuch für jung und alt CX'schernich) . 117
Bttjtlniann und Wairner, Das alt.- Kom (Hö"k) . . 99
Dettl Fr., Unter Hubsburgs Kriegsbanner (Gorge) . . '■ ■ ■ 248
Dickens Charles^ The Cricket on the Hearfh. Herausgegeben von
Dr. H. Heim (Reiniger) 355
Dlttuiar, Studien zur lateinischen Aloduslehre (.Hintner) 101
Erzgnieber G., Dr.. Elemente der historischen Laut- und l-ormen-
lehre des Französischen (Simon) 242
FeHner St., Die Homerische Flora (Hintneri 9i*
Fenkner Hugo, Arithmetische Aufgaben 347
Frey tag G.j Reichsrathswahlkarte aller Curjen von Österreich
(Singer) 112
Frey tags Sammlung franzosischer und englischer SchriftMeller
(Ullrich) ~~ lOG
— Sammlung frair^ösigcher und tiigli.scher .Schriftsteller (Feioli-
tinger) .............. 'H^
— Sammhint^ tranx.ü.>iM,'lier und engli^rhfT Schriftsteller (Brandeisl ■ 343
— Schiilnusgabcn, Slmkespeare, Krmis Leai (L'-hner) . . . . 344
Fritsch K., Dr., Excursionsflora für Österreich (mit Au8.*4chiu>.s \on
Galizien. Bukowina und Dalmatien) (Scholz) 118
Gindelys Lehrbuch der allgemeinen Geschichte für die oberen Classen
der Gymnasien (Singer) 353
Haardt V., Wan»lkarte der Planigloben (Singer) 351
— Schulwandkiute von Palästina (Singer) 352
Hagen Louise und Beyer Anna, Wie UUst sich die Erziehung der
weiblichen Jugend in den höheren Berufsclassen unseres Volkes
vom 15. bis zum 20. Lebensjahre am zweckmäßigsten gestalten?
(Hintner) 98
Hallervorden E., Abhandlungen zur Ge^'undheit'^lebre der Seele und
Nerven (Höfler) . . . . 348
Hart! H., Aufgabensammlung aus der Arithmetik und Algebra
(KtlVnl)erger) . . 350
Herl) H,, Mein Vaterland, mein Österreich (t^öbner) . 345
HevL Volkssagen, Brüuche und Meinungon aus Tirol (Hintnet) 247
Holzels Wandbilder für den Anüchauungs- und St>racUuuten aht
(Sinijer) • • • • ■ • • • • / • • ■ - • • • il<>' 352
JHger ^^^'kar, Lehrkun.st und Lchrhandwoi k i H<'r«,M'1) . . . . . . '^38
Januyclike Hans, Dua Princip der Erhaltung der Energie und seine
Anwendung in der Naturlohre (Daurer) .
Kloinpaul Rud., l)iis Fremdwort im Dfut.^clun: Meriiiger Und.,
Inilogt'rnianisclie S))racliwisspnscliaft : Detter Fcrd.« Deutsclu-s
Wr<rtfrbuch ilIintiUTi 102
Koch John, Dr., t'raktisclu'?; ElrMiirntai buch zur Kiifrnung der eng-
lischon S]naf hf für Fortbildung«- und Fachschulen wie zum Selbst-
studium (Ut'inigtfr) ■ 105
— Praktisches Eleutentarbuch zur Erlernung der englischen Sprache
für Foitljildungs- und Fachscliulen wi»^ zum Sclb.ststudium ; Prakti-
sclu'M Klementarbuch zur Erlernung der französischen Sprache etc.
(Ullricii) 108
Körner Franz, lit.-hiUucli dt-r i'iiysik für den Geinaucti an böb<'ren
(icwerbt^^chulen (Kessler IIG
Koschwitz F., Dr.. Anleitung zum Studiuni der französischen Philologie
für Studiorrndc, Lehrer und Lehrerinnen (Simon) • 243
Kozenn B.« Geographischer Atlas für Mittelschulen (Singer) .... 110
InhaltsverzeicliDis. 365
Kreibig Jos» Clem., Dr . Die Aufmerksamkeit als Willenserscbeinang
(^pengler) ■ • ' • " 9r>
KuMt J»» Dr., I>*'aU'tklärung und Anschauungsunterricht bei der
Lectflre des Tacitus (strobl) 100
— Realerklärung und Anscbauiingsuntenicht bei der Leetüre des
Tucitus (Simon) 241
Langl J., Dildci- /ur Ge>(lncht(' (>inf,^n-) ■ ■ ■
Lehmann Rudolf) Der Deutsche Unterriebt (Löbner) '. 33?
Mach E., (^rundriss der Naturlebre für die unteren Clas?en der Mittel-
schulen (Zabradnioek) 113
— Grundries der Naturlehre für die unteren Clasaen der Mittelschulen
(Wagner) 250
Matthias Th.) Dr., Kleiner Wegweiser durch die Schwankungen und
Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs (Prinz) 24f>
— Kleiner Wegweiser durch die Schwankungen und Schwierigkeiten
des deutschen Sprachgebrauchs (Schneider) 240
Mayr L., Xao'.Tmv :to>.'.;. Die Stadt der Grazien (Simon) 242
Michalltschke A», Eine Dreitheilun<r des Winkels (Pitsch) 345
Moser Justus, Patrioti.sche i'luintivsien <Sin«er) . . . . ' 112"
Peters H.< Bilder aus der Min»'ral()«^iL' und Gfolof^if (Tschernich) . . 249
R<3s>sler Kich., Dr., Die verbreitetBten >^chin<'tterlin'^t' I »f iit.^chlaiüls
i'-choi/) 119
Schmid H. S., Kunst-Stil-Unter.-icheiduni? (Bück) 99
Schmid >Vilh., Der Atticismus in seinen Hauptvertretern von Dionysius
von Haltkarnnss bis auf den zweiten Philostratns fFIintner) ... 98
Sommert H.^ Grundzüge der deutschen Poetik (DuuUaczek) .... 345
Trentleiu P., Vierstellige logarithmische und goniometrische Tafeln
nebst den nöthigen Hilfstafeln (Maiß) .JÜO
Tschache G..» Themata zu deutschen Aufsätzen (Löhner) 344
y agner Fnin» v., Dr.. Thierkunde (Kail) . . ■ . . . . ..... 120
IVeinbera: Alexander^ l'nsere Lebonsmittel uml deren Vf^iiiUsclnin^^
I Tschernicl)) ... 117
Weißenhofor Robert, Dr.. Krziihliiiitrssthfifton zur ]IeI)nn£7 der V^ter-
"Wilke Edmund, Dr., London Walks in fhe MefropoHs of Eu</Ianil
tveinif^er I . . 105
Wnimann^Otto, (leschichte des Idealismus. 3. Band (Toischer) . . . 35^
Witlacil Emannel, Dr.. I'ratcrbuch iVieltorQ . . ...... 12Ö
— Der Unterricht der Naturgeschichte an der Vulks- und Bürger-
schule (l'sL'hernich) . 249
>Yün>cht' Otto, Dr., Die verbreitetsten Pflanzen Deut-aehlands (Schol/J 118
— Die verbreitetaten Pilze Deutschlands (Scholz) 119
Progframme.
Bronner Ferd., Dr., Gedanken über den Lehrplan der österreichischen
Gymnasien und Kealscbulen (Hergel) 251
Itnmbncu V., Romanische Übersetzung des iV. Gesanges aus Virgils
Aeneide mit lieilieh;iltung des Qriginalmetrnms (Koczyn^kij . . 121
Gr/aiiowski B., J}-^c~ <> ukfadrie nioiry Demosteneaa: -zy-
3t:-v./o-^ (X\ III) iKoczynskii . . . . . ... ■ ■ ■ ■ j21
Kieronski L., Eti/ka n- fiyigedt/ncfi Soj'okl(\Ka (Koczynski) ... 122
Rucera Kd., Direitor. Aus dem rraunilebt-n iZ;ihradm'''ek) 172
Oppenheim S., r>r.. Zur Lehre der Ccntralheweyunt^ iti elementarer
Diir.-^tellun}^ j.MaiÜ) . „ • •. • .• ■ ■ . • • - • • • • •.. •
Schmid D., Dr., Der deutsche Unterricht an der Realschule und die
neueren Sytraohen, mit .stetem Hiiil<licke auf das Gymnasium und
dio elRKsischen Sprachen (Loebl)
Scholz Eduard, liliis^el zur Bestimmung der mitteleuropäischen
Farnptlanzeu i Vieltort'j . 122
,,Ost< rr. MitK lHchiilo", XII. Jnlirg. 25
366 Inhaltsverzeichnis.
S<mU»
Sewera, Zur Formenlehre der jfriechiscben Schulj^rammati
k (Hintner) •253
Wujrner Josef, TcxtproVic zu t'iiifr liitrinisclu'u Sclu;l^'i;uutuiitik
(Loebl)
124
Simon J., Dr., Eine Bitte 2545. 862
VII. deutsch-listerreichischer Mitlelschuitai;
256
riir kUo Schriftleit^ln^ vcninlwortlicb Prüf. P. Haresch in Wien.
K. u. K. Hofl>iichdruck«'roi Jos, IVichtingor« Erl>en, Linz.
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