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Full text of "Oesterreichische Mittelschule"

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Oesterreichische  Mittelschule 


Mittelschule.  Wien 


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MITTE 


GEMEINSAMÜS  ORGAN  DER  VEREINE 

„MITTELSCHULE"  und  „DTE  REALSCHULE"  jn  WIEN, 

„DEUTSCHE  MITTELSCHULE"  im  PRAG, 

MITTELSCHULE  FÜR  OBERÖSTERREICH  UND  SALZBURG 

IN  LINZ" 

UND 

.BUKOWINER  AUTTELSCHULE  IN  CZEHNOWITZ". 


REDIGIERT 
VON 


PROF.  FEODOR  HOPPE 

IN  WIEN, 

PROi!\  FRANZ  DAURER 

IN  WIEN, 

PROF.  DR.  ADALBERT  HORCICKA 
IN  LINZ, 


PROF.  GEORG  SCHLEÖL 

IN  WIEN, 

PROF.  GUSTAV  SPENGLER 

IN  PRAG, 

PROF.  DR.  ANTON  POLASCUEK 

IN  CZEBNOWITZ. 


WIEN  WM. 
ALFRED  IIÖI.UEH 
K.  ü.  K.  HOF-  UND  rxiVKRSlTÄTS-IiUCHHÄNDLBR 

ROTH£MTUUBMSTE^SS£  lä. 


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(  HARVARD 
UNIVERSITY 
LIBRARY 


Alle  Rechte  Torbehalten. 


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Vorträge  und  Abhandlungen 


Die  Förderung  der  körperlichen  Ausbildung 
an  den  Mittelschulen  Österreichs. 

Vortrag,  ^'ohaltcD  in  dem  Vereine  ^MiltcLsrhule"  m  Wien  ain  12.  Decem- 
ber  1896  von  Max  Guttmann,  Tumkhrer  am  k.  k.  Elisabethgymnasiuiii 

in  Wien. 

Das  vorliegende  Thema  beschäftigt  seit  dem  Jahre 
unausgesetzt  einen  großen  Theil  der  österreichischpii  vSchul- 
mäimer.    Das   gelit   nicht  nur   aus  den  Diroctionsberichten, 
sondern  auch  aus  anderweitigen  Vortragen  und  Arbeiten,  wie 
ans  den  eiDschlägigen  Pro^ammabhandlangen  deutlicli  hervor. 

In  Aueftthrnng  des  honen  MinisterialenasseB  vom  15.  Sep- 
tember 1890  wurden  im  ersten  Augenblicke  Ansprachen  an  die 
Schüler  gehalten  und  anf  die  Noth wendigkeit  der  Gesundheits- 
pflege, einer  richtigen  Zeit  iiith  nlung  und  auf  die  Wichtigkeit 
<ler  Leibesübungen  für  die  Bildung  des  Einzelnen  hingewiesen. 
Eine  dieser  Ansprachen  ist  2.  B.  die  des  Herrn  Dir.  Haus 
J  an  u  s  L'  Ii  k  e  ^l  in  Teschen. 

In  denis«'ll)«'n  Jahre,  näuilicii  181U,  trat  Herr  Dr.  Gustav 
Hergel*)  iu  Urüx,  jetzt  Director  in  Aussig,  mit  einer  Abhand- 
lung, „Die  Juffendspiele''  betreffend,  hervor,  und  Herr  Prof. 
Simon  Sehießling^)  in  Mies  betrachtete  eingehend  die  ^Wert- 
schätzung der  Gymnastik  bei  den  Griechen  und  die  Würdigung 
der  körperlichen  Ausbildung  der  Jugend  in  neuerer  Zeit". 
Hieher  ist  auch  die  sehr  interessante  Arbeit  des  Herrn  Prof. 
Franz  Gassner^)  in  Wien  zu  zählen,  der  in  der  Abliandlung 
„Das  ästhetisi'lie  Moment  in  der  Volkser/.ielmng"  wiederholt 
Gelegenheit  nimmt,  sich  gegen  die  Einseitigkeit  der  Verstandes- 
bildung  auszusprechen  und  zu  betonen,  „dass  die  kurperiiche 

^1  Dir.  Hans  Jannschke:  „Über  die  Noth wendigkeit  der  Oemind- 
heitspflejre"  im  Propramtne  der  St.  R.  von  Teschen  1S91. 

Prof.  Dr.  Gu8tav  Hergel:  ^Die  Jugendspiele "  im  Programme 
des  St  G.  in  BrOx  1891. 

^)  Prfif.  Simon  Schießl  Itio':  , Dir- Wrrfscliiltzung  clor  GymiKistik 
den  Griechen  und  (Wo  Wurdi^'unj^'  di  r  korperiichen  Aosbüdung  in  neuerer 
Zeit"  iui  f'rovjriinuue  Ued  bt.  ü.  in  .Mief  1891. 

**)  Prof.  Frans  Qasaner:  „Das  ästlicti.sLlie  Moment  in  der  Volk^ 
ersiehun^"  im  Pro^n-amme  der  St  B.  im  XV.  Beürke  von  Wien  1891. 
„ÖstefT.  Mittelachal«".  XI.  Jahrg.  1 

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2 


I4ax  Gattinann. 


Entwieklimg  im  gleichen  Grade  der  Pflege  bedarf,  wie  die 
gdetiffe**. 

Das  sind  die  ersten  Erscheinungen  nach  dem  bedeutungs- 
Tollen  Erlasse,  und  ich^)  habe  auf  die  beiden  ersten  in  dem' 
„JahrbiK-li  der  Turnkunsf^  bei  £.  Straach  in  Leipzig  1892  ein- 
gehender hingewiesen. 

Seit  diesem  Zeitpunkte  aber  sind  die  einschlägigen  Be- 
strebungen an  den  österreichischen  Mittelschulen  so  zahlreich 

geworden,  dass  mehrere  Schulmänner  sich  veranlasst  gesehen 
aben,  sie  in  irgend  einer  Weise  snsammenzufassen.  Es  spricht 

gewiss  für  die  mdentong  der  heute  yorliegenden  Angelegen- 
eit,  wenn  Herr  Prof.  Dr.  Leo  Bnrgerstein')  im  Jahre  1893 
die  verschiedenen  Ereignisse  unter  dem  Titel  „Hygienische 
Fortschritte  der  österreichischen  Mittelschulen  seit  1890"  be- 
spricht, und  es  wird  Ihn^n  allen,  hochgeehrte  Herren,  gewiss 
nncli  in  lebhafter  Ermnerung  sein,  wie  zu  Ende  desselben 
Jahres  Herr  Prof.  Dupky^j  an  dieser  Stelle  den  „Stand  der 
Jugendspiele  und  seine  weitere  Entwicklung  an  den  Gymua^ieu 
Wiens"  schärfer  ins  Auge  fasste. 

Unter  allen  Arbeiten  aber,  welche  sicli  mit  dem  vorliegen- 
den Gegenstande  beschäftigen,  verdient  j^Die  körperliche  Er- 
ziehung der  Jugend  an  Sdn  dsterreidiischen  Mittelschulen'^ 
Ton  Prof.  Josef  Sallac'*)  vom  Staatsgymnasium  mit  böhmi- 
scher Unterrichtssprache  in  Reichenau  die  meiste  Beachtung. 
In  drei  aufeinanderfolgenden  Programmurbf  it^n  von  1S94  bis 
1896  zieht  er  alV  hei  der  Ausbildung  der  Jugend  zur  Ver- 
wendung gelangenden  Leibesübungen  auf  104  Seiten  mit  zahl- 
reichen Tabellen  und  statistischen  Ausweisen  in  Betracht.  DaK 
emsi^  zusammengetragene  und  zuverlässige  statistische  Material 
verleiht  dieser  Arbeit  oleibenden  Wert. 

Fast  gleichseitig  mit  Herrn  Prof.  Dr.  L.  Burgersteins 
Arbeit  in  den  j^Xenid  Austriaca"  erschienen  meine ^Beiträge 
zur  körperlichen  Erziehung  in  Österreich"  für  1892  in  der 
Zeitschrift  fttr  Turnen  und  Jugendspiel  bei  Yoigtlaender  in 


1)  Turnlehrer  Max  Guttmann:  Leibesübungen  und  Kürperi)flt'^' ' 
in  den  Schul  berichten"  im  «Jahrbuch  der  TomkuiLst''  bei  £.  Strauch  in 
Leipzig  1Ö92. 

5*1  Prof.  Dr.  Leo  Burgerstein:  , Hygienische  Fortschritte  in  den 
()Kterr* !( hix }]( Ti  Mittelacholen"  in  den  ^Xenia  Austriaca''  bei  Alfred  Hdlder 
in  Wien  1S93. 

>)  Prof.  Hermann  Dnpky:  ^Der  Staad  der  Jngend^piele  und  geine 
weitere  Entwicklung  an  den  Gymnasien  Wiens*  in  der  „Oiiterreichiachen 

Mittelschule"  bei  A.  Jlfilder  in  Wien  1894. 

*)  Prof.  .loset  Sallac:  ,0  telesne  vychove  na  stredntch  skoldch  u 
Bakouxku*  in  den  Proirrainnien  des  8t.  6.  in  Beichenan  von  1894,  1895 
and  1896. 

Turnlehrer  Max  Guttmann:  nüeiträge  zur  körperlichen  Erziehung 
der  Jugend  in  Österreich"  in  der  «Z^itdcbrift  fttr  Tarnen  mid  Jugendspiel" 
bei  R.  Yoigtlaender  in  Leipzig  1893,  1894,  1895  und  1896.  —  ^Zur  Förderung 
der  körperlichen  Ausbildung  etc."  in  der  «OsterreichischeD  JUittelschuie" 
bei  A.  Uölder  in  Wien  1895. 


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Die  Fördenmg  der  kOrperliehen  AoBbildnag. 


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Leipzig  1893.  Seit  diesem  Zeitpunkte  habe  icli  die  jährlichen 
Vorkommmsse  au  derselben  Stelle  und  im  yergangeiien  Jahre 
auch  in  der  ,»Ö8tenr6ic)u8Gli6n  Ifittebehule*'  kurz  susammen- 
gefassi.   Diese  „Beitrage"  haben  eine  selir  anerkennende  Be- 

ortheilung  in  dem  „Janrbueh  für  Jugend-  und  Yolkflspiele'*  in 
Deutschland  dnreh  Dr.  Schnell^)  in  Altona  erfahreUt  and 
wird  auch  Ton  anderer  Stelle  auf  sie  aufmerksam  gemacht. 

Ich  bitte  nun  die  hoc  hansehnliche  Vprsamralung,  mir  zu 
gestatteu,  aus  dieser  iintiustrs^setzten  BeoljaclituDGT  der  Einrich- 
tungen für  die  Funierung  der  körperlichen  Au.sbüdung  unserer 
studierenden  Jugend  die  wichtigsten  Punkte  näher  beleuchten 
zu  dürfen. 


Da  sind  tot  allem  die  ProgTUDmabbaiidlong«!!  und 

größeren  selbständigen  Arbeiten  zn  ei'wähnen.   Davon  sind  in 
den  letzten  sechs  Jahren  allein  19  erschienen,  während  in  den 
früheren  40  Jahren  zusammengenommen  diese  Zahl  nicht  er- 
reicht wird.    Es  würde  gewiss   zu  weit  führen,  wollte  ich 
]V<lf  dieser  Abhandlungen  hier  besprechen;  darum  möchte  ich 
jetzt  nur  auf  die  des  Herrn  Prof.  Josef  Steinhäuser*)  vom 
b.  St.  G.  in  Walachisch-Meseritsch  aufmerksam  machen.  Bei 
Erledigung  der  Frage  „Wie  soll  man  die  Gesundheit  und 
kdiperuche  Ausbildung  der  studierenden  Jugend  an  den  Mittel- 
schulen in  Osterreich  fördern?"  spricht  er  sich, auch  Aber  den 
hohen  Erlass  vom  1.5.  September  1890  folgendermaßen  aus: 
yfDurch  diesen  Erlass  wird  den  Directoren  und  Lehrern  die 
Gesundheit  und  körperliehe  Ausbildung  der  Jugend  auf  s  wärmste 
zu    fördern   empfohlen ,  und   mancher   vielleicht  schüchterne 
Lf-lircr  wurde  (lud u ich   angeregt,   luit  seinem  Seherfh'iu  der 
guten  Sache   zu   dienen.    Es  ist  dies  ein  Erlass  von  weit- 
reichender Bedeutung.    Und  obzwar  die  Art  und  Weise,  wie 
es  möglich  ist,  diese  wichtige  Frage  der  Erziehung  allgemein 
za  lösen,  nur  kurz  berttbrt  wird,  bildet  er  dennoch  sozusagen 
einen  Wendepunkt  in  der  bisherigen  Erziehungsmethode  und 
wird  auf  immer  in  der  Geschichte  des  öst ei  reicnisehen  Schul» 
Wesens  bemerkenswert  bleiben.'^    Aber  nicht  nur  diese  frei- 
müthige  Äußerung  über  den  hohen  Erlass  verleiht  seiner  Ar- 
beit besonderen  Wert;  vielmehr  ist  es  die  vornehme  Form  und 
die  schwiiTifTvolle  Sprache,   welche  St.s  Arbeit  über  ähnliche 
Erschemungt^ii  f  i  hebt.  So  sagt  er  z.  B.:  „Eine  gesunde  Jugend 
ist  unsere  Holiuung  für  die  Zukunft,  die  Gesundheit  ist  der 
größte  Schatz  der  Welt,  das  einzige  Glück!  Lassi  uns  eine 
nicht  nur  in  geistiger,  sondern  auch  in  körperlicher  Beziehung 


1)  Oberlehrer  Dr.  H.  Schnell  in  Altona:  „Die  Spiel literatar"  im 
..Jahrbuch  für  Volks-  nnd  Jugendspiel"  bei  B.  Voigtiaender  in  Lwaag 
1Ö94.  1895  und  1896. 

*)  Prof.  Josef  Steinhauser:  ^Jak  pecovati  jest  v  zdravi  a  teUsiw 
vjjvoj  mlädeze  studujici  na  strednkh  SholAeh*  im  Programue  des  St  G. 
in  Walachisch-Meseritscb  1395. 

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4  Max  Gaitmann. 

sescmde  Jugend  erziehen!  Und  wenn  vir  auch  die  Fraeht 
dieses  schönen  Strebens  selbst  nicht  mehr  sehen  sollten,  laset 
uns  wenigstens  Freude  aus  seiner  Blüte  empfinden,  in  der  Zu- 
versicht, dass  das  kommende  Geschlecht  unsere  Arbeit  segnen 

wird." 

Außer  den  Programmabhandlungen  sind  es  mehr^'rp  spU)- 
ständige  Arbeitpii  und  Vorträge,  welche  zur  Förderung  der 
körperlichen  Au  inldung  sehr  wesentlich  beigetragen  habeu. 
Ich  erlaube  mir  da  nur  an  die  Vorträge  des  Herrn  Dir.  Dr.  L. 
Chevalier',)  in  der  Prager  Mittelschule  1890,  der  Herren 
Direetoren  Johann  Fetter*)  und  Dr.  Hnemer,  jetzt  k.  k. 
Landes-Schnlinspector,  in  der  vereinigten  Sitzung  der  ^Mittel- 
schule" uud  „Realschule^  zu  Wien  1891  und  an  den  des  Herrn 
Prof.  H.  Dupky^)  bei  Gelegenheit  des  IV.  deutsch- dster- 
reichischen  Mittelschultsges  zu  erinnern. 

An  dieser  Stelle  muss  nuch  einer  ungemein  interessanten 
Studie  des  Herrn  Dir.  Hans  Januschk»»  '»  in  T<'sc]ien  ge- 
dacht werden,  die  infolge  eines  Vortrages  des  W  u  n»  r  Ortho- 
päden Dr.  Hum^)  gegenwärtig  an  Aetualität  uuIk  lordentlich 
gewinnt.  Au  der  doi*tigen  Staatsrealschule  sind  nämlich  Ver- 
suche angestellt  worden,  um  „Einige  Daten  zur  gcäundheits- 
gemäßen  Regelung  unserer  Schulverhaltnisse"  zu  erhalten. 
Dabei  handelte  es  sich  auch  darum,  den  Einfluss  des  Turnens 
auf  eine  folgeude  Unterrichtsstunde  zu  erfahren.  Diese  mit 
größter  Genauigkeit  veranstalteten  Versuche  sind  nun  säramtlich 
zugunsten  des  Turnens  ausgefallen;  denn  nach  dem  Berichte 
des  Herrn  Directors  y,haben  d;is  Auffassungsvermögen 
und  die  Ausdauer  der  Aninierksamkeit  durch  das 
Turnen  zugenommen".  Int'olgf  dessen  wird  „mäßiges  Tur- 
nen als  Erholuugsmittel  gegeu  geistige  Abspannung 
empfohlen".*) 

Außer  diesen  Quellen  bietet  noch  die  Geschichte  der 
jubilierenden  Anstalten  vielen  österreichischen  Schulmännern 

M  Dir.  Dr.  Ludwig  Chevalier  in  ['mg:  ^Lber  tiie  Pfleiije  der 
Jugcndspiele"  in  der  «Osterreichischen  Mittelschule"  bei  A.  Hfilder, 
Wien  1890. 

Dir.  .Tohann  Fetter  und  Dir.  Dr.  Johann  Haemer:  ^Lelirp'iine 
und  Jugendspiele"  in  der  , österreichischen  Mittekcbule"  bei  A,  iluiUer, 
Wien  1891. 

Prof.  Ilfrmann  Dupky:  ^Vorschlüge  zur  Durchführung  der 
Jugend<t]>iel6"  in  der  «Osterreickuchen  Mitteiscbule"  bei  A.  üölder, 
Wien  1«92. 

Dir.  Hans  Januschke:  „Einige  Daten  zur  gesundheit^^gemäßen 
K»'!?plunj;  unserer  SLhulv<-rh;iItni.'^s*'"  in  der  «Zeitacbhft  für  das  ReaJacbul- 
wesen"  bei  A.  Holder  in  Wien  1594. 

Dr.  med.  Anton  Bum:  ^Über  periphere  und  centrale  Ennfidnnjic''. 
Vortrag,  gehalten  in  der  ^^itzung  der  k.  k.  Gescllscliaffc  der  ürzte  in  Wien 
am  20.  November  1896  .Abgedruckt  in  der  «Wiener  medicuuechen  Presse" 
Nr.  48  vom  29.  November  1896. 

"')  Siehe  besonders  »Turnstunden  und  Schulunterricht"  von  Dr.  med. 
Fr.  Dornltlilth  ans  Rosto(  k  in  dem  „Jahrbuch  f&r  Kinderheükande"  von 
Creheimrath  Ueubner  in  Berlin  1896. 


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Die  Forderung  der  körperUcben  Aosbildang. 


Gelegenheit,  auch  der  kTn-perlichen  Ausbildung  zu  gedenken. 
Unter  diesen  Berichten  verdient  der  des  Herrn  Prot.  P.  Ad  Ul- 
bert Weese vom  St.  G.  m  Weidenau  die  meiste  Beachtung, 
dft  er  mit  wenigen  8tric1iezi  die  ganze  Entwicklung  der  bis- 
herigen Erziehung  im  allgemeinen  und  der  körperlichen  Ans- 
bildung  im  besondern  in  scharfen  Umrissen  oljjectiv  und 
treffend  zeichnet.  Aber  auch  der  gegenwärtige  Zustand  der 
körperlichen  Ausbildung  in  den  europäischen  Culturstaaten 
erfahrt  eine  sehr  zutreffende  Charakteristik  durch  Herrn  Dir. 
Christoph  Wür fel-j  vom  St.  G.  in  Linz. 

In  all  diesen  mannigfachen  Kundgebungen,  von  denen  ieh 
der  hochausehnliehen  Versammlung  nur  einige  Stichproben 
vorzulegen  wage,  sehe  ich  uur  Symptome  eiuer  Besserung 
der  Leben  Sans  chanung,  dahin  gehend,  nicht  nur  seelische 
und  moralische  Tugenden  als  nachahmenswert  hinzustellen, 
sondern  auch  das  Bestreben  sich  geltend  machen,  die  körper- 
lichen Tugenden  auf  die  gleiche  Stufe  des  Ansehens  und  der 
Wertschätzung  zu  heben  wie  jene.  Mit  dieser  zunehmenden 
Wertschätzung  werden  mit  der  Zeit  auch  die  Mittel  und  Ein- 
richtungen leichter  bewilligt  werden,  welche  den  Fachmännern 
zur  Erreichung  einer  harmonischen  Erziehung  nutli wendig  er- 
scheinen. Vorerst  aber  rauss  eine  Wandlung  der  Lebgns- 
auschauuug  in  der  eben  berührten  Weise  vorsichgegaugen  sein, 
zn  welcher  eine  reiche  publieistische  Thätigkeit  unbedingt 
gehört.  Dass  ein  solcher  Umwandlnngsprocess  besteht,  docn- 
mentiert  auch  unter  anderen  unser  gelehrter  und  geistreicher 
Landsmann  Johannes  Volkelt*)  in  Leipzig,  welcher  von 
dem  Ideal  unserer  Zeit  sagt:  .  .  Es  ist  der  Drang  vor- 
handen, der  Tugend  ein  frischeres,  freudigeres  Aussehen  zu 
geben.  .  .  .  Hochgeistimmte  r.ebensbejahuug,  Verlangen  nach 
Beglückung  des  ganzen  uugetlieilten  Mensciien,  tapferes  Auf- 
.sichnehmen  von  Lust  und  Leid  des  Erdendaseins  soll  zur 
sittlichen  Lebem»haltung  gehören.  Und  das  Gute  soll  seine 
zabme,  hausbackene  Gestalt  yerlieren.  Es  soll  wieder  Wage- 
muth  und  stolzer  Aufschwung  in  das  sittliche  Handeln  kommen." 
Dieses  Ideal,  den  höchsten  Sphären  des  menschlichen  Denkens 
entnommen  (denn  Volkelt  construiert  es  auf  Grund  der  ge- 
sammten  Äullernngen  der  naturalistischen  Kunst  und  Literatur 
der  Deutschen,  Franzosen,  Skandinavier  und  Russen  der  letzten 
20  .lahre),  schwebt  offenbar  auch  den  Bestrebungen  der  mo- 
dernen Pädagogik  vor  Augen  und  trachtet  auch  der  Erziehung 
ein  freudigeres,  frischeres  Aussehen  zu  geben. 


Prof.  P.  Adalbert  Weese:  „Körperpflege  Jui  studierenden  Jugend" 
in  „Chronologisch-statistischer  RQckblick  auf  die  ersten  25  Jahre  des  k.  k. 
St.  G.  in  WeiclcTiau"  itr.  t'n -r  imme  dieser  Anstalt  1S96. 

^)  Dir.  Christoph  VVürlel  iui  Programme  des  St.  U.  in  Linz  18Ut>. 

^)  Dr.  Johaanes  Volkelt,  o«  Pweuor  der  Philosophie  an  der 
Umveraität  in  Leipzig,  in  „Ästbetische  Zeitfcagen",  MOnchsD,  Beek  1895. 


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6 


Max  Oottmanii. 


Wenn  ich  nun  zur  Betrachtung  der  körperlichen  Aus- 
bildung im  besondern  übergehe,  so  müssen  hiebei  zwei  Gruppen 
deutlich  imter«chieden  weraen.  In  erster  Linie  sind  hier  die 
Mittel  in  Betracht  zn  ziehen,  welche  in  der  köroerlichen  Aus- 
bildung direct  bildend  einsreifen.  Zu  dieser  Gruppe  gehört 
das  Turnen  im  weitesten  Umfange,  als  Inbegriff  aller  l^ibes- 
Übungen,  weil  sie  an  dem  Geschäfte  der  Erziehung  geradezu 
betheiligt  sind.  In  zweiter  Linie  kommen  die  Anleitungen  zu 
einer  richtigen,  vernünftigen  und  zweckmäßigen  Lebensweise, 
für  Wohnung,  Kleidung,  Nahrung  und  Schaffung  günstiger 
Zustände  für  den  ersten  Theil  der  körperlichen  Erziehung  in 
Betracht.  Diese  Mittel  zusammengenommen  bilden  die  passive 
körperliche  Erziehung,  weil  sie  wohl  für  die  gesammte 
Ausbildung  nicht  minder  wichtig  sind  als  die  actiTen  Mittel, 
aber  an  der  körperlichen  Büdung  nicht  direct  bethdligt  sind. 
Ich  erlaube  mir  auf  diese  TheOung  deshalb  besonders  auf- 
merksam zu  machen,  weil  diese  beiden  Gebiete  nur  zu  häutig 
durcheinandergeschüttelt  werden  und  für  die  Mangelhaftigkeit 
äußerer  Zustände  im  Turnunterrichte  dieser  snlhst  für  jene 
verantwortlich  gemacht  wird.  Mit  dieser  Unterscheidung  be- 
finde ich  mich  auch  in  voller  libereinstimmung  mit  dem 
Hecru  Vicepräsidenten  des  ungarischen  Abgeordnetenhauj^es, 
Herrn  Albert  v.  Berczeviczy,  ^)  sowie  mit  dem  Münchener 
Hygienikerf  Herrn  Prof.  Hans  Buchner,')  der  auf  der 
68.  Versammlung  Deutscher  Naturforscher  und  Ärzte  zu  Frank- 
furt am  Main  im  September  dieses  Jahres  diese  Theilung 
wissenschaftlich  begründet  hat. 

Nun  ist  es  mir  eine  besondere  Freude,  hervorhefion  zu 
können,  dass  die  Fortscli ritte  auf  dem  Gebiete  der  Hygiene 
in  Osterreich  die  größte  Beachtung  finden,  was  in  demselben 
Maße  auch  von  der  Schnlhyariene  gilt.  Ich  erlaube  mir  nur 
auf  den  Umsuud  uuimerksam  zu  machen,  dass  wir  nun  an 
fast  allen  üniversitaten  hygienische  Institute  besitzen,  an  welche 
hervorragende  Lehrkräfte  berufen  worden  sind,  dass  fast 
60  Ärzte  an  den  Lehrer-  und  Lehrerinnenbildungsanstalten 
mit  dem  Unterrichte  in  der  Somatologie  und  Schulhygiene 
beschäftigt  sind.  Auch  die  Tichrer  der  Mittelschulen  sind  be- 
strebt, ihr  Wissen  über  Schulhygiene  zu  erweitern,  da  die 
meisten  Lelirerbibliotheken  wenigstens  ein  bedeutendes  Werk 
hierüber  enthalten.  Es  ist  schade,  dass  das  für  iSchuibehörden 


*)  Albert  v.  Bercseviczy  in  „Die  Frage  der  körperlichen  Kr- 
ziehuDg".  Yortn^,  gdialten  am  V[II.  internationalen  Congres^  tiii  Hygiene 
und  Demographie  in  Budapest  1S94  Enthalten  im  III.  Bande  des  von 
Dr.  Sigismond  de  Gerlöczj  herausgegebenen  ^Berichtes".  S.  290  u.  f. 
Budapest  1896. 

-)  Dr.  Hans  Ru ebner,  o,  Prof.  der  Hygiene  an  der  Universität  in 
München,  in  „Biologie  und  <Te*»nndheit8lehre".  Vortrag',  gehalten  mif  der 
68.  Versammlung  deutscher  Naturforscher  und  Ai/.te  Frankfurt  aui  Main, 
September  1896,  abgedruckt  in  der  »Allgemeinen  medidniscben  Zeitang", 
Wien,  29.  September  1896. 


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Die  Förderong  der  ki^rperlichen  Aasbüdang. 


unentbeiiiiiche  „Handbuch  der  Schulhygieue''  von  den  Herren 
Prof.  Dr.  Leo  Burgerstein  M  und  Dr.  med.  Aug.  Netolitzky 
etwM  Tenpätet  auf  dem  Plane  erschien.  Es  ist  gewiss  in 
nicbt  weniger  als  30  Exemplaren  von  österreicbischen  Mittel- 
schulen angeschafft  worden,  und  findet  man  nebeu  diesem 
auch  ziemlich  zahlreich  vertreten  die  einschlägigen  Werke  von 
Dornblüt h,  Engelhorn,^)  Eulenburg*)  und  Bach  nebst 
Kembold.  ^)  Ferner  wird  die  „Monntsclirift  für  Gepundheits- 
pMege*^  von  Adier^)  und  die  ..Zeitseiirilt  lui  S(  huigesundheits- 
pHetre''  von  Kotelm  nnu»)  gelesen.  Bei  dem  «onst  so  vor- 
trefllicheu  Werke  von  Burgerstein  und  Netolitzky  berührt  mich 
schmerzlich  der  Umstand,  dass  da  die  nämlichen  abfälligen 
Anschaaungen  Aber  das  Turnen  als  allgemein  giltig  verkflndet 
werden,  denen  Herr  Prof.  B.  sehon  1888  Ansdraek  gegeben 
hat.    Sollte  sich  seitdem  nichts  geändert  haben? 

Als  sehr  wirksames  Mittel  zur  Förderung  einer  gesundheits* 
gemäßen  Lebensweise  erblicken  viele  Directoren  in  der  Ver- 
theilniio"  von  P.  B.  Sepps**)  ..Wichtigen  Gesundheitsrefreln", 
die  wegen  ihrer  «xf^rnigen  Kosten  i  ein  Exemplar  lö  Pfennige) 
bereits  zu  Tausenden  unter  den  CJchüleru  verbreitet  sinil.  Auf 
derselben  Stufe  stehen  die  von  der  Hygienesection  des  Berliner 
Lehrervereines  herausgegebenen  Gesuudheitsregeln.  Unter  Zu- 
flnrundelegung  dieser  wurden  aher  an  vielen  Anstalten  besondere 
Gesundheitsregeln  ausgearbeitet,  worunter  besonders  hervor* 
zuheben  wären  die  vom  I.  St.  G.  in  Graz,  von  den  St.  Gn.  Olmilts, 
YiUach,  Mährisch-Ostrau,  den  b.  St.  Kn.  in  Königgrätz,  Rakonie 
u.  a.  Ihre  Unterweisungen  erstrecken  sich  1.  auf  die  Pflege 
des  Körpers  ira  allgemeinen,  2.  der  Athnnincr<wprkzeuge  '^.  der 
V'erdauuns^sorgune,  A.  die  Conserviernng  der  Zähne,  ö.  die 
ischonung  der  Augen,  Ohren,  der  Nase,  (3.  die  Körperhaltung 
beim  Schreiben,  Lesen,  Zeichnen  und  Gehen. 

Seitdem  Herr  Dir.  Dr.  Gustav  HergeP)  zur  Leitung 
des  Gymnasiums  nach  Aussig  a.  d.  Elbe  berufen  worden  ist, 


*J  Prof.  Dr.  phil.  Leo  liurgerstein  und  Dr.  med.  August  Neto- 
litzky: ^.Handbuch  der  Schulhygiene",  VIII.  Bd.  von  Weilt  »Handbucli 
der  Hygiene",  Jenü  1895. 

-)  Dr  Fr.  l>nrn>ilnth:  „Die  GesajuUleitspflege  der  Schuljugend  fttr 
Eltern  und  Kryiclicr".  8tutt^nirt  lh'J2. 

^)  E.  Engelhotn:  --.hulgoMindbeitspflege".  Stuttgart  1888. 

'  Prof  Di  MitMl  i: Ulenburg  und  Dir.  Dr.  Th.  Bach:  »SchulgeBand* 
heitälehre".  Berlin  18ä9;yi. 

3)  Dr.  S.  Eembold:  «Sehuleenixidheitäpflcge',  Tabingexi  IM. 

*')  Dr.  Heinrich  Adler:  «Monatachrift  fOr  GesondheitBpflepre"  bei 
M.  Perles,  Wien. 

')  Dr.  med.  et  phil.  Küteluiann:  „Zeitschrift  fiir  Schulgesundbeits- 
pfleg^",  Hamburg,  erscheint  seit  1888. 

Prof.  Dr  V.  n.  S.'pii:  , Wichtige  Gesundheitaregeln"  bei  Krans- 
feider  in  Augsbui^,  seit  1890,  sieben  Auflagen. 

®)  Dir.  Dr.  6.  Hergel:  «Die  Schulhygiene".  Vortrag,  gehalten  am 
V.  deatsch-^erreichischen  Mittelachnltfkg  1894 *  enthalten  in  der  «»Oster- 
reichiechen  Mittelschule". 


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8 


Max  Gutimann. 


Teraaclit  er  in  weiteBtem  Umfange  das  auf  dem  V.  deutseh- 
dsterreieliisehen  Mittelsehnltage  entworfene  Project  auch  zu 
▼erwirklielien.   Ich  werde  später  noch  darauf  tnrüekkommen. 

Hier  verdient  nur  noch  hervorgehoben  zu  werden,  dass 
das  St.  G.  in  Weidenau  sich  ,,in  der  glücklichen  Lage  be- 
findet, über  ein'^'n  -l  r/t  liehen  Fonds  im  Betrage  von  mehr  als 
lf>  100  H.  zu  verlugeu,  dessen  Krtr;ic:nis  für  ärztlielie  Pflt^n-»' 
niiitelloser  Gymuasialschiiler  kathuli^elier  Iu*ligioii  Verwendung 
iindet.  Dieses  Capital  bildet  einen  Tlieil  des  vom  hochselipren 
Grafen  Ernst  zu.  Lichteustein,  gestorben  als  Erzbischof  in 
Salzburg,  dem  Kloeter  in  Weißwasser  im  Jahre  1723  gespen* 
deten  Stiftungsvermdgens. 

Im  Zusammeohanffe  mit  dieser  Betonung  der  Gesundheits- 
pflege steht  auch  die  Sorge  um  eine  entsprechende  Unterkunft 
der  Schulen.  Bei  den  Neu  lauten  wird  allen  Anforderungen 
zu  entsprechen  versucht.  Ich  verweise  nur  auf  das  k.  k. 
Elisabetligymuasiuiu  ^ )  in  Wien,  auf  das  b.  St.  K.  G.  in  Pri- 
bram  und  auf  das  b.  Franz-Josef-G.  in  Küuiginhof.  Die  erstere 
Anstalt  im  besomleru  hat  eineu  ea.  1000  m''  umfassenden  Hof- 
raum, wo  die  Schüler  bei  günstiger  Witterung  das  Kespirium 
verbnugen,  was  gegenwärtig,  im  Gegensatze  zu  früher,  au  den 
meisten  Anstalten  geschieht.  Derselbe  Plate  dient  auch  zur  Ab- 
haltung von  Turnübungen  und  Jugendspielen  und  ist  mit  einer 
20  m*  großen  Niedersprungstelle  versehen.  Leider  droht  der 
so  nütauchen  Verwendung  dieses  Platses  eine  Gefahr  durch  die 
Verbauung  der  Naclibargründe,  wodurch  der  Platz  überhaupt 
unbrauchbar  würde.  Unter  allen  ueueren  Schulbauten  jedoch 
bildet  (]fv  des  C.  R.  G.  in  Tephiz-)  eine  der  präeliügsten 
Stätten,  welche  jemals  für  Schulzwecke  errichtet  wurden. 


Was  nun  die  acti^en  Mittel  zur  körperlichen  Er- 
ziehung unserer  Jagend  betrifft,  so  stimmen  alle  darin  über- 
ein, dass  da  Tor  allem  das  obligate  Tnmen .  im  engeren  Sinne 

in  I3ctraeht  zu  ziehen  ist,  zu  welchem  die  Übungen  im  Stehen, 
Gehen,  Hüpfen,  f/mf'-n  und  Springen  im  Freien,  und  wenn 
das  nicht  angeht,  im  Turnsaal.  dauTi  d'w  Übungen  an  und  mit 
Geräthen,  die  auch  womöglich  im  Freien  vorzuueiimeu  sind, 
gehören.  Alle  diese  Übungen  und  Thätigkeiten  geheii  von 
den  einfachsten  Zustünden  aus,  so  dass  es  passende  Übungen 
für  jedes  Alter,  jedes  Geschlecht,  für  jeden  Ort  und  für 
jede  Zeit  gibt,  und  bilden  gerade  durch  diese  allg^emeine 
Giltigkeit  me  Grundlage  der  körperliehen  Erziehung,  wie  aller 
anderen  Leibesübungen.  Es  zeigt  von  einer  erfreulicherweise 
zunehmenden  Wertschätzung  dieses  Turnens,  dass  Se.  Excellenz 

Dir.  Dr.  August  Scbeindler:  »Da,')  neue  Haus  und  die  feieiliihe 
Erdffhung  am  19.  September  1894"  im  Flrocramme  der  Anstalt  von  1*^95. 

^)  Dir.  Hermann  Qaertner  im  Frogramme  des  C.  B.  6.  in 
Teplitz  lä95. 


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Die  Förderung  der  kürperlicheu  Ausbildung. 


0 


der  Herr  Minister  für  Cultus  und  Unterriebt  Dr.  Paul  Gautsc h 
Freiherr  von  Frank entburn,  sowie  mehrere  Herren  Abge- 
ordnete in  der  535.  und  536.  Sitzung  des  Abgeordnetenhauses 
im  November  1896  für  das  Turnen  und  die  Turnlehrer  ehrende 
and  erhebende  Worte  gefunden  haben. 

Unvergesslich  bleiben  z.  B.  folgende  Worte  Sr.  E.\cellenz: 
..feil  iiuerkeune  die  Leistungen  dieser  Lehrer  (der  Faeh-Tnrn- 
lelirer  an  Mittelschulen),  und  ich  anerkenne  in  vollstem  Malle 
die  Wichtigkeit  des  Turnens  (Beifall);  ich  \\ünfe.che,  dass  das- 
selbe an  unseren  8chulen  noch  viel  mehr  gepflegt  werde,  als 
es  bisher  der  Fall  war.  Wir  haben  in  dieser  Beziehung  noch 
lange  nicht  den  Höhepunkt  desjenigen  erreicht,  was  wir  im 
Interesse  unserer  Juffend  erreichen  mttssen.»  (Sehr  richtig!)') 

Die  allmählicne  obligatorische  Einführung  des 
Tarnens  an  den  Gymnasien  ist  bekanntlich  im  Gange,  und 
liegen  hierQl)or  bereits  recht  interessante  Mittheilungen  vor. 
Am  1.  St.  G.  in  Graz  fördert  es  mächtig  die  phvsi^che  Aus- 
bildung der  Jugend.  Besonders  al)er  ist  hervorzuheben,  dass 
am  I.  d.  8t.  G.  in  Brünn  der  ohligate  Turnunterricht  zufolge 
hohen  Miuisterialerlasses  vom  lU.  Juni  Z.  10726,  mit  dem 

Schuljahre  18Ü7/U8  beginnen  und  damit  dem  Lehi'körper  und 
der  Direetion  ein  sehnücher  Wunsch  endlich  doch  in  Erfüllung 

Sehen  wird,  an  dessen  Verwirklichung  seit  Jahren,  trotz  yieler 
urch  den  Mangel  eines  eigenen  und  geeigneten  Turnsaales  ver- 
ursachten Schwierigkeiten,  unablässig  gearbeitet  \Yurde.  Hin- 
gegen ist  es  auffallend,  dass  am  Gymnasium  in  Öuczawa,  trotz 
seines  schönen  Turnsaales,  nicht  geturnt  werden  kann,  da  dort 
kein  Turnlehrer  vorhanden  ist. 

Von  besonderer  Wielitir^keit  für  die  Stellung  des  Turnens 
den  andern  Gegenstünden  gegenüber  ist  noch  folgende  Be- 
merkung im  Programme  des  iSt.  6.  in  Nikolsburg:  „Mit  Mi- 
nisteriaferlass  vom  Oetober  1894,  Z.  12810,  wird  das  Turnen 
daselbst  obligat,  nimmt  aber  nur  nach  der  günstigen  Seite 
Binfluss  auf  die  allgemeine  Fortgangsdasse.'^  Gegenüber  der 
bisherigen  Einflusslosigkeit  ist  das  immerhin  ein  Fortschritt 
und  wert,  allgemein  geübt  zu  werden. 

Das  Programm  oes  St  G  in  Bielitz,  wo  das  Turnen  seit 
langem  sich  jc:roüer  Beliebtheit  und  volksthümin  lnM"  Verbreitung 
erfreut,  sagt  auf  S.  72:  „Mit  großer  Freude  muss  zunächst 
der  Einführung  des  obligaten  Turnunterrichtes,  der 
mit  hohem  Ministerialerlass  vom  19.  Oetober  18^4,  Z.  1250Ö, 
vom  Schuljahre  1895/96  an  verfügt  wurde,  gedacht  werden, 
•  trotzdem  daselbst  fönf  Classen  in  einem  Locale  unterrichtet  wer- 
den müssen,  das  weder  in  hygienischer  Beziehung,  noch  nach 
Größe  und  Ausstattimg  den  Anforderungen  entspricht  Ja,  aus 
derselben  Stadt  ist  noch  das  erfreuliche  Ereignis  zu  melden, 


^1  _ Wiener  Zeitunpr"  vom  27.  November  1896,  Sitcnngsbericht  de« 
hoben  Abgeordnetenbaases,  2.  äeite,  3.  Spalte. 


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10 


Max  Guttmaun. 


dasB  laut  hohen  BOmBterialerlasseB  Tom  10.  Mai  1894,  Z.  8862, 
das  Turnen  an  der  k.  k.  höheren  Staatsgewerbeschule  als 

allgemein  verbindlicher  Gegenstand  eingeführt  worden 
ist.  Somit  ist  diese  St.  Gw.  die  erste  in  Österreich,  welche 
obligaten  Turnunterricht  aufzuweisen  hat.  Das  ist  umso  er- 
freulicher, als  die  Schüler  dieser  und  ähnlicher  Anstalten  in 
einem  Alter  sirh  befinden,  wo  sie  einer  ausgiebigen  und  ener- 
gischen körperlichen  lietliätiguug  am  mei?jtt»!i  bedürfen. 

Ferner  wäre  hervorzuheben,  dass  nn  dem  neuerrichteten 
C.  G.  in  Bregenz,  obwohl  da;s  Turnen  gegenwärtig  noch  als 
freier  Gegenstand  behandelt  wird,  doch  tiimmtliehe  Schüler  an 
diesem  Gegenstände  theilgenommen  haben,  da  die  Eltern  ge- 
legentlich der  Einschreibung,  auf  die  Wichtigkeit  des  Turnens 
für  die  körperliche  Ausbildung  aufmerksam  gemacht,  ohne 
Ausnahme  ihre  Einwilligung  zum  Besuche  desselben  gegeben 
haben.  „Auf  diese  Weise,"  so  heißt  es  in  ih^m  Progranmie, 
„wird  es  ganz  leicht  möglich  sein,  den  Turnuuterri<*ht  nach 
ab."^ehbarer  kurzer  Zeit  obligat  einzuführen."  —  Berückrsichtigt 
mau  hiebei  den  Umstand,  dass  das  Turnen  au  der  Realschule 
in  Dornbirn  verbindlich  ist,  so  muss  einem  jeden  der  Unterschied 
in  der  Behandlung  des  Turnens  zwischen  Vorarlberg  und  Tirol 
auffallen.  Denn  in  dem  letzteren  Eronlande  ist  das  Turnen  an 
keiner  einzigen  öffentlichen  Anstalt  obligat.  Allerdings  erfreut 
sich  die  körperliche  Ausbildung  an  den  geistlichen  Gymnasien  in 
den  meisten  Fällen  einer  selten  umfassenden  und  ausgezeichneten 
Fürsorge.  So  turnen  z.  B.  am  Semiuiirinni  Vincentinum  in 
IJrixeii  seit  me]irer»'n  Jahren  ntets  sämmtiiche  Schüler,  und 
an  der  Stella  Matutiua  in  Feldkirch  turnen  i)iy%  derselben. 
Das  sind  jedoch  Internate,  die  mit  den  öffentlichen  Anstalten 
nicht  verglichen  werden  können.  Aber  wichtig  bleibt  dieser 
Umstand  für  die  körperliche  Ausbildung  ganz  entschieden  und 
besonders  fUr  die  eingangs  skizzierte  Wandlung  der  Lebens- 
anschauung. 

Die  berührte  Stetigkeit  ist  umso  noth wendiger,  als  es  nicht 
nur  eine  große  Zahl  von  Anstalten  mit  sehr  geringer  Frequenz 
im  Turnen  gibt  (so  turnen  z.  B.  am  b.  St.  G.  in  Königf^rätz 
12%.  am  Frauz-Josef-G.  in  Lemberg;  11  ^^>,  am  it.  C.  G.  in 
Triest  8'4%,  am  St.  G.  in  Brixeu  nur  10%  und  am  St.  G. 
in  Meran  gar  nur  ijb%  der  Schüler),  sondern  es  gibt  auch 
noch  zwei  Anstalten,  welche  nur  im  Sommer  bei  schönem 
Wetter  turnen  können,  wo  demnach  das  Turnen  kaum  die 
gegenwärtige  Verfassung  und  den  Zustand  der  Jugendspiele 
erreicht:  das  ist  am  b.  St.  G-.  in  Phbram  und  am  C.  G.  Yon 
Gaja  der  Fall. 

Ungemein  auffallend  ist  der  Umstand,  dass  die  Gymnasien 
ohne  Turnunterricht  immer  zahlreicher  werden.  Prof.  Salla(; 
iührte  1893  acht  Fiilh'  an.  Nach  Neubauer  und  Divis  fehlte 
1^1)1)  der  Turnunterricht  an  45  Mittelschulen.  Diese  Zahl 
schrumpft  aber,  wenn  man  die  Programme  durchsieht,  auf  16 


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Die  Fdnleniiig  der  körperlieben  AoabilduDg. 


11 


zusanuTiHii.  Von  diesen  -^inrl  neun  Stautsanstalten  und  sieben 
Privannstitute.  Vun  den  Icr/trren  wiederum  dürften  die  geist- 
lichen Institute  den  TurnuiiU-rrieht  wohl  eingeführt  haben,  doch 
liegt  eine  bestimmte  Kunde  hierüber  nicht  vor.  Unbestimmt 
ist  ferner  die  Einriehtung  dee  Turnens  am  St.  G.  in  Beichenan, 
wo  im  abgelaufenen  Schaljafare  der  erste  Yersach  damit  ge- 
macht wurde.  Das  Venseiehnis  der  Anstalten  ohne  Turnen 
folgt  im  Anhange.  Im  Interesse  der  heranwachsenden  Jugend 
ist  hier  dringende  Abhilfe  nöthig. 

Eine  zuverlässiiife  Z;ibl  der  Turner  lässt  sieh  darum 
m>'hf  nninhrm,  weil  beim  ohliLratorisehen  Turnen  die  Zahl  der 
dispensierten  nur  in  seltenen  Fällen  angeführt  wird. 

Im  Sinne  des   erziehlichen  Zusammenwirkens  aller  Mit- 

flieder  eines  Lehrkörpers  möchte  ich  hier  noch  dem  Wunsche 
nsdruek  geben,  dass  alle  das  Bestreben  haben  sollten,  mancher 
Turnstunde  beizuwohnen  oder  die  Schüler  bei  ihren  Spielen 
oder  auf  dem  Eislaufplatze  oder  bei  anderen  Leibesübungen 
zu  beobachten. 

Dem  Turnen  zunächst  ist  die  Pflege  der  Jiigendspiele  in 
Betracht  zu  ziehen.  Ich  erlaube  mir  p^leieh  hier  zu  betonen, 
dass  auf  diesem  Gebiete  ein  ertreulicher  und  stetiger  Fort- 
schritt wahrzunehmen  ist.  So  gibt  es  z.  B.  seit  den  letzten 
Berichten  nur  mehr  sechs  Mittelschulen,  welche  noch  gar 
keine  Spiele  eingeführt  haben;  dagegen  hiud  andere  Anstalten, 
wie  z.  B.  das  otifbsgymnasium  der  Benedietiner  in  Braunau 
(Böhmen),  welche  erst  mit  dem  abgelaufenen  Schuljahre  zu 
spielen  angefangen  haben.  Auch  die  Anstalten  ohne  Spiel- 
betrieb werden  im  Anbange  angeführt. 

Viele  Programme  machen  ferner  auf  den  Umstand  auf- 
merksam, dass  die  Schüler  auch  zu  anderer  als  in  der  von 
der  Schule  festgesetzten  Zeit  nach  eigenem  Übereinkommen 
aut  dem  Spielplatze  sich  zusammenfinden,  um  dort  ihre  MuÜe 
mit  ihren  Lieblingsspielen  auszufüllen.  Diese  Spiele  sind  zum 
Unterschiede  von  den  Schulspielen  „1  reispiele"  zu  nennen 
und  bflden  den  unmittelbaren  Übergang  zu  den  „Volksspielen", 
von  denen  Ihnen,  hochgeehrte  Herren,  bekannt  ist,  dass  sie 
für  die  Tolkssittlichkeit  Ton  der  größten  Bedeutung  sind. 
Solehe  freie  Spiele  werden  gemeldet  aus  Bielitz,  Troppan, 
Jagerndorf,  Weidenau,  sämmtlich  in  Schlesien  gelegen,  dann 
aus  Brünn.  Budweis,  Krems.  Oberhollabrunn  u.  a.  m.  Auch 
hier  in  Wien  kann  man  in  scIinHVeier  Zeit  auf  rnanchen  Plätzen 
Gruppen  finden,  die  unter  ein  n  -r  Leitung  spielen. 

Ja,  in  Pracr  hat  der  Spieleifer  in  einer  Weise  überhand- 
genommen,  duss  mehrere  Anstalten  sich  veranlasst  gesehen 
nahen,  das  Spiel  zu  anderer  als  von  der  Schule  festgesetzten 
Zeit  streug  zu  untersagen. 

Nun  wird  man  meinen:  Wenn  die  Jugend  schon  allein 
spielen  kann,  dann  ist  es  nicht  mehr  nothwendig,  dass  die 
Schule  sich  auch  fernerhin  der  Jugendspiele  in  dem  Maße  an- 


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12 


Mas  Gutiinana. 


nehme  wie  bisher.  Dem  gegenüber  ist  jedoch  zu  bemerken^ 
dass  die  Spiele  von  Sachkundigeu  immer  wieder  gelehrt  werden 
mOssen,  damit  ihre  Regeln  and  (resetse  auch  xiekiaf  verbreitet 
werden,  da  sie  sonst  verwildern  und  verkommen,  wie  das  sehen 
Fröbel  überzeugend  naehgewiesen  hat.  Übrigens  brauchen 
wir,  um  eine  Bekräftigung  dieser  Anneht  zu  erfahren,  nicht 
zu  weit  zu  gehen.  In  den  Parkanlagen  von  Wien  z.  B.,  und 
zwar  auf  den  Gehwegen  um\  iiiclit  auf  den  Wiesen,  oft  auch 
in  den  dem  Verkehre  entrückten  btraiieu.  kann  m-\n  spielende 
Gruppen  häufig  heobat*hten.  Fragt  man  die  Kinder,  was  sie 
spielen,  so  antworten  sie  zumeist:  ralästern,  Äußere  und  Innere 
oder  Nationen.  Nun  ist  das  erste  Spiel  auf  das  schönste 
deutsche  Spiel,  den  ^Deutschen  Schlitfball"  zurflckzuführen, 
der  hier  zu  einem  Weitertreiben  des  Balles  herabgesunken  ist. 
Während  sich  bei  diesem  Spiele  doch  noch  mehrere  Schiller  be- 
theüigen,  sieht  man  bei  „Äußere  und  Innere^  in  den  aller- 
meisten Fällen  nur  zwei  Schüler  sich  tummeln.  Bedeakt  man 
aber,  dass  gerade  dieses  Rpi»  !  von  einem  Parteispiel  herkommt, 
welches  dem  „Deutseheu  .Siblacrball"'.  infolge  des  spannenden 
Verlaufes,  der  erforderlichen  üeschicklichkeit  im  Zin\>'rfen, 
Fangen  und  Treffen  mit  dem  kleinen  Ball  und  ganz  besonders 
wegen  der  Noth wendigkeit  eines  feinen  Zusammenspieles,  zu* 
nääst  liegt,  so  muss  jeder  Kundige  eine  solche  Degeneration 
der  Spiele,  wie  sie  hier  zutage  tritt,  nur  aufs  tiefste  oedauern. 
Durch  den  bisherigen  Sjiielbetrieb  in  der  Schule  koiunit  der 
„Deutsehe  SehlagbaU'^  wieder  zu  Ehren;  hoffentlich  geschieht 
das  auch  mit  dem  zweiten  Spiele. 

Das  wichtigste  Moment  für  den  BestaTnl  der  Jugendspiele 
ist  das  Vorhandensein  eines  tr^'fMVneten  SpitMpl atzes.  Es 
muss  aiiL-h  hier  freudig  hervorgeiiubeu  werden,  dass  eine  groÜe 
Zahl  vou  Gemeinden  eine  sehr  lobenswerte  Bereitwilligkeit  an 
den  Tag  legt,  der  Jugend  wenigstens  einen  Spielplatz  zu  sichern. 
Am  günstigsten  sind  die  unmittelbar  bei  der  Schule  gelegenen, 
wie  z.  B.  in  Bre^enz,  Friedek,  Dombirn  und  Ejrems,  oder 
solche,  die  in  wenigen  Minuten  von  der  Schule  aus  zu  erreichen 
sind,  wie  in  Böhmisch-Leipa  und  Teplitz,  jede  mit  einem 
Flächenraume  von  3  ha.  Ferner  haben  größere  Plätze  auf- 
zuweisen Khigenfurt,  Laibach,  Mies,  Pilsen,  Mähriscb -Trübau, 
Wien  u.  a.  Die  St.  Ii.  iu  Elbogen  hat  einen  „reizend  gelegenen 
Spielplatz  ",  und  das  St.  G.  in  Krumau  spielt  ^auf  der  wunder- 
voll mitten  im  Walde  gelegenen  Rossziplwiese".  Eine  weit- 
gedehnte  Hutweide  steht  dem  St.  G.  in  Krainburg  zur  Ver- 
fügung, sowie  dem  gr.  or.  G,  in  Suczawa  der  über  1000  Joch 
umfassende  Tartarasch. 

Aber  ohnegleichen  im  In-  und  Auslande  siebt  der  nach 
dessen  Begründer,  dem  Univ.  Prof.  Dr.  Heinrich  Tordan, 
benannte  „Jordanpark"  in  Krakau  da.  Auf  einem  Flächen- 
raume von  10 /m  befinden  sich  12  Turn-  und  Spielplätze,  n  Ge- 
bäude, umrahmt  von  bereits  stattlichen  Bäumen,  schattigen 


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Die  Forderung  der  körperlichen  Aosbiidung. 


Nwchen  mit  Bänken.  Dort  spieion  an  jedem  Wochentage  über 
1000  Kinder  unter  sachkundiger,  von  Prof.  Jordan  bezahlter 
Leitung,  und  an  Öonn-  und  Feiertagen  Lehrlinge  und  Gesellen. 
Leider  begegnen  die  dortigen  MittelBcliuleii  dieser  wirklich 
großartigen  Sehöpfuiig  mit  einer  beispielloeen  Gleichgiltigkeit, 
80  dass  z.  6.  die  dortige  Realschule  überhaupt  keine  Spieler 
ausweist  uud  die  Gymnasien  nur  eine  sehr  geringe  Betheiligung 
erkennen  lassen.  Eine  ausführliche  Schilderung  dieser  bedeuten- 
den Wohlfahrtseinricbtun^  habe  ich  1894  in  der  „Monatschrift 
für  das  Turnweseu"  in  lierlin,  sowie  in  dem  Abendblatt  der 
^Deutschen  Zeitung"  hier  verüöeutliclit.  Herr  Prüf.  Jordan 
selbst  hat  seine  Schöpfung  in  dem  letzten  „Jahrbuch  für  Jugend- 
und  Volksspiele"  in  Deutschland  189G  bei  Voigtlaender  be- 
schrieben und  einen  ausgeseichneten  Plan  hinzugefügt. 

Was  den  Spielbetrieb  im  besondem  anbelangt,  so  ist 
vor  allem  zu  bemerken,  dass  an  sehr  vielen  Anstalten  den 
Schalem  schon  in  der  L  Classe  20  bis  28  Spiele  geboten  wer- 
den, zu  welchen  in  den  übrigen  Classen  noch  viele  andere 
hinzukommen.  Da--:  ist  aber  für  die  ganze  Bewegunr^  von 
anljerordf'ntlichem  ISachtheiL  l>enn  vor  lauter  Abwechslung 
kommen  die  Schüler  nicht  dazu,  ein  Spiel  mit  allen  Feinheiten 
kennen  zu  lernen,  daä  aber  erst  iu  diesem  Zustande  sie  auf 
die  Dauer  zu  fesseln  vermag.  Und  noch  schlechter  ist  z.  B. 
der  Usus  einer  Anstalt  in  Brünn,  wo  die  Schüler  swei  Reihen 
Yon  Spielen  zu  absolvieren  haben  —  die  eine  am  Mittwoch,  die 
andere  am  Samstag.  In  dem  Berichte  dieser  Anstalt  heillt  es  aber 
bezeichnenderweise:  „Der  Instinct  der  Schüler  aber  leitet  sie 
dahin,  fast  aussehlieÜlich  das  , Deutsche  Ballspiel'  zu  pflegen." 
Dieser  Instinct  scheint  mir  ein  Zeiehen  dafür  zu  sein,  dass 
die  dortige  Jugend  noch  nicht  blasiert  ist,  weil  sie  sonst  nur 
durch  reiche  Abwechslung  zu  befriedicren  wäre.  Dir  Schule 
soll  aber  nicht  die  Flatterhaftigkeit  fördern,  sie  8ull  im  (ieircn- 
theile  die  Jugend  zur  Genügsamkeit,  Ausdauer,  Festigkeit  und 
zu  kräftigem  Willen  erziehen. 

In  dieser  Beziehung  ist  es  zu  begrüßen,  dass  neben  dem 
schönsten  deutschen  Spiele  auch  das  Fußballspiel  ohne  Auf- 
nehmen des  Balles,  welches  vor  dem  dreißigjährigen  Kriege 
in  Deutschland  fleißig  gespielt  wurde,  sich  mehr  und  mehr 
einbürgert.  Diesem  Spiele  %vird  /umeist  vorgeworfen,  dnss  es 
zu  Roheiten  nur  zu  leicht  Anlass  gibt.  Diese  Meinunix  hüben 
schon  mehrere  widerlerrt;  letzthin  erst  Herr  Dir.  Hack  spiel') 
in  Prag,  und  im  Programme  des  St.  G.  in  Iglau  heißt  es:  „Das 
Fußballspiel,  ^»gen  das  oft  Bedenken  geäußert  werden,  führt 
in  der  hierorts  üblichen  Tereinfachten  Form  zu  keinerlei  Übel- 
ständen. Mehrjährige  Erfahrung  lehrt,  dass  es  unsere  Jugend, 
die  es  übrigens  sehr  gerne  spielt,  in  den  höheren  Classen  ohne 


1)  Dir.  Dr,  Johann  Haekapiel  im  Prognunme  des  d.  St.  G.  auf 
der  Altstadt  in  Prag  1896. 


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14 


Max  Guttmaan. 


Gefährdung  derGesimcUieit  betreibt."  In  Troppaa  und  Leitmerits 
▼ereiniffen  sieh  die  oberen  Ciaseen  der  beiden  Mittelschulen  zu 

friedlichem  Wettstreit  im  Fußballspiel,  und  auch  an  der  it.  St.  R. 
in  Roveredo  ist  es  sehr  beliebt.  Am  eifrigsten  wird  es  aber 
am  L.  K.  G.  in  Baden  geübt,  wo  es  in  sämmtlichen  Classen 
als  Lieblingsspiel  aufgeführt  erscheint.  Ich  stehe  nicht  an, 
die  Fußballriege  der  oberen  Classen  dieser  Anstalt,  die  ich  aus 
eigener  Anschauung  kennen  zu  lernen  das  \'ergnOgen  hatte, 
als  eine  der  besten  in  ganz  Österreich  hmzusteflen;  doch  ist 
es  aus  mannigfachen  Rücksichten  wünschenswert,  das  Fußball- 
spiel nicht  in  allen  Classen  spielen  zu  lassen,  sondern  es  dem 
Obergymnasium  vorzubehalten. 

An  muLchen  Orten  treten  Spiele  auf,  die  unter  Namen 
anseführt  werden,  welche  in  den  Büchern  selten  oder  gar  nicht 
vorkommen.  Dennoeh  können  es  anregende  und  sehr  interes- 
sant p  Spiple  sein.  Im  Interesse  ihrer  Verbreitung  sind  einige 
Erl.iuterun^en  hierüber  erwünscht.  So  meldet  z.  B.  das  I.  d. 
St.  G.  in  Brünn  einen  „Kampf  im  Grübchen*',  das  St.  G.  in 
Krainburg  „ßerühreu  der  llüte'",  und  ^Kleiufeld"  wird  in  Trop- 
pau,  Weidenau  und  Waidhofen  a.  d.  Thaya  gespielt;  daselbst 
findet  auch  das  „Deutsche  Schwertspiel''  großen  ijiklang.  Diese 
Spiele  können  ja  gerade  mit  alten,  Yolksthfimlichen  Sitten  und 
Gebräuchen  zusammenhängen;  deshalb  ist  ihre  Schilderung 
auch  in  culturgeschichtlicher  Beziehung  zu  wünschen. 

Für  die  Entwicklung  der  Jngendspiele  an  sich,  wie  für 
ihre  Nutzbarmachung  in  der  Jugenderziehnntr  ist  folgendes 
Symptom  von  großer  Bedeutung.  Ks  wird  nämiieh  von  mehre- 
ren Seiten  bereits  gemeldet,  dass  die  Spiele  das  ganze  Jahr 
hindurch  betrieben  worden  sind.  Ich  sehe  hier  von  den  In- 
ternaten vollständig  ab,  weil  diese  Einrichtung  dort  etwas 
Selbstverständliches  ist  Aber  am  St.  G.  in  Radautz  spielen 
im  Sommer  alle  Classen  gleichzeitig,  im  Winter  jedoch  jede 
für  sich.  Ähnlich  ist  die  Einrichtung  bestellt  am  II.  d.  St.  G. 
in  Brünn,  an  den  Mittelschulen  in  Iglau  und  an  der  St.  R. 
im  I.  Bezirke  in  Wien.  Die  Direction  des  8t.  G.  in  Bielitz 
dagegen  erblickt  einen  U  beistand  darin,  dass  die  Anstalt  keinen 
eigenen  Turnlehrer  besitzt,  der  die  Spiele  schon  im  Winter 
nach  einem  einheitlichen  Plane  vorbereiten  könnte.  Zu  diesen 
Symptomen  kommt  noch  der  Umstand,  dass  manche  Anstalten 
die  Jugendspiele  nicht  in  einem  gesonderten  Capitel,  sondern 
unter  den  facultativen  Gegenständen  au£fülu%n.  In  dieser 
Auffassiing  ist  die  St.  B.  in  Eger  1893  vorangegangen,  und 
nun  treten  für  sie  bereits  fünf  Anstalten  ein,  und  zwar  die 
»St.  Rn.  in  Marburg  und  Pilsen,  die  St.  Gn.  in  Pilsen,  Seiten- 
stetten und  bei  den  Schotten  in  Wien.  Die  Bedeutung  dieser 
Auffassung  ist  einleuchtend,  und  um  die  erziehlichen  Vortheile, 
die  aus  den  Jugendspielen  reichlich  tiießen,  zu  sichern,  ist  es 
gewiss  erwünscht,  die  Jugendspiele  als  facultativen  (jegenstand 
mit  einer  Stunde  wöchentlich  au  den  Anstalten  einzuführen, 


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Die  Förderung  der  körperlichen  Ausbildung.  15 


welche  bereite  obligatoriseliee  Tarnen  besiteen.  Dadurch  würde 
auch  die  Frage  der  Honorierunff  in  einer  für  alle  betheiHgten 

Kreise  befriedigenden  Weise  gelöst  werden.  Freilich  könnten 
dort»  wo  die  Verhältnisse  besondere  günstig  liegen,  die  Jagend- 
spiele  auch  obliirntorisch  eingerichtet  werden,  wie  es 
Herr  Dir.  Horak  lu  Brünn,  Herr  Prof.  Sallac  in  Reichenau, 
Herr  Prof.  Tisch  in  Troppau  und  die  St.  E.  in  Leitmeritz 
wünschen. 

In  Bezug  auf  die  Intensität  der  Spiele  steht  das  Semi- 
narium  Yincentinum  in  Brizen  mit  IS^lich  zweistündigem 
Spiele  obenan;  ihm  folgt  die  Stella  Matatma  in  Feldkirch  mit 
iVf  Standen  täglieh;  ebenso  wird  aach  am  k.  k.  Theresianam 
in  Wien  taglich  gespielt,  denn  bei  schlechter  Witterung  und 
im  Winter  steht  der  ^roße  Fechtsaal  zur  Verfügung.  Von  den 
übrigen  Anstalten  weist  das  L.  K.  G.  in  Baden  mit  ")!  Spiel- 
tagen di»'  meisten  Spielgelegenheiten  aus;  dann  folgt  das  St.  G. 
in  OberhoUabrunn  mit  40,  das  I.  d.  St.  G.  in  Brünn  mit  38, 
die  b.  St.  R.  in  Pardubitz  mit  85  Spieltagen  u.  w. 

Die  Leitung  der  Jugendspiele  liegt  zum  allergrößten 
Theüe  in  der  Hand  des  Tarnlehrers.  Diese  sind  in  den  meisten 
Fallen  Fachtnrnlehrer;  es  kommen  aber  auch  viele  Volks- und 
Bürgersehnllehrer  anter  ihnen  Tor  and  nnr  wenige  Lehr* 
personen,  welche  bei  dem  Geschäfte  der  Erziehung  nicht  ander- 
weitig beschäftigt  sind.  Im  Gegentheiie  ist  herrorzuheben,  dass 
aneli  von  den  ordentlichen  Lehrern  der  Mittelschulen 
ein  großer  Theil  sieh  aueh  für  die  lv<»rpprli<*he  Erziehung  nicht 
nnr  interessiert,  sondern  auch  thatsUchlicli  als  Unterweiser  im 
Turnen,  in  den  Jugendspieien  und  anderen  Leibesübungen  eintritt. 
An  den  274  Mittelschulen  unterrichten  2ül  Lehrpersonen  im 
Tarnen.  Davon  sind  89  Fachlehrer  30*5%,  dann  85  Volks- 
nnd  Bürgersehnllehrer  2d'2%,  74  Professoren,  gegenüber 
40,  wie  sie  Nenbaner  and  DiviS  1896  aasweisen;  sie  bilden 
37*1  % ,  and  2b  Lehrer  =  3*2  %  sind  entweder  Beamte  oder  Lehrer 
in  Tarnvereinen.  Während  nun  die  Fachturnlehrer  mit  sehr 
wenigen  Ausnahmen  auch  die  Jugendspiele  leiten,  unterweisen 
nur  11  Professoren  auch  in  den  Spielen;  dafür  aber  gibt  es 
außer  diesen  28  Professoren,  die  sich  der  Jiit^endspiHo  an- 
nehmen, so  dass  im  ganzen  102  Professoren  auch  an  der  körjier- 
lichen  Ausbildung  der  Jugend  wirkungsvollen  Antheil  nehmen. 
Die  verhältnismäßig  hohen  Ziffern  der  Turnlehrer  aus  Profes- 
soren, Volks-  una  Bürgerschalkreisen  erklären  sich  daraus, 
dass  an  einer  Anstalt  oft  drei  bis  vier  nur  einige  wenige  Stun- 
den übernehmen,  während  die  Fachtu  nilehr  er  häufig  an  zwei 
Anstalten  mit  30  und  mehr  Stunden  beschäftigt  sind,  so  dass 
diese  weitaus  den  größten  Antheil  an  der  körperlichen  Er- 
ziehung nehmen  und  wohl  die  meisten  Erfahnniixen  zu  machen 
Gelegenheit  haben.  Sind  auch  den  Schulbehördeii  FmTil.'hrer 
mit  einer  größeren  Lehrbefiihigung  erwünscht,  und  üas  mit 
Recht,  so  wird  doch  der  Staat  die  Fachturulehrer  nicht  gans 


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IG  Max  Guttmann. 

«ntbehren  können,  weil  das  Gebiet  der  körperlieben  Erziehansr 
immer  größer  wird,  daher  nieht  leicht  za  beherrschen  ist,  und 
weil  sie  dem,  der  sie  zum  Lebensberuf  erwählt  hat,  die  Be- 
friedigung vollauf  hietet,  wie  sie  nur  irgend  eine  Wissenschaft 

zu  bieten  imstande  ist 

Das  Interesse  nller  Mittpl^elnillehrer  an  der  k'M-perlichen 
Ausbildung  unserer  Jugend  konnte  aber  noch  gehoben  werden, 
und  ich  denke  da  besonders  an  den  Nachwuchs,  wenn  für 
eine  häufigere  und  intensivere  Aussprache  gesorgt  würde,  als 
es  bis  jetzt  der  Fall  ist.  Das  könnte  geschehen  entweder  am 
pädagogischen  Seminar  oder  am  hygienischen  Institute  oder 
im  Zusammenhange  mit  der  Tumlehrerbildungsanstalt  an  der  be- 
treffenden Universität.  Am  besten  könnte  dieses  Bedürfnis 
in  Verbindung  mit  dem  letzteren  Institut  in  zwei  wöchentlichen 
Stunden  befriedigt  werden.  Wenn  ich  richtig  vermuthe,  wird 
dieser  Gedanke  zuerst  an  der  deutsehen  Universität  in  Prag  ver- 
wirklielit  werden.  In  dieses  Seminar  für  Turner  wären  Candidaten 
des  Mitlelsehullebranites  /uzuhissen,  auch  wenn  sie  nicht  direct 
Turnlehrer  werden  Wullen.  8ie  würden  dort  au  der  Hand 
bewährter  alter  Schriften,  sowie  auch  neuerer  und  neuester 
Erscheinungen  der  einschlägigen  Literatur  Über  die  Mittel  zur 
körperlichen  Ausbildung  aufgeklärt  und  sur  Bildung  eines 
selbständigeu  Urtheils  ang«  re<jft  werden.  Diese  Einrichtung 
scheint  mir  imstande  zu  sein,  die  Candidaten  für  das  Lehramt 
an  den  Mittelschulen  mehr  als  bisher  für  die  körperliche  Er- 
ziehung /n  interessieren,  was  nach  vielen  Richtungen  von 
großem  Vorthtrile  wäre. 

Von  den  übrigen  Mitteln  zur  körperlichen  Ausbildung 
kommen  zunächst  die  Schülerwanderungen  und  Ausflüge 
in  Betracht.  Aus  den  bedeutenden  Ziffern,  welche  über  die 
Thdinahme  an  diesen  Unternehmungen  Torlie^en,  sieht  man 
so  recht  deutlich  die  Lust  und  Freude  der  bchüler  heraus. 
Dabei  ist  nicht  nur  der  Umstand  hervorzuheben,  dass  das 
b.  St.  U.  in  Reichenau  mit  40  Ausflügen  an  erster  Stelle  zu 
nennen  ist,  dass  die  b.  St.  K.  in  Kakonic  33,  die  St.  R.  in 
Brünn  30,  das  1.  d.  und  das  b.  St.  G.  daselbst  je  28  Wan- 
<ienini:''n  unternommen  haben,  sondern  auch  noeli  <h''r  Umstand, 
dass  süwoiii  Austlüge  über  einen  ganzen  Tag,  über  zwei  und 
mehr  Tage  innerhalb  des  Schuljahrejs  ausgeführt  worden  sind. 
So  hat  z.  B.  das  St.  G.  in  Triest  mit  140  Schülern  und  zehn 
Lehrern  einen  Ausflug  nach  Pola  gemacht  und  die  Alterthttmer 
in  Mitterburg-Pisino  besichtigt.  Euiezu  erhielt  die  Anstalt  eine 
Subvention  von  Seite  des  hohen  Unterrichtsministeriums.  Be- 
sonderer Aufmerksamkeit  erfreut  sich  auch  Carnuntum,  wo  die 
Raste  alter  römischer  Cultur,  von  kundiger  Hand  geleitet,  mehr 
und  mehr  aufgedeckt  werden.  Im  abgelanfenen  Jahre  haben 
das  Schotten-  und  Maxiniiliansgymnasium  in  Wien  dahin 
archäologische  Ausflüge  unternommen.  Diese,  sowie  der  des 
Triester  St.  G.  sind  im  Octoberheft  der  „Zeitschrift  für  die 


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Die  Förderung  der  körperlichen  Ausbildung. 


17 


dsienreiehiseheu  GymnaBien''  von  Herrn  Dir.  Dr.  Franz  Swida 
nnd  Herrn  Prof.  Hngo  Jurenka  in  ansehender  Weise  ge- 
schildert worden. 

Einen  zweitägigen  Ausflug  hat  die  St.  R.  iu  Linz  über 
Rerclitejägaden  nn  den  Königssee,  zurück  über  Hallein  und  Salz- 
biii-g  ;iusgei'ülu-t.  Auf  dieselbe  Dauer  erstreckte  sich  eine 
\\  aii  lt'i  ung  des  b.  St.  G.  iu  Kreuisier  und  des  b.  R.  G.  in 
Clii  udiiii.  Die  b.  St.  R.  in  Kuttenberg  hat  zwei  Schülerreisen 
iu  2 Vi?  beziehungsweise  iu  iV/i  Tagen  absolviert,  während  das 
b.  St.  G.  in  Kdniginhof  durch  5  Taee  die  benachbarten  Gane 
dorchsog.  Ja  selbst  in  der  rauhen  Juireszeit  sind  mehrstündige 
Wanderungen,  besser  bekannt  unter  dem  Namen  „Übungs> 
märsehe",  ausgeführt  worden,  und  zwarznerst  auf  Anregung  des 
CoUegen  K.  Fechter  an  der  IL  St.  R.  im  II.  Bezirke  Wiens, 
dann  auch  in  Brünn.  Neutitschein.  Cz^'rnowit/ ,  l'ndaiit/,  be- 
sonders aber  in  l^öhrupii.  Wenn  ich  mir  nurii  /u  Ijcnierken 
erlaube,  dass  der  Jahresa usHiif/  des  ganzen  (.xy muasiums  in 
Weidenau  sich  bis  in  die  neueste  Zeit  erhalten  hat,  dass  im 
ganzen  mindestens  351  Ausüüge  durchgeführt  worden  sind, 
so  wird  man  zugeben,  dass  auch  dann  eine  betiAchtliche 
Leistung  liegt.  Im  besondem  yerdient  noch  her^oraehoben 
zu  werden,  dass  am  St.  G.  der  Benedictiner  in  l£lk  der 
Herr  Prof.  Benedict  Hager  der  erste  ist,  weicher  als 
Zeichenlehrer  Studienausflüge  unternommen  hat,  um  die 
Schüler  auf  interessaTitf  GofffTistäncle  in  der  Natur  nufnierksam 
zu  machen  und  sie  zur  Äutertignng  ein^r  Skiz/.e  anzuregen. 

Werden  die  Studierenden  im  Laufe  des  Seluiljahres  su  mit 
dem  Wandern  vertraut  gemacht,  so  ist  es  wolil  selbstvt^rständ- 
lich,  dass  sie  in  deu  Ferien  freudig  den  Wauderstab  ergreifen, 
um  Land  und  Leute,  Sitten  und  Gebräuche  der  Bevö&erung 
aus  eigener  Anschauung  kennen  zu  lernen.  In  Bezug  auf  solche 
Ferialreisen  hat  sich  Herr  Prof.  Sallac  in  Reichenau  die 
größten  Verdienste  nicht  nur  in  theoretischer,  sondern  vielmehr 
noeh  in  praktischer  Beziehung  erworben,  da  er  seit  18*)0  jähr- 
lieli  mit  einer  größeren  Schülerzahl  des  dortigen  St.  G.  der- 
artige Reisen  iu  Osterreich  und  Deutseliland  ausgeführt  hat. 
Die  letzte  dauerte  14  Tage  im  August  und  führte  in  den 
liühmerwald.  Daran  betheiligten  sich  18  Schüler.  Die  dureli- 
schnittlichen  Kosten  betrugen  für  jedeu  2'J  Ü.  Außerdem  hat 
Profi  Sallaö  mit  61  Schülern  die  ethnographische  AuBstellung 
in  Prag  durch  drei  Tage  besucht,  wobei  ein  jeder  nur  7  n. 
auszugeben  hatte.  Für  eine  rege  Betheiligung  an  Ferialreisen 
treten  bereits  viele  Directionen  erfolgreich  ein.  Während 
1895  tausend  Schüler  derartige  Wanderungen  unternommen 
haben,  sind  es  1890  mindestens  1185,  da  einige  Anstalten  nur 
ganz  allgemein  sa^f  n  dass  mehrere  Schüler  Ferialr<Msen  unter- 
lioiiiiiien  haben.  Ilier  ist  auch  zu  erwähnen,  dass  in  der  Ferien- 
coliniie  zu  Steg  Schüler  Erholung  umi  Kräftigung  gefunden 
haben,  ebenso  mehrere  Schüler  in  Groli- Ullersdorf  in  Mähren. 
„ÖMwr.  lUttolflclialft*'.  XI.  Jilu«.  2 


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18 


Max  Gnttmann. 


Eine  der  beliebtesten  Leibesübungen  der  studierenden 
Jugend  ist  der  Eislauf,  der  seit  dem  hohen  Erlasse  vom 
15-  Spptenib<'r  189U  o^ütv/  nn(i»M-ordentliche  Fortschritte  auch 
in  der  Bevölkerung^  gt'inaclit  hat.  Das  Schiitteuf iih  reu  ist 
besonders  in  den  Internaten  eine  der  sjesuchtesten  Ere<»t7,lieli- 
keiten.  Selbst  das  Skiläufen  gewnmt  zusehends,  an  Aus- 
breitung. Berichte  hierüber  liegen  bis  jetzt  TOn  sechs  Anstalten 
Tor,  wo  mindestens  127  Schüler  sich  diesem  Wintonrergnügen 
nnter  der  Leitung  von  Professoren  hingaben.  Erwähnenswert 
sind  die  Ausflüge  des  L.  B.  G.  in  Baden  anf  das  eiserne  Thor 
nnd  die  der  St.  R.  in  Steyr  auf  die  Hänge  und  den  Kamm 
des  Damberges.  Dem  Baden  der  Schüler  wird  grobe  Auf- 
merksamkeit geschenkt,  und  die  Zahl  der  Freischwimmer  ist 
in  steter  Zunahme  begriflen.  Bei  dieser  Leibesübung  fällt  der 
Umstand  auf,  dass  die  österreiehiseheu  Programme  viel  mehr 
Schwimmer  ausweisen  als  die  preußischen,  obgleich  in  Nieder- 
deutschland die  vielen  Flüsse  und  Seen  mannigfache  Gelegen- 
heit zum  Betriebe  dieser  Übung  bieten.  Hier  verdient  noch 
hervorgehoben  zu  werden,  dass  manche  Glassen  an  der  d.  St.  R. 
in  Brünn  im  Tomsaal  derart  in  den  Schwimmbewegungen  unter- 
wiesen wurden,  dass  sie  nach  drei  bis  vier  Versuchen  im  Wasser 
als  Freisehwimmer  erklärt  werden  konnten.  Ein  Schul-Brause- 
bad  hat  nur  Karlsbad  aufzuweisen,  das  von  QS%  der  Schüler 
benützt  wurde.  Von  der  kräftigenden  Wirkung  des  Rudern s 
spreclien  12  Anstalten,  aber  nur  die  St.  Gn.  in  Ii ud  weis  und  Lau ds- 
kron  geben  auch  die  Zahl  der  Übenden  mit  102  -f-  92  =  lil4 
Schüler  au.  Fechtunterricht  wurde  den  bessern  Turnern  der 
Oberclassen  am  St.  G.  in  Pola  und  in  Krems  ertheilt,  und  die 
Turner  der  YII.  nnd  VIIL  Glasse  am  Elisabethj^ymnasium  in 
Wien  wurden  im  Kapierfecbten  unterwiesen.  Viele  Anstalten 
berichten  über  die  Zunahme  der  Radfahrer.  Ein  Schüler 
eines  Wiener  Gymnasiums  hat  ganz  allein  eine  Ferienreise  zu 
Rad  bis  Dresden  und  zurück  ausgeführt.  Endlich  möchte  ich 
noch  bemerken,  daf?s  der  Ilandfertigkeitsunterrielit  am 
Theresianum,  an  der  Speueder'schen  Erziehungsanstalt  in  Wien 
und  am  Ii.  G.  in  Karlsbad  eingeführt  ist. 

Die  hier  erwähnten  Leibesübungen  werden  an  sehr  vielen 
Anstalten  von  der  Schülerlade  gerne  und  kräftig  unterstützt, 
was  durch  die  Anseha£Pung  von  Schlittechuhen,  Eislauf-  und 
Badekarten,  Unterstützung  bei  Turnfahi-ten  u.  s.  w.  geschieht. 

Da  nun  die  Leibesübungen  einen  bedeutenden  Theil  des 
Tdeenkreises  der  Schiil»'!-  ausmachen,  ist  es  eigentlich  selbst- 
verständlich, dass  der  Professur  der  Unterrichtssprache'  theil- 
weisc  die  Themata  für  schriftliche  Arbeiten  aus  diesem  Ge- 
biete holt.  Während  1803  nur  sehr  wenige  solcher  Themen 
zu  linden  waren,  sind  im  abgelaufenen  Jahre  über  hundert  zu 
verzeichnen.  Fast  alle  Anatuten  lassen  die  Schüler  über  „die 
Vorzüge  und  den  Nutzen  der  Fußreisen"  nachdenken,  „die 
olympischen  Spiele",  „der  Eislauf,  „«bis  Radfs^en",  „das 


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Die  Förderung  der  körperlichen  Ausbildung. 


19 


Jugendspiel^  worden  vielfach  erörtert.  An  mehreren  Anstalten 
wurde  der  „Wert  des  Turnens''  und  „die  Annehmliehkeiten 

und  der  Nutzen  geselliger  Spiele'',  sowie  ^die  Wichtigkeit  und 
der  Wert  der  Leibesfitnnffen"  behandelt.  Es  wurden  Tiele 
Vergleiche  zwischen  den  olympischen  Spielen  und  den  Tur- 
nieren, sowie  den  Kanipfspieleu  im  Nibelungenliede  gezogen, 
und  an  mehreren  Anstalten  wurden  die  herührien  Themata 
aucti  zu  Rede  üb  untren  benutzt.  Diese  (legenstände  bieten 
vielen  Lehrern  und  erwachsenen  Schülern  Gelegenheit,  die 
körperlichen  Tugenden  ins  rechte  Licht  zu  setzen,  ihnen  Ge- 
rechtigkeit widenahren  an  lassen;  sie  bieten  die  passendste  Ver- 
anlassung, au  zeiffen,  dass  nieht  nur  Natur  und  Kunst,  Literatur 
und  Gesdiichte  allein  sich  für  die  schriftliche  Darstellung  eignen 
und  als  ethisches  Endehungsmittel  verwendet  werden  können. 
Durch  eine  derartige  geistige  Beschäftigung  der  Jugend  mit 
den  Leibesübungen  pf*»winnt  ihr»»  wirkliche  Durchführung  auf 
den  Übungsplätzen  naturgeniall  naen  höheren  Reiz  und  erzielt 
eine  stärkere  Wirkung.  Als  erwadisene  Männer  werden  sie  der 
körperlichen  Ausbildung  gewiss  mit  anderen  Ciefühlen  und  an- 
derer Erkenntnis  g<  gencfberstehen  als  die  Mehrzahl  unserer 
Mitbürger  in  der  Gegenwart! 

Das  zunehmende  Interesse  der  MittelschuUehrer  für  die 
körperliche  Ausbildung  der  Jugend  ist  auch  aus  dem  Zuwachse 
der  Lebrerbibliothek  wahr/u  nehmen.  sind  im  ganzen 
179  Werke  in  deutscher  und  11)  in  böhmischer  Sprache  an- 
geschafft worden.  Obenan  steht  Herrn  Prof.  L.  Lechners 
„Schule  und  Jugendspiel''  nebst  „14  Kasen.spif'leii",  das  nicht 
nur  in  30  Exemplaren  für  die  Lehrt'rhil)liol  litken ,  darunter 
z.  B.  am  p.  St.  G.  in  Bochnia,  sondern  aucii  iur  die  Schüler- 
bibliotheken am  Elisabethgyumasium  in  Wien,  am  L.  R.  G. 
in  Stockeraa  und  an  der  L.  II.  in  Waidhofen  a.  d.  Tbbs  an* 

geschafft  wurde.  Ich  freue  mich,  hervorheben  zu  können,  dass 
iedes  Werk,  besonders  im  ersten  Theile,  eine  ganz  hervor^ 
ragende  Erscheinung  in  der  Spielliteratur  im  allgemeinen  und 
in  der  Österreichischen  im  besondern  ausmacht,  und  dass  z.  B. 
die  Erläuterungen  übor  das  Lawn-Tennis-Spiel  sieh  durch  be- 
sondere Plastik  auszeichnen.  Doch  enthiilt  der  praktische  Theil 
nmnehes  Überflüssige,  während  dort  manches  sehr  Nützliche 
und  Nothwendige  fehlt.  Durch  diesbezügliche  Abänderungen, 
die  auch  in  Aussicht  gesteUt  sind,  könnte  dieses  Werk  eines 
der  brauchbarsten  für  den  Betrieb  der  Ju^ndspiele  werden. 
Bis  jetzt  ist  es  von  Wickenha^n  in  der  „Zeitschrift  fdr  Turnen 
und  Jugendspiep  und  von  mir  in  der  Monatsschrift  für  das 
Tarnwesen'*  besprodhen  worden.  Beide  Zeitschriften  werden 
von  Gymnasiallehrern  herausgegeben,  stehen  im  unmittelbaren 
Contacte  mit  der  Schule  und  sind  ein  wertvolles  Hilfsmittel 
in  der  Hand  di  s  dankenden  Turnlehrers.  Die  „Zeitschrift  für 
T.  u.  .)."  wird  auch  von  den  b.  St.  R.  in  Olmütz  und  Pardubitz 
gehalten.    Die  übrigen  deutschen  Fachzeitschriften  erscheinen 

8* 


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20 


Max  Gutttnann. 


alle  in  Deutsehland  oder  in  der  Schweiz,  aber  keine  in  Öster- 
reich. Hier  worden  bereits  dreimal  deutsche  Tumzeitungen 
begründet,  konnten  aber  nie  Uber  zwei  Jahre  bestehen.  £s  ist 
das  umso  bedauerliclior,  als  die  österreieLischen  Fachschrift- 
steiler  auf  (las  Ausland  nnirewiesen  sind,  die  dortigen  Z»>it- 
Fchriftcn  ;i1mt  wiederum  nicht  in  dem  Maße  in  Anspruch 
nehmen  kuimen,  als  es  nothwendig  wäre.  Von  den  öster- 
reichischen Fachzeitschriften  berücküichtigt  noeh  die  „Öster- 
reichische Mittelschule"  die  körperliche  Erziehung  am  meisten, 
kann  aber  dem  BedQrfnis  selbstyerstiindlieh  nicht  genfiffen. 

Die  hier  entworfene  Skizze  über  den  Stand  der  Körper- 
lichen Ausbildung  würde  jedoch  eine  klaffende  Lücke  aufweisen, 
wenn  ich  nicht  die  in  ihrem  Gefolge  einherschreitenden  außer- 
ordentlich mannigfaltigen  Tabellen  erwähnen  würde.  Diese 
sind  tlu^ils  umfassender  Natur,  wie  z.  B.  in  Aussig,  am  »St. 
U.  m  budvveis,  Ung.  Hradisch,  Kremsier  mit  24  bis  2t)  Rubriken, 
und  das  II.  St.  G.  in  Brünn  hat  sogar  eine  Tabelle  mit  28  Ru- 
briken aufzuweisen;  theils  behandeln  sie  besondere  Leibes- 
übungen, wie  turnerische  Leistungen,  unter  denen  das  Pent- 
athloninMelk  besonders  hervorgehoben  zu  werden  Terdient» 
und  das  der  weiteren  Pflege  und  regsten  Nachahmung  hiemit 
bestens  empfohlen  sei,  dann  Ausflüge,  Spiele,  Eislauf  n.  a.  m. 
An  der  St.  R.  in  Linz  werden  im  Texte  die  Chründe  angeführt^ 
warum  einzelne  Schüler  manche  Leibesübungen  nicht  pflegen, 
wodurch  manche  Anschauungen  eine  grelle  Beleuchtung  er- 
fahren. 

Eine  größere  Einheitlichkeit  ist  nur  au  den  niedfröstcr- 
reichischen  Mittelschulen  wahrzunehmen,  die  durch  den  hohen 
Erlass  des  L.  S.  R.  Tom  23.  December  1890,  Z.  10469,  herror- 
ge  rufen  worden  ist.  Von  hier  fand  die  Tabelle  Eingang  in 
Tiele  deutsche  Mittelschulen  und  mit  einer  Erweiterung  auch 
in  die  b.  8t.  R.  in  Kdniffgrätz,  worauf  sie  von  allen  Realschulen 
mit  b.  Unterrichtsspracne  nachgeahmt  wurde.  Sonst  obwalten 
jedoch  die  gröHten  Verschiedenheiten. 

Ungetheiltes  Interesse  riher  wird  wohl  den  Tnhpllen  /.u- 
theil  werden,  welche  das  Wachsthum  der  studierenden  Jugend 
verfolgen.  Die  Messungen  erstrecken  sich  auf  GröUe,  Brust- 
umfang, Gewicht  und  Kopfumfaug  und  werden  am  Theresianum 
in  Wien  seit  1888,  am  G.  G.  in  Aussig  seit  1893  und  an  der 
b.  St.  R.  in  Rakonic  seit  1895  vorgenommen.  Ja,  an  letzerer 
Anstalt  wird  sogar  die  Yitalcapacität  bestimmt,  das  ist  der 
Unterschied  des  Brustuiufanges  zwischen  Ein-  und  Ausathmnng. 
Da  aber  sowohl  in  Aussig,  als  auch  in  Rakonic  die  Zusammen- 
stellung nach  Classen  erfolgt,  zeif^en  ihre  MaÜzahlen  e^röHere 
Verschiedenheiten  mit  den  rsormalmalien  als  die  nach  dem 
Alter  der  Schüler  verfasste  Tabelle  des  Theresiannms.  Diese 
Form  ist  aber  gewiss  die  zweckmäßigere.  Alle  Messungen  aber 
leiden  an  dem  Mangel,  dass  die  Malistäbe  nicht  angegeben  sind, 
wodurch  Vergleiche  und  wissenschaftliche  Verwertung  fast  nn- 


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Die  Förderung  der  körperlicbea  Ausbildung. 


21 


möglich  werden.  Berüeksichtifft  man  daza  die  Yorhandenen 

großen  üntersehiede  in  den  Tabellen  bei  Beneke,  Broea, 
andois,  Quetelet  und  anderen  Physiologen,  so  wird  man 
angeben,  dass  durch  eine  Reihe  genauer  Messungen  manchem 
Zweige  der  Naturwissenschaften  sehr  nützliche  Dienste  er^Wesen 
werden  könntf^n,  ganz  ?.u  gesell wei<3^en  von  der  wohlthätigen 
RückwirkiiiiL'  uuf  das  Ha,us  uud  die  Bevölkerung.  Deshalb 
sind  Messunojen  zu  empfehlen.  Aber  die  vielerlei  Tabellen  sind 
nicht  uöthig.  Es  würde  z.  B.  eine  allgemeine  Tabelle  alle 
Leibesübungen  nebst  den  Krankheitsfällen  und  den  mit  einem 
körperlichen  Leiden  Behafteten  zn  enthalten  hab«i.  Sine  an- 
dere Tabelle  hätte  die  Wanderungen,  Ton  denen  sich  selten 
zwei  ganz  gleich  sehen,  zusammenzufassen,  und  die  dritte  Ta- 
belle müsste  über  das  Wachsthum  und  die  körperliche 
Leistungsfähigkeit  Aufschluss  geben.  So  verlockend  es  auch 
ist,  auf  die  Einzelheiten  der  Tabellen  einzugehen,  so  muss  ich 
es  mir  dennocli  aus  Mangel  an  Zeit  versagen.  Hier  möchte  ich 
nur  auf  die  ausgestellten  Tabellen  verweiaen,  welche  einen 
schwachen  Einblick  in  die  emsige  Thätigkeit  gewähren,  die  an 
den  alleimeisten  österreichischen  Mittelschulen  zur  Förderung 
der  körperliehen  Erziehung  besteht.  Möge  auch  fernerhin  den 
Bemühungen  zur  Hebung  der  Wohlfahrt,  zur  Festigung  der 
Gesundheit  uud  Rüstigkeit  des  heranwachsenden  Geschlechtes 
kein  geringeres  Wohlwollen  und  keine  geringere  Unterstützung 
von  Seite  der  Lehrer  und  hohen  Behörden,  wie  bisher,  zntheü 
werden. 

Aus  der  bisherirtf^n  Entwicklung  der  Sache  ergeben  sich 
demnach  folgeudi  W  ünsche  für  die  weitere  Ausgestaltung  der 
vorliegenden  Angelegenheit: 

1 .  möge  jede  Lehrerbibliothek  wenigstens  ein  Werk  über  die 
gesammte  körperliche  Erziehung,  dann  über  allgemeine 
Hygiene  und  über  Schulhygiene  im  besondem  besitzen; 

2.  sind  auch  den  Schülern  durch  die  Schfllerbibliotheken 
manche  Schriften  über  Leibesübungen  zugänglich  zu 
machen; 

3.  möge  an  jeder  Universität  ein  Seminar  für  Turnen  (oder 
für  die  körperliche  Ausbildung)  errichtet  werden,  zu 
welchem  alle  Lehramtscandidaten  für  Mittelschulen  zu- 
zulassen wären; 

4.  möge  der  Turnunterricht  allmählich  an  allen  Schalen 
obligat  und  mit  den  nothwendigen  Lehrmitteln  aus- 
gestottet  werden,  namentlich  mit  einem  freien  Turnplatz; 

5.  möge  sich  in  Fortsetzung  dieses  Raumes  der  Spielplatz 
anschließen; 

6.  mögen  die  Jugendspiele  dort,  v:o  der  Turnunterricht 
bereits  obligat  ist,  als  facultativer  Gegenstand,  und  wo 
die  Verhältnisse  besonders  günstig  liegen,  mögen  sie 
obligatorisch  mit  einer  Stunde  wöchentlich  für  jede  Classe 
eingeführt  werden; 


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22   Max  G  uttmann.  Die  Förderung  der  körperlichen  Ausbildung. 

7.  mögen  Wanderungen  in  jeder  Jahreszeit  unternommen 
werden,  die  sieh  zu  Weihnachten,  Ostern  und  Pfingsten 

anch  auf  mehrere  Tage  erstrecken  können;  sie  sind  in 
einer  Tabelle,  ähnlich  der  von  df»r  b  St.  R.  in  Rakonie 
znsamraenzustellea,  iiiul  die  sie  leitenden  Lehrer  sind 
vom  Staate  entsprecheiid  zu  honorieren; 

8.  möge  über  die  Betheiligiiug  au  den  verschiedenen  Leibes- 
übungen nur  eine  Tabelle  Auskunft  geben,  die  auch  das 
Turnen,  eTentnell  die  bievon  dispensierten  Scbfller, 

•  dann  auch  den  OesnndheitszuBtand  zu  berücksielitigen 
hätfce; 

9.  und  endlich  wären  Messungen  über  das  Wachstbum 
und  die  körperliehen  Leistungen  der  Schüler  zu  em- 
pfehlen.   

Mit  (li  in  Heutigen  war  ich  bestrebt,  der  liuchansehuliehen 
Versammlung  einen  Lberblick  über  die  so  mannigfachen  Be- 
strebungen zur  Förderung  der  körperlichen  Ausbildung  der 
studierenden  Jusend  zu  geben.  Es  liegt  in  der  Natur  der  Saehe, 
dass  ich  nur  Stidiproben  geben  konnte,  wahrend  die  eingehende 
Bescl^ftiguug  mit  ihr  ein  Gefühl  besonderer  Befriedigung  her- 
Yorrufen  wird,  weil  die  versehiedenen  Factoren  an  den  aller- 
meisten Orten  mit  einem,  ich  möchte  fast  sagen,  väterlichen 
WohlwollfTi  die  körperliclie  Ausbildung  zu  heben  bemüht  si?id. 
Darum  gebärt  tiefgefühlter  und  aufrichtiger  Dank  den  Männern, 
welche  den  ersten  Anstoß  zu  (iieber  bedeutuugSToUen  Bewegung 
gegeben  haben.   

Anhang. 

nttelschulen  ohne  Turnunterricht. 

A.  StautsiuiHtalten : 

1.  Gymnaisium  in  Buczacz;  2.  L'iitorg.  in  Cilli;  o.  l'nterg.  iu  Krain- 
burg;  4.  Gyinnasium  in  Suczawa;  5.  Gymnasinm  in  Neuhaus;  6.  (iyni- 
nasiam  in  Klattau;  7  rrymnasium  in  Jungbanxlaa;  Gymnaaum  in 
Neubjdzow;  d.  Gymnatdum  in  Zara. 

B.  Privatanstalten: 

1.  Stifts-G.  der  Benedictiner  in  Braunau;  2.  Gymnasium  der  Kran- 
ciscauer  in  Bozen;  3.  Pr.  G.  der  Jesuiten  in  Kalks  bürg;  4.  f.  e.  Pr.  G. 
am  Di5c«san-Knabeii*eniinar  in  Kremsier;  5.  bischöfl.  Knabenseminar 
auf  tlpTn  Freinl>prf^e  bei  Linz:  6.  Pr.  0.  am  bischöfl.  Knabenseminar  der 
Diöcese  Leitmeritz  in  Maria-Schein;  7.  polniaches  Pr.  G.  in  Teschen; 
8.  Pr.  G.  der  ^MfMce  l^lskA^  in  Troppan. 

Mittelsebulen  ohne  Jugendspiele. 

A.  Staatsanstalten: 

1.  Gpnnasium  in  Drohobicz;  2.  Gjmnaaium  in  Jasio;  3.  Keal- 
scbule  in  Krakau;  4.  Gjmnannm  in  Rovereto. 

B.  Privat-LehransUilten: 
1.  der  Franciscaner  in  Bozen;  2.  für  die  Gegenstände  des  Gymnasiums 
am  biflchOfl.  Knabenseminar  auf  dem  Fre  in  berge  bei  Linx. 


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Peter  Marescb.  Die  Frivatlectüre  in  den  altclassiscben  Spriusben.  23 


Die  Privaüectüre  in  den  altclassischen 

Sprachen. 

Vortrag,  gehalten  in  Yeraiiie  pMittelechuIe'  in  Wien  am  28.  Januar  1897 

Ton  Pkof.  Peter  Xareseli« 

Über  die  Frage,  wie  der  hohe  Ministerialerlass  Tom 
30.  September  1891,  Z.  1786/C.  U.M.,  aitszafQhren  sei,  gibt  es 
schon  eine  kleine  Literatnr.  leb  erwähne  vor  allem  den  Aufsatz 

des  Herrn  Landes-Schulinspectors  Dr.  J.  Hnemer  in  der  „Zeit- 
schrift für  österreichische  Gymnasien",  Jahrgang  1891,  S.  1029ff., 
den  Aufsatz  Ton  Prof.  F.  Süß  in  demselben  Jahrgänge  der 
Gymnasialzeitschrift.  Snpplemeutheft  S.  34  ff.,  den  Vortrag  des 
Prof.  Dr.  Anton  Prinutzit  am  8.  April  1893  im  Vereine  ..Mittel- 
schule" und  die  daraui't'olgende  Debatte,  beides  veröffentlicht 
in  der  „Osterreichischen  Mittelschule'',  V'll.  Julugaug,  S.  243  ff. 
and  S.  371  ff.,  den  Aufsatz  des  Dir.  Wilhelm  Peratboner: 
„Erfahrungen  der  Scbalpraxis  auf  dem  Gebiete  der  PriTatleetüre 
in  den  altclassischen  Sprachen",  y^Zeitsebrift  für  dsterreicbiscbe 
Gymnasien",  Jahrgang  1896,  S.  1029  ff.,  nud  den  „Erlass  des 
mährischen  Landesschulrathes  betreffend  die  Piivatlectttre  in 
den  altclassischen  Sprachen"  in  derasRlbcn  Jahrgange  der  zuletzt 
genannten  Zeitschrift.  S.  IC  17  ff.  Außerdem  habe  ich  noch 
beachtet  ein  vortreffliches  Büciilein  von  F.  Ranke:  „Rück- 
erinneruügen  an  Schuipforta  aus  der  Zeit  von  1814 — 1821'', 
ein  Werk,  das  eia  hochgeschätzter  Pädapotfe  als  ein  Exempel- 
buch  einer  jeden  theoretischen  FädagugiU  bezeichnet. 

Unsere  Lehr-  nnd  Erziebnngsthätigkeit,  die  unsere  eige  nt- 
Hcbe  Berufsarbeit  ist,  wird  mit  xlecbt  sehr  gerne  eine  Kunst 
genannt.  Es  genügen  also  Gesetze  und  Verordnungen,  Fach* 
wissen  nnd  scharfer  Verstand,  Kenntnis  der  pädagogischen 
Theorie  und  eine  gewisse  praktische  oder  mechanische  Fertig- 
keit noch  nicht  zur  vollen  Erreicliunc^  unserer  hohrn  Aul- 
^uln»,  sondern  es  müssen  mancherlei  sogenannte  Impundera- 
biiien.  deren  Summe  ich  mit  dem  Ausdrucke  „Macht  der 
Persönlichkeit"  bezeichnen  will,  mit  zu  einem  Ganzen  ver- 
einigt sein,  das  erst  den  Lehrer  zum  Künstler  stempelt.  Und 
als  Künstler  mnss  der  Lehrer,  durchdrunj^en  Yon  wahrer  Liebe 
zur  Jagend  und  auch  zum  Staate,  der  sie  angehört,  das,  was 
er  in  seinem  fast  fföttlicben  Berufe  leisten  oder,  richtiger  ge- 
sagt, schaffen  soll,  vorher  mit  der  schöpferischen  Pm^ntasie 
schauen.  Dass  aber  auch  der  Lehrer,  der  den  Namen  eines 
KüTi^^tlors  mit  vollstem  Hechte  verdient,  sein  vorher  im  (r^i'^te 
ge.^t  liimtes  Ideal  nie  im  allgemeinen  und  ;ni<'h  im  besonderen 
nur  selten,  und  da  nur  annähernd  verwirklichen  kann,  hat 


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24 


Peter  Maresch. 


seinen  Grand  darin,  dass  wir  Lehrer  alle  unser  lebendiges 
Material  nicht  so  in  unserer  Gewalt  haben  wie  der  KünsSer 
seinen  todten  Stoff,  den  er  beliebig  in  einen  geeigueteren  um- 
tauschen kann.    Ünd  doch  stehen  wir  sogar  höher  als  die 

Künstler;  denn  wir  dionen  dem  AVahren,  Schönen  und  Guten 
zugleich  und  haben  mit  diesen  drei  Meißeln  —  verzeihen  Sie 
diese  Metapher  —  die  uns  überantworteten  mit  rohen  Öteiu- 
blüeken  vergleichbaren  Seelen  allmiiiilich  in  menschenwürdige, 
d.  i.  gottähnliche  GesLaiteu  zu  verwandelii,  wir  haben  durch 
den  erziehenden  Unterricht  in  den  wichtigsten  Gebieten  des 
Wahren,  SehSnoi  und  Guten  echte  sittliche  Charaktere  heran- 
zubildeot  d.  h.  die  Grundzflge  su  diesen  CharaJrteren  za  bilden; 
denn  die  schlieOliche  feinere  Ausbildung  des  Charakters  voll- 
zieht sich  erst  später  „im  Strome  der  Weif,  wie  Strümpell 
sagt,  in  der  harten  Schule  des  Lebens. 

ich  habe  etwas  zu  woit  ;in«[Tp]inH,  alier  es  musste  sein; 
denn  wir  classische  Phih)h^gen  arbeiten  einmal  im  Sonnenlichte 
der  höchsten  Ideale  und  haben  die  herrliche  Aufgabe,  in  die 
empfänglichen  Herzen  der  uns  anvertrauten  Jugeud  Begeisterung 
oder  wenigstens  eine  gewisse  Wohlgeneigtheit  fUr  die  Ideen 
des  wahren  Humanismus  zu  pflanzen,  der  die  trabe  Seite  des 
irdischen  Daseins  TerkliLrt  und  das  Menschenthom  Teredelt. 

Und  wenn  es  mir  durch  diese  wenigen  Worte  gelungen 
sein  soll,  in  ihr  Bewusstsein,  meine  Herren,  eine  hochideale 
Auffassung  unseres  Berufes  zurückzurufen,  welche  wir  ja  h  ider 
oft  im  bitteren  Enist^  loichf  V4'iiieren  können,  so  kann  ich 
getrost  tiefer  hinabsteigen;  aber  ich  will  mich  in  der  Behand- 
lung meines  Themas  doch  auf  eine  noch  immer  ideale  Stufe 
der  Schulpraxis  stellen. 

Weil  eben  unsere  Lehr-  und  Erziehungsthatigkeit  eine 
Kirnst  ist,  kann  nicht  jeder  Erlass,  der  gewisse  Anforderangen 
an  die  SchQler  und  die  Lehrer  zugleich  stellt,  seinem  Inhalte 
nach  so  beschaffen  sein,  dass  er  sich  sofort  leicht  und  einfach 
durchfuhren  lässt,  sondern  mancher  legt  uns  die  Pflicht  auf, 
uns  zuerst  über  viele  Punkte  sowohl  durch  eifriges  Studium 
und  Nachdenken,  als  auch  dureli  praktiselie  Versuche  voll- 
stiiiidicTt'  ivlarheit  zu  verschatten.  Dann  sind  wir  endlieh  erst 
imstande,  das,  was  der  betreffende  Erlass  von  uns  verlangt, 
mit  der  uüthigeu  Einsicht  und  Geschicklichkeit  und  somit  auch 
mit  wahrer  Lust  und  Liebe  so  durchzuführen «  dass  das  von 
dem  Erlasse  vorgesteckte  Ziel,  den  Untemeht  oder  die  Er- 
ziehung oder  beides,  den  erziehenden  Unterricht  zu  fördern, 
in  Ubereinstimmung  mit  den  obersten  Zielen  des  Gymnasiums 
richtig  und  sicher  erreicht  wird.  Ein  solcher  Erlass  ist  der 
über  die  Privatlectüre ;  denn  er  enthält,  wie  die  fünfjährige 
Erfahrung  lehrt,  noch  immer  Punkte,  über  die  rfinf  Klarheit 
herrschen  muss.  Ich  will  diese  Punkte  zu  l)eleueiiU  n  suchen 
und  meine  ürtheile  in  die  Form  von  Thesen  kleiden.  Mögen 
Sie  dann,  meine  Herren,  sich  darüber  aussprecheu    und  im 


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Die  FriTatlectüre  in  den  altclassiscbeu  Sprachen. 


25 


IntereM  der  hoeliwielLtigen  Sache  meine  unmaßgeblichen  An- 
sichten berichtigen  und  ergünzen! 

Bevor  ich  aber  die  Art  der  Durchführung  des  hohen  Er- 
lasses bespreche,  will  ich  nach  einer  gewissen  philosophischen 
Methode  die  Frage  über  seine  Existenzberechtigung  be- 
handeln. Ich  darf  dies  thun.  Ja  ich  glaube  sogar,  dass  wir 
durch  eine  entgegengesetzte  Auffassung  der  obersten  Unter- 
richt sverwaltuug  keinen  Gefallen  erwiesen.  Denn  wir  haben  ja 
den  Vorzug,  daüs  wir  nicht  vom  grünen  Tische  aus,  sondern 
aus  der  eigenen  Erfahrung  reden.  Meine  Herren,  ich  schöpfe 
die  Frage  über  die  Existenzberechtigung  des  hohen  Erlasses 
aus  der  Thaisache ,  dass  die  Privatlectfire  nicht  an  allen 
Gymnasien  im  Sinne  des  hohen  Erlasses  in  gleicher  Weise 
betrieben  wird,  sondern  dass  sich  da  sehr  bedeutende  Unter- 
schiede zeigen. 

An  den  einen  Gymnasien  nämlich  wird  die  Privatlectüre 
sorgfältigst  gepflegt  und  die  Art  dieser  Pflege  vom  Director 
und  vom  Landes-Schuiinspector  genau  überwacht,  an  anderen 
wieder  wird  zwar  der  bedeutende  Wert  des  hohen  Erlasses 
anerkannt  und  der  Freude  und  Anerkennung  Ausdruck  geliehen, 
wenn  der  eine  oder  andere  Lehrer  emsthch  und  mit  Erfolg 
diesen  häuslichen  Fleiß  der  Schaler  anspornt  und  würdigt, 
aber  es  verbleibt  bei  diesen  Einzelfallen.  Die  übrigen  Gym- 
nasien halten  mehr  oder  weniger  die  Mitte  ein.  Fasse  ich 
die  äußersten  Enden  des  angeführten  Gegensatzes  ins  Auge, 
so  muRs  ich  aus  Erfahrung  und  nus  voller  Überzeugung  er- 
klären, dass  auf  dem  einen  äußersten  i'  lriirel  aus  Übereifer  zu- 
viel geschieht,  auf  dem  anderen  zu  wenig  oder,  wenn  ich 
recht  gehört  liabi^  sogar  fast  nichts.  Dass  sich  da  überhaupt 
gleichsam  zwei  feindliche  Lager  gebildet  haben,  das  gibt  Ver- 
anlassung genug  zum  Nachdenken,  zumal  da  in  beiden  tüch- 
tige Lehrkriifte  mit  eigenem  ürtheile  stehen.  Sie  sehen  ako, 
meine  Herren,  ich  musste  zunächst  die  Frage  nach  der  Existenz» 
berechtigung  des  hohen  Erlasses  aufwerfen.  Doch  bei  tieferem 
Einblicke  verhält  sich  die  Sache  so,  dass  auch  auf  der  schein- 
bar passiven  Reite  die  Schüler  in  .stattlicher  Menge  sich  eifrig 
der  Privatlectüre  widmen,  aber  nicht  aufgefordert,  geschweige 
gezwungen  werden,  sie  anzugeben  und  sich  au.s  ihr  prüfen 
zu  lassen.  Denn  es  wird  auch  da  den  Schülern  der  hohe  Er- 
lass  oft  und  oft  in  Erinnerung  gebracht,  aber  ihnen  folgender 
Bath  gegeben  (ich  habe  die  Erlaubnis,  dies  hier  mitzutheilen): 
,iLeset  fleißig  privatim,  besonders  die  oder  jene  Partien  aus  dem 
oder  jenem  Classiker!  Es  wird  mich  freuen,  wenn  sich  viele  zur 
Prüfung  melden;  aber  wer  sich  nicht  meldet,  hat  den  Vortheüt 
dass  er  vielleicht  aus  einer  gelesenen  Stelle  bei  der  Matura  ge- 
prüft wird.*'  Der  glückliche  Zufall,  der  hier  «iftef  wie  in  der 
Lotterie  eine  Rolle  spielt,  l)estärkt  selbstverständlich  die  jüngere 
Generation  in  dem  Vorsatze,  dasselbe  zu  thun;  und  dieser  Vorsatz 
kann  felsenfest  werden,  so  dass  er  ein  gewaltiges  Hindernis  für 


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26 


Peter  Maresch. 


die  DarchfÜhruiig  des  Erlasses  bildet.   An  manchen  Anstalten 

Sebt  man  einen  Schritt  weiter  und  lässt  sich  vor  der  schriftlichen 
[atura  die  privatim  gelesenen ,  aber  nicht  geprüften  Partien 
mittheilen.    Natürlich  tritt  da  eine  Tolle  AiSrichtigkeit  nicht 

7Aitage.  —  Hebe  ich  das  Gemeinsame  heraus,  so  ergibt  sieh,  dass 
die  beiden  Gegensätzp  doch  nicht  so  grell  sind,  ;ils  es  vielleicht 
unseren  obersten  Behörden  scheinen  mag.  \  ieiieicht  gelingt 
es  uns  in  der  lieutigen  Debatte,  eine  solche  Klarheit  zu  schaffen, 
dass  die  Schranke  zwischen  den  beiden  Auffassungen  füllt  und 
die  altbewährte  Mittelstraße  sichtbar  wird  und  roide  Parteien 
anlockt,  auf  ihr  zu  wandeln. 

Warum  sind  wir  alle  dafür,  dass  die  Sehttier  recht  eifrig 
der  Privatlectüre  sich  hingeben  sollen Der  Grund  ist  evident. 
Deshalb,  weil  wir  in  dem  mehr  oder  minder  emsigen  Betriebe 
der  Privatlectüre  vor  allem  ein  entsprechendes  sichtbares  Zei- 
chen des  Interesses  erkennen,  und  dann  zweiten«  durch 
diese  freiwillige  häusliche  Arl)eit  nicht  nur  die  SchuUeclüre  eine 
—  ich  kann  sagen  —  unentbehrliche  Vertiefung  und  Er- 
güii/ uiig  gewüiut,  sondern  auch  die  für  da^  Leben  und  den 
ifinftigcii  Beruf  unbedingt  nöthige  geistige  Selbständigkeit 
sehr  gefSrdert  wird  und  diese  beiden  Kesul&te  den  Fortschritt 
des  Schulunterrichtes  erst  recht  beleben  und  sichern.  F.  Ranke 
erzählt  in  d{  iii  angeführten  Buche  Fönendes:  „Die  Anstalt  ver- 
suchte zugleich  durch  die  Forderung  ausgedehnter  Privat- 
besfhäftirrnnfr  dif  einzelnen  Schüler  zur  Anstrengung  ihrer 
tM[jeaeu  Kräfte,  zum  Selbststudium,  zum  ArbeitenlfTTHMi  anzu- 
leiten." S.  104.  —  „Eine  Hauptaulgube  des  Privatstudiuius  auf 
der  Schule  war  die  Privatlectüre  der  Classiker:  sie  war  so  in 
den  Geist  aufgenommen  und  zur  Gewohnheit  geworden,  dass 
nur  unfleißige  Schüler  sich  derselben  entschlugeu,  die  besseren 
aber  sämmtlich  ihr  mit  wirklichem  Eifer  oblagen."  8.  107.  — 
ifWenn  wir  in  der  Schule  das  meiste  nur  stückweise  lasen, 
sollten  wir  das  Fehlendr  durch  Privatlectüre  ergänzen.''  S.  108. 
So  war  es  damals  in  Schulpforta,  in  einer  jedem  Obergymna- 
siasten rühmlichst  l>pka!inten  Lehranstalt.  Was  die  anderen 
obligaten  Lehrfächer  betutit,  so  dar!"  ich  hi»'r  nicht  unerwähnt 
hiÄsen,  dass  auch  der  Pr  dVssor  der  Mathematik  eine  riesige 
Freude  hat,  wenn  recht  viele  Schüler  den  häuslichen  Fleiß 
ausdehnen  und  ihre  Kraft  weiterüben,  ludem  sie  aus  den 
Beispielsammlunjg^n  auch  die  übrigen  Beispiele,  welche  in  der 
Schule  nicht  behandelt  werden  können,  zu  Idsen  suchen  oder 
sich  sogar  mit  eigener  Combinationsgabe  Probleme  zur  Lösung 
bilden.  Und  niem»  minder  begrüüt  es  der  Professor  der  Unter- 
richtssprache, wenn  die  Schüler  daheim  recht  gerne  lesen,  und 
scheut  keine  Mühe,  um  diesen  privaten  Eifer  auf  die  richtigen 
Wege  und  zai  schönen  Zielen  /u  fülireu.  Und  ähnlich  verhält 
es  sich  in  den  anderen  (xegenstiinden.  Das  offenkundige  In- 
teresse für  den  Gegenstand  ist  ja  für  den  Lehrer  desselben 
der  schönste  und  höchste  Lohn  und  erfüllt  sein  zur  liescheiden- 


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Die  PrivatlectUre  in  den  aitclassischen  Sprachen. 


27 


heit  erzogenes  Herz  mit  bei  weitem  innigerer  Freude  als  alle 
Anerkennungen  und  Belobongen  der  Vorgesetzten. 

Ich  kann  jetzt  die  erste  These  aufstellen: 

^Priratlectüre  in  den  beiden  altclax.^ischen  Sprachen 
ist  zu  betreihen:  denn  xie  ist  das  sichtbare  V^eichcn  dex 
tnteresses.  dessen  Enreckung  schon  der  Organisa f ion\- 1\ n f- 
wurf  als  dnx  erste  7Jcl  hinxtellt,  und  ist  nnhedingt  mdk- 
wendig  ^-nr  ^Cr/icfuny  and  Ergänzung/  der  Schullecfih'e 
und  zur  tovderung  der  Selbständigkeit  in  aeistiger  Arlteii.^ 

Daran  reihen  sich  sofort  von  selbst  folgende  Gedanken: 
Oberlassen  wir  aber  den  Schülern  die  Wahl  der  Autoren 
und  der  Partien  aus  denselben,  so  liegt  die  große  Gefahr  zu 
nahe,  dass  der  eine  uml  der  andere  Schüler  btellen  liest,  die 
geeignet  sind,  seine  Phantasie  und  sein  Herz  zu  vergiften, 
oder  sich  über  Stollen  abmüht,  die  von  der  Aufgabe  des  Gym- 
nasiums /n  abseits  liegen,  so  djiss  or.  anstatt  sein  ^Vissen  und 
sein  Können  zu  vertiefen,  dieses  beide  m  Verwirrung  bringt,  weil 
eben  die  nöthige  geistige  Keife  zu  einer  halbwegs  klaren  Auf- 
fassung uud  Aueignung  fehlt.  Ks  könnte  somit  leicht  ein 
nnverantworthcher  Schaden  angerichtet  werden,  wie  er  tiiat- 
siehlich  ohne  unsere  Schuld  nicht  selten  entsteht,  indem  blinde 
Eltern  unseren  Gymnasiasten  eine  Lectüre  in  der  Mutter-  oder 
Unterrichtssprache  angehen  lassen,  welche  die  jugendlichen 
und  daher  leicht  yerf^baren  Köpfe  und  Herzen  auf  verderb- 
liclie  Bahnen  drängen  muss.  Wir  alle  machen  ja  da  oft  sehr 
traurige  Erfahrungen.  Nach  meiner  Ansicht  aber  soll,  wie  ich 
mich  vor  Jahren  in  einem  Program mauisatze  ausgesprochen 
habe,  die  Lectüre  der  alten  Schrittsteller  1.  durch  ein  genaues 
grammalisciies  uud  lexikalisches  Verständnis,  treues  und  ge- 
schmackvoUes  Übersetzen  und  Erfassung  des  logischen  Zu- 
sammenhanges und  Heraushebung  der  naupt-  und  Grund- 
gedanken die  Denkkraft  des  Schttiers  fördern,  2.  die  Phantasie 
er&isehen»  nähren  und  veredeln,  3.  einen  Einblick  in  das 
bewunderungswürdige  Geistesleben  der  beiden  Gulturvölker  ge- 
währen, in  welchem  die  menschliche  Natur  in  so  mancher 
Dichtung  zur  höchstmöglichen  Vollkommenheit  gelangt  ist.  wel- 
ches ferner  eine  der  Hauptquellen  unserer  Cultur  ist,  und  dessen 
Denkmäler  verschiedener  Art  noch  heute  auf  einige  Wissen- 
schaften und  Künste  einen  unersetzlichen  bildenden  Einfluss 
ausüben  und  wohl  immer  ausüben  werden,  und  4.  durch  Er- 
regung Ton  edlen  und  erhabenen  Gefühlen  und  bleibende  An- 
eignung einer  großen  Menge  edler  und  erhabener  Gedanken, 

theils  auf  dem  Wege  der  Abstntction  su  gewinnen  sind, 
theils  in  den  vielen  Sentenzen  schon  fertig  vorliegen,  eine 
sichere  Grundlage  zur  Bildung  eines  sittlichen  Charakters 
schaffen.  Ich  schloss  diese  Worte  mit  dem  Wunsche,  dass 
diese  vier  Gesichtspunkte  die  fortschreitende  Lectüre  und  die 
Wiederholung  leiten  uud  auch  der  Vorpräparation  ein  bestimmtes 
Gepräge  verleihen  mögen,  damit  auch  diese  den  Schüler  anrege 


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28 


Peter  Maresch. 


und  sein  Interesse  wecke.  Ich  musB  hier  zur  Ergänzung  hin- 
zufügen, dass  auch  die  Privatleetüre  dieselbe  Aufgabe  wenn 
auch  meist  nur  iu  aunähertuler  Weise  —  leisten  müsse. 

Es  folc^t  imn  die  zweite  These: 

„Damit  die  Schüler  im  allgemeitwn  eine  richtiffe  Wahl 
der  Privatlecfüre  treffen  können y  moyc  mit  Genvhmigttng 
den  hohen  Ministeriums  eitw  passeiide  Auswahl  von  Partien 
und  ganzen  Werken  aus  Jenen  umfangreichen  Schulclassikern, 
wm  denen  nur  neile  in  den  Mnden  der  Sehüier  itein 
kßnnen^  und  aue  einigen  CUuteikemj  die  in  der  Schule  niehi 
gelesen  werden  ^  gewissenhaft  und  forgfäiiig  zusammen/^ 
gesteüi  und  mii  nüi%Uehen  Einleitungen  und  den  noth" 
wendigen  Anmerkungen  versehen  werden ;  und  diese  Büchlein 
sollen  einen  mäßiffen  Preis  haben  und  armen  SchiUem 
unentgeltich  verabfolgt  werden.^ 

Ich  muss  hier  in  Krinnerung  ))riiigeü,  dass  Prof.  Dr.  Anton 
Primozic:  in  dem  erwähnten  Vortrage  bereits  eiueu  Canon  der 
zur  Privatlectüre  sich  eignenden  Autoren  und  Schriftwerke 
angedeutet  hat,  und  dass  l)ir.  Anton  Stitz  eine  solche  Samm- 
lung mit  Erläuterungen  herausgeben  zu  wollen  scheint  und 
schon  den  I.  Band,  der  das  26.  Buch  von  Livius  enthält,  im 
Buchhandel  hat  erscheinen  lassen. 

Diese  beantragten  Ausgaben  und  die  Schulbücher  sichern 
aber,  wie  ich  gesagt  habe,  nur  im  nllgemeinen  eine  richtige 
Wahl  der  Privatlectüre.  Eine  iiiclit  geringe  und  nicht  leiclite 
Aulgabe  des  Lehrers  wird  es  nun  sein,  jeden  Schüler,  der  sich 
der  Privatlectüre  unterziehen  darf  und  will,  mit  Berücksichti- 
gung des  speciellen  Interesses  und  des  daraus  fließenden  Wun- 
sches nach  seiner  Indindnalil&t  imd  nach  der  Unterrichtsstufe 
auf  die  geeignetsten  Partien  in  ttberzeugender  und  aneifemder 
Wei{:e  aufmerksam  zu  machen. 

Doch  das  ist  noch  nicht  genug.  Es  muss  eine  andere 
Aufgabe  vorangehen.  Es  ist  auch  Pflicht  des  Lehrers,  das  In- 
teresse für  die  Privatlectüre  schon  bei  seinem  Entstehen  in 
eine  heilsame  Richtung  zn  lenken  zu  suchen,  d.  h.  bei  der 
Schullectüre  die  Schüler  auf  Partien  und  Stellen  desselben 
oder  eines  anderen  Autors,  welche  die  von  ihm  erwünschte 
Vertiefung  und  Ergänzung  bieten  können,  neugierig  und  ge- 
spannt zu  machen.  Ferner  ist  es  Pflicht  des  Lehrers,  durch 
eme  klare  Methode  den  Schfllem  die  Hauptgesichtspunkte  ein- 
zuprägen, nach  welchen  die  altclassische  Leetüre  nach  seiner 
Überzeugung  betrieben  werden  solle.  Diese  beiden  Pflichten 
hude  ich  in  dem  citiei-ten  Büchlein  von  Ranke  kurz  und  treffend 
ausgedrückt;  es  heißt  dort  S.  108:  „Zur  Privatlectüre  zu  reizen 
und  die  Hauptgesichtspunkte,  die  wir  dabei  ins  Auge  zu  fassen 
hätten,  zu  zeigen,  war  der  Zweck,  den  die  Lehrer  in  der 
Leetüre  und  Interpretation  verfolgten.  .  .  .  Durch  die  Mannig- 
faltigkeit der  Leetüre  sollten  wir  uns  den  Prosaiker  oder 
Dichter  aufsuchen,  der  vorzugsweise  unserem  Geiste  zusagen 


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Die  Privatlectüre  in  den  altclassischen  Sprachen. 


und  uns  zu  Anstrengungen  anlocken  wflrde."  Meine  Herren, 
die  Privatlectüre  erreicht  erst  dann  ihren  Zweck,  wenn 
sie  in  Bezug  auf  das  Interesse  zu  ihr,  in  Bezug  auf  die 
Auswahl  und  in  Bezug  auf  die  Art  des  Betriebes  gleich* 
sam  organisch  ans  dem  Schulunterrichte,  aus  der 
Schullect iire  herauswächst.  Aber  wir  alle  -^vissen  ans  Er- 
fahrung, dass  trotz,  der  Vorpräparation  die  Schullectüre  oft 
selbst  begabten  und  tüehtigen  Schülern,  wenn  sie  nicht  zu 
unerlaubten  Mitteln  greifen  und  ohne  Hauslehrer  arbeiten, 
nicht  geringe  Schwierigkeiten  bietet.  Wir  freuen  uns  aber 
über  diese  Schwierigkeiten,  weil  sie  uns  eben  Gelej^enheit  geben, 
durch  Kreuz*  und  Querfiragen  die  richtige  £ii)^cht  hervorzu- 
rufen  nnd  so  rege  Auimerksamkeit  und  freudigen  Eifer  zu 
wecken  und  in  diesem  ^nstigen  Augenblicke  Neues  mit  Erfolg 
anzuknüpfen.  Wie  schwierig  muss  sich  daher  die  Privatlectüre 
gestalten I  Es  sind  ja  diejenigen,  welche  sie  betreiben,  Gym- 
nasialschüler, nicht  approbierte  Philologen,  es  sind  das  Jüng- 
linge, nicht  Männer;  es  fehlt  ihnen  also,  mögen  sie  in  der 
altclassischen  Philologie  noch  so  tüchtig  und  gewandt  sein, 
doch  die  nöthige  Keife  des  Alters  und  der  Erfahrung,  um  über 

frößere  Schwierigkeiten  endlich  doch  selbständig  hinwegzu- 
ommen  und  alles  verstehen  zu  können.  Wenn  wir  aber  die 
Privatlectüre  nur  von  diesem  strengen  Standpunkte  aus  be- 
trachteten, so  müssten  wir  sie  wohl  verdammen  oder  nur  auf 
eine  höchst  geringe  Auswahl  von  Partien  beschränken.  Dann 
müs'-ten  wir  aber  auch  über  die  Privatlectüre  in  der  Unter- 
richtssprache dasselbe  harte  Urtheil  fällen.  Und  wenn  ich 
diesen  Gedanken  weiter  ausspinne,  so  müssten  wir  jüngere 
Professoren  selbst  manche  Leetüre  auf  das  Greisenalter  ver- 
schieben, weil  uns  da  erst  das  wahre  Verständnis  käme.  Jener 
Einwurf,  der  thatsachlich  in  allem  Ernste  wiederholt  gemacht 
wird,  ist  also  ad  aheurdum  geführt.  Aber  das  erhellt  aus  dieser 
Betrachtung,  dass  wir  Lehrer  den  Schüler  bei  der  Pflege  der 
mit  unserer  Übereinstimmung  gewählten  Privatlectüre  ein 
wenig  unterstützen  und  bei  der  Prüfung  milder  beurthei- 
len  müssen.  Denn  sonst  ist  die  Lust,  wenigstens  in  dem 
Herzen  des  mittleren  Schülers,  bald  erkaltet,  oder  der  Schill»'!- 
vertieft  sich  mir  aller  Intensität  in  die  gedruckte  Übersetzung 
statt  in  das  Original,  „Es  dürfte,"  heißt  es  in  dem  erwähnten 
Buche  von  Rauke  S.  116,  „das  Beispiel  Pfortas  sehr  der  Be- 
achtung wert  sein:  das  HerabdrQeken  der  Censuren  ist  dem 
Jflnglin^alter  nicht  errorießlich;  natürlich  muss  alles  der 
Wanrheit  gemäß  sein,  aber  man  muss  bedenken,  dass  Tadel 
selten  be.ssert,  zu  rechter  Zeit  gespendete  Anerkennung  aber 
Muth  und  Freudigkeit  hebt.  Ehrgeiz  ist  in  Pforta  nie  an- 
i^e^^tachelt ,  Wetteifer  stets  augeregt  worden."  Daraus  folgt 
dreierlei:  1.  Der  Lehrer  muss  dem  Schüler  außer  den  im  Schul- 
unterrichte gewonnenen  Gesichtspunkten  noch  gewisse  andere 
geben,  nach  welchen  er  gerade  das  gewählte  Pensum  lesen 


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Peter  Marescb. 


soll,  und  ihn  nach  diesen  prQfen;  hat  der  Schüler  mehr  heraus- 
gefunden, sich  also  fähiger  gezeigt,  desto  größer  ist  dann  sein 
Verdienst '  und  das  Lob  des  Lehr»'r>  i^elbstverständlich  ist« 
dass  der  Lehrer  deu  Schüler  aucli  anleite,  mit  der  Feder  in 
der  Hand  zu  lesen  und  kurz  und  bündig,  somit  ohne  zeit- 
raubende Vielschreiberei  das,  was  leicht  vergessen  werden  kann, 
and  das,  was  er  mit  Mühe  gefunden  hat,  sich  zur  späteren 
Wiederholung  vor  der  Matara  zu  notieren.  Der  Erfolg  dieser 
Arbeit  ist  zngleieh  ein  sittliehes  Ergebnis,  das  dem  Schiller 
im  weiteren  Studium  und  im  Lehen  sehr  zugute  kommen  wird. 
2.  Der  Schüler  muss  auch  von  seinem  Lehrer  eine  freundliche 
und  wohlwollende  Zusage  erhalten,  wenn  er  ihn  bittet,  ihm 
über  eine  Anzahl  schwipricr  scheinender  Stellen  zu  einer  ge- 
lejyenfMl  Zeit  die  iiötliiire  Aul  kliirnng  zu  geben.  5.  Die  Schüler- 
bibliütliek  möge  in  ausreichendem  Maße  die  Geldmittel  zur 
Anschajffung  der  nöthigeu  Behelfe  in  je  mehreren  Exemplaren, 
d.  i.  der  geeigneten  Commentai'e  und  anderer  wichtiger  Bücher, 
welche  dem  Verstandnisse  oder  dem  Anschauungsunterrichte 
dienen,  erhalten.  Ich  gehe  da  weiter  als  Dir.  W.  Peratiioner 
in  dem  genannten  Aufsatze  S.  1039.  Denn  er  verweist  zu- 
nächst auf  die  Privatbibliothek  des  Lehrers  und  fügt  dann 
Folgendes  hinzn:  ,.T)a  jedoch  auf  diesem  Wege  dem  Bedürfnisse 
der  Schüler  nicht  in  ausreichendem  Maße  Kechnimfr  tretragen 
werden  knnn,  so  empfiehlt  es  sich  im  Wege  der  jahrlichen 
Anöchatiuiigeu  für  die  Schülerbibliothek  nach  Maßjrabe  der  zu- 
jjebote  stehenden  Mittel  allmählich  auch  den  Bedail  an  ent- 
sprechenden  Behelfen  für  die  Privatlectüre  zu  decken."  Be- 
scheidenheit ist  eine  schöne  Tugend;  aber  wie  die  Kinder  in 
jenen  Fällen,  in  denen  es  sich  um  ihr  zukünftiges  Wohl  han- 
delt, mit  leichter  Mühe  von  ihren  Eltern  die  nöthigen  Geld- 
opfer erluigen,  so  darf  auch  der  Staat  mit  dem  Gelde  nicht 
geizen,  wenn  er  damit  das  Wohl  seiner  Jugend  und  somit  auch 
des  Staates  in  der  Zukunft  fördern  knnn. 

?5o  gelangen  wir  zur  dritten  These: 

„/>er  lA'hrrr  hat  die  P/iirhf,  im  all meinen  durch  eiU- 
xprechende  Hvliandlung  der  Schullectüre  und  im  i/eMfuderen 
durch  wohlwollenden  und  aotcolü  die  Individualität  aU  auch 
nach  Möglichkeit  die  bewnderen  W&wtche  berüdssichiigeri^ 
den  Rath  auf  eine  für  die  Vertiefung  und  Ergänzung  des 
SehUunierriehte»  geeignete  Wahl  der  Privatlectüre  auf- 
merksam zu  machen  und  diese  mit  freundlicher  Bereit'^ 
Willigkeit  so  'zn  Icifvii,  daxs-  der  Schüler  sie  in  der  er- 
iDÜnschten  M  eise  jf/Iff/cn  uml  Scfurierigkeiten  ohne  unerlaubte 
Mittel  überwinden  könne;  hiezu  mn.ss  der  Lehrer  in  der 
Lage  sein,  auf  die  in  der  Schülerbibliothek  vorhandenen 
nöthigen  Behelfe  hinzuweisen,^ 

Jetzt  ist  die  Frage  aufzuwerfen,  ob  alle  Schüler  oder  nur 
gewisse  zur  PiiyatlectOre  heranzuziehen  seien.  Ich  will  diese 
Frage  kurz  abthun  und  ihre  Antwort  sogleich  in  eine  These 


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Die  Privatlectüre  iu  Ueu  altcla&äiscben  Sprachen. 


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kleiden.  Denn  dieae  Frage  ist  dnrch  den  erwähnten  Vortrag 
des  Prof.  Dr.  Anton  Frimoziö  und  die  darauffolgende  Debatte 
genügend  beleuchtet  und,  wie  es  seheint,  auch  schon  durch  die 

Praxis  so  ziemlich  entschieden  worden.  Es  heißt  nämlich  in 
dem  bekannten  Erlasse  des  mährischen  Landesschulrathes: 
^Zum  Betriebe  der  Privatlectüre  sind  zunächst  die  begabtesten 
und  strebsamsten  Schüler  berufen.  Aber  aucli  mit  dem  Mittel- 
schlage der  Schüler  lassen  sich  auf  diesem  Gebiete  erfahr  an ^s- 
gemäB  erfreuliche  Erfolge  erzielen."  Diese  Worte  decken  sich 
mit  folgender  persönlicher  Ansicht  des  Herrn  Lsndes-Sehnl- 
inspectois  Huemer,  die  er  in  dem  eitierten  Ati&aAze  8.  lO'H 
ausspricht:  „Da  schwächere  Schüler  mit  dem  vorgeschriebenen 
Jahn»spensnm  genug  sn  thun  haben,  dflrlke  es  im  Interesse 
dieser  gelegen  sein,  ihnen  von  freiwill i ixen  Leistungen  absu- 
rathen.'*'    Tv<  luntt^t  also  die  viei'te  These: 

^Sitfc/ien  Schuler/i.  trc/c/ic  iiiil  Vo//i  mler  gar  nicht  die 
Anfordn  u/Kjcn  des  Scfn/lfinh  rrn  /t/cx  in  der  uttclaxsischen 
Philologie  bewältiyeiiy  und  wtthl  auch  solchen^  welche  ztcar 
hier  entsprechen,  aber  in  einem  oder  mehreren  «cm  den 
übrigen  obligaten  Lehrgegenetänden  nicht  genügende  oder 
schwache  Leistungen  aufweisen,  ist  vorderhand  entschieden 
von  der  Pflege  der  Privatlectüre  ahzurathm.^ 

Es  darf  aber  anderseits  dem  Lehrer  kein  Vorwurf ,  am 
irfinifjsten  der  der  Unfähigkeit  gemacht  werden^  wenn  in  irgend 
einer  Classe  von  jenen  Schillern,  die  mit  leichter  Mühe  Fr i ruf. 
lectüri'  hefri'ihen  kötinen ,  trotz  seiner  pädagogisch- didakti sc it»-n 
Be.miihtnig  verhältnismäßig  zu  wenige  seinem  die  Grenzen  des 
Zwanges  nicht  überschreitenden  Ruthe  Folae  leisten,  denn  es  gibt 
SehüUr,  wel^  »war  m  aUen  obligatm  Fäehem  sehlSne  Restdtalt 
«rzieUnf  aber  gerade  dem  Latein  und  dem  Grisehisdien  nickt 
jene:*  hohe  Iniet*esee  entgegenbringen,  um  sieh  zu  weiterem  häuS' 
liehen  Fleiße  angespornt  zu  fühlen,  sondern  dasselbe  lieher 
einem  anderen  Gegetustande  zmoenden.  Es  wäre  ein  bedeuten- 
der pUdagogi scher  Fehler,  solche  Schiller  auch  nur  den  leisesten 
f^innnth  des  Phi/olngen  fühlen  fassrn,  sorrnhf  im  Interesse  der 
liniohxjiH  als  nin:h  der  übrigen  obligaten  Gegenntändef  welche  ja 
den  Ix'iden  plii^o/tn/isrhen  nh  gleichwertig  gelten. 

Ünd  was  die  Prüfung  aus  der  Privutlectüre  bei  der  Matura 
anbelangt,  so  wäre  weiter  als  fünfte  These  hinzuzufügen: 

j^Mat  ein  Schüler^  der  in  dem  Gesuche  um  SSutassung 
%ur  IHaturiidtsprafung  erklärt  hat^  dass  er  aus  der  Privat' 
lectüre  geprüft  werden  wolle,  sieh  in  der  schriftlichen  und 
mündlichen  Maturitätsprüfung  schwach  gezeigt,  .so  ixt  ex 
Sache  der  Priifungscommissinny  bis  vor  Xhs'rhlnss  der  fVm- 
/crntz  SM  etitscUviden^  ob  noch  eine  Prüfung  aus  der  Privat" 
lecture  utatt finden  aolle  oder  nirht.^ 

Ich  glaulir  il;t  mit  folgender  JStelle  in  dem  eitierten  Auf- 
satz« des  Htirm  Laudes-Schuiiuspectors  Huemer  S.  103;')  über- 
«azostunmen,  wenn  auch  meine  Ansicht  weiter  geht:  „Die  Vor- 


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32 


Peter  Mareeeh. 


conferenz  wird  auf  Grund  der  schriftlichen  Prüfung  und  der 
Jahresleistung  bei  mehrereu  Schülern,  die  Privatlectüre  an- 
gegeben haben,  entscheiden  können,  ob  durcli  rma  eventuelle 
Prüfung  aus  derselben  eine  Verbesserung  des  Cuieuls  möglich 
oder  wahrscheinlich  ist,  also  auf  das  Ansuchen  des  Schülers 

einzugehen  ist  oder  nielit.  Der  Erlass  liegt  aueh  sn,  dass 

die  Irafung  aas  der  PriTatleetf&re  am  Sehlnsse  der  Prüfung 
aus  allen  obligaten  Fächern  Torgenommen  wird.^  So  war  ich 
Zeu|^  einer  solchen  Prüfung  aus  der  PriTatlectüre  nach  Ab- 
solvierung  der  obligaten  (iegenstände.  Der  Vorsitzende  hielt  es 
für  nöthit^,  einen  Schüler  noch  aus  der  Privat] fctüre  zu  prüfen, 
weil  er  ilim  y.u  einem  Zeugnisse  mit  Aus/eiciuiung  verhelfen 
wollte.  Der  Schüler  übersetzte  und  erklärte  zu  unserem  Staunen 
eine  Ode  von  Pindar  uud  erhielt  die  iieife  mit  Auszeichnung. 

Es  bleiben  noch  drei  Fragen  übrif,  nämlich  über  den  Zeit- 
punkt der  Einzelprüfung,  femer  Uber  den  Einfluss  der  Note  und 
endlich  über  den  Dmfang  der  Priyailectüre. 

Was  die  erste  Frage,  die  über  den  Zeitpunkt  der  Prüfung, 
anbelangt,  so  möchte  ich  die  hochlöbliehe  Versammlung  bitten, 
sieh  dem  Erlasse  des  mährischen  Landesschulrathes  anzuschließen, 
welcher  sich  darüber  in  folgender  Weise  ausspricht  —  das  wäre 
die  sechste  These  — : 

^Vher  den  '/jeitpunkt,  wuim  die  Prüfung  der  rricailtdürc 
atizujse.tzen  neif  gehen  die  Ansichten  auseinander.  Dieselbe  avf  den 
Seklun  ä«H  Sementers  auxmeiEm,  üt  tekon  dsneegm  nicht  anzu* 
rathen,  weil  Lehrer  und  SchUler  wn  diese  Zeit  durch  andere 
Arbeiten  sosehr  in  Anspruch  genommen  sind,  doH  an  eine  zweck' 
mäßige  Dnrchnahme  derselben  nicht  tu  denken  sei»  Oit  Prüfung 
am  der  Privatlectüre  wird  dann  vomumehimen  sein,  wenn  der 
Srhifler  ein  bestimmtes  Ganr:e.  anfangs  einen  größeren  Äff- 
sr/inittj  dann  ein  Hueh,  einen  Gesang^  der  ihm  als  Aufgabe 
gexleUt  ist.  itder  au  eh  ein  größeres  Gan%ey  eine  HedCy  einen 
Dialog^  ein  Drama  beendigt  haf.^^ 

An  einer  anderen  Stelle  heißt  es  aber,  die  Prüfung  müsse 
natürlich  außerhalb  der  Schulzeit  Torgenommen  werden.  Diese 
Forderung  finde  ich  oft,  und  man  deckt  sich  mit  Citaten  aus 
Schräder,  Kothfuchs  und  anderen  bedeutenden  Pädagogen.  Im 
allgemeinen  ist  sie  ja  richtig;  denn  die  wenigen  Schulstunden 
sind  zu  kostbar  und  ihr  Stoff  ist  kaum  zu  bewältigen.  Aber 
in  einzelnen  Fällen  habe  ich  zuweilen  anders  g^ehandelt  und 
der  Prüfnnp^  aus  der  Prirntlpftüre  eine  Schulstunde  zum  Theil 
oder  sogar  ganz  geoplert,  wenn  ich  einsah,  dass  die  ganze 
Classe  nicht  nur  eine  schöne  Anregung,  sondern  auch  einen 
mir  höchst  erwünschten  Gewinn  em|)langeu  könne. 

Die  Fhi^^e  über  den  18iiifliMM  der  PHlfung  aas  der  Privat- 
lectüre auf  die  Note  im  Maturitätszeugnisse  ist  in  der  erwähnten 
Yersamniluu^  des  Vereines  «^Mittelschule'',  besonders  durch  die 
Worte  des  Herrn  Landes -Schulinspectors  Huemer  und  weiter 
durch  die  Praxis  nach  dem  Sinne  des  hohen  Erlasses  ent- 


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i  II  -  i 


Die  FrivatlectQre  in  den  altclaüsiächen  Sprachen. 


33 


seUeden  worden,  dus  nämlich  dnich  die  Prttfnng  tarn  der 

Privatlectüre  die  Maturitätsnote  nur  verbessert,  aber  nie  ver- 
0chlecbtert  werden  könne.  Das  klingt  uns  heute  bereits  selbst» 
verständlich.  Aber  ich  möchte  mir  erlauben,  daran  die  Be- 
merkiinir  zu  knüpfen,  dass  der  Calciil  der  Prüfung  aus  der 
Priv:i1  ItM  tiirp  wesentlich  Ton  den  Anforderungen  des  Vorsitzen- 
den abiiangt,  und  dass  das  richtige  Maß  dieser  Anforde- 
rungen und  die  ersichtliche  Freude  des  Vorsitzenden  über 
den  guten  Erfolg  der  Prüfung  ein  gewaltiger  Ansporn  für 
die  Schüler  des  nächstjährigen  Obergymnasioms  sind,  sich  mit 
allem  Eifer  anf  die  Privatlectüre  zn  verlegen. 

Die  dritte  Frage,  welche  sich  anf  den  Umfang  der  Privat- 
lectüre beziehti  ist  ebenfalls  in  der  erwähnten  Versammlung 
miseres  Vereines  ausführlich  behandelt  worden,  und  die  bis- 
herirre  Praxis  hat  dem  betreff pti d en  Lehrer  dn^  Recht 
verliehen,  i  n  U  bere  i  ns  t  i  in  ni  u  ng  mit  dem  a  n  d  e  re  n  Fach- 
eoliegen  und  mit  dem  Director  zu  entscheiden,  ob  der 
absolvierte  Umiung  genügt  oder  nicht.') 

Schlieiilieh  habe  ich  noch  anzuführen,  dass  der  in  der 
Debatte  an  jenem  Ifittelsehnlabende  von  Prof.  Zycha  gemachte 
Vorschlag,  es  werde  die  von  den  Schülern  dnrchgenommene 
Privatlectüre  und  der  Erfolg  der  Prüfung  in  ein  für  diesen 
Zweck  bestimmtes  Buch  in  jedem  Semester  eingetragen, 
bereits  wohl  Überall  befolgt  wird.  Dieser  Vorgang  hat  sich 
noch  dahin  erweitert,  dass  vor  der  Maturitätsprüfung  ein  Ver- 
zeichnis derjenigen  Sehüler,  welehe  aus  der  Privatlectüre  bei 
der  Matura  geprüft  werden  wollen,  und  der  von  ihnen  ab- 
solvierten Privatlectüre  dem  Landesschulrathe  eingesendet  wird. 

An  dieses  Gebäude,  zu  dessen  Aufführung  und  Aus* 
schmackung  meine  Er&hnmg  nnd  das  Stndinm  der  erwähnten 
literatur  mir  das  Material  geuefert  hat,  schlieDt  sich  ein  Kampf- 
platz. Ich  lade  die  hochlöbliche  Versammlung  ein,  diesen  zu 
betreten.  Doch  erlaube  ich  mir,  eine  innige  Bitte  hinzuzufügen: 
Sollte  durch  die  Wucht  der  Geschosse  mein  Bau  zertrümmert 
werden,  so  möge  an  dessen  Stelle  ein  neuer  entstehen  —  im 
Interesse  der  studierenden  Jugend! 


^)  Auf  Grund  genauerer  Erkundigungen  wurde  diese  Steile  in  der 
Versamnilung  am  27.  Februar,  in  welcher  die  Debatte  zum  Abschlnase 
kam.  in  folgender  Weise  geändert:  .  .  .  Nach  der  bi^lierigen  Praxis  hat 
die  Vorconferenz  zu  entscheiden,  ob  der  absolvierte  Umfang  genügt  oder 
nicht.  (Siebente  Theae.) 


„Ötlenr.  UittelicliaJe".  XI.  Jahrg.  3 


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34 


Dr.  H.  St  Sedlmajer. 


Der  Tempel  der  Vesta  und  das  Haus  der 
Yestalinnen  im  allen  Rom.V 

Vortrag,  gehalten  im  Verein«'  „Mittelschul*'"  am  9.  Janoar  1897  Ton 

Prof.  Dr.  H.  St.  Sedlmayer. 

1. 

Jahre  sind  e»  her.  seit  ich  —  von  meiner  ersten  Romfahrt 
zurückgekehrt  —  die  Ehre  hatte,  in  unserem  Vereine  über  ein 
wichtiges  Gebiet  der  römischen  Ausgrabungen,  über  die  Stätte 
des  Forums,  zu  berichten,  und  ich  j^edenke  noch  immer  mit 
dem  Gefühle  der  Dankbarkeit  der  üliernus  freundlichen  Auf- 
nahme, die  meine  Ausführungen  damals  in  der  Vprsammhing 
unseres  Vereines  fanden.  So  fühle  ich  mich  denn  ermuthigt 
—  wenn  auch  nach  langer  Pause  —  mit  einem  Thema  nächst- 
verwandten  Inhaltes  vor  Sie  hinzutreten.  Als  ich  zum  ersten- 
male  die  Ausgrabungen  auf  dem  forum  Romanum  besprach, 
da  lanr  ein  wichtiger  Theil  derselben,  das  atrium  Ves(ae,  d.  i. 
das  Wohnhaus  der  vestalischen  Jungfrauen,  noch  tief  anter 
dem  jahrhundertealten  Schutte  begraben.  Seit  Jahren  ist  nun 
auch  dieses  interessante  Bauwerk  bloßgelegt,  und  da  es  mir 
seitlier  verrrönnt  war,  ein  zweitesmal  zu  langem  Aufenthalte 
nach  der  heiligen  Stadt  zu  pilo^ern,  so  halte  ich  mich  ge- 
wissermaßen für  verpÜiclitet,  meinen  ersten  Vortrag  durch  die 
Besprechung  jener  späteren  Ausgrabungen  zu  ergänzen,  und 
bitte  Sie  für  eine  kurze  Stunde  um  Ihre  gütige  Aufmerksamkeit. 

9 

Vorher  sei  mir  noch  ein  kurzes  Wort  gestattet  über  den 

Untergang  und  das  Wiedererstehen  des  römischen  Forums. 

Man  wird  nicht  fehlgehen,  wenn  man  annimmt,  dass  das 
Forum  zur  Zeit  Karls  des  Großen  noch  das  des  kaiserlielien 
Roms  war.  Die  wiederholten  verheerenden  Einfälle  der  Bar- 
baren vor  dem  VII.  Jahrhunderte  hatten  in  der  Stadt  keine 
nachhaltigen  Spuren  hinterlassen,  und  so  waren  von  den  Pracht- 
bauten des  Fonims  wohl  nur  die  Verzierungen  aus  edlem 
Metalle  Tersehwunden.  Der  eigentliche  Untergang  wurde  dem 
alten  Rom  von  seinen  späteren  Bewohnern  selbst  bereitet.  Bis 
in  die  erste  Hälfte  des  XIIL  Jahrhunderts  war  Rom  der  Schau- 


*J  Wichtigere  Literatur:  Heinrieb  Jordan,  „Der  Tempel  der  Ve^ta  und 
das  HaiM  der  Vestaliniieii*.  Berlin  1886.  —  Hans  Auer,  „Der  Tempel  der 
Vesta  und  das  Haus  der  Vestaliunen".  Wien  1888.  —  Auer  hat  eine  uiuster- 
giltige  tecbnis'che  Analyse  de«  (L  ltiiiulcs  vnrfienonimen .  die  verwhit'<lt'ii«'n 
Bauperioden  nachgewiesen  uuU  eine  von  Jorduu  abweichende,  zum  min- 
desten hOohst  beacotenswerte  Deutung  der  eincelnen  R&nme  gegeben. 


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Der  Tempel  der  Vesta  und  das  Üaus  der  Vestalinnen  im  alten  Rom.  35 

platz  wilder  Parteikämpfe.  Iq  den  Fehden  der  Adelsgesclilecliter 
Warden  die  bedeutenderen  antiken  Gebäude  in  Festangen  yer- 
wandelt  und  dadarch  einem  anzweifelhaften  Untergänge  ^e- 

%veilit.  Solche  Festungen  waren  das  Septizonium  auf  dem  ra- 
latin,  das  Colosseum,  der  Triumphbogen  des  Titus,  der  Tempel 
der  Venus  und  Koma,  der  Constantin-Bop^pn,  der  Cin  us  Maxi- 
mns.  Aus  diesen  Gebäuden  hatten  im  XII.  Jahrhunderte  die 
Fiaiin^ipani  eine  umfassende  Festung  gebildet.  In  gleicher 
Weise  hatten  die  Orsini  das  Grabmal  des  Hadrian  und  das 
Theater  des  Pompejus  in  Festungen  umgewandelt,  die  Colonna 
das  Mausoleum  des  Augustus  und  die  Thermen  des  Constautm, 
die  Savelli  das  Theater  des  Ikfarcellus.  Gleichen  Zwecken  mögen 
auch  die  Bauwerke  des  "Forums  gedient  haben.  Sine  theilweise 
Zerstörung  dieser  Festungen  fand  schon  zur  Zeit  Arnolds  von 
Brescia  (115n)  statt.  Auf  dieselbe  bezieht  sich  das  Wort 
Petrarcas:  ,,Siehe  Roms  Uberreste,  das  Bild  ehemaliger  Größe! 
Weder  dio  Zfit  n<>rh  die  Barbaren  konnten  sich  dieser  erstaun- 
lirlien  Zerstfirunnj  rühmen:  sie  geschah  durch  ihre  eirrenen 
Bürger,  durch  die  erlauchtesten  ihrer  Söhne;  deine  Voriahreu 
haben  mit  dem  Mauerbrecher  gethan,  was  der  punische  Held 
mit  dem  Schwerte  nicht  ausrichten  konnte I"  Viel  durch- 
greifender war  die  Zerstörung  alter  Bauwerice,  die  1257  der 
Senator  Brancaleone  Tomahm.  Um  die  Macht  des  Adels  zu 
brechen,  ließ  er  140  antike  Bauwerke,  welche  dem  Adel  als 
Castelle  gedient  hatten,  schleifen. 

Jetzt  galt  es,  einen  Ort  ausfindig  zu  machen,  wohin  man 
die  Trümmer  und  den  Schutt  bringen  konnte,  mit  welchem  die 
Straßen  und  Plätze  über  und  über  bedeckt  waren.  Es  scliien 
dazu  die  Einaenkuii^  zwischen  dem  Oapitol  und  der  Velia.  der 
Platz  des  alten  Forums,  besonders  ge«Mgnet,  und  so  begann 
man  denn  von  jener  Zeit  au  die  Keste  der  antiken  Bauten 
daselbst  zu  verschütten.  So  Tersank  allmählich  die  denk- 
wttrdisste  Statte  des  alten  Roms.  Allerdings  fasste  im  Beginne 
des  Xvl.  Jahrhunderts,  zur  Zeit  des  Wiederauflebens  antiken 
Lebens  und  Geistes,  kein  Geringerer  als  Raffael  den  Plan,  das 
Forum  aus  dem  Schutte  wiedererstehen  zu  lassen;  doch  ver- 
hinderten zunächst  änßero  Ujustände  die  Ausführung.  Als  näm- 
lich Papst  Paul  III.  \dM)  filr  den  Einzug  Karls  V.  voti  Porta 
S.  Sebastiano  durch  den  Cunstantin-  und  Titus-Bojjen  nordl  u  Ii 
um  das  Capitol  eine  riri  triumphalia  anlegen  liel).  luussten 
200  liäuser  niedergerissen  werden,  und  wieder  wurde  der 
Schutt  auf  dem  Forum  aufgefahren;  damit  war  natilrlich  der 

feplante  Beginn  der  Ausgrabungen  wieder  für  unbestimmte 
eit  yerschoben.  Zehn  Jahre  später  begann  man  in  der  Gegend 
des  Castoren-  und  des  Faustina  »Tempels  zu  graben,  aber  die 
Ausgrabungen  wurden  bald  wieder  zugeschüttet;  man  hatte 

feliofff,   alte  Kunstwerke  ans  Licht  zu  fördern,  und  war  auf 
laul    ]ie  Stfintrünuner  gestoßen;  diese  mussten  rasch  wieder 
bedeckt  weiden,  denn  man  wollte  in  der  Zeit,  iu  welcher  der 

3* 


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36 


Dr.  H.  St.  Sedlmayer. 


«Ite  clMsisclie  Oeist  wieder  auflebte,  nieht  an  das  tragische 
Geiehiek  der  Stätte  gemalmt  werden,  an  welcher  er  einst  so 

mächtig  gewirkt  und  gewaltet  hatte. 

Vollends  schwand  jede  Hoffnung,  das  alte  Forum  wieder 
erstehen  zu  sehen,  als  am  Ende  des  XVT.  Jalirhuuderts 
Sixtus  V.  den  päpstlichen  Thron  bestieg.  Er  war  unstreitig 
einer  der  größten  Geister  unter  den  Nnchlolirern  Petri;  aber 
wer  die  seharfgeschnittenen,  harten  Züge  des  großen  Mannes 
auf  dem  Grabmale  in  St.  Maria  Maggiore  oder  auf  dem  Fresco 
im  Prachtsaale  der  vaticanLschen  Bioliothek  näher  betrachtet, 
wird  leicht  erkennen,  dass  in  diesem  Papste  Verstand  und 
praktischer  Sinn  alles  andere  Überwogen.  So  war  es  in  der  That. 
£r  konnte  den  Zweck  der  Erhaltung  antiker  Kunstdenkmäler 
nicht  begreifen.  Den  Apollo  Tom  Behredere  and  die  Laokoon- 
Gruppe  wollte  er  als  ganz  unnütze  Dinge  aus  dem  Vatican 
hinausschaffen.  Das  oben  erwähnte  Septizonium  auf  dem  Pa- 
latin  ließ  er  niederreißen,  und  nm*  mit  Mühe  gelang  es,  ihn 
von  dem  Plaue  abzubringen,  das  Colosseuin  und  das  Grabmal 
der  Cäcilia  Metella  au  der  Via  Appia  zu  demolieren.  Es  mag 
nun  den  energischen  Mann,  der  weder  im  großen  noch  im 
kleinen  ein  dndemis  yertrag,  verdrossen  haben,  wenn  die 
feierlichen  Proeessionen,  die,  wenn  es  nach  dem  liateran  gieug, 
wohl  auch  die  Stätte  des  alten  Forums  betreten  mussten,  auf 
hügeligen,  unebenen  Wegen  zwischen  den  Säulenschäften  und 
Gebälkstücken  sich  hindurch  winden  mussten,  die  aus  dem  Boden 
hervorraj^'ten.  Er  ließ  darum  das  Forum  völli<x  yerschütten  und 
ebnen,  uud  von  da  an  lag  die  denkwürdigste  Stätte  des  alten 
Roms  bis  auf  unsere  Zeit  mehr  deuu  oü  Fuß  tief  unter  der 
Eitie  ijrgrubeu,  uud  droben  zog  sich  eine  Doppelreihe  mäch- 
tiger Ulmen  vom  Capitol  zur  Velia  hin. 

Es  wäre  unbillig,  wollte  man  es  den  Päpsten  zur  Last 
legen,  dass  während  der  Dauer  ihrer  weltlichen  Herrschaft 
auch  in  späterer  Zeit  an  eine  völlige  Bloßlegang  des  Forums 
nicht  gedacht  wurde.  Derartige  Unternehmungen  können  nur 
dann  mit  einiger  Aussicht  auf  Erfolg  ins  Werk  gesetzt  werden, 
wenn  die  Gewissheit  besteht,  dass  sie  auf  lange  Jahre  hinaus 
ununterbrochen  fortgesetzt  werdt-u  können.  Die  piijistliche 
Tiara  aber  eilt,  wie  sich  ein  deutscher  Geschichtsehreiber 
treffend  ausdrückt,  auf  den  Flügeln  des  Todes  von  Greisen- 
haupt zu  Greis euhaup t ;  zumeist  im  hohen  Alter  besteigen  die 
Päpste  den  Stuhl  Petri.  Kein  Wunder  also,  wenn  da  die  Lust 
fehlte,  ein  Werk  zu  beginnen,  das  vielleicht  nach  kurzer  Frist 
wieder  seinen  Abschluss  gefanden  hätte;  denn  der  Papst  kennt 
seinen  Nachfolger  nicht.  Anderseits  hat  das  neue  Regiment  in 
Italien  wohl  nur  seine  Pflicht  und  Schuldigkeit  gethan,  wenn 
es  die  Bloßle<xinicr  des  Forums  eine  spiner  or^ten  Thaten  sein  ließ. 

F<  ist  imiimehr  ein  Vierto1i:ibr1i'i!nl'  i  t  vergangen,  seitdem 
im  Auftrage  der  königlichen  lu'gieruug  die  Auscrrabuntreii  auf 
dem  ganzen  Terrain  des  Forums  und  in  dessen  Umgebung  be- 


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Der  Tempel  d^)r  Vesta  and  dm  Haus  der  Vestaiinneo  im  alten  Boro.  37 

gönnen  haben.  Vorher,  zn  Beginn  des  Jahrhunderts,  war  nnr 
au  einzelnen  Punkten  gegraben  worden.  1803  hatte  Pius  VII. 
den  SeTerus-Boffen  durch  Carlo  Fea  bloinegeii  lassen;  zehn 
Jahre  später  eruo  mau  die  Phocas- Säule,  1820  den  Unterbau 
des  8atumus-Terapels  aus:  lS■t^^,  zur  Zeit  der  Hppnh]ik,  förderte 
mau  Theile  der  julischen  Hiisilica  zutuf^e.  Unter  dem  lu'uen 
Regime  nun  wurde  das  Forum  in  ücinem  ganzen  Umfange  und 
daö  angrenzende  Terrain  im  Süden,  Osten  und  Westen  bloß- 
gelegt —  die  Nordseite  ist  verbaut  —  und  zwar  ursprünglich 
in  der  Weise,  dass  das  Forum  selbst  von  seiner  westliehen 
und  östlichen  Umgebung  dureh  zwei  Schuttdimme  getrennt 
blieb,  über  welclie  die  moderne  Straße  hinft&hrte.  Diese  Damme 
glaubte  man  des  Verkehres  halber  belassen  zu  müssen,  und  es 
erschien  somit  das  gesaramte  Ausgrabungsfeld,  ein  unregel- 
mäßiges Txeehteck,  in  drei  Abschnitte  zerlegt.  Damit  galten  die 
Ausgrabungen  bis  auf  weiteres  abgeschlossen,  und  in  diesem 
Zustande  sah  ich  das  Ausgrabuugsieid  bei  meinem  ersten 
Aufenthalte  in  Kom. 

3. 

Aber  schon  in  meinem  ersten  Vortrage  konnte  ich  auf 
Grund  einer  briefliehen  Mittheilung  berichten,  dass  man  daran 
gegangen  sei,  jene  zwei  Sehuttdamme  /u  beseitigen.  Die  Ab- 
tragung des  östlichen  Dammes  nun  führte  zur  Entdeckung  des 

Hauses  der  Vestalinnen,  das  uns  heute  hier  beschäfti^ren  soll. 
Im  April  1882  sti»'!!  man  öv-tlich  von  den  schon  früher  hloß- 
gelegten  Ruinen  des  \  esia- 1  einpels,  also  ini  -iltlo^ilieheu  Winkel 
des  Ausgrabungsfeldes,  auf  den  ünterh.iu  tmer  fieih'cula.  einer 
Kapelle  mit  dazu  gehörigen  Architokturstücken;  ein  herab- 
gestürztes Oebälkstück  trug  die  Inschrift:  Smaius  populusque 
nanuinvs  peeunia  publica  jncinndum  curauU,  Neben  der  Kapelle 
wurde  ein  Treppenaufgang  bloßgelegt,  dessen  Bestimmung  einst* 
weilen  unsicher  bleiben  musste.  Damit  schienen  die  Aus- 
grabungen bis  auf  unbestimmte  Zeit  abgeschlossen.  Indessen 
brachte  die  Energie  des  damaligen  Ministers  Bacc^^ni  eine  un- 
erwartete Wendung.  Sein  Plan,  durch  Hinwegraumung  des 
ganzen  um  die  Wurzeln  des  Palatins  gelegenen  Schuttes  das 
antike  Niveau  \un\  Capitol  bis  zum  Titus-Bogen  freizulegen, 
kam  zur  Ausführung.  Im  October  1883  begann  am  Fuße  des 
Palatins  die  Aufdeckung  eines  Geb&udes  (zu  dem  die  schon 
früher  erwähnte  Kapelle  gehörte),  welches  durch  die  Funde  der 
Statuen  der  Vestalinnen  alsbald  als  Haus  der  Vestalinnen,  das 
sogenannte  nti-ivm  Vestney  erkannt  wurde.  Die  Ausgrabungen 
wärten  bis  in  den  Anfang  des  nächsten  Jahres.  Bei  meinem 
zweiten  Aufenthalte  in  Rom  fand  ich  das  interessante  Bauwerk 
Fchon  liinirst  bloRcpelefrt:  \ni*l  wie  ich  seinerzeit  Ihren  Führer 
durch  die  Uuinen  des  Forums  machte,  so  will  ich  mir  heute 
erlauben,  Sie  durch  die  einzehien  Uäume  des  weitläufigen 
Heims  der  vestalischen  Jungfrauen  zu  geleiten. 


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38 


Dn  H.  St.  Sedlmayer. 


4. 

Sie  sehen  auf  dem  Plaue  iu  der  rechten  unteren  Ecke  den 
kreisrunden  üuterbuu  des  Vesta -Tempels;  links  davon,  durch 
einen  iltii  ijekennzeichnet,  ist  vou  der  via  sacra  aus  der  Ein- 
gang zum  Hause  der  VestaUimeii,  oder  wie  wir  es  mit  seiner 
offieiellen  Beseicbnimg  nennen  wollen,  sum  eUrium  Veatae. 
Durch  die  ThOr,  zu  welcher  stark  ausgetretene  Stufen  hinauf- 
führen, tntt  man  in  einen  ausgedehnten  Hof  Ton  2Am  Breite 
und  69  fn  Länge  bis  zu  den  Umfassungsmauern,  der,  wie  noch 
aus  den  Aufstandplatten  zu  ersehen  ist,  einst  von  einer  4m 
breiten  Säulenhalle  umgeben  war.  Der  Mangel  an  Stüt/werk. 
sowie  der  Umstand,  dass  die  rings  nra  den  Hof  augelegten 
Kuuiulichkeiten  nur  aus  dem  Hofe  ihr  Licht  bezoEjen,  beweist 
deutlich,  dass  derselbe  mcht  gedeckt  war.  Dies,  sowie  die  rie- 
sigen Dimensionen  dieses  Hofes  mdditen  ihn  wohl  als  das 
Peristyl  des  Hauses  erscheinen  lassen,  d.  i.  als  den  großen 
säulengeschmOckten,  wohl  auch  mit  Anpflanzungen  gezierten 
rückwärtigen  Hof  des  römischen  Wohnhauses.  Der  Umstand 
aber,  dass  das  gesammte  Haus  der  Vestalinnen,  wie  erwähnt, 
den  Namen  Atrium  fülirte,  spricht  wohl  dafür,  dass  dieser 
Cfrößte  und  vornehmste  T\vn]  des  Vestalenheims  das  Atrium 
des  Hauses  war,  d.  i.  die  groüe,  dem  Eingange  zu  gelegene 
Halle  des  römischen  Hauses,  die  sonst  allerdings  gedeckt  und 
nur  in  der  Decke  miL  einer  Lichtöfl'nuug  versehen  war.  in 
diesem  großen  Hofe  fesseln  eine  Reihe  Ton  leider  st&rk  ver^ 
stOmmelten  Statuen  unsere  Aufmerksamkeit.  siud  Statuen 
der  Obervestalinnen,  mirgines  VeBtalea  maximae  aus  dem  I.,  Hl. 
und  IV.  Jahrhunderte  n.  Chr.  mit  Widmungsinschriften  auf 
den  Basen.  Bei  diesen  Inschriften  fällt  der  Unterschied  zwischen 
der  bescheidenen  Kürze  des  I,  und  der  Geschwätzigkeit  des 
III.  und  IV.  Jahrhunderts  auf.  Eine  Charakteristik  der  Person 
wird  in  den  Inschriften  des  I.  Jahrhunderts  fast  gar  nicht,  in 
denen  des  III.  und  IV.  Jahrhunderts  fast  regelmäüig  gegeben. 

Die  Dedicanten,  die  Spender  der  Statuen,  sind  theils 
Friestercollegien ,  theils  einzelne  Priester,  theils  nahe  Ver- 
wandte, theils  Freigelassene  und  sonst  Personen,  welche  yon 
den  Obervestalinnen  Wohlthaten  oder  FOrsprache  irgend  welcher 
Art  empfangen  haben,  wofilr  sie  ihren  Dank  unter  den  Sta- 
tuen ihrer  Wohlthäterinnen  aussprechen*  £ine  der  umfang- 
reicheren Inschriften  lautet  beispielsweise:  ^Flaviae  Lud  ßliae 
Puhliciaey  virqini  Vesfrili  maximae  snnrtissimne  piissimueque, 
cuius  sancti6:sinia}ii  et  rdtyio:>am  curam  snci  tnum ,  quam  pei* 
omnes  gradus  sacerdotii  laudahi/i  admiiiiafnifione  operatury 
numen  sajictisaimae  V&atae  matris  comjjrohavit ,  Atmilia  Rogatilla, 
darinima  femina,  sororU  ßUa^  cum  Minucio  Honorato  Mar» 
cello  AemUtano,  elariBsimo  puero,  filio  mto,  ob  eximtam  eiu$  erga 
se  pietatem;^'  d.  h.  ^Der  Flavia  Publicia,  der  Tochter  des  Lu- 
cius, der  ehrwürdigen  und  frommen  Ohervestalin,  deren  ge- 


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Der  Teuipei  »Jer  Vesta  und  Ua*  ilaus  der  V'esstaiinnen  im  alten  Rom.  39 


wissenliaften  und  pflieHimäßigen  Opferdienst,  den  sie  auf  allen 
Stufen  des  Priesteramtes  in  löblieher  Bethatigung  versehen, 


geiw.w\vti 


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40 


Dr.  H.  St.  Sedlmayer. 


die  Gnade  der  hochheiligen  Mutter  Vesta  für  gut  befunden 
hat,  f weiht  dies)  die  hochansehnliche  Aemilia  Kogatilla,  ihre 
Nichte,  mit  dem  hoehansehnlichen  Minnnins  Honoratns  Mar- 
cellus Aemilianus.  ihrem  Solmo,  zum  Danke  für  die  ihnen  be- 
wiesene außerordentliche  Liebe. ^ 

Von  vielen  dieser  Denkmäler  ist  nichts  mehr  als  die  Basen 
Torhandun;  im  ganzen  sind  es  12  6t;ituen  mit  30  Basen.  Die 
Mitte  des  Atriums  nimmt  ein  aus  Ziegeln  gemauertes,  eigen- 
thfimlicfaes  Oet^on  ein  (i).  Es  besteht  aus  acht  Kadien,  die 
einen  inneren  &eiB  mit  einem  äußeren  concentrischen  Recht- 
ecke verbinden  und  den  Eindruck  des  Unterbaues  eines  Ton 
Stufen  umgebenen  Rundbaues  machen.  Die  Bedeutung  dieser 
Mauerlinien  ist  Glicht  ermittelt. 

Im  Atrium  bemerken  wir  außerdem  eine  annähernd  (juadra- 
tiscbe  Vertiefung  im  Fußboden,  von  einem  hohen  gemauerten 
Rande  eingelasst,  mit  einer  Abzugsröhre  aus  Blei,  offenbar 
ein  VV asöerbaäsin.  Wenn  wir  uns  vergegenwärtigen,  dass  die 
Yestalinnen  täglich  ein  großes  Quantom  Wasser  zu  Dienst- 
zwecken verbrauchten,  namentlich  zur  taglichen  Besprengung 
des  Tempels,  dass  ihnen  femer  der  Gebrauch  von  geleitetem 
Wasser  strenge  untersagt  und  nur  der  von  natürlich  fließendem 
gestattet  war,  so  wird  man  wohl  in  dem  Bassin  die  Vorrichtung 
erkennen  müssen,  in  welche  das  für  den  Cultns  l)estimmte 
Wasser  täglich  frisch  eingefüllt  und  wieder  abgelassen  wurde. 

Das  Atrium  ist  auf  allen  vier  Seiten  von  Käumliclikeiten 
umgeben;  doch  ist  die  westliche  Schmalseite  noch  nicht  bloß- 

gelegt.  Betreten  wir  zunächöt  den  Raum,  der  sich  au  der  öst- 
chen  Schmalseite  an  das  Atrium  anschließt.  Wir  stehen  in 
einem  großen  Saale,  dessen  Wände  einst  mit  Marmor  getäfelt 
waren;  Ton  dieser  Täfelung  sind  noch  spärliche  Reste  am  Sockel 
erhalten;  auch  der  Boden  war  mit  Marmor  gepflastert.  Die 
Decke  des  Saales  war  gewölbt;  über  der  hinteren  Ecke  schwebt 
noch  ein  Stück  des  großen,  9  m  spannenden  Tonnengewölbes. 

Da  wir  den  großen  Hof  als  das  atrhnn  des  Hauses  be- 
zeichneten, so  müssen  wir  folgerichtig  in  dem  eben  erwähnten 
Saale  das  sogenannte  ffthlinum  erblicken.  Dieser  Raum  war  im 
römischen  PrivuLUuuse  das  Uausarchiv;  vielleicht  wurden  im 
tabUnnm  des  Yestalenhauses  die  Staatsacten  aufbewahrt,  die 
der  Überlieferung  zufolge  die  Vestalinnen  bei  sich  zu  ver- 
wahren hatten. 

Rechts  und  links  vom  tahliuttm  liegen,  wie  auf  dem  Plane 
ersichtlich,  je  drei  kleine  Kammern  (6),  die  in  ihrer  Größe  und 
Anordntin{j  fast  jjenau  mit  einander  übereinstimmen;  iede  der- 
selben  ist  durch  eine  breite  niedrige  Thür  direct  vom  tahlinuin 
aus  zugänglich;  der  Thür  gegenüber  liegt  je  ein  großes  Kund- 
bogenfenster, welches  in  die  alsbald  zu  erwähnenden  seitlichen 
Räume  luhiL.  Die  Beblimmung  dieser  sechs  Kammern  kann 
keinem  Zweifel  unterliegen:  es  sind  die  ctt^tetc/a,  die  Schlaf» 
Zimmer  der  Vestalinnen. 


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Der  Tempel  der  Yebta  uuU  dua  Haus  der  Vestalinnen  im  alten  Rom.  41 


o. 

Betreten  wir  durch  die  Thür  yom  Ati  ium  an^^  den  Raum, 
der  si<:li  auf  der  rechten  Seite  an  die  Rückwand  der  cubicula 

anschließt  (c). 

Dieser  Kiium  ist  Ton  vier  Mnuern  umschlossen,  von  denen 
zwei  gegenüberliegende  noch  heute  je  drei  hochliegende  Hund- 
bogenfenster zeigen;  in  der  dritten  ist  die  Thür  und  ein  ver- 
mauertes Fenster;  die  vierte  ist  ganz  abgeschlossen  und  zeigt 
die  Spuren  einer  an  dieselbe  angelehnten,  auf  Pfeilern  auf- 
gebauten Treppe  ine  Obergeschoss.  In  diesem  Räume  fallen  uns 
zwei  Einrichtungen  ins  Auge:  fürs  erste  an  der  der  Thür  gegen- 
überliegenden Wand  ein  Bassin,  das  wie  ein  VV aschtrog  aus* 
sieht  (k);  doch  findet  sich  nirgends  ein  Wasserablauf,  und  die 
HevtiniTiiMnLT  dieses  trogartigen  Bassins  erscheint  darum  immer 
noch  iragiich.  Zweitens  links  von  der  Thür  ein  überwölbter, 
niedriger  Gang  (d),  den  man  nur  gebückt  betreten  kann.  In 
diesem  kellerartigen  Räume  fand  man  drei  große  Thonfässer, 
dolia,  mit  ihrem  unteren  Theile  in  den  Boden  eingelassen  und 
dann  dergestalt  ummauert,  dass  sie  ein  Ganzes  zu  bilden 
scheinen.  In  einem  dieser  Fässer  lagen,  unter  Schutt  und  Erde 
sorgföltig  verborgen,  ein  irdener  Becher  und  ein  irdener  Teller; 
nur  dieser  zeigte  im  Boden  ein  kleines  Loch;  der  Becher  war 
vollkommen  unversehrt. 

Was  haben  nun  diese  Funde  zu  bedeuten,  und  was  war 
überhaupt  die  Bestimmung  des  ganzen  Raumes  r' 

Es  ist  bekannt,  dass  die  Vestalinueu  die  sogenannte  mola 
8oUa  zu  bereiten  hatten,  ein  Gemisch  von  gemahlenen  Spelt- 
körnern mit  Salz,  das  zum  Bestreuen  der  Opferthiere  diente. 
Nach  Vanro  mussten  die  drei  ältesten  Vestalinnen  in  der  Zeit 
vom  7.  bis  14.  Mai  die  SpeMhren  in  Gefäßen  niederlegen, 
dann  dörren,  zerstoßen  und  mahlen  und  das  Mehl  aufbewahren. 
Aus  diesem  Speltmehle  bereiteten  sie  dreimal  im  Jahre  die 
erwähnte  nwla,  und  zwar  am  1;').  Februar,  den  Luperealien,  am 
8.  Juni,  den  Vestulien,  und  am  13.  September,  dem  sogenannten 
epulnm  loris.  J)i<'  rn'Jn  wurde  nacli  Valerius  Maximus  in  einer 
ollfi  Jictiliii^  in  eitler  1  hoaseliule,  aui  bewalirt. 

Mit  dieser  Thiitigkeit  der  Jungfruuen  scheint  nur  der  in 
Hede  stehende  Kaum  mit  den  darin  befindlichen  Einrichtungen 
und  Geräthen  zusammenzuhängen.  Vielleicht  sind  die  drei 
Thonfasser  die  von  Varro  erwähnten  Gefäße,  in  denen  die  drei 
ältesten  Vestalinnen  die  Ähren  niederlegten  (drei  Fässer  fQr 
drei  Vestalinnen),  und  vielleicht  diente  der  ffemaueiie  Trog  zur 
Aufnahme  der  enthülsten  Körner  oder  gar  des  Mehles;  der  in 
einem  der  Fässer  aufgefundene  irdene  Becher  könnte  ^anz  gut 
die  von  Valerius  Maxiuius  erwähnte  oiLd  jictUix  sein,  die  /.ur  Auf- 
bewahrung der  'mnln  snlsa  diente.  Es  mag  also  der  ganze  Kaum 
die  Vorrathskauimer  gewesen  sein,  wo  der  Spelt  für  die  mola 
aufbewahrt  wurde;  das  fertige  Fabricat  wurde  nicht  im  Vestalen- 


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Dr.  H.  St.  Sedltnayer. 


hause,  sondern,  wovon  noch  später  die  Rede  sein  wird,  im  Vesta- 
Tempel  aufbewahrt. 

Nehmen  wir  mm  die  Hänme  in  Augenschein,  die  sich,  an 
die  Vorrathskammt'r  austoIJpiid.  lilnprs  der  südlichen  liangseite 
des  Atriums  hinziehen.  Wenigstens  von  einem  dieser  Räume, 
dem  zweiten  von  der  Kammer  aas,  ist  die  Bestimmung  klar: 
es  ist  das  pistrinum^  die  Mühle,  auf  welcher,  wie  oben  erwähnt, 
die  drei  ältesten  Vestaliunen  die  Speltkörner  mahlen  mussten  (/). 
.Von  der  ganzen  Einrichtung  ist  noch  Folgendes  erhalten.  Auf 
einer  Grundfläche  von  etwa  l'20in  im  Durenmesser  ist  ein  40  cm 
hoher  King  von  Backsteinf^n  anfgemauert  und  innen  mit  Guss- 
werk ausgefüllt.  Auf  diestMu  (rns-werk  ruht  noch  der  untere 
Mühlstein,  der  sogenannte  Bodejisieiii,  aus  Peperin.  Um  den 
gemauerten  Ring  ist  der  Umgaiig  in  der  Kammer  nur  Iii  na 
breit.  Immerhin  aber  ist  es  möglich,  dass  sich  in  diesem  Um- 
^;iiige  ein  Thier  bewegte,  das  die  Mühle  in  Bewegun^^  setzte. 
War  dies  der  Fall,  dann  müss  es  ein  Esel  gewesen  sein;  Ab- 
bildungen aus  der  Kaiserzeit  stellen  Vesta  mit  einem  Esel  an 
der  Seite  dar,  einmal  zugleich  mit  der  von  ihm  gedrehten 
Mühle. 

Auf  die  Müldc  folgt  ein  kleines  Zimmer,  dann  wieder  drei 
gröDer»*:  'in  einem  derselben  '  :iuf  dem  Plane  h)  ist  eine  Stiege 
zum  oberen  Stockwerke  angelegt.  I)ara\if  folgen  wieder  drei 
kleinere  Zimmer,  die  durch  einen  Corridur,  in  dem  sich  heute 
noch  Wandmalereien  zeigen,  unter  sich  zusammenhangen;  ein 
solcher  Corridor  zieht  sich  auch  vor  der  Mühle  und  den  rechts 
und  Unks  daTon  liegenden  Zimmern  hin.  Den  Sehluss  der 
Räume  auf  der  Südseite  macht  ein  Prunksaal  (A;),  dessen  Wände, 
wie  die  regelmäßigen  Vertiefungen  im  Putze  heute  noch  zeigen, 
Tollständig  mit  farbigem  Marmor  getäfelt  waren.  Er  scheint 
mit  einer  eigenen  Vorhalle  versehen  und  mit  großen  Thüren 
nach  dem  Hofe  geöffnet  gewesen  zu  sein. 

Was  die  Restimmung  der  Säle  und  Zimmer  au  der  Süd- 
seite betrill't.  so  erschwert,  die  Mühle  ausgenommeD,  der  Ab- 
ang der  inneren  Ausstattung  die  Oeutung  ungemein.  V  ielleicht 
aben  wir  in  den  kleineren  Zimmern  einige  Wirtschaftsräume, 
in  den  größeren  den  Speisesaal  und  die  Bibliothek  zu  suchen. 
Der  große  Marmorsaal  könnte  wohl  als  der  Empfangssaal  der 
Obervestalin  gedeutet  werden.  Die  geheiligte  Person  des  hohen 
Priesters,  des  jxmtiftx  maxhnus^  der  di»-  Oberaufsicht  über  die 
Vestaliunen  führte,  lit-trat  wohl  täglich  da^  Vestalenhaus.  Für 
den  Empfang  dieses  hohen  Besuches  mag  jener  Pruuksaal  ge- 
dient haben. 

Steigen  wir  nun  zu  den  Räumen  hinauf,  die  auf  der  Ost- 
und  Südseite  im  ersten  Stockwerke  liegen.  Auf  der  Ostseite 
begegnet  uns  ein  unlösbares  Gewirr  verschiedenartiger  Mauer* 
trümmer,  wie  solches  bei  einem  Ton  Anfang  an  einheitlich  ge- 
führten Baue  nicht  vorkommen  kann.  Auch  noch  ein  anderer 
Umstand  spricht  dafür,  dass  das  ganze  obere  Stockwerk  eine 


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Der  Tempel  der  Vesta  und  das  Hau»  der  V^estalinnen  im  alten  Uom.  43 

spätere  Anlage  ist.  Es  steht  nämlich  die  östliche  Umfassungs- 
mauer desselben  gegen  die  Straße  hin  nicht  auf  dem  unteren 
Gebäude,  sondern  außerhalb  desselben  in  dem  ansteigenden 
oder  UIgescbtttteten  Grunde.  Die  oberen  liäuiiu*  auf  der  Ost- 
Seite  zeigen  eine  atisgedehnte  Badeaiilage  von  bis  7  Zimmern; 
es  sind  noch  mehrere  Bassins  und  zwei  Öchwitzkammem  er- 
halten, ein  vollständiges  „römisches  Bad^. 

Beuöthigteri  die  sechs  Mädchen  eine  so  großartige  Bade- 
anls^e  oder  stammt  der  Zubau  aus  einer  Zeit,  wo  der  Vesta- 
Dienst  bereits  aufgehoben  und  das  Haus  von  den  Vestalinnen 
geräumt  war?  Die  Frage  lässt  sich  schwer  entscheiden.  Mög- 
lich ist  es,  dass  bei  dem  überhandnehmenden  Badeluxus  auch 
die  Vestalinnen  das  Bedürfnis  nach  einer  solchen  zeitgemäßen 
Einrichtung  fehlten  und  sich,  da  im  Erdgeschosse  kein  Raum 
mehr  frei  war,  im  Oherrreschosse  ein  solches  Bad  )>;tnen  ließen, 
weleltes  auch  schon  durch  seine  Laije  als  spätere  Zuthat  er- 
scheint; denn  niemand  wird  von  Anfang  an  so  ausgedehnte 
Badeanlagen  in  ein  oberes  Geschoss  verlegen. 

l>ie  oberen  Zimmer  auf  der  Südseite  (über  der  Mühle  etc.) 
sind  bis  auf  den  Boden  zerstört  und  jede  Zweckbestimmung 
daher  ausgeschlossen. 

6. 

Wir  steigen  wieder  ins  Erdgesehoss  hinab,  um  unseren 
Rundgang  um  das  Atrium  fortzusetzen.  l)ie  Uänme  an  der 
Westseit»'  entziehen  sieh  unseren  Blicken;  sie  sind  <la  unter  der 
Kirche  öaiifa  Maria  Lihrmfrice  begraben.  Wir  gehen  darum 
sogleich  an  die  Besichtigung  der  nördlichen  Umgebung  des 
Atriums.  Leider  sind  diese  Käuuie  vielfach  zerstört  und  eine 
Zweckbestimmung  daher  Tollständig  ausgeschlossen.  Wir  können 
nur  vermuthen,  dass  auf  dieser  von  der  Sonne  beschienenen 
Seite  namentlich  im  Winter  zu  benützeude  Räume  gelegen 
waren,  also  vor  allem  der  Winterspeisesaal.  Im  übrigen  waren 
es  vielleicht  Wirtsehaftsräume ;  auch  die  Stallungen  können  hier 
untergel) rächt  gewesen  sein.  Ob  man  hier  oder  überhaupt  in 
irgend  einem  Tli'  ile  des  Hauses  Wolmungen  für  das  Dienst- 
personal annehmen  suU,  niuss  dahingestellt  i>leiben.  Dass  die 
Vestalinnen  über  ein  zald reiches  Dienstpersonal  verfügten,  steht 
fest;  doch  iaL  es  fraglich,  ob  dieses  auch  im  Hause  wohnte; 
auf  keinen  Fall  wohl  kann  man  dies  für  die  männlichen  Be- 
diensteten annehmen. 

Wir  sind  nun  auf  unserem  Rundgange  wieder  an  der  Ost- 
seite  des  Atriums  angelangt,  und  zwar  bei  den  Räumen  links 
vom  Tablinum.  Ober  diese  lassen  sich  nur  wenige  Worte  sagen. 
Wir  finden  einen  großen  Raum  (/)  an  die  luickwand  der  links- 
seitigen Schlafgemäclier  austollend,  entspreclienii  der  \  orraths- 
kammer  (c)  auf  der  rechten  Seite.  Das  letzte  der  drei  Schlaf- 
zimmer ist  durch  eine  erst  später  und  augenscheinlich  gewalt- 
sam uusgebrochene  Öö'uung  mit  diesem  Uaume  verbunden j  sein 


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44 


Dr.  H.  St  Sedlmayer. 


eigentlicher  Eingang  ist  Yom  großen  Hofe  aus.  Links  schließen 
sich  mehrere  Gemächer  an,  über  deren  Bestimmung  sich  eben- 
sowenig etwas  Sicheres  sagen  lässt,  wie  über  die  des  Haupt- 
raumes  selbst. 

7. 

So  sind  wir  denn  am  Ziele  unserer  Wanderung  durch  die 
interessanten  Ruinen  angelangt.  Wir  Terlassen  das  Vestalen- 
heim  wieder  da,  wo  wir  es  betreten,  und  treten  durch  das  Thor 
des  Atriums  auf  die  via  sacra  hinaus.  Vor  uns  liegen  die  Ruinen 
des  Vesta-Tempels.  Bevor  wir  auch  dieser  mit  dem  Vestalenhaus 
eng  verbundenen  Stätte  einen  Besuch  abstatten,  scheint  es 
noch  angezeigt,  eine  das  Vestalenhaus  betreffende  wichtige 
Frage  zu  errirteru,  die  Frage  nÜTnlich  nach  dem  Alter  des 
Gebäudes,  dessen  Reste  wir  vor  uns  sehen.  Hcmrich  Jordan, 
in  dessen  Gesellschaft  es  mir  wiederholt  vergönnt  war.  das 
Ausgrabuugsfeld  zu  besucheu,  hat  in  seiner  grundlegenden 
Schrift  über  den  Tempel  der  Vesta  und  das  Haus  der  vesta- 
linnen  mit  Entschiedenheit  der  Meinung  Ausdruck  Terliehen, 
dass  wir  es  mit  einem  Bauwerke  aus  der  Zeit  Hadrians  zu 
thun  haben,  und  stützt  seine  Meinung  auf  die  Ziegelstempel, 
die  der  Zeit  Hadrians  angehören.  Dagegen  hat  ein  Wiener 
Architekt,  Prof.  Hans  Auer,  wohl  mit  Recht  geltend  gemacht, 
dass  ein  solches  Argument  von  vornherein  auf  schwachen 
Fii!5en  steht.  Es  ist  niimlicli  ei)enso  leiclit  m(")glich,  dass  bei 
t'ineui  Neubau  ältere,  von  einem  Abbruche  gewonnene  Ziegel 
verwendet  werden,  als  dass  ein  uralter  Bau  niiL  neuen  Ziegeln 
repariert  wird.  Es  kann  also  ein  Bau  ebensogut  Tiel  älter  als 
auch  yiel  jünger  sein  als  die  in  den  Ziegelstempeln  angedeutete 
Zeit.  Sehr  gut  bemerkt  Auer,  dass  man,  wenn  heutzutage  das 
Haus  der  Vestalinnen  einem  Bauunternehmer  zur  Parcellierung 
und  Verbauung  übergeben  würde,  man  gewiss  auch  in  diesem 
Neubaue  hadriauiselie  Ziegelstempel  linden  würde. 

Auer  hat  eine  ir.iistergiltige  technisclie  Analyse  des  gan/j'n 
Gebäudes  vorgenommeu  und  wohl  in  unwiderleglicher  \\  eise 
dargethan,  dass  dasselbe  aus  vier  verschiedenen  Hau]ierioden 
stammt.  Danach  ist  der  älteste  Theil  der  Osttract,  das  Tabliuum 
mit  den  sechs  Sehla&immern  und  den  Nebeni&umen.  Dass 

ferade  dieser  älteste  Theil,  der  Übrigens  auch  kaum  über  das 
.  Jahrhundert  v.  Chr.  hinaufreicht,  am  weitesten  vom  Vesta- 
Tempel  entfernt  war,  scheint  darauf  hinzuweisen,  dass  zwischen 
beiden  Gebäuden  der  in  republikanischer  Zeit  öfter  erwähnte, 
dann  spurlos  verschwundene  Hain  der  Vestalen  gelegen  war. 

Die  Räume  an  der  Südseite  sind  jüngeren  Datums  und 
dürften  thatsächlich  hadrianisch,  also  nnt  den  Ziegelstempeln 
gleichzeitig  sein.  Noch  jünger  ist.  wie  schon  oben  erwähnt,  die 
Anlage  des  oberen  Stockwerkes  auf  der  Ost-  und  Südseite. 

Der  gleichen  Zeit  gehören  das  Atrium  und  der  zerstörte 
Nordtract  an;  sie  liegen  im  gleichen  Niveau,  während  der  Ost- 


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Der  Tempel  der  Vestu  und  das  Haus  der  Vedtaliunen  iui  alten  Horn.  45 

* 

und  Südtract  höher  als  das  Atrium  liegen.  Welche  Zeit  wir  für 
den  Ban  des  Atriums  nnd  des  NordflUgek  ansetoen  sollen,  lässt 
sieh  mit  Bestimmtheit  nicht  sagen;  jedenfalls  eine  späte,  recht 
herabgekommene:  die  ganze  Aulage  ist  unregelmäßig  und 
unklar  und  von  Mauern  verschiedener  Stärke  und  Ausführung 
durchsetzt.  Die  au  den  Osttract  anstoßenden  Langmauem  stehen 
mit  demselben  nicht  in  Verband,  sondern  sind  nur  angestoi^en. 

8. 

Nnnein  paar  Schritte  links  zum  Vesta -Tempel.  Der  Besuch, 
den  wir  dieser  uralten  Cultusstätte  Roms  ubstutten,  kann  nur 
ein  sehr  knr/^T  sein.  Dem  Auge  des  Bescluiuers  bilden  sich  nur 
wenige  kläglich»*  rnimmer  dar.  Es  ist  nur  <ler  kreisrunde  Unter- 
bau, aus  Tuffblückeu  und  Füllmauerwerk  bestehend,  der  Au- 
satz der  nach  Osten  gehenden  Treppe  und  eine  Anzahl  von 
Gebälkresten  erhalten.  Immerhin  gestatten  die  Trümmer  eine 
ziemlich  sichere  Restauration.  Danach  war  der  Tempel  ein 
Rundbau,  umgeben  von  20  monolithen,  cannelierten  Saufen  von 
circa  Vt^  ^  Durchmesser  mit  korinthischen  Capitälen;  die 
Säulen  waren  durch  Gitter  mit  einander  verbunden.  Innen  war 
der  Tempel  von  einer  Kuppel  überwölbt,  über  die  sich  außen 
ein  kegelförmiges  Zeltdach  erhob.  Kuppel  und  Dadi  waren  in 
der  Mitte  mit  einer  Öffnung  versehen,  durch  welche  der  Hauch 
des  ewigen  Feuers  abziehen  konnte. 

Nach  einem  ausdrücklichen  Zeugnisse  Ovids  befand  sich 
im  Tempel  kein  Bild  der  Göttin,  wonl  aber,  doch  keinesfalls 
in  der  Mitte,  der  heilige  Herd  mit  dem  ewigen  Feuer. 

9. 

Schon  während  der  Beschreibung  der  einzelnen  Theile  des 
Yestalenhauses  hatten  wir  Gelegenheit,  einige  der  Obliegen- 
heiten der  vestalisehen  Jungfrauen  kennen  zu  lernen.  Ich  hoffe 
Sie  nicht  zu  ermüden,  wenn  ich  zum  Schlüsse  meiner  Ans- 
ftÜirnngen  das  in  dieser  Hinsicht  oben  Gesagte  ergänze  und 
es  Tersuche,  —  f^e wissermaßen  zur  Belebung  der  todten  Trümmer 
—  ein  anschauliehes  Bild  des  Lebens  und  Treibens  jener  ehr- 
würdigen PT-i'-stfriiHifn  zu  geben. 

Seit  der  Zeit  des  >ervius  bis  zum  Untergänge  des  römischen 
Reiches  hatten  seciis  Mädchen  den  Dienst  der  Vesta  zu  besurgeu; 
sie  mussteu  bei  ihrem  Dienstantritte  zwischen  dem  sechsten  und 
zehnten  Lebensjahre  stehen,  Kinder  Yon  noch  lebenden,  freien, 
unbescholtenen  Eltern  und  fehlerlos  an  Leib  und  Seele  sein. 
Schon  frühe  wurden  sie  auch  aus  plebejischen  Geschlechtern 

fenommen,  zur  Zeit  des  Augustus  sogar  aus  dem  Stande  der 
reigelassenen.  Wir  kennen  den  technischen  Ausdruck  für  ihre 
Berufung:  Virgwnu  Vesfalem  cnperc.  Ist  nämlich  eine  der  J'eehs 
Stellen  frei,  dann  ^iTgreift'',  mpif.  der  Pontifex  nifiximii^  iiueh 
seiner  Wahl  ein  Mädchen  und  führt  es  in  das  atrium  Vestae, 


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4G  l)r.  H.  St.  Sedlmajer. 

das  Dienst^bäude.  Geeen  diese  Berafong  gibt  es  keine  Ein- 
Sprache;  willenlos  mms  aas  Mädchen  dem  Pontifex  folgen,  ohne 
Weigerung  müssen  es  die  £ltei  ii  zielien  lassen. 

Das  Yesialenhaus  war  während  der  ganzen  Dienstzeit  die 

obligatorisch»»  Wohnung  der -lungfrauen;  mir  im  Falle  schwerer 
Erkrankung  durften  sie  unter  Verniitwortung  und  Aufsicht  des 
Pontifex  in  ein  Privathaus  überfuhrt  werden.  Allem  Anscheine 
uiieh  wurden  sie  auch  sonst  unter  strenger  Clausur  fxehalten 
und  durften  nur  dienstlich  das  Uaus  verlai^.sen.  So  legten  sie 
täfflioh  die  wenigen  Schritte  bis  zum  Vesta -Tempel  zurück, 
nahmen  au  ge^vissen  Opfern  und  Processionen  theil  und  erschienen 
später  auch  bei  den  Festaufführungen  im  Theater  und  bei  den 
Giadiatorenspieleu.  In  älterer  Zeit  kam  noch  der  tagliche  Gang 
zur  Cammenquelle  hinzu,  wo  sie  das  heilige  Wasser  holten; 
spntpr  wurde  dies  wohl  Ton  Dienern  besorgt.  Bei  allen  Aus- 
triinn-eii  sehritt  ihnen  ein  Lictor  voraus:  ins  Theater  fuhren  sie 
lü  geschlossenen  Wagen.  Besuche  durften  sie  wohl  nur  von 
den  nächsten  Vei-wandten  empfangen.  Der  Pontifex  maximus 
und  die  übrigen  Pontifices  hatten  natürlich  zu  jeder  Stunde 
Zutritt. 

Die  drei  ältesten  Yestalinnen  {tres  maximae)  nahmen  eine 
führende  Stellung  ein  und  hatten,  wie  wir  bereits  gesehen 
haben,  besondere  Aufgaben  zugewiesen:  sie  bereiteten  nämlich 
dreimal  des  Jahres,  an  heiligen  Tagen,  aus  Speltmehl  und  ge- 
kochtem und  rohem  Salze  die  iu<Ja  snlsa,  eine  körnige  Substanz, 
zum  Bestreuen  der  ( )pfert]iiere.  Die  mnfa  wurde  im  Tempel 
aufbewahrt,  und  zwar  im  sogenannten  Vestn,  einem  durch 

Vorhänge  abgetlieilten  Theile  der  Teinpelzelle;  vielleicht  befand 
sich  hier  auch  das  Palladium. 

Schwer  und  anstrengend  war  der  Dienst  im  Tempel.  Die 
Yestalinnen  mussten  das  Heiligthum  täglich  mit  Wasser  be- 
sprengen und  wohl  auch  reinigen.  Ihre  erste  und  wichtigste 
Aufgabe  aber  war,  das  „immerwährende  Feuer^  auf  dem  Herde 
im  Tempel  zu  erhalten. 

Dasselbe  durfte  ordnungsgemäß  nur  einmal  im  Jahre  neu 
ent/ündt't  werden,  und  zwar  am  1.  März,  dem  ursprünglichen 
JSieujahrstaije;  die  Jungfrauen  entzündeten  es  am  Herde  des 
Hauses  und  trugen  es  von  da  in  den  Tempel.  Sonst  wurde  es 
nur  erneuert,  wenn  es  durch  Nachlässigkeit  erloschen  war. 
Dies  galt  als  ein  prodigiuvt,  und  die  schuldtragende  Yestalin 
wurde  schwer  bestraft,  und  zwar  körperlich:  der  Pontifex 
maximus  sehlug  sie  mit  der  Peitsche.  Das  Feuer  auf  dem  Herde 
war  natürlich  Holzfeuer.  Das  unablässige  Brennen  erforderte 
regelmäßiges  Zulegen  von  Holzscheitern  und  von  Zeit  zu  Zeit 
Fortnehmen  der  Asche.  Dies  erfordert  wieder  eine  ständige 
Wache,  und  es  steht  fest,  dass  dieselbe  immer  nur  einer 
Yestalin  anvertraut  war.  Nun  denke  man  daran,  dass  sieh 
unter  deu  Vestalinnen  Mädchen  von  (>  bis  10  Jahren  Ijetiiidtii 
konnten;  diese  konnte  man  scliwerlich  von  Anlang  an  zum 


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Der  Tempel  der  Vesta  und  das  Maus  der  Vi^talianeii  im  alten  üoiu.  47 

Dienste  im  Tempel  heranziehen;  andere  wieder  mussten  weguu 
ihres  hohen  Alters  ^schont  werden.   So  konnte  es  kommen, 

dass  oft  vielleicht  nur  drei  oder  Tier  Vestaiinnen  im  vollen 
Umfange  /.um  Dienste  herangezogen  werden  konnten.  Nimmt 
man  noch  hinzu,   dass  der  Dienst  im  Tempel  ohne  Unter* 

hrechnnc^  Tag  und  Nacht  fortgieng,  dass  es  keine  Pausen,  keine 
Ft'rit  n  irub.  so  ist  nicht  zu  zweifeln,  diiss  der  Dienst  der  beim 
Herde  bescliiiftigten  .linigfrauen  äußerst  uiist  r«*iigend  war.  An 
die  Beihilte  von  Dienern  oder  Dienerinnen  ist  k:iuni  zu  denken; 
denn  Männer  durften  den  Tempel  überhaupt  nicht  betreten, 
Franen  nnr  vom  7.  bis  15.  Juni,  znr  Zeit  der  Yestalia. 

Schwer  lastete  ferner  auf  den  Jungfrauen  die  potestas 
ihres  Discipünarherrn,  des  Pontifex  mazimus.  Dieser  war  den 
Vestaiinnen  gegenüber  mit  der  patHa  potestns  im  vollen  Um- 
fange ausgerüstet;  er  besaß  die  unumschränkte  Sirafgewalt 
bis  zur  Verhängung  und  Vollstreckung  der  Todesstrafe.  Diese 
traf  die  Vostalin  dann,  wenn  sie  das  Gelöbnis  der  Keuschheit 
\erl»'t7t  hatte.  War  »'iue  der  Jungfrauen  vom  Pontifex  zum 
Tode  verurtheilt  worden,  so  wurde  das  Urtheil  in  grauenvoller 
Weise  vollstreckt.  Die  Unglückliche  wurde,  in  ein  Leichentuch 
gehallt,  auf  eine  Todtenhahre  gelegt  und  mit  einem  Leichen- 
geleite nach  dem  sogenannten  ^Verbreeherfelde''  getragen.  Da- 
selbst hieß  sie  der  Pontifex  in  eine  unter  der  Erde  ausgegrabene 
Kammer  steigen,  welche  sogleich  geschlossen  und  durck  Auf- 
schüttung von  Erde  zugedecKt  wurde.  Den  Boden  ebnete  man 
so,  dass  von  dem  ganzen  N'orjraufre  keine  Spur  übrigblieb. 

Sehoii  oben  ist  von  der  strengen  ('lausur  die  Hede  ge- 
wesen, unter  welcher  die  Jungfrauen  leben  mussten.  Kassen  wir 
nun  alles  zusammen,  so  können  wir  nicht  daran  zweifeln,  dass 
das  Los  der  sechs  Jungfrauen,  die  nicht  selten  vielleicht  gegen 
ihren  Willen  ins  Kloster  berufen  wurden,  kein  beneidenswertes 
war,  zumal  die  Dienstzeit  volle  dreißig  Jahre  betrug  und  die 
Jungfrauen  erst  zu  einer  Zeit  ins  Leben  zurückkehren  durften, 
Tvo  dieses  keinen  Reiz  mehr  für  sie  bot. 

Einigen  Ersatz  für  die  vielen  Entsagungen,  die  den  Vesta- 
iinnen auferlerrt  waren,  bot  die  ^rof'e  Verehrung,  die  ihnen  von 
hocli  und  nieder  entrregeugehraelit  wurdn.  und  gewisse  Rechte, 
mit  denen  sie  ausoestattet  waren.  V\  enn  eine  V  estalin  über  die 
Straße  gieng,  st>  wu-h  ilir  jedermann  ehrerbietig  aus.  Die  Lictoren 
der  Magistrate,  die  liiuen  begegneten,  mussten  vor  ihnen  die 
fa$ee8  senken,  was  an  moderne  militärische  Ehrenbezeigungen 
erinnert. 

Großes  Gewicht  hatte  ihre  Fürbitte  für  Beklagte;  so  erlangte 

Cäsar  durch  die  Vestalinnen  Begnadigung  bei  dem  Dictator 
Sulla.  Begegnete  ihnen  ein  Delinquent,  der  zum  Tode  geführt 
wurde,  so  konnten  sie  ihn  freisprechen:  doch  mussten  sie 
schwören,  dass  die  Begegnung  eine  zufällige  gewesen  sei.  Mit 
Ausnahme  des  Pontifex  maximus  durfte  niemand  an  eine 
Vestalin  Hand  anlegen,  selbst  wenn  sie  sich  irgendwie  ver- 


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48 


Dr.  E.  St  Sedlmayer.  Der  Tempel  der  Vesta  etc. 


gangen  hatte.  Einst  hielt  der  ehrgeizige  Appius  Claudius  Pulcher 

nach  einem  armselig^^n  Kriege  gegen  die  Salasser  seinen  Trinmph- 
zug,  <\nvh  ohne  Cieuehiiiiguno;  des  Volkes.  Die  empörte  N[pn<Te 
wollte  »ien  Triuinphiitor  vom  Wagen  herunterreißen.  Da  erschien 
plötzlieli  seine  Tocliter  Claudia,  eine  Vestelin,  und  stellte  sieh 
neben  ihren  \  ater  auf"  den  Wagen.  Und  von  diesem  Augen- 
hlieke  an  wagte  niemand  mehr,  den  Triumph/ug  su  atOren,  und 
dieser  bewegfe  sich  in  yoller  Ordnungdem  Capitole  zn. 

So  gesellten  sich  zu  der  inneren  Würde,  welche  den  Jung- 
frauen ihr  strenges,  klö.st(M  lu  l  os  Leben  und  ihr  harter  Dienst 
yerliehen,  auch  große  uuDei-e  Ehren,  und  es  ist  keine  Über- 
treibung, wenn  man  behauptet,  dass  die  Vestaliiinen  die  ehr- 
würdigsten, heiligsten  Wesen  ini  Iveiehe  waren,  sie,  die  Hilterinnen 
des  ewigen  Lichtes  im  Vesta -Tempel,  des  l.iebtes  von  Horn. 

.Tawohl,  des  liiclites  von  Rom!  So  kann  das  Lieht  im  Vesta- 
Tempel  mit  vollem  ileehte  genannt  werden.  Denn  wir  wissen, 
dass  es  den  Römern  als  das  Unterpfand  des  Bestandes  ihrer 
Herrschaft  galt. 

Stolz  nannten  e's  die  Romer  das  ewige  Licht,  und  ewig 
sollte  auch  das  Reich  sein,  aus  dessen  Mitte  es  zum  Himmd 
emporflammte.  Aber  ein  gewaltiger  fcjtorm  brauste  vom  Norden 
her,  und  das  Licht  erlosch,  und  das  stolze  Reich  fiel  in 
Trümmer. 

Das  ewige  Licht  von  Rom,  war  es  also  nur  ein  stolzer 
Traum  oder  eine  trügerische  Prophezeiung,  die  nicht  in  Er- 
füllung gieng? 

Nein,  du  mächtiff  Römeryolk,  du  hast  nicht  ffetraumt  und 
nicht  getrogen;  das  Licht,  das  von  dir  ausgieng,  das  Licht  Ton 
Rom,  war  ein  ewiges  Licht.  £s  leuchtet  uns  heute  noch  im 
Vereine  mit  einer  noch  viel  helleren  Leuchte,  der  lieblichen 
Sonne  von  Hellas. 

Mehr  als  einmal  war  die  Menschheit  in  Gefahr,  im  Sumpfe 
der  Gemeinheit  zu  versinken,  verführt  durch  Irrlicliter,  die  sie 
auf  eiuen  falsclinn  Pfad  lockten.  Da  aber  haben  die  Leuchten 
von  Hellas  und  K'om  mit  unwiderstehlielier  Mueht  das  Dunkel 
der  Nacht  durchbrochen;  vor  ihrem  Glänze  sind  die  Irrlichter 
verblasst,  und  die  Menschheit  hat  den  rechten  Weg  wieder- 
gefunden. Mehr  als  einmal  ist  dies  geschehen,  und  nicht  zum 
letztenmale  geschah  es,  denn  die  Leuchten  von  Hellas  und  Rom 
sind  ewige  Lichter:  sie  kann  kein  Stuim  yerlöschen,  keine 
Nacht  auf  ewig  verdunkeln. 


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Vereinsnachrichten. 


A.  Sitzungsberiehie  des  Vereines  „MiLielsohule"  in  Wien. 

JahresTersaminlung. 

(21.  November  1896.) 

(HitKetheilt  vom  SebrifU&brer  Prof.  Ferd.  Dressler.) 

Der  Obmannstellvertreter  Prof.  Zycha  eröffnet  an  Stelle  des  er- 
kranktm  Obmannes  Prof.  Feodor  Hoppe  die  Sitzung  mit  folgenden 
Worten: 

,Dft  nacli  §  23  der  Vereinsstatnten  die  heutige  Versanunlung  als 

Jahresvereammlung  gilt,  obliegt  es  mir  in  Vertrotunf?  dos  prl< rankten  Ob- 
mannes, den  Bericlit  fiber  die  Tb&tigkeit  des  Vereines  im  abgelaufenen 
Jaihre  ku  entatten. 

„Ich  bedauere  es  lebhaft,  da-«^  dem  Obnjaniif  di»«  '  Jflpcfenheit  be- 
nommen ist,  in  Person  seiner  l'üicht  nachzukotmuen ,  eiiiin;il  weil  die 
Actionen,  die  sich  im  Verlaute  eines  Jahres  zuüüuimendriLn^'i'n,  mit  An- 
tbeilnalime  und  Würiue  nur  von  demjenigen  zu  entsprechendeui  Aua- 
dmcke  gebiacbt  werden,  der  sie  in  Angriff  genommen,  sodann  weil  ich 
es  dem  sehr  geschätzten  Obmanne  gegOnnt  hAtte,  Itir  die  aufopfernde  und 
ersprießliche  Thtttigkeit,  die  er  im  abgelaufenen  Jahre  dem  Vereine  ge- 
widmet hat,  aach  den  Tordienten  Lohn  su  empfangen«  Denn  sowie  es  für 
den  Leiter  ein»  I'nternehmens,  dessen  Prosperität  von  mannigfiMShen  un- 
berechenbaren Umstunden  abhängt,  ein  erhebendes  Gefühl  ist.  wenn  er 
am  .Tahresscli1u>«e  die  Bilanz  zieht  uml  sich  8a<?on  kann:  Deine  Mühe  ist 
nicht.  un)>onst  ^'oweson,  ist  es  ("ür  «ien  Oi))nanii  eines  Vereines,  für  dessen 
Gedeihen  viele  ^"aetüleu  uiabgebeiui  »iiid.  ein  (.ieüihl  der  Befriedigung  und 
eine  Ermunterung,  wenn  er,  seine  Tbätigkcit  am  Schlüsse  des  Jahres  über- 
blickend, sagen  kann:  Ich  habe  nicht  umsonst  gearbeitet.  Und  unser  Ob- 
mann hat  nicht  umsonst  gearbeitet  Wir  kOnnen  mit  Qenugthuung  auf 
die  erzielten  Erfolge  surQckblicken. 

»Zufolge  der  in  der  ersten  AusschuBsiiitsung  TOrgenommenen  Con- 
stitnierung  <les  Vereines  fungierte  während  des  abgelaufenen  Vereinsjahres 
Prof.  Feodor  Hoppe  als  Obmann,  J.  Zycha  als  Obmannstellvertreter, 
G.  Schlegl  als  •^r-.ter,  l'erd.  Dressler  als  zweiter  J^chriltrührer.  v.  Alth 
alf  ('a*«ipr,  «iie  Herren  Fisi  lier,  Kukut«rh.  Koppensteiner,  bofer, 
Wiskotschil  und  Zeidler  als  Auäschussmit^lieder. 

„öflterr.  Mittelsdiiil«".  XI.  Ishi«.  4 


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50  Vt*reinuiuchricht4;n. 

«Bei  Übeniahine  der  Gesehftfle  war  f&r  d«?  AuswhiMB  die  eine  Seite 
des  Programme!)  gegeben.  Infolge  der  in  Aaanchi  genommeiiea  Aofbe«e- 
ruDg  der  Gehalte  des  Mittel>chiillehq)ersoDale»  tmu^t^'n  Versammliiogeii 

abi?**h;i!ten  werden,  um  die  Sohritt«*  zn  !"'r.ithen,  welche  im  Interesse  des 
Mitt^'l^'  huli'-iirstande^:  bei  der  hob*"!!  t  iitfrriL'nt.s-vfr'WiilTunf:  un^i  (icn  ^'♦'"^et?.- 
gebendeii  Kürper>'.h.ittt'n  zu  iinT<'rnth  iii'*n  w^lfn.  dümil  die  ii- .ruli'-rung 
in  einer  unsere  b«i  nithrci«.  ii  Aniasr^en  mm  AusUiucke  gebrachten  Wünsche 
berücksichtigenden  Wewe  erfolge.  Bi  wurde  vereinbart,  dasa  die  hiesigen 
Vereiiie  vereint  voirgehen.  Die  erste  Versammlaiif;  dieaer  drei  Vereine,  der 
«MittekdioleS  der  »Realedinle*  und  des  .Vereines  der  Snpplenten  dentacber 
Mittelacholen  in  Wien',  wurde  am  35.  Januar  1896  abgehalten.  Die 
BesolnUon,  die  auf  Gmnd  des  Vortragen  de.s  Herrn  Dir.  Klekler»  an 
welchen  sich  eine  überaus  rege  Debatte  knflpfte,  gefasat  wurde,  über- 
relt}it»^n  die  Obmänner  der  drei  genannten  Vereine  Sr.  Kxcellenz  dem 
Herrn  ünterrichtsminister.  ••^'*'n>o  wurden  den  Mitgliedern  des  Ab- 
geortineten-  un  l  des  Herrenhaii>  ^  r.xcnijil.irc  ^;e2f'»V»en  Am  14  April  fand 
über  Iintialive  d.-r  .MitteL-i.  ImU'"  »'iiif  VcriMiuimluug  äsitmiuti icher  MiUeUchuI- 
lehrer  Wiens  statt,  um  Auadiuck  zu  geben  bestimmten  Desiderien  auf  Ab- 
ftndemag  der  Gesetiesroriage .  die  am  26.  Märs  dem  Abgeordnetenhause 
unterbreitet  worden  war,  nach  welcher  die  gesetzliche  Nenregolienmg 
der  BesQge  des  Staatalehrperaonales  stattfinden  sollte. 

„Der  einhellig  angenommene  Resolntionsbescbloss,  der  die  Ahftndemng 
zu  den  einzelnen  Paragraphen  der  Regierung8vorIage  enthielt,  worde  in 
{geeigneter  Weine  der  hohen  ünterrichtaverwaltung  uberreicht. 

„Man  hört  häufig  Klagen,  dass  unsere  Schritte  unfruchtbar,  da«  sie 
erfolglos  gewesen  seien.  Die«e  KIaq'en.  meine  Herren,  gind  nnb<»grrindet. 
Oh  alle  unsere  Vorscliliigt'  b*  tit'tl'»  der  Auf lu-'^verung  der  tiehalte  und  der 
Hebung  der  socialen  Stellung  Beachtung  Huden  werden,  darüber  wird  zu 
sprechen  am  Platxe  sein,  wenn  die  Regulierung  perfect  ist.  Aber  sdion 
jetzt  Usst  nns  das  bekannte  Wohlwollen  Sr.  Eicellens  des  Herrn  Ministers 
und  seiner  Rftthe  anversichttich  hoffen,  dass  sie  thnnlichste  Berücksiehti- 
Jung  finden  werden.  Doch  darüber  sp&ter. 

„Aber  auf  einige  Erfolge  mnss  ich  schon  jetzt  hinweisen,  deren  Wohl> 
thaten  die  Mittelschullehrer  schon  genießen.  Es  ist  dies  erstens  der  Fort- 
bezug der  Subsistenzzulage;  ferner  mTigon  die  Herren,  die  solche  Klagen 
vorbringen,  die  Liste  der  Krnennun<,'en  im  letzten  Julitermine  und  während 
der  F»>rien  einer  uiUieren  l'riil'iini;  und  \  ergleichung  mit  den  IVüiieren 
guhren  unterziehen;  endlich  ^iiid  die  Pensionen  der  Witwen  und  Waisen 
nach  Mittelücbullehrern  in  dem  neuen  Gesetze  in  einem  Ausmaße  fixiert, 
dass  selbst  der  sonst  üntnfriedene  das  große  Wohlwollen  der  hohen  Be- 
giening  dankbarst  anerkennen  mnss.  Wie  man  angesichts  solcher  Yer" 
hlltnisse  behaupten  kann,  es  ist  nichts  geschehen,  es  ist  nichts  erreieht 
worden,  ist  mir  unergründlich. 

«Eatfi^tete  der  Verein  so  in  Besag  anf  die  Wahrung  unserer  Standes- 
intere?!«en  eine  rege  Thäti'^'kcit ,  so  wurde  auch  die  andere  Seite  des 
Zwecke.'^  unseres  Vereines  nicht  vt-rnachlfiÄsigt.  Es  wurden  in  mehreren 
Verein-!verfammlun;»en  Fragen  des  Miitel.-iciiulwesens  dureh  Vortrüge  über 
Gegenstilnde  der  iVidagogik,  Didaktik  und  Wissenschait  gefördert.  Am 
ersten  Abende  sprach  Herr  Dir.  Dr.  J.  iioos  in  fesselnder  Weise,  wie 


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Vereinsnachrichten. 


51 


immer,  j\ber  ^unsere  Verkebnsprache  mit  der  Jugend.  An  den  Vortrag 
knüpfte  "eine  fmchtWe  Debatte.  Am  «weiten  Abende  bieit  Prof. 
Dr.  Frank  einen  Tortraj^  mit  dem  Titel:  Der  pbiloioprisobe  Unterricbt 

auf  dem  Gymnasium  und  die  Anschauung.  In  Inhalt  und  Form  gleich  er- 
freulich und  meisterhaft  zum  Ausdrucke  gebracht,  verdient  der  Vortrag 
dip  Anprkcnnnng,  die  ihm  von  Seite  der  zahlreich  bpsiichten  Versammlung 
geworden.  Am  drittfn  Abende  unterhielt  uns  l'rot".  I)r.  .Tornsaloni  an- 
regend, wie  wir  bei  ilim  <,'>MVf»hiit  sind,  mit  der  Psychologie  im  Dienste 
des  Sprachunterrichteti.  Seine  Auätiihruugen  boten  Gelegenheit  zu  einer 
lebhaften  Debatte.  Am  vierten  Abende  feierte  Prof.  Dr.  Kari  Wotke  in 
einer  interenanten  Bede  das  hundertjährige  JnbÜftum  der  fransteischen 
Profemoreniebnle.  leb  kann  es  mir  hier  nicht  Teni^n,  dem  trefflichen 
Gollegen  den  Dank  des  Vereines  atusosprechen,  der,  ao  oft  man  sich  an 
ihn  wendet,  gern  mittheilt  von  dem  Schatce  seines  reichen  Wilsens  auf 
allen  Gebieten.  In  hohem  Grade  belehrend  war  der  Vortrag,  den  Prof. 
L>r  Kanh  am  folf^enden  Vereinsabende  hielt  mit  dem  Titel:  Das  lofjisohe 
Entiiyn)eMi  und  dessen  sprachlicher  Au«dnu"k.  Sehr  anerkennenswert  ist 
auch  die  Be?.precbuug  einer  grammatiicben  Frage  von  Dr.  Löw,  weil  aie 
von  einem  ganz  richtigen  Standpunkte,  dem  Principe  der  Concentration, 
ausgeht  £ndlich  fand  eine  gemeinsame  Sitzung  des  Vereines  .Mittelschule' 
and  des  «Vereines  snr  Forderung  des  physikalischen  und  chemischen 
ünterrichtes*  im  Pbysikatale  des  k.  k.  QymnasiQms  der  Theresianischen 
Akademie  statt.  Dort  hielt  Prof.  6.  Rusch  einen  interessanten  und  be- 
lehrenden Vortrag  .Über  den  elementaren  Unterricht  in  der  astronomischen 
Geographie'.  Prof.  Höf  1er  machte  Mittheilungen  aus  dem  astronomischen 
Unterrichte  und  demonstrierte  seinen  in  der  Poske'schen  .Zeitschrift  für  den 
pbjsikji Hachen  und  ehemi.'^chen  l'nterriclit'  beschriebenen  Eklijjtikapparat. 

^Sie  seilen,  meine  Herren,  der  Ausitchusjä  war  bemüht,  auch  von  dieser 
iteiie  ein  reiches  Progxamra  zu  bieten.  Wenn  ich,  abweichend  von  der 
üblichen  Praxis,  bei  der  Aufzählung  der  Vortrfi^e  mir  erlaubte,  da  und 
dort  ein  epitheton  omant  hinxttznfügen ,  so  geschah  es  nicht,  um  daran 
Kritik  SU  Aben!  Ich  wollte  damit  nur  den  Herren  Oollegen  meinen  Dank 
Ahr  die  ▼ietseitigen  Anregungen  abtragen.  Anderseits  benfitae  ich  diese 
Gelegenheit  —  und  Sie  werden  es  mir  als  Obmannstellvertreter,  dem  das 
Gedeihen  des  Vereines  am  Herzen  liegt,  nicht  übelnehmen  —  die  Herren 
Coliegen  dringend  zu  bitten,  durch  Vorträge  und  Besuche  derselben  dabin 
zu  wirken,  dass  der  Verein  auf  der  Höhe,  die  er  dank  der  Opferwillitrkeit 
und  Arbeitsfreudigkeit  unserer  Vorgäni^er  miihjiam  errungen,  erhalten  und 
wenn  nui^lich  auf  eine  noch  höhere  Stufe  gebracht  werde.  Ma*^,  meine 
Herren,  der  Vortrag  welchem  Gebiete  immer  entnommen  bein,  unstreitig 
wird  stets  der  Sinn  fttr  WissenschaftKchkeit  belebt  und  r^e  erhalten.  Und 
ohne  dies«!  Hintergrund  der  Wissentehaftliehkeit  wird,  ftrehte  ich,  unsere 
BesohAftigung  frfther  oder  sp&ter,  aber  geinss  ram  banausischen  Handwerk. 

„Die  HitgliedemU  nnseiee  Vttwinee  iet  gegenüber  dem  Voijahre 
etwas  gestiegen.  Wenn  sehr  geschätete  Miere  Coliegen  entweder  gans  aus- 
treten oder  mit  einer  erschreckenden  Regelmäßigkeit  von  unseren  Yer- 
««amtnliinsren  sich  fernhalten,  so  muss  ich  das  bedauern  und  kann  mir  den 
Grund  nicht  erklären.  Denn  das  kann  als  unbe.stntten  liingestellt  werden, 
dass  ein  Verein  nur  durch  Zasammenfagsen  aller  Kräfte  den  schwierigen 

4* 


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52 


VereinsuAclirichten. 


AofgftbeD,  die  so  \l5ten  sind,  gerecht  werden  kann.  Sollten  einselne  Herren 
SWM  mit  den  Zielen,  nicht  aber  mit  den  ron  der  Leitung  des  Vereines 
ciogeschlagenen  Wegen  übereinstimmen,  dann  ist  diin  einzig  correcte  Mittel, 
dem  VeriMne  zu  nützen,  im  Vereine  Antriio'o  ihrer  Tendenz  zu  stellen. 

^Der  Au.-iSL'huss  wird  jedesmal  statuten^'ein.iL^  solche  Anträge  gewissen- 
haft prüfen  und.  wenn  sii-  die  Verninsinteresisen  zu  fördt'rn  geeignet  sind, 
dem  Plenum  zur  Auaaume  empfehlen.  JJass  aber  die  Milgliedt>chaft  eines 
Vereines,  wofern  in  diesem  der  rechte  Geist  herrscht,  von  großem  Nntsen 
ist,  bedarf  wohl  keines  weiteren  Beweises.  Abgesehen  davon,  dass  die  Zu» 
gehSrigkeit  sa  einem  großen  Gänsen  das  Setbetbewosatsein  des  einseinen 
hebt»  werden  im  Vereine  Anregungen  aller  Art  gegeben,  es  wird  Liebe 
nnd  Emst  fQr  den  Beruf  wach  erhalten  und  Begeisterang  geweckt,  alles 
Eigenschaften,  welche  anßer  gründlichem  Wissen  nothwendig  sind,  um 
unseren  ^ehwierigen  Beruf  rw  erffillen. 

.Knie  andere  Frage,  di»*  für  den  Bestand  des  Vrreint's  von  der  L,'röl.*ten 
Wieht'i^'keit  ist,  dürfte  in  Kürze  eine  günstige  Krledi^un^;  tin<ien.  Die 
Herren  wissen,  da«3  wir  unser  altes  Heim  in  der  Aula  veiLii^eu  haben. 
Bestimmend  war  der  borrende  Preis,  den  wir  für  die  BenUtsong  des  — 
ich  sage  es  offen  —  unpsssenden  und  der  Gesundheit  nicht  sonderlich 
stttri^iUehen  Saales  süden  musaten.  Anderseits  hftngt  von  einem  bestimmten 
Locale  geradezu  die  Existens  eines  Vereines  ab.  Nun  hat  der  Obmann  an 
das  Dt  Lanat  der  philosophischen  Facultät  ein  Gesuch  gerichtet,  und  es  iat 
alle  Hoffnung  vorhanden,  dass  uns  ein  pausender  Saal  in  der  Universität  /ut 
Verfügung  gestellt  wird.  Das  Gesuch  selbsat  iwt  allerdings  noch  nicht  erledigt. 

„Was  unsere  Zeitschrift  ,Osterrt'i(hisclie  .Mittelschule'  anlanpft,  so 
macht  sie,  dank  der  He^sauikrit  aller  Vereine,  rt  cht  schöne  Fortsi  hritte. 

„Die  Auflösung  des  Vereines  .Innerösterreichische  Mittelschule",  die 
im  Januar  dieses  Jahres  erfolgt  i^t«  bleibt  für  unsere  Zeitschrift  ohne  £in- 
flom.  Die  neue  Rubrik  för  Stande^ragen  bietet  jedem  ciymnssiallehrer 
Gelegenheit,  in  saehgentftßer  Weise  Standesfragen  sn  erOrtern  und  positive 
Antrftge  su  stellen.  Jede  Anregung  und  Förderung  in  dieser  Hinsicht  wird 
von  der  Bedaction  und  von  allen  Mittelachullehrem  mit  Dank  angenommen. 
Dagegen  müssen  Verirrungen,  wie  sie  angeblich  ein  Mittelscbullebrer  in 
einer  hiesigen  Zeitung  wiederholt  abgelagert  hat^  aowohl  in  Ton  als  auch 
in  der  Tendenz  bedauert  werden. 

„Für  die  wiirdi<,'e  Aujistattung  der  einzelnen  liette  gebürt  dem  Uerrn 
Verleger  A.  v.  Uölder  der  beste  Dank. 

,Die  archäologische  Commiasion  fQr  die  österreichi^^chen  Gymnasien 
entfiUtet  unter  ihrem  sehr  geehrten  Obmanne  Herrn  Landes -Schulinspector 
Dr.  Hnemer  eine  r^  Th&tigkeit 

«Mein  Bericht  w&re  unvollständig,  wenn  ich  nicht  eines  Tages  ge- 
dächte, der  für  den  Verein  ein  Ehrentag  bleiben  wird  immerdar.  Es  ist  den 
Herren  bekannt,  dasa  der  Aus.schu<«  im  Sommer  löiJö  den  Beschlusä  fiwste, 
dem  um  die  Wiissens»  haft  und  die  Förderung  des  österreichischen  Mittel.'ichul- 
wesens.  ja  des  Bilduugswe-sens  überhaupt,  hochverdienten  Herrn  Sections* 
chef  Wilhelm  v,  Hart^^l  nniKslich  seines  dreiLugjährigen  DoeinUn- 
jubilüums  »m  Vereine  mit  Kn  uiiiit  u  und  Schülern  des  Jubilars  eine  Medaille 
mit  seinem  Bilde  prägen  zu  la^^^en.  Es  bildete  sieh  ein  Comite,  das  aus 
Mitgliedern  der  Universität  und  der  kartellierten  Mittelschulveretne  bestand. 


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Vereinsnachrichten, 


53 


Dieaer  Gedanke  fand  in  dem  xahlreiehen  Ereiae  der  Frennde  und  Schiller 
des  Jabilars  die  sympathischeste  Aufnahme,  wie  dies  die  580  Untetachriften 
auf  <ltr  Adresse  beweisen.   Am  Gedenktage»  dem  14.  Jttn  dieses  Jahres, 

bes^ab  sich  diw  Coniite  zui^'lcich  mit  zwei  anderen  Deputationen  in  die 
Wobnmi);  de«  .Tiibilavs  und  überreichte  nach  einer  kurzen,  die  Verdienste 
des  Geleierten  um  die  Förderung  der  Wij^senschaft  und  des  österreichischen 
Mittelschulwesens  würdij?enden  Ansprache  des  Obmannes  Prof.  Hoppe  ein 
Elxemplar  der  Medaille  in  Gold.  Herr  Sectionachef  t.  Härtel  dankte  für 
die  ihm  gewidmete  Oabe  mit  hersliehen  Worten.  Bei  dieser  Gelegenheit 
mnss  das  harmonische,  fast  mOchte  ich  sagen  eoUegmle  Znsammenwirken 
der  Vertreter  der  UniTerait&t  mit  Mittelschullehrern  mit  Freude  cnn- 
statiert  werden.  Überlianpt  verdient  die  erfreuliche  Thatsache  —  und  dem 
Gymnasialwesen  gereicht  es  nur  sum  Vortheile  -  dass  die  Mittelschnl- 
lehrer  mit  der  Universität  in  enger  Fählang  und  stetem  Contacte  bleiben, 
eine  besondere  Erwähnung. 

-Es  erübrigt  mir  noch,  allen  Herren  Vortraf^enden  und  Mitarbpitem 
an  uiLserer  Ȇsterreichischen  Mittel.-^cluile',  insbei^ondere  dt-n  kartellierten 
Vereinen,  für  ihre  Luter.siütüung  meinen  herzlichen  Dank  auszusprechen. 
Mit  dem  Wunsche,  dass  unser  wackerer  Verein  auch  in  diesem  Jahre  eine 
erfolg-  und  segensreiche  Th&tigkeit  entfalte  snm  Nutxen  der  Schule»  dem 
Stande  cur  Ehre,  schließe  ich  meinen  Rechenschaftsbericht." 

Hierauf  ertheilt  der  Vorsitiende  dem  Cassier  Herrn  Prof.  Alth 
das  Wort  zum  Becbenschafksberichte: 


Casse -Ausweis  aber  das  Jahr  1895/96. 


Einnahmen 

1  ! 

kr. 

Ausgahen 

1  fl. 

kr. 

Casserest  vom  Vorjahre 
Spart-inlacje    bei  der 
österreichischen  all- 
gemeinen Sparcttsse 
Spareinlage  beim  all-  : 
gemeinen     österrei-  i 
1     chischen  Beamten- 
xereine  \ 

53 
685 

III 

46 
72 

45 

Saalmiete  und  Bedie- 

nun^j  , 

Hölders  Verlag    •  •  . 
Witwenunterstütxnng . 

Druck-,  Verwaltungs- 
und Redactions- 

! 

147 
410 
60 

140 

75 

83 

Zinsen   i 

Mitglieilerbeitriig«'  , 

38 

658 

17 

Atisgaben  . 
Saldo  . 

'  75» 
i  728 

58 
22 

Einnahmen  . 
Ausgaben  . 

1466 
[  758 

ÖO 
58 

1486 

Öü 

Activrest . 

1  728 

1 

1  Diener    Activrest    be-  ; 
steht  aus: 

1.  ElulaL't'    i  fier öster- 
reichischen alige- 
meinen Sparcasse 

2.  Einlage  beim  öster- 
rpichi?»chen  allge- 
meinen Beauiten- 
▼ereine  ..... 

Caaserest  . 

Somit  wie  oben . 

659 

1 

1  15 

'  52 

47 

87 
88 

Wien,  20.  NoTember  1896. 

Prof.  G.  V.  Alth 
als  Cassier. 

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54 


Vereinanacbricbten. 


Sodann  erfolgt  die  Neuwahl  des  Ausscfau$<«e8,  weil  der  Obmann 
Feodor  Hoppe,  sowie  die  Ausschussmitjyliedor  Prof.  Ferd.  Dressl  e  r, 
Prof.  Fischer,  Prof.  Dr.  Kukutscb,  Dr.  K.  SotVr  und  Prof.  Dr.  J. 
Zeidler  statuteniiiärnf»  ausscheiden.  Gewühlt  werden:  Feodnr  Hoppe 
zum  Obmanne  und  zu  Ausschussmitgliedern:  Prof.  Dr.  J.  Kukutscb,  Prof. 
Petor  Maresch,  Prof.  J.  Wiesner,  Dr.  E.  Sofer  und  Prof.  Dr.  J- 
Zeidler. 

Den  aasMslieidenden  Ansscbossmitgliedern  wird  der  Dank  Totiert 
Nun  erh&lt  Prof.  Dr.  Karl  Wotke  da«  Wort  su  seinem  Vortrage: 
„Gesebichte  der  Universit&t  Olmfltx*'. 

Am  Scblnsae  dankt  der  Vorsitzende  Herrn  Prof.  Dr.  Wotke  fttr  seinen 
ebenso  interessanten  ah  lehrreichen  Vortrag  und  macht  die  Versammlung 
noch  mit  einigen  wichtigeren  Geschäftsstücken  bekannt:  Horm  Prof.  Josef 
Kolbe  sollen  zw  dossen  70.  Geburtstage  brieflich  din  Glückwünsche  des 
Vereines  ausgesprochen  werden.  (Angenommen.)  Ein  Dr.  Pisko'scher  Stift- 
platx  mit  175  i\.  l'iir  Witwen  von  Mittclschullehniii.  sowie  ein  solcher 
von  45  0.  für  absolvierte  Lehramtscaudidateu  kommt  i^ur  Verleihung; 
Qesncfae  sind  an  den  Magistrat  der  Stadt  Wien  an  richten.  Als  nene  Mit- 
glieder sind  eingetreten:  Prot  Adamek  ans  Gras,  Dr.  Fr  an«  Dan  r  er, 
Obmann  des  Vereines  »Realacbnle",  und  Anton  Beb  bann,  Professor 
an  der  k.  k.  Staatsrealschule  im  VI.  Bezirke.  Hieranf  wird  die  Sitzung 
geschlossen. 

(Mitgetheilt  vom  Schriftführer  Prof.  Peter  Maresch.) 

Zweiter  Yerelnsabend. 

(12.  December  1896.) 

Ffir  den  durch  Krankheit  verhinderten  Obmann  eröffnet  der  Obmann- 
stelhertreter  Prof.  J.  Zycha  die  Sitzung  mit  der  Mittheilnng,  dass  der 
Aasschoss  sich  constitniert  und  die  Herren  Prot  J.  Zycha  zum  Obmann- 
stellTertreter,  Prof.  O.  Schlögl  zam  ersten,  Prof  P.  Maresch  znm  zweiten 
Schriftführer  und  Prof.  G.  v.  Allh  zum  Cassier  gewählt  habe,  und  spricht 
dem  Prof.  Ferd.  Dressler,  der  im  verflossenen  Vereinsjahre  zweiter 
Schriftführer  war,  für  seine  durch  Gewissenhaftigkeit  und  Genauigkeit  aus- 
gezeichnete Mühewaltung  den  wärmsten  Dank  aus.  (Beitall.i 

Es  folgt  der  Bericht  der  Casserevisoren.  Auf  ihre  EikLii  uug  hin.  dass 
sie  bei  ihrer  eingehendeu  Prüfung  der  Cassegeburung  ailes  richtig  be- 
funden hätten»  wird  dem  Cassier  Prof.  G.  t.  Alth  das  Absolntorium  er- 
theilt  und  zugleich  der  Dank  ausgesprochen. 

Hiemnf  thettt  der  ObmannstellTertreter  mit,  dass  von  nun  an  die 
Versammlangen  in  der  neuen  Universität  stattfinden  werden»  und 
knäpft  daran  den  Wunsch,  diiss  nach  Abscblnss  des  nicht  kurzen  Nomaden- 
lebens der  Verein  wieder  frisch  aufblühen  und  gedeihen  möge.  (Beifall.) 

Als  neue  Mitglieder  werden  anf^emelJet  die  Herren  Dr.  (iuatar 
Kraitschek,  Supplcnt  ;.m  akademischeu  i lymnasjura  in  Wien,  und 
Dr.  Max  Frank.  Pioics-^or  am  Maximiliansgyujua.sium  in  Wien. 

Der  Obmauu«tuU Vertreter  legt  das  Programm  des  elektrotechnischen 
Vereines  für  einen  Cyklus  gemeinfasslicher  Vorträge  aus  dem  Gebiete  der 
Elektrotechnik  etc.  vor. 


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Yereininaclirichten. 


55 


Hierauf  hält  Max  Guttmann,  k.  k.  Tarnlebrer  in  Wim,  den  an- 

„Die  förderung  der  körperlichen  Ausbildunif  an  den  Mittelscliuiea 

Österreichs"  (S.  1). 

Nach  lebh;i(tem  Beilalie  der  VersaiUTOlun«,'  dankt  der  Obmann- 
stellvertreter im  Namen  des  Vereines  dem  Vortragenden  Ifir  seine  belehren- 
den und  höchst  anregenden  Mittheilunj^en  und  richtet  dann  an  diesen  und 
an  die  Tenammlnng  die  Anfrage,  ob  eine  Debatte  gewOnsebt  werde. 

Prof.  Ober  mann  bemerkt,  der  Vortragende  babe  keine  Tbeeen  auf- 
gestellt, sondern  nur  WQnscbe  ansgesprochen,  daher  sei  eine  Debatte  nicht 
statthaft. 

Dir.  Loos  nimmt  Veranlassung?,  ebenfalls  auf  den  in  der  Ärzte* 
versammlunf?  >^i'haltt  n(ni  Vortrag  des  Dr.  T?nnim  hinzuweisen,  in  welchem 
sich  derselbe  namentlich  {,'t*;,'f'n  dif  Kintiihrunjf  des  80genannt<'Ti  .P'-n tischen 
Turnen**"  richtet,  und  liiilt  es  für  einen  wichtigen  Berathun|;>'Tfg*'Dstand, 
sich  dsvrüber  zu  liußeru,  ob  nach  den  bisherigen  Erfahrungen  das  zwischen 
die  ein/einen  obligaten  Lehrgegenstände  eingeschobene  Turnen,  wie  es  eine 
Ketbe  dentseher  Scbnlm&nner  behauptet  hätten,  ersprießlich  sei  oder  nicht. 
Bei  dieser  Gelegenheit  erwähnt  Dir.  Loos,  dass  ja  doch  eigentlich  die 
Bemerkongen  Bumnis  inrückgiengen  auf  den  italienischen  Physiologen 
Mosao  iiad  auf  die  Au&ehen  erregende  Schrift  des  Heidelberger  Doctors 
Kriipelin,  der  indes  aach  bereits  wieder  seinen  Gegner  in  G.  Richter 
gefunden  habe.  So  sehe  man,  weil  von  beiden  Seiten  nicht  ungewichtige 
Gründe  vorgebracht  würden,  in  <1 -r  cranzen  .Sache  nicht  recht  klar.  Es  sei 
nnbpfTfpiflieh.  warnin  ciic  Ärzt«-,  wenn  mf*  einori  derartigen  Geq'en^tand  zur 
DerütJiung  i>räcbten,  nicht  doch  auch  Schuluiäuner,  welche  uuk  Eiiahrung 
miti$prechen  könnten,  zu  ihren  Veräummtungen  einlüden.  Wenigstens 
hätten  dieselben  eben  dasselbe  Recht  mitsusprechen,  wie  die  Ärzte  vorerst 
einen  Sehulanst  verlangten.  Am  leichtesten  käme  man  wohl  so  zum  Ziele, 
dass  man  eine  achulhygienische  Statistik  verfasste  unter  Mitwirkung  von 
Inten*  Solange  eine  ständige  Commission  hieftlr  nicht  susammengesetst 
erscheine,  könnten  '  i  vir  »elb.st  darüber  Beobachtungen  machen,  ob  das 
Turnen  zwischen  den  obligaten  Stunden  oder  nach  denselben  den  von  den 
Leibf'siilinnc^fn  crwurti  ten  Nutzen  «tift--.  Denn  dazu  «^eif^n  wir  im  Inteross^ 
der  Jugend  und  des  Staates  verptiichtet.  Wir  lieiTindt  n  uns  al.so  ror  ier- 
hand  in  einem  übergangs-stadium ,  da-n  tms  zur  Klarheit  führen  werde. 
Sicher  sei,  djiss  beim  regelrechten  iurueu  der  energische  Wille  zur  Gel- 
tung komme  und  durch  seine  Tbätigkeit  das  Gehirn  ebenso  ermQdet  werde 
wie  in  den  obligaten  Lehntnnden  durch  die  rege  gehaltene  Aufmerksam« 
keit.  Wenn  aber  das  Turnen  so  gebandbabt  werde,  dass  es  den  geistig 
ermQdeten  Schillern  eine  Krholung  bringe,  dann  sei  gegen  die  Einschiebung 
desselben  zwischen  die  obligaten  Lehrstunden  nicht«  einzuwenden,  viel- 
mehr wäre  sie  dann  wfinnchenüwert.  Dir.  Loos  formuliert  zum  Schlosse 
seine  Ansicht  in  einf»m  zehnten  Punkte:  ^Es  mögen  vorläufig  an 
mehreren  Anstalten  t  a  t  i  s- 1  i «  r  h  p  K  r  h  e  b  n  n  f:^  p  n  über  den  E  i  n  f  hi  9 
des  Turnens  auf  eine  uaeiilolgeuiic  w  ia.seu.schaftliche  Unter- 
richtsstunde oder  im  Anschlus.se  an  den  vormittägigen  Unter- 
richt tll— 12  oder  Iii  — 1)  gepflogen  werden." 

Darauf  erwidert  Tarnlehrer  Guttmann: 


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56 


Vereinenachrichten. 


,Dpn  Ausführungen  des  H(»rrn  Dir.  l>r.  J.  Loos  ^^f'ijenüber  prlauKe 
ich  mir  zu  bemerken,  dass  die  An;^rirtc  des  Mos^o  und  s«»iner  AnUüuger 
auf  duä  deutsche  'I  uruen  schon  wiederholt  dagewesen  sind  Iti  den  Zwanziger- 
Jcihren  dieses  Jahrhunderts  gesellten  sich  dazu  vornehmlich  politische 
MotiTe,  und  in  den  FQnf^iger-Jahren  wurde  die  tchwediMlie  Gymuattik  ak 
Sturmbock  gegen  dae  Schulturnen  benfiUt  Da«  getchah  vornehmlich  in 
Preußen  und  Sachsen,  denn  wir  hatten  damals  noch  kein  Schulturnen  wie 
beute.  Die  Argumente  der  Gegner  waren  ähnlicher  Art  wie  die  in  der 
neuesten  Zeit  und  in  wissenschnftliches  Gewand  gekleidet.  Sie  machten 
die  preußische  ünterrichtsverwaltung  stutzig,  und  diese  überantwortete 
die  panzf»  Angelef^onheit  dem  obersten  Medicinalrathe  zur  Entscheidung, 
welche  vollkornnifTi  /ui^unsten  de«  deutschen  Tnrnens  auRj^efallen  i^'t.  In 
die^er  CominiK?ion  t-uüen  unter  andi'ren  Virchow  und  Emil  Du  Bois- 
Eejmond  (t  1896).  Der  letztere  trat  dieser  Frage  noch  einmal  in  den 
Achtsiger-Jahren  nftber.  Nun  wurde  dieser  berühmte  Gelehrte  im  Vorjahre 
gefragt,  was  er  von  den  Angriffen  der  Physiologen  Mosso  in  Turin,  La- 
grange in  Paris  und  ihrer  deutschen  Anhänger  halte.  Der  hervorragende 
Physiologe  meinte  nun»  dass  er  dem,  was  er  früher  über  den  Gegen- 
stand gesagt  hat,  nichts  binzusufügen  habe. 

„Ich  bin  auch  der  festen  Überzeugung,  das«,  wenn  wir  nun  in  Öster- 
reich Beobachtun^'cn  und  Untrisuchunc^en  über  den  Einfluss  einer  Turn- 
stunde auf  eine  nachtülgeruli-  wi.s.>t  n-i  hattliche  ünterrichfc^stuntlp  oder  als 
Eckätunue  anstellen  werden,  die  Vt-rbiiche  zugunsten  unseres  Schulturnen» 
ausfallen  werden.  Es  ist  Sache  der  Wissenschaft,  mit  der  Ertaluuug  in 
Übereinstimmung  zu  kommen.  Und  die  Erfahrung  spricht  tOr  die  gegen- 
wärtige Einrichtung,  d.  i.  fttr  den  Wechsel  von  geistiger  und  phydacher 
Arbeit.^)  Um  aber  die  Zweifler  vollkommen  an  beruhigen,  möchte  ich  mich 
far  die  Annahme  der  vom  Herrn  Director  vovgeechlagenen  hygienisch- 
statistischen  Erhebungen  aussprechen. 

«Ich  gebe  zu,  da^s  Herr  Dir.  Dr.  .1.  I.oos  die  erfrischende  Wirkung 
de«  Turnens  nicht  in  Frage  gestellt  hat.  Aber  es  gibt  mnnche  Lehrer  nn 
Mitt*'l<(  hulcn .  welche  eben  diese  Eigenschaft  bc^itroitt'n ,  wi»*  /,.  H.  Herr 
Prof.  Dr.  Leo  Du rijrcr. -itcin.  Diosom  Umstände  ge>;t'niil)('r  kaim  ich  und 
gewiss  auch  die  meisten  mit  lurnuxi  beschäftigten  Lehrer  nicht  genug 
betonen,  dass  die  Schüler  sich  stets  auf  die  Turnstunde  freuen.  Es  kommt 
a.  B.  vor,  dass  Schüler,  welche  ihre  Turnschuhe  mitbringen,  sie  schon  zu 
Ende  der  vorausgehenden  Stunde  anaiehen,  dass  sie  sich  die  Schnüre  an 
den  Schuhen  lüften,  um  nur  ja  recht  rasch  umgekleidet  zu  sein  und  keinen 
Augenblick  von  der  Turnstunde  unbenützt  vorübergehen  zu  las.sen.  Es  ist 
wirklich  eine  Freude,  die  leuchtenden  Augen  und  die  fröhliche  Stimmung 
bei  den  jfingeren  Schülern,  zu  drm  sich  bei  den  älteren  Schülern  reger 
Eifer  und  erhöhtes  Interesse  gesellt,  /u  Ijnolnichtnn.  rntt  \V('l.d>(»ni  sie  dem 
Turnunterrichte  folgen,  wo  sie  sich  freier  bewegen  und  geben  dürfen  aU 
in  der  Classe. 

1  TT:itlfn  ahi'T  Mos.io  iiiul  st  iiu«  Aijli!iiitf«'r  rfcht,  wio  sollt«'  man  ^icll  »Innn  z.  H. 
diu  Erlulge  Preußens  uud  U*fr  Übrigen  dfulucbfn  bUi»U'n  in  dem  Krk'gf  von  1670/71  <r- 
klimit  Dmnach  bStte  beMtoilen  piwufien ,  welch«»  du  Scbultiinieii  ncbon  seit  dorn  Jahro 
T'J'J  oiriK'cfnhrt  hat.  vullkoinmcn  tl<'K<'in  ni'rt  s' i?v  tiil^w-cn  !  rml  nnson»  MitbOrucr  inü»st«'n 
ja  dif  bemjtleideu»wfrU;!ilcD  ücscböple  ?<  in,  du  fit-  in  der  tou  Mos» so  vorpuiilcu  Weise  seil 
d«ai  Jibre  1870  in  d^  VolkMehttlen  und  in  einem  Tbeil«  d«r  Mittelwbulen  getuint  haben  t 


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Vereinsnachricht€n. 


57 


.Geht  schon  am  diesen  Beobachtungen  das  Erfrischende  und  Erholende 

einer  Schulturnätunde  hervor,  ho  tritt  die  Erfahrung  hinzu,  dass  bei  an- 
haltender  geistiger  Th&tigkeit  das  Gehirn  sich  mit  Blut  überfüllt,  während 
den  Ext renji tüten  zu  wenij»'  Blut  ztiprrfnlirt  winl.  Dk't  K<^]>f  wird  heiß,  die 
Extremitäten  aber  sind  k:ilt  Untornimnit  nuui  tiann  aber  eini<]fo  t.  hnnijen. 
go  wird  den  Extremitäten  mehr  Hlut  zugeführt  und  das  Gehirn  wird  ent- 
lastet. Der  Kopf  .glüht'  nicht  mehr,  eine  angenehme  Frische  belebt  den 
Körper  und  der  Schüler  ist  zu  neuer  Arbeit  gerüatet.  Diese  Erfahrung 
hab«!  bereits  eo  yiele  und  her7ornigende  Mediciner  hervorgehoben  nnd 
wisseaschafüich  begrflndet,  dass  es  nicht  mehr  nothwendig  sein  sollte,  es 
immer  wieder  zu  sagen.  Aber  die  Zweifler  wollen  dennoch  ron  neuem 
aufklärt  sein." 

Hierauf  wirft  Supplent  Dr.  Sofer  die  Frage  auf,  ob  Schülern,  welche 
das  Radfahren  lernen,  resp.  ausüben  wollen,  gestattet  werden  dürfe,  einem 
Radfahrer  vereine  beizutreten  oder  nicht.  Denn  es  sei  doch  verboten,  dass 
Schuler  Mit^lifiler  eines  Vereines  seien,  antlerseits  sei  zu  berückHirhtiei^en, 
drt'is  die  Mitnlicdscliatt  bei  einem  Radtahrervereine  für  die  Erlangung  der 
tamiictnz;  von  Belang  sei. 

Dir.  Loos  erwidert,  er  würde  dam  nicht  die  Erlaubnis  geben.  Ein 
Ausweg  wAre  der,  dass  die  Sohfller  untereinander  einen  Badfobrerverein 
bildeten,  natürlich  in  den  fttr  sie  gesogenen  Grenien. 

Dir.  Seh  ein  dl  er  spricht  «ich  dahin  aus,  wenn  die  Sache  so  stfinde, 
dass  Fahrlicenzen  von  der  Polizoi  luir  an  Yereinsmitglieder  ausgegeben 
würden,  mithin  niemand,  der  nicht  einem  Vereine  angehöre,  eine  solche 
erhalten  könne,  so  mfWse  mit  gewissen  Vorsichten  die  Theilnahrae  der 
Gymnaaialschültr  «^o-itattct  werden,  da  in  snn«t  faotisch  kein  Gymnaaial- 
schüler  radfahnm  dürfte.  Ein  ähnlicht'äs  Vertahrea  werde  ja  auch  der  Theil- 
nahme  von  Gymnasiubchülern  am  Wiener  Eislauf  vereine  gegenüber  ein- 
gehalten.^) 

Der  Obmannstell Vertreter  spricht  im  Kamen  des  Vereines  dem 
Direotor  des  k.  k.  akad.  Gymnasiums  Herrn  k.  k.  Regiernngsrathe 
Dr.  Friedr.  Slamecska  £&r  die. durch  so  lauge  Zeit  gew&hrte  Gastlich- 
keit den  innigsten  Dank  aus.  (BeifaU.) 

Brifter  Tereinsabend. 

(9.  Januar  1»97.) 

Der  Obmannstell  Vertreter  eröffnet  die  bitzuii»,'  mit  folgender  Rede: 
,Ua  unser  Verein  aus  von  mir  bei  einer  anderen  Gelegenheit  dar- 
gelegten Gründen  die  St&tte  seines  vieljahrigen,  rühmlichen  Wirkens  ver« 
lassen  rousste,  war  es  ein  glücklicher  Gedanke  unseres  auf  das  Gedeihen 
des  Vereines  sorgsam  bedachten  Obmannes,  sich  an  das  Decanat  der  philo- 
sophischen Facnlt&t  8U  wenden  mit  der  Bitte»  uns  fQr  unsere  Zwecke  einen 
passenden  Saal  zur  unentgeltlichen  Verftigung  sn  stellen..  Ich  sage«  es  war 
ein  glücklicher  Gedanke,  weil  nach  meiner  Übensengung  die  innige  Vor« 

')  NachLrttglirho  Erkunditrnngon  rcranlusson  ilrn  Dir.  S  o  h««  i  ii  d  1  o  r ,  wiiH'  in  der 
Verein ■▼emmiDtung  ausgr^iKM  l.<  itt>  Aimiihmr  ul»  irri^  r.u  li>^zi-ichii<^n  ;  'I' im  die  Ausfolgting 
der  Fahrt  ic«iiieit  Ki  durchaus  nicht  an  die  MiicUedenchafi  eine*  BaUiahrorfereioes  ge- 
bunden. 


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58 


Vereraanachrichteu 


bin(]un>$  der  Mittelschule  mit  iler  üniversitiit  die  sicherste  Bürgschaft  für 
eine  fortsohrittHche  KntwickiuiiL,'  dn^  Mittcl-chulwpspn«?  biotot.  Das  Gesiu'h 
wtirtlt'  günstig  erledigt,  ich  bin  überzeugt,  lut^ine  Herren,  da«s  Sie  mir  die 
Ermächtigung  nicht  versagen,  wenn  ich  in  geeigneter  Weise  Seiner  Magn. 
dem  Herrn  Rector  der  Universität  und  Seiner  Spectabil.  dem  Herrn  Decan 
der  pbiloBopbisehen  Facultftt  den  Dank  des  Vereines  für  das  freundliche 
Entgegenkommen  ausspreche.  Meine  Herren!  Die  alien  UOmer  hatten  die 
Vorstellnng,  dass  nicht  nur  der  Mensch  einen  Genius  habe«  der  ihn  von 
der  Gehurt  an  durch  alle  Lagen  des  Lebens  und  Ober  dieses  hinaus  unserem 
Schutzens,"'!  t^leich  geleite  und  schirme,  sondern  diws  auch  jeder  einzelne 
Ort  sich  des  Schutzes  eines  solchen  (ieistes  erfreue  Mö^e  der  genius  loci, 
der  in  diwen  Räumen  waltet,  un-^er^n  Verein  W\  jillen  «einon  Schritten 
leiten.  duKs  es  uns  icreHnge,  den  Verein  liier  zu  ähnlichen  Triuntph»*n  7n 
führen,  wie  er  sie  in  (b  r  alten  A\da  gfteiei  t  hat.  Mögen  sich,  mi!itie  ileireu, 
die  Zeiten  gegen  früher  in  uiancber  lieziehung  iuunerhin  geändert  haben, 
die  1  ugcnden,  die  unsere  Vorgänger  au  Siegen  geführt  haben,  haben  wir, 
Epigonen,  sicherlich  bewahrt»  ich  meine  Idealismus  und  Begeisterung  tKtr 
unseren  schönen  Beruf;  sie  sind  ein  xttjjx«  il^  &k  fär  den  MittelsebuUehrer 
jeder  Zeit.  Mit  dem  Her/.en8wunsehe,  dass  unser  Verein  in  seinem  neuen 
Loeale  gedeihe  und  blohe,  heiße  ich  Sie,  meine  hochverehrten  Herren,  in 
unserem  neuen  Heim  auf  das  herzlichste  willkommen  nnd  eröffne  die 
Sitzung. 

„.Meine  Herren!  Das  non>'  .bibr  iK-i^innt  -  ich  betraelite  es  als  i^mte 
Vorbedeutung  —  unter  gliicklicben  uii>l  erfreulichen  Zeiclieu.  Zwei  Mit- 
gliedern unseres  Vereines  brachte  gerade  der  Neujahrstag  Auszeichnungen. 
Herr  Dir.  Dr.  \ugu8t  Scheindler  wurde  lom  Landes -Schulinspector 
ernannt  Ich  schätze  mich  glücklich,  im  Namen  des  Vereines  Herrn 
Landes^Schulinspector  Scheindler  die  henclichsten  GlQckwünsche  anläas- 
lieh  seiner  BefSrderung  daraubringen.  Ein  anderes  hervorragendes  Mitglied, 
Herr  Dir.  Knöll,  wurde  an  demselben  Tage  mit  dem  Titel  eines  Re- 
glern ngsrathea  ausgezeichnet.  Ich  bin  Ihrer  Zustimmung,  meine  Herren, 
sicher,  wenn  ich  uuclt  Tlrrrn  Uegierungsrath  Knöll  schriftlich  die  Glück- 
wünsche iin^'fTP'^  Vfneiii*'s  ^hiflirinije. 

„.\ber  aiii  ii  (las  alte  Jalu-  .-ehloss  in  würdiger  Wei-se  ab.  Herrn  Landes- 
Schulin-spector  Anton  .Maresch  wurde  anlässiicb  seiner  auf  eigenes  Er- 
suchen erfolgten  Versetaung  in  den  Ruhestand  Titel  und  Charakter  eines 
Hofrathes  rerltehen.  Da  diese  Ausaeichnung  gerade  in  die  Ferien  fiel,  begab 
ich  mich  allein  als  Obmannstellvertreter  in  das  Amtslocal,  um  dem  Herrn 
Hofrathe  den  Ausdruck  der  Freude  des  Vereines  über  die  ihm  gewordene 
AiH/eielinun:.;  zu  übermitteln  und  ihm  die  herzlichsten  und  aufrichtigsten 
Glückwünsche  des  Vereines  .Mittelschule'  darzubringen.  Herr  Hofrath 
Mnresch  war  über  ilif-^e  KnridfiehnnEr  fichtlich  erfreut  und  ersuchte  mirli, 
der  verehrten  Ver.sanitnlun^  seinen  Ihm /lit  iisti-n  Dank  auszusprechen.  Kr 
behielt  «ich  nV»pr  vor.  sobald  es  seine  \'»  rliüUnisse  gestatten,  später  in  Person 
in  unserer  Veihamailuiig  seinen  Dunk  abz\istatten.  Mir  war  sofort  klar, 
dasa  diese  von  mir  im  Namen  des  Vereines  unternommene  Kundgebung 
für  einen  Mann  von  der  Bedeutung,  wie  sie  Hofrath  Maresch  zukommt, 
nicht  genQgend  sei  und  dass  der  Verein  eine  weitere  Ehrung  in  Aussicht 
nehmen  müssie.   Der  Ausschuss  fasate  auf  meine  Anregung  den  Beschlusf», 


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Vereinsnachricbten. 


59 


Herrn  Hofvatb  Mareftch  ein  Album  mit  den  Photographien  aller  Lehrer, 
die  jemals  teiner  Inspeetion  unterstanden,  in  passender  Weise  su  fibev^ 
reichen.  Zugleich  wurde  ein  Gärnitz  gewfthlt  und  Ptof.  Dr.  Ku kutsch  mit 

der  Ausführung  der  schönen  Idee  lu  traut  Er  wird  in  Kürze  in  einem  an 
die  Directionen  gerichteten  Aufrufe  die  Modalitäten  bekanntmachen.  It  Ii 
richte  an  die  Herren  Directoren,  Proft^s?oren  unrl  ?iipj)]«'nt*'n  tiie  fütte, 
das  CoTiiitt'  zu  unterstützen,  damit  der  Gedanke  baldi^t  zur  That  w.  rde. 
Ich  bia  überzeugt,  dasg  unser  Vorschlas"  überall  froudigwt  autizenoininen 
werde.  Über  Maresch'  Verdienste  in  seintr  umiiich»tü  Stellung  zu  sprechen, 
wftre  von  mir  anmaßend;  sie  sind  wiederholt  von  der  Allerhöchsten  Stelle 
anerkannt  und  auegezeiohnet  worden.  Was  er  uns  war,  ist  uns  noch  in 
frischer  &innemng:  ein  strenger,  aber  gerechter  und  wohlwollender  In- 
speetor.  Darum  begnflge  ich  mich  damit,  Ihnen,  meine  Herren,  unseren 
Antrag  bestens  so  empfehlen. 

Doch  mit  des  Geschickes  Mächten 

Ist  kein  ew'ger  Bund  zu  flechten, 

Und  das  ünfjlück  «rhr^itot  s'chnoll. 
„Am  1.  Januar  starb  nach  langer  Krankheit  Landos-SLhulinspector  Hof- 
rath Adolf  Lang.  Lang  entwickelte  in  der  Schule  nU  VroieKsm.  Director 
und  Landea-Schulinapector  eine  ersprießliche,  segensreiche  Thätigkeit.  Sie 
in  angemessener  Weise  darsustelien,  bleibt  einem  beredteren  Munde  Tor- 
behalten.  Unter  den  zahlreichen  Freunden  und  Verehrern  wird  sich  gewiss 
einer  finden,  der  die  dankbare  Aufgabe  flbemimmt.  Hofrath  Lang  war 
eine  liebenswürdige  Persönlichkeit;  durch  sein  conciliantes  Wesen,  seine 
Urbanen  ümgangsforraen  eroberte  er  rasch  die  Heraen  aller,  die  mit  ihm  je 
in  Berührung  traten.  In  den  Siebzif^fr -Jahren  gehörte  Lang  zu  den 
fleißigsten  und  thritip:sten  Mitgliedern  unferps  Vereines.  Er  vorstand  es 
meisterhaft,  selbst  Fra^'^'n  von  untergeordneter  H^  dentiinE:  neue  Seiten  ab- 
zugewinnen und  «ieine  Überzeugung  in  fesselnder,  ionin oUeudeter  Rpdo  zum 
Ausdrucke  zu  bringen.  Auch  dann,  als  er  von  dem  ihm  liebgewordenen 
Posten  zurQekgetreten  war,  bewahrte  er  «n  starkes  Interesse  fttr  alles,  was 
die  Mittelschule  und  Mittelschullehrer  betraf.  Er  beehrte  jeden  Mittel- 
schultag mit  seiner  Gegenwart,  er  fehlte  nicht  am  Philologentage  und 
ergriff  gern  dos  Wort,  um  seine  jungen  Freunde,  wie  er  sie  nannte,  fttr 
schone  Aufgaben  zu  erwärmen  und  bu  begeistern,  obwohl  man  ihm  ansah, 
dass  sich  die  gewaltige  Hülle  nur  noch  dem  mächtigen  Geiste  und  dem 
starken  Willen  füllte.  Nun  i'^t  der  Mund,  aus  dem  die  Rede  süßfr  al^  Honig 
floss,  der  so  ^ern  redete,  ver.-'tmnmt  für  immer.  Sein  Andenken  alter  wird 
leben  immenlar.  Zum  Bewei.>»e  unserer  Trauer  und  unseres  J?chmerzes  um 
das  theure  Mitglied  bitte  ich  Sie,  meine  Herren,  sich  von  den  Sitzen  zu 
erheben.  (Geschieht.)  Der  Witwe  aber,  der  tiefgebeugten,  werde  ich  im 
Namen  des  Vereines  unsere  innige,  herzliche  Theilnahme  an  dem  schweren 
Yerlttste»  den  sie  erlitten,  schriftlich  kundgeben,  wosu  ich  mir  Ihre  Er* 
mftchtigung,  meine  Herren,  erbitte." 

Hierauf  meldet  dar  Obmannstellvertreter  als  neues  Mitglied  an  Herrn 
Joh.  Appel,  Professor  am  k.  k.  Gymnasium  im  XH.  fo  /iike  Wiens,  und 
theilt  dann  mit,  dass  der  Aus-clms^  fler  EinladuiiL;  des  Vereine*  „Real- 
schule", drei  Mitj^'liecler  in  das  gcni"'n-;aitie  Comite  zur  Ansarbuitnn(jr  *'iner 
Dies&tpragmatik  zu  wählen,  nachgekommen  sei  und  die  Herren  i'rofl.  Joh. 


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60 


yereiumachrichten. 


Wiesner.  Joh.  Koppensteiner  und  Ferd.  Dressler  die  Wahl  ange- 
nommen hätten.  Ebenso  hübe  sich  ein  Coraite  für  eine  Ehrung  des  Herrn 
Hofratht's  Anton  Marcscli  gebildet,  dem  um  dorn  Atis^-chusse  die  Herren 
rroir.  Dr.  Isidor  Kukutsch,  Arthur  Wiükotschil  und  Georg  Schlegl 
angehören.  (Reif« II.)  • 

Hieraui  iiült  Herr  Prof.  Dr.  Heinrich  Stephan  fcSediraayer  den 
auf  der  TageaordmiBfC  stehenden  Vortrag: 

„Der  Tempel  der  Vesta  und  das  Haus  der  Vestalinnen  Im  alten 

Rom"  (8.  Si.) 

Der  Vortragende  sehlieOt  mit  lautem  Beifalle  der  Veraammlong,  worauf 
ihm  der  Obmannstellvertreter  im  Namen  des  Vereines  oesi  innigsten  Dank 
lür  den  so  anregungs-  und  belefarungsreichen  Vortrag  ausspricht. 


Sitzungsbehohte  des  Vereines  „Deutsohe  Mittelsohuie" 

in  Prag. 

(Mitgetheiit  rom  Obmanne  Prof.  M.  St  räch.) 

Zwölfte  Yereinsversaiuiiiluiig. 
(14.  October  1896.) 

Nachdem  der  Obmann  die  zahlreich  Versammelten  begrOßt  und  als 
neues  Mitglied  Herrn  Prof.  Maximilian  Kiba  (Graben)  angemeldet 
hatte,  erstattet 0  er  über  die  Vorkomrani.s^?e  seit  der  letzten  Vprein<»<«it2nnf^ 
Bericht;  er  tlieilte  mit.  dass  am  2.  Juli  in  üeiiieinr-ch.it't  mit  ilem  Vereine 
der  C7.*»clii«ohen  Mittel<t  hulprofef«?oren  ein  Telegramm  an  di-n  Herrn  Mi- 
niäteii)ru4identen,  den  Herrn  Minister  lür  Cultus  und  Unterricht  und  an 
den  Herrn  Finansminister  abgeschickt  wurde,  in  welchem  der  Dank  itlr 
das  Pensionsgesets  tum  gesiemenden  Awdrucke  gelangte;  fmer  beriehtete 
er,  dass  der  Auasebuss  den  Herren  Regiemngsr&then  Dir.  Dr.  Johann 
Konrad  Hackspiel  und  Dr.  Ludwig  CheTalier  anlisslich  der  in  den 
Ferien  erfolgten  Allerhöchsten  Auszeichnung  die  innigsten  Glückwünsche 
im  Kamen  des  Vereines  übermittelt  habe,  worauf  Herr  Kegierangsrath 
Dr.  Hackspiel  in  einer  beifälligst  aufgenommenen  Rede  seinen  in  einem 
Schreiben  atisrredrückten  Dank  wiederholte. 

Hier.iul  theilte  der  als  Gast  vom  Obmann»'  herzlich  begrüCite  Herr 
Univ.  l'rot.  Dr.  Wilhelm  Klein  den  GegensUiud  des  heurigen  aichiiolo- 
gischea  Curses  iar  .Mittelschulprofessoren  mit,  worauf  der  Obmann  bezug- 
lich der  hunstgeschichtlichen  Vorlesungen  des  Herrn  ünir.  Prof.  Dr.  A« 
Schulti  dieselbe  Mittheilung  machte. 

Sodann  ertheilte  er  das  Wort  Herrn  Prof.  E.  HflUer  au  dessen 
Vortrage: 

„Eine  Rheinreise  vom  Bodensee  bis  Köln". 

Nachdem  der  Herr  Vortnigende  in  seiner  Einleitung  die  Bedeutung 
der  hener  ins  Leben  gerufenen  Keis'\<tipfndien  für  Geographen  nnd  Natur- 
histonker  gewürdigt  hatte,  .^-ehiiiieite  er  in  formgewandten,  anschau- 
lichen Worten  seine  R»'i«»e ,  w  oht  i  besonders  Innsbruck,  der  liodensee, 
Constanz,  der  Rheintaii  von  Meuhausen,  BuseU  Freiburg,  Straßburg, 
Baden-Baden  und  Heidelberg  eine  ausfilbrliche  Bdaandlung  erfiihren.  Die 


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Vereinsnachrichten. 


61 


Sdbilderangen,  welche  Herr  Prof.  Malier  der  voiiKerQckten  Zeit  wegen 
abbrach,  fanden  den  lebhaftesten  Beifull  der  Veraammtmig,  welchem  der 
Obmann  in  herzlichen  Worten  Ausdruck  verlieh. 

OeneralTersanmiliiBg* 

(28.  October  1896.) 

Nachdem  der  Obmann  Prof.  M.  Strach  als  neue  Mitglieder  die 
Herren  Proff.  Dr.  Johann  Tiehinkel  (Prag).  Karl  Maier  (Pileen), 
Johann  Weyde  (Prag)  nnd  Dr.  Anton  Sehally  (Prag)  angemeldet 
hatte,  widmete  er  dem  verstorbenen  Mitgliede  Metropolitan -Domoapitnlar 
Herrn  Anton  Wohl  mann  einen  tief  empfundenen  Nachruf;  die  Ver- 
■unmlung  erhob  sich  zum  Zeichen  der  Trauer. 

Hieranf  »T'^tattHte  fr  folf»'on<lf'n 
Rechenschaftsbericht  über  das  Vereinsjahr  1895*96: 

, Ein  überblick  über  die  Thiltigkcit  des  VcioincH  in  dorn  uVjsrelaufenen 
Vereinsjahre  bietet  doü  erfreuliche  Bild  eifriger  ihuugkeit  und  gesunder 
Fortentwicklung. 

In  der  Qeneralversammlnng  vom  16.  Oetober  1895  wurden  zum  Ob- 
manne  Prof.  M.  Straeh.  sn  Amnchuaraiitgliedem  die  Proff.  Dr.  J.Bittner 
und  J.  Qnai0er  wiedergewählt,  nengewfthlt  Prof.  F.  Bardachsi;  zu 

Revisoren  wurden  die  Proff.  J.  Guckler  und  J.  Kirachner  gewählt, 
aom  Mitj^liede  der  Arch&ologiflcben  Commimion  Prof.  A.  Th.  Christ 

wiedergewühU. 

I>or  Avisschuss  conHlituierü;  sich  in  seiner  ersten  Sitaung  am  den  in 
der  GeueralveraauiuiluDg  gewählten  Mit;2:liedern  und  den  im  Aus-^sc  luisse 
vom  Vorjahre  verbliebenen,  dem  Dii,  Fr.  Scliimek  und  den  Prall'.  N. 
Komma,  J.  Palme,  G.  Spengler  und  A.  Strobl  in  der  Weise,  dass 
sum  Obmannstellvertreter  Dir.  Schimek,  mm  enten  SohrifllQhrer  Vtof. 
Strobl,  snm  zweitm  Scbriftfahrer  Prof.  Palme  nnd  sum  (Lanier  Prof. 
Qnaißer  gewählt  wurde. 

Die  Zahl  der  periodischen  Veraammluncren  betrug  auch  heoer  swSlf. 
Vwirftge  hatten  für  diese  in  dankenswerter  Weise  übernommen  Herr  Re- 
inernn'T'ratb  Dir.  Dr.  L.  Chevu'MM-,  Herr  Prtvatdocent  Dr.  E.  Arleth, 
Herr  Univ.  l'rof.  Dr.  J.  Neiiwirth,  die  llern'u  l'rotl".  A.  Gottwald, 
J.  Seifert.  Dr.  .1.  Pitscb,  Herr  i^ecretär  des  ll:in(l»'l«>i,nümiuma  Dr.  Fr. 
Adler  und  die  Herren  Proff.  A.  Th.  Christ  und  E.  Müller. 

Die  dritte  Vereinsversammlung  fand  in  den  Räumen  des  k.  k.  Archäo- 
logischen Institutes  statt,  in  welchem  Herr  Univ.  Prof.  Dr.  W.  Klein  in 
der  liebeDswQrdigstai  Weise  die  Führung  Obernahm. 

Am  Schlosse  der  vierten  Versammlung  machten  die  Vereiusmitgtieder 
Ton  einer  freundlichen  Einhidung  der  Ortsgruppe  des  deutschen  Schul- 
▼ereines  Gebranch  und  besichtigten  die  Ton  dieser  Teranstaltete  inte- 
ressante kinetoskopische  An^??tplhin{7. 

Der  Vortrag  den  Herrn  (  niv.  Prof.  \)r.  J.  Neuwirth:  .Die  niittel- 
alterlit  hen  Wandgemälde  und  ialelbilder  der  HurLT  Karlstein'  lielS  in 
ullen  Zuhörern  den  Wunsch  rege  werden,  deiu  auch  der  Obmann  Auä- 
drnck  verlieii,  dieses  so  wichtige  Denkmal  unter  der  sachkundigen  Führung 
Dr.  Nenwirths  selbst  sn  besuchen.  Dank  der  gütigen  S&uage  desselben 


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62 


Tereintnadiricbteii. 


konnte  am  3.  Juni  der  Ausflug  unternommen  werden,  vom  herrlichsten 
Wetter  befrünstigt,  \nitor  rof^rr  Hftheiliiinnf^  der  Mitglieder  ur  l  ilirer 
Damen.  I>a8  Gelingen  die>ort  ersten  Fhi^vorsut  lies  unseres  Vereines  hutte 
anr  Folpe.  dass  mehrfach  der  Wunsch  nach  iihnlichen  Unternehmungen 
geäubert  wurde,  welchem  Verlaugen  gewiss  der  neue  Ausschuss  entgegen- 
kommen wird. 

Herrn  Univ.  Prof.  Dr.  Neuwirth  aber,  dem  wir  das  Gelingen  diesee 
Attifloges  wa  verdanken  haben,  aowie  allen  Herren,  die  Bich  dnreh  Ober* 
nähme  von  Vorträgen  um  den  Verein  verdient  gemacht  haben,  sage  ich 
hier  uochmala  im  Namen  desselben  den  inni;^'strii  Dank. 

Der  Aunehnss  hielt  fünf  Sitzungen  ab,  außerdem  fanden  aber  noch 
zwei  Sitzungen  von  Delegierten  der  beiden  Pratror  MittelsehuWereine  statt; 
einer  derselben  wohnten  als  Gäste  auch  die  Herren  Heichsrathsabgeord- 
ncten  Prud*.  Ben  dl  und  Kurz  bei,  welchen  hier  nochmaU  der  wärmste 
Dank  ausgesprochen  wird. 

Den  Inhalt  dieser  ßeraihungon  bildete  die  Gebaltaftage.  dat  Reeuliat 
dereelbeik  war  der  Beitritt  der  beiden  Prager  Vereine  in  der  Petition  der 
übrigen  fönf  MitteleefanWereine,  welche  Sr.  Excel lens  dem  Herrn 
Unterrichtamt  nister  am  26.  April  flberreicht  wurde. 

Bei  dem  'iöjährigen  GrQndiingiifeste  des  Vereinte  .Realschule*  in 
Wipn  war  der  Verein  durch  den  Obmann  vertreten,  ebenso  bei  dem  am 
14.  März  in  Wien  c^efeierten  noj.'lhrifjcn  Docentenjubiläum  des  Herrn 
Sectionschefs  Dr.  Wilhelm  v.  Härtel,  dessen  erhebender  Verlauf  gewiss 
allen  Theilnehmern  unverges.«<lich  sein  wird. 

Eine  Abordnung  des  Vereines  begrößte  im  Namen  desselben  den 
Herrn  k.  k.  Landes -Scbulinspector  P.  Eobert  Christian  Riedl  und 
fand  die  liebenswQrdigste  Aufnahme,  ebenso  empfieng  Se.  Excellens  der 
Statthalter  Herr  Graf  Condenhove  in  wohlwollendster  Weise  die 
ans  je  swei  Ansschnasmit^liedem  der  beiden  Prager  Vereine  bestehende 
Abordnung,  welche  die  Aufgabe  hatte,  die  Bestrebungen  der  beiden  Ver- 
eine der  gütigen  Beachtung  Sr.  Excellens  ansuenipfeiden 

Der  Dank  für  das  Pensionj^cresetz  wurde  am  K»  .luli  von  den  beiden 
Prager  ^'cre^uen  8r  Excellenz  dem  Herrn  Ministerprüsident  en, 
dem  Herrn  Minister  für  Cultvis  und  Unterricht  und  dorn  Herrn 
P'inanzminister  in  gleichlautenden  Telegrammen  zu  gebärendem  Aus- 
drucke gebracht. 

Hit  dem  Vereine  der  csechischen  Mittelschnlprofosioren  wurde  der 
Anstensch  der  Vereinspttblicationen  vereinbart 

AnlllsiUch  der  in  den  Ferien  swei  hochverdienten  Vereinsmitgliedera, 

den  Herren  Dlrector«i  Dr.  Hackspiel  und  Dr.  Chevalier  durch  Ver- 
leihung des  Regierungsrath.stitels  zutheil  gewordenen  Allerhöchsten  Aus- 
zeich  nun  Pf  brachte  der  .Ausschuss  schriftlich  im  Namen  des  Vereines  die 
innigsten  (iliickwiir-che  ilar. 

Ebenso  war  uri'^er  \  erein  bei  der  Jubiläumsfeier  des  Staatsgymnasiums 
in  Krummuu  durch  ein  (Hiickwunschtelegramui  vertreten. 

Die  Mitglicderzahl,  welche  zu  Kude  des  vorausgegangenen  Vereins- 
jahres 109  betragen  hatte,  stieg  su  Beginn  des  jetzigen  bis  auf  171. 

Unser  Verein  war  auch  heuer  beitragendes  Hifglied  der  deutschen 
Kindergartenvereine  in  Karolinenthat  und  in  Königliche  Weinberge,  sowie 


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Vereinsnachricbten. 


63 


dee  Vereines  tw  UntentQteung  der  Witwen  vnd  WAiaen  der  Mittelschnl- 
profetsoren  der  fisterretchisch*  ungarischen  Monarchie  mit  dem  Sitze  in 
Prag.  Lasten  Sie  mich  auch  heuer  den  Wunsch  aussprechen,  daas  die  Er- 

starlkang  unseres  noch  heacheidenf n  VereinsvermOgens  auch  in  dieser  Be- 
ziehung eine  Erweiterung  unserer  Wirksamkeit  gestatten  mOge. 

Nun  nldiecit  mir  not'h,  in»  Kamen  J's  Vcroines  den  innigen  Dank 
jin^znspit'clK'n.  lien  wir  dem  hochlöblichen  k.  k.  L a  n  rl f"«s*c  h  u  1  ra  t  h iind 
dem  Herrn  k.  k.  Uegierungsratho  fiir.  Dr.  Hat  k-ijiiel  für  die  gütige 
Überlassung  des  Professorenzinuueiij  im  AitstädLer  StaaLsgymnasium  bei 
den  Ausächusssitzungen  und  der  Direction  des  Deutschen  Casinod  für 
die  nimmermflde  Gastfreundschaft  schulden,  sowie  wir  den  Redactionen 
der  ,Bohemia*  und  des  ,Prager  Tagblatt'  för  die  bereitwillige  Auf- 
nahme der  Vereinsnachrichten  ku  lebhaftem  Danke  verpflichtet  sind. 

Den  Bericht  Ober  die  Thätigkeit  des  Jugendspielausschussos,  in 
welchem  auch  heuer  die  deutschen  Mittelschulen  am  rechten  Moldauufer 
rammtlich  vertreten  waren  und  der  auch  heuer  an  der  AuHgestaltung  dieser 
für  die  körperliche  An-^bilHnnt;'  der  uns  anvertrant»*n  .Tn'j^fnd  so  wichtigen 
FinrichtuiiiX  w.i<"k<'r  t^'eaibeitt't  hat,  wird  im  weitf.'rcn  Verlaute  der  Ver- 
samuilung  Herr  Prof.  Seifert  abzustatten  die  Güte  haben. 

So  dürfte  denn  die  eingangs  aufgestellte  Behauptung,  da^  auch  das 
abgelaufene  Vereinsjahr  das  erfreuliche  Bild  •  eifriger  Thfttigkeit  und  ge- 
sunder Fortentwicklung  bietet,  nicht  ungerechtfertigt  sein. 

Der  ümstand,  dass  ich  den  grSDeren  Theil  de«  neuen  Verein^iahres 
TOQ  P^^c  abwesend  sein  werde,  macht  es  mir  unmöglich,  eine  eTentuell 
wieder  auf  mich  fallende  Wahl  zum  Obmanne  anzunehmen.  So  lege  ich 
denn  das  Amt,  das  Sie  mir  zweimal  übertragen  hatten,  in  Ihre  Hände 
zurück  und  spreche  Ihnen  hiebci  den  innigHten  Dank  atis  sowohl  für  das 
ebrenvollt*  Vertrauen,  da?  Sie  durch  Ihre  Wahl  mir  bewiesen,  als  auch 
ßr  die  freundliche  Unterstützung,  die  Sie  mir  während  meiner  Function 
in  so  reichem  MuGe  zu  theil  werden  lieben." 

Da  der  Obmann  sum  Schlüsse  erklärte,  wegen  längerer  Abwesenheit 
▼on  Prag  eine  Neuwahl  zum  Obmanne  nicht  annehmen  au  kOnnen,  wurde 
ihm  mit  besonderer  Hervorhebung  seines  stets  conciliantmi  Wesens  nnd 
der  großen  Bemühungen  fQr  den  Verein  und  dem  Wunsche,  dass  er  nach 
seiner  Rückkehr  seine  für  den  Verein  so  ersprießliche  Thätigkeit  wieder 
aufnehmen  möge,  und  dem  übrigen  Ausachusse  auf  Antrag  des  Herrn 
Regierunp^«rathe.s  Dr.  Hacksjiicl  der  Dank  durch  Erheben  von  den  Sitzen 
auf^^edrückt.  Hierauf  <^r>tattr'ie  Heir  Prof  J.  Quai(.s«T  'ft^n  beifol^enflnii 
Cas.sebericht,  aus  welchem  her  vorgeht.  d;\as  das  Vereinsverniü;:jen  gegen- 
wärtig 221  Ü.  beträgt.  Auf  Antrag  des  Herrn  Revisors}  Prof.  üuckler  wurde 
dann  dem  Ausschusse  das  Absolutorium  ertheilt.  Herr  Prof.  Seifert  theilte 
hierauf  den  bdfotgendeii  Bericht  über  die  Th&tigkeit  des  Jngendspiel- 
aosschosses  mit,  wobei  er  der  Direction  der  «Böhmischen  Sparcasse*  für 
die  Spende  von  800  11.  und  8r.  Exoellens  dem  Herrn  oommandierenden 
General  FZM.  Grafen  Grüna e  für  die  Überlassung  dea  Invalidenplatses  den 
Dank  anasprach.  Nach  dem  Ton  Herrn  Prof.  Kotyka  erstatteten,  ebenfalls 
beifolgenden  Casseberichte  de«  Jugendspielau^chnsses  wurde  auch  dem 
Jugend.spielauäschutjse  das  Absolutorium  ertheilt  und  auf  Antraj^  de.-*  Vereins- 
obmannes der  Dank  für  seine  eifrige  Thätigkeit  sum  Ausdrucke  gebracht. 


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64 


Vereinsnachrichten. 


Bei  der  nun  folgenden  Wahl  wnrde  mm  Obmanne  Prof.  Gustav 

Spengler  gewilhlt,  welcher  die  Wahl  sum  Obmanne  f&r  dieses  Jahr  in 
einer  beilUUif?  aufgenommenen  Rede  annehmen  zu  wollen  erklärte.  Zu 
Au88chn->-niiti:rIioclern  wurden  (He  Herren  Protf.  F.  Demi,  J.  H(inig, 
E.  Löffler,  J.  Seifert  und  M.  Strach  pewiihlt. 

In  der  darautt'olgt'nden  constituierenden  Ausscbussaitzung  uberu{ihm 
Herr  Prof.  M.  Strach  die  Function  als  Obmaunstellvertroter,  die  Henen 
Froff.  F.  Demi  und  J.  Hönig  als  Schriftführer,  Uorr  Prof.  I,  Quaißer 
als  Caasier,  während  als  weitere  Mitglieder  des  AuMchnsses  Dr.  J.  Bittner, 

E.  LOffler  und  J.  Seifert  su  fangieren  Teraprachen. 

Herr  Prof.  J.  Seifert  übernahm  in  freundlicher  Weise  die  Vertretung 
des  Vereines  „Deutsche  Mittelschule"  im  Jugendspielauaschusse. 

Es  folgen  nun  A,  der  von  Herrn  Prof.  J.  Quaißor  erstattete  Casse- 
benVht  des-  Vereines  , Deutsche  Mittelschule",  B.  dpr  von  Ht^rrn  Prof. 
J.Seifert  mitfreth>'ilte  Kechenfchaftsbericht,  sowie  C.  der  von  Herrn  Prof. 
Kotyka  abgefasste  Ca&sebericht  des  Jugendspieiausachusses. 

A»  Cusestand  das  Vereines  „Deutsehe  Hlttelsehule**  In  Prag  am 
Selilnsse  des  Vereinsjahres  1896/96. 

Ca^ssedtand  am  Schlnsse  des  Verein^ahras  1894^95  .  .  .  .  901  fl.  69  kr. 
Einnahmen   .  .   .   .  818  ,  49  » 

Zusammen  .  515  fl.  18  kr. 
Ausgaben   .  .  898  >  59  , 

Gasseatand  am  Schlüsse  des  Veieinqahres  1895^  .  .  .  .  221  fl.  Ö9  kr. 

Jos.  Quaißer, 
deneit  Cassier. 

B,  Reehensetaaftsberieht  des  Jivendspielaussebusses  des  Vereines 
„Detttsebe  Hittelsebule**  in  Prag  aber  das  Vereinajabr  1895/96* 

Der  Betrieb  der  Jugendspiele,  der  in  diesem  Jahre  dank  der  im  Vor* 
jähre  von  dem  hohen  k.  k.  Ministerium  fttr  Cultus  und  Unterricht  gnädig 
bewilligten  Subvention  voll  au^^-^esfaltet  und  finanziell  gesichert  war, 
wurde  leider  durch  die  Ungunst  des  Wetters  öfter  andauernd  gestört.  Der 
Spielplatz  auf  der  Kroneninsel  wurde,  kann:  d,i.ss  das  ^piel  (28.  April) 
begann,  durch  Horhwn.^iser  fihcrsihwiinnit  und  konnte  erst  nach  dem 
12.  Mai,  öfter  aucii  nur  theilwei-e  l>eniitzt  werden.  ( K(»f?pnwetter  war  am 
29.,  30.  Mai,  5  ,  13  .  17  .  22.  Juni  und  üni  i.  Juli  hinderlich.) 

Jede  der  tiint  rechta  von  der  Moldau  gelegenen  deutschen  Mittel- 
schulen entsendete  wieder  ihre  Vertreter  in  den  Ausschuss,  und  zwar  das 
deutsche  Staatsgymnasium  in  Prag- Altstadt  die  PM)ff.  A.  Gottwald  und 

F.  Demi,  das  deutsche  Staatsgymnasium  in  Fra^-Keustadt  (Graben)  den 
Prot  J.  Wiethe  und  Turnlehrer  üllmann,  das  deutsche  Staatsgymnasium 
in  Prag-Neustadt  (Stophansgas^e)  die  Proff.  Kotyka  und  A.  Micha- 
litschke,  die  I.  deutsche  Staatsrealschule  (Nikolandergasse)  die  Proff  A. 
Hruechka,  J.  Kindermann  und  den  Turnlehrer  Th.  Fischer,  endlich 
die  deutsche  SlHatsrcalscliule  in  Karolinenthal  die  Proff.  J.  Seifert  und 
Dr.  A.  8cham8. 

In  der  constituierenden  Sitzung  (30.  November  1895)  wurde  an  Stelle 
det)  zum  k.  k.  Bezirks- Schulinspector  ernannten  Obmannee  Prof.  Effen- 


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Vereinanachrichtep. 


berger  Prof.  St  räch  zum  Obmanne  dos  Ausschasses,  zu  seinem  Stdl> 
Vertreter  Prof.  Hrnsehka,  zum  Schriftlührer  Prof.  »Seifert  und  zum 
Ta.^^ier  Prof.  Kotyka  gewählt.   Das  Amt  des  Oerftthewarts  blieb  in 
Händen  Prof.  Wiethe^. 

Die  erste  Sorge  tles  Ausschusses  wur  es,  billige  Schleif  karten  auf 
dem  von  dein  Pächter  der  Kroueuinsel  zu  einem  Schleifplatze  her- 
gericbtetoi  Spielplatse  zu  veiaeholfon,  und  iwar  gelang  es,  iftr  ^mnaligea 
Scbleifen  Karten  xa  5  kr.  und  Saisonkarten  in  1  &  20  kr.  annumitteln. 
In  dsn  weiteren,  den  Spielbetrieb  fftr  den  Sommer  1896  Twbereitenden 
AnMchnsHitcnngen  wurde  ferner  dannf  Bedacht  genommen,  die  vor- 
handenen Geräthe  anabessem  zu  la'^^^en  und  in  reichlichem  Maße  zu  er- 
gänzen, wobei  sich  eine  derbere  AusfQhrung  der  Geräthe,  gegenüber  der 
anfönglichen  filigranen,  als  zweckmäßiger  erwies  Für  die  Karolinen- 
i hiller  Kealachule,  die  auf  dem  Tnvalidenhausplatze  «elbst&ndig  spielte, 
wurden  eigene  Geräthe  zusammüngesteilL  Der  Bedarf  wurde  wieder  aus 
einheimischen  Geschäften  gedeckt. 

Der  Anaeehufls  tmt  femer  wieder  an  Se.  EzoeUenz  den  Herrn  com- 
mandierenden  General  FZM.  Grafen  Gr  Anne  mit  der  Bitte  horan,  wie  im 
Voijahze  den  großen  InTalidenhausplats  cur  Abbaltnng  von  Jngend«pie1en 
zur  Yerfttgung  stellen  au  wollen*  Die  Bewilligung  biesu  wurde  ertheilt 
und  die  geforderte  Auseinandersetzung  mit  der  czechiscben  Realschole  in 
Karolinenthal  bezüglich  der  Eintheilung  des  Spielplatzes  vorgenommen. 

Ebenso  wie  im  Vorjahre  hat  aucfi  benor  die  bot  lilöhliehe  Direction 
der  bobtir-then  Sparcasse  in  hochherziger  WeLse  /.um  Zwerke  der  Pflege 
der  Jugemlspiele  an  den  deutschen  Mittelschulen  diesseits  der  Moldau 
einen  Betrag  von  300  Ü.  gewidmet,  wodurch  der  Fortbetrieb  des  Spieles 
in  umfassender  Weise  ermöglicht  wurde.  Ferner  wurde  von  den  fünf  be- 
theiiigten  Anstalten  ein  Jahresbeitrag  von  50  fl.  erbeten  und  von  den- 
selben bereitwilligst  sngestanden.  Der  Ausschuss  ftthlt  sich  Terpfliditet, 
auch  an  dieser  Stelle  allen  diesen  Förderern  des  Jngendspieles  den  tiefst- 
gefuhlten  Dank  anssusprechen. 

Die  Spiele  selbst  nahmen  am  28.  April  ihren  Anfang  und  schlo.ssen 
am  7.  Juli.  Eine  Übersicht  des  Spiel bethebes  gewährt  folgende  Tabelle: 


Anirtalt 


Spielzeit 


Anmerkung 


Moiita;^'  falf eniie- 


Deut>rhe8  Staats- 
gymnaüum 
Pcag'Altstadt 


rend  mit  der  I 
Staatsrealschule 
Nikolunderga«se)  | 
und  Donnerstiig  ; 
von  5  -  '/a«  Uhr 


92 


5 


Daoer  d«r 
8i)iolxeIt  vom 
-Jt.  .M:ii  bis 
7.  Juli 


Deutsch.'-;  Staats- 
gj'mnasium 
Prag- Neustadt 
(Graben) 


von  Vt6-S  ühr 

und  Samstag 
von  6— Va?  Uhr 


Mittwoch 


12 


4 


vom       Aprü  \ 
blf  7.  Juli  I 


lösterr.  Mittelachuie".  XI.  Jahrg. 


Ö 


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66 


VerMnaoAchrichten. 


Anstalt 

Spielzeit 

TS  6C 

cd 

Zahl 
der  Spiokr 

aller  CuuMien 
nach  dem 
Mittel  der 

Betheiligung 

Zahl  der  II 
Gruppen  1 

Anmerkung 

Deoteeliee  Staats- 

Prag 
(Stephansgasse) 

Dienstag 

von  V'j6  — 8  Uhr 

und  Samstag 
von  uiur 

1 

12 

57 

5 

vom  28.  April 

7.  .Iiiii. 
1»U'  AriiHtalt 
hatt<>  aui  1)  im 
Schulgcl.iiiiilf 
cinoii  Spii'lplut7 
fOr  eine  Classc 
zur  V«rfDgiiiv< 

I.  deutsche 
Staati-reaJ  schule 

Prag 
(NikolandergasM) 

Montag 
von  »/,6-8  Uhr 

und  Freitaft^ 
von  Vt*— 8  Uhr 

75 

. .  .  - 
6 

vom  18.  Mai 
bia  Id.  Juni. 
Die  Anstalt 

hatte  auch  im 
Schulgobftudo 

oim  n  Spii-lplatz 
flir  fiiic  Lläu*.-«.* 
zur  VcrfOjjung. 

Deutsche  Staats- 
realsdiale  in 
Karolinentbal 

Dienstag 
von  V,6-7  ühr 
und  Donnerstag 
▼<m  VtÖ—?  Hur 

n 

187 

7 

vom  April 
bis  9.  Juli 

i 

j 

1 

Auf  dem  Kroneninaelplatze  worden  hauptaädiliclk  Bewegungsspiele, 
anf  dem  gerftnmigen  Iniralidenhaasplatze  Ballspiele  (FaGboll,  deatocber 
Schlagball,  Lawntennis,  Croquet  etc.)  unter  der  fachmännischen  Leitmi^ 
des  ToroldirevB  D.  Nagel  gepflegt.  Um  die  Schüler  vor  Behelligung  za 
schützen,  war  auf  beiden  PUUien  über  Ansuchen  von  der  k.  k.  Polizeidirection 
ein  Posten  aufgestellt. 

Die  Genithe  wurden  bewacht,  pyogen  Foner  vorsii  liert  und  mit  Beginn 
der  Ferien  iu  einem  geeigneten  Kauuie  des  AltstMter  Gymnasiums  auf- 
bewahrt. 

C  Rachniingsabseliluss  für  das  Jabr  1896. 

Einnahmen: 

Casserest  vom  Jahre  1895    106  fl.  85  kr. 

Spende  der  löblichen  Direction  der  böhmischen  Sparcasse    .  SOO  ^  —  , 
9       n       p  i>       d^'*^  StaatagymnaBiunu  Alir 

Stadt  50  ,  —  , 

des Sta;it.'<i,'-yitinn«inins Graben   50  — 
des  ^tiUiUjgymuiüjiuujs  Ste- 
phansgasse  50  „  —  „ 

der  Staatsrealschule  Niko* 

landergaase  SO  ,  —  . 

der  Staatsrealschule  Karo- 
linentbal  50  ,  —  , 

Summe  .  716  fl.  85  kr. 

 2S0  fl.  —  kr. 


n 


Ausgaben: 


Miete  für  den  Spielplatz  

Neuanschaffungen  Ton  Spielgerätben 


71  ^  05 


Ffirtrag  .  351  fl.  05  kr. 


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Vereinsnaclirichten. 


67 


* 


Obertnff  .  351  11.  05  kr. 

Bepantnren  von  Spielgeräthen    ...    50  ^  ^6 

Bemunerationea  Ar  die  Bewaehong  dee  SpielplatiM  durch 

die  Polizei      .   40  „  — 

Bemanerationeu  für  das  Überfiihren  der  Spielgeräthe   ...  40  „  04 

Versichernngsprrimic    1  ^  10  , 

Stempel  and  Verschiedenes   1  „  94  ^ 

Summe  .  4tf5  Ü.  09  kr. 

Über.sicbt: 
Kinnahmen  .  716  n  85  kr. 
Ausgaben  .  465      09  , 

Ca&serest  .  2^1  fl.  76  kr. 
Frag,  am  14.  Ociober  1896. 

Fflr  den  Verein  „Deut»chc  MitteUchnle": 
Prof.  H.  Straeh, 
derzeit  Obmann. 

Ffir  den  Jagendspielaasschosa: 
Prof.  Kotyka,  Prof.  M.  Straeh,        Prof.  J.  Seifert, 

derseit  Gassier.  Obmann.  Schriftführer. 


(Mitgetheilt  vom  ^hriftfahrer  Prof.  F.  Demi.) 

Erste  periodlsehe  Tersammlang« 

(11.  November  löOG.) 

Der  Obmauu  eiüünete  die  erste  Vereinsvernaiuuilunj;  uut  der  Mit- 
theilung, da«  d}e  Herren Proff.  6.  Reiniger,  Dr.  S.  Reiter»  J.Schober 
und  H.  Vieltorf  in  den  Verein  eingetreten  aeien.  Sodann  berichtete  er, 
daM  sich  entsprechend  einem  Betehlnsse  des  AusBchnsies  eine  Abordnung 
des  Veronas  an  dem  Herrn  k.  k.  Landes-Schnlinspeetor  Chr.  Riedl 
bej^eben  habe,  um  ihn  za  »einem  30jährigen  D  ienstj ubi  In n m  so  be* 
Glückwünschen.  Die  Abordnung  habe  die  liebenswürdigste  Aufnahme  ge- 
funili-n  xiTid  es  sei  ihr  der  Aultrag  frfhpilt  worden,  im  NannMi  Herrn 
Ijamltv-i-Scliulin.HpPctnrs  niltzutbeilen,  das^  er  von  j^roL^cr  Freude  übpr  die 
ihm  7,ii^»'diichtc  Ovation  orfTillt  sei  und  dii^s  der  Verein,  welcher  sich  wegeu 
semeä  steU  taktvollen  Vcriiiiitons  aller  Syuipathien  erfreue,  sowie  der  ge- 
sammte  Mittelacbullehrstand  in  ihm  so  jeder  Zeit  einen  aufrichtigen 
FVeund  und  Förderer  der  Interessen  finden  weide. 

In  Ergänzung  der  Generalversammlung  werden  hieranf  Herr  Prof. 
A.  Th.  Christ  snm  Berichterstatter  für  die  Archäologische  Gentral- 
comnii«ion  in  Wien,  die  Herren  Proff.  J.  Guckler  and  J.  Kirschner  au 
Bevisoren  gewählt. 

Nachdem  noch  der  Obmann  ;uif  den  in  der  niiehstou  Vcrcin'f'^itznnj»  am 
t'.'j  Novpniy>er  .stattfin'h'nden  Vortra;,'  des  Herrn  L'niv.  Prof.  A.  Schult?.* 
..Materialien  zum  Anschauungsunterrichte"  besondt  rs  aufmerksam  gemacht 
imd  die  Bitte  an  die  Vereiusmitglieder  gerichtet  hatte,  e»  mögen  V^orträge 
für  den  so  Ostern  in  Wien  stattfindenden  Mittelschultag  angemeldet  werden, 

5* 


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68 


VeremBDaebrieliten. 


trug  Herr  Prof  E.  Milller  die  ForUietzung  zu  seinem  in  der  TorleUten 
Vereinsversaujuilung  begonnenen  Vortrage: 

„Eine  Rheinreise  vom  Bodensee  nach  Köln" 
vor.  iNachden)  er  in  der  letzten  Yereiussitzung  seine  Heise  bis  Ueidelberg 
besprochen  hatte,  theilte  er  «eine  Erlebnisse  anf  der  Strecke  von  Heidelberg 
bis  Mainz  mitt  besprach  die  bedeutendsten  Denkmäler  dieser  Stadt  und 
machte  besonders  auf  die  Sammlung  germaaiseher  nnd  rdmischer  Alter» 
thümer  aufmerksam,  dann  seine  Weiterreise  bis  Büdaiheiin.  Hier  machte 
anf  ihn  das  Niederwalddenkmal  mit  seiner  herrlichen  Umgebung  einen 
i?ewaltigen  Eindruck.  Er  wohnte  dem  bekannten  Rochusfesie  in  Bingen 
bei,  reiste  von  da  nach  Coblenz  und  besuchte  da'^clbst  das  Kaiserin-Victoria- 
Gymnasinm .  über  dps-sen  Eii>richtuni;on  er  interessante  JUittheilungen 
machte;  unternahui  von  hier  aus  nach  Draohenfi.-!-*  und  Bonn  Ausflüge 
und  sprach  zum  Schlüsse  üben-  die  »Sehenswürdigkeiten  von  Köln.  Darauf 
dankte  der  Obmann  dem  Vortragenden  für  die  ansiehenden  AuüfBhmngen, 
welche  die  überseugung  yerschafftev,  wie  großen  Nutzen  diese  anf  Staats- 
kosten nnternommenen  Reisen  und  die  durch  dieselben  aof  Antopsie  sich 
;;r1lxidendeB  Erfiihningen  fllr  die  Ansehaolichkdt  des  Untmichtea  haben, 
und  sehloss  die  Venammlong. 

Zweite  periodische  Tersammliing. 

(25.  November  1896.) 

Dei  Obmann  bewillkouiiute  als  Gast  den  Herrn  Univ.  Prot.  Dr.  A. 
Schultz  und  bat  denselben,  mit  seinem  Vortrage: 

„Ober  MateriAltoii  zum  Ansehauungsuntarrlehte** 
vBi  beginnen.  Derselbe  Übergab  den  Anwesenden  mitgebrachte  AnschanungS' 
mittel  snr  Ansieht.  Der  Herr  Vortragende  zeigte  an  dem  Beispiele  der  Dar- 
stellung Karls  des  Großen  durch  Albrecht  Dürer,  wie  wenig  verliisslich 
oft  die  dem  Unterrichte  zurreboto  .stehenden  Anschauungsmittel  sind,  da 
nie  von  der  Wahrheit  vielfacli  :  f  'veichen  ,  nnd  wie  schwer  es  ist,  richtige 
Althildungen  fiir  den  Untprric)it  zu.  ervirfiben.  Ebenso  wie«  vv  an  den  Ab- 
bildunt^en  der  alten  Germanen  nach,  dass  erst  jetzt  durcb  l'rof.  Petersen 
authentische  Darstellungen  geruiauischen  Lebens  dem  Unterrichte'  zugäng- 
lich sein  werden.  Darauf  gab  der  Herr  Vortragende  tiehr  praktische 
Winke,  wie  man  sich  f&r  den  Unterricht  mit  wenigen  Kosten  in  den 
Besitz  wertvoller  und  richtiger  Anschauungsmittel  setzen  könne.  So  konnte 
für  die  CostQnie  die  Darstellung  der  «Mfinchener  Bilderbogen",  die  voll- 
ständig Correctcs  liefern,  Anwendung  finden,  da  sie  auch  sonst  viel  Nütz- 
liches für  den  Cnterricht  bieten  könnten.  Dann  empfahl  er  für  die  l.ehrer- 
bibliotheken  trnnz  besonders  folf,fende  Werke:  Essenweins  cultui lii^tori- 
schen  Bilderatlas  If^^H.  culturliistoiisches  Bildeibu<'ii  uus  drt'i  .lahrliuuderten 
(G.  Hirth'  und  Hcvolution  Frany«use  de  M.  Armond  l).L}  (>t.  Auch  macht« 
er  daraut  auiiuerk*am,  »ich  einerseits  an  die  BuchhaiuUuugeu  um  Pro- 
specte  zu  wenden,  welche  gewdhnlich  die  schönsten  Proben  aus  den  kunst' 
historischen  Werken  bieten,  dann  an  die  Autoren  kunsthistorischer  Werke 
selbst,  die  gern  bereit  sein  werden,  die  CTorrecturbogen  der  schon  ver- 
öffentlichten Werke  absugeben.  Für  diese  so  instructiven  und  nfltzlichen 
Ansfahrangen  dankte  der  Obmann  dem  Herrn  Vortragenden,  sowie  fQr 


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VoreiiiBnaehricbteit. 


69 


8t?»De  außerordentliche  Mühewaltung  auf  ilius  herzlich«*!«  unter  dem  Bei* 
falle  der  zahlreichen  Versiimiuiuog.  Daran  schlosR  sich  der  geschäftliche 
Tbeil  des  Programme«. 

Herr  Prof.  A.  Tb.  Christ  erimierte  daran,  data  nooh  der  Beflchliui 
in  der  von  ihm  in  einer  der  letalen  Veiaammlangen  angeregten  Frage 
der  Einrichtnng  ?on  Ferialctinen  anartebe,  woraaf  dieser  Gegenstand  als 
erster  Punkt  des  Prognunmes  der  nftcbsten  VereinsTersaninilang  aufgestellt 
wurde. 

Der  Obmann  stellte  den  Antra«?,  es  möge  an  die  Tieitunof  der 
k.  k.  l'niversitütsbibliothek  in  Prag  die  Bitte  tjerichtet  wprd'^n.  eine 
frühere  Einrichtung  mit  Bezug  auf  die  Benützung  der  Zeitschriften 
durch  Mittelschullehrer,  welche  zum  liedauern  der  Bibliotheksbesucher 
aus  Mittelschulkreisen  au%ehCrt  hat.  wieder  erneuern  zu  wollen.  Früher 
konnte  nftmlich  jeder  MittelscknUefarer  in  dem  sogenannten  .Mittelscbul- 
lebrersimroer'*  die  auf  einem  Regale  aufliegende  Zeitschriften  ohne  die 
seitraubende  Vermittlung  eines  Dieners  benütsen  und  so  sieh  mit  der 
Zeitächriftenliteratur  jederzeit  vertraut  machen.  Dieies  Studium  der  Zeit* 
Schriften  findet  durch  die  jetzt  bestehende  Forderung,  erst  durch  Vermitt- 
inn«? eines  Dieners  nm  jede  Nummer  einer  Zeitschrift  anzusuchen,  vielfache 
Hin(ierni^.■^e  und  erschwert  d:i-  Hostrelen  der  Mittelschullehrer,  den  linhf^n 
Wei.'iungen  geuiäü  ,,mit  der  Wissenschaft  vorzuHchreiten".  in  nicht  unerheb- 
licher Weise.  Auf  Grund  die&er  Erwägungen  wurde  ein  diesbezügliches 
Gesuch  an  die  k.  k.  Universitätsbibliothek  in  Prag  einstimmig  beschlo^n. 

Dritt«  periodische  Vt^rsiiuimlaiig. 

{9.  Deceraber  1896.) 

Auf  die  Bitte  des  Obmannes  hin  führte  Herr  Prof  A.  Th.  Christ 
nochmal«?  in  den  Hauptpunkt-en  feine  .\n''icht  über  die  ^P'erialcurse  für 
Mittelsclnillehrer"  aus  und  stellte  dann  f  >!''»'n(len  Antra^^:  Es  möge  ctip  Pe- 
tition an  lia-s  hohe  Ministerium  für  Ctiltu^  und  Unterriclit  f^rnchtet  werUen 
mit  der  Bitte:  1.  L>ie  gegenwärtig  uu  der  deuUcheu  Universität  in  Prag 
stattfindenden  Vorlesungen  für  Mittelscbullebrer  mögen  in  einen  Ferial- 
cnrs  umgestaltet  werden.  ^.  Den  ausw&rtigen  Lehrern  roOge  die  Theil- 
nähme  an  denielben  durch  CnterstfltKungen  ermöglicht  werden.  8.  Es 
mOgen  Reisestipendien  behnft  Theilnahme  an  Ferialcunen  in  Deutschland 
creiert  werden.  4.  Das  hohe  Ministerium  möge  in  Erwägung  sieben,  ob 
nicht  derartige  Curse  an  den  inländischen  Auagrabungsstätten  zu  ver> 
an<»talten  wären.  An  der  darauffoloreiRlen  rej^en  Debatte  betheiligten  .«i'  b 
die  Herren  Re^ierungsräthe  Dr.  (Jhevaiier  und  Dr.  Uackspiel,  die 
Herren  Proö.  Gottwald,  E.  Müller,  (^uaiBer,  Dr.  Singer,  Strach. 
Da  sich  eine  .Majorität  für  den  ersten  Punkt  nicht  fand,  zog  Herr  Prof. 
Christ  seinen  Antrag  vollständig  zurück.  Dann  hielt  Herr  Prof.  A. 
Michalitschke  anstatt  des  angekOndigten  Vortrages:  „Ober  ein  Lehr« 
mittel  fitr  den  Unterricht  in  der  Himmelsknnde"  einen  Vortrag  Uber: 

•36eheiiiiuisehlii6n**. 

Der  Vortragende  gab  zunächst  einen  geschichtlichen  Cberblick  über 
die  verschiedenen  Arten  von  Hilf'imittelny  zn  denen  seit  d>^H  ältesten 
Zeiten  bis  auf  unsere  Tage  dio  Rechner  gegritfen  haben.  Nacbdeio  er  auf 


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70 


VereiBmMbiickten. 


die  Wandlungen  in  der  Eecbenpraxis  hingewiesen  hatte,  die  durch  die 
Verbreitunir  de«  GebnMK^ea  der  walniciMii  Ziffern  nnd  der  Anwendung 
de«  im  Weten  uralten  Potitiomprincipes  in  der  Zahlentdureibang,  femer 
dnrch  die  ffroOartige  firfindang  der  Logarithmen  herrorgerafen  wurden, 

zeif^te  derselbe?,  wie  durch  Combinierunfj^  der  neuen  Praxis  mit  den  alten 
Hilfsmitteln  die  Rechenma^^chinen  im  eigentlichen  Sinne  des  Worteft  ent^ 
stinden  sind.  Der  Redner  puh  eine  Ge^icbichte  der  Erfindunp^en  auf  diesem 
Oeljieti-  imd  besprach  die  in  München  189'J  ausgestellt  j^ewesenen  Maschinen 
und  besonders  die  von  Leibniz  construierte  Maschine,  die  nach  20  Jahre 
währender  Arbeit  1697  bekanntgemacht  wurde.  Hierauf  erklärte  der  Vor- 
tragende, dass  wir  in  der  neuesten,  auf  der  Höhe  der  modernen  Technik 
stellenden  Rechenmaachine  von  A.  Burkhardt  in  Glaabfitte  i.  8.»  die  der 
Redner  als  Leibnis-Thomae-BurkhardVaebe  beaeichnete,  einen  Nnch- 
koramen  jener  Leibnii*8ohen  au  erkennen  haben.  An  einem  vom  Herrn 
k.  k.  (>.  ö.  Prof.  Fr.  Stark  freundlichät  zu  VerfOgung  gestellten  neuen 
Exemplare  der  Burkhard  tischen  Maschine  demonstrierte  der  Redner  die 
grof.^artigen  Neueranffen  in  der  Maschine,  die  z.  B.  einen  Manipulation»- 
fehler  und  auch  dessen  vo11:'o<n'n''  r<>rrechir  durch  ein  Clockenzcif  h<'n 
meldet,  sowie  an  mehr*  r-  n  liechenbeispielen  dius  tadellose  Functionieren 
und  die  betrachtliche  Zeitersparnis.  Schließlich  zeigte  er  an  eint>r  Wand- 
tafel aus  dem  Gebiete  der  Mechanik  (Wurf  im  lufteifüllten  Uaunie)  da»i 
Bendtat  einer  mit  Hilfe  der  IfaMshine  ycm  ihm  selbst  durchgeführten 
Arbeit,  welche  ohne  Maschine  ein  Rechner  auch  in  sehr  langer  Zeit 
kaum  durcbKuftthren  imstande  wäre.  Der  Obmann  dankte  dem  Herrn 
Vortragenden  fflr  das  Gebotene,  indem  er  den  Vortrag  als  das  Ergebnis 
staunenswerten  Fleißes  bexeicbnete.  Die  Versammlung  sollte  dem  Vor* 
tragenden  reichen  Beifi&ll. 


C.  Sitzungfsbericht  des  Vereines  „Die  Realsoliule"  in  Wien. 

(Mitgetheilt  vom  Schriftführer  Prof.  J.  Meixuer.) 

Jahresversaiuiulang  189&y96. 

(17.  October  1806.) 

Der  Obmann,  Prof.  G löser,  begrüßt  die  Versammln n<:^.  insbesondere 
den  als  Gast  anwesenden  k.  k.  Londes'Schulinspector  i.  K.  Dr.  Ignua 

Mache. 

Von  ein<'r  Verlesung  des  Protokolles  der  letzten  Voll-Ver- 
sammlun'^  wird  mit  Zustimmung  der  Versammlnn!:;^  Umgang  genommen. 

Aiö  neue  Mitglieder  werden  angemeldet  die  Herren: 

Lud  wig  G  las,  Turnlehrer  an  der  k.  k.  Staatsrealschule  im  VII.  Bezirke. 

Sieguund  Nentwig,  Gesangslehrer  an  den  k.  k.  Staatsrealsehulen 
im  L  und  VI.  Bezirke. 

Adolf  Waneck,  Professor  an  der  Landesrealschule  in  HGlhriscb- 
Ostrau. 

Wilhelm  Duschinsky,  Profeasor  an  der  k.  k.  Staatsrealschule  im 
VII.  Bezirke. 

Dr.  Karl  Zahradniöek,  Professor  an  der  k.  k.  I.  Staatsrealschule 
im  II.  Bezirke. 


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YereiiMpachrichten. 


71 


Michnol  Kuscbniriuk.  Professor  an  der  k.     II.  Staaterealacbale 

im  II.  Uczirke. 

Dr.  Johann  Pitscb,  Proteissor  an  der  k.  k.  ÖtHatareulschule  im 
XV\  Bezirke. 

Vietor  GrQnberg,  Sapptont  an  der  k.  k.  I.  StaAtardalaehole  im 
II.  Beurke. 

Dr*  Rrnti  Simon,  Snpplent  an  der  k.  k.  Skaateeabcliale  im 

VI.  Bearke. 

Unter  den  Eaniftnfen  der  lotzton  Zeit  befindet  sich  die  Aae- 
schreibunjf  der  Franz- Josef-Pisko-Stiftung  für  Witwen  nach 
Wionpv  Mittelschnlprofessoren,  Wiener  Profesworon  nn  Staatsgowerbescbulen, 
l.ohrer-  und  Lehrerinnenbildungsiinstalten  im  Betrage  von  154  fl.  jShrlich. 
Dieselbe  kommt  mit  23.  April  l^^l»?  zur  Verleihung,  di«  Gesuche  sind  bis 
lö.  Januar  18B7  beim  Wiener  Magistrate  zu  überreichen. 

Der  Obmann  enftattet  nnn  den  foljfenden 

Bertobt  Aber  das  26.  TerelmjabF. 

Er  ipedenkt  xnnftcbst  der  Bemahnn|t«Q»  die  gemacht  wniden,  om  die 
von  den  Vertretern  der  modernen  Spraohen  an  den  niederOaterreiobiichen 
Realschulen  gewfinschten  und  &h  dringend  bezeichneten  Entlastungen  zu 
erwirken.  Er  erwähnt  hiebei  nochmals  des  im  Vereine  am  19.  October  1895 
von  Prof.  Ferdinand  Ginzel  pohaUfnen  Vortmj^es,  von  dem  ein  Sonder- 
abdruck siimmtlichen  Mitglied«'rn  de«  nu'd<Töi<t«^rrpi(hiKchfn  I^andtagos  zn- 
•^eschickt  wurde.  Der  Obmann  i-^t  dirfct  mit  maßgebenden  Landtngs-Ab- 
geordneten  in  Verbindung  getreten,  allein  es  konnte  nicht  erwirkt  werden, 
dam  die  Angelegenheit  von  der  Frage  der  WiedereinfUbrang  des  Religions- 
anterrichtea  in  den  Oberelaoen  der  Bealschnlen  getrennt  anr  Behandlnnff 
gekommen  irlre  —  nnd  ao  war  keine  Anarieht  vorhanden,  anf  dieeem 
Wege  mm  Ziele  an  gelaogen.  Es  wnrde  dedialb  am  16.  Jani  d.  J.  eine 
Eingabe  an  daa  hohe  k.  k.  ünterrichtsniinisterinm  mit  der  Bitte  gerichtet, 
bei  dem  nen  xnsammentretenden  hohen  niederCeterreichischen  Landtage 
diese  Hn^>riin«?8vorlas'e  nochmiils,  nnd  zwar  getrennt  Ton  jener  den 
Religionsunterricht  betrett»>nden  oiTT/nlirinf,'pn 

Auf  die  nbrirren  Ereif,'ni««>e  im  abf^olaufenen  Vereinsjahrf  überhöhend, 
weist  der  Obmann  auf  die  Jubelfeier  hin,  die  der  Verein  am  7.  Dt?cember 
1895  anläaslich  seiner  Tor  25  Jahren  erfolgten  Gründung  unter  Betheiligung 
der  Vertreter  der  hohen  Sdinibehörden  nnd  in  Anwesenheit  illustrer  Pest- 
gSste  begieng.  Der  nach  dem  einstimmigen  Urtheile  aller  Theünehmer 
Qberaos  wflrdige  Verlanf  dieser  Veranstaltung  *  fQr  welche  der  damalige 
Ree  tor  der  k.  k.  technischen  Hochschule  in  Wien  Herr  Begterungerath 
Kick  den  Festv<«trag  übernommen  hat,  wird  dem  Vereine  und  seinen  Mit- 
gliedern immerdar  7n  hoher  Ehre  g-ereichen. 

In  der  Versammlung  am  IS.  .Januar  hielt  Herr  l'rot".  Schifiner 
einen  orientierenden  Vortrag:  „Über  den  gegenwärtigen  bland  der  Photo- 
graphie", während  am  21.  März  die  Mitglieder  unHeres  Vereines  einer 
Venammlung  des  ^Vereines  zur  Förderung  des  phy-sikuli^chen  und  cheuiischen 
Unterrichtes*'  im  Lehrsaale  des  rhjhikalisehen  Institutes  der  k.  k.  Uni* 
mnt&t  anwohnten,  in  welcher  der  Oeselischafter  der  Firma  Lenoir  und 
Forster  Herr  M.  Hlawacsek  gelungene  Versuche  mit  Röntgen -Strahlen 
▼orfilhrte* 


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72  Yereinanachrichten. 

Ein  fortgesetzter  Rückblick  auf  die  Thätigkeit  des  Vereines  zeij^t  uns 
du  ttitabliraige  Bestreben  desselbeii,  im  Hinblicke  auf  die  in  Anencht 
genommene  Regoliemng  der  Beamtengehalte  Ar  die  Interenen  nnseFe» 
Standet  nnter  «teter  Betonnng  der  dermaligen  traurigen  materiellen  Lage, 
sowie  der  unh  alt  hären  Rangsverbältnisee  de^  lÜttelschtillehrstandee  nnd 
der  dringenden  Not h wendigkeit  ibrer  Verbeswran|p  das  Möglichste  zn 
leisten.  Es  gereichte  dem  Obnimine  rn  besonderer  Frende,  bei  dieser 
Gele<;enheit  hcrvnrhf^bpn  zu  dürfen,  dass  l)ei  dio^on  Hemühnnuen  unser 
Verein  sich  iu  voller  Übereinstimmung  befand  mit  den  anderen  Mittel- 
schulvereinen dieser  Reichshälfte  und  ganz  besonders  mit  dem  Vereine 
„Mittelschule"  und  dem  ^Verein  der  Suppienten  deutscher  Mittelschulen 
in  Wien".  In  selbstventtndlicher  Folge  diesM  schOnen  Einvernehmens 
worden  alle  in  der  angedeuteten  Riefatnng  erforderlichen  Schritte  gemein* 
sam  berathen  imd  au  diesem  Zwecke  allgenMin  sngftngige  Mittelsehnl- 
lehrer^lTenammlungen  am  25.  Januar  und  am  18.  April  d.  J.  veranstaltet. 

Der  verehrliche  „WissenscbalUiche  Club"  hat  dem  Vereine  auch  in 
dem  letzten  Jahre  mit  einer  uns  zu  dem  größten  Danke  verpflichtenden 
Selbstlosigkeit  den  Vortragssaal  für  die  Vollverfianimlnn^r'n  nnd  für  das 
Jubelfest  aulkrUem  den  Sp^'isesaal  zur  Verfügung  gestellt.  Der  Obmann 
betrachte  es  als  eine  ani(«nehnie  F6icht,  hiefür  den  wftrmsten  und  aut- 
richtigsten  Dank  zum  Ausdrucke  zu  bringen.  Ebenso  werde  Herrn  Dir.  Döll, 
der  tarn  Zwed»  der  AnnchoMutsungen  dn  Local  seiner  Anstalt  mit  an- 
erkennenswerter Bereitwilligkeit  flberlieO,  im  Kamen  des  Vereines  d^ 
gebürende  Dank  abgestattet 

Der  Obmann  dankt  den  Mitgliedern  der  Vereinsleitung  nnd  des  Ans- 
schnsses  für  ihre  eifrige  Mitwirkung  an  den  Arbeiten  des  Vereines. 

Die  Zahl  der  Mitglieder  betrügt  derzeit  150. 

Redner  schließt  seinen  Pnri cht  mit  dem  "Wnn>«che,  der  Verein  niötjfe. 
eingedenk  seiner  schünen  Autyaue,  auch  fernerhin  )jliihen  und  t^ed^iheu 
und  iieint'n  -Mitfrliedern  stets  eine  Stätte  echt  coilegialen  Wirkens  und 
gemeinsamen  Schaffens  sein. 

Den  mit  Beifoll  aufgenommenen  AnsfÜbrungen  des  Obmannes  folgt 
der  Bericht  des  Gassiers  Prof.  Hoch. 

Cassebericht  fOr  das  Jahr  f89ft>96. 


I.  Einnahmen: 

1.  Oaaserest  vom  Jahre  1894/96,  nnd  «war: 

a)  Spareinlagen   919  fl.  42  kr. 

b)  Barvermögen   82  .  —  „ 

c)  Rarbetra^'  der  pTidaiiiforfischeu  Centralbibliothek  ...     l'i  „  69  ^ 

2.  Interessen  der  Si»arcinJagen  bis  Ende  Juni  189t>  ....     29  ,  67  ^ 

3.  Mitgliederbeiträge   282  ,  —  , 

4.  Sub««.riptionsbeiträge  anlässiiei»  des  Festabende  .  .     67  ,  —  ^ 


Zusammen  .  1392  fl.  T»  kr. 

II.  Ausgaben: 

1.  Beitrag  für  die  Zeitschrift  „Österreichische  Mittelschule"  1dl  fl.  74  kr. 

2.  Kanxleierfordemisse  57  „  96  . 

Fürtrag  .  1Ö9  fl.  70  kr. 


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Vereinmacliriehten.  73 

Übertrag  .  189  fl.  70  kr. 

3.  Verein  „  Ferienhort "  (Jahreabeitrag)   20  „  —  , 

i.  Bemunerationea  Ar  Diener   30«—. 

5.  DmckBorten  und  BedactionMpeteii   56  »  16  „ 

6.  Spesen  aallMlich  det  Fertabendü   'm  „  70  , 

Zmammen  .  599  II,  66  kr. 

III. 

Gesammteinnabmen   1392  fl.  78  kr. 

GemmmtaiiHgaben   599  „  56  , 


VereinsTermdgen  .  793  fl.  22  kr. 

und  swar: 

a)  Siwremlage  in  der  ersten  OsterreiduBcben  Spareaase  (Buch  Nr.  95876) 

771  fl.  17  kr. 

b)  Harbetrii*^'  der  |^dag(^p8chen  Gentralbibliotbek    ....    12  „  69  „ 

c)  üar betrag   ^L-_^*^  - 

793  fl.  22  kr. 

Zahl  ti<'r  Ht'stanten:  4. 

Wien,  am  17.  October  1896. 

Karl  Hoch, 
Ctasier. 

Die  Vetsiuiitihing  nimmt  ilieüen  Bericht  zur  Kenntnis  und  wählt 
über  Vorschlag  des  Obmannes  die  Herreu  Proff.  P6lsl  und  Schatsniann 
ro  Revisoren. 

Zam  nftchsten  Pnnkte  der  Tagesordnung  (Wiüü  der  Functiooflre)  Ober- 
gebend,  erinnnert  6er  Obmann,  dnss  im  al^pelaiifenen  Jahre  sowohl  er 
wie  andl  die  übrigen  Mitglieder  der  Vereinsleitung  eine  Wiederwahl  an- 
genomnien  haben,  um  die  damals  bereits  weit  gediehenen  Vorarbeiten  für 

die  .Tubclfeier  ohne  störende  Unterbrechung  beenden  zu  k^^nnen.  Ffir  das 
beginnende  Verein^ahr  aber  ergebe  sich  die  Notb wendigkeit,  neue  Herren 

zu  wählen. 

Diejenigen  Herren,  welche  der  AusHchuss  hiefür  in  Vorschlag  bringt, 
haben  in  liebenswfirdiger  und  opferwilliger  Weise  sieh  bereit  erkjftrt,  eine 
auf  sie  fiütende  Wabl  ansunehmen. 

Der  Obmann  dankt  für  das  ihm  w&hrend  der  Zeit  seiner  Obmann- 
•chaft  ^tgegragebrachte  Vertrauen,  er  glaube  sich  redliche  Hflhe  ge- 
geben zu  haben,  das  Anaehen  des  Vereines  nach  außen  hin  zn  wahren 
und  zu  heben. 

Er  dankt  den  mit  dem  heutigen  Tage  ans  ihren  Functionen  schei- 
dend on  Tlorren: 

Dem  bochvenlienlen  UbaiiuinsteUvertreter  Dir.  Kiek  1er,  dem  viel- 
jährigen  Schriftführer,  Prof.  Meixner,  der  mit  unermüdlicher  Treue, 
aufopferndem  Fleiße  und  voller  Hingabe  seines  Amtes  waltete,  dem  lang» 
j&hrigen  Gusier,  Prof.  Hoch,  der  mit  seltener  Umsicht,  größter  Accuratesw 
nsd  bestem  Erfolge  die  Cassegebarung  besorgte,  wie  nicht  minder  den 
fiemn  AusM»busnnitgliedem  Prof.  Dr.  M  a i  ß ,  Prof.  P  e t  r i  k .  Prof.  R  e  i  ch  1 
nnd  F*rof.  Reitmann,  die  mit  Cberzeugungstreue  und  grffßtem  Eifer 
st-ets  die  Zwecke  des  Vereines  in  der  wirksamsten  Weise  au  fördern 
wnssten. 


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74 


Vereinanacbrichten. 


Auf  Gnmd  lier  nun  vorgenomuienen  Wahlen  werden  im  kom- 
menden Vereinajahre  1896/97  functionieren : 

ObmaDn:  Prof.  Fraot  Daurer  (St.  K  IV>  B.). 
ObmaoBstellTertreter:  Prof.  Morls  OlOser  (St  R.  III.  B.). 
Schriftf&brer:  Prof.  Rairauna  Duiidaesek  (St  R.  IV.  B.). 
Cassier:  Prof.  Rudolf  Alscher  (3t  K.  IV.  B.). 
Ausschüsse  die  Proff. : 

Michael  Gaubut/.  (>t.  H.  XV.  B.). 

Franz  Haluschka  (St.  R.  XVIII.  B.). 

Alois  Kainnind  Hein  (St.  R.  V.  B.J. 

Wenzel  Knoblot  h  (I.  St.  R.  II.  B.), 

Josef  Meixner  (6t.  Ii.  VI.  li.i. 

Dr.  Karl  M  er  wart  (II.  St  B.  II.  B.). 

Frans  Schiffner  (St.  R.  III.  B.). 

Alois  Sseger  (St  R.  XVIII.  B.). 
Emitzmänner  die  Proff.: 

Wilhelm  Doschinsky  (St.  R.  VU.  B.). 

Franz  Pcjscha  (St.  R.  I.  B.). 
Während  des  Serutintoms  hielt  der  Prof.  Franz  Ualuschka  seinen 
angekündigten  Vortraj;: 

„Über  die  gerade  Linie  an  und  für  sich  und  über  zwei  in  einer 

Ebene  liegende  Gerade". 

Redner  ist  von  dem  Beatreben  geleitet,  streng  logisch  gegliederte  und 
der  in  Betracht  kommenden  ünterrichtsstafe  entsprechende  Anffaasangen 
and  Definitionen  su  entwickeln.  Demgemäß  will  er  die  Bentttsnimr  ^0«^ 
endlich  fernen  Elemente  arageschlossen  wissen. 

Von  Interesse  ist  seine  Definition  des  Winkels.  Der  Winkel  ist  eine 
Flüche,  begrenzt  von  zwei  fixen  Geraden  und  einer  dritten  Lini(>.  die 
beliebiif  «^eles^t  werden  kann.  Dementsprechend  ninss  der  Begritf:  „Größe 
des  Winkels"  besonders  autgefasst  werden.  Redner  bespricht  auch  die 
Parallelentheorie,  die  Kbene  nnd  ihre  B^stimmun^sarten.  Zwei  parallele 
Gerade  bestimmen  keine  Ebene,  denn  äie  Ketzen  die  Existenz  denselben 
Torau«. 

Der  Vortragende  wünscht  die  von  ihm  gebrachten  AnsfUhrangen  als 
^Streiflichter"  auf  ein  Gebiet  betrachtet  su  sehen,  das  so  bearbeiten  ihm 
lohnend  genug  erscheine. 

Die  AoüfQhraagen  des  Prof.  Hai  nach ka  worden  dnrch  den  BeifiiU 

der  Versammlung  ausgezeichnet. 

Das  nach  Beendigung  des  Vortrages  bekanntgegebene  Wahlresaitat 
wird  lebhaft  acclamiert. 

Der  Vorsitzende  beglOckwQnscht  den  neugewiihlten  Obmann  und 
gibt  der  Vei*sanimlung  bekannt,  dass  derselbe  den  getroffenen  Verein- 
barungen zufolge  den  Verein  auch  in  der  Redaction  der  SZeitsohrift  «Oster* 
reichische  Mittelschule*  so  rertreten  habe. 

Prof.  Danrer  dankt  fttr  die  aof  ihn  gefidlene  Wahl  als  Obmann. 
Er  nehme  die  Wahl  an,  weil  er  weiß,  dass  er  im  Ausschüsse  bewährte 
Hilfikräfte  finde.  Er  werde  nach  Kräften  bemöht  sein,  die  ihm  über* 
tragene  Stelle  nach  bestem  Wissen  und  Gewissen  auszuftlllen. 

Der  Vorsitzende  berichtet  noch,  dass  die  Herren  Revisoren  die  vor- 


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VereinsBflkchrichten.  76 

{gelegten  Rt-chnunKen  },'e|>riitt  und  die  Ca««e^ebarung  in  Onlnunj»  s^fuiulcn 
haben,  »o  da»a  dem  Herrn  Cas><ier  üa3  Absolutorium  ertheilt  werden  kann. 
(Zustimmung.) 

Nachdem  dfe  Tagesordnung  erschöpft  itt  nnd  nch  niemanU  zum 
Worte  meldet»  erfolgt  Schlast  der  Sttzunp. 


z>.  SitzungfsberiGhte  des  Vereines  „Mittelsohule  für  Ober- 
österreioh  und  Salzburg  in  Linz". 

(Mitgetheilt  vom  ScJuittfühjer  l'rof.  Frans  X.  Lehner.) 

y.  Yerein^ahr*  Dritte  YersammlnDg. 

(Linz.  7.  November  1896.) 

Obmann  P^of.  Ferdinand  Bnrtn  begrftßt  die  Anwesenden  herz* 
lichat  ond  theilt  den  Eintritt  von  zwei  neuen  Mitgliedern*  der  Herren 

0r.  Sigmund  ond  Victor  Reif  (Staatsgymnnsium  Linz)  mit. 

Nach  Bekanntgabe  des  Einlanfes,  in  welchem' sich  als  Spenden  fttr 

die  Vpreinnbibliotliek  ituch  literarixche  Erzeugnisfp  mehrerer  Voreins- 
niiturliefitn-  ^»HHntlen.  und  nach  Verlesung  des  I^rotokoUes  t]^r  letzten 
(zweiten)  V'ersiitnniluncj  ergreift  Herr  Hermann  IJ.niornbt'iger,  Öup- 
plent  am  Sta<iisgyuiniusiiuii  in  Linz,  das  Wort  zu  Uoui  Vortrage: 

„Ober  Strahlen  im  allgemeinen  und  Röntgen -Strahlen  im 

betondtP«!*'. 

Jeder  einzelne  KOrper  ist  kein  Gontinuum,  sondern  ein  Aggregat  von 
sehr  kleinen«  durch  ZwisehenrAnme  von  einander  getrennten  Theilchen. 

Daraua  folgt  unmittelbar,  dass  alle  an  der  Materie  auftretenden  Kr&fle 
„ fern w irkende  Krftfte"  seien.  Unter  letzteren  verntehi  man  (nach  Dreisel) 
Kraftäußerungen  «wischen  entfernten  Körpern,  welche  durch  dns  dazwischen- 
lieg'^nde  stotVitrho  Mittel  nbortraijfn  worden,  ohne  da^«  aber  diese  f*l»er- 
tnifji^unif  wahrgenommen  wird;  die  unmitteli^arc  Ft'rnwirknnrj  i^^t  also  i-ine 
iücheinbare.  Als  allgemeinste  Kraft  tritt  uns  tiie  ."ich werk rat't  entgegen  und 
bietet  Gelegenheit,  einige  Begritfe  zu  erläutern:  Potential,  Niveaufläohen, 
Kraftlinien,  Strahlen*  Leider  ist  e«  bis  jetzt  noch  nicht  gelungen,  das 
Rftthse]  der  Schwerkraft  za  iQaen;  nor  das  eine  kann  man  als  feststehend 
annehmen«  daas  dieselbe  wie  alle  anderen  Kräfte  in  einer  schwingenden 
Bewegung  bestehe.  Die  Betrachtung  einer  einfachen  schwingenden  Be- 
wegung: führt  zur  Erklärung  der  Wellen  überhaupt,  dann  insbesondere  zu 
den  Ku^pjwellen  und  Wellen.strahlen.  Schon  Dove  hat  in  meisterhafter 
Weise  hirr^^pwiesen  auf  den  Ziisaniiuenhanf?  zwischen  S»  hall,  Wärme  und 
Licht,  deni'n  wir  jetzt  audi  dii'  Klfk^ricität  anreihen  können.  rnten*tichen 
wir  duü  i^icht^peclruui,  so  werden  wir  niit  Nntli wcndigrkeit  auf  dfii  ultra- 
rothen  und  nltravioletten  Theil  de^aelben  koauuea  und  ^ehen  daraus  den 
Zusammenhang  zwischen  Wftrme,  Licht  und  Elektridtilt  Dieselben  nnter- 
scfaeiden  sich  nur  durch  die  Wellenlänge.  Den  nltravioletten  Theil  des 
Specfarnma  kann  man  durch  seine  chemische  Aktinität  und  auch  durch 
Bentttsung  der  Fluorescenz  sichtbar  machen.  Dem  Deutschen  H  •<  1 1  i«t  es 
zuerst  gelungen,  elektrische  Wellen  herzustellen  und  deren  Eigenschaften 
(Brechung,  Polarisation)  nachzuweisen.  Besondere  Bedeutung  haben  die 


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76 


Vereiflsnachrichten. 


CnterBuclinDgeii  aber  das  sogenauDte  Katbodenlicht  gewonnen,  iiiftbesondere 
aeitdem  Lenard  geieigt»  data  die  Strablen  deitelben  cheniaefa  wirk- 
sam  sind. 

Röntgen  war  es  vorbehalteo,  eine  aeoe  Strahlengattung  festzmtellen. 
die  von  den  Kathpdenatrahlen  vollkommen  verf^chieden  mnd.  Anfangs 
glaubte  man,  diese  neuen  Strahlen  seien  den  Brechungs-  und  Reflexions- 
geoetzen  nicht  nnt<^rworfen,  doch  zeigen  die  neuen  Yorsiipoe  von  Kümmel 
(Leipzig!,  (liiss  lioi  (ien«elhen  Bpu^^ung^sorschoimintreu  auftreten.  Dadurch 
ist  wohl  die  Annahme  Uorecliti<^i,  das.s  die  X-Strahlen  keine  einfachen, 
sondern  combinierte  Schwinguu^^en  sind,  80  dass  ide  ähnlich  wie  das  wei(>e 
Lieht  ein  Speetrnm  beeitsen,  und  diee  könnte  vielleicht  ein  Ausgangspunkt 
für  teleoptiscbe  Vennche  sein. 

Die  gediegenen  Aofifllhrangen  des  genannten  Herrn  Ober  das  hoeh- 
actnelle  Thema  fanden  den  fiei&ll  der  zahlreich  Anwesenden.  Prof.  Barta 
sprach  ihm  namens  der  Versa ni in titn<>  den  besten  Dank  aus. 

Herr  Bezirks-Schulinspector  l*rof.  Han?  Commenda  berichtet  sodann 
über  «»eine  Studienreise  nach  IhMitschland,  sowie  nacli  F-^'st,  die 
er  in  den  jüngsten  F<^ri«m  gemacht  hat  ,  und  legt  der  Versamnilung  zahl- 
reiche .Ansichten.  Kat;ilo<,'e  und  bezügliche  Werke  vor  Auch  ihm  dankt 
Prof.  Barta  iiu  Namen  des  Vereines. 

Nach  2Va»tundiger  Dauer  wird  die  Versaninilung  geschlOMen. 

Tidrte  YenaiiiiiilQag« 

iLiuz.  19.  Decembei-  189G.) 

Obmann  Prof.  Barta  eröffnet  die  Venänmmlunsr  mit  der  Begrüßung 
der  .Anwesenden  und  heil.>t  insbcsiondere  die  aus  Kreinsnii'inster  er^^chienenen 
Mitj^lieder.  Flerren  Oir.  Paulus  Froschko  unil  .lulian  Hauer,  >owie  Prof. 
Den  hier  aus  Preiwtadt  herzlich  willkouuTien.  Auch  widmet  er  dem  ver- 
storbenen Mitgliede  Herrn  Prof.  Theodor  Jungwirth  in  Melk  einen 
warm  empfundenen  Nachruf. 

Die  Yeraammlnng  ehrt  das  Andenken  des  Verstorbenen  durch  Er^ 
heben  von  den  Sitsen.  (Beim  lieichenb^ftngniaae  war  der  Verein  durch 
seinen  Ol.uiann  und  drei  Mitglieder  vertreten  gewesen.) 

Nach  Verlesung  und  (Tenehmigung  des  Protokolles  der  dritten  Ver- 
einsversammlng  berichtet  der  Obmann  filier  eine  Zuschrift  des  Vereines 
.Bukowiner  Mittelvchnle",  in  der  der  Linxer  Verein  aufgefordert  wird, 
über  den  vom  Vereine  „Bukowiner  Mittelschule"  in  der  , Mittelschule" 
llett  II,  189G,  S.  195  ti".  veröffentlichten  Kntwurf  einer  Dienstpragmatik 
für  MittelschuUehrer  Berathung  zu  püegeu.  Der  Obmann  Prof.  Barta 
theilt  dann  auch  den  Antrag  des  Ausschnsses  mit»  die  Angelegenheit  einem 
aus  tl  Herren  su  bildenden  Coinitd  m  übertragen.  Der  Ansschnssantrag 
wird  von  der  Versammlung  angenommen  und  in  das  Görnitz  nebst  dem 
Obmaane  noch  folgende  Herren  gewäh  1 1 :  S  c  h  a  u  e  r ,  C  o  m  m  e  n  d  a .  Dr.  Falb- 
recht (Staatsgymnasium  Linz).  Dr.  Horöicka.  Dr.  l'oetsch,  Bock 
fStaats-Oberrealsohule  Linz).  ]>r.  Lechleitner  fLehrerbildungsanstalt 
liinz),  Späth  i MadclK^nlycenni  binz).  Kofenskj  (Staatshandwerkerschule 
Lins).  Belohlawek  (Handelsakademie  Linz). 


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I 


Vereintmuchi  icbteu. 


77 


Bi  folgt  hiennf  der  Vortrag  des  Herm  Prof.  Josef  Denbler  (Frei- 
Stadt)  Aber: 

„Reiseerinnerungen  aus  Unteritalien**. 

Der  Vortriujf'nd«'  gab  eine  überaus  interes!$ante  Schilderung  seines 
f  in  monatlichen  Aulenthaltee  in  Neiipel  und  Umgebung?  im  Sommer  18%. 
Die  Ankunft  erfolgte  zur  See  mit  dem  Dampfer  aus  Palermo.  Die  sprich- 
wörtliche Schönheit  Neapels  gelte  nur  von  der  Lage  uud  Lmgcbung,  die 
Stadt  selbst  sei  dureh  den  ungeheoren  Straßenlftrm,  durch  Schmutz  und 
Gestank  wenig  anstehend. 

Nach  einer  Beschreibung  der  tAge  der  Stadt  wurde  das  Straßenleben 
eingehend  gesehildert  Dieses  sei  ungewöhnlich  interessant.  Unter  den 
Sehenswürdigkeiten  Neapels  nimmt  das  Nationalmuseum  durch  Reichthnm 
der  aufgestellten  Antiken  und  Eigenart  einzelner  Classen  derselben  d^n 
ersten  Rang  ein.  Ex  enthält  die  wichti'^en  Funde  aus  den  Aus;,'r.i>inn^en 
in  Pompei  und  llerculaneum,  darunter  «lie  ziihireichen  antiken  W.md- 
gemälde.  Den  Hauptbestand  <ler  Autikenaiimnüung  bilden  auüeideui  die 
Marmorsculpturen,  die  großen  ßronzefiguren  und  die  „kleinen  Bronzen". 
Wenig  Interesse  erregen  die  Kirchen  Neapels.  Sehenswert  sei  das  ehe- 
malige KarthAoserkloster  S.  Martino  und  vor  allem  das  Aquarium.  Hflbsche 
Spiutiergftnge  in  nUehstor  Umgebnng  sind  der  Posilipo  und  das  wegen 
seiner  Aussicht  berühmte  Kloster  Camaldoli,  schon  in  Goethes  ,  Italienischer 
Reise"  genannt.  Im  weiteren  schildert  der  Vortragende  seine  Besteigung 
des  Veiuv,  von  Pompei  aus  zu  Pferde  unternommen,  was  angeuehmer  und 
viel  billiger  sei  al??  bei  lienütznng  der  Cook'schen  Unternehmnn<,'  Wagen- 
fahrt nnd  Draht.seiU'ahn  Hierauf  fol^t»'  eine  Schilderuni,'  der  Ausflüge 
in  die  nähere  und  entfernter»!  welibcrühuitf  ('m^'el>un;,'  Neapels;  rast4?llam- 
iiiare  mit  dem  auä  Goethe  bekannten  Schloä^  Quiaiäaua  (jetzt  Graud  Hotel 
Margherita},  die  Gegend  westlich  von  Neapel,  die  phlegräischen  Gefilde 
der  Alten  (Poonoli,  Baiae,  Avemer  See,  Hisenum,  Comae)  mit  so  vielen 
geschiehtÜchen  und  sonsügen  Erinnerungen  (Ve^tl),  die  Insel  Ischia  und 
die  Krone  aller  Ausflöge  —  die  herrliche  Insel  C^pri,  wo  der  Vortragende 
«wei  und  einen  halben  Ta^'  in  angenehmer  Gespllicbaft  und  in  Betrachtung 
der  großen  Natur  bei  tretFlicher  Verpflegung  im  Hotel  verbrachte.  Daran 
Mchlo-s-s  sich  eine  Seiiildeiung  der  Halbinnel  von  .^orrento  und  des  Golf« 
von  Salerno.  Man  macht  diese  durch  Schrmheit  der  weoh-elnden  lamd- 
>schaftsbilder  und  den  furtwähi  enden  k  auf  das  Meer  mit  Recht  be- 
rühmte Tour  zu  Wagen  auf  einer  iu  den  steilen  Fels  eingesprengten 
Kuuütstraße.  Sie  beginnt  mit  Castellammure,  führt  nach  Sorreuto,  dann 
sui'ück  und  ({uer  durch  die  Halbinsel  auf  die  Südseite  dieser,  berflhrt  die 
äußerst  malerisch  gelegenen  Orte  Pngano,  Positano,  Amalfi  nnd  mehrere 
andere  und  endigt  in  Salerno. 

Die  Umgebungen  von  Oustellamuiare  und  Sorrento  «ind  wahre  Para- 
diese. Amalü  erschien  dem  Vortragenden  als  die  schmutzigste  italienische 
Stadt,  die  er  gesehen,  doch  hoch-t  interessant. 

Die  Kathedralen  in  Amalfi  und  JSaleruo  i*ind  sehr  ait  und  sehen.swert. 
Mit  der  j^enannten  Toui  war  der  ISesuch  d^'r  ihi'i  sehr  alten  griechischen 
Tempel  von  Partum  verbunden  (von  iSalerno  mit  Eiaenuahni.  liucklahrt 
von  Fästum  nach  Neapel  uiit  Bahn  in  drei  Stunden.  Von  Pompei  au» 
machte  der  Yortragende  auch  einen  Ausflug  nach  dem  inmitten  der 


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78 


VereiiisnaehricfateB. 


fippigiten  Vegetation  gelegenen  Cava  dei  Tirreni  (Station  auf  der  Strecke 
nach  Salerno). 

Zum  Schlüsse  bespricht  der  Yoriragende  seinen  elftägigen  Aufenthalt 
in  Pompei.  wö  er  mit  einigen  teterreichitehen  Gollegen  an  äem  von  Prof. 
Man  dea  kaiserl.  dentteben  Arcblologiielien  Inifcitntes  in  Rom  jfthrlteh  im 
Jnli  aligebaltenen  Giro  tbeihmlim.  Nach  einigen  Worten  ftber  den  eigm- 

IbOmlichen  Zauber,  der  auf  den  Ruinen  Pompei>  Hegt,  gibt  er  in  an- 
siebender  Weise  die  an  Ort  und  Stelle  gewonnenen  Haupteindrflicka  wieder 
und  »chliePt  mit  oinicren  Bemerkungen  übor  die  Ausgrabungen. 

Der  hr>chst  s|iiinripnde  Vortrair.  <ier  noch  dadnixh  h»f'Sondf»ren  \W\z 
f»rbieit.  dass  d'w  vom  Vortiagenden  l»i-siic}iten  Gegenden  und  «jesehenen 
Denkmäk-r  durch  eine  :?amnilung  voitreÖlicher  Photographien  den  An- 
wesenden vorgeführt  worden,  erntete  reichlichen  wohlverdienten  Beifiül« 
den  auch  der  Vorritaende  unter  allgemeiner  Zostimmnng  der  Venamm» 
long  in  gexiemende  Worte  kleidete. 

Die  Veraftmmlnnur  beBchftftigt  äcb  hierauf  noeh  mit  einem  Aumeho»- 
antrage,  den  Pn^.  Boek  einbringt  und  motiviert.  Der  Antrag  lautet;  »Die 
heutige  Veisammlung  ermächtige  den  Ausschuss .  an  alle  Lehrkörper  von 
Ohcro^erreich  und  Salzburg  mit  der  Bitte  hoiMnzntrotpn.  dic-elbon  nii5«ien 
in  alien  FüIIimi.  wo  ilittol^icbnlprofessoren  tür  ihre  Sr>hnc  um  Schulgeld- 
i>efreiung  iiiisinhen.  den  Antrag  auf  ganze  Befreiung  stellen ,  sobald  die 
gesetzlichen  Bedingungen  erfüllt  sind." 

Nach  län{;erer  Debatte,  an  der  sich  die  Herren  Dir.  Pindter,  Dir. 
Scholrath  Würfl,  Prolf.  Schauer,  Dr.  Poet«ch,  Gärtner  und  der 
Antragsteller  betbeili|{eD  ^  wird  der  AuawbuMantrag  mit  folgender,  vom 
Herrn  Dir.  Pindter  Totgeschlagenen  ibidemng  angenommen:  «Dieselben 
niög  -n  .  .  diesen  Qesnoben  die  möglichste  Berücksichtigung  angedeihen 
lawen." 

Hiemit  \v:ii  die  Tii^^e-sordnung:  erschöpft,  und  da  »ich  niemand  mehr 
zum  Worte  meidett  schließt  der  Oboiann  mit  Danketworten  die  Ver- 
sammlung. 

£.  Sitzungsberichte  des  Vereines  „Bukowiaer  MiUel- 

sohuie"  in  CzernowiU. 

(Miigetheilt  vom  Schriftführer  Prof.  Dr.  Josef  Frank.) 

Secbssuiiddreißigste  TereiiKsversaminluug  (zugleich  Jahres- 

versamniliiiig). 

n~.  ÜLtobtT  1«9G.) 

Anwospnd  4.j  Mitgiieuer,  darunter  Landes-.Schiilinspeetor  Dr.  Tumlirz, 
Sehulratli  Dir.  Klauser,  die  Dircctoren  Faustmann  und  Mandjczewaki 
und  6  Mitglieder  au9  Hadautz. 

Der  Obmann  Prof.  Dr.  Polascbek  begrüßt  die  Vereammtung  und 
meldet  als  neue  Mitglieder  die  ProiF.  Josef  Bittner  und  Anton  Sauer 
▼om  Staats- Untergymnasium  in  Csemowita  und  Andreas  Fuchs  und 
Dr.  Hugo  Herzog  vom  Staatsgyiunusiuni  in  Radaatz  an. 

Nach  einigen  geschiiftliilicn  Mittheilungen,  darunter  eines  in  herz- 
lichsten Worten  abgefassten  Dankschreibens  des  Ehrenmitgliedes  des  Vereines, 


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Yereioanaclirichteii. 


79 


deä  Herrn  Statthaltereirathes  Dr.  E.  Mahner  für  das  übersandte  Ehren- 
diplon],  erstattet  der  Obmann  folfifenden 

Rechenschaftsbericht  Ober  das  Vereinsjahr  1895  96: 

^Die  Mitglied  erzähl  anseres  Vereines  lir^trocf  tiaeh  dem  Stande  vom 
26.  October  lOÜ  Mitglieder.  Davon  trat  wubreud  den  laufenden  Jahres 
1  Mitglied  ans,  1  starb.  Nea  djigetreten  sind  7  Mitglieder,  so  daas  der 
Gemnmtrtand  115  betrilst.  Diese  im  Verbftltniaie  sur  Geaammtsahl  der  Lehr- 
persoaen  Bakowiaaa  ungemein  höbe  Zahl  beweist  doch  wohl,  dan  der 
Verein  anf  der  H5he  «einer  An%abe  steht,  dass  tot  allem  sein  Wirken 
die  verdiente  Anerkennung^  der  Berufenen  findet.  M0ge  dieser  Umstand  den 
wenif^en.  die  noch  außerhalb  dee  Vereines  ans  liegend  welchen  Grflnden 
stehen,  den  Eintritt  in  denselben  erleichtern. 

^lh\d  abgeliint'ene  Jahr  stund  im  Zeichen  der  («ehiiltsre<^ulierung^.  Was 
unser  Verein  in  dieser  ilinsicht  ^'*deiöt€t,  darüber  .sprecln-n  unsere  Sitzuu^ü- 
protokolle  eine  genu^r  deutliche  öprache.  Ich  kann  nur  &agau,  daas  unser 
Verein  zusammen  mit  den  anderen  Vereinen  sich  redliche  Mühe  gegeben 
liat,  um  die  Intoresesn  unseres  Standes  audi  in  dieser  Besiehnng  m  wahren. 

«Standesfragen  gelangten  andi  sonst  tnr  Erörterung.  Ich  erinnere  an 
die  tiefgreifenden  Antittge,  die  anlttsslich  der  Berathung  des  Oymnaaial- 
gesetMs  snm  Beschlüsse  erhoben  wurden,  an  unsere  Antrftge  bezüglich  der 
Remuneration  der  Mehrleistungen  und  an  unsere  Petition  in  Sachen  der 
Herabminderung  der  Lehrverpflichtung  für  Philolof^en  an  der  Reiilschule. 

„Aber  auch  zur  Schulgesetzgebtinjj  tni*^  unser  Verein  heuer  ein 
redlich  Theil  bei.  Beweis  dafiir  liie  tVeiUch  noch  nicht  uh^reschiossenen 
Li^Tiithunffen  über  die  Autniihmspnifunj^pn  in  alle  Classen  der  Mittel- 
schulen. In  zwei  Vorträgen  wunle  auch  die  Frage  nach  dem  Anschau  ungs- 
nntenidite  besonders  in  der  Philologie  in  sebnlnAßiger  Form  erOrtwt  Und 
dabei  wurden  dodi  noeh  rein  wissenschaftliche  Themen  in  den  Vereins« 
sitxnngen  bebandelt 

«Difse  außerordentlich  vielseitige  Thätigkeit  des  Vereines  hat  freilich 
zur  Voraussetzung,  dass  die  Vereinsleitung  stets  bereite  Mitglieder  fand, 
die  nicht  nur  Vorträge  hielten,  sondern  die  sich  namentlich  in  freier  !?:u  h- 
licber  ErörterunL'  jeder/.eit  bethiitit^en.  Ihnen  allen  sei  an  dieser  Stelle 
der  beste  Dank  f;esagt,  vor  allem  aber  den  Herren  Dr.  Frank,  Dr  Kuindl, 
Dr.  Lederer.  Dir.  Mandy  c/e  wski,  Neunteufel,  Dr.  Paw  1  itschek. 
Dr.  Polaschek,  Dr.  Perkmaun  und  Dr.  Spitzer,  die  im  abgelaufenen 
Jahre  Vorträge  gehalten  haben.  Die  sahireichen  und  lange  dauernden 
Sitenngen  stellten  namentlich  heuer  an  den  Scbriftföhrer  gans  ungewObn" 
liehe  Anforderungen.  Herrn  Prof.  Dr.  Frank  gebftrt  als  ischrifllllbrer  des 
Vereines  der  beste  Dank  f3r  seine  unverdrossene  und  gewiss  nicht  immer 
erquickliche  Arbeit. 

„An  dieser  Stelle  »ei  gleichzeitig  der  Thätigkeit  des  Ausschusses  selbst 
gedacht,  der  infolge  der  Wichtif?keit  w  mancher  zur  Verhandlung  pre- 
brachter  (i egenstände  in  ausji^ieliiger  Weise  zur  Mitarbeit  herangezogen 
w\irde.  .\llen  Herren  des  .Ausschu^.ses  sei  hierait  der  beste  Dank  gesagt, 
zumal  aber  dem  Sackelwart  I'rüf.  Skuhielski,  der  die  unangenehmste 
Vereinsnrbeit,  die  Geidwiitichait  in  musteigiltiger  Weke  erledigte. 

„Nicht  geringeren  Dank  schulden  wir  femer  den  Mitgliedern  der 
SonderaumehOsse  und  hier  namentlich  denen,  die  das  Gyninasialgesets 


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80 


Vereiiiflnaclirichteii. 


durchberathen  haben.  Leider  erfuhren  die  Arbeiten  des  Wohnungs-Aus- 
8chu?sps  dadurch  neuerdings  eine  Verzögerunj;.  dass  die  Witterungs- 
verbältniäiie  und  die  epiUem isi  hon  Erkrankungen  in  Uzernowitz  die  Woiter- 
beaichtigang  der  Schülerwohnungen  iast  nicht  oder  nur  in  sehr  gerinj^em 
Muße  g^tatteten.  Indes  sind  die  Arbeiten  doch  schon  soweit  vorgerückt, 
daas  deren  Iwldiger  AfaschliM  so  erboffen  ist.  Die  beiden  Sonderaueschfiaae 
zur  Berathong  der  Aufbahmaprllfungen  in  die  oberen  und  in  die  I«  Claase 
an  Mittelschulen  tagen  noch.  Die  Vereindeitung  erhofft  auch  in  dieser 
wichtigen  Frage  eine  endgiltige  Beachluasfassnng  im  Verlaufe  des  beginnen- 
den Vereinsjahrcs.  Von  den  auswärtigen  Tersammlungen  in  Suczawa 
und  Radautz  war  besonders"  die  in  der  letzt|j;enannten  Stadt  abgehaltene 
von  hohem  Werte.  Wurde  doch  den  Mitgliedern  die  seltene  Gelej^enheit, 
der  KrüÜ'nung  eines  nrähiatorischen  (Iral)es  bei:£Uwohnen.  Herr  »*;chulrath 
Dir.  Klauser,  der  die  Kosten  der  Ausgrabung  trug,  sei  auch  an  dieser 
Stelle  wärmstcns  bedankt. 

.Wie  in  den  abgelaufenen  Jahren,  ao  haben  auch  heuer  die  Berren 
Landeo^httlinspectoren  Dr.  Vyalouiil  und  Dr.  Tumlirs,  sowie  der  Re- 
ferent im  Bukowiner  Landeaachulrathe  Herr  Londesregierongsrath  Dr.  Frei- 
herr V.  Schwind  unsere  Vereinsversummlungen  fast  regelmäßig  beaooht 
und  an  den  Debatten  und  Arbeiten  derselben  thätigen  Antheil  genommen. 
Auch  ihnen  gebürt  unser  aller  Dank.  Wir  stellen  an  die  Herren  die  Bitte« 
unserem  Vereine  auch  fernerhin  ihre  Mitwirkun«;  zu  leihen. 

, Dieses  Jahr  brachte  unter  ami^^reni  auch  zwei  für  uns  he«ionder.s  er- 
freuliche Ernennungen.  Unser  Obniannstellvertreter  Prof.C.  Mand ycze  w.ski 
wurde  zum  Director  der  hiesigen  Realschule  und  der  verdiente  1.  Obmann 
dea  Vereines  Fkof.  Faust  mann  sum  Stadt- Schulinspector  und  Direotor 
dee  üntergymnaaiums  in  Csemowiti  ernannt  In  eigenen  sahlraich  be- 
dachten FestFeraammlongen  wurden  beiden  Herren  die  GlOckwfinache  des 
Vereines  für  ihren  neuen  Wirkungskreia  mitgegeben. 

„Über  alle  Sitzungen  des  Vereinen  und  auch  über  die  geselligen 
/usamnienkiinfte  und  feHtlichen  Vemnstaltungen  des  Vereines  wurde  ge- 
treulich von  iin'-eri'n  hier  er.-cheinenden Zeitungen  berichtet.  Den  Redactionen 
dieser  Uliltter  j:el)ih  t  für  dii*8e.>  Entgegenkommen  der  T^ank  des  Vereinet» 
und  da  wiederum  den  Herren,  die  zumeist  die  Mühe  der  Berichterstattung 
übernahmen,  besonders  die  Herren  Dr.  Öigall,  Dr.  Pawlitschek, 
Dr.  Werenka  und  Dr.  Würz  er.  Endlich  sei  auch  noch  Herr  Schulrath 
Klauaer  fElr  die  Oberlaasung  des  Veraammlungalocales  aufs  hmlichate 
bedankt. 

^Neben  ernster  Thätigkeit  war  die  Vereinaleitung  auch  heuer  bestrebt, 
die  Geselligkeit  unter  den  Mitgliedern  eu  pflegen.  Das  im  voqährigen 
Berichte  erwähnte  Gesangskränzchen ,  verstärkt  durch  andere  gesangs- 
kunflii^e  und  gevan^.'^ frohe  Mitglieder,  und  besonder«»  die  unermüdliche 
Thiiti/^dvt'it  de«!  .Au.s.schussinitj,'li<'des  l'rof.  Wotta,  der  für  den  heiteren 
Theil  surgte,  übten  eine  bcjioudere  .\nzit  hun>;skraft.  Auch  diesen  Herren 
sagt  die  Vereinsleitung  den  heizlich»ten  Dank. 

yZu  unser  aller  F^ude  entwickelt  sich  unser  Vereinsoiq^,  dem  ein 
gleich»  nirgends  an  die  Seite  gestellt  werden  kann.  Unsere  Mitglieder  und 
unaer  Verein  sind  auch  dort  recht  oft  vertreten,  und  somit  trftgt  die  seiner- 
seitige  Begründung  unseres  Vereines  durch  den  Berichterstatter  reiche 


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Vereinsnachricbt'en . 


81 


Früchte.  Hit  betten  WCneeken  für  eins  fernere  Gedeihen  nntere«  Vereines 
sei  hieroit  der  Jahresbericht  des  Obmannes  geschloeMn.* 

Maehden  sich  der  lebhafte  Beifall,  der  den  AnsfQhrnngen  d^  Ob* 
munes  folgte,  gelegt  hatte,  errtattete  der  Sftckelwart  Prot  J.Skobielski  den 

CMS9b«Flelit  über  das  Tlerrte  VereliuiJalir  1895/96. 

A.  Einnahmen: 

1.  Oasserest  vom  Yoijahre   8  a.  97Vs  kr. 

».  100  voUe  Hitgliedsbeitrftge  (1  für  1898/d4, 5  ftlr  1894/95, 
94  für  1896/98  nnd  8  hiUbe  fllr  1895/96,  1  ganaer  Bei- 
trag  für  1896/97)  «04,—  , 

3.  Zinsen  von  der  Spazeaaseeinlage   3  „  Ol  , 

4.  Aas  der  Sparcaaw  behoben   60  ,  ^  , 

Zosamroen  .  870  fl.  98Vt  kr. 

B.  Ausgaben: 

1.  Höldera  Verlag  118  fl.  90  kr. 

2.  Verwnltnngsauslagen  (darunter  1 000  Stück  Briefpapier 

und  l<  ()0  Stuck  ConvfTfM  mit  Druck)   30  ,  18Vt  . 

3.  Entlohnung  der  .':?chulUiener   13^  —  , 

4.  Sparcasseeinlage   80  ^  —  „ 

5.  Jahresbeitrag  fiir  den  Comenius- Verein                          G  „  —  ^ 

6.  ,         ^    ,   Supplentenverdn  (Wien)  ...    5  ,  —  , 

7.  Gine  Ankfindigangstafel                                        1,—  , 

8.  Bnehbinderarfaeiten                                             I«i60  , 

9.  Zinsen  Ton  der  Sparcasseeinlage                                  8  ,  Ol  , 

10.  Beitrag  f&r  Auslagen  der  Redaction  der  „Mittelschole*    8  ,  —  , 

Zusammen  .  866  fl.  69V»  kr. 

Ausgleich; 

Summe  der  Einnahmen   270  fl.  98Vt  hr. 

Summe  der  Auigaben   865  ,  69Vt  » 

Best  im  Baren  .  15  fl.  29  kr. 
In  der  Sparcasse  168  ,14  , 

Stand  des  Vermögens  177  fl.  48  kr. 

Darauf  yerlaa  Prof.  Kozak  den  Bericht  der  Rechnungsreviaoren 
über  die  vorgenommene  Prüfung  der  Oassegebarung  und  stellte  den 
Antrag,  dem  Aiis.-icliu^so  das  Absolutorium  zu  ertheilen. 

Dir.  Fanstmanu  Itemerkte,  der  KechensM^hafts-  und  Ca-^-eUericht 
zeigen  ein  so  erfreuliches  Bild  den  Fortschritte-s,  dwsa  die  Vereinsversa-inin- 
lung  Veranlassung  habe,  dem  Ausschüsse  nnd  besonders  dem  Obmanne 
den  Dank  ansnisprechen.  Er  stelle  daher  den  Antrag,  mit  der  Ertheilung 
des  Absolutorinms  auch  den  Dank  an  Totieren. 

Nachdem  dies  unter  lebhaftem  Beifalle  geschehen  war,  wurden  die 
Neuwahlen  vorgenommen. 

Während  der  Wahlprafung  hielt  Prof.  8.  Lederer  (Radauta)  den 
angekandigten  Vortrag: 

„Olympia*'. 

Er  streifte  kurz  die  Geschieht*?  der  uralten  Fp^'tstätte  und  führte 
dann  vermittelst  des  elektrisch  erleuchteten  J^kioptikona  die  Trümmerstätte, 
„Ölten-.  Mlttotiehnle".  XI.  Jshif.  6 


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82 


Vereinmachrichteii. 


wie  sie  jetzt  aussieht,  die  Reconatruction  nach  Thiersch  vor  und  zeigte  den 

andächtig  hiuschenden  Zuhörern  die  wichtig^sten  im  doiti^pn  Museum  be- 
findlicbert  Sculpturen  nach  Aufnahm^T),  die  er  an  Ort  und  Stelle  b&sorgt. 
und  zu  denen  er  die  Diapositiv?  selbst  an<»ef«'rtigt  hatte  Der  Dank  des 
Obmannes  im  Namen  des  Vereines  und  lauter  Beifall  folgte  den  schönen 
Ausführungen. 

Nnninehr  gaben  die  Wahlprüfer  Scriptor  Dr.  Boeher  und  Prof. 
Dr.  Bninp  da*  Wahlergebnia  bekannt.  Denunfolge  besteht  nunmehr  der 
VereinaanöehiMi  um  folgenden  Herren  Proff.:  Dr.  Anton  Polüsehek, 
Obmann  (wiedergewählt),  Anton  Romanovskj,  Obmannstellvertreter 
(neugewählt)i  Nikolaus  Ustyanowicz,  ObmannatelWertreter  in  RndautSf 
Hieronymus  Muntean,  Obmannstellvertreter  in  Suczawa  (wieder- 
«▼ewäblt).  Dr.  Alfrtnl  Tawlitschek.  Schriftführer  (neuofowählt),  i»r.  Josef 
Frank,  Öäckelwart,  Otto  Mayer  (neugewühltj,  Dr.  Daniel  Werenka. 
Josef  Wotta  und  Hugo  Zukowski  (neugewäblt).  Zu  Rechnungsprüfern 
wurden  die  Herren  Schulrath  Limberger  und  Prof.  C.  Kozak  wiedet- 
gew&hlt. 

Uet  Obmann  dankte  f&r  das  beaondere  Vertrauen»  das  ihm  die  Ver- 
Hummlnng  dnreh  seine  Wiederwahl  bekandet  habe;  er  dankte  anch  dem 
IKr.  Faustmann  für  des-sen  Antrag  und  Worte  der  Anerkennung,  ver* 
Rprach,  dem  Wohle  des  Vereines  alle  Kräfte  su  weihen,  und  richtete  an 
alle  .Mitglieder  die  Bitte,  den  Verein,  der  SO  manche  Erfolge  auftnweisen 
habe,  in  ihr  Herz  zu  schließen. 

8iebeiiiinildr«i8igste  Yersammlnng. 

(Mitgetheilt  von  Prof.  Anton  Sauer  [CKernowitz].) 
(Sncsawfl,  am  7.  NoTOmber  189&) 

Unter  den  zahlreich  erschienenen  .Mitgliedern  hatten  sich  eingefunden 
der  Herr  Landes-Schnlinspector  Dr.  K.  Tumlirs,  6  Professoren  ans  Cter- 
nowitz,  2  Professoren  ans  Kiulautz  und  4  Gäste. 

Nachdem  Dir.  v.  Kepta  als  Hausherr  und  Prof.  H.  Muntean  als 
Obmannstellvertreter  des  Vereines  in  Suczawa  die  Versammlung  und  ins- 
besondere die  Gäste  aufs  herzlichste  begräbt  hatten,  hieit  Prof.  B.  Bumbac 
(Suczawa)  den  augekündigten  Vortrag  über: 

„Die  Verslniiist  im  RamUseben". 

In  der  Einleitung  wies  er  hin  auf  den  großen  Voealreicfathamt  über 
den  die  mmftniiche  Sivrache  verfOgt^  und  auf  den  Wohlklang,  dex  ihr  daher 

eigen  ist.  Im  Anschlüsse  daran  behandelte  er  den  Hiatus  und  die  Ter« 
schiedenen  Mittel,  die  der  Sprache  sugebote  stehen,  denselben  zu  ver- 
meiden, ferner  die  Quantität,  die  eine  accentuierende  sei,  weshfUb  sich  die 
Dichter  gesüUten,  statt  des  Spondeus  den  Trochäus  zu  setzen. 

Im  Haupttheile  bespricht  der  Vortragende  7Aierst  die  Eiij^enthümlich- 
keiten  der  Volkspoesie,  vor  allem  den  Heim  uml  die  Keim-teilung',  die 
Assonanz  al»  Ersatz  für  den  Keim,  die  Arten  der  Ver^^übe  und  den  Mrophen- 
bau.  Dabei  stellt  sich  ein  üntersdiied  hwans  twisehen  den  Volksliedern, 
die  bestimmt  sind,  gesungen  zu  werden,  und  den  nur  fSr  den  Vortrag  be* 
stimmten.  In  ersteren  sind  nur  Verse  von  vier  und  von  drei  Troch&en 


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VereiBtnachrichten, 


83 


gebräuchlich.  Di«*  Freiheit  im  Biuie  derselben  i&t  so  groQ,  dana  selbst 
Jambfrn  mit  trochili.scher  Betonunjj^  j2r<*braucht  worden  dürfen;  nur  inn»s 
der  letzte  Fuß  trocimüch  aeia  und  die  Ansahl  der  Öilben  mvm  gldch- 
bleiben. 

ia  den  Dichtungen,  die  nicht  gesungen  werden  (liochzeit^oialiuueo, 
ZaoberfonDeln,  BMlnela)  wedneU  Mch  di«  Silbeonhl,  nnd  oft  «rkennt 
man  nnr  ant  dem  Reiine,  dum  maa  ca  mit  Venen  sa  thun  haik.  Der  Vor» 
tragende  weist  diet  an  Tielen  reeht  beteifiliaendett  Beitpielen  naeh. 

Die  Knnstdiehter  der  ftlteiten  Literatorpertode  nelunen  nnf  die 
ESgenthümlichkeiten  der  Volkspoesie  keine  Rücksicht,  weil  sie  ihre  Bil- 
dung in  den  lateinischen  Schulen  des  Auslandes  erhalten  haben.  Als  die 
hervorragendsten  Dichter  dieser  Art  bezeichnet  der  Vortntorendo  den  Me- 
tropoliten Dosofteiü  (Lk)'!itheTis),  »einen  2feitgeQ0wen  den  SStaatamaan 
Miron  Costin  und  dessen  >ohn  Nicoliii. 

Uoäofteiü  dichtete  in  sechsfüßigen  Trochäen,  die  iu  der  Mitte  eine 
Diäresis  hatten.  Die  Keimstellang  ist  oft  kunstvall,  der  Hiatus  ist  sorg- 
l&ltig  vennieden.  Sein  Zeitgenone  miMt  die  Yene  nieht  nach  VenAlOen, 
sondern  er  lAhlt  nnr  die  Silben.  Am  bAnfigKten  sind  Verw  mit  IS  Silben, 
die  darch  eine  Diftreds  naeh  der  riehenten  Silbe  in  twei  Theile  aer&Uen. 
Auch  hier  Terdeuilicht  der  Vortragende  seine  Aosfllhrangen  durch  eine 
glfickliebe  Auswahl  von  Beispielen. 

Eine  neue  Richtung  habe  sich,  so  schließt  der  Vortragende,  durch 
den  Kinflus?  der  Griechen  aus  dem  Banat  bahngebrochen.  Daräber  stellt 
Fro£  ßumbac  einen  weiteren  Vortrag  in  Aussicht. 

Lebhafter  Beifall  folgte  den  interessanten  Ausführungen. 

Der  Obmann  Prof.  Dr.  Polasche k  dankt  dem  Vortragenden  datur, 
daas  er  der  erste  sei,  der  ein  Thema  Aber  die  Landessprachen  gewählt 
habe.  Und  gerade  dies  sei  ein  umso  glfieklieherer  Griff,  da  ja  der  Vor* 
tragende  als  Voiksdidhter  einen  Namen  sich  erworben  habe.  Es  sei  an 
wflnschen,  dass  weitere  Uinliche  Themata  folgen. 

Herr  l^indes-Schulinspector  Dr.  Tumlirz  folgert  aus  dem  Umstände, 
daiH  im  VoUnliede  ein  jambisches  Wort  trochäisch  betont  wird,  da^s  in 
der  Metrik  ge^en  Scherers  Ansitht  <)-r  Takt  die  Hauptsache  «ei.  dem 
fcich  das  Wort  fü^  n  iDüsse.  und  nur  der  ^(.-wandte  Dichter  ver-^fh»^ 
Wörter  zu  finden,  die  man  dem  Takte  einfügen  kann,  ohne  ihnen  Gewalt 
anzuthun. 

Er  spricht  auch  die  Vermuthang  aus ,  dass  die  sUehoi  poliUkoi  der 
nrndUiisehen  VoUnpoeiie  künnten  aom  Master  gedient  haben. 

An  der  weiteren  Debatte,  die  sich  samtheil  aiemlich  lebhaft  fjeslialtete, 
betheiligten  sich  noch  die  Herren  Proff.  H.  Hnntean,  L.  Vicol,  E. 
Popovios  nnd  der  Obmann. 

Im  Schlnssworte  Tertheidigte  der  Vortragende  seine  Ansichten  gegen 
geftoßerte  Bedenken. 

Auf  den  wissenschaftlichen  Theil  folgte  ein  geselliger  Abend  in 
Langer^^  üotel .  fU  r  unter  ernsten  und  heiteren  Beden  in  fröhlichster 
:>timmuQg  bis  lt    'n  Mitternacht  währte. 

Sonnta«r  taiuien  Ausflüge  nach  den  wichtigsten  historisch  denk- 
würdigen Stütten  sUtt,  wobei  die  Herren  Proft  Dr.  Dasakewics  und 
Regiemngeeoauaissftr  Tarangnl  die  Ffihmng  fibemahmen. 

6* 


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84 


Vereinniaehriditeii. 


(Mitgetheilt  vom  ScbriftfUirer  Prof.  Dr.  Alfred  Pawlitsohek.) 

Achtanddrei^igste  YereinsTersammlang* 

(17.  Deooniber  1896.)  . 

AnwMeod  SG  Mi^Ueder,  darunter  die  Directoren  Soluilfath  KlanBor, 
Mandjczewski  und  Faastmanik. 

Nach  BegrttßuDg  der  Anwenenden  meldet  der  Obmann  Prof.  Dr.  Pola- 

Bchck  als  neu  eingetretene  Mitglieder  folgende  Herren  an:  Caltm-ingenienr 
Joh.  Blaschke  (Landwirtschailliche  Mittelschule  Czemowitz),  Turn- 
lehrer Tiissner  (Czernowit;'.  (lyinnasiwm),  Suppleiit  Etnil  Malachowski 
(Suczawu),  Hauptlehrer  J^iniilian  Popowicz  (Lehrerbildungsanst^ilt  C/er- 
nowiU),  Gymnasiallehrer  ;::)eyenn  ri  okopowicz  (Su(^wa)  and  ISupplent 
Dr.  ß.  Segalle  (Realschule  Czemowitz). 

Hierauf  theilt  er  mit,  dass  er  an  den  Reichsrathsabgeordneten  Landes- 
hanptroaan  La  pal  ein  ^Schreiben  gerichtet  habe,  worin  er  ihm  fär  «eine 
wohlwollende  Haltnng  in  Angelegenheit  der  GehaltBregnliening  im  Budget« 
anaachoBBe  gedankt  und  ihn  gebeten  habe,  auch  im  Plenum  fOr  die 
Wünsche  der  MittelBcbnllefarer  einzutreten.  Ein  fthnliehee  Schreiben  lei 
an  alle  Beidurathsabgeordneten  Bakowinas  abgegangen. 

Ferner  wendete  er  sich  an  alle  Mittelschul  vereine  und  den  Supplenten- 
verein  mit  der  Bitte,  die  von  un-orem  Vereine  in  Grundzügen  auafjearbei- 
tete  Dienst  Pragmatik  einem  Studium  zu  unterziehen  nnd  da»  Ergebnis 
desselben  bis  Ende  Januar  vorzulegen.  Mit  Berücksichtigung  allfälUger 
Abänderungen  hätte  dann  unser  Verein  die  ganze  Dienstpragroatik  beim 
VI.  MittelBchttltage  in  Wien  su  vertreten.  —  Ffir  den  zu  Oatem  in  Wien 
stattfindenden  MittelBchultag  sind  von  uns  schon  drei  Themen  angemeldet: 
«Die  Dienstpragmatik",  femer  ein  Vortrag  Dr.  Perkmanns  »Über  die 
Verbesserung  der  Methode  in  dem  Elementarunterrichte  in  den 
classischen  Sprachen"  und  ein  Vortrag  des  Obmannes  Prof.  Dr.  Po- 
lasche k  „über  eine  Reform  der  Prüfungen  der  Lehramtscandi- 
daten  für  Mittelschulen". 

Nach  diesen  Mittheilungeu  tritt  <ler  Obmann  den  Vorsitz  an  den 
Obmannstellvertreter  Prof".  Komaaovsky  ab  und  erstattet  den 

„Bericht  des  Sonderausschusses  zum  Studium  der  Auftoahms- 
ppAfUngen  in  die  lAhma  dassen  dw  Uttelsehiden". 

Der  Aussohusa,  welcher  aus  80  Mitgliedern  bestand,  hielt  unter  Vor- 
sits  des  Vereinsobmannes  sieben  Sitsnngen  ab.  FQr  die  etnaelnen  Gegen- 
stttnde  worden  Referenten  bestellt 

Es  sei  im  vorhinein  bemerkt,  dass  es  in  allen  Fällen,  wo  die  folgen- 
den Aufstellungen  nichts  enthalten,  bei  den  geltenden  Vorschriften  su  ver- 
bleiben hat. 

1.  Bei  der  Behandlung  der  in  Keile  stehenden  Krage  handelte  es  sich 
7.UDäch«t  om  Gewinnung  gewisser  Leitsätze,  nm  eine  Kicht-schmir  für 
da»  Ausmaß  der  Forderungen  bei  den  genannteu  Prüfungen  zu  (tchaÜ'eu. 
Denn  es  liegt  die  Gefahr  nahe,  da«  man  zuviel,  aber  auch  su  wenig  for- 
dere. Das  erste  kann  der  Priifling  nicht  leisten,  im  letsleren  Falle  ist  aber 
der  Offentliobe  SchQler  benachtheiligt.  Das  soll  umsoweniger  geschehen, 
als  der  öffentliche  Unterricht  doch  die  Regel,  der  nicht  öffentliche  aber 


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Ydreinanaclirichtoii.  85 

Aufnahme  isL  Da  aber  verschitnlene  Gninde  denkbar  «ind,  dio  c?  ver- 
öchuKlen.  da««  der  fitfont liehe  UnUnricht  bis  zu  ciiitMu  ;;ewi-M n  /"ii  punkte 
des  zu  voilendenden  Studiums  nicht  genoüseu  werdeu  könnt**,  und  die 
Möglichkeit  ja  auch  vorhanden  sein  niius,  Fehler  oder  Übereilungen  in 
den  EntachlieOnngen  der  nachaten  AngehSrigeu  solcher  Scbüler  wieder 
gounmacheii,  so  ist  ee  nur  recht  und  billig,  du«  auch  fQr  solche  Fälle 
ganz  bestimnite  PrQfnngsnormen  an^^estellt  werden. 

Die  Sache  Iftast  sieb  Sbxigens  noch  bestimmter  fassen.  Wer  kann 
überhaupt  in  den  Fall  kommen,  eine  AofhahmsprQfiing  in  eine  der  höheren 
Cla^'^en  7«  machen?  Abgesehen  von  jf^nen  Schülern,  die  beim  »ertntte 
von  einer  Anstalt  an  die  andere  nach  dem  Or>;anisation>ent  würfe  §  r»l .  2 
ein-T  AufnahmsprüfnnfT  (am  Gymnasium  unterzogen  werden  können,  lassen 
üicb  im  allgemeinen  2wei  Fälle  unteiKeheidea. 

Es  können  solche  Bewerber  gein,  die  a)  nie  eine  öti'entliche  Anstalt 
besocht  haben  und  sich  auch  nicht  doreh  ein  staatsgiltlges  Zeugnis  Über 
suHiokgeleffte  Studien  ausweisen  können,  b)  solche,  die  «war  durch  Staats- 
giltige  Zeugnisie  belegte,  aber  aus  irgend  welchen  Gründen  unterbrochene 
Studien  nachweisen  können,  wobei  sich  die  Unterbrechung  a)  nicht  Uber 
swei  Semester  und  ,>)  über  mehr  ab  zwei  Seraester  erstreckt. 

Es  Ui  ancfenscheinlicli .  ditsa  die  Prüfung  eingehend  sein  muf«  bei 
Aut'nahmswerbern.  die  nie  eine  öffentliche  Schule  besucht  haben,  oder  die 
ihre  ötudien  durch  liinger  als  zwei  .Semester  unterhroclieu  habpn;  nament- 
lich bei  Schülurn  ersterer  Art  wird  sidi  die  Prüfungscomuii.sijion  über- 
zeugen mütiüen,  ob  sie  in  den  eini^elnen  ünteiiichtsgegenständen  einen  dem 
Lehrplane  entsprechenden  sjstematiwben  Stndicngang  durchgemacht  haben. 
In  diesem  Sinne  hat  sidi  anch  der  läonderausachuss  entschieden. 

Hier  entsteht  aber  schon  eine  Frage.  Ist  bei  aolchen  Schalem,  die 
sich  mit  staatlichen  Zeugnissen  über  absolvierte  Clas-sen  einer  Mittelschule 
ausweisen  kAnnen,  eine  Vereinfachung,  besiehungsweise  eine  Krleichterung 
der  Prüfung  gej^enübcr  solchen  S^chnlern  möglich,  die  nie  eine  öftentliche 
Anstalt  besucht  halten  und  sieii  auch  nicht  mit  Zeugnissen  über  absolvierte 
Clasüen  einer  MitteUelnde  ausweisen  kimnen? 

Der  AuRschusis  nei^^f^te  »ich  foly^euder  Auffassung  zu.  Wenn  ein  Schüler 
eine  Clasee  mit  günstigem  Erfulge  absolviert  hat,  so  kann  er  diese  Classe 
nach  einer  swei  Semester  nicht  fibenteigenden  Unterbrechung  ohne  Auf- 
nahmsprQfnng  wiederholen.  Will  er  dagegen  in  eine  höhere  Classe  auf- 
steigen, so  bat  er  sich  einer  Aufnahmeprüfung  sn  unterziehen.  Jedoch 
kann  ihm  bei  der  Anfnahms Werbung  in  die  nächst  höhere  Classe  die 
Prüfung  aus  den  Gegenstanden,  in  denen  er  mindestens  eine  befriedigende 
Note  hatte,  erlassen  werden.  Eine  Begründung  i.st  weiter  wohl  nicht  nöthig. 
Fasst  man  also  zusammen,  so  ergibt  sich  Folgendes: 

Besonders  eingehend  zu  prüfen  sind  soh  he  Aufnahms- 
werber.  die  nie  eine  öffentliche  Schule  besui  lit,  oder  solche, 
die  durch  länger  aU  zwei  Semester  ihre  Studien  unterbrochen 
haben.  Solche  Schüler,  die  sich  über  absoWierte  Classen  einer 
Mittelschule  durch  staatsgiltige  Zeugnisse  ausweisen  können, 
sind  in  der  eben  angeführten  Weise  su  behandeln. 


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86 


Vereioanacbrichteii. 


Anhangsweise  sei  beuierkt.  da.^-s  im  .^^muo  des  Org^niflat imsentwurfes 
§  61,  2  ein  besonderes  Augenmerk  auf  solche  Schüler  zu  richten  sein  wird, 
die  von  fremdeprachigen  Anstalten  kommen.  Wenn  ei  den  einzelnen  Lehr- 
kdrpem  frentebt,  Schüler  von  anderen  gleicbspracliigen  Anstalten,  fiüU 
sie  die  Anstalt  wechseln  wollen«  einer  An&ahmsprflfung  m  nnterneben, 
80  wird  die  Aufnahmsprfifung  xnr  Pflicht  bei  Schülern,  die  von  fremd- 
sprachigen Anstalten  kommen,  weil  neben  der  nicht  vorhandenen  Be- 
herrschung der  Unterrichtssprache  uucb  noch  va,  bedenken  isti  dam  aoeh 
vielfach  i\\9  Lohrpläne  nicht  völlig  übereinstimmen. 

II.  Wer  soll  prüfen? 

Katur^emilß  gibt  es  hier  nur  zwei  Möglichkeiten.  Ka  prüfen  entweder 
die  Lehrer  derjenigen  Cloase,  für  weiche  der  Autnaiimswerber  die  Prüfung 
macht,  oder  die  Lehrer  der  n&chtt  vorhergehenden  Classe.  Die  gellenden 
VorBchnftok  entscheiden  im  ersteren  Sinne. 

Es  ist  gewiss  nicht  zu  lengnen,  dass  Gründe  für  eine  solche  Entp 
Scheidung  vorbanden  sind;  snnüchst  ein  praktischer,  die  Stabilitftt  der 
Lehrer,  da  ja  zu  Beginn  des  Schu^ahres  Versetzungen  in  der  BeK^l  nicht 
vorkommen,  wohl  aber  am  Ende  des  Scbu\jabre8,  und  dimn  ancb  ein 
didaktischer,  der  Lehrer  soll  in  der  Lage  sein,  da?  Schülermaterial,  welches 
zuwachsen  soll,  selbst  auf  seine  Reife  prüfen  zu  können. 

Trotzdom  hat  sich  alier  der  Sonderausschuss  dafür  erklärt,  dass  die 
Lehrer  derjenigen  Classe  /u  prüfen  haben,  die  der  Classse,  für  welche  der 
Prüfling  Aufnahme  heischt,  uumittelbaj:  vorangeht.  Ka  hätten  n'iao  bei- 
spielsweise einen  Anfiiahmswerber  für  die  V.  Classe  nidit  die  Ldirer  dieser 
Classe,  sondern  die  der  IV.  xa  prüfen. 

Diese  Bestimmung  als  feststehend  vorausgesetzt  und  weiter  an- 
genommen,  dass  die  Aufnahmeprüfungen  in  der  Regel  nur  zn  Beginn  des 
Schuljahres  abgehalten  werden,  ist  es  richtig,  dass  möglicher\vei^c  es  nicht 
immer  derselbe  Lehrer  sein  wird,  der  im  abgelaufenen  Jahre  den  einen 
oder  den  anderen  Gefj^enstand  in  einer  bestimmten  Cla-si-^e  jjelehrt  hat,  und 
der  zu  Anlauft  de.s  nächsten  tichuljahres  die  Aufnahnjsj)rüt"un^^  ans  (iie.-veui 
Gegenstände  der  genannten  Classe  vorzunehuien  haben  wird,  weil,  wie 
gesagt,  Versetzungen  am  häufigsten  am  Ende  des  Schuljahres  und  in  der 
Ferialzeit  vorkommen.  Allein  dieser  Nachtheil  wird  weitaus  durch  den 
pädagogisch-didaktisch  gar  sehr  ins  Gewicht  fallenden  Vortheil  aufgewogen, 
dass  gerade  der  Lehrer,  der  im  abgelaufenen  Schuljahre  eine  Classe  geführt 
hat,  am  besten  imstande  sein  wird,  den  entsprechenden  Maßstab  bei  der 
Beurtbeilung  des  Prüflings  zu  finden,  weil  er  doch  vor  allen  wird  be* 
stimmen  künnen,  ob  die  vorhandenen  Kenntniä.se  des  Prüflings  den  Kennt- 
nisiien  seiner  vorjährigen  Schüler  entsprechen  oder  nicht,  und  weil  er.  der 
vor  kurzem  den  Lehrstoff  der  li*'trt'RVndi  n  «  lasse  durchi,'enoinmen  hat, 
auch  in  uiaterieller  Hinsicht  die  beste  Li e währ  bietet,  da.-^s  er  nicht  zuviel, 
aber  auch  nicht  zu  wenig  von  dem  neuaufzunehmenden  Schüler  ver- 
langen wird. 

Bei  einer  solchen  Einrichtung  ist  aber  auch  femer  der  Vortheil  nicht 
unwesentlioh,  dass  Unkhurheiten,  wie  sie  jetxi,  %.  B.  bei  den  Prfifongwn 
hinsichtlich  der  Naturgeschichte  und  Physik  in  der  III.  nnd  IV.  Classe 
der  Gymnasien  vorhanden  sind,  von  selbst  entfallen. 

Fassen  wir  also  zusammen.  Die  Prüfung  haben  die  Lehrer 


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Veieinoiaehrichteii. 


87 


derjenigen  Classe  vorzvinehiuen,  die  der  vom  Prüfling  an- 
gestrebten ClaüiiC  unmittelbar  vorhergeht.  Sollte  dereincoder 
der  andere  Lehrer  zu  Beginn  des  nächsten  Schuljahres  nicht 
mehr  an  der  Anstalt  eein,  dann  hat  der  betreffende  Fachmann 
der  etwa  bestehenden  ParallelabtheUnng  *n  prüfen,  in  dessen 
Ermanglnng  derjenige  Lehrer,  der  den  Gegenstand  im  Vor- 
jähre  in  der  betreffenden  Glasse  gelehrt  hat.  Eine  Ausnahme 
von  dieser  Bestimmung  findet  nur  dann  statt,  wenn  einem 
A  ti  fn ;i  h mswprber  aus  welchen  Grümlon  immer  die  Aufnahms- 
prniung  vom  hohen  Ministerium  tür  Cultusi  und  Untorricht  zn 
einem  aiußerordent  liehen  Termine,  also  während  iles  Schul- 
jahres bewilli;:t  worden  sein  sollte.  Da  m üsHtf  n  nel bstverständ- 
lieh  die  Lehrer  derjenigen  Classe  die  Prüfung  vornehmen,  in 
welche  der  Prflfling  4ie  Aufnahme  anstrebt. 
IIL  Zelt  der  AaftuümisprQftaiigeii. 

Der  Sonderansschoss  entKhied  «ich  dafftr,  dan  diese  Prfifnngen  im 
Sinne  der  geltenden  Vonehriften  (Organisationaentwnrf  §  59, 1)  va  Anfang 

des  Schuljahren  vor7unehmen  seien.  BesSgUch  der  Ausnahmen  sei  eben* 
falls  auf  die  diesbezüglichen  Anordnunjjen  verwiesen.  IIülil,  Nonnalien- 
index  S.  10  f)  Insofern  entfällt  jede  Begriintlung.  Die  Verlci'uni.^  der 
l'riilung  auf  di'n  Schhi.ss  des  Sehuljahre«  würe  nur  dnnn  fj^erri-iitfiTtii^t, 
wenn  den  Aufnuhiuswerberii  <lie  VViederhüluntrs[>riifim<;  aus  einem  Gegen- 
^»tande  zugestanden  würde,  wogegen  sich  aber  die  Mehrheit  des  Ausschusses 
von  Tomherein  aossprach. 
IV.  Dauer  der  PrQIUng. 

Der  Amschnn  hat  sich  einstimmig  dafür  aosgesproehen,  daai  ganz 
bestimmte  Fristen  festzustellen  sind,  weil  sich  erfahrangegemftß  solche 

Prfifungen  oft  ins  Ungebfirliche  verziehen.  In  einem  Tage  können  solche 
Prüfungen  wohl  nicht  zustande  gebracht  werden,  weil  ja  fünf  bis  neun 
schriftliche  Arbeiten  anzufertif^t  n  -»>in  werden,  Wohl  aber  nniss  verlangt 
werden,  dass  sie  in  zwei  Ta^en  vf)!l>tiuidi;4  ;ilit:fthati  werden,  und  das 
kann,  -  iweit  die  Zeit  in  .Anrechnung  küiiunt,  fihnt'wtMii'r^  ge««eh*»hen. 

Dci  Sonderauewehuss  einigte  sich  nämlich  dahin,  erstens  die  mündliche 
PrRfong  darf  in  keinem  Gegenstande  länger  als  eine  halbe  Stande  danem. 
Nur  besiiglich  der  claasischen  Sprachen  am  Obergymnasinm  wftre  neben  der 
einstündigen  übersetoang  in  die  fremde  Sprache  noch  eine  halbstündige 
schriftliche  Übersetsnng  ans  der  fremden  in  die  deutsche  Sprache  antu- 
fertigen.  Der  Ansschnn  gelangte  zu  dieser  Forderung,  weil,  wie  die  weiter 
unten  folgenden  Normen  über  das  Ausmaß  des  zu  prüfenden  Stoffes  in 
d'-n  classischen  Sprachen  zeigen,  besomler.'^  in  den  Obercla.«i^en  zwei  und 
inu-h  mehr  Texte  vorgelegt  werden  müssen  und  man  aluo  in  einer  lialben 
Stunde  nicht  die  Möglichkeit  hätte,  einstehend  prüfen  zu  können. 
würde  in  einem  solchen  Falle  leicht  geschehen  können,  dass  ein  Urtheil 
gefällt  würde,  das  weder  den  Kenntnissen  des  Schülers  noch  den  Forde-* 
rangen  der  Schule  entspräche.  Um  also  der  Gründlichkeit  der  Prüfung  in 
den  olauasehen  Sprachen  keinen  Abbrach  su  thun,  entschloes  sich  der  Aus- 
schnss,  auch  eine  halbstündige  schriftliche  übersetsnng  aus  der  fremden 
in  die  deut^he  i^prache  zu  verlangen.  Eine  halbe  Stunde  genfigt  deswegen, 
weil  der  Text  rorgeiegt  wird,  daher  das  Dictat  entfällt,  und  weil,  wenn, 


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88 


VeremntadkriditeiL 


wie  vorausj^esetzt  wird,  eine  cntsprochemle  »Stelle  ausgewiihlt  wird,  in 
dieser  Zeit  soviel  übersetzt  werden  kann.  d;w«  ein  Urtheil  über  dUs  Könneu 
oder  düd  Nicbtköoneu  gefüllt  werden  kann. 

Die  adiriftliohe  FrQfiDiig  hat  tMt»  der  mOndlicbea  voranzugehen, 
weil  dadurch  das  PrOfangsgeicbftft  weaentUch  erleichtert  wird. 

y.  Was  hat  mit  solehen  Sehfllem  zu  saseheheB,  die  die 
Aufnahmsprafung  nicht  bestanden  haben? 

ZwiefSftchea  ist  denkbar.  Man  weise  tie  entweder  ganz  ab,  weil  sie 
den  Fordernngon,  die  die  Aufnahme  an  eine  Mittelschule  bedinf^en.  nicht 
cnt'^prnrhen ,  oder  aber  man  nehme  auf,  natürlich  nicht  in  die  an- 
gestrebte, sondern  in  einp  ihren  Kenntnissen  entsprechemie  niederere  Classe. 

Die  erste  Möglichkeit  «teilt  eich  eigentlich  dar  als  eine  Schluss- 
folgerung au«  dem  Umstände,  dan  der  regelrechte  Unterricht  doch  nur 
der  OffieiitHche  Ist,  daas  dagegen  ein  dorch  die  daau  bemfeDea  Organe 
nicht  cotttrolterter  Unterrieht,  der  erst  dareh  eine  Aafaahmsprüfnng  in 
seinen  Erfolgen  fest^^eätellt  werden  soll,  die  Annahme  bilde.  Indes  glaubte 
der  Ausscboss,  daas  die  Abweisung  eine  an  große  Härte  fttr  den  Betroffenen 
wilre.  der  sich  durch  die  nuf  sich  {genommene  Prüfung"  als  Ziel  die  Auf- 
nahm*^ in  die  betretl'ende  Anstalt  setzte,  und  dasis  man  ihm  daher  auch 
dann  die  Aufnahme  nicht  versagen  könne,  wenn  er  in  einem  oder  auch 
mehr  Gegenständen  der  Aufnahuü^prüi'ung  als  für  eine  bestimmte  Cla^e 
nnreif  befanden  wurde. 

Es  konnte  wdd  dngewendet  werden,  and  die  Erfahrnng  bestfttigt  es, 
dass  Schaler  öfter  Aa&abme  in  Claswn  anstreben,  l&r  die  sie  sich  Ober- 
haupt nie  vorbereitet  haben,  lediglich  in  der  Erwartung,  man  werde  sie 
«war  nicht  in  die  angestrebte,  aber  jedenfalls  nicht  in  eine  viel  niedrigere 
Claste  versetzen. 

Auf  diese  Weise  hätten  sie  sich  eigentlich  die  Autnahme  in  eine 
Ciasse  erschlichen,  in  die  aulV'enommeu  zu  w*>rden  sie  /war  rechneten,  in 
die  sie  aber  nicht  eigentlich  aut  Grund  ihrer  Keaninisse  gelangt  sind. 
Dievem  Einwurfe  lässt  sich  aber  leicht  dadurch  begegnen,  dass,  wie  ein 
Blick  auf  das  spftter  Torsaf&hrende  Normale  se^,  nnmnehr  der  su 
prüfeude  Ldmtoff  för  jede  Classe  bestimmt  ist,  dass  es  daher  leicht  ist 
fesfamstellen«  in  weldien  Partien  der  Prüfling  Lücken  aufgewiesen  hat. 

Auf  Grund  dieser  Erwägungen  er*^ab  sich  also  bezüglich  der  bei  der 
Aufhahmsprüfung  durchgefallenen  Schüler  folgende  Richtschnur: 

Da  nach  dem  aufgestellt  en  Normale  der  l' in  tan»?  zu 
prüfenden  Lehrstoffes  für  jede  Olasse  genau  festgestellt  ist. 
wird  es  nicht  schwer  fallen,  die  Classe  bestimmen,  lür 
welche  ein  Prüfling,  der  in  einem  oder  mehreren  Gegenständen 
nicht  entsprach,  anfannehmen  sein  wird. 

TL  Die  wichtigste,  aber  auch  die  schwierigste  Frage,  nm  die  es  sieb 
bei  den  AufhahmsprUfungen  handelt»  ist  die  nach  dem  Umfaiiffe  des  za 
prüfenden  Lehrstoffes. 

Hier  kann  leicht  ein  Missgriff  geschehen  entweder  nach  der  Seite 
des  Zuviel  oder  nach  der  dts  Zuwenig.  Im  ersten  Falle  wird  die  Priitung 
unra<»glich,  im  zweiten  entbehrt  sie  des  uüthigen  Ernstes,  und  sie  wird 
überdies  noch  zu  einer  oüeneu  Benachtheiligung  der  öffentlichen  Schüler. 
Beides  soll  aber  vermieden  werden. 


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Yereinsnachricbteu. 


Am.  hatten  scfaeint  tnaa  der  BMntwortmig  dieser  ochwierigen  Frage 
afthe  «n  komneii,  wenn' man  ncfa  ranfteliii  über  den  Zweck  der  Auf* 

nalinisprüfunf^  klar  su  'werdeu  nucht.  Der  besteht  douh  olfenbar  darin, 
dass  der  für  eine  bestimmte  flagge  die  Anfnahme  heisch'  it  le 
Prüiiing  soviel  Kenntnisse  \in<\  eine  solche  «▼ei^*i£»e  Ueile  mit- 
bringt, dass  Audtiicht  vorhiinden  ist,  er  werde  Ueuj  Unterriclite 
dietser  Cluäse  erfolgreich  tolgeu  küiinon. 

Was  zunächst  die  geistige  Reife  anbelangt,  so  war  der  Atuschuas  der 
Anweht,  (lag*  sie  nicht  nnf  Omnd  der  thataAchlichen  Kenntnisse  in  den 
eioaelnen  Qegenstanden,  so  nahe  e«  anch  li^n  mag,  benrtheilt  werden 
dart  Denn  dann  liegt  die  Qe&hr  nahe»  dasi  die  Fordernis  mn  todter 
Buchstabe  bliebe,  weil  es  sich  doch  in  erster  und  letzter  Linie  nur  um 
positive  Kenntnisse  handeln  würde.  Besitzt  sie  der  Prüfling  in  dem  einen 
oder  dem  Jin(1»*ren  (leo^enstande  nicht,  dann  wäre  er  elien  crei«tij^  nnroij. 
wiiß  nothwendig  ein  Fehlschhiss  wäto.  weil  ja  z.  ß.  die  geistige  Reife  ganz 
unabhängig  ist  etwa  von  Detail ki  üntnis^cii  in  Unterrichtsfächern,  die  6s 
mehr  mit  dem  Gedächtnisse  zu  thuo  haben. 

Es  ist  eben  die  stoffliehe  Versohiedenheit  der  Unterrichtsgegenttftnde 
nnd  die  Art  und  Weise  ihrer  Behandlung,  die  an  sich  der  formellen 
Schnlnng  des  Geistes  dient  und  bis  su  einem  gewissen  Grade  die  so- 
genannte allgemeine  Bildung  bedingt. 

Auf  Grund  dieser  Erwn.gungen  stellte  also  der  Sonderau^chuss  als 
Zweck  der  Prüfung  hin  Feststellung  positiver  Kenntnix>ji'  in  den 
einzelnen  ünterriuhtsgegriistilnden  nnd  Feststellung  der  gei- 
stigen Reife.  Die  ersteren  nm^ou  gcwis.seriiiiiL>en  iils  uiatcriclle  (jrund- 
lage  unbedingt  vorhanden  »ein,  die  ieuterc  aoW  aber  die  Gewähr  bieten, 
dass  der  AnfmhmBwerber  auch  geistig  befähigt  ist,  den  Forderungen  der 
Schule  an  genfigen. 

Wir  gehen  nun  Uber  sur  Feststellung  der  positiven  Kenntnisse  und  iiaben 
daher  jetzt  genauer  den  Umfang  der  vorzunehmenden  PrQfung  anzugeben. 

Zunächst  einige  allg^neine  Erwägungen. 

Vor  alltin  scheint  es  von  selbst  einleuchtend  zu  sein,  da.s^**  e^  bei- 
jäpieLswei.se  bei  der  Aufnahn»e,  «igen  wir.  in  die  VII.  Claaee  der  Mittelschulen 
aus  rein  prüfungstechnischen  Giitud<-n  unniüglich  »ein  wird,  die  Prüfung  so 
vorzunehmen,  dass  der  l*rüfling  über  den  Gesammtstoli  ulier  vorangegan- 
genen Giemen  in  jenem  Umfange  Rechenschaft  geben  müaste,  wie  ihn  der 
Öffentliche  Schfller,  als  er  sich  auf  dieser  ünterriohtsstufe  befand,  beherrschen 
mnsste.  Bei  der  vom  Sonderansschosse  gestellten  Forderung  fiber  die  Dauer 
der  Prüfung  wäre  ein  solehei  Vorgang  auch  gar  nicht  möglich. 

Nun  werden  wir  aber  durcli  die  t^iiche  Erfahrung  belehrt,  dass 
auch  der  üffen* liehe  Schüler.  d»'r  doch  einen  Jahresuntcnicht  für  jede 
Clause  aufzuwei>en  in  der  Lage  ist,  nicht  imstande  ist,  in  dem  oben  er- 
wähnten Ansinaße  jederzeit  Rechenschaft  über  den  l'ntei i ichts'toff  aller 
nichl  unnnlteii)ar  vorhergehenden  Classen  ablegen  zu  können.  Hier  setzte 
der  8onderau8schu88  an:  Was  für  den  einen  recht  ist,  darf  f&r  den  anderen 
nicht  zur  ünbilligkeit  werden. 

Bi  ergibt  sich  also  zunächst,  dam  im  allgemeinen  so  manche  Detail- 
henntnüse  nicht  unbedingt  sn  fordern  sein  werden,  weil  sie  auch  bei  den 
Offiantlichen  Schülern  nicht  ztwi  unverlierbaren  Kigentfaume  werden. 


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Vereinsnachricbten. 


Hiemit  wRre  schon  ein  (Jesichtspnnkt  gewoonen,  der  fireUick  smiaclMt 
in  solchen  Gef^enständen  Anwttidaiig  zu  finden  häüe,  die  es  mehr  mit 

gediichtnismiißic(er  Anotgrmin«^  z«  thun  haben. 

Ks  wurde  auch  erwogen,  ob  nicht  vifilleicht  im  Hinblicke  auf  Gegen- 
stände, wo  eine  Zweistufiojkeit  vorhanden  ist,  eine  Vfre: [if'achun«^  möglich 
wäre,  ob  man  also  einem  Prüflinge  z.  B.,  der  in  die  Vi.  Ciasse  des  Gym- 
nasiums um  Aufnahme  MMuebt«  sagen  wir,  ant  Naturgeschichte  oder 
Geschichte  jenen  Stoff  erlassen  kann,  der  sieh  in  der  Ghme  wiederholen 
wirdt  fDr  die  er  die  Aufnahme  heischt. 

Wenn  auch  ein  solcher  Yorschla^  auf  den  ersten  Blick  nicht  ohne- 
weiters  abzulehnen  wäre,  so  konnte  sich  der  Sonderausscbuss  doch  nicht 
Rir  eine  volle  I3eriicksichtif}rnng  desselben  erwärnit-n.  Eine  Außerachtlassung 
solcher  Gegenstände  wiire  umsowenif^er  am  Platze,  als  erstens  dadnrch 
der  Aufnahmswerber  ges;enäber  dem  öttentlichen  Schüler  bevorzugt  er- 
schiene, dem  Schwindel  Thür  und  Thor  geütfnet  wurde,  weil  ein  solcher 
Prüfling  ohne  die  MOhe  und  die  Arheit  des  öffiBnIlidien.  Schülers  schließ- 
Uch  dasselbe  Ziel  erreichen  würde,  nnd  weil  gerade  auch  der  sweistnfige 
Unterricht  fBr  die  sweite  Stufe  so  manches  voraussetst,  was  nur  auf  der 
ersten  Gegenstand  dea  Unterrichtes  gewesen  ist.  So  z.  B.  hat  man  es  in 
der  Naturgeschichte  auf  der  Unterstufe  mit  reinem  Anschauungsunterrichte 
zu  thun,  in  tien  oberen  Cla*>en  dn<,'e<»pn  i-^t  der  Unterricht  wissenschaftlich 
vertieit  unter  sorgfaltiger  Benützung  der  auf  der  Unterstufe  erworbenen 
KenutDi£i:ie. 

Hält  man  also  fest,  da.ss  bei  den  im  Sinne  stehenden  Auiuahms- 
prüfungen  unbillige  Forderungen  an  den  Aufnahmtwerfaer  nicht  gestellt 
werden  sollen,  also  nicht  Forderungen  der  Art,  deren  Erfüllung  auch  bei 
einem  öffentlichen  Schüler  nicht  vorausgesetst  werden  konnte,  dass  aber 
der  Emst  der  vorzunebmenden  Prüfung  es  von  selb^^t  verlangt,  dem  Prüf- 
linge solche  Erleichterungen  nicht  zu  schaffen,  die  das  durch  die  staatlichen 
Organe  nicht  controlierte  Privatatudium  beffehrenswerter  erscheinen  lassen 
könnten  :ih  das  öffentliche  und  jedenfalls  mühsamere  Studium,  und  er- 
innert man  >ich  an  <len  Zweck  licr  Aufnahmspriitunf,',  dass  durch  sie  er- 
härtet werden  soll,  ob  der  Prüfling  sowohl  seiner  geistigen  Ueife  nach 
als  auch  nach  seinen  positiven  Kenntnissen  in  den  eintelnen  Oegenst&nden 
befähigt  ist,  dem  Unterrichte  in  der  Glasse  erfolgreich  beiwohnen  su 
künnen,  für  welche  er  die  Aufnahme  heischt,  so  dürfte  man  nicht  fehN 
gehen,  wenn  man  folgenden  Vorgang  zur  Richtschnur  werden  lä.sst: 

a)  Die  Gegenstände  der  unmittelbar  vorhergehenden  Classe 
sind  bei  der  Aufnahmsprüfunj^  in  ihrem  volh^n  Umfange  zu 
prüfen;  auf  Gegenstände  der  fritlvrcn  Jahre  ist  in  dem  Maße 
z n rück /iu greifen,  als  rs  /um  Vcrsianauisse  xind  erspriel.i  1  io hen 
1'  ortarbeiten  in  den  einzelnen  Gegenständen  und  dem  Ge!<ammt- 
unterrichte  nothwendig  ist.  Hier  wird  alao  so  manches  Detail 
entfallen,  wie  denn  auch  in  Gegenständen,  die  sich  in  der  Art 
concentrischer  Kreise  erweitern,  Erleichterungen  geschafft 
werden  können.  Dabei  müssen  aber  e)  grundsätzlich  solche 
Gegenst&nde,  die  auf  einer  vorangegangenen  Unterrichtsstufe 
einen  gewissen  Abschluss  gefunden  haben,  Gegenstände  der 
Prüfung  sein. 


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Vereinanackricbten. 


91 


Es  kann  also  nicht  vorkommen,  da^  z.  B.  ein  Aufnahmswerber 
in  die  ¥11.  Clame  etwa  fifaer  die  im  Untergymnasium  gelehrte  Physik 
keine  Recbensoliaft  n  geben  bitte,  weil  er  flir  ■eine  AnfiMbnuprilfling 
dieeen  Oegewtand  einfiieb  gant  atreidien  wfirde,  und  er  in  die  Lege  rer^ 
aetit  wftre,  ein  Zeugnis  zu  erwerben,  das  Kenntniaee  in  einem  Maße  be- 
•t&tigt.  die  ihm  nicht  eigen  sind. 

VI!  VorbedingmigonfttrAiifiuüiflupraAiBgtn  ans  derChemto 

und  der  Physik. 

Bei  der  HeriUhun<r  iles  Prüfiinp.iütoffes  ans  der  Chemie  und  der  Physik 
wurde  im  Sondeiausjacliuss»!  die  Fra;^e  erörtert,  ob  in  diesen  Ge^enstünden 
Tom  Aut'nahmswerber  niclit  etwa  eine  d  a  roh  Zeugutci8e  belegte  praktische 
Th&tigfceit  in  einem  cbemiacben  oder  physikaUscben  Laboratorinm  in  dem 
Sinne  sa  verlangen  frftre,  dam  er  sor  Prüfting  nicht  soinlamen  wftre,  wenn 
er  sich  nicht  mit  einem  iolcben  Zengnime  ausweisen  kOnne.  Diese  For- 
derung wurde  ursprünglich  auch  für  die  Naturgeschichte  gestellt,  doch 
wieder  fallen  gelassen,  weil  ^  sich  hier  doch  mehr  um  typische  Objecte 
handelt,  die  dem  Gesicht!<kreise  des  Prüflings  nicht  fern  li  'f»en. 

Es  ist  gewisH  nicht  /.u  verkennen,  duss  nanH-ntiu-li .  z.  in  der 
Chemie,  wenig  getiian  ist.  wenn  der  Piüflinj^  theoreti^di  zwar  die  ein- 
zelneu Vorgänge  beschreiben  und  erklären  kann,  davon  aber,  wie  das 
Bipwiment  in  Wirklichkeit  voitichgeht,  keine  Yorstdlong  hat  und  auch 
nicht  haben  kann,  weil  man  ja  praktische  übnng  von  ihm  nicht  verlangt 
nnd  er  vieUeicht  anch  nicht  in  die  Lage  kommen  konnte,  sie  sn  erwtfben. 

Indes  verhielt  sich  der  Sonderamschius  gegen  diese  Forderang  doch 
ablehnend,  weil  man  dem  Prüflinge  etwas  aufbürden  wflrde,  was  er  beim 
besten  Willen  und  vielleicht  auch  mit  Aufwenilun£j  {▼roßer  Kosten  nicht 
bewerk^^t eiligen  könnte,  weil  Zeugni.««e  l»ei*?eV)racht  werden  könnten,  die 
einerseits  den  prüfenden  Lehrer  vielleicht  schon  insofern  beeiDflussen 
könnten,  weil  sie  von  wiäi^en^haftlich  bedeutenden  .Männern  ausgestellt 
wurden,  und  anderseits  sich  der  Schfiler  leicht  dem  Glauben  hingeben  würde, 
da»  ein  anf  was  immer  ffir  eine  Art  —  also  anch  aaf  eine  nnredliche  — 
erworbenes  Zeugnis  ihn  weiterer  M fibewaltnng  in  dem  betreffenden  Gegen- 
stände enthebe.  Abo  ans  ethiscb-pftdagogischen  und  ans  praktischen  GrOn*- 
den  sprach  sich  der  SonderausMbnss  gegen  die  Bmbringong  solcher  Zeug- 
nisse aus. 

Freilich,  die  Schwierif^keit  gerade  in  den  «genannten  l'nterrichts- 
gegenständen  bleibt  bestehen.  Jedenfalls  wird  es  im  luteiej^e  eines  solchen 
Prüfling  gelegen  sein  —  und  darauf  müh»te  er  von  der  zuständigen 
Prüfungäcommi8«iiou  im  vorhinein  aufmerksam  gemacht  werden  sich 
recbtseitig  aneb  um  diese  Seite  des  Unterrichtes  in  irgend  einer  Weise  au 
bekfimmem. 

Tai  Zur  Mfkmg  ans  der  Geographie. 

Ancb  bei  den  Bemihungen  über  die  Geographie  ergaben  sich  gewisse 
&wflgangen,  die  wenigstens  des  Interesi^  wegen  hier  erwähnt  werden 
sollen.  Es  wurde  nämlioh  im  SVmderausschuHse  dem  Wunsche  Ausdruck 
verlieh<'n,  dass  aus  internationalen,  beeonder^  aber  aus  patrioU.-«hen 
Gründen  dem  geographischen  Unterrichte  lu^yoft.ru  eine  erhöhte  Aufmerk- 
samkeit zugewendet  werden  möge,  als  der  Gegenstand  selbständig  be- 
handelt, d.  h.  selbständig  classificiert  werde.   Es  stimmt  auch  mit  den 


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92 


V  ereiDfinachrichten. 


Erfalirangeii,  data  die  SenntmiiBe  unserer  SefaHler  in  der  Oeo^raphie  selbst 
auf  der  obenten  Stufe  sebr  viel  sn  wanschen  ftbriglasun.  Der  Sonder- 
ftotsehiiss  hat  dem  Antrage,  dass  der  geographische  Unterrieht  nicht  unter 
einem  mit  der  Geschichte  classifieiert  werdev  wohl  zagestitumt,  allein  um 
den  ganzen  Entwurf  des  Sonderauaschn^ges  nicht  zu  g-efährden.  wurden 
nach  dem  g^eltenden  Lebiplane  die  Aui'nahmsbedinpiTi<.'en  festgestellt. 
Nach  diesen  aUgemeinen  Erwägungen  folgt  nunmehr  das 

Normale  für  die  Ford<'iMin«z:on.  <1ie  bei  AufnahnisprUfiingen  an 
Gymuasini  nnd  Realschuit  ii   in  den  einzelnen  Gegen^ständen 
und  Olaääen  an  den  Autuahnitswerber  zu  steilen  sind. 

Die  im  Sonderausschusse  für  diesen  Gegenstand  bestt'IItou  Referenten 
gaben  die  Erklärung  ab,  dass  sie  ohne  AutOfisation  der  kirchlichen  Obern, 
die  bisher  ausständig  sei,  nicht  in  der  Lage  seien,  V^orschläge  zu  erstatten. 

IX.  SprAclunx. 

a)  Landessprachen. 

Bezüglich  der  Landeriäpracheu  verkannte  der  Au!>t>chuiü>  nicht  die 
große  Schwierigkeit,  die  in  der  VieUprachigkeit  unserer  Reichsbälfte  ihren 
Grand  hat  In  diesen  Gegenständen  mfisste  nicht  nur  die  größte  RSckncht 
bei  der  Anfoahmsprfifnng  als  Bichtschnnr  gelten,  ja  gegebenenfalls  mOsste 
hier  geradem  die  Befreiung  von  der  Prüfung  platsgreifen. 

lYas  die  in  der  Bukowina  gelehrten  Landessprachen  anbelangt,  so 
wurde  vom  Referenten  folgende  Erklärung  abgegeben: 

Der  Lehrplan  für  die  Tiandessprachen  in  der  Bukowina  ist  erst  vor 
einem  Jahre  revidiert  und  festi:e3tellt  worden,  tjowohl  dieser  auch  die 
bestehenden  Vorschriften  erläutern  die  Frfi^'e  der  Aufnahmsprüiuugen  in 
zufriedenstellender  VVeise,  und  es  ist  sonach  nicht  nothwendig,  in  dieser 
Besiehnng  irgend  welche  Ab&ndemngSTUrsefalftge  xn  machen. 

Das  nämliche  gilt  auch  in  Betreff  der  Aufnahmspräfungen  in  den 
Landessprachen  an  den  Bealsehulen. 

Prof.  J.  Bumbaeu. 

DMrtMriie  Spraolie. 

a)  Am  Gymnasinm. 
Allgemeine  Bemerkungen: 

1.  Die  auswendig  su  lernenden  Gedtdite  sind  nicht  streng  im  Aus- 
maße des  Canons  erforderlich,  doch  wird  die  Kenntnis  der  bedeutendsten 

derselben  verlangt. 

2.  D;i  es  nieht  selten  vorkommt.  da>s  Schüler,  welche  um  die  Auf- 
nahme bitb  n,  nicht  jene  Lesestücko  durchj^enomnien  haben,  welche  in 
dem  an  der  An.stalt  eingeführten  Loi^ebuche  enthalten  sind,  so  gelte  der 
Grundsatz,  dass  dem  Schüler  wenigstens  je  ein  Stück  als  Muster  einer 
Stilart  (wie  Enählnng,  Beschreibung,  Schilderung,  Fabel  o.  s.  w.)  geläuBg 
sein  muss,  dem  um  Aufnahme  in  die  IV.  Glosse  Ansuchenden  außerdem 
noch  die  Kenntnis  der  bekanntesten  deutsch«!  Sagen,  wie  MibelungeUf 
Kndmn. 


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Vereuuuacbrichten. 


93 


3.  Die  Oithographie  gelte  alt  erledigt  mit  dem  Atwcfaluite  der 

11.  Clause. 

4.  Schüler,  eieren  Mntt#»rsprach»  nicht  tlas  D»'ut«iche  ist,  sind  in  den 
«wei  unter>ten  Ciassen  mit  entsprechender  Milde  zü  behandeln. 

Ko  amd  im  besonderen  erforderlich  für  die  Autnahme  in  die 
II.  Clause:  Lehrntoli'  der  I.  Claase  (mit  der  oben  unter  1.  und  2.  an* 
gcfuhrlen  BetefaiftailiQDg). 
Fälligkeit,  eine  Meebenftblasg  tu  liefern. 

III.  Glaflie:  Grammatik:  Lehntoff  der  I.  und  iL  Glame. 

Lectüre  und  Gedichte:  Lebrrtoff  der  IL  Clame. 
Aufsätze:  Nachersählung  und  Beschreibunf^. 

IV.  Clane:  Grammatik:  LehrstniT  der  II.  and  III.  ClaHe. 

Lectflre:  I^ehrstoff  der  III.  ri.i».se. 
Aufsätze:  Nacherzählung,  Bcik:breibung,  Schilderung. 
V.  Classe:    Grammatik:    LehiKtoff  der  HL  and  IV.  Classe,  dazu  die 
Banptregeltt  der  Frotodie  nnd  Metrik  and  die  ehi&oliateB  nad 
li&nfigBten  Tropen  und  Figuren. 

Lectnre:  Anmahl  am  III.  ni^  IV.,  danaeh  jftuiptformen  dei 

PrcMastiles.   Disponieren  eines  LesestQckes. 
Aufsätze:  Leichtere  freie  Aufsätze  nach  gegebener  Gliederung 

(Vftrpleich,  Erkhlrnnj»  %'on  Spröchpn.  Charakterschilderung  aus 

dem  Gesicht.skrei--e  des  Schülers,  wie  der  Schmeichler,  der 

Weichling  u.  h.  w.j. 

VI.  Clab^e;  Grammatik:  Lebrdtotf  der  III.,  IV.,  V.  Classe. 

Leetfite:  Lehrstoff  der  V.  Glane  (unerlimlieh  Inhalt  des  Oberon, 

MeBrias  IV.,  Nibeloageatied,  Gadmn,  Beineke  F^ehi). 
Poetik:  Lehrstoff  der  V.  Claase. 

Aufsätze:  Freier  Aufsatz  mit  angegebener  Oliederong  aus  dem 

Gebiete  eines  humanistischen  Faehea. 

VII.  Classe:  Grammatik  wie  für  VI. 

LectQre:  Lehrstort'  der  VI.  Cbist<e.  dazvi  ans  der  V.  Cla.-vse  Kenntnis 
der  wichtigsten  cpiscbon  iin(t  lyriseben  Dicbtuijg»arten  und  des 
iiir  die  Aulnahme  in  die  VI.  autjdrücklich  genannten  Lehrstoffes; 
femer  im  bewnderen  Minna  von  Barahelm,  Emilia  Galotti, 
Nathan. 

AoMtM  wie  fllr  TL 
TIIL  ChMe:  Grammatik  wie  f  i  VI. 

Lectüre:  Lehrstoff  der  VI.  und  VII.  Classe;  im  besonderen  aus 
der  VIT. :  Götz  von  Berlicbingen.  Iphigenie»  Ggmont»  Wallensiein. 
Maria  Stuart. 

Kenntnis  der  wichtigsten  epiücheu  und  lyriüchen  Dichtungsarten; 

genaue  Analyse  des  Baues  der  Iphigenie  und  der  Maria  Stuart. 
Anfttoe  wie  ffir  VI. 

Gymn.  Lehrer  Dr.  J.  Ferkmann, 

ß)  An  der  ReaUchiile. 
.\ufnahm8prüfung  in  die  II.  Classe: 

Gefordert  wird  der  grammati'^che  Lebr«tot!"  der  I.  Chi-se.  d.  b.  rÜe 
Wortarten,  die  Flexion  des  Nomens  und  Verbuma,  der  einlache  Satz  und 


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94 


Veremsnaebriehten. 


seine  Erweiterunt^  durch  Attribute,  Objecte  und  adverbiale  Bestimmunfcen. 

,\ll(fpmeine  l^Pir"!n  über  die  Orthoofraphie.  Als  schriftliche  Arbeit:  die 
SViedergabe  einer  kleinen  Erzählung.  Vortrag  von  Qedicfaten  nach  dem 
Canon. 

(Bei  der  Prüfung  von  Schülern,  deren  iMuttersprache  nicht  die 
deotadie  »Ii,  kann  Ullige  Bflokncht  auf  den  Anadruck  genommen  werden.) 
Anlbakniqprllfnng  in  die  III.  Clane: 

Gefordert  irird  der  grammatiicbe  Ldiratoff  der  II.  dasM,  d.  h.  der 

zusammengeaetKte  Sats,  die  Satzverbindung,  das  Satzgefiige  in  seiner  ein> 
fachst^n  Form.  Bei  der  schriftlichen  Prüfung  ist  eine  ichon  grOßere  Nach- 

erzählnncr  zu  verlangen.   Lesebuch  der  II.  Chisse 

(Bei  der  Prüfung  von  Schulern,  deren  Mutter^prHche  nicht  die 
deutsche  ist,  kann  billige  Rücksicht  auf  den  Ausdruck  genommen  werden.) 

Aufnahmsprüfung  in  die  IV.  Classe: 

Zn  iirDfen  ist  die  tixammatik  für  die  III.  Olatse,  alw  der  «mmmea- 
gOMfene  and  sQHunnengetetrte  Sata,  das  Sat^pefBge  und  die  vertehiedenen 
Arten  der  NebenafttaEo:  Sabjecfciati,  Oli^ectaats,  Attribntifttie,  Adverbial- 

iStze,  Verkürzung  der  Sätze,  die  indirecte  Bede«  die  Periode.  Genaue 
Kenntnis  der  Orthographie  und   Zeichensetzung.   Bei  der  schriftlichen 

Pru!'nn(^  ist  dem  Schüler  eine  Heschreibunpf  von  einem  Gegenstunde  zu 
geben,  der  ihm  aiH  dem  gewöhnlichen  Leben  oder  dem  Unterrichte,  be- 
sonders d(»ni  naturwis-senschaftlichen,  bekannt  ist;  ein  Vergleich  oder  öm- 
gestaillung  eines  epischen  Gedichteü  in  Pro:^.  Lesebuch  der  III.  Classe; 
Vortrag  voa  Oedichten  nach  dem  Oanon. 
Aufnahmsprüfiing  in  die  V.  Chisw: 

Grammatik:  Stoff  der  HL  nnd  IV.  Clane:  Das  Wichtigste  ans  der 

Wortbildnngslehre,  die  eigentliche  und  nneigentliehe  Zusammensetzung  der 
Nomina;  Wortfamilie,  Homonyma,  Synonyma.  Ferner  das  Wichtigste  ans 
der  Prosodie  nnd  M<  tr;k  Grundzilge  der  Lautlehre  und  der  Formenbildung. 

Schriftliche  l'rütung:  i'pschreibung.  Schilderung  oder  eine  stilistisch 
freie  Bt-arheitung  eines  Stuckes  uu.^  der  französischen  Leetüre. 

Auinahmsprüfung  in  die  Vi.  Classe: 

Grammadk  wie  in  der  V.  Classe.  Sonst  der  Lehistoif  der  V,  dam. 
Genaue  Kenntnis  der  ▼ersdiieden^  Dichtungsarten,  Leetüre  epischer  und 
lyrischer  Gedichte,  sowie  größerer  Prcsastücke,  genaue  Kenntnis  der 
diarakteristischen  Abschnitte  ans  der  altdasrisehen  Literatnr. 

Freies  Thema. 

Aufnabui^piüfting  in  die  VII.  Classe; 

Graniniatik  wie  t'ur  die  VI,  Classe.  Lehrstoff  der  V.  und  VI.  Classe. 
Literaturgeschichte  für  die  VI.  Classe.  Kenntnis  der  altdeutschen  Öagen- 
kreise.  Kenntnis  der  Lieder  Walthers  von  der  Vogelweide. 

Auswahl  aus  der  lyrischen  Poesie  mit  besonderer  Berficksichtigung 
Klopstocks,  Schulen  nnd  Goethes.  Minna  von  Bamhelm,  GOta,  Maria  Stuart. 

Aufsata:  freies  Thema.  Lesebuch  der  V.  imd  VI.  Classe. 

SuppL  Bealschullehrer  8,  Xänig. 

c>  Latein. 

Der  Unterricht  im  Untergyiunasuiin  ist  vorwiegend  ein  gratn!I>nti^;;•b<'r, 
während  im  Obergymnasium  die  Grammatik  nicht  mehr  öel bätzweck  lät. 


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Vereinsnacbrichten. 


95 


Mdtrn  nur  ftb  Ifitlel  iniu  Ifitcfaterm  YentftndniMft  der  Antoren  ni  dienen 
kni.  Daher  wird  in  den  unteren  Claasen  dae  Hauptgewicht  auf  sichere 
Kenntnis  der  lateinischen  Grammatik  zu  legen  »ein,  welche  bei  der  Prüfung 

nicht  nur  durch  theoretische  Kenntnis  der  rrrammatischen  Rempln,  sondern 
auch  dorcb  richti*?e  Übersetzung  vom  LateitüM^hen  in  die  Unterricht«!- 
!?prrfche  und  von  di(\-.er  in  das  Luteinischf  nach£liwci^^,'n  ist.  In  den  oberen 
Ciattd^n  Dingden  rubt  das  liauptgewicht  auf  der  Leetüre.  Das  gramoiati&cbe 
WiMen,  das  TOn  der  Y.  Cla«e  an  im  großen  Oanaen  alt  abgeschlossen 
gelten  DOM,  ist  nun  nicht  mehr  an  der  mflndlioben  Obertetsang  an«  der 
ünterrichtMpraehe  in  das  Lateinitche  to  prflfSsn.  sondern  an  einer  tehrift- 
liehen  Übersetzung  ins  Lateinische  nad  an  der  Übersetzung  lateinischer 
Autoren  in  die  Unterrichtssprache,  wobei  mehr  Gewicht  auf  die  Gewandt- 
heit im  über«etT,pn  auch  nicht  früher  «t;p! ebener  St ürk^^  7u  Jpgen  «pjn  wird 
als  avit  duji  C^uantiHi)  dvs  vom  bchiiler  bereits  Geleseiii  7i  Dem  Prr:fV»ni)''u 
mvm  hitbei  grund«.it/,]ich  dip  Freiheit  ^,'ew;ihrt  bleiben,  wenn  er  dies  lür 
nothwendig  hält,  auch  auf  die  Autoren  niedrigerer  Classen  zurückgreifen 
tu  können,  damit  der  PrQf  ling  den  Öffentlichen  Schalem  gegenüber  nicht 
bevorsagt  ertobeine.  Dietet  Zorttckgreifen  wird  aber  ichom  aoi  prttfuags- 
teebnitcben  Rficknchten  hie  und  da  nnterbleibea  k(tenen»  wenn  der  PrQf» 
ling  im  Übersetzen  eines  tchwierigen  Autort  bereits  größere  Gewandtheit 
teigt,  wie  s.  B.  bei  Livim  g^nüber  Cämr  und  Cornelius  liepos  oder  bei 
IVmofthenes  gegenüber  Xpnophon  im  Griechisrhen.  Dann  wird  abpr  der 
Prüfimg  durch  einzplne  Kra^'cu  über  den  Iniialt  der  von  ihm  aus  jenen 
Autoren  angeblich  gelesenen  Stücke  aiisziitorschen  »ein,  ob  er  dieselben 
nicht  doch  ganz  vernachlii«tiigt  hat.  Bei  den  ächiiftliciien  Übersetzungen 
in  das  Lateiaiiehe  sind  die  ttilistitehen  Schwierigkeiten  nad  der  Omfaog 
der  Arbeit  dem  niedrigeren  oder  höheren  Jahrgänge  ansopaiten. 

Danach  wfirden  bei  der  Anfnahmtprüfung  in  die  eintelnen  Chuten 
folgende  Anforderungen  zu  stellen  sein: 

II.  Classe:  Lehrstoff  der  1.  Chisae. 

III.  Classe:  Lehrstoff  der  11.  Clafsp. 

IV.  Classe:  I^hr^toff  der  III.  Classe  und  öicherheit  in  der  Formen  lehre; 

das  Wichtigste  an»  der  lateininchen  S.it/lehr.'  um  Umfange  der 
II.  Classe.    Leetüre:  Cornelius  >«epoä  oder  Cuitius  llufus. 

V.  Classe:   Grammatische  Lehrstoff  der  IV.  Claase  and  das  Wiebtigtte 

aot  der  CSuutlehre;  Ornndsflge  der  lateinischen  Protodik  nad 
Metrik  (Hexameter  nnd  Pentameter).  ~  LectBre:  Cftaars  bell. 
Gall.;  Ovidf  Metamorphoten  (etwa  100  Vene;  Haaptmche:  richtiges 
metrisches  Lesen). 

VI.  Classe:  Livius  und  Ovid  (eventuell  Cäsar). 

VII.  Ciasse:  Livius,  Cicero,  Vergil,  8allust  'eventuell  Ovid). 
VIII.  Cla8%:  Livius.  Cicero,  Vergil  (eventuell  ^alluät,  Ovid). 

Prof  Dr.  A.  VaiclUschek. 

i)  erieoUtoh. 

Fflr  das  Griechische  werden  im  allgemeinen  dieselben  Gmndaätze  tu 
gelten  haben  wie  f&r  das  Lateinitche,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  die 
eingehende  Kenntnis  der  griechieehen  Satzlehre  erst  mit  der  VII.  Classe- 
als  abg«sehloeien  gelten  kann. 


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96 


Yeremmaehriebten. 


Die  Auforderungcn  fTir  die  einmhien  Classan  werden  daher  bei  der 

AnfnahmsprüfunGr  folf^endo  .sein: 

iV,  Clas^e:  Lehi'<itoti' der  III.  Classe. 

V.  Classe:  Die  ganze  Foriuenlehre  und  das  Wichtigste  aas  der  Syntax. 
VI.  Classe:  Artikel,  Casus  nnd  Präpositionen.  —  Xenophon,  Horn.  Ilias. 

VII.  ClaMe:  Caeadehre,  Genera  de«  Verbs,  Tempora,  Modi  in  nnabhfta- 

gigen  ä&tzen.     Xenophon,  Horn.  Ilias,  Herodoi 

VIII.  Clast«;  Kenntnis  der  gamen  Satzlehre.  —  Demosthenes,  Homer  (anoh 

Odyssee),  Heiodot  (eTentaell  Xenophon). 

Prof.  Dr.  A,  PawUUehek' 

t)  Miderw  Spradieii. 

Bei  der  AnfnahusprUfung  in  eine  höhere  Classe  der  Rea}8chQle  hat 
der  Prüfling,  der  Unterrichtsmethode  und  dem  Zwecke  der  modernen 
Sprachen  entsprechend,  darsnthnn,  dass  er  einen  dem  Lehr-  nnd  Lesestoffie 
der  vorhergehenden  Clause  entnommenen  Text  der  fremden  Sprache  nach 
der  Leetüre,  ohne  vorhergehende  Cbersetzung ,  im  ganzen  richtig  ver- 
standen hat.  Davon  überzeugt  sich  der  prüfend«^  T,p)irpr  ;mi  srliTipn^tfri 
durch  einige  auf  den  Inhalt  des  Gelesenen  bezughabende,  in  der  fremden 
Sprache  frestellte  Fra^^en.  Ein  Aufnabmsbewerber,  der  die  der  Classe,  in 
die  er  autgenommen  werden  will,  entsprechende  Übung  im  Gebrauche  der 
fremden  Sprache  nicht  bemtoEt,  ist  als  ein  Hemmnis  filr  den  Fortschritt 
der  Classe  entschieden  xurflckzuweisen,  da  sich  das  in  dieser  Hinsicht  Ver> 
^nmte  nicht  nachholen  läset  Der  Text  wird  auch  hinreichende  Gelegeiüieit 
bieten,  nm  zu  ermitteln,  ob  der  Prüfling  über  hinreichende  grammatische 
Kenntnisse  verfügt.  Der  Prüfling  hat  auf  Grund  einer  der  Stufe  ent- 
sprechenden schriftlichen  Arbeit  nachzuweisen,  da,ss  er  den  erforderlichen 
Grad  der  Gelüu&gkeit  im  schriftlichen  Ausdrucke  erlangt  hat. 

I,  Französisch. 

II.  Classe:  Pns  Wesentliclie  aus  der  Formenlehre  der  einzelneu  Rede- 
theile  mit  Eiudchlu«s  der  HiUVzeitwÖrter  etre  und  avoir  und  der 
Verben  auf  — er.  Ufindliche  Beantwortung  der  Fragen  ans  dem 
Sprachstoffe  der  I.  Glease.  Die  sehrifUiche  Arbeit  besteht  aas 
einem  Dictate  über  den  durchgenommenen  Lehrstoff. 

III.  Classe:  Die  V^erben  auf  —  tV,  —re  und  oii\  sowie  die  wichtigsten 

uure<j:el mäßigen  Vcrba.  Leichtes  Gespräcli  über  den  Sprachstoff 
der  11.  Ciasse.  Dictat  oder  schriftlich»'  licantwortung  von  Fragen. 

IV.  Classe:  Unregelmäßige  Zeitwörter,  das  Fürwort,  idiomatische  Wen- 

dungen mit  unrp^elmäßijren  Verben  ]\Iiind liehe  Nacherzählung 
eines  oder  des  anderen  Leaestuckes  aus  dem  in  der  III.  Classe 
vorgenommenen  Stoffe.  Dictat,  Nachenfthlnng  oder  idchte  Über- 
setsung  aus  dem  Deutschen. 

V.  Classe:   Das  Wichtigste  aus  der  Syntax.  Stellung  der  SatsgHeder, 

Gebrauch  der  Zeiten,  indirekte  IJede,  Subjonctif,  einiges  nos  der 
Verslehre,  i^chriltliche  Wiedergabe  des  bei  der  Prüfung  Gelesenen 
oder  Übersetzung  aus  dem  Dt  ut^ilien 

VI.  Classe:    Sicherheit  in  der  Formenlehre  mit   Einschlus-s   (Um-  Ab- 

weiehiingeu  und  Unregelmäßigkeiten.  Gesteigerte  Fordeninc:  der 
Syniu.x,  besonders  des  Artikels,  des  Adjectifa.  de.*  i'roaomeui»,  des 


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Vereiusnachrichten. 


Verbs,  Gebrauch  der  Präpositioneo  and  Conjonctionen.  Besprechung 
des  Gelesenen.  Schriftliche  Übertragung  einet  era&hlenden  Ge- 
dichtes in  Proea,  ein  leichter  Aa£nU  oder  Obereetsottg  am  dem 

Deutschen. 

VII.  Classe:  Beherrschung  der  Formenlehre  und  Syntax.  Der  Prüflint; 
hat  über  den  Umfang  der  gepflogenen  Leetüre  Rechenschaft  zu 
geben.  Ee  wird  eich  empfehlen,  Fragen  Aber  die  ^nft&i^schen 
Einrichtaagen,  Qeichichte,  Geographie  nnd  Calturgeschicbte,  80> 
weit  ue  die  Schollectflre  betreffen,  va  «teilen.  Die  PrQfang  wird 
ausschließlich  in  der  französischen  Sprache  TOrgenommen.  A)e 
schriftliche  Arbeit  ein  freier  Aaisatz,  Inhaltsangabe  eines  gele^^enea 
Stückes  oder  Übersetzunj^  dem  Dcut^chon;  (\i\hp\  wird  be- 
sondere ßücksicbt  auf  den  Wort-  und  Phrasenschatz  zu  nehmen 
sein. 

Prof.  Ä.  Romajiovsky, 

a.  Englisch. 

VI.  Classe:  Lehrstoff  der  V.  Classe.  Mündliche  B«?Hntwortuii)<  von 
Fragen  über  den  Lehrstoti  des  Vorjahres.  Dictat,  schriftliche 
Nachen&hloiig  einet  durchgenommenen  leichten  Leseetfickee  oder 
überaetaang  eines  leichten  aniamroenhftngenden  Stflckes  ans  dem 
Deatachea  ins  Englische. 
VII.  Clane:  Die  gesammte  Formenlehre  und  Syntax  des  Verbs,  des  Pro- 
nomens und  Artikels.  Einige  Kenntnis  der  englischen  Einrichtun- 
gen, ri»<cliichte  und  Geognipbie,  nnw^it  si^*  sich  nm  d<^r  durch- 
genommenen Leetüre  ergibt.  Die  Prüfung  wird  in  enirli'«cher 
Sprache  vorgenommen  mit  Ausnahme  der  auf  Grammatik  bezüg- 
lichen Fragen.  Schriftliche  Inhaltsangabe  eines  soeben  gelesenen 
Stockes  oder  eines  Ton  dem  tn  Ptflfenden  gelesenen  Stückes  atts 
dem  Stoffe  der  VI.  Classe  ohne  Torheigehende  Lesung  des 
Textes,  Übertragang  eines  leichten  ensüblenden  Gedichtes  in  Prof«, 
Übersetzung  aus  dem  Englischen  ins  Deutsche  oder  umgekehrt. 

Prof.  A,  Bomanov9k!f, 


a)  Am  Gymnasium. 

Im  allgemeinen  soll  neben  positiven  Kenntnissen  in  beiden  Fächern 
auch  jene  geistige  Keife  constatiert  werden,  welche  den  Aufnahmsbewerber 
in  die  Lage  versetzt.  df»m  l'ntrrrirhte  in  der  nächnt  höheren  Cla-;*-*»  zu 
folgen.  Demf^enräl.i  wiire  mit  Ziiu'riindf'1''^^nnq;  d^s  vory;p'«rhriehf»nfn  I^rhr- 
planeri  dtets  auf  den  Stotl'  ibn-  vonm;4üii«  aden  Clausen  ziuuck2ugreil«_ n,  wo- 
bei selbstverständlich  von  der  Kenntnis  minder  wesentlicher  Details  ab- 
gesehen werden  kanu. 

Die  bei  der  Prttfung  zu  stellenden  Forderungen  werden  daher  für 
einxetne  dassen  ia  folgendem  Umfange  Torgeechlagen: 
II.  Classe:  Lehrstoff  der  1.  Clause. 

III.  Classe:  Lehrijtotf  der  II.  Classe. 

IV.  Classe:  Da^  Wichtijfste  aus  dem  für  die  IL  und  III.  Classe  vor- 

geschriebenen Lclirstoft'e. 
MÖsterr.  Mittclacbul«;".  XI.  Jnhig.  7 


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98 


Vereinsnachrichten. 


V.  ClBase:  Der  ganze  geographische  Lehrstoff  der  drei  vorangehenden 
Clanen  mit  Beschränkung  des  Zahlenmaterials,  jedoch  mit  be- 
sonderer Berücksichtigung  des  Kartenlegens,  und  eine  al!fr*»meinc 
Orientierung  in  der  Geschichte  der  drei  Weltalter  mit  Üerück« 
eichtigung  der  öisterreicbischea  Geschichte,  der  Sage  und  Mytho- 
logie. 

VJL  Clan«:  AUjuemeine  nnd  CsterreiebMebe  Geographie  in  dem  lür  das 
Untergynrnariuni  Torgeachriebenen  AmnaOe  mit  Auncblum  des 
minder  wesentliclien  Zahlenmaterials,  eingelmide  Kenntnis  der 

Geschichte  dea  Alterthnms  his  zu  den  punischen  Kriegen  nnd  eine 
allgemeine  Orientierung  in  der  mittelalterlichen  und  neuen  Ge- 
schichte in  dem  fUr  das  Unteigjmnasinm  vorgeschriebenen  Um- 
fange. 

VII.  Clai'Se:  Allgemeine  und  öj*terrt;ichi»che  Cleof^raphie  wie  für  die 
VI.  Classe,  eingehende  Kenntnis  der  ganzen  Geschichte  de»  Alter- 
thums uimI  eine  allgemeine  Orientieran^  in  den  Haupt partien  der 
Geiobichte  der  Neaiteit. 
VIIL  Clane:  Allgemeine  Geographie  wie  für  die  VI.  Classe  und  eingehende 
Kenntnis  der  Geschieht«  der  drei  Weltalter  in  dem  für  dns  Ober- 
gjmnasium  vorgeschriebenen  Umfonge. 

Prof.  C.  Kuzak. 

b)  An  der  Realschale. 

Die  AutuHiiuiäprüluugt'n  üua  Geographie  und  Geschichte  an  der  KeaU 
schale  sollen  mit  allen  Schalem  nach  den  Bestimmungen  des  Lehrplanes 
vorgenoinmen  werden.  Nur  wäre  m  wünschen,  dan  man  die  griechischen 
Sagen  dabei  eliminiert,  und  dan  die  Noten  aus  der  Geographie  von  denen 

der  Geöchiclito  in  den  vier  unteren  Olafen  getrennt  würden. 

Nach  dem  Lehrplane  fUr  Realschulen  ist  für  die  1.  Clane  aus  der 
Geographie  vorgeschrieben: 

Die  Haupt  formen  des  Festen  und  Klüs-igen  auf  der  Erdoberfläche 
nach  ihrer  ii.itiirliehen  Beschaffenheit  und  jioHtischen  Eintheilnn^  auf 
Grund  des  Karteubiidea,  Fundamentalsätze  der  matheuiatit<cheu  und  phjBi- 
kallechen  Geographie,  soweit  sie  unentbehrlich  sind  und  anschaulich  er* 
Ortwt  werden  können. 

Bei  der  Aufnahme  in  die  II.  Classe  ist  demnach  dieser  Lehrstoff  su 
prüfen. 

III.  Glesse:  Lehrstoff  der  II.  Classe,  und  zwar  aus  Geographie:  Specielle 
Geographie  .\frikas  und  Asiens.  Übersicht  der  Bodengestalt,  Strom- 
gebiete und  der  Iiünder  Kuropas.  Specielle  Geographie  d'^  west- 
lichen und  südlichen  Kuropa;  aus  (Jeseliichte:  Altertliuu).  liunpt- 
sächlich  die  Geschichte  der  Griechen  und  Ilümer,  mil  besonderer 
Hervorhebung  des  si^enhaften  und  biographischen  Stoffes. 

17.  Classe:  Lehrstoff  der  IILChuse,  nnd  swar  aus  Geographie:  Specielle 
Geographie  des  übrigen  Europa  mit  Ausschlnn  der  Osterreichiach« 
ungarisehen  Monardiie;  ans  Qeichichte:  Geschichte  des  Mittel- 
alter;;  unter  steter  nerucksichtigung  der  vaterländischen  Momente. 
V.  Classe:  Lehrstoff  der  IV.  Classe,  und  zwar  aus  Geographie:  Specielle 
Geographie  Amerikas,  Australiens  nnd  der  österreichisch -nngari- 


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Vereinsnachrichten. 


99 


sehen  Monarchie  mit  Bei-nckdichti^un^  der  VerfuarongSTerh&ltniase 
d€«i  Kaiserstaates;  aus  Geschichte:  Cberdicht  der  Geschichte  der 
Nf»n7.fit  mit  oinsjehender  Behandlung  der  fie«(  hichtt*  von  Osterreich. 
VI.  (jiasse:  LehrstotV  (Irr  V.  Clai»e,  und  zwar  aii^  Geschichto :  Geschichte 
des  Alterthuni«,  namentlich  der  Griechen  untl  Hömer,  mit  be- 
sonderer Hervorhebung  der  cultuihistorischen  Mutiiente  und  mit 
fortiriLhrender  BerftdEiiehtigung  der  Geographie. 
VII.  Clane:  Lebratoff  der  Tl.  datae,  und  svar  an«  Geicbichte:  Ge- 
schichte dee  Mittelalters  und  der  Nenseit  bis  tarn  westpULIischen 
Frieden  mit  specieller  Kik  ksicht  auf  die  öslerreiciiisch-ungarische 
Monarchie  and  fortwährender  üeräcksichtigung  der  Geographie. 

Prof.  Dr.  Dan.  Werenka* 

a)  Am  Gymnasium. 

Aufnahme  in  die 
ii.  Cla-sse:  J^tntV  iI-t  1.  Glasse. 

III.  Classe:  Lelu^toti  der  II.  Cliisse  mit  Inbegrift*  der  Stellenwerte. 

IV.  Classe:  Stoff  der  II.  und  III.  Classe. 
y.  Clasae:  Stoff  der  Itf.  und  IV.  Clane. 

VI.  Classe:  Stoff  der  IV.  und  V.  Claase. 
VII.  Cbwe:  Stoff  der  V.  uud  VI.  Clasae. 
Till.  Ciasse:  Stoff  der  VI.  und  VIT.  Clause  mit  Einschiusa  der  wichtigsten 
äitse  aus  der  Geometrie  der  V.  Clawe. 

Prof.  E.  ü,  Tamousiecki. 

b)  An  der  Realschule. 
II.  Clasae:  Lehrstoff  der  I.  Clasae. 

III.  Ciaase:  Lehrstoff  der  II.  Clasae,  da  in  diesem  schon  jener  der 

I.  Clasae  enthalten  idt. 

IV.  Clasae:  Lehrstoff  der  III.  Claswe,  da  in  dirsfr  ("l.i^se  nebst  der  Algebra 

eine  Wiederholung  des  Lehrstotfea  der  früheren  Ciasaen  veriangt 

wird. 

V.  Cla«se:   LehrÄtort   der  IV.  Ciasse,   welcher  jenen  dn   III,  ClaMse 

wissenschaftlich  behandelt,  und  Aufgaben  ans  dem  Bereiche  des 
bßrgerlicben  Lebens. 
VL  Ciaase:  Lehrstoff  der  IV.  und  V.  Classe  aus  der  Arithmetik, 

«       «V.  Classe  aus  der  Geometrie. 
VII.  Clasae:  Lehrstoff  der  V.  und  VI.  Claaae  aua  der  Arithmetik, 

,    V.    .    VL     „       ,     ,  Geometrie. 

Prof.  L.  IhttdcL 

a)  Am  Gymnasium. 

Aufoafaroe  in  die 
IV.  Claaae:  Wilrme  und  Chemie. 
V.  Claaae:  Lehrstoff  der  IV.  Clasae  mit  EinscMusa  der  Wärme  und 

Chemie. 

Tl.  Ciaase:  Wie  für  die  V.  Ciaase. 

7» 


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100 


VereiiMnacbriditeii. 


VII.  Clas-se:  Ebenso. 
VIIL  Clause:  ?tofF  der  VII.  Cla-sse  und  tlie  wichtigsten  Partien  ani  dem 

Stotle  der  IV.  Classe  auüer  der  Mechanik. 
!NB.        der  Aufnahme  in  die  IV.  Classe  prüft  der  Naturhistoriker  auch 
Physik. 

Prof.  N,  Schwaiger. 

b)  An  der  Healscbule. 

Anftwlmie  in  die 

IV.  Clasie:  Lehrstoff  der  IQ.  Glaase. 

V.  und  VI.  Clane:  I«elirrtoff  der  III.  nnd  IV.  Claase. 

VII.  dasBe:  Lehrstoff  der  VL  Clas!=!e,  und  zwar  die  Mechanik  nnd  die 

.\ku8tik  genau,  aus  den  anderen  Partif^n  nur  dasjenige,  was  zur 
weiteren  Orientierung  und  zum  weiteren  Verständniaae  noth* 
wendig  ist. 

Prof.  L.  llnicki. 

"VX-  ^flttu.rg««cbJ.clxt«. 

a)  Am  Gymnasium. 

Bei  der  Anfnabmspiflfong  för  die  II.  Classe  ist  über  den  Lehrstoff 
der  I.  Classe  zu  prüfen. 

Bei  der  Aufniihni-ipiütun^'  für  die  III.  Classe  ist  über  den  Lehrbtoft' 
der  I.  und  II.  Ciasso  zu  prüfen. 

Bei  der  Aufnahiusprüfung  für  die  IV.  Classe  ist  über  den  Lehrstoff 
der  Natnrgeschichto  für  die  I.,  II.  nnd  III.  Glosse  und  den  Lehrstoff  der 
Pbytik  für  die  III.  Chuse  sn  prOfen. 

Derselbe  Vorgang  ist  bei  der  Anfnahmsprüfung  fUr  die  V.  Classe  su 
befolgen. 

Bei  allen  angefükrtrn  Prüfungen  ist  mit  Rücksicht  auf  das  Lehrziel 
des  naturrreschichtlichen  Unterrichtes  für  das  üntergymnasium  (Lehrplan 
vom  24  >hii  1892)  die  Bekanntschaft  mit  den  im  Lchrstolfe  behandelten 
Formen  der  organischen  und  unorj^anisehen  Welt,  auf  unaiittelhare  Be- 
obachtun>f  der  Objecte  gegründet,  und  einige  Geübtheit  iu  der  iirlasjsung 
übereinstimmender  nnd  nnterscheidender  Merkmale  der  Thier-  undPflansen- 
arton  sa  verlangen.  Die  PrQfnng  ist  deninach  stets  an  Objeeten  vonu* 
nehmen. 

Bei  der  Aufnahmeprüfung  für  die  VI.  Classe  ist  über  den  Lehrstoff 
der  V.  Classe,  d.  i.  Mineralogie  und  Botanik  nnd  außerdem  über  den  Lehr- 
stofF  der  Zoologie  für  die  I.  und  II.  Claa«e  z«  prüfen,  weil  beim  natur- 
geschtchtlichcn  Unterrichte  am  Obergymnasium  die  in  den  Unterclas«en 
ge^nniinelteu  Kenntnii^se  sorgfältig  su  benützen  sind.  (Instruction  vom 
Jnhre  1884,  pa«.  034.) 

Bei  der  Anfnahmsprüfung  für  die  VII.  oder  VIII.  Classe  ist  über  den 
Lehrstoff  der  V.  nnd  VI.  Classe  su  prüfen. 

Anch  bei  diesen  Prüfungen  ist  mit  BOeksicht  anf  das  Lehrsiel  nnd 
die  Aufgabe  des  naturgeschichtHchen  Unterrichtes  am  Obergymna^ium 
(Lehrplan  Tom  86.  Mai  1884)  pag.  81,  und  Instmction  hieau,  pag.  322)  an 
Objeeten  zu  prüfen. 

Falls  sich  die  Prüfung  auf  einen  Lebrstotf,  der  auf  zwei  oder  mehrere 
Jahre  vertbeilt  ist,  erstreckt,  so  ist  sie  auf  das  Minimum  des  im  Lebrpiane 


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VereiusDachricbten.  101 

vom  S&  Mai  1884  und  von  S4.  Hu  1892  beseiclmeteii  LehntoffSn  ni 
befchribikeD«  wobei  die  Inttnictioiien  m  dieten  LehrplAnen  auch  boBOglicli 
der  Anfwahl  und  Anxahl  der  Objecto  ra  berflcktichtigen  sind. 

Ftof.  Dr,  J,  Frank. 

b)  An  der  Realschule. 
\tiii  der  Auiiianiuo  iu  «iie  11.  Classe  i»oll  der  Stoff  der  I.  Clabt»e  ver- 
langt werden. 

Bei  der  Aafiiabme  in  die  III.,  IV.  und  V.  CIa«e  der  Lekrttoff  der 
I.  und  II.  CIbmo. 

In  Anbetracht  des  Lehcadei  der  Naturgesebiobte  Ar  die  tJnterreal- 
echnle  wird  man  aber  nicht  nnr  Kenntnis  der  Objecte,  sondern  auch  einige 
Gewandtheit  im  Erkouien  gemeinachafUidier  nnd  UDtencbeid^der  Merk- 
male  verlan^fen. 

Bei  der  .\ufnahnie  in  die  VI.  Claase  soll  der  Stotf  der  V.  und  der 
Ii.  Ciasi^e  gepiüi't  werden. 

Bti  der  An&abiae  in  die  VIL  CSane  loll  licb  die  PHIfun^  auf  den 
Stoff  der  Y.,  VI.  nnd  den  dee  ersten  Semeeien  der  IL  Claiae  entreeken. 

Findet  die  Prfifung  Aber  einen  anf  mehrere  Jahre  yertheilten  Lehr- 
stoff  atatt.  so  werden  auch  an  der  Bealachnle  jene  Beschränkungen,  welche 
der  Lehrplan  und  die  Instructionen  vom  Jahre  1888  f&r  die  Gymnasien 
Torechreiben,  entsprechend  so  berQcksichtigen  sein 

Frof.  J.  Zyöaczyutki, 

"VH.  Cliena.ie  an  der  £toaJ.öCjb.u.le- 

B<»i  der  Atifnahmsprüt'unj?  der  Bchüler  in  die  V.  IJealclasse  ist  aus 
der  Chemie  über  den  Lehi:<toll  der  Chemie  auä  der  IV.  Claiwe  ku  prüfen. 

Bei  Aofnahmiqprfifungen  in  die  VI.  Classe  ramn  der  Prflfling  den 
Lehrstoff  der  Chemie  aus  der  V.  Clasie  kennen  und  anch  die  für  die 
IV,  Glesse  vorgeschriebenen  Kenntnisse  ans  der  organischen  Chemie  nach- 
weisen.  Letztere  Kenntnisse  sind  einestheils  nothwendig,  um  ein  gleichartig 
Torgebildetes  Scb&lermaterial  im  Unierrichtsgegenstande  zu  liaben,  und 
anderntheil-«  auch  zum  YprstJlnclnis  der  in  der  Zoologie  verlangten  Kennt- 
nisse der  physiologischen  Vorgänge  bei  der  Ernährung  u.    w.  unerläßlich. 

Prot.  ü.  Pihuliak. 

'V  I  1 1.  PhllOKOphlSHciKe  PapopädsktAtUc  suoo.  G^7xaaBLSUBlu.]aau 
VIIL  Classe:  Stoff  der  TU.  Classe. 

Ffir  Bealscbnien  entlällt  ein  Vorschlag,  weil  Propädeutik  hie  und  da 
nnr  in  der  obersten  Realschnlckuse  unterrichtet  wird. 

Pjrof.  Dr,  PotoMchdc, 

stellende  G-eoj-taetrie  an  der  IRoalsclivile. 

Im  allpfPmeinen  ir^t  auf  dsw  Wissen  Rücksicht  zu  nehmen,  nnr  in 
den  unteren  Clauen  ic^t  auch  die  IVrtigkeit  im  geometriitchen  Zeichnen  zu 
prOfeo. 

Prüfung  in  die  III.  Classe:  Lehrstoff  der  IL  Classe  ohne  Ein- 
schränkung. 


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102 


Vereinsnachricbten. 


In  die  IV.  CUese:  Lefarstoff  der  III.  Classe  ohne  Eüuebrftnknng. 
HiezQ  Constrnctionaanfgnben  und  deren  Begründung  aus  dem  Lelintoffe 

dßt  ir.  Cksse. 

Für  die  V.  Cla<?sc!  Lehrstoff  Jer  IV,  Cla'sse  mit  f^infr  Finschräokung 
der  Lehre  von  den  Kej^el^chnitten  uiil'  ihre  iilli^emeinen  Eigenschaften. 
(Das  ApoUouische  Berührun^ssysteoi  würe  zu  erlassi-n.)  Hiezu  Constructions- 
aufgaben  und  deren  Begründung  aus  dem  Lehrstotic  der  IL  und  IIL  Classe. 
Graphische  Kechuung»operationen.  Der  PythagoiAiscbe  Lehrsatz.  Pro- 
portionen am  recbtwinidigen  Drdecke  und  am  Kreise. 

Für  die  VI.  Classe:  Lehrstoff  der  V.  Claase  eingehend  und  ohne 
irgend  welche  Snsehrftnkung.  Hiesu  allgemeine  Constraciionen  und  Con- 
struction  der  ebenen  Figuren  ans  den  Mheren  Glassen.  Grundbegriffe  der 
Stereometrie  aus  der  IV.  Classe. 

Für  die  VIT.  Classe:  Lehrstot!'  der  V.  und  VL  t'lasse  ohne  Ein- 
sduränkoBg.   Uiesu  Cozistructionsauti^aben  aus  den  früheren  Classen. 

Prof.  IV.  Patz. 

Der  für  jede  Classe  voigeschriebene  Lebntoff  ist  durch  die  Instruction 
Ar  den  Unterricht  im  Freihandaeidhaen,  Y*  d.  h.  M.  f.  C.  u.  U.  ^om 
17.  Juni  1891,  Z.  9193,  bestimmt.  Danach  hat  sich  der  Lehrer  auch  bei 
den  Aufnahmsprüfungen  zu  halten.  Da  aber  für  diesen  Gegenstand  eigent- 
liche Lehrbücher  nicht  vorgeschrieben  sind  und  der  die  Anfnahme  machende 
Schüler  einen  Hy-fteiiuitischen  Unterricht  im  Freihandzeichnen  nur  schwer 
bekoiunien  kann,  so  hat  der  Lehrer  bei  der  Prüfung  besonders  darauf  zu 
achteu,  iioäi  der  aufzunehmende  Schüler  soweit  vorbereitet  ist«  diiss  er,  als 
OffentUdier  Sebfiler  aufgenommen,  dem  Unterrichte  in  diesem  Gegenstande 
Iblgen  kann.  Oasn  gehOrt  vor  allem  eine  manuelle  Fertigkeit  und  Ver- 
stftndnis  d«r  Form. 

Die  Aufnahmsprflfungen  für  die  einzelnen  Classen  sind  somit  in  fol' 
gender  Art  vorzunehmen: 

1.  AufnahmsprnfuTip  in  die  II.  Claase.  Zu  prüfen  ist  der  fi\r  die  I.  Classe 
voff^chriebene  Lehrstott:  Darstellen  ebener  geometritscher  Fisrnren  und 
einfacher  Zicrfonnen  mit  Berücksichtigung  der  gebogenen  Linien.  Die 
Grundbegritie  der  Kaumlehre  künneu  erlassen  werden,  da  die  Perspective 
den  eigentlich«!  Lehrstdf  der  II.  Classe  bildet. 

2.  Aufhabmsprflliing  in  die  IIL  Classe.  Hier  ist  der  Lehrstoff  der  II.  Classe 
SU  prüfen:  Entwerfen  der  Draht-  und  Holsmodelle  der  L  Serie  nach 
pev^ectiTiscben  Grundsätzen.  (Senkrechte ,  Pyramide ,  Würfel  etc.) 
Zeichnen  einfacher  Flachomamente  wie:  Blattformen,  BlQten,  spiral' 
förmige  Ranken  etc. 

3.  Aufnahmsprüfung  in  die  iV.  Classe.  Lehrstotl  der  III.  CliiÄse.  Perspectiv- 
zeicbnen  nach  Modellen  der  IL  Serie.  Im  ornamentalen  Zeichnen  die 
wichtigsten  Typen  der  antik -claiüjischen  Verzierungsweise  (Band,  Pal- 
raette,  Lotosblume,  Rosette).  Mittelalterliche  Ornamente. 

4.  AufhahmsprUfting  in  die  V.  Classe.  Aus  dem  Lehrstoffe  der  III.  und 
IV.  dasse.  Im  perspectirischen  Zeichnen:  einfache  Gef&ßibrmen,  Capitäle 
und  architektonische  Elementarformen.  Einiges  Aber  technische  Aus- 
flUirong.  Grundbegriffe  der  Farbengebung. 


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Vereinsnachrichten. 


103 


ö,  Aninahine  in  die  VI.  und  VII.  Classe.  Lehrstoff  der  V.  Clane  and  Za- 

rQckgreifen  auf  den  Lehratoft"  der  IV.  Claaie.  Zeichnen  des  men.<ich> 
liehen  Kopfes  und  Gesichtes.  Proportionen  dtr  nesiclitsf lifilc  Orna« 
meniaie  Banformen  in  technischer  AustÜhrung.  Farbige  Otnamente. 

Prof.  K.  Maj-iittmcicz. 

Diesf  An.s:it/o  finden  für  Gymnatien,  an  denen  Zeichneu  obligat  ist, 
sinngemäße  Anwendung. 

Fflr  da«  Turnen  konnte  aas  mehrfachen  Gründen  eine  endgiltige 
Prufungstnorm  nicht  aufgestellt  werden.  Die  physische  Beschaffenheit  der 
A ufnalimswerber  und  besonders  der  Uni.<;tand,  das«  das  Turnen  nicht  auch 
an  allen  tJymnJisien  Pflirhfw'irf.n>tan(l  i'^t,  le^en  von  selbst  n-owis"«^  Hf- 
schränkungen  in  den  Forderunijt'n  auJ.  K-i  wird  al-^o  Siliülfrn,  ilii?  an 
ein  Gymnasium  mit  obligatem  iumen  die  Aulnahninprütung  uiachen,  die 
weitestgehende  Milde  walten,  gegebenenfklU  wird  ihm  die  Prüfung 
geradeso  erlunen  werden  miteen.  Da«  Maß  der  Forderungen  an  den 
Bealschnlen  wird  lich  aber  ans  den  für  die  Bealtcholen  geltenden  Lehr* 
plane  oaschwer  eigeben. 

Der  Bericht  wurde  von  der  ganzen  Versammlung  beilUUigst  auf- 

Jjenoinnifii. 

In  uei  nun  eröffneten  AUgemeinerürterung  meldet  sich  Dir.  Faunt- 
mann  znm  Worte.  Er  vemisst  in  dem  Berichte,  welcher  die  Aufnabme- 
werber  in  solche  ohne  ataatagiltige  Zengniese  und  in  solche  mit  derartigen 
Zeugnissen  eintheilt,  eine  Aufklärung  darüber,  in  welche  Kat^orie  erstens 

diejenigen  einzureihen  .nlnd,  welche  eine  Reihe  von  Glassen  im  Auslande 
fz.  B.  Deutschland,  Schweiz)  durchgenuu  ht  haben,  zweitens  diejenigen, 
welf'hf*  finif^e  Jahrn  am  <Tymnn«ium  zugeftrucht  hali-m  und  dann  an  die 
Real»chuU'  <,'ehfn  wollen  o'lt-r  lungekehrt.  Hat  il«r  .■^ouderauäwcliu.'ü  darüber 
nachgedacht,  ob  aucii  in  diesem  Falle  die  gleichmäßige  Vorbildung  ver- 
langt werden  muss  oder  die  fräheren  Studien  als  Quelle  dienen  können? 
Der  in  ansläadischen  Schulen  abeolvierte  Lehrstoff  ist,  wenn  auch  in 
manchen  Details  rcrachieden,  doch  oft  im  gansen  äquivalent  dem  an 
nnseren  Schulen  durchgemachten.  In  den  realistischen  Fächern  fehlen 
manclic  Kenntnisse»  doch  zeigt  sich  oft  eine  bedeutende  ppisti^c  lieife,  so 
dass  solche  fc'chfller,  wenn  man  auch  bei  der  Aufnahmsprüfung  v  iel  Nach- 
sicht anwenden  musste,  dann  doch  ihre  Mitschüler  ganz  gut  einholen 
konnt<»n.  Es  wäre  also  unbillig,  an  solche  Arifnahm^werber  die  Anfordc- 
lungeu  so  zu  stellen,  aU  ob  sie  bisher  überhaupt  keine  Schule  besucht 
hatten. 

Der  Berichterstatter  erwidert  hierauf,  dass  es  im  Berichte  wM- 
lich  heiße:  In  allen  Fällen,  worüber  in  diesen  Normalien  nicht«  enthalten 
ist,  sei  nach  den  bestehenden  Vorschriften  Torsugehen.  Zumeist  haben  wir 
es  nur  mit  einheimi.schcm  i^chülermateriale  zu  thnn;  und  nach  dem  Hof- 
decrete  vom  3.  August  lb29,  Z.  4010,  ist  ein  Zeugnis  aus  dem  Auslande 
für  uns  nicht  bindend;  ein  solcher  Aufnahmswerber  gilt  für  uns  als  ohne 

')  Dtwr  OeieiMUmd  wurde,  obne  im  Sond«raiw*chtupo  bmitb«n  iron1«n  »u  »ein,  vom 
BcftehienUtC^  der  VoUstlBdigk«U  wcucd  hiefaer  Retetst. 


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104 


Vereiusnachrichtcn. 


Voiatadien.  Was  aber  den  Übertritt  des  Reabebttlers  ans  dem  GyaroMmm 

und  umgekehrt  anbelangt,  so  kannte  da  allcrdin^  auf  den  an  der  betref- 
fenden Anstalt  durchgenommenen  Lehrstoff  Rücksicht  genommen  werden. 
Denn  in  der  Mathematik  z.  B.  kann  f  in  Rcalschfller  anch  mfhr  leisten,  als  für 
die  Prüfung;  nüthi>i  i>t.  Formell  aber  wird  sich  das  ( Jj'niniisium  etwa  da« 
R^cht  nicht  nehmen  la&ien,  auch  bei  solchen  unmittelbar  von  der  lieal* 
ächule  übertretenden  Schälern  eine  Überprüfung  vorzunehiuen ,  wie  dieses 
Becbt  selbst  gegenüber  einer  anderen  gleichen  Anstalt  mit  derselben 
Unterrichtssprache  besteht. 

Prof.  Schwaiger  meint,  dass  die  in  Eede  stehenden  Anfnahms- 
werber  unbeJin^H  unter  diejenigen  gertelinet  werden  müssen,  welche 
schon  systematischen  Unterricht  genossen  haben;  denn  es  ist  doch  ein  ge- 
waltiger Untenschied,  ob  dies  der  Fall  gewesen  ist  oder  mchi.  Wu^v  kommen 
zwei  Dinge  in  Betracht.  Erstens  niuss,  dem  Zwecke  der  Auluahmsprüfung 
entsprechend ,  festgestellt  w»n  tleu ,  ob  der  Aufnahmswerber  die  für  das 
weitere  iStudium  nüthige  geistige  Reife  und  SachkeuntntK  hat;  zweitens, 
ob  er  den  gesetilichen  Anforderongen  gerecht  geworden  ist,  damit  sich 
nicht  ünwflrdige  einschleichen  kOnnen.  Ist  einer  ein  geweckter  Kopf  nnd 
hat  er  systematischen  Unterricht  schon  in  größerem  Ausmaße  genossen» 
so  ist  das  Hauptgewicht  nur  darauf  sn  legeni  ob  er  neben  der  ^'«  istägea 
Reife  die  Vorkenntnisse  hat,  um  dem  weiteren  Unterrichte  folgen  sa 
können;  du  kann  beim  l'riiten  vnn  manchen  Details  abgesehen  werden. 

Prof.  l)r  Frank  weist  darauf  hin,  daws  die  Lehrpläne  in  freuidon 
Staaten  von  den  uuserigea  ganz  verschieden  sind.  Sollen  wir  uns  also  be» 
der  Prüfung  er^t  diese  Lchrplilnc  vorlogen  lassen,  durchstudieren  und  dann 
aachdenken,  woraus  man  den  Anfnahmswerber  prüfen  soll?  Dazu  haben 
wir  weder  die  aOthige  Zeit,  noch  die  Pflicht  Wir  haben  also  keinen 
Grand,  unsere  gesetslichen  Bestimmungen  in  dieser  Hinsicht  xu  ändern. 
Aualändische  Schüler  sind  daher  so  zu  prülbn  wie  solche,  die  unsere  An« 
stalten  noch  gar  nicht  besucht  haben;  sonst  erscheinen  sie  gegenüber 
denen,  die  bei  uns  schon  einigen  nffentliehen  Unterricht  genossen  haben, 
begünstigt.  Und  wenn  Schüler  von  iin-s  in  das  Ausland  pehen,  werden  sie 
ja  auch  so  behandelt,  als  wären  sie  noch  in  keiner  Schule  gewesen.  Also 
weshalb  sollen  wir  anders  vorgehen? 

Diejenigen  IM&nner,  welche  unsere  Lehrpläne  ausgearbeitet  haben, 
waren  gewiss  tüchtige  Pädagogen  und  haben  auch  daran  gedacht,  dass 
Ausländer  zu  uns  übertreten  kOnnen,  wie  dies  im  Westen  auch  häufiger 
vorkommt  als  bei  uns.  Eh  möge  also  so  bleiben,  wie  es  bisher  gewesen 
ii<t.  Was  aber  den  Übertritt  tou  dem  Gymna^tium  an  die  Realschule  und 
umgekehrt  betrift't,  so  wiire  hier  allerdings  eine  Ergänzung  wünschens- 
wert. Hier  sollten  die  <.,'iinstitren  Noten  aus  gleichen  Fächern  (iidtung 
behalten,  falls  der  L**hrj)lan  an  la  itien  .Anstalten  die  «^leicheu  Forderungen 
enthält.  Eh  wären  da  aUo  nur  Lacken  auijzufüileu.  wie  z.  B.  in  der  Natm*- 
geschichte. 

Prof.  Dr.  Perkmann  schließt  sich  den  Ausfahrungen  des  Dir.  Faust- 
mann  und  des  Prof.  Schwaiger  an.  Ein  Schüler  aus  dem  Auslande  kann 

nicht  ganz  so  behandelt  werden  wie  einer,  der  noch  gar  keine  Studien  hat 
Eine  solche  Paragraphenreiterei  müsste  aur  Ungerechtigkeit  fuhren.  In  der 
Philologie  wird  x.  B.  im  Auslande  mindestens  ebensoviel  geleistet  wie  bei 


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Ytireiiisiutchrichteo 


105 


um;  aber  der  Sch&ler»  der  wost  eine  hohe  geiilige  Reife  beaitxt,  bat  viel- 
laicht  wegen  dee  ▼erachiedenen  Lehrplanee  gerade  einen  CUwiker  nicht 
geleien,  der  bei  uns  verlangt  wird.  Sollen  wir  da  die  Barbarei  begehen 

and  ihn  deshalb  zunlckweiaen? 

Schulriith  K  lau  per  sa{»t,  er  lüilif  auch  dio  Scliuk-n  D'--ut'*chlands 
kennen  gelernt  uml  gesehen,  wit*  d»M-  iiehrpl.in  von  dorn  unseri<»fn  <^:im. 
vei-schieden  ist.  In  tlt'ti  tliissi<clien  Sprachen  h'rnt  man  dort  mehr,  in  der 
I\ulurgeiM:hichte  aber  weniger  als  bei  unij.  ^un  lueldet  «ich  z.  B.  einer 
von  dort  bei  um  aar  Anfnahme  in  die  VII.  Cla«e;  man  praft  ihn  nur 
oberflAehlich  nnd  nimmt  ihn  anf.  Dann  tritt  er  aber  am,  weil  er  vielleicht 
in  die  ThierarMnelechale  gehen  will»  und  er  hat  nicht  das  nOthige  Wimen 
am  der  Natuigmehichte.  Er  »oll  daher  an«  diemn  Fftchem  to  behandelt 
werden,  als  wäre  er  nie  in  einer  Schule  gewesen. 

Prot.  J^ciiwaiper  siif^t.  er  habe  nicht  gemeint,  da»»  jemand  um 
i^-incni  < l»;fTenstando,  dor  in  der  betretlenden  Clatne  nicht  mehr  vorkommt. 
^Mr  nicht  zu  priilV-n  sei  Er  mu«8  denselbpn  durch«;»- macht  haben;  doch  ist 
dm  irichwergewicht  uut  die  geistige  lieile  zu  legen. 

Prof.  Dr.  Kump  macht  aufmerksam,  dai«  jedes  Land  andere  Lehr- 
pläae  habe.  Da  man  aber  nicht  fllr  jedes  Laad  eine  Spedfication  für  die 
AnfhahmsprOlbng  vornehmen  kOnne,  mOge  et  bei  den  alten  Vorachriften 
liltiben.  Der  Bemerkung  Dr.  Perkmanns  gegenüber  drückt  er  «eine 
überteuguDg  aus,  dam  kein  einsichtsvoller  Lehrer  einen  begabten  Prüfling 
ohneweiter.<  zurückweisen  werde,  weil  er  einen  Autor  nicht  gelesen  habe. 

l'rof.  Kozak  erklärt,  der  Sonderau-  <  imss  habe  ja  beschlossen,  das^ 
über  die  lieife  eines  SchüleiH  niclit  dt-r  nniielne  Lehrer  zu  entf^chfidca 
habe,  sondern  die  Confereu/..  Lud  da.  werden  alle  Herren  in  gemeinsamer 
Berathong  wohl  su  entscheiden  vermögen,  ob  der  Betreffende,  dem  einiges 
an  den  geeetalidien  Forderungen  fehlt«  reif  ist  oder  nicht  Ein  Ecgftmungs- 
pangn^h  fDr  den  bwprochenen  Fall  ist  also  aberflOasig. 

Dir.  Fauatmann  meint,  solche  Prüfungen  von  Ausländern  seien 
auch  hier  nicht  selten;  und  da  dieselben  nicht  durch  Muthwillen,  sondern 
regelmäßig  nur  durch  den  Zwang  der  Verhältniwc  7.u  uns  geführt  werdnn. 
sei  einige  Rucksicht  geboten  Wenn  aber  rrr»sa«^'t  werde,  dass  un-fMo  SchiiU  r 
im  Allslande  elient'alis  keine  Hrick>icht  erfahren,  no  tol^f  daruus  nicht 
für  und,  du«ä  wir  dasselbe  thun  uiüüijen.  Im  übrigen  i^t  er  mit  dem  von 
Prof.  Kosak  vorgebrachten  Gesichtttpunkte  ganz  einverstanden. 

Auf  Antrag  des  ?n{,  Dr.  Pawlitachek  wird  Schlum  der  Erörterung 
dieaea  Punktes  angenommen. 

Prof.  Dr.  Frank  bemerkt  noch,  auch  er  sei  nicht  gegen  jede  Be- 
rficksichtigung  solcher  Schüler.  Doch  soll  dies  nicht  auf  Grund  vielleicht 
unverläxslicher  Zeugnisse  geschehen,  sondern  im  Vcrlanfe  der  Prüfung 
selbst  nach  Maßgabe  der  nachfjewie'^enen  poiiliven  Fachkenntnis'^e  Ohne 
diese  könne  man  einen  freni'h'n  Schüler  nicht  aufnehmen;  denn  es  sei 
kein  Grund  vorhanden,  ihn  ^'o^^t-uübei-  cmeia  Kinheiinischen  zu  begünstigen. 

Berichterstatter:  Die  Herren  haben  mir  die' Sache  sehr  leicht 
gemacht;  denn  die,  welche  sich  auerst  für  die  BerOcksichtigung  amlän'Ji* 
scher  Schiller  ereif^  haben,  haben  dann  verschiedene  Kleinigkeiten  xu- 
gegebea  und  so  ihre  Ansicht  selbst  richtiggestellt.  Ich  stehe  wie  Dr.  Frank 
auf  dem  Standpunkte:  Solange  unsere  SchiUer  im  Auslande  keine  BerQck* 


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lOG 


Vereinsnachrichien. 


sichti<;un^  finden,  brauchen  auch  wir  nicht  mehr  zu  thun.  Es  ist  diva  ein 
Standpunkt,  der,  ethisch  betrachtet,  vielloiclit  nicht  unanfechtbar  ist,  aber 
in  dieser  Sache  t'ntschoiden  wohl  nicht  sittliche,  sondern  staatliche  und 
socialpolitischt»  Fvüeksichten.  Und  dann  ist  ja  die  Sache  auch  vom  pmk- 
tischen  Standi>unkt(^  zu  betnvchten.  Ausländer  sind  nicht  bloß  Ueichs- 
deutsche  und  etwa  Richweiler,  das  sind  alle  NichtÖsterreicher.  Wie  will 
man  da  ta  irgend  einem  einheitüchen  Regulativ  kommen?  Er  kOnne  ako 
▼on  eeiner  firtther  gegelienen  Erklftrung  nichts  sarficknehmen.  Daas  billige 
RQcknchteti  gefibt  werden  mflnen,  daa  könne  er  von  jedem  Prüfenden, 
dem  ein  aolcher  Fall  lur  Benrtheilnng  vorgelegt  wird,  ohneweiter*  an- 
nehmen. 

Wegen  des  Übertrittes  bei  uns  aber  sei  er  bereit,  in  der  nil ehrten 
Vpfsaramlung  nin^n  darauf  bezuf^lichen  Punkt  zur  Be'^chhissfrtsjsiiiii^  vor- 
zulesen. Was  ondlich  die  Kntscheidvin^^  über  die  Reife  durch  die  Cont'erenz 
betriUt,  ho  t>ei  dien  im  Sonderaudschutise  zur  Sprache  beti  etfs  solcher  Schüler 
gekommen,  die  nur  ans  einem  6«genstande  nicht  entsprochen  haben  und 
denen  man  dann  so  wie  bei  Privatistenprüfungen  vielleicht  eine  Wieder- 
hoInngsprOfnng  gestatten  kOnnte.  Da  haben  sich  jedoch  Torschiedene  Un- 
annehmlichkeiten heramgestellt,  hauptsächlich  dass  dieüe  Prüfungen  dann 
auch  am  Schluftse  des  Schuljahres  stattfinden  mü^sten ;  deshalb  wurde  die 
Sache  fallen  gelassen,  und  mit  der  Streichunj^  dieses  Punktes  ist  anlieb- 
saujerwei^^e  auch  der  ganze  Punkt  wegen  der  Conferenz  im  üerichte  ge- 
ptriehen  worden.  Natürlich  al)er  ist  die  Prfifnnc:  eom  mia.sionell, 
und  das  Schlussergebn ia  wird  bei  der  Coutcreuz  testgestellt. 

Dir.  Fanstmaan  sagt,  dieser  Antrag  auf  Gestattung  der  Wieder- 
holnngsprüfttQg  sei  sehr  interenant  und  verdiene»  in  der  lüLchsten  Sitsung 
noch  besprochen  m  werden. 

Prof.  Schwaiger  erinnert  daran,  das.s  im  Sonderausschüsse  Minder* 
heitaantrftge  angemeldet  wurden.  Die  allgemeinen  Punkte  sollen  also  in 
der  nächsten  Sitzung  vorgebracht  und  besprochen  werden. 

Der  Obmann  übernininit  nun  wieder  den  Vorsitz  und  dankt  den 
Mitgliedern  des  Sonderaussrluisscs ,  welche  in  sieben  Sitzungen  unver- 
drossen mitgearbeitet  haben,  für  ibro  .Mühe  auf  da.s  herziichate.  Kr  bittet, 
auch  sonst  b«  so  schwerer  Arbeit  nidit  in  verzagen;  man  arbeite  dadnrdi 
an  dem  Ansbane  der  Gesetse  mit. 

Schalrath  Klauser  stellt  den  Antrag,  auch  dem  Obmanne,  der  ja 
den  größten  Theil  der  Arbeit  gehabt  habe,  den  Dank  fQr  seine  Mühe 
auszusprechen.  (Prosit!) 

Zweiter  Punkt  der  Tagp*<ordnungt  Freie  .Anträge  und  Anfragen. 

Dir.  Mandyczewski  erinnert  an  die  I'etition  um  FainiilMgung  der 
Stundenzahl  ffir  Philologen  an  Realschulen.  Der  Obmann  niötre  die  Peti- 
tion fördern;  vielleichL  konnte  ihr  Inhalt  noch  in  diesem  Schuljahre  zum 
Getetse  erhoben  werden. 

Der  Obmann  erklärt,  dass  er  dieser  Anregung  Folge  leisten,  sich 
nach  dem  Stande'  der  Sache  erkundigen  und  sie  nach  M(iglichkeit  be- 
treiben werde. 

Schulrath  Klauser  macht  darauf  aufmerksam,  dass  im  Jahre  1897 

das  Kad.iutzer  Gymnasium  sein  25 jähriges  Jubiläum  fei^^rt.  Da  kOnnte 
man  vielleicht  einmal  tauschen  und  die  Frühjahrsversammlung  in  Suczawa 


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VereinsDachrichten. 


107 


statt  in  Badnats  und  daßlr  die  Herbttrenammlaiig  in  Badants  abbalten. 
Bei  solcher  Vevachiebong  wAre  ein  Ausflog  des  CsernowitierObergymnaaiamt 
nach  Saesawa  tot  BefiicbtiguDg  der  An^gntboDgen  leicht  zu  bewerkstelligen. 

Der  Obmann  nimmt  diese  Änrej^ng  zur  Kenntnis;  er  (jibt  nber  za 
bedenken,  ob  es  thnnlich  f^ei,  in  einem  Vereinsjabre  sveimsl  nach  Suciawa 
SU  gehen  und  Badautz  ausiAUen  su  lasten. 


IT.  XV.  Protokoll  der  Archäologischen  Commission  für 
die  österreichischen  Gymnasien. 

<Mi1gethei)t  TOm  Scbriftf&farer-StellTertreter  Prof.  Dr.  I.  Kn kutsch.) 

(20.  Noven)l>er  189«.) 

Anwesend  «tnd  die  Mitglieder  dt  r  i'oLumijsion  und  mehrere  zur 
Theilnabme  an  <ler  .Sitzang  eingelndpnp  Honen. 

Der  Vorsitzende,  Lande8-ächuliaä|>ector  Uueuier,  t^rötinet  dieSitzunn<^ 
mit  dem  Bedanern,  daas  der  ScbriAfilbrer  der  CAmminioii  Pro£  Hoppe 
leider  durch  Krankheit  an  Erscheinen  Terhindert  ist,  und  macht  hierauf 
folgende  Mittheilnngen:  Zanftehtt  gelangt  ein  Erlass  des  hoben  k.  k.  Mi- 
nisteriums für  0ultu8  und  Unterricht  snr  Verlesung,  worin  die  Commission 
ersucht  wird .  über  eine  Sammlung  Ton  Photographien  ans  Griechenland 
hin!»ichtlich  ihrer  Verwemlbarkoit  beim  phüolocjischen  und  historischen 
UntL'rrichte  zu  ln'<^utachten.  Der  Vorsitzende  legt  t'iiif  ( 'olIoctioTi.  bestehend 
aus  IST  Photographien.  ber<?e8teilt  von  der  Firma  Barth  6c  v.  Ilirt  in 
Atheu,  vor.  Die  Saiuailung  enthalt  Ansichten  aus  Alt-  und  Neu -Athen, 
vom  Pir&ui,  Olympia,  dem  Akropolis«Haseum  n.  si  w. 

Die  Commission  erklSrt  die  größere  Zahl  der  Bilder  für  sehr  ge> 
Inngen  und  darum  anch  ffir  empfehlenswert;  das  Format  sollte  allerdings 
für  die  speciellen  Schulawecke  größer  und  der  Preis  niedriger  sein.  Die 
Collection  kostet  80  fl.,  jedes  Blatt  50  kr.  Prospecte  stellt  die  Buchhand- 
lung  Gerold  k  Co.  in  Wien  (Stephansplats)  auf  Verlangen  gratis  sur 
Verft'iLMinL'. 

Mit  Freude  bi't^rüüt  (h'r  Vorj^itzende  die  lebhafte  N-ichfr-i^e  nach 
dem  Münzkästchen,  dtm  auch,  wie  überhaupt  die  Thatigkeit  der  Coninüscion 
für  die  schulmftßige  Auswertung  der  Hönsknnde,  im  Aaslande  rfihmend 
erwihnt  wird,  so  in  der  lesenswerten  Programmarbdt  von  Gerb.  Schaper, 
Magdeburg  1896:  »Antike  Mfinsen  als  Anschauungsmittel  im  altspraeh- 
liehen  und  geschichtlicben  Unterrichte  auf  den  Gymnasien.* 

Von  Hoppes  Bildwerk  ist  das  fi'mfte  Heft  errichienen,  womit  das 
Werk  vorläufig  seinen  Abschlus.s  gefunden  hat.  Auch  (h  i  Text  ist  beinahe 
druckreif.  Von  vit'l.>n  Sniten  wurde  bereit«  der  Wunsch  nach  ein^r  Fort- 
setzunt'  dieser  lieft«'  gestellt.  Auf  eine  ADfraij:e  de«»  l'rot'.  Dr.  Swoboda 
au8  ivarläbad.  ob  Niemanns  Parthenon -Modell  nicht  durch  Diapositive 
ftir  Mittelschulen  nutzbar  werden  könnte,  macht  sich  Prof.  Primoii<3 
erbotig,  das  NOthige  sn  Teranlassen. 

Zur  Ansicht  gelangt  ein  Modell  der  Gallisdien  Mauer  nach  Cäsar 
(Vn.  B.},  angefertigt  von  Prof.  Muiik,  das  im  Veigleiche  an  bildlichen 
Darstellungen  instnictlT  wirkt.  Die  treffliche  Arbeit  verdient  Nachahmung. 


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108 


Vereinsnachrichten. 


Hierauf  legt  der  Vorntsende  folgende  Monographien  und  Programm- 

anfiätze  vor: 

KubikJ..  RtMlorkliirung  und  Anschauun^unterricbt  bei  der  Leetüre 
Ciceros.  Wien,  Hükler,  1^*90.  —  .Tnthnor  .V.  Antike  Tnrnfjerathe.  Wien. 
Höld'^r.  189(3.  —  StCMidin^  H  .  I'enkmäler  antiker  Kunst,  tÜr  da«  Gym- 
nasium iiu»gewählt  und  in  gescb ich tl icher  Folge  erläutert  Leipzig,  See- 
mann, IbiJG.  Gebunden  2  M.  (Nach  Baumeister.)  —  Luckeiibach  H.,  Die 
Akropoliä  von  Athen.  München  und  Leipzig,  Oldenbonrg,  18dG.  38  Seiten. 
(Letstes  Gapitel:  „Die  Akropolis  in  der  Schule.")  —  Kornitzer  A.»  Eine 
Stvdienreiw  nach  Italien  und  Orieehenland.  (Programm  de«  Commonal- 
Beal-OheigjrmnuinnM  IL  Bezirk«  Wien  1896.)  <~  Eymer  W.,  Reite- 
erinnerungen  aus  Italien  und  Orieehenland.  (Programm  des  Gyrona^iumt 
in  Bndweiü  1896.)  —  Litynsky  M.,  Von  Elis  nach  Ark.uüen.  Eino  Reise- 
beschreibunpr-  L  Theil.  (Prof^riiniin  Hf  r  Ik-alschule  in  Lemberg  1096  [pol- 
nisch ]■)  —  Frank  A.,  Eine  .Studienreise  nach  Italien  und  Griechenland. 
Örfteireicliwch- ungarische  Revue  1ÖU6.  Heft  4  und  5.  —  Koch,  Beiträge 
i.\xt  Förderung  des  Kanstunterricbtes  auf  den  höheren  Schulen.  (Programm 
von  BremerhaTen  1896.)  —  Engelbrecht  A.,  Hykeniieh-homerische  An- 
achanungsmittel  für  den  Gymnarialnnterricht.  —  Knknttch  I.,  Bemer- 
kungen zum  arehAologiflchen  Amchaaungsunterrichtc  mit  besonderer  Be- 
ziehung auf  die  Vergil-Lectüre.  (Beide  im  Programme  des  Theresiantitchen 
Gymnasiums  in  Wien  1896.;  —  Gutscher  H.,  Zur  Behandlung  der  Realien 
beim  lateinischen  Unterrichte.  (Programm  des  Oymnasiams  in  Leoben 
18%..» 

Der  Vorsitzende  begrüßt  diese  Arbeiten  ruit  aufrichtiger  Freude  und 
wünscht  nur,  es  möge  auf  diesem  Wege  der  Untersuchung  der  einzelnen 
Autoren  nach  der  realen  Richtung  fortgefahren  werden. 

Prof.  Guts  eher  empfiehlt  in  tetnem  «ehr  beochtenawerten  Auftatse 
die  Verleihung  too  Stipendien  fttr  kleinere  Reisen,  so  nadi  Dalmatien, 
Istrien,  Aquileia,  regt  den  Oedanken  an,  die  ProTinzmuseen  für  den  Gym- 
nasialunterricht nutzbarer  zu  machen,  insbesondere  die  Schuler  in  die 
Mnsorn  der  Landeshauptstädte  zu  führen,  diimit  sie  die  Schätze  der  Alter- 
thümer  kennen  lernen,  welche  das  Vaterland  besitzt,  und  spricht  sich  in 
wärmster  Weist*  dafür  auäs,  die  in  den  Österreich i>'chen  Mtiseen  vorhandenen 
Alterthümer  zu  sammeln  und  für  Schul/wecke  herauszugeben.  Zum  eisten 
Gedanken  gibt  der  Torntsende  die  ErfcUteung  ab,  dtM  mm  Zwedte  klei- 
nerer Beieen  in  die  obgenannten  Gegenden  es  ja  freistehe,  an  das  hohe 
Ministerium  bittweise  um  eine  Unterstütkung  heranzutreten.  Was  den 
letzten  Punkt  unbelan>rt.  so  wird  nach  lebhafter  Deljatte  die  Idee  mit 
Freude  begrUßt,  deren  Verwirklichung  hoflPentlich  in  absehbarer  Zeit  mdg- 
licb  sein  wird 

Prof.  Bonn  an  II  niacbt  zu  diesem  Punkte  noch  die  Mittbeilung, 
da.ss  eine  große  Piiblication  im  Werden  sei,  die  alle  aut  (»terreiclii.schem 
Boden  gemachteu  Funde  nach  großen  Gesichtspunkten  zu-sauuuenfaHsen 
wird;  daraus  könne  dann  für  Schulswecke  ein  Auszag  gemacht  werden. 

Ober  die  Verwertung  des  Skioptikons  im  Anschauungsunterrichte 
und  Über  die  Herstellung  von  guten  Diapositiven  eniqnnnt  sich  eine  leb- 
hafte Debatte.  Mit  Bezugnahme  auf  einen  im  Julihefte  1896  der  Lehr- 
proben erschienenen  Aufiiatz  M enges,  worin  auch  in  Deutschland  Aber 


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Vereiiunachrichten. 


109 


den  M.in^el  an  guten  und  billigen  Diapositiven  geklagt  wird,  beschäftigt 
sich  die  Commis«ion  vor  allem  mit  der  Frage,  wie  diesem  übelstnnde  zu 
h^^jTfvgnen  sei.  Prof.  [ieder<»r  in  Hridauiz,  der  mit  j:r"'ßti'r  Heroit willii^keit 
in  ilit^-er  F^insirht  der  Schiili'  seinf  Dienste  zur  V'ertii^'unL,'  stellt,  hat  auf 
at.'iacr  liei&e  nuch  Uiiecht'U.und  und'  Italien  1400  Auinahnien  geni.icht, 
bievon  bereite  1200  Negative  angefertigt  und  ist  bereit,  an  die  ein£t;iaeu 
Anstalten  DiapoiitiTe  am  den  Preis  von  etwa  15  kr.  per  Stflek  heniwteUen. 
Eine  GoUection  dieser  Pontive,  welche  Prof.  Lederer  der  ComniiMion  ein^ 
ichickte  mit  der  speciellen  Widmong  f&r  dns  Oyrnnunnm  der  k.  k.  There* 
ainniseben  Akademie,  bat  dch  bei  der  vor<,'enonimenen  Probe  als  brancb* 
bar  herausgestellt,  insbesondere  die  Aufnahmen  von  Landschaften  nnd 
«If^^en^tünden  der  Arehitektnr.  Prof  T, oderer  wird  für  seine  Bemühungen 
tler  E)ank  und  die  volle  Anei kennung  der  Commiswion  aiHgesprocben.  Prof. 
Priniozic,  der  sich  nur  mit  der  AnschaÜuug  vür^iigliLlit  r  Diaimvitive  ein- 
verstanden erklart,  bat  sich  diesbezüglich  mit  der  Firma  Lecliner  in 
Wien  im  Eiavemehmen  gesetzt  Diese  erkULrte  rieb  bereit,  ein  Diapontir 
vorsOglieber  Qualitftt  nm  den  Preis  von  50  kr.  bereustellen,  wenn  eine 
größere  Ansebl  abgenommen  wird.  Ei  würde  sich  daher  empfeblen,  eine 
Auswahl,  einen  Grundstock  solcher  Objecte  aufzustellen,  die  voraus.^icht-  , 
lieh  von  jeder  An.sfalt  f^^nommen  werden,  die  im  Besitze  eines  Skioptikona 
i'it  Die  .Ansoh.itlung  des  letzteren  ist  allerdinfj^s  mit  lierieutt-nden  Kosten 
verbunden,  doch  werden  die  einzelnen  Anstalt»'n  rsicli  [♦iehtcr  dazu  ent- 
schließen, wenn  sie  darauf  uufmerk.«!am  ^«'111,11111  wi'rd»'n,  <ia.-.s  ilie  Wichtig- 
keit dieses  Appajrates  nicht  etwa  aut  den  alt^prnchiicheu  Unterricht  be> 
schrftokt  sei,  sondern  dasi  alle  Gegenstftnde  daran  participieren. 

Die  Debatte  lief  sehlieOlieb  auf  folgenden  Antrag  hinaos:  Es  ist  ein 
Cirenlar  an  s&mmtliche  Anstalten  an  Terschicken.  Dieses  Rnndschreiben 
hat  eine  Auswahl,  einen  Clinon,  jener  Bilder  zu  enthalten,  nach  denen 
DiapontiTe  herzustellen  wftren.  Ferner  ist  an  jede  Anstalt  die  Anfrage  an 
richten,  ob  «^io  im  Bt^sitze  eines  Skioptikon«?  i«t,  widrigenfalls  "eine  An- 
schatl'unjj  wiinnstens  zu  empfehlen  ist.  [»er  /.weite  Antrug,  eventuell  au 
das  höh»'  Ministerium  tur  Cultus  und  L'nt»'rricht  die  Bitte  wegen  Heran- 
ziehung der  k.  k.  Versuchsanstalt  für  Photographie  und  Heproductions* 
▼erfahren  in  Wien  zu  richten,  soll  in  einer  spftteren  Sitsuug  bergen 
werden,  wenn  der  erste  Antrag  Positires  gebracht  bat. 

Ihu  Anerbieten  des  Prof.  PrimoSiö,  in  der  „Zeitschrift  f&r  teter- 
reichische  GymnaBien"  einen  die  Bedeutung  des  Skioptikons  f&r  die  Mittel- 
srhnle  beleuchtenden  Artikel  erscheinen  zu  lassen,  der  auch  die  oben  er- 
wähnte Auswahl  der  anznsclia RVnd.jn  ni,jerS'  »'nthalten  solle,  wird  von 
der  Commiasion  mit  Dank  zor  Kenntnis  genommen. 


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Miscelien 


Summer  Meeting*  zu  Cambridge  1896. 

Von  A.  Bomanovsky  in  Czernowitz. 

Der  Aufschwung  der  KaturwisscoBchftften  und  ihre  vielfache  Ver» 
Wendung  in  Kunst  und  Gewerbe,  der  Kampf  um»  Leben,  der  auch  die 
Frauenwelt  in  dpn  Wettbewerb  um  bes-sere  Lebensstellunf^fn  hineinzog, 
macht"  in  England  und  Amerika  mehr  als  anderswo  das  Bedürfnis  nach 
populären,  die  niannigfachüten  Gebiete  des  nitiischlichen  Wissen»  um- 
i'a.s»eDden  Vorträgen  fühlbar.  Verschiedene  budtgeiueinden  und  Corpo- 
rationen  Englands  wandten  sicli  natGrlich  an  die  alten  Stfttten  der  Gelehr- 
samkeit, nm  diesem  Bedürfnisse  entg^nrakommen,  und  so  konnten  denn 
die  beiden  Universitilten,  bewnsst  ihrer  Verantwortlichkeit  der  Nation 
gegemlbeTt  sieh  der  epontanen  Bewegung  auf  die  Dauer  nicht  verschließen. 
So  inaugurierte  in  der  Tbat  die  Universität  Cambridge  im  Jahre  1873  das 
Uiih-f r^fhf  Extension  Teachinrj,  welches  nicht  nur  in  Knsfland,  sondern 
auch  in  Amerika  ungeahnt  sclineli  Wnr/.ol  fassto  N^ben  die  Univcrsit.'lten 
Cambridge  und  Oxloid  haben  sich  bald  London  Socielt/  for  the  Extension 
of  üniversiiy  Teaching  und  die  Victoria  Vniversity  an  die  Seite  gestellt, 
nnd  seither  sind  von  diesen  Centren  aus  gediegene  fedtirerff  in  die  ver- 
schiedenen Gaue  Englands  geschickt  worden,  nm  die  Bildung  in  die  breiten 
Massen  des  Volkes  an  tragen.  Es  Iftwt  sich  kaum  noch  ermessen,  welchen 
Einfluss  dieses  noch  immer  in  Entwicklung  begriiTene  hohe  Missionswerk 
bei  der  Begeisterung  und  Opferfreudigkeit  de«  Volkes  für  die  Sache  auf 
die  Oe^^taltung  der  Gesellschaft  auf  der  Nachbarinsel  in  künftigen  Oenc' 
rationen  ausüben  wird. 

l>ie  Curbe  über  Naturwissenschaften,  Kunst,  Paläontologie  etc.  zeitigten 
bald  das  Bedürfnis  nach  praktischen  Arbeiten  im  Laboratoriuni  und  der  Be- 
sichtigung der  reichen  Sammlungen  und  Museen  der  Univenitfttsitftdte.  In 
diesem  Sinne  richtete  die  Univenritftt  Cambridge  1890  die  Bummer  Meäings 
ein.  Doch  schon  im  Jahre  1878  hatte  Oxford  ein  Summer  Meeting  auf 
eine  andere  Ba^is  mit  nberraschendem  Erfolge  gestellt.  Wfihrend  Cambridge 
eine  kleine  Zahl  besonders  talentvoller  und  fleißiger  Extension  Stmlents 
im  Sommer  zu  sich  zo<;,  lockte  Oxford  mit  der  Einführung  kurzer  übpr 
eine  oder  nur  wenige  .Stunden  sich  erstreckenden  abwech^"lun*isrrichon  \'or- 
lesungen  eine  ungeheuere  Menge  wissenschaftliche  Anregung  suchender 


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Mtscelleit, 


Hl 


Ment^cben  beideilei  (jeHcblechtes  an.*)  Diese  letztere  Einrichtung  ist  nun 
raa'^^jje'iend  geworden,  und  gegenwärtig  wechseln  die  beiden  Univcr^^itSton 
n  <lt  r  Art  ab,  da*«  in  den  ungeraden  Jahreszahlen  in  Oxlord .  in  licn 
fjeruden  in  Cambridge  ein  Summer  Meeting  abgehalten  wird,  im  Jahre  löi>7 
kommt  alM>  Oxford  an  die  Reihe. 

Als  sich  durch  die  Fachzeitschriften  die  Kunde  verhreitete,  dass  im 
Sommer  1896  Tom  80.  Juli  bis  24.  Aogust  in  Cambridge  ein  Summer 
Mttiinff  slaitfindet,  erbebte  das  Herz  manche»  Bewunderers  der  englischen 
Literatur  bei  d^-r  Erinnerung  an  so  viele  GrOßen  der  Literatur  und  Politik, 
die  ihre  Erziehung  und  Ausbildung  in  dieser  alten  Universitütssiadt 
-  il'  iltf'n  haben:  dort  mag  der  jtitr»'nd!iche  Milton,  in  d^n  (lürtcn  des 
<  iirts(\s  (  'iil/i  i/e  iustwandclnd,  -.iMiit'  '^lobc  Apotheose  ahnend  <hirLhi;(!tiuuuit 
iiauen,  dort  iiat  Pitt  the  6on  sciue  gLtürciitete  Rednergabe  erwoiben.  Die 
Erinnerung  weckte  den  Wunsch,  sich  an  dieHera  Summer  Meeting  zu  be» 
thei Ilgen  und  bei  der  Gelegenheit  die  „venereä^e  quadranglet^  der 
Colleges  zu  besichtigen.  Uns  Lehrern  des  Engiisehen  gehen  diese  Sommer* 
cnise  besonders  nahe:  denn  dadurch,  dass  sie  in  die  Ferienseit  fallen, 
werden  sie  uns  auch  ohne  be.«tin<if ron  Urlaub  zugänglicher,  und  solange 
die  Idee  nicht  zum  Durchbruche  gekommen  ist,  dass  der  Neuphilologe, 
wenn  nicht  die  ganze  Studionzoit,  »n  doch  weniirstens  die  erste  Hälfte  der- 
selben im  betreffenden  fremden  Lande  zubrin^^'en  hoII,^)  bieten  sie  die  Ix  ^te 
Gelegenheit,  ein  iiiu»tergiltigeH  En$<lihch  von  einer  größeren  Anzahl  ge- 
bildeter Engländer  zu  hören  und  im  Verkehre  mit  einheimischen  'i'heil- 
nehmem,  die  zum  großen  Tbeile  auch  Lehrer  sind,  die  Spreehfertigkeit 
zu  üben.  Auch  muss  anerkennend  hervorgehoben  werden,  dats  die  leiten* 
den  Organe  durch  Veröffentlichung  von  Adressen  f&r  Unterkunft  sorgen. 

Von  den  456  Theilnehmern  des  Meeting  waren  G7  Fremde  (34  Herren, 
H3  Damen)  aus  Deutschland«  Österreichf  Frankreich,  Belgien,  Dänemark, 
Schweden  und  Korwef^en  jrekonnnen;  geringer  als  sonst  war  di  -  ße- 
theilignnu'  uus  Auieiika.  !Maü  war  in  n)al.vt'i)rnden  Krei'^en  über  die  große 
Theilnahuie  der  Fremden  reeht  übeiia-<lit,  und  iintn  fängt  an.  ernstlich 
daran  zu  denken,  wie  diese  turse  für  Iremde  Lehrer  des  Englischen  nutz- 
bringender  einzurichten  wftren,  denn  die  eigentlichen  sprachlichen  Studien 
sind  bis  jetzt  gar  nicht  vertreten.^)   Ka  hat  somit  allen  Anschein,  dass, 

M  K.  D.  KoIktI»,  M.  A.  .  IK  Sc.  (Ix)ndon  sagt  In  «einem  Werke  ..Kiijhlftn  V  ary  (,f 
Vnictrsitif  Kitrusvm  " ,  .S.  KS:  .,Ojf<rrd  urlcomr.n  all  ir/w»  mrf  fo  ttnm  to  hrr  numvirr  rjutiifnuff, 
trrfHfifctirf  nf  ftariiruliir  fducationnl  <jnnlificatii>ni< .  nwl  \chc(hfr  l'nii  cruitu  Kst^nsinn  titudcnls 
or  ttot.  The  eourtea  of  Ueiures  are  of  general  intereat,  and  dtaigned  to  meet  Uu  moat  varied  laatt«. 

Tk*  phn  of  Camindge,  m  tke  olkeir  Hand,  i»  to  timil  her  inriMion  to  tkoae  morr  tamrtt 
fhtdmta  tcho.  harituf  vhtainid  r-rlip'-<>f' y  in  •■•^utf  i-tvin  iritli  Iht  rt'Mr.«<-.H  of  Wcturfs  duriug  thr 
trinter,  dfsirt  to  tupflemml  tluir  thrttTrlitul  kHOipUdge  //»/  prnrtical  work  in  tlir  lahnraturirs  und 
mutirumjs." 

^>  Der  4.  Küuphilolut^ntaff  cu  Hamburg  1H9G  boacbaftigtc  sieb  »Urb  ricllocb  mit  der 
pnktitdi«»  Aotbfidiing  der  I^ohrer  der  modirnen  Sprachen.  Es  trtirdi»  aniTkHnnt ,  dt»»  oi 
für  ö'ii  X' iiiibil'jl<'L"  ri  nirlit  nur  tmuingänglich  ncilhw' ii'liu' i^-V  ■  in«  iiThtil  > -iinT  Siiküch- 
seit,  »ondcrn  auch  windecteas  «II«  f&nfjiihru  zur  AuUriachung  »cim-r  Kcnntni»»t!  iiu 
AiMlsnd«  tucnbrinfl«».  Wlhrend  d{«  IUehUftk«it  d«*  letutervn  Gedankens  allgpoivin  al»  xur 
Rrh.Tltiint'  «I't  SpnThffrtinkeit  nolhwendin  an'TS:  m-t  -  w  :-^]  .  '-rsclioint  d<"r  orst«-  Tlu-il  noch 
luiu»  r  ai»  Flickwprk:  e»  wird  wobl  —  in  k-rnoi  ZukujiU  -  «im  LrrtchUing  »on  tsrtninariun 
attr  Ausbildaag  TonLehfeni  der  modemcn  Spfaebes-iB  FnnkrNch,  beai«batifaw«lM  Engtaad 
ia  Erwiguag  feaagen  weiden  müsM>ik. 

•y  Wltin>nd  di»rl>mcklrKunK  ka«  mir  am  Oxford  ein  „Outtiiv  vf  the  Pmgratmne"  för 
«Iä.«  näcli-i"  .■^miiiiiyr  M-tiin'j  iu  Oxfor«!  atu,  wo  < h -iCi :  „Thf  h'ftfilLih  Lum "'<'!< ,  77.  . '  wUl 
bt  a  mpecial  clata  tn  this  aubftct  intmded  primarilif  für  foreignera,  whieh  u-iti      'imdHi  Ud  btf 


112 


Miscellen. 


während  die  üniversity  Extension  recht  nutional  ist,  die  Summer 
Meetings  nWiujXhUch  ein  int  er niitional es  Gepräjfe  annahmen  werden.  Im 
richtigen  Veratändnisse  der  Ht'dürfnisse  diesf^s  fromd'Mi  Klninents  hat  die 
Loiinnpf  dp«i  Meeting  in  zavorkoiiiinen<ister  Weise  den  foreign  students 
in  allen  Hörsälen  die  ersten  zwei  Keibeo  der  Sitze  reserviert,  wofür  sie 
unseren  besonderen  Dank  verdiente.  Dies  var  aber  gerade  die  Ursache, 
dasB  die  EinbeimiMlieii  aaf  die  foreigners  etwas  dfersQohtig  wurden. 

Da  jeder  Tfaeilnehmer  nach  Belieben  den  Gegenstand  der  Vorlesungen 
w&falen  konnte,  tnij(  jeder  Hörsaal  sein  eigenes  Gepräge;  aber  QberiiH  saß 
neben  dem  verständnisvollen  Fachmanne  bald  ein  ins  Blaue  hiostarrendes 
Bürschlein,  bald  ein  Frihilein,  das  n«jch  kanm  in  dio  Welt  eingeführt  war, 
hie  und  da  nickto  wolil  mifh  nino  alte  Matrone.  Dio  Damenwelt  ist  im 
allfjpmeinen  bei  diesen  JSlettinq.s  zu  (ht'i  Vierteln"  vertreten:  auch  diesmal 
betheiligten  aich  nicht  weniger  aU  .'i43  Damen.^) 

Damit  sich  der  Leser  einigen  Begriff  von  dem  Charakter  der  Vor» 
lesnngen  bilden  kOnne,  will  ich  im  Folgenden  das  Venseicbnis  derselben 
miikheilen: 

A.  Oenarat  Course  on  the  Infbtence  of  Greeoe  and  Rome  on  Mo- 
dem Life  war  ein  Aber  beide  Carse  des  Meeting  sich  erstreckender  Cyklns 

von  12  Vorlesungen,  in  die  sich  7  leclurei's  theilten.  Diese  Vorlesungen 
sollten  nach  der  Absidit  der  Airani,'f'nre  alle  Theilnehmer  hören,  während 
die  folgenden  Füll  (''Hintes,  die  gleichzeitig  gehalten  wurden,  die  Theil- 
oebmer  in  Gruppen  tbeilten. 

B.  Füll  Courses: 

I.  Stiidiee  in  the  HiHory  €f  Europtt  1^  Vorlesungen  von  2  /ecdtirer« 

.  vorgetragen ; 

II.  Studiee  in  Conneetion  wi^  tiks  Early  HiHorff  of  En^Uh  Poetry* 

9  Vorlesungen  von  3  leeUtrei's  vorgetragen; 

III.  Evolution,  V2  Vorlegungen  von  4  lecturers  vorgetragen. 

C.  LfTborntori/  Demorutratiotis. 
I).  Short  Cnurseft: 

1.  Antkropoiogy^  12  V  orlesungen  von  A.  C.  Haddon; 
II«  Some  Problems  of  Species,  6  Vorlesungen  von  W.  Batesonj 

III.  ITte  Greai  Days  of  Spain,  3  Vorlesungen  von  H.  J.  Carpenter; 

IV.  Veleaguez  and  his  SueeessorSy  3  Vorlesungen  von  R.  E.  Wrji 

V.  The  Dissolution  ofüie  Monasteries,  2  Vorlesungen  von  J.  R.  Tanner; 
Vi.  Some  Shakespearean  Studies^  3  Vorlesungen  von  W.  Bentinck 
Smith. 

E.  Ijecturfsi  <'<n  Kducation : 

I.  The  Teaching  of  Modern  Languages^  ^  Vorlesungen  von  Karl 

Breul; 

II.  The  Study  of  Children,  je  2  Vorlesungen  von  J.  Welten  und 

Francis  Warner; 

III.  The  ftrst  Prineiples  ofEdueaiion,  3  Vorlesungen  von  J.J.  Findlay; 

.Mr.  Henry  Hwcet,  AI.  A.,  h,  L.  t>."  —  Dw»  TolUUindige  ProKramm  crscLi'iiit  zu  Oftem 
und  rrhSlt  man  ron  JTA*  ÄnnWary  fJ.  A.  Ä.  Marriof,  E^f./.  t'ntrer»tfy  Extmtim  Offttn^ 

'  i  i'H-  aiigtn5et>enen /nhlfii  konii«  n  nur  r«"  1 «  t  i  v  iuhtig  sein,  da  sieb  »Iii;  TheilDchmcr- 
/.ilil  tätlich  UndcrU' ;  dalu-r  kann  auch  dii'  »im  d'tp  Mittp  AuRU.st  beraOigegebene  „Litt 
:itudents"  keinen  Anapruch  auf  absolute  Vollstlndigkeii  erbeben. 


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Miscellen. 


113 


IV.  The  AppHeaUon  cf  FrineipU»  <o  PraeÜee,  S  7orleraiig«ii  tob 

TT,  Hol  man; 

V.  Science  of  T Taching  with  xpedal  reference  to  Herbart^  3  Vor- 
träire  in  dontsrher  S]>ra<  li'''  von  T'rof.  Wem  nm  Jena. 

Eiii<,'f'>treut  waren  auch  einzelne  Vortriif^e  über  Erziehung:  Pesta- 
lozzi, Lauraster  and  Bell,  The  Jansenista  of  Port  Royal,  The  Teachmg 
of  LungmiijeH^  Primilive  Survivala  in  Child  Life. 

Oberdies  wurde  «ine  Reibe  tbeoioKi^her  Vorlesungen  gehalten.  Be- 
eoocleres  Intwefse  weckten  die  meisteii  der  folgen«ien  Miaeellanwus 
Leciureg,  die  gewöhnlich  je  eine  Stunde  in  Ansprach  nahmen:  WiUiam 
Pitt  theScn,  Swinhume  md  Morri9t  ThePeopHng  ofEuroftt,  Msdioftd 
Libraries,  The  Wanderings  of  an  AUmi .  The  History  of  n  Tomn, 
Richelifti,  Alan  de  Wnlstingham  and  his  tcork  nf  Klij  as  Sacrist,  Prior, 
and  Buildpr,  The  ( Jr</fmizafion  of  fhf  Jluilding  Traden  in  fhc  Middle 
Ag^a.  Coloiirs  of  iiie  Skies,  J'he  Krolution  of  the  Maj>  of  Africd,  Rmnan 
Law  and  Modern  legal  System^  Deowuif,  The  Tissueif,  Matthew  Armld^ 
Rvoerside  Flowers. 

Die  Eröffnung  des  Summer  MuHntf  fand  atatt  am  30.  Jnli  im 
siftdtiaehen  Theater,  wo  the  Vary  Sev.  H.  Maniagu  Butler,  Matter  of 
Trinity  Cotleye,  am  8  Uhr  HO  Minuten  abend«  nach  einer  kurzen  Be> 
grOßni^  seinen  vortrefflichen  Vortrag  fiber  WiUiam  Pitt  tke  Sm  hielt 
Darauf  wurde  die  ganze  Versammlung  von  dem  Vortragenden,  einem 
Siebziger  mit  frischem  nnd  un^***!chrFibltch  freundlichem  Aussehen,  in 
seine  Wohnung  im  Trindi/  i'ollrge  zum  Theo  gebeten.  Dnbri  rei^rti«  er 
uns  in  der  Halle  unter  anderem  die  Bildni<'5=r'  derjenigen  grolien  Männer 
Englands,  die  aus  diesem  College  hervorgo^ai^t^un  sind.  Beim  Bildnisse 
Bacons  angelangt,  flOsterte  der  gute  Herr  gleichsam  nnwillkflrlich :  doiCt 
We$  <ftw  man.*  Bei  diesem  Änlane  sei  erwfthnt^  dass  diesmal  wie  in 
Cambridge  immer  bei  Einladungen  wfthrend  des  Meeting  ninfcrmal  dres$* 
oincTpx  bärft  wurde,  ein  fiir  diejenigen,  die  im  Jahre  1898  am  Summrr 
Meeting  in  Cambridge  theilnehmen  wollen,  nicht  unwichtiger  Umstand. 

Die  Vorlesungen  waren  so  ein^jpfheilt,  das"  sie,  mit  AiT^iiiihinr'  der 
Pausen  für  die  Mahlzeiten,  so  ziemlich  den  ;,'.in7,"n  T;i^  in  Anspruch 
nahmen;  selbst  nach  dem  dinner  wurde  um  8  Uhi  oü  Minuten  gewöhnlich 
noch  ein  Vortrag  gehalten.  Die  Nachmittage  am  Mittwoch  und  Samstag 
wurden  mit  Ausflogen  in  die  Umgebung  oder  mit  garden  paarUea  aus* 
gefiUlt,  wie  ja  Oberhaupt  die  Leiter  eifrig  darauf  bedacht  waren,  die 
Theilnehmer  einander  nfther  su  bringen  und  die  Geselligheit  tu  beben. 
Zur  Abwechslung  wurde  auch  eine  Schauspielertruppe  nach  Tarnbridge 
berufen,  die  zwei  Shakespeare'sche  Stücke  aufführte:  As  you  likf  it  und 
Much  Ado  aboi/f  Nothing.  Unter  den  wi3senj»chaftlichen  Ausflüi^cn  s'  i 
derjenige  nach  Kly  i\U  besonders  lehrreich  hervorgehoben,  wo  ihe  Vertf  Jiev. 
C.  W.  Stubbs,  Dean  of  Ely,  in  Verbindunir  n)it  F^^r.  V  II.  Stanton,  Pro- 
fessor of  Divinity,  die  schöne  Kathedrale,  da^  Werk  Alan  de  WalMng- 
hamfMt  den  Theilnehmeni  seigte  und  daran  einen  fesselnden  Vortrag  knflpfle. 

Es  kann  nicht  meine  Absicht  sein,  die  Vortrftge  einer  Kritik  zu 
unternehen;  es  sei  nur  soviel  erwähnt,  dass  an  diese  Vortrftge  nicht  der 
Maßstab  unserer  Universitfttsvorträge,  ohne  ungerecht  >u  werden,  angelegt 
werden  darf,  wie  es  gelegentlich  wohl  in  Zeitechrifken  geschehen  ist,  da 

„österr.  MilMUcbol«".  XI.  Jtiug.  $ 


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114 


SliacelleD. 


sie  andere  Ziele  und,  wie  oheh  anpsdeutet,  v^r-c  huHlon;iitig  vorgeliildete 
Zuhörerschaft  voiausaetxen.  Von  den  meisten  Icctnrers  kann  man  aber 
äa{:rfn.  da.s.-<  sie  mit  der  Mei.stei%»chaft,  die  nur  ein  vollkommen  mit  dem 
Stotie  Vertrauter  bcäilzt,  das  Wissenswerte  henui^ehoben  haben:  ich  er- 
innere nur  be»|»6ltweiae,  wie  klar  A.  J.  Orant,  tf .  A.,  Ktnfp*«  College,  in  der 
kunen  Zeit  von  swei  einslflndigen  Vortrftgen  die  Zeit  Riehelieiie  geeehildert 
hat,  wie  geadiiekt  er  die  oft  recht  Terborgeoen  FUden  der  eoropäiichen 
Politik  aui^^eekt  kat,  die  in  der  Hand  des  fraoafinachen  Ministen  stt- 
sammenliefen.  Unerwähnt  dürfen  auch  die  durchaus  gelungenen  Demon- 
stration lAssons  dfr  Herren  Holman  und  Sonnenschein  nicht  bleiben.  In 
den  Vorträgen  über  Kunst.  Anthropoloffip,  in  historisch -geographischen 
und  anderen  Vorträgen  wurde  vielfach  tliu  Lampe  in  Verwendung  ge- 
nommen und  erwies  sich  als  ein  vorzügliches  Lehrmittel:  auf  Commando 
ersdnenen  die  schiBnsten  Kunetwerke,  die  pcftohtigsten  Landkarten  a.  a.  w. 
auf  der  gespannten  Ldnwand,  erleichterten  die  Mflhe  des  Vortragenden 
nnd  erfreuten  das  Auge  der  oft  müdm  Zukfirerschait 

Die  wissenschaftlichen  Vorträge  waren  nicht  die  einzige  Gelegenheit, 
ein  mustergiltiges  Englisch  zu  hören.  Der  bekannte  englische  Sonntag  kann 
ja  nicht  besser  als  in  der  Kirche  zugebracht  werden;  so  hörte  mau  an 
jedem  Sonntii^^  zwei  bis  drei  vorzügiiche  Kirchenredner,  wie  z.  B.  den 
bereits  erwiihntea  Dean  of  Ely  u.  a.  Vorträge  knüpften  sich  auch  an  die 
Besichtigung  der  Colleges.  Überdies  hörte  man  noch  außer  dem  Kähmen 
«kniende  Vortrflge  nnd  Diacnaeionen über  ^Cooperalti(m*t  zwei  „Conferenceä^ 
aber  „The  enlargmnent  of  Ifte  opporbmUie»  of  Higktr  Edueatim  for 
iho§e  engaged  in  MuHHal  purtnüts*  und  ^7%e  piace  ofünxoermty  Ebc 
tension  in  a  systein  of  National  Higher  Kdxtcation"  ^  endlich  die  am 
Dienstag  abends  stattfindenden  „Debates''  in  Union  Socioty. 

Das  f^anze  Meeting  zerfiel  in  zwei  Theile:  vom  30.  Juli  bis  iL'.  Auj:fust, 
und  von  da  an  bis  24.  August.  Kin  Hilh't  uro  je  1  £  ^'ewährte  den  Zutritt 
zu  a\lcu  Vorlesuugeu  eines  der  beiden  i'heiie;  für  beide  Theile  wurde  ein 
Billet  um  1  M  10  s.  gelöst. 

Ein  großer  Theil  der  Theilnehmer  verließ  Cambridge  schon  nach  dtt 
ersten  Hftlfte  des  Medmg^  andere  kamen  erst  in  der  zweiten  H&Ute  an. 
Da  Montag,  den  84.  Augtnt,  keine  Vorlesungen  mehr  gehalten  wurden, 
eilten  Samstag  viele  Theilnehmer  nach  London,  um  da.selbst  noch  einige 
wenige  Tage  zuzubringen.  An  diesem  Tage,  dem  22.  August,  fand  auch 
der  feierliche  Schluss  des  MeeUr^  statt,  wobei  der  Vice-ChanceUor  G.  Smith 
die  AbschieUttrede  hielt. 

Das  ganze  Arrangement  de*!  DIchUikj  Va^^  in  den  Hrmden  des  überaus 
thätigen  R.  D.  Roberts,  M.  A.,  lott  Fellow  of  Cläre  CoUtgt^  Secretary 
for  LedttreSf  der  unermadlich  bei  jeder  Vorlesung  anwesend  war  und  bei 
jeder  Gelegenheit  den  Theilnehmern  an  die  Hand  gieng. 

Noch  ein  Wort  über  die  Unterknnft  Wie  oben  erwähnt,  wurde  eine 
Liste  von  Wohnungen  veröffentlicht.  Außerdem  nahm  das  jüngste  der 
Colleges,  das  Selwi/n  College^  56  Herren,  das  Netvnfiam  College  G3  Damen 
und  Teachers'  College  54  Damen  auf.  Ich  will  durchaus  nicht  entscheiden, 
ob  es  vorzuziehen  sei,  in  einer  Familie  oder  in  einem  Colletje  zu  wohnen; 
jedentalLs  haben  beide  Arten  der  L'ntfrkunt't  ihre  Vortheile.  Icli  wohnte 
im  Stlwyu  College  und  könnte  alä  Nachlheil  nur  den  Umstand  hcrvor- 


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Miscellen. 


115 


faeben,  dam  die  InsiMeii  denelbeo  sebr  weiten  Weg  in  die  Tenchiedenen 

Höra&le  sn  machen  hatten.  Die  Lebensweise  im  Sdiryn  College  ist  fa«t 
dieselbe,  wie  sio  bezüjflich  Oxfonl  in  der  «Zeitschrift  für  das  Realaohal- 
wesen".  XXI.  Jahri^anp.  S.  'JOS,  von  Dr.  .Tohann  Ellini^er  beschrieben  wurde, 
worauf  ich  den  Lespr  hiemit  verweise.  Als  Dank  für  die  Höflichkeit  sei 
erwähnt,  da«  The  UiylU  llev.  JiUhop  Selwyn  uml  die  FellowH  of  Sdicyn 
College  den  Insassen  je  einen  vergnü^ften  Abend  gaben.  Ich  bin  persön- 
lich dem  Mr.  Brown,  F^tow  of  Sdwyn  CoUegt,  für  die  freondliche  und 
angendime  Oewllaebaft,  die  er  mir  vor  «einer  Abreise  nach  dem  Continente 
in  den  ersten  Titgen  des  MetÜngf  leistete,  fn  großem  Danke  verpflicbtet 
Schließlich  sei  mir  gestattet,  einige  Wahrnehmnngen  bezüglich  der 
Auasprache  hinzuzufügen;  ist  es  ja  doch  diese,  die  uns  fremde  lichrer  be- 
sonders interessiert.  Und  wo  hlltte  man  eine  bessere  Gelppr^*nh.  it,  derartige 
Beobachtungen  zu  niuchen  als  hier?  Kinijjfe  Coüerreii  haben  behauptet,  da** 
ihnen  der  Inhalt  d«r  V  orlesung,  als  nebeu^üchhch,  vor  den  Au-sspracliestiitlien 
entgeht.  Bei  diesen  Studien,  sowohl  in  Vorträgen  als  auch  im  Verkehre 
mit  den  ans  allen  Ecken  und  JBnden  des  Lande«  snstrSmenden  Engländern 
stellte  sieb  immer  heran«,  das«  die  phonetisch  Gebildeten  «cbftrfer  beobach- 
teten und  genauer  hSrten  als  solche,  denen  diese  WiiBenschaft  fremd  ge- 
blieben ist.  Dan  Stadium  der  Phonetik  wird  somit  all<  n  als  Vorbereitung 
xur  Reise  ins  Ausland  aufs  angelegentlichste  angerathen.  Es  ist  wohl  nicht 
möglich,  alle  Einzelheiten  anzuführen,  ich  will  mich  auf  jene  Punkte 
be^ichränken.  die  in  unseren  landläutigeQ  Lehrbüchern  wenig  oder  gar  nicht 
beachtet  werden. 

Die  Ausspiache  der  Wörter  wie  your^  eure,  sure,  durintf  sollte  nicht 
jOr,  hjiir^  i&r,  djitring  angegeben  werden,  denn  heute  hört  man  auch  in 
gelnldeten  Classen  nur  S&r^  kj&r^  i6r,  djSring,  Q.  HOfer-Wiesbaden  be- 
stätigt diese  Wahrnehmung,  indem  er  in  seinem  sehr  lehrreichen  Aufsatae 

,Die  moderne  Londoner  Vulgärsprache"  in  der  Zeitschrift  „Die  Neueren 
Sprachen",  IV.  Band,  S.  101,  sagt:  , Einen  :>-laut  xeigt  auch  das  ^'ebildete 
englisch  in  diesen  Wörtern,  doch  i.-^t  »  r  nicht  gsinz  »o  offen  wie  der  vul- 
gäre nnd  amli  verschieden  von  dem  schrittengl  n-1aiit  in  pore,  shore  etc. 
Diese  neue,  zwis^rhen  o  und  o  stehende  au.ssprache  ^iit  jetzt  ....  al.s  die 
feinste  und  lu  rrscht  uUgtiii'Mn  anf  der  bühne."  Ein  neuer  Heweis.  da«« 
die  Vulgärsprache  die  IJuhn  zeigt,  auf  welcher  die  Schriftsprache  in  künf- 
tigen Generationen  wandeln  wird.  Die  sogenannten  r- abhängigen  Laute 
aeigen  die  Neigung,  den  sonst  gedehnten  ersten  Bestandtheil  zu  kfiraen 
und  den  sogenannten  Stimmten  zu  dehnen:  here  lautet  also  h^;  es  ist 
eine  Art  fallender  Diphthong  mit  recht  gedehntem  zweiten  unbetonten 
BeatandtheUe.  l'aiint  hängt  auch  die  bt  utige  Aussprache  des  Wortes  year 
zusammen:  unter  ilen  Hunderten  von  Fallen,  in  denen  ich  da.s  Wort  von 
verschiedenen  Leuten  sorerlien  sj^ehTa-t  h;il»e.  lir>rte  ich  nie  jh  (vielleieht 
gar  mit  lanj^em  ?!V  •^on«iern  nur  ,/j  Diesen  Laut  hat  auch  Miss  Soames 
erkannt.    Wenn  icii  mm  binziitiige,  dum  auch  anderen  ( 'ollegen selbst 

■)  Ich  fQkru  bfispielsweiMC  Prof.  Fr.  Bock  au,  der  im  XAil.  Jiiht^sbi'ricliie  der  k.  k. 
Staau-Oberrpaltchnl"  fn  T«'i»rhi»n  in  nHncm  bpachtpnswortcn  Aufratzc  „Wdchp  engli«ctie 

Aiix-Hprache  »olltT  "ii  1.  hr' ii  '  ",  S.  clioi  llM-  WiihrtuOiiiiuti^  macht,  sich  :ihi  r  fHi  Swcft!« 
ÜexeicUnuug iüf  im  Schuluut errichte  euuchcidt-i,  troudem  er  eiu  paar  Zfilen  davur 
MM  Mlw  Soame«'  Werk  dtiert :  „it  i»  mlg  hg  a  tpecitU  <ffcrt  tkat  onjf  <m  can  pnmoiunee  year 

8* 


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llü 


Miscellen. 


aolchen,  die  die  Phonetik  nur  dem  Namen  mich  kennen,  diese  Aussprache 

aafgefallen  iüt,  ao  kann  es  WOhl  keinem  Zweifel  unterließen,  dass  die 
Schulbücher  davon  Kenntnis  zu  nehmen  haben.  Besondere  Hucksicht  ist 
auf  flie  Quantität  der  Vocale  zu  nehmen.  Es*  ist  wohl  schon  bekannt,  dass 
die  Vücaiti  in  «^»'schlGäsenen  Sill>en  nicht  alle  gleich  kurz  (1)  sind,  dum  sie 
vielmehr  (besonders  vor  .stiaiui haften  Consonanten  gedehnt  werden: 
man  bezeichnet  den  Laut  in  solcher  ätelluug  gewöhnlich  als  halblang, 
z.  B.  in  tfto^f  ^  (auch  im  Plor.  tuen)  wird  man  kaum  fehlen,  wenn 
man  ihn  als  lang  beseiehnet 

Die  Consonanten  idnd  die  Stiefkinder  der  Schulautsprache.  Der 
Schwund  des  postTOcalischen  r  ist  so  zienilloh  alles,  was  verseichnet  wird. 
Es  ist  durchaus  nothwendig,  darauf  zu  bestehen,  dass  das  r  vor  Vocalen 
kein  eigentlicher  ?'-Laut  ist,  sondern  so  klini^  wie  bei  einem,  von  dem 
man  sagt,  dass  er  kein  r  au  sprechen  vernia«^.  (Itnado  wefff^n  dieses  matten 
r  werden  di»»  Engländer  dem  Fremden  leicht  uuverbLaiidlich.  Ebenso  zu 
betonen  iat  das  harte  Z,  wodurch  sich  auch  seine  Vorst  uiuuuing  in  /oik, 
walk  etc.  ecklArt.  Gans  besonders  möchte  ich  auf  das  englische  dorsale  t 
anfinerksam  machen,  wie  Vietor,  Phonetik,  L,  S.  145,  §  109,  Anm.  ],  den 
Laut  charakterisiert;  wenn  sich  auch  Victor  in  der  Erklftmi^  im  Gelten- 
satae  sa  Sweet  befindet,  der  den  Laut  mit  flacher  Zange  an  den  Al- 
veolen gebildet  wissen  will,  so  ist  die  akustische  Wirkung  wesentlich  doch 
dieselbe.  Man  kann  eben  denselben  Laut  auf  verschiedene  Weise  Hilden. 
Meinten  Erachtens  ist  ili«.'  .Articuhition^st*»!)©  dieselbe  wie  bei  .s;  daher  hat 
man,  wt'nn  der  Englander  trinity  »pricht,  fast  —  ich  saj»e  fastl  —  de« 
akustitichen  Eindruck  von  tsinitM.  Ich  möchte  auch  erwübueu,  dass  vielen 
aufgefallen  ist,  ciumeft  und  ehanges  gelegentlich  mit  stimmlosem  End- 
consonanten  (^rechen  zu  hören:  tieinti  und  tieinzis  (oder  tSemdiüf)  statt 
Uemi  und  UtMiz  (oder  Uemdi  und  Ueindiiz), 

In  Mureta  encyklopädischem  Wörterbuche  wird  hei  „direct^  die  Aus- 
sprache dairect  als  Provincialismus  des  Xordcns  bezeichnet:  alle  Vor- 
tragenden dns  Meeting  sprachen  das  Adverb  iUracUy  nur  mit  dem  Di- 
phthong in  ikr  ersten  Silbe. 

Von  ^'o!-''*'!-  Wichti«^keit  ist  auch  die  Intonation  der  Sprache,  ilie  so- 
genannte Satzmelodie:  an  dieser  erkennt  mau  unzweifelhaft  bei  den  ersten 
Worten,  ob  man  viel  mit  £nglftndern  umgeht,  denn  man  eignet  sich  die- 
selbe unwiUkflrIich  sehr  bald  an.  Ich  habe  in  Ounbridge  einen  belgischen 
Studenten  kennen  gelernt,  der  nach  viencehn  Tagen  gans  gut  englisch 
intonierte,  ohne  auch  eine  Alinung^  davon  zu  haben,  dass  über  diesen  Thetl 
der  Aussprache  hm^'e  Capitel  in  der  Phonetik  handeln:  dieses  Feld  lag 
ihm  umso  ferner,  als  -icin  Fach  weder  Englisch  noch  Philologie  überhaupt 
ist.  Ein  juuger  Handels betlissener  aus  Deutschland,  dessen  Bekanntschaft 
ich  in  TiOndon  gemacht  habe,  intoniert  nach  einem  ein jilhrii,''en  Aufenthalte 
in  Loudo»  sogar  seine  Muttersprache  nach  englischer  Art.  Dagegen  habe 
ich  noch  keinen  Menschen  kennen  gelernt,  der  die  nationale  Satsmelodie 
einer  fremden  Sprache  ans  Bachem  nach  den  IQr  die  Musik  giltigen  Noten 
gelernt  h&tte.  Selbstverständlich  ist  die  Satsmelodie  auch  das  erste,  was 
ohne  Verkehr  mit  Vertretern  des  fremden  Sprachstammes  ebenso  schnell 
ebgebQßt  wird.  Lasst  uns  also  fieißig  und  sahireich  an  den  Summer 
Meetings  theilnehmen!   


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117 


Vergleichende  Bemerkungen  zur  Homer- 
Leetüre. 

Von  Dr.  J.  Simon,  k.  k.  Gymnanallehrer. 

Wie  beim  Wandem  Bvf  claMMehem  Boden  eine  vergleichende  Be- 
^achtong  Tergongener  und  gegenwärtiger  Cnltur  den  Geist  in  ansaehenditer 
Weise  beschäftigt,  so  bietet  es  anch  bei  der  altclaatischen  Lectflre  beson- 
deren Reiz,  antike  und  mo  1  i  ii  .\n3cbauunff  in  Verbindung  ru  brinj^n. 
Für  derartige  Verbindungfifaden  liefert  jedoch  kaum  eine  andere  Schul- 
lectflre  reichlicheren  Stoff  al«  dio  honiriisrhe.  Während  irh  in  meinem 
Aufitiitze  .Zur  Behaodluuu'  <1'M-  IIomtM-Lcctüre  ;itn  llyiiinaaium"  frpl.  di^se 
Zeitschr.  1892,  S.  60)  den  Wert  die-cs  ( ifsirbtsinuiktes  für  die  Vcrtiofunpr 
und  Belebung  der  Homer -Leetüre  nur  im  allgemeinen  berührte,  möchte 
ich  in  den  folgenden  Zeilen  an  einigen  besonderen  Beispielen  den  Natsen 
der  vergleiehenden  Behandlang  homenscber  Stellen  beleuchten. 

Besonders  F.  Rätsels:  Vfilkerkande  (Leipiig  1887)  nnd  G.  Hartwig: 
Die  Inseln  des  Stillen  Occan^  (Wiesbaden  1871)  ergaben  reiches  Material 
zn  colturhistorischen  Parallelen. 

Wir  beginnen  mit  Ilias  I,  v-.  227:  'yr.-  )/,/öv?,»  ilv/x>  sov  ajitirf riitv 
^  Sf'i'Mi-f  li-Xt^tn.^  ^'jjuü.  Da.ss  ein  Hold  nit  lit  vfrsrhiiiilht,  «ich  in  einen 
Hiiit«  ihalt  zu  legen,  ja  dass  At  hill  in  >^ol(  her  That  sogar  Grund  zur 
Prahlerei  gegen  Agamemnon  findet,  mag  iVu  unsere  heutige  Anschauung 
befremdend  klii^^en.  Und  doch  steht  diese  Art  der  Küegflfihrung  im  Ein- 
klänge snr  Völkerpsychologie.  Denn  tbatsftchliob  halten  auch  Naturvölker 
der  T^eowit  einen  Cberfall  ans  dem  Hinterhalte  ftlr  einen  ebenso  kfihnen 
Streich  als  den  Angrifl'  auf  offenem  Felde,  „wie  denn  namentlich  die  In- 
dianer Amerikas  ihren  Ft  ind  in  eine  Falle  au  locken  oder  aus  dem  Hinter- 
halte zu  beschb^ic  lit  n  pflegen  und  in  derarti?f^r  überlistung  ihren  Ruhm 
eacben/  (Buchholz:  Die  homerischen  Realien  Ii,  S.  311.) 

Ilia?«  I,  v*.  ;ji)4  11.  Nachdem  Agamemnon  die  ver«ami<i"lt<  n  Ar^'<'it  r 
mit  kräftigen  Worten  aulgefordert  hatte,  sich  zum  Kaiuin  '  zu  rüsten, 
eilen  die  Mannen  ans  der  Veiaammliing  anter  einem  Lärm,  tu;  ^»-t  tJ>^ 
hxT^  ev"  'vy\f{u^f  oTf  xtvr^Tij  Noto;  cXdiuv,  icpo^X^u  qimmiI)j|i.  Interessant  ist 
es,  dass  dieser  Vergleich  auch  im  Monde  der  Schlachtenredner  des  Tahiti- 
stammes ertönt:  „Rollt  über  die  Feinde  hin  wie  die  Wogen,  werft  euch 
auf  ihre  Reihen  brüllend  und  schäumend  wi»-  dt  r  über  die  Ritfe  sich 
wälzend.»  Ocean'  Hartwi'^r  n.  a  0.  S.  202\  Mit  ähnlichen  Worten  mögen 
homerische  llclib-n,  wie  diu  (mi^*  o:[u'^'r,  AioM-r^vr :  odor  MsviXao;  vor  Be- 
ginn der  Srhim  lit  ihr*'  Si  harpn  7^n?n  t-rlatttTten  Katnjit'o  entflammt  haben. 

Hins  iV IIG:  sx  o  s/.ex  lo/  fx\jK-t^'t.  "i'^ui^'^t.,  jxe/,'ji:viujv  Ej>}i.'  Ö0')vcI»iiV. 
Das  Epitheton  nx^pos'.;  l)eim  Pfeile  im  bildlichen  Sinne  zur  Bezeichnung 
der  Baschheit  des  Fluges  analog  den  hm.  «rspotvt'x  aufenfassen,  scheint  mir 
im  G^ensatze  zn  Bachholz  (a.  a.  0.  II,  3,  365)  unwahrscheinlich.  Die 
homerische  Sitte,  das  Pfeilende  zur  Beförderung  der  Flugkraft  mit  einem 
Federbarte  auszustatten,  begegnet  auch  bei  den  amerikanischen  Hyper- 
boreern; mit  Vorliebe  sollen  diese  Babenfedem  gewählt  haben  (BAtael 

')  Mao  MÜUK-n-  <l<-n  Si'hüi'T  Ixm  •lic-'i'n  Worn  ri  nn  .S-hlllpr,  der  in  win«in  .,Tcil"  <III,  3) 
anrh  vöid  Bojrcn  «1»  „Brinf(i>r  bituvr  ScbtiM^ntro"  spricht. 


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118 


Miscellen. 


a.     0.  S.  740),  wie  denn  auch  rar  Zeit  Homen  füx  die  Befiederang  det 

Pfeile  die  Schwingen  größerer  Vögel  verwertet  werden  mochten. 

Hektors  stolse  Äußerung  in  Ilias  VI,  vs.  441  fif.:   ^Ich  scheue  Trojas 

Männer  Tinsehr  wenn  ich  hier  wio  ein  Feij^pr  »»ntfernt  das  Treffen 

vernu'ide;  ....  ich  lernte,  immer  tapferen  Mutlies  zu  sein"  findet  noeh 
heutö  Wiederhall  Wei  den  vornehmen  Fürsten  der  Saiuüain.sel.  Auch  diese 
rechtfertigen  ihren  Ueburtsstolz  mit  deiu  üchüoen  Grundsatze,  den  Uubui 
der  Vorfiihren  von  allem  Ifokel  frei  su  halten  «.vgl.  auch  des  Olankoe 
Wort  Ilias  VI,  809:  ^r^ok  ^^voc  lestfipittv  aloxo^F^)  und  ihn  durch  ein 
gleicbee,  tapferes  Vorgehen  unbefleckt  der  Nachwelt  su  llberliefern 
(Hartwig  a.  a.  0.  S.  357). 

Ilias  XI,  393:  , Seiner  Vermählten  daheim  sind  zerriseen  die  Wangen." 
Wie  die  Gattin  des  im  Kriege  gefallenen  homerischen  Kriegers  vor  Schmerz 
und  Jammer  sich  zerfleischt,  so  ortenbarte  sich  auch  bei  den  Krauen  an- 
derer Natnrvölker,  z.  B.  der  Tahitier,  der  J^chmerz  in  d»ni  wildesten,  sieh 
selbst  (juäleudeu  AuMbrücheu.  Man  begnügte  «>ich  nicht  mit  dem  Zerrauteu 
der  Haare  (vgl.  hiera  ilias  XXII,  405  Hekabes  Schmer»),  sondern  schlug 
die  Wangen  mit  den  Fttnsten  gans  schwanblau  oder  serscbnitt  sich  Gesieht» 
Brust  und  Arme  (Hartwig  a.  a.  0.  S.  800  und  879).  Wie  anderseits  Aehtll 
in  seinem  an  Wahnsinn  grenzenden  Schmerze  um  Patroklos  sein  Haupt 
mit  Staub  bestareut  (Ilias  XVII I,  va.  23)  oder  Priamos  unter  den  Qualen 
des  Schmerzes  um  Hektor  sich  auf  schmutziger  Erde  wälzt  (llia.*?  XXII,  414; 
XXIV,  H39),  HO  geberden  sich  auch  die  Männer  unter  den  l'ahitiern  und 
Polynesieru  vor  JfchuierÄ  beim  Tode  eines  Verwandten  oder  Freundes  wie 
wahnsinnig  (Hartwig  a.  a.  0.  S.  200). 

Ilias  XVm,  TS.  497  ff.  Über  die  Anffiissung  dieser  Stelle  auf  Grund 
vergleichender  Betrachtung  Tgl.  raeinen  Aufsat«  „Zur  Qerichtsscene  auf 
dem  Achilles- Schild'  (Tgl.  diese  Zeitschr.  1688).  Den  Gegenstand  des  in 
jener  Homer-Stelle  gescliiUlerten  Processes  bildet  die  Entrichtung  eines 
Sühngeldes.  Wie  bei  den  Griechen  der  heroischen  Zeit,  ist  noch  jetzt  bei 
den  Corsen,  Montenegrinern,  Arabern  xind  Neugriechen  die  Sitte  der 
Blutrache  im  Sehwnnge.  Doch  konnte  bereits  in  homerischer  Zeit,  wie 
heute  auch  bei  den  erwähnten  \'«tlkern,  der  Todtschläger  =ich  vor  der 
Blutrache  durch  ein  Sühugeld  sichern,  dessen  Höhe  nach  Lbareiukommeu 
bemessen  wurde,  i) 

Ilias  XXMf  TS.  66  ff.  gibt  Prismos  der  Belttrchtung  Ausdruck,  dass 
sein  Leichnam  «zerfleischt  Ton  blutfperigen  Hunden"  daliegen  könnte«  und 
TS.  388  beschwört  dei-  sterbende  Hektor  den  Achill,  ihn  »nicht  von  Hunden 
zerreißen  zu  Ias«;en".-)  Doch  Achill  „ersinnt  schändlichen  Frevel  an  Hektor» 
Leiche.  Beiden  Filßen  dnrchbohrt  er  hinton  die  Sehne  zwischen  Knöchel 
und  Ferse  und  durchzo*,,'  sie  mit  Hienien,  band  sie  am  Streitwagen  fest 
und  sclileilt  den  Leiclinani  durch  ilie  Gefilde"  (vs.  395  ff.).  Aus  tierartigen 
Sttilltiu  (vgl.  auch  Ilias  XXIV,  14  ff.)  ersehen  wir,  dass  die  hümerischt-n 
Krieger  sich  nicht  immer  mit  der  erbeuteten  RQstung  begnügten,  sondern 

*}  Kash  altcretiaclieia  Kcchtc  (vgl.  meino  Arbeit  „Zur  luBcbrift  von  Gortyn",  Wieo 
IBS/it  8.  23')  und  nach  altg<erraiinl!K>hrTn  Tti'chto  (vgl.  J.  Grimm:  ,, Deutsche  Be^htstlterthOmer'*, 

8.  670  ff.)  «..I  H  Mi.    .1.-  <lr^,fL'.  t.l.  »  f.  M  'ostollt. 

Dicsti  bei  Horner  nicht  M-lienc  Druhung  beguguct  iu  der  »püiereii  Z«*il  nur  in  Vcr- 
wttDucbnnKiifiMiQvln ;  so  vot  einer  Gmhliufchrift  bei  Kalbet :  Epiffrawmafa  grnte«  tx  biptdihu« 
«mUda,  Nr.  VSH, 


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Miscellcn. 


119 


manchinal  mit  «otmenschier  Granninkeit  die  Leiche  des  gefaUenen  Feindes 
miMhandelten.  Diese  ftlr  nnser  Gefühl  empörende  Seite  des  homerischen 

Kriej^slcbens  steht  nicht  vereinzelt  da,  sondern  wird  TOn  Naturvölkern  der 
Neuzeit,  wie  x.  B.  von  den  Tahitiern,  an  Grausamkeit  no(  h  übertroffen. 
So  erzahlt  Hartwijr  (a.  a.  0.  S'.  203):  , Während  der  Schlacht  steigerte 
«ich  zuweilen  die  Wuth  der  Tuhitier  zu  oin>  r  sololien  barbarischen  Hohe, 
dass  ein  Krieger  «einen  gefallenen  Feind  mit  der  schweieu  Keule  platt 
schlug  und  dann  mit  seiner  steinernen  Streitaxt  ein  Loch  durch  die  Mitte 
hieb,  dntch  welches  er  seinen  Kopf  steckte,  wie  er  es  sonst  bei  seinem 
Mantd,  der  Tipota,  zu  thnn  pfl^^." 

Schon  diese  wenigen  Beispiele  dOrften  den  Nachweis  erbracht  Inben» 
dass  die  Homer- Lectnre  dnrch  eine  vergleichende  Betrachtung  die  Vor- 
stellung des  Schülers  zu  belel>en  und  sein  Intere*?*'^  wissentlich  zu  erhöhen 
vertnas^'.')  Durch  dieses  piidagORi^^fl^*^  Mittnl  wird  (Ui.>  Bild  lilnj^t  ver- 
gaTit:('n»  r  Cultur  seines  fremden  Uahiiienj4  beraubt,  und  die  Scheuklappen, 
rait  dunen  die  Schüler  lioson^U  rs  un  die  Honier-Lectöre  herantreten,  werden 
durch  den  Hinweis  auf  ühnlicbe  Erscheinungen  gegenwärtiger  Cultur  mehr 
oder  weniger  beseitigt. 

A  'Mfabilieber  bespracli  ich  dioset  Them«  in  der  K«>bnianiisung  der  Pngn  „Pentacheti 

MUtclscüulc". 


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Literarische  Rundsctiau 


Otto  VVilliuanu;  Geschichte  des  Idealismus.  In  drei  Bünden.  Zweiter 
Band:  Ber  Idealismiiä  der  Kircbeniräter  und  der  Bealiämiu  der  Scholastiker. 
Bnuuuchweig  1896.  652  S.  9  Mark. 

Der  chri-fli(ln'  Mtaüsinus  ist  die  Vollendung  des  ^antiken.  In  der 
preschichtlichen  Entwicklung  zei^ft  sich  eine  überniscliende  Ahnlit  hkeit.  in 
der  antiken  Welt  schlössen  aich  zuerst  bei  Pythajfora.s  Mystik,  Forschung, 
gesetxhafte  Elemente  zusammen  zu  einer  Philosophie,  die  Idealiätnus  ge- 
nannt werden  muas;  or  Jand  Mittelglieder  /wlsi  ln  n  d.  ni  ;^'öttlichen  Urgrund 
und  den  Dingen  in  den  Zahlen,  in  der  Harmonie,  in  der  Form,  den  Ge- 
stalten (r.xövBc,  rS*»)),  ans  der  Gottheit  iitamniend,  aber  nicht  sie  seihet ; 
nicht  von  den  Dingen  getrennt,  no' h  weniger  (u-liildo  unseres  Geistes. 
Die  Sophisten  erkannten  weder  m,  noch  über  den  i>iuifen  ein  Gesetz  an, 
das  der  Willkür  des  Subjectes  Grenzen  setzen  könnte;  da.s  Allgemeine  ist 
ihnen  nur  ein  Prodnct  de»  men.schlichen  Geistes;  seinen  Zeichen  entspricht 
nichts  Realen:  äe  sind  Noniinulisten.  Gf>j,'en  sie  w('n<Ietp  Mich  Sokrates, 
und  Plato  bildete  die  Lehre  von  den  Ideen  aus.  Sein  Ideiilismu^  ist  g^eu 
den  Muteriultsmus  gerichtet,  bedorfte  a^r  selbst  der  Berichtigung,  die 
durch  Ari>ti»t«:los  erf^ilf^te.  „Die  jetzt  gewonnene  Anschannng^  ist  Realinmus 
im  doLtuelten  Smne,  sowohl  dem  Nooiinalisinu.s  gegenüber,  weil  sie  das 
GedanKliche  als  Daseinselement,  also  als  Keales  fa^t.  als  auch  der  Plato- 
nischen Tmnsscendenzlehre  gegenülier.  weil  sie  den  Dingen  eine  Realität 
zu.spricht.  welche  dieselben  nicht  ledijrlich  von  Hon  Tdeen  zu  Lehen  tragen" 
(S.  105;.  Die  Stoiker  fielen  in  den  Nominalismus  zurück;  die  Neuplatoniker 
griffen,  wie  schon  ihre  Benennung  sagt,  auf  Plate  zorflck  und  suchten 
eine  Aii'^gleichuni?  mit  Aristoteles  zu  gewinnen.  ,Der  Realismus  behält 
das  letzte  Wort,  der  Nomiualismuä  erscheint  nur  als  eine  wiederkehrende 
£pisode"  (S.  352). 

Ähnlich  ist  nno  die  Entwicklung  in  der  christlichen  8{H>culation.  In 
der  patristischen  Zeit  wird  von  den  idealen  l'rincipien  lUsit/  frgritfen. 
Bei  Augustinus  verbinden  sich  dixs  mystische,  das  speculiitive,  das  gesetz- 
hat'te  un<l  das  historische  Element  zur  innerlichen  Kinheit:  aus  der  Mystik 
der  Demuth  erw:i<"hs-t  <eine  Speculatioii.  uiid  \vi(»  .jene  im  Go-^ctze.  so  findet 
der  rationale  Zu^  seines  Philosophicreus  seinen  Rückhalt  in  der  Geschichte. 
Die  Leitlinien  sind  die  specnlativen  Elemente  des  Johannes -Evangeliums 
und  der  Paulini.schen  Briefe;  von  denen  aus  macht  er  den  Ideulismus 
IMatons  und  Platins  dem  Evanirplium  dienst Imr  Philo  si  li.ltzt  er  von  allen 
i'lul«>.HOphen  am  hüchsten.  W  .is  d«  n  Dinj^en  Halt  und  Kern  f^'ewäiirL,  ist 
das  Gedankliche,  das  zurü«  kg<-ht  tut  i^  Ht liehe  Gedanken  und  lUtbschlQsse. 
Die  allgemeint  n  li'-^rüfi«  sind  dab'  r  n:i  lit  tin^'ere  Denkbehell'e,  FAntlern 
gehen  auf  ein  Wesenhaftes,  die  Ideen  zurück,  an  denen  da.s  Sinnlich- 
Wirkliche  theilhaben  muss,  nm  za  existieren.  Solche  Lehre  wehrte  dem 
Materialismus  wie  dem  Skepticismns.  Aber  aus  dialecti.scliem  f  bermuthe 
(wie  bei  den  Sophisten!  erhoben  sich  später  Meinungen  ("^lotus  Krti^ena; 
Roscellinus),  welche  erklärten,  die  allgemeinen  Wcsenlu  iten  seien  nichts 
als  der  Hauch  der  Stimme;  die  Zu.'<aminenfassung  mehrerer  Kinsselwesen 
unter  einen  Be^rriH'  nii  iit-  .il-  »-in  <ul)if.  t  i vor  Art  Kutgegen  diesem 
Kominalisuius  ist  die  Scholastik  (Alberlus  Magnus,  Thomas  von  Aquin, 


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Literansciie  itumhciuiu. 


121 


daher  zuerst  AlbertismuH,  apüter  ThoniiMnuHl  Keali.Hmiu  »in  demselben 
doppelten  i?inne.  wie;  e«  die  Aristotelische  Philosophie  war:  sie  gesteht 
den  iSiunendingen  wahrbnite  liealität  zu,  über  sie  erklärt  zugleich  dm 
Ideal«,  dos  Intellegible,  in  wolchem  sie  da«  Weten  der  Dinge  findet,  f&r 
ein  D  i^einaelement,  »liO  f&r  mehr  ab  ein  Product  menechlicnen  Denkens** 
(ü.  322V 

Wie  über  itn  Alterthnme  infolge  einer  Erachlafi'ung  des  Denkens  ein 
KiK  ktall  in  den  Nominalismus  eintrat  iStou).  so  kommt  in  der  Sohohistik 
<{>■  XIV.  .T.ilirhunderts  ein  ernpiitn-  Nominalisnin«?  niif,  dem  \a<hl:iHsen 
der  äpecuiiitiven  Kräfte  und  der  Verengerung  des  Horizontes  entstiimniend. 
Ihm  gegenüber  blieb  der  Realinniu  siegreich,  and  jener  verschwindet  seit 
Anfang  des  XVI.  .labihumlorts  aus  dt  r  St  holastik,  um  freilich  —  .außer- 
halb derselben  um»o  üppiger  ins  Kraut  zu  schießen".  ^Im  Kreiae  der  be- 
sonnenen, auf  Festhalten  der  errungenen  Kenntnisse  bedachten  Denker 
t>ehielt  auch  hier  der  Kealismus  das  letzte  Wort,  wie  er  das  erste  hatte. 
Der  ganze  Kampf  (gegen  'itMi  N(-ininalisinns)  cr-rhi-iiit  riiw  h  anss^'e^prochener 
als  im  Alterthume  lediglich  als  eine  Episode,  weiche  der  Klarung  der 
realistischen  Grundan»M*hananfr  dient,  nnd  ist  nicht  entfernt  etwa  ab  das 
Bingen  zweier  gleichberechtigter  i'rinri^iion  zn  fassm.  «la-.  wie  man  wohl 
gemeint  hat.  nur  durch  allgemeine  Ermattung  aemeu  Ab^^chiutki  gefunden 
hatte"  (S  359;  vgl.  106». 

Anguatini»  und  Thonuw  von  Ac^uin  sind  innerhalb  der  christlichen 
Speculilion  wie  im  Alterthume  IMato  und  Aristoteles  die  alles  flherntgen- 
den  Gipfel;  die  Patristik  steht  im  näheren  Verhaltni>sM'  zu  l'iaLo,  die 
Scholastik  steht  Aristoteles  nßher,  ja  es  ist  eine  verbreitete  Ansicht,  doss 
dlf  Kntwirklung  der  Scholastik  iiinl  >l.iiia<  h  die  Eintheilung  bei  der  ge- 
i5chichtiichen  Beiuiudlung  dieser  Philosophie  «ich  ergebe  aus  ihrem  Ver* 
hSltnisse  zur  alten  Philosophie,  namentlich  su  Arist^oteles.  Die  Schicksale 
der  Scholastik  hätten  daiiuh  abgehangen  von  dem  geringeren  oder 
größeren  Vornithe  antiker  .Schriften,  und  die  christliche  Philosophie;  des 
Mittelalters  wäre  in  knechtischer  Abhängigkeit  gestanden  von  den  Alten, 
nammtlich  ▼on  Aristotele«i.  der  nnn  n<>>  )i  dazu  in  mangelhafter  Weise 
vei"standon  worden  .  ^I^nn  „br-kaniit  lirh"  ia  erst  zti  Ht';:rinn  ilcr 
Neuzeit  der  „echte"  Aristoteles  (und  Platoi  der  tieiehrtenwelt  zugänglich 
geworden,  und  erst  in  nnd  seit  dieser  Zeit  recht  verstanden  worden.  So 
war  es  aber  nicht.  Thatsächlich  war  die  Abhängigkeit  der  christlichen 
Speculation  von  den  Alten  nicht  so  groß  und  thatsächlich  war  die  Kenntnis 
der  Aristotelischen  Philo.soj)hiu  ungleieh  gröber  in  der  Zeit  der  lllüt»«  der 
Scholastik  als  in  jenen  Tagen,  wo  man  mit  so  tiefer  Verachtung  aut  alle 
Scholastik  herabsah  fS.  :V,V.)}.  denn  da,--  .Ii«-  Lfutf,  di.-  ^'liechische  Worte 
lesen  und  verstehen  lernten,  nun  auch  den  Ariätoteles  und  Pluto  gleich 
„richtig"  verstanden,  das  haben  sie  und  hat  man  weithin  ihnen  eben  nnr 
—  geglaubt  (S.  593  ft.i  und  glaubt  es  auch  noeh,  wie  man  etwa  den 
Olanz,  der  sich  anf  dem  Haui)te  Hacons  in  der  Nachwelt  gesauimelt  hat, 
noch  immer  zu  erhöhen  weiß,  ohne  sich  erat  die  Mühe  zu  nehmen,  zu 
fragen,  was  er  wirklich  geleistet  hat  (S.  609),  und  die  Scholastiker  ver- 
urtheilt,  auch  ohne  zu  wissen,  Wius  sie  wirklich  waren.  ob.sehon  gegen 
jenen  selbst  J.  v.  Liebig  aufgetreten  i»t.  und  über  diese  ticbon  Leibniz 
geschrieben  hat,  er  habe  eingesehen,  «da«  wir  Moderne  dem  beilisren 
Thonj:is  und  den  anderen  großen  Männern  jener  Zeit  nicht  gerecht  Avrult  ii 
und  dass  die  Ansichten  der  seholostisthen  Philosophie  und  Theologie  weit 
mehr  Gediegenheit  haben,  als  man  sich  träumen  laase.  wenn  man  .^ie  nur 
in  der  rechten  AVeise  und  an  <ler  re(^hten  Stelle  heranzieht"  (S.  627). 
Da8s  es  auch  »nit  dor  angeblichen  Si  lbstanf lösiing  der  Scholastik  <ein6 
eigene  Bewandtnis  habe,  geht  aus  dem  Angeführten  auch  schon  hervor.  — 

Ich  habe  im  zweiten  Hefte  des  IX.  Jahrganges  8. 214  unserer  Zeitschrift 
auf  den  ersten  Hand  von  Willmanns  «Geschichte  des  Idealismus"  aufinprk- 
sani  gemacht,  und  im  Voranstehenden  habe  ich  versucht,  aus  dem  überreichen 
Inhalte  des  zweiten  Bandes  einiges  herausxoheben ,  wiis  den  Keichthum 
des  Werke.<  andeuten,  die  .Stellung  des  gelehrten  Verfiussers  kennzeichnen 
oder  doch  den  Titel  de«  Buches  erklären  kann.  Wer  ül>er  das  eigenartige« 


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122 


Literarische  Rundschau. 


noch  immer  so  oft  iiiui(  }iti<4  beurthcilto  fü-i-f »'slclicn  des  christlichen 
Mittelalters  sieh  unterrichten  will,  möge  zu  diesem  Buche  greifen,  auch 
wer  über  das  Weiterleben  der  antiken  Philosophemo  AutachlnsB  wflnficht 
und  wer  Interesse  hat  für  die  Verbreitung  christlichen  lihiubens  und 
Denkens  in  der  Ferne  niitl  Wi'iff  Kine  leichte  Tit'c  türe  freilich  bietet  das 
Buch  nicht,  daa  kann  aber  wohl  auch  niemand  erwiirten.  Der  StoU',  der 
m  behandeln  war,  ist  lehr  flchwierif^,  auf  weite  Strecken  hin  abstract,  wer 

diese  aber  überblickt,  der  wird  iiucb  dif  Kunst  drr  DarstrlluTiy'  bewundern, 
eine  Darstellung,  du;  auf  klarer  Hinsicht  beruhend  trettend  eintheilt  und 
sicher  gruppiert,  dem  Verständnisse  und  dem  Überblicke  auch  dadurch 
Kuhilfe  kommt,  dass  sie  daa  Wichtigste  v<in  verschiedenen  Seiten  her  zu 
beleuchten  weiß  und  darum  geni  auf  diis  Frühere  zurnekf^reift  un<l  auf 
das  Folgende  vorweisend  hindeutet.  Die  Charakteristiken  des  Thomas  von 
Aqnin  nnd  des  heiligen  Augustinns  machte  ich  noch  besonder»  hervorheben. 
Die  äuf^ere  stilistische  S'-ilf  ist  in  ib-r  l'urstellung  des  Afjiiinatfn  wohl 
glänzender,  dafür  war  hier  schon  weithin  vorgearbeitet,  während  dem 
größten  der  Kirchenväter  gegenüber  i»chwere  nnd  tiefgehende  Arbeit  in 
hartem  [«»den  zu  leisten  war,  bevor  auf  festem  («runde  ein  Bild  seiner  Eigen- 
art unter  Vorgängera  nnd  Mitstreitern  nnd  Nachfolgern  errichtet  werden 
konnte. 

In  dem  Dialoge  contra  Academicos  vom  heiligen  Angnstinus  wird  die 

Fra^e  orfirtert:  Kann  der  Menschenfreist  Y(dlknmmenheit  und  Beglückung 
finden  ohne  die  Wahrheity  Einer  der  Unterredenden  bejaht  die  Frage; 
doe  Forschen  n&ch  Wahrheit  genfigt  schon,  in  dem  Suchen  selbst  liegt  die 
Befriedigung  —  er  stimmt  ulso  illierein  mit  Lessing,  de.ssen  dahin  zielen- 
der Ausspruch  ja  bekannt  ist.  Der  CJegenredner  aber  erwideit,  Suchen 
ohne  Findt-n.  Forschen  ohne  Erkenntnis  sei  nichts  anderes  als  Irren,  das 
ganze  Thun  habe  nur  .Sinn,  wenn  es  sich  nm  ein  Gut  handle,  dessen  Be- 
sitz ei"strebt  wird  und  natürlicli  nicht  nncrn-ichbar  ist  (S.  24U). 

Für  den  Idealismus  gibt  es  eine  objective  Wahrheit  und  die  Philo- 
sophie ist  danach  faingeordnet  auf  eine  reale  Gedankenwelt.  «Die  Wahr* 
heit,  welche  Pythagoras.  Plato  und  Aristoteles  suchten,  ist  dieselbe  wie 
die,  nach  welcher  .Augustinus  nnd  Thomas  suchten.  Durch  ib  n  Zusammen- 
schluss  der  Denker,  welche  zugleich  Weise  waren,  ist  ein  Wahrheit.sschatz 
erarbeitet  worden,  welcher  den  objectiven  Maßtttab  für  die  verschiedenen 
Uedankenbildungen  frewährt"  fS  550).  Willniann  steht  ~»dbv-t  tV-^t  auf 
diesem  Hoden  und  er  misst  mit  solchem  Maße.  Es  ist  bncht  ersichtlich  und 
braucht  nicht  zn  flberraschen,  dass  nach  diesem  Mafn;  gemessen  gar  viele 
laut  ^M'})rit'sr'Tie  Größen  der  neueren  Zeit  recht  klein  ei-ch.  incn.  Schon 
in  diesem  Bande  fallen  wiederholt  scharfe  ürtheile  —  so  über  Kant,  deftsen 
Lehre  „den  Gegenpol  gegen  den  Thoinismus"  bildet;  vgl.  S.  537  n.  a. 
—  Der  dritte  Band  der  „Geschichte  des  Idealismus"  wird  in  größerem 
Umfange  die  Gegner  dieser  Weltanschaunnj;  in  den  letzten  .Tahrhnnderten 
beleuchten.  Eine  Inhaltsubersicht  über  diesen  dritten  Band  ist  schon  dem 
vorliegenden  zweiten  beigelegt  und  l&ast  ein  baldiges  Erscheinen  desselben 
erwarten. 

Prag,    W,  Toischer, 

Dt.  G.  E.  Bonseier:  Griechisch-deutsches  Schulwörterbuch.  Zehnte, 
vielfach  verbesserte  Auflage,  besorgt  von  Dr.  A.  Kaegi.  Leipzig,  Teubner. 
1896.  XU  +  929  Sä.,  geh.  6  H.  75  Pf.,  geb.  8  M. 

Die  erste  Auflage  des  vorliegenden  Schulbuches  erschien  im  Jahre 
1859,  also  fast  /u  «gleicher  Zeit  mit  der  dieselben  Zwecke  verfolgenden 
Arbeit  von  Schenk  1.  Die  vierte  (1872).  fünfte  und  sechste  Auflage  be- 
Horgte  Rieckher.  Von  der  siebenten  (1882)  Auflage  an  war  Anten  rieth 
Herausgebor  und  InnirbiMtete  unch  die  m  htf  i  LSS»;,  und  neunte  (1891)  Auf- 
lage. Die  Besorgung  der  vorliegenden  zehnten  wurde  Herrn  Prof.  Kaegi 
Owrtragen. 

Wer,  wie  der  Unterzeichnete,  das  Buch  von  Anfanjj  an  durch  alle 
Auflagen  hindurch  benütet  hat,  der  weiß,  wie  emsig  an  der  Verbesserung 


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Literarische  Kuniii^ciiau. 


123 


deMoIben  gearbeitet  worden  ÜL  Allein  ein  derartig  Schulbuch  wird  nie 
fertifT.  Vpv  mifinprk'^anie  H^^nützfr  wir«?  immer  noch  ein«*  oder  das  andere 
verniiiisen,  dies  oiier  jene*»  verbt^siüerungsbeiiiirfti);  finden.  iJadurch ,  tla^s 
das  Buch  infol^fo  seiner  weiten  Verbreitung  alle  vier  bis  fünt  lalut'  nea 
aufgflp£^t  wonlt'Ti  kann,  ist  es  niö^^üch,  diejw's  finlliih  dem  Iiltah«  eines 
Schuibuchesi  nahe  zu  bringen.  Und  daran  bat  der  letzte  Bearbeiter,  Uerr 
Kaegi,  seine  ganse  Kraft  geseist.  Bs  hätte  die  Arbeit  anch  in  keine  be- 
rufeneren Hände  gelegt  werden  können.  Hat  sich  ja  doch  der  Herr  Ver- 
f'AK<ev  s»Mt  den  letzten  15  Jahren  fast  ausi^chließlich  mit  Arbeiten  beschäftitft, 
die  den  giieohiächen  Unterricht  betretl'en.  S<Mne  reichhaltigen  Sammlungen, 
die  ihm  als  Grundlage  für  die  griechischen  Schulgrammatiken  dienten,  hat 
der  nene  Hernn-j^^clufr  in  diis  Wörterbuch  liuieingeari>t'it<'t  /ahlifiiht^ 
neue  Artikel,  die  bisher  fehlten,  tsind  nach  den  beuten  kritischen  Ausgaben 
nachgetragen  worden.  Die  Etymologien,  eine  etwas  schwache  Seite  der 
früheren  Auflagen,  sind  durchwegs  geprüft,  vieles  Unhaltbare  ist  beseitigt 
und  durch  Besseres  ersetzt  worden.  Ich  möchtf  dem  Herrn  Verfanser  rathen, 
hei  einer  neuen  Auflage  alle  Ktymologien  unbarmherzig  zu  streichen,  die 
er  mit  einem  Fragezeichen  versehen  muwte.  Auf  die  Schüler  macht  es 
immer  einten  un'^nlnetigen  Eindruck,  wenn  aie  uch  sogen:  die  Gelehrten 
wissen  selber  nichts. 

Nur  tu  billigen  ist  es.  dass  der  Herausgeber  in  ortb<^;^pbitchen 
IHn^'on  anf  dio  Inschriften  i,'t"iI*t'ros  (Jr-wicht  l.-.:t  al«  auf  dif  diiirh  dio 
Hanüfichrilten  veranlasste  Schreibung  in  unseren  iext^»u.  Hierin  will  Herr  K.. 
mit  Hecht  den  flerau£>gebern  von  Texten  vorangehen  und  nicht  etst  nach- 
hinken. Dnd  so  wird  r.  B.  bolFentlich  bald  ein  xidvtxa  aus  allen  Texten 
und  Oranimatiken  ver«chwindpn .  t>m  der  richtigen  Form  r^iW^w  riatx  zu 
milchen.  Kreilich  dürfte  mancher  Schüler,  dem  man  diese  und  ähnliche 
Formen  einst  angestrichen,  sich  naebtr^lich  beschweren  und  ausrufen: 
Quiiitili  Vttrf,  redde  mihi  tpqvmfs! 

Allein  tür  eine  neue  Auflage  bleibt  immnliin  noch  ein  gute«  ätück 
Arbeit  KU  leisten.  Der  Herr  VerfiMser  wird  guttlnui,  wenn  er  sidi  sofort 
daran  macht,  um  eine  mdgliebet  gleich-  und  planmäßige  Überarbeitung 
durchzuführen.  So  vermisse  ich  in  Bezug  Hiif  die  15<'rü('kr<uhtitjnni»  df»r 
Eigennamen  einen  einheitlichen  Plan,  abgesehen  ilavon,  das-n  ich  dt  lu  von 
Benseier  in  der  Vorrede  zur  ersten  Auflage  aufgestellten  Grundsatze  nicht 
beipfli»  htt  n  kann.  Dt-r  Schrdor.  nnd  wohl  aurh  dor  Lehrer,  sieht  siv  h  oft 
nicht  erst  dann  genöthigt.  einen  Eigennamen  im  Wörterbuche  aufzusuclieu. 
wenn  er  diesem  in  der  Lectflre  begegnet.  Es  gibt  ja  andere  Anläase  genug. 
So  z.  B.  vermisse  ich  'A).x'.^'.aor,c,  während  anderseits  ganz  unwichtige 
Namen  aufgeführt  »in(J.  \urh  in  Hf^zii".,'  anf  Qimntifätsanijalii'n  i>t  norh 
nicht  genug  geschehen,  zumal  liir  Fälle,  die  für  die  L!«  Luiiuug  in  Beiiacht 
kommen.  Hie  und  da  sind  auch  Bedeutungen  nachzutragen.  Es  ist  ungemein 
wicliti^r.  dass  ilor  Sidiulor  im  Aiisdrucko  w»>(  li-i'ln  kann.  Indf-\  p>  i-(  kein 
Zweifel,  dass  der  neue  Bearbeiter  bei  gegebener  Mulie  alles  dies  ebnen  und 
glätten  wird. 

AbtT  auch  in  der  vorliegenden  Gestilt  steht  das  Buch  unübertroffen 
da.  Elin  xhüler,  der  bei  dnr  Maturitätsarbeit  aus  df»m  GritM-hi«chfn  ins 
Dentache  dieses  Wörterbuch  zur  Hand  hat,  ist  weitaus  im  Vortheiie  gegen- 
über solchen,  denen  nur  ein  anderes  sugebote  steht.  Ich  brauche  dem- 
nach  das  Buch  nicht  erst  zti  empfehlen. 

Die  Ausstattung  ist  tretilich,  der  Preis  mäßig.  Der  Druck  ist  im  all- 

femeinen  eorrect,  nur  sind  leider,  wie  in  frdheren  Auflagen,  bei  der  fetten 
chiift  ziemlich  viele  Accente  und  Spirituszeichon  abiiesprungon.  Dafür 
kann  natürlich  der  Herausgeber  nichts.  Hoffentlich  trifft  dieser  Mangel 
nicht  alle  Exemplare.  Allein  sollte  denn  die  Technik  der  Schriftgießerei 
nicht  so  weit  vorgeeehritten  seiu^  dass  dies  v^bfltet  werden  kann? 

X6nophons  Anabasis.  Für  den  Schulgebrauch  erklärt  von  Ford.  Voll- 
brecht.  Neunte  verbesserte  Auflage,  be^^orgt  unter  Mitwirkung  von 

Wilb.  Voll  brecht.  I.  Händchen.  Buch  I  und  II.  Leipzig.  Teubner. 
1896.  198  SS.,  geb.  1  M.  tiO  Pf.  II.  Bändcheu.  131  SS.,  geb.  1  M. 


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124 


Literarische  Hundi«ciiuu. 


20  Pf.  (Gleichzeitig  auch  eine  Ausgabe  mit  Text,  abgesondert  von  den 

ADnierkungen.) 

Diese  nennte  Aiiflni^p  ist  gegenüber  der  früheren  vielfach  verändert. 
Abgesehen  vom  firößen  n  Drucke  und  besserer  Ausstattung  sind  die  Inhalts- 
angaben uns  den  Anrnerkunfren  als  tjbenchriften  in  den  Text  lil »ertragen, 
im  Texte  selbst  sind  häufiger  Al-^^iitze  gemacht,  die  dtrfu  tcn  lieden  durch 
Anfiihrungazeichen  hervorgehoben.  Der  'i'ext  ächiießt  sich  zwar  ini  all- 
geoteinen  an  Hug  an.  doch  sind  die  Klammern  alle  beseitigt,  indem  das 
von  ITu;.'  Ein<,'t'kl;ininu'rte  theils  g'.inz  ausgeschieden,  tlieils  olmo  Klammern 
gesetzt  wurde.  Auch  in  den  Anmerkungen  spürt  man  überall  die  bf'.s-orndo 
Hand.  Einzelnes,  das  mehr  für  den  Lehrer  Wert  hat.  ist  in  den  Anhang 
verwiesen.  Auch  der  Excurs  über  das  Heerwesen  der  Söldner  bei  Xenopbon 
(4."  S"S.)  hat  überall  mit  T?ru  ksiclit  auf  die  neno<-"te  Literatur  Vf rbesseninj^^'n 
erfahren.  Zahlreiche  Holzschnitte  und  zwei  Figuren  tafeln  erläutern  den 
Text.  Außerdem  ist  eine  gute  Übersichtskarte  beigegeben.  Das  Bach  kann 
demnach  sowohl  f&r  Schfller  ah  ancb  Ar  Lehrer  bMtens  empfohlen  werden. 

Auswahl  aus  Xenophons  Hellenika.  Für  den  Sehnlnrobrauch  bearbeitet 
und  in  ge*<;hichtlichen  Zusammenhang  gebracht  von  Dr.  C.  Dünger. 
Zweite  verbesserte  und  vermehrte  Auflage.  Mit  einer  Übersichtskarte 
von  Griechenland  und  der  Kü^ite  Kleinasiens  und  9  £itticelkarten.  Leipsig, 
G.  Freyta^.  1895.  XVI      U4  8S.   1  M.  20  Pf. 

Die  zweite  Aufla^^e  unterscheidet  sich  von  der  ersten  hauptsächlich 
durch  Beifügung  von  äituationeplänen  und  Karten,  ferner  durch  ein  Ver- 
zeiilmis  der  Eigennamen.  Di--  Einleitung,  welche  Xenophons  Leben  und 
Schritten  behandelt,  scheint  mir  überflüssig,  da  meines  Wissens  Xenophons 
Hellenika  anch  in  Deutschland  nicht  vor  der  Anabasis  gelesen  au  werden 
pflegen.  Die  Auswahl  ist  gelungen,  die  einzelnen  Stücke  sind  in  geschicht- 
lichen Zn.«tiunnreuhang  geljracht.  und  zwar  nicht  durch  eine  rnhftlt«5nn<..rabe 
der  aus^^'elitsicnen  Theile,  sondern  durch  Beifügung  der  «jescliichlliehen 
Thatsachen,  welche  anm  Verständnisse  des  Zusammenhany:e^  not  h wendig 
find.  Getreu  die  etwa«:  willkürliche  Textgestaltimg  habe  ich  bei  einer  der- 
artigen Schulausgabe  nichts  einzuwenden.  Die  Ausstattung  des  Buches  ist 
zwar  tadellos,  wenn  auch  nicht  so  glänzend  wie  die  Auswahl  aus  der  Ana- 
biuiis  von  deni.selben  Verfasser.  Die  dazu  gehörigen  Anmerkungen  nnd  zur 
Besprechung  nieht  geliefert  worden. 

Für  un.s  kann  diese  Auswahl  natürlich  nur  für  die  Privatlectüre  in 
Betracht  kommen.  Reiferen  SchQlem  darf  sie  gewiss  empfohlen  werden. 

Auswahl  aus  Xenophons  Anabasis.  Für  d.  n  Schulgebmuch  bear}>eitet 
von  Dr.  C.  Bümrer.  Mit  1  Karte.  1  Farbenbild  und  37  Plänen  und  Ab- 
bildungen. Leipzig,  G.  Freytag.  1896.  L  + 174  SS.  1  M.  ÖO  Pf. 

Die  Einleitung  gibt  in  vier  .Abschnitten  (1.  Das  persische  Reich, 

II.  Der  jün;_'ere  Cvrus.  III.  Das  griechische  Söldnerheer,  IV.  Xenopbon) 
alles,  was  zum  Verständnisse  der  Änabasis  nöthig  i»it;  manches  hätte  wohl 
kürzer  geihsst  werden  können.  Den  Text  b^leiten  außer  Überschriften 
zu  den  einzelnen  Abschnitten  noch  kurze  Inhaltsangaben  als  Rand- 
bemerknnfjpn.  Der  Text  i-t  großentheils  nach  Hug  gef»pbf>n.  Er  enthält 
etwa  die  Hälfte  der  Anubasis.  Der  Anhang  bringt,  wie  da^»  jetzt  schon  so 
üblich  ist,  ein  V^erzeichnis  der  Eigennamen,  femer  eine  Zeittafel  für  den 
Zu?  d(  r  Zehntausend  und  einige  Angaben  über  griechische  MaOe  und 
Münzen. 

Die  Auswahl  ist  gut,  die  Verbindung  der  einzelnen  Abschnitte 

geschickt  gemacht,  die  AuratattunK  des  Buches  tadellos.  In  Deutschland 
wird  diege  Ausgabe  gewiss  Anklang  finden,  in  Österreich  dürfte  sie  kaum 

Boden  fiWi>en. 

Die  zu  diesem  Texte  gearbeiteten  Anmerkungen  habe  ich  nicht  zu 

Gesicht  bekommen. 

Wien,  Dr.  Y.  Jlintner, 


Literarische  fiundscbau. 


125 


Die  Theorte  der  FftnUlellliiieii  von  Buklid  bis  auf  Gaii&.  £ine 

Urkundensaiimiluni;  /.ur  Voi  j,'e-«rhichte  der  nicht-Euklidischen  Geometrie, 
in  Genieinschatt  mit  Frietirich  Engel  herausgegeben  von  P;iu  l  Stäckel. 
Mit  145  Fi^juren  im  Texte  und  der  Nachbildung  eines  Briefes  von  Oaub. 
X  und  dS5  pag.  Leips«,  B.  G.  Teubner  1095. 

,E9  wird  wrnige  Gegenstände  im  Gebiete  der  Mathematik  geben," 
schreibt  Gauß  in  den  Göttinger  Gelehrten  Anzeigen  vom  Jahre  181rt  in 
einer  Recension  einer  geometrischen  Abhandlung,  ,über  weich*»  soviel  ge- 
sehrieben wäre  wie  über  die  Lücke  im  Anfange  der  Geonx'trie  bei  Be- 
grf'indting  der  Theori«^  <lfr  Paralleilinien.  Selten  vergeht  ein  .lahr,  wo  nicht 
irgend  ein  neuer  Versuch  zum  Vorschein  käme,  die«e  Lücke  auszufüllen, 
ohne  da»  wir  doch,  wenn  wir  ehrlich  nnd  ofFen  reden  wollen,  sagen 
könnten,  da^s  wir  im  wesi'ntlichen  irgend  wtMtrt  L,'okotiinirTi  wäi-'n,  als 
Euklides  vor  2000  Jahren  war.  Ein  solches  aufrichtiges  und  unumwundenes 
Geständnis  scheint  uns  der  Würde  der  Wissenschaft  angemessener  als  das 
eitle  Bemühen,  die  Lücke,  die  man  nicht  antftilten  kann,  durch  ein  unhalt- 
bares Gowpbf»  von  Schpinbewpi>!f'n  r.n  verbergen."  Spif  di.'ii'r  /ojf  hat  «ich 
die  iSachlage  wohl  bedeutend  geändert.  Die  Arbeit  von  Hiemann  „über 
die  Hypothesen,  welche  der  Geometrie  zngmnde  li^n"  1854.  die  Ab- 
handlungen von  Heimholte  „f'^lM-r  di.'  Tlrat.^achpn.  wi  K  he  der  t ;.>oni''trie 
zugrunde  liegen"  1867,  „über  den  Ursprung  und  die  Bedeutung  der 
geometrischen  Axiome"  lbti8,  die  fondamentalen,  auf  einer  ganz  anderen 
Basis  aufgebauten  Untersuchungen  von  Cajley  und  Felix  Klein  haben  diese 
Frage  wohl  vollstrmdiir  »  ntsi  hicden.  nnd  ps  ft'hlt  auch  Iceineswegs  ein  Werk, 
welches  eine  zusamuienfasäende  Darstellung  der  sogenannten  nicht- Eukli- 
dischen Geometrie  gibt.  Allein,  «wenn  immer  mehr  anerkannt  wird,  in 
wie  hohem  Maßn  gerade  bei  den  fpin>:tt'n  Untersuchungrn  dnr  rir-noren 
Mathematik  das  tiefere  Verständnis  durch  die  geschichtliche  Betrachtungs- 
weise gefördert  wird,  so  trifft  das  ganz  besonders  bei  der  nicht-Enklidischen 
Geometrie  zu.  Wir  rind  ftbeneogt,  dasi  das  Eindringen  in  diese  beim 
ersten  Anblicke  f«o  paradoxen,  dem  gesunden  Mt'ns(  bcnverstiind"  scheinbar 
so  widerstrebenden  Gedankenbildungen  durch  nichts  mehr  erleichtert  wird, 
als  wenn  man  ihrer  geschichtlichen  Entwicklung  nachgeht,  wenn  man 
verfolgt,  wie  d'io  Fmancipation  von  Fnklid  diii  i  b  jalirliundertelange  Arbeit 
vorbereitet  wird  und  wie  sich  dann  die  neuen  Ideen  mit  unwiderstehlicher 
Gewalt  fast  gleichzeitig  an  ränrnlich  weit  entfernten  Orten  Europas  balm- 
brechen." 

Mit  diesen  Worten  wendet  ^ich  der  Herausgeber  zunächst  an  jene 
Mathematiker,  welche  in  den  Gedankenkreis  der  nicht-Euklidischen  Geo- 
metrie einzudringen  gewillt  sind.  Aber  auch  die  l'hilosophen  möchte  er 
auf  sein  Buch  aufmerksam  innchen,  denn  di<'  Panuleltlifori-"  >ti'ht  mit  ver- 
schiedenen philosophischen  Grundproblemen  in  enger  Verbindung,  streift 
doch,  wie  schon  Ganß  sich  ansdrOekt,  der  Fragepunkt  unmittelbar  an  die 
Metaphysik  und  ist  der  Einfluss  der  Kantischen  Kritik  der  reinen  Vernunft 
(1781)  auf  das*  Wiedererwachen  de«  Interesses  für  die  Grundlagen  der  Geo- 
metrie und  damit  aut  h  für  die  Paralleltheorie  unverkennbar. 

Das  Buch  beginnt,  um  auf  den  Inhalt  d<«8selben  näher  eininigehen, 
wie  sellrstverstilntllic  Ii  mit  den  Eb'mcnten  Kiiklith  und  führt  an.  win  Kuklid 
auf  Grund  der  Forderung:  „Wenn  eine  Gerade  zwei  Gerade  tritlt  und  mit 
ihnen  anf  derselben  Seite  innere  Winkel  bildet,  die  zusammen  kleiner  sind 
als  zwei  Pitchte.  so  sollen  die  beiden  Geraden,  ins  Unendliche  verlängert, 
schließlich  auf  der  Üeite  zusammentreffen,  auf  der  die  ^Vinkel  liegen,  die 
ziimmmen  kleiner  sind  als  zwei  Rechte"  die  Existenz,  paralleler  Linien 
erweist.  Es  ist  bekannt,  dass  schon  im  Alterthnme  ge^'en  <lio  < lilrigkeit 
dieser  Forderung  Bedenken  erhoben  wurden  und  spocifll  der  Mathematiker 
Proklos  vorschlug,  die  Euklidische  Erklärung  der  parallelen  Linien,  als 
solcher,  die  sieh  ins  Unendliche  verlftngert  nicht  schneiden,  anftugeben 
und  die  Gleichheit  des  Abstandes  als  charakterisf  i^cli.  s  Merkmal  derselben 
zu  benützon.  Nun  wird  ein  größerer  Zeitraum  übersprungen.  Die  Erklärung 
der  paraHelen  Linien  durch  Debargues  (1639)  als  solcher,  welche  denselben 
nnendlich  fernen  Pnnkt  gemeinsam  haben,  wird,  trotzdem  diese  eine  der 


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126 


Lüerarische  RundBchau. 


Gmndlagen  der  sogenannten  nouoren  OdOmetrie  bildet,  nur  erwfiljnt,  um 
«ol'ort  auf  die  Abhandlung  von  Wallis:  „De posiulato  auitUo  et  definitione 
quhäa  IÜ>.  6.  Euetidis  Di»cep(atio  getwietnea"^  Cffentlicb  vory  et  rügen  in 
Oxford  am  Abend  des  U.  Juli  1G63,  einzugehen.  Der  neue  Gedanke  dieses 
berühmten  Mathenmtikf r>*  iM^steht  darin,  dass  er  zwar  Rnklids  Definition 
der  Parallelen  beibeiiä,lt,  aber  an  Stelle  der  fünften  Forderung  eine  andere 
Nubstituiert,  die  nämlich,  das^i  sich  zu  jedem  Dreiecke  ein  ähnliches  in 
bolifl/ii.'  fjroßem  Maß«;t;ibe  zeichnen  hu^^e.  Analojjf'  Versuche,  die  berühmte 
fünfte  Forderung  Euklid«  durch  andere  Axiome  zu  erüetzen,  sind  mehrfach 
gemacht  worden.  Clairaut  (1741)  geht  von  dem  Principe  aus,  dass  das 
Vorhandensein  von  Hechtecken  durch  die  Anschauung  gegeben  sei,  und 
leitet  damit  die  elementaren  gfom  et  riechen  Sätze  mit  großer  Klarheit  ab. 
Das  Princip  der  Ähnlichkeit  findet  sich  ferner  in  Carnots  ^Geometrie  de 
posHion'',  Pari»  1803.  vor.  Erat  in  Saccfaeris  Werk  „Euclid€8  ab  omni 
naeco  vimUcatus,  sive  conatus  geometricus,  qiio  stahiliunfur  prima  ipsa 
universae  (jeometriae  principia"^  Mailand  ]7^,  finden  wir  eine  ganz  neue 
Behandlung  des  Problems.  Saecheri  sehrint  an  der  Wahi^eit  der  wrOhmten 
fünften  Forderung  Euklids  nicht  gezweifelt  zu  haben,  fragt  aber,  was  ftUr 
geomttrisehe  Consequenzen  es  li.ittp,  wenn  die  fünfte  Forderung  keine 
FoI«re  der  übrigen  Voraussetzungen  Euklids  wäre.  Indem  er  seinen  Ent- 
wicklungen ein  Viereck  AliCD  zugrunde  legt,  das  in  A  und  B  rechte 
Winki-1  iiat.  und  Lei  welchem  .IC  =  BD  ist,  findet  er,  dass,  da  sodann 
die  Winkel  bei  C  und  D  s^itz  oder  stumpf  sein  könnten,  sich  zwei  wesent* 
lieh  von  einander  verschiedene  Hypothesen  aufstellen  lassen,  filr  welche 
seitdem  die  Bezeichnungen  „Hypothese  des  stumpfen,  respective  spitzen 
WinkeU"  classisch  geworden  sind,  während  die  Euklid'sche  Lehre  der 
Hypothese  de«  rechten  Winkels  entspricht.  lUilüutij^  sei  bemerkt,  dass 
nach  der  Hypothese  des  stumpfen  Winkels  die  Summe  der  Winkel  in  einem 
Dreiecke  grr>ßer  als  iyO'\  nach  der  des  spitzen  Winkels  alter  kleiner  als 
180"  sein  müi*stti.  Es  gelingt  nun  Saecheri  ohne  Schwierigkeit,  bei  der  An- 
nahme des  stumpfen  Winkels  einen  Widertpruch  aufzufinden,  wonach  also 
diese  Annuhme  zu  verwerff  n  i.st,  bei  der  (Typotlie-^e  de..«  spitzen  Winkels 
aber  erst  nach  langwierigen  Kämpfen,  durch  weiche  seine  sonxt  klare  und 
elegante  Darstellung  in  dieser  Richtung  mühsam  und  weitschweifig  wird. 

Saccheris  Nachfolger  in  DeutiNshland  ist  <ler  berühmte  Johann  Heinrich 
liiunbt  rt  (1728 — 1777j,  dessen  Theorie  der  Piirallelünien  nicht  von  ihm 
selb;.t  verutientlicht,  sondern  erst  17öG  von  Johann  bernoulli  heraus» 
gegeben  wurde.  Lambert  geht  von  einem  Vierecke  ans,  das  drei  rechte 
Winkl-]  luit.  und  nntersolieidet.  'y  nachdem  der  vierte  Winkel  ein  rechter, 
stumpfer  oder  spitzer  ist,  «hei  Hypothesen,  welche  er  getrennt  von  ein- 
ander behandelt.  Betrachtun i,'cn  über  den  Flächeninhalt  der  Dreiecke  in 
diesen  Annahmen  führen  ihn  lern  bemerkenswerten  Resaltate*  dass 
dieser  «tets  der  Abweichung  der  W'inkelsunime  von  180"  proportional  sein 
muss.  woraus  er  schließt,  da&j  die  zweite  Hypothese  eine  geometrische 
Existenz  hat,  indem  sie  auf  der  Kugel  verwirklicht  ist,  derart,  dass  man  s^tatt 
ebener  Dreiecke  bloß  s]ihärisrhe  zu  setzen  brnnche.  dass  dii)jei,'en  die  Hypo- 
these des  spitzen  Winkeln  auf  die  Geometrie  auf  einer  imaginären  Kugel- 
fliehe  fahre,  Resultate,  welche  dnrch  die  neueren  Untersuchungen  über 
die  Grundlagen  der  Greoroetrie  bestätigt  wurden,  ja  für  diese  von  ent- 
scheidender Hedeutunc;  «reworden  sind  Interessant  ist  hiebei  die  folgende 
Äußerung  Lambert»  in  einem  Briete  au  Kaut  aus  dem  Jahre  1770:  „Da« 

Zeichen  V—  1  stellt  ein  nicht  gedenkbares  Unding  dar,,  und  doch  kann 
es,  Lehrsätze  zu  finden,  gut  gebraucht  werden,"  eine  Äoßerung,  durch 
welche  sich  dieser  so  vielseitig  be<.Mbte  Mann  auch  in  Bezug  auf  die  I?e- 
deututtg  der  imaginären  Zahlen  tiu  die  Mathematik  als  ein  würdiger  Vor- 
Iftufer  von  Ganß  erweist. 

Nun  folgen  die  eif^cntlicben  H-'-rrilnder  der  sogenannten  nicht-Euklidi- 
schen oder  absoluten  Geometrie,  Gauß  (1777— 1Ö55),  Wolfgang  Boljai  aus 
Bolya  in  SiehenbQrgen  (1775~18&6),  ein  Studiencollege  und  Universit&ts- 
freund  von  OahC  in  Göttingon,  dessen  Sohn  .Johann  Bolyai  (1802—1860) 
und  l^ikolaos  liobatscbeiisky  (1798—1856)  aus  Kasan,  der  ein  Schüler  von 


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Litenurisclie  Randschau. 


127 


Ti.irt.U  HTOf»  —  Lrf'Wt'scn  i-t,   welcher  seinerKcit-  wlclor  mit  Gauß 

ireundschaitiiche  Beziehungen  ptiejfte,  so  dass  es.  wie  Prot.  Felix  Klein 
suj^t,  keinem  Zweifel  unterließet,  dünn  Gauß  durch  seinen  Einfluß  auch  die 
üntersttchnsgen  von  Lobat<chefMky  und  Bolyai  angeregt  hat.  Darch  diaid 
Münnf'r  wurdt»  f^ntilich  flif  zweitau'jcndjähriq'o  Autorität  Kiiklids  fr<4)ro(  hon, 
der  ütrenge  Nachweih  erbracht ,  diiäs  das  l>erühiutc  Faralielenaxioiii  gewiss 
keine  Folge  der  übrigen  Axiome  der  Geometrie  ist  und  das!<i  man  eine 
allgemeine  in  sich  conseqiit  iitc  (?f(nnotrie  aufbauen  kiinn,  welche  di»;  ge- 
wöhnliche Geometrie  aln  äuecialt'all  in  sich  enthält,  auch  wenn  man  von 
ParaUelenanom  alwiebt.  Was  die  Kealit&t  dieser  Geomeirie  anlangt,  so 
dürften  die  folgenden  Bemerkungen,  die  einem  Briefe  von  Gau b  an  Be^^l 
(1830)  entnommen  «ind.  nmGtfpbend  sein:  „Nach  niHinnr  inni«;«tf»n  (^Itor- 
zeugung  hat  die  Kaumiehre  zu  un^^erem  Wi^uen  a  priori  eine  ganz  andere 
Steflnng  wie  die  reine  GröOenlehre:  es  geht  unserer  Kenntni.s  von  jener 
durchaus  diejenige  vollständige  Überzfugurg  von  ihrer  Notliwernli^- 
koit  talflo  auch  von  ihrer  almoluten  Wahrheit)  ab,  die  der  letzteren  eigen 
ist;  wir  mfi«en  in  Demnth  sugeben,  dass,  wenn  die  Zahl  bloß  unf^eree 
Geistes  Producfc  ist.  der  Itaum  auch  anßer  unserem  Geiste  eine  Kfalitüt 
bat,  der  wir  a  priori  ihre  Gesetze  nirht  \ollständii;  vorschreiben  können." 

Die  noch  zum  Schlu&se  erwiibuten  Ferdinaiul  Karl  Schwcikai*t 
(1780— 18.'>4)  und  sein  Nelle  Franz  Adolf  Taurinus  1 1794-1874),  dessen 
^Theorie  der  ratiilli'lliiiit  ii".  Köln  1825.  im  An-^/nf^c  iil'^jcilnickt  int.  haben 
nur  mehr  ein  hi^toriäches  Interesse.  Ihre  UnterHUchungeu  scheinen  zwar 
Ton  einer  directen  Einwirkung  von  Gauß  frei  su  sein,  daf&r  aber  reichen 
die  Ergebnisse  deraelben  keineswegs  an  die  von  Bolyai  und  Lobatschefsky 
heran. 

Wohl  allü  Mathematiker,  die  »ich  über  das  Wesen  der  nicht-Euklidi- 
schen Geometrie  Klarheit  verschaffen  wollen,  müüsen  es  dem  Herausgeber 
Dunk  wis>t'ii.  (1it'sr>  bescheiden  nur  als  Urkundeneatnmlung  bezeichnete 
Buch  ütr  Otientlichkeit  übergeben  zu  haben,  und  gleichwie  mit  dem 
Werke  von  Rvdio:  «Archimedes,  Hujgbcns,  Lambert  und  Legendre,  Vier 
Abhandlungen  über  die  KreiMUiessung"  (l.*sy2)  hat  auch  mit  die.^em  eben 
besprochenen  die  rühricje  VerWis'>la5rhhari'llmi;jf  IV  fl.  Tfubner  einen  glück- 
lichen Grill'  gethiiu  und  einen  uiclit  zu  unlerschat/.enden  Beitrag  zur 
Förderung  und  Belebung  der  Untersuchungen  über  die  Geschichte  der 
Mathematik  geliefert. 

Arnau.  Dr.  S.  Oppenheim, 

Dr.  Eugen  von  üalacsy:  Flora  von  Niederösterpeich.  Zum  Ge- 
braueue auf  Excursionen  und  zum  Selbstunterrichte.  031  JS.  l'reja  ge- 
heftet 4  fl.  20  kr.  Wien  und  Prag  F.  Tempskj,  Leipzig  6.  Freitag  im 

Wir  >tiimiirn  mit  dem  durch  .seine  früheren  wissenschaftlichen  Arbeiten 
bereits  vortbeilhaft  bekannten  Verfasser  überein.  wenn  er  meint,  d:!*»  vor- 
liegende Buch  sei  ein  Bedürfnis  gewesen,  (iewiss  hat  es  an  einem  liuche 
gefehlt,  welches  die  Mitte  hält  zwi.«cchen  den  bloß  für  SehOler  berechneten 
sogenannten  .i^t^hlüsn'ln"  ••ini^r-eits  und  den  groben  Flnrpnw«Mk'>n  von 
Neilreich  und  von  Beck  anderseits,  AU  Vorbild  nahm  sich  der  Verfasser 
die  in  ihrer  Art  bisher  unübertroffene  Flora  Deutschlands  von  Garcke. 
Nach  uiisi  rcr  Ansicht  könnte  bei  Garcke  und  auili  1mm  «l-'m  in  Rede 
atehendcD  Buche  die  Charakteristik  der  KIS  im  Floren:^'»' lii^  te  vorkom inen- 
den Fflanzenfamilien  fehlen,  um  Platz  zu  gewinnen  i  u  labellen  /.tu  Ue- 
StinUDUng  der  Familien.  Diese  Tabellen  sind  dringend  nothwendig.  uuiho- 
mehr,  als  das  Buch  für  Anfänger  bestimmt  ist.  \v<  L  Ii,  i  .i«  h  li-r  lioi- 
gegebenen  ganz  vortrefflichen  Übersicht  der  Familien  kaum  imstande  sein 
dOrften,  die  FamiliensugehSrigkeit  einer  vorliegenden  Pflanze  berauszu- 
bekoiunien.  diu-^s  z.  B.  die  Gattung  Lonicera  zu  den  Caprifoliaceen  gehört, 
wird  der  Anfanger  nicht  sofort  erkennen;  bei  Garcke  bestimmt  man  ein> 
fiich  nach  Linnbe. 

In  dem  Buche  steckt  eine  Riesensumme  von  Arbeit,  was  derjenige 
BOT  sa  beortheilen  weiß,  der  sich  mit  ähnlichen  Arbeiten  beschäftigt  hat. 


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128 


Literariflclie  RundschAa. 


Ks  [rnh^rt  ohno  Zweifel  zu  dfiu  leisten  auf  dioseni  Gebicti'  und  wird  nicht 
biob  Anfängern,  sondern  auch  Botanikern  von  Fach  ausgezeichnete  Dienst© 
leisten.  Di«  AuMtattnng  ist  mvstergiltig. 

Wien.  Dr.  F.  TMtenticft. 


Dr.  Th.  Eng  wer:  Lf'tfrea  fra»^€ifsrs,  für  den  Schulgebranch  heratu- 

gegeben  (Herlin  189(i,  Gärtners  Verlagslnu  liiiandlung). 

Eine  höchst  praktische  und  überaus  entsprechende  Zusammenstellung 
moderner  französischer  Briefe I  Wohl  gestattet  die  knappe  Zeit,  welche 
dem  französischen  Unterriche  an  unseren  (rymnasien  luii^meMeii  ist,  nicht, 
eine  solche  Saiiinilnng  von  Briefen  als  .Schnlloctüip  zn  verwenden,  allein 
sie  sollte  Üeibigen  Skhüiern  aU  Privatlectüre  angelegentlich  empfohlen 
werden.  Diese  Briefflammluniif  yoransebaiilicht  dnrch  tnustergiltige  Beispiele 
den  Ton  des  schrit'tlirhcii  ^^'rk•■hrf•s  der  Franzoson  und  tiilLrt  durch  die 
Mannigfaltigkeit  ihres  lehrreichen  Inhalte«  nicht  wenig  zur  näheren  Kennt- 
nis französischen  Lebens  bei. 

Dem  Texte  der  Briefe  schickt  Engwer  eine  vortreffliche  Einleitung 
vornii'^.  welchf»  den  sh/lc  epiatolairfi .  In  f'^rm^  mntirieilB  des  lettrt»  und 
Vaffrnnchixsement  et  le  port  des  lettres  behandelt. 

Die  Briefsammlung  bietet  in  15  Oapiteln  nachahmenswerte  Muster 
für  jr'dwpih.'  Art  von  Corro'pnndcnzen :  feffreft  familiäres,  lettres  de  hmnie 
nnnee  et  de  fete^  lettres  de  faire  part^  leiitM  de  condoleance  et  de  feti- 
dtation  aamint  Antworten,  hillets  €t  f^tre»  ^intfftaftrm,  d'aceeptation  et 
de  r^Wtt  iettres  de  demandes  et  de  rerlnmations  l:  '  i  hfalls  mit  Antworten, 
lettres  d'envoi  et  d'offrcs.  lettres  de  remerctment,  lettres  de  rfj>rnrhrs 
et  d'excuses.  lettres  de  couseil  et  d>xhoriati<m^  lettres  de  recommanda- 
ihn  et  d'introduetian  ^  lettre»  d^adieux,  tettre»  de  dimteaitm^  pittOme, 
lettres  d'nffiiiri's. 

Die  i'ulinoten  dienen  nicht  bloü  zur  Aufhellung  einzelner  gramma- 
tisrhen  Construettonen ,  sondern  auch  xur  richti{^  Übersettunf?.  PQr 
letzteren  Zweck  wurden  zu  wenige  geboten,  falls  sie  dem  Schüler  ein 
Wrn  tcrhui  h  r>rf3etzen  sollpn:  ist  aber  der  Schüler  im  Besitze  eines  Lexikons, 
dann  erscheinen  Anmerkun^'en  wie  S.  58,  15,  S.  78,  ii,  S.  90,  23  über- 
flüssig. Die  Beigabe  eines  Wörterverzeichnisses  w&re  dem  Benutzer  des 
Buches  unzv,  r  i!  'hilft  tn  wünscht.  l>i'^  iin  Anluin^r»  pnthalton»'n  l'tMTU'rknngen 
erleichtern  ni  willkommener  Form  das  Verständnis  des  Textes.  Aua- 
«tottnnfc  und  Druck  de«  Buches  sind  tadellos.  Wir  kCnnen  Enirwers  Samm- 
lung nicht  nur  reiferen  Schülern,  sondern  allen,  die  fmnxdsischen  Briefttil 
genau  studieren  wollen,  anfs  wärmste  empfehlen. 

Eger.  Dr,  Simon. 


Progf  ramme. 

Eberhard  Rate:  Herharts  Regleruiiflr*  Unterricht  und  Zneht  nach 

dem  Inhalte  reproduelert.  Diuiuif  I't-/,f5glich  Lohn  und  Strafe, 
Internate.    (Öffentliches  .•5tift8-ünterg\  uunL^ium  zu  St.  l'aul,  1896.) 

Das  Studium  Herbartä,  der  seine  Pädagogik  auf  Ethik  und  Psychologie 
gebaut  hat,  bietet  dem  Ersieher  und  Lehrer  eine  Menge  von  Anregungen ; 

auf  ihn  wird  man  iiuiunr  wiedtu-  zurückgehen  müssen,  wenn  man  erzieh- 
liche Fragen  erörtern  will.  Der  vorliegende  Aufsatz  reproduciert  aus/.ugS" 
weise  den  Inhalt  des  Herbart'schen  Hauptwerkes:  „ümrif«  pädagogischer 
Vorlesungen  über  Kt-i^Mcrum,',  l'ntt'rrirht  \ind  Z\u  ht "  unter  Benützung  der 
„p!ldarrn^n=;ch.'>n  Studietr  von  Dr.  W.  Kein  (3.  Aufl.  Wien  laSl)  und  der 
Vorlesungen  von  Dr.  >iahlowsky  an  der  Universität  in  «Jraz  Zunächst 
wird  in  Kflnse  die  Aufgabe  des  Unterrichtes,  der  Zucht  und  K^^nerung 
srekonnzeichnet  und  scxlann  das  Wechsel soiti^'e  Verhältnis  zwischfui  l'nter- 
richt  und  Zucht,  Unterricht  und  Regierung  und  swiachen  Zucht  und  Xie>- 


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LüerariaclM  Bnncbehaa.  1S9 

fifrun^'  fioliandelt.    Da  mit  dem  Bei^iifft'  von  Regierung-  und  Zucht  die 
rage  nach  Lohn  und  Strai'e  zusaiuinenhängt,  läast  der  Verfaaser  obigen 
AvftntieH  psijchologisebe  Brwftgungen  Ober  Lohn  und  Stmf«  ond  deren 

BeachalFt'nheit  folgen.  Zuletzt  werden  —  und  das  ist  wohl  der  Hauptzweck 
der  kleinen  Arbeit  --  die  Niichthei!*-  und  Vorzüf^  der  Internate  hehiindelt. 
Wer  die  /ahheichen  Hemiunis^e  keiiui,  die  »ich  be*K)nders  in  Grobstiuiten 
dem  Foi  ti^ange  und  der  Charakterbildung  der  studierenden  Jugend  ent- 
gogrnstelien,  wird  die  Liclit.soitea  der  IntorBAt^  di«  m  dem  AqmAm  AH« 
getührt  sind,  gerne  anerkennen. 

Wien.  Joh,  Schmidt 


Johann  Kl uibenschedl:  Über  das  Orlnoeo- System  und  dessen 
Erschliet^ung.  (Programm  der  k.  k.  btaats-UnterrealscbuIe  in  Bozen 
1893.  89  S.) 

Breitet  nich  schon  über  die  Geschichte  der  CSonqoiBia  trotz  der  dabei 
auch  stark  mitspielenden  materiellen  Impulse  wegen  de«  von  den  Held  -n  der- 
selben bethatigten  frischen  Wagemuths  ein  müchtigür  romantischer  Zauber, 
M»  wird  dieser  noch  verklärt,  wenn  man  der  rein  wissenschafUicben  Seite 
der  Entdeck iiTi^r-i^eschichten  nachgeht.  Der  Verfnawer  hat  demnach  mit 
seinem  l'hema  einen  gliick liehen  Wurf  gethan.  Lber  den  Zweck  de«  vor- 
liegenden Anfnatzes  ^ricbt  er  sich  in  den  eiideiieiideii  Worten  des  Pro^ 
gxwminee  dahin  aus.  aam  es  ein  Ver<iuch  sei,  die  bei  A.  Humboldt  und 
anderen  Schriftstellern  zerstreuten  historischen  Notizen  über  die  Er- 
forschung der  Orinocoländer  in  zummmenbangende  Darstellung  la  bringen 
und  daran  ein  Charakterbild  des  ebenso  intereaanten  als  gewaltigen 
Stromes  zu  fügen.  D»'r  Autor  liefert  nun  y-nnächst  eine  Entdeck unps- 
geschichte  der  «inscblagigen  Gebiete  von  der  dritten  Fahrt  des  Columbus 
1498  und  den  ihm  folgenden  Gonqnittadoren ,  die  naeh  dem  fiibelliaften 
Goldlande  „Dorado"  suchten,  bis  auf  A.  v.  Humboldt,  der  an  der  Scheide 
des  vorigen  und  jetzi^^en  .(ahrhunderts  auf  «einer  Reise  in  die  Äqni- 
noctialgegendeu  jene  Gebiete  erst  wissenscbaitiieli  erschlosä,  sowie  bis  auf 
Bobert  iSchomburgk  nnd  Chaffimjon,  welche  dieselben  um  die  Mitte 
unseres  Jahrhunderts  und  im  letzten  Jiihr/.chnte  durchforschten.  Danin 
knüpft  sich  eine  Beschreibung  des  Ürinoco-ä^ätems  nach  Land  und  Leuten. 
Hit  dieser  Disposition  können  wir  uns  umsomebr  befreunden,  als  hiedureh 
einem  ästhetischen  Gebote  in  Leasings  ,Laokoon",  Schilderungen  örtlicher 
Natur,  wenn  möglich,  in  Bewegunfren  von  zeitlicher  Auf'-inanderfoff^e  um- 
zuset^n.  enU>prochen  wurde.  Wenigci-  ptlicbLen  wir  der  .\rt  und  Weise 
des  Verfii.'^iiers  zu  citieren  \>o\ .  da  er  die  Werke  A.  v.  Humboldts  ohne 
näheren  1  itel  und  nur  mit  ZiiVern  filr  die  ein/elueu  Bande  vt-r-elien  hat. 
So  sind  die  hier  einschlägigen  ^Schritten,  wie  die  ^ Heise  in  die  Äquinoctial- 
gegenden"  nnd  vor  allem  die  allgemein  so  vietfkch  bentttetea  «Ansiebten 
der  Natur"  in  den  Einzelauf^ät^n  ^Über  die  Steppen  und  Wüwton"  und 
„über  die  Wa^iserHille  den  Orinneo  bei  Atures  und  Maypures"  mit  ihrer 
ckLsül^chcn  Form  und  den  m  instructiven^^wissonscbaftliclicu  Erläuterungen 
und  Zusätzen  nicht  besonders  genannt.  Ahnliches  gilt  bezuglich  des  ver- 
läaslichen  und  f'^rthidlichen  lI.UKiouches  der  Erdkunde  von  Klöden,  dem 
die  Schilderung  der  Llanos  in  ihrem  gegenwärtigen,  durch  Anpflanzung 
von  dem  tu  A.  Hnmboldts  Zeiten  verscbiedenen  Znstande  entnommen 
ist.  Schließlich  «ei  erwähnt,  da»  In  der  dem  Ki  ferenten  vorliegenden 
Ausgabe  des  auch  von  Goethe  in  „Wilhelm  Meisters  Wanderjahren" 
(Buch  I,  Capitel  8;  V)^d.  auch  H.  W.  Uiehl:  Culturbilder  uuä  den  drei 
letzten  Jahrhunderten)  erwähnten  Homaaniseben  Atlas  aus  dem  Jftbre  1737, 
al.so  vor  der  Wuckkehr  La  Condamines  nn^  Guyana  nnr'h  Paris  1745,  der 
Orinoco  als  in  natürlicher  Verbindung  mit  dem  Amazonas- System  dar- 
geetellt  cndieiiit« 

Wien.  8.  Oorge. 


„Östcrr.  MitUilacbale".  XI.  Jahrg. 


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130 


LiterariMhe  Bnndieliaa. 


Eingfelaufenid  Drueksehriften. 

Deutscher  Thierfreund.  Monatocbrift  ftir  Thierschutz  und  Tbierpflej?e. 
ITonm^gt  ber:  Dr   Hob.  Klee.  75  Pf.  vierteJj&hrlich.  Leipzig  1897, 

Uaiuui  uud  Seemann. 

Jahresbericht  über  das  höhere  Schulwesen.  Heranftsrei?ebeB  tob 

Konr.  1  i:  'hu;>  h     X    f  lirganj?  18%-    Berlin  1896.  Gärtner. 
Die  Chemie  im  täglichen  Leben.  Gemeinversiändlicbe  Vorträge  von 

Dr.  La88ar*Gohii.  2.  Aufl.  Hamburg  und  Leipzig  1897.  Von. 
Lehrbuch  der  deutschen  Literatur.  Für  Lehrer  und  Seminaristen  von 

0.  Hotop  2.  Band:  Beispielsammlung  r.nr  deutschen  JageniUiterator. 

1  Mk.    Halle  a.  d.  S.  1897.    Hermann  Öcbrödel. 

Elementarbuch  der  Gabelsbergrer  Stenoflrraphle.  Herausgegeben  im 

Auftraj^e  'l.  -  «TaboUberger  StennpTn])hpnverpinps  zu  Ilallf!  a.  d.  S.  von 

Ernst  Bheütner.  Nach  den  Beschlüssen  des  Wiener  ätcnograpiien- 

tages  bearbeitet  %  AnB.   Halle  1897.  SchrOdel. 
Die  Organisation  des  höheren  Unterrichtes  in  Österreich.  Von 

S.  Frankfurter    Sonderabdrnck  aus  Dr.  A.  Baameisters  Handbuch. 

München  ]b97.  Beck. 
Atomismus,  Hylemorphismus  und  Naturwissenschaft.  Natarwissea- 

n(  hiiftlich-philosophischf  riitersuchungen  Ober  das  Wesen  der  Kftrper* 

Von  Dr.  Anton  Michelitacb.   Gras  1Ö97.  Selbstverlag. 
Aus  meinem  FehlePbuehe.    Betrachtungen  auf  dem  Gebiete  der 

Grammatik,   Stilistik   und   Motliodik   der    deutschen   Sprache.  Von 

Franz  Knothe.    I*ra<,'  lH!t7.    liohlifek  un<l  Sievers. 
Justus  Möser,  Patriotische  Phantasien.    (Auswalil.)   Von  Dr.  Ferd. 

Dieter.   70  l'f.    L'-\\r/.\'^  1S'.)7.  Freytag. 

Kalender  des  Berliner  Thiersehutzvereines.  Berlin,  Königgrätsei^ 

strabe  lOÖ.  Ib97. 

LesebUehlein  des  Berliner  Thlersehutsrerelnes.  Von  H.  Beringer. 

Stenotachygraphie  oder  Gabelsberger?  Eine  Sv^tointrage  beantwortet 
vom  Bezirksverbande  bayrischer  Stenotachygraphen.  Aufl.  Au}.?»burg 
1897.  Kaupert. 

Horatius  travestltus.  £in  Stndentenschen.   Berlin  1897.  Schuster  und 

Lütf  1er. 

Kusikpftdagogische  Bl&tter.  Organ  für  die  Interessen  des  musikalischen 

r^itcrrichtswesen^ ,  Hir  Dirigenten  u.  s.  w.  Iii  i  n  i-j.,'f<r('lien  von  Karl 
ZuBchneid.    1.  Jahrgang.    189(5.    Quedlinburg.    Friedr,  Vieweg. 

Dr.  Johann  MOlIers  Orundriss  der  Physik,  mit  besonderer  Berftek- 
slchtigung  von  Molecularphysik,  Elektrotechnik  und  Meteoro- 
logie, für  die  oberen  Classen  von  Mittcl«chulen,  sowie  für  den  elemen- 
taren Unterricht  an  Hochschulen  und  zum  Selbstunterrichte  bearbeitet 
von  Prof.  Dr.  0.  Lehmann.    II,  Aufl.    Braunschweig  I89G.  Vieweg. 

Cleeros  Anklageschrift  gegen  C.  Verres.  5.  Buch.   Für  den  Schul- 

febrauch  heraut^gegeben  von  Hermann  Nohl.    2.  verbesserte  Aufl. 
reis  49  kr.  ungeb.,  60  kr.  geb.   Wien  und  Prag  1896.  Tempsky. 
Zeitschrift  für  österreichische  Volkskunde.  Organ  des  Vereines  für 
/i>'terrficlit<i  be  Volkskunde  in  Wi(>n.    Hfiiigiert  von    Dr.  Miehaol 
H.L)»erlanüt.    II.  .Jahrgang,  lHi)6.   Jährlich  4  fl.  80  kr.  Air  Vereins- 
niitülieder  2  fl.    Wien  und  Prag  189»).  Tempsky. 
Vierstellige  logarithmische  und  goniometrlsche  Tafeln  ne>.^t  den 
nöthigen   Hiltstatein.    Herausgegeben   von   P.  Treutie  in.  Braun- 
schweig 1896.  Vieweg. 
Zur  Bekämpfung  der  socialen  Noth.  Separatabdruck  aus  der  Beamten- 
zeituns  vom  10.  und  20.  November  1896.  Wien  1897.   Erster  österr.- 
ung.  Beamt^-nverein.  Wien. 

Zur  Concentration  der  naturkundliehen  Fächer.  Von  G.  Part  heil 

und  W.  Probst.    Preis  50  Pf    I>.  s^an  nn.]  T-eip/.i^r.    Rirh.  Kahle. 
Schule  und  Haus.   Elternzeitung  zur  Förderung  der  Erziehuns  und  des 
Unterrichtes.  Herausgegeben  von  E.Jordan.  2  fl.  jährlich.  Wien  111/1, 
Streichergasse  10.  1897. 


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VI.  dentsch-astorreichiicber  Mittebehnltftg.  131 

Sehulg-esundheitslehre.  Das  Schulhaus  und  das  Unterrichtswesen 
vom  hygienischen  Standpunkte.  Von  Dr.  H.  Eulenberg  iBuuuj 
•    und  Dr.  Theod.  Bach  (Berlin).    2.  Anß.    Berlin  1897.  Heine. 

Das  Wetter.  M  ^  orolo-jische  Monatsschrift  für  n.  I.ildt.te  aller  Stftnde. 
Von  Prot.  Ur.  Li.  Ali  mann.    Berlin  lbÜ7.   Otto  Salle. 

A.  Baumgartner:  William  WordBWOFth.  Ein  Beitrag  tu  einer  beneren 
Würdigung  de«  Dichten  auf  dentachem  Boden.  Zflnch  1898.  Zürcher 

MoUerne  Opfer.  Drei  Bilder  aus  dem  Lehierleben  der  Jetztzeit.  Nach  der 
Wirklichkeit  gezeichnet  von  Wilhelm  Sehwaner.  50  Pf.  Berlin 

1897.  <5'iinirk.-. 

^terreichlsch  -  ungarische  Revue.  Jahrgang  XI.  Uerauagegeben  von 
A.  Mayer-Wyde.   Wien  1897.   (Werreichiach-ongariache  Revue. 

Vergleichende  Statistik  des  ünterrichtserfolges  der  österreichi- 
schen Gymnasien.  Von  .Anton  Malfertheiner.  Wien  1897.  Fichler. 

Encyklopädisches  Handbuch  der  Pädasrogik.  Herauag^eben  von 
W.  Rein.  2.  Band,  sweite  H&lfte.  Langeneal»  1896.  Beyer  und 

RettlgS  Schulbank  in  Anwendung  (ür  die  Einrichtung  von  ländlichen 
nnd  HtSdtiechen  Vollmehalen ,  BiirBerachalen  nnd  hftheren  Schulen  in 
Preußen.  (W.  Bettig,  Berün  80.,  GörlitMrstraOe  67.) 


VI.  deutseh-österreichischer  Mittelsehultag. 

(Am  12.,  18.  nnd  U.  April  1897.) 

Von  der  Commiaion  worden  folgende  Themen  angenommen: 

1.  Die  Verlegung  dee  Probejahres  in  das  vierte  Jahr  des  philosophischen 
Quadrienniams.  (Dir.  Dr.  Anton  Daran,  Krems.) 

2.  QueHLnbenützungim  Qeschjcbtsunterrichte.  (Prof.  Dr.  Anton  Becker, 

Oberhollabrunn.) 

3.  Domonstratinn  do.«  nif>n«;rhli<hf'n  fiehirna  am  frischen  Präparat,  fim 
MocIt  U  und  um  Phaiitniu.  (.Sanitiitsiath  me»i.  et  phil.  Dr.  E.  Boeck, 
Dir»'ctor  der  «ohlesisc  heu  L;uule»irreiianHtalt.  j 

4.  Der  Mangel  au  Lehiern  für  das  Freihandzeichnen  un  Mittelschulen.  — 
Die  Mittel  zur  Behebung  dieses  Mangels.  Stipendien  und  Zeichen- 
lehrerseminare. (Prof.  Rudolf  BOck,  Troppau.) 

5.  Der  Turnunterricht  an  den  Mittelschnlen  vom  iiädagogischen  und 
physiologischen  Standpunkte  aus  betrachtet.  (Prof.  Dr.  Ludwig  Egger, 
Oberhollabrunn.) 

8.  Dio  p:riechiachen  Götterideale  im  Unterrichte.   (Prof.  Dr.  A.  Frank, 

Wit'n.i 

7.  Tiicitus- Leetüre  und  Vaterlaudskunde.  (Prof.  Dr.  Hans  Gutscher, 
Leoben.) 

8.  Über  eine  einheitliche  Bezeichnung  in  der  darstellenden  Geometrie. 
(Prof.  Jos.  Heller,  Lins.) 

9.  Was  ist  auf  dem  Gebiete  der  körperlichen  Ausbildung  unserer  Mittel- 
schuljugend erreichbar?    (Dir.  Dr.  G.  Hergel ,  Aussij?.) 

10.  Wie  8oll  der  psychologische  Unterricht  an  Mittelerliulcn  und  die  jmda- 
g^gische  P.svcho!o<rie  f^pppnii'uer  den  Pnftn]at»>n  dt  r  iiuHl»^rneu  Gehirn- 
physiolofTit,  »Stflliin«.:  nelmu  n':'  (Prof.  1  >r,  A.  iiofler,  Wien.) 

11.  Einige  Lehrnuttei  /.um  astreuoiuisi  liru  Unterrichte  und  Besichtigung 
einer  Schülersternwarte.  (Prot.  Dr.  A.  llüfler,  Wien.) 

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132 


Mitibfliliiiig  der  Beda«tioii.  — 


Bericbtigimg. 


12.  Die  Instructionen  zum  freoffraphischen  Unterrichte  im  Veihiiltnisse  zur 

bisberigen  Methode  der  Lehrbücher.    (Dir.  Dr.  Juritsch.  yUen.) 
18.  über  die  räumliche  Darstellung  von  Landkarten.   Illustriert  durch 

lablreiclie  Modelle  und  .Belie&  (Prof.  H.  Klar,  Wiener-Neiutadt.) 
14.  Die  Ferialreisertipeiidieii  und  unter  Klirteiiliiiid  als  natnrhietonaelui 

und  geographisches  ExeiirsioDqgebietw  <Prof.  H.  Laimer,  Olmüts.) 
1$.  Einige  Bilder^klen  aus  dem  damischen  Füden.    Mit  skioptiaelieii 

Demonstrationen.    (Prof.  Dr.  Siegfried  Lederer,  Eadautz.) 

16.  Die  Psycholn«,']«'  (Ich  S^irachleben«  uml  einii,'e  Anwendungen  auf  die 
ünterrichtapraxif.    tl'vof.  Dr.  E.  Martinak,  (iraz.) 

17.  Die  Mineralogie  uL*  UnterrichtsgegenBtiind  in  den  unteren  Classen  der 
Mittelschulen.   (Prof.  K.  Müller,  Teplitz.) 

18.  Ober  eine  Yerbeaeenmg  des  Klemaitamiiierriditee  im  LateiaisdMii. 
(Prof.  Dr.  Jos.  Perknaan,  Oaemowitz.) 

19.  Über  die  Principien  der  Mecbanik  nacb  Heinrich  Hen.  (Prof. 
Dr.  Johann  Pitsch,  Wien.) 

20.  Reform  der  Lehramtsprüfung  für  Candidaten  des  Mittelscbullebramt^s 
im  TTiiiblick  auf  den  Candidatenmangel.  (Prof.  Dr.  Anton  Pola- 
s  (•  ii  e  k  ,  Czerno w  i  t  z. ) 

21.  Die  Dienatpragmutik  für  MitteUchuUehrer.  (Prof.  N.  Schwaiger, 
Csemowiti.) 

22.  Torfttbrung  von  Bildern  ans  den  Teracbiedenen  Mittelscbnldisciplinen 
mittelst  des  Skioptikont  und  der  Anwendung  mehrerer  Lichtquellen. 

(Prof.  Anton  Primoiic,  Wien.) 

23.  Politische  und  wirtschaftliche  Bildung  durch  die  Mittelschule.  (Prot 
Dr.  Ludwig  Singer.  Prag.) 

24.  Über  pejchologiscbe  Schulverauche.   (Dr.  St.  Witaaek,  Graz.) 

Der  Geschäftsführer: 

iFeod.or  ££oppe. 


Mittheilung  der  Redaction. 

Die  Herren  Mitarbeiter  werden  höflichst  ersucht .  die  Correcturen  ko 
schnei!  ah  möglich  zu  besorgen,  da  sonst  der  Druck  der  einzelnen  Hefte 
nicht  rechtzeitig  erfolgen  kann. 

Feocior  üoppe- 


Beriohtigung^. 

Seite  15  soll  es  heißen:  274  Lebrpersonen  nnterrichten  im  Turnen, 
davon  89  Fachtumlebrer  88^,  85  Volks-  and  BargerBchnllehrer  «  81%, 
74  PMÜBssoren  «<-  27^^,  28  Beamte  oder  Vereinslehrer  »9%. 


Vorantwortlielior  K-  ln^  f  -iir:  I'mf.  Feodor  Hoppe  in  Wifn. 
K.  u.  k.  UoIbiicb(lnickt.-ivi  Ju».  FcicliUugcrs  Erben,  Lins. 


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Vorträge  und  Abhandlungen. 


Eine  Am^egung  auf  dem  Gebiete  des  An- 
sehauungsunterriehtes. 

VortrafT  von  Prof.  OlStaT  Spengler,  gehalten  im  Vereine  «Deuinhe 
Mittelsclrole*  in  Praig  am  7.  April  1897. 

Es  ist  bekannt,  wie  die  Literatur  über  den  Gegenstaud  und 
den  Wert  des  anachaaliclieii  Uniemelites  in  den  letzten  De* 
cennien  zu  einem  betniclitlielien  Umfange  herangewachsen  ist. 
Ich  möchte  aber  dnrch  die  folgenden  Ausführungen  Ihre  Auf- 
mei^samkeitf  mein^  Herren,  anf  einen  Punkt  in  der  Behaud- 
\ur\tt  diespf  Frage  lenken,  der  im  allgemeinen  sowohl,  als  be- 
sonders in  uiispffm  nii  Kuiistsehätzen  so  rpicli<'!i  Vntorlande 
bisher  zum  mindesten  eine  stiel'nnitterliclie  Behandlung  erfahren 
hat,  nämlich  auf  die  Frage,  wie  die  iu  f^roßen  und  kleinen 
Städten  bestehenden  Kunstsammlungen,  archäologischen  lu- 
stitate,  Gallerien  etc.  snr  Forderung  des  Anschanungsunterriehtes 
benutzt  werden  könnten.') 

Wenn  ich  den  Unterricht,  wie  er  frtther  ohne  Anschauungs- 
mittel oder  mit  Hilfe  sehr  weniger  ungenügender  Lelir])elielfe 
betrieben  wurde,  mit  der  jetzigen  in  den  letzten  Jahrzehnten 
♦^rfolgten  Ausgestaltung  dieses  Unterrichtes  vcrgleiehe.  so  scheint 
mir  das  Mangelhafte  jenes,  die  Vorzüge  dieses  L'nterrichtes  aus 
folgenden  psychologiselien  Erwägungen  zu  erhellen. 

Was  Anschaulichkeit  ist,  wird  sich  nicht  leicht  in  Form 
einer  Definition  darstellen,  sondern  am  besten  dnrch  Beispiele 
charakterisieren  lassen,  wie  so  manches  anf  dem  Gebiete  der 
Psychologie  anf  anderem  Wege  als  auf  dem  der  Definition  zur 


''i  Wiilirontl  dip.*e  Opclaiikt-n  bereits  im  Ppcember  lB9ß  vom  Vor- 
tragenden zusamraengetragen  und  einem  erfahrenen  Collegen  zur  Durch- 
hiebt übergeben  waren,  erfnhr  jener  aas  dem  im  I.  Hefle  aer  „Zeitäcbr.  f. 
ü.*t.  (jymn."  1H97  enthalf »  non  Horirht«'  der  Archiiolo^jfiijchrn  Coninii^  i n  in 
Wien,  da*s  bpivits  im  Schöße  dieser  Commi».sion  Prof.  Uutscher  den  be- 
danken anregte,  ^die  Provinzmuneen  ftlr  den  üymnasialanterrieht  nntslNir 
za  machen,  woinnglicb  die  Schuler  in  die  Moteen  der  Landeshauptstädte 
zu  tiihrcn,  damit  sie  die  Schätze  der  Alterthümer  kennen  lernen",  8owie 
„die  in  den  österreichischen  Museen  vorhandenen  Alterthümer  zu  sammeln 
und  fftr  Schüler  heranazugeben*,  Oedanken,  die  den  folgenden  Auafühmngen 
ftcbr  nahe  kommen. 

„öft«nr.  MiUdMbale".  XI.  JiJiug.  10 


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134 


Gii:itaT  Spengler. 


Vorstellung  gebracht  werden  miiss.  So  werde  ich  bekanntlich 
yergeblieh  einem  Blinden  die  Farbenempfindung  dnreh  <ane 
Angabe  von  Merkmak-n  l)f*!/ubringen  mich  abmühen,  weil 
bei  demselben  an  dem  mangelt,  wodurch  icli  hier  einzig  und 
allein  eine  solche  Vorstellung  beibringen  kann,  nämlich  an  der 
Mügiichkeit  eines  Hinweises  aut  eine  äußere  Wahrnehmung. 
Aber  auch  auf  dem  Gebiete  der  inneren  Wahrnehmung  wird 
dM  Wesen  der  Evidenz  nur  demjenigen  klar  werden,  der  sehon 
diese  Evidenz  innerlich  erfahren  hat,  so  dass  man  anf  diese 
Art  der  Erfahrnng  nur  hinzuweisen  braucht.  Und  so  lassen  sieh 
denn  auch  die  verschiedenen  Grade  der  Anschaulichkeit  bis  zur 
Uuauschaulichkeit  durdi  flen  Hinweis  auf  Heispiele  von  Vor- 
stellungen geringer  und  größerer  Ansehauliclikeit  besser  eharak- 
terisiereu  als  durch  jede  theoretische  Auseinandersetzung. 

Wenn  ich  eine  Landschaft  selbst  sehe,  so  habe  ich  gewiss 
die  anschaulichste  Vorstellung  von  derselben.  Ist  doch  das 
Wort  „anschaulieh''  selbst  von  der  Gesichtswahmehmung  her- 
genommen. Wenn  ein  tüchtiger  Landschaftsmaler  meinen  er* 
staunten  Blicken  die  Landschaft  so  gegenwärtig  macht,  dass 
ich  dieselbe  wirklich  vor  Augen  zu  haben  glaube,  so  muss  auch 
dessen  Erinnerung  und  Phantasie  noc  h  einen  hohen  Grad  von 
Ansclianlirlikeit  besitzen,  da  er  ein  liild  von  solelier  Naturtreue 
hinzaube  rn  konnte.  Wird  mir  nun  eine  Besclirei)>nng  dieser 
Landschaft  von  einem  noch  so  tüchtigen  Natursrlulderer  ge- 
geben^  sie  ersetzt  doch  nicht  mehr  das  anschauliche  Bild  directer 
Wahrnehmung,  nicht  das  aus  anschaulicher  Phantasievorstellang 
hervorgegangene  Bild,  und  zwar  deshalb  nicht,  weil  der  Be- 
schreibende nothwendig  von  verschiedenen  Merkmalen  ab- 
strahieren muss,  die  der  Künstler  noch  darstellen  kann.  Und 
wenn  wir  nun  in  dieser  Sruf»'nfolgi'  des  Anschaiilii'hen  endlich 
zur  begrifflichen  Vorstellung  gelangten,  so  finden  wir  bekannt- 
lich, dass  der  liegntl  ganz  unanschaulich  ist,  weil  er  eine  ab- 
stracte  Vorstellung  ist  Warum  ich  diese  aus  derueuereu  Psycho- 
logie bekannten  Erwägungen  'j  hier  vorbringe?  ~  nur,  um  den 
oben  berührten  Unterschied  des  früheren  und  jetzigen  Unter- 
richtsbetriebes zu  zeigen. 

Früher  begnügte  man  sich  vielfach,  bloß  den  Begriff,  höch- 
stens noch  eine  mangelhafte  Beschreibung  von  dem  Gegenstande 
des  Unterrichtes  ohne  das  Vorhandensein  des  betreffenden  Ob- 
je('t*"<  7u  gi'bcji.  man  blieb  also  auf  der  Stuff  <h;'r  Vnanschaulich- 
keit  uüer  «"incs  gerin*4"fn  Grades  der  Anschaulichkeit  stehen. 
Jeder  Begriff  aber  bedarf,  um  anschaulich  vorgestellt  zu  wer- 
den, eines  concreten  anschaulichen  Substrates;  über  auch 
die  Beschreibung  wird  solange  einen  geringen  Grad  der  An- 
schaulichkeit zur  Folge  haben,  solange  sie  sich  nicht  auf  ein 
wirklich  gesehenes  Object  bezieht.  Wird  ja  doch  umgekehrt  auch 
etwas  besser  beschrieben,  was  durch  die  Sinneswahmehmung 


1)  Vgl.  bes.  Udaer,  Propäd.  Log.     25  f. 


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Eine  Aoregang  auf  dem  Gebiete  des  Anschauungsunterrichtes.  135 

erfasst  wird.  DaTaus  folgt  aber:  Je  intensiTer  und  je  bäufigfer  die 
bloße  begriffliebe  Fixierung  eines  Gegenstandes  oder  die  schon 
vielfaehe  :il>stracte  Besebreibung  Ton  der  Anscbauliehkeit  einer 
Sinneswahmeiunong  begleitet  sein  werden  oder  wenigstens  in 
nahe  Beziehung  zu  derselben  treten,  <]^<fo  klarer  wird  uns  der 
Inhalt  vor  Augen  treten.  Wenn  ieh  (laiuit  die  (ji  ünde  gegeben 
zu  haben  glaube,  aus  welchca  mua  aut  allen  Unterricht«- 
gebieten  dem  anschauhchen  Uuterrichtsbetriebe  den  Vorzug 
mbt,  so  erhellt  namentlich  aus  dem  letsteren  Theile  obiger 
Erwägungen,  wie  diejenigen  recht  haben,  welche  besonders 
betonen,  die  vorgewiesenen  Anscbauungsmittel  mOasten  dem 
Schüler  nicht  bloü  einmal  fttr  wenige  Augenblicke,  soudeni 
durch  längere  Zeit  im  Classenzimmer  zur  Betrachtang  geboten 
werden,  dnss  es  aber  auch  förderlieh  sein  muss,  wenn  der 
Schüler  veranlasst  wird,  den  H »'griff  oder  die  in  der  Schule 
vielleicht  an  der  Hand  minderwertifj^er  Anschauungsmittel  ge- 
gebene Beschreibung  durch  wiederholte  Anschauung  sich  mehr 
eigen  zu  machen.    Diese  Gelegenheit  aber  bietet  sieh  in  allen 

größeren  und  vielen  kleineren  Städten,  welche  Sammlungen, 
[unstinstitute,  Gallerien  etc.  haben;  besitzen  doch  auch  manche 
kleinere  Städte  ganz  nette  Sammlungen.  Nur  ist  danach  zu 
trachten,  dass  das  Interesse  der  Schüler  für  solche  Sammlungen 
geweckt  und  wacli  »Mliulten  w*m(I»'.  so  dass  sie  es  als  ein  Be- 
dürfnis empHndeji.  diese  Orte  uutzusuchen  und  sich  im  Sehauen 
7,u  üben.  Eine  solclie  Steigerung  des  TnteresseB  wird  aber  — 
ich  glaube,  darin  wii*d  mir  wohl  joder,  der  solche  Sammiungeu 
besucht,  recht  geben  —  gewiss  erfolgen,  wenn  ich  dieselben 
mit  einem  über  die  einzelnen  Objecto  belehrenden  Kataloge 
durchwandere.  Noch  größer  wäre  aber  das  Interesse,  wenn  diese 
Kataloge,  von  tüchtigen  Fachleuten  verfasst,  mit  weiiig  Worten, 
Streif  lichtem  sozusagen,  auf  das  Bemerkenswerteste  den  Besucher 
aufm«'rksara  machen  würden.  Wenn  dies  nun  schon  im  IiitM.-.'«^ 
des  groben  Publicums  gelegen  wäre,  so  glaube  ich,  könnte  die 
Schule  sogar  die  freie  Zpü  des  Schülers  sich  nutzbar  machen  im 
Interesse  des  anschaulichen  Unterrichtes,  wenn  man  Schüler- 
kataloge mit  erklärenden  Bemerkungen  für  Sammlungen,  Kunst- 
institute in  den  einzelnen  Städten  beschaffen  würde. 

Wie  solche  allerdings  erst  allmählich  nach  Herstellung  von 
Sonderkatalogen  eine  einheitliche  Gestalt  erlangen  könnten, 
möchte  ich  nur  insoweit  zu  zeigen  Tersuchen,  ab  die  folgenden 
Ausführungen  den  Charakter  einer  flüchtigen  Anregung  tragen 
sollen,  dazu  )»e.stimmt,  vielleielit  eine  Afti<»n  m  diener  Kichtung 
bervor/uruien.  Ich  raalJe  mir  dabei  durchaus  niciit  an,  etwas 
Originelles  bieten  zu  wollen.  Nur  .scheint  mir  in  dieser  Hinsicht 
bei  uns  in  Österreich  wenig  gethan  zu  sein.  Musterhaft  in  erster 
Linie  jedoch,  wie  mir  scheint,  für  „alle,  welche  für  das  Lehen 
der  Alten  Interesse  haben,''  unter  welchen  besonders  archäo- 
logisch Geschulte  gemeint  sind,  und  nicht  in  erster  Linie,  wie 
der  Verfasser  desselben  will,  „für  die  höheren  Schulen",  er- 

10* 


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136 


Guäta?  Spengler. 


scheint  ein  Katalog  mit  dem  Titel:  „Die  AntikeDsammluugen 
des  Großherzoglichen  Museums  in  Danustadt"  von  Dr.  Ludwig 
BiK>hhol(l,M  der  mir  dureh  die  Güte  des  Herrn  Gollegen  A.  Th. 
Christ  zugebofp  •stand, 

Weil  mir  eben  dieses  Werkeheu  musterpiltig  erscheint, 
wenn  es  auch  allzusehr  iu  die  Breite  geheud  die  wissenscluift- 
licheu  Streitfragen  zuviel  hereinzieht,*)  so  möchte  ich  eimge 
Worte  Uber  die  Einriehtang  desselben  sagen,  am  auf  dasselbe 
EQrQckgreifen  zv  können. 

In  dem  Absehnitte  I  Religiöses  Leben  der  Alten  sind 
cbe  Stücke  des  Museums,  welche  auf  die  Tempelstile  (1)  Be- 
zug  haben,  in  belehrender  Weise  mit  vorangeschickton  kurzen 
allgenieineu  Excursen  besprochen.  Dann  finden  sich  unter  dm: 
Titel  Tempeltorraen  (2)  Bestandtheile  antiker  Tempel  an  der 
Hand  einzelner  Museumsstücke  erläutert,  sowie  die  Entwickluug 
des  Tempelbaues  bei  deu  Römern  und  die  Rundtempel,  dann 
Altare,  der  Mithracult,  VotiTsteine  nnd  Oigantensaulen. 

Der  Abschnitt  II  Öffentliches  Leben  der  Alten  be- 
schäftigt sich  mit  den  auf  folf^^ende  Capitel  bezüglichen  Sehau- 
stücken des  Museums:  1.  Wasseranlagen,  2.  Meilenzeiger, 
3.  Basiliken,  4.  Säulenhallen,  f).  Theil  der  Unifassnnjrsmauer 
eines  Forums,  6.  Theater  und  Amphitheater,  7.  die  Triumphl)ogen, 
b.  Ausrüstung  des  römischen  Soldaten«  9.  römische  Münzen. 

Der  dritte  große  Abschnitt  Privatleben  der  Alten  hat 
zum  Gegenstande  belehrender  Besprechung:  1.  Materialien, 
2,  innere  Einriehtonf^  von  Häusern,  3.  Gegenstande  des  häus- 
lichen Gebrauches  in  reicher  Auswahl,  4.  Werkzeuge  Ter<- 
sehiedener  Gewerbe,  5.  Gegenstände  der  Kleidung,  des  Schmuckes 
und  der  Kürperpflcffe.  (].  Bestattung. 

Der  letzte  grtylSv  Abscliiiitt  IV  endlich,  fast  die  liiilt't»'  dof 
Buches  füllend,  d  ie  IJ i Idwerk e  und  Gipsabgüsse,  besjiricht 
in  einem  Theile  „die  Bildwerke  aus  Marmor,  Bronze,  Thon", 
im  zweiten  Theile  die  Gipsabgüsse. 

Schon  diese  dürre  Inhaltsaugabe  dürfte  genügen,  um  zu 
zeigen,  dass  der  Verfasser  in  der  glücklichen  Lage  war,  ein 
ziemlich  umfangreiches,  viele  Seiten  antiken  Lebens  Teranschau- 
liebendes  Material  vor  sich  zu  haben,  was  noch  klarer  dem 
wird,  der  den  Inhalt  der  einzelnen  Capitel  mit  ihren  reichen 
Hinweisen  auf  in  dem  (iroßberzoglichen  Museum  aufj^estapelte 
Schaustücke  sicli  niilier  besieht.  Dem  gegenüber  ist  wohl  iiervor- 
zuheben.  dass  deiürtige  Sammluugeu  viellacb  natuniotlnvfiidiETe 
Ungleichheit  in  der  Reichhaltigkeit  der  einzelnen  Gruppeu  von 
Anschauungsmitteln  bieten  werden,  so  dass  die  eine  vielleicht 


1)  Danmibidt  1896.  Vgl  bes.  Einl.  8.  8. 

Der  Verfasser  s(  lioint  da^  st'lh<it  gefühlt  zu  haben,  indem  er  a.  a.  0. 
Einl.  S.  4  bemerkt,  „anderneits  konnte  Verfasser  bei  der  Fülle  interessanter 
und  vielfach  uniBtrittener  Gegenstände  auf  Notizen  und  Ausflihruiigeii 
wineiiKhaftlicher  Art  nicht  verzichten»  obwohl  diese  Aber  den  Gedanken- 
kreis eines  Schalen  hinaw^hen". 


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Eine  Anreguog  auf  dem  Gebiete  de«  Aoscbauungaunterrichtes.  137 

tlir  den  i- iuloloßeu  uud  Archäologeu,  die  andere  für  den  Histo- 
riker mehr  Ausheilte  bieten  wird. 

Ich  meine  nun  —  und  damit  komme  ich  auf  den  eigent- 
liehen  Kernpunkt  meines  Vorschlages  .  dasa  besonders  in  den 
großen  Städten,  allerdings  mit  grouer  Mühe  und  bei  weitgehend- 
ster Theilung  der  Arbeit,  Sammelkataloge  oder  Führer  fQr 
Schüler  höherer  Lehraiist;i1tt-n  für  üif^hi  ere  solcher  Sammlungen 
hergestellt  wertl«>n  könnten,  weiehü  die  oben  erwähnte  Un- 
gfleichheit  mehr  oder  weniger  beseitigen  würden.  Aufgenommen 
dürfte  in  diese  Kataloge  nach  weiser  Auswahl  nur  werden, 
was  für  den  Unterricht  Ton  unmittelbarem  Natien  wäre,  um 
den  Umfang  eines  solchen  Buches  nicht  übermäßig  auszudehnen. 
Die  Geneais  eines  solchen  Sammelkataloges  denke  ich  mir  nun 
folgendermaßen. 

Zunächst  müssten  Sonderkataloge  für  die  einzelnen  Samm- 
lungen, archäologischen  Institute,  Hilder5?amraluugen  etc.  ab- 
gefasst  werden.  Einrichtung,  Inhalt  und  Anordnung  des  Slofl'e.s 
in  diesen  Sonde ikaialogen  möchte  ich  gleich  im  fol^^endeu  an 
einem,  wie  mir  scheint,  treffenden  Beispiele  zeigen.  \\  äreu  nun 
solche  Sonderkataloge,  die  in  ihrer  Oesammtheit  einen  mSglichst 
großen  Theil  des  eesammten  Vorrathes  an  Anschauungsmitteln 
einer  größeren  Stadt  umfassen  könnten,  fertiggestellt,  so  könnte 
bei  dem  nun  so  gewonnenen  Uberblicke  über  das  gesammte 
Material  ein  einheitlicher  Katalog  für  alle  diese  Institute  her- 
gestellt werden. 

Wir  haben,  um  nun  zu  dem  Beispiele  überzugehen,  in  Prag 
ein»-  von  Herrn  Prof.  Dr.  Klein  sehr  nett  gehaltene  Sammlung 
von  Gipsabgüssen  im  Archäologischen  Institute,  in  welches  der 
Eintritt  wöchentlich  einmal  dem  Pablieum  gestattet  ist  Fttr 
diese  ließe  sich  nun  ein  solcher  Sonderkatalog  für  SchOler,  wie 
ich  glanbe,  mit  nicht  großen  Schwierigkeiten  und  doch  großem 
Nutzen  für  dieselben  herstellen.  Ich  wähle  gerade  dieses  Bei- 
spiel, weil  mir  besonders  die  treffenden  Worte  Buchholds  •)  vor 
Augen  schweben,  der  Folgendes  s:i'_ff:  ,,Gipsabgüsse  antiker 
Sculpturen  (Iteliefs,  Statuen,  Büsten)  bilden,  wie  allgemein  an- 
erkannt, das  beste  Mittel  zur  Veranseliaulichung  antiker  Bild- 
hauerkunst, und  ein  gutes  Gipsmu.seuni  kann  rücksichtlich  seines 
ail<^*  meinen  und  ästhetischen  Bilduug.s wertes  durch  Abbüdnngen 
nicht  ersetzt  werden.  Das  beste  Gipsmuaeum  ist  aber  das, 
welches  einen  möglichst  umfassenden  Überblick  über  die  antiken 
Bildwerke  gewährt  und  damit  die  yerschiedenen  Entwicklungen 
stufen  der  Kunst  von  ihren  Uranfangen  bis  zu  ihrer  höchsten 
Blüte  nnd  ihrem  Niedergange  veranschaulicht."  Diesen  An- 
forderungen ist  nun  soweit  als  möglich  in  d»'r  Sammlung  des 
Prager  Archäologischen  Institutes  entsprochen. 

Bei  der  Herstellung  eines  solchen  Sonderkatalogeä  müssten 
nun  nach  meiner  Ansicht  besonders  zwei  Momente  Berftek» 


1)  a.  a.  0.  8.  99  f. 


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138 


Otistav  Spengler. 


sichtigung  finden,  znnäeliBt  die  Möglichkeit  leichter  und  Behneller 
Orientierung,  dann  aber  auch,  soviel  es  thunlich  ist,  eine  An- 
ordnung schon  im  Kataloge  nach  den  geschichtlichen  Entwick- 
lungsstufen, die  das  verschiedene  Material  der  betreffenden 
Sammlung  repräsentiert. 

So  ließe  sieh  zunächst  der  ersten  Forderung  geniigeleisteii 
diircli  einen  über  die  ganze  Sammlung  orientiereuden  Situations- 
plau,  in  welchem  Ort  und  Nummer  der  einzelnen  Schaustücke 
▼erzeichnet  wären,  aber  auch  schon,  wo  es  möglich  wäre,  durch 
gewisse,  die  einzebien  Säle  oder  Zimmer  naä  ihrem  Inhalte 
charakterisierende  Namen,  welche  in  zweckmäßiger  Abbreviatur 
im  Texte  des  Kataloges  Anwendung  fänden.  So  könnten,  um 
dies  an  dem  von  mir  gewählten  Beispiele  /u  illustrieren,  die  von 
Herrn  Prof.  K1»'in  für  diV  einzelnen  Säle  des  Archäolof^i^elien 
Institutes  gewählten  Namen  diese  Dienste  tliiin.  indem  njun  den 
ersten  Saal  als  arohaistisehen  Saal  (A.  S.),  den  zweiten  als 
Pheidiää-Saal  (Ph.  S.),  den  dritten  als  Praxiteles-Saal  (Pr.  S.), 
den  yierten  als  Großen  Saal  (Gr.  S.)  mit  zwei  Abtheilungen: 
A,  hellenistisch-römiBcher  Saal  (6r.  S.  h.  r.),  B,  Laokoon-Saal 
(Or.  S.  L.)  bezeichnen  könnte. 

Außer  diesem  Situatiousplane  müsste  auch  ein  gut  an- 
gelegter Index,  der  zugleich  die  Seitenzahl  des  Kataloges,  die 
Vermerke  für  Saal  und  Sehanstücke  entbnlten  würde,  da«  Auf- 
hnden  der  einzelnen  Stücke  sehr  erleichtern.  Der  Ant'iiiirung 
der  einzelnen  Schaustücke  im  Texte  müsste,  damit  der  zweiten 
Forderung  Genüge  geschähe,  ein  kurzer,  leicht  fasslicher  Uber- 
blick Über  die  CuUurstufen,  insbesondere  die  Entwicklungs- 
stufen der  Kunst,  denen  die  in  der  Sammlung  befindlichen 
Vertreter  angehören,  vorausgeschickt  werden.  Für  diesen  Zweck 
würde  etwa  z.  B.  mit  Bezug  auf  das  Archäologische  Institut  in 
Prag  „der  Überblick  über  die  Entwicklung  der  griechischen 
Plastik"  genügen,  wie  er  hauptsächlich  nach  dem  Bnche  von 
Kur]  Friederichs  (ueubearbeitet  von  Wolters!  „Bausteine  zur 
Gesciiiehte  der  griechisch -römischen  Plastik  in  der  kleinen 
Schulausgabe  von  Hermann  Nohl  (Tempsky)  als  Anhang  bei- 
gefügt ist. 

Und  zwar  würde  es  sich  empfehlen,  der  Vorführung  der 
Gipsabgüsse  in  den  einzelnen  Sälen  die  allgemeine  Charakteristik 

der  in  dem  betreffenden  Saale  vertretenen  Kunststufe  voraus- 
zuschicken. £s  würde  also  dem  Kataloge  folgende  Einleitung 
vorausgeschickt : ' ) 

„Vor  dem  7.  Jahrhunderte  v.  Chr.  scheint  sich  eine  natio- 
nale Plastik  in  Griechenland  nicht  entwickelt  zu  haben.  Aller- 
dings waren  die  hölzernen,  puppenhaften  Götterbilder  in  den 
Tempeln  Werke  griechischer  Meister;  aber  was  Kunstreicheres 
in  Stein  oder  Metall  existierte,  war  ausländischen  Ursprungs 


^}  Vgl.  CicerosBede  gegen  Q.  Cädlin«  und  das  IV.  Buch  der  Ankhif^e- 
•chrift  G.  Verrea  Hermann  Nohl.  S.  89  ffl 


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Eine  Anregung  auf  dem  Gebiete  des  AnscbouuDgsuoterrichtes.  139 

oder  Gharaktera.  Die  Einwirkmig  aiul&ndisclier,  namentlich 
ägyptischer  Ennst  maclite  sicli  aneh  noch  später  geltend,  aher 
immer  mehr  gewinnen  die  Kunstwerke  ihr  eigenes  hellenisches 
Gepräge. 

„Uie  erste  archaische  Periode  der  griechischen  Kunst 
erstreckt  sich  bi>  zur  Mitte  des  5.  Jahrhunderte.  Charakteristisch 
für  den  archaischen  8til  der  ältetsteu  Zeit  ist  es,  dass  die  Fi- 
iruren  meist  mit  striirt'  henibhänfj^enden  A?*men  und  zusainmen- 
gebüiitc'ii  Händen  mit  der  vollen  FubpiuLte  auf  dem  Boden 
st^en;  die  Köpfe  sitzen  gerade  auf  den  Sehnltem,  ohne  eine 
Wendung  zu  machen.  Die  Stirn  tritt  zurück,  die  Nase  stark 
hervor;  erst  später,  als  man  nach  geistigem  Ausdruck  strebte, 
wird  die  Stirn  mehr  vorgeschoben.  Die  Ohren  stehen  meist 
unnatürlich  hoch  oder  zu  tief,  die  Augen  treten  aus  dem  Kopf 
heraus  df»r  Mund  ist  ir^'schlosgen.  die  liippen  sind  ohne  Leben. 
Eine  liiiutige  Ers(  Ii -i nung  au  den  archaistischen  Köpfen  ist  der 
durch  Heraufziehen  der  Mundwinkel  hervorgerufene  liiclielnde 
Ausdruck,  den  in  gleicher  Weise  Götter  und  Menschen,  Lebende 
und  Sterbende  zeigen,  es  ist  ein  Versuch,  freundlichen  Eindruck 
zo  machen,  der  allerdings  nicht  selten  mehr  als  Grinsen  wie 
als  Lächeln  >virkt." 

Nach  einer  solchen  Charakteiistik  würden  die  Schüler  den 
nun  einzeln  vorzuführenden  Gestalten  des  Apollo  von  Tenea, 
der  archaistischen  Hera  der  Villa  Lndovisi  und  anderen  gewiss 
mehr  Verständnis  entgegenbringen.  Xaeh  Vorfühning  dieser 
archaistischen  Gipsabgüsse  im  einzelnen  könnte  dann  ebenso 
die  Zeit  des  Fhidias,  die  des  Praxiteles  und  Skopas,  sowie  die 
hellemstisch-römische  Kunstperiode  in  wenigen  Zfigen  charakte- 
risiert werden,  ehe  die  einzelnen  Stücke  genannt  und  erläutert 
würden. 

Was  nun  die  Anordnung  in  der  Bezeichnung  der  ein* 
zelnen  Schaustücke  selbst  betrifft,  so  könnte  in  den  Samm- 
lungen, wo  als  Princip  der  Aufstellung  die  ITnterseheidung 
der  Entwicklungsstufen  festgelialten  ist,  dies  natürlicli  aucli 
im  Kataloge  beibehalten  werden,  wo  das  aber  nicht  der  Fall 
ist,  dieses  Princip,  wie  es  z.  B.  in  dem  Buche  von  Bohlandt 
der  Fall  ist,  im  Kataloge  erst  durchgeführt  werden  und  so 
gleichsam  eine  Erhöhung  des  Nutzens  der  Sammlung  ftlr  eine 
mehr  historische  Betrachtung  des  in  derselben  Gebotenen  erzielt 
werden. 

Wie  ich  mir  nun  Anordnung,  Beschreibung  und  Erklärung 
der  einzelnen  Stücke  denke,  will  ich  an  einigen  aus  der  Menge 
der  im  Archäologischen  Institute  in  Prag  aufgestellten  Gips- 
abgüsse zeigen. 

Su  üadet  sich  im  ersten  Saal  (A.  b.)  die  bekannte  Agineten- 
gruppe  Tom  Athena-Tempel  zu  Ägina.  Im  Index  und  auf  dem 
Situationsplane  wäre  zunächst  von  dem  Schüler  aufzusuchen: 
archaistischer  Saal,  Nr.  19 — 2i),  Äginetengruppe,  S.  . . .  des 
Kataloges.  Auf  der  betreffenden  Seite  des  Xataloges  würde  er 


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140 


Gustav  äpenglar. 


nun  folgende  Auf Uärong^^)  finden:  Die  Giebelgruppen  des 
Athena-Tempels  Yon  Ägiua.  Die  Originale (Mamor)  wurden 
1811  auf  der  Insel  Ägina  gefunden,  1812  von  Kronprinz  Ludwig 
von  Bayern  angekauft,  1816  —  1817  von  dem  Bildhauer  Thor- 

waldsen  ergänzt  und  in  der  Glyptothek  in  München  aufgestellt. 
Bewundernswert  ist  die  Technik;  diese  Figuren  sind  durch- 
gängig ohne  künstliche  Stütze  im  Gleichgewichte  erhalten.  Sie 
sind  allseitig  mit  der  gleichen  Sorgfalt  ausgearbeitet.*)  Die  At- 
tribute, Speere  f  Sehwerter  und  eine  Menge  einz^er  hervor^ 
tretender  Theile  und  Zuthaten  waren  ans  fibnnor  oder  Bronze 
anffefOgt.  Für  die  gesammte  Wirkung  war  die  Färbung  und  Be- 
malung von  größter  Bedeutung.  Aus  Spuren«  die  sich  am  Helme 
und  der  Ägis  der  Athene  fanden,  schließt  man  auf  durchgängige 
Bemal ung,  die  Helme  waren  blau,  der  Helmbusch  roth  bemalt.^) 

Nr.  l\) — 29  die  elf  Figuren  des  Westgiebels.  Gegen- 
stand: Kampf  um  die  Leiche  des  Achilles  (  Hrinin)  oder  des 
Patroklos  (v.  Müller,  ki.  Sehr.  iL,  p.  ü77).  ii.  XVIL  Ges. 
Von  links  nack  reelite.  Nr.  24,  verwundeter  Orieeke,  im  Begriffe, 
Sick  die  tödliche  Waffe  aus  einer  Wunde  unter  der  reckten 
Brust  zu  zieken.  Nr.  22,  knieender  Lanzenkämpfer  in  lauern- 
der Stellung  (Aias,  Sohn  des  Oileus,  nach  Brunn).  Der  Bogen- 
schütze TeuKros,  Nr.  23,  „in  der  typischen  Stellung  des  Bogen- 
schützen hat  er  sich  auf  das  r^olite  Knie  niedergelassen  und 
erscheint  fertig,  den  Pfeil  vom  Bogen  zu  senden."  Nr.  21,  der 
Telamonier  Ains.  als  Voi  lv;inip{'er  die  Leiche  des  gefallenen 
Patroklus  (Achilles;  sciiuuuud,  weit  ausschreitend  streckt  er 
den  Sckild  zur  Deckung  Tor  und  sckwiugt  in  der  erhobenen 
Beckte  die  Lanze. 

Homers  11.  XVII.  v.  132  ff. 

Mai     ^li^i  MevoiTid^iQ  aä%.OQ  sopi»  tM^^olz 

Kr.  20t  der  gefallene  Patroklos  (Ackilles),  im  Niedersinken 
auf  seine  reckte  Seite  stützt  er  sich  nock  mit  der  Rechten, 
welcke  das  Schwert  hielt,  auf  den  Boden,  am  linken  trägt  er 
den  Sckild.  Der  mit  feststekenden  Backen  und  Nackensekilde 
versehene  Visierhelm  liegt,  nack  hinten  zurückgeschoben,  nur 
lose  auf  dem  Kopfe. 

Nr.  lU,  ..Athene"  als  Göttin,  welche  die  Geschicke  des 
Kampfes  lenkt,  ohne  sich  seihst  direct  daran  zu  hetheiligen;  sie 


')  Diese  üeraerkungen  sind  mit  Auswahl  besonders  deui  Btiche  von 
Bachhold  entnommen. 

-)  Brunn,  fiescbreibong  der  Glyptothek,  B.  1,  6.  Aufl.,  München  1887, 

S.  6Ü. 

9)  Friedericlia,  die  GipsabeOcne  antiker  Bildwerke,  neabearbeitet  von 
Wolter«,  Berlin  1886. 


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Eine  Anregung  auf  dem  Gebiete  des  Anachauungsunterrichtes.  141 

stellt  theilnahmslos  und  tmbewegt  mit  ilireii  Attributen  ^  dem 
Sehüde  an  der  Linken  und  dem  eehriff  in  der  Rechten  gehaltenen 
Speere,  mehr  ein  Bild  der  Göttin,       eie  selbst  leibhaftig. 
XVII.  &34.  a'j>'  o'  s;:l  Uok^oiOm)  titaro  xfiarsf^Tj  {kjji'Ivi) 

Nr.  25,  Troianer.  dem  Gflaiient'ii  /uhilfe  kommend. 

Nr.  2f),  Hektor  (Aueast  mit  nuch  hinten  gesetztem  üelme, 
Promachus  der  Troianer,  dem  Telamouier  ttutäprechend. 

Nr.  27t  Paris,  dem  Tenkros  entsprechend,  troischer  Bogen- 
sehtttse  mit  eng  anliegenden,  bis  an  die  Knöchel  reichenden 
Hosen,  einer  Tom  geschlossenen  Jacke  mit  langen  irmeln  und 
einer  den  Nacken  deckenden  phrygischen  Mütxe. 

Nr.  28.  knieender  Lanzenkämpfer  der  Troianer. 

Nr.  2*.'.  verwundeter  Troianer. 

Unter  *l'»r  Bezeichnung  „(rroÜer  Saal  gegenüber  der  Scheide- 
wand" Ya-u^^  von  Otricoli,  iS. . . .  de^  Katalogen,  hiitte  der  Schüler 
nachzusehen,  um  sich  durch  folgende  Worte,  die  theilweise  auf 
Helbigs  Darstellong  zurückgehen,  über  den  berühmten  Zens- 
kopf  zu  belehren:  „Zeuskopf  von  Otricoli:  Ori^al,  gefanden 
in  der  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  in  Otricoli  (Perugia),  im 
Vatikan,  antik  nur  die  Vorderseite.  Die  berühmteste  anter  allen 
ZeuRstatuen  ist  sie  früher  unmittelbar  auf  Pheidias  zurück- 
geführt worden,  gilt  jetzt  als  eine  Nach-  und  Umbildung  aus 
der  Zt'it  nach  Lysippiis.*)  In  dem  W«Mk»'  »'rsrheint  di«  Weis- 
heit, Kraft  und  Energie  des  höchsten  V.f»nte.s  vt-rkörprrt.  Das 
reich  wallende,  vorn  empoistrebende  Lockenhaur,  der  volle  und 
lockige  Bart  umrahmen  ein  Götterantlitz,  in  dem  jede  Einzel- 
heit charakteristiBch  ist.  Die  horizontal  ffetheilte,  nach  unten 
vortretende  Stirne,  die  kräftig  geformte  Mase,  beides  Merkmale 
fester  Willenskraft,  die  geheimnisvollen,  tiefliegenden,  ernst 
und  milde  blickenden  Augen,  die  schön  geschwungenen  Augen- 
brauen, der  et%v;i,s  geöffnete  Mund,  der  Milde  und  Hoheit  vereinigt, 
alle  Züge,  alle  Linien  greifen  ineinander  und  ruten  jenen  harmoni- 
schen (ie.sammteindruck  erhabener  Kratr  und  göttlicher  Majestät 
hervor.  Und  doch  ist  der  Eindruck  erhabenster,  aus  dem  lievv  usst- 
sein  der  göttlichen  Kraft  fließender  liuhe  nicht  der  einzige,  den 
wir  empfangen.  Denn  obwohl  Zeus  in  einer  gehaltenen  Stimmung 
dargestellt  ist,  so  weist  doch  die  Behandlung  der  einzelnen 
Tbeile  auf  andere  AfFecte  hin,  welche  je  nach  den  Umstanden 
den  Ausdruck  des  Göttervaters  bestimmen  können.  Wo  es  nur 
iniTii'^r  angieng,  ist  die  Bewegung  angedeutet,  dert-ii  die  einzelnen 
Tlieile  des  Gesichts  fähig  sind.  Die  Kalte  der  ^tirn,  das  Spiel 
der  Augenbrauen  und  ihre  verschiedfue  Behandlung,  die  ein 
wenig  aufgeblähten  Nüstern,  der  etwas  geötfnete  Mund  und 
das  wallende  Haar  legen  den  Gedanken  an  den  Übergang  aus 


Kurtwangler,  Meisterwerke  p.  3GU,  370,  führt  die  Entitehung  des 
Typus  von  Otricoli  auf  den  Kreis  des  Praxiteles  xurdck. 


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142 


GnstAT  Spengler. 


der  Ruhe  zur  Bewegung  nahe,  und  fttr  den  Betrachter  ist  es 
leicht,  sich  den  Kopf  mit  einem  anderen  Ausdruck  als  dem  vom 
Künstler  fixierten  vorzustellen." 

Ii  /jäI  xoavsTQT.v  3?:'  ö'fpöot  vsO^s  Kf>ov'la>v 

xfyaioc:  ar'  adavdtoto*  [li^av  o'  eX*X'.;sv  "OXuuiirov. 
sind  bekanntlich  die  Verse,  die  Pheidias  begeistert  haben.  Wenn 
aucb  der  ZeuBkopf  Ton  Otricoli  einem  anderen  Künstler  an- 

Sebdren  dürfte,  diese  bomeriseben  Verse  passen  auch  auf 
lesen  Kopf. 

Über  den  Hermes  des  Praxiteles  würde  den  Schüler  die 
Anmerkung  im  Iudex,  Praxiteles  -  Saal ,  Nr.  482.  Hermes  des 
Praxiteles,  S.  .  .  .  des  Kataloges,  auf  folgende  erläuternde  Be- 
merkung fülireii:  ..Hermes  des  Praxiteles  gefunden  in  der 
Ueraioncella  in  Uijmpiü  zwischen  der  zweiten  und  dritten  Säule 
Yor  den  Besten  der  Basis,  auf  der  die  Statue  einst  gestanden, 
aufgestellt  im  Museum  zu  Olympia.  Es  ist  das  einzige  auf 
Praxiteles  zurückzuführende  Werk.  ,Hermes,  der  heitere,  dienst* 
willige  Jüngling,  der  sieb  so  Tieler  verwaister  und  verlassener 
Götterkinder  annehmen  musste,  hat  hier  den  kleinen  Diouysus 
auf  den  Arm  genomni»  !i,  um  ihn  zu  den  Nymphen  zu  bringen, 
die  das  Kuäblein  erziehen  sollen.  Er  hat  haltgemacht  auf  dem 
Wecfe.  über  einen  Baumstamm  seinen  fa1tin-(Mi  Mantel  geworfen 
und  darauf  den  Arm  gestützt,  der  dem  ivmde  zur  Stütze  dient.") 
In  der  linken  Hand  hielt  Hermes  wahrscheinlich  den  Herold- 
stab, in  der  rechten  Hand  vielleicht  eine  Traube.'' 

Die  Anmerkung  im  Index  Gr.  S.  (h.  r.),  Nr.  482,  „Schlafen- 
der Satyr**,  Katalog  Nr.  .  .  .,  würde  den  Schüler  auf  folgende 
Bemerkung  zu  diesem  Kunstwerke  führen:  In  den  das  Grabmal 
Hadrians  (Engelsburg)  nragelDenden  Oräben  unter  Papst  Ur- 
ban Vin.  gefunden;  bis  auf  diesps  fiilirlmndert  im  Besitze  der 
Familie  Barberini  (daher  auch  ..l>ai  berini'aicher  Faunus"  ge- 
nannt), seit  1820  in  München.  ^Auf  einem  Felsen  sitzt  ein 
kräftiger  Satyr;  in  tiefen  Schlaf  versunken  lehnt  er  die  linke 
Seite  an  den  Felsen  und  lässt  den  linken  Unterarm  über  den- 
selben schlaff  herabhängen.  Der  rechte  Arm,  hoch  erhoben  und 
80  gebogen,  dass  die  Hand  im  Nacken  ruht,  erleiebtei-t  die 
Brust  und  gestattet  dem  vom  Weingenuss  schweren  Körper 
freier  und  tiefer  zu  athmen.''  Die  derbsinnliche  Natur  des 
Satyrs,  „welclier  höhere  geistige  Interessen  durchaus  fremd 
Mud",  elmraklti isiereu  vortreiriich  die  eingedrückte  Nase,  die 
hervortretenden  Backenknocheu,  die  aufgeworfenen  Lippen,  die 
faltige,  von  struppigen  Haaren  umrahmte  SÜrn. 

Das  Onffinalwerk  Tielleicht  nach  300  v.  Chr.  hergestellt. 

Durch  Vermittlung  der  Notiz  im  Register  Gr.  S.  (L.),  Saal 
Nr.  504,  Diskoswerfer,  Katalog  Nr. . . könnte  der  Schüler, 


1)  Friederich^  a.  a.  0.  1212. 
3)  Branii  0.  Nr.  4. 


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£iiie  Anregnng  auf  dem  Gebiete  des  Anachaaiiiigvunterricbte«.  143 

vor  dem  Objecte  stehend.  Folgendes  lesen:  „Original,  Marmor, 
1792  Ton  Oavin  Hamilton  in  den  Trümmern  eines  antiken  Ge- 
bäudes an  der  Via  Appla  geftuiden,  im  Vatikan.  Arm  und  Hand 
des  Jflnglings  sind  iu  Bewegimg  zu  denken,  und  zwar  in  sehr 
bewnsster  Weise  und  zu  einem  sehr  naheliegenden  Zweck.  Der 
Arm  wird  gestreckt  und  gehoben,  die  Finffer  spielen,  um  die 
Elasticität  zu  prüfen  und  gleichsam  den  «riHistifren,  eben  er- 
schienenen Augenblick  herauszufühlen,  wo  die  Jiraft  an)  meisten 
gesammelt,  die  Mnskelapannung  die  friseheste.  der  Hvlil  der 
sicherste  ist;  einen  Augenblick  weiter,   und  die  Wurfscheibe 

£ht  hoeh  nach  Tom  erhoben  mit  rascher  Bewegung  in  die 
tehte  über,  und  die  eigentliche  Handlung,  wie  wir  sie  ans 
Myrons  Diskobol  kennen,  beginnt.''*)  Overbeek  ond  Fnrtwangler 
führen  das  Werk  auf  Alkamenes  zurück. 

Diese  Beispiele  dürften  genügen,  um  klarzumachen,  auf 
welche  Weise  sich  solche  Sonderkataloge  herstellen  ließen  und 
der  praktischen  Durchführbarkeit  keine  Hindernisse  entgegen- 
stehen. Zunächst  würde  es  vielleicht  zweckmäBiger  sein,  solche 
Souderkataloge  bloß  durch  da^  Mittel  des  ilektograiumä  in 
Umlauf  SU  setzen,  bis  die  genügende  Zahl  von  Sonderkatalogen 
fertiggestellt  wäre,  nm  mit  Zugrundelegung  dieser  zur  Ke- 
daction  des  alles  für  die  Scluilzwecke  P'örderliche  aus  den 
Sammlungen  der  betreffenden  Stadt  umfassenden  Sammelkata- 
log^  zu  schreiten. 

Wenn  ich  nun  gefragt  würde.  w:t^  ich  mir  t'iir  einen  Vor- 
theil von  der  Benützung  dieser  Kataloge  erwarte,  so  würde  ich 
Folgendes  anführen  zu  sollen  glauben.  Zunächst  bedeutet  ja 
das,  was  jener  bekannte  Scherzvers  „Dejicimte  ^ncu  —  deßcil 
oiüfie  ata''  besagt,  ein  mächtiges  Hindernis  für  den  anschau- 
lichen Unterricht,  wenn  uns  auch  noch  sosehr  die  so  rührige 
Archäologische  Commission,  deren  grofle  Mühewaltung  wir  ja 
dankbarst  anerkennen  müssen,  nach  den  schönen  Tempel- 
modellen, dem  Legionär,  den  Münzen  n.  a.  m.  lüstern  macht. 
Es  erübrigt  vielfaeli  nicht  das  Geld,  um  das  Material  an  bild- 
lichen Darstellungen  zu  dem  Zwecke  des  »nschanlichen  l'nter- 
richte«  halbwegs  vollstiindig  zustande  zu  bringen.  Wir  bind  ja 
schon  sehr  froh,  daüs  wir  Prof.  Hoppes  so  schön  ausgeführte 
Büdersammlung  für  die  Schule  benützen  können.  Aber  wie  oben 
schon  dargelegt  wurde,  reicht  das  beste  Bild  nicht  aus,  um  den 
Eindruck  hervorzubringen,  den  das  plastische  Werk  selbst 
zurückUtsst.  Anderseits  wird  es  wiederum  genügen,  selbst  die 
Abbildungen  des  Öhler'schen  und  der  Luckenbach'schen  Bilder- 
atlanton,  die  ja  wegen  des  geringen  Preises  dieser  Schriften 
aus  dem  Verbände  dieser  Werkcli.'n  leicht  entnommen  und  den 
Schülern  zur  Ansicht  in  der  Schule  unter  einen  Rahmen  ge- 
bracht werden  können,  zur  vorläufigen  Veranschaulichung  des 
eben  Behandelten  zu  benfitzen,  wenn  man  in  der  Lage  sein 


>)  Overbeek  L  380-882,  Fig.  102. 


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144 


Gastav  Spengler. 


wird,  auf  diese  oder  jene  Stelle  des  Scliülerkataloges  so  rer- 
weisen,  an  deren  Hand  der  Schüler  beim  nächsten  Besuch  der 
betreilenden  Sammlung  die  plastische  Darstellung  des  Gegen- 
standes sich  zu  Gemüthe  führen  kann. 

Haben  nun  so  auf  Anweisung  des  T^phrers  eine  <T^'<^Be  An- 
zahl der  Stücke  der  Samiulunj»  eine  ^^i  ngehendere  Beachtung 
von  Seite  der  Schüler  erfaliren,  so  wird  ein  Gang  etwa  aui 
Ende  des  Semesters  durch  die  den  Schülern  nun  vertrauten 
Räume  unter  Führung  des  Lehrers,  der  prilfend  und  mit  den 
Schülern  recapitulierend  ihnen  nochmals  die  Gelegenheit,  die 
die  Besprechung  des  betreffenden  Gegenstandes  im  Laufe  des 
Semesters  veramasste,  Tor  Augen  f&hrt  oder  besser  sich  von 
den  Schülern  reproducieren  lässt,  gewiss  von  dauernder  Wirkung 
sein.')  Bei  eine?-  solchen  zusaranienfasspiulen  Vorführung  der 
Stücke  der  Sammlung  kann  sich  ja  dann  auch  ganz  gut  der 
Anlfiss  einstellen,  die  Schüler  auf  die  historische  Entwicklung, 
aul  die  verschiedenen  Perioden  der  Kunst  und  der  Guitur  auf- 
merksam 2u  machen. 

Man  wird  Tielleicht  diesen  meinen  Ausführungen  gegen- 
über den  £mwand  erheben,  die  Einführung  solcher  Säoler- 
kataloge  hätte  nur  einen  localen,  aber  nicht  einen  ulltj^emeinen 
Wert  und  komme  wohl  den  Schülern  größerer  Städte  zugute, 
während  die  Schüler  der  kleineren  Städte  <^nv  keinen  Nutzen 
davon  hiitten.  Diesem  Einsprüche  möchte  icli  iMrcli  den  Hin- 
weis (laraut  begegnen,  dass  wir  den  Schülern  größerer  Städte, 
die  ja  schoii  durch  dm  Aufenthalt  in  der  Großstadt  selbst  viel 
mehr  geistige  Anregung  finden,  dieses  Plua  gdstiger  VerroU- 
kommnung  gönnen  können,  zumal  die  edle  Beschäftigung  eines 
häufigeren  Besuches  solcher  Sammlungen,  welcher  durch  die 
Kataloge  hoffentlich  gefördert  würde,  sie  von  Tu:inchen  Ge- 
legenheiten zum  Bösen,  deren  ja  gerade  auch  die  Großstadt 
wieder  mehr  bietet,  f'  ruhalten  könnte.  Aber  es  würde  auch 
ein  solcher  Katalog  nicht  ohne  Nutzen  für  die  auswärtigen 
Scliüler  bleiben.  Wie  oft  kommt  es  vor,  dass  Schüler  ans 
kleinereu  Städten  bei  den  billigeren  Verkehrsverhältnissen  m 
den  Ferien  die  Großstadt  au&uehen  und  umgekehrt  bei  der 
immer  allgemeiner  werdenden  Sitte,  eine  Sommerfrische  zu  be^ 
ziehen,  die  Schüler  aus  der  Großstadt  in  ein  Landstädtchen 
oder  in  die  Nähe  eines  solchen  kommen.  Wenn  nun  die  Ein- 
richtung getroft'en  würde,  dass  Exemplare  des  nach  obigen 
Gnindsüt/cn  vcrfassten  SVhülerkataloges  um  einen  geringen  Preis 
in  der  betreilendeu  Stadt  erstanden  werden  könnten,  so  würde 
zum  mindesten  der  idealer  angelegte  Theil  der  Schüler  gewiss 


')  Vgl.  Frank  ,Der  philologische  Unterricht  an  den  Gymnasien  und 
die  Anschauun«;f''  pöstent  ichische  Mittelschule"  X.  Jhg.  ^S.  157j:  ,Und  steht 
einer  Anstalt  ein  r.tl.  ni H»  lifs  Museum  oflf»'n.  «o  majf  ein  Ucmu  h  ilrs«<^!hcn, 
wobei  der  betrettende  Lehrer  für  seine  i^chüler  die  erkhlrende  Führung 
Qbernimmt,  das  Höchste  «ein,  was  der  Mittelscbulnnterrioht  auf  diesem 
Gebiete  leisten  kann.* 


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Eine  Anregung  auf  dem  Gebiete  dea  Anschauungsunterrichtea.  145 


ZU  Semem  eigenen  Vortheile  wie  im  Int  presse  der  Hebung  des 
Bildungsniveaus  von  einer  solchen  £innehtiuig  mit  Freuden 

Gebrauch  machoTi. 

Wenn  ich  nun  —  vielleicht  irre  ich  —  die  Uberzeugung 
habe,  dass  solche  Katalugt-  gewiss  nicht  ohne  Nutzen  wären, 
und  dass  der  Abfassung  derüelben  nicht  allzugrolie  Hindernisse 
entgegentreten  wurden,  insofern  nur  die  heutzutage  uui  allen 
Gebieten  nnnmgängliclie  Arbeitstheilong  anch  hier  sar  An- 
wendung käme,  so  kann  ich  anderseits  durch  eigene  Erfahrungen 
bestätigen,  dass  das  Interesse  gerade  durch  derartige  Ausnützung 
der  Sammlungen  bedeutend  erhöht  werden  kann. 

Als  ich  im  vorigen  Jahrf  in  Quinta  Geschichte  als  Ldir- 
gegenstand  ühertratr»*n  erhielt,  notierten  sich  di^*  Si-hül  r  mit 
roÜcm  Eiter  die  Stücknummern  des  Archäohjgi.schen  Institutes, 
ie  ich  ihnen  angab,  und  ich  hatte  Gelegenheit,  mich  zu  über- 
zeugen, dass  ein  großer  Theil  der  Schüler  über  das,  worauf 
ich  sie  aus  der  Sammlung  aufmerksam  machte,  guten  Bescheid 
wussten. 

Dass  man  aber  im  Unterrichte  buhl  Anlas.s  findet,  von 
einem  solchen  Kataloge  Gebrauch  zu  macheu,  das  brauche  ich 
nv'h\  erst  besonders  zu  erört-ern.  Es  t^enüjijrt  ja  ein  Hinweis 
d:ir;iiir.  dass  z.  B.  gleich  der  AnfanfT  der  Honier-Lectüre.  in  dem 
iii;in  ja  so  durch  die  noth wendigen,  nicht  zu  umgehenden  i^e- 
luiuereu  grammatischen  und  metrischen  Erörterungen  leicrit  von 
dem  Inhalte  sich  entfernt,  Gelegenheit  bietet,  deu  Apollo  tou 
Tenea  neben  dem  ApoUo  Sauroktonos  etwa  und  dem  Apollo 
▼on  BeWedere  Tergleiehend  vorzuführen,  und  ebenso  etwa  die 
archaistische  Hera  (Ludovisi)  mit  der  Hera  (Farnese)  und  der 
Hera  (LudoTisi)  aus  dem  4.  Jahrhunderte  zu  vergieichen  und  so 
«cehon  jetzt  einen  Blick  in  die  Eutwicklung  der  griechischen 
Plastik  diM  Seliüler  thiui  zu  lassen. 

V\  enn  ich  nun  schliefe,  sf)  bitte  ich,  meine  Herrt-n.  die.se 
wenigen  Worte  nur  als  eine  Ijescheidene  Anreirunp^  aulzufassen, 
die  mir  leider  versagt  war,  zum  Zwecke  der  Einleitung  einer 
Diseussion  den  Mitj^uedem  des  VL  Mittelschultages  vorznlegeu, 
und  die  ich  nur  hier  im  Vereine  Torbringeu  wollte,  um  mich 
zu  fiberzeugen,  ob  die  Herren  einerseits  an  die  praktische  Un- 
durchführbarkeit.  anderseits  an  eine  Mehrbelastung  des  Lehrers 
durch  die  Actualisiernng  dieses  Projectes  glauben  oder  nicht. 


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146 


Dr.  Anton  Poluschek. 


Reform  der  Prüfungen  für  Candidaten  des 

Mittelsehullehramtes. 

Vortrag,   gehalten  am  VI.  deutsch  -  österreichischen  Mitteluchultüge  7.u 
Wien,  Ostern  1897,  von  Prof.  Dr.  Anton  Polaschek  ans  Czernowitz. 

Dit*  in  Kl'(1)'  stehemle  Frage  von  der  Uei'orm  iler  Prüfungs- 
ordnung beansprucht  gegenwärtig  diis  größte  Interesse  nicht 
biüÜ  wegen  des  formalen  Grundes  für  diesen  Vortrag,  wegen 
des  Candidateumangels,  sondern  weil  auch  die  berufene  Ober- 
behörde  sieh  gendthi^  gesehen  hatte,  gewisse  Sehritte  za  onter- 
nehmen,  von  denen  ich  freilich  nicht  sagen  kann,  ob  sie  blofi 
informatorischer  Art  sind,  oder  ob  ihnen  später  nicht  doch 
eine  fachmännische  Berathang  folgen  mrd.  £s  haben  nämlich  die 
wissensehaftlichon  Prüfungsconimissioncn  anfangs  dieses  .luhres 
oder  etwas  frülHr  den  Auftrag  bekommen,  sich  mit  der 
Prüfungsfrage  insofern  zu  beschäftigen,  als  vielleicht  Erleich- 
terungen zu  schallen  wären.  Der  Grund  für  diese  Maßregel 
kann  nur  im  Maujgel  au  Nachwuchs  im  Lehrfache  liegen. 

Dass  der  MittelschuUehrstand  in  dieser  ihn  doch  ganz 
gewaltiff  angehenden  Frage  nicht  übersehen  werden  kann  — 
er  wurde,  wie  wir  eben  gehört  haben,  Ubersehen  — ,  das  war 
mir  von  vornherein  klar,  umsomehr  als  ich  mich  vor  nunmehr 
drei  Jahr^Mi  in  dem  angegebenen  Sinne  grüuljert  IirIh'. 

In  meinem  ^Anschauungsuuler ric Ii t  "  (Programm,  Czer- 
nowiiz  1S<)4.  S.  TX )  spracli  ich  über  die  Areliäologie  als  Prüfungs- 
gegeu-stand ,  erwähnte,  da8s  t>ie  in  ßayeru  bereits  zum  Lehrer- 
exameu  gehöre,  und  dass  bald  auch  andere  »Staaten  nachfolgen 
dürften.  Ich  saffie  dort:  ,,Man  muss  aber  gleich  im  vorhinein 
seine  Stimme  dagegen  erheben,  dass  bei  uns  zu  den  alten 
PrüfungsgegensUinden  einfach  ein  neuer  hinzugethan  werde. 
Unsere  Prüfungen  sind  bekanntlich  die  schwersten  unter  allen 
Prüfungen  und  zugleich  die  in  ihren  materiellen  und  gesell- 
schatt lu  lit-n  W  irkungv-n  uudankbar^^ten.  Die  natürli<'he  Er- 
klärung liir  ihre  Schwierigkeil  liegt  eben  darin,  dass  sie  sieh 
unter  allen  lirotstudieu  auf  den  längsten  Zeitraum  erstrecken. 
Solange  hier  nicht  durch  Vorprüfungen  oder  Theüung  der 
Prüfung  oder  sonst  Wandel  geschaffen  wird,  solange  wird  man 
ohne  Schädigung  des  schließlichen  Erfolges,  auf  den  es  doch 
ankommen  muss,  nicht  einseitig  voro^eheu  können,  d.  h.  durch 
<lie  Universitäten  allein  kann  diese  Prüfuugsfrage  nicht  gelöst 
werden.  Es  wird  Sache  der  bestehenden  Mittelschul- 
vereine sein,  hier  rechtzeitig  von  ihrem  berechtigten, 


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lieform  der  PrOfungea  für  Candidaten  des  MitieUcbullehrauit««.  147 


ia  der  Lehrpraxis  warzelnden  Standpunkte  Stellang 
za  nehmen.*" 

Das  gencliiflit  nun  hiomit.  Die  Sache  wurde  auch  am 
5«  April  d.  T  im  Ven-iiie  „ liuköwint  r  Mittf'lschi!]»'"  besprochen. 

Man  konnte  allerdiugs  im  vuiliuu-iu  diese  Art.  der 

Bebaudluiig  des  (■andidatt-nmanfrels  den,  wit-  n*h  im  vorhinein 
zugebeu  will,  gewibti  uicht  ganz  abzuweisenden  iiiiiivvui'i  erheben 

nnd  sagen:  „Das  ist  nicht  der  richtige  W  eg,  dass  man,  om  dem 
Candidatenmangel  im  MittelschQUehratande  abzuhelfen,  die  Axt 

an  die  Priifungsvorschriften  legt,  die  sich  im  großen  und 
ganzen  bewährt  haben;  denn  Prüfungsreform  kann  hier  doch 
nur  heiÜen  Herabset/nng  der  Korderungen,  und  thut  man  das, 
dann  setzt  man  mit  dem  Bildungsniveau  gleichzeitig  die  ohne- 
hin nicht  hohe  sociale  Stell nng  des  Lehratandes  herab.  Man 
hebe  unseren  Stand  materiell,  man  hebe  seine  sociale  Stellung, 
uud  der  Caudidatenuiaugel  ist  behoben.'^ 

Das  wäre  auch  nach  meiner  Ansicht  die  einzig  richtige 
und  die  radicalste  Losung.  Doch  die  Anregung  auf  eine  etwaige 
Änderung  der  Prüfungsordnung  ist  einmal  da,  und  wir  wollen 
ihr  nicht  ans  dem  Wege  gehen,  sondern  unsere  Wünsche  vor- 
bringen, und  das  umsomehr,  als  der  herrschende  Mangel  an 
Nachwuchs  zu  einer  jetzt  schon  hie  und  da  fühlbar  gewordenen 
Uherbiirdung  der  MittelschuUehrer  führen  muss,  der  wir  nicht 
gleichgiltig  /.nsehen  können. 

Wie  kam  es  deuu  überhaupt  zum  Candidaten- 
mangel? Er  hat  seine  Gründe  vor  allem  auf  socialem  und 
materiellem  Gebiete,  nnd  erst  in  dritter  Linie  kommt  die  Art 
unserer  Prüfungen  in  Betracht.  Sehen  wir  doch,  wie  die 
Sache  historisch  geworden  ist. 

Solange  sich  das  philosophische  Studium  auf  das  Triennium 
beschränkte,  also  bis  zum  Jahre  lH84,  da  war  auch  Her  Besuch 
der  philosophischen  Facultäten  ungemein  zahlreich.  Auch  Ende 
der  Siebziger-. fahre  erwiesen  sich  beispiel>wi  ise  —  ich  spreche 
aus  eigener  Erfahrung  —  die  philologischen  Lehrsiile  au  der 
alten  Universität  zu  Wien  als  viel  zu  klein  fttr  die  Menge  der 
Besucher.  Und  wer  drängte  sich  zu  diesem  Studium?  Die 
ärmsten  Studenten,  die  eben  nur  die  Auswahl  hatten,  Theologen 
oder  MittelschuUehrer  zu  werden.  Wer  also  nicht  Theologe 
werden  wollte,  der  studierte  Philosophie,  denn  der  Professor 
war  ja  für  den  armen  (tymna-'-iasten  der  Inbegriff  der  höchsten 
von  iiiiu  anstrebeiiswerttMi  Stellungen,  dann  natiirlieh  die  nach 
drei jälirigem  Studium  winkende  Anstellung  und  endlicii  die  Aus>- 
siclit,  al»  Philosoph  leichter  Lectionen  in  der  Universitätsstadt 
zu  bekommen  als  etwa  ab  Jurist  oder  Mediciner.  Die  B'ol^e 
war  — >  eine  große  Oberproduction.  Und  hier  setzt  schon  em 
Grund  für  den  jetzigen  ^'imdidatenmangel  an:  Die  trüben 
Aussichten  auf  eine  definitive  Aufstellung  im  Lehr- 
fache. Nur  ganz  besonders  begnadeten  „Lehrindividuen^  gelang 
es,  vor  einem  Quinquennium  eine  Stellung  zu  finden.  Das 


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148 


Dr.  Anton  Polascbek. 


Supplentenelend  wurde  spricliwdrtHeb,  und  5 — 10  Jalire  und 
mehr  wurden  das  normale  Dienstalter,  um  zu  einer  definitiven 
Stellung  zu  gelangen. 

Neben  diesen  wenig  trostreichen  Aussichten  wurde  aber 
seit  1884  aus  dem  Trienuium  ein  Quadrienuinin ,  und  die  An- 
forderungen bei  der  Prüfung  wurden  im  allgemeinen  hölier  ge- 
spannt. Hier  haben  Sie  den  zweiten  (irund  für  den  Candi- 
datenmangül.  Der  Lockruf,  der  im  dreijährigen  Facultäts- 
stadinm  bestand,  verstummte.  Hiesu  kamen  die  Verschärfungen 
bezfiglich  desFreiwilligeujahres«  die  allerdings  auch  die  anderen 
Berufe  trafen,  und  so  stand  die  Rechnung  jetzt  so:  4  Jahre 
Studium,  l  vielleicht  2  Jahre  Militärdienst,  1  Jahr  Hausarbeiten, 
auch  länger,  wenn  sie  nicht  entsprechend  gewählt  waren,  Ys  bis 
1  J;i]ir  zur  Vorbereitung  für  das  mündliche  Exnnvn:  macht 
zusammen  7— S  Jahre.  Dazu  ein  Jahr  nicht  fMiirecheiibares 
Probejalir.  dann  jahrelanges  8nppli(M-en ,  wuljei  man  die  Aus- 
sicht hatte,  aiijäiirlich  bei  Erneuerung  des  Schuljahres  den 
Dienst  zu  verlieren«  dazu  die  im  Verhältnisse  zu  anderen  Staats- 
beamtenkategorien geringere  und  an  sieh  unzulängliche  Be« 
Zahlung,  Einschränkung  bezüglich  der  Haltung  der  Kostzöglin^e 
und  des  iStundengebens ,  Verschärfung  der  Staatsaufsicht,  die 
sich  in  manchen  Fällen  bis  zur  Unterbindung  jeder  Lehrer- 
individualität steigerte,  dazu  die  Hetze  namentlich  gegen  das 
Gymnasium,  AngrilVe  auf  Schule  und  Lehrer  in  der  Presse,  in 
Broschüren,  in  gesetzgebenden  Körperschaften,  ohne  dass  sich 
ein  Anwalt  für  die  Vielgeschmähten  erhoben  hätte,  die  an  sich 
schwere  Stellung  des  Lehrers,  die  ja  so  manche  Entsagungen 
mit  sich  bringt,  der  gleich  schwere  Dienst  für  den  jüngsten 
wie  für  den  Sltesten  Lehrer,  ja,  da  wäre  es  denn  ein  Wunder, 
wenn  unter  solchen  Umständen  ein  Candidatenmangel  nicht 
eingetreten  wäre.  Dergleichen  konnte  auf  die  junge  \Velt,  die 
vor  der  Berufswahl  stand,  nicht  anfraunternd  wirken,  und 
voliends  schon  nicht,  als  die  Einführung  der  Uniform  dem 
juiitren  Menschen  sagte,  dass  sein  alter  Professor  es  trotz  allen 
i'iiichteifers  nicht  weiter  brachte  als  zur  Vlll.  Ivangsclasse, 
einer  Auszeichnung,  deren  der  ehemalige  Unteroffider,  wenn 
er  etwa  die  RechnungsprOfung  gemacht  natte,  auch  tholhaftig 
werden  konnte  Man  icann  seinen  Stand  noch  so  ideal  auffassen, 
aber  äußere  Ehren  gehören  nun  einmal  auch  zum  allgemein 
Menschlichen.  Und  daran  hat  unser  Stand  ein  recht  be- 
scheidenes Theil. 

Wenn  man  auch  dem  jungen  Manne  sagt,  du  kannst  ja 
auch  in  die  VII.  und  VI.  Kangsclasse  gelangen,  kannst  Director 
oder  gar  luspector  werden,  so  weili  er  doch,  dass  dieses  Avance- 
ment flieh  mit  dem  in  anderen  Bemfszweigen  nicht  vergleichen 
lässt.  Und  bedenkt  man,  dass  unlängst  Se.  Ezcellenz  der  Herr 
Justizminister  erklärte,  dass  ein  Justizbeamter  die  Anwartschaft 
habe,  binnen  20  Dienstjahren  in  die  VII.  Kangsclasse  zu  kom- 
men, so  erdffnet  sich  uns  hiemit  die  Aussicht,  dass  der  Candi- 


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Keform  Uer  Prüfungen  für  C.indiUuten  des  MittelichuUehramtes.  149 

datenmangel  b«i  uns  noeh  fühlbarer  wird,  als  er  es  schoa 
ist.  DeuQ  au^  nach  dem  neuen  Gehaltsgesetze  ist  fOr  uns  in 
der  Kegel  nur  die  VIII.  Rangsclasse  erreichbar.  In  die  VII. 
können  wir  bekanntlich  nur  aufsTifihrnsweise  aus  Allerhöchster 
Gnade  gelangen.  Es  haben  treilicli  vor  einiger  Zeit  einzelne 
Blätter  gemeldet,  dass  man  sicli  im  lioben  Ministerium  für 
Cultuti  uud  L  nterricht  mit  Studien  über  ßufürderuug  von  Pro- 
fessoren in  die  VII.  Hangsclasse  beschäftige.  Ob  es  wahr  ist, 
weiß  leb  nicht,  wenn  es  aber  wahr  ist,  dann  Sind  die  Vor- 
bedingungen so  geartet,  dass  nur  wenige  dieser  Ehrung^ theil- 
haftig  werden  können.  Zwanzigjährige  und  belobte  Dienst- 
leistnng,  Ansehen  über  den  Stand  hinaus,  Leistungen  auf 
wissenschaftlichem  und  schulpädagogischem  Gebiete  sind  die 
Voraussetzungen. 

Zwanzigjäiirige  defiuitive  Dienstzeit,  dazu  die  Supplenteri- 
jahre  —  ja,  wer  erlebt  das?  Man  sehe  nur  uusere  Sterberegisler! 
Und  wie  steht  es  mit  der  belobten  Dienstleistung?  Wer  wird 
denn  beloht?  Und  nun  die  wissenschaftlichen  Leistangen !  Mög- 
lich, dass  das  Urtheil  darüber  in  den  competenten  Kreisen  anders 
geworden  ist,  aber  ob  die  Meinung  ausgestorben  ist.  dass  der  tUeb- 
ti^e  Lehrer,  dem  nur  die  Schule  über  alles  geht,  keine  Zeit  zur 
wissenschaftliehen  Bethätigung  hat,  das  weil' ich  nicht.  Ich  breche 
:*Ji.  soviel  (liirt'te  sieii  aber  ans  dem  Vorgebracliten  ergeben,  dass 
üer  Einwand,  den  ich  oben  formuliert  lialje.  iu  der  Hauptsache 
recht  hat.  .Man  hebe  die  sociale  uud  die  materielle 
Stellung  des  Lehrstandes,  und  der  Candidatenmangel 
ist  gewesen.  £s  werden  sich  dann  nicht  nur  die  ärm- 
sten der  Studenten  zum  Lehrfache  drängen,  es  wird 
dieser  Stand  für  alle,  die  in  dieser  Welt  der  absoluten 
Realistik  sich  soviel  au  Idealismus  bewahrt  haben, 
dass  sie  nnr  in  der  Hetbät  ignng  als  .Ingendbildner  und 
Erzieher  ihre  Befriedigung  finden,  auch  begehrens- 
wert erscheiueu. 

Hiemit  gehe  ich  zu  meiner  eigentlichen  Aufgabe,  der  Re- 
form des  Prüfungswesens  über.  Man  erwarte  nicht  von 
mir,  dass  ich  eine  bis  ins  einzelne  ausgearbeitete  PrOfunffsreform 
▼orle^^en  werde,  das  gienge  wohl  über  das  Können  und  Wissen 
des  emzelnen.  Gewisse  Wünsche  könnte  ich  wohl  gleieh  vor- 
bringen, so  wenn  z.  B.  die  Prüfungsordnung  vom  Jahre  1884 
vom  Candidnff'u  für  elassisehe  Philologie  „eine  theihveisc  Be- 
leseuhcit"  m  griechischen  Lyrikern,  Äscnylus,  Euripidt-s,  Lysias, 
iu  Plautus  oder  Tereuz  und  TibuUus  verlangt.  Auf  diese  Leclüre 
könnte  man,  glaube  ich,  verzichten  zugunsten  archäologischer 
Kenntnisse,  wie  sie  gegenwärtig  zur  Erklärung  der  Schrinsteller 
allmählich  nicht  memr  umgangen  werden  können.  Ich  denke,  diese 
Kenntnisse  wären  für  den  praktischen  Unterricht  von  größerer 
Wichtigkeit  uud  greifbarerem  Xutzen.  Doch,  wie  gesagt,  dieses 
grofie  Gebiet  muss  der  von  mir  vorgeschlagenen  gemischten 
Kommission  zum  Studium  der  Prttfungsreform  überlassen  bleiben. 

„Onven,  MittelMbule".  XI.  Jahrg.  H 


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150 


Dr.  Anton  Polaschek. 


Ich  gehe  also  gleich  zur  Beautwortung  der  Frage  über: 
Was  ist  der  Zweck  der  Prüfung?  Doch  wohl  der,  dass  der 
Candidat  nicht  nur  wiss»»nschaftlich,  sondern  nament- 
lich ancli  i)raktispli  befähigt  sei,  den  Unterricht  in  der 
Mittelschule  in  ersprießlicher  Weise  zu  ertheilen.  Den 
Zusatz  von  der  praktischen  Befähigung  wird  man  kaum  ernst- 
lich bekämpfen  können.  Ein  Lehrer  onne  Praxis  ist  ein  Arzt^ 
der  anf  Gnmd  theoretiseher  Bflcherweisfaeit  Kranke  cnrieren 
will.  Wir  könnten  da  trotz  entgegenstehender  Äußerungen  Be- 
rufener doch  noch  viel  von  unseren  Volksschullehrerbildungs- 
anstalten lernen.  Was  dort  selbstverständlich  ist,  Geschichte 
der  Pädagogik  und  Er/l^hnriGr.  Didaktik.  Methodik  u.  s.  w.,  das 
gehört  bei  unserer  bisherigen  Prütuugsordnuug  zu  unbekannten 
Dingen. 

Mau  hat  im  Jahre  1884  aus  dem  Triennium,  das  in  so 
manchen  Staaten  besteht,  deren  Schulwesen  wahrlich  nicht 
schlechter  ist  als  bei  uns,  ein  Qaadrienniom  gemacht,  man 
hat  die  Forderungen  erhöht,  aber  die  Praxis  hueb  unberück- 
sichtigt. Man  dachte  gar  nicht  daran,  dass  das  Material  ein- 
mal alle  werden  könnte,  und  so  sah  man  das  Heil  höchstens 
m  einer  Veischarfiing  des  Probejahres.  Das  Probejahr  wäre, 
abgesehen  voii  den  ??chwäebp!i .  die  ihm  anhaften.  —  sie  sind 
im  einführenden  Lehrer  ebenso  gut  wie  im  randidaten  gelegen 
—  gewiss  genügend  zur  Sammlung  praktischer  Kenntnisse, 
aber  unter  den  geg*  benen  Verhältnissen  ist  dieses  praktische 
Jahr  eben  unpraktisch.  Beim  herrschenden  Gandidatenmangel 
entfallt  es.  Und  was  als  Ersatz  bei  ungeprüften  Sapplenten 
eingeführt  wurde,  ist  zwar  gut  gemeint,  aber  in  der  Praxis 
wiederum  schwer  durchführbar.  Man  denke  doch,  der  ein- 
führende Lehrer  ist  so  \ne  der  einzuführende  Candidat  voll- 
ständig beschäftigt,  der  letztere  neben  den  8ehulpflichten 
noch  seinen  Prüfungspfliehten  nachzukommen;  man  denke  über- 
dies an  überfüllte  Classen,  und  da  wird  dann  die  Frage  be- 
rechtigt, wo  bleibt  die  physische  Zeit  zur  ersprießlichen  Arbeit 
des  Einführenden  und  des  Einzuführenden? 

Man  könnte  freilich  sagen  und  wird  es  auch  sagen,  die 
Hochschule  hat  mit  der  Praxis  nichts  zu  schaffen,  sie  sehe  nur 
die  \^'is8enschaftliche  Ausbildung  der  Candidaten  an,  daher  kann 
sich  die  Prüfling  nicht  anf  das  Gebiet  des  Praktischen  er- 
strecken. Das  uutersclireibe  ich  auch  bis  auf  den  letzten  Punkt. 
Da  der  Candidat  die  Praxis  nach  der  wissenschaftlichen  Prüfung 
unter  den  obwaltenden  Verhältnissen  nicht  erwerben  kann,  so 
mnss  er,  um  halbwegs  als  tauglicher  Lehrer  dienen  zu  können, 
eben  noch  wahrend  der  Studienzeit  Gelegenheit  haben,  sich 
praktische  Kenntnisse  anzue^en,  die  natürlich  als  vorhanden 
codificiert  werden  müssen.  Das  geben  wir  aber  freilich  ohne- 
weiters  zu,  dass  die  Hochschule  dem  Candidaten  die  praktische 
Eignung  nicht  sehaft'en  kann.  Die  mnss  ihm  durcli  Männer  der 
Praxis  geboten  werden,  kurz  durch  Mittelschulprofessoren.  Soll 


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Heform  der  Prüfungeo  für  Candidaten  des  MitteUcbullebramtes.  151 

aber  dies  in  dem  aD^deateten  Sinne  möglich  sein,  dann  folgt 
▼on  selbst,  dass  Mittelsclml professoreil  Mitglieder  der 
PrOfangBcommisBion  sein  mttssen,  selbstTerständlieh 
Tollbereehtiffte  Mitglieder. 

Man  wird  natürlich  in  gewissen  Kreisen  sich  solchen 
Forfleningen  niclit  ohneweiters  penoi'^t  zeigen.  Doch  wir  in 
( )«t»Mr<Mrh  wären  iu  dieser  Be/.ieliu iili:  n!('!»t  fli»»  einzigen.  In 
dem  ijenarhbarten  Bayern,  in  Württemberg.  Djineniurk,  Luxem- 
burg sitzen  Praktiker  iu  der  Prüfungscommiösion.  Und  —  wir 
brauchen  nicht  außer  Landes  gehen  —  die  drei  juristischen 
Staatsprüfungen  werden  bekanntlich  sogar  aneb  nnter  Yorsits 
praktischer  Samten  abgehalten.  Und  niemand  stdOt  sich  daran. 
Eb  geht. 

Sobald  wir  nun  darüber  eini^  sind,  dass  die  Prüfongs^ 

commission  nns  Vertretern  der  Wissenschaft  und  Praxis  zu- 
sammengesetzt ^f'iü  Timss,  um  einen  entsprechend »'n  Nachwuchs 
zu  sichern,  dann  wird  die  Frage  nach  der  Competen/,  dieser 
beiden  Factoren  gestellt  werden  müssen.  Die  Wirksamkeit  der 
Vertreter  der  Wissenschaft  ist  durch  die  geltenden  Vorschriften 
gegeben.  An  diesen  will  ich  nicht  mSkdn.  Ich  spräche  aneh 
nient  fQr  eine  directe  Herabsetzung  der  bisherigen  Forderonffen. 
Wie  steht  es  aber  mit  den  Praktikern?  Es  ist  an  sich  klar, 
dass  sie  an  der  Ausbildung  der  Candidaten  ])etheiligt 
sein  müssen.  Denn  nur  so  erwerben  sie  das  förmliche 
Rerht.  von  ihnen  Reelipnsehaf't  über  das  G  el  i  stete  zu 
fordern.  W^ie  soll  das  nun  geschehen?  Das  krtnnen  wir  im 
Rahmen  der  uns  so  kurz  bemessenen  Zeit  heute  nicht  ent- 
scheiden, das  ist  eine  große  Frage  für  sich.  Wer  sich  dafür 
interessiert,  der  hat  jetzt  alles  bequem  beisammen  in  Bau- 
meisters Handbuch  II  1  (Die  Vorbildung  der  Lehrer  für  das 
Lehramt  von  Wilh.  Fries). 

Es  gibt  da  so  manche  W^ege,  die  in  einzelnen  Staaten  auch 
geganj^en  werden.  Es  sind  die  sogenannten  üniversitäts- 
semi»irirt%  die  bei  meinen  \'ors<'hlnirt»n  natürlich  aulier  Hetraeht 
kommen,  Mittelsehulseminare,  die  Lehrerbildung.sschule,  wie  sie 
in  Ungarn  so  segeusreicii  wirkt,  oder  es  können  geeignete  Lehr- 
anstalten am  Sitze  der  wissenschaftlichen  Prüfuugseommissionen 
mit  der  praktischen  Einführung  der  Candidaten  betraut  werden. 

Was  die  Candidaten  su  leisten  hätten,  auch  darüber  gibt 
es  eine  umfangreiche  Literatur.  Erwähnt  mag  iiiur  sein,  dass 
die  Thatigkeit  eine  doppelte  sein  müsste,  eine  theoretische 
und  eine  praktis«^he.  Die  [»raktisclie  i^t  genugsam  bekannt, 
sie  besteht  im  Ho.spitieren .  in  Lehraultritten,  in  (Vuiferenzen. 
in  Er^tattunsr  von  Referaten  u.  ä.  Überdies  miissten  sieh  die 
Candidaten  der  realistischen  Fächer  eine  entsprei  heude  Ver- 
trautheit iu  der  Verwendung  des  Anschauungsmaterials  er- 
werben. Die  theoretische  Thatigkeit  der  Candidaten  müsste  sich 
erstrecken  auf  das  Gesammtgebiet  der  Pädagogik,  auf  all- 
gemeine und  specielle  Methodik,  auf  Schulgesetzgebung,  be- 

II« 


• 


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152 


Dr.  Anton  Polaachek. 


sonders  Organisationsentwurf  und  Weisungen  u.  ä.  Hiemit  wäre 
auch  der  umfang  der  praktisehen  PtCLfiing  gegeben. 

Unter  solchen  Umstiuiden  isl  es  nur  nattlmch,  dass  die  päd  a- 
gogische  Hausarbeit  vom  Praktiker  zu  stellen  und  zu 

begutachten  wäre.  Hiemit  wäre  anch  ein  Heilmittel  für  eine 
offene  Wunde  gefunden  Denn  schmerzlich  rerraisst  man  im 
ull^emeiuen  an  unseren  Hochschulen  Vertreter  der  praktischen 
Pädagogik.  Habilitationen  nur  für  Pädagogik  sind  bei  uns  ha- 
kuuutlich  unmöglich.  Und  doch,  wer  kein  praktischer  Schul- 
mann war,  der  kann  —  das  sollte  wohl  selbstverständlich  sein 
—  eine  Prüfungsarbeit  aus  diesem  Gebiete  —  theoretisch  ge- 
sprochen —  zwar  geben,  kann  sie  aber  nimmermehr  beurtheilen. 
Ich  könnte  aus  meiner  Sammlung  von  Prüfungsfragen  eine 
Auslese  bieten,  die  deutliche  Spra<»ie  führt.  Doch  statt  vieler 
nur  ein  Beispiel.  Bekam  da  ein  Caudidat  folgende  Frage: 
^Uber  die  BeschatVenheit  der  ersten  lateinischen  Leetüre  in  den 
drei  untersten  Classen  des  Gymnasiums  mit  Rücksicht  einer- 
seits auf  den  Orjganisationsentwurf  und  anderseits  auf  die  Schul- 
bücher von  WeUer  und  Henneberger."  Gewiss  ein  dankbares 
Thema  —  ganz  zu  gescfaweigen,  dass  die  genannten  Bücher 
mit  unserem  Organisationsentwurf  nichts  zu  thun  haben  konnten, 
weil  sie  in  Deutschland  zuhause  waren.  Der  Candidat  hat  die 
Sache  nach  der  Kritik  des  Prüfenden  gut  beantwortet.  Freilich 
kommt  aber  jetzt  das  Streiflicht;  weder  der  Priifende  noch 
der  Geprüfte  haben  jemals  praktischen  Unterricht  ertheilt.  Da 
wird  man  nun  billig  fragen,  welchen  Wert  können  dann  solche 
Arbeiten  haben:' 

Es  fragt  sich  nun  weiter,  wann  hätte  der  Candidat 
diesen  theoretisch-praktischen Cursus  durchzumachen? 
Da.s  hängt  mit  zwei  anderen  Fragen  zusammen,  mit  der 
Theilung  der  Prüfung  und  mit  den  Abstufungen  in  der 
facultas  Jocendi.  Soll  die  Prüfung'  aus  einem  wissenschaftlichen 
und  einem  praktiscluM!  Theile  bestehen,  so  ist  auch  gleichzeitig 
ihre  Zwcitheihmc  tr<  ueoen  Das  will  natürlich  nicht  sagen,  dass 
der  (.aiHiKi  tt  liiciii  beide  Prüfungen  auf  einem  Sitze  macheu 
könnte,  allem  wichtig  lür  ihn  ist  es,  dass  er  beide  Prüfungen 
ZU  Tersehiedenen  Zeiten  machen  kann. 

Was  nun  die  Abstufungen  in  der  Facultas  anlangt,  so 
will  ich  im  vorhinein  sagen,  dass  ich  hier  aus  der  Noth  eine 
Tugend  mache.  Ich  yerkenne  es  durchaus  nicht,  dass  im  Gegen- 
sätze zu  vielen  anderen  Staaten  gerade  in  der  einheitlichen 
Prüfling  ein  gewisser  Vorzug  der  ">st*'rreichisclien 
Prülungsnurm  gelegen  ist.  Der  mügliche  Einwurf,  dass 
man  da  J^ehrer  erster  und  zweiter  Güte  schaffe  und  daher  den 
eigenen  Stand  herabdrücke,  scheint  auch  mir  nicht  ganz  un- 
berechti^.  Allein  es  kommt  da  unter  den  jetzigen  Verhält- 
nissen em  Gesichtspunkt  in  Betracht,  der  von  ganz  besonderer 
praktischen  Bedeutung  ist.  Ich  meine,  besser  Lehrer  mit  ge- 
ringerer Vorbildung  als  mit  gar  keiner.  Wir  sind  einmal 


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Ket'orm  der  Prufangea  für  Candidaten  de«  Mittelttcbullebramtes.  153 

in  Zeiten  der  Noih  und  werden  es  lange  bleiben,  gewiea  so- 

lause,  als  die  Aussichten  in  anderen  Berufszweigen  besser  sind. 
Uuu  duua  ist  die  Sache  nicht  so  schrecklich  in  ihren  Folgen. 
Mau  gebe  den  Lehrern  mit  der  geringeren  Facultas  die  Rechte 
der  jetzt  sogenannten  provisorischen  Lehrer,  und  alles  andere 
überlasse  man  dem  matenelleii  Mangel.  Der  Maugel  ist  ei» 
harter  Herr,  er  wird  einen  Jeden  Lehrer  zwingen,  sobald  als 
nur  möglich  die  volle  Facultaa  zu  erwerbeu. 

Um  nun  gleich  die  Abetafungen  in  der  vmua  daeendi  ab- 
zttthun,  80  denke  ich  nnr  an  swei  Stufen,  entsprechend 
den  zwei  Stufen  unserer  Mittelschulen.  Damit  ist  auch 
der  PrflfdnjKSStoff  in  wissenschaftlicher  Hinsicht  gegeben.  Er 
wird  den  Forderungen  des  Untergymnasiums  oder  der  ünter- 
realschule  entsprecneiK  Nur  bezüglich  der  Hansarbeiten 
müsste  man  sich  bescheiden.  Will  man  sie  für  die  niedere 
Facultas  nicht  ganz  fallen  lafsen,  so  müsste  doch  eine  ^'e^- 
einfachung  in  der  Art  platzgieiieu,  dass  möglicliät  nur  eine 
anzttfertiffen  wäre,  also  z,  B.  in  der  elassisehen  Philologie  etwa 
ein  griechisches  Thema,  lateinisch  bearb^tet.  Dabei  mflsste 
den  Prüfnngscommissionen  der  strengste  Auftrag  er- 
theilt  werden,  und  nöthigenfalls  wäre  hier  auch  eine 
Controle  einzuführen,  dass  nicht  Hausarbeiten  ge- 
geben werden,  die  nicht  in  dein  im  Pr nfungsgesetze 
vorgesehenen  Termine  zu  Ende  geführt  werden  können. 
Denn  wenn  man  beispielsweise,  sagen  wir,  ^die  Net^ation  im 
Lateinischen'  als  Hausarbeit  ^ibt,  ao  weiß  man  im  vorhiuein, 
dass  aus  den  drei  Yorgeschnebenen  Monaten  ein  Jahr  und 
mehr  wird.  Oder  wenn  ein  Candldat  för  Mathematik  und 
Plijsik  an  Stelle  des  pädagogischen  Themas  die  Frage  bekam: 
„Kant  und  Helmholts  erkenntnistheoretisch  zu  vergleichen'', 
so  ist  1000  gegen  1  zu  wetten,  dass  auch  der  betreffende 
Fragesteller  selbst  diese  umfanpifichH.  die  Leetüre  des  ganzen 
Kant  und  der  Schriften  von  Heimhultz  voraussetzende  Frage 
in  drei  Monaten  nicht  bewältigt  haben  würde.  Nicht  minder 
wichtig  Willen  auch  Kormen  über  die  Arten  der  Arbeiten. 
Es  wäre  nicht  überflüssig,  den  Früfungscommissio&en  einzu- 
schärfen, dass  nnr  Themen  zu  wählen  seien,  bei  denen  der 
Gandidat  wirklich  auch  zu  zeigen  imstande  ist,  dass  er  einen 
Vorwurf  wissenschaftlich  bearbeiten  kann.  Vor  allem  müsste 
das  Thema  solcher  Art  sein,  dass  er  für  seinen  Gegen- 
stand aucli  »'inen  greifbaren  Nutzen  liat.  Wenn  ich  dem 
Candidaten  eine  Arbeit  über  eine  bcstimiuie  Verbalforni,  z.  B. 

Aorist  bei  Horner^  oder  gar  ..bei  den  Kpikern"  oder  eine  ähn- 
liche Arbeit  gebe,  so  öind  zwar  solche  Arbeiten  nicht  ohne 
allen  Wert,  aber  Candidatenarbeiten  sind  das  nicht.  Das  nnr 
nebenbei. 

Fassen  wir  zusammen.  Da  die  Lehramtspri'ifung,  ihrem 
Zwecke  entsprechend,  eine  wissenschaftliche  und  eine  praktische 
sein  muBS,  so  muss  auch  die  Prfifungscommission  aus  Vertretern 


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• 

1Ö4 


Dr.  Anton  Polasehek. 


der  Wissenschaft  und  Vertretern  der  Praxis  bestehen.  Die 
Urtheile  beider  Parteien  sind  gleiehwertig.  Ob  der  Candidat 
zu  reprobieren  ist.  wenn  er  in  dem  einen  der  beiden  Factoren 
für  unreif  betunden  wurde,  oder  ob  er  nur  das  nicht  bestandene 
der  beiden  Examina  zu  wiederholen  hat,  müsste  der  Erwägung 
der  zu  bestellenden  gemischteu  Berathuugscommissiou  zur  Be- 

schlnss&asiiiig  überiasm  blähen. 

Während  aber  die  wiflsenschaftliche  Yorhildnng  der  Candi- 
dat an  der  Hochschule  erwirbt,  muss  er  die  praktische  Eignung 
an  eigens  tXL  diesem  Zwecke  eingerichteten  Seminaren  oder 

Cursen,  oder  wie  man  das  Ding  nennen  will,  zu  en^'erben 
trachten.  Die  Prüfung  umfasst  zwei  Gruppen ,  über  die  unter 
einem  oder  getrennt  geprUft  werden  kann,  und  zwar  a)  die 
wissenschaftliche  und  b)  die  Uieoretiseh-praktische.  Die  erstere 
gliedert  sich  in  Haus-  und  Clausurarbeiten  und  die  mündliche 
mfung  ans  den  gewäUten  Fiehem,  die  letitere  besteht  ans 
einer  pädagogischen  Hausarbeit  und  einer  mOndlichen  PrCLfnng 
aus  theoretischer  und  praktischer  Pädagogik,  Geschichte  der 
Pädagogik,  Didaktik,  allgemeiner  und  specieUer  Methodik,  Schul- 
Gesetzgebung,  besonders  Organisationsentwurf  und  Weisungen. 
Bei  realistischen  Fächern  knme  noch  dazu  der  Nachweis  einer 
Vertrautheit  im  Cxebrauche  der  Anschauungsmittel.  Der  Phy- 
siker müsste  also  wirklich  ein  Experiment  vorführen  u.  s.  w. 

Die  Facultas  ist  eine  doppelte:  a)  für  alle  Classen  der 
Mittelschule,  b)  für  das  ünterprmnasium  oder  dieünterreaUchnle« 

Wie  steht  es  nun  mit  der  Zeit,  in  welcher  beide 
Faeultates  erworben  werden  können? 

Bezüglich  der  vollen  Facultas  hätte  ich  nur  den  einen 
Wunsch,  dass  die  Hausarbeiten  schon  im  vierten  Jahre,  vielleicht 
auch  meinetwegen  erst  im  zweiten  Sem»'stor  rronommen  werden 
könnten.  Es  wäre  das  immerhin  eine  neruieuöwerte  Verkürzung 
der  Prüt'ungszeit. 

Was  aber  die  andere  Facultas  anbelangt,  so  hätte  sie 
keinen  Sinn,  wenn  man  nicht  die  Möglichkeit  schaffte,  «ie 
früher  als  die  ToUe  zu  erwerben.  Ich  deäe,  wenn  anderweitig 
nach  dreijährigem  akademischen  Stadium  die  volle  Lehr- 
befahigung  erworben  werden  kann,  so  könnte  das  umsoniehr 
bei  uns  mit  der  niederen  Beföhigung  geschehen.  Das  setzt  aber 
voraus  —  und  jetzt  komme  icn  zur  RenTitwnrtunc;  der  oben 
gestellten  Frage  —  ,  dass  der  Besuch  der  pädagogischen 
Vorträge  und  die  praktische  Ausbildung  vorausgehen 
müssten.  Ich  denke  an  das  sechste  Studiensemester,  unbe- 
schadet dessen  natürlich,  dass  derjenige,  der  sofort  die  Toll- 
ständige  Lehrbefähigung  anstrebt,  erst  im  vierten  Studienjahre 
die  Schule  der  Praxis  durchmacht.  Ein  Semester  intensiver 
Arbeit  würde  gewiss  genügen,  um  dem  Candidaten  einerseits 
die  nöthige  praktische  Bildung  zu  vermitteln,  um  aber  auch 
anderseits  die  Prüfungsexaminatoren  dieser  Gruppe  in  den 
btand  zu  setzen,  ein  gerechtes  und  wohlbegründetes  Urtheil 


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Reform  der  PrüfangeQ  für  Candidaten  des  Mitteischullebramte.H.  16ü 

über  den  Oandidaten  zu  föUen.  Der  Candidai  würde  sich  dann 

beeilen,  gleich  nach  dem  Triennium  den  praktischen  Theil  fleiner 
Prüfung  abzulegen,  und,  da  er  femer  im  allgemeinen  nur  eine 
Hausarbeit  anzufertigen  hätte,  wäre  er  nach  dem  vierten  Studien- 
jahre fortirr,  (1.  h.  ;uistf41uiigstahig,  und  so  würde  auch  auf 
diese  Art  m  wirksamer  Weise  dem  Caudidat*»ii!iiangel  entgegen- 
gearbeitet werden.  Anc^stliche  Gemüther  konnten  auch  hier 
insofern  ihre  Rechnung  linden,  als  etwa  die  Erwerbung  der 
niederen  Faenltas  in  Zeiten  der  Überprodnction  eingeschränkt, 
beziehungsweise  ganz  eingestellt  werden  könnte. 

Bei  der  Erörterung  des  Torliegenden  Gegenstandes  im 
Vereine  „ßukowiner  Mittelscbnle"  wurden  vielfach  Wünsche 
geäuÜert,  ob  nicht  vielleicht  eine  solche  Theilung  der  Prüfung 
anzustreben  wäre,  wie  sie  etwa  bei  d'^n  Juristen  besteht,  also 
nach  zwei  Jahren  käme  gewissermalien  die  erste,  nach  weiteren 
zwei  Jahren  die  zweite  Staatsprüfung.  Die  Sache  iht  auf  den 
ersten  Blick  bestechend.  Auch  ich  habe  ursprünglich  au  eine 
soleke  Theilung  gedacht.  Ohne  Zweifel  würde  die  erste  Prüfung 
gewissennaOen  regulierend  auf  das  Material  einwirken.  So 
mancher  Candidai  dürfte  entdecken,  dass  ei  für  den  Beruf  nicht 
passe,  und  er  würde  rechtzeitig  umsatteln.  £8  ließen  sich  wohl 
auch  Theilungen  bei  manchen  Gruppen  vornehmen,  dort,  wo 
Nebenfächer  nebenhergehen,  sogar  ganz  ungezwungen.  Also, 
z.  B.,  der  Naturhistoriker  könnte  schon  nach  zwei  Jahren 
Mathematik  und  I'hysilv  ;il)thun,  der  Germanist  ebenso  Latein 
und  Griechisch.  Alierdmgs  bei  anderen  Gruppen  scheint  mir 
die  Sache  doch  anf  Schwierigkeiten  zu  stoßen.  Was  soll  man  bei 
der  Philologie  thnn?  Alte  diesehiehte  und  Deutsch  als  Neben- 
fach, das  wäre  doch  eine  viel  zu  geringe  Entlastung  der  Haupt- 
gegenstSnde.  Es  müsste  doch  auch  aus  der  Philologie  etwas 
vorgenommen  werden.  Aber  was?  Soll  mau  die  Absolvierung 
bestimmter  Claf?5?iker  ansetzen?  Daz.u  müssten  Realien,  Metrik, 
Grammatik  mitgelieii.  Ja,  aber  kann  man  dergleichen  bei  der 
zweiten  Prüfung  entbehren?  Kurz,  hier  gibt  es  schon  gewisse 
.Schwierigkeiten. 

Es  bleibt  noch  ein  Punkt  zu  besprechen  übrig,  nämlich 
das  Verhältnis  des  Doctorats  zur  Lehramtsprüfunff. 
Es  kann  hier  natürlich  nur  tou  der  vollen  Facultas  die  Bede 
sein.  Das  sei  im  voraus  bemerkt,  um  Missverstandnissen  vorzu- 
beugen. Ii'li  lenke,  wenn  das  Prüfung«wesen  reformiert  werden 
soll,  so  .soll  man  auch  diesen  Theil  des  Pn'ifnugswesens  ein 
wenig  unter  die  Lupe  nehmen.  Über  den  Um  lang  des  Doetor- 
examens  rede  ich  nicht,  daran  will  ich  nicht  weiter  rütteln, 
allein  eine  Frage  möchte  ich  stellen:  Ist  die  Dissertation 
nothwendigP  Von  den  Medicinern  will  ich  absehen,  nicht 
aber  Ton  den  Juristen.  Dort  wurde  bekanntlich  in  jüngster 
Zeit  das  Doctorat  auch  tou  den  Staatsprüfungen  getrennt  Es 
hat  dort  80  ziemlieh  dieselben  Wirkungen  jetzt  wie  das  philo- 
sophische, aber  eine  Dissertation  kennt  man  dort  nicht.  Ich 


156 


Dr.  Anton  Polaschek. 


glaube  also,  was  dem  einen  recht  ist,  soll  auch  für  den  anderen 
billig  sein. 

Sollte  das  aber  gar  zu  horribile  auditu  klingen,  dann 
ließe  sich  in  folgender  Weise  eine  Verbindung  mit  der  Lehr- 
amtsprüf'uTif^  lierstellen.  Macht  der  Candidat  zuerst  das  Doctorat, 
dann  soll  die  Dissertatiou  jedesmal  eine  Hausarbeit  ersetzen, 
eine  Gepüogeuheit,  die  bekanntlich  in  Übung  steht,  die  aber 
nunmehr  zn  eodificieren  wäre.  Geht  dagegen  das  Doctorat  der 
Lehramtsprüfiing  nach,  dann  sollen  eben  die  Haasarbeiten  oder 
eine  von  ihnen  die  Dissertation  ersetzen. 

£b  ließe  sich  wohl  anch  noch  hinsichtlich  des  Stoffes  ein 
gewisser  Zusammenhang  zwischen  Doctorat  und  Staatsexamen 
herstellen ,  etwa  durch  JErgänzuncr-^prüfungen,  so  dass  so- 
wohl das  Doctorat  zur  Lehramtöprüluug  und  umgekehrt  die 
Lebramtsprülung  zum  Doctorate  ergänzt  werden  könnte.  Das  nur 
obeukin. 

Das  wären  nun  einiffe  Gedanken  Über  die  Reform  unserer 
Lehramtsprüfungen.  Sie  ließen  sich  unschwer  weiter  ausbauen. 

Man  könnte  da  sogar  auch  das  praktische  Gebiet  betreten  und 
die  Art  und  Weise  der  Ausstellung  unserer  Prüfungszeugnisse 

besprechen,  die  gewiss  nicht  entsprechend  ist.  Denn  was  in 
der  Regel  dort  steht,  gehört  in  das  Prüfungsprotokoll.  Schon 
mit  Rücksicht  auf  die  von  den  Directoren  zu  erstattenden  He- 
setznngsvorsehläge ,  denen  bei  größerem  Competeuteuaudrange 
hieraus  eine  schwere  Arbeitslast  zuwächst,  wäre  es  wünschens- 
wert, dass  hier  nicht  nur  eine  Vereinfachung,  sondern  geradezu 
eine  scalamäßiee  Benrtbeilung  der  Prflfangsresultate  platzgriffe. 
Man  sehe  z.  B.  nach  Bayern.  Ünd  noch  etwas.  Unsere  Zeug- 
nisse kreisen  gegebenenfalls  in  Ämtern,  wohl  auch  aus  der  Hand 
des  Hilfsbeaniten  in  die  des  Praktikanten,  und  der  Causalnexus 
zwischen  einem  anständigen  Menschen  und  tüchtigen  Lehrer 
und  dem,  was  oft  in  solchen  Zeugnissen  steht,  muss  doch  nicht 
immer  zwingend  sein. 

Verehrte  Versammlung!  Dass  meine  Vorschläge  vielfach 
anfechtbar  sind,  gebe  ich  im  vorhinein  zu.   Man  wird  mich 

fewiss  deswegen  tadeln,  cUss  ich,  wenigstens  bei  der  niederen 
'acultas,  nicht  nur  die  Studienzeit  verkürze,  sondern  auch  die 
praktische  Ausbildung,  die  man  zuletzt  auf  zwei  Jahre  aus- 
dehnen wollte,  gar  auf  ein  Semester  zusammendränge,  man  wird 
sagen,  für  die  theoretischen  Fächer  der  praktischen  Prüfung 
ißt  absolut  keine  Zeit  vorhanden,  und  schaÜt  man  sie,  dann 
müssen  wieder  Gegenstände  der  wissenschaftlichen  Prüfung  ab- 
fallen u.  a.  Doch  das  ist  alles  Sache  der  Organisation.  Der 
springende  Punkt  in  der  ganzen  Neuregelung  ist  ja  die  Ein- 
flussnahme  der  Praktiker  auf  die  Lehramtsprüfung, 
will  sagen,  die  praktische  Mussausbildung  der  Candi- 
dateu,  die  wir  iu  Zeiten  der  Noth  einfach  nicht  haben.  Und 
diese  praktische  Ausbildung  müssten  wir,  verehi'te  Versammlung, 
auch  um  den  Preis  zu  erreichen  trachten,  dass  es  vielleicht  noth- 


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Keform  der  PrUfuogen  fUr  Candidaten  des  MitteUchallelmuuteä. 

wendig  wäre»  für  die  volle  Facali4i8  erst  nach  dem  vierten  Jahre 
wissenschafÜiehen  Studiums  ein  ganzes  Jahr  praktischen  Btn- 

dioms  anzugliedern  —  es  käme  dies  dann  dem  bestehenden 
Probejahre  gleich  —  für  die  niedere  dagegen  nach  dem  drei- 
jährigen wissenschaftlichen  Studium  ein  viertes  praktisches  Jahr. 
Doch,  wie  gesagt,  sind  mehr  minder  Organisation8£ragen. 
Den  Kern  der  Vorschläge  berühren  sie  weiter  nicht. 

Ich  will  mich  mit  dem  Vorgebrachten  bescheiden  und 
unterbreite  Ihrer  Beschlussfassung  folgenden  Schlussautrag: 
Der  VI.  dentseh  -  österreichische  Mittelschultag  wolle  be- 
sefaließen:  Die  hohe  Regierung  wird  gebeten,  eine  Com- 
mission  einzusetzen,  die,  zn  gleichen  Theilen  ans  Ver- 
tretern der  Wissenschaft  und  der  Praxis  bestehend, 
sich  in  gemeinsamen  Berathungen  über  etwaige  Re- 
fonneT!  der  Lehramt'^prüfunrren  in  der  Art  zu  emirren 
haben  wird,  dass  neben  den  wissen^?clult"tl  iclieii  Forde- 
rungen auch  die  Forderuui^en  der  Praxis  zur  vollen 
Berücksichtigung  und  Geltung  gelangen. 


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158  Dr.  Anton  Becker. 


Quellenbenützung  im  Gesehiehtsunterrichte. 

(Vortrag,  gehalten  in  der  pliilologiscb-hiatoriflcbeii  S«eiion  des  VI.  deutsch^' 
(toterreichiacheii  Mittel  I  nUa 'es  zu  Wien.  Ostern  1897,  Ton  Dr.  Anton 

Beeker  aus  Ober-Uoliabrunn). 

Der  allgemein  anerkannte  Wert  des  Geschichtsunterrichtes 

hat  es  mit  sich  gebracht,  dass  man  sich  mit  der  Frage  der 
Methodik  dieses  Unterriehtszweiges  vielfach  und  ausführlich 
beschäftigt  hat.  Da  sich  die  uralte  Forderung  nach  Anschau- 
lichkeit in  unserer  Zeit  vollständig  bahugebrochen  hat,  ja 
sciiuii  itire  extremen  Blüten  zu  treiben  beginnt,  so  hat  sie  sich 
aueh  bier  geltend  gemaclit^  und  als  ein  l&itel,  den  Geschichts^ 
nntenricht  zu  heben  und  zu  beleben,  klarer  und  eoncreter  zu 
gestalten,  wird  vor  allem  das  Bild  gepriesen.  Unsere  Sebul- 
bttcher  zeigen  auf  jeder  zweiten  Seite  ein  Bild,  die  Lehrzimmer 
sind  voll  der  schönsten  Darstellungen  aus  der  Geschichte.  Und 
in  der  That:  sif  fuhren  dem  Schüler  die  historische  Figur  in 
ihrer  äulJeren  Gestalt,  die  Tracht  und  Bewall'nung,  die  Bau- 
werke und  die  Sitten  einer  Zeitepoche  lebendis:  vor  Augen; 
sie  wirken  auf  den  stärksten  aller  Sinne,  und  damit  sprechen 
sie  deutlieber  und  klarer  als  die  eindringlichste,  lebendigste 
Scbilderun^  des  Lehrers. 

Die  Bilder  wurden  daher  mit  Recht  in  der  pädagogischen 
Literatur  viel  und  voll  gewürdigt.  Weniger,  soweit  meine  Kennt- 
nis der  Literatur  reicht,  ein  anderes  Anschauungsmittel. 

Ich  meine  die  Quellen  der  Geschichte. 

Li  den  von  der  pädagogischen  Literatur  leider  viel  zu  wenig 
gewürdigten  Instructionen  steht  an  einer  —  ich  muss  wieder 
sagen  leider  —  sehr  versteckten  Stelle  Folgendes:  „Zur  Be- 
lebung des  Vortrages  sind  Iifittheilttngen  aus  Quellen  und 
neueren  Bearbeitungen,  welche  der  Lehrer,  wenn  möglich  aus 
dem  Gedächtnisse,  in  die  Darstellung  verwebt,  sehr  zu  empfehlen. 
Ein  Gedicht  von  Tjrtäus  und  Solon,  Scenen  aus  Äschylus  und 
Aristophanes,  Charakteristiken  aus  Mommsen,  Curtius,  Giese- 
brecht,  Ranke  u.  a.  sprechen  an  richtiger  Stelle  beredter  als 
viele  Umschreibungen  veri^aTi^«  n  r  Zustände,  Strebungen,  An- 
schauungen und  Emptinduug.-'Wei.>?en.  Auch  die  Verwertung  be- 
sonders charakteristischer  Citate,  Anekdoten,  sowie  die  Vui*- 
ftthrung  historischer  Gedichte  ist  mitunter  recht  förderlich^ 
(p.  169). 

In  Deutschland  hat  diese  Theorie  durch  die  Herbart- 
Ziller'sche  Schule  zuerst  festen  Fuß  ^efasst,  und  mit  ihr  stimmt 
eine  daselbst  blühende  Praxis  überein;  denn  nur  so  kann  man 
es  sich  erklären,  dass  dort  eine  Menge  sogenannter  Quellen- 


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Quellenbeaüuuiig  im  GebcUichtsuntetTichte. 


159 


büeber  fttr  alte,  mittlere  und  neue  Geschiehte  niclit  bloß  er- 
schienen, sondern  auch  zwei,  ja  drei  und  noch  mehr  Auflagen 
erlebt  haben.  Bei  uns  in  Osterreich  ist  ein  solcher  Versuch  — 
abgesehen  von  einigen  Lesebüchern  aus  antiken  Soln  iftstellem, 
z.  B.  Loos'.  Lesebuch  aus  Livius  —  nur  einmal  für  die  öster- 
reichische Geschichte  und  nur  für  das  Mittelalter  von  Dr.  Karl 
Schober  gemacht  worden.  Habent  ma  fota  libelli  Die  Geschichte 
dieses  Buches  ist  sehr  lehrreich.  £s  ist  vor  zehn  Jahren  er- 
sehienen,  blieb  nuToUendet  and  erlebte  nur  eine  Auflage.  leh 
habe  selbst  die  Absicht  gefasst,  das  Werk  fortssusetzen,  habe 
mich  daher  an  den  Verfasser,  ohne  eine  Antwort  zu  erhalten, 
dann  an  den  Verleger  gewendet:  da  kam  ich  schön  an.  Herr 
Holder  erklärte,  dass  kein  Buch,  solange  er  das  Geschäft  inne- 
habe, eineu  solchen  Misserfolg  gehabt  wie  dieses.  Das  ist  ein 
großes  SS  ort  und  ein  schwerer  Vorwurf. 

Ich  will  hier  nicht  untersuchen,  wuriu  der  Grund  für  dieses 
Fiasco  geleeen  ist,  sondern  zuerst  die  Fra^e  beantworten,  was 
hier  unter  Quellen  zu  verstehen  ist,  wie  sie  zu  benützen  sind 
und  welehen  Wert  deren  Benützung  hat 

Zur  Beantwortung  der  ersten  Frage  brauchen  wir  nur  in 
einem  der  Quellenbüeher  zu  blättern;  neben  dem  von  Schober 
wollen  wir  hiebe!  zwei  der  in  Deutschland  gebräuchlichsten  zu- 
rathe  ziehen:  Albert  Richter,  i^uellenbucli  für  den  rutprricht 
in  der  deutschen  Geschichte  zu8ammen«rfstellt .  verbesserte 
Auflage,  Leipzig  LSÜo,  und  Dr.  Max  Scliilling,  C^hiellenbuch  zur 
Geschichte  der  Neuzeit,  2.  verbesserte  Auflage,  Berlin  1890. 

1.  Berichte  antiker  Autoren  (Heden,  Charakteristiken, 
Schilderung  von  Culturzuständen  etc.).  Hiebei  sei  erwähnt^ 
dass  sich  ganz  Tortrefflich  auch  die  alten  Inschriften  der 
Ägypter,  Assyrer  und  Babylonier,  wie  letztere  in  Schräders 
keilinschriftlicher  Bibliothek  gesammelt  sind,  für  die  nach  der 
nenerf'Ti  F(ir««  hn!ig  auch  für  die  Schale  wichtigere  orientalische 
Geschichte  zu  dem  Zwecke  eignen. 

2.  Einzelne  Stellen  aus  mittelalterlichen  Chronisten  und 
Annalisten,  wie  wir  sie  besionders  bei  Schober  tinden. 

3.  Biographien  und  Selbstbiographien,  Denkwürdigkeiten  etc. 

4.  Dienterwerke  (Sophokles,  Aristophanes,  Roswitha,  Grim- 
melshausen u.  a.). 

5.  Gedichte  (Walther  von  der  Vogelweide,  Sebastian  Brants 
Narrenschiff  etc.). 

6.  Acht-  und  Bannformeln. 

7.  Urkunden  und  ActenstUcke. 

Was  die  zweite  Frage  anbelangt,  wie  diese  (^ifllen  benützt 
werden  sollen,  so  haben  sich  hiebei  zwei  Hauptrichtuugen  aus- 
gebildet. Die  einen,  ausgehend  Ton  der  Herbart -Zilier*8ohen 
Schule,  machen  die  Quelle  zum  Ausgangs-  und  Mittelpunkte  der 
Geschichtsbetraehtong,  d.  h.  der  Geschichtsstunde;  die  anderen 
sehen  in  ihr  nur  ein  decoratires  Stück  für  den  Vortrag  des 
Lehrers* 


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160 


Dr.  Anton  Becker. 


Der  Vorgang  uach  den  ersteren  wäre  folgender:  Der  Lehrer 
stellt  gewisse  Aufgaben  mit  Beziehang  auf  einselne  Quellen- 
stüeke.  Das  ist  dann  das  Thema  für  eine  oder  mehrere  Unter- 
richtsstunden ;  da  ist  also  eine  Zielangahe.  Nun  wird  di»' 
Analyse  vürgeuommeu :  alle  auf  das  Tliema  sich  beziehenden 
V'orstellungsmassen  werden  über  die  Schwelle  des  Bewusstseins 
gehoben.  Der  Lehrer  gibt  nuu  die  Quellenstücke  an,  über 
welehe  die  Schüler  bis  zax  nächsten  Stande  snhaose  sich  zu 
unterrichten  haben,  und  darüber  erstattet  non  ein  Schüler 
einen  Bericht. 

Der  Lehrer  hat  nun  über  diesen  Bericht  eine  Besprechung 
mit  den  anderen  Schülern  einzuleiten  und  so  durchzuführen, 
dass  nicht  bloß  der  Inhalt  der  Quellenstücke  berichtigt  und 
verständlieh,  sondern  auch  in  mogUchst  kurzer  Zeit  erschöpft 
wird.  Daü  Erjjebnis  der  Besprechung  wird  dann  zusammen- 
ffefasst,  und  damit  ist  die  Darbietung  des  Neuen  vollendet. 
Nach  einigen  solchen  Referaten  hat  der  Lehrer  diese  Er- 
gebnisse in  einem  Vortrage  zusammenzufusen,  der  neben  Er- 
gänzungen, nothwendigen  Verbindungen  auch  den  Zusammen- 
bang des  Ganzen  zu  bringen  hat  und  eventuell  auch  einen 
anderen  Standpunkt  wählen  kann,  als  der  bei  der  Besprechung 
und  Zusammenfassunw  crewesen  war.  Das  ist  die  eine  Art. 

Nach  der  anderen  Ansicht  soll  die  Quelle  vom  Lehrer  als 
Beigabe  während  des  Vortrages  mitgetheilt  werden,  als  beleben- 
des, erklärendes  und  vertiefendes  Mittel. 

So  einfach  und  einleuchtend  gleich  beim  ersten  Anblicke 
die  zweite  Art  erseheint,  einfacher  und  leichter,  als  sie  in  Wirk- 
lic-likeit  ist,  so  drängen  sich  gegen  die  erste  eine  Menge  Be- 
denken auf.  Zunächst  einmal  müsste  jeder  Schüler  ein  solches 
Quellenbuch  in  eif^enem  Besitze  haben;  das  «reht  schon  aus 
materiellen  Ciriinden  nicht.  Dann  aber  spricht  dagegen  ein 
Factor,  den  leider  die  tlieoretisclie  Pädagogik  meist  aaÜeracht 
lässt:  die  Zeit.  Wenn  auch  diesem  Vorwurfe  entgegengehalten 
wird,  dass  in  der  Beschränkung  keine  Gefahr  liege,  da  es  zu- 
nächst auf  die  Tiefe  und  dann  erst  auf  die  Breite  des  Wissens 
ankommt,  so  bleibt  doch  der  Lehrplan  als  fixe  Forderung  einer 
bestimmten  Breite  des  Wissens,  und  nach  dieser  Decke  muss 
sich  eben  der  Lehrer  strecken;  und  gienge  man  immer  so  vor,  ich 
glaube,  nach  den  gegenwärtigen  Lehr])länen  würde  man  kaum 
die  Hälfte  des  Stoßes  bewältigen.  L)enu  man  hat  es  ja  in 
VV  irklichkeit  nicht  mit  Idealschülern  pädagogischer  Lehrbücher 
zu  thuu,  die  mit  einem  Feuereifer  sich  auf  das  Studium  der 
Quellen  stürzen,  sondern  mit  jungen  Leuten,  denen  zum  größten 
Theile  je  weniger  je  lieber  ist;  und  da  man  hier  bei  den  gegen- 
wärtigen Lehrplänen  bei  gleicher  Breite  tiefer  gehen  müsste, 
so  käme  es  anfeine  Obei^lrdung  sieher  hinaus;  und  die  schSne 
Wendung  von  dem  ^verbindenden  und  vermittelnden''  Vortrage 
des  Lehrers  deutet  ja  auch  darauf  hin,  dass  es  neben  der  Tiefe 
auch  auf  die  Breite  abgesehen  sei. 


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Quellenbenützung  im  Geschichtsunterrichte. 


161 


Wir  wollen  aber  aus  dieser  Beiraebtnng  nicht  den  Schluss 
sieben,  dass  diese  erste  Methode  ganz  zu  ververfen  wäre, 
sondern  uns  den  Satz,  den  Schilline  im  Vorworte  zu  seinem 
Quellenbuche  ausspricht,  vor  Augen  nalten,  dass  der  Wert  des 
Wissens  in  der  Construction  desselben  gelegen  sei,  Daun 
aber  uns  vor  dem  Gespenfte  aller  theoretischen  Pädagogik,  der 
den  lebendigen  Geist  des  Unterrichtes  tödtenden  Hcnablone 
hüten  und  somit  festhalten,  dass  weder  die  eine  noch  die  andere 
Art  d<at  Quellenbenfitsnng  die  allein  riehtige  ist,  sondern  eben 
beide  verwendet  werden  können,  die  erstere  allerdings  aus  dem 
früher  angeführten  Grunde  mit  der  Einsehrankunff,  dass  nicht 
die  Schüler  die  Quellenstücke  zur  Pi&paration  bekommen  und 
darüber  referieren,  sondern  dass  der  Lehrer  das  betreflFeude 
Stück  selbst  vorliest  und  daran  die  Besprechung  mit  den 
Schülern  knüpft. 

Weichen  Weg  der  Lehrer  einschlagen  wird,  darüber  wird 
die  Quelle  entscheiden,  die  ihm  für  die  betreffende  i'aitie,  die 
eben  durchgenommen  wird,  vorliegt.  Der  Lehrer  wird  sieh  bei 
einer  Durchsicht  der  Quellen  selbst  darüber  bald  klar  werden. 

Ist  die  Quelle  derart,  dass  sie  etwas  Allgemeines  enthält, 
sich  also  nicht  an  ein  bestimmtes  historisches  Ereignis  noth- 
wendig  anschließen  muss,  so  wird  man  sie  zum  Ausgangspunkte 
der  Betrachtung  machen.  Besonders  empfiehlt  sieh  dies  bei 
culturgeschichtliehen  Themen,  da  hier  wie  nirgends  die  Gefahr 
vorliegt,  dass  der  Scliüler  bluUe  Phrasen  lernt  und  da«  Wesen 
der  Sache  nicht  begreift.  So  bilden  für  die  Betrachtung  der 
Gulturrerhältnisse  unter  Karl  d.  Qt.  die  in  Richters  Quellenbuch 
befindliehen  Capitnlare  einen  vorzüglichen  Ausgangspunkt,  aus 
dem  und  an  dem  die  Hauptpunkte  des  Verwaltungs-  und  Rechts- 
Wesens,  der  materiellen  und  geistigen  Cultur  von  den  Schülern 
selbst  abgeleitet  werden  können;  in  gleicher  Weise  werden  die 
Culturverniiltnisse  des  XVL  .Tahrhunaerts  sich  ergeben  an  der 
Hand  von  Quellenstüeken ,  wie  Ulrich  v.  Huttens  Vermahnntiir 
an  die  freien  und  reichen  stelte  deutscher  nation  lö22'\  Franz 
v.  Sickingens  „Dialog  mit  St.  Peter  und  St.  Georg^  für  die 
Recbtspllüge  und  den  Handel,  Eberlin  t.  Günzburgs  „Mich 
wundert,  dass  kein  Geld  im  Land  ist*'  1524  (27)  für  den  Luxus, 
wozu  die  Kleiderordnung,  „Über  Gastmähler  und  Tänze"  (29)  sich 
ansehließt,  oder  es  wird,  um  die  Fresssucht  des  Jahrhunderts 
zu  kennzeichnen,  die  Beschreibung  eines  fürstlichen  Hoch- 
zeitsfestes aus  Hans  v.  Snhweinichens  Denkwürdigkeiten  p^enü^en. 
ebenso  wird  für  den  Zustand  nach  dem  dreinigjährigfn  Kriege 
ein  Verzeichnis  der  im  dreißigjährigen  Kriege  zerstörten  Ort- 
bciiaften  (89 j,  die  Stimmung  über  den  Frieden  aus  Logaus 
Sinnffedichtea  und  über  das  französische  „a  la  mode^-Wesen 
Moscherosch'  „Wunderliehe  und  wahrhaftige  Gesichte  Philanders 
▼on  Sitte wald"  ein  prächtiger  Ausgangspunkt  sein  u.  v.  a. 

Will  man  das  Charakterbild  emer  historischen  Persönlich- 
keit den  Schülern  TorfÜhren,  so  werden  Briefe  priTater  Natur 


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1G2 


L)r.  Anton  Becker. 


die  Gelegenheit  bieten,  dass  der  Schüler,  der  aus  den  Thaten 

nnd  Werken  auf  den  Geist  und  Willen  geschlossen  hat,  nun 
auch  selbst  in  das  Gemüth  und  Herz  des  Betreftenden  Einblick 
erhält  und  so  durch  eisfones  Urtheil  sieh  das  Charakterbild 
unter  Leituug  des  Lehrers  zueammensteUen  kann  (z.  B.  das 
Maria  Theresias,  Josefs  II.). 

In  diesem  letzteren  Falle  kann  aber  die  Quelle  auch  als 
Beiwerk  zum  Vortrage  angeschlossen  werden;  sie  belebt  und 
ergänzt  ihn,  wahrt  ffleiehzeiti^  den  Schülern  die  Möglichkeit, 
Sick  ein  eigenes  ürweii  zu  bilden;  in  derselben  Weise  wird 
der  Lehrer  in  den  Vortrag  an  geeigneter  Stelle  einflechten 
können:  Berichte  von  Augenzeugen  über  Schlachten,  Urkunden 
wie  das  prii'tlefjntm  mhnis.  dip  Georgenberger  Handfeste,  der 
Bannfluch  Gregors  VII.  gegen  Heinrich  IV..  Gedichte,  die  die 
Stimmung  infolge  eines  Ereignisses  keunzeichnen,  wie  z.  B. 
Soldatenlieder  etc. 

Ich  habe  hier  nun  schon  theils  deutlich  ausgesprochen, 
tbeils  durchleuchten  lassen,  welch  große  Vortheile  eine  solche 
Quellenbenützung  mit  sieh  bringt. 

Dass  zunächst  die  Lebendigkeit  des  Vortrages  dadurch 
gewinnt,  wird  jeder  zugeben,  der  nur  einmal  den  Versuch 
gemacht  hat.  Es  ist  mit  Hecht  hetont  worden,  dass  der  Vor- 
trag, der  voll  und  q^an/  in  der  Aufgabe  des  erziehlichen  Unter- 
richtes wirken  soll,  ein  künstlerischer  sein  mu8s;  in  den  feclteusten 
Fällen  wird  und  kann  er  so  sein;  denn  schon  der  Stoff  erlaubt 
nicht  in  jeder  Stunde  einen  solchen  Vortrag.  Da  bietet  sich 


Indem  er  gewissermaßen  das  Wort  der  historischen  Per- 
sönlichkeit oder  einem  Angenzeugcn  ertheilt,  bringt  er  schon 
dadurch  Leben  in  die  Darstellimg;  die  (^icUe  wird  ein 
Anschauungsmittel  für  den  Gehörsinn  sü  venia  verho.  Und 
wie  durch  ein  sichtliches  Anschauungsmittel,  ein  Bild,  das 
Interesse  des  Schülers  geweckt  oder  erhöht  wird,  so  ist  es 
auch  hier;  der  Schüler  hört  die  Sprache  der  Zeit,  die  Bede 
von  Männern,  die  das  Erzählte  miterlebt  haben  oder  die  dessen 
Zeitgenossen  gewesen  sind.  Man  kann  beobachten,  mit  welcher 
hVeude  die  iSchüler  dies  entgegennehmen,  ja  wie  gespannt 
sie  es  erwarten. 

Und  wenn  ich  liier  von  der  „^Sprache  der  Zeif  spreche, 
so  drängt  sich  unwillkürlich  der  (xedaiike  auf,  dass  hiebei  sich 
die  Gelegenheit  bietet,  mit  anderen  Fächern  in  Fühlung 
zu  treten;  zunächst  im  Gymnasium  mit  den  Sprachen:  Latein, 
Griechisch,  Deutsch.  Unter  den  römischen  und  griechischen 
Classikem  hat  der  Schüler  die  Geschichtschreiber  Herodot, 
Xenophon,  Livius.  Tacitus  in  Händen,  und  er  ist  imstande,  selbst 
die  Stellen,  die  ihm  der  Lehier  angibt,  zu  lesen  und  zu  über- 
setzen. Nehmen  wir  ein  Beispiel.  Wenn  in  der  Sexta,  wo  gerade 


dem  in  dieser  Hinsicht 


begabten  Lehrer  in  der  Quelle 
rage  einen  großen  Schwung  zu 


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Quellenbenützung  im  Geachichtaunterricbte. 


163 


Sallust  gelesen  wird,  das  Yerhältnis  Casars  uod  Gatos  zur 

Catilinanscheu  Verschwörung,  der  Grund  ihrer  unversöhnlichen 
Feindschaft,  die  für  die  Geschichte  Casars  doch  so  bedeutend 
ist,  besprochen  wird,  so  werden  Schüler  das  Buch  hervor- 
holen, der  Lehror  bezeichnet  die  btellen  aus  (hm  rjipifpln  ;")! 
bis  53,  und  einer  tier  Schüler,  der  im  Überset /»  t!  gewandt  ist, 

—  der  Fachlehrer  hat  sich  da  mit  seinem  CoUegeu  für  Lütein 
ins  Einvernehmen  zu  setzen  —  übersetzt  dieselben,  nun  iolgt 
die  Beartheünng  derselben  durch  Unterredung  mit  den  anderen 
Schülern,  denen  der  Text  aneh  vorliegt.  Man  Ednnte  einwenden, 
die  Schüler  lesen  dies  ja  ohnedies;  jawohl,  aber  nicht  in  dem 
Zusammenhange  wie  hier;  und  dann  k  inmt  diese  Stelle  viel 
später  in  der  Leetüre  vor  als  ihr  iuhalt  im  Geschichtsunter- 
richte. Ebenso  kaiiii  die  Xeiiorho!!-  und  Livius-LectürH  in  der 
V.  Classe  verwendet  um!  zu  It  l/.terer  als  Ergänzung  das  schon 
früher  erwähnte  Lesebuch  zu  Livius  von  Dr.  Loos  benützt 
werden;  leider  geht  dies  hier  mit  der  llerodot- Leetüre  niclit, 
doch  sollen  Stellen  aus  diesem  Autor  sur  orientalisehen  Ge- 
schichte herangezogen  werden.  Zur  politischen  Geschichte  mögen 
Stellen  aus  Demosthenes,  Cicero  u.  m.,  zur  Gultumschichte  auch 
die  Dichter  herangezogen  werden,  wobei  man  selbstTerBtändlich 
den  Rahmen  der  Schulclassiker  überschreiten  muss;  so  kann 
iL'h  l*lutarch  besonders  mit  TTüeksicht  auf  das  biographische 
Moment  nicht  genug  emplehlen. 

Da  lernt  dann  der  Schüler  leht  iülige  lumisehe  un<l  griechi- 
sche Literaturgeschichte.  Die  Privatlectüre,  der  jetzt  au  unseren 
Mittelschulen  große  Aufmerksamkeit  geschenkt  wird,  kann  hier 
mächtig  gefördert  werden,  da  sieh  der  Schüler  fttr  solche  Stellen, 
die  in  directer  Beziehung  zum  Geschichtsunterrichte  stehen, 
mehr  interessiert. 

In  Kealschulen  wird  der  Sprachunterricht  bei  der  Geschichte 
der  Neuzeit  sieh  ansehließen  können;  die  Urkunden  der  Neu- 
zeit sind  meist  franzrisiseh ;  englische  kommen  ebenfalls  vor 
(z.  B.  De.clat  aiwii  oj  Unjld»). 

Der  deutsche  Unterricht  findet  in  den  Quellen  für  das 
Mittelalter  and  die  Neuzeit  einen  wichtigen  Berflhrun^sponkt. 
Der  Schiller  lernt  jetzt  nicht  bloß  die  Geschichtschreiher  und 
andere  Autoren  des  Mittelalters  kennen,  in  denen  er  selbst 

—  wie  ich  es  zu  meiner  Freude  erlebt  habe  —  den  in  den 
Klöstern  fortlebenden  Geist  der  Antike  bald  herausfindet, 
sondfffi  entwickelt  sieh  vor  seinem  geistigen  Blicke  das 
Werden  der  neuhochdeutschen  Sprache:  er  hört  das  Mittel- 
hochdeutsche, er  lernt  den  Dcgiiiii  der  neuhodideutselion 
Sprache  in  den  Urkunden  des  XV  1.  Jahrhunderte  kennen,  er 
sieht  die  Sprachmengerei  des  XVIL  Jahrhunderts  und  den 
Ourialstil  des  XVIIL  Jahrhunderts.  Ihm  wird  die  innige 
Wechselwirkung  zwischen  Geschichte  und  Literatur  klar,  wenn 
er  in  den  Werken  der  Dichter  und  Schriftsteller  die  Cultur 
und  die  Ereignisse  der  Zeit  sich  widerspiegeln  sieht;  eine  Ver- 


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Dr*  Attion  Becker. 


tiefiing  lind  Erweiterung  der  Literatorgesehichte  ist  damit  innig 

Yerbunden. 

So  tritt  denn  die  Quellenbenützimg  iii  deu  Dienst  der 
Concentration  des  Unterrichtes,  deren  Wichtigkeit  als 
Mittel  ^egen  die  Uberhürduug  Prof.  Dr.  Vogt  (Verein  für  wissen- 
schaftliche Pädagogik  XU),  dann  im  allffemeinen  Dir.  Dr.  Loos 
in  seinem  Buche  von  der  Concentration  hinreichend  betont  hat. 

Aber  auch  in  den  Dienst  der  erziehlichen  Aufgabe  des 
Unterrichtes  stellt  sich  die  Quellenbenützung.  Soll  die  Ge- 
schichte für  den  Schiller  nicht  ein  bloÜes  Conglomerat  von  Xaraen 
und  Zahlen,  Schkcliten  und  Friedenjs.s(*h1iiss»»n.  Rf;uitengründun- 
gen  und  Staaten  Vernichtungen  sein,  soll  ^le  vielmehr  in  doppelter 
Hinsicht  iwn  srhohu*  sed  vitae  gelernt  sein,  erstens  mit  Rück- 
äicht  auf  deu  zukünftigen  Staatsbürger,  zweitens  iu  der  Aus- 
bildung des  Charakters  im  ethischen  Sinne,  dann  mnss  das 
Wort  aes  Lehrers  an  der  Hand  der  geschichtlichen  Personen 
und  Ereignisse  in  erster  Linie  zu  wirken,  zu  wecken,  zu  bilden 
und  SU  erziehen  vermdgen.  Der  Schüler  aber  soll  in  der  Schule 
lernen,  aus  gegebenen  Thatsachen  sich  selbst  ein  Urtheil  zu 
bilden:  die  Thatsachen  geben  die  Quellen:  aus  diesen  müssen 
aber  jene  erst  herausgearbeitet  werden;  der  Scliiiler  muss denken; 
er  leistet  eine  geistige  Arlieit,  die  an  uud  fiir  sich  sclion  wertvoll 
ist;  er  muss  aber  dann  diese  Thatsachen  beurtheilen  uud  fiir  die 
Charakteristik  der  Zeit  und  der  Persönlichkeit  in  Rechnung 
bringen.  Und  wenn  er  hier  Theten  und  Worte  abwägen  und 
zuwägen  lernt,  so  lernt  er  nicht  bloß  für  die  Geschichte,  es 
bleibt  ihm  fürs  Leben;  er  wird  —  kommt  er  ins  Öflfentiliehe 
Leben  —  in  seinen  Meinungen  und  Überzeugungen  seinem 
eigenen  und  nicht  fremdem  Urtlieile  fdlcr'  ii;  er  wird  die  Thaten 
und  danach  die  Menschen  auch  zu  beurtiieiieu  verstehen;  er  hat 
dann  wirklich  für  das  Leben  gelernt. 

Und  was  fiir  den  Schüler  auch  zunächst  von  Wert  ist:  die 
Qnellenbenüizung  unterstützt  ihn  im  Lernen.  Hat  der 
Schüler  mit  Interesse,  mit  Lust  und  Liebe  der  Stunde  beigewohnt, 
hat  er  selbst  zu  seiner  Freude  die  Berührungen  mit  den  anderen 
Fachern  gefunden,  —  dazu  wird  ihm  der  Lehrer  Gelegenheit 
geben  —  hat  er  selbst  sich  unter  der  Leitung  des  Lehrers  das 
Nene  erarbeitet,  so  hat  er  die  Hauptarbeit  in  der  Schule  ab- 
solviert, und  zur  häuslichen  Vorbereituug  bleibt  ihm  nur  eine 
kurze  Wiederholung,  Das  Ergebnis  der  Unterrichtsstunde  ist 
somit  durch  die  Quellenbeuützuug  im  wesentlichen  erleichtert; 
das  Gewonnene  haftet  fester  und  die  häusliche  Arbeit  ist  yer* 
mindert  worden. 

Erwägt  man  diese  Vortheile,  so  muss  es  wundernehmen, 
das«  nach  dem  in  der  Einleitung  Gesagten  bei  uns  die  Quellen* 
benütznng  nicht  mehr  Anklang  gefunden  hat.  Ich  glaube,  der 
Grund  liegt  darin,  dass  mau  meinte,  es  gehe  mit  der  Zeit  nicht 
aus.  Ich  kann  aber  ans  der  Erfaiuuug  Tersichern,  dass  man 
den  Lehrstoü  trotzdem  sehr  gut  bewältigen  kann.  Jeder  Yer- 


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QuellenbenOtsniig  im  Gctchichtflonterriehte. 


165 


saeh  wird  dies  lehren.  Man  darf  aber  nicht  Ton  VorurtheÜen 
ausgehend  überhflupt  gar  nicht  an  die  Sache  herantreten. 

Es  wäre  auch  wüuschfnswert,  dass  die  Lehrbücher  auf  die 
Quellen  Bezug  nähmen,  lu  dieser  Hinsicht  erachte  ich  es  als 
einen  großen  Vorzug  des  neuapprobierten  Lehrbuches  von  Zeehe 
(Alterthuni  und  Mittelalter) ,  dass  dort  nicht  bloß  Quellen  ge- 
nannt, aondem  aneh  Stellen  daraas  citiert  werden.  Ich  hoffe, 
daea  dies  Nachahmung  findet 

SoU  aber  die  Qaellenbenfttanng  für  den  Lehrer  erleichtert 
werden,  so  ist  die  Anlage  von  guten  Quellenbüchern  ein  Be- 
dürfnis. Wir  haben  weder  für  das  Alterthum,  Mittelalter  oder 
Neuzeit  ein  v/illifr  misrcichendes  Qiiellcnbuch.  Die  in  Deutseh- 
land erschienenen  Queileubücher  nehmen  auf  die  dortigen  Lehr- 
pläne Bezug  und  betonen  vorwiegend  die  preußisch -hohen- 
zoUerische  Geschichte  und  sind  daher  für  uns  nicht  immer 
benfitabar.  Ich  sehließe  daher  mit  dem  Wunsche,  dass  Öster- 
reich sich  anch  auf  diesem  Gebiete  der  pädagogischen  Literatur 
betheiligen  möj^e;  das  kann  aber  nur  geschehen,  wenn  ein 
solches  Buch  ein  besseres  Schicksal  hat  als  das  von  Dr.  Karl 
Schober. 


»Otlotr.  Mittelwkiil«'*.  ZI.  Jnhric. 


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A.  Sitzungsberichte  des  Vereines  nMitteischuie'  in  Wien. 

(Mitgetheilt  vom  Anatchunmitgliede  Suppl.  Dr.  Emil  Sofer.) 
Vierter  Vereinsabend. 

(23.  Januar  1897.) 

Der  Vorsitzende,  ObrnsnoBteU Vertreter  Prof.  Jos.  Zycha,  eröffnet 
die  Versaramlnnjf  und  ertheilt  das  Wort  dem  Landes  -  Schul inspector 
Dr.  Scheint!  1er.  Dieser  dankt  mit  herrlichpn  Worten  für  dip  ihm  vom 
Vereine  aulü^iich  seiner  Ernennung  uusgcdiüclctcn  Glfickwünsclie  und 
versichert,  doss  er  auch  weiterhin  an  den  Vereinsversamiulungen,  so  oft  es 
ihm  mdglich  aei,  sich  betheiügen  wi^e. 

HieNLuf  beficbtei  der  Yorntsende,  da»  ?on  der  Witwe  dee  Herrn 
Hofraths  Lang  für  das  Condolemschreiben  anlisalich  ihres  schweren  Ver> 
Instes  und  Tön  Herrn  Regiemngsrath  Dir.  Knöll  fnr  den  Glückwunsch 
tu  der  ihm  gewordenen  Auazeichnuntr  Hankschreihen  eingelaufen  seien. 

Ferner  theiit  dor  Vorsitzond»^  mit.  (Uiäs  zur  Ehrung  des  Herrn  Hofraths 
Prof.  Sehen  kl.  der  am  11.  Dci-ember  d.  J.  seinen  70.  Geburtstajr  feiere, 
hieb  ein  Comite  gebildet  h:il>»',  in  kürzester  Zeit  einen  Aufruf  an  die 
Lehrkörper  der  einzelnen  Ansialten  erlassen  werde.  Es  sei  jetzt  den  zahl- 
reichen Schfllem  und  Verehrern,  die  sich  der  Jnbilar  in  seiner  Stellung 
als  Univerattätsprofessor,  als  Mitglied  des  niederOsterreichischen  Landes- 
schnlrathes»  als  Mitglied  und  in  jfingster  Zeit  als  Director  der  Prafnngs* 
commission  für  das  Lehramt  an  Gymnasien  und  Real^ehnlcn  erworben 
habe,  Gelegenheit  geboten,  sieh  an  der  Ehrung  des  aaügeseicbneten  Hannes 
xa  betheilifjt^n 

Als  neue.1  MitiLrliod  meldet  dfr  \'«>reiitzent]t'  Wl'h  Prot".  Jos.  Woluy  des 
Leopoldstiidter  (Joimnunal-Heal-  umi  Uberg_vmniwiuni.>  an. 

Hierauf  ball  l'rof.  Poter  Muresch  seinen  angekündigten  Vortrag: 

,»Die  Prlvatleetare  in  den  altelasslsehen  Spraohen'*  (S.  23  ff.). 

Reicher  Beifall  lohnt  die  mit  wohlthuender  Wärme  vorgebrachtm 
Ausführungen  des  Referenten,  dem  auch  der  Vorsitzende  namens  des 
Vereines  be.stens  dankte. 

Hierauf  wird  auf  die  Anfrage  des  Vorsitzenden,  ob  eine  Generaldebatte 
gewünscht  wprde.  dt m  Antüi^re  des  Lande.s-.Schulinspectors  Dr.  Scheindler 
gemiiü.  sofort  m  die  Uerathung  der  pinzolnen  Thesen  eingeijnnr^f'n 

Hi'i  der  ersten  These  wird  auf  Grund  der  Bemerkung  dt»  Dir. 
Dr.  Loos,  dass  der  erste  Theil  derselben  überflüssig  erscheine,  weil  er  nur 


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Vereinsnachricbten. 


167 


da«  verlange,  was  schon  gesetzlich  bestimmt  erscheine,  mit  einer  slÜMli- 
achen  Änderung  dea  Prof.  Dr.  Jerusalem,  der  das  Wort  „Vertiefung" 

gestrichen  wi^opn  will,  der  Antra}?  dos  T.iincies-S('hulinrt|>ectors  r>r.  Srboind- 
1er  angenommen,  es  hftbe  die  Theie  mit  ümweglaaaung  des  ersten  iSaXaea 
SU  lauten: 

Sack  der  Uberzeugung  der  Versammiung  ist  die  Frivcältcture  das 
MtOObm  ZtMim  äu  hiiitn$H&t  cCbhmn  SkiemSeimg  9dum  der  Organi- 
gationutUufurf  als  dag  «rtU  ZuH  himuat^  md  üi  wOtedhifft  naikiMndig 
zur  Ergänmg  dtr  SdmUteHlre  und  atr  Ftfrderung  der  SOttländi^ctit 

in  geistiger  Arbeit. 

Bei  der  Berathung  der  zweiten  These  weist  Prof.  Dr.  Wotke  darauf 
hin,  dasa  Hchon  in  der  bestehenden  Literatur  mano}ies  Bt  iucbbare  vor- 
handen sei,  und  macht  besondere  aut  die  Aus^jauen  von  Stitz  und 
Gscbwind  und  auf  die  neuen  in  Deutschland  erschienenen  Chrestomathien, 
z.  B.  von  Jakob j,  aul'merksam.    Er  schlägt  (iaher  den  Zuitatü  vor:  ^als 

Ergänzung  der  bertHe  Mrikmdme»  j»-  und  «MUbuKiehe»  LUeratur* 
Dir.  Dr.  Loos  ulk  der  Anneht,  dan  tnr  Deckung  der  Anachaffonin- 
koaten  der  betreffenden  Bfieher  die  Dotation  der  Anstalt  heruttaaehen 
«ei,  SU  der  ja  die  Schüler  durch  den  Lehrmittelbeitrag  beisteuern.  Doeh 
verweist  der  Referent  darauf,  dass  an  kleinen  Landgymnasien  diese  kaam 
für  die  nöthio^ten  Bedürfnisse  der  Bibliothek  genüge.  Kvemiilnr*«  Fteien 
ahf-r  liir  die  Privatlcctüre  in  genügender  Anzahl  anz u.sc harten ,  da  die 
ärmeren  Schüler  kaum  in  der  Lage  seien,  .sich  neben  den  vor{,'eschriel)enen 
r<ebrbüchern  auch  noch  die  Bücher  liir  die  i'nvaiiectüie  au^u^chalien. 
Laadea-Schnlinspector  Dr.  Seheindler  onteratAfait  den  Vomlilag  des  B«- 
ferenten  und  verlangt,  dan  aoeh  wichtige  Werke  snm  Nachecblagen,  z.  B. 
tittbkers  Reallexikon,  den  Schftlern  in  dieser  Weise  ragtagUoh  geniacht 
werden  sollen. 

Bei  der  Abstimmung  wird  der  Zusatzantrug  des  Prof.  Dr.  Wotke 
ab^flehnt  und  auf  Antrag  des  Landes- Sf*hn!inf.pector^  Kapp  die  These 
mit  Auslansung  der  Worte  «mit  Genehmigung  des  hohen  Ministen  ums" 
angenommen. 

5ie  lautet  sonnt:  Damit  die  Schüler  im  allgemeinen  eine  richtige 
Wahl  der  Privatlectüre  treffen  lehnen,  utäge  eine  passende  Auswahl 
von  Partien  und  ganzen  Werken  aus  jenen  umfangreiehen  iScftuiblaseftem^ 
wm  denen  nur  The&e  in  den  Händen  der  SehUier  sdn  kfmnen,  und  aus 
einigen  Classikem^  die  in  der  Schule  nicht  gelesen  werden,  gewissenhaft 
und  eargfiÜHg  zusammengeheilt  und  mit  niUslichen  Einleitungen  und 
dm  vffthirendigen  Anmerlntrtgen  riTf^chm  wer  dm,  und  diese  Büchlein 
sollen  einen  mälHgen  i*reis  haben  und  armen  Schiäem  unentgeltlich  ver- 
abfolgt werden. 

Bei  der  Berathung  der  dritten  These  entspinnt  sich  eine  lebhuttc 
Debatte. 

Prof.  Dr.  Frank  faftit  die  These  IQr  fiberflQsoig»  weil  sie  in  der  ersten 
enthalten  sei  nnd  nur  dasjenige  sage,  was  ohnehin  dnreh  hohe  Verordnungen 
bestimmt  sei. 

Prof.  Dr.  Jerusalem:  „Die  Freudigkeit,  mit  der  die  Privatlectttre 
betrieben  wird,  würde  durch  eine  derartige  Formulierung,  durch  ein  der- 
artiges ausdrückiiohes  Gebot  eher  behindert  werden.   Ea  bleibt  nach  dem 

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168 


Tereinimachricbten. 


Erlasse  untl  den  Instructionen  dem  Ijchrer  ubprlasspn ,  c-^  zu  thun,  wie  er 
CS  am  besten  versteht,  und  es  wird  ihn  auch  der  hA-io\g  als  persönliche 
I'hat  freuen,  der  auch  mit  verschiedenen  Mitteln  hervorgerufen  werden 
Eann.  Ich  bin  unangenehm  berührt,  da^  wir  uns  ausdrücklich  sai^en  sollen, 
wir  bftitm  die  Pfljcht^  die  PrivaÜe«tfite  i&  der  Weiae  betteiben,  wflfarasd 
vir  ne  bisher  au«  innerer  Frendigkeit  getrieben  haben.  Ich  wflrde  daher 
an  Stelle  dee  YOtgeeehh^penen  Textes  eher  aeisen:  ist  wünachauwert*. 
Doch  bin  ich  auch  der  Ansicht  des  Herrn  Collef^en  Frank,  dass  die  These 
nicht  viele  für  eine  praktische  Schnlgebang  bedeutende  Batbechlftge  ent* 
h&it  und  daher  überfluBsig  ist." 

Dir.  Dr.  Leos  kann  den  beiden  Vorrednern  nur  mit  vollstem  Herzen 
zuMtimmeu,  weil  7,u  furchten  sei,  dass,  wenn  etwas  Selb-stverständliches  in 
die  Form  einer  These  gebracht  wird,  dieser  der  Charakter  des  Selbst« 
Tentiadlidien  genommen  würde.  Bs  sei  eifrenlioh,  wenn  das  Thema  der 
Privatleet&re  mit  solcher  Wirme  besprochen  werde,  doch  mOge  nnr  das 
festgestellt  werden,  was  wirklich  einen  Fortichritt  beieicbne. .  Deshalb 
sei  Kedner  nnr  illr  den  concreten  Theil  der  These:  ,,HieBQ  mnss  der 
Lehrer  etc." 

Ij  mdes-Sehulinspector  Kapp:  ,Tch  bin  doch  dafiir,  das«  in  dieser 
These  nicht  bloß  da.^  concrete  Moment  zum  Ausdrucke  kommt.  Man  soll 
beinalie  soweit  <?ehen,  als  es  die  The^e  ssagt.  Damit,  dass  in  der  ^cbüler- 
bibliothek  Behelfe  vorhanden  sind,  wird  die  Sache  nicht  wesentlich  ge- 
fordert Für  diejenigen  Fachlehrer,  die  für  die  Snrichtnng  begeistert  sind, 
ist  die  These  allerdings  Obeiflllssig;  aber  ein  Hauptgrund,  dass  an  mehreren 
Anstalten  der  Betrieb  der  PriTatlectOre  nicht  dnrdhgreifen  will,  liegt  bloß 
darin,  dass  einige  Fachlehrer  der  Sache  mit  Hisstcauen  gegenüberstehen 
und  sie  nicht  so  fördern,  wie  sie  gefördert  werden  soll.  Das  ist  die  Er- 
fahrung, die  ich  seit  mehreren  Jahren  gemacht  liabe.  Es  ist  nicht  ganz 
zwecklos,  w^nn  wir  in  einer  These  zum  .\usdrucke  bringen,  welche  Mittel 
die  Lehrer  unw<'nden  sollen,  mn  die  Privatlectüre  zu  fördern." 

Prof.  Dr.  Jerusalem  erklärt,  es  sei  ihm  ferngelegen,  die  Anregungen 
des  Beferenten  als  nicht  wertvoll  sn  betrachten;  wenn  er  aber  den  Worten 
des  Herrn  Landca^hulinspectors  Kapp  nicht  beistimmen  könne,  so  liege 
der  Grund  eben  darin,  dan  gerade,  weil  es  die  Pflicht  des  Lehren  sei,  es 
nicht  nOthig  sei,  dies  auszuführen. 

I.andes-Schulinspector  Dr.  Scheindler  bemerkt,  dass  die  These  logisch 
berechtigt  ssci;  der  Antragsteller  habe  damit  die  Art  und  Weise,  wie  die 
Lehrer  aich  d»^m  Schüler  ^geniiber  ateilen  .«ollen,  zei«^en  wollen.  Sie  sollen 
ihn  leiten  und  ihm  in  concreten  Fällen  helfend  zur  Seite  stehen 

Zur  Vermittlung  schlägt  hierauf  Landes- Schuliuspector  Kapp  vor, 
der  Anfing  der  These  habe  sn  lauten:  «Zur  gedeihlichen  Pfl^e  ...  ist  es 
nothtrendig."  IHese  Fasmng  wird  bei  der  hierauf  folgenden  Abstimmung 
angenommen. 

Die  dritte  These  lautet  somit:  Zur  gedeihiieken  PfiiBge  der  Privat- 
UciUre  ifst  M  nothwmdig,  dass  der  Lehrer  im  allgemeinen  durch  eni- 
!fpr('cliende  Behandlung  der  Schtdlfctllre  und  im  besonderen  durch  vohl- 
volleiuh')}  lind  smcohl  die  IndiridudUtät  als  auch  nach  MöfjHchkeit  die 
heso)ui('rfa  ^Hinsehe  beriicksiditigenden  Jiath  auf  eine  für  die  ErqHnzuvfj 
des  tSchulunterrichtes  geeignete   W(dU  der  Privatlectüre  aufmerksam 


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Vereinsnachrichten. 


169 


mache  vmd  diue  mU  firmndHditr  BtreHunUiffkät  so  lole,  dMt  der 
SdMer  eie  in  enüUnethier  Weise  pflegen  und  SchwieiiffieeUen  ohne  im* 
erlaubte  Mittel  überwinden  könne;  hiezu  mms  der  Lehrer  in  der  Lage 

sein,  auf  die  in  der  SchUIerbiblioth^k  vorhandenen  Behelfe  hinzuweisen. 

Bei  der  vierten  Tb<^'^e  «bricht  nich  {^'egenüber  einer  Anfiair''  des 
Prof.  Dr.  Wotke,  warum  man  einem  Schiller,  der  in  anderen  (»egenstäuden 
»chwueb  sei,  wenn  er  sich  für  Philologie  interessiere,  nicht  die  Zulassung 
zur  Privatlectüre  ertheileti  solle,  Landes -Schulinspector  Dr.  Scheindler, 
dffiD  sich  Dir.  Dr.  Looa  tnsehlioOt»  dabin  mm,  der  OrdinariiM  kabe  gondem 
die  Pfiieht,  sn  »ehe»,  da»  der  SehOler  erat  in  allen  Gtgenatibiden  entspreche, 
bevor  er  hier  zngelanen  werden  könne. 

Eine  weitere  Bemerkung  dee  Prof.  Dr.  Wotke,  dass  nach  der  offi- 
ciellen  Notenscala  im  Ge^en>iiitz«»  zn  den  „nicht  genuj^enden  lieistiin^en" 
nur  „srenus^ende"  uls  schwath'  verstanden  werden  könnten,  lieantwnrtft 
Prof.  Sei)  legi  mit  dem  Uinweinf  darauf,  da.s.s  allerdinf».s  die  ofHoielle  Nuten- 
saUa  nur  diese  beiden  Noten  kenne,  da^s  über  eben  die  „genügenden" 
Leistungen  in  manchen  Fällen  als  schwache  zu  bezeichnen  seien. 

Hierauf  wird  bei  der  Abefciniinung  diese  Theee  nnverftadert  angenommen 
und  die  SitsoDg  geechloeaen. 

Fünfter  Yereinsabend. 

(27.  Februar  1897.) 

Der  Vor-^iizende,  Oijtuannstellvertreter  Prof.  Zycha.  begrüßt  die 
Versammlung  und  theilt  mit,  ünsa  er  in  Ausführung  deti  vom  Vereins* 
aoascboase  am  lä.  Februar  1897  ge&Mten  Beschlusses  sich  mit  dem  ersten 
Schriftfabrer  Fk«f.  Schlegl  zu  Sr.  Eicellenx  dem  Herrn  Hinister  f&r  Cnltus 
und  Unterricht  Dr.  Freiherrn  Oantseb  Frankentburn  begeben  habe, 
um  ihm  iitr  das  anläßlich  der  Regelung  der  BesSge  der  Witwen  und 
Waisen  nach  Mittelschullehrern  und  der  Begulierung  der  Gehalte  und 
Rangsverhältnisse  des  Mittelschullehrpersonals  dem  Mittelschullehrstande 
entgegenj^ebrachte  Wohlwollen  den  thrfiuehtsvollen  Dank  des  Vereines 
„MitteUchule"  darzubringen.  -  Se.  Kx(  ellenz  der  Herr  Minister  empfieng 
die  Deputation  »ehr  freundlich  uud  erwiderte  auf  die  Ansprache  unter 
anderem»  er  habe,  wie  das  Gesetz,  das,  soweit  die  parlamentariaehe  Mit- 
wirknng  in  Betracht  komme,  als  abgeschlossen  au  betrachten  sei,  beweise, 
nach  Möglichkeit  —  dena  dass  noch  manches  wünschenswert  sei,  wisM»  er 
wohl,  anderseits  sei  es  natürlich,  dass  nicht  alle  Wünsche,  wie  im  Leben 
flberbanpt,  so  aoch  im  vorliegenden  Falle  verwirklicht  werden  kOnnen,  ^ 
gern  tmt  Verbesserung  der  matr»rieUen  Laj^e  und  zur  Heliung  der  socialen 
Stellung  der  Mittelschulielirer  bejofr^trai^en,  wei!  hier  eine  Abhilfe  un- 
abweislieh  gewesen,  und  weil  er  ssich  dr.-wen  vollkoiumen  bewus.st  .-^ei.  dass 
er  an  das  Mittelschullehrpersonal  hohe  Autarderungen  stelle  uud  im 
Interesse  des  Mittelechulwesens,  dessen  Wichtigkeit  allgemein  anerkannt 
sei,  stellen  mOaie*  Der  Regierung  mflsse  als  Ziel  vorschweben,  das  Mer- 
reicbisehe  Mittelschul wesen  auf  eine  Stufe  au  bringen,  dass  es  zumindest 
dem  der  v<»ge8chrittensten  CulturvOlker  ebenbArtig  an  die  Seite  gestellt 
werden  könne.  Es  freue  ihn,  constatieren  zu  können,  dass  seine  Intentionen 
bei  der  Lehrerschaft  verständnisvoUem  £ntgegenkomnien  begegneten;  denn 


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170 


Vereinnuiehrieliteii. 


die  Lchrorscbaft  arbeite  unabliUsip  an  der  Verbesserung  tind  Vervoll- 
kommnunfT  Hea  Mittelschulnntorrichtes.  Und  in  dpr  That  habe  das  öster- 
reichische Mittelschnlwesen  einen  Aufschwung  genommen,  dass  es  wohl 
einen  Vergleich  mit  den  anderen  Staaten  nicht  zu  scheuen  brauche.  Er 
«einerseits  ergreife  gern  jede  Gelegenheit,  soweit  die  ihm  sur  Verfügung 
■tdiflnden  Mittel  es  gestatten,  diese  Arbeitsfreiidigkeit,  die  sur  ErreichnDg 
der  gesteckten  Ziele  nnerttalich  sei,  so  beleben  und  rege  sa  erhalten, 
wobei  8e.  Excellens  anf  die  von  ihm  initiierten  Institutionen  hinwies.  — 
Znm  Schloise  sprach  Se.  Excellenz  der  Herr  Minister  den  Wunsch  aus,  die 
Deputation  möge  den  Mitgliedern  des  Vereines  «Mittelacbale"  seinen  Dank 
auHsprechcn. 

Dieselbe  Deputation  begab  pich  hierauf  su  Herrn  Sectionschef 
Dr.  V.  Härtel,  der  sich  über  die  materielle  Lage  der  Mittelschullehrer 
und  über  einzelne  Fragen  des  Unterrichtes  aussprach  und  unter  anderem 
es  sehr  bedauerte,  dass  ihm  esine  Antrthfttigkeit  es  nicht  gestatte,  wie  er 
es  wfiasclien  wOrde,  den  Unterrichte  an  einselnen  Anstalten  gelegentiieh 
beisawoluien. 

Endlich  sprach  die  Deputation  bei  Herrn  Hofrath  Dr.  v.  Wretschko 
und  Herrn  Landes-Schulinspector  Dr.  Iluemer  vor  und  wurde  von  beiden 
Herren  in  Hfr  p^pwchnt  liebenswürdip:en  Weise  empfangen. 

Anschliebend  an  diesen  Bericht  stellt  der  Vorsit/.onile  im  Namen  tlt  s 
Ausschu.s^eä  den  Antrag,  dass  sich  eine  Deputation  zum  iiet'erenten  des 
Budgetausschutises  Hofrath  Dr.  Beer  begebe,  um  auch  «hm  für  sein  in 
diesen  Fragen  bewiesenes  Wohlwollen  den  Dank  des  Vereines  aaszosprechen. 
(AngenonisiMi.) 

Nachdem  der  Vorsitaende  noch  die  EinUhi&,  n&mlich  Mittbeilong 
bssfiglich  eines  Grei&walder  Feriencursus,  dann  eine  Kundmachung  der 

Oeterreichiachen  HeimstättcnnrcselUchaft  und  endlich  eine  Einladung  zum 
Archäologischen  Congre.s.sp  in  Athen,  zur  Kenntnis  der  Vor^ammlunf»  ge- 
bracht hat,  wird  zur  Tag-^f  :  ,1  in.nq-  —  Fortsetzung  der  Debatte  über  den 
Vortrag  des  Prof.  Peter  Maresch  über  die  Privatlectüre  —  übergegangen. 

Nach  Verlesong  der  bisher  angenommenen  vier  Thesen  ergreift  im 
Anschlösse  an  die  vierte  Thsse  Dr.  Sofer  das  Wort:  «Der  Oxganisations- 
entwurf  enthält  die  Bestimmung,  dass  die  Frflfiing  in  den  dassischen 
Sprachen  nnr  ans  einer  von  dem  SchQler  nicht  gelesenen  Stelle  stattfinde. 
In  diese  Bestimmung  ist  nun  durch  die  Verordnung  bezöglich  der  Prüfung 
aus  dor  Privatlectüre  eine  Bresche  gelehrt,  indem  hier  bereits  Gelesenes 
Zinn  (legenstande  der  Prüfunpr  f^emacht  iet.  Da  nun  dip^^n  HeRünstiguni^ 
nach  der  vierten  These  nur  beäseren  Schiilern  zuLheil  werden  kann,  —  die 
schlechteren  »ollen  ja  von  der  Privatlectüre  auitgeschlossen  werden  — 
möchte  ich  die  Frage  anregen,  ob  man  nicht  auch  schwächeren  Schülern 
dadurch  Gelegenheit  bieten  soll,  sich  ihre  Prflfungsnoie  so  Terbessern, 
dass  ihnen  auch  eine  Stelle  aus  der  gelesenen  Schnllectfire  vorgelegt 
werden  kann.  Die  Folgen  einer  solchen  Einf&hrang  scheinen  mir  nnr 
g&nstig  Sit  sein,  weil  dadurch  die  SchQler,  besonders  in  den  obersten 
Classen,  veranlasst  würden,  sich  intensiver  der  Sehullectüre  zu  widmen." 

Landes-Schulimpector  Dr.  Sphpindlcr  macht  darauf  aufmerksam, 
dass  diese  Anregung;  mit  dem  i  n  ^rnstande  der  Beratbung,  welche  nur 
die  Privatlectüre  betrette,  nicht  m  directem  Znsammenhange  stehe,  da&i 


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Yereinanaobricbten. 


171 


aber  ▼idldcht  bei  einer  aaderen  Od^^enlieit  eine  BenUhiuig  dteeer  Frage, 
die  mtk  nur  auf  die  Sekalleetllre  benehe,  tmgtingt  weiden  kOnne. 

Bit  wird  hieninf  die  fünfte  These  in  Berathung  gezogen  und  naeh 
einigen  Bemerkungen  der  Proif.  Dr.  Frank  und  Miebl  und  des  Landes- 

Schulinsppotors  Dr.  Huenior.  Her  darauf  hinwpi'^t.  «Pion  womöglich  die 
betreffenden  Schüler  v;ur  Prüfung  zuzulassen,  um  ^Uihin  zu  wirken,  daas 
überhaupt  mehr  Pnvatlectüre  gelesen  werde,  wenn  sie  auch  in  Wirklich» 
keit  nicht  allzugroßen  Auaschlag  gebe,  angenommen. 

Zur  eecbtten  Tbeie  mejni  Prof.  Hieb  1,  der  eweiteTbeil  habe  wohl 
keinen  betondeven  Zweck,  da  es  ja  eelbetreieltodlieh  aei,  da«  man  beiapiela- 
weiM  eine  tuppUerte  Stunde  vor  Vornahme  der  PriTatleetllre  verwenden 
könne.  Ihm  gegenüber  hebt  Landes-SchuHnapeetor  Dr.  Hcbeindler  hervor, 
die  Thene  gebe  dem  Lehrer  voUile  Freiheifet  waa  ja  nnr  an  wffnaefaen  aei, 
daher  krmne  sie  unbedenklich  ancrenommen  werden. 

Hierauf  wird  die  Thee«  unverändert  antj^enomnien. 

Zur  Begründung  der  siebenten  These  verweist  der  Referent 
darauf,  da8d  in  den  einzelnen  Kronländern  große  Zweifel  herrschen,  inwie- 
weit der  FaeUebrer  oder  die  Voroonfereni  an  bestimmen  habe,  waa  als 
Jahreapenanm  ananaeben  tei.  Prof.  Zjeha  meint,  daaa  eben  der  Facblebrar 
in  der  Voreonferena  aetnen  Beriobt  in  jedem  Falle  an  entatten  habe  ond 
dass  dann  mit  Zustimmung  des  Vorsitzenden  die  Sache  erledigt  seL  In 
ftfaalicbem  Sinne  &nßert  aich  Landes-Schulinspcctor  Dr.  Scheindler,  daia 
erst  in  der  Vprconferen?.  eine  Ent>:cheidun^f  geliillt  werden  könne;  wenn 
ein  Schüler  die  Frivatlectüre  nicht  im  Tnifange  eines  Jahrespentunu  be- 
trieben hübe,  nehme  der  V(>r8itz»?ude  dies  nur  zur  Kenntnis. 

Die  siebente  Tbeäe  wird  hierauf  ebenso  wie  die  achte  These,  die  ein 
an  vielen  Anstalten  bereits  übliches  Vorgehen  zur  Norm  macht,  angenommen. 

Hieranf  erUUt  Landea-Sebnlinspector  Dr.  Scheindler  daa  Wort  aor 
BegrOndong  einea  nenen  Punktes,  der  noch  nicht  beaprocben  worden,  aber 
doch  wichtig  sei.  „Es  iat  ehie  allgemeine  Erfiüimng,  dam  von  den  Abita- 
rienten,  die  Privatlectfire  getrieben  haben,  nnr  wenige  dazu  zu  bringen 
sind,  sich  darauH  prüfen  zu  las.sen.  Der  Grund  liegt  darin,  dass  sie  keine 
Zeit  finden,  die  Privatlectüre  so  zu  wiederholen,  da.'^s  sin  ohne  Furcht,  sich 
BKSßen  KU  geben,  sich  pn'ifen  lassen  können.  Es  i«t  nothwendig.  dass  man 
auf  ein  Mittel  sinnt,  uui  den  Abiturienten  die  Meldung  zur  Prüfung  zu 
erleichtem.  Hiebei  genügt  es  nicht,  wenn  man  ihnen  auch  mittheilt,  dass 
ein  nngfinatiger  AnafUl  keinen  Eintrag  thnn  werde;  der  Lehrer  mnas  aneh 
soi^gen,  daaa  die  Abiturienten  die  Geaiefatspankte  kennen  lernen,  innerhalb 
'deren  sich  die  Fragen  bewegen  werdeli.  Ich  habe  daa  obligate  Pensum 
immer  so  eingetbeilt,  dass  in  der  Regel  die  letzten  sechs  bis  acht  Stunden 
de*?  zweiten  Seraesters  am  Schlüsse  des  Unterrichtes  in  der  VIII.  Classe  der 
Wiederholung,'  und  Recapitnlntinn  der  PriTath-ctüre  p^widniet  wurden, 
habe  das  Wirhti^te  besprochen  und  die  ."^rhüler  angeregt,  nach  gewissen 
Gesichtspunkten  den  Stoff  durchzudenken.  Auf  diese  Weine  ist  es  mir  ge- 
Inngen,  dass  sich  in  der  Regel  sämmtlicbe  ScbiUer,  die  Privatlectüre  ge- 
trieben hatten,  anr  Prüfung  meldeten.  Ich  wQrde  daher  ate  Sehlnsstheae 
an  den  Anträgen  des  Referenten  noch  folgende  Tbeie  beantragen: 

^Om  dm  AhttuHmtm  die  Anmelätmg  zur  Prüfung  auf  der  PHnttd- 
ItdUre  tu  erlefeftlem,  i$t  es  wUngdumwertt  dasa  naek  Ahaohrierung  dea 


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Vereinsnacluriclitoii. 


Pensums  der  VIII.  Classe  die  letzten  Stunden  vor  Abschluss  des  Unter- 
richtes einer  übersichtlichen  RecapitiUation  des  von  dm  Sdiülem  privat 
gelesenen  Stoffes  (jewidmd  werden." 

Prof.  Dr.  Frank  kimn  diese  The^ie  nur  freudig  begrüßen,  da  auch 
der  obligate  Stoff  in  der  Octava  ro  aufgefrischt  werde.  Loindes-SchuUnapector 
Dr.  Hu«mer:  «E»  ist  thatoicUidi  einer  der  wiofatigiiai  Ptuikte,  dam  man 
die  Schaler  dm  bringt,  dnas  ne  sich  mehr  zn  dieaer  FMfiuiff  melden.  Ich 
hftbe  oft  mitYeignflgen  bemerkt,  daai,  wenn  einem  Schüler,  der  anch  aoost 
got  qoalificiert  ^var,  aber  in  Latein  und  Griechisch  bei  der  Prüfung  nicht 
weiter  kam,  seine  Privatlectüre  vorgelegt  wurde,  er  sich  in  diesen  Gegen- 
ständen iil>i  TMclit  preschickt  bewies.  G«\ir*^nüber  dem  unangenehmen  Ein- 
drucke, den  miuicluuul  eine  Prüfung  aus  (i  n  <  I  i nsisi  hen  Sprachen  nach  der 
Geschichte  oder  l'hysik  bot,  ist  jetzt  auch  iiier  die  belegenheit  geboten,  die 
Schüler  aus  dem  Stoffe,  den  gie  bereits  kennen,  zu  prüfen.  Und  dass  der 
Eindruck  ein  aehr  gönstiger  sein  kann,  habe  ich  bei  MaturitäteprOinngen 
gesehen,  bei  denen  die  anweeenden  Eltern  Qber  die  guten  Leistungen  der 
Abiturioiten  wirklich  erstaunt  waren.  Es  miuB  alte  der  Scheu  der  Abita- 
rienten  auf  alle  Weise  begegnet  werden;  aber  es  wäre  der  Erwftgnng  wert, 
ob  nicht  auch  noch  andere  Mittel  anzuwenden  wären." 

Hierauf  wird  die  vom  Land.  -s-Sr  ImiiTT^pector  Dr.  Scheindler  als 
Schlussthese  vorgeschlagene  i  liese  aiij^enüuiiiien. 

Mit  Rücksicht  auf  die  vorgerückte  Zeit  wird  im  Einver:itiiu(iDi)»ae  mit 
Prot.  Aschauer  dessen  Vortrag  auf  die  nächste  Sitzung  verschoben. 

Sechster  Vereinsabend. 

(Mugetheilt  vom  Schriftfiihrer  Prof.  Peter  Maresch.) 

(13.  März  1Ö97.) 

Der  Obmannstel! Vertreter  widmet  dem  verstorbenen  Herrn  Hofnitlie 
Dr.  Josef  Kolb«!  folternden  Nachruf:  „Seit  der  letzten  Sitzung  if<t  uns  aber- 
mals ein  langja,hrigti.s  und  uu-sgezeichnetes  Mitglied  durch  den  Tod  entrissen 
worden.  Hofrath  Dr.  Josef  Kolbe,  dem  wir  in  der  ersten  Vereinsversamm- 
lung  anlBeslidi  seines  siebzigjährigen  Geburt^itagea  und  der  ihm  sutheil  ge* 
wordenen  Auaseichnung  unsere  Glfiokwanache  dargebracht  haben,  wurde 
am  1.  Bdärz  za  Grabe  getragen.  Oer  treffliche  und  unermüdlich  erfolgreich 
thfttige  Mann  bat  gewiss  nicht  daran  gediicht,  dass  er  uns  sobald  für  immer 
verlassen  muss.  Denn  er  hat  noch  in  dem  an  mich  gerichteten  Dank- 
schreiben si(  h  orureaommen,  unsere  Versammlunp:  baldigst  zu  besuchen. 
Kolbes  gliinzeudy  Eigenschaften  aU  Lehrer  und  Mensch  fanden  bei  Ge- 
legenheit der  Leichenfeier  aus  couipetentem  Muude  eine  entsprechende 
Würdigung.  Unserem  Vereine  geziemt  es,  dem  Abgeschiedenen  ein  treues 
Andenken  au  bewahren;  denn  unser  Verein  verdankt  ihm  manche  An« 
r^cung  von  bleibendem  Werte.  Ich  bitte  Sie,  meine  Eemn,  zum  Zeichen 
Ihrer  Trauer  sich  von  den  Sitzen  sn  erheben."  (Qeschieht.)  «Der  tief  ge- 
beugten Familie  des  Verewigten  aber  gestatten  Sie  mir,  im  Namen  des 
Vereines  unsere  aufrichtigste  Antheilnahme  an  dem  unersetsdichen  Verluste 
auszudrücken!"  (Zustimmung  aller.) 

Dir.  Loos  knüpft  an  jene  Debatte  an.  welche  im  zweiten  Vereins- 
abeude  über  die  Ermüdung  der  iSchüier  dutcb  den  obligaten  Unterricht 


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Vereintnacbricbten. 


173 


und  aber  den  Wert  das  TunwnterrjohtM  swiicheii  den  obligaten  Lehr^ 
«tunden  gefflbrt  wurde,  und  weisi  anf  eine  neoe  Schrift  KrcBpelint  («Die 
Überbürdungsfirage")  und  »of  Experimente  hin,  die  nnter  Anwendung  det 

Zirkels  zur  Prüfung  der  Hautempfindlichkeit  angestellt  worden  leien.  Nach* 
dem  Prof.  Wotke  noch  auf  andere  ähnliche  Schriften  aufmerksam  gemacht 
nnd  Prof.  Frank  betont  hatte,  es  müssten  <ii<*  Beobachtutigeii  über  <iie 
Kruiüdnnff  der  Schüler  unter  gleichen  liedinmiii;j:en  <»oTn;!rht  werden, 
denn  <onst  hätten  sie  keinen  Wert,  erklärt  »ich  auf  die  Bitic  dea  Vor- 
aitzenden  Dir.  Looa  bereit,  in  der  nächsten  Sitzung  einen  Vortrag  über 
die  Eruftdnngtfrnge  nnd  jene  Schrift  Kroepelint  wa  halten. 

Hieranf  h&lt  Herr  Prof.  Jocef  Aach  au  er  «einen  ansekttndigten 
Vortrag: 

„Über  die  fVr.w  rfei  rmii  in  Pompeji". 

Unter  allem,  was  in  den  letzten  Jahren  in  Pompeji  freigelegt  wurde, 
erregte  die  sogenannte  Cnm  dei  Vcftii  das  größte  Interesse.  Es  ist  näm- 
lich dies^  Haxis  verhältnismäßig  ^'ut  erhalten,  und  dann  wurden  in  dem- 
selben sehr  hübsche  Skulpturen  und  eine  größere  Aniuihl  von  iuteretisanten 
Bildern  gefunden.  Das  Haus  liegt  in  der  regio  VI.  neben  der  insula  XI. 
gegesOber  der  Caaa  dei  Laberinto. 

Der  Vortragende  besprach  snnAchtt  die  eioselnen  Theite  des  Hauses, 
indem  er  einen  nach  dem  Qrandrisie  TOn  Mau  (vgl.  Mittiieilungen  det 
k.  deutschen  Archäologischen  Instituts,  röm.  Abtb.,  XI.  Bd.)  angefertigten 
Plan  benützte.  In  der  Anlage  des  Hauses  bemerkt  man  eine  gewisse  Sym- 
metrie. Wenn  man  durch  das  Vestibulum  eintritt  und  sich  rechts  wendet, 
so  kommt  man  iu  jenen  Theil  det>  Hauses,  in  liem  sich  ein  gut  erhaltenes 
Lararium  beendet.  Merkwürdig  ist,  dasn  da^  Tubliiiuui  tehlt.  Der  schüuäte 
Tbeii  des  Hauses  ist  das  Peristyl.  Es  ist  ein  Uechteck,  das  mit  der  Lang- 
seite dem  Atrium  zugekehrt  ist  Die  korinthischen  Sftnlen,  welche  dasselbe 
schmöckten,  sind  tum  Theil  noch  erhalten.  Neben  dem  Peristyl  liegen 
mehrere  Zimmer,  von  denen  drei  wogen  der  schSnen  Bilder,  mit  denen 
sie  geschmückt  sind,  unsere  Aufmerksamkeit  erregen.  In  dem  Peristyl 
wurde  eine  Anzahl  von  schönen  Statuen  gefunden.  Diese  dienten  theils 
zur  Zierde,  theils  hatten  sie  auch  einen  i»iakti!Jchen  Zweck.  Da«  Pcristyl 
war  nfniilich  mit  Wasi«erkünsten  belebt.  Dies  kann  mao  aiw  verssehiedenen 
Umständen  erkennen;  so  sind  z.  B.  noch  ileste  von  Röhren  vorhanden. 
Eis  wurden  hier  auch  mehrere  schöne  iMarmorbecken  und  Marmortische 
gefunden.  Von  den  Statnen,  die  einst  in  diesem  Theile  des  Hauses  standen, 
sind  die  meisten  erhalten.  .Hervoranheben  sind  besonders:  1.  awei  Bronxe- 
knaben,  die  in  der  einen  Band  eine  Traube  und  unter  dem  anderen  Arme 
eine  JESnte  halten,  2.  ein  Satjr,  der  in  der  linken  Hand  eine  nach  abwärts 
geneigte  Amphora  hält,  3.  zwei  Knaben,  denen  die  Hände  auf  den  Rücken 
gebunden  n'md,  4  ein  jugendlicher  Bacchus  (vgl.  Gazette  d^s:  b^mix  arts, 
l.S9»j,  fe.  260),  5.  ein  Satyr,  welcher  auf  der  Schulter  einen  Schlauch  trägt. 
Bei»onders  interessant  sind  zwei  auf  Säulen  stehende  Doppelbüsten;  die  eine 
von  diesen  stellt  Bacchus  und  Ariadne,  die  andere  Silen  und  eine  Bacchan» 
tin  dar.  Einmi  sehr  günstigen  Eindruck  macht  der  Kopf  des  Bacchus. 
Nachdem  der  Vortragende  die  Sculpturen  besprochen  und  mehrere  Ab- 
bildungen vorgeaeigt  hatte,  gieng  er  au  den  Oemftlden  fiber.  Diese  ge- 
boren alle  der  loteten  Periode  des  pompejaniscben  Stils  an  (?gl.  Mau, 


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174 


Yereinsnaehrich  iea. 


FQhz«r  dnrah  Pomp^i.  8.  Attll.,  1896,  S.  66).  Der  Stoff,  welcher  in  den- 
•elben  behandelt  ist,  gehört  zum  großen  Theile  der  Mythologie  an, 
wie  wir  dies  auch  sonst  in  Pompeji  oft  finden  (vf^l.  Overbeck,  Pom- 
peji, 518).  Den  Anwesenden  wurden  Photographien  dieser  BiKler  vor- 
gelegt und  erklärt.  Unter  diesen  sind  hervorznbebon:  1.  die  Bestrafung 
des  Ixion,  2.  die  Bestrafung  der  Dirke,  3.  Herakles,  der  zwei  von  Ilera  ge- 
sandte Schlangen  erwürgt,  4.  die  Bestrafung  de«  Pentiieni,  der  yoq  raeen* 
den  Bnccfanntinnen  getödtet  wird,  6.  CypariMis  mit  dem  Hinche»  den  «r 
ans  Yefselien  getfldtei  hat,  6,  Wettkampf  twiacben  Pto  nnd  Amor  vor 
Baccbns,  Ariadne  und  dem  Gefolge  des  Bacchus.  Recht  interessant  sind 
nach  jene  Bilder,  in  welchen  Amoren  und  Psychen  dargestellt  sind,  die 
verschiedene  Handlungen  ausfüliren.  Auch  von  derartigen  l^ildern  wurden 
einige  Proben  vnrpelegl,  so  z.  B.  1.  die  Darstellun«?  einer  von  Amoren 
ausgeführten  Wettfahrt.  2.  Olbereitung  und  Olverkauf,  3.  Psychen,  welche 
Blumen  pflücken.  Auch  das  Bild,  welches  die  Vorderseite  des  oben  er- 
wähnten Larariums  ziert,  verdient  unsere  Aufmerksamkeit  In  der  Milte 
iat  der  Qenint  datgeatellt,  techta  nnd  links  von  demaelben  je  ein  Lar  in 
der  gewOlmliclien  Stollang. 

Die  Cosa  dei  YtlttU  bildet  eine  Zierde  von  Pompeji,  und  ee  ist  kein 
Zweifel,  dass  das  Interesse  f&r  die  Gegenstände,  die  man  dort  gefunden 
liai,  nicht  so  bald  schwinden  wird. 

Nach  Inl'htiffpm  Beifalle  der  Versammlung;  s]>riLut  der  Voräitzende 
im  Namen  derstilbeu  den  Dank  för  den  vortreti  lieben  Vortrag  aus. 


B,  Sitzungsberiohte  des  Vereines  „Deutsohe  Mittelschule" 

in  Prag. 

(Mitgetheilt  vom  zweiten  Schriftführer  Prof.  J.  UOnig.) 

Yierte  VereinsTersaiiimlDii;. 

(13.  Januar  1897.) 

In  der  VereinsTersammlung  am  19.  Januar  1887  maefate  der  Obmann 
Prof*  Gnstav  Spengler  nach  einer  geschftftlichen  Hitttieilong  die  Heldnug 
▼on  der  Erledigung  des  Gesnelies,  welches  der  Verein  an  die  Leitung  der 
k.  k.  Universit&tsbibliothek  wegen  der  Erneuerung  einer  alten  Einrichtong 
in  der  Angelegenheit  der  Benützui^  der  Zeit.schriften  gerichtet  hatte.  Die 
ErledijjnnjT  r.eu^t  von  der  dankenswerten  Bereit willii,'keit  der  löblichen 
Leitung,'  der  k.  k.  üniversitiitsbibliothek.  den  Bedürfnis  r'Ti  «les  Mittelschni- 
lehrutÄudi's  in  «iieser  Richtuntf  nach  .Vlöfjlichkeit,  alitnluigs  erst  „in  ab- 
sehbarer Zukunft''  gerecht  zu  werden.  Darauf  hielt  Herr  liegierungsrath 
Dr.  L.  Chevalier  den  angekfindigten  Vortrug: 

,.8elilllen  VertiUtids  zur  Pädagogik  seiner  Zelt"* 
In  der  Einleitung  stellte  er  als  Zweck  seines  Vortrages  hin,  die 
speciellen  pädagogischen  Elemente  der  Wirksamkeit  Schillers,  wie  sie  sich 

aua  seinen  Werken  entnehmen  lassen,  vorführen  su  wollen,  unter  deren 
Eindruck  wir  jetzt  noch  immer  stehen.  Unter  diesen  finden  sich  manche 
Axuüchten,  welche  heute  wieder  zur  vollen  Geltung  kommen.  Schiller 


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Verein&nacbricbten. 


175 


wollte  niniehife  der  körperlichen  Anabtldai^,  die  wa  eeiner  Zeit  hinter 
der  geiefeigeB  inrflokblieb,  mehr  Beachtung  geiehenkt  wissen,  worin  er  mit 
Herder  zusammentrifft.  Der  Kunst  aoUte  ferner  in  der  Er?!p}uing  mehr 
Augenmerk  geschenkt  werden,  ebenso  der  Schaubilbne.  durch  welche  die 
Väter  lernen,  in  der  Ki-ziehung  ?on  ihren  eigensinniLTt  n  Grundsiitzen  ul)- 
znlasHen .  die  Mütter  aber,  vernünftig  zu  lieben  Da  liuscbe  Be^ritle  den 
fc^rzieher  bei  dem  besten  Willen  irrHtühren,  so  verlange  Schiller  Auabildung 
dei  Veietandee  und  dee  Oeullthee,  worin  er  mit  Fichte  und  Kent  Qberein- 
ttimmt.  Er  etellt  beeondect  den  Grundcnts  nof,  da«  der  Krueher  danneh 
treehten  sollen  daai  «ein  ZOgting  auf  den  Wert  dee  Selbefedenkene  «ch  be* 
ainne  und  zu  seiner  Kraft  Vertrauen  gewinne,  worin  Schiller  mit  Pestalozzi, 
Hebte,  Humboldt  und  Schleiermacher  gleich  denkt.  Aber  auch  der  heafce 
vielfach  verachteten  sogenannten  formalen  Rildung  lri.«fst  Schiilpr  an  einij^en 
Stellen  großf  VVe rt.-^cbiitzunp  ziitbeil  werden.  Geistloser  Mechanismus  soll 
<leni  Untemciite  Jern  bleiben.  i>er  Leliier  setze  so  wenig  als  möglich  bei 
den  Zöglingen  voraus,  aber  er  theiie  nicht  toUie  liegritie  mit.  Anderseits 
•olle  Sehdnfirberei  von  der  Duakellung  im  Unterrichte  amgewhlo«en  sein. 
Wenn  Oediegenee  gebracht  wOrde,  stelle  «ich  die  richtige,  wirkaune 
Form  Yon  telbet  ein.  Eine  besondere  Vorliebe  xeigte  Schiller  für  den  Qe- 
Schichtsunterricht  und  bedauerte  dedialb,  nicht  Xenophon  und  Thukydides 
im  Originale  lesen  zu  können.  Diese  und  noch  andere  pädagogischen  Grund» 
Sätze  SchillerK  geirrte  der  Herr  Vortragende  in  ebenso  lichtvoller  als  an- 
r^ender  Auiiführung. 

Al.H  er  den  Vortrag  geendet  hatte,  dankte  der  Obmann  dem  Redner, 
indem  er  besonders  die  Bereitwilligkeit  dutuiclbeD,  durch  belehrende  Vor- 
tiftge  die  Interessen  des  Vereines  so  fi(rdern,  hervorhob  nnd  den  Wonseh 
aossprach,  der  Herr  Begiemngsrath  mflge  noch  recht  lange  in  der  Mitte 
des  Vtteines  verbleiben  nnd  noeh  recht  oft  ans  seinem  reichen  Wissen  den 
Mitgliedern  willkommene  Gaben  spenden. 

FAnfte  TereinsYersamniliuig. 

(26.  Jannar  1897.) 

Gegenütand  der  iuufieu  Versammlung  war  ein  Helerat  des  Obmannes, 
Horm  Prof.  G.  Spengler: 

, J)er  dritte  Intemationale  CongresB  Ittr  Psyehologle  in  MUnelien 

Yom  4*  bU  7.  August  1896*% 

(B&n  referierender  Oberblick  Uber  denselben  mit  besoncb'rer  Berücksichtigung 
der  Psychologie  des  normalen  Individuums  und  einer  Auswahl  ans  den 

andoren  Gebieten.) 
Der  Vortragende,  der  «licsem  Congresse  selbst  l)eit,'fwobnt  butte,  re- 
ferierte nach  einer  die  Orfijanisation  des  Congrcsses  charakterisierenden 
Einleitung,  in  welcher  er  die  geringe  Betbeiligung  hervorragender  öster- 
reichischer Gelehrter  mit  Bedanem  hervorhob,  tbeils  eingehender,  tbeils 
nor  in  den  Eauptzügcn  Uber  folgende  Vortrftge  des  CoHgresseSi  indem  er 
den  Ansf&hmngen  die  Anordnung  nach  liaterialien  mgrande  legte.  Zu- 
nächst sprach  er  Aber  die  auf  Methoden  und  Principien  der  Psychologie 
bezüglichen  VortrigO  vom  Vorsitzenden  des  Congresi^es  Prof.  C.  Stumpf 
(Berlin)  „Eröffiiongsrede",  von  Th.  Lipps  (München)  ,»Der  B^iff  des  Un< 


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Vereinsnachricbton. 


bcwnttteti  in  der  F^yebologie*,  toh  P.  Plechtig  (Lnpiig)  .Ober  die  As- 
«odationecentren  dee  menscbHehen  Gebimae,  mit  anatomiBcben  Demoiutr&- 

tionen".  von  A.  Binet  (Paris)  „La  Psychnlofjie.  individu^U*^  von  Ober- 
»teiner  (Wien)  ^Pif  materiellen  (irundlagen  des  Bcwnsstspins" .  von 
L.  Edinpfer  (Frankfurt  u.  M.)  „Kann  die  Psychologie  aus  dem  heutigen 
Stande  der  Hirnuniitoniie  Nutzen  ziehen?".  An  zweiter  Stelle  sprach  er 
über  die  aui'  ^öchlaf  und  Traum"  sich  beziehenden  Ausstübrungen  von 
0.  Rosenbach  (Berlin)  „Der  Mechanismus  des  Schlafes",  von  E.  Römer 
(Heidelberg)  «über  einige  Betiehungen  swiacben  Seblaf  nnd  geiatigen 
Th&tigkeiten*,  von  If.  Vold  (Cbrietiania)  «Einige  Experimente  Aber  6e- 
eicbtsbilder  im  Traum"  und  über  die  auf  dem  (^biete  der  Empfindangs» 
lebre  eich  bewef^enden  Vortrage  von  F.  lirentano  (Florenz)  ^Zur  Lehre 
von  der  En^pfindun^" .  von  0.  Kosen b ach  „Die  FarbenempCndung-  und 
der  BegnfV  der  (Qualität",  von  Ii.  Strutton  (Ficrk!!'}-  in  Californien)  „Some 
preh'wfvary  experiments  on  vtsion  in'fhoiit  inversiüu  of'  the  retincU 
»mwye",  von  G.  Wolf  (Würzburg)  „Zur  Theorie  der  Irradiation".  Die  Er- 
innerungsvorstellungen und  das  (ledBchtnts  waren  Gegenstand  der  Vor- 
irilge  von  W.  v.  Tschiecb  (Dorpatj  «Über  dae  Gedftchtnie  für  Sinnes- 
wabmehmnngen*»  tou  H.  Ebbinghana  (Breslan)  «Ober  eine  nene  Methode 
der  Prfifang  geistiger  Fähigkeiten  und  ihre  Anwendung  bei  Schulkindern", 
▼On  Exner  (Wien)  „Ober  autobinetiBcbe  Empfindungen".  Auf  die  Auf- 
merksamkeit bezieht  sieh  dtr  Vnrtrap:  von  H.  Schwarz  (Halle  a.  d,  Saale) 
.DiiH  Bemerken",  über  Kaum  Vorstellung  und  iiauniurtheil  handein  0.  0  ber- 
liorst  ,Uie  psychologitichen  Factorcn  in  derGesicht.swahmehmung",  G.  Hirth 
(München)  «^Nachaußen«>piegelung  der  Sinneneindrücke",  A.  Höfler  (Wien) 
^Ein  Paradoson  lar  Lebre  TOn  der  GrOOen-  nnd  Tiefensch&ttung:  Wie 
gro0  eisebeint  der  Mond?",  «Über  Sprache  und  Abefxaction'  handelt  ein 
Vortrag  von  A.  Marty  (Prag).  Das  Gebiet  der  Gemüthq^chologie  be- 
rührt ein  Vortrag  von  Chr.  Freiherrn  v.  Ehren  feie  (Ptag)  «Über  ethische 
Wertgefuhle'. 

Durch  Vorführung  dieser  Vortrage  ver*»chatfte  der  Voitragende  den 
Verkam  Hielten  fin  kl.ir-'s  Bild  von  der  Keiclihaititrkfit  der  Eri'ebnisHC  des 
Congresses.  Im  Anschlüsse  an  sein  Utfferiit  sprach  der  (Hmiann  einige  Al>- 
schieduworte  an  Herrn  Prof.  Ötrach,  der  zum  letztenmaic  vor  seiner  Ab- 
reise anf  claesischen  Boden  der  Vetsammlnng  beiwohnte.  Darauf  dankte 
dieser  theils  fBr  die  AusfÜhrongen  des  Vortragenden  im  Namen  der  Ver- 
sammelten, tbeils  HXr  den  Absdiiedsgruß  dee  Obmannes. 

Sechste  TereinsTersammlung. 

(17.  Februai-  läü7.) 

In  der  Vereinsversammlung  am  17.  Februar  1097  hielt  Herr  Prof. 
Dr.  J.  Simon  au^  Eger  einen  Vortrag: 

„Ein  Wort  zur  Behandlung  der  Homer-LeetOre". 
Der  Vortragende  stellte  sieh  die  Aufgabe,  für  eine  Behandlung  der 
homerischen  SohnllectÜre  vom  vergleichenden  Standpunkte  ans  eine 
Lame  so  brechen.  Unswcifelhaft  sei  das  Verständnis  der  studierenden 
Jugend  iur  die  homerischen  Dichtungen  seit  der  immer  mehr  umsich- 
greifenden  Vervendung  von  Anschauungsmitteln   wesentlich  gefördert 


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VereuunachrichteD, 


177 


worden.  Schon  dos  Altertbum  habe  du  Bodürfnk  nach  Anschau migtniittelii 
fQr  (lio  IVvdM  und  Odysse  gefühlt,  was  aus  einer  ünteraohriit  hervorgehe, 
die  ein  zu  Boyillae  gefundenes  Gemälde  träfi^: 

o«pa  Sael;  iwÜTTj^  jjLfcfrOv  v/-qz  so^:«?.  (('.  J.  G.  6125.) 

Barth^lemy  habe  die  richtige  Ansicht  aufgestellt,  dass  derartige 
Bilder  dee  Tbeodonu  in  den  Schalen  Terwendet  worden  teien. 

Doch  webe  Homer  in  aeine  Dichtung  Coltnrelemente  ein,  die  durch 
kein  AnBcbaunngsinittel  venttndlicb  gemacht  wwden  kfinnten,  wfthrend  die 
Schüler  doch  in  die  CaltonnaOnde  des  X.  ond  IX.  Jabrhnnderta  y.  Chr. 
einen  klaren  Einblick  gewinnen  sollen. 

Das  Verständnis  könnp  aher  durch  Vfu  f^^loiche  7wi«ichen  der  Cultur 
des  homeri»chon  Zeitalters,  sowie  der  di.'s  historischen  *iritH  he!\laiuIs  einer- 
seit«  und  der  Cultur  von  Naturvölkera  un-*»^rt'r  Zeit  iimierseit-  erzielt  wer- 
den. Der  Vortragende  beleuchtete  nun  eine  Ueihe  homen»chei  Stellen  vom 
vergleichenden  Gencbtepunkte.  So  richtet  a.  B.  II.  X.  ▼.  67  ff.  Diomede« 
folgende  Worte  an  Athene: 

,oal  Z""  ah  rfu*  ^o»  ßoöv  '^viv  •^pofuruiiroy 
Ttjv  tot  rfö»  ^e'tu  */p'>3^  «ipas'.v  TtEpt/tö'x;.'' 

Die  Bedenken,  welche  Motz  (Cber  den  Metallarbeiter  der  heroischen 
Zeit,  S.  8)  und  Schorn  an  n  (Griechische  Alterthüimer  I.  73)  hinsichtlich 
de«  xpoc^T  vorjirehracht  haben,  ließen  «ich  durch  die  iiemnziehung^  "in- i 
delischen  Inschrift  (IV.  Jahrhundert  v.  Chr.),  in  welcher  unter  den  lunten 
eines  Kationalfestes  .für  Vergoldung  der  Hömer  121  Drachmen"  angetübrt 
werden,  beseitigen ,  die  einen  Beweis  für  den  noch  in  hiatoritchei  Zeit  be-^ 
•tehendfm  Braach  erbringt. 

Redner  leigte  nnn  an  einer  Ri«ihe  von  Beispielen,  II.  I.  287  ff.,  II. 
39ft  ff.,  IV.  117  u.  a.  unter  Benützung'  von  Hartwigs  , Inseln  des  Stillen 
Oceans"  und  0.  Peschels  , Völkerkunde",  wie  die  vergleichende  Völker- 
knnrle  verwertet  werden  könnte.  J^o  wies  er  auf  einige  .Sitton  der  Tahiti- 
insulaner hin.  welche  manches  Gemfinsunio  mit  den  von  Hoiuer  geschilder- 
ten Sitten  aufweisen,  so  z.  B.,  das:*  der  Angritt  des  Feindes  aus  dem  Hinter- 
halte als  That  der  Tapferkeit  gelte,  den  Gebrauch  vergifteter  Pleile  u.  a.  ui. 

Daas  dnreh  eine  vergleiehende  Behandlong  ancfa  als  anstößig  an- 
genommene Verse  gerettet  werden  könnten,  sndate  der  Vortragende  an 
Odymee  XII.  SOS  &  naehsaweisen.  Die  Qeffthrten  de«  Odysiens,  einen 
ganzen  Monat  auf  Thrinakie  festgehalten,  nehmen,  vgn  Hunger  gequftlt, 
mit  allem  vorlieb,  was  sie  in  die  Hände  bekommen,  wie  ^X^^  o^vtihtc  ts, 
^koc  Sti  X^P^C  txoiTo.  Den  nun  folgenden  Vers  332: 

haben  viele  Uerausgeber  gestrichen.  Dieser  Vers  erscheine  aber  «nentbehr- 
licb,  wenn  man  bedenke,  dass  noch  heute  es  Matrosensitte  sei,  mit  Angeln 
Seevögel  zu  fangen.  Diese  seien  xwar  k^ne  genießbare  Speise,  aber  die 
Hnngersnotb  habe  die  Geehrten  des  Odysseos  geswnngen,  aneb  ekelhafte 
%)eise  in  genießen. 

Aber  auch  die  vergleichende  Mythologie  gew&hre  dankbaren 
Stoff  für  die  Belcbnng  der  Homer- I^ecture.  An  Schröters  Abhandlang 
„Homer- Lectnre  und  prähistori.sche  Mythologie"  (Jahrbuch  ftir  Philolo'^e 
1ÖÖ7,  S.  444  tt.)  sich  anschließend,  zeigte  der  Vortragende,  dass  auch  durch 


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178 


Vereinanadiricbton. 


Herbeiziehung  mancher  deutschen  Sage  der  bomerischA  Mythus  einen 
lebenrlifjeren  Hintergrund  erliiplto,  daas  abnr  auch  mitHilf*^  der  verj^lnichen- 
don  Mythologie  manches  der  viel£äch  dunklen  EpWieta  omantia  besser  er- 
klärt werden  könnte. 

Ais  der  Vortragende  unter  deiu  Beifalle  der  z;ihlreich  Versttinmelten 
den  Vortrag  beendet  and  der  Obmurn  Prof.  G.  Spengler  im  Namen  de« 
Vereines  f&r  die  ebenso  aoaebenden  als  fonttgewandteB  AuaAbrnngen 
gedankt  batte,  echlo«  «ich  eine  lebr  anregende  Discossion  an  den  Vortrag 
an,  an  welcher  pich  Herr  Prof.  A.  Th.  Christ,  Herr  Regierungsrath 
Dr.  L.  Chevalier  und  die  Herren  Proff.  A.  Qottwald  und  Dr.  L.  Singer 
betheilijjten. 

Horr  Prof.  Christ  tührto  aus,  dass  die  vom  Redner  befürwortete 
Methode  der  V'erijleichunj^  ;,'ewiss  im  allgemeinen  zu  billigen,  im  besonaeren 
aber  der  Aufgabe,  die  betreli'ende  Stelle  vor  allem  aus  dem  Zu«awau>n- 
bange,  der  {»ychologiscben  Verfiift»ung  der  bändelnden  Pereonea  nnd  der 
geschilderten  Situation  heraus  so  erklären,  dnrcbans  nicht  überhebe.  Er 
sochte  daa  namentlich  an  der  angezogenen  Stelle  Ii.  1.  227  ff.  klarsnlegen, 
wo  eine  sorgsame  Interpretation  Wichtigeres  herauszulesen  wissen  werde 
als  eine  sonderbare  Wertschätzung  des  Kampfes  aus  dem  Hinterhalte,  die 
mit  dem  Hinweise  auf  die  neiifloi^enhciten  :;Tii)erer  V/ilker  >»f>|oijt  werden 
mQKste  Verfileichc  wür<b*n  aber  beim  ^cbuiunter^ichte  nur  dann  nut7,l)ar 
sein,  wenn  sie,  dem  eigenen  Anschauungskrei-se  der  Jugend  entnommen, 
bei  dieser  leichtes  und  sofortigem  Venttändnis  fänden:  e'*  könne  sich  nicht 
darnm  bandeln,  die  ScbQler  durch  m<tglicfaiit  weit  hergeholte  Analogien 
(von  Oebrftncben  der  SfidseeinRnlaner)  an  verblAffen,  sondern  dämm,  dnrch 
Heranuehttng  der  nächstliegenden  den  Inhalt  der  za  erklärenden  Stelle 
klarer  and  anschaulicher  zu  machen.  Schließlich  hebt  erbesOglich  Od.XIL 
.332  hervor,  dass  der  Hinweis  auf  den  Umstand,  daas  Matrasen  thataächlieh 
^^eevögel  (NB.  docii  nur  auf  offener  See!)  mit  An^'flhakeu  fany-en.  den 
Vers  nicht  /u  rotten  vcminn'e,  da  ja  dieser  schon  von  Kustathios  namhait 
geniaeht  wurde  und  die  GrUnde  der  Athetese  in  ganz  anderen  Dingen  zu 
jiucijen  seien. 

Auch  Herr  Regierungsrath  Dr.  L.  Chevalier  warnte  vor  su  weit 
gehender  Heranziehung  von  Vergleichen,  indem  er  auf  einen  Ansspmch 
von  Willaniowits>MOllendorf  «Griechenland  für  die  Griecben**  bin* 
wies.  Anch  Herr  Dr.  L.  Singer  sprach  bei  aller  Wertschfttsnng  der  TOT- 

L  li^ifjenen  vergleichenden  Methode  doch  die  Uefttrchtung  aus,  es  könnte 
z.  Ü.  die  n.  utung  der  Odyssee  als  Naturmythus  in  der  Schule  zu  weit 
fnliron  Herr  I'rnf.  Gottwald  hiilt  es  auch  für  gewagt,  die  Sitten  der 
büdüeeinsuianer  zum  Vergleiche  herbeizuziehen. 

Siebente  YereinsTersaiumlimg. 

(24.  mn  1897.) 

Am  24.  Uärs  fand  die  siebente  periodische  Versammlung  statt.  Der 
Obmann  Pl'Of.  Spengler  gedachte  nach  Eröffnung  der  Sitzun*,'  in  einem 
im  warmen  Herzenstone  gehaltenen  Nachrufe  des  .\blebens  des  Vereins- 
uiitgliedf"».  Herrn  Prof.  F  Kirf^ehnpr,  worauf  Herr  W.  Smetaeek, 
k.  k.  Director  der  deutschen  iiealschule  (.Nikolandergai>be),  deren  Mitglied 


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YereiiiniaelinebteD 


179 


der  Verstorbene  war,  für  diesen  Act  der  Collegialität  den  Dank  ausspmcli. 
Die  Vei-sairnin^UpTi  ehrten  d;is  Andenken  des  Oiihinj^eachiedenen  durch  Er- 
heben von  den  Sitzen.  Dann  machte  der  Obmunn  die  Mittheilnn^,  da?s 
auf  Grund  eines  Aiisschoasbeachluases  vom  'J4.  Februar  eine  i>itukesiidreiw«; 
an  6e.  Excellen/.  den  Herrn  Minüter  für  Cultus  und  Unterricht  lür  dessen 
Bemtthiiiigva  ia  d«r  Oebattaregolierangsfrage  boichlotten  und,  kmutvoU 
im^pelBkrt,  ftm  ISi.  Mftrs  8r.  Eieelleos  ftbermiUelt  wanden  leL  Schon  am 
19.  M&n  sei  eine  Znachrift  an  den  Obmaun  eingelangt,  in  welcber  der 
Dank  des  Herrn  Ministers  in  wohlwollendster  Weise  tnm  Ausdrucke  kam. 
Nach  Verleenng  dieser  Schriftstücke  theilte  der  Obmann  mit,  d^  in  Er- 
innerung an  eine  im  Vorjahre  anlässlich  seines  30jährif^n  Docpntpn- 
jubiläums  gemachte  Zusai^e  des  Herrn  Sectionschefs  Willielm  Hilter 
V.  Härtel,  einer  Vereinssitzung  in  Prag  beiwoiinen  zu  woilen,  die  An- 
wenenheit  des  letzteren  in  Prag  zu  der  Entsendung  einer  Abordnung  des 
Yeteines,  de«  Obmannes  nnd  de>  etelen  SehrifkAtfann  Prof.  F.  Demi, 
Anlaw  gab.  Anf  den  WiUkomnigmß  derwlben  bedanerte  der  Herr  Sectionf 
ehef.  den  Verein  eeiner  Sjupatbien  versiefaemd,  wegen  des  knraen  Auf- 
enthaltes den  Verein  selbst  nicht  besuchen  zu  können.  Anf  Antrag  des 
Uerm  B^ierungsrathes  Dir.  Dr.  J.  Hackspiel  wurde  diesen  ▼oro  Am* 
Schüsse  beschlossenen  Actioneu  die  vollste  Zmtimniung  der  Versammlnnj? 
durch  Erheben  von  d**n  Mtzen  kund^a'*,'eben  Nach  dpr  Anmeldung'  des 
Beitrittes  des  Herrn  tJymn.  Dir.  Fr.  Grund  ( Karlsliuil i  zum  Vereine  durch 
den  Obniiuin  berichtete  Herr  Prof.  A.  M lehul i t^chke  ula  Obmann  den 
JugendspielaasMhnMes  von  der  durch  die  dankenswerte  UnterstQtxung  des 
rDentecfaen  Vereines  fiir  städtische  Angelegenheiten"  und  das  frewsdlicfae 
Entg^nkommen  des  «Dentschen  Fußballclubs"  perfect  gewordenen  Ge- 
winnung eines  sehr  groL>en  Spielplatzes  auf  dem  Belvedere.  Dieser  dem 
jiDeotschen  Fußballclub"  ^'eliorende  Platz  Hteht  dem  Jugendspielausschusse 
gegen  Z;ihltinf^  eines  Mietl>etra;,'es  zur  Verfügung.  Darauf  führte  Herr  Prof. 
A.  Micha Utächke  die  angekündigten 

„Demonstrationen  von  Anschauungsmitteln  fOr  den  Unterriebt  in 

der  Himmelskunde 
aus.  Nachdem  der  Vortrageade  in  einigen  einleitenden  Worten  luit  Be- 
rufung auf  die  hervorragendsten  Autoritäten  auf  die  hohe  Bedeutung;  der 
Himmelskunde  im  Lehrplane  aller  Schalen  jeder  Kategorie  hingewiesen 

hatte,  deutete  er  in  Anlehnung  an  die  wegweisenden  Au.sfuh rangen,  die 
Prot  Will  mann»  , Didaktik  uU  Bildungslehre''  dem  Lehrer  in  eingehend* 
««tf»r  Wpisf  bietet,  den  inethoiiigchen  .\nfbau  dieses  rnterrichtszweiges  an, 
tier  allein  Krlol^e  in  dieser  an  inatehaletn  wie  torni.ilem  Gehalte  so 
reichen  l  hscii>liu  verbürgt.  Imlom  er  hierauf  di<'  nothwendigen  Hilfsmittel 
eines  »olchen  Unterrichtes  anführte  und  nach  ihrem  Zwecke  charakteri- 
sierte, demonstrierte  er  gans  einfache,  mit  den  bescheidensten  Mittein 
herstellbare  Beobaehtungiapparate,  den  Schattenmesaer  (Onomon)  und  ein 
Stemrohr  (TheodoUth),  das«  in  horisontaler  nnd  verticaler  Ebene  drehbar, 
die  Bewegung  der  Gestirne  klarmacht.  Im  weiteren  demonstrierte  er  ein 
von  ihm  aus  Holz  construiertes  Modell  eines  Apparates,  der  einfach  her- 
trc«tollt  nnd  leicht  zu  j^*>brauchen  itit.  Der  Apparat  führt  als  Anschauungj»- 
und  DemonHtratiün»uiitteI  durch  alle  r*)iaKen  des  Unterrichtes  in  der  astro- 
nomischen Geographie  und  Himmehikunde.    Er  machte  in  leichtiasslicher 


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180 


Yereinsnachrichten. 


Weise,  nbnp  Ablenkung  auf  fiber flüssiges  Beiwerk,  voa  der  ersten  Stufe 
an  die  Hiiumelaenscheinungen  klar,  wie  sie  vom  antbropocentrischen  Stand- 
punkte aus  erscheinen.  Die  Vorstellbarkeit  des  Horisontes  für  Terschiedene 
geographische  6mten  Terinittelt  das  Venlftndnis  jener  an  den  ▼efsehiedeneu 
Orten  der  ErdoberÜftche  und  f&hrt  snr  EUurong  des  geocentrischen  Staad- 
pnaktesi  Die  dnnf&llige  Darstellung  der  West- Ost -Bewegong  der  Sonne 
unter  den  Fixsternen  vermittelt  die  Auffassung  der  Jahresbewegung  der 
Sonne  in  der  Ekliptik,  womtif  an  der  Hand  des  Apparates  der  Übergang 
ziu  Copemikanischen  Weltan8chauun^^  ?uni  heliocentrischen  Standpunkte 
vorffenomraen  wird.  Eine  einfache  Achsenumstellung  zeigt  das  Yurrücken 
der  Nachtgleicben  (Fräcession)  und  die  Bewegung  des  Himinelspoles  und 
den  Pol  der  Ekliptik.  Der  Apparat  zeigt  die  Taglängen  in  den  verschiede- 
nen Breiten,  die  Moxgenweiten,  die  Texacfaiedenen  Cooidinaten:  Asimat. 
Httbe;  Beetasoenm««,  Deolinaticm;  Liage  nnd  Breite  deutlich  lesbar  an  den 
Kreistheilnngen,  die  bei  der  gesseigten  Gonstruierung  leicht  pr&eiae  aus- 
führbar sind.  Tafeln,  die  das  durch  Anschauung  am  Apparate  gewonnene 
Material  graphii^ch  vorstellen  und  auch  in  einfacher  Weise  von  Schülern 
auszufuhren  sin  l.  mit  deren  Hilfe  auch  einfnrl"^  Si  hlat^wurter,  welche  die 
verschiedenen  VerbaitDis*»e  auf  der  Erde  char.iktensieren,  eingepdigt  wer- 
den können,  illustrierten  einen  an  der  Haud  derartiger  Anschauungsmittel, 
die  an  Einfachheit  der  Construction  und  der  Handhabung  nichti  su  wün- 
schen flbriglassen,  aufgebauten  Unterricht. 

Als  der  Vortragende  seine  AusfiUirungen  beendet  hatte«  dankte  der 
Obmann  und  wies  darauf  hin ,  wie  die  demonstrierten  Apparate  einen  so 
bedeutenden  Fortschritt  in  der  Richtung  der  anschanliehen  ünterricbts- 
methode  tlar.stellen.  da.sä  wohl  der  Wunsch  rej»i»  werde,  es  mSgen  die^se 
Anschauun^niittel  möglichst  große  Verl)reitant?  und  Freunde  in  der  Lehrer- 
weit  an  den  Lehranstalten  ver^jcbiedni  r  Kategorien  tinden.  Zum  Schlus-*e 
bestätigte  Herr  Regieruiigiirath  Dr.  Hack  spiel,  dass  er  selbst  die  Hand- 
habung der  Apparate  durch  Herrn  Prof.  Michalitschke  beim  Unterrichte 
beobachten  konnte,  nnd  oonstatierte  das  durch  dieselben  auch  bei  den  Pri- 
manern schon  endelte  ToUe  Verständnis  des  Gebotenen. 

Achte  YereinsTersaiiimliing* 

(7.  April  1897.) 

Die  achte  Verein«<verf<finimlung  eröttnete  der  Obmann  Prof.  G.  Sj)  engl  er 
mit  der  Mittheilung,  das»  au  den  Verein  von  dem  „Deutschen  Vereine  für 
AlterthuuMkunde''  die  freundliche  Einladung  ergangen  sei»  einem  Vortrage, 
den  Herr  Dr.  Lederer  aus  Radauts  Ober  seine  Reiien  unter  Benütsnng 
eines  Skioptikons  abhalten  wird,  beisuwohnen.  Dann  theilte  der  Obmann 
die  angekttndete 

„Anregung  auf  dem  Gebiete  des  Anschauungsunterrichtes" 

mit.  Ausgehend  von  dem  noch  weni^jer  bf^achtetcn  Vortheile,  welchpn 
Sammlungen,  Gallerien,  archiiolo<;ische  !n-;'itute  etc.  für  den  anschau- 
lichen Unterricht  Uriugeu  können,  und  von  der  Wichtigkeit  des  Anschauungs- 
unterrichtes überhaupt,  machte  er  den  Vorschlag,  es  mögen  Schülerkataloge, 
Führer  zunächst  für  einzelne  Sammlungen  abgeftisst  werden,  welche  Sonder- 
kataloge oTentuell  in  einen  Gesammtkatalog  vereinigt  werden  könnten. 


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V  ereinsnacbrichten. 


181 


Die  Dnrcbf&hrlMirkeit  dieaea  Vorschlages  leigto  er  an  dem  Beispiele  de« 
voa  Herrn  Uni7.  Ptaf.  Dr.  W.  Klein  ao  instructir  eingerichteten  Arcbfto- 
iogiichen  Institutes.  Er  legte  dar,  wie  zunAeh^t  eine  gedrän^^te  Einleitung 
über  die  Entwicklung  der  Kunst  da^  Vßrständniq  der  Schüler  anbahnen 
müsste  und  wie  dann  in  dorn  Kataloge  durch  Sitnatiorispläne,  chai'akteristi- 
.sche  Br'7,t'i(hnnn^'  »ier  ^•ä^.*  nnd  endlich  erläulerndo  lieiuerknngen  im  An- 
schluvst'  an  dif  Xuiuiiktii  (li'r  einzplnen  Schaustücke  die  Vertrautheit  der 
Schüler  mit  dt-n  Schätzen  der  Kuu»t  gefördert  werden  könnte.  AU  Bei- 
spiele,  wie  eich  der  Katalog  gestalten  würde,  w&hlte  er  die  Ägineten-^ 
gmppe,  den  Hermes  des  Praxiteles,  den  Zeos  von  OtricoH,  den  Ditkos- 
werfer  o.  a.  m. 

An  die  Ausführungen,  die  mit  Beifall  aufgenommen  wurden,  ^hl(^ 
sich  eine  Debatte,  in  welcher  Herr  Regierungerath  Dr.  Hackspiel  die  Idee 
als  eine  sehr  gute  »mtl  gut  durchführKatc  VifztMChnct*'  und  don  Dank  dem 
Vortragenden  aussprach.  Herr  iVot.  Dr  Finger,  weicher  auch  den  Vor- 
schlag billigte,  spricht  den  Wunsch  aus,  dass  der  Katalog  nicht  sosehr 
das  „Schauenlernen "  den  Schülern  erleichtere,  dieses  vielmehr  durch  das 
lebendige  Wort  des  Lehrers  ernelt  werde,  worauf  der  Vortragende  er* 
widerte,  er  denke  sich  die  Sache  so,  dass  an  dem  Bilde  das  Gharakteristtsche 
beim  Unterrichte  von  dem  Lehrer  hervorgehoben  werde  und  der  Schiller 
mit  Hilfe  des  Katalogos  das  Erfahrene  vor  der  plastischen  Darstelinng 
recapituliere.  Auch  Herr  Prof.  Quaißer  stimmte  den  Aasführungen  bei  und 
sprach  den  Wun'^ch  nm,  dius  dor  Vortrug  veröffentlicht  "werdf.  Hfrr  Prof. 
»iotlwald  iiiaehi.-  auf  eine  nirlit  zu  übergehende  Vorbedingung;  aufmerk- 
sam Schließlich  wurde  aut  Antnig  d*  s  Herrn  Prof  Dr.  Singer  einstimmig 
von  der  Ver^mmlung  der  Wunsch  ausgesprochen,  tlass  die  Abfasiung  dei 
I^taloges,  dessen  praktische  Durchfthrbarkeit  and  Nntaen  anerkannt 
wurde,  sobald  als  möglich  in  Angriff  genommen  werde. 

Anfeine  Anregung  des  Obmannes  des  Jugendspielansschosses  HermProf. 
A.  Michalitsehke  warde  Ton  der  Yersarorolnng  der  einstimmige  Wunsch 
angesprochen,  da.ss  dem  Belbstlo^en  und  zuvorkommenden  Wirken  des 
Herrn  Advocaten  Dr  Ludwig  Krieg  für  den  Verein  in  An^e1p*;enheiten 
des  Spielplatzes,  sowie  dem  „D^^titschen  V«^reinp  für  stftdH«cho  Ansfelegen- 
heiten"  für  die  freundliche  Unterätützung  m  derselben  Sache  der  geziemende 
Dank  abgestattet  werde. 


C  Sitzungsberichte  des  Vereines  „Die  Keaiscnuie"  in  Wien. 

fMitgetbeilt  vom  Schriftführer  Prof.  H.  Dnndaczek.) 

Erste  YoIlTersamnilnnt^  1$97* 

{'60.  Januai  1897.) 
Nach  erfolgter  Begrüßung  der  Versammlung  durch  den  Obmann 
Prof.  F.  D aurer  wird  das  Protokoll  der  am  17.  October  1896  abgehaltenen 
Jahresversammlung  vom  SchriftAhrer  verlesen  und  gmehmigt. 

Der  Obmann  macht  sodann  die  traurige  H ittheilung,  dass  der  Verein 
in  janf,'^ter  Zeit  zwei  seiner  treuesten  Mitglieder  durch  den  Tod  verloren 
hat.  Es  sind  dies  die  Herren  Adolf  Lang,  k.  k.  Hofrath  und  emeritierter 
..0«l«rr.  MittelMhul«".  XI.  J«liig. 


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182 


Vereinsnackricbten. 


k.  k.  Land(>fl-Schulinspector,  und  der  Profeator  an  der  Öffentlichen  Unter' 
realflchale  des  Dir.  Eduard  Doli  Herr  Hn^o  Eicliler. 

Prof.  Hugo  Eichler  war  am  23.  Februar  1834  zu  Laibach  geboren, 
absolvierte  das  Gyranasiuiu  und  zwei  J;ihrn^:in_;«>  der  tei  huischen  Hochschule, 
diente  vom  Jahre  1853  bis  18ß7  in  der  k.  k.  Armee  und  wurde  als  Uber- 
lieutenant in  der  Schlacht  bei  Königgrätz  schwer  verwundet. 

In  den  Jahren  1857  bis  wirkte  er  als  Lehrer  im  k.  k.  Cadetten- 
sn«titate  an  Fiome.  legte  1872  die  Lehramtäpiüfung  fOx  Mathematik  als 
Hanpt*  nnd  fär  Phyrik  ate  Neben&ch  ab  und  verbrachte  das  Probejahr 
an  der  k.  k.  Staaterealschule  am  Schottenfelde  im  Schn^ahre  1873/74.  Seit 
1877  unterrichtete  er  als  Professor  der  Mathematik  an  der  öffentlichen 
Realschule  des  Dir.  Doli.  Außerdem  war  er  noch  an  der  mit  der  Schotten- 
felder  Staatarealschule  verbundenen  gewerbh'chen  Fortbildungsschule  und 
am  Miidchenlvceuni  des  Fräuleins  Jeitteles  als  1. eurer  tbätig.  Zu  der 
, Zeitschrift  für  das  Reulichulwesen"  nnd  zu  dem  vou  Dir.  Dittes  heraus- 
gegebenen pädagogischen  Jahresberichte  lieferte  er  regelmäßige  Beiträge. 

Noch  an  seinem  Todeelaiie  hatte  Eich  1er  von  8  bia  9  Uhr  an  der 
Bealechule  des  Dir.  D511  nnterrichtet,  ak  ihn  knra  daranf  im  Conferena- 
simmer  ein  Gebirnechlaff  traf,  welchem  er  am  16.  NoTember  1896  um 
7*/4  Uhr  abends  erlag. 

Ein  tweites  Opfer  war  Hofrath  Adolf  Lang,  gestorben  am  4.  Januar 
K  J.  zn  Wien. 

Adolf  r.nng  wurde  am  !>.  Miirx  182;j  in\  1.  Bezirke  Wiens  als  Sohn 
eines  Äctuars  der  rolizei-Oberdirection  geboren  Den  Elementannit.Mricht 
genoss  er  an  der  Josefstädter  Hauptschule,  wahrend  er  das  mnusiuui 
theils  am  Josephinum,  tbeiU  bei  den  Schotten  absolvierte.  In  den  Jahren 
184S  bis  1846  oblag  er  den  philoeophischen  Studien  in  Krema  Bereite  am 
30.  Jannor  1846  finden  wir  ihn  als  unentgeltlichen  Praktikanten  bei  der 
k.  k.  GeflUle-  und  Domänen- Hof bnchhaltnag,  in  welcher  Eigenschaft  er 
bis  zum  13.  August  desselben  Jahres  verblieb.  Er  wollte  sich  hierauf  dem 
geistlichen  Stande  widmen  und  trat  als  Novize  bei  den  Schotten  ein.  Schon 
nach  zwei  Monaten  naivste  er  aber  aus  Röcksicht  auf  seine  schwächliche 
Gesundheit  um  seine  Entladibunf^  bitten.  Obwolil  auf  Stipendien  und  Er- 
theihint,»-  von  Privatunterricht  auirewicsen.  lieb  er  sich  an  der  Wiener  Uni- 
versität iu^ribieren,  um  juridisch-politiäche  Studien       ptiegen,  welche  er 

im  Jahre  1849  be«iidete.  Sein  reger  Geiet  ließ  ee  damit  nicht  bewenden. 
Die  in  diese  Zeit  fallenden  Impulse  au  Beformen  auf  dem  Gebiete  des 
IGttelschulweeens  vemnlaasten  ilm,  unter  Bonita  und  Grysar  die  philo- 
sophische Facultät  zu  besuchen  und  in  das  philologische  Seminar  einsu- 
treten.  Im  Jahre  1Ö51  legte  er  seine  Lehramtsprüfung  ab. 

Bereits  im  Jahre  IH51  kam  er  als  Sn]ipleiit  nach  Marburg  und  er- 
hielt dort  Ibö'sJ  eine  Stelle  als  wirklicher  Lehrer  mit  der  Ver]iflichtun?. 
während  des  l'robetrienniuni.->  t  iiie  Ergunzungsprüfung  abzulegen,  welchem 
Auftrage  er  im  Jahre  1854  uachkum. 

Im  Jahre  1863  wurde  er  an  das  deutsche  Staatsgymnatiium  in  Press- 
bürg  veraetst,  blieb  aber  nur  ein  Jahr  und  kam  darauf  als  Profeesor  an 
die  k.  k.  Theresiantsche  Akademie  in  Wien  mit  der  Verpflichtung,  auch 
Piftfectendienste  an  leiaten.  Im  October  1856  wurde  er  definitiv  im  Lehr- 
amte bestAtigt. 


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Yereinsnachrichten. 


183 


Vom  Herbste  1867  an  war  er  durch  IS  Jahre  Director  «lea  Gymnaeiinnt 
in  Marbarg;  wo  er  eine  tegenireicbe  Wirkaamkeit  ent&ltete.  Er  grQndete 
eine  Sehfilerlade,  erweiterte  dan  Schulgebäude  und  erwirkte,  dass  das  Har- 
burger Qymnaitntn  zu  einer  Lehranstalt  zweiter  Ciasse  erhoben  wurde, 
wodurch  er  seinem  Lehrkörper  lir.b»Me  Bezüge  sicherte.  Häufige  öffentliche 
Angritie,  welch«»  vorzRgHch  von  nationalen  fiej^nern  ausgiengen,  verleideten 
ihm  ab»'r  schließlich  den  Aufenthalt  ä»o.  uass  er  zum  durch  eine  Adrewe 
ausgedrückten  BeUaueru  des  Lehrkörpers  von  der  Direction  s^urückttut  und 
sich  Ulli  eine  Profeaiontelle  im  Bea^  lud  ObergyronaHOm  im  III.  Besirke 
Wien«  bewarb.  Hiefaer  berofen,  venah  er  gleich  im  enten  Semeater  des 
8chaljahree  1869/70  Ar  den  erkrankten  Dir.  Gernerth  die  Ocwhftfle  der 
Leitang  der  Anstalt  und  wurde  noch  1869  nis  provisorischer  Besirke- 
Schalinspector  für  Groß •  Enzersdorf  und  Umgebung  bestellt.  Als  solcher 
erwarb  er  sich  durch  die  Gründung  einer  Bezirksieh lerbibliothek  besondere 
Verdienste.  Zwei  Jahre  iundurch,  also  bis  1871,  wirkte  er  sogleich  als 
Proles.-*or 

hu  Jahre  1871  wurde  ihm  zur  Anerkennung  seiner  Verdienste  im 
Lehramte  und  in  der  Inspection  das  Ritterkreos  des  Franz -Josef -Ordens 
Terlieben;  noch  in  demselben  Jahre  mr  Leitung  der  Matnritätqkrflftmgen 
in  Uihrea  delegiert,  wnide  er  am  S6.  September  sam  Laades-Schnlinspector 
ftlr  die  humanistischen  Ficher  an  sämmtlichen  Mittelacbolen  NiederOster- 
rei«  li<  «  roannt,  in  welcher  Eigenschaft  er  lüs  1888  verblieb.  Im  Jahre  1877 
erkrankte  er  während  einer  Inspectaott  in  St  Pölten,  wurde  zeitweise  be- 
urlaubt und  nach  seiner  Genesung  zur  L)ienslleistung  im  Ministerium  ver- 
wendet. In  den  Achtzi<^er-Jahr»'n  fungierte  er  auch  alü  Präses  der  Prüfmiijs- 
conimisMon  {l\r  Steno<;riiphie.  Am  2k].  Juli  188H  wurde  er  durch  Verleihung 
des  iiltfU  eines  Hotrathes  ausgezeichnet  und  trat  in  den  liubejitand. 

Sein  Lieblingsanfentbalt  war  Baden,  wo  er  sich  sowohl  nm  die 
Gemeindeverwaltung  als  auch  nm  die  Hebung  des  Curortee  rerdieat  maohte, 
weshalb  ihm  bei  seinem  Scheiden  aahlreiche  Daakceknndgebnagen  sutheil 
wurden.  Vom  Jahre  1880  ab  sog  er  sich  aurOck. 

Der  Schule  brachte  er  immer  noch  ein  reges  und  warmes  Interesse 
entgegen,  und  in  mancher  Versammlung  von  Schulmännern  wirkte  seine 
frische  Theilnahnie  belebend  auf  seine  Jünger,  die  in  Verehrung  7^^  ihm 
emporblickten,  bo  kam  nirh,  duss  Ministerium  und  fiandesbehörden  und 
Schulen  in  ganz  aubcrgrwohnUcher  Zahl  ihre  Traueri?;Ute  zum  Conducte 
entsandten,  welcher  am  G.  d.  M.  der  Leiche  des  nach  martervoUem  Kranken- 
lager Dahingeschiedenen  folgte.  Der  Verein  rDio  Realtchnle*  hat  am  Sarge 
des  Verewigten  einen  Krana  niedergelegt. 

Der  Obmann  bittet  die  Veisammelteup  den  beiden  Schulmftnnem  ein 
treues  Andenken  zu  bewahren,  dem  einen,  der  bis  tum  letzton  Athem- 
soge  als  unermüdlicher  Mitarbeiter  in  unserer  Mitte  gestanden,  dem  anderen, 
dessen  hochachtbare  rersünlichkeit  die  Herzen  aller  zu  j^pwinnen  wusste, 
und  dem  so  viele  von  uns  zu  uiivcr;;an<jliehem  Danke  verjnin  htet  «'ind! 
—  Die  Versammlung  erhebt  sich  zum  Zeichen  der  Zustimmung  und  Tbeil- 
nähme  von  den  Sitzen. 

Als  neueingetretene  Mitglieder  werden  angemeldet:  Prof.  Dr.  Alois 
Eimmerle  und  Herr  Supplent  Johann  Sobotka,  beide  von  der  Staats- 
realechule  im  IV.  Beiirke.  —  Der  Obmann  theilt  femer  mit,  daw  eine  Ab- 

13» 


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ISA 


Vereinäiiachrichten. 


Ordnung  der  Vereinsleitung  die  Ehra  hatte,  in  AnsfÜhruDfif  eines  Beschlosses 

des  früheren  Vorstandes  und  Ausschusses  dem  Herrn  HotVathe  Dr.  J.  Kolbe 
am  1.  November  1Ö9<»  zum  Ausdrucke  der  Verehrtin«;  und  Dankbarkeit  eine 
Adresse  zu  {iberreichen.  Dem  Herrn  Hofrathe  bereitete  die  Ehrung  eine 
große  Freude;  derselbe  versicherte  wiederholt,  diiss  er  dem  Vereine  „Die 
Kealschule''  die  wärmsten  Syinpiithien  und  Hein  unji,'ethei)te8  Intere.-i>e  i^eit- 
lebCDS  bewahren  werde.  —  Mitte  November  des  abgelaulenen  Jahres  winden 
im  Sinne  früherer  BeachlSaae  Exemplare  unserer  Petition  betreffend  die 
Regelung  des  Gehaltes  an  die  Herren  Ueichsrathsabfieordneten  vertheilt. 

Am  8.  December  1896  wurde  unser  Vernn  von  der  „Bukowiner 
Mittelschule"  eingeladen,  die  Grundzuge  einer  im  zweiten  Hefte  des  zehnten 
Jahrganges  der  ,.08terreich Ischen  Mittelschule"  S.  196  ff.  veröffentlichten 
„Dienstpragiiiiitik"  zu  Vierathen  und  die  bezüpflicbpn  Ergebnisse  bis  Ende 
Januar  lbB7  nach  Czemowitz  einsiu.sendeu  Mit  Rücksicht  auf  die  yai  kurze 
Frist  schien  es  dem  Auisschusse  nicht  ^'eratiu'n,  eine  »o  wichti^'e  .\n>,'eietfen- 
heit  im  Fluge  zu  erledigen,  was  uuisoweniger  thunlich  war,  ai^  die 
Weihnachtsferien  unmittelbar  bevorstanden.  Die  Vereinsleitung  setzte  tüich 
jedoch  sofort  mit  den  Votstfinden  des  Vereines  »Mittelschule*  und  des  ,Ver> 
dnes  der  Supfdentm  deutecber  Mittelschulen'  in  Wien  ins  Einvernehmen» 
worauf  jeder  Yereia  drei  Delegierte  namhaft  machte  und  in  ein  berathen- 
des  Comitti  entsendete,  welches  seinerzeit  den  einseinen  Versammlungen 
seine  Vorschläge  zur  Überprüfung  vorlegen  wird. 

An  Einlaufen  kommt  zunächst  eine  Einladung  des  elektroterhni'schen 
Vereines  in  Wien  zur  Verlesun;;.  der  einen  Cyklus  gemeinfsw^^licher  Vor- 
träge veranstaltet  und  um  die  Tublication  des  bezüglichen  Programmei^ 
ersucht.  Ebenso  erhielt  der  Verein  Kioladungeu  der  österreichischen  Gesell- 
schaft für  Gesundheitspflege  und  des  Malers  und  Gem&ldeausstellers  Josef 
Hoffmann. 

Sodann  erhält  Herr  Prof.  Johann  Kammler  das  Wort  tur  Ab- 
haltung seines  angekündigten  Vortrages  fiber: 

„Holzschnitt  und  Kupferstich". 

Nach  einer  f^escliichtlichen  Einleitung  über  die  Erfindung  des  Holz- 
schnittes und  Kupiersüches  fuhrt  der  Vortraj]fendß  ans,  wie  da^  Zeichnen 
im  XVIII.  Jahrhunderte  in  I )eut-eliland  als  ein  im  griechisclien  ."^.nne  er- 
tasstes  Bildung^element  adgeuiein  ge])üegt  wurde.  In  Österreich  l>egiuut 
auf  dem  Gebiete  des  Schulzeichnens  besonders  in  der  lö51  acti  vierten 
Realschule  ein  reges  Leben. 

Gegenw&rtig  sind  die  Erseugnisse  des  Kunstdruckes  ein  Geroeingut  deä 
Volkes  geworden  und  gehören  su  den  unentbehrlichsten  Unterrichtsmitteln. 

Der  Vortragende  erklärt  nun  die  lleiKtcllung  des  Holzstockes,  die 
Combinationen  von  Schnitt  und  Stich,  das  Clairobscur  und  »eine  Arten, 
den  Metall-chnitt  und  den  Heliefdruck  auf  gravierte  Platten.  Es  folgen 
f-odanii  Austii}uun<;en  über  die  technischen  Procr'duren  des  ötiehei^  in  seinen 
Stadien  und  Materialien:  der  Punzarbeit,  Uadierun«^,  runktiei  -  un«U  rajon- 
manier,  der  Durchitihruug  iu  Binter  oder  Aquatiuta  und  Cavis- Gouache 
oder  Aquarellmanier»  endlich  der  Schab-  oder  Schwarakunst.  Der  Vor* 
tragende  bespricht  weiter  den  farbigen  Kupferdruck,  die  Methode  Le  Blens, 
die  Verwendung  von  Weiß,  Schwärs  und  Gold  auf  geschabten  Platten,  die 
Farbenaquatinta  und  den  Niedergang  dieser  schOnen  Kunst  Zum  Schlüsse 


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Vereiiwnachrichteii. 


185 


gedenkt  der  Vortragende  William  Ungers.  eines  nnglanblich  prodnctiven 
Meiiters  von  intemattonalem  Rnfe,  der  mit  «einer  Knnat  in  Wien  Schule 
machte  und  nicbt  mu-  die  Radierung*  rondem  auch  den  Farbendruck  »u 
nenem  Leben  erweckt  hat. 

Die  angedeuteten  AuBfQhranj^en  frpstalt^'tfn  sich  dathmh  interessant 
und  gcnnf'TPich ,  rxh  der  "V"oTtr;i<;<'mle  ( l<.'le;j:r'nheit  hatto,  di«.'  'Ifchnik  der 
ffraphischen  Künxtf  an  einer  Ueilic  ausn^ezfichneter  Kunstulilltcr  zu 
erläutern,  welche  der  fachkundig  KuuHtt^aiuinlcr  Herr  Hofrath  Dr.  Julius 
Hofmnnn  dem  Vereine  mit  anerkennenswerter  Liebenswürdigkeit  sur 
Verfügung  gestellt  hat. 

Nadidem  der  Obmann  unter  lebhaftem  Beilalle  der  Vermmmlnng,  tu 
welcher  sieb  anch  G&ste  eingefunden  hatten,  dem  Vortragenden  gedankt, 
erbittet  sich  Prof.  Dr.  Fried wagn er  das  Wort  zu  einem  Antra^'e.  In 
dem  zu  Heginn  der  Sitzung  verlesenen  Berichte  über  das  2<).  Vereinsjahr 
spi  hervorgehoben  worden,  dass  süh  A'iv  Voreiii'^loitunt,'  b«^niriht  habe,  di»» 
von  (l'Mi  Vertrt"t»'rn  dfr  niodt^rnen  sprachen  an  lion  nieder»»st*?rrt'iohischen 
Hea!>tliijl»'n  f^fwünschten  und  a.l^^  drin<;end  bezeichneten  En11a>tunf;''n  zu 
erwiikeu.  Ks  kam.  wie  bekannt,  diese  Angelegenheit  in  der  abgeUiulenen 
Sitsnngsperiode  de«  niederOaterreichisdien  Landtages  nicht  sur  Sprache, 
weil  sie  mit  der  Frage  der  WiedereinflSbrung  des  Keligiontnnterriehtes  in 
den  oberen  Classen  cnmuliert  wurde.  Nachdem  nun,  wie  Terlantet,  dem 
neu  zusammengesetzten  Landtage  dieselbe  Regierungsvorlage  zur  Berathung 
vorliege,  sei  es  dringend  noth wendig.  maOgebende  Persönlichketten  des 
Lnnflta<^p<?  dabin  aufzukl.lren .  dass  beide  Antrat;*'  mit  finander  nicht  im 
Zii>am!i!t'nhanfrt'  stnndt^n.  nnH  ?u  bitten,  sich  der  üt>eruürdeten  Lfdirei* 
der  luüderueu  Sprachen  auzuuehmen,  d.  h.  die  Hcgierunpsvorlage  zu  unter- 
^•tützen.  Die  Abgeordneten  mögen  aufmciksiuu  gemacht  werden,  da««  die 
LehrverpSichtung  zu  18  Stunden  nur  die  Basis  »ei,  auf  der  die  enorme 
Arbeit  der  Neuphilologen  beruhe.  Die  Herabeetanng  de«  Stundenausmaßes 
müsse  endlich  im  Interesse  eines  gedeihlichen  Unterrichtes  verwirklicht 
werden.  Diese  Forderong  sei  umso  berechtigter,  al«  den  Lehrern  der 
modernen  Sprachen  in  anderen  Kronländern  längst  gesetzlich  oder  still- 
schweigend nicht  mehr  als  15  bis  IG  Stunden  zugewiesen  werden.  Der 
Redner  sei  vom  NtMijihilolo^'ischen  Vereine  prniaclitij^t,  7.n  f»rkl5rpn.  dn^s 
sich  der  letzten*  mit  dem  Vereine  ^Uie  Kealschule"  .solidarisch  tiihle.  daher 
der  Obmann  des  letzteren  in  der  Lage  »ei.  auf  die  WünKche  zweier  Vereine 
hinzuweiisen.  Die  angeregte  Angelegenheit  stehe  heuer  keineswegs  un- 
gün.«tig,  nur  mfisse  der  Referent  im  niederösterrcichischen  Landtage  ent- 
sprechend instruiert  werden. 

Der  Obmann  erklärt,  dass  er  gerne  bereit  sei,  den  Wünschen  des  * 
Antragstellers  und  der  Versaromlnng  Rechnimg  su  tragen. 

Prof.  M.  GlOser  gibt  eine  auaföhrliche  Darstellung  der  Schritte, 
welche  er  als  gewesener  Obmann  unseres  Vereines  seinerzeit  diesbezüglich 
unternommen  hat.  Die  Ke<;iemngsTorlage  sei  im  I-an(itnf,'e  trefallen.  weil 
di»j  lianialicre  Majorität  desselben  nicht  i^ent-ii^'t  war.  der  Wiedereinführung 
de«  litdigionsuuterrichtes  in  den  oViMven  ('las.scn  die  Zustimmung  zu  er- 
theilen.  Auf  die  Eingabe,  in  welcher  «ich  der  Verein  vom  hohen  Unter- 
richtsministerium die  Trennung  beider  Gegenstände  erbeten  habe,  sei  keine 
Erledigung  herabgelangt. 


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186 


Vereinsnacbrichten. 


Naefadem  sich  noch  die  Proff.  Duschiiitltj,  PO  1x1  und  Dr.  Maiß 

an  der  Debatte  betheiligt  hatten,  wurde  mit  Stimmeneinhelligkeit  be- 
schlossen, zunächst  nachzuforschen,  ob  dem  Landtage  dieselbe  oder  eine 
fibweichende  Regieningsvorlnfre  unterbreitet  worden  sei,  und  alsdann  iinf 
Grund  des  Wortlantes  derselben  bei  einzelnen  Landt{\{«?ahf:feor'lnet<jn, 
namentlich  aber  bei  dem  Heferenten  mit  allem  Nachdrucke  die  berechtigten 
Forderungen  der  Lehrer  der  modernen  bpraohen  zu  vertreten. 

Der  Vontand  verspricht,  die  Wfintcbe  der  Tersammlang  xn  erfüllen 
und  aebließt  die  Sitaung. 

Zweite  yollrersammlaiig  1897. 

(6.  Mftrz  1897.) 

Dieselbe  fand  im  Phjsikaaale  der  k.  k.  Staatsrealschuie  mi  i.  liezuke 
(Scbottenbastei)  statt. 

Nach  der  Begrüßung  der  Vereinsmitglieder  und  Gäste  und  Genehmi- 
gung des  Protokolle»  der  lotsten  Sitsnng  gibt  der  Obmann  Prof.  F.  Danrer 
die  betrübende  Nachricht  Ton  dem  am  S7.  Febmar  erfolgten  Ableben  dtn 
hoeh?erdienten,  treaen  Vereinsmitgliedes  Herrn  Hofirathes  Prof.  Dr.  Josef 
Kolbe. 

Am  11.  Mai  1825  zu  Wien  geboren,  besuchte  Kolbe  Ton  18:^5  bis 
1641  da55  akademische  Gymnasium,  hierauf  die  beiden  ersten  TahrpTingP 
der  Philosophie,  widmete  sich  dann  durch  zwei  Jahre  den  junuisch-politi- 
schen  Wissen-^chaften  und  hesLliloss  seine  »Studien  mit  den  cUei  letzten 
.labr^'uugeü  der  damaligen  technischen  Abtheiiungen  des  Polytechnischen 
Inttitntes.  an  welchem  er  1047  als  Assistmt  des  Prof.  Salomen  f&r 
elementare  ond  höhere  Mathematik  ▼erblieb.  Im  Jahre  1849/60  wirkte 
Kolbe  als  Snpptent  fKr  Mathematik  an  der  mit  dem  Institute  verbundenen 
Realschale.  Nmüi  etwa  dre^ähriger  Lehrthätigkeit  am  Czemowitzer  Ober* 
gyuinasium  wurde  er  1853  als  ordentliclier  Professor  der  Mathematik  an 
die  Wiener  Technik  berufen.  Hier  entfaltete  er  eine  erfolgreiche  Thätig- 
keit.  Mit  einer  seltenen  fjiebp  zum  Lehrberufe  führte  er  Studentengenera- 
tionen in  da-s  niathetiiatisehe  Studium  ein  und  erwarb  sich  die  aufrichtige 
Verehrun»^  und  dauernde  Zunei^'un^^  seiner  liürer.  Durch  die  Gnade  Seiner 
Majestät  wurde  er  mit  der  Decoratiou  des  Ordens  der  eisernen  Krone 
dritter  Clasae  nnd  mit  dem  Titel  eines  k.  k.  Hofrathes  ausgezeichnet,  bei 
welchen  Anlftssen  die  freudige  Theilnahme  eine  allgemeine  war.  Seine 
wissenschaftlichen  Arbeiten  verSfTentltchte  er  theils  durch  die  Akademie 
der  Witisenschaflen,  theils  in  Zeitschriften.  Auch  als  Mitglied  und  Director 
der  Reaischulprüfungscommission,  alu  Chefredactcur  der  „Zeitschrift  für 
das  Uealschulwesen''  hat  er  sieh  inanni^jfache  Verdienste  erworben.  R^'gel- 
maßifT  erschien  der  unvergessliehe  Mann  in  den  Vcr-annulungen  des  Vereines 
,L>ie  KeaUchule"  und  brachte  allen  Vortrags-  und  V.  rhandlungsgegen- 
stiinden  ein  warmes  Interesse  entgegen,  das  er  auch  durch  Betheiligung 
IUI  den  Debatten  bethätigte. 

Nun  wurde  er  uns  im  71.  Jahre  seine«  Lebens  entrisiai,  ehe  es  ihm 
gegOnnt  war,  nach  einer  fast  ein  halbes  Jahrhundert  währenden  Arbeita- 
thfttigkeit  im  Dienste  des  Staates  einige  Jahre  der  Ruhe  su  genießen.  Sein 


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Yereinanach  richten. 


187 


Andenkeii  wird  aber  fortleben  im  Henen  aller,  die  das  Glaek  batten,  ihm 
im  Leben  zu  begegnen. 

Die  Vemammlmig  erbebt  eieh  zum  Zeichen  der  Theilnahme  yon  den 

Sitsen. 

D^r  Obmann  theilt  ferner  mit,  dass  ein»''  A'i">rdnung  des  Voi"stiinde3 
des  Vereines  ,Die  Kealtschule"  m  AustVihrung  eines  Besclikis^es  der  letzten 
Sitzung  mit  dem  Referenten  im  niederösterreichischen  Lundta^'e  Herrn 
Prof.  ächl esinger  in  Verbindung  getreten  sei  und  diesem  ein  Meiuuian- 
dnm  aber  die  von  den  Verteeton  der  modernen  Sprachen  an  den  nieder- 
teterreichtacben  Realacholen  gewfinMliten  und  ab  dringend  beseidineien 
Entlastungen  flberreicbt  habe.  Es  sei  die  beste  HoiEanng  vorhanden,  dan 
die  bereiti  mehrfach  angeregte  Angelegenheit  im  Laofe  der  nächsten 
Sitsnngsperiode  des  Landtages  im  günstigen  Sinne  werde  erledigt  werden. 

Dann  hillt  Herr  Prof.  Leopold  Petrik  seinfn  mit  Demonstrationen 
seitens  der  i^'irma  lieiniger,  Gehhert  ^^^^(]  sc  holl  begleiteten  Vortrug: 

,,Ober  Vacuumröhren". 

Der  Vortragende  gibt  eine  Übersicht  über  die  Umcheo  der  uiangel- 
haften  photogiuphischeu  Leistungen  der  alten  Hit torf sehen  Röhren,  wie 
sie  anr  Zeit  der  ersten  Veröffentlichung  Prof.  Rftntgens  im  Gebrauche 
waren,  illhrt  die  Mittel  an,  welche  gefanden  worden,  diese  Fehler  in  den 
deneit  allgemein  benütsten  sogenannten  FoeosrOliren  xu  vermeiden,  und 
theilt  Ersdieinungen  mit,  an  welchen  eine  schlecht  wirkende  Rühre  er- 
kannt werden  kann.  Es  wird  ferner  ein  von  Capanile  und  Strom  ei 
irefiindenes  Verfahren  erläutert,  nach  welchem  »"ine  (!  ei  ßl  ersehe  Köhre 
am  Kathndenende  als  solche  und  am  Anod^nenile  als  Hittori'sche  Höhre 
functioniert.  Die  oben  genannte  Firma,  welche  ihre  Apparate  am  letzten 
Naturforscbertoge  /m  i^rankturt  a.  M.  vorgeführt  hatte,  stellte  dieselben 
in  liebenswürdiger  Weise  ni  Demonstrationoi  während  des  Tortrages  tur 
Verfügung.  Sehr  groOes  Interesse  erregte  die  Durchleuchtung  dee  Rtmipfes, 
Halses  und  Hauptes  eines  aehtiehnjfthrigen  jungen  Hannes,  sowie  die  mit 
Röntgen* Strahlen  erzeugte  Photographie  eines  menschlichen  Kopfes,  an  der 
ein  im  Inneren  des  Schweis  sitiengebliebenes  Frojectil  als  scharf  begrenster 
schwarzer  Fleck  zu  sehen  war. 

Zum  Schlüsse  dankt  der  Ohmann  dem  Herrn  Ue;^'ieriinL,'sr.Lthe  Dir. 
Dr.  Waiientin  für  liie  dem  Vereine  gewährte  Ga«ttVeun*l«;hatt,  dem  Vor- 
tras?enden  für  seine  aul.>erordentlich  inhaltsreichen  und  iuteresssmten  Aus- 
führungen, den  Herren  lieiniger,  Gebbert  und  Scholl  für  die  freand- 
Hebe  Oberbueong  der  benfithigten  Instrumente,  endlich  dem  gewandten 
Experimentator  der  obigen  Firma  für  die  gelungene  Dnrchf&brung  der  ge- 
machten Versuche. 

Dritte  Yollversammlnng  1897. 

(20.  März  1897.) 

Der  Obmann  er'itVnet  die  ^'er>amml^n<]f  mit  der  liegriibung  der  An- 
wesenden, insbesondere  des  Herrn  k.  k.  Ministerialrathes  Dr.  Matthias 
Wretöchko,  und  theilt  mit,  dass  Herr  Ernst  Kaller,  wirklicher 
Lehrer  an  der  Staaterealschnle  in  Teschen,  dem  Vereine  als  Mitglied  bei* 
getreten  sei. 


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188 


Vereinmachricfaten. 


Nach  Oenchmipunj^  des  Protokolle«  der  letzton  Sitzun»  durch  die 
YersaniBiliug  erhält  üerr  Kealschul-Dir.  £duard  Döll  das  Wort  su  teinem 

„Über  die  Veränderungen  des  Reliets  der  Erde  durch  alte  Gletscher'*. 

Der  Voit  Tilgende  bespricht  zunücb.st  die  Uurcb  Tiuiisport  bewirkten 
Au&chüttungen  und  A.blagerungen,  die  Moränenlandschaften  und  Gehänge- 
terraMea  und  Khtießt  daran  die  Bettachtung  der  durch  Schliff  und  Erotion 
bewirkten  Yerftndeningen.  Anknüpfond  an  die  GletBchentchliffe  wird  die 
Bildung  der  BondhOcker,  der  trogfiSrmigen  Thäler,  Kare  und  Seebecken  er- 
läutert nnd  diese  in  ihrer  Unterscheidung  als  Hochseen,  Tbatseen  und 
solche  am  Ausgange  der  Gebirge  charaktensiert.  Bei  dieser  Gelegenheit 
wird  auch  an  einzolnen  Beispielen  die  cons^rrierende  Wirkung,'  der  <  tletsoher 
nachgewiesen.  Der  Vorti a>:end<>  folgrte  hei  seinen  Erörterungen,  welche  er 
an  Bildwerken,  Specialkarten.  Modellen  und  Gesitein'>tiicken  glücklich  ver- 
anschaulichte, den  grundlegenden  Arbeiten  der  Herren  Prot!'.  Friedrich 
Siuiony,  Dr.  Albrecht  Penck,  Eberhard  Fugger,  Dr.  Robert 
Sieger,  Dr.  AI.  Richter,  femer  jenen  der  Herren  Dr.  Aug.  Böhm 
nnd  Rfitimeyer.  Aus  den  Gebieten  des  BOsensteines  und  des  Paltenthales. 
welches  Dir.  DOll  mehrmals  besucht  hat,  wurde  aur  Illustrierung  des  Ge- 
sagten besonders  die  dortige  Kirbildung  nnd  der  Gaishomer  See  heran« 
gerogen. 

Nach  Schluss  df--  mit  außerordentlichem  P>eifalle  aufgenommenen 
Vortrages  stellt  Herr  inv  Döll  den  Anwesenden  Sonderabdrücke  seiner 
in  den  Verhandlun'„'en  der  k.  k.  (Irolegisclien  lu-iehsanstalt  im  Jahre 
erschienenen  Abhandlung  ssur  Vertagung.  Dieselbe  hat  den  Titel:  „Alte 
Gletschwsehtiflh  aus  dem  Paltenthale  und  Riesentöpfe  aus  den  Thälern  der 
Ptelten  nnd  Liesing  in  Steiermark.* 

Hierauf  wird  die  Sitxung  geschlossen. 


Z>.  Sitzungsbericht  des  Vereines  „Mittelschule  für  Ober- 
österreieh  und  Salzburg  in  Linz". 

(Mitgetheilt  vom  Scbriftflihrer  Prof.  Franz  X.  Lehn  er.) 
FAnfte  Vereins-  (zugleich  Jahres-)  Tersammlung. 

(Lins,  lö.  Februar  1Ö97.) 

Anwesend  28  Mitglieder  (darunter  Herr  Landes-Schulinspectov  Ed. 
J.  Schwammel.  Statthaltereiratb  Dr.  Magner,  Schulrath  Dir.  Würfl, 
ferner  Dir.  P.  Paulus  Frosch ko  aus  EremsmQnater  und  Gjmn.  Dir.  ächuh 
aus  Gmunden). 

Nach  Erötfnuns?  der  Wr^arauilung  diu  eh  den  Obmann  Prof.  Ferdinand 
Daria  und  der  Mittbeiiung  der  Einlaufe  ergreift  Herr  Dir.  Rudolf 
Pindter  der  Steats-Oberrealschule  in  Lins  das  Wort  su  seinem  Vortrage: 
, J>ep  arithmetlselie  Unterrieht  1d  der  I.  Classe  der  lUttelsehiile*'. 

Nach  einigen  einleitenden  Bemerkungen  zumeist  pldagogiscber  Natur 
teigt  der  Vortragende  an  Beiv<pielen,  da^  die  durch  den  Lehrplan  vor- 
geschriebene Erörterung  des  dekadischen  Zahlen^stems  nicht  in  den  Schaler 


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Vereinsnachrichteu. 


18U 


liineiagetnigen  werden  idlte,  aondern  ans  den  von  dem  Schfiler  mit* 
gebiwchten  Grandbegriffn  ffewiMemMGen  von  «eUwt  betaiuwaehien  müsse. 

Hiebe!  entwickelt  der  Redner  in  höchst  klarer  Weise  an  einer  hiezn 
besonderä  her}»estellten  Tafel  den  Voi^njf.  die  Bestimmung  des  Stellen- 
werte«!  zu  1)-hr(>n.  ist  aber  darch  die  vorgerückte  Stunde  genOtbigt,  den 
Vortra«?  abzubrechen. 

Obmann  Prof.  Barta  dankt  Uem  Vorti-agenden  fiir  seinen  äußerst 
iuätnictiven  Vortrag,  der  den  gediegenen  Methodiker  und  erfahrenen  Schul- 
DMUin  in  jedem  Worte  erkennen  UMt,  und  tpriebt  die  Bitte  ua»,  dass  Herr 
Dir.  Pindter  an  einem  der  n&cbsten  Abende  sein  Thema  au  Ende 
fahren  möge. 

En  wird  sodann  au  den  besonderen  Geschäften  der  heutigen  Ver^ 
Sammlung,  die  ja  Jahresversammlnng  ist,  geschritten  und  den  Versammelten 

vom  Obmanne  der  Jahres-  und  vom  Cassier  der  Cassebericht  vorgelegt. 
Beido  Berichte  werden  von  der  V%»rMimmlunfr  mit  dfni  Au.'idrurki»  de« 
rhinki's  für  die  Mühewaltung'  dt*i  l»*iden  Herren«  sowie  der  Abrigen  Aus- 
schußmitglieder zur  Kenntnis  genommen 

Bei  der  nun  folgenden  Wahl  des  Vereinsobmannes  und  dreier  Au-sächus«* 
mitglieder  fidlen  je  27  Stimmen  auf  Prof.  Dr.  Hor5i(ka  (Realschule  Lins) 
als  Obmann  und  P.  Sebastian  Mayr  (KremsmQnster),  Dr.  Alois  Lech* 
thaler  und  Victor  Reif  (Gymnasium  Lins)  als  Ansschussmitglieder.  — 
Der  bisherige  Obmann  Prof.  Barta  und  die  Ausschussmitglieder  Moris 
Bock  und  Frans  Lehner  hatten  erklärt,  eine  Wiederwahl  nicht  mehr 
ansnnehmen. 

Namens  der  Mitglieder  richteten  mehrere  Herren,  unter  anderem  Herr 
Gymn.  Dir.  Schuhuth  Würfl.  Worte  dos  Danke»  an  den  Anwhus«  dos  ab- 
gelaufenen Vereinsjahrea  für  die  opferwillig«  Thätigk-'ü,  die  gerade  in 
diesem  Jahre,  das  so  viele  und  bedeutende  Standesangelegeuheiten  sur  Er- 
örterung und  Erledigung  gebfacht  hatte,  nothwendig  war;  vor  allem  gilt 
dieser  D^k  aber  dem  abtretenden  Obmanne  Prof.  Ferd.  Barta,  der  zu 
jeder  Zeit  voll  und  gana  filr  die  Interessen  des  Vereines  tii&tig  war  und 
in  umsichtigi>ter  Weise  alle  Ausschuss-  und  Vollversammlungen  vorbereitete 
und  durchtlOhrte. 


£,  Sitzungsberichte  des  Vereines  „Bul^owiner  Mittei- 

sohule"  in  Czernowitz. 

(Mitgetheilt  vom  SchriftfOhrer  Prof.  Dr.  Alfred  PawlitsehekO 
NeauauddreiBi^ste  YereinsverHamiuluiig. 

(IG.  Januar  1 

Anwesend  20  Mitglieder,  duninter  die  Herren  Landes-Sjchulinspectoren 
Dr.  Yy^louiil  und  Dr.  Tumlirz,  äcbulrath  Klauser  und  Dir.  Mandy- 
cze  wsk  i 

Nachdem  der  Obmann  die  \'er.-jauuulung  begrüßt  und  einige  geschäft- 
liche Mittheilungen  gemacht  hat,  wird  die  Debatte  über 

„Die  AuftialimspFQfUng«!!  In  die  höheren  Classen  derMlttelsehulen** 

fortgesetat.  (Referent  der  Obmann.) 


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190 


Vereinsnacbric  hten . 


Zu  Punkt  I  des  Berichtes  wünscht  Prof.  Dr.  Frank,  dass  nicht  nnr, 

wie  es  im  Berichte  heißt,  Schaler,  welche  staatiipltii^r^  Zougmise  haben 
and  sp&ter  dieselbe  Classe  wiederholen  wollen,  von  der  Prüfong  aus  den- 
jfnicjen  Gegenstrindpn  tm  befreipn  sind,  in  dpnen  sio  mindestens  die  Note 
„befriedigend"  hatten,  sondern  auch  solche  Schüler,  welche  vom  Gymnasium 
an  die  Realschult»  oder  umgekehrt  übertreten. 

Darauf  verliest  der  Berichterstatter  den  in  letzter  Sitzung  ver- 
»procbenen  Zusatz  bezflglicb  de^t  Übertrittes  von  6ymna«asten  an  die  Real- 
schule und  umgekehrt,  wie  folgt:  , Bezüglich  der  Tom  Gymnasium 
an  die  Realschule  oder  umgekehrt  von  der  Realschule  an  das 
Glymnasinm  Übertretenden  Schüler  findet  eine  siongemitße  An- 
wendung des  unter  Punkt  I  Gesagten  statt.  Das  Recht,  solche 
Schüler  einer  Aufnahmsprüfung  zu  unterziehen,  muss  also  dem 
betreffenden  Lehrkörper  g^ewahrt  bleiben.  Erfoh^t  der  über- 
tritt des  Sciifilev.^  unmittelbar  oder  nach  einer  Zeit,  die  die 
Lunge  eiiietä  Semesters  nicht  erreicht,  so  kann  ei  nein  solchen 
Schüler  in  jenen  Gegenständen,  in  denen  ersieh  mit  der  ersten 
Fortgangsciasse  ausweist,  die  Prüfung  nachgesehen  werden, 
▼orausgesetst.  dass  die  Cnterrichtsart,  die  Stoffvertheilung, 
kurt,  didaktische  Rflcksichten  nicht  dagegen  sprechen."  (An- 
genommen.) 

Überdies  lepjt  er  der  BeschlusHfn.s<^nn^  der  Versammlung  aU  Ergänzung 
des  Berichtes  vor:  „Die  Aufnahni^^prüfungen  in  die  höheren  Clns^s^en 
der  Mitteljschulen  sind  im  Sinne  der  geltenden  Vorschritten 
com m issionell.  Die  Feststellung  der  Schlussnoten  liat  in  einer 
eigens  für  diesen  Zweck  abgehaltenen  Conferen/.  der  prüfen- 
den Lehrer  unter  Vorsitz  des  Directors  zu  erfolgen."  (Angenommen.) 

Dir.  liandycaewski  meint,  Schftler  tou  fremdsprachigen  Anstalten 
einer  Aufnahmsprüfung  zu  unterziehen,  sehe  wie  ein  Misstrauen  aus.  Auch 
bestehe  ja  jetzt  ein  Erless  hierüber  (Bukowiner  Landesschulrath  vom 
11.  März  18^,  Z.  755),  gegen  den  in  Widerspruch  zu  treten  vielleicht 
nicht  7.n  empfehlen  sei. 

Prof.  Dr.  Per k mann  findet  hierin  gerade  keinen  Widerspruch.  Gut 
wJire  es  aber,  wenn  der  l^ehrer  in  der  Lage  wäre,  beim  Prüfen  des 
Schülers,  der  .sieli  in  unserer  Sprache  nicht  f^tit  ausdrücken  kann,  in  die 
andere  Unterrichtssprache  überzuspringen.  Das  Ergebnis  wäre  dann  oft 
ein  anderes. 

Landee-Schnlinspector  Dr.  Tumlirz  erklärt,  es  sei  nicht  Zweck  der 
Anihahmq^rüfung,  Schüler  von  der  Anstalt  fernzuhalten,  sondern  ein  all- 
gemeine Bild  KU  erhalten,  ob  dieselben  die  geistige  Reife  besitxen,  dem 

weiteren  Unterrichte  zu  folgen.  Der  erwähnte  Erlass  hat  seine  tiefe  Be- 
rechtigung, besonders  im  Interesse  der  Lehrer,  welche  von  der  Ver- 
antwortung entlastet  werden,  wenn  Schüler  von  anderssprachigen  An^^talten 
ohne  Aufnahmeprüfung  aufgenoninnu  werden  k/^nnen  Durch  die  ('l;ui-<el 
in  dem  angezogenen  Erlasse:  ..unl)e>;(  hadi-t  dv-^  Hechtes,  dius  dem  Lehr- 
körper zukommt  —  — *  ist  diesem  immerliin  das  Recht  gewahrt,  bei 
schwachen  Sfiengnisnoten  einen  fremdsprachigen  Schüler  der  Aufnahms- 
prüfung zu  unterziehen.  &  ist  also  kein  Verbot  der  Aufnahmsprüfung, 
sondern  eine  Erleichterung,  besonders  für  die  Lehrer.  Die  Schüler  von 


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VereinBiiaclirichten. 


IUI 


aaderaprachigen  Axutalten  seien  daher  so  tu  bebandeln  wie  die  von  gleich* 
iprKcbigen  Antfealtea. 

Nachdem  der  Antxag  Dr.  Perkmanns  auf  Weglamng  des  ganzen 
Passus  Uber  fremdsprachige  Schüler  al'iH'cUhnt  worden  ist  und  Landes^ 
Schulinspector  Dr.  VysloM  'il  lii-  F: r;<lii»'hung  empfohlen  hat:  „Die 
Anf'nahuisprütunsr  wird  in  der  Regel  zur  Pflicht  bei  solehon 
Schülern,  die  von  einer  ireinilHjtruchi  jfen  Anstalt  kouiiueii." 
erklärt  sich  der  Referent  mit  dem  Vorschlage  Dr.  Vyslouzils  einverstanden, 
<K)wie  er  nach  den  Darlegungen  dea  Landes -Schulinapectors  Dr.  Tumlirz 
Ober  dieTendent  des  gedachten  Erlames  aueh  damit  cinTerstanden  ist,  das« 
bei  solchen  Sch&lem  die  thnnlichste  Milde  in  Anwendung  komme. 

über  den  Fnnkt  II:  »Wer  soll  prüfen?*  entspinnt  sich  eine  Iftngere 
Erörterung,  in  welcher  Scfanlrath  Klanser,  Dir.  Mandyczewski  und 
Prof.  Wolf  gegen  den  AnsschuMiantrag  dafür  eintreten,  daas  der  Lehrer 
der  höheren  Clas'e,  in  die  der  Schüler  eintreten  will,  die  Prüfiinj?  vorr.u- 
nehmen  hat,  weil  er  da";  meit^te  Interesse  daran  hat,  nur  «olchü  iSchüler 
aufzunehmen,  die  für  diese  Ciasse  taugen. 

Der  Berichterstatter  macht  auf  die  iichwierigkeiten  auftuerki^am,  die 
^ich  da  namentlich  bei  der  Prüfung  aus  der  Phjsik  und  Naturgeschichte 
ergeben  würden.  Wenn  da  die  Lehrer  der  höheren  Claase  prüfen  sollen, 
muss  eine  Ansnalunsbestinimang  gemacht  werden;  diese  habe  der  Ausschiu» 
▼ermeiden  wollen. 

Prof.  Schwaiger  weist  auf  Fälle  hin»  wo  Professoren  der  Mathe- 
matik und  Physik  10  bis  15  Jahre  immer  nur  in  den  oberen  Classen  be- 
Hchäfligt  sind.  I)ie>en  ist  dann  der  Lehr-totf  der  IV.  Clause .  iiher  den  er 
hei  der  Aufnahmsprüfunfj  in  die  V.  Cla.sso  einirrhend  zu  iniifen  hat.  ott 
nicht  mehr  ganz  gegen wartiur:  sie  ia.ssen  daher  manche  i»raiitis;cbe  Einzel- 
heiten aus  der  IV.  Ciaitse  einlucii  weg.  Und  «oll  bei  der  Aufnahmsprülung 
in  die  IV.  Classe  der  Phy»nker  die  Mineralogie  prüfen?  Prüft  aber  der 
Katurhistoriker,  so  ist  die  Ausnahme  schon  festgestellt.  Dnss  aber  beide 
prüfen,  geht  doch  anch  nicht.  Es  mOge  daher  beim  Auischussaatrage  bleiben, 
weil  es  so  TOrtbenhafter  sei. 

Landes-Sehalinspector  Dr.  Tamlirz  möchte  vor  Enge  des  Gesichts- 
kreises warnen,  wo  Normalien  fBr  ganz  Osterreich  geschaffen  werden  sollen. 
Von  'iOO  (Symna^ien  gebe  es  an  170  mir  einen  Mathematiker,  ein«^n 
Naturhistoriker  u.  s.  w.  Im  Untertry mna-^iuiu  ist  da  Natnri»e<chichte  und 
Mathematik  in  einer  Hand:  der  andere  Fall  bei  uns  ist  niciit  der  normale. 
Nur  an  den  allerwenigsten  Anstalten  wird  es  daher  vorkommen,  dass  hei 
der  Anfnahmsprüfung  in  die  IV.  Claise  wegen  Physik  nnd  Naturgeschichte 
ein  Conflict  entsteht  Und  wenn  da  kein  Fachmann  llir  Naturgeschichte  in 
der  IV.  Glaste  vorhanden  ist,  so  kann  man  sich  helfen,  indem  die  Prüfungs- 
commiision  sich  am  einen  Lehrer  Terstärkt,  so  dass  in  die  IV.  Classe  swei 
statt  eines  prüfen.  Der  Redner  beantragt:  „Es  soll  sonst  alles  heim 
alten  bleiben:  nur  wo  Ausnahmsbestimmnngen  sich  als  noth- 
wendij»  erfjehen,  mögend  ie.se  petrotfen  werden  tind'^innjjemjlße 
Anwendung  au.  h  für  die  Kealschule  linden.  Ist  ein  Fach  (z.  B. 
K  a  t  u  r  ^M'se  h  i  <•  Ii  tOi  in  der  höheren  Cla-'^e  nicht  mehr  vertreten, 
80  hat  der  Lehrer  dieses  Faches  die  l'rül  ung  an.s  dem  betreffen- 
den Gegenstände  Torannehmen."   Der  Antrag  wird  angenommen. 


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192 


Vereinsnachrichten. 


Zu  Punkt  III,  wonach  die  Prnfunj?  am  Anfange  des  Schuljahres  vor- 
zunehmen i«t.  htnnorkt  Prof.  Dr.  Fran k .  dieser  Punkt  entfallt'  von  nelbst, 
wenn  umn  an<,'<'notiiiii*>n  habe,  dottt  die  in  der  höheren  C lasse  beschäftigten 
Lehrer  zu  prüten  haben. 

Auf  eine  Anfrage  des  Prof.  Dr.  Perkuianu  un  Lande3*Schulinspector 
Dr.  Tnmlirx,  ob  diesem  F^lle  bekannt  seien,  in  denen  von  dieser  Be- 
stimmnng  Umgang  genommen  nnd  die  Prfifnng  am  Ende  des  Sdiuljahres 
erlaubt  worden  sei,  erwidert  diever:  dies  sei  außerordentlicli  selten.  Anf 
die  ^nhaltong  den  gesetzlichen  Termines  »ei  das  gi^ßte  Gewicht  zu  legen. 
Wenn  wegen  Erkrankung  eines  Schülers  eine  Ausnahme  nothwendig  «ei, 
könne  ja  die  Prüfung  zu  Beginn  des  zweiten  Semesters  stattfinden.  Da 
aber  der  Weg  dtirch  »las  Ministerium  zw  langwierig  sei,  solle  die.-^e  aus- 
nahmsweise Zulassung  ilt'.'ii  Landessclmhuthe  eingeräumt  werden.  Er  be- 
antragt daher:  ^A  usnahmsweiNO  kann  mit  Genehmigung  des 
Landesschulratbes  eine  A u t na h ui(>prüfung  auch  zu  Beginn  den 
zweiten  Semesters,  aber  nicht  wftlirend  des  Semesters  yor- 
genonimen  werden."  Dieser  Antrag  wird  mit  dem  von  Dr.  Frank  be- 
antragten Zusätze:  ,in  besonders  beriicksichtigungswflrdigen 
F&lU'ir  angenommen. 

Auch  über  Funkt  IV  «Dauer  der  Prüfung*'  entwickeit  sich  eine  sehr 
lebhafte  Erörterung 

Prof.  Dr.  Pt'rkinann  m<»int.  es  sei  nir^ond.s  bestimmt,  dass  auf  die 
deutsch-lateinisch».'  Prüfungs«arbeit  mehr  Gewicht  zu  legen  sei  nh  auf  die 
vom  Lateinischen  in^  Deutliche.  Letztere  sei  aber  die  wichtigere;  doch  sei 
der  Usus  hier  der  Terkebrte. 

Prof.  Dr.  Frank:  Die  Priratisten  werden  bekanntlich  an  den  meisten 
Gymnasien  zur  schriftlichen  Prfifhng  für  einen  Vormittag  vorgeladen. 
Wenn  ein  Schuler  schon  in  der  III.  Classe  dazu  noch  die  Landessprache 
hat,  nniss  er  liint  Stunden  nacheinander  sitzen  und  schreiben.  Das  ist  die 
größte  Quälerei  1  Nach  dem  Arbeitskalender  darf  nicht  mehr  als  eine  schrift- 
liche Arbeit  auf  eint^'n  Tng  fallen,  ja.  es  sollen  nicht  einmal  -/.woi  bi>  drei 
Arbeit<*ii  an  7.w»'i  bi<  drei  aufeinanderfolgenden  Tagen  gegrljcu  werden; 
hier  aber  verliiugt  man  lünf  Arbeiten  in  fünf  »Stunden  naclieinander!  Mit 
den  Übersetzungen  vom  Lateinischen  und  Griechischen  ins  Deutsche  gibt 
dies  sogar  sechs  bis  sieben  Arbeiten.  Was  kann  man  da  verlangen  oder 
erzielen?  H^Schstens  eine  Verkrammnng  der  Wirbelsftule.  Der  Schüler  ist 
ja  schließlich  nicht  mehr  denkfftbig.  Er  beantragt  Verlegung  der  schrift- 
liehen  Prüfungen  auf  drei  Tage. 

Prof.  Schwaiger  unterstützt  diesen  Antrag,  eben.so  Dir.  Mandj- 
czewski.  wficb.  r  (l;ii-auf  hinweist,  da=s  an  der  Healschule  wgnr  neun 
Arbeiten  /usaiiiiiienkounnoii.  Im  I )<.nits(. heu  wäre  es  aljer  besser,  wenn  die 
mündliche  Prüfun«:  der  schriftlichen  vorangienge;  sonst  könnte  der  Schüler 
leicht  ein  Thema  zur  Bearbeitung  bekommen,  mit  dem  er  nichts  anzu- 
fangen wüsste,  da  er  z.  B.  gerade  ein  Drama  Schillers  gar  nicht  ge- 
lesen habe. 

Prof.  Dr.  Frank  nnd  der  Berichterstatter  sind  für  die  Formulierung: 
„Die  Prüfung  aus  dem  Schriftlichen  hat  In  deP  R6g6l  voranzu- 
gehen." In  der  Mathematik  und  in  deu  Sprachen  sei  diese  Reihenfolge 
von  Wichtigkeit.  Im  Deutschen  könnte  man  allenfalla  davon  abgehen. 


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VereinänacbricbteD. 


Dr.  Frank  will  prftdaiert  haben,  dasa  an  einem  halben  Tage  nicht  mehr 
als  zwei  Arbeiten  gegeben  werden. 

Prof.  Dr.  Kamp  meint,  es  könnten  auch  drei  Arbeiten  gemacht 
werden,  so  dass  die  schriftlichen  Prüfungen  in  zwei  VoruiitUigen  beendet 
werden.  Bei  richtic:«n'  Wahl  de><  Tliema*  k5nno  auch  im  DeaUchen  die 
schriftliche  Prüfung  der  mündlichen  voraiisgtihen. 

Prof.  Woh"  kann  da.-»  li*'dt  nkcn  \vf£:^en  Cberbiirduug  der  kSchäler 
durch  die  auteinanderfoljjendcn  «cliriltlichrn  l'rüfungen  nicht  theilen.  Bei 
Scbfilem  höherer  Jahrgänge  sei  die  gei^itige  Bhiiticität  genug  groß.  Das 
gleiche  Ver&bren,  anch  anf  Privatisten  ausgedehnt,  wRrde  dann  den 
Eltern  wegen  des  I&ngeren  Aufenthaltes  in  einer  fremden  Stadt  größere 
Kosten  verursachen  und  den  SchQler  länger  in  schwebender  Pein  erhalten. 

Prof.  Dr.  Kaindl  meint,  die  ganze  Sache  sei  nicht  von  so  großer 
Wichtigkeit,  dass  man  so  lanj^f»  darüber  rede  und  streite.  Wir  haben  ohne- 
hin schon  so  viele  Cii^setze  und  VSn-ordnun^en,  die  uns  nur  hemmen  und 
stören;  wozu  sollen  wir  nocli  sL'U-st  ein  Gesetz  .luf^tellen.  <\m  uii^  iiindet 
und  den  Dicectoren  ichwierigkeiteu  bereitet?  Mit  den  Znsät/.fn:  ^in  der 
Kegel",  „ausnahmsweise"  u.  s.  w.  werde  auch  nichts  gesch.itlen. 

Nachdem  noch  LandeS'Schulinspector  Dr.  Tumlirs  empfohlen  hat, 
es  seien  an  einem  Tage  nicht  mehr  als  drei  Arbeiten  zu  machen  und  die 
schriftliche  Frflfnng  am  Gymnasium  in  awei,  an  der  Realschule  in  drd 
Tagen  zu  absolvieren,  wird  Folgendes  beschlossen:  »Die  schriftliche 
Prüfung  hat  in  der  Regel  der  mündlichen  TOranvugehen.  £s 
empfiehlt  sich,  die  schriftlichen  Prüfunffen  nur  an  Vorm  ittagen 
vorzunebnien.  An  einem  Vormittage  sind  nicht  melir  u  1  >«  drei 
Arlititcn  zu  gelten.  Aus  ciieser  Bestimmung  ergibt  sich  die 
Dauer  der  Prüfung  von  selbst." 

Pnnkt  V  wird  ohne  Debatte  nach  dem  Amtschussberichte  angenommen. 

Bei  Punkt  VI  ,üm&ng  de«  zu  prüfenden  Lehrstoffes**  entsteht  eine 
sehr  lebhafte  Erörterung  Uber  den  Ausdruck  „geistige  Reife**. 

Ptof.  Dr.  Per  km  an  n  wQnseht  im  fierichte  statt  der  Nebeneinander" 
Stellung  der  geistigen  Reife  und  der  vorgeschriebenen  Kenntnisse:  «Forderung' 
der  geistigen  Reife  vornehmlich  auf  Grund  der  erworbenen  Kenntnii>se." 
Wenn  man  die  nöthigen  Kenntnis-e  habe,  habe  man  auch  die  geistige 
Reife.  Auch  bei  ötleutlichen  iSchülern  werden  nur  Kenntnisse  verlangt, 
aber  keine  besondere  ^relHtige  Reife. 

Nachdem  der  I'erichterstatter  auf  dst^  gleiche  Veriutituis  bei  der 
MatnriüLtspröfnng  hingewiesen  bat,  wo  die  allgemeine  geistige  Reife  mit* 
unter  einzelne  Mftngel  in  den  besonderen  Kenntnissen  Qbersehen  lasse, 
erklärt  Dr.  Perkmann,  er  wolle  ja  als  Grundlage  nicht  die  Kenntnisse, 
sondern  nur  die  Reife,  aber  auf  Grund hige  der  Kenntnisse. 

Landea-Schulinspector  Dr.  Tumlirz  erklärt  ebenfalls,  dass  zur  Reife 
nicht  die  volle  Summe  der  Kenntnisse  erforderlich  feei;  sonst  niüsste  der 
Schüler  von  A  l»is  Z  alles  von  der  I.  Classe  an  kennen.  Auf  die«4e 
Summe  komme  es  aber  uiciit  au,  sondern  auf  die  j^ute  und  ritscht.'  Au- 
wendung der  erlernten  Kegeln  u.  s.  w.  Bei  einer  coiamissionellen  Prüfung 
lasse  sieh  die  geistige  Reife  ganz  leicht  bestimmen. 

Die  Proff.  Schwaiger  und  Dr.  Pawlitschek  betonen,  dassdie  geistige 
Reife  sich  mit  den  erworbenen  Vorkenntnissen  durchaus  nicht  decke. 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


104 


Veieinsnachrichten. 


Letzterer  weist  auf  einen  speciellen  Fall  im  vorigen  Jahre  hin,  wo  ein 
Äufnabuiswerber  für  die  VtL  Clane  nach  dem  Urtheile  eines  CoUegen  nur 
für  eine  bedeutend  niedrigere  Clas^e  hält«  reif  erklärt  werden  sollen,  weil 
der  Umfang  seiner  altcinssischen  Leetüre  bedeutende  Lückon  aufwies. 
Nachdem  er  aber  später  wegen  seiner  nngenscheinlichfn  bedeutenden 
geistigen  Ut  ife  dennoch  in  die  Vll.  ClajiÄe  aufgenommen  woiden  war,  habe 
er  sich  aU  votzüghcher  Schüler  bew^rt. 

Die  Proft*.  I>r.  Kaindl  und  Dr.  Rnmp  finden  die  Perkmann'sche 
Fannng  gut;  doch  bemerkt  lettterer  auch  betflglich  des  Deutschen,  dan 
ein  Schaler  im  Aufaatce  und  mflndlichen  Ausdrucke  sehr  gewandt  sein 
könne  ohne  gründliche  Kenntnis  der  Literat  Urgeschichte. 

Landes- Schulin±^pector  Dr.  Tumlirz  bemerkt:  Bezüglich  des  Aus- 
druckes ^geistifje  Helfe"  herrsche  nicht  vollständige  übereinstiuiTnnng. 
Versteht  man  nun  darunter  nicht  mehr  als  Urtheil^fahigkeit.  Gewandtheit 
iiu  Auöiltucke  u.  dgl.  m..  kann  man  lediglich  auf  Grund  einer  solchen 
geistigen  Keife  einen  Aufnahmswerber  nicht  in  die  Septiiua  aufuchuien. 
Er  muss  vorausnchtlich  die  Gegenstände  dieser  Glosse  wirklich  bewältigen 
können.  In  der  Philologie  muss  er  gut  Qbersetten  können;  ob  das  Quantum 
des  von  ihm  Gelesenen  sich  mit  dem  in  der  Schule  absolrierton  Lehrstoffe 
deckt»  kommt  tiidit  sosehr  in  Betracht.  In  der  Mathematik  muss  er  eine 
schwierigere  Aufgabe  lö^en  können.  In  der  Geschichte  und  Natur- 
geschichte können  einzelne  Lücken  vorkommen,  die  sich  später  ausgleichen: 
denn  die  positiven  Kenntnispo  in  diesen  Goj^enstilnden  sind  leichter  nach- 
zuholen als  Schwächen  in  der  .Mutters])rache,  Philologie  und  Mathematik. 
Das  zeigt  sich  auch  bei  der  ilaturu,  besonder»»  bei  den  Wiederholungs- 
prüfungen. Die  Fassung  Dr.  Perkmanus  ist  also  doch  richtig. 

Die  Proff.  Schwaiger,  Kosak  und  Dr.  Polasohek  sind  fQr  die 
Tom  Ausschüsse  anfjenommene  Fassung.  Letxterer  befürchtet,  dass  sonst  nur 
die  |»ositifen  Kenntnisse  ausschlaggebend  sein  werden,  nicht  die  geistige 
Reife 

Schließlich  wird  der  Antrf^s  Dr.  Perkmanns:  „Zweck  der  Anf- 

nnhntfprüfung  ist  die  Feststellung  der  geistigen  Reife  vor- 
nehmlich auf  Grnnd  der  positiven  durch  den  Lehrplan  he- 
stinuuten  Kenntnisse"  mit  Stiniiuenmeluheit  auirenomiuen. 

Hierauf  scliliefvt  der  (  )V>mann  nach  3'/48tündiger  D.iuer  die  Sitzung, 
indem  er  den  Erschienenen  für  ihre  Ausdauer  und  ihr  Interesse  an  der  in 
Verhandlung  stehenden  Sache  den  Dank  ausspricht. 

(Mitgetheilt  Tom  Vereinsmitgliede  Prof.  A.  Sauer.) 
Tierzigste  Tereiiisversammlung. 

<Cy.  Februar  1897.) 

Anwesend  20  Mitjrlirder,  darunter  Landes-.Schulin«|soctor  Dr.  K.  Tuni- 
lirz,  bchulrath  Dir.  ivlauser,  Dir.  Maudyczewski  und  em  Mitglied 
aus  Radautx. 

Der  Obmann  Prof.  Dr.  A.  Po  lasche  k  begrflßt  die  Versammlung  und 
theiit  mit|  dass  von  einem  Comlt^  in  Wien  die  Anregung  gegeben  worden 
sei,  dem  aus  dem  Amte  scheidenden  Landes-Schulinspector  Hoftuth  Anton 


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Veremsnacbrichten. 


195 


tf  aresch  ein  Album  so  llben«icb«n.  Es  mOebte  ihn  daher  jeder,  der  mit 
dem  Herrn  Holiratiie  in  diemüiclier  Bedelinng  getlanden  bt,  bü  10.  Fe- 
bruar aeine  Pbotograpbie  und  einen  Beitrag  von  1  fl.  behufe  Einsendung 
flbergeben. 

Die«e  und  mehrerp  nnderc  briefliche  Mittheilunjjen.  die  dem  Oluiianne 
seit  der  letzten  Sitzung  xogekomnien  sind,  wci-den  von  der  \'ers;unuilnn<4' 
zur  Kenntnis  genommen,  und  die  Schritte,  welche  die  Vereinsleituug  in 
diesen  Angelegenheiten  unternonimen  hut,  werden  vollatündig  gebilligt. 

Nnn  folgt  die  Fortsetsung  der  Debatte  Über 
„Die  Anftuümispraftiiigeii  In  die  höheren  Classen  der  Mlttelaehulen'*. 

Der  Vorntiende  fant  das  Ei|irebnis  der  bisberigen  Sitanngen  niiammen 
nnd  geht  anf  den  saletxt  beiprochenen  Punkt  der  leteten  Debatte  Aber 
das  Haß  der  Forderungen  bei  der  Anfnahiu^prQfong  Ober. 

Ks  solle  demnach  vor  allem  auf  die  unmittelbar  vorher- 
gehende Clas<*e  zurückgegriffen  und  aus  den  früheren  Clausen 
tioviel  Stoff  herangezogen  werden,  als  der  Aufnalnas werljer 
wissen  mu88.  um  dem  Unterrichte  folgen  zu  können.  (An- 
genommen.) 

Ein  Bedenken,  das  Schulrath  Klavier  gegen  diese  Fassung  hat  mit 
Bflekncbt  anf  Geschichte  nnd  Geographie,  behebt  der  Berichtenlatter  durch 
Hinweis  anf  die  folgende  specielle  Behandlung  dieses  Gegenstandes. 

Der  Punkt  Aber  Forderungen  bei  der  Prüfung  aus  Pbjrsik  und  Chemie 
wild  in  der  Fassung  des  Aussebussci  angenommen»  ebenso  der  die  Geographie 
betreö'end. 

Hiemit  i«it  der  ull;^euieine  Thoil  des  Ri'rirhte«  erledigt.  Nun  gieng 
man  au  die  Berathung  des  Normale^i  für  die  Anlordeniugen,  die  in  den 
einzelnen  Gegenständen  bei  der  Aufnahmsprüfung  in  höhere  Olassen  der 
Mittelschalen  zu  stellen  sind. 

Die  Bemerkungen  Aber  die  Religion  nnd  die  Landesqnfachen  werden 
zur  Kenntnis  genommen. 

Beaüglieh  des  Turnens  beantragt  Prof.  Dr.  Frank  die  Streichung 
aus  dem  Normale,  weil  es  erstens  im  Ausschüsse  nicht  behandelt,  sondern 
vom  Berichterstatter  nur  der  Vollständigkeit  halber  eingeschaltet  wurde, 
und  zweitens,  weil  das  Turnen  doch  nicht  zu  den  wis«»enflchaftlichen  Gegen- 
ständen i^ehöre.  l'rof.  Wotta  he.mtra^t,  ilass  ausdrücklich  festgesetzt 
werde.  Turnen  sei  kein  l'nifunf,'sgegenatitnd,  da  es  ja  viele  Anstalten  <,'ehc. 
an  denen  der  Schuler  gar  nicht  Gelegenheit  habe,  das  Turnen  zu  betreiben. 
Dieser  Ansicht  schließt  sich  Landes- Schulinspector  Dr.  Tumlirz  an  mit 
dem  Zusätze,  daas  ja  eine  Prüfung  ans  diesem  Gegenstände  nicht  positive 
Kenntnisse  erbringen  könnte,  nnd  da«  das  Tnmen  nnr  die  Aufgabe  er- 
fallen  solle,  die  KOrperentwicklung  zu  fordern. 

Die  Anträge  worden  einstimmig  angenommen. 

Deutsch.  1.  Eine  eingehende  Debatte  entspinnt  sich  über  die  Frage, 
wie  viele  von  den  im  Canon  enthaltenen  Gedichten  vorlan;^'t  werden 
sollten.  An  der  Debatte  betheiligen  -ich  die  Herren  Dr  l'urnlirz,  Dir. 
Mandyezewski.  Prot.  Dr.  Krank,  Kozuk,  Dr.  Perknianu.  Wotta  und 
Bujor.  Darüber  biud  alle  einig,  dass  mau  vom  Aulnaiiutswerber  nicht 
verlangen  dürfe,  dass  er  alle  Gedichte  auswendig  wisse;  Landes-Schul- 
inspector  Dr.  Tumlirz  befindet  dies  insbesondere  damit,  dass  eine  Auf- 


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Vereinsnachrichten. 


nahmsprQfttng  ohnehin  große  Anforderangea  an  das  Gedichtnis  stelle,  dtm 
man  die  geUtige  Reife  des  Schülera  auf  andere  Weise  mindesten«  ebensogut 
erproben  könne,  und  dass  auch  die  rar  Verfngang  stehende  Zeit  gar  nicht 
hinreichte,  um  diese  Kenntnis  zu  prüfen. 

Darüber  ?=ind  auch  alle  Betheiligten  einit».  «l;i^-'  «1er  Aufnahmswerber 
alle  im  Canon  angegebenen  Gedichte  dem  Inhalte  nach  kennen  sollte. 

Im  übrigen  schwanken  die  Meinungen  zwischen  den  zwei  äußersten 
Forderungen : 

a)  Der  Schüler  muss  ans  jedem  Semester  swei  Gedichte  im  Höchstausmaße 
von  sehn  Gedichten  wissen  und 

b)  der  Schüler  muss  ans  dem  Canon  des  lotsten  Jahres  drei  Gedichte  nach 
eigener  Wahl  auswendig  kennen. 

Diese  «weite  Fassung  wird  ichließlich  mit  allen  gegen  xwei  Stimmen 
anfj^enommen. 

V.  Zu  der  im  Punkt«-  II  enthaltenen  Forderuncc,  da^«?  der  Schüler  von 
jeder  Stilgiittung  wenigstens  ein  Lesrsiiuk  kennen  müsse,  damit  diese 
Le»^stucl<e  die  Grundhige  für  die  l'rül'uug  bilden  können,  bL'inerkt  Landes- 
bchuliuripector  Dr.  Tumlirz,  diese  Forderung  »ei  zu  hoch  ge^pauui  und  nicht 
immer  erfüllbar,  weil  nicht  jedes  Lesebach  auch  Stäche  von  jeder  Stil- 
gattung enthatte.  Er  mOchte  je  nach  der  Clasie  verlangen,  dass  der  Schüler 
Verständnis  habe  für  ein  Leaestück  enählenden,  beschreibenden  und 
schildernden  Inhaltes. 

iJ.  Punkt  III  wird  einstimmig  angenommen.  Bezüglich  des  Punktos  IV 
wünscht  Prof.  Dr.  Frank  folf»cnde  Fn-ssung:  Doch  sind  Schüler,  deren 
Mutter  spracl)o  nicht  die  deutsche  ist»  besonders  zu  berücksichti- 
gen. (Angenommen.) 

Die  Anaät/ie  für  die  ii.  Clasae  werden  angcnunuaen. 

Die  Ansätze  für  die  III.  Clasae  gelangen  nach  einer  Debatte,  an 
welcher  sich  sahireiche  Herren  hetheiligten ,  in  folgender  Form  xur  An- 
nahme: 

Grammatik,  Lehrstoff  der  I.  und  II.  Classe,  an  der  Hand 

der  Leetüre;  Lectüre  und  Gedichte;  Lehrstoff  der  II.  Classe; 
Aufsätze:  Nachbildung  ersählender  nnd  beschreibender  Lese- 

Stücke. 

Auf  Vorschlag  des  Hauptreferenten  werden  .in^chlifGend  die  Ansätze 
für  die  correspondierenden  Cliuwen  der  Real?«chuie  vorgeuommcn.  In  An- 
lehnung an  die  tieätimmungen  des  Gymnasiums  gelangt  folgende  Textierung 
zur  Annahme: 

Aufnahmsprflfung  in  die  IL  Classe:  Grammatik:  Lehrstoff 
der  I.Classe.  IIL  Classe:  Grammatik:  Lehrstoff  derLundlLClasse, 
an  der  Hand  der  Lectüre. 

Die  .\nsiltze  für  die  IV.  Clusse  des  Gymnasiums  gelangen  mit  Aas* 
nähme  der  Bestimmungen  über  die  Lectüre  zur  unveränderten  Annahme. 

Bezüglich  der  Kealschule  wurdi»  einf  kürzere  Fns^nnjT  gewünscht. 
.An;;t  nommen  wird:  Grammatik:  Das  Wichtigste  aus  der  Fornien- 
lehie;  die  Syntax  im  Ausmaße  der  III.  Classe.  Ansonstea  gilt  das 
bezüglich  der  Gymnasien  Gesagte. 

Eine  l&ngere  Debatte  entspann  sich  über  die  Frage,  was  in  Bezug 
auf  die  Lectüre  als  Lehrstoff  einer  Classe,  z.  B.  der  III.,  zu  gelten  habe. 


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Vereinsnachricht^n. 


197 


Mehrere  Redner  verstehen  darunter  eine  Anzahl  von  Lesestücken,  die  der 
Schüler  fiesen  haJb&OL  muss.  Landes -Schulinspector  Dr.  Tumlirz  sa^^, 
einen  bestimmt  abgegrenzten  Luhrstofl'  in  diesfiu  Sinne  pebe  es  nirht  in 
Bezu;^  auf  die  Lectürp.  Wenn  man  eine  grolx'  Anzahl  von  Gymniusicn  in 
13t'trert'  der  in  III.  und  IV.  durchgenomuieuen  L^üsestücke  vergleichen  woiite. 
würde  man  auch  iiudeu,  duäü  kaum  an  zwei  Gymnasien  genau  dieselben 
Stücke  bebandelt  worden  seien.  Lehrstoff  sei  eben  nicht  der  Inhalt  der 
Leeeetficke,  sondern  die  Form.  Der  Schnler  muss  die  Form  erkenneii  und 
muas  den  GedaakengMig  entwickeln  kOnnen.  Und  ob  der  SchGler  diese 
F&higkeit  erworben  habe»  kßnne  man  Ittchter  prüfim  an  einem  Lese* 
stücke,  dai  der  Schüler  noch  nicht  kennt,  al»  an  einem  St&cke,  dessen 
Gedankengang  er  bereits  einmal  entwickelt,  dessen  Form  er  schon  einmal 
besprochen  hat. 

Nach  längerer  Debatte  wird  als  Forderung  anf^enomiuen:  Lectüre: 
ach  weis  der  Erreichunj,?  di's  Lehrz.irlfs  der  III.  Ciasso. 

V.  Ciaütie  üed  Gymua^iutnä.  Grammatik:  Lehrütuli  ut-r  Iii. 
und  IV.  Classe,  dasa  die  Hanptregetn  der  Prosodie  und  Metrik, 
ferner  die  einfachsten  und  hftnfigsten  Tropen  and  Figuren. 
Lectüre;  Banptformen  des  Prosastiles  an  der  Hand  durch- 
genommener Lesestficke.  Disponieren  eines  Lesestfickes.  Auf* 
s&tze:  Leichtere,  frei»'  Anfsätze  nach  gegebener  Gliederung. 

V.  Classe  der  Kealschule.  Grammatik:  Genaue  Kenntnis 
der  Form enlehre  und  Syntax  an  der  Hand  der  Lectüre.  Das 
Wichtigste  aus  der  Prosodie  und  Metrik.  Lectüre  und  Aufsätse 
wie  am  Gymnasium. 

VI.  Classe  des  Gymnasiums.  Grammatik:  Sichere  Kenntnis 
der  Formenlehre  und  Syntax  und  der  Lehstoff  der  Y.  Classe. 
LectQre:  Lehrstoff  der  V.  Classe;  im  besonderen  genaue  Kennt- 
nis des  Inhaltes  von  Oberon,  Messiade  vierter  Gesang,  Nibe- 
lungenlied, Gudrun,  Reineke  Fuchs.  Poetik:  Lehrstoff  der 
V.  Ciasse.  Freier  Aufsatz  mit  angegebener  Gliederung. 

VI.  Classe  der  Realschule.  Angenommen  mit  dem  Zusatz*'  bezüglich 
der  schriftlichen  Arbeiten:  Freier  Aufsatz  mit  angegebener  Glie^ 
Uerung. 

VII.  Classe  des  Gymnasiums.  Unveräuderl  aageuommen. 

Vll.  Classe  der  Uealschule.  Im  Vorschlage  des  Ausschuifses  entfällt: 
Kenntnis  der  Lieder  Walthers  von  der  Vogel  weide.  Lyrische  Auswahl  u.s.  w. 
und  ebenso  ^.Lesebuch  der  Y.  und  VI.  Classe". 

VIIL  Classe  des  Gymnasiums.  Es  soll  heißen:  ,,Freie  Aufs&txe", 
sonst  alles  angenommen. 

Der  Vorsitzende  bedauert,  das«  die  Berathui^f  so  langsam  fortschreitet, 
und  bittet  daher,  die 'l'heilnehmer  möchten  immer  mit  positiven  Vorschlägen 
kommen.  Liindes -Schulinspector  Dr.  l  uiulirx  meint,  die^*  könnt--  aui 
leichtesiten  daiiurch  erreicht  werden,  wenn  die  Vorschlage  des  Sonder- 
iiUöüchusses  gedruckt  den  eiuzeinea  Lehrkörperu  zugesendet  würden.  Auch 
hielte  er  es  iur  angezeigt,  wenn  diese  Debatte  unterbrochen  wQrde,  damit 
mehr  Abwechslung  ersielt  werde.  Daher  stellt  Prof.  JN.  Schwaiger  den 
Antrag,  es  möge  am  nächsten  Abende  neben  Latein  noch  ein  «weites  ab- 
geschlossenes Thema  sur  Behandlung  kommen. 

„Ottcrr.  MUtelMbttl«".  XI.  Sahnt,  14 


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198 


Yereinsnachricbten. 


Eis  aolchm  Thema  aohttgt  Scfattlxath  Dir.  Klauser  vor»  der  folgenden 
GManken  anrej;^: 

„In  der  allernächsteD  Zeit  haben  wir  unseren  Antrag  wegen  der 
Lehrbücher  för  da?^  nächste  Schuljahr  zu  st^'llen.  Jedor  von  uns  weiß,  daw 
während  de»  Schuljahics  die  Schüler  ziemlich  häuti^r  wechseln.  Die  wichtig- 
fte  l'rsachc  ist  die  Versetzung  der  Eltern.  Auch  Geachiiftsleute  sehen  sich 
gar  luanchmal  gezwungen,  den  Wohnort  zu  ändern.  Die  Kinder  treüen 
nun  am  anderen  Gymnannm  andere  Lehrbfleher.  Dies  veraieacbt  nicbt  bloß 
nene  Aoelagen,  aondem  Schwieiigkeiten  für  den  Schaler  wie  fUr  den 
Lehrer.  Dem  könnte  abgeholfen  werden,  wenn  an  den  Oymnanen  die 
f^leichen  Lehrbücher  in  Gebrauch  wAreo.  Allerdings  wird  dadurch  der 
Lehrkörper  in  seiner  Veritkgung  beengt.  Aber  der  Lehrer  muss  sich  ja  anch 
innerhalb  des  Lehrkt'uper.s  der  Majorität  filgen." 

Er  stelle  dahor  den  Antrag,  der  Verein  müge  sich  an  den  hohen 
Landcsschulrath  wenden  mit  der  Bitte,  die  Verfügung  zu 
treffen,  dasct  an  den  Lehranstalten,  an  welchen  derselbe  Lehr- 
plan ist,  auch  die  gleichen  B&eher  eingeführt  werden. 

Dr.  Frank  weist  daranf  bin,  dass  manche  Lehrkörper  so  conservativ 
sind,  die  alten  Lehrbücher  sn  behalten,  obwohl  andere  Bflcher  viel 
besser  sind. 

Prof.  Sohwaiger  beantragt,  diese  Fraj^c  in  einer  der  nächsten  Sitzun- 
gen zu  behandeln  und  dies  rechtzeitit;  allen  betheiligten  Lehranst^ilten  be- 
kanntzugeben, damit  »insere  CoUegen  nicht  saften,  sie  seien  vergewaltigt 
worden.  Nachdem  noch  ih  r  Obmann  für  die  nat  h>iten  14  Ta^e  eine  außer- 
ordentliche Sitzung  angekündigt  hatte,  wurde  die  VerRammlung  geschlossen. 

EinnudTierzlgste  (auKer ordentliche)  Veremsversaumilaiig. 

(90.  Februar  1897.) 

Anwesend  28  Mitglieder,  darunter  die  Landes-iJdiulinspei  toren  Dr.  Vy  s- 
louzil  und  Dr.  Tamiirs,  die  ."^chulräthe  Isopescul  und  Klauser,  die 
Directoren  Fanstmann  und  Mandyctewski  und  drei  Mitglieder  aus 
Radautz. 

Der  Obmann  Prof.  Dr.  Po  lasche  k  begrübt  die  Anwesenden  und 
meldet  den  Beitritt  zweier  neuen  Mitglieder,  des  Musiklehrers  an  der 
Lehrerbildungsanstalt  in  Czernowitz  Anton  Kuiela  und  des  Supplenteo 
am  Gsemowitxer  Obergymnasium  Alexander  Bnga. 

Unter  den  Einläufen  ist  der  wichtigste  die  Zuschrift  des  Schwester- 
Vereines  in  Linz  bezüglich  des  seinerzeit  zur  Ergänzung  von  unserem  Vereine 
eingesandten  Entwurfes  einer  Dienstpragmatik.  Linz  stellt  den  Antrag  auf 
Einsetzung  einer  Berathungscommission  seitens  des  VI.  Mittelschulta^es,  an 
dpni  die  Dit'nstpr;)pfnKitik  zur  Verhaiidlnntf  kommen  wird.  Der  Entwurf  sei 
eben  nicht  vnll>t,nidi<,'.  (ind  die  Commisüiott  liitte  die  Aufgabe,  eine  Aus- 
arbeitung in»  eiuüelne  zu  geben. 

Landes- Schulinspector  Dr.  Tujuiirz  ist  der  Meinung,  dass  in  dieser 
Angelegenheit  die  Übereinstimmung  aller  Vereine  notbwendig  sei,  sonst 
würde  man  die  Sache  leicht  schädigen.  Anch  wäre  es  vielleicht  angezeigt, 
die  Dienstpragmatik  für  die  k.  k.  Beamten  abzuwarten,  um  zu  wissen,  in- 
wieweit die  Regierung  unseren  Wünschen  ohnehin  entgegenkommt. 


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Y  ereioanacbi  ichtea. 


199 


Der  Vomtaende  klSrt  die  Sache  daluB  auf,  dan  es  «ich  nach  eeinen 
Plane  nicht  darum  handle,  emen  volktSadig  anagearbeiteten  Entwarf  der 
hoben  BehSrde  Tonnlegen.  sondern  es  sollte  nur  das  zusamtnengestelit 

vrerden,  was  nach  unserem  Wunsche  auf  jeden  Fall  in  die  Dienstpragmatik 
auf^rnommen  werden  sollte.  Er  werde  in  dieaem  Sinne  mit  den  anderen 
Vereinen  weiterverh  tnHeln. 

Zweiter  Punkt  der  lageBordnung  war:  Beratbung  über  den 
Antrug  deä  Dir.  und  ächulrathes  Klauser ,  es  möge  der  hohe  k.  k.  Lande»- 
schuliath  gebeten  werden,  die  Verfügung  zu  treffen,  da«)  an  den  Lehr* 
anstalten.  für  welche  der  gleiche  Lebrplan  gilt,  ancb  die  gleichen  Lehr- 
bQcber  eingefllhrt  werden, 

Schnlrath  Dir.  laopetcul  begrüßt  diesen  Antrag  mit  Frenden,  ob- 
wohl  er  für  seine  An^^talt  weniger  Bedentong  habe.  Bei  jedem  neuen  Bache 
sei  zn  untersuchen,  welche  Vorzüge  es  in  wiKsenschaftUclif^r  IJoziebung 
habe  und  welche  Vorzüge  in  Bezuj?  auf  die  \!etho<1e.  In  diesen  beiden 
Punkten  das  neue  Huch  mit  Arm  alten  zu  vergleieheu  und  abzuschiltzen. 
dazu  gehöre  eine  auberordentlich  gfrnndliche  Prüfung,  die  viel  Zeit  er- 
fordere, oft  mehr  Zeit,  als  der  uiit  to  vielen  Correcturen  und  anderen 
Arbeiten  QberhBrtifle  Lehrer  besitie.  So  komme  es,  daas  gar  manchmal  ein 
Buch  eingefBhrt  werde,  das  f&r  den  Unterricht  keinen  Vortheil  bringe,  ja 
oft  in  wenigen  Jahren  wieder  einen  Wechsel  snr  Folge  habe.  Und  diesem 
Obelstande  werde  durch  den  vorliegenden  Antrag  gesteuert,  da  nun  ein 
Bnch  von  drei  bis  vier  Lehrkörpern  geprüft  werde. 

Landes-Schulinspector  Dr.  Tumlirz  sagt,  die  Sache  müsse  sehr  reif- 
lich nberl»>gt  werden;  «lenn  *te  luibe  eine  praktischCt  eine  pädagogische, 
eine  gesetzlielie  und  eine  rechtliche  Seite. 

In  praktischer  Hinsicht,  insofern  es  sich  um  die  Eiicichteruni,'  der 
Freizügigkeit  der  Schüler  handle,  sei  ja  ohne  Zweifel  der  Antrii>^  voll- 
kommen begründet.  Man  habe  daher  auch  in  manchen  LKndem  schon  den 
Versuch  gemacht  Aber  auch  diese  Seite  habe  ein  Bedenken:  Ist  es 
wdnsehenswert,  daas  die  Schaler  oft  wechseln?  Und  soll  man  anf  die 
wenigen  Schüler,  die  die  Anstalt  wechseln,  das  Hauptgewicht  legen? 

Da*  ist  gewiss,  daas  ein  Lehrer  seinen  Oe;.,'rn!*tjind  umso  besser  be- 
handelt, je  genauer  er  sein  Lehrbueh  kennt.  Aber  nicht  in  jedem  Gegen- 
stande ist  en  notli wendig,  da^x  man  (wie  z.  B.  in  der  iiiteiniüchea  Gram- 
matik» das  Buch  bis  auf  den  let/ti  n  Beistrich  kenne. 

Aber  auf  eine*»  mache  er  autuierkMiui ,  auf  §  54  des  Or^anisationg- 
entwurfe«.  Während  der  Lehrer  in  der  Volkwchule  sich  streng  uns  Buch 
sn  halten  habe,  mOase  der  Lehrer  am  Gymnasium  frei  vortragen,  aber  ao, 
dass  der  BchOler  den  Stoff  im  Buche  finden  und  nach  demselben  lernen 
kOnne,  Das  Lehrbuch  begründe  nur  den  Lehrgang  {z.  B.  Curtius  und 
Hintner,  Stoff  der  III.  Cla>so).  Stehen  wir  auf  diesem  Standpunkte,  so 
hänge  die  Wahl  des  Lehrbuc  h«  davon  ab,  ob  der  Lehrgang  der  Über- 
zenjrnnf»  des  Lehrer.-»  entspreche.  Und  damit  habe  <l«  r  Lehrer  eine  kostbare 
Freiht'it.  Auch  in  der  Bürgersrhtile  stehe  dem  Lehrkörper  die  Wahl  des 
Lehrbuches  zu,  in  der  Volksschule  nur  d^r  Bf7irk«l«'hrerrnnfernnz.  Narl> 
dem  vorliegenden  Autrage  wäre  lia»  GymniMiuni  uer  Vulk-srnuN'  «^h  u  h- 
gestellt  Diese  rechtliche  Seite  der  Frage  falle  «ehwer  in-  Gewicht. 
Denn  mit  der  Wahl  des  Lehrbuches  hftngt  auch  die  Freiheit  des  Lehr- 

14* 

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200 


Vereinsnachrichten. 


gftnget  wetentlich  »iiainmeii.  Der  Antrag  bietet  wohl  praktische  Vorthetle. 
aber  er  involviert  dne  Schädigung  eines  wichtigen  Rechtes  der  Lehrer, 
eines  Beehtes,  welches  auf  die  Hebung  de»  didakÜHchen  Wertes  der  Lehr- 
bücher wesentlich  Einfln?«  genommen  hat.  Mit  dem  Verzichte  auf  diese» 
Kecht  würde  eine  Verknöchernnjür  der  Lehrbücherliterntuv  nir treten  und 
«iamit  fine  Hommun«^'  in  der  Entwicklunef  rinsprf»«  Gymnasiiahveiiend.  Auüer- 
deui  seit  n  t,'erado  in  der  Bukowina  zwei  Anstalten  j^ezwun^jen,  diejenij?**n 
Lehrbücher  zu  verwenden,  von  denen  es  Übersetzungen  ins  Uuiuänibche, 
betiebnogMweiM  Rntheniache  gebe.  Sollten  dechalb  auch  die  fibrigen  An- 
stalten dieselben  BSeher  Terwenden  müssen? 

Und  wenn  s.  B.  swei  Anstalten  fttr  die  EinfDhrnng  eines  Boche«  sieb 
Aussprechen  und  zwei  daj^egen,  wer  sollte  dann  entscheiden?  Der  Landes- 
Kchulrath  dürfte  die«  nicht,  und  das  Ministerium  dürfte  es  ancb  nicht  thun: 
denn  (}'\^'■^  wäre  ^je^en  den  mit  Allerhöchster  Entschließung  genehiui^teii 
Or^anisationseniwurt".  Der  Landes-SchnliTT^pector  könnte  übrigens  auch  die 
.Stimmen  nicht  zahlen,  er  müsste  «ie  wägun. 

60  ^raktiscii  aUo  auch  dieser  Antrag  vom  Stiuuipuuiite  der  Eitern 
wfiro,  so  wenig  wive  er  vom  Standpunkte  der  Methode,  des  Gesetzes  und 
des  gewährleisteten  B«dites  an  empfehlen. 

Dr.  Frank  weist  unter  anderem  daranf  hin,  dass  ancb  die  Ans- 
fÜhrang  dieses  Beschlusses  auf  große  Schwierigkeiten  stoßen  würde.  Zuerst 
niOsste  an  jeder  Lehranstalt  eine  Conferens  stattf  nden,  dann  müssten  Be- 
legierte gewählt  werden.  Welch«'  Rechte  sollten  diese  haben?  Sollten  sie 
die  Beschlüsse  der  Conferens^,  von  der  sie  entsendet  wurden,  umändern 
können  ? 

Prof.  Schwaiger  meint,  daj>s  mit  der  Einl'ühruni^  diesen  Primipej 
jeder  Fortschritt  aufhören  müsste.  Gar  uianoher  würde  trotz  wiederholten 
Vennches,  ein  nenes  Bnob  einsaführen,  nicht  durchdringen,  er  wHrde 
daher  in  seinem  Eifer  nachlassen  und  naeh  und  nach  «cfa  Überhaupt  um  ein 
neues  Buch  nicht  mehr  kümmern. 

Gymnasiallehrer  Dr.  Her  sog  tbeilt  mit,  dass  sich  der  Lehrkörper  des 
li.idautzer  Gymnasiums  trotz  der  auOerordentltcben  Verehrung,  die  man 
alUeits  ^'pj^n  Sehulrath  Klauser  hejfo,  dem  Vorschlajre  desselben  nicht 
anechlieÜen  k'inn''.  ^^.lT1  dürfe  ein  Buch.  einen  Fortschritt  bedeute, 
der  Jugend  nicht  vorenlhaiten,  umn  dürfe  die  Rechte  der  Tjehrer  nicht 
verkürzen,  und  auch  der  Verfasser  und  Verleger  hätten  ein  Kecht  darauf, 
licrückäichtigt  zu  werden. 

Prof.  Dr.  Spitzer  ist  der  Ansieht,  dass  sich  ein  Mittelweg  werde 
finden  lassen:  es  sollten  Delegierte  sor  jedesmaligen  Beratbung  über  neu 
eincoführende  Bücher  gewühlt  werden,  doch  sollten  ihre  Beschlüne  nicht 
bindend  sein.  Es  konnte  ja  auch  im  Vereine  .,  Mittelschule"  ein  Meinungs- 
aufttausch  stattfinden  und  so  über  gar  viele  Bücher  eine  Einigung  encielt 
werden. 

Diesem  Vor-chlML'e  'schließt  >ich  Sch'i]r:itli  I<ope<5ciil  an,  indem  er 
beantragt,  e*  «oHe  jcdiT  Lein  er,  der  ein  neues  Buch  einführen  wjil.  dies 
dem  Vereine  luittheiien,  und  in  der  darauffolgenden  Sitzung  sollte  darüber 
verhandelt  werden. 

Dir.  Faust  mann  wundert  sich  darüber,  dass  man  soviel  von  Stabili- 
tät der  Lehrbücher  spreche,  die  insbesondere  im  Interesse  der  Eltern  ge- 


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VereimnAichrichteii. 


201 


lp<»(»n  sei.  Aber  selbst  wenn  immer  duM^eibe  Buch  voi  weiulet  wrrdc,  könne 
uiiiii  nicht  von  Stabilität  und  deren  Nutzen  >-[irO(.  hen ,  weil  ja  eine  neue 
Auilagt*  desaelben  Buches  6ich  ?on  der  vorangehenden  Ott  ebenso^hr 
unteneheide  wie  smn  fftm  Tenebiedeno  Bücher.  Die  Andagen  der  Eltern 
werde  maa  daher  dordi  eine  lolcbe  Stabilittt  nicht  weeentlich  Terringem. 

Landee-Schnlinspector  Dr.  Tum  I  irt  fügt  seinen  frOberen  Aosf&hrangen 
noch  ein  paar  Worte  hinza,  um  nicht  missverstanden  zu  werden. 

Er  ist  durchaus  nicht  für  einen  allsa  raecben  Wechsel  der  Lehr* 
bücher.  und  viele  Ministeiialvtucudnnn^en  fordern  ja  eine  mdglichat  weil- 
gehen<lo  Staltilität.  Aber  ein  übertriebenes  Festhalten  an  den  gebniuchten 
Lehrbüchern  hätte  atjcli  seine  üblen  Folj^en.  Ut  ein  Mathematikbuch  zu 
lange  im  Gebrauche,  ^  kann  sicii  der  tichüier  auch  um  geringes  Geld  die 
Auflösungen  der  mathematischen  Arbeiten  kaufen;  ebenso  gibt  es  sehr 
bald  neben  den  lateinischen  Obung^bacbem  die  geschriebenen  Übeisetann- 
gen.  Dann  lernen  die  Schfller  nichts  mehr.  In  Österreich  hatten  von  1801 
bis  1848  alle  Lehranstalten  dasselbe  Buch;  in  Deatsohland  hat  fast  jedes 
Gymnasium  andere  Bücher.  MOiste  er  von  diesen  beiden  extremen  Rieh- 
tungen eine  wählen,  so  w&re  er  eher  fQr  die  Verbältniiise,  die  in  Deutsch* 
land  herrschen  Er  wilre  mit  dem  Vorschlage  ganz  einverstanden.  w«»nn 
kein  Zwang  ausgeübt,  sondern  nur  auf  dem  Wege  vertraulicher  Be- 
sprechungen eine  PJini^ung  erzielt  würde. 

Prot.  Schwaiger  i»t  gegen  den  Autrag  des  Schulrathes  laopescul, 
dass  jeder  Lehrer,  der  ein  nenes  Buch  einführen  will,  verpflichtet  sein  soll, 
dieses  dem  Vereine  mitsntheilen ,  weil  damit  wieder  ein  Zwang  ausgeübt 
würde,  und  weil  dann  jeder  Lehrer  auch  genSthigt  wäre,  dem  Vereine 
bmutreten. 

Schulrath  Dir.  Klanser  wundert  sich,  dass  er  von  so  vielen  Seiten 
missver^tanden  worden  sei.  Dass  er  durchaus  kein  Feind  des  Fortschrittes 
sei,  lind  diujs  C9  ihm  ^ewis.s  auch  nicht  lieifallen  wür<b' ,  di»*  Rpclirc  de« 
einzelnen  Lehrers  zu  beschränken,  das  wissen  alle,  die  ihn  kenneu.  F,r 
habe  .sich  liie  8acUe  ho  vorgestellt,  dass  nach  einer  möglichst  eingehenden 
Berathung  in  den  einzelnen  Lehrkörpern  auf  friedliche  Weise,  ohne  jeden 
Zwang,  in  Besag  anf  die  meisten  Bücher  sich  werde  eine  Einigung  er^ 
zielen  lassen.  Wo  eine  ESnigung  nicht  su  erreichen  ist,  da  mOge  jeder 
Lehrkörper  seine  eigenen  Wege  gdien.  Dass  ein  derartiger  Wunsch  auch 
anderweitig  platzgreife,  das  beweise  der  61.  Band  der  Directoren -Ver^ 
Sammlungen  in  Deutschland.  Er  wolle  nicht  weiter  seinen  Antrag  ver- 
theidigen,  er  überlasse  ihn  der  Ent.scheidun>^  der  Versammlung;  gern  ziehe 
er  die  oi-ste  Haltte  seines  Antrages,  durch  die  leicht  ein  Missverständnis 
liervoigeruten  werden  könnte,  zurück  und  beantrage:  Es  seien  an  allen 
Gymuabien  der  Bukowina  möglichst  gleiche  Lehrbücher  einzuführen  und 
darüber  in  der  ^Mittelschule"  zu  berathen. 

Landes-Schulinspectcr  Dr.  Tumlirs  befürchtet,  es  künnte  sich  der 
Verein  auf  diese  Weise  die  Unsuüriedenheit  manches  Lehrm  snziefaen; 
daher  gibt  er  dem  Antrage  die  Form:  Es  ist  wünschenswert,  dass  auf 
dem  Wege  des  freien  Übereinkommens  möglichst  gleiche  Lehr- 
bücher an  den  Gymnasien  der  Bukowina  eingeführt  werden. 

Diese  Resolution  wird  einstimmisr  angenommen  und  wird  nun  von 
der  Vereinsleitung  den  einzelnen  Directionen  mitgetheiit  werden. 


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202 


VereinanachrichteQ. 


Dritter Q^mtand der Tagmordniitiff :  FortsetBungderBeratbung 
aber  die  Anfnafamtprflfungen  in  die  höheren  Clasien  der 
Mittelechnlen. 

Zar  Berathung  werden  die  Vorschläge  des  Ausschnssee  über  die 
Prüfungen  aus  der  classischen  Philologie  vorgel^t. 

Prof.  Saxl  möchte  den  Zugatz  aufgenommen  wissen,  da^s  von  der 
Priifang  alle  Din^e  aubge^ichlosaen  sind,  die  durch  den  lebendigen  Vortrag 
des  Lehreiä  gegeben  worden. 

Da  nach  einem  Emwuiie  des  BerichterstaUeis  i'rof  Di-,  l'olaschek 
die  Beispiele,  die  Prof.  Saxl  daau  anfährt  (liealien  etc.),  leicht  zu  einem 
MisBventftndniiie  Antam  geben  könnten,  beantn^  Lattdes*Schulin«|ieetor 
Dr.  Tnmlirs  die  Form:  Es  solle  das  Babjecti?e  Moment,  das  bei 
der  Behandlang  des  Gegenstandes  seitens  des  Lehrers  zur  Gel- 
tung kommt,  bei  dieser  Prüfung  ganz  zurücktreten.  Der  Lehrer 
soll  sich  auf  den  Standpunkt  des  Buches  stellen,  aus  dem  der  Schiller  ge- 
lernt hat,  auch  dann,  wenn  er  eine  andere  Ansicht  vertritt.  Es  soll  also 
alles  wegfallen,  was  auf  der  individuellen  Auffassun^r  und  Methode  dw 
Lehrers  beruht  und  nicht  aus  dem  Lelirbuche  gelernt  werden  kann. 

Gymnasiallehrer  Dr.  Herzog  beantragt,  es  sollen  die  vom  Sonder- 
aiMsohvsie  TOfgesehlagenen  Können  für  die  Aulnahrasiirfif angen  ans  Latein 
and  Griechisch  eti  bfoe  angenommen  werden. 

Nach  Verletnng  dieser  Normen  werden  dieselben  ohne  weitere  De- 
batte angenommen. 

Vierter  Gegenstand  der  Tagesordnung:  Anfragen  und  Anträge. 

Landes-Schulin^pector  Dr.  Tunilirz  hält  es  für  dringend  noth- 
wendig:,  dass  diejenigen  Themata,  die  von  einem  Mitgliede  des  Vereines  am 
VI.  Mittelschultage  in  Wien  zu  O.^tern  behandelt  ^v(  i  ien  sollen,  schon 
am  nächsten  Abende  besprochen  werden.  Es  ist  für  tien  Referenten  von 
großem  Vortheile,  wenn  er  rechtzeitig  auch  die  Ansichten  anderer  gehört  hat. 

Der  Yorritiende  theilt  mit»  dass  vier  Vortrüge  für  den  Mittelscbnltag 
angemeldet  seien.  Wie  weit  Dr.  Lederer  und  Dr.  Perkmann  bereits  in 
ihren  Vorarbeiten  aeien,  wisse  er  nicht.  £r  selbst  habe  zwei  Themata  an- 
gemeldet: Die  Dienstpragmatik  und  die  Reform  des  Prüfungs- 
wesens. Das  erste  Thema  sei  im  Vereine  bereits  berathen  worden,  ü)>er 
das  zweite  Thema  hoffe  er  am  n&chsten  Yerainiabende  berichten  zu 
können. 


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Standesfr£^en 


Referat  über  die  Dienstpr«^matik. 

Gehalten  am  VI.  deuUch-t»ssterrejchiöchen  Mittekchultage  in  Wien,  Ustern 
1897,  von  Prof.  Norbert  Schwaiger  aus  Czemowitz. 

Bevor  ich  niit  dem  Koforate  beginne,  erlaube  ich  mir.  nni  einer  Ent- 
täuschung vorzubf u|?en,  pleich  iui  vorhinein  darauf  autiu<'rKsiim  z\i  machen, 
dass  ich  erstens  nicht  einen  von  mir  aufgearbeiteten  Entwurf  einer  Dienst- 
pragraatik,  Monäent  Vorschläge  der  „Bukowiner  Mittelschule"  Yorsalegen 
habe,  und  sweiteos,  da»  ich  aicht  einen  Tollitändigen  Entwurf,  toDdern 
nnr  eine  lieilftufige  SIdae  einer  Dienttpragmatik  vor  Ihnen  entwickeln 
werde. 

Den  Anlaas,  sich  mit  der  Sache  sn  beschäftigen,  gnb  unserem  Vereine 
ein  Vortrag  des  Prof.  Dr.  Spitaer  aus  Radautz  am  11.  Januar  1896 
^über  die  Nothwendi^keit  eines  £»rnndle«fenden  Gymnasialcfesetzes".  worin 
derselbe  beantragte,  da^s  der  Verein  sich  über  die  Schaffung  eines  solchen 
Gesetze«  ausspreche  und  auch  die  anderen  V<Meine  einlade,  sich  mit  der 
Frage  zu  beschäftigen.  Es  wurde  im  Vereine  ein  Sonderautu^chuss  gewählt, 
der  die  Frage  «tndieren  und  bis  snr  nftcfaeten  Sittong  Herieht  erstatten 
•oUte.  Anl  Onmd  dea  Beriditea  denelben  bat  sieb  der  Verein  sodann  in 
der  Sitaang  am  15.  Februar  1896  lunäcbet  dahin  ausgesprochen,  dass  die 
Schaffung  ein»  Gymnasial gesetzes  zwar  wflnschenswert  nei,  dasi  jedoch  in 
erster  Linie  die  gesetzliche  Feststellung  einiger  anderer  Dinge,  namentlich 
einer  Dipn<?tpragmatik.  angestrebt  werden  nius^e.  Es  wurden  die  vom  Sonder- 
ausschüsse namhaft  <ri^rT5;ichten  Punkte  angenommen,  aber  der  Sonder- 
ausschuss  ersucht  ^(nue  Ari)eiten  zu  erfjiinzen.  In  der  Sitzun«/  am  M.  Miirz 
1896  wurden  sodann  im  wesentlichen  die  Punkte  angenommen,  die  ich 
heute  der  hochgeehrten  Versammlung  vorlegen  werde. 

Es  worden  nnn  die  anderen  Vereine  eingeladen,  sich  an  der  Aus- 
arbestnng  einer  Dienstpragmatik  za  bethetligen  und  sich  über  die  Tor^ 
gelegten  Punkte  awsnsprechen,  sowie  ihre  WQnsche  nnd  Ansichten  bekannt* 
zugeben. 

Die  Prager  erklärten  ihre  Bereitwilligkeit,  mitz.uthun,  wünschten 

aber  vorerst  eine  detailliertere  Ansarbeitunpr  Hnes  Entwurfes  einer  Dien'^t- 
pragmatik;  Linz  ilul.^erte  sicli  im  selben  Sinne  und  schbi^,'  vor.  dam  die 
Sache  einer  am  Mittelnchultage  zu  wählenden  Commission  übergeben» 


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204 


Standesfragen. 


daas  die  Dienrtimginatik  aelbst  noch  nicht  ala  Berathungsgi^genttaiid 
aogesetst,  sondern  am  Mittelaohultage  nur  jene  Gommianon  gewählt 
werden  solle. 

Tn  Wien  haben  sich  die  drei  Vereine  „Mittelschule",  „Realschule". 
,8upplentenver^in"  sofort  an  die  Arbeit  gemacht,  nnd  sowfit  ihre  Be- 
rathuDgen  zu  einem  AUchlusse  gelangten,  wird  Prof.  D aurer  in  meinem 
Correferate  berichten,  üm  hinsichtlich  der  Snpplenten  die  wichtigsten 
Gesichtspunkte  in  das  Elaborat  autzuuehmeu,  wandte  sich  unser  Verein 
an  den  Sopplenten^erem  mit  der  Bitte,  uns  «eine  WOneehe  mitintheilen. 
Da  jedoch  seine  Beschiflsae  erst  in  den  letzten  Tagen  bekannt  worden, 
konnte  unser  Verein  nicht  mehr  Stellmig  daca  nehmen.  Prof.  Danrer 
wird  jedoch  aneh  darftber  berichten. 

Unser  Verein  schloss  sich  nun  dem  Vorschlage  der  Linzer  an,  die 
pnd^'iltige  Ausarbeitung  einer  Dienstpragmatik  einer  am  Mittelscliultage  zu 
wählenden  Comruissinn  zu  übergeben,  meinte  jedoch,  dass  dieser  CommiK'^ion 
eine  iJirective  gegeben  werden  «oilte,  dass  daher  der  Mittelschultag  über 
die  leitenden  Grundsätze  sich  aussprechen  müsse,  und  so  «»utschloss  >ich 
der  Verein,  eine  kurze  Skizze  einer  DieoütpragiDtitik  mit  Betonung  einiger 
Geaichtsponkte  vorsolcgen.  fia  war  gar  nicht  die  Abaicht  dea  Vereines, 
hier  etwas  Vollat&ndigea  vorsnl^en,  sondern  es  war  ihm  äarom  an  thnn. 
die  Sache  der  DienstpragmaÜk  in  Fluss  su  bringen. 

Es  iit  kaum  nöthig,  über  die  Bedeutung  der  Sache  viele  Worte  zu 
verlieren.  Seit  Decennien  erhebt  sich  von  Jahr  zu  Jahr  stets  lauter  und 
ulltreiT'.einer  aus  der  ganzen  Beamtenschaft  der  Ruf  nach  einer  Dienst- 
pragmatik. Sie  ist  im  Sinne  des  modernen  Kechtsslaates  ein  Bedürfnis 
aller  Beamtenkategorien.  Wie  ein  Alp  liegt  es  auf  dem  Gemüthe  de« 
Beamten,  da^i*  nirgends  seine  liechtsverbältnisise  gesetzlich  bestimmt  sind, 
dass  stets  nur  von  seinen  Pflichten,  fitst  nie  von  Beizten  gesprochen  wird. 
Nicht  selten  drftngt  sich  ihm  daher  der  Gedanke  ao^  daas  die  Ehre,  Staats- 
beamter an  wem,  mit  dem  Versichte  auf  manche  Rechte  gegenfiber  anderen 
Staatsbürgern  theuer  erkauft  aei.  Soll  dieaes  Gefühl  der  Unsicherheit  und 
Beunruhigung  beaeitigt  werden,  so  müssen  die  Rechte  wie  die  Pflichten 
gleich  fest  normiert  und  umschrieben  sein.  Wer  .«lich  .«selbst  achtet,  will 
neben  seinen  Pflicbtpn  anoh  seine  Kechte  kennen.  Das  Bedürfnis  nach  dem 
Hechte  i^t  geradezu  t l'rämisse  eines  achtbaren  Charaktei^,  und  es  ver- 
liert jeder,  dem  dieses  bedurinis  abgeht,  den  Anspruch  auf  unsere  Achtung. 
Aber  es  genügt  noch  nicht,  das  Rechtsbedür&iis  zu  haben,  es  moss  auch 
jeder  aich  um  aein  Becht  kümmern.  Es  iat  nach  Ihering  eine  unrichtige 
Idee,  daas  sich  das  Recht  thatenloa  von  selbst  bilde,  dasselbe  mum  viel- 
mehr  durch  eifriges  Bemflhen  errungen  werden*  »Der  Kampf  ums  Recht 
ist  eine  Pflicht  des  Berechtigten  gegen  sich  selbst." 

Selbstverständlich  gehört  dazu  aber  auch  die  Einsicht,  dass  jede?) 
Amt  Pflichten  und  damit  auch  einige  Beschränkungen  auferlegt;  allein 
die.selben  sollen  nicht  härter  sein,  als  es  die  Interessen  des  Dienstes  noth- 
wendig  erheischen. 

Die  Autgabe  einer  Dieutitpragmatik  wird  en  daher  beiu,  solche  Be- 
stimmungen SU  treffen ,  dass  Interesie  des  Dienstes  dadurch  toU  und 
gans  gewahrt  erscheint,  dass  jedoch  jede  unnfithige  Schrnftlerong  von 
Rechten  vermieden  werde.  Eh  kannte  nun  geragt  werden,  der  ente  Xheil 


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Standesfmgen. 


205 


Her  Aufgabe  könne  geU'0<!»t  der  hohen  Ke^ieriinj^  lilHniasÄen  u^rden.  und 
nur  der  zweite  Tbeil  sei  Öache  der  Beamten.  AHein,  wer  et«  luit  »einem 
fierofe  enut  nimmt,  dem  wird  auch  dag  Wohl  and  Oedeiben  der  Sache, 
der  er  dient»  am  Henen  liegen. 

Beide  Geeichttponkte  und  also  an  btrflelEsiehtigen,  Wahranj^  des 
Staateinter  -  >  s  und  Vermeidung  jeder  unnOthigoi  Bechttbeechrftakung  des 
Beamten.  Nach  beiden  Seiten  kann  gefehlt  werden.  Kfimniert  man  sich 
bei  der  ScbafFunp  einer  Dien«tpra$?matik  zn  wenig  um  die  Int*n(»8sen  des 
Dienstes,  so  machen  wir  die  Vorschläge  tnranno!ni;?)ar :  gehen  wir  in  den 
Vorsschriftpn  zu  weit,  no  kann  e«  «ein,  Uhös  wir  uns  .-.clbst  nnnöthige  Fesseln 
anlegen,  datü)  unsere  Vorschläge  weniger  liberal  sind.  aU  es  ein  etwaiger 
R^emngsentwarf  wSr^. 

Eine  Oefabr  in  letzterer  Hineicht  Hegt  nun  darin,  wenn 
man  sn  detaillierte  Bestimmungen  macht;  daher  sind  aneb, 
Ton  diesem  Oesichtspnnkte  ausgebend,  unsere  Vorschläge 
nicht  ins  Detail  gehend. 

Soviel  im  allgemeinen.  Waa  aber  von  der  Dienstpragraatik  filr 
.Staatsbeamte  überhaupt  gesagt  wurde,  gilt  auch  für  die  Dienstpragmatik 
der  Ijehrpersonen  an  Mittelschulen.  I>a*«  sie  nur  einen  kleinen  Krnchtheil 
der  ganzen  Beamtenschaft  bilden,  kann  nicht  etwa  ein  ArLrnnient  dafür 
sein,  dass  sie  keine  Dienstpragmatik  brauchen,  sondern  spricht  nur  umso- 
mehr  fllr  die  Kothwendigkett  derselben.  Die  Beiondeihdt  der  Yerbältaiase 
aber  bringt  es  mit  «ich,  dass  auch  die  Dieastpragmatik  eine  besondere 
sein  mOsse. 

Ich  schreite  nnn  zur  Erstattung  des  eigentlichen  Referates .  indem 

ich  eine  Art  übersieht  gebe,  was  unserer  Ansicht  nach  eine  solche  Dienst- 
prngniatik  alle"  enthalten  soll,  und  indem  ich  betreffs  einzelner  Punkte 
un^^ere  iip^ondf  rcn  Wünsche  anttihr»^  Wenn  hier  in  einer  Dienstpragniatik 
fTir  Lffi r|iersonen  auch  über  den  SVirkungskreis  des  Tiundesschulrathes  und 
Landes-.Schulinspectors  gei^prochen  wird,  so  wird  die»  damit  gerechtfertigt, 
dass  es  wohl  kaum  zu  vermeiden  ist,  in  einer  solchen  Dienstpragmatik  das 
Gren^biet  swischen  den  Mittelschullehrpenonen  und  den  nftchsten  Schul- 
behCrden  wenigstens  sa  streifen. 

Omti  Aber  die  Bienstordniiiig  an  Kittelgchnleii« 

Die  Diemtpragmatik  regelt  das  DienstTerh&ltais  der  Lebrpettonen  an 
Mittelschulen.  Sie  handelt  demnach: 

T.  von  den  Erfordernissen  der  Anstellung, 

II.  von  der  Besetzung  der  Dienstplatze. 

III.  von  den  Aiiitsiinichten  und  .Auitsvcrrichtunpren  der  I-ehriiersouen. 

IV.  von  dem  \V jriciin}7?krei<ie  des  ^ialHlt•^^«t•hul^■atllei»  in  lie^ug  auf 
Mittelschulen,  des  Landes-Schulinspectors  und  der  Lehrerconferenz, 

V.  von  den  Rechten  der  Lehrpersonen, 

YI.  von  der  Penrioniemng  der  Lehrpenonen, 

Vil.  von  der  Anifibung  der  Disciplinargewalt  über  Lebrpersonen. 

I.  Von  den  Erfordemiwen  der  Anstellung 

a)  im  allgemeinen: 

1.  die  österreichische  ätaatsbürgerschaft, 


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206 


Standesfragen. 


8.  die  Ältengreme  oder  AltenoMlieicht, 
8.  die  Unbetclioltenbeit  des  Yorlebeaa, 
4.  die  phyiische  Eignung; 

b)  im  besonderen: 

1.  die  ztirnckjfcleg'ten  rorpeschneLenen  Stn'liVn, 

2.  die  wissenschaftliche  Befahigungsprüfung  verbunden  mit  einer  Probe* 
praxis. 

II.  Von  der  Besetzung  der  Dienstplätze. 

1.  Lelircrkntegonen. 

2.  Erneu lui Ilgen. 

3.  CöQCuräausäcbreibung. 

4.  Bewerbnngsgesucb  und  Belege. 

5.  Bei  Beaeteangen  T<»t  DienatpULtsen  und  Erstattung  Ton  Vonchlägen 
xa  beobaehtende  GrundAtze. 

6.  Hindernis  der  Verwandtwliait  und  SehwftgenchafL 

7.  Zeitpunkt  des  Dienstantrittes. 

8.  Aldcgunt;  des  Diensteides  und  AnwcifUOg  der  Bezüge. 

9.  Tausch  von  Dienstidillzen. 

10.  Verzicht  auf  eine  Dienststelle. 

11.  Versetzung  aus  Dienstesrücksichten. 

12.  Aufnahme  von  Probecandidaten. 

IIL  Von  den  Amtspflichten  und  Amtivenriehtungen  der  Lehrpenonen. 

1.  Allgremeine  Bestimmungen. 

2.  Wirkungskreis  des  Dircctors, 

3.  dp«i  definitiven  Lehrers, 

4.  de>^  provisori.xelion  Lehrers. 

5.  des  Supplenten  und  Hillslehrers, 

6.  des  Probecandidaten, 

7.  des  Kebenlehrers. 

IV.  Wirkungskreis  den  Landesschulrathes  in  Be/ug  auf  ICittelBchnlen»  des 
Landes-Schulinspectors  und  der  Lehrerconferens. 

1.  Des  I^indesschulrathe«. 

2.  Des  Landes-Schnlin-|n'ctor8. 

3.  Der  Lehrercouleienz. 

V.  Von  den  Rechten  der  Lehrpersonen. 
1.  Ungehinderte  Ausübung  «Her  steAtsbilrgerlicfaen  Rechte. 

8.  Titel  und  Bang. 

d.  BesOge,  Arten  derselben  und  Anweisung. 

4.  Schulferien. 

5.  Urlaub  aus  besonderen  Anläfnen. 

6.  Vorrückung  in  eine  höhere  ünhalTs-  und  Rangsclaase. 

7.  Benefieien,  all  gemein«  und  besoudeie. 
ö.  lausch  von  Dienstplätzen. 

9.  Verzicbtleistung  auf  eine  Dienststelle. 

10.  Einsichtnahme  in  die  QualiflcationstabeUe. 

n.  AusQbnng  eines  Vorstellungs-,  beziehungsweise  Beschwerderechtes. 


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Staiide«frng«L  207 

VI.  Von  der  Penmonierung  der  Lehrpersonen. 
Auf  Grundlage  des  Pensionsge^^tzes. 

Vn.  Von  der  ADtabung  der  Dieeipliiiargewali  über  LehrperMoes. 
Besondere  WOnsche  und  Vorschlfl^e. 

1.  Ad  16  2.  Im  Hinblicke  darauf,  dass  bei  einer  Art  diT  Mittel- 
schulen, den  Tiehrerbildunfäfmnstalten  nämlich,  kein  Probetnenniiim  be- 
steht, hätte  auch  bei  den  anderen  Mittelschulen  dasselbe  nach  zulVieden* 
atellender  AUegung  det  Probejahre»  ta  eatfollen ;  erschiene  jed<M^  diew« 
Verlangen  ale  anasiehtelos*  eo  eei  wenigstens  die  Supplentendienstieit  für 
das  Probetrienninm  einsnbestehen. 

8.  Damit  alle  Dienststellen  der  allgemeinen  Bewerbung  otFen  bleiben, 
soll  nach  Möglichkeit  fSr  jede  frei  gewordene  Stelle  der  Conenrs  aa»> 
geschrieben  werden. 

3.  .Todor  Lohrperäon  i>t  die  holiobirr*'  Kiiisiclitniihmf  in  dir-  Qnalilica- 
tionstabellen  gestattet;  en  sind  genaue  Bestimmun<^pn  iuitziistellen,  wie  ein 
Vorstellung«-  oder  Beschwerderecht  dagegen  ausgeübt  werden  könne. 

4.  Soweit  die  Beförderung  in  eine  höhere  Rangsclasse  von  den  snrttck* 
gelegten  Diensyahren  abh&ngig  ist,  hat  die  SchnlbehOide  den  Zeitpunkt 
wabrnmehmen  ond  von  amtswegen  den  beaflglieben  Vorschlag  rechteeitig 
an  erstatten. 

5.  Bei  Auflösung  einer  Anstalt  sind  die  Lehrpersonent  welche  systemi- 
»ierte  Posten  innehatten,  von  amtswegen  thunlichst  an  andere  gleichartige 
Anstalten  perren  Verp;^utnTip  der  Übersiedlungskoslen  zu  veroetzen.  Sonst 
kann  eine  Versetzung'  nur  über  eigenes  Ansuchen  oder  auf  Urund  eines 
Disciplinarerkenntniss«'-!  erfolgen. 

6.  Die  Competenz  der  Ijandesächuirathsgreaiieu  in  Bezug  auf  i^ersonalien 
und  nomatiTe  Bestimmungen  i^t  gesetalicb  an  regeln,  besiehnngsweise 
einanschrftnken.  (Oft  fehlt  die  nOthige  Sachkenntnis,  poKtisohe,  nationale 
ond  persönliche  Hottve  sjMelen  eine  Rolle  an  Ungunsten  der  Objeotivitftt; 
da  es  mit  der  Wahrung  des  Amtsgeheimnisses  meist  nicht  genau  ge> 
nommen  wird,  so  werden  die  intimsten  Vorfalle  in  Personal-  und  Amts» 
Verhältnissen  in  die  Öffentlichkeit  getragen,  die  BeschltLsse  hängen  oft  nur 
von  einer  zufälligen  Majorität  ab.) 

7.  Dringend  erforderlich  erscheint  die  möglichste  Aufl;,'ieichnng  in 
Bezug  auf  Ordinariate,  Custodiate  und  ähnliche  Functionen.  Es  sind  hieftlr 
entweder  ent.aprechende  Remunerationen  zu  fixieren  oder  aber  diese  Thätig* 
keit  als  eine  Ansahl  Stunden  in  die  LehrrerpOichtung  einsubesieben. 

8.  Es  mOge  eine  gesetxliche  Besehrftnknng  des  Ausmaßes  von  Über- 
stunden infolge  Abganges  einer  oder  mehrerer  Lehrkräfte  festgestellt 
werden. 

9.  Lehrpersonen,  welche  infolge  eines  körperliehen  Gebrechens,  z.  B. 
Taubheit,  für  das  Lehrfach  dienet untanglich  geworden  sind.  n!<er  sonst  nocl^ 
die  geistige  Kignnng  Ijesitzen,  mögen  nicht  j;leieii  in  ib-n  Huhefstand  ver- 
setzt, sondern  anderweitig,  etwa  als  Beninte  im  Mini-ti-nmn,  ],andes<oliul- 
rathe.  an  den  Universitäten,  als  Kanzlei-  oder  Bibliotheksfunctionäre,  bei 
Cnstodiaten  und  ähnlichen  Anstellungen  verwendet  werden. 


ijiyilizeQ  by  GoOglc 


208 


Standesfragen. 


10.  Betreffs  der  Austührung  des  Abschnittes  fiber  die  Ausübung  der 
Diflciplinargewalt  wird  vorgescblagen,  dass  die  Bestiminungen  derDisciplinar- 
Ordnung  für  die  Getiehtsbeamten  analoge  Anwendung  auf  Lehrpenonen 
der  Mitteiachulen  finden  mögen. 

Antrag  betreflb  Wahl  ainer  Commlssloii  kup  Ausarbaltang  der 

Dienstpragmatik. 

Der  VI.  deutsoh'österreicfaieche  Mittelschultag  wolle  b&> 

schließen: 

Es  sei  eine  Comnns'5ion  zu  wählen,  welche  den  vor- 
gelegten Entwurf  xur  Grundlage  der  Ausarbeitung  einer  in 
den  Hauptpunkten  vollständigen  Dienstpragmatik  zu  machen 
und  bis  zum  nächsten  Jahre  ein  lertiges  Elaborat  dem  Mittel- 
schuUage  (falls  die  Abhaltung  besehlossen  wird)  rorsnlegen 
oder  den  Vereinen  »ur  Vornahme  der  weiteren  Schritte  xu 
flbergeben  hat 

Correferat  über  die  Dienstpragmatik. 

Gehalten  am  VL  detttseh-Österreichisehen  llittelschultage  su  Wien,  Ostern 

1897,  von  Prof.  F.  Daurer. 

Das  Heferat,  welches  ich  Ihnen  SU  erstatten  die  Ehre  habe,  tohließt 
sich  vollständig  den  Ausführungen  des  geehrten  Herrn  Vorredners!  an. 
Nachdem  infolge  einer  Einladung  von  Seite  des  Vereine.^  .Bukowiner 
Mittelschule"  die  Vereine  „Mittelschule",  „Die  Realschule"  und  der  „Verein 
der  Supplenten  deutscher  Mittelschulen"  in  Wien  im  December  dieses 
Schuljahres  ihre  Bereitwilligkeit  erklärt  hatten,  am  Entwürfe  einer  Dienst- 
Pragmatik  fftr  unsocen  Stand  mitsuarbeiten ,  delegierten  deren  Anssohfisse 
je  drei  Mitglieder  in  ein  Comitä,^)  welches  vom  87.  Januar  bis  80.  Hftn 
d.  J.  unter  dem  Vorsitse  des  Prof.  6 löser  in  sahlreichen  mehrstündigen 
Sitzungen  unter  möglichster  Berücksichtigung  der  bereits  TOm  Vereine 
»Bukowiner  Mittelschule"  geiiissten  Beschlüsse  Berathungw  abhielt,  über 
deren  schließliches  Ergebnis  meine  Wenij^keit  den  genannten  Vereinen 
berichten  sollte.  Da  jedoch  bei  Kertipstellung  de>  Elaborates  schon  die 
Eröffnung  des  VI.  deutsch -Österreichisclien  MitteLscluiltarres  vor  der  Thür 
litaad,  hielt  ich  es  für  das  Beste,  einer  Einladuug  der  Geschäftsleitung  des- 
selben folgend,  ein  Correferat  vor  dieser  hochaubebulichen  VerBammlung 
SU  flbemebmen,  und  empfehle,  meine  Herren,  Ihrer  geneigten  Aufmerk- 
samkeit  folgraden 

Entwurf  einer  Bienstpragoiatik  für  ilns  Lehrpersonal  der 
k.  k,  österreichischen  Gymnasieu  uud  Aeaischuleu. 

1.  Hauptstaek. 

Von  den  Erfordernissen  zur  Anstellung  an  Staatsgymnasien  and 

Staatsreal  schulen. 

55  1.  Ei>te  Voraiiwetzung  der  Anstellung  an  einem  k  k.  Gymnsiüium 
oder  an  einer  k.  k.  Kealachule  ist  die  österreicbiscbe  Staatsbürgenichaft. 

')  Di«  Drli-git-rtou  wan  n  <li<'  Pi.>ff.  F.  P  r .  -  sier ,  II.  Ko  j>  |m!  n  s  t «> i  niT,  J.  W  i  <• «  n <>  r, 
F.  B.  Daurer,  M.  UIösit  und  J.  Meixiicr,  (ernor  diu  ijupplouu-n  Dr.  Q.  Kraiiscbek, 
R.  Kraioeiiwil  und  F.  Zimnert. 


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209 


§  8.  Der  Bewerber  vavm  die  pbjrsiiche  Eignung  tHat  den  Lehrberuf 
beaitien  und  darf  bOchttena  40  Jahre  alt  sein.  Stand  derselbe  aber  schon 
vorher  im  Miitelschnllehramte  durch  mehrere  Jahre  in  Verwendan>»  so 

ist  TOn  dieser  Altersf^renze  im  entsprechenden  Zeitausmaße  absusehen. 
8  l).  Znr  Vorbildung  für  das  Lehramt  wird  erfordert: 

1.  Die  absol  vierte  Mittelschule  und  ein  Ilochschnktudium  von  achtSenio.storn ; 
3.  die  be<^tan(lene  MittelschuUehramtsprütung  über  eine  der  vorgeschriebe- 
nen Fachgruppen; 

8.  das  an  einer  von  der  LandessehulbehSrde  bestimmten  Lehranstalt  ab- 
gelegte Probejahr.  Dieses  kann  erbMien  irerden,  wenn  nach  Erlangung 
des  Lehramtneugnisses  bereits  eine  mindestens  eiigfthrige  Verwendung 

im  Supplentendienste  stattgefunden. 
§  4.  Die  definitive  Anstellung  setzt  eine  vorai^gangene  dreijfthrige 
Verwendung  im  Lehramte  (dai  Probejahr  niiteingerecbnet)  voraus. 

II.  Haupislück. 
Von  der  Besetzung  der  Dienstplätze. 

§  5.  Vor  der  Besetzung  einer  Lehr-  oder  Directorstelle  wird  stets  ein 
Concun  anfl{getchrieben,  und  wird  bei  den  Lehrstellen  jene  den  Prüflings- 
Tonchriften  entsprechende  Fachgruppe  beieichnet,  hesQglich  welcher  die 
Bewerber  ihre  Lehrbefllbigung  naofamweisen  haben. 

Znr  Einbringung  der  Gesuche  wird  eine  Frist  von  mindestens  vier 
Wochen  gewährt.  Jedes  spätestens  acht  Tage  vor  Ablauf  der  Bewerbungs- 
frist der  Direction  der  Fiehranstalt  des  Bowt'rbers,  eventuell  der  betreffen- 
den Landesschulbehihdf  ütionuittelte  Anstellunffs^josuch  masi  alt  rcchtseitig 
eingebiHcht  angesehen  nud  in  Betracht  gezotffn  werden. 

Die  Erledigung'  der  Gesuche  erfolgt  innerhalb  dreier  Monate  nach 
AMauf  des  Bewerbungatermines,  und  es  kann  keinem  Bewerber  eine  andere 
als  die  in  seinem  Ansuchen  beseichnete  Lehrstelle  verliehen  werden. 

§  6.  Die  Gesnche  sind  mit  dem  Maturitätazeugnisie  einer  inlftudisehen 
Hittelsehnle,  dem  LehrbefähigangsMugniise  über  die  Fachgruppe,  bei&flglich 
welcher  die  Ausschreibung  erfolgte,  und  mit  der  Qualificationstabelle  tu 
belegen.  Es  bleibt  dem  Bewerber  anheinige^^tellt,  sonstige  einen  Vorzug 
desselben  begründende  Reilasren  beizubringen. 

§  7.  Steht  der  Bewerber  in  dienstlicher  Verwendung,  m  wird  ilim 
über  mündliches  Auäuchen  gestiittet,  in  die  von  seiner  Direction  erfoli^t  - 
Beurtheilung  seines  amtlichen  Wirkens  und  sonstigen  Verhaltens  Einnicht 
SU  nehmen.  Lautet  die  vom  IMrector  oder  von  dem  berufenen  Landes- 
Schulinspeetor  ausgestellte  Qualification  ungünstig,  so  wird  der  Betroffene 
von  amtswegen,  sei  es,  um  ihn  auf  Milngel  seiner  Amtsthätigkeit  oder 
seines  sonstigen  Verhaltens  aufmerksam  sn  machen,  sei  es,  um  ihm  «eine 
Kechtfertigung  zu  ermöglichen,  hievon  verständigt. 

§  8.  Bei  Erstattung  von  Vorschlä<,'en  zur  Besetzung  von  Dienstplätzen 
und  bei  der  Verleihung  der  letzteren  ?ind  vor  allem  din  im  öffentlichen 
Schuldienste  erworbenen  Verdienet«'  nial''^'>'l)end .  sie  sind  jeder  anden-n 
liückciKht  vorzuziehen.  Bei  der  Ernennung  eine«  Öupplenten  zum  wirklichen 
Lehrer  wird  nach  dem  Dienstalter  vorgegangen.  Übergebungen  sind  nur 
auf  Grund  eines  DisciplinarerkenntnisBes,  und  swar  nur  auf  die  Dauer  eines 
Jahres  aulftssig. 


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210 


Standeafragea. 


§  9.  Der  Antritt  einer  wirklichen  Lehrstelle  erfo!r,'t  stets  ;un  beginne 
eines  Semesters  nach  vorhertj:efjan^ener  Ableirnng  des  Uien^äteide.s.  Auch 
bei  den  Anstellunj^en  im  Supplenteudienste  wird  der  Diensteid  abgenommen. 

§  lü.  Die  Anweisung  dei*  Bezüge  hat  rechtzeitig  zu  erfolgen.  Sollte 
«ich  diesell^a  in  einselaen  F&lien  bei  der  BestelluBg  toq  Supplenten  Ter- 
xOgern,  so  hat  die  Direction  fQr  die  Aaaahliing  der  anticipativen  HoData- 
raten  aus  der  Directiomcaaee  aufxakommm. 

§  11.  Der  Tausch  ron  IKeniitpIfttieik  ist  in  berflckdchtigeiuwarieB 
Fftllen  gestattet. 

§  12.  Bei  der  Auflösung-  einer  Lehrnn5?talt  werden  die  definitiv  an- 
gestellten Lehrpf'rsonen  ausnuhnislos  und  von  amtswegen  an  andere  Mittel- 
•schulen,  jedoch  gf*gen  Vergütung  (h'r  Ühersie<l!nngskostt'n,  veiuetzt.  Sonst 
kann  eine  Versetzung  eioe»  Profesäorä  nur  über  »ein  eigenes  Ansuchen 
oder  auf  Gnmd  eines  Diieiplinarerkmntaine«  etattfinden. 

§  13.  Im  Falle  der  Versichileistung  auf  eine  Dienststelle  entscheidet 
die  Behörde  über  eine  eventnelle  Abfertigung  und  über  die  Belaasung  des 
Titels. 

§  14.  Die  Veraetsung  in  den  dauernden  Ruhestand  erfolgt  nur  über 
eigenes  Ansuchen  einer  Lehrperson  oder  zufolge  eines  Disciplinarerkennt- 
nisaes. 

Mit  {\üclo,icht  auf  §  1,  Ab-satz  2.  des  Gesetzes  von  9.  April  1870 
über  die  reaaiünsbehandlung  des  Lehrpersonales  und  auf  die  1  und  4 
des  Gesetzes  vom  14.  Mai  1896  betreifend  Bestimmungen  Qber  die  Yer* 
sorgungsgenflsae  der  Civilstaatsbeamten  etc.  hat  jede  Lehrperson*  welche 
das  60.  Lebenqahr  und  das  Diens^ahr  surüfikgel^gt  hat,  das  Recht, 
ohne  den  sonst  erforderlichen  Nachweis  der  Dienstnnfähigkeit  in  den 
dauernden  Ruhestand  zu  treten. 

Der  Ruhegenuss  beträgt  nach  ohne  Unterbrechung  vollstreckten  acht 
Dienfetjahren  40%  und  für  jedes  weitere  Dienstjahr  2*^'u%  (eventuell  für 
jedes  der  folgenden  *21  Dienstjahre  i-'-Vj"«.  für  das  '60.  aber  2^/\%)  de» 
letzten  anrechnungstiihigt'n  ActivHätsgehaltes.  Nach  einer  Dienstzeit  von 
'60  Jahren  gebürt  sonach  der  volle  anrechenbare  Gehalt  als  Ruhegenuss. 

Staatslehrpersonen.  wclclien  nach  den  Normen  des  Gesetzes  Tom 
9.  April  1870  je  drei  Dieubtjahre  als  vier  ansurechnen»  und  welche  ohne 
ihr  Verschulden  dienstuntauglich  geworden  sind,  werden,  wenn  sie  auch 
noch  nicht  acht,  jedoch  vier  anrechnungsfiUitge  l>ieniti)ahre  vollstreckt 
haben,  so  behandelt,  als  ob  sie  acht  Dienst  jähre  wirklich  suröckgelegt 
hätten.  (Vgl.  §  2  des  Geaetses  vom  14.  Mai  im.) 

III.  Hauptstück. 

Von  den  A ui t.*5p 1 1  ich ten  und  A mtsverrich L u uge n  der  Lehr- 
personen an  Staatsgymnasien  und  Staatsrealscbulen. 
§  15.  Die  Lehrpersonen  haben  alles  zu  vermeiden,  was  die  Achtung 
vor  dem  Stande,  welchem  sie  angehören,  und  das  Vertrauen,  welches  ihr 
Beruf  erfordert,  zu  schBdigen  geeignet  wäre.  Ihren  Vorgesetsten  haben  sie 
stets  mit  gehörender  Achtung  zu  beg^en  und  deren  dienstlichen  An- 
Ordnungen  willige  Folge  zu  leisten. 

§  Iß.  Keine  Lehrperson  darf  einer  geheimen  Gesellschaft  überhaupt 
oder  einem  ausländischen  politischen  Vereine  als  ^litglied  angehören. 


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Standesiragen. 


211 


§  17.  Jede  Lehrperson  ist  verpflichtet,  über  amtliche  Angelegenheiten, 
welche  entweder  ihrer  Natur  mich  oder  infolge  besonderen  behfirdlichen 

Auftrage»  geheimzuhalten  aind,  <rer;pn  jf^dormann,  der  nicht  «er  Entgegen- 
nahme eine»  amtlichen  Berichtes  befugt  ist,  Verschwiegenheit  zu  beob- 
achten. 

§  18.  Im  Uienstlichen  Verkehre  mit  den  Parteien  ist  freurnUielieä 
Kntgegenkomraen  mit  Anstand  und  KrnsL  au  verbinden.  Die  AnnuiiLue  von 
Geschenken,  welche  die  Amtrthätigkeit  einer  Lehrperaon  beeinflasseD 
können,  ist  unbedingt  Terboten. 

§  19.  Jeder  Lehrperaon  wird  die  freie  Ans&bung  und  der  Gennas  aller 
slaatsbüi^l^lichen  Rechte  gewährleistet.  Die  Ausübung  eines  Abgeordneten* 
mandates  zieht  weder  den  Verlust  der  liehrbefahigung,  noch  den  Verlust 
d^r  mit  der  nnitlichen  Stellong  des  Lehrers  verbundenen  Bechte  nnd  An- 
sprüche nach  sich. 

§  20.  Die  Zahl  der  wöchentlichen  rntcnichts'fltunden,  /.u  deren  Ab- 
haltung eine  Lehipürson  verpflichtet  wird,  soll  in  der  Kegei  nicht  das  ge- 
setzliche Maximal»  erreichen.  Unterricht  in  der  Kalligraphie  und  in  nicht 
obligaten  Lehrfltebem  ist  nicht  in  die  ordentliche  Lebrverpflichtung  ein- 
surechnen,  er  ist  nach  besonderen  Nonnen  lu  entlohnen. 

§  21.  Im  Falle  eines  vorübergehenden,  dnrch  nicht  vorhei^gesehene 
Umstände  herbeigeführten  Bedarfes  kann  jede  Lehrperson  verhalten  wer- 
den, eine  wöchentliche  Stundenzahl  bis  zu  höchstens  einem  Sechstel  ihrer 
Maxi  mal  vori)flichtun<?  als  .Mphrlpi^tiin^j  zu  überiiehrnon .  für  weicht'  bei 
einer  sechs  Wochen  übersteigenden  Dauer  eine  angemessene  Kntiohnung 
stattzufinden  iiat. 

§  22.  Wird  ein  Oidinariat  mit  der  Verwaltung  der  Üibiiulhek  oder 
einer  Lehrmittelsammlung  in  der  Hand  einer  Lefarperson  Tereinigt,  so  wird 
dieser  eine  Ermäßigung  des  wöchentlichen  IStnndenansmaßes  nm  wenigstois 
iwei  Stunden  oder  eine  entsprechende  Remuneration  gewährt. 

§  rl3.  NL'1)enbeschät'tigungen,  welche  dem  Anstände  und  der  Würde 
eines  Mitteischullehrers  v.  iderstreiten,  oder  welche  die  ErfiiÜung  seines 
Dienstes  ihrer  Natur  nach  beeinträchtigen  müssten,  sind  untersjigt. 

§  24.  Sowie  die  Mitt,'lieder  des  Lohrkörpers  überhaupt  einander  mit 
Achtunj?  Tin  be^ecrni-n  uud  iu  ihrer  Lleruf illiili  i^'ki'it  iKinnonisch  zusauimen- 
zuwirkeu  haben,  so  soll  auch  der  Dircetur  demelbea  stets  vertrauen- 
erweckend entgegenkommen,  ihr  Ansehen  bei  seinem  Verkehre  mit  Publi- 
cum und  Sch&lem  wahren  und  nGtbigenfalls  jede  Lehrperson  mit  seiner 
Autorität,  mit  Bath  und  That  im  Amte  taktvoll  unterstützen.  Zu  admini- 
strativen Geschäften,  welche  nicht  unmittelbar  zum  Dienste  einer  Lehr- 
person gehören,  darf  er  diese  nicht  verhalten. 

IV.  HauptstQck. 
Von  der  Urlaul>»ertht  i  I  uiicr 
§  25.  hji  öteht  den  Mitgliedern  des  Lehrstaniie»  der  Miltel.-jclmlen. 
soweit  sie  nicht  durch  besondere  Verptliehtungen  gebunden  sind,  frei,  die 
geietalichen  Ferialzeiten  gtgen  blof>e  Meldung  beim  Diiector  zur  Ent- 
fernung vom  Orte  ihrer  Lehramtsthätigkeit  beliebig  zu  benützen,  ohne  das« 
sie  hiesn  der  besonderen  Bewilligung  einer  vorgesetzten  Behörde  bedürfen. 
Der  Director  bedarf  aber  für  seine  Person  bei  solchen  Anbissen  der  Geneh* 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


212 


StondoBfifliseD. 


migung  der  vorgesetzten  Sehulbeborde  und  hat  uacbzuwei.sen,  äsm  für  die 
Zeit  seiner  Abwesenheit  die  entsprechende  Fürsorge  für  die  Erledigung 
dringender  An/^elegenheiten  getroffen  ist. 

§  36.  Wfthrend  der  Dauer  eines  Semesters  bedfirfen  die  Mitglieder 
des  Lehrpeva(»aleB  sa  jeder  EakUemuog  TOm  Orte  ihrer  Lehramtatfafttigkeit, 
durch  welche  itgend  eine  Unterbrechung  de»  ünterridites  oder  sonst  eine 
Störung  in  den  geregelten  Verhältnissen  der  Lehranstalt  eintreten  kann, 
des  Urlaubes,  welcher  von  der  vorgesetzten  Behörde  nur  aus  sehr  wichtigen 
und  nachweiHÜch  diint,'enden  Gründen  ertheilt  werden  kann. 

Ein  Urlaub  für  einen  Zeitraum  von  höchstens  acht  Tagen  ist  beim 
Director  nachzuiiuchen,  weicher  denselben  nach  seinem  Ermessen  gewüiiren 
oder  verweigern  kann  und  iin  enten  Falle  die  erforderlichen  Anordnungen 
znr  Supplierung  zn  treffen  hat.  Ist  der  Gmnd,  aaf  welchen  tun  ein  Lehrer 
Urlaub  nachsucht,  nicht  gans  nnabhftngig  von  der  eigenen  Entschließung 
desselben,  so  hat  der  Urlaub  sndiende  Iiehrer  sich  suror  der  Bereitwillig- 
keit von  Collegen  zu  geeigneter  Supplierung  zu  vereichem  und  die«  dem 
Director  mitzutheilen. 

Die  Ertheilnng  einea  Urlaubes,  welcher  acht  Tage  überschreiten,  aber 
höchstens  einen  ilonat  uuifsussen  soll.  Hegt  in  der  Befugnis  des  zuätaudigen 
Landesächulrathe«;,  die  Gewährung  eine»  längeren  Urlaubes  aber  bleibt  der 
Entscheidung  des  Ministeriums  vorbehalten;  in  beiden  Fällen  ist  ein  be- 
xügUches  Gesuch  sammt  etwa  erfi»derlidien  Beilagen  dein  Director  sur 
Begutachtang  und  Beförderung  an  die  Behörde  su  flbergeben. 

Wird  ein  im  PrQfungsstadiom  befindlicher  Lehrer  TOn  der  Prflfangs- 
commi&sion  zur  Ablegung  der  Clausur  und  mündliche  Prüfung  vorgeladen, 
80  hat  ihm  der  Director  den  benOthigten  Urlaub  zu  gewähren,  sofern  nicht 
etwa  besondere  Verhaltni«''«'  es  zur  gebieterischen  Nothwendigkeit  machen* 
die  angesuchte  Bewillii^ung  zu  venwofen. 

§  27.  Ist  eine  Lelirperson  infolge  Erkrankung  dienütuntahig,  so  hat 
.sie  am  einen  mindestens  einjährigen  Urlaub  Anspruch.  Wenn  der  Be- 
urlaubte nach  Ablauf  des  Urlaubes  zwar  noch  nicht  dienstfähig,  jedoch 
auch  nicht  der  Fall  seiner  Yersetsung  in  den  bleibenden  Ruhestand  Tor> 
banden  ist»  so  kann  er  in  den  seitlichen  Buhestand  versetst  werden. 

§  38.  Wird  ein  quiesderter  Lehrer  binnen  drei  Jahren  nicht  wieder 
angestellt,  so  ist  derselbe  in  den  bleibenden  Ruhestand  zu  versetsen. 

Die  Pension  ist  nach  dem  zur  Zeit  der  Quiescierung  belogenen  Ge- 
halte auszumitteln.  und  es  ist  hiebei  die  in  der  Quiescens  zugebrachte  Zeit 
in  die  Dienstzeit  einzurechnen. 

Letzteres  gilt  auch  für  den  Fall,  wenn  der  quiescierte  Lehrer  wieder 
angestellt  wird. 

§  29.  Der  Antritt  eines  neuen,  nicht  dem  Bereiche  des  Öffentlichen 
Dienstes  angehOrigen  Diensipostens  kann  mit  Ausnahme  einzelner  durch  be- 
sondere Umstände  gebotener  ftUe  nur  mit  Scbluss  eines  Semesters  erfolgen; 
aber  ein  wohlmotiTiertes  Gesuch  um  Urlaubsertheilung  behufs  des  sofortigen 
Antrittes  eines  allfälligen  neuen  Dienstpostens  mtschoidet  das  Ministerium. 

§  30.  Ein  Urlaub,  welcher  einem  Lehrer  zu  Studienzwecken  gewährt 
wird,  hat  koine  Verminderung  seiner  Bezüge  zur  Fob^e. 

§  31.  ]>er  Director  hat  ^'enan  darüber  zu  wachen,  dass  die  zugestandene 
Urlaubszeit  nicht  überschritten  werde. 


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Standesfragen. 


213 


V.  Hauptstück. 

Besondere  Bestimmungen  für  die  geprüften  Supplentea. 

§  32.  Die  Verwendung  von  Supplenten  findet  nur  statt,  um  einem 
vorübergehenden  H»H]ürfnisso  des  UnterriehUibetriebps  abr.nholfon  (Urlaub, 
Erkrankung,  Errichtung  von  I'iirullekhiSRen).  Alle  nicht  sy^stoniisiorten 
Lehrstellen,  welche  sich  dadurch,  diii»s  sie  durch  fünf  Jahre  mit  Supplenten 
besetzt  werden  mussten,  als  nothwendig  erwiesen  haben,  sind  zu  «yätemisieren. 

%  88.  Jeder  geprüfte  Oandidat  ivird  nach  Ablegung  oder  Erlaasung 
•einet  Prob<(|abres  auf  aein  Apachen  in  die  amtlichen  vom  Landeasdial* 
rathe  m  fahrenden  Snpplentenlisfeen  eingetragen  und  in  dieaen  bii  su  seiner 
Ernennung  aam  wirklichen  Lehrer  geführt,  ohne  dan  es  einer  aUjfthr- 
lichen  Erneuerung  seiner  AnneldoBg  bedarf. 

ß  34.  Bei  der  Best«'llnnf»  von  Supplenten  i«t  in  dt-r  Regel  nach  dem 
Dienstalter  vor^iirrehen ;  doch  sind  billige  Wünsche  der  Supplenten  tban- 
liehst  7Ä\  berucksichti<:''n. 

§  35.  äupplentureu,  deren  Noth wendigkeit  durch  längere  Zeit  voraus- 
zusehen ist.  sind  rechtzeitig  (z.  B.  vor  den  Ferien)  zu  besetzen. 

§  36.  Der  Supplent  kann  innerhalb  des  Amtsbereiches  desjenigen 
Landenchnlrathesi  in  dessen  Snpplentenliste  er  eingetragen  ist,  nach  den 
Anfordeningen  des  Dienstes  vertetst  werden»  in  den  Amtsbereich  anderer 
Ijandesschuh-äthe  aber  nar  anf  £>ein  Ansuchen. 

Eine  Versetzung  gegen  den  Willen  des  Supplenten  ist  nur  dann 
möglich,  wenn  er  auf  seinem  neuen  Posten  wenigstens  mit  d«m  .Minimum 
der  Lehrverptiichtunt;  be<clulfti;,'t  wird.  Andernfalls  kann  eine  Weigerung 
keine  rechtlichen  Folgen  nach  sich  ziehen. 

§  37.  Jeder  Supplent  i»t  verpflichtet,  sobald  ihm  eine  Stelle  verliehen 
worden  ist,  hievon  jenen  Landesschoirilthen,  in  deren  Listen  er  geführt 
wird,  Uittheilnng  su  machen. 

9  88.  Jedes  Semester  nnd  jeder  sechs  Wochen  fibezsteigende  Brach- 
theil  eines  äemestera,  während  dessen  der  Supplent  wenigstens  mit  dem 
Minimum  der  vollen  Lehrrerpflichtnng  beschäftigt  war,  ist  als  halbes 
Dienstjahr  für  die  Pensionierunp;  anzurechnen. 

§  39.  Die  Dienstzeit,  wiihreud  wclcht^r  ein  Supjilt'ut  ohne  sein  Ver- 
schulden n\u-  uiit  finer  gcrini^eren  al.-i  lier  vollen  wöchentlichen  Stunden- 
zahl betraut  war,  ist  im  Verhältnijwe  der  ihiu  zugewiesenen  Wochenstnnden 
zum  Minimum  der  vollen  Lehrverpflichtung  anzurechnen,  mindestens  aber 
00,  als  wftre  er  mit  halber  Lehrverpfltchtnng  in  Ansprach  genommen 
worden. 

Die  nicht  mit  ToUer  Lehrrerpflichtnng  sarAckgelegte  Dienstaeit  kann 
auch  als  voll  in  Anrechnung  gebracht  werden. 

§  40.   Von  der  Supplentendienstzeit  sind  mindestens  drei  Jahre  — 

eine  «o  lan£»e  odtM'  länijere  Dauer  des;  Supplenten'lit'U'-tp>i  vornu.spe^et/.t  — 
für  den  Anfall  der  Quinf^uennalzulagen  in  der  dehnitiven  Stellung  anzu- 
rechnen. 

§  41.  Es  ist  für  die  Anrechnung  der  Dienstzeit  gleichgiltig,  ob  die  von 
dem  Supplenten  übernommenen  Unterrichtsstunden  an  einer  nnd  derselben 
oder  an  verschiedenen  staatlichen  oder  im  Reciprocitätsrerhältnisse  stehen* 
den  Mittelschulen  abgehalten  werden. 

„Osterr.  MUtelseliale".  XjU  Jahrg.  15 


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214 


Standesfiagen. 


§  42.   I^t  ein  Supplent  währoui  einer  gewisden  Zeit  obne  sein  Ver- 

schulden  ohne  BeBcb&ftigun)?  an  einer  Staatsanstalt  oder  an  einer  Lehr- 
an.stiilt  mit  Hecijirocitilt .  m  hat  dies  nicht  al;«!  Unterhrechun^  iler  Dienst- 
zeit zu  gelten,  und  es  ist  die  Hälfte  der  betreffenden  Zeit  für  die  Penaions- 
bemessung  eiii2ur«!cbnen. 

§  43.  Ein  Supplent  ist  nach  Möglichkeit  luit  voller  Stundenzahl  zu 
verwenden  and  erhält  dafür  die  gesetzlich  festgestellten  Bezüge. 

Sind  ihm  weniger  Stunden  zugetheilt,  m  ist  er  nneh  den  einschlägigen 
Bettiuimnngen  des  Clebaltsgesetses  sn  behandeln;  doch  können  seine  Bexttge 
niemals  anter  das  Maß  des  f&r  die  Hälfte  des  Minimums  der  Lehr- 
Verpflichtung  entrallenden  Gehaltes  herabsinken. 

§  44.  Hat  ('in  Supplent  ohne  sein  Verschulden  während  einer  gewissen 
Zeit  keine  Anstellung  und  keine  anderweitigen  Bezüge  aus  öffentlichen 
Gassen,  so  hat  er  Anspruch  aut  einn  Wartegebür  von  jährlichen  2Ü0  ü.,  die 
in  antici]iativen  Monatsraten  auszuzahlen  sind. 

§  4ä.  Nach  je  fünf  Jahren  der  in  Uei-  oi>en  angegebenen  \yei8e  be- 
rechneten  Dienstieit  gebürt  dem  Sapplenten  eine  Dienstaltemalage  von 
200  fl.  jährlich,  welche  ihm  nach  denselben  Bestimmungen  zuerkannt 
werden  wie  Qninqaennalsulagen  den  Professoren. 

Der  Besag  dieser  Dienstalterszulage  dauert  auch  bei  unToHständiger 
Verwendung  oder  bei  Unterbrechung  derselben  fort. 

§  46.  per  Supplent  ist  im  Falle  der  Krkrankung  zu  behandeln  wie 
der  definitiv  angestellte  Professor  und  iiai  unter  denselben  Voraii'-'^etziinpren 
wie  dieser  Anspruch  auf  Urlaub.  Während  desselben  ist  ihm  also  uueli 
der  Gehalt  in  dem  Maße  auszuzahlen,  in  welchem  er  ihn  während  der 
anmittelbar  vorhergehenden  Dienstzeit  bezogen  bat. 

§  47.  Der  mindesten«  mit  dem  Minimum  der  sollen  Lehrv erpflichtung 
beschäftigte  Bupplent  hat  alle  Pflichten  eines  definitiven  Lehrers  su  er- 
füllen; ist  er  aber  »cht  mit  voller  Stundentahl  betraut,  so  ist  er  außer 
der  Zeit  seiner  Lehrvei  pflichtung  möglichist  wenig  zu  beschäftigen. 

§  4S.  Jedem  nicht  mit  voller  Stundenzahl  in  Verwendung  stehenden 
Snpplenten  ist  eine  Ne Henbf uchäftigung  in  größerem  Umfange  su  gestatten 
als  den  definitiven  liehreru. 

§  49  Der  Snpplent  hat  alle  in  liieser  Dienst  pragin  ;\tilv-  \  (iri,'f>fhenen 
Hechte  der  detiniliveu  Lehrer  aui  Ausnahme  des  Anspruches  auf  iiöhereu 
Oehalt,  femer  mit  Ausnahme  der  im  §  12  festgestellten  Zaüicherungen  und 
der  in  den  S§  27  und  28  enthaltenen  Bestimmungen  aber  allfäUige 
Quiescierung. 

§  50.  Sollte  ein  Supplent  noch  mindestens  rier  Dtenstjahren  infolge 

von  Krankheit  zur  Ausübung  des  Lehramtes  unfähig  werden,  so  hat  er 
Ansprach  auf  eine  jährliche  Unterstützung  im  Betrage  von  400  fl. 

VI.  Hauptstflek. 

Von  der  Ausfibung  der  Disciplinargewalt  aber  Lehrpersonen. 

%  51.  Die  Disciplinarbehandlang  der  Lehrpersonen  bleibt  (analog  den 
Bestimmungen  des  Gesetses  vom  21.  Mai  1868  [R*  0.  BL  Nr.  46]  betreffend 
die  Disciplinarbehandlang  richterlicher  Beamten  etc.)  besonderen  geseüt- 
liehen  Bestimmungen  vorbehalten,  und  es  wird  vorläufig  nur  festgestellt, 


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StandesfrHgen. 


215 


dam  dem  Duciplmanenate  atett  xwel  Hitglieder  der  MitielMhullebrkOrper 
mit  vollem  Stimmrechte  beiniuehea  Bind. 

Hochgeehrte  Herren!  Ich  weiß,  doss  die  eben  vorgetragenen  Para- 
f»raphon  noch  nicht  alle  VerhSltnisw  en^chöpforid  nml  Ijofrit^difirfc'ii'i  rocjeln, 
un<i  es  ist  daher  kein  Zweifel,  dass  heute  eine  fruchtbare  Debatte  trett- 
liches  Material  für  die  Vervollkonitnnung  nn^rror  Vorlatje  Hefern  wird.  Ich 
bitte  Sie  deshalb,  meine  Herren,  recht  viele  Anteguitgeii  zu  Protokoll  zu 
geben,  und  «teile  den  Antmg: 

„Et  ist  ein  vom  Tl.  dentsoh-öeterreicliiaelien  MitteUcbul- 
tage  gewähltea  Görnitz  mit  der  Aufgabe  cu  betrauen,  auf  Grand* 
läge  der  in  der  heutigen  Yersammlnng  erstatteten  Referate 
und  unter  thunlichster  Beräcksicbtigung  aller  au»  der  heuti- 
gen Debatte  sich  rrf]febeiiden  Anregungen  und  Winke  eine 
Dien'<tpra{»iiialik  tür  d:is  Lc Ii r perso n al  der  k.  k.  österreichischen 
Gymiiiiäien  und  lleaUchulen  hus7u;!  rheiten.  darauf  in  dem 
Vereinsorgane  »Österreichische  iiiL Le Ischule"  zu  publiciereu 
und  nacb  erzieltem  EinreratAndnisBe  der  aecba  deutscben 
HittelacbaWereine  in  Wien,  Prag,  Lina  und  Ciernowita  der 
hohen  Regierung  mit  der  Bitte  su  anterbreiten,  dieselbe  möge 
den  Entwurf  aU  Gesetseavorlage  im  hoben  Haute  der  Abgeord* 
neten  einbringen* 


15* 


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Miscellen 


Berieht  über  den  VI.  deutsch-österreichischen 

Mittelseh  ul  tag. 

(Wien,  12.»  13.,  14.  April  1897.) 

(Nach  den  stenogmphiichen  Protokollen  im  Anflntge  mitgetheilt  rom  6e- 
BchftflsfllbientellTertreter  Fhrfl  Dr.  E.  MaiO.) 

In  den  wie  bisher  seitens  der  hohen  Ünterrichtsver waltung  zur  Ter- 

fügung  gestallten  Räumen  des  k,  k.  akademischen  (iymnaäiuQis  fknden 
«ich  am  Montag.  Dienstag  und  Mittwoch  der  Charwnche  1897  sum  sechfit^n- 
male  die  Vertreter  der  deutsch -österreichischen  Mitttd=;c'hnlen  ein.  Nicht 
weni^rer  als  62  Städte  außer  Wien  waren  repräsentiert,  die  Zahl  der  Theil- 
nehmer  betrug  404. 

Ka.ch  wiederholter  Aufforderung  »ur  MiUirbeiter^cbaft  in  den  Mittel- 
schubeitschriften  erfolgte  die  Einladnng  sur  Theilnahme  an  dem  Mittel- 
schnltage  im  November  1890  durch  ein  an  alte  LehrkGiper  veraendete!« 
Rundsehreiben  und  im  Mäns  1897  wurden  das  Frc^amm  sowie  die  ein- 
gelaufenen Thesen  zur  allgemeinen  Kenntnis  gebracht. 

Der  vorbereitende  Aui^schuss  hielt  theils  unter  dem  Vorsitse  des  Ge- 
schäftsführers, theil«  unter  dem  seines  Stellvertreter?«  einige  Sitzungen  nrtd 
fand,  wie  immer,  tollep^inle  üntei-stützung  durch  ein  Localcomite,  in  wel- 
chem nlle  Wiener  Anstalten  vertreten  waren, 

\N*e;,'Cu  anhaltendti'  Krankheit  konnte  der  Uc.scliäftcirührer  Prof. 
F.  Hoppe  an  den  unmitteilbaren  Vorbereitungen  nicht  theilnehmeu;  sein 
SteUvertreter  Prof.  Dr.  E.  Maiß  wurde  hierin  in  besonders  dankenswerter 
Weise  von  Prof.  Seh  legi  unterstützt. 

Nachdem  das  Zustandekommen  des  VI.  deutseh-dsterrdcbischen  Mittel- 
schuUages  gesichert  war,  wurden  durch  Deputationen  in  geziemender  Weise 
eingeladen:  Se.  Excellenz  der  Herr  Minister  für  Cultus  und  Unter- 
richt. Excellen?.  d<r  Herr  Statthalter,  ferner  der  Herr  Land- 
marscliall  und  der  Herr  B ür^'tM  ni  i s te r  von  Wien,  der  Herr  Seetions- 
ch.  t  i)r.  W.  R.  v. Härtel,  der  Herr  Ministerialratli  Dr.  M.  R.  v.  Wrets.  lik.., 
der  Herr  Viceprilsident  des  niederöäterreichiscben  LandesschulrathesDr.  Erich 
Wolf,  die  Herren  Landes-Schulinspectoren  und  der  Referent  fftr 
Mittelschulen  im  niederOsterreicfaischen  Landesausschusse  Dr.  G  essmann. 
Oberall  fanden  die  Deputationen  freundliches  Entgegenkommen  und  warmes 
Interesse  fSr  die  zur  Behandlung  kommenden  Fragen. 


Misceilen. 


217 


Am  V'orabeude  des  Mittel-M-hultages,  Palmsonutag,  IL  April,  fand  im 
Beslaamnt  «KakerlM^  eine  gt^^tliige  ZoBainnienkiiBft  itott,  bei  welcher 
naraen«  des  Torbereitenden  AoMehiuMa  der  GeflchAfttfithrenteliTertreter 
Prof.  Dr.  £.  Ifaifi  die  Obte  heniieh  willkommen  hieß. 


(Montag,  12.  April  im.) 

Erste  YollTeraaiiiiiilniig* 

Die  Veiöa^uiuilunj?  wurde  um  II  Uhr  2U  Minuteu  von  dem  Geachäfts- 
lÖhrerstellvertreter  Prof.  Dr.  E.  Maiß  mit  folgender  Ansprache  eröffnet: 

„Uochunsehnliche  Yersammlang! 

^Ein  hartnäckigen  Leiden  gestattet  Ihrem  Geschäftsführer  Prof.  Hoppe 
nicht,  Heines  Amtes  zu  walten,  und  so  Ist  mir  die  ehrenvolle  Anff,Mbf»  zu- 
get'ailen,  die  lioch verehrten  Anwesenden,  Gäste  wie  Theilnehmer  ile«? 
Vi.  (leut-^ch-öfiiteiTeichischen  Mittelschulta^^tö  tu  be^frußen.  D'Asa  das  Interesse 
an  den  Alittelschultagen  noch  immer  ein  erfreulich  reges  ist,  hat  nicht 
nur  die  Zahl  der  eingesendeten  Themen  gezeigt,  auch  die  Statistik  der 
Anmeldongen  weist  auf  nichts  weniger  als  aof  eine  Abnahme  jenes  Inter- 
esses hin.  Man  darf  wohl  annehmen,  dass  daa  natflrliche  BedflrfniSt  ffe* 
meinschaftliche  Angelegenheitmi  in  gr5ßtm<fglichw  Oemeinsehaft  au  be- 
sprechen, eine  von  den  Hanptursachen  der  regen  Betheiligung  ist:  gewiss 
aber  ist  die  zweite:  die  ermunternde  Theiljuihme  seitens  jener  Kreise,  auf 
deren  werkthätige  Unterstützung  wir  jedesmal  rechnen  müssen,  wenn  wir 
den  Hesultaten  unserer  akademischen  Verhandlungen  durch  Cberf^etzung 
in  die  prreifbare  Praxis  einen  >»leiben«ien  Wert  sichern  wollen,  ferner  die 
Theilnahme  jener  anderen  Kreide,  bei  welchen  wir  Kath  und  Förderung 
in  sdentifiseher  Riditong  an  finden  gewohnt  sind*  Mit  großer  Freude  nun 
kann  ich  constatieren,  dass  anch,  was  diese  Theilnahme  betrifft,  der  henrige 
Mitteluchnltag  seinen  Vorgttngem  nicht  nachsteht. 

«Kann  Utk  doch  anter  Ausdruck  ehrerbietigen  Dankes  für  ihr  Er* 
scheinen  ab  Vertreter  der  hohen  Unterrichtsverwaltung  Herrn  Sectionschef 
Dr.  R.  V.  Härtel,  Herrn  Hofrath  Dr.  R.  v.  Wretschko  und  Herrn  Landes- 
Schulinspector  Dr.  Huemer  begrüßen,  als  Vertreter  dos  niederösterreichischen 
Landewscliulriithes  die  Herren  r>ande«-*^chulinspectoren,  und  den  Herrn  Viee- 
bürgermeiäiter  Dr.  Nenmayer  als  Vertreter  der  Groücommune  Wien,  die 
ätets  mit  Reich  und  Land  in  Förderung  der  Schule  gewetteifert  hat  und 
ihrer  Tradition  gewiss  nicht  untren  werden  wird. 

pKann  ich  doch  femer  meinen  ehrerbietigen  Ornß  entbieten  einer 
Beihe  von  Vertretern  der  Wissenschaft  an  unserer  UniTersität  und  an 
unserer  technischen  Hochschule,  denen  wir  bestens  dafür  danken,  dass  sie 
durch  ihr  Ersehenen  die  Bedeutung  de-s  MitteUchulwesens  fttr  das  Gedeihen 
des  Unterrichtes  an  der  Hochfchnle  tlocnnientiert  haben 

.So  gnnstig'e  Aussichten  —  nml  7u  den  günstigen  Moniejitm  darf  ich 
aucii  die  Mitiirbeiterj?ch;ift  jentr  M  suner  rechnen,  ilie  wir  an  der  Wiege 
der  Mittelschultage  schalten  gebeiien  haben,  des  Herrn  Landes- Schuliuspec- 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


218 


ton  Dr.  LanghaDB  und  des  Hwrn  Landet •Schnliiupecton  Dr.  Tumlirx 
—  lassen  fOr  den  Wontebenden  HitteUohaltag  auch  Erfolge  erwarten,  die 
hinter  denen  seiner  Vorgänger  nicht  zurttekbleiben,  und  ich  darf  die  Theil- 
nehmer  an  diesem  Taj?e,  indem  ich  ihnen  allen  im  Namen  dra  vorbereiten- 
den Ausschusses  ebenfalls  ein  herzliches  Willkommen  ziirnfo.  otnladen. 
guten  Muthes  an  die  Arbeit  zu  g^»hen  Ihrem  redlichen  Ütreben,  meine 
Herren,  wird  es  gelingen,  auch  diesem  Mittelscbultage  Ansehen  und  Erfolg 
zu  erringen. 

.Und  so  erkläre  ich  den  VI.  dentsch-dsterreichischen 
Mittelscbnltag  für  eröffnet» 

«Gestatten  Sie  nodi,  hochverehrte  Anwesende,  dass  ich  Ihn«u  einen 
Vorschl^  mache  besOglich  der  Wahl  Ihres  Voniteenden,  indem  ich  Sie 
bitte,  einen  bekannten  und  bewahrten  Freund  de^^  Mittel  Schulwesens,  den 
Nestor  unserer  Directoren,  Herrn  Regimuigsratb  A«  Lamberger  par  ae« 
clamationem  zu  wrihlen." 

Heg-iorungsruth  Dir.  Lamber;,'er  (den  Vorsitz  übernehmend):  Hoch- 
verehrte Herren!  Durch  Hire  Zustiuuuung  tai  dem  von  dem  Herrn  Ge- 
schüftsführerstellvertreter  namens  des  vorbereitenden  Comites  gestellten 
Antrage,  mich  zum  Vorsitzenden  dieser  hochansehnlichen  Vensauunlung 
SU  wfthlen,  hochgeehrt,  erlaube  ich  mir,  Ihnen  Ittr  das  Zeichen  des  Ver* 
tranens,  welches  Sie  mir  dadurch  schenken,  meinen  Terbindlichsten  Dank 
auszusprechen.  Ich  werde  bemüht  sein,  den  Obliegenheiten  des  Vorsitzen- 
den nach  meinen  Kräften  gerecht  zu  werden,  und  erbitte  mir  hiebei  Ihre 
gütige  Nachsicht.  Unter  einem  gebe  ich  der  begründeten  Hoffnung  Aus- 
drnek,  dass  die  bevörvtt-honden  Verhandlungen  ebenso  anregende  Lei'itun- 
gen  im  Interesse  cinor  ersprieblit  lif  n  Fortentwicklung  des  Mittelschulweaens 
darbieten  werden  wie  jene  der  früheren  Mittelschultage. 

Ich  ersuche  nunmelir  die  geehrte  Versammlung,  zunächst  die  St^^ll- 
Tcrtreter  des  Torsitsenden  und  die  Schiiftfilhrer  au  wfthlen,  und  erlaube 
mir  auf  Gmnd  eines  Antrages  des  vorbereitenden  Comit^  aU  ersten  Yor- 
sitcendenstelWertreter  Herrn  Dir.  Dr.  F.  Swida  ans  Triest,  als  aweiten 
Herrn  Dir.  K.  Barte Imus  aus  Troppau  vorzuschlagen.  (Zustimmung.)  P.i 
die  Versammlang  mit  diesem  Vorschlage  einverstanden  ist,  so  ersuche  ich 
die  beiden  genannten  Herren,  an  tneiner  Seite  Platz  zu  nehmen. 

Dir.  Dr.  Swida:  Ich  dnnkc  ilcii  Herren  für  dn«?  Vertrauen,  dns  Sie 
mir  dnrch  die  Wiihl  zum  S'i'll Vertreter  des  Vorsitzenden  ent}^e;.jen<.,'e1 'rächt 
haben,  holVc  aber,  da-s  ich  nicht  in  die  I>age  kommen  werde,  die  Leitung 
wirklich  übernehmen  zu  müssen,  und  dass  unser  verehrter  Herr  Präiiident 
dieselbe  vom  An&nge  bis  sam  Ende  durchfahren  wird.  Nochmals 
besten  Dank. 

Dir.  Barte  Imus:  Auch  ich  gestatte  mir,  den  herzlichsten  Dank  für 
das  gQtige  Wohlwollen  des  vorbereitenden  Ausschusses  und  der  geehrten 

Versammlung  auszusprechen. 

Vorsitzender  Regierungsrath  Lamberp-er:  Ah  Srhriftfnhrer  erlanbe 
ich  mir  namen^ä  des  vorbereitemlen  Comites  vorzuschlagen  dir  ll<'rren 
Piort.:  ii.  iSpengler  ^Pnii?),  Dr.  A.  Horcifka  (Linz).  Dr.  A.  rMla-ehek 
'CV.ernowitzK  A.  Schwarz  (Mährisch -Ostrau),  K.  Dundaczek  (Wiem, 
Dr.  (.i.  Kraitsehek  (Wien).  (Zustimmung.)  Ich  bitte  die  Herren,  Ihre 
Plätze  eimnnehmen. 


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Miscelleo. 


21U 


Das  Wort  hat  Herr 

SeclioitBchef  Dr.  R.  Härtel:  Oetlatten  Sie,  meine  Herren,  da« 
ich»  die  Tagesordnung  unterbrechend »  doch  mit  einigen  Worten  für  die 
freondUche  Begrüßung  danke,  die  mir  hier  als  Vertreter  der  Unterrichta- 
verwaltung  zutheil  geworden  ist,  und  sogleich  den  Wunsch  ausdrücke, 

dass  Ihre  Vorhiiiullungen  recht  fruchtbar  und  anregend  "Pin  in?v<?en 
ist  drts,  wenn  Sie  wollen,  ein  recht  e«?oisiischer  Wiin«eh.  insofern  er  iiuf 
der  t^her/evignn^  l'eruht,  da59,  was  iniuu'r  Ihnen  trfle;_'ent lieh  solcher  Be- 
raihungen  einen  Vortheil,  einen  (jewinn  bringt,  auch  einen  Vortheil  und 
Gewinn  für  uns,  ftlr  die  Unterrichtsverwaltung  bedeutet.  In  keinem  Zweige 
der  Verwaltung  sind  ja  die  Bexiehuugen  «wischen  der  Begierung  und  ihren 
Organen  so  intime,  so  innige  als  hier:  was  Sie  als  eine  Kräftigung  ihrer 
Übwxeugnngen,  ab  eine  Terbessemng  Ihr»  Uethode  erfahren,  das  macht 
sieh  sofort  im  ünterrichtsweü»Mi.  also  ich  möcht«  sagen,  als  ein  indirectes 
Verdienst  der  Regierung  «:ell»st  bemerkbar.  Deshalb  glaube  irh,  Verlmnd- 
Innpen  wie  «lie  bevor>ite)ienilen  nh  einf^  fU'r  wirksamsten  Mittt-1  für  -Ivsen 
/weck  erkennen  luul  besonders  begrüben  zu  sollen.  Allfrilin;,'>  hiil.eu  Sie 
ja  munni.,' fache  Oi  ganp.  Sie  haben  locale  Verbindunpren .  in  welchen  Sie 
Fragen  Uer  verschieUensten  Art  /m  Sitiache  bringen  können;  aber  eine 
80  rechte  Läuterung  erfikhren  derartige  Discuadonen  doch  nur  im  weiteren 
Kreise,  wo  Collegen  aus  den  verschiedensten  Verhaitniisen  zusammen" 
kommen,  CoUegcn  —  was  ich  besonders  begrOße  —  nicht  bloß  einer 
Nationalitlt,  und  sich  zusammenfinden  in  der  Berathung  dessen,  was  der 
Schule  frommt. 

Es  sind  die  Verhältnisse  auch  in  einer  Hinsicht  günstiger  geworden, 
wie  mir  «ch einen  möchte,  wenn  ich  einen  !»ltt  k  auf  Ihr  Programm  werfe. 
Während  Sie  auf  früheren  Versammlun;4'»'n  tlo(  ii  in  er«ter  Linie  stets  für 
Standesfragen  zw  sorgen,  diese  7a\  ber.it lien  geiiüthigt  waren,  öin«!  Sie  nun 
von  solchen  Sorgen  befreit  und  können  Ihre  volle  Aufmerkt*juukcit  auf 
jenes  Gebiet  richten,  das  ja  Ihre  eigentliche  DomSne  ist,  auf  pädagogisch- 
didaktische  und  organisatorische  Fragen. 

Aber  noch  eine  awette  Betrachtung  wird  mir  durch  Ihr  Programm 
nahegelegt  8ie  haben  hier  Gelegenheit,  eine  Reihe  von  Verbesserungen 
aller  Art:  methodische,  Verbesserungen,  die  .sich  auf  die  Lehrmittel  be- 
ziehen u.  dgl.  kennen  zu  lernen,  nicht  etwa  darum  allein,  weil  Wien 
eben  der  reichste  Sammel]iunkt  solcher  Ver1ie>sernTiLren  ist,  sondern  auch 
aus  den  entfernte>ten  Provinzen  wird  ihnen  .ia  1  terarti;,'»'«  zugetragen.  Sie 
haben  (»elegenheit,  zu  sehen,  zu  prüfen,  zu  wählen,  was  zum  besten  der 
Schule  ist. 

Sie  sehen  also,  nach  welchen  Richtungen  hin  ich,  durch  einen  ge- 
winen gesunden  Elgoismus  geleitet,  Ihre  Verhandlungen  mit  Freude  an  be- 
grüßen Ursache  habe,  und  Sie  werden  mir  glauben,  dass  mir  der  Wunsch 
▼on  Heraen  kommt:  Ihre  Berathungen  mögen  fruchtbar  sein,  und  jeder 

von  Ihnen  möge,  mit  reichen  Anregungen  ausgerüstet,  von  hier  wieder  au 
«einer  Arbeit  zurückkehren!  (Lebhafter  Beifiall  und  Händeklatschen. ) 

Vorsitzender:  Ich  erlaube  mir,  im  Namen  der  Versammlung  dem 
hochverehrten  Ib'rrn  Section«ehef  luir-eren  verbindlichsten  Dank  für  die 
freundlichen  und  anrejrenden  Worte  auszusprechen  (Beifall)  und  das  Wort 
zu  ertheiieu  dem  ilenii 


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220  •  Miscellen. 

Vicebnrg'ermeister  Dr.  Nctimayer:  Meine  hochverehrten  Herren!  Es 
l^'creii  ht  gewiss  jtMlein  v.ahren  Freunde  wirklicher,  idealer,  wissenschaft- 
licher liilduug  7.ur  größten  Krt^nde.  eine  so  große  Versanirolung  von  hoch- 
angeseheneu  gelehrten  Milnnern  dieses  hochbedeutungsvollen  Standes  hier 
▼emunmeit  zu  sehen.  Es  gereicht  mir  als  Vertreter  der  Gemeinde  Wien 
snr  bMonderen  Freude,  Sie  begrUOen  za  dürfen.  Gestatten  Sie  mir»  auch 
dem  Wnnaehe  Ausdruek  sä  geben,  daes  die  Verhandlangen  Aber  das  reiche 
Material,  das  Sie  in  diesen  Tagen  berathen  werden,  zum  Besten  des  Standes 
und  7A\m  Frommen  der  Schale  dienen  m($gen.  Der  deutsch-österreichische 
Mitteläcbultag  möge  wachsen,  er  mdge  aach  künfUghin  «einen  Zwecken 
nachkommen,  und  seinen  Bestrebungen  mOge  immer  reicher  Segen  wer- 
den! iBHlf.lll.) 

Vorsitzender:  kli  erlaube  xnir,  auch  dem  verehrten  Herrn  Viee- 
bürgermeifiter  luuuens  meiner  Berufsgeuossen  den  besten  Dank  für  die 
frenndlichen  W<»te  auszusprechen. 

Idi  erthdle  nnn  das  Wort  aar  Evstattang  des  Geecfaiftsbenchtes  des 
▼orbereitenden  Görnitz  f&r  den  VI.  dentsch-Osterreichischen  Mittelschaltag 
dem  GesofaftflisfÜhrerstellvertreter  Prof.  Dr.  Maiß: 
Hochansehnliche  Versammlung! 

Der  Mittelschultag  hat  bereits  eine  Tradition.  Und  dieser  zufolge  hat 
vor  dem  He^Hnne  der  eigentlichen  Verhandlunfien  die  Gesch&ftsleitung  die 
Verpflichtung,  einen  llechensehüftshericiit  zu  erstatten. 

Der  V.  deutsch-Ö8terreichi6i:he  Mittelschul  tag  hat  zum  Geschäftsführer 
Prof.  Feodor  Hoppe  gewählt;  eine  lang  dauernde  Kraukiieit  fesselt  aber 
seit  geraamer  Zeit  den  irmen  ans  BrtI  nnd  hat  es  ihm  unmöglich  gemacht, 
die  Arbeiten  fttr  den  VI.  deatschofisterreichischen  Mittelschaltag,  die  er 
eilrig  begonnen  nnd  selbst  anf  dem  Krankenlager  nach  Krftften  gefordert 
hat,  xa  Ende  zu  bringen.  So  fiel  mir  als  dem  gewählten  Stellvertreter 
Hoppes  die  Aufji^be  an,  die  letzten  Vorbcreitnnf^'en  für  unsere  diesjährige 
Zusammenkunft  zu  treffen  und  über  die  Thätigkcit  des  vorbereitenden 
Ausschusses  von  dieser  St»dli*  aus  zu  berichten. 

Der  V.  deutsch  -  österreichische  Mittelschultaj,'  iiat  den  Beschlu;«*  ge- 
fai-st,  wenn  nicht  irgend  welche  dringend«  Angelegenheiten  eine  frühere 
Einberuiung  wünschenswert  erscheinen  lassen  sollten,  im  Jahre  1897  wieder 
aiisanmiettnitreten.  Weder  von  anderer  Seite,  noch  im  SchoOe  des  vor^ 
bereitenden  AasBchnaaes  wurde  der  Wunsch  nach  einer  soldien  voraeitigen 
Einbernfbng  eines  Tages  rege,  and  so  ließ  die  Geschftfbrf&hrong  zu  Ende 
des  abgelaufenen  nnd  zu  Anfang  dieses  Schuljahres  je  eine  Anfforderang 
zur  Anmeldung  von  Vortrügen  und  zur  Hinsendung  von  Thesen  in  die 
»Österreichische  Mittelschule"  einrücken  nnd  versendete  im  Monate  >Jo- 
vember  de-<  laufenden  Stiidienjahrt'.s  ein  Handschreiben,  welches  die  Ein- 
ladung zur  Hetheiliguug  an  cii-ni  Mittelschultage  enthielt.  Diese  Enuncia- 
tioneu  hatten  mr  Folge,  diiss  bis  zum  fea-tge.'Jetzten  Teriume  (Ende  Januar 
1897;  nicht  weniger  als  40  lliemeo  angemeldet  waren.  Nach  Einholnng 
der  Gutachten  seitens  der  aoBwflrtigen  Mitglieder  des  vorbereitenden  Ans- 
Schusses  erfolgte  Mitte  März  die  angesichts  der  großen  Zahl  von  Ver- 
handlongsstoffen  Qberaos  nothwendige  Auswahl  aus  denselben  im  Schöße 
den  .Ausschusses  und  darauf  sofort  die  Drucklegung  und  die  Versendung 
der  ihnen  vorliegenden  Tagesordnung. 


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Mtscellen. 


221 


Inswiachen  war  in  AasföhruDg  eines  weiteren  Beschlusses  des  V.  dentsch- 
teterreichiBehen  ICttelicIinltaget  «ne  Eingabe  an  diie  hohe  k.  k.  Hinisfcerinm 
fOr  Calio«  nnd  Unteiricht  geleitet  worden,  die  Bitte  um  eine  VerfQgong 
enthaltend,  welche  ee  den  CoUegen  ermögliche,  dem  schon  in  der  ersten 

Hälfte  der  Charwoche  einzuberufenden  Mittelschultage  beizuwohnen.  Die 
rechtzeitige  günstige  Erledigung  dieses  Ansuchens,  deren  Details  den  Herren 
bekannt  sind,  sowie  die  (Tpwilhrung  der  in  einer  zweiten  Eingabe  gestellten 
Bitte  um  Krlnubnis  der  Ijenützung  des  Fe?*tsaale8  des  k.  k.  akaderaii^chen 
Gy iniiiisiuiiis  zur  Al>lialtuüg  der  \rollvers.iiniiiluii;T^.>n  hat  die  (4e<>rhäfts- 
leituii>f  iu  die  Lage  genetzt,  genau  nacii  dem  ihr  gewordenen  Auttruge 
den  VI.  dentüclHtoterreidutelien  Mittelechnltag  f&r  dm  IContag,  Dienatag 
und  Mittwoch  der  Charwoche  1897  nach  Wien  in  dieee  achOnen  und  vm» 
Iftngst  lieb  gewordenem  Bfinme  eimtubemfen. 

Wir  sind  f&r  diese  Forderung  unserer  Bestrebungen  dem  hohen 
k.  k.  Ministerium  für  Cultus  und  Unterrieht  aufrichtigen  Dank  schuldig, 
und  ich  irliiube  im  Sinne  der  hochansehulichen  Versammlung  zu  handeln, 
wenn  ich  hier  mündlich  und  in  den)  zti  puMicierenden  Berichte  schriftlich 
diesem  Danke  geziemenden  Ausdruck  vtrlt  ihe 

Von  den  Beschlüssen  des  V.  deutach-aeterreichi.schen  Mittelschultages 
erforderten  drei  noch  eine  weitere  Bethätigung  seitens  des  Aasschui$se)>, 
beziehungsweise  gewählter  Conuniasionen.  Erstens  ward  die  Verwertung 
der  Münskande  f&r  den  Unterricht  an  der  Hittelschnle  einer  ftnfgliedrigen 
Commiemon  ans  Herz  gelegt:  &ber  die  Thatigkeit  dieser  Oommiaaion  wird 
Herr  Prof.  Y.  v.  Kenner  morgen  in  der  hi«{torischen  Section  berichten. 
Zweitens  sollte  der  Angelegenheit  der  Schulgürten  unablässig  das  Augen- 
merk zu^rewendet  werden,  um  pf-ün^tig»"  M<«jiu'iite  für  deren  Fönlfrnng 
Mit  ht  ungenützt  vorbeistri-ii  ht-n  /.u  lassen:  iil>t'r  den  ^t.uul  tlit-ser  Frage 
wird  Herr  Prof  Dr.  F.  NoT-  «Icr  naturhis^torisi  heu  Seition  Mittheihmf^en 
/.ukommen  lassen.  Dniteu»  mubäte  die  Drucklegung  und  i  berreichuug, 
headehoni^weise  Vertheilong  des  dem  V.  deutsch -österrachischen  mittel- 
•ehnltage  von  Flrof.  hl.  Gl 5a er  erstatteten  Beferatea  «Über  die  Gehalta- 
und  Baogafragen  der  Mittelachnllehrer*  besorgt  werden.  Die  Drocklegnng 
wurde  aelbstveratftndlich  nnTeraOglich  in  Angriff  genommen,  dae  gedruckte 
Referat  und  die  darangeschlossene  Ko>olution  des  Mittelschultages  wurden 
durch  eine  Deputation  Sr.  Excellenz  dem  Herrn  Minister  für  Cultu.s  und 
Unterrieht,  sowie  Sr.  Excellcnz  dem  fb-rrn  FinanzminiMter  überrpieht  und 
an  sumnitiiche  Mitglieder  beider  holicn  Uiiuser  des  Kficlisrathes  vertheilt. 

In  das  Triennium,  weli  hes  (^eit  jener  durch  Prof.  (i|r, ...er  musterhaft 
motivierten  Resolution  des  V  .  deutsch-österreichischen  Mitleiöcbultages  ab- 
gelaufen ilt,  &Uen  nun  die  wichtigen  Zeitpunkte  der  Einbringung  der- 
jenigen Geaetiearorlagen  seitens  der  hohen  Regierungf  welche  die  ganse 
materielle  Stellung  nnd  die  Kangsrerhfiltniaee  unseres  Standes  in  Zukunft 
zu  bestimmen  haben  werden.  Über  einen  so  wichtigen  Zeitabschnitt  kann 
Ihr  Berichterstatter  nicht  hinweggehen,  meine  Herren,  ohne  auf  die  Be- 
strebungen der  Mittelschul  tage  einer-,  auf  die  endlich  zugestandenen  Vor- 
theile anderseits  wenif^tens  einij^e  tlikhtis^o  Hlirk*»  zu  werfen. 

Schnu  Mtif  dem  I.  MittelschuUuge  iltöö)  hat  Tunilirz  —  damals 
Profe!.-or,  jet/.t  Landes  S(  InilinHiwctor  —  Vorschlüge  zur  Vrrbesseruiig  der 
Lage  der  Supplenten.  cm  iteferat  Uber  die  Beförderung  der  Frofensoren  in 


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222 


Mi»ce]leD. 


di€  VlIL  RangBcIa.«*«  ond  einen  Bericht  über  eine  Anregung  betreffs  Gleich- 
stellung der  Lehrer  aller  öffentlichen  Mittelschulen  mit  den  Lehrern  u 
h'titat»mittelÄ<  hulen  gebnurht.  Der  II.  MitteUjchultag  (l^iM))  hat  sich  über 
Vortrag  «1*"-  Prof  SwnVpoda  aus  <^»raz  mit  d*^r  Frag-e  der  ' '•U-jch«t*^l!T5ng 
der  .^?a:jitii;.'»'h.iite  <i»'r  Mitte!''f  hnl]'role>-oren  in  i^anz  • '-t'-rrt^itii  mit  i'-n*^n 
in  Wi«ji  li^fae-ieil  und  eine  CouiUii&oion  !"-auttragI,  im  ."sinn»'  d»--  tfrent^^ii 
zu  petitionieren.  Umfkieender  be$ciikUigte  sich  der  Iii.  MitteUchuiiag 
(18911  mit  der  Frage  der  Regelung  der  Gehalte-  und  Rangtferhlltniooe 
der  Mittelechallehrer  auf  Gmad  eines  gediegenen  Beferates  tob  Dir. 
K.  Klekler,  welches  in  Fmrm  einer  Petitum  maOgebendenorts  Qberreicht 
worden  ist.  Auf  dem  V.  Mittelscholtage  endlich  <  1894)  faftf^te  Prof.  GlQuer 
in  einem  niei><terhafleii  Beferate  alle  Wöniiche,  besöglich  welcher  .siniint* 
liehe  Mittel.«chulprofe'*^oren  eines  Sinne.s  waren,  zusammen,  und  die  Ver- 
Munni!?in|?  bpf»rhlo»«  ein^timmifr.  fHe«e«  R<'fernt  nnd  die  daran  ges-chlo^^ene 
Ketrolution  durch  eine  Dei^utati<'n  an  -i!»'  » <>iii]M4entpn  Stellen  zu  leit^'Ti. 
Seither  thaten  die  Mittel»chuivcreiiie  einzelii  und  gemeinsam  weitere  Schritte, 
um  die  Sache  nicht  stagnieren  zu  lassen. 

Nachdem  proTisoriach  durch  Gewfthmng  Ton  8ab8iBteiiBnlagen  den 
unhaltbaren  materiellen  Verhältninen  der  Mittelschnllehrer  Bechnnng  ge- 
tiagen  worden  war,  erfolgte  endlich  am  26.  HSrs  1896  eine  Vorlage  behufs 
Begelung  der  GehaltH-  und  Rang8verhiiltnis»>e  der  Staatsbeamten,  darnnter 
auch  der  Mittel^chnllelirer.  Sie  war  nicht  durchaus  nach  nnseren  VVfin- 
M'hen.  ja  «ie  enth]»lf  Stellen,  an  denen  ein-'  Al.lndernng  im  Interesse 
un-cTf^-  Stnnclf*«  (li-in;,'enil  prwnn'-Tht  pi-liifn.  iJa  liit'f^  o? .  rn«^h  Vorstfl- 
lunj^eii  iiiiichen  und  l/JtUich  werden,  nnd  d.i  w<nen  es  di»*  Wiener  Mitttd- 
Hchulvereine,  unterstützt  von  den  wackeren  Biuderveieineu  der  rroviiuen, 
welche  den  dnogeodfiten  Wünschen  Aufdruck  Terschafl'ten  und  dieselben 
an  richtiger  Stelle  snr  Kenntnis  brachten,  nm  in  letster  Stande  zu  retten, 
was  noch  zn  retten  war.  Es  gelang  in  der  That  in  einzelnen,  wenn  aneh 
nicht  in  allen  wunden  Funkten,  »mächst  die  Zusage  eventueller  Modi- 
ficationen  zu  erhalten  nnd  mit  dankenswerter  Unterstützung  der  ton- 
angel>end«'n  l'iictoren  Bokhe  wirklich  zu  erzielen.  Ich  will  hier  nur  hin- 
weisen aul  di*'  wii  htipp  MaOropel  der  0|pirh«telhing^  der  Stamnicrehalte 
allf'r  Mittel«chuU«dirt  r  mit  denen  der  Wiener,  um  .»n/udeiiten.  mit  welch 
»ell>»tlu.wr  Hingabe  Uiiiuentliiii  die  \Viener  Vereine  liir  d.is  und  nur  fiir 
du*  eingetreten  «iod,  was  nie  tiir  gerecht  und  dem  Standesinteresse  dien- 
lich erachteten. 

Bekanntlich  hat  die  Vorlage  betreffend  die  Begelung  unserer  Besüge 
und  unserer  Bangseintheilung  alle  Stadien  der  Berathnng  in  den  gesets- 
gebenden  Körpern  passiert;  das  Stadium,  in  welchem  sie  sich  dermalen 
befindet,  kann  ich  nicht  als  ungünstig,  aber  auch  nicht  als  gün.stig  be- 
zeichnen. Vielleicht  darf  ich  mir  aber  dafür  die  Bezeichnung  , glücklich" 
erlauben  Ks-  prc"-tattet  Pessimisten  wie  Optimi.^en,  ihre  Phantasif»  spielen 
zu  lafMen  und  je  na*di  ihrer  Fav^"  glücklich  zu  w>in,  und  e«?  ver^-etzte  den  Tor- 
bereitenden  Auaschu-».-»  de.s  VI.  deutsch-österreii  iiisehen  MittelHchiilt.iges  in 
die  glückliche  I-iJige,  bei  seiner  schwierigen  Auswahl  ein  Thema  weniger 
in  Betracht  ziehen  zu  mOssen.  Gleichwohl  mag  der  Wunsch  erlaubt  sein, 
es  mOge  dieses  glQckUche  Stadium  bald  überholt  und  der  VIl.  deutsch- 
Österreichische  Mittelsehultag  aus  einem  freudigeren  Grunde  in  der  Lage 


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Miscellen. 


sein,  auf  däs  Thema  der  Kegehin^  d^r  Gehalts-  und  ILing.^verhultnisäe  der 
Mittelschulprofessoren  verzichten  20  können. 

Aüch  einer  zwwteii  materiellen  Frage  haben  dch  die  MiUelacbultage 
seit  jeher  wftrnutens  angenommen.  BesOglich  der  Belang  der  BeiQge 
der  Witwen  und  Waisen  nach  Miitolschnllelirern  hat  »chon  der  1.  Mittel- 
t^chultag  (1889)  anf  Grund  eines  Reforatea  von  Tumlirz  maßgehendenorU 
Schritte  unternommen,  der  III.  Mittelschultag  (1891)  hrtt  auf  Antnig  de« 
Prof.  Zden»^k  aus  Prag  abermals  die  Sache  ins  A\u^e  gefasst  und  einer 
Oommission  ülx  rwie^on,  und  auf  dem  V.  Mittelschuitage  (1891)  hnt  Prof, 
Glöser  in  sein^Mn  st  hon  erwähnt,  n  Rt  lerate  die  Frage  nicht  iibei.sehfn. 
sondern  auf  die  dankenswerten  Bemühungen  des  Vereines  „Mittelschule  für 
OberGsterreich  and  Salabnrg"  hingewinen,  deaien  YorBchlBge  so  detailliert, 
sachlich  und  rechnerisch  so  gut  begrflndet  waren,  dase  weitere  Arbeiten 
der  oben  erwähnten  Gommisaion  geradesa  tlberflflssig  erscheinen  mussten. 
Wenn  wir  uns  auch  nicht  einbilden ,  dasH  diese  unsere  Thätigkeit  haupt« 
sftchlich  e8  war,  welche  endlich  im  Mai  des  Jahres  1896  das  Insleben treten 
eines  Gesetze»  zur  Folge  hatte,  das  uns  die  Sorge,  welche  jahrzehntelang 
den  Mittpl«:ehiillphrer  am  allerschweraten  drückte,  in  hohem  <  ;radp  erleichtfn  t 
hat,  so  dürfen  wir  doch  annehmen,  dass  wir  durch  un-*  ir  l'.i'iiiiiliuiii»-('n 
die  Dauer  jener  Sorge  doch  etwa«i  abgekürzt  haben.  Sicher  aber  wiiwen 
wir,  dass  wir  das  Zuütandekommeu  des  Gesetzes  der  Einsicht,  dem  Wohl- 
wollen und  der  Thaikraft  der  hohen  Regierung  einerseits,  der  Liberalit&t 
der  beiden  hohen  Hftuser  des  Reichirathes  anderseits  va  verdanken  haben. 
Bei  dem  Umstände,  als  auch  diese  Angelegenheit  eine  Reihe  von  Jahren 
auf  der  Tagesordnung  der  Mittelschul  tage  nicht  mehr  stehen  wird,  ziemt 
es  sich  wohl,  hoehvi  rohrte  Anwesende,  ddss  der  VI.  deutsch-österreichische 
Mitt^lschultag  der  li  tlicn  Rfjiprung,  in«besoncb're  S'r  Kxceücn/  «lern  Horm 
Min!«:tf' r  für  Cnittis  und  rntt'irirht  Dr.  Krt-iliorrn  v  ti:nit<ch,  sowie  den 
beiden  hohen  Hiiusern  des)  lieiehsrallies  den  t ief-ti^efülilton  Dank  sagt. 

Verzeihen  Sie.  lioehverehrte  Anwesende,  da^s  ich  diesen  Bericht  etwas 
Aber  die  ihm  gezogenen  Grenzen  auagedehnt  habe;  <lie  Überzeugung,  das« 
wir  gewiasormaOen  mit  dem  heurigen  Mittelschnltage  eine  erste  Epoche 
dieser  Institution  beschlie&en,  die  Epoche  der  Verhandlang  der  atlerdringend- 
sten  Standesfragen,  m6ge  diese  Egression  entschuldigen. 

Und  so  bitte  ich  nun,  diesen  Bericht  gütigst  zur  Kenntnis  zu  nehmen. 

Prof.  A.  Schwarz  (Mahrisch-Ostrao):  Gestatten  Sie  mir,  diesen  ge- 
wiss sehr  interes»\nten  nnd  dankenswerten  Bericht  ditrch  eine  Mittheibms? 
zu  ergänzen,  welch»'  zwar  nicht  die  frosanimfe  Mittelschullehverfchfift  Öster- 
reichs, aber  doch  eineji  ci  hcliliclicii  Th»'!!  derselben  zu  iiitert'Sisier«  n  ge- 
eignet .sein  dürfte.  Ks  hai  nuuilich  der  liuhe  uiiihrische  Landtag  beschlossen, 
den  Termin  für  daa  Inkrafttreten  der  neuen  Gehaitasätze  für  die  mthri- 
schen  Landesintttelschulen,  welche  bekanntlich  den  größeren  Theil  der 
Mittelschulen  dieses  Landes  ausmachen,  bereits  mit  dem  1.  Januar  I89ä 
au  fixieren,  und  werden  von  diesem  Tage  an  schon  die  höheren  Gehalte 
zur  Auszahlung  gelangen. 

F.=i  war  fogar  noch  ein  früherer  Termin  in  Aussicht  genommen,  etwa 
der  1.  Juli  1>'97;   da   aber  die  Land-'sbeanit.'n  p-leirhzeiti'.re  Oehnlts- 

regulierung  veriaii;;t.  n  und  die  ni  itt  riel It  u  üjder  ui  ilie^cin  Faiie  eine 
Höhe  erreicht  liütien,  welche  den  Finanzen  des  Landes  Mähren  nicht  ent- 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


224 


Miäceilen. 


aprach»  muinte  der  Landtag  neh  entschlieOen,  den  Tennin  mit  1.  Januar 

1898  festzusetzen.  leb  glaube,  das^  es  wohl  am  Platze  wäre,  dem  Danke 
fiir  die  hohe  Regierung  und  die  hohen  Häuser  des  Reichsrathes  auch  den 

I^ank  für  jen«»  ICr^rj^M-achaften  anz.uschlieüon.  welche  in  gleicher  Weise 
um  die  Förderung  unserer  materieUen  Lage  sich  Verdienste  erworben  haben. 
(Beifall.) 

Voisitzeuder:  Wünscht  noch  jemand  ^u  dem  Geschäftsberichte  da^i 
Wort?  ^Niemand  meldet  rieb.)  Da  die«  nieht  der  Fall  iit,  so  nehme  ich 
an,  daM  die  Veraammlnng  den  Beriebt  gen^migend  aar  Kenntnis  nimmt. 
(Znstimmiing.) 

GescbftftsfiUirerttellTertr^r  Prof.  Dr.  Maiß:  leb  bitte,  gütigst  noch 
einige  Einläufe  2ur  KenntoiB  su  nehmen,  welche  an  den  Mittelschnltag 

gelangt  sind. 

1.  Der  Wiener  Verein  der  Neuphilologen  ladet  die  Theilnehmer  an 
Ai-m  VI.  deutsch -österreit'hiHchen  Mittelschultage  ein,  sich  an  dein  zu 
i'lingsten  1898  st-attfindenden  VIII.  Nenphilologentage,  insbesondere  an  der 
Herausgabe  eines  Banden  von  Programmaidsätzen  germanistischen,  augli» 
cistiseben  and  romanirtiicben  Inbaltes  an  betbeiligen. 

2.  Der  Verein  rar  FOrderong  des  pbysikaliscben  und  chemischen 
ünterricbtes  in  Wien  ladet  xnm  Besnobe  der  phjsikaliscben  Mostersamm- 
lungen  bei  Lenoir  and  Bobrbeck  ein. 

3.  Das  Urania-Unternehmen  in  Wien  bat  für  die  Urania- Vorstellung 
am  Dienstag,  13.  April,  Karten  zu  einem  um  20%  ermäßigten  Preise  den 
Theilnehmern  an  dem  Mittelschiiltas^^e  zuf^estanden.  Ich  bitte  jene  Herren, 
welche  diese  Vorstellung  besuchen  wollen,  sich  in  den  aufliegenden  Bogen 
einzutragen,  da  die  Anzahl  der  gewfinsi  Uten  Karten  bis  morgen  mittags 
dem  ,  Deutschen  Volkstheater "  bekanntgegeben  werden  muss, 

4.  Die  Grenoss^oschaft  der  bildenden  Kfinstler  Wiens  hat  wie  bei 
früheren  Gelegenheiten  eine  Anzahl  Freikarten  snm  Eintritte  in  die 
Jahresaasstellang  snr  Verfögnng  gestellt,  welche  gegen  Legitimation  im 
Secretai-iate  des  Hauses  behoben  werden  können.  Dieselben  k(innen  an 
jeder  Besuchsstunde  der  Ausstellung  benützt  werden. 

5.  Ein  Mitglied  des  vorbereitenden  Ausschusses,  Dir.  Dr.  A.  Stein- 
wentcr  l<jra/.),  bat  sich  mit  Kriinkheit  entf*c})nldit,'t  und  gebeten,  dem 
Mitteldcljultitge  !?t'ine  besten  Wünsche  zu  übermitieln. 

6.  Herr  i'rof.  Dr.  ilartinak  (Graz)  ist  au  luÜueu;6U  erkrankt  und 
bat  infolge  dessen  seinen  für  Dienstag  vormittags  in  der  philologischen 
Section  angesetxten  Vortrag  absagen  mflssen. 

Vorsitzender:  Wir  gelangen  nun  sur  Bebaadlong  der  auf  die  Tagest 
Ordnung  gesetiten  Themen.  Das  erste  derselben  lautet:  «Die  Verlegung 
des  Probejahres  in  das  vierte  Jahr  der  philosophischenStndien." 
ich  bitte  den  Herrn  Referenten,  Dir.  A.  Haran,  das  Wort  zu  ergreifen. 

Der  Vortragende.  Referent  Dir.  Daran  bemerkt  in  der  Einleitung, 
dass  die  Heranl»ildun^'  eines  tüchtigen  Lehrernachwuchses  für  unsere  Mittel- 
schulen eine  der  wiciitigsten  Fragen  sei,  weltdie  in  tler  Kinriclitung  des 
erweiterten  Probejahres,  beziehungsweise  Seminurjalites,  einen  bedeuten- 
den Fortscbritt  gemacht,  eine  endgiltige  Lösung  aber  noch  nicht  gefunden 
habe.  Nach  seiner  Aoidcht  wQrde  diese  Institution  eine  Vervollkommnung 
erfahren,  wenn  sie  in  das  vierte  Jahr  der  philosophischen  Stadien  verlegt 


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Miacellen. 


225 


wQrde.  Denn  biednrdi  wDrde  dieielbe  in  dM  Lage  Tenetst  oein,  alljähr- 
lich die  nöthige  Annhl  Quididatm  und  auch  die  sar  ordentlichen  Bin> 
fnbning  in  die  Schnlpraxii  nothwendige  unTerkante  Arbeitaieit  sa  haben. 

Dabei  würde  sich  auch  die  Gelegenheit  bieten,  eine  Sondernng  der  für 
den  Lchrbenif  tauglichen  und  untauglichen  Elemente  vorzunehmen  und 
df^njenigen,  welchi'  keinf  niiturlit  he  Lehrpi)>o  zeigen,  rechtaeitig  den  Rath 
XU  ertheilen,  df»n  vorfohlten  Mfnit"  iiufz'i£r»'l>en. 

Die  Fälle  neion  nämlich  nicht  selten,  da?«  wissenschaftlich  quali- 
ficierte  Männer  fflr  den  praktischen  I>ehrberuf  eine  geringe  Eignung 
zeigten  und  ungeachtet  des  Probejahres  und  des  redlichsten  eigenen  Be- 
uiQhene  im  Scbnlrimraer  nicht  die  nOtiiige  Energie  in  der  Beherrachnng  der 
Scbnlmicht  f&nden,  oder  daa»  tie  die  Gabe  der  Mittbeilnng  und  faaelichen 
Darlegung  de«  Lehrstoffes  verminen  ließen.  Durch  die  Miwgriffe  solcher 
Lehrer  werde  Erziehung  und  Unterricht  geechftdigt  und  eine  Zurfick Weisung 
vom  Lehramte,  welche  die  Schul behörde  zu  TCrlugen  das  Recht  habe,  er- 
wrheine  nach  rrfolgter  Appioltation  iil-*  vorspütpf  nnd  inhuman.  Otit  zu 
unternebten  um!  r.u  er7,iehHn  sei  eino  ^lücklic  he  (iahe  (iottes,  die  nirlit 
jedem  in  j^ieicheui  Malse  ge^'-ehen  sei.  Ks  liege  im  Interesse  sowohl  de> 
Candidaten  als  auch  der  Schule,  da«  Vorhandensein  der  Lehrgabe  «obaid 
als  möglich  so  coostatieren.  Die  beste  Erprobung  derselben  fiinde  im  Schal* 
stmmer  selbst  statt,  wo  fahlreiehe  Schiller  ihre  neugierigen  Btieke  auf  den 
jungen  Lehrer  richten  und  durch  ihre  ungleiche  Veranlagung,  Aufinerk- 
samkeit  und  ErCusnng  der  an  sie  gestellten  Fragen  die  Geistesgegenwart 
und  Anspannung  der  ganzen  moralischen  und  intellectuellon  Krart  des 
Lehrers  herausfordern.  Wer  diese  Feuerprobe  gut  bestehe,  werde  ein  guter 
Lehrer  werden  nnd  verdien'^  eine  weitere  Awsbildniif?.  Die  Tonstatiernng 
des  Vorhandenseins  (U  r  Lehrgabe  erscheine  als  unerliis^lu  he  VoiHpdingung 
für  den  Lehrbenit.  welche  der  wissenschaftlichen  Ijcliiltef/ihi^'ung  nicht 
nach-,  (iondern  vorausgehen  sollte.  Denn  der  mit  niitüil icher  Lehrgabe  aus- 
gestattete Oandidat  werde  gewiss  die  wissenschaftliche  Fachbildung  voll- 
enden, wfthrend  die  wissenschaftliche  Qnalification  die  mangelnde  Lehr- 
geschicklichkeit SU  eraetaen  nicht  imstande  «ei.  In  einem  Seminare,  welches 
vor  der  wissenschaftlichen  PrQftmg  eingeschaltet  wäre,  würde  sich  die  Aus- 
scheidung der  unbrauchbaren  Naturen  von  selbst  vollziehen,  indem  «io  an- 
gesichts der  im  Schulziminer  <;»emachten  Erfahrung  und  Selbsterkenntnis 
den  ihnen  nicht  zusagenden  Hoden  verlassen  würden.  Das  hiltto  die  Schule 
nijcht  zu  beklagen,  weil  ihr  Interesse  dringend  heische.  dn.«w  ihr  die 
begabtesten,  geschicktesten  und  wissenschaftlich  gut  gebildete  liehrcr  zu- 
geführt werden.  Au»  der  Verlegung  des  Probejahres  würde  der  Schule  ins- 
besondere der  niebt  hoch  genug  anxoschlagende  Gewinn  erwachsen,  das» 
alle  Candidaten  ausnahmslos  die  methodische  Ausbildung  ihrer  LebrftUiig* 
keit  durchmachen  müssten,  wfthrend  bei  der  gegenwärtig  geltenden  Ord- 
nung die  Vortheile  des  Semtnaijahres  einer  im  Verhftltniiae  Eum  Bedarfe 
verschwindend  kleinen  Anzahl  von  Candidaten  zugute  kämen. 

Endlich  würde  die  Verlegun<?  des  Probejahres  auch  den  Lehrauits- 
candidaten  einen  nicht  zu  unterschätzenden  Vorthejl  bringen,  weil  .sie  da- 
durch Aussicht  hilttcii .  um  cm  Jahr  früher  ansteilimfr-'f'jihii»  zu  werden. 
Gegenwärtig  brauche  ein  junger  Mann  volle  sicb*'U  Jahre  an  der  Uni- 
versität, um  die  AnstellungsfUhigkeit  zu  erlangen,  und  da  die  meisten 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


226 


Hiseellen. 


Oandidaten  nicht  zu  den  verra(5j^enden  Leuten  gehören,  schrecke  die  all- 
zulange Dauer  der  iihilosoitliischou  Studien  viele  Abiturienten  von  df^r 
Wahl  des  LehrberufV-i  a)).  Wenn  auch  durch  die  Ke^fulierung  der  Getiaile 
dpr  Lehrerschaft  sich  die  Verhältnissse  bessern  dürften,  so  sei  dies  doch 
nicht  das  einzige  Mittel,  dem  thatsächlich  vorhandenen  Lehrermangel  ab- 
xohelfen.  £9  müaste  die  Bernfswiihl  darch  Abkttraung  dee  Stildienganges 
und  durcli  andere  Begttnitigiuigen  erleiehtert  werden. 

BesQglidi  der  Verlegong  des  Probejahres  verweist  der  Vortragende 
«chlieOlich  auf  eine  analoge  Vorschrift  in  dem  Organisationsstatute  für  die 
LebrerbildungHanstalten  nnd  ist  der  Ansicht,  dass  den  Hörern  des  vierten 
philosophischen  Jahrpanf^os  nflrtrpnht'it  geboten  werden  .sollte,  neben  dem 
Besuche  der  nkadeniis^chen  Vorlesungen  auch  die  Praxis  kennen  zu  lernen 
Wenn  zu  den  Lehrbesuchen  und  Lehrversuchen  nicht  mehr  nh  vier  hm 
sechs  Stunden  wöchentlich  beansprucht  würden,  küunte  ein  jeder  Uörer 
soviel  Zeit  dieser  Arbeit  ohne  Schwierigkeit  widmen  und  dabei  die  didak- 
tische und  methodische  Literatur  »eines  Faches  kennen  lernen.  Liefere 
er  am  SchlnsM  des  Probejahres  eine  befriedigende  didaktisch-pttdngogtsche 
Arbeit,  so  könnte  diese  als  Ersats  fttr  die  in  der  PrflfongSTorsohrift  ge* 
forderte  Abhandlung  angerechnet  werden.  Durch  solche  Erleichterungen 
sollte  der  Lehrernachwuchs  gefördert  werden  und  die  Vorsorge  für  den- 
selben 5?ich  hauptsächlich  darauf  richten,  die  Verhaltnisse  des  Lehrstandes 
so  zu  gestalten,  dass  sich  tnchtt*j;e  Jalciite  /u  dtMuseilM-n  hinsfezc^en  tühlen 
könnten,  und  Kinriclituni,'en  zu  .•^cliutien,  tlass  alle  Lehramt^scantlidaten  eine 
lueliiodi^he  Ausbiiduug  ihrer  Lehrgabe  durchmachen  müssten. 

Landes* Schnlinspector  Dr.  Langhans:  Meine  Herren!  Da«  dieses 
Thema  auf  das  Programm  des  heurigen  Mtttelschultages  gestellt  worden 
ist,  ist  ein  Verdienst  des  Herrn  Dir.  Bar  an.  Die  große  Frage  nach  der 
Vorbildung  der  Lehrer  beschäftigt  alle  Miinner  der  Schule  seit  Jahr> 
hunderten  und  in  der  letzteren  Zeit  mit  besonderer  Intemit&t.  Seit  Jahr- 
zehnten muhen  sich  die  Pädagogen  in  Deutschland  ab ,  einen  Weg  zu 
finden,  auf  welchem  man  die  Schule  dnhin  sichern  kannte,  dn^s  sie  immer 
die  besten,  die  leistungslahi festen  Männer  bekouimt  Die  Herren  kennen  ja 
alle  Jus  Buch  unseres  vtuelirten  Collegen  Adaniek,  m  welchem  die 
reiche  Literatur  über  diese  Frage  fast  erschöpfend  verzeichnet  ist.  ijie 
kennen  die  Tielen  Verhandlungen  der  Directorenvenammlungen  in 
Deutschland,  welche  sich  immer  und  immer  wieder  mit  dieser  Frage  be- 
schäftigen ,  ob  die  Gandidaten  nach  der  praktischen  Seite  hin  schon  ^uf 
der  Universität  für  das  Lehrfiu  h  vursubilden  seien,  ob  erst  in  der  Schule; 
ob  mehr  durch  theoretische  Vorlesungen  über  Pädagogik  und  Didaktik 
oder  mehr  durch  sofort ii?e  i>r.ikti.sche  Betliätii^nnfT;  ob  in  der  Form  eines 
^^eminares,  welche--  mit  der  1  niversität  in  \'*".bindun<r  st^ht.  oder  eine-* 
Seminiires.  welches  einer  Mittelachule  ungeglieiiert  ist;  ob  vielleicht  durch 
eine  besondere  Staatsan.stalt;  ob  durch  ein  bloßes  Prubejahr,  durch  ein 
ein-  oder  zweijähriges.  Es  ist  eine  ganze  FQlle  von  großen  Fragen,  die  da 
im  Laufe  der  letzten  Jahrzehnte  aufgerollt  worden  sind,  und  wenn  auch 
einzelne  Staaten  Versuche  mit  der  einen  oder  anderen  der  genannten 
Formen  machen,  wenn  z.  B.  Preußen  sich  das  zweijährige  Probejahr  an« 
zunehmen  entschiossen  hat,  wenn  Österreich  an  einem  Wiener  Oymnswium 
mit  TorzCiglicben  Kräften  unter  der  Leitung  eines  in  pädagogischen 


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Mtscellea. 


227 


Dilififeii  reteUieh  erfabrenea  und  anigeseicbnet  gfitcholten  Mannes  einen 
Vetsoch  dahin  gemacht  hat,  wenn  andere  Staaten,  wie  Sachsen,  sieh  noch 
sttwartend  verhalten  —  SO  ist  das  doch  gewiss  eine  Frage,  welche  noch 
lange  Zeit  alle  >>  hiiiniftnner  beschäftijjpn  wird.  Es  ist  also  ein  Verdienst 
des  Herrn  Dir.  Ii a ran,  dass  er  auch  dem  heurigen  Mittelschultage  Ge- 
legenheit gefreben  hat.  iiieser  Frage  neuerdin^rs  näherzutreten;  e?<  ist  mich 
vielleicht  in  der  lüchtung  ein  Verdienst,  das«  sich  m  noinen  Aus^tiihi  uni^ji  n 
gezeigt  hat,  wie  nothwendig  noch  für  uns  österreichische  Schulmänner 
eine  Diacus»ion  dieser  Frage  nach  den  verschiedensten  beiten  iiin  iät. 

Wenn  ich  also  das  Verdienst  der  Ansetsnag  dieses  Themas  mit 
Frenden  anerkenne,  so  moss  ich  allerdings  anf  der  anderen  Seite  geslehen, 
dacs  ich  mit  den  AnsfÜhningen  des  Herrn  Vortragenden,  sowie  mit  den 
am  Schlüsse  derselben  auFgestellteu  Thesen  nicht  einverstanden  bin.  Ich 
glaube  nicht,  dass  wir  heute  mit  dieser  Frage  werden  fertig  werden 
können;  ich  ^^laube  auch  nicht,  da*;^  die  nns  heute  zur  Verfügung  stehende 
Zeit  es  erni-vu'licht,  dt-n  (jej^ensTftrn!  erschöpfend  zu  behandeln.  Allein 
wird  jedentaiis  sehr  er.«>priebiich  sein,  weim  die  zahlreichen  Anwe.sen'.len 
ihre  Ansichten  üubern  werden,  und  wenn  so  das  Thema  zur  weiteren  Dis- 
Ciusion  in  späteren  Jahren  and  auch  in  den  Fachzeitschriften  weiter  vor- 
hereitet  wird,  wenn  wenigstens  sich  seigt,  dum  der  Lehrstaad  das  Interesse 
an  dieser  Frage  lebhaft  f&hlt,  sich  mit  ihr  beschäftigt  nnd  noch  iateasiTei- 
beschäftigen  will. 

Als  BegrQadnng  fOr  die  ablehnende  Haltung,  welche  ich  den  vor* 
geschlar^enen  Theten  gegenüber  einnehmen  muss,  ni9chte  ich  nun  zweierlei 
vorbringen.  In  erster  liinie  meine  ich,  dass  ein  Lehrer  oder  einer,  der 
Lehrer  werden  will,  vor  iiib-m  ainirnm  etwas  gelernt  li.ilien  n)U«s-  \\'enn 
jeniami  sich  sih  Lehrer  versuchen  will,  mus«  er  znniUhst  erweisen,  wa*  er 
gelernt  hat.  Icii  meine,  dass  aus  diesem  ganz  einlachen  Gesichtspunkte 
heraus  räch  itlr  alle  Zukunft  die  eine  Forderung  herausstellt,  dass  jeder 
praktischen  EinClIhraag  eines  Candidaten  in  das  Lehramt,  jedem  pi-aktiscfaen 
Versuche  des  Candidaten  vorausgehen  moss  die  Absolviening  der  Uaiverrät&ts- 
Studien  und  die  Ablegnng  der  LehramUprflfhng. 

Ich  werde  in  dieser  meiner  Meinung  dadurch  best.'ukt,  dass  ich  mich 
nicht  erinnern  kann,  djus-s  irgendwo  in  der  reichen  Flut  der  Literatur  über 
diese  Frage  der  Versuch  p^^emacht  oder  auch  nur  irgendwo  die  M»  inung 
aufs^-'-tellt  worden  wäre,  diis^  in;in  ihn  Lehramt«c{vndidiiten  zuerst  praktisch 
untcrrii  hten  tind  danu  erst  die  i'rüiung  maeiien  htssen  soll.  Ich  ineiii-' 
damit  nicht,  dass  es  nicht  schon  Versuche  gegeben  hatte,  die  praktische 
Durchbildung  des  Candidaten  schon  auf  die  Universität  za  verlegen.  Die 
Versuche  nnd  ja  gemacht  und  empfohlen  worden,  den  Candidaten  schon 
auf  der  Universität  neb^n  den  theoretischen  Versuchen  auch  praktisch  in 
pädagogischen  und  didaktischen  Sachen  unterweisen  zn  lassen.  Aber  dass 
man  ihn  schon  vor  der  Prüfung  irgendwo  an  eine  Helbständige  Schule 
hinauägeschickt  hätte,  erinnere  ich  mich  nicht  irgendwo  vort."^  chlat^en 
oder  enipfohlen  gelesen  zu  haben.  V.n  ist  das  also  ein  neuer  \  oi-  ,  hlair, 
dem  gegenüber  man  äußerst  vorsichtig  wird  sein  müssen.  Das  i&t  der  eine 
Grund. 

Der  zweite  Grund  ist  für  mich  vuu  fast  ebensolcher  Bedeutung.  Ich 
weiß  nicht,  wie  die  Er&hrungen  anderer  Herren  in  dieser  Beziehung  be- 


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Miscellen. 


schaffen  sind,  aber  ich  habe  so  oft  geselion,  da-«  Candidaten,  welche  vor 
abgelegter  Lehramtsprüfung  durch  verschiedene  Verhältnisse,  durch  den 
helirprmvinpc] ,  durch  locale  Verhiiltnispe  gezwungen  worden  sind,  als  un- 
geprülte  Öupplenlen  an  eine  Lehranstalt  zu  gehen,  dann  eine  ganz  auGer- 
ordeutliche  Selbstüberwindung  brauchten,  ein  Zusaimnennehtnen  aller  ihrer 
moFaliichen  Kraft,  um  noch  xar  rechten  Zeit,  nni  vielleiebt  überhaupt 
noch  die  Lehramtspraftixig  su  machen ,  ja  nn  nch  nur  sn  denelben  ca 
melden.  Jahre-  und  jahrelang  branchten  (rft  die  betten  KOpfe,  die  redliehiten 
Leute,  die  es  gut  meinten  mit  iL  im  Berufe  und  sich,  um  dann  inr  Prüfung 
SU  gehen.  Je  älter  sie  wurden,  desto  schwieriger  wurde  es  ihnen,  und 
viele  sind  dann  überhaupt  nicht  ojehr  hinjjp^ifanppn  und  sind  vom  Lehr- 
amte abj^efullen.  Ich  n)eine,  diese  iMtalirung  dürfen  wir  nicht  aus  dem 
Auge  luHiieu.  Was  vielen  zum  Unheile  geworden  ist.  das  dürfen  wir  doch 
nicht  als  allgemeine  Einrichtung,  als  gesetzliche  Norm  verlangen.  Wir 
wfirden  ja  damit  große  Gefabren  für  die  Lehramtscandidaten  und  dann 
auch  nir  die  Schule  hervorrufen.  Ich  will  also  roeritorisob  gegen  diese 
Thesen  nichts  weiter  vorbringen;  üQr  mich  wenigstens  sind  diese  swei 
Punkte  entscheidend,  um  mich  mit  den  Vorschlftgen  nicht  befreunden  au 
können.  Und  nun  erlauben  Sie  mir  noch  auf  einiges  aus  den  Aus- 
fuhrungen ,  welche  der  Herr  Referent  xur  Begründung  seiner  Thesen  ge* 
bracht  hat,  einzugehen. 

Unter  den  Vortheilen,  welche  die  vor^e'chlajrene  An  lerung  der 
Prüfungsordnung  nach  tier  Ansiclit  de«;  Herrn  Vortrafjenden  mit  sich 
bringen  würde,  wurde  vor  allem  angeführt,  dasä  dann  immer  die  nötbige 
Zahl  Ton  Owdidaten  Toihanden  wftre.  Ich  glaube  nicht,  dass  die  Durch- 
IBhrung  dieser  Thesen  eine  solche  Zahl  TOn  Candidaten  schaffen  wfirde. 
Ich  glaube,  es  w&re  sogar  die  Oe&hr  vorhanden,  dass  die  Zahl  der  Candi- 
daten dadurch  noch  geringer  wfirde.  Es  ist  ja  allerdings  namentlich  in 
Österreich  für  die  Durchführung  der  schönen  Bestrebungen  mit  dem  er- 
weiterten Probejahre,  fUr  den  gedeihlichen  Erfolg  des  Versuches,  den  man 
in  Wien  g-emacht  hat,  der  Umstand  fatal  jjeworden,  dass  es  an  Candidaten 
fehlte,  und  das.s  jetzt  gur  keine  da  sind.  .Vber  die  Ursache  lag,  glaul>e  ich, 
darin,  dass  man  es  den  Candidaten  freigest*;llt  hat,  das  Probejahr  luer 
mitzumachen  oder  irgend  anderswo  hinzugehen  und  es  nicht  zu  machen- 
Wenn  nun  die  Gendidaten  die  Wahl  frei  haben,  entweder  ein  koetspiehges, 
schwieriges  Probejahr  mitsumacben  oder  nicht,  so  entscheiden  sich  natOr- 
lieh  die  meisten  f{lr  das  letztere.  Es  wird  vielleicht  nach  einem  Modus 
)^e>ur]it  werden  mUs&en,  dass  man  alle  Candidaten  verpfUrbtet,  ein  solche» 
Probejahr  zu  machen.  Die  Frage  ist  so  schwer,  dass  man  iieute  noch  nicht 
8agen  kann,  in  welcher  Richtung  die'^er  Modus  wird  gefunden  werden 
können;  aber  es  wird  gut  sein,  dass  wir  daran  denk'-ii,  vorerst  die  Dinge 
beobachten  und  tl  inn  vielleicht  Verhältni.sse  schaffen,  die  e<>  ermöglichen, 
alle  Candidaten  /-u  y.wnigen,  ein  solches  Probejahr  durchzumachen. 

Es  wurde  dann  weiter  gesagt,  dass  durch  die  Annahme  dieser  Thesen 
eine  Sonderung  der  fßr  das  Lehrfach  untauglichen  Elemente  leichter  wflrde. 
Wenn  der  Candidat  einmal  ins  Lehramt  eingetreten  sei,  dann  sei  es  trott 
aller  Bestimmungen,  trotz  der  großen  Machtbefugnis  dn  Unterrichts^ 
Terwaltung.  trotz  der  Möglichkeit,  dass  das  Ministerium  die  untauglichen 
Elemente  entfernt,  doch  nicht  mSglicb,  sie  su  entfernen:  denn  wer  solle 


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229 


ao  inhuman  sein»  die  Leate,  die  einnial  ine  Lehramt  eingetreten  sind,  auB 
demselben  so  entfernen?  Ja,  das  bt  in  der  That  sehr  aehwer,  und  gew'm 
werden  wir  Sehnlmänner  alle  daoklMir  anerkennen,  mit  welcher  Hnmanittt, 

mit  welchem  Wohlwollen  bis  ans  Ä.nßersle  der  denkbaren  Grenzen  das 
Ministerium  in  solchen  Frajjen  sich  immer  verhält,  und  wie  e«  aucli  I>eate, 
die  anfangs  oder  einifj^e  Zeit  hindurch  zum  Lehrainte  nicht  recht  tauglich 
waren,  nicht  gleich  an  die  Lutl  setzt,  sondern  alle  uifififlichen  Versuche 
macht,  damit  sie  doch  für  dkia  Amt  tuhig  werden.  Alter  wer  soll  denn  in 
Zukunft  hO  inhunmn  sein,  diese  Sonderung  vorzunehmen?  Sie  soll  früher 
gesehehen.  Aber  wer  «oll  iie  flbemebmen?  Nach  den  AnaRthrongen  des 
Herrn  Referenten  scheint  es,  als  ob  die  Unirersitftt  das  thon  sollte.  Ich 
gtaabe,  dass  die  üniTernt&tskreise  sich  für  die  Aufgabe  bedanken  werden, 
die  Sonderung  vorzunehmen,  wenn  sie  überhaupt  in  der  Lage  sind,  ein 
Urtheil  darüber  abzugeben.  Denn  natOrlich:  wenn  der  junge  Hann  ins 
Schiilamt  fMng:etreten  ist,  wenn  man  ihn  an  der  Arbeit  sieht,  dann  wird 
es;  dem  Director  und  dem  Inspector  vielleicht  möglich  sein,  zn  nagf^n,  der- 
selbe sei  nicht  tauglich.  .Vber  wie  sollen  die  Universitäti^professoren, 
welche  Prüfnngscommission  boll  denn  sagen,  dass  jemand  für  das  Lehramt 
untauglich  sei,  ehe  sie  ihn  unterrichten  gesehen  hat?  Das  ist  nicht  denk- 
bar. So  traurig  es  also  ist,  wenn  jemand  sich  dem  Lehramte  widmet,  der 
keinen  Beruf  dasu  hat,  so  schwer  ist  es  hier  wie  in  allen  Berufen,  in 
einem  soliden  Falle  Abhilfe  sn  tehaffen.  Die  Natur  ist  oft  grausam,  aber 
sie  corrigiert  immer,  wiis  krank  oder  nicht  recht  tauglich  ist.  Solche  Ele- 
mente fallen  denn  doch  ab,  und  endlich  musB  jede  Institution,  jeder  Stand 
auch  damit  sich  zulrieden  geben,  dass  nicht  immer  die  besten  Kräfte  cur 
Verfügung  stehen. 

Es  hat  dann  weiter  geheimen,  die  piakti^ehe  AuMbi]ilun<j:  sei  sehr 
wichtig.  Das  ist  gewiss  wahr,  darüber  üind  wir  ja  alle  einig;  es  handelt 
sich  nur  darum,  wie  man'a  machen  soll,  damit  die  Lehramtscandidaten 
au6  beste  vorgebildet  werden.  Wenn  nun  gesagt  wurde:  weil  die  praktische 
Ausbildung  so  wichtig  ist,  soll  sie  nicht  der  FMfung  naehfolgen,  sondern 
ihr  TOrangefaen  —  so  ist  das  wohl  die  sehwftehste  Seite  der  Argumentation. 
Ich  glaube,  die  Begründung  dieser  Behauptung  dfirfle  sehr  schwer  werden. 

Weiter  hieß  es:  das  erweiterte  Probejahr  mag  noch  so  löblich  sein, 
es  ist  aber  in  seinen  Wirknnj^en  illnTOriscli.  Wir  können  heute  nicht  fiber 
diesen  Punkt  eprec  hen.  Ich  erinnere  nur  daran,  dass  Iiis  heute  das  l'rol>e- 
iahr.  das  ein-  od-T  zweijährige,  überall  noch  als  der  beste  Modus  be- 
funden wurden  int,  den  Candidaten  praktisch  ins  Lehramt  einzuführen. 
Wir  denken  ja  da  gleich  alle  an  Halle  und  Qießen  und  an  alle  die  Männer, 
die  «ich  mit  der  Sache  beschäftigt  haben,  von  Herbart  an,  der  schon  ein 
Seminar  gehabt  hat  u,  s.  w.  Bisher  steht  die  Frage  so.  dass  man  in  allen 
Staaten  gemeint  hat,  das  Beste  sei  noch  das  Probejahr  nach  abgelegter 
Prüfung. 

Ea  wurde  ferner  gesagt,  dass  der  Candidat  dadurch  ein  Jahr  gewinnen 

werde.  Für  mich  erj^ibt  sich  fiist  dn^  «leq-entheil  Es  worden  viele  Candi- 
daten ein  oder  mehrere  Jahre  verlieren,  ich  mochte  übrigeu«»  du-t--  Ar;^'u- 
ment  nicht  hervorheben,  denn  es  handelt  sich  jetzt  doch  nicht  darum,  dass 
die  Candidaten  an  Zeit  gewinnen,  sondern  auf  welche  Weise  sie  am  besten 

praktisch  filr  das  Lehramt  vorgebildet  werden. 

„Ötterr.  Mlttelseluite".  XI.  Jahrg.  16 


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230 


Uiacellen. 


Es  hat  dann  noch  ein  Moniont  nii  ht  überzeugend  i^owirkt  wurde 
behiuiptet,  das.s  heutzutage  die  jungen  Leute,  wenn  sie  die  Mittohchule 
veilasst»n,  bei  der  Wahl  ihres  Berntes  und  auch  des  Lehrberufe  uicht  von 
den  idealen  Aufgaben  deflBelben  geleitet  werden,  sondern  vielfach  schüu  an 
die  praktischen  Seiten  ibres  Standes  denken,  an  die  baldige  Aaetelliing 
nnd  was  damit  aosammenhftngt.  Ich  habe  anch  schan  eine  etwas  mehr  als 
SQ^ihrige  Erfahning  darin»  aber  idi  habe  noch  immer  gesehen,  dan, 
wenigstens  was  den  Lebrstand  betrifft,  bei  der  Wahl  dieses  Berufes  noch 
fast  100%  dnrch  die  idealen  Seiten  desselben  allein  geleitet  wttrdea.  (Bei- 
fall.) Eti  mag  ja  mancher  geirrt  haben.  \mi}  «»r  ist  spriter  7U  seinem 
Schaden  zur  Einsicht  gekommen,  aber  in  der  ."»tunde,  wo  er  den  Lehr- 
beruf gew&hlt  hat,  hat  ihn  nichts  geleitet  als  der  ideale  Zweck.  Es  hat 
ihm  in  der  Schule  gefallen,  er  hat  seine  Lehrer  verehrt,  er  hat  in  ihnen 
das  Höchste  gesehen,  er  war  so  erf&Ut  von  Wissensdurst,  dos«  er  es  als 
das  Natfirlidiste  gefunden  hat,  auch  mitauarbeiten  auf  dem  Qebiete  des 
Wisseos,  es  auch  au  Termitteln,  Professor  sn  werden.  Unsur  Beruf  ist  ja 
einer  der  schwierigsten  und  nach  der  materiellen  und  nach  anderen  Seiten 
hin  nicht  einer  der  undankbarsten,  sondern  der  undankbarste.  (Zustimmung 
und  Beifall.) 

Ich  glaube  auch,  dass  es  praktisch  sehr  schwer  wäre,  dieses  eine  Jahr 
in  das  Quadrienniuu)  einzugliedern,  denn,  soweit  meine  Krfahrungen  reichen, 
kann  es  mit  fünf  oder  sechs  Stuudeu  IlüJipitieruiig  oder  praktischer  lie- 
thätiguiig  neben  den  wissenschaftlichen  Studien  nicht  gehen.  Damit  wäre 
nicht  Tiel  gewonnen;  geschädigt  aber  wQrden  dadurch  vor  allem  die  jungen 
Leute  selbst.  Kochmals:  die  erste  Bedingung  f&r  den  Lehrer  ist,  dass  er 
etwas  (hdentliches,  etwas  (Janaes  gelernt  hat  Der  erste  Factor  in  der 
ganzen  Frage  ist  die  Universität,  die  Wissenschaft.  Erst  soll  der  junge 
Mann  sich  gans  und  ungestört  in  die  Wissenschaft  vertiefen.  Er  soll  auch 
nicht  so  stitdieren,  da^  er  sich  tbrt während  fragt;  Was  werde  ich  am 
Gymnasium,  an  der  Realschule  davon  brauchen,  was  werde  ich  dem  Schüler 
davon  sagen  uiiiö,',eu?  Das  wäre  ein  armseliger  Lehrer.  Fr  »oll  zunächst 
gar  nicht  daran  denken,  er  soll  nur  tief  schöpfen  aus  dem  Jungbrunnen 
der  Wissenschaft.  Jeder  soll  denken,  er  werde  nur  Mann  der  Wissenschaft 
sein,  er  werde  TJniversitfttslehrer  werden!  Ein  je  höheres  Ziel  er  sich  setzt, 
je  mehr  er  sich  der  Wissenschaft  hingibt,  desto  großer  ist  die  Anssidit, 
dass  er  ein  guter,  tQchtiger  Lehrer  sein  wird.  Ich  glaube,  Herbart  sagte 
einmal:  Der  beste  Lehrer  ist  derjenige,  der  iiuiuer  lernt.  Wenn  aber  der 
Lchramt-^candidat  schon  anfangen  wflrde,  nicht  fortaulernen,  dann  könnte 
wobl  nicht  viel  Gute*?  herauskommen. 

Ks  ist  dann  der  praktische  Vorschlag  gemacht  worden,  dass  zum 
Schlüsse  dieses  sogenannten  Probejahree  eine  schriftliche  didaktisch -päda- 
gogische Arbeit  geliefert  werden  könnte,  welche,  wenn  sie  befriedigend 
ausgefallen  ist,  eventuell  vor  der  Prflfungscommission  als  Ekrsata  fftr  die 
|ri&dagogisch''wissenschaftliche  Arbeit  gelten  konnte,  die  heutzutage  durch 
die  Frflfungsnorm  gefordert  wird.  Da  scheinen  sich  mir  wiedei*  verschiedene 
Schwierigkeiten  zu  ergeben.  Wer  soll  denn  die  Arlieit  stellen?  Der  Lehrer, 
der  den  Candidaten  zur  Einfuhrung  gehabt  hat?  Ich  glaube,  sosehr  wir 
uns  Mittelschulmänner  achten  —  und  jeder  soll  sich  ja  seU>st  bis  zu  einem 
guten  Grade  achten  —  können  wir  uns  diese  Aufgabe  doch  nicht  vindi- 


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^liscellen. 


231 


eieren,  d«M  wir  Lehrer  oder  Direetoren  gleichmm  den  Lehnuntoeandidaten 

die  Prüfungsarbeiten  stellen.  Die  Kunst  des  ünterrichteiM  erfordert,  wenn 
aie  gedeihlich  sein  aoU,  denn  doch  ein  gutes  Stück  von  theoretiacher 
ünterweisnnjj.  wi«?en«ch;iftliclier  Vertiefung  aller  pädagogischen  und 
didaktischen  Fragen,  und  da^u  werden  die  meinten  MittelsehuUehrer  ja 
nicht  die  Zeit  haben.  Da^  müssen  wir  denn  doch  den  Männern  der  Wissen- 
Äcbal't,  der  Universität  überlassen.  Ich  fürchte  sehr,  es  wurde  mmi  mit 
demjenigen,  was  heute  schon  eine  Schwäche  der  ganzen  Prüfungdordnung 
ist,  daas  nftmlich  den  Candidaten  winemcfaaltlich  «ehr  wenig  von  P&di^ 
gogik  and  Didaktik  geboten  wird,  noch  ftrger  werden. 

Daa  Wichtigste  für  den  Lehrer  i«t  ja  gewiia  die  glfickKcbe  Anlage, 
das  Talent.  Ich  habe  ja  selbst  Leute  gesehen,  die  blutjung  ohne  Prüfung 
an  die  Anstalt  kommen  nnd  ihre  Sache  prachtig  maehen.  Ja,  das  sind 
geborene  T,»'hrer  —  aber  auf  (lie>*e  allein  könn*^n  wir  tins  doch  nicht  ver- 
lassen. Üie  jjroße  Mehrzahl  der  Lehrer  werden  ja  nicht  pädagogische 
Geuiea,  von  Gott  begnadete  Individuen  sein,  wir  niiis^en  ja  mit  vielen 
Tausenden  arbeiten,  wir  brauchen  auch  den  sn^nniunnteii  Mittelschlag,  und 
wenn  jemand  auch  Ton  Natur  noch  so  gute  Anisen  zum  Maler  hat  —  er 
mxm  doch  die  Farben  mischen  nnd  bei  einem  Heister  die  Technik  des 
Malen«  gelernt  haben.  So  ist  dies  auch  für  das  Unteniehten  nothwendig» 
wenigstens  au  dem  Zwecke,  damit  man  daiijenige,  was  man  bei  gater 
Natnranlage  inatinctiv  triflft,  auch  mit  Bewusstsein  treffe.  En  wird  ein 
ganz  anderes  Arbeiten  sein,  wenn  man  bei  der  besten  Naturanlage  auch 
theoretisch  «eher  ist  der  Art,  wie  man  arbeitet.  Ich  möchte  also  nicht 
wünschen.  dasR  irgend  etwas  eingeführt  werde.  wa<?  diese  theoretische  und 
wisben^ichaftiiche  Befestigung  der  Grundlagen  für  einen  guten  Lehrer  irgend 
in  Gefahr  bringen  könnte. 

Ich  behalte  mir  vor,  einen  Antrag  an  stellen,  wonach  die  voigelogten 
Thesen,  wenn  nicht  abgelehnt,  doch  wenigstens  stark  modificiert  werden, 
bitte  aber  snnftchst  die  Facfagenossen  und  Collegen,  in  die  weitere  Die- 
CQSsion  einzQgehen.  (Lebhafter  Beifall.) 

Es  entspinnt  sich  nunmehr  eine  kurze  formale  Debatte,  an  der  sich 
die  Herren  Proff.  Dr.  Polaschek,  Dr.  Pommer,  Dr.  Maiß.  Dr  «iratzy 
und  Landes -Schulinspector  Dr.  Langhans  betheiligen.  Kin  Antrag  de« 
Prof.  Dr.  Gratzy  auf  SchlusH  der  Debatte  wird  abgelehnt  Ilin«:egen 
gelangt  der  Antrag  des  Landen- bchu Ii nspectors  Dr.  Langhanä,  luit 
welchem  sich  Prof.  Dr.  Polaschek  einverstanden  erklärt,  zur  Annahme, 
wonach  annSchst  die  Debatte  Aber  das  vorliegende  Referat  an  Ende  ge- 
führt, die  Abstimmung  aber  bis  nach  Erstattung  des  nächstfolgenden 
Beferates  des  Prof.  Dr.  Polaschek  (Über  die  Reform  der  Lehramts- 
prQfung  f&r  Candidaten  des  MittelschuUehramtes)  und  der  hierüber  durch- 
geführten Debatte  vertagt  werden  soll.  Die  meritoriscbe  Debatte  wird 
hierauf  lortuT-'-tzt. 

llei(h.>:!ruths;ibf,'eordneter  I'rof".  ]ir.  Pommer:  J'jlaiil)en  Si-"  mir,  ver- 
ehrte Hf-rrcn,  zunächst  zu  eini^'eii  ljemt'rkiui;,'en  ans  der  ßegriindungrirede 
den  Herrn  Vortragenden  Stellung  zu  nehmen  und  dann  meine  Ansicht 
über  seine  Vorschläge  anssusprechen.  Der  Herr  Vortragende  meinte  unter 
anderem:  Wenn  das  Probgahr  mit  dem  Tierten  Studienjahre  zusammen- 
gelegt wfirde  und  man  sich  dann  übenceuge,  daes  der  Candidat  nicht  die 

16* 


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Miscellen. 


praktische  Begabung  zum  Unterrichten  habe  und  sie  auch  nicht  erwerben 
k6nne,  dann  werde  es  rechtzeitig  rnftgUch  sein,  ihn  zn  veranlassen, 
diesen  Beruf  aufzugeben.  Meine  Herren,  wenn  Sie  <l;vjj  „rechtzeitig"  nennen 
—  ich  habe  von  „rechtzeitig"  eine  andere  Voisitelliing.  Ich  glaube,  reelit- 
^itig  wäre  es,  wenn  man  einem  solchen  jungen  Manne  bei  Beginn  «einer 
philosophischen  Studien  sagen  würde:  Da  hast  nnn  einmal  das  latent 
dam  nicht,  dn  battdai  Minimam  natflrlicher  pftdagogischer  Begabong  nicht 
mitgebracht,  läse  dieee  Laufbahn  jGdiren,  wende  dich  einer  anderen  sn! 
Wenn  aber  der  Mann  nnter  den  größten  Opfern  vier  Jahre  lang  sich  ge> 
mfiht  und  gepUlgt  hat,  ihm  dann  am  Schlüsse  dieses  vierten  Jahn*  TO 
sagen:  jetzt  kannst  du  gehen,  ihn  an  die  Luft  zu  setzen,  wie  ein  anderer 
Redner  gesagt  hat  —  das  finde  ich  nicht  «rechtzeitig"  und  Tor  allem  nicht 
hamon.  Dm  gienge  absolut  nicht. 

Der  natürliche  pädagogische  Takt,  den  jeder  haben  muss,  um  unter- 
richten zu  können,  lässt  üich  lactiafch  nicht  lehren,  er  lusst  sich  nicht 
lernen,  namenlUeh  aber  lAaet  er  nck  nicht  im  Verordnungswege  erzeugen. 
Bi  ist  aber  anch  ndur  leicht  heraussubringen,  ob  jemand  dietie  Begabung 
hat  oder  nicht.  Qerade  bei  denjenigen,  wdkihe  «ich  den  philoeophischen 
Stadien  snwenden,  ist  dies  in  den  allermeisten  Fällen  nicht  schwer.  Keines- 
wegs die  mit  GlQck^tem  gesegneten  jungen  Leute  "ind  es,  welche  sich 
diesen  Stuilien  widmen,  sondern  zumeist  jene,  die  rei<  h  an  Idealen,  aber 
sehr  ;n-in  an  (TlÜL'k>-güteru  sind.  Diese  jungen  Leute  sind  ohnedies  ge- 
zwungen, sich  durch  Privatunterricht  fort/ubhngeu.  ich  habe  viel  aelbst 
unterrichtet,  privat  und  öflentlich ;  u  ii  iiabe  vielen  anderen  Lehrern  Be- 
seitigung gegeben.  Ich  habe  mich  stets  sehr  rasch  fiberzeugt,  ob  ein 
solcher  Lehrer  imstande  ist,  seine  Stelle  aussoAllen  oder  nicht.  Ich  sehe 
ihn  ein  oder  swei  Privatlectionen  geben  und  weiß  dann  —  allerdings 
nicht,  ob  er  die  Verordnnngen  auswendig  kann,  ob  er  alles  gelernt  hat, 
was  er  zu  lernen  verpflichtet  ist,  ob  er  seine  Prüfungen  abgelegt  hat  — 
aber  das  weiß  ich,  ob  er  ein  guter  Lehrer  wird  oder  nicht.  Dazu  braucht 
man  kein  rrobejahr,  kein  einjähriges  und  kein  -/.weijUhriges.  Dieses  Minimum 
an  natürlicher  Begabung,  da^  jedt-r  braucht,  hebe  sirh  vielleicht  so  aus- 
findig machen,  dass  man  jedem,  di  r  sich  dem  jjraktisdien  Lehrfache  wid- 
men will,  der  un  einer  Mittelschule  zu  wirken  die  Absicht  hat,  in  irgend 
einer  Weite  Gelegenheit  gibt,  sich  praktisch  zu  bethfttigen  —  aber  am  Be> 
ginne  und  nicht  am  Ende  seiner  Stndien. 

Es  iat  dann  gesagt  worden.  derVersnch  mit  dem  verlängerten  Probejahre 
könne  nicht  fortgesetzt  werden,  weil  es  an  dem  Nothwendigsten  fehle,  an 
Qwididaten.  Es  habe  sich  herausgei^tellt,  dass  diejenigen,  die  von  Haus  ans 
zum  Lehrer  berufen  sind,  sich  famos  bethiltigt,  <Va!W  «ie  !*ich  sofort  zu  den 
Vortriiiren  gemeldet,  wahrend  die  Ängstlichen  inntit-r  wieder  um  AufMchub 
gebeten  haben.  Da  gibt  es  niclits  anderes,  ah  div  .itig*<tlichen  zu  zwingen. 
Die  beste  Methode,  jemandem  diw  Unterrichten  bei/.ubringen ,  ist:  man 
hisse  ihn  unterrichten.  Schließlich  muss  jeder  seinen  eigenen  Weg  finden; 
kein  anderer  kann  ihm  den  Weg  Torschreihen,  den  er  tu  gehen  hat.  Diese 
mangelnde  Freiheit  der  IndividuaUt&t,  die  man  uns  immer  mehr  beschrftnkt 
(Lebhafte  Zostimmnng),  wodurch  man  die  Lehrfreudigkeit  yemichtet,  die- 
jenigen Men.schen,  die  voll  Ton  Idealen  zum  Lehramte  gegangen  sind,  end« 
lieh  dahin  bringt,  dass  sie  sagen :  Meine  Lehrfreudigkeit  ist  capat;  wenn  es 


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Miacellen. 


233 


mir  möglich  ist,  gehe  ich  wieder  davon,  so  dtm  lie  zum  Schlosse  mit  denelben 
Begeutemoff  Tom  Lehnunte  gehen,  mit  der  ne  «ich  ihm  sogewendet  haben 
das  itt  daran  ichuld,  da«  wir  nicht  mehr  Lehrer  haben.  (Beilall.)  Die 

Ängstlichen  soll  man  einf.uh  in  ilie  Schule  hineinstellen,  so  wie  man 
8chlieC*lich  jemanden,  der  die  nötbigen  Tempi  gelernt  hat,  am  beuten  zum 
Schwiiumen  brinf!^,  wenn  nmn  ihn  ins  Wiiaser  wirft  —  ich  habe  mir  selbst 
schon  den  Spaß  fifemacht  —  nur  moss  man  schaaen,  daw  er  dabei  nicht 
ersäuft,  und  dem  kann  man  schon. 

Und  nun  ^ur  &tche  selbst.  Ungenügende  Entlohnung,  iuangelhafte:i 
Avancement,  fortwährend  steigende  Anforderungen  haben  es  dahin  ge- 
braeht,  dam  wir  sdilieOUeh  nicht  mehr  daa  nöttuge  Material  haben,  nm 
derartige  Ezperimoite  an  machen,  wie  sie  Torgeachlagen  worden  sind. 
Wer  hente  ans  piaktiechen  Rfldnichten  eine  bestimmte  Stodiemichtnng 
einschlägt,  der  überlegt  sich's  gewiM,  Hittebchnllehrer  zu  werden:  der 
winl  Jurist !  Der  Jurist  kann  alles  werden,  der  versteht  auch  alle»!  (Heiter- 
keit und  IJc'if.ill.)  Wer  vor  20.  vor  30  Jahren  znr  Ntittclschule  gegan^n 
if«t,  der  h;it  wirklich  ein  grol.>C'r  Ideiilist  sein  müssen.  I'nd  wenn  diese 
Leute  no(}i  dabei  gfhlit.^ben  sind,  so  zeigt  das  nur,  dass  die  Ideale  unaus- 
rottbar sind.  iBtHfall.j 

Ich  stimme  ganz  mit  dem  übereiu,  was  Herr  Landet  -  Schnliupector 
Langhans  gesagt  hat«  dam  ein  solcher  VorBchlag,  wie  er  hier  gemacht 
wnrde,  die  theoretische  Ansbildnng,  welche  die  Haoptsache  ist,  gans  ge- 
wim  itihrt.  Ich  stimme  femer  aas  piaktischen  Rücksichten  daftlr,  daas  der 
Stodieogang  nicht  verlängert,  sondern  wenn  möglich  abgekUrst  werde, 
nnd  werde  mir  erlauben,  einige  diesbezügliche  Vorschläge  zu  machen 
Eine  Abhilfe  namentlich  in  der  Hirhtnnpf.  wa.s  daa  Probejahr  »iiheliinM. 
würde  ich  darin  erblicken,  dass  man  da.s  er^te  Supplentenjahr  als  Probe- 
jahr betrachten  und  behandeln  »oIL  Um  kurz  zu  sein,  unterbreite  ich  Ihnen 
folgende  Vorschläge: 

1.  Da  durch  eine  Verlegung  des  Torzüglich  praktischen 
Zwecken  dienenden  Probejahres  auf  das  vierte  Jahr  der  philo* 
tophischen  Studien  der  ruhige  Verlauf  der  theoretischen  Aus- 
bildung des  Lehramtscandidaten  gestOrt  und  beeinträchtigt 
wflrde,  spricht  sich  die  Versammlung  gegen  diese  Verlegung  ane. 

2.  Eine  Abkürzung  des  Studienp^nnge«,  von  deren  drin*»en- 
der  Noth wendigkeit  die  Versammlung  überxeugt  ist,  möge 
eintreten: 

a)  durch  die  Erlaubnis,  die  Haus44rbeiten  schon  im  vierten 
Studienjahre  zu  machen  (diese  Arbeiten  sind  ja  theoretischer 
Katur,  und  man  lernt  dabei  außerordentlich  Tiel); 

6)  durch  den  Wegfall  der  sogenannten  pädagogischen  Haus- 
arbeiten (Ich  bin  so  lange  in  Wien  und  werde  vielleicht  tou  Ihnen 
verstanden  werden,  wenn  ich  mich  durch  die  Blume  ausdrücke:  Sie 
wissen  wohl  alle,  mit  welchem  botanischen  Namen  diese  pädagogische 
Hat)«*aurgabe  gewöhnlich  be/eichnet  winl  [Heiterkeit];  <\nm  jemand  da- 
bei iüi-  'Pim^  ji'i(lr!^''-"7i>^c}!.>  V^üfbiTig  wirklich  etwas  profitiert  hätte,  ist 
mir  wenigj-ten?*  nicnt  l>«'k.uint  geworden) : 

c)  durch  die  Zusammenlegung  des  Probejahres  mit  dem  ersten 
Supplentenjahre  in  dem  Sinne,  dass  das  erste  Supplenten- 


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234 


Misceilen. 


jähr  zugleich  »l«  Probejahr  behandelt  wird;  die  Beatimoiiiii- 
gen  über  die  Anrechenbarkeit  der  Stipplentenseit  in  die 
Dienstzeit  gelten  aneh  ffir  dieses  erste  als  Probejahr  za  ge- 
staltende Sapplentenjahr.  (Lebhafter,  anhaltender  BetfitU  and 

Hände  k  latschen . ) 

Prof.  Dr.  Wei  ß:  Die  sehr  dankenswerten  Ansföhrnngen  der  beiden  Herren 
Vorredner  waren  so  erschöpfend,  da-s  nur  eine  (^'»  rinpr**  Nachlese  erflltrigt. 
Ich  m'W-hte  nur  noch  auf  zwti  Momente  ;ius  den  Austuhrun;,'Hn  des  Herrn 
Referenten  zurückkommen.  Der  Herr  Hefereut  wie»  dariiui  hm,  dasä  es  bei 
dem  bisherigen  Modus  im  Falle  eines  Lehrermangels  eventuell  geschehen 
kOnne,  dass  man  anch  anf  solche  greife,  die  das  Probcgahr  nicht  gemacht 
haben.  Ich  glaube,  im  Falle  eines  Lehrermangels  wird  man  bei  dem  vom 
Herrn  Referenten  beantragten  Vorgaoge  sogar  aof  soldie  greifen,  die  nicht 
nur  kein  praktisches  Probejahr  gemacht,  sondern  überdies  anch  noch  keine 
wissenschaftliche  Prüfung  abgelegt  haben.  Anderseits  mus.««  auch  erwogen 
werden,  das-  nac  h  den  Erfahrungen  an  der  Anstalt,  in  welcher  da.«;  erweiterte 
Probe.iahr  einf,'efiihrt  wurde,  die  Herren,  welche  dieses  Jahr  durchmachen, 
in  solcher  Wei^e  von  dem  Schulleben  in  Antfpruih  «»■enonmien  wurden, 
daiis  sie  sich  ihren  eigentlichen  ötudien  überhaupt  nicht  widmen  konnten. 

Gestatten  Sie  mir,  meine  Henen,  zum  SdJosse  noch  eine  Anregung. 
In  der  Richtung  waren  ja  die  Herren  Vonredner  nnd  der  Herr  Referent  einig, 
dass  man  die  piaktische  Vcrbildung  in  erste  Linie  stellen  soll. .  Das  mnss 
aber  anch  für  alle  Lehrer  gelten  —  auch  für  den  israelitischen  Bdigions' 
lehrer.  Man  klagt  sehr  häufig  darüber,  dass  gerade  bei  diesem  Gegenstande 
die  Disciplin  in  mangelhafter  Weise  g^ehandl^abt  wird.  Ich  bedauere,  sagen 
zu  müssen,  dam  der  wesentlichste  Theil  der  Schuld  darin  lieg^t.  daas  man 
—  um  mit  dem  Dichter  zu  reden  —  die  Menschen  auf  diese  Stelle  setzt 
und  -ie  dann  der  Pein  überlässt.  (Heiterkeit.)  Sie  haben  ja  nach  ihrem 
Studieogange  und  ihrer  Vorbildung  niemals  Gelegenheit  gehabt  zu  sehen, 
wie  man*s  in  der  Schule  za  machen  hat;  die  meisten  haben  sich  haupt- 
sftcblich  der  theoretischen  Wissenschaft  gewidmet,  sie  haben  alle  Kräfte 
aufgewendet,  tficfatage  Theologen  zu  werden,  aber  in  die  Schule  sind  sie 
nicht  gekommen.  Der  Beruf  eines  Lehrers  fQr  den  Religionsunterricht 
föllt  meist  dem  Seelsorger  der  Gemeinde,  dem  Rabbiner  zu,  der  diesen 
Unterricht  als  Nebenaufgabe  betrachtet.  Woher  .«oli  da  die  Pädagogik 
kommen?  Wenn  daher  der  jüdische  Keiigionsnntcrricht  an  den  Mittel- 
schulen sich  »'inbürgeru,  erfolgreich  betrielten  wtnden  und  nicht  die  gn'nze 
Schule  benuchtheiligen  soll,  so  muss,  glaube  ich,  dafür  Sorge  getragen 
werden,  das^  auch  derjenige,  der  dem  Lehramte  des  israelitischen  Re- 
KgioDSunterrichtes  an  den  Mittelschulen  sich  widmet,  vorher  den  Nadiweis 
eines  unter  der  Leitung  eines  erfahrenen  Fachmannes  zurllckgelcgten 
j^bcijahres  zu  erbringen  habe*  In  diesem  Sinne  erlaube  ich  mir  anch  eine 
Resolution  vorzuschlagen  des  Inhalts:  Es  möge  das  Probejahr  obligl^ 
torisch  auch  auf  den  israeliti«  ht  n  ReUgionsunterricht  ausgedehnt  werden. 

Tiandes-SchuHn^fpeotor  Dr.  Hueraer:  Hochverehrte  Herren'  Es  i.<?t 
hervorf.,''ehol)cn  worden,  dass  der  Vor.^cJilag  des  Herrn  Dir.  Baran  ein 
neuer  si-i  I»fm  gegenüber  constaticre  ich.  dae-^  er  nur  dann  neu  Aväre, 
wenn  lu.ui  diese  Einrichtung  aU  ein  sogenanntes  Seoiinarjahr  und  nicht 
als  eine  Art  Probcijahr  betrachten  wollte.   Als  eine  Art  Prob^ahr  wird 


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Miscelleu. 


235 


ne  bereits  prakticiert  leb  bedauere*  daw  keiner  der  Herren«  die  bier  er- 
acbienen  sind«  Gelegenbeit  gebabt  bat,  dae  ta  ieben,  und  da»  ancb  kein 
•cbriftlicher  MeinaDgaanstanacb  über  diese  Frage  eingeleitet  worden  ist. 

Teil  Inn  in  der  angenehmen  Lage«  mit  dem  Director  des  Gymniisiutus  in 
Heidelberg,  Uhlig,  in  Correspondenz  zu  stehen,  der  dort  eine  solche Ein- 
rirhtiinf;:  «fpsehaffen  bat  Er  ist  —  das  ist  sehr  wiphfi^j  —  Professor  der 
Pädagogik  iin  der  dortif^en  (^nivprsitÄt  und  Director  eine«!  berühmten 
Gymnasiums.  Als  L'niversitiltsiirotVssor  wiililt  er  sii  h  eine*  Sclmr  von  jungen 
Leuten  aus,  die  er  für  würdig  hält,  um  sie  inji  Gymnasium  mitzubringen 
nnd  dort  in  irgend  einer  und  xwar  aebr  beecbeidenen  Weise  fftr  das  IVobe- 
jabr  Tortobereiten.  Endgiltig  ist  die  Frage  anob  in  Baden  niebt  gelOst, 
ab«r  man  beschiltigt  neb  in  ganz  DentecUand  mit  ibr.  Als  Prof,  Ublig 
anlässlicb  des  Philologentages  —  woher  er  manchen  Herren  TOrtbeilbafft 
bekannt  sein  dürfte  —  dcb  in  Wien  aufhielt,  bescbrieb  er  mir,  wie  er 
dieses  Probejahr  durchführe.  Er  nimmt,  wenn  oh  ihm  gerade  behagt,  den 
Studenten  mit  in  die  Scliule.  lässt  ihn  /.uliören,  lilsst  ihn  auch  in  seiner 
Anwesenheit  unterrichten.  ^Sobald  er  aber  merkt,  dasH  desf^en  Kenntnisse 
nicht  mehr  ausreichen,  greift  er  ein,  und  zvaii',  wie  er  mir  godugt  hat,  in 
sehr  kategorischer  Weise;  er  entzieht  ihm  das  Wort,  und  der  junge  Mann 
ersebeint  aoeb  blamiert.  Ich  moas  geetd^,  ieh  k(bmte  einen  aolcb^  Vor- 
gang nicht  ab  nachabmemwert,  sondern  bOdisten«  nnr  ab  Nothbehelf  be- 
aeichnen. 

Einen  Nothbehelf  haben  wir  auch  in  Osterreich,  nämlich  in  Krakau. 
Dir.  Dr.  Kulc/ynski  ist  auch  Professor  der  Pftdagogik  an  der  Universitfit 
Krakau;  er  hat  nach  cinicren  Hofjpitiemngen  in  Wien,  nachdem  er  sich 
auch  die  Einnchtung  des  erweiterten  Probejahre?  angesehen  hat,  diese 
Art  Probejahr  in  Krakau  in  der  Weise  einj^etiihrt ,  das«  er  aus  seinen 
Hörem  geradezu  einige  auswählt  und  dem  Gymnaaium,  dessen  Director 
er  ist,  zuweist.  Sie  bekommen  auch  Stipendien  und  werden  nach  der  äußeren 
Form  des  Wiener  erwmterten  Probejahres  eingeführt.  Welehe  Er&farungen 
die  Herren  dort  gemacht  haben,  weiß  ich  awar,  ich  darf  es  aber  nicht 
sagen,  da  ich  ancb  Amtsperson  bin.  Dir.  Kulcsyüski  wird  aber  gewiss 
jedem,  clor  ihn  dämm  angeht,  die  nöthigen  Anskflnfte  geben.  Eine  Frage 
aber  ist  jedenfalls  auch  dort  nicht  gelöst:  wann  werden  diese  Candidaten, 
die  den  (^fanzeri  Vormittag  im  Gymnasinm  sind,  ihre  Prüfiuif^  machen? 
(Zustimmung.)  Dir.  Kulc/.ynski  sa;.,'t  otl'en:  Wir  h;>lifn  seit  .Fuhren  einen 
Lehrermangel  in  Galizien .  wir  wollen  eine  Ausbildimi;  tler  Candidaten, 
daher  dieser  Versuch.  Ich  glaube  aber,  auf  den  Standpunkt  sollen  wir  uns 
nicht  stellen.  Ich  freue  mich,  daas  die  Ansicht  eine  allgemeine  ist,  dass 
der  Lehrer  entsprechend  rorgebildet  sein  Lehramt  antreten  soU. 

Was  das  erweiterte  Prob^abr  anlangt,  so  bin  ich  yielleicht  einer 
der  wenigen  in  dieser  Tersammlnng,  welche  diesen  Yersnch  Ton  Anfang 
an  beobachtet  und  auch  gesehen  haben,  was  diese  Candidaten  leisten. 
Vielleicht  ist  einer  dieser  Candidaten  hier,  um  Ihnen  xelbst  offen  zu  sagen, 
wa.M  er  hiebei  gelernt  bat,  und  wie  er  jetzt  im  Lehrfache  über  diese  Ein« 
ricbtung  denkt 

Die  Erscheinung?,  da.«!-s  keine  Candidaten  da  sind,  ist  erst  in  diesem 
Jahre  eingetreten.  Ich  muas  auch  betonen,  dass  viele  absolvierte  Studenten, 
denen  ich  eine  Supplentur  abzutragen  in  der  Lage  bin  —  ich  bin  jetzt 


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MMcellen. 


oft  in  flic^pr  unan;^oii<'!ii!T'ii  Lage  —  ent<?chiodr'M  aV.-Tlphnt  und  erklärt 
iiabeu:  W  ir  machen  lieber  das  Probejahr  in  Wien.  Auch  die^  Erschemung 
moss  man  begrüßen. 

Endlich  musa  ich  erwähnen,  dasa  der  Vorschlag,  den  Herr  Prof. 
Dr.  Pommer  geiuacht  faai,  dfiM  das  Probejahr  mit  dem  Sapplenienjahre 
yerbunden  werde»  «ich  bereite  verwirklicht  tst>  Ich  erinnere  an  die  Ver* 
ordnnng  vom  1.  November  1898,  wonach  jeder  Cudidat,  geprfifb  oder 
ungeprüft,  wenn  er  ein  Lehramt  ftbemimnit,  eingeführt  werden  mua«. 
Wir  müssen  titiM  ab^r  wieder  sagen:  djis  «  in  Nothbehelf  und  wurde 
auch  aly  o)ch»n-  in  die  Welt  gesetzt.  Das  Übel  liegt  jedoch  nach  meiner 
Ansicht  nicht  im  l'robejalire.  sondern  ganz  anderwärb)  und  ist  daher  auch 
nicht  durch  eine  \  erlegung  des  Probejahres  zu  beheben.  Wenn  wir  aber 
beschließen,  diksn  solche  unfertige  Leute  schon  sollen  unterrichten  können, 
wie  fttehen  wir  dann  gegenüber  den  Herren  Ärzten  und  Juristen  da?  Wird 
es  jemandem  dnfiJlen,  ro  einem  Juristen,  bevor  er  seine  Prflfiiagen  gemacht, 
bevor  er  die  Universität  absolviert  hat,  zu  sagen:  Geh  in  den  Gerjchtasaal 
und  fUhre  eine  Gerichtsverhandlung?  Oder  darf  jemand,  ehe  er  seine 
£iuinina  gemacht  hat,  als  Arzt  auftreten?  Ich  glaube,  die  Herren  mQssten 
mit  einer  gewissen  Geringschätzung  auf  uns  herabsehen,  wenn  wir  sagen 
würden:  Lehren  kann  man  schon  nach  ein  paar  Jahren!  (Lebhafter 
Beifall  und  Händeklatschen  ) 

Laudes-Schulinspector  Langhaus;  Wenn  ich  sagte,  das»  der  Vor- 
schlag des  Herrn  Referenten  ein  neuer  sei,  so  war  damit  nicht  gemeint, 
daas  solche  Versuche  nicht  schon  gemacht  worden  w&ren.  Mir  ist  bekannt, 
dass  det  Director  des  St.  Anna- Gymnasiums  in  Krakau  diese  Versuche 
macht,  und  die  Bestrebungen  des  Prof.  Uhlig  sind  ja  auch  bekannt  durch 
das  Jahrbuch  und  die  AMiandhing  von  Fries.  Ich  habe  nur  gemeint, 
dass  DÜgendwo  von  einer  Behörde  der  Versach  gemacht  worden  i.st,  dies 
zu  einer  Noruiativbestimmung  zu  raachen,  und  ieli  freue  mich  sehr,  da»s 
der  geehrte  Herr  Landes -Schulinspector  Huemer  auch  der  Ansicht  ist, 
es  sei  nicht  angezeigt,  ans  demjenigen,  was  ein  Versuch,  ein  !NothbeheIf 
iat,  eine  2soi  uiativbestimmuug  xu  machen. 

Ich  habe  mir  vorhin  die  Formulierung  eiiies  Antrages  vorbehalten. 
Ich  meine,  dass  wir  fiber  solche  DetaiMragen  wie  die,  ob  das  Prob^ahr 
am  besten  mit  dem  ersten  Supplenteqjahre  zu  verbinden  ist,  heute  noch 
nicht  mit  voller  Beruhigniq;  und  gutem  Gewissen  absprechen  können.  Ich 
würde  daher  einen  liesrhluss  wünschen,  der  nach  keiner  Richtung  hin 
pr^judiciert.  aber  doch  den  allgemeinen  .Standpunkt  der  AiittelschnUehrer 
zum  Ausdrucke  bringt,  und  stelle  folgenden  Antrag: 

Der  VI.  dpnt^<ch-österrpichi*<che  M i t tel sch u  1 1 ag  lehnt  die 
vorgelegten.  Thesen  ab  und  siuieht  seine  Cberüeugung  dahin 
aus,  das»  das  erweiterte  Probejahr  die  beste  Form  der  prakti- 
schen Vorbereitung  der  Lehramtscandidaten  ist,  und  dass  da- 
hin zu  wirken  «ei,  dieses  Probejahr  kttnftig  für  alle  Candidaten 
zu  einem  obligatorischen  zu  machen  und  Verh&ltnisse  zu 
schaffen,  welche  es  ermöglichen,  dass  alle  Lehramtscandidaten 
ein  solches  Probejahr  vor  ihrer  Anstellung  durchmachen. 

Prof  Dr.  Höfler:  Ich  möchte  einen  Punkt  herausgreifen,  iU)er  den. 
wie  ea  scheint,  die  Versammlung  bereit«  mit  sich  ins  reine  gekommen 


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MUcellen. 


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ift,  wenn  aueh  das  Ergebni«  noch  nicht  in  Form  einer  fraten  Abetiumung 
vorliegt.  Ich  meine  die  pädagogiach-didaktieche  Hausarbeit  Niemand  Ton 
uns  glaubt,  dam  diese  Arbeit  in  der  Form,  wie  tie  jetit  üblich  ist,  den 

Zweck,  den  sie  dem  Gesetze  nach  eritlllen  soll,  wirklich  erfülU.  (,Sohr 
richtig!")  Ea  ist  das  eine  Anffasenng,  die  ich  seit  vielen  Jahren  bei  mir 
tmjre,  und  die  ich  wohl  noch  länger  bei  mir  getragen  hätte,  wenn  nicht 
durch  die  lip'iti<_'**  riiv.  ii>i>;i()T^  i1**r  rn'jTf.nstand  aotuell  geworden  wäre. 
Al«o  n;ich  der  iieguiiven  >i'ite  hin:  Ab^chattuug  der  pädagogisch -didakti- 
schen lliuiiiarbtit.  i^Zuätiiumung.)  Die  Frage  ist  nur,  ob  ohne  oder  mit 
welchem  Ersätze.  Nun,  meine  Herren,  so  oft  über  das  Thema  der  Lehrer- 
bildung gesprochen  wird,  leeigen  sich  die  Aufinssungen  in  dem  Punkte  ge« 
thmlt«  ob  nicht  die  natürliche  Lehrbegabung  als  Ersati  für  alles  dasjenige 
ausreiche,  was  man  theoretiecb-pftdagoi^he  Vorbildung  nennt.  Aufrichtig 
zu  sagen,  dnss  sie  von  Pädagogik  nichts  halten  —  das  pflegen  gerade 
nicht  viele;  die  sich  das  denkten,  sind  dafür  umso  mehr.  Wenn  aber  Art.  V 
dor  Pnifungsvorschrift  sajjt:  ..lodcr  Candidat  hnt  während  seiner  Stiidien- 
v.eit  Mich  difjenifje  allgeiDeine  pliilnsophische  und  pädagogische  liiMung 
auEueigntn.  die  dem  LflirtT  wus  imiiicr  filr  eines  Faches  unentbeiirlich 
ist,"  so  glaube  ich  uicht,  du*s  uud  einer  Versammlung  von  Mittelschul- 
lebreni  jemals  der  Antrag  hervorgehen  würde,  diesen  Pamus  xu  streichen. 
Das  heißt:  man  getraut  sich  nicht,  auf  die  pftdagogische  und  philosophische 
Vorbildung  au  Tentichten.  Aber  so  stehen  wir  heute,  dass  man  froh  sein  muss, 
wenn  ein  Minimum  von  p&dagogisch'didaktischer  Bildung  in  streng  wisäen» 
schafilicher  theoretischer  Form  Ton  den  Studierenden  der  Tiiivfrsität 
gläubig  und  spontan  auf  sich  genommen  wird.  Ich  kann  Ihnen  ais  i'tivat- 
•docent  sn^^pn:  in  meinen  follpnien  Ober  Psychnlofrir»  habe  ich  üb»»r  zwanzig 
Hörer;  in  iu6ine  CoUt';,'ien  ühor  Pii(liij,'oxik  ^chcu  mir  Assistenten  von  der 
Technik,  mich  Professoren,  aber  einen  LehraujUcandidaten  habe  ich  in 
meinen  pädagogii»chen  CoUegien  noch  nicht  gesehen,  außer  einem  einzigen, 
welcher  der  deutschen  Sprache  nicht  mftchtig  war  (Lebhafte  Heiterkeit) 
imd  sich  darin  Tervollkommnen  wollte. 

Indem  ich  nun  beute  vor  fünf  Jahren  an  dieser  Stelle  vorschlug,  man 
möchte  dafür  sorgnn,  dass  die  Universitätsbörer  ein  zweistündigem  Colleg 
durch  ein  Semester  mitmachen,  in  dem  sie  sich  über  die  nöthigsten  Grund- 
>>egrittc  der  Psychologie,  der  Logik  und  der  Ethik  unterrichten,  ind'^m  ich 
<l;i^  nlü  ein  Ea^iiitenzniinimum  bezeichnete,  habe  ich  mir  harte  Vorwürfe 
^uge^.orren .  als  ein  Verräther  an  der  i)hilo>ö))hi?chen  Bildung.  Mancher 
Vorwuri  tallt  ja  auf  den  zurück,  der  ihn  eibebt.  ich  vertiieidige  mich  in 
keiner  Weise,  vielleicht  habe  ich  auf  andere  Art  den  Beweis  erbracht,  dafts 
ich  kein  Verftcbter  philosophischer  Bildung  bin.  (,So  ist  es!*) 

Ich  meine  also,  es  sollte  ein  Ersats  geschaffen  werden,  und  erlaube 
mir  sofort  einen  wieder  hOchsfc  bescheidenen  Vorschlag  au  machen,  von  dem 
ich,  um  ja  kein  Missverständnis  zu  erregen,  ^ge,  dass  ich  mir  die  Sache 
wieder  im  Sinne  eines  Existenzminimums  denke: 

1.  Der  ,\rt.  V  der  Prüfnnijsvor^rhriftcn  vom  7.  Februar  dessen 
Alinea  1  gelautet  hatte:  .Jeder  Candidat  iiat  wäineiid  seiner  Sttrdienzeit  ^ich 
diejenige  aüjjemeine  jihilosophisohe  und  pädujfO'^'is,  h,-  liilduug  anzueignen, 
<lie  dem  Lehrer  was  immer  für  eines  Faches  unentbttiirlich  ist  (Art.  II,  2b), 
und  hat  den  Erfolg  dieses  Studiums  durch  die  häusliche  Bearbeitung  eines 


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Miscellen. 


Themas  dantathnn"  —  ist  dahin  absuftndern,  dass  die  Worte  «darch  die 
häusliche  BearbeitoDg  eines  Thefflas*  dtircli  die  Worte  eisetst  werden: 
„hat  in  seinem  Gesuche  nm  Zulassung  aur  Lehramtsprüfung 
die  Erfallnng  jener  Forderungen  darsuthun  durch  die  Vor- 

legung  ron  Colloquienzeugnissen  Uber  mindestens  ein  von 
ihm  ;;ehörtes  philosophisches  und  mindestens  ein  pädagogisches 
ünivorsitätscolleg." 

Ich  denke  mir,  das»  diese  zwei  Colloquieu  nicht  unmittelbar  vor  der 
Lehramtsprüfung  abgelegt  werden,  sondern  wenn  der  Studierende  ein. 
Colleg  gehört  bat,  das  ihn  angesprochen  hat,  von  dem  er  findet,  et>  bei 
der  Mühe  wert»  das  noch  einmal  dnrehxudenken,  wenn  er  namentlich  in 
Collegien ,  in  denen  der  dialogischen  Lehrform  nieht  aus  dem  Wege  ge- 
gangen wird,  seinem  Profesior  ohnedies  bekannt  geworden  ist  —  dann» 
meine  Herren,  ist  es  keine  Belastung  für  ihn,  sieh  die  Bestätic^ung  darüber 
au  holen«  dass  dasjenige  gethan  worden  ist,  was  auf  dem  Papiere  ja  für 
jeden  vorge«chr!»>^pfi  ist.  Wenn  es  in  meinem  Antra«^  heiCvtr  ein  |ihilo- 
sophi.-chea  und  ein  i»iidiif:foj»ische8  Collefjium,  fo  ist  d'v  Fr;i'jf>  nulieüpgpnd: 
ja,  worüber?  Das  ij>t  nun  bisher  in  der  Prüfungsvoi m  h 1 1 1 1  nirht  suis- 
gesprochen  gewesen,  und  ich  wäre  datur,  dass  es  auch  in  Zukunlt  nicht 
geschehe.  Wir  dürfen  erwarten,  dass  an  mner  Universität  pädagogi^iche 
Vorlesungen  nur  in  einer  Qualität  gehalten  werden,  die  der  ünivenitäi 
wflrdig  ist.  Worfiber  das  pädagogische  Colleg  xu  handeln  hat,  das  soll 
man  der  Ehre  der  UniTentität  in  der  Weise  flberlamen,  dass  man  es  nicht 
in  ein  Gesetz  oder  eine  Verordnung  hineinnimmt.  Wenn  die  Lehr-  und 
Lernfreiheit  an  der  Univei-sität  am  Platze  ist,  so  habe  ich  nichts  als  die 
Lernfreiheit  auch  für  die  Lehramtscandidaton  in  An-^pmch  genommen. 
Wenn  ich  nun  mgc:  ein  philosophisches  Culleg,  so  weib  ich  wohl,  dass 
mau  in  eiuem  Colleg  nicht  die  Philo;oi)hie  lehrt  und  nuch  nicht  einea 
Auszug  für  Lehramtscandidaten  zurecht  macht,  aber  Nietzsche  üagt  ein- 
mal; „Der  Unterschied  «wischen  ,ichts*  und  nichts..."  (Heiterkeit),  und 
ich  glaube,  dem  Nicht«  gegenfiber  wärde  ein  hfichst  bescheidener  Anfang- 
am  Platae  sein. 

Und  nun  mOcbte  ich  zu  dem  zweiten  Punkte  übergehen.  Es  wurde 
heute  schon  gelegentlich  die  Institution  des  Gymnaeialseminares  gestreift 
Im  Jahre  l^i»3,  auf  dem  Philologentat^e  in  Wien,  war  ich  Mitj^lied  der 
jiädat^orjischt.  n  Section.  D.unals  wurde  von  den  CoUegen  aus  dem  i)eut"j'  h<*M 
Reiche  eine  Heihe  von  Vorschlügen  gemacht.  Endlich  hat  auch  College 
Dr.  Looö  —  ich  dari  ihn  so  nennen,  denn  damals  war  er  noch  Professor 
(Heiterkeit)  —  das  Wort  ergriffen  und  in  einer  Rede,  die  den  stürmischesten 
Beifall  fand,  gezeigt,  dass  mit  dem  Oymnasialseminare  der  Nagel  auf  den 
Kopf  getroffen  ist.  Die  Gymnasiallehrer  aus  Deutschland  haben  die  dar 
maligen  Auseinandersetsungen  des  Prof.  Loos  in  einer  Weise,  bei  der  von 
Liebedienerei  oder  dergleichen  nicht  die  Rede  sein  konnte,  mit  donnerndem 
Beifalle  begrüßt.  Ich  irre  wohl  nicht,  wenn  ich  meine,  dass  dieser  stfu mt^che 
Beifnll  dann  auch  7ur  Activierung  jener  Institution  geführt  hat.  Nun 
sind  wir  über  iJ^r^-^f  Institution  insofern  orientiert,  iil'^i  uns  Loos  über  alle 
Stadien  des  Vorganges  in  der  Gymnasial/.eitsohrift  berichtet  hat,  und  er 
hat  niemals  ein  Wort  des  Bedenkens  oder  der  Klage  gefunden,  bis  auf 
xwei  Punkte.  Der  eine  war:  zu  wenig  Candidaten,  und  es  ist  gewiss  f&r 


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Miscellen. 


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eiut'  Institution,  die  einstweilen  die  Vorbereitung?  für  den  Gymnasial-Lehr- 
ütand  eines  ganzen  groben  Staates  übernommen  hat,  beschämend,  wenn 
man  fragt:  Werden  wir  sechs  oder  ftlnf  oder  vier  Candidaten  bekommen? 
Weaii  nur  drei,  so  können  wir  nicht  na&ngen! 

Die  andere  Klage  erlaube  ich  mir  mit  den  Worten  des  Dir.  Loos 
aas  dem  Hefte  der  GymnasiAluatKhrift  für  das  Jahr  1897,  8.  108,  Ihnen 
vorzuführen:  „Einstweilen  nehmen  wir  das  Oute  überall  da,  WO  wir  es 
finden  —  Grenzpfahle  sollen  uns  davon  nicht  abhalten  —  und  verarbeiten 
PS  nach  unseren  Bedingnnp;on,  immer  die  Aufnierkmmkeit  auf  die  jeweilioj'en 
Ergebnisse  gerichtet,  dir  uiiü  am  V>f  ten  zeigen,  nach  welcher  Richtung  hin 
wir  uns  verbesbcrn  müssen.  Rückwärts  ist  unser  Blick  auch  auf  die  Uni- 
versität gerichtet,  die  schließlich  doch  unser  erster  Heiter  ist;  denn  je 
besser  vorgebildete  Candidaten  bei  nns  ins  Probejahr  eintreten,  desto  leichter 
voUsieht  sieh  unsere  Einfllhrungsarbeit  nnd  desto  sicherer  kOnnen  wir  auf 
Erfo]||;e  rechnen.  Ich  meine  aber  damit  nicht  bloß,  da«  die  Wissenschaft* 
liehe  Ausbildung  der  Candidaten  an  der  Universtt&t,  soweit  sie  deren 
besonderes  Fach  betrifft,  sondern  namentlich  auch  die  philosophische  und 
pädagogische  Schulung  soweit  vollzogen  sein  soll,  dass  wir  auf  dieser  Grund- 
lage einfach  ins  Praktische  hinein  weiterbau on  und  wciteiTiben  können. 
Glücklicherweise  haben  wir  noch  immer  diesen  Rückhalt  an  der  Universität 
gefunden,  und  es  ist  bei  nns  wohl  ziemlich  lan^^e  her,  diiss  die  Universitäten 
diene  Art  von  Bildungsarbeit  als  außerhalb  ihrer  Aufgabe  liegend  günziich 
von  sich  at^wiesen  haben,  wenn  Mich  noch  hie  und  da  der  Fall  eintreten 
mag,  wie  ihn  Schräder  füx  Deutschland  beklagt,  dass  Philosophen  mehr 
ans  Neigong  ale  Beruf  nnd  Ausrilstnng  die  Fftdagogik  in  den  Kreis  ihrer 
Vorlesungen  gezogen  haben.* 

In  diesem  selben  Aufsat/.e  i^t  auch  der  Ausdruck  ^didaktische  Schluss* 
arbeiten"  gebraucht.  Diesen  Aufdruck  habe  ich  mir  nun  in  dem  sweiten 
meiner  Antrii^'e  aufzw<^reifen  erlaubt: 

2.  Einen  weiteren  Ersatz  für  die  sogenannte  pädagogische 
Hausarbeit  bilden  die  didaktischen  Schlussarbeiten,  durch 
welche  der  Candidat  sich  schriftlich  über  den  Erfolg  seines 
Probejahres  ausweist. 

Zur  Erlftntemng  des  Ansdruckei  „didaktische  Schlussarbeiten"  Ter* 
weist  der  Antragsteller  darauf,  dass  nnd  wie  der  Leiter  des  Wiener  Oymnasial- 
seminares  Dir.  Dr.  J.  Loos  diesen  Ausdruck  in  seinem  Anftatze  „Unser  dritte 
Seminarjahr"  gebi-aucht  (Zeitschr.  f.  d.  österr.  Gymnasien,  1897,  S.  101). 
Nähere  Bestimmungen  über  die  Ait  der  Themen^ebung  für  diese  Schlus^- 
arbeiten.  o!»  nie,  wie  bisher,  vom  Candidaten  selbst  zu  wählen  oder  ihm 
zuzuth*  !-  n  seien,  über  die  Zus«mmenj;etÄung  der  ComuiisBion  zur  IJe- 
urtheiiun;^  dieser  Arbeiten  u.  «.  f.  empüehlt  der  Antragsteller  bis  zur  de- 
Bnitiven  Ausgettaltang  der  bisher  nur  provisorischen  Einrichtung  von 
Oyrnnaoalseminaren  au  versparen.  (Lebhafter  Bei&tl.) 

HoCrath  Prof.  Dr.  Schenk  1:  Ich  hätte  nur  awei  knise  Bemerkungen 
SU  machen.  Die  eine  berieht  sich  darauf,  dass  durch  die  Verlegung  de« 
Prob^ahrea  in  das  fierte  Jahr  der  Oniversitätsstudien  eine  Scheidung 
zwischen  Berufenen  und  Unberufenen  geschaffen  werden  soll.  Diese 
Scheidung  vollzieht  sich  an  iler  I  nivorsitat  von  selbst  Ich  kann  darüber, 
durch  eine  lange  Reihe  von  Erfahrungen  belehrt,  sprechen.  Erstlich  fallen 


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Miscellen. 


schon  im  ersten  Jahre  eine  ganae  Reihe  von  Candidaten  ab,  die  »ich 
anderen,  namentlich  den  juridischen  Studien  zuwenden.  Man  darf  daher 
die  Zahl  der  Candidaten  nie  nach  den  Angaben  der  Inacription  berechnen, 

denn  im  zweiten  Semester  stellt  sieh  gegenöber  dem  ersten  eine  ffan* 
andere  Zahl  hrran^.  Dann  vollzieht  sich  eine  weitere  Scheidung,  das  ist 
freilich  eine  sehr  traurij^e.  indem  nämlich  eine  Anzahl  von  Candidaten 
völlip  verlAren  j^eht,  inütMu  uns  ihnen  .sozusagen  nichts  wird;  sie  mögen 
Uana  vielleicht  einer  oder  der  andere  einer  praktischen  Beächäftiguog  im 
Leben  weh  inwenden,  aber  aoWel  ich  gehdrt  habe,  ist  da  nicht«  Gute«  Or 
die  Zukunft  xn  hoffen.  Eine  dritte  Scheidung  tritt  am  Ende  des  achten 
Semesters  ein,  da  wenden  sich  viele  dem  Doctorate  su  und  nach  Erlangung 
desselben  einer  Stellung  an  einer  Bibliothek,  einem  Archive  u.  s.  w.  IHece 
haben  offenbar  die  überaeugung,  daas  sie  nicht  dazu  berufen  sind,  Lehrer 
zu  sein,  sondern  dass  sie  vielmehr  einem  anderen  Gebiete  angehören.  Ich 
planbe  also,  die  Gefahr  ist  durchaus  nicht  so  groß,  das><  nnt>»^rnfene  Leute 
in^  Lehramt  kommen.  Es  müssteii  sich  ja  sonst  schon  schreckliche  Folgen 
gezeigt  haben,  die  man  aber  bisher  nicht  beobachtet  hat.  (Heiterkeit.) 

Dann  möchte  ich  noch  eine  sehr  kurze  Bemerkung  machen.  Wenn 
nibnlich  das  Probejahr  in  da»  vierte  Studieqjahr  verlegt  wird,  dann  wird 
thatsilf  hlich  das  Universitatcstudtnm  von  acht  auf  sechs  Semester  redueiert 
(Zustimmung.)  Dann  mfissten  aber  doch  vor  allem  die  Vertreter  der  Hoch- 
schule das  Wort  erhalten,  um  sich  darüber  auszusprechen,  ob  ihnen  die 
sechs  Semester  genügen,  denn  sie  haben  früher  den  Antrag  gestellt,  dass 
die  BPch^  Semester  auf  acht  ausgedthnt  werden,  und  das  ist  auch  infolge 
de.ss('n  geschehen.  Es  könnte  n\>>o  nicht  so  ohnewoit.-rs  der  Beschlus:?  j^e- 
fusöt  werden,  diese  acht  Soiupster  auf  sechs  zu  reducieren.  sondern  es 
mflpste  die  Fiaxe  gestellt  werden,  ob  die  Vertreter  der  Hochschulen  der 
Ansicht  Rind,  dass  mit  sechs  Semestern  wirklich  das  erreicht  werden 
kann,  was  die  Wissenschaft  nach  dem  gegenwärtigen  Stande  erfordert 
(Beifkll.) 

Prof.  Dr.  Jerusalem:  Kur  einige  Äußerungen  des  Herrn  P^of. 
Dr.  Hofier  veranlassen  mich  dazu,  ums  Wort  zu  bitten,  nicht  uro  ihm  au 

widersprechen,  denn  ich  bin  mit  allem  einverstanden,  sondern  nur  um 
eine  Ergänzung  vorzunehmen.  Ich  möchte  ntir  unsere  Lehramtscandidaten 
an  der  Universität  j^eij^en  den  an<?  der  I{ede  des  Herrn  Prof.  Höfler 
gewissermaLten  hervorUnu  liiend  en  \'oi  wurf  eiu  wenig  in  Schutz  nehmen, 
dass  sie  sich  für  theoretische  Pädagoj^ik  gar  nicht  interessieren.  E»  mag 
wohl  sein,  dass  die  allgemeine  Pädagogik  wenig  interessiert,  aber  ich  bin 
ttbersengt,  dass  Herr  Prof*  Höf  1er  selbst  da,  wo  er  fiber  den  Physik* 
Unterricht  spricht,  Lehramtscandidaten  in  hinreichender  Zahl  finden  wird. 
Ich  kann  aus  eigener  Erfahrung  Folgendes  mitthetlen.  Ich  habe  heuer  ein 
CoUeg  über  Psychologie  im  Dienste  der  Grunmatik  und  Interpretation  an- 
gekündigt  und  habe  vier  oder  fünf  Hörer  zu  finden  sehnlich  gehofft,  aber 
kaum  erwartet.  Thatsächlich  haben  sich  .35  Hörer  inscribieren  la.ssen: 
darunter  waren  fünf  Gymnasial- Lehramtscandidaten  in  den  höchsten 
Semestern  und  ein  Professor  aus  Dänemark,  der  sich  in  Wien  zur  weiteren 
Au.sbildung  aufhielt.  Man  kann  uUo  uniiehmen,  dass  Vorlesungen  päda- 
gogischer Art  über  spectelle  Gebiete  von  den  Hörern  gerne  besucht  werden, 
und  ich  glaube,  dass  derartige  Vorlesungen  auch  fOr  die  {»ftdagogische  Aus- 


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Miscellen. 


241 


bilduDg  der  Lehramtscandidaten  vielleicht  eher  von  Wirkung  sein  werden 
Iiis  colehe,  die  «ich  mehr  auf  allgememen  Gebieten  bewegen. 

Prof.  Dr.  Brenner  (JSgerndorl):  Meine  boch?erelirten  Herren!  Einer 
Anregung  dei  Herrn  Lnndes-Scbulinapeeton  Dr.  Huemer  folgend,  erlaube 
ich  mir,  nnr  einig»^  wonige  Worte  über  unsere  Ausbildung  ain  Wn-a- 
Oyronasium  zu  sprechen.  Ich  niuas  allerding»  vorau9<M;hicken,  duas  ich 
Kpeciell  schon  während  meiner  Gyrannsialatudien  Privatunterricht  erthoilt 
habe  tiiul  aiuli  führend  der  l'ni versität'^laiifbahn  pehr  viel  riclei^enheit 
dazu  hatte.  al?o  tiadurch  (rewissermuüen  eine  Vorbildung  erhielt.  Ich  nnisg 
aber  «igen,  da«8  ich,  der  ich  allerdings  nur  ein  halbes  erweitertes  i'robe« 
jähr  niitzumacben  Gdegenheit  hatte,  hiebe!  sehr  viel  gelernt!  habe.  Jkmtk 
was  man  beim  Einselonterrichte  lernt,  ist  selbetverstAndltch  gar  nicht  maß- 
gebend filr  den  ünterrieht  vor  einer  Mehrheit  Die  Haaptvortheile  nnierer 
Ansbildttng  am  Wasa-Gymnasium  sehe  ich  darin,  dfm  wir  vor  allem  nicht 
bloß  eine  praktisch-pädagogische  .\a>bildung  erhielten,  sondern  auch  eine 
theoretisch-pädagoglsche.  Herr  Dir.  Dr.  Loos  hat  großes  Gewicht  darauf 
P''!»'irt,  daas  wir  auch  in  der  p!ida^nr»i?rhfn  riit*»rRtnr  uns  um-'^hf-n.  loh 
wiinie  also  etneui  l'unkte  <ref^'»nul)Hr ,  den  Herr  Prof.  Dr.  Hofier  vorhin 
erwulaU  hat,  mich  etwas  ubltdinend  verhalten,  dasM  nämlich  nachgewiesen 
werden  solle,  da^iä  der  Candidat  ein  CoUeg  über  Pädagogik  an  der  Uni- 
yersttftt  gehört  habe,  wenn  man  dieses  Institut  des  erweiterten  Probejahres 
weiter  fordern  will.  Dem  Mangel  an  Lebramtscandidaten  am  Wasa-Gym* 
nasiam  könnte  man  vielleicht  dadurch  abhelfen,  das»  man  eine  n&here  Ver- 
bindung zwischen  dem  Inwtitnte  de.s  erweiterten  Probejahres  und  der  Uni« 
versität  herbeizuführen  trachtet.  Ich  würde  also  den  Antrag  stellen: 

Der  VI.  d eu t sch  -  ö.sterreie Ii  i >^-'he  Mittelschultag  erachtet 
es  n]H  wünschenswert,  dass  zwischen  dem  Institute  des  er- 
weiterten Probejahre»  und  der  Universitätslehrkanzel  für 
Pädagogik  eine  engere  VerUindnng  geschaffen  werde. 

Landes- Scbulinspector  Dr.  Langhans:  Zu  dem  Wortlaute  meines 
Vorschlages  habe  ich  noch  za  bemerken»  dass  ich  hiebei  mit  dem  er- 
weiterten Probejahre  jene  Institution  gemeint  habe»  welche  man  hier  so 
nennt,  nftmlich  das  Seminar  im  IX.  Bexirke.  Ich  halte  also  auch  diese  Form 
für  die  bebte,  welche  bisher  versucht  wurde.  Was  aber  den  Antrag  des 
Uollegen  Dr.  Bronner  betrifft,  so  würde  ich  doch  wünschen,  dsiss  wir 
heute  in  unseren  B^-^'^h lassen  auf  soli  he  IV'tailhestimrnnn'xnn  noch  niebt 
eingehen.  Dsuj  will  ruhi«^  .studiert,  am  b»  st.-ii  in  Fachzeitsc  hriften  erwogen 
werden.  Der  Mittelschiilta«,'  hat  überhaupt  nicht  die  Aut^alie,  mit  ferti^^en 
Dingen  zu  komuien  und  diesbezügliche  Beschlüi^e  zu  fassen,  üonderu  er 
soll  nur  sein  Interesse  an  sämmtUchen  Fragen  zum  Ai»dmeke  bringen  und 
Anr^nngen  geben.  Ich  wflrde  daher  empfehlen,  dem  Beschlüsse  eine 
solche  Fassung  sn  geben,  welche  nach  keiner  Richtung  pri^udieiert.  aber 
doch  alles  Gute  späterer  Bestimmungen  in  sich  enthält.  Ich  erlaubte  mir 
deshalb  zu  beantragen,  dass  der  Mittel'^chnltag  erkläre,  er  halte 
die  Institution  des  erweiterten  Probejahres  für  die  ent- 
sprechende und  wünsche.  da«s  furdif»  A  u'^p^e  staltung  derselben 
günstij^ere  Verhiiltnis.se  <j;esc  h  .i  ft'en  werden. 

Da  dich  aienuind  mehr  zum  Worte  meldet,  wird  die  Debatte  ge- 
scblo^cn;  die  Abstimmung  wird  geniäb  dein  vorausgegangenen  Beschlösse 


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242 


Miscellen. 


bis  naeb  Erledigung  des  Referates  des  Prof.  Dr.  Polaschek  Aber  die 
Beform  der  Lehrftutsprafong  i&r  Candidaten  des  Mittelachallehramtee 
▼ertagt. 

Voffitzpnder:  Es  sind  noeh  folp^ende  KundgebuTicrpn  nn  das  Präsidium 
do3  Mittelschulta<jes  gelanget.  Kin  Telejframm  von  dorn  Geschäftsführer 
Prof.  Hoppe:  , Leider  verbindert,  die  festliche  Versammlung  als  Geschäfts- 
führer T.ix  begrüßen,  sende  ich  muino  herzlichsten  Wünsche.  En  mögen  die 
Arbeiten  des  Mittelscbultagee  TOn  bestem  Erfolge  begleitet  sein.* 

Bin  vweites  Telegramm  von  Herrn  Regierangnath  Dir.  I>r.  J.  Hack- 
spiel in  Frag:  «An  persönlicher  Theilnabme  leider  gebindert,  aber 
im  Geiste  alle  Pbaien  der  Verband  Inngen  mit  regstem  Interesse  Ter- 
folgend,  wünscht  dem  VI.  deutsch -österreichischen  Mittel  schaltage  ans 
ireudig  bewegter  Brust  den  gedeihlichsten  Erfolg  Hackspiel." 

Vom  Vicepräsidenten  des  nieder^sterreichischen  Landeisschnlrathes 
Sectionscbef  Dr.  Erich  Wolf  ein  Brief,  in  welchem  es  heißt:  „Zu  meinem 
lebhaften  Bedauern  bin  ich  gehindert,  den  Verhandlungen  des  diesjährigen 
Mittelscbultages  beizuwohnen.  Durchdrungen  von  der  Bedeutung  des 
Ifittebcbultagei;  fttr  die  FortentwicUaag  nnseres  Bfiitelsdiiilwesens  hege 
ich  nicht  nur  den  lebhaftesten  Wnnich,  sondern  ancb  die  feste  Über- 
»eugnng,  dasa  der  die^ilhrige  Hittelscbnltag,  sidi  seinen  Vorgängern  wflrdig 
anreihend,  mit  schönstem  Erfolge  anregend  und  befruchtend  anf  alle 
wirken  wird,  denen  die  Sorjre  um  das  Gedeihen  der  Mittelschule,  um  das 
Wohl  der  Lehrenden  und  Lernenden  am  Her7en  liegt.  Mit  re<j-«tem 
Interesse  sehe  ich  dem^  Berichte  über  die  Ergebnisse  des  Mittelscbultages 
entgegen.- 

Ich  erkläre  die  heutige  Versammlung  für  geschlossen. 
(Schluss  der  Versammlung  12  Uhr  10  Minuten.) 


Vm  S  ühr  nachmittags  begannen  die  Seciionssitsnngen. 

Sfiction  für  KLörperpflege  tind  Sciiu.lJb.ygierLe_ 

7um  Vorsitzenden  wurde  Herr  Dir.  IL  Bartelmiis  (Tro]i])aiO.  7^^m 
Steilvertreter  Dir.  H.  .lanuschke  (Teschen)  und  zum  Schriftiührer  Prof. 
Max  Guttmann  (Wien)  gewühlt. 

Dir.  Dr.  G,  Hergel  (Aussig)  erstattete  sein  Referat  über  die  Frage: 

„Was  ist  auf  dem  Gebiete  dep  körpei'Ucheii  Ausbildung  unserer 

Hittelsehuljugend  erreichbar?** 
Unter  dem  Hinweise  auf  den  gewaltigen  Umschwung,  den  die  Scbnl- 
eraiehung  in  Osterreich  seit  noch  nicht  ganz  einem  Decennium  dadurch 
genommen  hat,  das»  sie  eine  ganz  besondere  Berücksichtigung  der  Pfl^e 
körperlicher  Übungen  in  den  Kreis  ihrer  Thätigkeit  aufnahm,  zeigt  der 
Vortra^rende  nnter  lirrTÜndeter  Anerkennung  der  schaffensfrohen 
Willenskraft  der  geMaitunten  Lehrersehaft  auch  auf  diesem  Ge- 
biete, was  sfit  d"in  bekannten  Minibterialerla^se  vom  15,  September  1890, 
Z.  1Ü097,  an  den  deutschen  Mittelschulen  Österreichs  auf  dem  Gebiete  der 
Pflege  körperlicher  Übungen  geleistet  wurde,  und  was  bievon  in  Zukunft 
beizubehalten,  eventuell  noch  mehr  su  begQnstigen,  oder  aber  als  nicht 
hiehergehOrig  aussuscheiden  sei. 


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Mizellen. 


243 


Während  sun  der  Vortragende  den  Haaptxweck  dea  Handfertig- 

keitsttnterrichte^  unter  Benifunvr  auf  Scbenckendorff  und  Schiller 
als  nicht  nach  der  hygienischen  Richtang  gelegen  bezeichnett  tritt  er 
insbesondere  ein 

A.  a)  für  einen  d reiatündicren  obligaten  Tti muntern  ehr  nntoi 
einem  geeigneten  Lehrer  in  t  inein  geeigneten  Räume  uml  mit.  i  Hin- 
weis auf  den  eminenten  Nutzen  und  auf  die  diesbezüglichen  BeHtitnmungen 
in  Dentschland» 

h)  für  den  obligaten  Schwimumnterricht,  der  gerade  der 
Jagend  der  6ro0städtef  die  auf  manch  andere  körperliche  Übungen  im 
Vergleiche  zn  den  Schfllem  der  Provins  verzichten  musi,  leicht  geboten 
werden  könnte; 

B.  a)  unter  Hinwoi»  anf  den  miinnis^f.iltigen  Nutzen  für  Körper.  Geist 
und  GemOth  liir  eine  müglichst  inteu.sive  l'flege  hatjpts.lchlich  kloinorer 
Ausflü«?»'.  (leren  lit^itung  auch  ^(>n  »leni  nicht  spiel  kundigen  und 
altereu  Lehrer  übernommen  werden  küun;  denn  genide  solche  Spazier- 
gänge können  von  der  Mehrzahl  der  Schüler  häufiger  unternommen 
werden,  da  sie  keine  besonderen  Opfer  an  Zeit  und  Geld  erheischen  and 
nicht  sosehr  von  der  Witterung  abhängig  sind  wie  der  Aufenthalt  anf 
dem  Spielplatse, 

b)  für  die  Begünstigung  des  Schlittschuh  lau  fens  und  jener  Be« 
wegungsspiele  (unter  thunlichi^ter  BerUckdchtigung  ¥on  Orts-  und 
landeafi  bl  ichen  Spielen  und  lu  i  strenger  Scheidung  von  den  Turn- 
spielen, die  auch  weiterbin  einen  integrierenden  Bestandtheil  des  Turn- 
betriebes bilden  sollen),  welche  „bei  möglichster  Bewegung  das  Intei  cssi' 
einer  gröberen  Zuiil  möglichst  gleichmäßig  beschäftigter  ."^chüier 
unter  Ausschluss  irgend  einer  Gefahr  für  die  Gesundheit  der  Schüler 
f&r  längere  Zeit  fesseln*;  beide  Übungen  jedoch  unter  möglichster  Wahrung 
der  freien  Bewegung,  der  freien  Selbstbestimmung  und  Selbstwahl  der 
SchOler  in  jeder  Beziehung.  Denn  nur  auf  diese  Weise  kOnnen  sich  die 
Spiele  wieder  einleben,  nur  so  arbeitet  das  Schulspiel  dem  Voiks.spiele 
vor,  das  nicht  nur  vom  hygienischen,  sondern  auch  vom  socialen 
Standpunkte  aus  nicht  nntfr«chntzt  werden  sollte; 

C.  fiir  dajj  Baden  und  Rudern,  für  da««  Schn^e^if  hulil  aut  en, 
Schlitteni'ahren  und  Eisschießen  (sowie  etwa  noch  für  einige  ^vh  ufn- 
balUpiele),  für  größere  Ausflüge  und  Schülerreisen,  für  Gurten- 
arbeiten u.  dgL  ni.  je  nach  den  loealen  Verhältnissen. 

Dagegen  glaubt  der  Vortragende,  dass  einselne  Übungen,  wie  das 
Reiten,  Badfahren  und  Fechten  aus  ▼erschiedenen  Grfinden  (Kost- 
spieligkeit, unzweckmäßige  AusnQtzung  der  erlangten  Fertigkeit)  nicht 
Gemein  Übungen  fQr  Schfiler  öft'entlicher  Externate  werden  können,  andere 
aber,  wie  dasTanzen,  verschiedene  Schießübungen  und  militärische 
Kxercitiei),  ramidenbauen  und  Stelzenlaufen,  Ttirnersch erze 
und  Tnrnerreigen,  Schach-  und  Billartispiel  u.  s.  w..  als  den  In- 
tentionen des  obcitierten  Erlasses  fernstehend .  ;,'ar  nicht  hieherzuzählen 
und  daher  auch  in  den  Jahresberichten  nicht  auszuweisen  wären. 

Als  nicht  minder  verfehlt  beieicbnet  der  Vortragende  die  Ver- 
suche, eine  körperliche  Übung  durch  eine  andere  in  der  Weise 
an  ersetxen,  daas  s.  B.  zugunsten  der  Spiele  oder  des  Badens  Turnstunden 


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Miscellen. 


aufgelassen  wurden»  da  doch  die  anderen  körperHchen  Übungen  nicht  ge- 
trieben werden  sollen  als  Ersatz  fQr  dos  Turnen,  sondern  weil  eben  — 
^ie  in  dem  oben  eitierten  Jh>la«se  heißt  —  „der  Betrieb  des  Turnen» 
allein  nicht  ausreiLlit,  nm  die  .Tiiirpnd  leibÜcli  ^'eniio^end  zu  kräfti^^n". 

Endlich  tritt  der  \'ortrajfende  aueli  i>or  1 1  i c  fi r  n  Ausartungen 
entgegen  und  mahnt  in  dieser  Hinsicht  inübesoadeie  bei  Wettspielen 
£Ur  Vorsicht. 

Aib  er;»te  Autorität  für  die  Pflege  üämmtlicher  körperlichen  Cbun» 
gen  bat  der  dem  Lehrkörper  angehörende,  faoblich  und  pftda- 
gogisch  entq»reehend  vorgebildete  Turnlehrer  sn  gelten,  ihm  sur  Seite 
stehe  ein  Schnlarst,  der  über  die  hygienischen  Verhftltnine  der  Schul* 
iftume  und  sämmtlicher  SehOler  strenge  wacht  und  in  dieser  Hinsicht^ 
unter  vollkomniener  Wahrung  der  Autorität  des  Directors,  mit  diesem» 
sowie  mit  den  Mifu'H'^dcrn  des  Lehrkörper^  Ilind  in  Hand  f»eht  in  der 
theil-  schriftlichen,  theils  iiiüadiichon  lielehrun^  der  Schüler,  Kitern  und 
Kostj^eiier  über  ilas  Wi<sen>\verte8te  auf  dem  Gebiete  der  HyK'*-i>*^- 

Das  Referat  wurde  beitälligät  zur  Kenntnis  genommen  und  veranlasste 
eine  ausgedehnte  Debatte.  In  dieser  lenkt  snnäcbst  Dir.  Januschke  die 
Aufmerksamkeit  der  Versammlung  auf  swei  jüngst  erMfaienene  Ministerial* 
▼erordnnngen,  welche  an  den  im  Tortrage  behandelten  Fragen  in  innigen 
Besiehungen  stehen.  In  der  einen  wird  die  Art  und  Weise  der  Tum* 
dispensation  bereits  sehr  zweckmAßig  ger^;elt.  Über  die  hygienischen 
häuslichen  Verhältnisse  sind  Erhebungen  angeordnet,  und  diese  zeigen, 
dass  die  Behebung  der  Schäden  in  den  Ötudentenwohnungen  eine  sehr 
schwierij^e  Aufgabe  ist.  Diese  Auf-^abe  kann  durch  die  Zuweisung  an  den 
Arzt  nicht  gelöst  werden.  Es  kann  dies  vielmehr  nur  durch  Staatshilfe 
und  durcju  Zubammeu wirken  alier  Erziehungüi'actoreu  geschehen.  Die 
hygienische  Braiehnng  soll  wie  die  sittliche  in  allen  Unterrichts» 
disciplinen  gefordert  und  die  Schüler  sn  einer  gesunden  Lebensführung  bei 
allen  Gelegenheiten  gewühnt  werden. 

Prof.  Dr.  Victor  Nietsch  (Graz)  führt  aus,  dass  seit  etwa  zehn 
Jahren  verschiedene  Bestrebungen  durch  ihr  stflrmisches  Auftreten  bemüht 
sind,  die  Aufmerksamkeit  vom  Turnen  ab-  und  das  Interesse  der  Schule 
auf  fernerliegende  lieibesühunj^en  hinzulenken.  Doch  leistet  gerade  das 
Turnen  alles,  was  von  ihm  gefordert  wird.  Ks  i'^t  deshall)  mindestens  dem 
Zeichnen  gleichzubteilen,  und  also  auch  für  das  Turnen  wie  lür  dieses  Fach 
eine  beiondere  Fachinspection  zu  errichten,  liedner  warnt  vor  einer  über- 
bfirdung  der  Turnlehrer  und  stellt  aum  Schlüsse  Antrüge  betreffisnd  a)  den 
Turnunterricht,  b)  Fachinspectoren,  e)  die  dritte  wöchentliche  Turnstunde 
und  d)  die  Kothwendigkeitt  dass  auch  wissenschaftlich  befühigte  Lehrer  die 
Eignung  für  das  Tumlehramt  erlangen  mögen. 

Landes-Schulinspector  Dr.  V. Langhan s  (Troppau)  wünscht,  das.^  aus  den 
nuf^*e4ellten  Thesen  nur  das  Neue,  i\ho  vixn  1.  die  Einführnnj^  des  obliiraten 
Sichwimmens,  aus  2.  die  Emlührung  einer  dritten  wöchentlichen  Turnistunde 
und  aus  3.  die  BestelhuT^  eine«!  Schuhirzteü  heraujjgegritl'en  und  darüber 
debattiert  werde.  Bezüglich  des  letzten  i'unktes  wird  von  der  Zuwendung 
einer  zu  großen  Machtvollkommenheit  an  den  Schularzt  gewarnt.  Dieser 
kann  auch  nur  in  Verbindung  mit  dem  Hause  Ersprießliches  leisten;  doch 
sollen  alle  Lehrer  in  hygienischer  Beaiehung  zusammenwirken. 


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245 


Prof.  Dr.  Karl  Mfilloer  (Kaadeii)  Terweist  daraof,  da«  manche 
Wfliuehe  des  Herrn  Referenten  bereit«  durch  die  eoebea  erschienenen  In- 
stractionen  erf&Ut  aeien,  und  warnt  ebenfalls  vor  einer  Überbfirdnng  der 

mit  Turnen  beschäftigten  Lehrer. 

Prof.  Adolf  Bechtel  (Wien)  macht  zuerst  auf  den  bedeutenden 
Unterschied  aufmerks-am.  der  fi5r  die  Durchführung  der  den  Körper  bilden- 
den Übungen  zwischen  I'rovinz  und  Grof^stadt  besteht.  Was  die  Ausflüge 
und  Spiele  betrifft,  so  muss  die  Retheil i^ninfj^  hiefiir  eine  freiwillige  sein; 
Zwang  würde  der  Sache  nur  «»cbadeu.  Die  lies  teil  ung  eines  Schularztes  mit 
der  beantragten  Ifachtvollkommenheit  würde  sn  nianeherlei  Zwiatigkeiten 
nthren.  laibeiondere  aber  mllase  man  gegen  die  voigeeehlagmen  Wett- 
kftmpfe  Stellnng  nehmen.  Sie  haben  allerdings  durch  die  stattgefundenen 
pOljmptschen  Spiele*  einen  m&ehtigen  Anstoß  erhalten,  und  in  vielen 
Staaten  und  Schulen  strebt  man  danach,  sie  in  irgend  einer  Form  nach- 
zuahmen. Dadurch  werden  aber  nur  einzelne  angeregt,  wahrend  die  Maase 
der  Bilduni^sbedürfti(*en  beiseite  gelas3':'n  wird.  Die  dabei  erreichbaren 
Au«?zeichnunf?en  zeitij^jen  vollends  einen  falsciien  Ehrgeiz,  der  wiederum 
nur  zu  einem  verderblichen  Diiettantismusi  führt.  Aus  diesen  Gründen 
luüääe  er  sich  gegen  die  Veranstaltung  von  Wettkämpfen  au^tiprecheu. 

Tnmiehier  Jaro  Pawel  (Wien)  stimmt  den  Aosfllhrungen  des  Senn 
Landes- Sdralinspeetois  Dr.  Langhans  auf  Einschrftnkni^  der  Debatte 
bei.  Im  allgemeinen  aber  mflase  er  offen  bekennen,  dass  ihn  der  Vortrag 
bei  allen  seinen  sonstigen  Yontflgen  nicht  angesprochen  habe.  Vor  allem 
mache  er  darauf  aufmerksam,  dass  gar  vieles  im  Vortrage  enthalten  sei, 
was  uns  läiif^^t  bekannt,  tlieiln  anch  durch  l)e6tehende  Einrichtungen  f^anz- 
lich  aberholt  sei.  Zudem  wurden  in  tier  Kehundlung^  die  einzelnen  Gebiete 
der  körperlichen  Erziehung  recht  ungleich  bedacht;  eine  besondere  »Sorg- 
falt itahe  man  mehr  oder  weniger  nur  dem  Jugendspiele  zugemeä&en. 
Schließlich  wäre  es  recht  wünschenswert  gewesen,  die  einzelnen  Thesen 
durdk  ein  statistisches  Material  und  Tor  allem  durch  Darlegung  der  Mittel 
und  Wege  begrOndet  zu  sehen,  wie  alle  diese  Vorschlftge  praktische 
Verwirklichung  finden  könnten.  Oberseugend  und  belehrend  hätten  auch 
Hinweise  auf  die  Einriobtmigen  des  Auslandes  gewirkt.  Die  WegUiäsung 
einer  solchen  Grundlage  bedeute  einen  fQhlbaren  Mangel,  wozu  noch  der 
hemmende  Umstand  gelanc^e,  dass  die  einschlägige  Fachliteratur  nicht  in 
dem  .Maße  gewürdigt  wurde,  wie  es  ein  so  hochwichtiger  Gegenstand  ver- 
diente. 

Turnlehrer  Max  Guttmann  (Wien)  hebt  zuerst  die  rege  Betheiligung 
an  den  Berathuu>3'eu  dieser  Section  hervor;  dem  Vortrage  haben  97  Schul- 
männer, darunter  Hofrath  Dr.  IL  Wretschko,  mehrere  Landes-Schul- 
inspectorea»  Direetoren  und  andere  Lehrer  der  Mittelschulen  (unter  diesen 
sehn  Fachtumlehrer)  beigewohnt,  und  nach  Abgang  der  Philologen  zu  den 
Verhandlungen  ihrer  Section  seien  noch  immer  50  Personen  snrQckgeblieben, 
welche  sich  für  die  weiteren  Verliandlungen  interessieren.  Das  spricht 
ohne  Zweifel  für  eine  Zunahme  der  Wertschätzung,  welche  der  körper- 
lichen Ausbildung  von  Seite  der  Schulmänner  eut^'egen^'el.»racht  wird. 
Wenn  diese  St*  jrrerun«,'  anhält  und  mehr  und  mehr  au  Verbreitunsj  ge- 
winnt, dann  werden  mit  der  Zeit  auch  die  Mittel  gewährt  werden,  welche 
KU  einer  intenaiTeren  Pflege  der  körperlichen  Ausbildung  nothwendig  sind. 
„Otteir.  MlttolKhate".  XI.  Jahrg.  17 


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246 


MuoeUen. 


Was  nun  Herrn  Dir.  HergeU  weitgehende  Forderungen  betrifft,  so 
gelangt  er  zu  diesen  durch  die  Beiintwoitnng  der  Frage:  „Was  ist . . .  erreich- 
bar?" Dieser  Frage  stelle  sich  ei ue  andere  gegenüber,  welche  lautet:  „Wjir 
ist ...  erreich tV  Bei  Beantwortung^  dieser  neuen  Frdi.re  -tüßt  man  nun  auf 
die  traurige  Thatsache,  diw^  uü  unter  den  274  östi'ir('iciii.s<;liiea  Mittelschulen 
noch  immer  17  Anstalten  gibt,  welche  nicht  einmal  das  t'aculta- 
tive  Tarnen  eingeführt  haben.  Dm  Turnen  aber  bildet  anerkannter* 
maßen  die  Grandtage  der  kUrperliehen  Ausbüdnng;  wenn  demnach  dieie 
Grandlage  fehlt,  dann  kann  an  einen  weiteren  Aufbau  doch  nicht  gedacht 
werden.  Die  heutigen  Verhandlungen  würden  daher  die  Sache  vor  allem 
dadurch  fördern,  wenn  sie  dem  Wunsche  nach  einer  beschleunigteren 
Durch t'ili'.üiig'  des  obli;^atori'?ehen  Turnens  .\u?^<lruck  geben  wurden. 

Turnlehrer  Kobert  Keller  lUielit/.'  polemisiert  zuerst  imt  mehreren 
vorhergegantjenen  Kednern ,  spriclit  sicli  auch  {^e^en  die  Veranstaltung 
von  Wettkäuipleii  aus,  billigt  aucr  nicht  Dir.  iiergeU  Unterschied  zwischen 
Tum-  und  Jugendapielen  und  ferlangt  vor  allem,  da«  bei  Neubaaten  auf 
einen  entiprachenden  Tum«aal  nebst  freiem  Tumplatse  Rücksicht  genommen 
werde.  Dieses  begründet  er  mit  Erfohrungen,  die  er  in  Wien  und  mehreren 
Stftdten  Deutechlands  gemacht  hat. 

Dir.  Dr.  Gustav  Hergel  verwahrt  sich  gegen  den  von  J.  Pawel 
erhobenen  Vorwurf  man<:;elhafter  Literaturben üteung;  eine  nur  halbwegs 
befriedigende  Berücksiclitij^unj^  der  Literatur  hatte  ja  bewirkt,  dass  der 
Vortrag  weit  über  den  gesteckten  Kähmen  hinausgewachsen  wäre.  Der 
Vortrag  aber  bildet  nur  einen  Auszug  aus  einer  gröberen  Arbeit,  welche 
demnächst  erscheinen  werde,  und  dort  sind  eingehende  literarische  Nach- 
weise itt  finden.  Dir.  Hergel  zerstreut  dann  einige  Bedenken  über  die 
hygienischen  Bestrebangen,  den  Schniarzt,  die  Dispensationen  vom  Tomen 
betreiSend,  h&lt  aber  seinen  Unterschied  swischen  Tum*  und  Jagendspielen, 
dann  die  Nothwendigkeit  einer  dritten  Turnstande  aufrecht  und  Tertheidigt 
die  Veranstaltung  von  Wettspielen. 

In  der  nun  folgenden  Specialdebatte  liilut  Lande.s-Schulinspector 
Dr.  V.  Langhan^  (Troppau)  au»,  das«  der  Vortrag,  wie  auch  dio  statt- 
gefundene Besprechung  sebr  b-brreieh  j»ewesen  sei.  Doch  dürfe  nicht  über- 
sehen werden,  dass  viele  in  der  eröteu  These  enthaltenen  Vorschläge  von 
den  Behörden  entweder  bercnts  durchgeführt  oder  schon  zur  Durchführung 
angeordnet  sind.  Daher  möge  aus  der  ersten  These  nur  die  eine  Forderung 
herausgriffen  werden ,  welche  die  hohe  Begiemng  um  möglichst  rasche 
Durchführung  des  obligatorischen  Turnens  ersuchi 

Turnlehrer  Jaro  Pawel  (Wien)  erwidert  auf  die  ÄusfAhrnngen  des 
Dir.  Her  gel,  dass  er  ihm  durchaus  nicht  nahetreten,  sondern,  bei  voller 
Anerkennung  der  gebotenen  Anregungen,  dem  von  ihm  empfundenen 
Mangel  des  Vortrages  Ausdruck  geben  wollte. 

Prof.  Ludw.  Lechner  (Baden)  meint,  lia-s.  wenn  die  ilritte  l'urn.-tunde 
in  der  Form,  wie  sie  gewünscht  wird,  uuch  gewahrt  würde,  auü  ihr  baid 
nur  eine  weitere  Turnstunde  entstehen  würde,  und  mit  den  Spielen  wird 
es  dann  wie  bisher  schlecht  bestellt  sein.  Von  den  freien  Spielen  h&lt  er 
nicht  viel,  da  die  Erfahrung  gemacht  wird,  dass  gegenwärtig  eine  Beauf" 
sichtigung  noch  immer  sehr  nothwendig  ist. 

Turnlehrer  Max  Guttmann  (Wien)  erinnert  daran,  dass  die  früheren 


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247 


Mittelscbultage  bereits  «ehr  gewichtige  BeschlOsae  über  fiut  alle  hente 

vorgebrachten  Materien  geliust  haben.  Er  bittot  don  hente  tu  fassenden 
Bi'ischmäsen  die  Chtoael  Toraufzustellen  „in  Übereinstiuiiuung  uiit  den  auf 
den  früheren  Tfi<?iingen  rjefasstfn  Beschlüssen",  und  in  den  ersteren  das 
Tutntn,  die  Jugend»>pit'le  und  die  übrigen  in  Verwendung  befindlichen 
Leibesübungen  zn  bf»riick.sichti^en. 

Reverend  Dr.  William  Hechler  (von  der  englischen  Botschaft  in 
Wien)  theilt  mit,  da»  er  selbftt  aehoo  48  Jahre  spielt,  und  so  spielt  in 
Snghuid  alle».  Ja  die  bedenteikbtai  Mftnoer  waren  auch  die  besten  Spieler. 
In  lebhafter  Weise  tritt  er  l&r  die  Veranstaltnng  von  Wettspielen  ein, 
welebe  nnr  edle  Tugenden  wecken  und  im  friedlichen  Ringen  nur  fVeand* 
Schäften  gründen.  Ein  Wettkainpf  findet  ja  auch  in  allen  Arten  desToniens 
statt.  Er  tritt  endlich  auch  fiir  eine  grOßere  JMlaehtbeflignis  des  Directors 
ein,  wie  CS  in  En<^land  der  Fall  ist. 

Zur  zweiten  These  ergreift  Lundos-Schulinspector  l)r.  V.  lianghiins 
(Troppan)  dm  Wort.  Er  logt  Gewicht  darauf,  duss  jede  .Anstalt  ihre  ei^n^ne 
iuruhalle  beait/.e,  und  schlugt  vor,  eine  diesbezügliche  Resolution  zu 
fiassm. 

Tnmlehrer  J.  Pawel  (Wien)  stellt  den  Antrag,  dass  neben  geräumigen 
Turnhallen  auch  ein  angrenzender  freier  Tnmplats  verlangt  werde. 

Prof.  G.  Lnkas  (Leiter  der  Universitätsturnanstalt  und  des  Tora- 
lehrer-Bildungienraes  an  der  Wiener  Universität)  stimmt  dem  Vortragenden 

in  der  Fordernnj»  bei.  dass  jeile  Anstalt  einen  eigenen,  entsprechend  vor- 
gebildeten Turnlehrrr  hcnitzen  solle.  Dagegen  sei  das  Verlangen  eiriet- 
dritten  wöchentlichen  Turnstunde  verfrüht,  und  ebenso  wird  die  BeschatiunH; 
eines  Turuplatz«^  nicht  immer  erreichbar  sein.  .Mau  hat  au(  h  in  letzt^n- 
Zeit  mit  Turnlehrern  verschiedener  Qualität  Erfahrungen  geuiacht,  und 
es  wäre  die  Erledigung  der  Frage  zu  wttnschen,  welche  Turnlehrer 
man  wolle.  Man  kann  dem  denteit  obwaltenden  Streben,  den  Turnunter- 
richt in  die  Hand  der  Mittelscbullehrer  selbst  su  legen,  im  allgemeinen 
xnstinunen,  ohne  den  bi.'-herigen  Turnlehrern  im  geringsten  entgegen- 
xutreten.  Über  die  Turnlehrer  mit  wi^nschaftUcher  Befähigung  haben 
übrigens  wlion  mehrere  Directoren  Erfahrungen  gemacht,  und  es  w3re  zu 
wun«;€hon,  dass  hierüber  auf  einem  der  künftigen  Mittelschultage  gesprochen 
werde. 

Prof.  A.  Bechtel  (Wien)  spricht  sich  für  die  Nothwendigkeit  eines 
Turnplatzes  sowohl  flir  die  Hauptstadt,  als  auch  für  die  Provinz  aus;  je 
kleiner  die  Stadt»  desto  leichter  kann  ein  solcher  beochaift  werden. 

Prof.  L.  Lechner  (Baden)  tritt  noch  für  die  Beschatfong  eines  Spiel- 
platzes ein,  der  sidh  wom%Uch  an  dm  Tnmplats  anschließen  solle. 

Nachdem  nun  die  dritte  These  mit  Hucksicht  auf  die  jflngst  erfloesenen 
Instructionen  zum  Lehrplane  für  Turnen  fallen  gelas^n  wurde,  fasste  die 
Sectton  das  Ergebnis  der  Bt-rathnnf,'  in  fulf^ender  Weise  zusammen: 

Die  Section  tiir  Kü  r  [>  e  r  p  t'l  e  rr  t;  \ind  Schu  lhy>jiene  hat  die 
Ausfü h r u nt^e n  des  Herrn  Dir.  r>r.  ilugtav  Hergel  (Aussig)  mit 
Befriedigung  zur  Kenntnis  genommen. 

Die  Versammlung  hat  weiter  von  der  Aufstellung  be- 
sonderer Thesen  mit  Bfleksicht  auf  die  von  den  früheren  Mittel- 
schultagen gefassten  einschlägigen  Beschlüsse  wobl  Abstand 

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248 


Miscellen. 


genammen,  aber  in  weiterer  BerfickBiehtigangderSrfahninge  n, 

welche  bei  der  Pflege  der  durch  den  hohen  Ministt  rialerlas« 
vom  15.  September  1890  empfohlenen  körperlichen  Übungen 
seither  gemacht  wxirden,  folgende  Resolution  einstimmig  an- 
genommen: Ks  ist  dringend  zu  wünschen,  dass 

1.  die  Einfüh  lüug  des  oh  Ii  gator  lachen  Turnens  an  allen  Mittel- 
schulen  beächleauigt  und  da^s 

2.  jede  Anstalt  so  bald  als  möglich  mit  einer  geräumigen 
Turnballe  und  einem  angrensenden  freien  Tnrnplatse  ana« 
gefttattet  werde. 

Von  der  YerhandluDg  Qber  die  Anttftge  des  Prof.  Dr.  V.  Nietsch 
(Graz)  wurde  Abstand  genommen.  Diese,  sowie  die  Anregimgen  des  Dir. 
G.  Lukas  wurden  zu  eventneller  wttterer  Verfolgung  dem  vorbereitenden 
AuBscbuwe  überwiesen. 

ülstoxlsclx«  Sectloü. 

Die  Section  wählt  Prof.  Dr.  0.  Gratzj  (Laibach)  zum  Vorsitzenden, 
Prof.  Dr.  A.  Beeker  (Oberhollabmnn)  zum  ScbriftfÜhrer. 

Nach  einem  dem  versiorbenen  Prof.  L.  Blume  gewidmeten  Nachrufe 
smtens  des  Yorsittenden  (die  Versammlung  erhebt  sich  snm  Zeichen  der 
Trauer  von  den  Sitxen)  hält  Prof.  Dr.  L.  Singer  (Prag)  seinen  Vortrag: 

„Ober  poUtisebe  und  wirtschaftliche  Bildung  dureli  die  Mittel- 
schule". 

(Der  Vortrag  wird  in  eineni  späteren  Uefte  unserer  Zeitschrift  er- 
scheinen ) 

Am  Schlüsse  »einer  Au^ührungen  fordert  der  \  üri ragende  die  Ver- 
lammluDg  auf,  folgenden  Gestehtq^nnkten  ihre  Zustimmung  zu  geben: 

1.  Die  Yerhftltnisse  des  Staatee  und  der  Oesellschaft  fordern  auch  von 
der  Mittelschule  die  Vermittlung  politischer  und  wirtschaftlicher  Bildung. 

2  Unbeschadet  ihrer  sonstigen  Angaben  betrachtet  die  Mittelschale 
in  Erfüllung  dieser  Forderung  als  Ziel: 

a)  auf  dem  Gebiete  der  Erkenntnis:  Kenntnis  der  wichtigsten  Formen 
des  staatlich'^n  und  socialen  Lebens  und  der  Bedingungen  ihrer  KxüiteDZ 
(Elemente  tli  j  \  olkiswirtschaftslehre  i ; 

b)  auf  dem  Geuiete  der  Erziehung  die  Förderung  des  Staiitsbewu ssisei ns 
und  social-ethischer  Gesinnung,  ohne  dass  jedoch  auf  die  Bekämpfung 
bestimmter  Farteirichtnngen  oder  auch  nur  auf  die  Erzielung  bestimmter 
ParteiÜberxengungen  hingearbeitet  werden  dflifte. 

3.  Diese  Ziele  erfordern  nicht  die  Einfnhrung  eines  neuen  Lehrgegen- 
Standes  (BOrgerkunde  u.  dgl  ),  sondern  lassen  sich  innerhalb  des  Rahmens 
der  gegenwärtigen  L'nterrichtsverfassung  erreichen. 

4.  Den  hauptsächlichsten  Theil  dieser  .\iifgabe  hat  der  geschichtlicho 
und  der  ^'cographiscbe  Unterricht  zu  erfüllen,  de-ssen  Kri:r*«lmisse  aut  beiden 
J^tuten  des  Unterriciites  in  der  Vaterlandskunde  zusamnjen;jfefius-ät,  erweitert 
und  vertieft  werden.  Er  wird  hiebei  durch  den  deutschen,  den  altclassischen 
und  an  den  Realschulen  durch  den  neusprachlichen  Unterricht  unterstützt. 

6.  Die  Methode  bleibt  die  historische»  die  Geschicbtsbehandlung  die 
politische,  wobei  die  gesicherten  Ergebnisse  wirtschaftsgeschichtlicher 
Forschung  nur  dort  xn  benatzen  sind,  wo  ihr  Zusammenhang  mit  den 


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HiBcellen. 


249 


Erscheinungen  des  staatlichen  Leben«  klar  und  tleutlich  hervortritt,  oder 
wo  sie  im  Rahmen  der  Culturgeschichte  das  Verständnis  der  Lebensformen 
der  Gegenwart  wesentlich  fi^rdem. 

6.  Di«  Wiederholung  der  Oeographie  «nf  der  Oberstufe  eoU  auf  das 
wirtochaftageograpfaiKfae  Moment  besonderes  (Hwicht  legen.  Es  ist  su  er- 
wfijtexi,  ob  und  inwieweit  dafür  besonders  Kaum  zu  sohaffan  isl. 

7.  Der  Unterricht  soll  dem  Schüler  derart  geboten  werden,  dass  er 
in  ihm  das  Interess«  erregt,  welches  ihn  auch  nach  der  Beeuilip;^ung  seines 
MittelschulunierrichteH  einen  Theü  «einer  Zeit  emsthaftem  Studium  dieser 
Fragen  zu  widmen  drängt. 

8.  Als  wünschenswert  erscheint  die  Einstellung  giib'r  bürgerkund- 
lieber  Schriften  in  die  Schttlerbihliotheken  ond  die  Ajiregung  der  Schiller 
sur  LectClre  denelben. 

Prof.  Dr.  Singer  stellt  nnnmebr  den  Antrag,  eine  Commisrion  ein- 
zusetzen, welche  die  Frage  der  politischen  nnd  wirtschaftlichen  Bildung 
durch  die  Mittelschule  beratben  solle.  Die  Ergänzung  der  Commiasion  solle 
durch  Cooptation  stattfinden. 

Nachdem  der  Voniloende  dem  Kedner  den  Dank  ausgesprochen,  wird 
die  Ui.-jcuhjsion  erüÜnet. 

Prof.  Dr.  Becker  (Oberhollabrunn)  führt  au^j,  dass  der  gehörte  Vor- 
trag nicht  nur  für  den  Historiker  von  großem  Interesse  sei,  sondern  all- 
gemeines Interesse  erwecke.  Von  der  Wichtigkdt  der  Sache  leige  die  große 
fiber  die  Fmge  esustierende  Literatur.  Die  »ehwierigkeiten,  in  dem  an- 
geregten Sinne  in  der  Schule  am  wirken,  seien  aber  siemlich  bedeutend. 
Zunftchst  sei  es  bei  dem  Bildungsgange,  den  der  xnkllnftige  Lehrer  heut- 
zutage auf  der  Universität  durchmache,  für  ihn  sehr  schwer,  .sich  die  ent- 
sprechf^ntb^n  Kenntnisse  in  rultur-  und  wirtschafts-roscbichtlicher  Hinsicht 
anzueignen,  denn  im  Vordergrun'!*'  «t»>he  noch  immer  di«'  iiolitische  Staaton- 
geschichte,  wenn  auch  schon  eine     'wi^sc  iU'artion  tleren  Vorherr- 

schaft begonnen  habe.  Es  müsste  daher  vor  allem  Ua.s  Hochschulstudium 
so  eingerichtet  werden,  dass  der  künftige  Geschichtslehrer  für  die  neuen 
Aufgaben  der  Mittelschulen  genügend  Torgebildet  würde. 

Es  mttsse  einmal  mit  dem  Grundsätze  gebrochen  werden,  dass  die 
historische  Bildung  in  der  ged&ehtnismftßigen  Aufstapelung  einer  gewissen 
Keihe  von  Namen  und  Daten  bestehe  ohne  Rfieksicht  auf  culturgeschicht- 
liehe  Kenntnisse. 

.4uch  die  Tjehrbücber  müssen  mit  Rücksicht  auf  die  heute  entwickelte 
Fonieninj?  f*ine  andfie  Hcsehatfenbeit  annehmen.  In  älterer  Zeit  war  die 
Cultur^resrhichte  fast  gar  uiclit  lu  r\ick-ichtigt,  später  erschienen  gewisse 
cultnrgefchicbtliche  Abschnitte,  die  aber  nur  eine  Reihe  von  abstracten 
Begriffen  enthalten,  von  denen  oft  jede  klare  Anschauung  fehlt  Yendchte 
der  Lehrer  ganz  auf  das  Bnch,  so  werde  der  Erfolg  ein  zweifelhafter  sein. 
In  neuester  Zeit  aber  erschien  das  Buch  von  Zeehe,  welches  besonders  im 
Abschnitte  Qber  das  Hittelalter  in  hOchst  anziehender  Wei^e  wirtschaft- 
liche Fragen  mit  der  politischen  Geschichte  verwebt,  die  sich  ja  that-'iich- 
lieh  nicht  trennen  lassen.  Es  folgt  dann  allerdings  noch  ein  culturgeschicht- 
Hoher  .Abschnitt,  der  aber  nur  das  Zerstreute  zusammenfuhrt  Dieses  Buch 
^'•'l(f  Sfowohl  Lehrer  als  Schüler  die  best*»  Anregung.  Kine  weitere  Schwierig- 
keit besteht  darin,  da«e  bei  Fragen,  welche  die  momentanen  politischen 


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250 


Miacellen. 


oder  wirtÄchafllichen  Verhältnisse  berühren,  die  Überzeugung  des  Lehrers, 
wenn  er  tieh  auch  bemOhi,  objectiT  so  «ein,  doch  dorclileaoht«ii  wird. 
Die  gracchiachen  Unrahen  kfinnen  s.  B.  anf  hOctast  venchiedene  Weite 
behandelt  werden;  der  Effect  bei  den  Schalern  werde  deroentiprecbend 
aneh  sehr  verschieden  sein. 

Ferner  bekommen  die  Kinder  ans  den  Zeitunircn.  aus  dem  Munde 
von  Eltern  und  Bekiinnten  einp  Men^e  ft^rtij^er  Urtheile  Aber  wirtschaft- 
liche und  politische  Fia^'en.  Die  Schüler  in  der  HI.  und  IV.  Classe  haben 
meist  schon  ihre  politische  Meinung.  könne  auch  vorkommen,  dass 
der  Schüler  zuhause  erzählt,  der  Lehrer  iiabe  diese  oder  jene  Ansicht  aus- 
gesprochen, der  Vat-er  ist  entgegengesetzter  Ansicht  und  urtheilt  über  das 
Mitgetheilte  mit  einigen  Worten  ab,  sehr  oft  indem  er  die  Anscbauungen 
der  Gegenwart  anf  alte  Zeiten  ohneweiters  übertrSjj^ 

Trotx  dieser  Klippen,  auf  wetcbe  er  aufmerksam  gemacht  habe,  hält 
aber  Prof.  Dr.  Becker  die  heute  vom  Vortragenden  angeregten  Ideen  für  sehr 
wertvoll  und  meint,  da^  sich  die  Geschichtslehrer  im  Laufe  des  nächsten 
Jahrzeh nt.s  eifrigst  mit  dieser  Fraj»e  zu  be^chnftigen  haben  werden. 

Der  Vorsitzpndp  hebt  hervor,  (lii.s.s  die  Schwierigkeiten  in  gemidcht- 
sprachiijen  Gej^enden  i)e.-onders  «^rob  seien,  und  man  Dinije,  die  mit  Poli- 
tischem in  irgend  einem  Zujsammen hange  stehen,  nur  mit  gröliter  Vorsicht 
b«rflhren  dfirfe.  Es  werde  dadurch  jedoch  die  Frende  an  der  Behandlung 
mancher  Qeschichtspartien  g&nslich  lerstOrt. 

Prof.  Frank  (Wien)  macht  auf  die  Schwierigkeit  aufmerksam,  welche 
in  den  Schtllem  selbst  liege.  Es  sei  sehr  fraglich,  ob  man  diese  Dinge  den 
Scbfilern  verständlich  machen  könne.  Die  Gefahr,  Phrasenhelden  heran- 
zubilden,  liege  sehr  nahe.  Könne  man  die^e  Gefahr  vermeiden,  so  sei  Redner 
mit  den  angeret'fen  Tdeen  vollständif^  einverstanden. 

Prof.  Schauer  (Linz)  bestätigt,  dass  die  Schüler  häutig  poiitiichea 
Agitatoren  in  die  Hände  fallen,  sowie  auch  von  der  Tiigesliteratur  stark 
beeinilusst  werden.  Man  müsse  ihnen  daher  ein  gewisses  Maß  politischer 
Bildung  vermitteln.  Der  Abiturient  stohe  heute  in  dieser  Beriehung  dem 
Schfller  einer  Handelsschule  oder  einer  Lehrerbildungsanstalt  nach.  IS» 
dOrflen  aber  nicht,  wie  bisher,  die  cultnrgeschiehtlicben  Begriffe  ohne  Zu- 
sammenhang  mit  der  Geschichtsdarstellung  und  in  unklarer,  dürftiger 
Weise  abermittelt  werden,  sondern  der  eulturgeschichUiche  Stoif  sei  mit 
dem  übrigen  zu  verwehen,  und  über  gewisse  GrTindbef»riffe,  wie  ArV)ejt, 
Cnpital  u.  s.  w..  .seien  richtii,'e  Vorstelltinf*en  zu  er:itreben.  Auch  l'rof. 
Schauer  spricht  sich  sehr  günstig  über  Zeebes  Lehr)>urh  anp. 

Prof.  Dr.  W.  Schmid  (Wien)  findet,  dass  das  Lehrbuch  von  Zeehe 
zu  viele  fertige  ürtheile  enthalte  und  die  Gefahr  vorhanden  sei,  das«  der 
Schüler  durch  Auswendiglernen  derselben  mm  Scbwfttser  enogen  werde. 
Die  Hauptsache  «ei,  dass  der  Lehrer  nationalOkonomisch  gebildet  sei. 

Prof.  Dr.  Outscher  (Leoben)  macht  darauf  aufmerksam,  dass  den 
Schülern  meist  die  einfachsten  Grundlagen  für  das  Verständnis?  national- 
ökonomischer  Dinge  fehlen  und  der  Unterricht  daher  mit  der  Vermittlung 
dieser  Grundbc^rriffe  schon  anf  sehr  niedriger  Stufe  beginnen  rnHs-iP.  Der 
Schüler  müsse  eine  \'orstellnnir  von  Staat.  .Ständen,  Production  u.  s.  w. 
haben  In  dieser  Hin.-^icht  krmne  auch  der  philologische  Unterricht  sehr 
fordernd  wirken,  wenn  der  Lehrer  bei  jeder  Gelegenheit  auf  die  Analogie 


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Miscellen. 


251 


antiktt  und  moderner  Verhältnioe  hinweiw.  So  würde  auch  dio  große 
Kluft  swiaefaen  dem  Gedrackten  und  der  Wirklichkeit  OberbrQckt  werden 
kOimeii.  Hatte  man  auf  diese  Weise  in  sorgfftltiger  Kleinarbeit  die  nOthigen 

Grundlagen  geschatfen,  so  kCnnie  auch  Nationalökonomie  im  hOberen  Sinne 
betrieben  werden.  Derart  unterrichtete  Schüler  würden  nicht  blindlin|{8 
ipdem  njtchptbestcn  A<jitator  in  dio  Hiinde  fallen,  denn  sie  würden  Kennt- 
niss<>  besitzen,  welche  sie  wenig'ä^tens  oinij^ermaßen  zu  eigenem  Urtbeile  in 
politischen  und  wirtschaftlichen  Angelegenheiten  befähigten. 

Der  Vorsitzende  theilt  nun  einige  Beispiele  aus  der  Praxis  mit, 
welche  das  eben  Gesagte  bestätigen.  So  erhielt  er  z.  B.  auf  die  Frt^^e,  was 
die  Stenern  aeien,  m  Aotwnrt:  Sie  sind  Eigenthnm  des  Kaisers,  womit 
dieser  machen  kann,  was  er  will. 

Prof.  Beeker  ist  der  Ansicht,  daas  die  Debatte  nnnmehr  schon  in 
dm  Gebiet  der  Methodik  Übergreife,  welche  alier  nicht  Gegenstand  der 
heutigen  Berathungen  sein  könne,  es  handle  sich  vielmehr  um  eine  prin^ 
cipielle  Stellnngnnhmo  gegenüber  der  in  VerhindlnnL«'  stehenden  Fraj^e. 

Prof.  Frank  meint,  das^  hei  einein  '^•^"'iieinsamen  Vorf^ehen  der 
Lehrer  verschiedener  (iegent>tände  zur  Entwicklung  Wirtschaft  lieber  und 
politischer  Grundbegritie  bei  den  Schülern  darauf  gesehen  werden  müsse, 
das»  diese  Begriffe  einheitlich  mitgetbeilt  wOrden,  so  daas  keine  Wider* 
Sprüche  awischra  den  Hittheilnngen  der  einaelnen  Lehrer  entatünden. 

Prof.  Dr.  Singer  gibt  seiner  Belriedignng  darftber  Ansdroek,  daas  er 
auf  prineipiellen  Widerspruch  nicht  gestoßen  sei.  Auch  er  sei  wie  Prof. 
Gutscher  der  Ansicht,  dass  der  Lehrer  die  Aufgabe  habe,  dem  Schüler 
wirlachaftliche  GrundbegriÖ'e  beizubringen.  Der  großstädtische  Schüler 
z.  B.  müsse  über  Sommer-  und  Winterfrucht,  Art  der  Boden bebauunK  in 
verschiedenen  Gegenden  ii.  \v.  autgekliirt  werden,  während  der  Scliiiler 
in  einer  Landstadt  wieder  über  viele  großstädtische  Dinge  unterrichtet 
werden  müsse. 

Der  Unterricht  solle  propädentiscb  sein,  Thatsacben  ttbermitteln,  nicht 
fertige  Urtbeile.  Die  Urtheile  mOssen  ans  dem  Schiller  seibat  gewonnen 
werden.  Da  die  Frage  eine  sehr  aohwierige  aei,  habe  Bedner  von  der  Anf> 

Stellung  von  eigentlichen  Thesen  Abstand  genommen.  Er  betrachte  seine 
Meinung  als  die  einen  einzelnen,  die  von  allen  Seiten  corrigiert  werden 
möge.  Die  österreichische  Lehrerschaft  solle  die  Frage  discutieren,  und 
zu  diesem  Zwecke  habe  er  die  Kinsetzun«^  einer  Commi'^sion  angerejjt,  welche 
Material  sammeln  und  sichten,  sowie  über  die  Sache  reiflich  nachdenken 
solle.  Die  Versammlung,  sehließt  Hedner,  niü}^e  also  erklären,  daö*>  sie  die 
von  ihm  aufgestellten  Gruudäätze  für  wichtig  genug  halte,  sie  einer  Com* 
miasion  zur  Berathnng  an  überweiaen.  Ei  wftre  erwünadit,  wenn  dieaer 
Commiaaion  nicht  nur  Hiatoriker,  sondern  auch  Philologen,  a.  B.  Prof. 
Frank  und  Prof.  Guts  eher,  sowie  Vertreter  anderer  Fficher  angehören 
würden. 

Nach  nochmali^'er  Verlesung  der  oben  angeführten  acht  (iesithts- 
punkte  beschließt  die  Versammlung  einstimmig  die  Zuweisung  der  Be- 
rathnns»  der  vorliegenden  Fraj^e  an  eine  Commission,  welche  das  Recht 
hat,  sich  durch  Cooptation  zu  t  if^anzen. 

Dir.  Dr.  Swidn  (Triebt)  t>chlagt  vor.  diejcnigeu  Herren  zu  wählen, 
welche  nich  besonders  an  der  Debatte  betheiligt  haben. 


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232 


Miscellen. 


Prof.  Dr.  Becker  siellt  den  Antrag*  da»  bei  der  CoopUtion  derart 
▼orgegangen  werde,  daw  die  Mitglieder  aoa  wirteehafUich  von  einander 

▼erscbiedeuen  Gebieten  gew&hlt  würden. 

Prof.  Schecic  (Kremi)  »teilt  die  Frage,  welches  literarische  Orgs^n 
zur  Vermittlung  zwischen  der  Conimission  und  don  sich  außerhalb  der- 
selben für  die  Sache  noch  Interessierenden  benützt  werden  solle. 

Prof.  S innrer  schlägt  die  „Älittheilungen  der  üsterreiohischen  Mittel- 
schule" als  Centralstelle  vor,  doch  könnten  auch  gelegentlich  andere  Zeit- 
schriften, z.  B.  die  «Osterreichische  ReToe"  heruii^'e^ogen  werden. 

Ftof.  Fl  ei  sehn  er  (Bndweia)  ist  der  Anncht,  daae  die  eintelnen  dafOr 
interessierten  Herren  über  die  Sache  Vortrige  halten  sollten.  Er  selbst 
habe  eine  Burgerknnde  geschrieben,  die*  uisprOnglich  nnr  för  Volkaachnlen 
bestimmt,  auch  an  Mittelschulen  großen  Anwert  gefunden  habe.  Vor  knrseni 
eei  ein  sehr  wertvoller  Beitrag  zu  der  einschlägigen  Literatur  Ton  dem 
PriTatdocenten  Dr.  Tetzner  über  politische  Bildung  und  Patriotismn.s  er- 
schienen. Es  wird  in  der  iSchril't  nachgewiesen,  dass  der  Zweck  politisclier 
Bildung  nicht  die  Züchtung  von  Patriotismus  sei,  denn  eine  solche  erreiche 
das  Gcgentheil,  sondern  eine  Belehrung  über  die  staatsbürgerlichen  Pliichten 
und  Bechte. 

Schwierig  sei  die  Stellungnahme  zu  den  Bocialdemokratisdien  Ideen. 
Die  directe  Bekämpfnng  derselben  durch  die  Schule,  wie  «ie  in  Deutach- 
land geübt  wird,  sei  zurückzuweisen,  da  der  Lehrer  in  der  Schule  nicht 
auf  einem  Parteistandpunkte  stehen  dürfe.  Ks  handle  sich  da  lediglich  um 
die  Mittheilung  von  Thatsachen  ohne  Kritik  und  ohne  Beschönigung.  Hier 
müsse  aber  der  Staat  eingreifen ,  damit  die  Schüler  recht/eitig-  in  wirt- 
schaftlirhen  und  i">litischen  Dingen  belehrt  werden,  denn  sonst  ge.nchehe 
.-später  in  ganz  anderer  Weise.  Bringe  der  8i  hüier  eine  Reihe  von  Vor- 
stellungen über  diese  Fragen  mit,  so  werde  er  dann  nicht  alles  glauben, 
w»  ihm  gesagt  wird. 

Die  Schwierigkeit,  daas  Widersprüche  zwischen  Schule  und  Haus  oder 
fwiflchen  den  Mittbeilnngen  einzelner  Lehrer  vorhanden  sein  konnten,  sei 
nicht  maßgebend,  denn  auch  jetzt  schon  kämen  derartige  Widersprüche 
z.  B.  zwischen  den  Lehren  des  Eeligions-  und  des  Geschichtslehrers  yor. 

Da  sich  niemand  mehr  zum  Worte  meldet,  winden  in  die  C<immi?.«iou 
folgende  sechs  Herren  gewählt:  Prof.  Dr.  lieeker  (Oberliollabruun),  Prof. 
Frank  (Wien),  Prof.  Dr.  Gutacher  (Leoben),  Prof.  Schauer  (Linz),  Prof. 
Dr.  Singer  (Pmg),  Dir.  Dr.  Swida  (Triest). 

Hierauf  wird  der  Antrag  Prof.  Dr.  Beckers  angenommen,  dass  bei 
der  Cooptation  derart  Torgegangen  werde,  dass  die  Mitglieder  aus  wirt- 
achaftlich  Terschiedenen  Gebieten  gewählt  werden.  Zum  Schlüsse  wird  von 
der  Versammlung  der  Antrag  der  Herren  Proff.  Scheck  und  Dr.  Singer 
angenommen,  chxnH  in  der  Zeit-schrift  „Österreichi.<!che  Mittelschule*  die 
Resultate  der  CommidnonsTerhandlungen  verlautbart  werden  sollen. 

UNTat'Lirliiatoi'iäciie  3ectloii.. 
Unter  dem  Voi^itze  des  Herrn  Schulrathes  Dr.  K.  Schwippel  fand 
dm  Referat  von  Pmf.  K.  Müller  (Te^^litü)  htatt: 

.•Die  Mineralogie  als  Unterrichtsgegenstand  in  den  unteren 

CUueen  der  Mlttelsehiden'*. 


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MisceUen. 


203 


Eine  Discussion  schloas  sich  an  den  beifällig  aufgenommenen  Vortrag 
nicht  an. 

X^lülologlaehe  Scetloa. 

Prof,  Zycha  eröffnet  alt  Mi^ied  des  geachftftsfShrenden  AoMchusses 
die  Sitzung  mit  einer  Begrüßung  der  Anwesenden  nnd  achlägt  Prof. 

Mfttzii'r  (Klao:f"nfurt)  als  Votsitz»'nden  vor. 

Dieser  übernimmt  den  \'oisitz.  dankt  der  Versa  mm  Inn  2^  für  die  auf 
ihn  gel^illene  Wahl,  worauf  Prof.  Dr.  Tschiasany  (Wien)  asum  Schrift- 
führer gewählt  wird. 

Der  Vorsitzende  ersucht  nunmehr  Herrn  Prof.  Dr.  Perkmann  (Czeruo- 
witeX  «einen  Vortrug: 

„Über  eine  VerbesseruDg  des  latelidseheii  ElementorunterFlehtes*' 

zn  halten. 

Der  Vortragende  wünscht»  dass  im  lateinischen  Elementamnterrtchte 
mehr  als  bisher  die  Entwicklnng  des  Sprachgefiihlea  gefördert  werde,  nnd 
zwar  in  einer  Woise,  wie  dies  in  früheren  Jahrhunderten  von  hervorragen- 
den Didaktikern  ge?M*hehen  sei.  Kr  schlägt  ferner  vor,  dass  die  Stoffe  auf 
difser  8tufe  in  vot herrschend  zusamnienhiingenden  Stücken  mehr  als  bisher 
römisches  Leben  und  römische  Geschichte  behandeln,  und  dass  zu  diesem 
Zwecke  aneh  Abbildungen  im  Lehrbuche  Plat«  finden  kOnnen.  Schließlich 
achlftgt  er  vor,  an  die  hohe  Regierung  mit  der  Bitte  beranxatreten,  daw 
es  einseinen  Iiehrper«onen,  die  datn  Ltnt  h&tten,  gestattet  werde,  dieie 
VorBchl^e  in  der  8dbnle  praktisch  dnrchzafQhren.  (Beifall.) 

An  diesen  Vortrag  knüpfte  sich  eine  lebhafte  Discussion. 

Dr.  Falbrecht  (Linz)  erklärt  eich  mit  den  Ausfuhrungen  des  Vor- 
tra<;enden  einverstanden;  doch  wünscht  er.  das«  man  auf  dem  T'mwege 
über  die  heiuiische  tieschichte  zu  Dari^tellungen  aus  dem  römisclien  Leben 
schreite.  Ferner  verlangt  er,  dass  der  Lateinnnterrieht  mit  solchen  Wörtern 
begonnen  werde,  deren  Apperception  den  Schülern  leicht  ist. 

Dir.  Dr.  Waniek  (Wien)  wendet  sich  gegen  dnige  Amf&hrongen 
dee  Vortragenden  nnd  bemerkt  nam«itUch  gegenflber  der  Vemrtheilang 
der  RjnthetiBeben  Methode  durch  Perkmann,  dam  die  gegenwärtigen 
Lehrer  von  ganz  anderen  Voraussetzungen  ausgehen  mfUeten  als  die 
Humanisten  des  XVL  und  XVII.  Jahrhunderts;  während  damals  das 
Lateinische  die  Ton  verbat  ionsspniche  y.wi-chen  TiChrer  nnd  S^chüler  bildete 
und  die  Schüler  mit  den  Lautvor-teilun<i;en  unt*'r  Lbersprinj^unf;  der 
Verbalvorstellnngen  sofort  die  Auschaunn^'  verbinden  konnten,  ist  und 
bleibt  iu  uufjerer  Zeit  die  Muttersprache  das  Medium  der  Wortvorstellung 
der  fremden  Sprache  und  der  Anschauung.  Habe  man  übrigens,  vom  Sataee 
anhebend,  die  grammatischen  Formen  genetisch  oder  inductiv  hergestellt, 
dann  mfiase  man  besonders  das  (xedäehtnic,  wohl  die  bedeutendste  geistige 
Kraft  des  Schflless  auf  dieser  Altetwtufe,  heranziehen. 

Prof.  Schwaiger  (Czernowitz)  meint,  es  dürfte  in  d>  r  Philologie  wie 
in  der  Mathematik  in  einzelnen  Fällen  gleichgiltig  sein,  ob  man  indiictiv 
oder  d^^dnctiv  vorgehe.  Doch  würde  er  in  der  Philoloqip  im  rierr<*n8atse 
zur  Mathematik  der  iuductiven  Metliod'«  \ielfach  dtMi  Voizu«^'  ^t'I/.'ii. 

Dr.  Löw  (Wien)  Vjekämpft  besonders  die  in  den  Thesen  vorkommen- 
den Worte  „mehr  als  bisher". 


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254 


Prof.  Dr.  Dorsch  (Eaaden)  wünscht,  dass  eher  noch  weniger  Er- 
i&hlungen  aus  dem  rtfmischen  Leben,  desto  mehr  aber  solche  Aufnahme 
finden  mögen,  die  dem  Gesichi^^kreis»?  der  Schüler  entnommen  sind. 

Prof.  Dr.  Bronner  (JägerndorO  schließt  sich  den  Ausf&hningen  des 
Dir.  Waniek  hinsichtlich  der  Muttersprache  voUinhaltlü  Ii  nn  nnd  betont 
die  Wichtigkeit  des  formalistischen  Elementes  im  fremdsprachlichen  Anfangs 
unterrichte. 

Dr.  Fleischuiaii u  (Bielitz;  wünscht  im  Sinne  der  Concentration  eine 
besondere  Hervorhebung  des  rOmischen  Wesens  höchstens  in  der  II.  Claase, 
wo  sieh  infolge  des  Geschichtsunterrichtes  ein  entsprediendes  Interesse 
bereits  Torfindet 

Landee-Schulinspector  Dr.  Tnmlirs  (Csemowiis)  warnt  vor  jener 

Eimeitigkeit,  die  etwa  das  Sprachgefühl  auf  Kosten  der  Grammatik  aus* 
bauen  oder  diese  auf  Kosten  jenes  betreiben  wollte.  In  den  Lehrbüchern 
finde  man  •t'^rigens  in  dieser  Richtunc^  einen  bedeutoudon  Fortschritt.  In 
zumrameuhUugeuden  Stücken  könne  man  dius  8})rachf^efühl  entwickeln, 
aus  den  Einzelsätzen  die  Formen  ableiten.  Schließlich  wünscht  auch  er 
die  Streichung  der  Worte  „mehr  als  bisher''.  Was  den  Inhalt  der  Leae- 
stücke  betreffe,  so  kOnne  man  allerdings  in  der  ersten  Stufe  aus  dem  Alter- 
thnme  solche  wählen,  die  mit  den  Anschaanngen  der  Gt^nwart  über* 
einstimmten,  w&hrend  die  Verschiedenhdten  erst  in  der  «weiten  Stufe  snr 
Anwendung  kftmen. 

Nachdem  noch  Prof.  Brftunl  (Aman)  nnd  Prof.  Sohickinger 
(Nikolfiburg)  über  eine  stilistische  Änderung  einer  der  Thesen  sich  aus- 
ge«<prochen  haben,  stellt  Prof.  Dr.  Kohm  (Wien)  Antrag  auf  Schlass  der 
Debatte.  (Angenommen.) 

Heferent  Prof.  Dr.  rrrkrnann  entgegnet  auf  difi  gesjen  ilin  vor- 
gebrachten Bedenken  und  hält  seine  vorgetragene  Anschauung  autrecht. 
"Et  Tenichtet  auf  eine  Abstimmung  über  seine  Thesen,  behant  jedoch  auf 
seinem  Yoruhlage,  es  möge  an  die  hohe  Regierung  die  Bitte  gestellt 
werden,  dass  versuchsweise  die  Einführung  der  genetischen  Methode  einigen 
Lehrern  gestattet  werde. 

Landes-Schulinqaector  Dr.  Tumlirz  halt  dies  für  gegenstandslos,  da 
es  ja  jedermann  unbenommen  bleibe,  mit  einem  derartigen  Ansuchen  an 
die  Re<7ierung  heranzutreten.  Darauf  steht  Prof.  Dr.  Perkmann  auch  von 
diesem  Wunsche  ab. 

Hierauf  wird  die  V^ersammlung  geschlossen. 

Um  G  Uhr  abends  versammelte  Prof.  Dr.  A.  Primozic  eine  große 
Ansahl  Theilnehmer  im  Festsaale  der  BQigersehnle  (Zedlitsgasse  9)  eu  einer 
interessante  Skioptik onrorstellung. 

Zunächst  verweist  der  Vortragende  auf  seinen  diesbesQglichen  Vor^ 

trag  beim  letzten  Mittelschul  tage  (1894)  und  auf  seinen  Aufsatz  im  dritten 
Hefte  der  „Zeitschrift  für  r  tprr  ichische  Gymnasien"  1897,  S.  193  ft..  „Das 
Skioptikon  als  Lehrmittel  au  Mittrlschnlen",  in  wclehom  er  über  die  Be- 
deutung des  Projicierens  für  dvn  .Mittel.-chnlnnterricht  nnd  tiie  dabei  in 
Betracht  kommenden  Fraj^'cn  mehr  oder  weniger  ausführlich  gesprochen, 
weshalb  er  sich  darauf  beschränken  wolle,  zur  praktischen  Beleuchtung 
des  dort  Ausgeführten  einige  Proben  vorzuführen,  und  zwar  mittelst  ver- 
schiedener Lampen,  damit  man  sich  mit  eigenen  Augen  von  den  Effecten 


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Miacelien. 


255 


der  einzelnen  Lichtquellen  übeneugen  kSnne.  Einen  yollständigen  Qykln» 
von  Bitdern  ans  irgend  einer  DiBcipIin  kCnne  er  deebalb  nicht  vorführen, 
weil  die  TOn  ihm  vorgetchlagenen  CoUeetiottett  von  Diaponttven  noch 
nicht  fertiggeebellt  seien;  dies  hänge  nämlich  von  einer  hinreichenden 
Anmeldung  zur  Abnahme  jener  in  Aussicht  genommenen  Giumlstucke 
seitens  der  Schulen  ab.  Dafür  aber  wolle  er  Muster  an«'  der  Mehrzahl  der 
Mittelschnldi?ciplinen  vorführen;  denn  gjel»e  fH>^f  keinen  Ges^enstanrl.  in 
dem  nicht  die  Anscli  iiinni,'  liurch  Vorführung  geeigneter  Bilder  auf  leichte 
Weise  gefördert  werden  iconnc.  Nicht  bloü  der  Fhilolosf,  Historiker,  Geo- 
graph, Naturbistorikcr,  auch  der  Heligionslehrer ,  der  Lehrer  der  Muttcr- 
«prache,  der  Phjiiker  nnd  Chomiker  kOnnen  den  Untenrieht  dnreb  das 
Skioptikon  in  wirkauneter  Weise  beleben  und  intereeaantw  gestalten. 

Im  Verlanfe  Ton  1%  Stunden  nnn  worden  an  80  Bilder  (Slasphoto* 
graphieOt  Mikrophotographien,  Naturpräparute.  chemische  Proeesse,  lebende 
Objecte)  veranschaulicht  und  erläutert,  und  swar  in  folgender  Reihenfolge, 
Aus  dem  Gebiete  der  Keljr^ion  einige  hervorragende  Werke  tler  cliristlichon 
Kunüt  und  Darstellungen  aus  der  bihli<?chen  üeschichte.  niimlidi  die 
Statuen  Christus  von  Thorwaldsen  und  l'ietii  von  Michel  An<relo,  die  Ge- 
mälde Christus»  in  Get^seuiani,  Madonna  von  iiatfael,  der  zwültjaiuige  Jesuj* 
iui  Tempel  und  Christus'  Bergpredigt  von  Dore,  Ansicht  vom  ülberge, 
Panorama  von  Jenualem.  Ans  dem  Gebiete  der  antiken  Mythologie  und 
Alterthumskonde  wurden  einige  von  den  Bildern  mr  Anschauung  gebracht, 
die  der  Vortragende  im  genannten  Aufeatae,  S.  211  ff.,  in  die  archäologische 
Collection  aufgenommen  wissen  will,  und  zwar  Statuen,  Bauten  und  An- 
sichten» die  meisten  von  der  Firma  Lew<-  in  Paris,  aber  auch  solche,  die 
der  Vortragende  selbst  ;iyif»'rtigen  ließ,  durchaus  sehr  «chöne  Exemplare. 
Daran  8chlo*sen  sich  Vorfiiiirun^^en  zur  Illustration  dfr  llaujitstile  (ägyptisch, 
dorisch,  ionisch,  korinthisch,  römisch,  byzantiniscli ,  gothisch,  maurisch. 
Renaissance),  sowohl  Tempel  als  auch  Profanbauten.  Aus  dem  Gebiete  der 
Länder-  und  Völkerkunde  wurden  charakteristische  nnd  typische  Objecto 
snr  Ansdianung  gebracht,  an  denen  die  Schiller  auf  leichteste  Weise  die 
verschiedenen  geographisehea  Begriffe  kennen  lernen  (Bergformen,  Küsten- 
formen,  Flussnfer,  Thäl«,  Pässe,  Riffe,  Fjorde,  Schluchten,  Wasserfälle, 
Katan^te,  Bergseen  u.  s.  w.).  Daretellung  von  einigen  Naturerscheinungen  in 
natflrlichem  Colorit:  Wassertrombe,  Protuberanzen,  vulcanische  Eruptionen, 
der  große  Mondkrater,  Mondphasen.  Anj^ereiht  wnrdf^  ein  sehr  interessanter 
Plan  des  Alpeniibcrgange«^  des  Hannibal  über  den  ("haberton  beim  Mnnt 
Ginevre.  Es  folgten  Vorfiihi'imgen  ans  der  Naturgeschichte,  nnd  zwar 
folgende  Mikrophotographien:  iiienenxunge,  Bienenjitaehel ,  ispiunenfuß, 
Trachäen  der  Seidenraupe.  Claviceps^  Pucinia  graminis,  Querschnitt  des 
Famkrauts;  femer  (kmUna  virghUana^  Emphyllia  rugosa,  DDnnschliffe 
des  Granits  nnd  GarianunarmorB,  Abdruck  eines  Farnkrauts  in  Gestein. 
Sehr  interessant  war  die  Projection  von  ein  paar  NatnrpiAparaten:  Ahornblatt 
mit  abgekratzter  Epidermis,  mehrere  Flügel  von  Hautfliiglern.  Heiterkeit 
erregte  die  Protection  von  Sumpfwasser  mit  lebenden  Infusorien.  Larven. 
Wasserkäfern  nnd  anderen  hernmschwimmpn<len  Sumpfthierehen.  Indem 
das  Ohjectiv  durch  einen  miki-osko]>is(  lu-n  Ansatz  erset/,1  wurde,  konnten 
einige  niikrosko)iisclie  Vorfiihrung-'n  angeschloasen  werden:  Auge  und  Fub 
einer  Fliege,  Spinnenfuß,  Floh,  Wechseltieberbacillus.  Zum  Schlüsse  wur- 


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256 


Miäcellen. 


den  noeh  einige  ehemiadie  Vemche  projidert:  Entwieklnng  der  Kohlen* 

^ure,  Mischung  der  drei  Grandfarben,  Entstehung  und  Lagerung  vonSalaen 
und  Krystallen,  letzteres  besonders  wirkungsvoll. 

Die  Auswahl  der  OJjjecte  war  allseiti«^  durclv^ncht .  reichhaltig  und 
instruotiv.  die  projicierten  Bilder  pffectvoU  und  brillant.  \vi<'  sie  nur  gute 
Diaiiositive  liefern  ktinnen.  und  daher  das  Interesse  der  «ihr  zahlreich 
Anwesenden  bis  zum  »Schlüsse  uuhaltend. 

Nachdem  die  Vorführung  mittelst  der  elektriichen  Bogenlampe  zu  E^de 
war,  wurden  die  anderen  Liehtqaellen:  Petroleumgasglahlicht,  Lenehtgaa- 
glflklicht.  Ligroinglühlicht  und  Acetjlen  TOfgefithrt,  wobei  sich  henras- 
aiellte,  das«  dem  elehtriachen  Lichte,  was  Litensität  anlangt«  daa  Acetylcn- 
licht  zunächst  kommt  —  freilich  ist  auch  seine  Lichtstilrke  viel  geringer, 
dann  Ligroin,  dann  Gas  und  zuletzt  Petroleum.  Wie  nur  gute  Diapositive 
vom  Vortrafrenden  empfohlen  wurden,  so  -Aurh  "nur  s^üte  Lichtquellen, 
zuminde<:t  mit  der  Intensität  des  Lirjroins.  l>er  Vorzug  nach  dem  elektri- 
schen Lichte  wuulo  jedoch  dem  Acetyien  eingeräumt,  nachdem  es  jetzt  eine 
explosionssichere  Lampe  dafür  gibt. 

Reielier  Beifall  lohnte  ^e  Demonstrationen  und  Auafllhrungen  des 
Vortragenden. 

Abends  8  Uhr  fand  im  Saale  des  Restaurants  ,,Kaiserhof*  (nächst  dem 
Bathhause)  zu  Ehren  des  Mittelschultnges  em  Festcommers  statt.  Nach 
Ab^inirun?  des  G-.iudeamus  brachte  Regierungsrath  Dir.  A.  La m berger 
einen  lie-zeistert  aufgenommenen  Toast  auf  Se.  Majestät  den  Kaiser 
aus.  ilir  Gcsclmftsführerstellvertreter  Prof.  Dr.  E.  Maiß  toastierte  auf 
Se.  Excellenz  den  Herrn  Minister  für  Cultus  und  Unterricht  Dr.  Freiherrn 
7.  Gantsch,  Herr  Dir.  Klekler  erhob  sein  Gks  auf  die  Gäste  und  Herr 
Landes-Sehnlinspector  Dr.  V.  Langhaus  erwiderte  mit  einem  Trintcspraehe 
auf  Wien.  Nachdem  noch  einige  Lieder  gesungen  waren,  wurde  unter  dem 
Commando  des  Herrn  Landes-Schulinspeetors  Dr.  K,  Tumlira  ein  Traner- 
»lamander  gerieben  auf  die  Manen  der  Hofräthe  A.  Lang  und  Dr.  J.  Kolbe, 
deren  Verdienste  um  das  Schulwesen  »md  deren  Interesse  filr  die  Mittel- 
«chnltage  in  einigen  erp^reifenden  einleitenden  Worten  h error f^ehoV>en  worden 
waren.  Nach  einer  l'ausc  sjirachen  noch  unter  anderen  Prof.  Spengler 
(Prag)  auf  die  Cnlleuialit.it  und  Dir.  Dr.  Swida  auf  die  Frauen.  —  Mit 
weiteren  Liedern  wechselten  endlich  noch  einige  dem  Mittelachultage  ge- 
widmete humoristische  Dichtungen,  die  Ton  Prof.  Tka5  und  Prof.  Ginzel 
wirksam  vorgetragen  aur  Erheiterung  der  Versammelten  beitrugen.  Erst 
nach  3Aittemaeht  endete  diese  der  Geselligkeit  gewidmete  Sitzung. 


Z'weiteT  'V^erlia n <ilii n gstag. 
(Dienstage  13.  April.) 

Der  sweite  Verhandlungstag  begann  um  S  Uhr  morgens  mit  Sections- 
Sitzungen. 

XXlstozlsclL-geogxa.plilsielie  S«ctloA. 
Vorsitzender:  P^f.  Dr.  Oskar  Gratsy  (Laibach). 
Unter  den  Anwesenden  befindet  sich  Hofrath  Dr.  M.  R.  Wretschko. 


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257 


Prof.  Klar  (Wiener^Neutadt)  b^innt  §emen  Vortrag: 
,»Dlo  rftumllche  DmteUiiiig  Ytm  Umdkarten*' 

illustriert  durch  zahlreiche  Modelle  und  fidMu  (Der  Vortrag  wird  io 
eiaem  späteren  Hefte  dieser  Zeitschrift  erscheinen.) 

Im  Anschlüsse  an  den  Vortraj^f  schlüj^t  Referont  folgende  TIimpu  vor: 

1.  In  ErwJijjung.  dii^a  wir  bisher  noch  iiniuer  eint-r  iiuf  ikn-  Höiie  der 
Wissen  sei  Kl  11  stehenden  und  in  künstleri.MrJier  Hin^^icht  wusterg'iltigen 
Schulwandkarle  von  Ödterreich-Lugarn,  auch  aller  im  mnigen  Zusanimen- 
haage  damit  etehendeB  Nebenkarten  entbebiwik; 

8.  in  Erwägung,  daai  sar  ^f&bnmg  des  Scbfilers  in  das  Verständnis 
der  Specialkarten  die  entsprechenden  Bamngsstalien,  also  speciell  Belieb 
unbedingt  nOthig  sind,  wir  jedoch  keine  geordnete  Sammlung  von  solchen 
den  Anforderungen  der  Jetztzeit  entsprechenden  Schulreliefs  besitzen: 

Möge  der  Mittelschultug  beschließen,  einem  dreigliedrigen  Auh- 
8chus<^  <lie  Durchführung  dieser  in  den  Theaen  erwähnten  Ar- 
beiten £11  übertragen  und  behufs  intensiver  Durehfi^bninj?  dieseui 
Au8schui&>e  den  Auftrag  zu  crtheiien«  innige  Fühlung  mit  den  mabgebenden 
Factoren  zu  nehmen. 

Der  Vortragende  weist  nnn  daranf  bin,  dass  in  der  Schweis  eine 
TOrsfiglicbe  Scbulwandkarte  der  Schweiz  gratis  vom  Staate  beigestellt 
werde.  —  Dem  Vortrage  folgt  lebhafter  Beilall,  worauf  der  Vorsitieade  dem 
Referenten  den  Dunk  aasspricht.  Wegen  der  schon  xnsehr  vorgeschrittenen 
Zeit  verzichtet  die  Veraammlunf?  a\if  eine  Debatte. 

Nacli  dem  Vorschlapje  F'rof.  Klar>i  soll  dei-  Au>schn??s  am  Prof.  Klar 
!^elbst,  au«  Prof.  Lanner  (Olroütz)  und  Frof.  Dr.  Lechuer  (Kremsier)  be- 
stehen. 

Sowohl  die  Thesen  als  auch  dieser  Vorschlag  werden  einstimmig  an- 
genommen. 

ITsituxwl  ■■•Ti  wrh  «  ffl  1  rh  e  S«etlo3&. 

VoTsitaender:  Sdinlrath  Dr.  K.  Sch  wippe  1.  Gegenstand  der  Ver- 

hiinillun^  ist  das  Referat  von  Prof.  H.  Lanner  (Olmütz): 

,»Die  Ferlalrelsestipendien  und  unser  Küstenland  als  naturMBtO- 

risches  und  geographisches  Excursionsgebiet'*, 
welches  in  einem  der  nächsten  Uefto  dieser  Zeitschrift  zur  Veröffentlichung 
gelangen  wird. 

Kachdem  der  Vorsitzendö  dem  Hefereuttin  den  Dank  der  Sectio»  aus- 
gesprochen hatte,  entspann  sich  eine  längere  Debatte  über  die  Gegenstände 
des  Referates. 

Prof.  Dr.  F.  NoC  (Wien)  b&lt  dafür,  dass  sor  Herstellnng  eines  ge- 
eigneten Reisehandbuches  et  nicht  genüge,  die  Mittelschnlprofessoren  allein 
heranzuziehen,  es  mllssten  weiter«*  Kreise  dafOr  interessiert  werden.  Er 
furchtet  übrigens,  dass  dasselbe  überhaupt  zu  umfangreich  werden  nuis.<ie. 
Redner  meint  ferner,  es  müsse  dahin  p^estr^bt  werden.  Stipendien  nicht 
bloß  l'iir  Ferienreisen  zu  erlangen,  sundern  für  Reisen  aucli  zu  anderen 
Jahreszeiten,  da  z.  B.  der  Süden  im  Hochsoinnier  wohl  kauiu  bereishar  sei. 
Was  das  Reiseziel  betnlU,  so  müs-e  bemerkt  werden,  dass  für  die  Mittel- 
sefaollehrer  die  loologische  Station  in  Triest  bisher  nichts  geleistet  habe, 
wohl  aber  die  in  Neapel. 


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258 


Miscellen. 


Prof.  D.  Günter  (Teschen)  «timmt  dem  Vorredner  bezüglich  der 
Roidezeit  bei,  worauf  Prof.  A.  Vieltorf  (Prag)  darauf  hinweist,  dass  der 
Referent,  indem  er  in  seiner  These  „vorwiegend  in  den  Ferien"  sagt, 
ohnedies  auch  andoro  Rei^etermine  ins  Auge  gefasst  hnho. 

Prof.  H.  Huber  (Wien)  beantragt,  dass  in  der  These  ü  nach  ,Natur- 
hiatorikern''  noch  eingefügt  werde:  „Cheuiikern  etc.". 

l'iof.  Hei Uberg  (Wien)  unterstützt  die  Ausiührungen  des  Referenten 
betreffs  Schritten,  die  soologiaehe  Station  in  Trieet  den  Mittelechniprofee- 
«oren,  dann  aber. auch  dem  Pablicuni  tug&nglich,  sowie  dieselbe  dem 
Unterrichte  als  Quelle  von  guten  Demonatiationamaterialien  dienstbar  zu 
machen.  Er  1)oantragt,  ein  Görnitz  zu  diesem  Zwecke  zu  wählen. 

Prof.  Huber  fügt  noch  hinzu,  es  sollte  im  schlimmsten  Falle  den 
Triester  CoUegen  der  Zutritt  zur  Station  eröftnet  werden. 

Von  den  J  hescn  des  Hcierenten  wurden  1.  2.  4.  »5  ani^euommen, 
letztere  mit  Huhors  Zu-atz,  5  soll  bloß  als  Wunsch  ausgedrückt,  aber 
lallen  gelassen  werden.  In  das  Comitü  zur  weiteren  Verfolgung  der  An- 
gelegenheit wurden  gewählt  die  Proff.  Heilabc  ig.  Huber,  Lanner 
(Olmatz),  No6  and  Sotla  (Triest). 

Zweite  VoUversauimluug. 
(Beginn:  9  Uhr  60  Hinuten  vormittags.) 
Vorsitzender:  Regierungsrath  La m berger. 

Vorsitzender;  Ich  eiüüne  die  heutii^e  Vprsauinrlunt;  und  ertheile 
zunäch&t  zum  Zwecke  einer  Mittbeilung  dem  Herru  Gej^chültstülirer-Stell* 
Vertreter  Prof.  Dr.  Haiß  das  Wort. 

OeschiflsfQhrerstellTertreter  Prof.  Dr.  Haiß:  Ich  habe,  soweit  es 
naeh  den  gestrigen  Protokollen  mSg^ich  war,  eiae  vorlänfige  kleine  Statistik 
der  Theilnehmer  zusammengestellt;  die  endgiltige  Statistik  wird  mit  dem 
Berichte  ver&ä'entlicbt  werden.  Ich  kann  aber  schon  jetzt  mit  Befriedigung 
oonstatieren,  da.ss  Hilmmtliche  Kronländer  ü-^terreichs  sich  an  dem  Taj^e 
betheiligen.  (Reifall.)  Von  auswärtigen  Mitgliedern  waren  hin  gestern 
abends  1^5  erschienen,  durch  welche  60  Städte  vt-rtreteu  waren. 

Vorsi tzeutier:  Dem  gestrigen  Beschlus.se  gemäb  gelangen  wir  nun- 
mehr zu  dem  Referate  des  Herrn  Prof.  Dr.  Polaschek: 

«Reform  der  Lehramtsprafung  fttr  Candldaten  des  Mlttelsehulo 

letaramtes"  (vgl.  S.  146). 

Nach  dem  Referate  ergreift  zunächst  das  Wort 

Hofrath  Prof.  Dr.  Schi]»i<er:  Hochgeehrte  Versammlung I  Ich  bitte, 
03  mir  nicht  als  Aufdringlichkeit  au.slegen  zu  wollen,  dass  ich  mir  sofort 
nach  dem  Herrn  Antrnp'-iteller  das  Wort  in  die.«*'r  hnclnvichtii^.-n  Frafre 
t^rbeieu  habe.  Nurh  mehr  würde  ich  es  bedauern,  wenn  bie  nach  ineinen 
.Ausführungen  etwa  die  Empfindung  hrittm,  du«s  ich  beal  siehti-^'t»'.  rine 
objective  Discussion  dieser  Gegenstände  hier  irgendwie  hinderlich  zu  be- 
einflussen. Das  liegt  mir  voUständig  ferne.  Lediglich  der  etwas  langsam« 
Verlauf  der  gestrigen  Verhandlungen  lüsst  es  mir  zweckmäßig  erscheinen, 
dass  die  Versammlung  von  der  Stellung  Kenntnis  erhalte«  die  eine  andere 
Ktirperschaft,  die  ja  auch  in  dieser  Frage  mitzureden  berufen  ist,  dieser 


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Misceüen. 


Frage  j(«genflber  «innimint,  nämlieh  di«  wiaaeiuchaftliclie  Prafongi- 
coiniaisaioii.  Und  da  glaube  ich  mn&chst  constatieren  za  sollen,  und  ich 
"rlaube,  dm  ich  hier  im  Namen  aller  Mitglieder,  jedenfalls  der  Wiener 
Prüfungscommission  reden  darf  und  wohl  auch  im  Namen  des  verehrten 
Vorsitzenden  derselben,  dt  s  Horm  Hofrathes  Sc  henk  l,  dass  wir  mit 
Kr.'uden  begrüßen,  unsere  Be*tr>>bun2-en  nach  Vereinfachnnj;  der  Priitungs- 
vorsi  lii  iften,  die  wir  ja,  wie  Hie  vorhin  gehört  haben,  schon  vor  einigen 
Monaten  eingeleitet  haben,  durch  die  Verhandlungen  ded  Mittelschultages 
in  boifentlieh  wirknngsToUer  Weine  atttentOtst  m  ttSußn,  (Bei&n.) 

Einer  Anregung  de«  hohen  Unterrichtsminitterinnis  Folge  leistend, 
haben  wir  nnt»  wie  gesagt,  vor  einigen  Monaten  in  eingehenden  Plenar> 
nnd  Seetionsberathungen  sun&chst  mit  der  Frage  beschäftigt,  wie  dem  in 
verschiedenen  für  das  Mittelschulamt  nOthigen  Disciplinen  hervortrotf>nden 
Lehrermangel  abzuhelfen  sei;  naturgemäß  sind  wir  dann  alsbald  zu  der 
weiteren  Frage  fjolangt:  welche  Moditicationen  der  gegenwärtier  bßstohotulen 
Prütuni^svorschrilten  sind  nothwendig,  um  dem  MitteUchulamte  größere 
Anziehungskraft  zu  verleihen?  Bei  der  Besprechung  der  ersten  allgemeinen 
Frage  hinsichtlich  des  Lehrermangels  ist  auch  in  uni^eren  Kreisen  sofort 
die  Ansicht  laut  geworden  —  und  sie  ist  ebenüslls  in  nachdrUcklicher 
W^se  sur  Kenntnis  des  hoben  Ministeriams  gelangt  — ,  dass  die  entte  nnd 
hanpMchlicbste  Ursache  in  der  gansen  Stellung  besteht,  die  dem  Mittel- 
echalprofessor  bisher  zugewiesen  worden  ist.  i  Ri  ifall.)  Kein  anderer  Stand 
unter  allen  Staatsbeamten  hat  snnächst,  wie  dies  auch  hier  betont  worden 
ist,  gerinpfcrf  Finn:ihinen.  d  inn  namentlich  geringere  Aussicht  auf  Avance- 
ment, fi'rncr  L'oriii<(('rt'  Aiiwartscluirt  und  Au«f5ii  ht  iiut'  .'ino  Ijphaj^lichere 
und  ruhigere  Existenz  im  vorgerückten  Alter  und,  wie  Sie  auch  heute 
gehört  haben,  geringere  Axissicht  auf  eine  höhere  Lebensdauer.  Wi  hh 
große  Opfer  also  sind  es,  die  der  Stand  der  Mittelschulprofessoren  dem 
Staate  bringt,  nnd  wie  groß  sind  anderseits  die  Leistungen,  die  der  Staat 
Yon  ihm  limlert,  welch  schwere  Wucht  Ton  verantwortlichen  Pflichten  ist 
es,  die  der  Mittelscbnlprofessor  schon  in  verhältnismäßig  jungen  Jahren 
auf  seine  Scbnltern  nehmen  muss!  Ich  glaube,  kühnlich  behaupten  au 
dürfen,  dass  von  keinem  einzigen  Staatsbeamten  ähnlicher  Kategorie  eine 
gleiche  Summe  von  Intellit^cn?.  von  Kenntni?»<«pn  aller  Art,  von  Thatkraft 
und  doch  wieder  von  (iewandtheit  des  Anftrett'iis,  Kuhe  und  Uni«icht  ^e- 
fordert  wird  wie  von  dem  jungen  Mittelschullehrer,  wenu  er  einigermaßen 
den  Anforderungen  seines  Amtes  sich  gewachsen  zeigen  will. 

Daraas  folgt  nun  ja  doch  mit  Nothwendigkeit,  dass  die  Stellung  des 
Mittelschulprofessors  nach  jeder  Hinsicht  so  gewQrdigt  sein  sollte,  dasit  die 
Elite  unserer  geeammten  Studentenschaft  sieh  tn  diesem  idealen  Berufe  hin- 
geiogen  fühlen  konnte.  (Beifall.)  Fragen  wir  aiui,  ob  nach  Durchführung 
der  Gehaltsre^zulierung  thatsäehlich  der  Stand  der  Mittel8chulprofes;<oren 
diese  Anziehungskraft  haben  wird,  —  so  denke  ich,  ist  es  zweckmäßiger, 
dass  wir  in  die  weitere  Erörtenin«?  dieser  Frnpe  hier  niclit  eingehen.  Wir 
wollen  es  vielmehr  freudi*»  bei^TüLvri,  dass  in  der  letxteu  Zeit  ein  Wandel 
zum  iJesseren  geschntlen  woideu  ist.  und  damit  die  Hoiiiiung  verbinden, 
dass  von  jetzt  an  die  Eiuaicht  platzgreiten  und  nicht  wieder  schwinden 
möge,  dass  die  Stellung  der  Staatsbeamten  im  allgemeinen  hinsichtlich 
ihrer  pecnniären  Lage  vor  allen  Dingen  mit  den  sich  vertheuemden 


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260 


Lebensljedinp^iTipen  J^ehritt  bnU«^n  möf^e,  diimit  nicht  etw.i  nach  Verlauf 
von  25. Jahren,  wenn  die  Iwebensverhäi tiiis.se  eich  \uu  das  Dojtpelte  ver- 
theuert  haben,  uiö^'liclierweise  eine  Erhöbung  des  Einkommens  der  Beamten 
um  15  bis  20^  ätattüude.  (Zustimmung.) 

Ich  bitte  um  Veneibung.  dam  ick  mit  diMen  Aoaftthrungen  midi 
Tielleiclit  einer  AbBcbweifaag  Ton  den  uns  hier  in  ertter  Reihe  be- 
schäftigenden Fragen  schuldig  gemacht  habe.  Witeak  Sie  aber  daraus  er^ 
kennen,  djiss  wir  Lehrer  an  den  Hochschulen  das  wärmsto  Interesse  ffir  alle 
Fragen  haben,  die  Sie  betreffen.  (Lebhafter,  andauernder  Bei£»U  und  Hftnde- 
klatschen.)  Wir  fühlen  uns  solidarisch  mit  Ihnen  nicht  nur  in  Fragen  der 
Wissenschaft,  in  Fragen  einer  verbesserten  Organisation  des  L'ntorrichles, 
wir  fühlen  uns  eins  mit  Ihnen  auch  in  allen  Fragen  der  Standesinteressen. 
(Stürmischer  BeifalL)  Wir  werden  stets  freudig  bereit  sein,  mit  Ihueu  über 
diese  Gegenstände  zu  verhandeln,  so  oft  Sie  uns  das  Wort  in  Ihrer  Mitte 
gewähren  wollen. 

Die  Mitglieder  der  Prfifungsoommissionen,  spedell  der  Wiener  PrOfong«' 
commisBi(m,  glauben  diese  Oesinnung  dadurch  bethätigt  sa  haben»  das« 
sie  aus  eigener  Initiative  in  eine  eingehende  Berathung  Über  die  Vor- 
flcbriften  des  gegenwärtig  bestehenden  Prüfungswesens  mit  der  Absicht 
eingegangen  sind,  wesentliche  Erloichtcrnnfjen  desselben  dem  hohen 
Ministerium  anzueniptehlen.  Auch  in  unserer  Mitte  wurde  sofort  die  An- 
sieht laut,  dass  die  ^'ej^enwiirt i^'C  Ausdehnunf^  der  Vorbereit unjjfzeit  fiir 
den  Lehrberuf  eine  viel  ^u  grobe  ist.  Die  Erweiterung  de«  Studiums  vou 
drei  auf  vier  Jahre,  dann  die  Anascheidung  des  Jahres  ftir  den  Militär^ 
dienst,  dann,  wie  gans  richtig  bemerkt  worden  ist>  etwa  «wei  Jahre  ftr 
dse  Fertigstellung  der  Hausarbeiten  und  für  die  Prüfungen*  das  macht 
zusammen  sieben  Jahre,  unter  besonders  ungünstigen  persönlichen  Ver- 
hältnissen noch  mehr,  so  da.<4s  man  an  30  Jahre  und  darüber  alt  wird, 
bevor  man  die  Anwartsrhaft  auf  eine  immerhin  kärgliche  Besoldung  er- 
Inns^t.  Das  ist  zuviel,  und  es  ist  nicht  /u  erwarten,  dass  die  jungen  Leute 
sich  dazu  hinge/ogeu  fühlen.  („So  ist  esl") 

Es  fragte  sich  nun:  Wo  ist  der  Hebel  aazu-setzen?  Eine  Keduction 
der  vierjährigen  Studienzeit  auf  drei  Jahre  ist,  wie  schon  gestern  bemerkt 
wurde,  ohne  ScUldigung  des  wissenschaftlichen  Zweckes  nicht  mSglich. 
Die  Wiedereinbeaehung  des  Militäijahres  in  die  Studienzeit  liegt  gleich- 
falls  nicht  in  unseren  Wflnschen,  denn  das  Jahr  ist  ohnedies  fttr  die  Studien 
verloren;  es  liegt  auch  kaum  in  unserer  Macht.  Die  einsige  Möglichkeit 
also,  Wandel  zum  Besseren  zu  schatten,  liegt  in  einer  zweckmäßigeren 
Benüt7,nn<?  der  Vr»r!»erpituug8zeit  für  die  Prüfungen.  Und  nach  dieser 
Richtung  hin  haben  nun  die  Prüfunf^scommissionen  —  ich  glaul^e  siif^en 
zu  dürfen:  alle,  obwohl  ich  nicht  nälier  darüber  orientiert  bin,  aber  ich  iialte 
dies  für  im  höchüteu  ürade  wahrscheinlich  —  dem  Ministerium  Vorschläge 
unterbreitet.  Ich  kann  da  zunächst  constatieren  —  und  es  wäre  vielleidit 
zweckmäßig  f^ir  den  Verlauf  der  gestrigen  Verhandlongen  gewesen,  wenn 
dies  gestern  schon  bekannt  geworden  wäre  daas  wenigstens  die  Wiener 
Prüfongscommission  einstimmig,  also  mit  Inbegriff  der  Vertreter  der  philo- 
sophischen Disciplinen,  beschlossen  hat,  dem  hohen  Ministerium  die  Ab- 
si  hatFung  der  pädagogisch-didaktischen  Hausarbeit  zu  empfehlen.  (Beifall.) 
Die  PrUfangscomniiasionen  haben  femer  dem  Ministerium  wesentliche  Kr- 


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Miscellen. 


261 


leicht«rangen  empfohlea,  und  xwar  xanftcliit  die  Milglichkeit  für  die 

Candidaten,  die  Thonata  schon  zum  Schlüsse  des  siebenten  Semesten 
stellt  zu  bekommen,  also  ein  Vorschlag,  der  über  das  heute  Vernommene 
noch  hinausgeht.  Weitor  hat  wenigj»tens  die  "Wienor  Prüfunpsfcommission 
vorgeschlagen,  nach  AbschaÜun^  ih^r  pädrtj^ogisch-<li<laktisehon  Hau'ur^ei* 
zwar  nicht  eine  weitere  Rednction,  wolil  aber,  an  die  bet<teiien(Jeu  \'er- 
hältnit»)je  anknüpfend,  eine  zweckmäbigere  Verwendung  der  Studienzeit 
für  die  Bansarbeiten,  nnd  swar  in  der  Weise  eintreten  zu  laasen,  daas  die 
Seminararbeit  in  die  Hansarbeiten  mit  einbeoogen  wird.  (Beifall.) 

Es  ist  also  der  Vonchlag  gemacht  worden,  dass  die  beiden  schrtlt- 
lichen  Hausarbeiten  beizubehalten  seien,  dass  aber  die  eine  schriftliebe 
Hausarbeit  ersetst  werden  könne  entwoder  durch  eine  von  dem  betreffen- 
den rrüfnngscommissilr  als  Äquivalent  för  eine  Hausarbeit  angesehene, 
im  letzten  Semester  gelieferte  umfangreichere  wissenschafHiehe  Seminar*- 
arbeit  oder  durch  eine  etwa  schon  in  einer  wissenschaftlichen  Zeitschrift 
gedruckt  vorliegende  Arbeit  des  Candidaten  oder  durch  eine  Doctordisser- 
taiion.  Die  andere  Hausarbeit  dagegen  ist  zu  liefern.  Ja,  eine  Anzahl  von 
Mitgliedern  muerer  PrOftingscomnission  nnd  ich  gehörte  selbst  dam 
war  der  Ansicht»  dass,  fidls  bereits  eine  Doctoidissertaition  oder  eine  ihr  gleich- 
wertige gedmckte  wissensebaftlicbe  Abbandlnng  ▼orliqpei  diese  Ar  die 
eine  Hansarbeit  ausreichen  imd  die  andere  dnrch  eine  eben  charakterisierte 
Seminararbeit  ersetzt  werden  mOge,  nnd  swar  aus  dem  Grunde,  weil  sonst 
tnr  jene  Candidaten,  die  znerst  zn  promovieren  gedenken,  die  Erleichterung 
keine  erhebliche  .viire.  Diese  hatten  ja  dann  doch  zunächst  ein*^  Dis>ierta- 
tion,  femer  eine  wi.-isenschnftliche  Hausarbeit  zu  machen,  also  tliat.siichlich 
zwei  größere  Hausarbeiten,  und  der  Zeitgewinn  wäre  für  sie  kein  beträcht- 
licher: sie  würden  nämlich  denjenigen  Candidaten  gegenüber,  die  nicht 
promOTieren  woll^,  in  einem  gewissen  Nacbtheile  dastehen.  Außerdem 
hätte  dies  wohl  xor  Folge,  dass  die  Doetoratsprflftmgen  an  den  Universi- 
täten abndimen  wOrden,  was  gewiss  im  Interesse  der  Candidaten  nicht  tn 
wünschen  wäre;  jeder  Candidat  wird  Wert  legen  auf  diese  Signatur  des  aka- 
demisch gebildeten  Mannes,  zumal  sie  solchen,  die  in  Universitätsstädte 
leben,  die  Möglichkeit  gewährt,  auch  die  akadtMiiische  r.irric're  einzti^chlaf^-en. 

Dieae  beiden  Anträfje.  die  ich  soeben  cliaraktensiert  habe,  sind  selt)st- 
verständlich  nur  als  Vorschläge  —  etwas  anch'res  haben  wir  ja  nicht  zu 
thun  —  zur  Kenntnis  den  hohen  MinisteriuniH  gelangt.  Das  sind  also  die 
Vorschläge,  die  von  Seite  der  wissenacbaftUchen  Prüfungscommiasionen,  zu- 
nächst Ton  derjenigen  in  Wien,  snr  Vereinfochnng  der  PrOfungsroischriften 
gemacht  worden  and,  nnd  wenn  diese  Vorsohlige  gans  oder  ancb  nnr  sum 
größeren  Theile  durchgeben  sollten,  so  glanbe  ich,  ist  damit  den  WOnschen 
vieler  der  hier  anwesenden  Herren  entsprochen.  Es  scheint  mir  thatsäch- 
lich  kein  anderer  Wej^  mot^'lich  zu  «ein,  um  eine  erhebliche  Vereinfachung 
der  PrOfunfTSVor^^chriften  licrljeizufiihren,  als  eine  «solche  innige  Verbindung 
der  Frütunf,'scommis^ionen  mit  den  Setninarlcitern. 

En  i-it  ja  zweifellos  wüüücheuswort.  dass  der  Früfungscommissär  Uni- 
versitätsprofessor  und  namentlich,  das»  er  Leiter  eines  Seminares  ist;  denn 
als  solcher  hat  er  ja  durch  mehrere  Jahre  hindurch  die  beste  Gelegenheit, 
die  jungen  Leute  in  viel  intimerer  Weise  in  ihren  Leistungen  kennen  «n 
lernen,  als  es  Mher  der  Fall  war,  wo  noch  keine  Seminare  in  der  gegen- 

„ötterr.  Mitteiiclialc".  XI.  Jahrg.  18 


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262 


Miscellen. 


wältigen  Einrichtanj;  bestanden.  Und  wenn  es  f^ewias  eine  Nothwendig- 
keit  ist,  das»  recht  und  gerecht  vorg'^ü^anixen  werde,  so  liegt,  glaube  ich, 
wenn  man  uns  den  guten  Willen  zuge?itehea  will  —  und  ich  hoffe,  an 
di^em  wird  man  doch  nicht  zweifeln  —  eben  in  der  Thataache,  da^  der 
Seminarleitec  auch  der  spätere  Prilfungscommiasär  ist,  die  beste  Gewähr 
&x  eine  gerechte  Bearfiheilung  der  CmiclidateB. 

Wenn  8ie  nan»  meine  Herren,  im  großen  nnd  gooMn  hiemit  ein- 
▼entaiiden  aetn  tollten  nnd  in  diesen  Vomeblftgen  der  PrOfiingacomBundonen 
eine  weeentHclie  Wendung  zum  Besseren  erkennen  können,  no  glaube  ich, 
^  Ihrer  Erwägung  ruhig  anheimsteilen  ztt  können,  ob  Sie  es  für  «weck- 
mäßig  halten,  durch  Ein^^'tzung  einer  so  camplicierten  und  in  der  ganzen 
Organisation  doch  zu  mancherlei  Bedenken  Anla«  gebenden  Coinmission 
diese  gan^e  Action,  die  ao  dringend  noth wendig  iat,  norh  weiter  hinaus- 
zuschieben, oder  ob  Öie  es  tür  zweckmäGiger  erachten  würden,  daäc>  der 
Mittelachttitag  eine  BoMlution  in  dem  Sinne  baK^ieße,  dam  «  es  f&r  an- 
gememen  hUt,  die  Actiont  die  jetit  schon  tob  den  PraftmgMommi«ioneii 
eingeleitet  worden  iot,  in  wirktamer  Weise  dnreh  sein  Votnm  sa  anter- 
st&tsen.  (Lebhafter  Beifall  und  fiändeUatochen.) 

Vorsitzender:  Auch  ich  glaube,  meine  Herren,  dass  wir  mit  Rück- 
siebt  auf  die  so  wertvollen  und  interessanten  Mittheilungen  des  Herrn 
Hofrathes  Dr.  Schipper  unsere  Debatte  aber  diesen  Gegenstand  bedeutend 
abkürzen  könnten. 

lieichHrathsabgeoi Jueter  Prof.  Dr.  Pommer:  Ich  werde  mich  be- 
mühen, mögiichät  kurz  zu  sein,  um  den  Unwillen  det»  Herrn  Vorsitzenden, 
den  ich  ja  begreife,  nicht  beraumofordem.  Ich  Imt  hocherfreut  Aber  die 
Worte» .die  wir  soeben  gehffrt  haben,  mit  einmger  Ausnahme  der  Schlnss* 
Wendung.  Ich  Üb  B&mlieh  in  der  That  der  Aasioht,  dam  es  gar  nicht  schaden 
wird*  wenn  diese  Angelegenheit  nicht  einseitig  bloß  von  den  Vertretern 
der  WisieBSchaftf  sondeni  anch  von  Vertretern  der  Praxia  in  einer  Com- 
mission  besprochen  werden  wird.  Ich  bin  deshalb  für  den  Vorschlu}?  des 
Herrn  Referenten  und  iui»be  nur  noch  einige  wenige  Bemerkungen  dazu 
zu  machen. 

Die  Dienstuniform,  die  man  un**  beschert  hat,  hat  wohl  wenigen  eine 
Freude,  aber  allen  bedeutende  Aualagen  bereitet,  wäre  zu  wünschen, 
dam  diese  Dienstunifonn  entweder  abgesehaSt  wird  oder  doch  wirklieh  den 
Charakter  einer  DienstuBiform  erhUt,  aftmlich  im  Dieaste  anch  getragoB 
werden  darf.  Denn  dieser  luau  a  wm  iuemdo  (Heiterkeit  nnd  Zustimmung) 
ist  doch  SU  soaderbar:  von  einer  DieBstnaiform  ni  sprechen,  die  im  Dienste 
Bicht  getragen  werden  darf 

Es  mölken  ferner  die  einschränkenden  Verordnungen  zurückgezogen 
werden,  durch  welche  tier  Nebenerwerb  der  einzehii-n  ir*'bnnden  ist;  sie 
mögen  zurückgezognen  werden,  weil  si^»  das  Hecht  de.- einzelnen  auf  ?]rwerb 
ungebürlich  und  widerrechtlich  beächraukeu,  aber  aucli,  weil  sie  ganz  und 
gar  resultatloa  sein  müssen.  Derjeni^,  der  nicht  nur  auf  einem  Pferde  zu 
reiten  versteht,  sondern  auf  mehreren,  kann  sidi  diesen  Verordnongen  Biit 
Leichtigkeit  eBtsiehen.  Bs  kaBB  xmal  Torgeschrieben  seiB,  man  mOge  an 
einer  Nebeaanstalt  nicht  mehr  als  acht  Stunden  geben  —  die  Stunden, 
die  privatim  ertheilt  werden,  kann  niemand  controlieren ;  wenn  jemand 
von  wissenschaftlichen  Arbeiten  lebt,  so  kann  das  wieder  niemand  con* 


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Miscellen. 


263 


ttoliereD.  Ich  und  loanobe  meiner  Collegen  haben  in  früheren  Zeiten  btt 

zu  30,  d5,  ja  40  fanden  in  der  Woche  gegeben,  um  in  der  Residenz  mit 
einer  zahlreichen  Familie  fiberhaupt  leben  zu  können,  und  keine  Verordnung 
kam  tms  an,  woil  wir  nicht  an  öfTf'ntlicht»  Anstalten  «^esifanjfen  sind.  Ich 
will  den  Mann  nicht  nennen  und  ancii  nicht  näher  bezeichnen,  damit  er 
nicht  erratheu  werde,  der  T:ig  für  Tag  bis  12.  bis  2  Uhr  nachts  wissen- 
schaftlich arbeitet,  um  sich  und  seine  Familie  fortbringen  zu  können.  Da 
nutzen  keine  derartigen  besehrftnkenden  Verordnungen«  da  moas  In  anderer 
ViTene  eingegriffen,  der  Lehrer  an  der  Mitcelachnle  mnm  finanuell  so  ge- 
stellt werden,  da»  er  nicht  mit  Aafoplierang  winer  Gesundheit  som  dgenen 
Schaden,  anm  Schaden  seiner  Familie,  sna  Schaden  des  Unterrichtes  nnd 
des  Staates  förmlich  den  letzten  Blutstropfen  hergeben  mosi,  um  das  nackte 
Leben  zu  fristen.  (Beifall.)  Andere  unterhalten  sich,  indem  sie  Briefmarken 
oder  Hau8thorschlü?sel  sammeln:  ich  habe  ein«»  viVI  ernstere  Sammlung 
angelegt,  ich  sammle  Partezettel  von  Mittelscliullehrern.  Ich  habe  eine 
ganx  bedentendp  Sammlung  aufgehäuft  und  werde  sie  einmal  geeigneten- 
ortä  vorzulegen  mir  erlauben.  Diese  Sumiuiuug  ^^tigt,  dasä  die  Mittel- 
schuUehrer  meist  iin  Alter  Ton  37  bis  40,  mit  45,  hOehstsns  SO  Jahren 
sterben.  Eine  Sammlang  von  Pensionsdecreten  habe  ich  nicht  anlegen 
können;  man  würde  ne  mir  nicht  geben,  aber  idi  kenne  factisch  in  meiner 
gaoaen  langen  Lehneit  nnr  zwei  pensionierte  Mittelschulprofeesoren;  die 
anderen  meiner  Bekannten  haben  wahrscheinlich  früher  dits  Zeitliche  ge* 
segnet.  Die  Arbeit,  die  wir  leisten,  ist  eine  Tielseitige  und  psjchisch  com* 
plicierte  und  de<?halb  eine  so  aufreibende. 

Während  e^  b»»i  jeder  anderen  Arbeit  dem  Arbeit  n  lcn  doch  gestattet 
ist,  für  fünf  Maiut.ii  uulzustehen  und  sich  auszuschuauien ,  ist  dies  bei 
unserer  Arbeit  absolut  nicht  möglich;  iat  nicht  einmal  zwischen  den 
einselnen  Stunden  mOgUch,  da  ja  vielAeh  das  System  der  warmen  ThOr- 
klinke,  wie  man  au  sagen  pflegt,  eingelllhrt  ist  (Beifiül.)  Das  mnss  andern 
werden;  swischea  die  einielnen  Standen  mnss  die  Ar  Lehrer  und  Schiller 
unbedingt  nothwendige  Erholungspause  eingelegt  werden.  Es  genügt  nicht, 
dass  dies  erst  nach  zwei  Stunden  geadliebt  Wenn  jemand  in  der  Schule 
ernsthaft  zwei  Stunden  hintereinander  gearbeitet  hat.  ist  pr  an«*:^pnmpt. 
ißeifuU.)  Er  ist  fertig,  aber  auch  die  Schüler  sind  fertig  und  zu  weiterem 
nicht  mehr  zn  brauchen.  Mau  möge  doch  gestatten,  da.>^s  die  erste  Lehr- 
stunde nicht  t;0  Minuten,  sondern  50,  oder  doch  wenigstens  55  und  die 
zweite  50  Minuten  zahle.  Dann  wird  es  zu  dem  kommen,  was  ich  seiner- 
aeit  bei  einer  (kntsmtn  ?orgeachlagen  habe,  dam  wir  um  10  Uhr  nicht 
eine  10,  sondern  eine  20  oder  S5  Minuten  lange  Ftense  wefden  einlegen 
können.  Dann  wird  es  wemgstens  der  Mühe  lohnen,  die  Kinder  während 
dieser  Pause  auch  in  den  Garten  hinuntenuf&hren:  denn  biiher  ftihrt  man 
sie  hinunter,  und  kaum  sind  sie  unten,  so  mfissen  sie  wieder  xurfick.  Das 
bat  ja  gar  keinen  Sinn.  (ZustimTnung  > 

Wa-s  die  Hausarbeiten  anbelangt,  so  kann  ich  an«?  eigener  Erfahrung 
niittheilen,  das«  sich  in  der  Wahl  des  Gegenstandes  ni'-ht  immer  eine  voU- 
konunen  gluckliche  Hand  bekundet.  Es  wurden  schon  Beispiele  hiefür  an- 
geführt, denen  ich  noch  drei  hinzufügen  möchte.  E3n  junger  Mann  yon 
28  Jahren  hat  das  Thema  bekommen:  „Qrundlegung  und  Kritik  von  Kants 
Kritik  der  reinen  Vernunft".  (Heiterkeit.)  Die  Arbeit  ist  eine  höchst  an- 

18» 


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264 


MitceUen. 


regende  und  lehrreiche,  aber  den  machte  ich  kennen,  der  imstande  ist. 
eine  solche  Arbeit  in  drei  Monaten  zu  machen,  und  den  jungen  Mann 
möchte  ich  kennen,  der  mit  23  Jahren  imstande  i^t,  den  zweiten  Theil 
dimer  Aufgabe  sn  lOsen,  eine  Kritik  voa  Kante  Kritik  der  zeiaev  Venranft 
SQ  ffeben.  Dem  Hanne  bleibt  nicbte  übrig,  als  in  schwindelB  oder  abm* 
acbrdbea.  Eine  andere  Arbeit  i«t  Tor  Jahren  gegeben  worden  —  von  den 
gegenwärtig  gegebenen  rede  ich  nicht  —  ee  waren  ans  dem  Niljeliingen- 
liede  eine  gewisse  Art  von  Dasa-Sätzen  herauszusuchen.  (Heitel keit.)  Höchst 
lehrreich  und  jedentalls  außerordentlich  forderlich  für  das  Studium  des 
BetretfendonI  Ebenso  förderlich  wie  eine  andere  Arbeit,  welche  die  stummen 
e  au»  der  Gudrun  zu  suchen  befahl.  (Heiterkeit.)  Was  man  aus  solchen 
Arbeiten  wie  die  beiden  ietz^enannten  lernen  soll,  diis  möchte  ich  gerne 
wissen. 

Wae  die  p&dagogiscbe  Hannrbeit  anbelangt,  eo  haben  wir  sa  unserer 
Frend«  gehört,  daee  man  steh  endlidi  entachloasem  hat,  sie  abiasduiffen. 
Bieber  hat  der  monstrOee  Oebraoeh  gehermM»  daa»  man  diese  pädagogische 
Hausarbeit  gerade  denjenigen,  die  ^enMge  ihrer  philosophischen  Stndien 

xat'  E^oyTjV  in  der  Lage  gewesen  wären,  sie  zu  liefern,  erlassen  und  von 
den  anderen,  welche  derartige  philosophische  oder  pädagogische  Vontndien 
nicht  gemacht  haben,  gefordert  hat. 

Waü  die  Art  betrifft,  in  welcher  die  Zeugnisse  ausgestellt  zu  werden 
pflegen,  so  wäre  darüber  auch  noch  ein  Wort  zu  bügen.  Ks  herrscht  die 
Gepflogenheit,  über  gute  oder  vorzügliche  Leistungen  kan  hinwegzugehen 
und  ein&cb  sn  schreiben:  Diese  Arbeit  warde  sehr  gut  oder  ausgeaeicbnet 
erledigt.  Punctum.  Nun  sehen  wir  uns  aber  einmal  die  Kritik  deijenigen 
Arbeiten  an,  die  nicht  so  angezeichnet  ausge&Uen  sind.  Da  kenne  ich 
Prfifung8zengnis?;e  —  ich  geniere  mich  nicht  sn  sagen ,  dass  es  bei  einem 
Gegenstände  auch  bei  mir  der  Fall  war  — ,  wo  der  tadelnde  Theil  der 
Kritik  einen  halUon  Bogen  ausmacht,  während  der  Theil,  der  die  lobende 
Kritik  enthält,  wenige  Zeilen  bedeckt,  und  doch  sagt  der  lobende  Theil. 
dadü  diese  Arbeit  vorzüglich  aui^gefailen  sei.  Freilich,  ebensowenig  wie  es 
bei  Sehulbflehem  auf  das  Gewicht  ankommt,  wird  auch  der  Wert  einM 
PrCUTungsMugnisses  nicht  auf  den  ersten  Blick  danach  bemessen  werden 
dSrfen,  wie  viel  Baum  auf  den  taddnden,  wie  viel  auf  den  lobenden  Theil 
entfällt;  aber  es  thut  doch  immer  weh,  wenn  man  sich  denkt:  hat  der 
L^er  so  viele  Worte  fQr  den  Tadel,  warum  hat  er  keine  Worte  fär  das 
Lob  gefunden? 

Bezüglich  unserer  Instructionen  kann  ich  aus  eigener  Erf.ibrung  con- 
«tatieren :  ich  war  immer  ehrlich  und  aufrichtig  bemüht,  zu  thua,  was 
mir  vorgeschrieben  war;  ich  habe  mir  Mühe  gegeben,  diese  Instructionen 
gewissenbaftest  auszuführen  —  es  ist  absolut  unmöglich.  Ich  glaube  auch, 
dass  diejenigen,  welche  diese  Instructionen  geschrieben  haben,  niemals  im- 
stande wibren,  zu  leisten,  was  sie  hier  gefordert  haben.  Ich  habe  es  schon 
einmal  öflfentlich  gesagt:  wenn  man  einen  Galgen  aufrichten  und  den- 
jenigen, welche  diese  Instructionen  ge^hrieben  haben,  sagen  würde,  sie 
müfisten  ein  Jahr  lang  genau  nach  diesen  Instructionen  vorgehen  oder  auf 
dem  Galgen  sterben  —  e-;  würde  ihnen  entschieden  diis  letztere  passieren. 
Es  hat  >i(  Ii  auch  im  Laufe  der  Zeit  herausgestellt,  dass  vieles  davon 
zurückgezogen  werden  niusste.    Es  wäre  aber,  um  .Miss Verständnissen  vor- 


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Miscellen. 


265 


zubeugen,  zu  wüufeclien,  dnss  in  diesen  Instructioiipu  endlich  einmul  ein*« 
klare  Scheidung  vorgenoiumen  würde  zwischen  demjenigen,  was  ala  Ideul 
Mmuehen  ist»  uid  demjenigen»  was  all  Minimom  gefordoi  werden  nrasB. 
Ich  wOrde  eine  neue  Awnabe  der  Initractionen  wflnichen,  in  welcher  das- 
jenige, was  als  Hinimnin  nnbedinj^  gefordert  weiden  mtus«  gesperrt 
gedruckt,  alles  andere  aber  in  gewöhnlichem  Drucke  erscheint.  Es  wurde 
wiederholt  behauptet,  die  Instmetionen  seien  nur  als  Ideal  geraeint,  jeder 
kunne  davon  weglassf'n.  was  er  wolle.  Nach  meinen  Erfahninj»en  diirftp 
mau  aber  diese  Behau ]itnTi^en  nicht  ernat  nehmen,  sonst  könnte  nian  sehr 
leicht  mit  den  Aufsichtsbehörden  in  C'oliision  kommen.  Ich  constatiei  e  nur, 
da»s  diese  Instructionen  eine  koloiwale  überbürdung  der  Lehrer  herbei- 
geführt haben.  Man  hat  in  den  großen  T^esblättern  wohl  lange  Artikel 
Ober  die  Überbfirdang  der  Sehfiler  geleaen,  aber  noch  keinen  über  die 
gans  aaßerordentliche  überbUrdnug  der  Lehrer.  (Beifidl.) 

Es  ist  dann,  und  mit  Reeht,  gesagt  worden:  man  hebe  die  sociale 
Stellang  der  Mittelschollebrer,  dann  wird  es  mit  nn^i  be.s.ser  werden,  dann 
wird  auch  der  Lehrermangel,  der  sich  —  Gott  sei  Dank,  möchte  ich  bei- 
nahe «inpen  —  endlich  eingestellt  hat  (Lebhaftp  Heiterkeit  und  Beifall), 
wieder  verschwinden.  Jetzt  ist  es  in  dieser  B»'ziehung  schlechter,  als  es 
früher  war.  Jetrt  hat  man  die  Eltern  darauf  autnierksam  f?einacht.  da-ss  sie 
jederzeit  an  der  Classitication  der  Professoren  Kritik  üben  kuuueu,  und  ich 
wnndere  midi,  dass  man  ihnen  nkfat  noch  das  Reeht  einrftomt,  in  den 
Privatbatalog  Eänsidit  aa  nehmen:  in  den  officielien  Katalog  dflrfen  sie  es 
ja  jedeiaeit,  da  darf  kein  Striehtein  drttber  oder  dronter  beigesetzt  werden, 
woraus  zu  entnehmen  wäre,  dass  die  Kote  schwächer  oder  besser  ist 
Gott  bewahre,  die  stricte  Nummer  und  snn  t  nichts.  Und  da  nimmt  nun 
so  ein  versierter  Papa  feinen  Hleistift  und  addiert  und  dividiert  durch  die 
Anzahl  der  i'rüfun^'.-acte,  und  dann  ist  er  fertig  und  -ant :  Mein  lieber 
Professor,  mein  Sohn  verdient  ja  das  und  da.«.  Und  der  l'rolessor  hat  dann 
nichts  audereä  zu  thun  als,  was  der  Knabe,  der  über  die  erste  Volksschul- 
classe  hinausgekommen  ist  und  dividieren  gelernt  hat,  zu  leisten  imstande 
ist,  n&mlich  dieses  Rechenexempel  aossaftthren  und  die  Note  und  seinen 
Namen  m  das  Zengnis  einnitragen.  Das  war  jedenfalls  an  weit  gegangen. 

wSre  genug  gewesen,  von  den  Mittelschullehrem  zu  fordern,  dass  sie 
jederzeit  den  Eltern  über  den  Stand  des  Schülers  wahrheitsgetreu  Aus* 
knnft  zu  geben  haben,  wodurch  die  Eltern  angewiesen  worden  wären,  sich 
nicht  auf  den  todten  BuchRtaben  zu  verlassen,  sondern  mit  dem  Lehrer  in 
Contact  zu  treten  und  zu  hören,  was  er  ihnen  sonst  noch  m  sagen  hat. 
^Zustimmung.) 

Diese  Methode  bringt  aber  auch  noch  eine  Unannehmlichkeit  mit  sich. 
£»  wurde  die  Vorschrift  gegeben,  dass  jeder  Sehfiler  in  jedem  Monate 
wenigstens  einmal  geprttft  werden  mnss;  infolge  dessen  kann  sich  der 
SchSler  nicht  nnr  ausrechnen,  was  für  eine  Kote  er  bekommen  wird, 
sondern  auch,  wie  oft  er  darankommen  maai,  und  wenn  er  schon  daran- 
gekommen ist,  dasa  er  nicht  mehr  darankommen  darf,  weil  der  Professor 
die  anderen  nr>ch  nicht  geprüft  hat.  Rechnen  Sie  mit  einer  sehr  über- 
füllten Clause,  in  welcher  ein  Professor  Geschichte  unterrichten  und  prüfen 
soll,  wo  der  Schüler  sich  sivu:en  kann:  .letzt  war  ich  daran,  da  kann  ich 
in  diesem  Monate  nicht  mehr  darankommen  I  Früher  Konnte  der  Professor 


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266 


MiiiceJleu. 


•o  oft  |irfiliB&,  als  er  wollte,  er  konnte  den  GIchfiler  ancb  anftitsen  laiaen, 
flo  daw  derselbe  in  arbeiten  getwnngen  war.  Das  ist  anders  geworden. 
DasB  durch  solche  Maßregeln  die  sociale  Stellung  der  Mittelschullehrer  und 
die  Achtung  vor  ihnen  nicht  gehoben  wurde,  ist  uns  allen  wohl  sehr  klar. 

Motje  OS  mir  noch  j^estattet  sein,  ein  Wort  über  die  Directoren  7-u 
sagen,  od*'!-  eipentlieh  nicht  uhrr  die  I>!rectoren  selbst,  denen  will  ich 
nicht  nahetreten,  ich  habe  auch  ein  andermal  Zeit  darüber  zu  reden  — 
eiondern  über  die  Methode,  Directoren  zu  machen,  die  in  der  jüngsten  Zeit 
eingerissen  ist.  Es  scheint  sich  häufig  darum  zu  handeln,  einen  möglichst 
jungen  und  schneidigen  Mann  daftUr  au  finden;  die  Schneidigkeit  eefaeint 
gegenwftrtag  schwtter  m  wiegen  als  andem  {Adagoglsehe  VorsOge.  Pas 
schOne  Wort,  das  ich  in  dem  Oigaaisationsentwnrfe  gelesen  nnd  an  das  ich 
lange  Jahre  geglaubt  habe,  weil  der  Dürector  an  unserer  Anstalt  es  ex^ 
möglicht  hat,  das»  der  Director  nur  pritnus  inter  pares  zu  sein  habe,  ist, 
wie  viele  Collegen  versichern,  nn  vielen  anderen  Anstalten  keineswegs 
mehr  in  (ieltung,  wenigstens  in  der  Praxis  nicht.  Da«?  i«t  bedauerlich. 

W;us  nun  tiie  finanzielle  Stellung  anbelangt,  so  wünscht»'  ich  nur  da.s 
eine:  eä  möge  uns  so  gut  gehen  wie  in  dem  biLrbariächen  Rusäland.  Ein 
College  von  mir,  slovenischer  Nationalität,  hat  es  seinerzeit  vorgezogen , 
Uiterreich  den  Rücken  m  kehren  nnd  nach  Russland  ausanwandera.  Ich 
habe  den  Mann  nach  20  Jahren  wieder  getroffen;  er  hat  sich  in  einer 
ansgeanchneten  Stellung  in  Kiew  befunden.  Die  4000  Rubel  Gehalt  waren 
ihm  aber  noch  zu  wenig,  er  ist  su  einem  russischen  Fflrsten  gegangen,  und 
es  R-ienj^  ihm  uberschwänglich  gut.  Ich  habe  von  einem  Director  in  Tiflis 
gehört  —  ich  werde  mich  anf  (l;vs  genaue.^-^"  prkundi£;en,  ob  diese  Mit- 
tbeilungen vollkommen  auf  Wahrheit  beruhen  — ,  dass  der  Mann  wie  ein 
Herrscher  in  seinem  Falaste  thront,  dass  er  und  die  übrigen  lu^töiäcben 
Directoren  einen  eigenen  Adininistrntionsbeamten  zur  Seite  haben,  der 
ihnen  die  den  Director  entwürdigenden,  von  sein«i  eigentlichen  Aufgaben 
einfach  absiehenden  kleinlichen  Administrationsarbeiten  abnimmt  nnd 
dafür  selbstverständlich  separat  bezahlt  wird.  Idi  habe  gehört,  dass  in 
Ruaaland  die  Professoren  nur  zu  12  Stunden  verpflichtet  sind,  dass  ihnen 
jede  weitere  Stunde  separat  honoriert  wird,  dass  ihnen  selbst  die  Correcturen 
separat  honoriert  werden  (Heiterkeit)  u.  s.  w.  Ich  habe  gehört,  dass  dieser 
Director  in  Tiflis  10.000  fl.  bezieht  uml  den  Titel  Kvcellenz  fuhrt.  (Leb- 
hafte Heiterkeit.)  Das  wimsche  ich  Ihnen  allen.  (Heiterkeit.  —  Lebhafter, 
anhaltender  Beifall  und  Händeklatschen.) 

Ptof.  Dr.  Sfiß  (Raden):  Geehrte  Versammlung!  Der  Herr  Vortragende 
bat  seinen  Vortrag  selbst  als  anfechtbar  beieichnet;  er  hat  aber  —  wosig- 
stens  habe  ich  diesen  Eindruck  bekommen  —  doch  durch  den  Ton,  sowie 
durch  gewisse,  wenn  aach  sehr  feine  Kraftausdrflcke  xu  verstehen  gegeben, 
dass  er  seiner  Sache  ganz  gewiss  ist.  Ich  möchte  vor  allem  meinen  Beifall 
zu  demjenigen  aussprechen,  was  er  betreffn  der  Schwierit^keit  der  Prilfunj^en 
gesagt  hat.  Wenn  unsere  Prüfungen  an  der  philosophi-ichen  FacultHt  seit 
jeher  aU  die  schwierigsten  bezeichnet  wurden  und  auch  die  schwieiigöten 
waren,  m  ist  nur  zu  wüuächen,  dat^  es  auch  dabei  bleibe.  Wir  haben  uns 
mit  den  Juristen  und  Medicinem  immer  wieder  abgefunden,  es  war  unser 
Stols,  dass  wir  sagen  konnten:  Wir  haben  schwierigere  Prüfungen  machen 
müssen,  ehe  wir  das  wenige  erreicht  haben,  was  wir  geworden  sind.  (Bei&ll). 


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Miaeellea. 


\ oiUtÄtxdi'^  einveri)t4Uideii  bin  ich  damit,  dais  die  materielle  und 
aoeuUe  Stdlung  det  Mittekeballehfitaiidei  gehoben  irenlni  mam,  um  dem 
drohenden  Hnngel  an  Nachwneha  nbsnhelfen.  Darin  aber  möchte  ioh  mir 
doch  ein  Wort  inguniten  des  alten  PrOfnn|{>normalee  erlanben,  dam  naeh 
diesem  alten  Prfifanganormale  die  Mehrzahl  der  Anwesenden  doch  nicht 
•0  ganz  unvorbereitet  und  ohne  praktische  Vorbildung  ine  Lehramt  ein- 
getreten sind.  Dfr  Hauptgrund^atz  des  alten  Prüfungsnormalex  war  doch 
der.  da^<5  an  der  Univt'rsität  zunru-h-it  dio  wi>seniichatlliche  Beftihignng 
naciigewiefefii  werden  mut>j^te  und  man  die  iVasis  nachher  sich  orwarb. 
Daran  nahm  der  Herr  Referent  su  »ehr  An;jtoß.  Mit  diei»er  äußeren  Theiiuug 
war  es  aber  doch  nicht  «o  «chlimm  bestellt;  denn  in  Wirklichkeit  find 
wir  viel  bemer  vorbereitet  an  mueren  Beruf  herangetreten  als  die  jungen 
Juristen  und  Hedidner.  Wir  sind  bereit»  14  Jahre  hmg  auf  den  Schal- 
bftnken  geseaienf  als  wir  an  die  UniTersitftt  kamen.  Haben  wir  wOhrend 
der  Schulzeit  von  der  Volksschale  hin  zur  Maturitätdprflfung  nicht  hin« 
länglich  Erfahrungen  j^esamraelt?  Wir  sind  meist  die  besten  Schüler  5??- 
Wesen:  denn  die  besten  Schüler  sind  es  in  der  Kegel,  die  sich  nach  der 
Matura  dem  Mittelwhiillehramte  i:uweiiden.  Ich  glaube,  das  wäre  hervor- 
zuheVtcn  f^ewesen.  diuss  wir  schon  aus  der  Schulzeit  her  eine  große  Summe 
wirklichei-  i'raxi»  mitbringen,  und  dasa  es  deshalb  nicht  gerade  nothwendig 
ist,  die  Pnuds  auf  dem  umstftndliohen  W^  an  erwerben,  anf  dem  der 
Herr  Referent  sie  erworben  winen  will.  Ich  mOchte  aoeh  das  ideale 
Moment  bei  der  Walil  unseres  Berufes  nicht  unterschJttet  haben.  Ich  mum 
wenigstens  sagen,  dam  ich  schon  eine  Lehrbefähigong  hatte  und  noch  gar 
nichts  von  der  Höbe  der  Bezüge  wusste.  Weil  ich  am  Lehren  meine  Freude 
hatte,  habe  ich  mich  dem  Lehrstande  gewidmet;  von  Avancement  und 
C{irnere  habe  ich  damals  gar  nichts  gewusst,  jetzt  wpili  ich  allerdings 
auch  nicht  viel  davon.  (Lebhafte  Heiterkeit.)  Da  wir  alno,  sage  ich,  an 
der  Mittelschule  meist  sehr  brave,  fleißige  und  ideal  get^innte  Studenten 
waren,  konnten  wir,  nachdem  wir  an  der  Univertitftt  die  BefShigong  nach- 
gewiesen hatten  I  unmittelbar  oder  nach  knrcer  Zeit  ins  praktische  Ldir- 
amt  eintreten.  Nach  dem  alten  Prftfungsnormale  wurde  die  Beortheilung 
der  praktischen  BeflUiigung  ohnehin  den  Praktikern  Überlassen,  und  da«  wäre 
auch  hervorzuheben  gewesen.  Wird  man  denn,  sobald  man  das  Prüfungs* 
zeugnia  in  der  Tasche  hat,  sofort  Professor?  Das  Probejahr  ist  wohl  später  ein- 
geführt worden,  aber  über  die  Frage  der  praktischen  Ausbildung  hat  doch 
der  Lehrkörper,  der  Director  und  auch  der  Inspectur  zu  f^ntscheidem  Der 
weite  We^  vom  Provisorium  bis  zum  Definitivum  int  ja  nicht«  anderes  als 
eine  ununterbrochene  praktische  Ausbildung.  Dieser  Grundsatz  des  alten 
Normans:  wissmschaftliche  Ausbildung  an  der  Univenitftt  und  dann  die 
Praxis  im  Lehramte  ist  ein  richtiger  und  wftre  bei  einer  Beform  mindestens 
einer  genauen  Beachtung  sn  nntemehtm,  und  es  wftre  sehr-su  erwftgen, 
ob  ein  anderer  Vorgang  sich  als  besser  empfiehlt.  Denn  während  der 
Universitätsjahre  den  Candidaten  in  Mittelschulen  nmhersuschleppen.  hat 
viel  Missliche-..  Wenn  ein  solcher  Universitat.shÖrer  nur  von  *.)  Ijiü  10  l  hr 
an  einer  Wiener  Mittelschule  hospitieren  soll,  i'?t  für  ihn  der  ganze  Vor- 
mittag verloren,  aber  aucii  die  Arbeit  an  der  Mittels(,liule  si-ibat  wird  nur 
^'esturt,  und  deshalb  wäre  es  wohl  am  besten,  ei»  mehr  oder  weniger  beim 
alten  zu  belassen,  dass  der  Candidut  seine  wissenschaftliche  Befähigung 


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268 


MiBcellen. 


an  der  Unirenität  danntbun  und  dann  teine  praktische  Verwendbarkeit 
an  der  lüttelachnle  au  erwerben  hat,  nnd  daae  Ißlnner,  welche  in  der 
Praiis  efcehen,  der  Direetor,  der  Inepector,  der  Lehrkörper  an  prüfen  und 
aa  bestätigen  haben,  ob  er  wirklich  diese  Verwendbarkeit  tieh  erworben 

bat.  Die  Sache  igt  also  meinei  Erachteos  nicht  gar  so  schlecht  gewesen, 
wie  sie  dargestellt  wurde.  Es  gicn«^  durch  den  Vortrag  ein  gewisser  Zug 
des  Sch>s'arzäehens,  wie  er  heute  üblich  ist,  aber  ich  glaube  nicht  mit 
Tollem  Hechte. 

Gestatten  Sie  mir  noch  an  ein  Wort  des  unmittelbaren  Herrn  Vor- 
redners betreffs  des  Nebenerwerbs  anzuknüpfen.  Der  Nebenerwerb,  den 
man  durch  wissenscbaftliehe  Leistungen  sieh  Teitehaffl,  wurde  niemals 
verboten,  auch  niobt  behindert^  im  Gegentheile  immer  gewflnscht  Wenn 
man  Ton  Einscbrftnkungen  und  Verboten  des  Nebenerwerbes  spricht»  so 
waren  es  bekanntlich  gani  bestimmte  Thatrachen,  welche  die  Veranlassung 
dam  gebildet  haben.  Es  war  naturlich  immer  das  Lectionieren  und  Cor- 
repetieren  mit  Schülern  der  eigenen  Anstalt  und  das  Ko^tknabenhalten 
gemeint,  und  wenn  in  diesen  Pimr^n  Wandel  geschalten  wurde,  so  ist  es 
mit  vollem  Rechte  geschehen,  weil  hier  sehr  viel  Unfug  vorgekommen  ist. 
Die  Ertheilung  von  Unterricht  an  öffentlichen  oder  nicht  öffentlichen  An» 
stalten  wird  nirgends  verboten;  natOrlich  darf  die  eigentliche  Amtsthätig» 
keit  nicht  darunter  leiden.  Das  ist  ein  so  correcter  Standpunkt,  dass  man 
darfiber  nicht  viel  Worte  weiter  au  verlieren  brandit. 

Es  wurde  von  der  Führung  der  Katai<^  gesprochen.  Ich  glaube,  in 
der  Beamtenwelt  gibt  es  nur  eine  Stimme:  dffiBntliche  Qnalification!  Warum 
soll  sich  der  Lehrer  scheuen,  was  er  für  recht  findet,  dem  Vater  de> 
Schülers  bekanntzufreben  V  Der  Vater  kann  in  den  Katalorr  Einsicht  nehmen: 
daran  ist  doch  nichts  .Schlechtes?  Wenn  der  Lehrer  am  Schlüsse  des  Se- 
mesters  zu  einem  einheitlichen  Urtheil  kommen  mu^,  so  darf  er  sich  nicht 
sdieuen,  auch  im  gegebenen  Falle  sich  ein  klares  Urtheil  zu  bilden:  so 
oder  anders.  Dabei  ist  ja  die  FObrung  von  privaten  Notisen  nicht  aus- 
gesehlosaen.  Aber  die  FOhmng  der  Kataloge  und  die  Verwendung  der- 
selben an  Auskflnflen  an  die  Eltern  scheint  mir  berechtigt. 

Hofrath  Prof.  Dr.  Schenkl:  Hochgeehrte  Herren!  Ich  mOchte  noch 
in  einer  Sache  das  Wort  ergreifen .  die  unsere  PrGfnngscommiasionen  be- 
trifft, und  zwar  möchte  ich  bei  dieser  Geleirenheit  «jprn  ein  Vonirtheil  — 
denn  als  ein  solches  muss  ich  es  liezeiciinen  -  7Pr-t' fn  wpnn  es  mir 
m^ü^lich  ist.  Ich  spreche  von  dem  Wunsche  nach  i  liPilung  der  l'rüfungen, 
und  zwar  berühre  ich  hier  nicht  die  vorgescblagewe  Abstufung  der  Prüfun- 
gen. Darauf  möchte  ich  nicht  eingehen.  Ich  gkube,  Sie  werden  sich  jeden- 
falls in  der  grüßten  Mehrsahl  dagegen  aunprechen;  Sie  werden  nicht  den 
Unfrieden  in  Ihre  eigenen  Lehrkörper  hineintragen  wollen.  Eb  wftre  sehr 
SU  bedauern,  wenn  man  in  Österreich  das  dnlfthrai  wfirde,  was  man  ge- 
rade draußen  als  eine  alte  Schuld  abschaffmi  will.  Davon  will  ich  also 
nicht  sprechen,  sondern  von  etwas  anderem. 

Ich  verkehre  viel  mit  Lehramtscandidaten  und  höre  aus  ibr^n  Kreisen 
heran-  den  \S^un?äch:  möglichst  viele  TheilprÜfun^en.  Wenn  nur  die  Prüfung 
in  drei  oder  vier  Theile  zerfallen  würde  —  das  wäre  viel  be.s9er.  Nun 
muH»  ich  tiageu,  da^  dm  hohe  Ministenum  äich  entschieden  gegen  eine 
Verzettelung  der  Frafung  in  Theilprüfungen  ausgesprochen  hat.  Ich  mOchte 


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Miscellen. 


269 


aber  hier  vor  allem  anderen  noch  bestätigen,  dAsi  wir,  und  zwai  im  lute- 
nm  dor  Guididaleii,  «ntacbiedAn  dagegen  riiid.  Die  Theilpröfangeu  sind 
aicbtt  andtfref  als  eine  VeneUeppung  der  Früfang.  MOgen  die  Heneii 
bedenken,  den  wir  immer  ängetUehe  und  kfthne  Guididsten  bnben  werden. 
Die  ftagstliciten  Candidaten  finden  in  den  Theilprafuigen  einen  Grand  sor 
YezKhleppung  der  Prflfang  ina  MaÜlose. 

Ee  ist  nun  viel  besser,  wenn  der  Candidat  alle  Pnlfunsren  «ucrieich 
ftblegt,  mi  l  1  h  für  meinr-  Pergon  wönschte,  dass  die  gegenwärtig'  in  fler 
Pröfnng^vürschiitt  ein<;t'tuhrt«'n  Tlieilprüt'ungen  auch  entfallen  mitchien. 
Ks  iät  beäser,  und  zwar  aus  dem  Grunde,  weil  uiau  er^t,  weuu  die  l'rüfung 
im  guaen  abgelegt  wird,  das  ridit%e  Urtbeil  fibtt*  ^ten  Cudidaten  ftllen 
kann,  nnd  sweitena,  weil  nnr,  wenn  die  FHlfting  alt  Gante«  abgelegt  wird, 
dann  aneb  bei  den  eiaaelaen  PrflAingen  das  riebtige  Maß  eiagebalten  wird. 
Jede  Prüfung,  die  :iu8  versttbiedenen  llieüen  besteht,  wird,  wenn  nie  in 
die  Tbeile  lerlegt  wird,  schwerer.  (Zustimmung.)  Da«  Detail,  das  bei  einer 
Prüfung  im  p^nren  nicht  zum  Auadrucke  kommen  kann,  kommt  in  der 
Detail prüt'ung  zum  Ausdruck»«,  und  die  Forderungen  werden,  auch  wenn 
die  Examinatoren  billig  und  gerecht  aind,  durch  die  Natur  der  äache 
strenger. 

Ich  mochte  daher  gerne  mit  diesen  Worten  einem  «olcben  Vornriheile 
begegnen  und  würde  reebt  eebr  wttnieben,  dam  «ie  von  bier  an«  in  den 
Candidaten,  an  deiyenigea,  wekbe  die  Frflfung  ent  aUegen  loUen,  dringen 
mOgen.  Wenn  die  PrOfong  ale  Ganses  abgelegt  wird,  dann  hat  auch  der 

Leiter  der  PrüfungscommiMsion  viel  mehr  die  Moglicbkeit,  das  Ganze  in 
der  Hand  zu  behalten  und  auch  dahin  zu  wirken,  dass  nach  keiner  Seite 
liin  die  Sache  übertrieben  wird.  Die  Candidaten  dürfen  nicht  etwa  fürchten, 
das»  man  sie  hei  der  Prüfung  um  alle  möglichen  Details  fragen  werde. 
Das  wird  man  nicht  thun.  Man  wird  sich  recht  wohl  an  das  erinnern, 
watt  zu  einem  bei  unts  noch  in  hohem  Ansehen  6tehenden  Germanisten,  zu 
Karajan,  Laobmann  in  Berlin  gesagt  bat  Ale  er  ihm  so  vielee  vor- 
enftblte,  aagie  Laebmann  gans  troefcen:  »Alles  das  wtisen  Sie?  Wosu 
baben  Sie  denn  Ibte  Bflcber?*  (Lebhafte  Heiterkeii  nnd  Bei&U.) 

Die  Candidaten  mOgen  also  nur  ohne  Angst  tnr  Prüfnng  kommen  nnd 
sie  auf  einmal  ablegen.  (Allgemeiner  Beifall.) 

Prof.  Dr.  Ludwig  Singer  (Prag):  Ich  freue  mich  vor  allem.  daa& 
die  Di>iciissinn  durch  die  Rede  des  Herrn  HotVathes  Schenkl  wieder  auf 
da.s  Ueiuei  geieilet  worden  i^ät,  das  uns  heute  eigentlich  beschäftigt,  näm- 
lich die  PrüiungülVage.  Ich  glaube  nun,  dass  der  Aulrag  dea  Herrn  Hof- 
rathea  Schipper,  wonach  wir  einfach  durch  eine  Besolntion  doi  Bestreban- 
gen  der  Herren  von  der  Hoehsebnle  beitreten  sollen,  swar  vieles  fBr  sieb 
hat,  dais  wir  aber  anderseits  mit  Racksicbt  anf  die  BedflrfnisM  der  Praxis 
doeb  den  Vorscblag  aoeeptieren  kOanen,  dsss  einige  von  unseren  spe- 
eiellen  Wünschen  in  Beeng  anf  die  praktische  Ansbildang  der  Lebrer  und 
die  Art,  wie  diese  COntroliert  werden  soll,  zur  Formulierung  gelangen.  In 
diesem  Sinne  wäre  ich  dafür,  da^-s  der  Beschluasantrag  derart  umgeändert 
würde,  das?*  unter  dankender  Zu  r  keuntnisnahme  der  seitens  des 
Herrn  Holrathes  Dr.  .Schipper  gegebenen  Aufklärungen  der 
Autrag  des  Collegen  Dr.  Polaschek  auf  Eiusetzuug  einer  Cum- 
mission  gleichwohl  angenommen  wird« 


Digrtizeo  Ly  <jOOgle 


270 


Miacelien. 


Prof.  Dr.  Schwärs  (Ostraa):  la  demaelben  Sinne  wollte  ieh  mir  er* 
lanben  der  geeinten  Veimmailiiiig  einen  VorMsliteg  m  maehen.  Die  Mit- 
theilnagen»  die  Herr  Hofrath  Schipper  une  lokomnien  ließt  waren  lo 

bedeutungsvoll  und  so  befriedigend  f&r  uns  alle,  dass  meiner  Ansicht 
nach  ein  großer  Theil  dieser  Frage  dadurch  erledigt  erscheint.  Denn 
momentan  dreht  ns  sich  doch  liauptsächlich  um  die  Frage  des  Lehrer- 
mangels, und  die  ^anze  gestnge  uuil  ii«nitige  Debatte  wurde  ja  dadurch 
veranlasst.  WRre  diese  «winf^ende  Xothwendigkeit  nicht  eingetreten  —  wir 
Wiireu  wahrscheinlich  auch  heute  noch  nicht  in  die  Lage  gekommen,  uns 
mit  dieser  Angelegenheit  nt  beaehtfiügen.  Wir  dfixfen  auch  dem  Herrn 
Referenten  von  gestern  sein  Verdienst  nicht  nehmen;  «r  ist  gestern  soWel 
angegriffen  worden,  und  kein  einziges  Wort  der  Anerkennung  ist  ihm  sa- 
tbeil  geworden  dafür,  dass  er  die  Sache  zur  Discussion  gebracht  hat.  Er 
bat  das  vorbandwe  Bedürfnis  erkannt  und  gefunden,  dass  namentlich  für 
die  Mittelschulen  in  der  Provinz  mit  den  bestehenden  Verhältnissen  absolut 
nicht  iiQszukonimen  int.  und  das  vjl»^i''he  Hediirtnis,  die  Frage  des  Lehrer- 
mangel, hat  zu  (ier  heutigen  l)el)atte  geliihrt.  En  i>t  das  Wort  «^elallen: 
Gott  sei  Dank,  der  Lehrermangel  i^t  eingetreten.  Gewiss  musä  mau  diesem 
Umstände  dankbar  sein,  denn  er  bat  die  Veranlassung  zu  einer  Verbesse- 
rong  unserer  materiellen  Stellung  gegeben.  Ich  rnnss  aber  dennoch  sagra: 
leider  ist  er  eingetreten.  Unsere  Generation  wurd  es  baßen,  wir  werden 
uns  durch  viele  Jahre  doppelt  plagen  müssen,  bis  er  behoben  ist.  Unser 
Zweck  muss  also  sein,  den  Lehrermangel  so  rasch  als  möglich  zu  beheben. 
Ob  das  im  Wege  einer  Enquete  und  Commission  möglich  ist,  rouss  man 
bezweifeln.  Eine  Commis'^ion  und  Enquete  dauert  in  Österreich  gew?Uinlich 
sehr  lange,  und  wenn  noch  dilferente  Anschauun^tn  in  der  Commission 
zutage  treten,  wird  das  Kt'snltat  wohl  Null  sein.  Heute  ist  Cjs  unsere  erste 
Aufgabe,  die  »Sache  iutj  lioUeu  ^u  bringen,  und  iu  dieser  Beziehung  können 
wir  um  dem  Wunsche  des  Emen  Hofrathes  Schipper,  dass  der  HiUel* 
«chnltag  die  Auf  klftrungen  der  Prflfongsoommiasion  fiber  den  an  das  Mini- 
sterium entatteten  Bericht  anerkennend  und  dankend  zur  Kenntnis  nehme, 
ohneweiters  anediließen.  In  dem  Augenblicke  hat  die  Unterrichtsverwaltnng 
wenigstens  unseren  Wunsch  zur  Kenntnis  genommen,  dass  wir  so  rasch 
als  möglich  Remodur  schatten  wollen:  es  ninss  noch  keine  endgiltige  Ke- 
Uiedur  sein,  aber  doch  wenij^stens  eine  provisorische. 

Nichtsdestoweniger  konnte  nebstbei  eine  Couimission  einhernfen  wer- 
den. Nachdem  jedoch  die  Herren  Vertreter  der  Wissenschaft  und  der 
FrflfungscommissioQ,  wie  es  scheint,  davon  Abstand  nehmen  wollen,  ge- 
meinschaftlich mit  den  Vertretern  der  Mittelschulen  in  der  Frage  su  oon- 
ferieren,  und  zwar  aus  dem  einzigen  Grunde,  weil  sie  ihr  Urtheil  bereits 
abgegeben  haben  und  man  von  den  Vertretern  der  wisMnsehaltlichen 
Prüfungscommissioneu  nicht  wohl  annehmen  kann,  dass  sie  dieses  ab* 
gegebene  Cr  theil  wesentlich  modificieren  werden,  so  wäre  es  ganz  ge- 
nütfend  und  der  Sache  »^nt^jir-M  liend .  wenn  eine  Enquete  von  Ver- 
trotcrn  lier  M  ittelsch  u  len  u  Iter  die  Frauke  t*  i  n  vernommen  würde, 
da  CS  dann  in  der  Hand  der  t ut»'rr'u  htsverwaltuni;  liegt,  aus  den  beiden 
Gutachten  das  uerauä2ünehmen,  was  ihi  uu  Interesse  einer  raschen  Lösung 
der  Frage  gut  scheint.  Wir  sollten  also,  glaube  ich,  den  Herrn  Re- 
ferenten unter  dankender  Anerkennung  seiner  gemachten  Studien  bitten. 


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Mucellen. 


271 


seine  Kesolution  in  dieser  Ricbtang  zu  modificieren.  Hinf^^en 
beantrage  icb,  dem  Vorteblaipe  det  Herrn  Hofiathes  Schipper  unbedingt 
surafttiramen. 

Nachdem  flbrig^,  wenn  wir  so  einem  Ziele  kommen  sollen,  die 
Siehe  doch  nidi  ihre  Erledijipung  finden  moai»  glaube  ich  in  Ihrem  Sinne 
za  bandeln,  weuü  ich  aach  den  Sehloai  der  Debatte  beantrage.  (Zo- 

«timmnng:.) 

Der  Antrag  iiuf  Schluss  dor  Debatte  wird  hierauf  anj^enüiauiL'u. 

Hofriitli  Prof.  Dr.  Schippt-r:  Ich  habe  «gleich  zu  Anfang  meiner  Mit- 
tiieüungen  bemerkt,  da«8  wir  steUi  luit  ^reudtiu  bereit  sein  werden,  zu- 
aammen  mit  den  Vertretem  der  Mittelaehiilen  über  die  gemeuuamen  Be- 
dOrfnime  tins  lu  berathen.  Wir  haben  nicht  gewnatt,  dam  diete  Fhige  auf 
die  Tagesordnung  des  lütteltchnliageB  kommen  werde;  bitten  wir  es  ge- 
wusst,  so  hätten  wir  vielleicht  den  Beschlnss  gefasst,  mit  Rücksicht  hierauf 
OBsere  eigwen  Berathungen  noch  etwas  sa  Terschieben.  Indenen  ist  die 
▼on  una  eingoloitote  Action  mm  bi<!  7.n  einem  p^ewissen  Abschlüsse  gelanjrt, 
dif  Mittheilun^'f n  $iüd  au  daa  Ministerium  gekommen,  und  lediglich  aus 
rem  praktisc }ien  Rucksichten  ghiulite  ich,  dkum  Sie  damit  übereinstimmen 
würden,  das»  die  Vorschläge,  die  wir  gemacht  haben,  im  ganzen  praktisch 
sind  und  Ihren  Wünschen  entsprechen.  Wenn  nun  wieder  eine  Commissum 
eingesetzt  werden  soll,  so  wird  steh  zunSehst  die  Frage  nach  der  Zusammen- 
setxang  der  Commission  ergeben,  und  wenn  dann  wieder  in  alle  möglichen 
Detailfragen  eing^angen  werden  soll  —  auf  dem  Wege  wrätlftnfiger  En- 
queten wird,  wie  der  Herr  Vorredner  mit  Recht  bemerkt  hat,  nichts  er- 
reicht. Freuen  wir  uns,  dass  die  Bestrebungen,  die  hottentlich  wirksam 
sein  werden,  thatsächlich  ins  Werk  gesetzt  und  aut  ii  bt  reit^*  zur  Kenntnis 
des  Ministeriums  p^elangt  sind,  und  dam  wir  Aussicht  haben,  auf  eine 
wuiiiwoliende  Forderung  dirser  I3e.strebungen  rechnen  zu  können.  Eis  wird 
etwas  erreicht  werden,  und  wie  ich  überzeugt  bin:  bald  erreicht  werden, 
wenn  die  Sache  nicht  durch  eine  Ccmtreaction  gestdrt  wird.  Lediglidi  ans 
diesem  praktischen  Gesichtspunkte  möchte  ich  Sie  bitten,  es  bei  der  Re- 
solution bewenden  m  lassen,  dass  der  Mittelsehaltag  die  von  der  Prüfungs- 
oommission  gegebenen  Anregungen  unterstützt. 

Referent  Prof.  Dr.  Polaschek  (Schlusswort):  Ich  habe  ausdrücklich 
ge^?a>;jt.  da«s  alles,  was  ich  vorbringe,  nur  Anregungen  sind.  Ich  habe  mir 
durchaus  nicht  irgendwie  durch  den  Tonfall  meiner  Stimme  eine  Art  Ge- 
wissheit in  diesen  Dinj^en  %indiciert,  ich  bitte  das  nicht  zu  glanhen.  Von 
meinem  Vorschlage  kann  ich  nicht  leicht  abgeben.  Ich  nehme  mit  großem 
Vergnügen  Kenntnis  von  den  Schritten,  welche  die  wissenschaftliche 
PrOfnngsoommission  in  Wien  bereits  gethan  hat,  nnd  ich  muas  gesteben, 
dass  mir  das  ÜSntreten  f&r  meinen  Antrag  hiednrch  etwas  schwer  wird, 
weil  die  Action  thatdtehlich  schon  m  weit  vorgerllckt  ist  Wie  sollen  denn 
aber  jetzt  unsere  Wünsche  berücksichtigt  werden,  wenn  wir  zu  diesen 
Schritten  der  Wiener  Prüfung^mmission  einfach  «Ja"  sagen?  Ich  kann 
di«i  Herren,  die  so  freundlich  waren,  uns  die  Mittheihmfren  bezüfjUch  der 
i^chriite  der  I'rufung>-<rin)nii8sion  nicht  vor7n.'nthalten ,  versicliern,  dass, 
wenn  in  dieser  Coniiiax-^ion  auch  Mitgheder  cieü  MilteUchnilelirstandes 
sitzen  werden,  alie  ohne  Aufnahme  den  Erleichterungen,  wie  sie  die 
Prüfungscommii»ion  in  Wien  bereit«  dem  hoben  Ministerium  vorgeschlagen 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


272 


MLscellen. 


hat,  mit  dankbarem  Hemn  anttimmoD  werden,  und  es  wird  ja  den  Herren 
dann  auek  wieder  ihreneita  von  großem  Werte  eein,  die  näheren  Wfinache 

der  Mittelaehvliehrer  kennen  an  lernen.  Ich  will  ja  nicht,  dass  man  »ich 
gegenseitig  irgendwie  vergewaltige.  Die  Herren  haben  ja  selbst  gesagt: 

bIp  wollen  Hand  in  Hand  mit  uns  »»eben  —  s»'t/on  wir  da^  doch  in  die 
Tfaat  um.  ich  empfehle  Ihnen  also  meinen  tniht  ren  VorschUij^  in  der  Form 
zur  Annahme,  dass  wir  die  Schritte  der  wissenschaftlichen  Prüfungs-Com- 
niiaeion  in  Wien  dankoar  anerkennen,  anderseits  aber  dennoch  wünschen, 
dasa  unbeschadet  dieser  Schritte  eine  Commission  in  der  am  Schlüsse  meines 
Referates  beantragten  Weise  susammengeeetat  werde»  damit  man  denn 
doch  auch  die  WOnsche  der  Pmktiker  wenigstens  hOre. 

Referent  Dir.  Dr.  Bar  an,  der  gleicUbUs  das  Sehlnsswort  erhalten 
soll,  ist  nicht  anwesend. 

Es  wird  nunmehr  zur  Abstimmung  geschritten,  und  zwar  gelang 
zunächst  der  Antrags  dps  Hofrathes  Prof.  l>r.  Schii>]M'r:  „Der  Mittel- 
schul tag  stimmt  der  von  Seite  der  wissenschattl  ichen  Priitun;^s- 
commissionen  einj^eleiteten .  auf  eine  Vereinfaehunp  der  Prii- 
fungsvorschriften  abzielenden  Action  zu"  —  unter  Beifall  ein- 
stimmig anr  Annahme.  Sodann  wird  Aber  die  Antrftge  auf  Einsetaong 
einer  Commission,  nnd  awar  einer  gemischten  Commission  ans  Vertretern 
der  Wissenschaft  nnd  der  Praiu  (Referentenantoag)  oder  eiaer  Commission 
bloß  ans  Vertretern  der  Mittelschulen  (Antrag  Singer)  al^estimmt.  Der 
Antrag  des  Referenten  Prof.  Dr.  Polaschek  anf  Einsetanng  einer  ge- 
mischten Commission,  welcher  aneist  aar  Abstimronng  kommt,  wird  ab- 
gelehnt. 

Prof.  Dr.  Schwarz  stellt  nunmehr  folgenden  V'eruiittlunjrsiintrag: 
,Der  Mittelschultat;  spricht  den  Wunsch  aus,  dass  vor  der  Er- 
lassung der  neuen  Prüfung» Vorschrift  auch  Vertreter  der  Mittel- 
schnlkreise  Gelegenheit  erhalten,  ihreWQnsche  in  dieserFrage 
xnr  Kenntnis  an  bringen." 

Dieser  Antrag  wird  einstimmig  angenommen,  womit  die  Ab- 
stimmung nl>er  den  Antrag  Singer  eotfUllt. 

Hierauf  wird  zur  Ab^itimmunjr  über  die  zur  Frage  der  Vcrlejfung 
den  Probejahre«;  in  das  vierte  Jahr  der  philosophischen  Studien  gestellten 
Antrilge  ^e.^clnitten. 

Landei>-Scbuliu»i)ector  Dr.  Tian^han«:  Meine  Herren!  Wir  .sind  duri  h 
die  Kürze  der  Zeit  hier  docb  eiuigermubeu  in  eine  Stickgasse  gerathen  und 
könnten  uns  durch  die  Abstimmung  Aber  die  an  dieaer  Frage  ▼erliegenden 
detaillierten  Anträge  sehr  leicht  in  Cfegensata  an  dem  eben  gefassten  Be* 
scblnme  setzen.  Es  sind  von  Seite  der  eimtelnen  Antragsteller  Specialwünsche 
cum  Ausdrucke  gekommen,  Ober  welche  wir  ein  wohl  motiviertes  Urtheil 
abzugeben  heute  nicht  imstande  sind.  Ich  möchte  daher  an  die  Herren 
Antragsteller  die  Bitte  richten,  die  von  ihnen  formulierten  Separatforderungen 
heute  zurilckzu7.iehen,  nachdem  ja  der  prnnze  Com^dex  der  Prüfnnj»>ordnnng 
und  auch  das  Probejahr  und  die  praktische  Ausbildung  der  Candidaten  in 
jenen  ConnuisHionen  zur  Sprache  kommen  wird. 

W^is  mich  selbst  betrith,  s^o  ziehe  ich  den  von  mir  gestern  gestellten 
Antrag  zurück,  oder  modifieiere  ihn  vielmehr  dahin:  »Der  Mittelschul- 
tagnimmt  die  Ausfahrungen  des  Herrn  Referenten  Dir.Dr.Baran 


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Miscellen. 


273 


lar  Kenatnit,  «ielit  aber  von  der  AufttelUag  bestimmter  Tbe*- 
ten  aK* 

Dieser  Antrai?  wird  angenommen,  wodoreh  die  Abltimmiuiff  Ober  die 
Qbrigen  vorliej^^enden  Anträge  entfallt. 

(ScbloM  der  Veisammlang  12  Uhr  15  Minaten.) 


Nachmittags  Ton  3  übr  an  worden  SeetiontnUangen  abgehalten. 

FHilologiscla.-lalatoz-isch.e  Section. 
Vorsitzender:  Herr  Dir.  Dr.  Swida  (Triebt). 

Unter  den  Anwesenden  befindet  sieb  auch  Landes- Scbniinspector 
Dr.  Scbeindler. 

ZanSehst  referiert  Prof.  Dr.  V.  v,  Renner  Qber  die  Arbeiten  der 
vom  letzten  Mittelschtütage  etngesetsten  Commiadon  für  die  Verwenduog 
der  Münaknnde  in  der  Schale: 

Verehrte  Herren! 

Das  von  Ihnen  in  der  historischen  Section  des  V.  deutsch  •Oster^ 
reichischen  Ifittelschnltages  am  22.  IfArs  1894  bestellte  Oomittf,  bestehend 
ans  den  Herren  Landes- Schnlinspector  Dr.  J.  Hnemer  und  den  Proff. 
Dr.  Knbitf^chek,  Prix,  Dr.  Singer  nnd  meiner  Wenigkeit«  hat  aich  narh 
seiner  Constituiening  verstärkt  duich  die  Cooptierung  der  Herren  Dr.  Karl 
Doniani^if.  Custo»  der  Manzensammlnng  des  Allerhöchsten  Kaiserhauses, 
und  Prof.  Feod.  Hoppe. 

Seine  Aufgabe  bestand  1.  in  der  Al>lialtun«^'  von  JjouuUigsvortrilgen 
über  Münzenkunde;  2.  Veröffentlichung  von  Anleitungen  zum  Sammeln 
nnd  Ordnen  von  den  verschiedenen  Anstalten  snflieOenden  MOnsen;  8.  in 
der  Veranlassung  galvanoplastischer  Naehbildnngen  im  Originale  an  thenrer 
MSnsen  nnd  4.  Schaffang  einer  Centralstelle  zvae  Betheilnng  der  Mittel- 
schulen mit  den  im  Unterrichte  nCthigen  Originalen. 

I.  Das  Cointt(<  hat  xunilchst  Keine  Thätigkeit  damit  begonnen,  diisa  es 
noch  im  Jahre  1H94  durch  fünf  aufeinanderfolgende  Sonntage  in  der  Zeit 
vom  1*^.  Novoiiiber  bis  16  l>*>cember  Vorlf^snnjjen  i\hcr  Mfln'/.enknndp  fiir 
Mitteliächuiiehxer  veranstaltete.  Dieselben  fanden  im  Voi  trags-Hiuile  «l*  r 
Numismatischen  Gesellschaft  »Uitt  und  erfreuten  sich  naiueutlich  diejenigen 
Aber  griechische  und  römische  Numismatik  eines  regen  Besuchte  (17,  33, 
85»  18,  15).  Ich  glanbe,  die  Herren  werden  mir  sostimmen,  wenn  ich  den 
Antrag  stelle,  dass  von  Seite  des  PiSsidinrns  der  historisch-philologischen 
Section  sowohl  der  Nnmismatischen  Qesellschaft  in  Wien  für  die  Über- 
lassung desLocales  als  auch  den  Vortragenden,  den  Herren  Regierungsrath 
Dr.  Fr.  Kenner,  Oberbergrath  Karl  H.  v.  Krnst,  Dr.  Alfred  Nagl 
und  Prof.  Dr.  W  Ktibitsc  h«'k  für  ihr  freundliches  Entgegenkommen  der 
Donk  der  Section  aus^i'ilni<  kt  werde. 

II.  Auch  die  Lmuug  der  zweiten  Aufgabe  ist  sowohl  von  den  Mit- 
gliedern der  Commission  als  auch  erfreulicherweise  von  auswärts  her  mehr- 
fiush  in  Angriff  genommen  worden.  Es  wurden  verschiedene,  den  Zwecken 
der  Schnlsammlungen  angepasste,  die  Bestimmung  und  Ordnung  der- 
selben ermöglichende  Eatalogswerke  veröffentlicht:  Griechisch-autonomische 


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274 


Miaeellen. 


Münzen  I  und  II  (Progr.  d.  C.  R.  u.  0.  G.  im  II.  Bez.  Wiens  1894  und  1895K 
römische  Mfinztm  I  und  II  bis  Sojit.  Severus  exclusive  (Prof.  Prix  in  den 
Progr.  des  Theresianinns  l^<y4  und  l>'f<ö).  Eine  Orientierung  für  «solche, 
welche  sich  mit  den  angeregten  Fr.^feu  näher  be:?«.iiiilii<^eu  wollten,  bot 
Prot  Kubitficbek,  der  Verfejsser  der  bereit«  im  Jahre  1692  erschieuenen 
Erlftnteroiigeii  zu  einer  Ar  den  Sckulgebtanch  aiuigewählten  Sammlung 
gHlTMK^fautischer  Abdrücke  antiker  Mflnztjpen,  in  seiner  «Rundwhan  Aber 
ein  Quinqnenninm  der  antiken  Nnmianatik  (1890  bis  ISiM)*  (Progr.  des 
Gymn.  im  YIII.  Bes.  Wiens  1895  und  1686). 

Aber  auch  auswärt«  wurde  der  angiaegt«n  Frage  erfreuliche  Unter^ 
stfttznnf^  zutheil.   Im  Jahre  1895  erschienen  , Antike  Münzbilder  tMr  <\»n 
^'•hiilgebrauch  zusannnenf»»istellt    von  A,  Pfeiffer"   in  Wintertlim,  in 
weicher  Schrift  6ö  meist  der  romischen  Rei)ublik   ungehörige  Münzen 
erläutert  und  nach  vorzQglich  erhaltenen  Stiickeu  abgebildet  werden,  und 
im  Jahre  1896  hat  Oberlehrer  Gerhard  Schaper  in  Magdebui^  im  Oster- 
Programme  des  stftdtiscben  KCnig  Wilhelm 'Gymnasinmi  daselbst  eine  in* 
stmetiTe  Abhandlung  TerMentlicht:  »Antike  MQncen  als  Anscbavnngs- 
mittel  im  altsprachlichen  nnd  geschichtlichen  Unterrichte  aof  den  Gym- 
nasien." —  Auch  in  Russland  wurde  man  auf  die  Bedeutung  der  Numis- 
matik aufmerksam  und  hat  Stephan  Cybulski  in  einer  (1895  ins  Deutsche 
öbersetr.ten I  Abbnncjbmf»:  „flriechische  MTmyen"    die  auf  Tafel  IH  der 
Tabülae,  quibus  antiquüates  Graecae  et  liomanae  illustrantur  von  ihm 
veröffentlichten  NOMIIMATA  KA  AIINIKA  fHr  den  Schulgebrauch  erläutert 
und  ergänzt.  —  Alle  diene  Bestrebungen  kommen  der  antiken  Numismatik 
sngote.  khvt  anch  Nittdalter  nnd  Nenxeit  sind  in  naseren  lüttslsehnl- 
sammlnngen  vertreten  nnd  verlangen  gebieterisch  der  BeHtimmong  nnd 
Ordnung.  Auf  diesem  Gebiete  ist  unseren  Bestrebungen  einer  der  hervor- 
ragendsten Kenner  und  Schfttier  der  Numismatik   -/uhilfe  gekommen. 
8e.  Durchlaucht  Prinz  Ernst  zu  Windischgrfttz  hüt  im  Jahre  1895 
den  Katalog  seiner  großartigen  Sammlung  zu  verötientlichen  begonnen 
und  liegt  zmniir  hst  der  I.  Band:  ^MQnzen  und  Medaillen  den  österreichischen 
Kaiserstaate.s"  gedruckt  vor.  Er  enthält  nicht  weniger  aLs  6250  StQcke  und 
ist  vermdge  »einer  uuberordentlichen  Billigkeit  wohl  auch  für  Mittelschulen 
leicht  zugänglich  (6  fi.  mit  acht  Tafeln).  Wie  mir  Se.  Durchlaucht  mit- 
theiltet wird  sich  die  wdtere  Fortsetsung  dieses  Werkes  in  den  ninftehst 
«ich  ausehlieOenden  Katalogen  der  griechischen  und  Mflnsen  der  römischen 
Republik  anch  in  der  Anordnung  des  Stoffes  (Theüung  der  autonomen  von 
den  colonialen  Prägungen)  dem  Gebrauche  unserer  Mittelschulen  genau 
anschließen,  80  dastt  dieser  Band  als  eine  Ergänzung  und  Erweiterung  der 
bereit«  veröffentlichten  ^nriechischen  Miln/en"  jenen  höchst  willkommen 
sein  dürfte,  clit-  das  langüiame  Erscheinen  der  letzteren  bedauert  haben, 
übrigens  sind  »ovvohl  die  Mitglieder  des  Coniitea  als  auch  diu  Numis- 
matische Gesellschaft  bereit  (letztere  un  jedem  Mittwoch  abends),  persönlich 
gestellte  Anfragen  sur  Bestimmung  einzelner  Stücke,  soweit  dies  möglich 
ist,  SU  beantworten  und  AuskOnfte  über  Blünxen  au  ertheilen. 

ni.  Was  die  uns  aufgetragene  Yeranlasiung  der  Herstellung  galvano* 
plastischer  Nachbildungen  von  im  Originate  zu  kostbaren  und  daher 
für  Schulen  zu  theuren  Münzen  und  Medaillen  betrifft,  so  liegt  fürs  Alter- 
tbum  ohnedies  bereits  seit  1892  die  von  Sturm  besorgte  «Sammlung 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


Miscellen. 


275 


galfttnoplastischer  Abdrücke  antiker  Manzen"  vor  und  erfreut  sich  Uefiig 
steigender  Nachfrage ;  auch  ist  es  bei  größerem  Bedarfe  für  jede  Anstalt 
leicht  möglich,  die  von  (instav  DoMchlpr  in  München  (Thierschstraße  35) 
zum  Preise  von  1  Mk.  20  Pf  her;^estellten  vorziifjlichen  ^.ilvanoplasti- 
schen  Abdrücke  hervorragend  iH^höner  griechischer  Münzen  der  königlich 
Imyrischen  Sammlung  jederzeit  zu  beziehen.  (Katalog  von  Otto  Auf- 
leger, München  1883,  mit  sieben  Tafeln  in  Phototjpie.)  Es  handelte  sich 
daher  für  dttComit^  nameiitlidi  um  Medaillenreprodnctionen.  Die  Schwierig- 
keit lag  hier  TomeliiDlieii  in  dem  Mangel  eine*  allgemeiii  sng&nglicheii 
iHufarierteit  Veneichiumei  toh  herromgewlen  PortriUmedaillen  der  kaiaer- 
liehen  Sammlung. 

Auch  hier  ist  nunnaehr  Abhilfe  geschaffen.  Das  Mit^^lieJ  des  Görnitz 
Herr  Custos  Dr.  Karl  Domanig  veröffentlichte  im  Jahre  1>*96  unter  dem 
Titel  .  Portriitnicdaillen  des  Erzhauses  Österreich  von  Kaiser  Friedrich  III. 
bis  Kaiser  Fraux  II."  auf  50  Tafeln  in  vorzüglichem  Lichtdrucke  Ab- 
bildungen von  359  Portrfttmedaillen  des  Hauses  Österreich.  —  Jetzt  war 
es  möglich,  aus  dieser  Reihe  prächtiger  Stücke  jene  auszuwählen,  die  im 
Wege  galvanoptastiieben  Abdrucket  repredneiert  werden  Mllen.  In  dem 
Bettreben,  YorsQglichet  wa  bieten,  habe  ich  mich  im  EinTenttndniaae  mit 
Dr.  Domanig  zonächst  an  GnstaT  Deschler  in  München  geirendet  und 
ancefragt,  ob  derselbe  bereit  wäre,  derlei  Reproductionen  für  untere  Zwecke 
herzustellen.  Derselbe  antwortete  zustimmend,  aber  doch  so  verclausuliert 
und  ohne  Angabe  des  Preises,  zn  welchem  das  einzelne  Stück  zu  haben 
wäre,  d;vs^  ich.  da  auch  der  Bezug  fertif?er  Stücke  aus  dem  Auslände  manchen 
liwitiigkeiU  u  unterliegt,  endlieh  durch  gütige  Vermittlung  de.H  Herrn 
Prof.  Stephau  Öchwartz  mit  der  gal van oplu^itischen  Anstalt  des  hiesigen 
Moteontt  für  Kunstgewerbe  in  Verbindung  tratb  Ob  et  m(Sgtich  sein 
wild,  diete  Reproductionen  hier  oder  in  Mfincben  ▼erfextigen  an  latien, 
bftngt  ¥0n  dem  Entgegenkommen  nnd  der  LeittungtAhigkeit  der  galvaao- 
plastischen  Anstalt  det  Hntenrns  ab.  Ein  Veneichnit  von  zu  reprodnderen- 
den  Stücken  wurde  Ton  Herrn  Custo«  Dr.  Domanig  nnd  mir  ansammen- 
gestellt  nnd  wird  seinerzeit  probeweijje  vei^neht  werden,  die  galvano« 
plastischen  }?"T>rndu(  tionen  den  Anstalten  zuffänglich  zu  machen  — 
Vorderhand  liesrt^n  die  „i'orträtmedaillt  ir  vor  und  bilden  schon  an  und 
für  sich  ein  wahrhaft  prächtiges  und  ausgezeichnetem  Lehrmittel  zur 
Belebung  des  Unterrichtes  in  der  vaterländischen  Geschichte. 

IV.  Midlich  wurden  wir  mit  der  Schaffung  einer  Centralttelle 
lur  Bethdlang  der  Vitteltchulen  mit  den  snr  Belebung  des  ITnterrichtet 
nOtbigen  Originalen  von  Mflnien  betraut. 

Auf  diesem  Qebiete  sind  wir  am  weitesten  surflckgeblieben  hinter 
dem  Anzustrebenden.  Bei  einer  Betheilung  der  verschiedenen  Anstalten 
mit  Originalen  «pielen  natürlich  die  vorhandenen  Bestände  eine  tjroße 
Kolle.  Aber  weder  sind  die  in  den  verschiedenen  Amjtaltssamiuliin'reM 
schon  vorhandenen  Münzen  «ämmtlich  katalojjisiert.  noch  sind  ilics  im 
besonderen  die  hier  in  erster  Linie  in  Betracht  kommenden  beiden  Haupt- 
lammlungen  in  Aquileja  und  Spalato.  Bisher  konnte  diese  Arbeit  aas 
Mangel  an  getcbulten  Krftften  aber  nicht  in  Angriff  genommen  werden. 
Bevor  tie  nicht  geleistet  ist,  kann  auch  von  einer  Auseeheidung  von  Dou* 
blettea  itlr  andere  Anstalten  nicht  die  Rede  sein. 


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276 


Misoellen* 


So  hängt  hier  alles  von  der  HeranbilduBg  der  jüngeren  Generation 
a\ich  Uli  Gebiete  der  Nuiuismatik  ab.  Ansätze  dazu  sind  vorhanden.  Vielleicht 
schatit  auch  die  in  den  letzten  Tagen  erfolgte  Errichtung  eines  öster- 
reichiscfaen  arehAologiwlien  Inrtitntea  hier  WaadeL  Yordefbaad  sind  wir 
an*  Mangel  an.  mateiieUflii  Hittaln  im  Comitä  niofat  i&  der  Lage  gewesen, 
Ihrem  am  leteten  Ifittelachaltage  mu  ertheilten  Aufbaffe  nadunkommen. 
Hat  doch  selbst  das  unterm  16.  Februar  1893  Sr.  Excellenz  dem  Herrn 
Unterrichtsminister  im  Auftrage  des  III.  deutsch -österreichischen  Mittel- 
schulta^cs  überreichte  Prcmemoria  cVswegen  bis  heute  keine  Erledi^nng 
finden  können.  So  bleiben  wir  denn  in  diesem,  ich  mochte  sagen,  im 
bestlon  Sinne  aristokratischen  Wissensgebiete  vorderhand  auf  uns  selbst  an- 
gewietien.  Was  einzelne  oder  ein  Verein  hier  zu  leisten  vermochten,  das 
wurde  gethan.  Die  MamiBmatiache  GeteUscbaft  in  Wien,  die  einielnen 
Mitglieder  Ibree  Gomitäs  haben,  aoweit  diesbestlgliche  Ezmcben  an  die- 
selben geetellt  worden,  Tenchiedenen  ScholBanimlanf{en  die  Ansebaffang 
von  mm  Unterrichte  branchWen  Münzen  und  Medaillen  ermöglicht  oder 
doch  wenigstens  erleichtert.  (Z.  B.  Tberesiannra,  C.  R.  und  0.  Qt,  nnd  St.  0. 
G.  im  IT.  Bez.  Wiens,  Stockemner  R.  nnd  0.  G.  etc.)  Wir  haben,  soweit  die 
ilurch  andere  rjcrutsthätigkeit  in  Anspruch  genommene  Zeit  nnd  die  eigenen 
Kenntniääe  dies  erlaubten,  Antragen  über  zu  be^stiuimende  Münzen  und 
Medaillen  zu  beantworten  gesucht;  dos  Monatsblatt  der  Numismatischen 
Gesellschaft  hat  nicht  bloß  die  gesammte  in  den  letzten  Jahren  erschienene 
Schulliteratur  den  Betheiligten  sofort  sur  Anzeige  gebracht,  sondern,  so- 
weit es  im  Rahmen  eines  allgemein  wissenschaftlichen  Blattes  die  Rück- 
sicht auf  andere  Kreise  (500  Auflage,  bis  jetat  etwa  SO  Abn^mer  in 
MittelHclmlkreisen)  möglich  erscheinen  ließ,  allen  numismatischen  Schal- 
angelegenheiten  seine  Aufmerksamkeit  geschenkt  Es  wird  nur  von  Ihnen 
abhängen,  in  welchem  Ausmaße  dies  auch  in  der  Zukunft  geschehen 
kann.  An  meinem  redlichen  Willen,  dies  in  ausgiebi^ter  Weise  zu  thnn, 
holl  es  nicht  fehlen,  solangd  ich  die  Schriftleitung  des  Blattes  in  Händen 
behalten  kann. 

Das  Comitä  legt  daher,  nachdem  es  unter  den  gegebenen  VerhUt* 
nissen  die  ihm  gewordene  Aufgabe  für  gelöst  ansehen  muss,  sein  Mandat 
in  Ihre  Hände  anrflck  und  bittet  um  Absolution.  Die  Ausmat  ist  g^ben, 
und  wenn  sie  auch  bisher  nur  8ehr  dünn  in  die  Halme  geschossen  ist,  sie 
ist  vorhanden  und  kann  sich  soweit  entwickeln,  als  das  Interesse  des  ein- 
zelnen nnd  die  ihm  zur  Verfügung  stehenden  Mittel  dies  erlauben. 

Wir  aber  können  uns  mit  «lern  BewtT«stsein  trösten,  dass  eine  gar  nicht 
ferne  Zukunft  unsere  Bestrebuiiixen.  die  Xuniismatik  in  dem  Rahmen  des 
bestehenden  Lehrplanes  an  der  Mittelschule  zur  Belebung  des  historischen 
und  philologischen  Unterrichtes  zur  Verwendung  zu  bringc:n,  vollauf 
würdigen  wird.  Gibt  es  doch  kaum  ein  awmtes  ebenso  wirksames,  leicht 
SU  yerwendendes  und  ebenso  unvergängliches  Mittel:  Autoritätsglauben, 
Patriotismus  und  geläuterten  Geschmack  fär  Kunst  und  Geschichte 
in  dem  Herzen  unserer  für  das  SehOne  und  Edle  begeisterten  Jugend  su 
wecken  und  tu  fordern! 

Dem  Berichte  folgt  lebhafter  Beifall;  der  Vorsitzende  spricht  dem 
IkefVnonten,  sowie  der  Commission  im  Namen  der  Versammlung  den 
Danij  aus. 


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Miscellen. 


277 


Nun  hält  Prof.  Dr.  Becker  *<  »orrhollaoninn)  .seinen  \'ortra^?: 
„Ober  QuellenbenQtzungr  im  Geschichtsunterrichte** 
(lier  Vortrag  ist  in  die»er  Zeitschrift,  Jahrgang  XI,  S.  Iba  ff.,  veröffentlicht), 
und  im  AmdiliiMe  dutM  spricht  Prof.  Dr.  Hana  Outvcber  (Leoben)  aber: 
„Taeitus-Leetflre  und  Heimatkunde**. 

Die  AmfEllirungeii  des  leUteren  lind  im  Aunoge  folgendet 

Mehr  als  in  den  anderen  Fächern  ergibt  «ich  im  philologischen 
ünterrichte  das  Bedttrfiüs,  dem  Schflier  der  oberen  Stufen  «>in  bestimmtes 
Endorgebnia  zum  Bewnsstsein  rw  brinj:f(»n  und  in  ihm  Vorstellungen 
erwecken,  an  di«^  «m-  im  Leben  wietier  <inknü])f»'n  kann,  die  ihm  die  Leetüre 
der  einzelnen  Ciassiker  «il«  zweckvoll  und  jiutzlirin^'end  erkennen  lassen. 

Bei  Taeitud  nun  wird  es  besonders  fruchtbar  sein,  den  Blick  des 
Schülers  Ton  der  inneren  Geichichte  Roms  und  des  Cäsarenthams,  die  in 
der  Schule  nnr  mit  der  größten  Vorsicht  behandelt  werden  kann,  auf  die 
Entwicklung  Roms  znm  Weltreiche,  auf  seine  organisatorische  und 
ciTilisatorische  Thfttigkeit  in  den  ProTinsen  zu  lenken.  Damit  geben  wir 
ihm  eine  Summe  von  allgemeinen  geschichtlichen  Vorstellnngen ,  denen 
wir  besonderen  praktischen  Wert  und  lebendige  Wirkung,  auch  über  die 
Schule  hinaus,  verleihen  können,  wenn  wir  ihn  vor  allem  anf  den  Boden 
der  römischen  Provinzen  unseres  Vaterlandes  vei-set^en.  unmittel- 
bar durch  die  Lesung  der  Abbchaitie,  die  auf  ihm  spit-len,  mittelbar,  indem 
wir  die  Verhältnisse  und  Denkmäler  der  Heimat  zu  Beispielen  und  Ver- 
gleichen heraaaiehen. 

Die  Leetflre  der  Germania  bildet  in  diesem  Sinne  eine  Vorstufe,  in* 
dem  wir  auf  die  Ethnographie  nnd  Cultanrastände  unserer  vorr5mischen 
Volker,  das  Eindringen  der  Kaufleute  der  Römer,  der  Pionniere  ihrer 
Heere,  ihrer  ErzeugnissCi  ihres  Oeldes,  Bezug  nehmen.  Ein  Beispiel  sei  za 
c.  T)  über  die  WertschSt^nng  pe\nj»ser  alter  röniiselier  Münzsort«m  bei  den 
Germanen  der  Hinweis  auf  pinr  n  Ftmd  aus  keitinchen  und  Fainiiien-Münzen 
der  Republik,  darunter  gerade  den  serrati  und  hi<jati  des  Taoitua,  zu 
Lauterach  in  Vorarlberg  (Mittheilungen  der  Centnikommission  für  Kunst- 
und  historische  Denkmale  N.  F.  7«  1881,  87  ff.)  mit  der  naheliegenden 
Analogie  des  Haria-llieresieB-Thalers  bei  den  afrikanischen  Völkern.^) 

In  den  Annalen  werden  wir  wiederholt  auf  heimatlichen  Boden  ver- 
setat.  Dw  pannoniscbe  Soldatenaufetand  Iftsst  uns  von  Nauportus  qMrechen, 
m<p*od  municipii  instar  erat",  von  Poetovio,  dem  Winterlager  der  be- 
theiligten VIIL  Legion,  wobei  wir  als  Bei.opiel  einer  Inschrift  den  inter- 
essanten Grabstein  ihres  Centurio  C.  Petronius,  eines  Mamiciners,  an- 
führen können,  dessen  Angabe  „Äic  est  crematus,  ofisa  relata  doini'  eine 
Parallele  zur  Behandliin*^  der  Leich«*  (iermanicus  bildet;  zur  Privat- 
lectüre  oder  zum  b^xtemporeübeisctzen  neran<^ezogeu,  zeigt  uns  da^  IIL  Buch 
der  Historien  dann  Po^vio  als  Winterlager  der  Zill.  Legion,  die  der 
Schüler  vorher  in  Germanien  kennen  lernte,  wfthrend  sie  bald  nachher 
nach  Vindobooa  kam.  Die  Geschichte  Marbods  fQhrt  uns  auf  Gamuntom, 
und  hier  tritt  ergänzend  der  Hinweis  aaf  die  XV.  Legion  ein,  die  schon 
am  Aa&tande  in  Pannonien  theilnahm,  dann  in  den  Orient  kam,  aus  dem 


•i  Writ<-n'  BH!4pit>k>  in  <1>  r  stuili>'  d-M  Heforotiton :  ,,Ztir  Behaiidlttiiff  der  RosUwi  beifll 
jateioiscbf-n  Unterrichte",  Gymn.  i'rogr.  Leobon  ISÄi. 

„Otteir.  MitteUelittto".  ZI.  Jalutg.  19 


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278 


m  nach  Camuntum  in  Garnison  gelegt  wurde.  Ähnlich  finden  sich  Be- 
rQhrangspnnkte  mit  anderen  Gebieten,  und  wir  sehen  zugleich  die  Legionen 
nher  einen  ganzen  Welttheil  und  einen  Theil  des  zweiten  hinundlierf^fschoben, 
ahnen  die  bunte  Völkermischung  durch  die  barbarischen  UilfsTölker, 
lernen  die  Culturarbeit  der  Trnjipon  im  Frieden  kennen. 

Wie  die  röraiäche  Politik  m  Armenien  und  Thrakien  vorgeht,  sich 
der  BOmer  aUvftblich  netten  dm  einheimiielieB  Fünfcai  eeUt,  bb  er  auf 
einmal  an  dessen  Steile  erscheint,  Iftnt  eine  Nntxanwondnng  anf  das  viel- 
leicht auf  ähnliche  Weise  erworbene  ^regnum  Norieum^  wie  anf  manche 
Zöge  neuerer  Geschichte  und  Colonialpolitik  tu.  Die  inneren  Verh&ltnisse» 
die  Organisation  der  Provinzen,  Stenern,  Zölle,  Bergwerke  u.  s.  w.  be- 
leuchten wir  durch  Beis})ieb^  aus  unseren  Gef:^t»nden  —  hochbedentsani  sind 
Ann.  Iii.  c.  02  Ii',  die  Worte  des  Tilicrius  über  da«?  Verliültnis  Roms  zu 
den  Provinzen,  das  Emporkouimen  der  Muuicipalcn,  ihre  Kint'achheit  gegen- 
über dem  Luxus  Roms  u.  s,  w.,  woran  wir  den  Hinweis  auf  die  Bedeutung 
der  il lyrischen  Länder  und  Truppen  schon  für  die  Erbebung  Vespasiuns, 
im  weiteren  für  die  Regeneration  des  serfitllenden  Beicbes  im  III.  Jahr- 
hunderte knOpfen. 

Auch  fiSr  die  übrigen  Seiten  antiken  Lebens  fehlt  es  nicht  an  Ana- 
logien, für  das  Gebiet  des  Aberglaubens  z.  B.  bietet  eine  ganz  schlagende 
sn  den  plumbeae  tcUeae  mit  VerwQnscbongen  des  Qermanicus,  die  mit 
Todtenfrobeinen  in  seinem  Hanse  versteckt  wurden,  das  Bleitäfelclien  au« 
einem  Frauengrabo  von  Brefjfna  mit  der  Verfluchung  der  Feinde  der  Brutta 
(nun  ju  den  Sui)|)l('n)entt'n  zu  C.  J.  L.  III.  no.  IISS-J). 

So  lässt  »ich  unter  Ergänzung  det  fortlaufenden  Leetüre  durch 
Obnngen  im  ExtemporefibeiseUen  nnd  PrivatlectOre  dem  SchQler  in  dem 
eng^  Bahmen  der  r<}mischen  ProTinsen  unseres  Vaterlandes  ein  Spiegel- 
bild der  Geschichte  nnd  Cultnr  der  Periode  der  Reichsbildung  trorftlhren. 
Dieser  dankbaren  Aufgabe  steht  aber  entgegen  der  Mangel  an  geeigneten 
Bearbeitungen  der  einheimischen  Inschriften  und  anderen  DenkmSler,  wo- 
dnrcli  die<?e  erst  für  die  Schule  wirklich  nutzbar  werden  können.  Denn  es 
darf  der  Lehrer  (.'ineiseits  nur  weni^'es-  und  gnnz  Charakteristisches  heran- 
ziehen, andur.seit-s  nniS'^  ihm  aber  der  Stoff  so  reichlich  geboten  werden, 
dass  er  für  verschiedene  Combiniitionen  der  Leetüre  ausreicht  und  gerade 
das,  was  dem  Gesichtskreise  der  einzelnen  Schulen  auch  örtlich  nahe  liegt, 
ausgewählt  werden  kann.  Der  Referent  beantragt  daher  die  Annahme  der 
am  Schlune  dieses  Sectionsberiehtes  angefahrten  Resolution. 

Lebhafter  Beifall  folgte  den  AusfUhrungen  des  V<Hinigenden. 

Nachdem  der  Yorsitsende  beiden  Rednern  den  Dank  aatgesprochen, 
ergreift  das  Wort 

Prof.  Dr.  Liidwi'jT  S innrer  (Pran;).  Kr  bestiitii:!  Liuf  firund  seiner 
eigenen  KrhihrunL:,  da-is  die  i^utdlenbenützun-,'-  sehr  zur  Förderung  und 
Belebung  di  -  historij<i  hon  Unterrichtes  (iicue.  fyrtäus,  Aristophanes  lassen 
sich  sehr  gut  im  hisuaischen  Unterrichte  verwenden.  Bei  Erlcr  finde 
sich  eine  Menge  IQr  den  Unterricht  yerwertbaren  Materiales,  z.  B.  die 
Entstehung  der  ersten  Papierfabrik  u.  s.  w. 

Die  Quellen  lassen  den  Schüler  in  das  Leben  d^r  retgangenen  Zeiten 
hineinblicken,  Tin  l  vi  wird  ihm  klar,  dam  mutatift  mutandis  ^ev:ime  I3mge 
gleichbleiben,  Redner  erzählt  nun  ein  Beispiel,  wie  er  einst  im  2«usammen- 


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279 


arbeiten  mit  dem  philologischen  CoUegen  ein  Bild  der  politiieben  Stellang 
Sallusts  entworfen  habe,  über  welches  die  Schüler  tun  Seblnne  des  Semesters 
auf  sehr  befriedigende  Weise  in  einem  Aufintie  Rechenschaft  geben 
konnten. 

Herr  Dir.  Dr.  Rei  ße  n  b  erger  (Bielitz)  erklärt  sich  mit  der  vom 
Vortra^nden  entwickelten  Idee  im  großen  nnd  ^nzen  einverstanden, 
uiacht  aber  darauf  aufoierksam,  dass  die  Grenze  zwiäcbeu  der  Arbeit  des 
Hiitorike»  nnd  der  des  Philologen  faeobaditet  werdm  ntfisse.  Besonders 
erUftrt  sieh  Bodner  damit  einverstanden,  dass  andi  solche  Schriflsteller 
▼om  Historiker  den  Schfilein  vorgeftlhrt  werden  sollen,  die  im  philologischen 
Unterrichte  nicht  berQcksichtigt  werden.  Dio  violoi  Namen,  welche  sich 
der  Schüler  früher  rein  gedftchtniamäßig  einprägen  mosste,  konnten  auf 
diese  Weise  Leben  g^ewinnen.  Redner  fuhrt  hierauf  aus,  wie  man  dem 
Schüler  durch  Vorführung  einer  Goeth»''.s(  hen  Ele^e  (Cornelia)  eine  Vor- 
stellung der  Elegien  von  Propert  beiV  i  iti^'  n  könne. 

Prof.  Dr.  Becker  sagt,  er  »ei  in  manchen  Dingen  nicht  ganz  richtig 
verstanden  worden,  da  er  sich  habe  zu  kurz  fassen  müssen. 

Eine  Yerwiseliang  der  Grensa  awisehen  der  Arbeit  des  Hisloriken  und 
des  Philologen  könne  am  besten  dadurch  yermieden  worden,  dam  dio  bo- 
treffenden Fachlehrer  sich  ventftndigen  nnd  der  Philologe  dem  Historiker 
so  einen  Theil  der  Arbeit  abnehme.  Besonders  hüten  müsse  man  sich  vor 
einer  Schablone.  Nicht  in  jeder  Stunde  müsse  das  Quellenbuch  benütxt 
werden;  auch  bei  der  Auswahl  der  Quellen  und  Quellenstellen,  die  man 
vorfi'Unvn  wrül,  müsse  man  sphr  sorj^fiiltig  verfuhren  Hiebei  sei  die  Be- 
schränkung von  groL^er  Wieniigkeit,  soll  nicht  der  Wert  der  Quellen« 
benützung  sehr  vermindert  werden. 

Prof.  Dr.  Bronnor  r^t  die  Frage  an,  ob  es  nicht  in  Anbotraefat 
der  vom  Historiker  geforderten  Literatnrkenntnis  vorthdlhaft  wäre,  wenn 
Geschichte  mit  Deotaeh  au  einer  Fachgmppe  verbunden  würde;  die  Geo- 
graphie könnte  dann  mit  der  Naturgeschichte  in  eine  Fachgruppe  ver- 
einigt werden.  Ferner  meint  Redner,  d«uss  man  Plutarch  wegen  seiner  viel- 
fachen Vorzüge  trotz  der  sprachlichen  Schwierigkeiten  vielleicht  doch  unter 
die  Zahl  der  für  die  Schullectüre  bestimmten  Sdurifteteller  aufnehmen 
könnte. 

Prof  Fleischner  weist  darauf  hin,  dass  l>ci  der  angeregten  Aus- 
gestaltung der  verschiedenen  Unterrichtsgegenstände  auch  für  den  bürger- 
kondlichen  Unterricht  viel  gewonnen  werden  könne. 

Prof.  Schauer  meinte  es  wftre  besser,  wenn  der  Lehrer  den  Schülern 
eine  Mosberäbersetsong  gebe,  alii  wenn  man  die  Qaellenstellen  von  Schülern 
öbersetzen  lasse.  Dnrch  eine  solche  schfilerhafte  Übersetaung  leide  dio  Auf- 
merksamkeit. 

I'rof.  Dr.  Gtit«cher  sagt,  dass  bei  dem  Betriebe  der  Privatlectüre 
neben  <len  philolo<:is(  lu'ii  (resichtspunkten ,  die  immer  dabei  die  Haupt- 
sache bleiben  müssen,  auch  die  Vorarbeit  für  den  Historiker  berücksichtigt 
werden  könne. 

Prof.  Dr.  Becker  entgegnet  auf  die  Bemerkungen  Schauers,  dass 
der  Lehrer  nnr  Stelleo  ans  solchen  Sehriflatellem  übersetsen  lassen  könne, 
in  deren  LectOre  die  Schüler  eingeübt  sind  (a.  B.  Sallnst  in  VI.),  in  anderen 
Füllen  müsse  er  sich  einer  guten  Übersetaung  bedienen. 

19» 


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280 


MiMeUen. 


Zum  Schinne  werden  der  Versanirolung  zwei  Resolutionen  vorgelegt: 

1.  Von  Prof.  Dr.  Becker:  Es  ist  wünschenswert,  dass  Quellenstücke 
im  Gescliioht.sunterrichte  verwendet  werden,  und  die  Schaffdog  von  teter- 
reicbischen  i^uenenbiiehern  ist  anzustreben. 

2.  Von  Prof.  Dr.  Gutscher:  Die  philologiüch-historiscbe  Section  er- 
achtet es  für  höchst  wünschenswert,  dass  der  Schüler  vom  Gymnasium  das 
BewoMlMin  jnitaclioe,  dm  eefai  Taterlaad  einst  den  c<finieclieii  Cnltai^ 
kretBe  amgeliQrte.  Sie  bUt  es  fOr  nothwendiK,  daan  die  Imebriften  imd 
Alterthamer  niiMter  Länder  fQr  die  Schule  sogftnglicher  gemaelit  werden 
nls  bisher. 

Beide  Resolotionen  werden  einetimmig  angenommen,  worauf  die  Sitiong 

geschlossen  wird. 

Abend.s  ^^5  Uhr  wohnte  die  philoloc^i.sch-hi.storische  Section  einer 
Deiuon.>'tnition  des  I'rof.  Dr.  S.  Ledere  r  iHadautzi  bei.  welche  im  Physik- 
saaiti  des  k.  k.  Theresiauums  stattt'and.  Ein  eingehender  Bericht  über  diese 
wird  in  dieser  Zeitschrift  erscheinen. 

Unter  dem  Vorsitse  des  Dir.  und  Schnlrathes  J.  Pokorny  (BrOnn) 
wurde  der  Vortragscylrlus,  welchen  Prof.  Dr.  Höf  1er  besorjjt  hatte,  ab- 

gebnltnn    Zu*'r>it  bel»Mifbt<*te  Prof.  Dr.  HötlfM-  srlb<t  dio  Fr;ij:ro- 

,,Wie  soll  der  psychologische  Unterricht  an  Mittelschulen  und  die 

p&dagogisohe  Psychologie  ^e^enüber  den  Postulaten  der  modernen 

Gehirnphysiologie  Stellung  nehmen?" 
und  gelangte  hiebei  zu  der  These: 

„Insoweit  die  Darstellung  der  psychischen  Thatsachen  auf  Gremi- 
gebiete der  IVcholcgie  and  der  Physiologie  fdhrt,  ist  strenge  darauf  su 
achten,  dass  den  Schülern  nicht  anstatt  piycfaologiseher  Begriife  und 
Gesetse  physiologische  geboten  werden.  Was  vom  anatomischen  Bau  der 
sensorischen  und  motorischen  Orj[!;^ane  und  von  deren  phynologischen 
Functionen  im  Psychologieunternchte  zu  berühren  i.st.  kann  sich  durch- 
wegs auf  eine  Wiederholnnj»  des  natvirwi8.senf?f  hattlichen  Unterrichtes, 
namentlich  der  Somatologie  der  VI.  Classe,  Akustik  und  Optik  der  VII. 
und  V  iii.  tlasse  beschränken.  —  Umso  deutlicher  wird  aber  den  Schülern 
der  wesentliche  Unterschied  swischen  einer  physikalischen  Betrachtung  der 
Empiindungserreger,  einer  physiologischen  Betrachtung  der  Empfindungs- 
organe nnd  der  p^ehologischen  Untersochnng  der  Empfindnngsinhalte 
als  soldier  som  Bewusstsein  gebracht  werden  läSnnen.  Und  swar  kSnnen 
einer  solchen  begrifflichen  Erklärung  nnd  Abgrenzung  der  physikalische 
und  der  naturhistorische  Unterricht  durch  sorgfältige  Vermeidung  ver- 
wirr'Tifior  Ausdruckswei-sen  zwar  wirksam  vorarbeiten,  die  abschließende 
Belehi  uuu;  über  den  tiefgehenden  Unterschied,  ja  Gegensatz  des  Physischen 
und  Psychischen  bleibt  aber  dem  psychologischen  T'nterrichte  als  .^olcliem 
Torbehalten  und  bildet  eine  der  bedeutsamsten  Aulgabeu  des  philosophisch- 
propädeutischen  Unterrichtes  Oberhaupt.* 

Zur  Erlftnterung  desaen,  was  an  phynologischen  Voraussetaungen  in 
HOflers  Vortrag  aar  Anwendung  gekommen  war,  demonstrierte  Herr 
Dr.  J.  Tandler,  Assistent  am  k.  k.  anatomischen  Institute  der  Wiener 
Universität,  an  Stelle  des  durch  Amt^gesch&fte  verhinderten  Sanitftbaathes 


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Mitcellen. 


281 


Dr.  Boeck  dns  Wichti^rstc  aus  der  Anatomie  äps  meniclilielien  QehimM 
am  frischen  T'nlparat,  am  Modell  und  am  Phantom. 

Schließlich  prört»^rto  Herr  Dr.  St.  Wita.sek  (Graz'i: 

„Die  Bedeutung  psychoLogiächer  Schul  versuche'*. 

Der  Yortnigende  fthrte  eine  Reihe  solcher  Vexsache  wirklich  vor, 
um  m  leigen,  wo  aie  eiDsosetcen  haben  and  inwieweit  ne  fftr  den  psycho- 
logpnchen  Unterricht  nnvemeidlich  lind,  und  fa«t  sum  Schloise  seine 
Auflföhrnngen  in  die  Theae  sommmen:  ^da»  auch  beim  psychologischen 
Unterrichte,  wie  es  bei  andoren  Fächern  bereit«  lange  Jer  Fall  ist,  dai 
Uilfamittel  des  Experimentes  zur  Verwendnnj^  kommen  mü.'vse''. 

Jodpm  der  Vortragentlcn  wnrdf  vom  Vorsitzenden  der  schon  durch 
rauschenden  Beifall  kundgegebene  Dank  der  Öection  angesprochen. 

Vorsitzender  der  Section  war  Dir.  JELJanuicbke  (Tesohen),  Schrift- 
fahrer  Prof.  Gaubatz  (Wien). 

Zunächst  eratattetf»  Prof  .7.  Heller  (Linz)  sein  Kcferat: 

„Über  eine  einheitliche  Bezeichnung  in  der  darstellenden  Geo- 
metrie". 

Der  Referent  legt  zum  Schlüsse  seiner  AusfQhrungen ,  die  mit  jenen 
in  der  «Zeitschrift  f&r  das  Beabchnlwewn",  XXL  Jahrgang  (1896},  1.  Heft, 
S.  15<~81,  übereinstimmen,  folgende  Sitae  aar  Bwathnng  vor: 

1.  Die  Section  hftlt  es  ftlr  dringend  wQnschenswert,  daas  beim  Unter- 
richte in  der  darstellenden  Geometrie  eine  einheittiche  Beseichnang  plats^ 
greife. 

2.  Ff'ir  die  Feststellung  einer  solchen  Bezeichnung  sollen  die  in  der 
„Zeitschrift  für  dixs  Kf-aUchnlwosen".  XXI.  .];ihri,Mng  (10^6),  1.  Heft,  Ö.  16 
bia  21.  gemachten  Vorschlage  als  Grundlage  dienen. 

.'S.  Zur  Weiterfnhrung  die^r  Angelegenheit  wird  ein  fünfgliedriges 
Comite  gewählt,  welches  beim  n&chsten  Hitkelsehaltage  Aber  die  unter- 
nommenen Schritte  und  deren  Erfolg  Bericht  m  erstatten  hfttte. 

Den  allgemeinen  Beifall,  der  den  Auseinaadezsetsnngen  folgte,  be- 
leichnet  der  Vorsitzende  als  einen  Beweis  des  lebhaften  Intereases  an  der 
Sache  und  ersucht  die  Mitglieder  der  Section,  die  YOigelegten  Sfttce  erat 
allgemein  z«  besprechen. 

In  der  nini  fol;^»'nden  U'lihuftcn  Debatte,  an  der  ^\ch  auüer  dem  Vor- 
sitzenden tmu  »lern  Kefereuten  noch  Dir.  Karl  Klekler  (Wien)  und  die 
l'iotf.  Eduard  Keitmann  (.Mührisch-Ostran),  Wilhelm  liiuder  i^Wiener- 
Neustadt),  Berthold  Speth  (Trautenau),  Josef  Meixner  (Wien)  und 
Richard  Oebler  (Wien)  betheiligten,  und  wfthrend  welcher  Prof.  Wilhelm 
Binder  einen  anderen,  Ton  ihm  auaammengestellten  „Vorschlag  sur  ein- 
heitlichen Beaeichnung  in  der  darstellenden  Geometrie*  vorlegte,')  wurden 
folgende  Sfttae  an  Beachlflisen  der  Section  erhoben: 

1)  Vorschlag  zur  einheitlichen  Bezeichnung  in  der  darstellenden  Geo- 
metrie Ton  Prof.  Wilh.  Binder  (Wiener- Neustadt): 

I.  Orthogonale  Projection. 

A,  B,  C  Punkte  Im  Baume. 

a,  b.  i-   Gerade  „ 

I  beliebig  geneigte  Ebenen. 


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282 


MiBcellen. 


1.  Die  Section  hält  es  für  dringend  wünschenswert,  dass  bemi  Unter- 
richte in  der  darstellenden  üeouietrie  eine  einheitliche  Bezeichnung  platz- 
f;^reife. 


1 


,  II,  lU 


t^tt  i-m 

*■  »    *•  » 

0   .  .  ■  . 

Ai,  Ao,  Af^ 
A',  Ä",  A« 


a 


a 


III 


A',  A",  A'" 

u .  a  .  ii 

A',  A".  A'.» 
-I  -u 

AI,  AH.  AHF 
ai,  aii.  a« 


A'" 

m 


(A').  (A"\  r 

(a'),  'u"),  (a'") 


projicierende  (Null«)  Ebenen. 

erste  (Einser-),  zweite  (Zweier-),  dritte  (Dreier-)  Pro- 

jections«  oder  Bildebene, 
die  drei  Bildachaen. 
Biidachsenschnitt  (Ur8])rung). 
die  drei  Orthogonalbilder  eines  Rauuipunktes  A. 
1,     ^  f,  einer  Raumgeraden  a. 

„     „    Spurpunkte  einer  (ieraden  a. 

„    f^]*nrlinien  einer  lielieb   t^en.  Ebene  ol. 
Nullspur  einer  Einser -projic,  einer  Zweier -projic. 

und  einer  Dreier-proiic.  (Null-)  Ebene  jv,  v^,  ui^, 
Lagen  Veränderung  (Ümlegiing  oder  Drehmig)  eines 

Punktes  A. 
Lagen  Veränderung  einer  Geraden  a. 
centrale  Projectionen  eine«  Punktes  A  auf  I,  II,  III. 

„  p         einer  Cleratlen  a    ,  ^ 

schiefe  »         eines  Punktes  A    „  ^ 

,  ,  ^      einer  Geraden  a   „  ^ 

Schlagechattm  eines  Punktes  A  mm 
ptner  Geraden  a  i.  « 

Achseusthnitte  einer  Ebene     auf  *x",  'x'",  "x"' . 

die  drei  Ordinaten  eines  Punktes  A  fiir  I,  II,  III. 


II.  Perspt'(  t  i  ve  (Centralprojection). 
Gleichartige  Bezeichnung  wie  in  der  Orthogonalprojection  verlangen: 

I  die  horizontale  (irundebene. 

II  die  Bild-  oder  Projeotouebeiie. 

III  die  Vorticalebene. 

H])oeiell : 

A   Auge  (Projectionsceutrum). 

^  Augpunkt. 

<i   AnL"li-t!tn7 

A\  A",  X"  Umlcifuugeu  des  Auges. 

hh  Horizont. 

▼  T  Verticallinie. 


gg  Grundlinie  (auch  mit 


zu  bezeichnend. 


pp  Purallelgerade  (d.  i.  der  Schnitt  der  diinh  A  zur 

.    ^  JI-Ebene  parallelen  Ebene  mit  der  Grundebene  I). 

A,  a  perspective  oder  Ccntralbüd  eines  Punktes  A,  respec- 

tive  einer  Geraden  a. 

Fa.  Ftt  Fluchtpunkt  einer  Geraden  a,  respectiTe  Ftuchtlinie 

einer  Ebene  'a. 

4a»   Schnitte  der  Spur-  und  der  Fluchtlinie  einer  Ebene  » 

auf  hh,  reapective  auf  vv. 
Die  ortfiogonale  Barstellung  ist  conform  der  in  I.  gezeigten. 

III.  Con st ruotionsbezeichuuug. 

—  idcntitiitszeichen. 

[AB|  Verbindungslinie  der  Punkte  A,  B. 


(ab) 

lAB^cu.  (abr— C 
(iABI.  CD«)  ^  M 


l(ab),  (cd){ 


m 


Schnittpunkt  dm-  Ceraden  a,  b. 
Constructionsresultate. 
Con.structionsschema  des  Schnittpunktes  zweier  Ge- 
raden. 

Con!!>trnctionBBchema  der  Verbindungslinie  sveier 
Punkte. 


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MiBcellen. 


283 


2.  Für  die  Festitollong  einer  aolehen  Beceichnung  sollen  die  in  der 
•ZettBcbrift  fflr  daa  Bealtehnlwesen",  XXI.  Jahrgang  (18%),  L  Heft,  8.  25 
bis  2],  gemachten  VorBciUSge  ab  Ausgangspunkte  dienen. 

8.  Zur  Weiterprüfang  dieMr  Angelegenheit  wird  ein  ftln^liedrigea 
Comit^  gew&blt.  welches  beim  nächsten  Mittelttchultage  fll>er  die  nntez^ 
nommenen  Schritte  und  deren  Erfolg  Bericht  zu  erstatten  hätte. 

4.  Der  vorbereitende  A««3chii«».s  möt^a  «»ich  im  Interesse  der  gedeih- 
lichen Du rchfiihninf^  dietsfr  wichtigen  Aiifijflt'gt'nheit  mit  den  Hoohschul- 
Professoren  die^^eti  Faches  ins  Einvernehmen  »etzen. 

Durch  die  zu  erzielende  Einheitlichkeit  in  der  Bezeichnung  der  geo- 
metrischen Elemente  in  nWort  nnd  Bodistabe"  nnd  durch  die  Gepflogen- 
heit, gleichartige  Elemente  immer  gleichartig  zu  beieichnen,  soll  der 
Unterricht  in  der  datatellenden  Geometrie  erleichtert  nnd  seilen  jene 
Schwierigkeiten  beseitigt  werden,  die  sich  dem  Schfller  beim  Wechsel  des 
Lehrers,  der  Lehranstalt  und  beim  f besuche  der  Hochschule  ergeben. 

Von  einer  detaillierten  Be><pri'chun^  der  j]femaohten  Vom'hlftjj'G  miiwte 
wegen  Zeitmangels  abgaben  werden,  und  wurdo  »olches  dem  vorbereiten- 
den Comite  überlassen. 

lu  die^H  vorbereitende  Comile  wurden  gewühlt:  Dir.  Klekler  zum 
Obmanne,  Prof.  Meixner  und  Prrf.  Dehler  sn  SehvifIflUirtm,  ferner  äht 
Fkoff.  Wensel  Knobloch  (Wien)  and  Frans  Schiffner  (Wien). 

Hierauf  referierte  Prof.  Bu  dolf  BOck  (Troppan)  Uber  das  angektlndigte 
Thema: 

,J>er  Mangel  an  Lehrern  für  das  Freihandzeichnen  an  den  Mittel« 
schulen.  —  Die  Mittel  zur  Behebung  dieses  Mangels.*' 

Der  Referent  führt  aus,  dass  die  M in isterial Verordnung  vom  7.  Fe- 
bruar 18<S4,  derrAifoliio  die  Candidaten  für»  Freihandzeichnen  das  Gymna- 
sium oder  die  iieai«chule  mit  Maturitätsprüfung  absolviert  haben  müssen, 
im  Interesse  dtis  Ansehens  der  Schale  und  des  Lehrers  für  Freibandzeichnen, 
im  Hinblicke  auf  die  Öffentlichkeit  und  auf  die  Schule  selbst  unbedingt 
aufrecht  erhalten  werden  mtae.  I>a  sich  aber  der  Mangel  an  solchen 
(^ndidaten,  welche  der  citierten  Verordnung  entsprechen,  immer  mehr 
steigert,  so  ist  es  unumgänglich  nöthig,  solche  Candidaten  durch  besondere 
Mittel  heranzuziehen.  Dies  werde  m(^glich  sein  schon  dadurch,  dass  man  die 
zum  Zeiciinen  hinneigenden  und  besonders  boirabten  Absolventen  der  Mittel- 
8chuieu  auf  iliis  Kun^-t>tuilium,  respectivc  auf  das  Lehramt  des  Freihand- 
y.eichnPTis  anlmci  ksam  iiiucht,  ferner  dadurch,  dass  man  sie  auf  die  bestehen- 
den iStipeudien  tür  Lehramtscandidaten  den  Freihund^eiclmens  hinweist. 
Heute  wisMU  die  jungen  Leute  weder  Yon  diesen  Stipendien,  noch  ist  jemand 
Ober  den  Stndiengang  ittr  das  Lehramt  des  Freihandseichnemt  unterrichtet. 

El  sollte  som  mindesten  eine  Hodegetik  für  alle  vier  Jahre  des  Kunst- 
studiums  aufgestellt  werden  in  der  Art.  wie  sie  Referent  als  Beispiel  in  Vor- 
schlag  bringt.  Überdies  würde  sich  die  Errichtung  von  neuen  Zeichenlehrer- 
ppminaren  oder  -Cursen  empfehlen.  Bis  zur  Cieinrnng  einer  solchen,  im 
Interesse  einer  sy.'^tpniati'ichon  Vorbildung  der  Candidaten  wämi^tpns  zu 
1)»^ fürwortenden  Institution  niüsstf  das  Studium  der  Candidaten  der  ControU- 
einer  Commissiou  von  Fat  luiiünnern  unterstehen,  die  aus  Prüfungscuiumis- 
sftren  und  Fachinspectoren  zusammengesetzt  sein  könnte.  Zum  ^Schlüsse 
empfiehlt  der  Referent  die  folgenden  drei  Thesen  snr  Annahme: 


Digitlzeü  Ly  <jOOgIe 


284 


MisceiJen. 


1.  Der  VL.  deatacb-Orterreichiache  Mitteltehnitag  spricht  sieb  wu 
pftdaffOfpseheii  GrOndea  dahin  aua,  da«  «8  aothwendig  ht.  die  Veroidsiiiig 

vom  7.  Februar  isv  1  aufrecht  aa  erhalten,  nach  welcher  auch  jeder  Lehmmte- 
candidat  für  Freihandzeichnen  gerade  so  wie  der  Candidat  eines  anderen 
Faches  vor  dem  Antritte  seiner  Fachstudien  sich  mit  dem  Matiirit.lts- 
prufungszeugnisiKe  eine^  (.^yiiina^iiumsi  oder  ein»^r  H»'als«  hulo  aii^woisen  muss. 

2.  üm  die=e  für  dm  Ansehen  der  Schule  mul  ir>  Lehiers  gleich 
wichtige  Verordnung  aufrechthalten  zu  können,  h^Ut  e^  der  VI.  deutsch- 
MeneidkiMdie  Mittelachnitag  zur  Behebung  de«  Lehrermangels  für  nöthig, 
die  auflgesproclien  zum  Zeichnen  hinneigenden  AbeoWenten  der  Mittel* 
•ebnlen  («peciell  auch  der  Qymnaaen)  anf  dat  KnneUtudiam,  reepeetive 
auf  da«  Lehramt  dee  Freihandieiehnene  an  Mittelacholen  in  entepreebender 
Weiae  anfmerkNani  sn  machen,  und  zwar  dnrch  Verlantbamag 

ä)  des  einzuschlagenden  Studiengange;*, 

b)  der  vom  hohen  Ministerium  zu  verleihenden  Stipendien  f&r  Lehramts- 

candidaten  des  Freihandzeichnens. 

Diese  Verlautbarung  möge  <hiieh  die  Directionen  (h-r  vollständigen 
Mittelschulen  im  Laufe  des  zweiten  Öemei^terti  eineä  jeden  Schuljahres  ge- 
aehehen. 

&  Um  den  gegenwttrtig  ganz  nnaicberen  und  nicht  normierten  Studien* 
gang  der  Candidaten  fBr  Zeichnen  au  regeln,  hält  der  VL  deutieb-Oater- 

reichiache  Mittelschnltag  die  Aufstellung  einer  Hodegetik  fSr  alle  vier  Jahre 
de»  Kunststudiums  fEür  nothwendig  and  befürwortet  im  Intoreaae  einer 

fVstematiHchen  Vorbüdnnji  der  Candidaten  die  Creieninj»  eigener,  auf  der 
Höhe  der  Zf?t  ■^tehentier  Zeichenlehrerseminnre  oiier  -Curse.  Bis  zum  In><- 
lebentreten  derselben  ist  e«  aus  demselben  Grunde  nothweudiir.  die  Ar  bei  ts- 
thätigkeit  der  Candidaten  durch  eine  Commission  von  Fachmännern  zeit- 
weilig zu  prüfen  und  die  Candidaten  entsprechend  anzuleiten,  für  welchen 
Zweck  eine  proviBoriaehe,  aber  doch  bindende  Hodegetik  herausgegeben 
werden  mOge. 

Das  Rerallat  der  Beeprechung  der  Theten  im  al^pemeinettt  an  welcher 

sich  Dir.  Klekler  (Wien).  Dir.  Januschke  (Teschen),  Prof.  Oeh  1er  (Wien), 
Prof.  Heller  (Linz),  Prof  Wi dter  (Brunn),  Prof.  Machatschek  (Olmutz), 
Prof.  Speth  (Tmutenau).  Vioi.  Keitmann  (Miilnisch -(^^strau)  und  der 
Referent  Prof.  Bcick  (i'roppau)  betheiiigten,  war  die  einwtiuimige  Annahme 
der  ersten  Iliese  und  eines  Theiln  der  zweiten  Thoi*e  in  folgender  Form: 

^.  Lm  diese  für  da^  Ansehen  der  Schule  und  des  Lehrers  gleich 
wichtige  Verordnung  aufrechthalten  tu  kOnnen,  hftlt  es  die  SeaJaebul« 
aeetioa  de«  VL  deutach-flaterreichiachen  Mittelachnltagea  zur  Behebung  dea 
Lehrarmaugela  fHv  witnachenawert,  die  auageaproehen  zum  Zeichnen  hin* 
neigenden  Abaolventen  der  Slittelachulen  (spedell  auch  des  Gymnaainma} 
auf  das  Kunststudium,  respective  auf  das  Lehramt  dea  Freihandzeicbn^a 
an  MittelNchulen  in  entsprechender  Weisp  aufmerksam  zu  machen. 

Wegen  der  schon  vorgerückten  Zeit  konnten  die  Theten  nicht  weiter- 
berathen  werden. 

X^atu.z'wlMMn.BcHa.ftlicb.e  Sectioxx. 
Um  '/«ö  Uhr  hatten  aich  8&  Theilnebmer  dea  VI.  deutecb-^rreicbi- 
Bchen  Mittelaehnltages  im  Phjaikaaale  der  k.  k.  Staate -Oberrealachule  im 


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Miscellea. 


2ä5 


III.  Beurke  eiagefniideR  wnü  worden  von  Prof.  Daurer  im  Namen  der 
vorbereitenden  ComnuMioB  liertliebit  bej^üßt.  Auf  eeiaen  VoracUair  wurde 
Dir.  Wittek  (Baden)  som  Frfteet  und  FMf.  Hribar  (Teechen) 
fttkrer  gewlklt.  Der  Voniteende  dankte  fQr  die  Wahl  und  eranehte  Prof. 
QlOeer  um  Abhaltang  des  angekündigten  Vortrag: 

«»Elnigre  neuere  physikalische  Versuche". 

Prof.  GlÖPPi*  zoifrfp  mm  in  einem  «^ehr  lichtvoll  gehaltenen  Vortrage, 
in  wie  einfacher  Weiste  der  Foui-aiilt"-rh»«  P»'n<lelver?nr]i  in  jcdcni  Schul- 
aiuiiuer  ia  kurzer  Zeit  und  unter  AoweTKiung  verbäUniümiiL)i>(  bescheidener 
Mittel  durch  iSchattenprojection  des  Pendelfadens  vorgeführt  werden  könne. 
Der  dem  Vortrage  folgende  Vernich  eelbet  wm  als  ein  durchwegs  ge- 
lungener  beseichnet  werden. 

Ferner  experimentierte  Prof.  6l4(eer  mit  einem  Thermoekop  nach 
Prof.  Loser  in  Essen.  Dieser  ApfKurat^  der  auch  als  empfindliches  Manometer 
benützt  werden  kann,  eignet  sich  weja^n  seiner  Einfachheit  auch  für  die 
Unterstufe  um!  kann  in  fnst  allen  nol)ieten  der  Physik  seine  Verwendung 
finden,  weshuli»  rr  wämistcus  fiiii>fohlt'n  wird. 

Unter  lebhalU-r  Zustiuinuinif  aller  Anwo^finien  dankte  Dir.  Wittek 
dem  Prof.  G löser  für  die  Vorführung  der  überaus  instructiven  Versuche 
and  dem  Dir.  Hegierungsrath  Lam  berger  alt  Hantherm  für  die  über* 
laesnng  des  Saalet. 

Um  %7  Uhr  fand  im  PbjrikMuile  des  Tbereslannms  der  Vortrag  des 
Prof.  Dr.  Hof I er  statt: 

»3inige  neuere  Lehrmittel  zum  astronomlsehen  Unterrichte". 

Der  Vortraf^endf  machte  zuerst  auf  die  im  vorijjen  H«'r1)stf  •'rs^chionone 
i^ch^inr»  Sternkarte  von  Prof.  Nsib»'lek  aufnifrksaiii,  ilie  in  finiijen  Kxoin- 
jilaren  vorgelegt  wurdf:  t'»'rner  auf  die  verdienstvolle  Koppe'ische  Dar- 
stellung der  PlanetenbaniK  ii .  von  welcher  gleichfail»  einzelne  Sonder- 
abdr&cke  ans  Pockes  Zeitschrift  vorgelegt  wurdra.  Auf  Grund  dieser 
letfteren  Karten  hatte  der  Vortragende  von  einigen  Schalem  der  IV.  und 
VII.  Claase  ein  großes,  4  m  langes  Tableau  des  an  die  Ekliptik  grenzen« 
denTheiles  des  Fizsternhimmels  (mit  Äquator  und  Curve  der  Zeitgleichnng) 
auf  Pauspapier  zeichnen  la«HPn  und,  hinter  dieser  transparenten  Dai'stellung 
der  Sternbilder  des  Thierkreises  anzubringen,  eine  Darstellung  der  Be- 
wegungen des  Mars  von  1H04  l-i-«  1897  —  die  letztere  «oll  von  kiinftif^en 
8chülerf,'enerationen  auf  (ir\inil  der  Koppe'schon  Karten  von  Jahr  xu  Jahr 
iort-rfsctzt  wt'rdt'n.  —  An  nriu'rcn  Lfhiniitteln  zeigte  der  Vortragende  noch 
seinen  tran.Hpareuteu  liinunel-^'lübu(>  und  seinen  Ekliptikapparat.  Hierauf 
führte  er  am  Skioptikou  gegen  90  Bilder  grOßtentheils  astronomischen 
Inhaltes  vor,  su  welchen  die  Diapositive  ein  Scfafller  der  VIILClasse  nach 
den  schönen  Illustrationen  aus  der  Zeitschrift  «Himmel  und  Erde"  an- 
gefertigt hatt«. 

Aus  dem  Physiksaait-  begaben  sich  die  Theilm^hmer  am  Mittelschul- 
tasje.  etwa  40  an  der  Zahl,  auf  eine  300  Schritte  entfernti'  ,Schnler-Stem- 
warte"  (Ecke  <ler  rh»'rp«iannm-  und  Victorf^ns^jp) ,  pIh  vom  Vortragenden 
gemietetes  Erkerzimmer  in  Bodenhoho  mit  dariiber  gch-^^ener  Pliittt'orm, 
welche  freie  Aussicht  fast  über  den  ganzen  Horizont  von  Wien  gewuiirL. 
Es  wurde  durch  ein  dioptriscbes  Fernrohr  und  durch  ein  Brachyteleskop 
von  Fritsch  der  Planet  Venus,  welcher  damals  der  unteren  Conjnnction 


28G 


Miacelien. 


gtaa  mh»  war  ond  ■onit  die  Gestalt  einer  acfamalen  Sichel  aeigte,  sowie 
der  Planet  Jupiter  mit  seinen  Monden  und  der  Mond,  der  noch  nicht  fpant 
Toll  war,  beobachtet. 

Erst  nach  9  Uhr  verließen  die  Theilnehmer  die  gfinstig  gelegene 
Anssichtswairte. 


X>ritter  'Verljiandiixiigsta.g, 

.  (Mittwoch,  14.  April) 
Um  Vi9  Uhr  Ir&h  begannen  die  Sectionmtsnngen. 

IPlaJLlologiBclie  Sec-tloxa. 

üljcr  Krsuchen  des  VorsitzenUen  Prot.  Mätzler  (Klageufurt)  hielt 
Herr  Prof.  Dr.  Frank  (Wi»^n^  steinen  Vortra;^: 

„Die  griechischen  GÖlterideale  im  Untein^iehie". 

Der  Vortrageade  gab  eine  kurs  gedrängte  geschichtliche  Entwicklung 
des  griechischen  GAtteridealcs,  wies  auf  seinen  sittlichen  und  ftsthetisdiat 
Gehalt  hin  und  rerfolgte  insbesondere  seine  Bedeutung  im  Bildungswesen 
deijenigen  Völker,  die  Ton  der  Cultur  der  classischen  Völker  befruchtet 
wurden.  Darin  liege  auch  sein  Wert  für  die  Schute.  In  der  Sc-liule  selbst 
«olle  jedoch  die  Behandluiii;  des  ästhetischen  Ideales  nur  fjelegentlich  vor- 
kommen. Zur  Beleuchtung  des  Vci  taluens  führt»»  der  Vortraji:ende  aus 
allen  Fflchern  einige  Beispiele  vor.  Hierauf  streifte  er  auch  die  Bezieh nnym 
zwischen  Sitte  und  Sittlichkeit  und  knüpfte  daran  einige  Bemerkungen 
Qber  die  Behandlung  des  Nackten  in  der  Kunst. 

Eine  Debatte  knüpfte  sich  an  den  Vortrag  nicht,  und  so  erklftrte  der 
Vomtsende  unter  Ausdruck  des  Dankes  an  den  Vortragenden  die  Sitsung 
Ar  geschlossen;  dem  Vorsiteenden  sprach Landes-SchulinspectorDr.Scheind- 
1er  (Wien)  in  warmen  Worten  den  Dank  fttr  die  Leitung  der  Sectionsr 
sitsungen  aus. 

£^l«torlaclxa  Seotlon.. 

Unter  Vorsitz  des  Prof.  Dr.  G  ratzy  (Laiuach)  verhandelte  die  äcction 
nach  Anliörung  des  Vortrages  des  Dir.  Dr  <V  Tu  ritsch  (Mies): 
„Die  Instructionen  zum  geographischen  Unterrichte  im  Verhält- 
nisse zur  bisherigen  Methode  der  Lehrbücher*' 
über  diesen  pädagogisch  wichtigen  Gegenstand. 

Im  Laufe  der  IHsciMsion,  die  sich  an  den  sehr  bdftUig  aufgenommenen 
Vortrag,  der  in  einem  der  nächsten  Hefte  dieser  Zeitschrift  erscheinen 
wird,  ansehloss,  stellt 

Dr.  Jul.  Mayer  (l.inz)  den  Antrag,  die  Versammlung  möge  den 
Wunsch  aussprechen,  dass  in  der  I.  Chisse  der  .Mittelschulen  der  Unterricht 
in  der  Geographie  nur  Toa  geprüften  Fachlehrern  der  Geographie  er- 
theilt  werde. 

Prof.  Frank  (Wien)  saj^t.  es  sei  der  Grundsat?;  ausgCMprocben  worden, 
dass  duä  Lehrbuch  den  Instructionen  ungepivsst  aeiu  müsse.  Demgegenüber 
sei  aber  daran  festzuhalten,  das«  die  Instructionen  nur  ein  Wegweiser  für 
den  Lehrer,  keineswegs  aber  eine  allgemein  bindende  Norm  seien.  Adch 
sei  die  Frage  au  erwfigen,  ob  nicht  Tielfiich  auf  die  Terninkunde  auviel 


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Miacellen. 


287 


JSeit  Tenreiidet  werde,  so  da»  dann  fQr  die  mentebliche  Th&tigkeit,  die 
Cnltorgeogi-aphie  a.  s.  w.  nicht  gauag  Zeit  fibrigbleibe. 

Prof.  Dr.  Becker  (OberhollabninB)  tritt  daHlr  ein,  da«  in  den  Lehp> 

lifichern  die  Oro-  und  Hydrognii>hie  verwoben  werde  und  aucli  die  Topo- 
graphie nicht  als  getrennter  Tbeil  angehängt  werde,  sondern  Boden,  Ge- 
wässpf  nnd  Ortschaften  in  ihrem  natürlichen  Zusammenhange  den  SchiiU'rn 
Torgettlhrt  werden  sollten.  Topogruphio  und  Statistik  wurden  dann  nur 
als  zusaramenfassendr  Wiederhohingea  erscheinen. 

Prof.  Klar  betruchtet  als»  Hauptaufgabe  der  I.  Cla«»e  du«  V'ertraut- 
werden  des  Schülers  mit  der  Terraindarstellung  der  Karte.  Unsere  Qeneral- 
karten  seien  »war  schledit,  dodi  nasere  gegenwärtigen  Sehnlatlanten  seien 
recht  gut  Es  w&re  wOnschenswert,  wenn  jemand  eine  Terrainlehre  l&r 
die  I.  Classe  schreiben  würde;  nneh  Ar  den  Lehrer  wftre  das  Ton  großer 
Wichtigkeit. 

Prof.  Schauer  (Linz)  schließt  sich  bezüglich  der  Terrainlehre  dem 
Vorredner  an  und  spricht  die  Ansicht  aus,  dass  die  historischen  Abschnitte 
nicht  in  das  <rengraphiachc  Lelirlmch  gehören. 

Prof  Dr.  W.  Schmidt  i  Wien)  »]>rieht  über  die  Schwierigkeiten, 
unter  denen  die  inütructionen  bei  ihrer  Abiasüung  zu  leiden  hatten,  ferner 
tfaeilt  er  mit,  dass  er  seibat  ehi  Ldirbach  der  Qeographie  rorbereitet  habe. 

Znr  einstimmigen  Annahme  gelangten  die  Resolutionen  Juritsch, 
Mayer  nnd  Klar: 

1.  In  der  I.  Classe  soll  stets  nur  ein  geprüfter  Fachlehrer  den  Unter- 
richt in  der  Geographie  ertheilen  dürfen. 

2.  Es  ist  darauf  hinzuwirken ,  dass  eine  Terrainlebre  für  die  Unter- 
etofe  encheine. 

Zum  SchlusÄit'  wird  iuit  Antrag  Prof.  Singers  dem  Vorsitzenden  für 
die  umsichtige  Leitung  der  Vei-sammlungen  der  Dank  der  Section  au*- 
gesprochen. 

l^atu.rHlBtoilBcb.0  SecHo».. 
Der  Vorsitzende  Schulrath  Dr.  K.  Schwippel  ersucht  Herrn  Prof. 
Dr.  V.  NieUch,  seinen  Vortrag: 

„Ober  einen  Induetlven  Lehrgang  fttp  den  geologlsehen  Untenieht 

an  der  Hlttelseliule** 

zu  halten.  Die  eingehenden  Erörterungen  des  Vortragenden,  welche  in 

dieser  Zeitschrift  vollinhaltlich  erscheinen  werden,  fanden  ungetheilten 
Beifall.  In  eine  Debatte  darüber  ließ  sich  die  Section  nicht  ein. 

Britto  TollTenammlang. 

Den  Vorsita  übernimmt  Dir.  Dr.  F.  Swtda  (Triest). 

Voraitiendentell Vertreter  Dir.  Dr.  Swi da:  Ich  erkläre  die  dritte  Voll- 
versammlung für  eröffnet  und  ertheile  zun&chst  dem  Herrn  OescbäftsfÜhrer' 
Stellvertreter  Prof.  Dr.  Maiß  das  Wort. 

Geschriftsführcrstcllvcrtreter  Prot.  Dr.  Mai  Ii:  Hochan-^ehniiche  Ver- 
sammlung! Wir  würden  der  Tagesordnung  ^HniäU  nun  zu  den  Referaten 
Über  die  Dienatpragmatik  gelangen.  AU  letzter  Gegenstand  befindet  sich 
j^och  auf  der  heutigen  Tagesordnung  noch  ein  Vortrag  des  Herrn  Prof. 
Dr.Pitsch:  ȟber  die  Principien  der  Mechanik  nach  Heinrich  Herta*.  Ich 


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288 


Miscellen. 


habe  eebon  in  der  ersten  Veraammlmiflr  erwftluit,  da«  dieser  Vortrag  eigent- 
lich ein  phi1oM)|»hieche8  Thema  behandelt,  wenn  aach^dcr  Titel  in  großer 
Bescheidenheit  etwas  enger  gewfthlt  isL  Ich  glaube,  wir  würden  uns  einen 
Rchönen  Vortrsg  entgehen  lanen,  wenn  wir  nicht  den  Collegen  Pitsch 
heute  snerst  zu  Worte  kommen  ließen.  Er  hat  entschieden  erklärt,  dass 
er  nicht  mehr  a.h  HO  Minuten  in  An^^pmch  nehmen  wird,  eine  Debatte  wird 
«ich  an  den  Vortrag  Toriius<ichtlich  niclit  knü]>fe!i:  die  Herren  Referenten 
über  die  I>ien.stprai;iuatik  haben  sich  mit  dem  Vorj^'ange  einverstanden 
erklärt,  und  die  Tagesordnung  wird  sich  auf  diese  Weise  ganz  gut  er- 
ledigen lasMn.  Ich  bitte  Sie  also  um  Ihre  Zaatimmong,  daas  Ennlchst  Herr 
Dr.  Pitsch  seinen  Vortrag  halte  und  sodann  die  Referate  über  die  Dienst- 
Pragmatik  erstattet  werden. 

Dieser  Antrag  wird  angenommen,  und  es  wird  daher  in  der  voi^ 
geRchlagenen  Reihenfolge  vorgegangen  und  Prof.  Dr.  Pitsch  erhält  das 
Wort  711  «»'inem  Yor\r\fj'^: 

„Über  die  Principien  der  Mechanik  nach  Heinrich  Hertz", 
weicher  in  oinem  der  nächsten  Hefte  vollinhaltlich  erscheinen  wird. 

Vorsitaenderjitellvertreter  Dir.  Dr.  Swida;  Bei  dem  Umstände,  da«s 
wir  noch  einen  sehr  wichtigen  Berathungsgtjj:enstand  vor  uns  haben,  der 
längere  Zeit  in  Anspruch  nehmen  wird,  und  hei  dem  weiteren  Umstände, 
dass  der  Tortrag  nicht  in  einer  These  gipfelt,  eu  der  die  Teraammlung 
Stellung  nehmen  mOsite,  wflrde  ich  T<»scli]agen,  unter  dem  Ausdrucke  de» 
lebhaften  Dankes  fiir  di«*  ;;,'e  ist  vollen  und  schönen  Ausfuhrungen  des  Herrn 
Vortragenden  (Lebhafter  Bei£aU)  von  einer  Debatte  absosehen.  (Allgemeine 
Zustimmnng.) 

Da  ilie  Versammlung  hiemit  einverstanden  .  so  gehen  wir  zum 
nächsten  (7ej.^ensitÄnde  der  Tagesordnung  idjer.  d.  i.  die  Frage  der  Dien??t- 
pragmatik  für  MittclschuUehrer.  Ich  wenle  zunächst  den  Herrn  llcfereuten 
Prof.  Norbert  Schwaiger  ans  QEemowitz  and  hierauf  den  Corteferenten 
Prof.  Danrer  ans  Wien  ersuchen,  das  Wort  su  ergreifen. 

Es  folgte  nun  die  Erstattung  der  beiden  Referate,  welche  in  dieser 
Zeitschrift,  Jahrgang  Xf,  S.  203  ff.,  ausführlich  veröffentlicht  sind. 

Vorrifatenderstellvertreter  Dir.  Dr.  Swida:  Ich  eröffne  nunmehr  die 
Debatte  Ober  den  Inhalt  der  beiden  Referate  und  die  am  Schlosse  der- 
selben gestellten  Anträge. 

Prof.  Dr.  Schwarz  (MUhrisch-Ostraii) :  Der  Umfang  und  die  Wichtig- 
keit des  Gegenstandes  werden  es  wohl  nicht  zulas-sen,  da.ss  heute  in  der 
Debatte  mehr  als  flüchtige  Anregungen  erfolgen.  Diese  Anregungen  allein 
aber  werden  kaum  genügen,  am  den  Gegenstand  su  erschöpfen;  denn  wenn 
auch  die  meisten  Anstalten  hier  vertreten  sind,  so  sind  es  doch  nicht  alle. 
Deshalb  wird  es  meiner  Ansicht  nach  nothwendig  sein,  den  Antrag  de» 
Herrn  Con-eferenten  in  einer  gewissen  Richtung  zu  erweitern.  Er  hat  die 
Einsetzung  eines  ComiteH  vorgeschlagen,  in  welchem  gewissermaßen  nur 
die  organisierten  Mittelschullehrer,  die  Vereine  vertreten  «-ind.  Nun  pibt 
es  aber  eine  ganze  Anzahl  von  Lehranntalten  und  Provinzen,  welche  keiner 
dieser  Körperschaften  angehihen. 

Vor  allem  zeigt  schon  der  Titel  den  Entwurfes  »iigentlieh  eine 
Anomalie,  denn  derselbe  heißt  ansdrScklich :  ^Entwurf  einer  Dienst- 
pragmatik für  das  Lehrperaonat  der  k.  k.  Österreichischen  Gymnasien  und 


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MwiceUen, 


289 


Bttkeluileii*.  Nun  bat  aber  öslemicli  ao  eigeothilinliclie  Verhftltaiaie, 
daas  eine  groOe  Amabl  von  Mittelschulen  —  ja  in  manchen  Proyinaen, 
wie  in  Mühren,  die  überwiegende  Anssahl  —  dann  eiuthch  nicht  unter  diese 
Vorschrift«»!!  füllen  wurden,  obachon  sie  orpnau  so  wie  <lio  k.  k.  Mittelschulen 
der  Increr^nz  der  k.  k.  Mittelschulverwaltunjj:  untor?.tehen.  Es  wird  also 
unbedmijt  eine  Form  gefunden  werden  niiUsen.  dm^  auch  die  Lehrer  an 
den  Landesmittelschulen  berücksichtigt  erscheinen.  Son^t  werden  alle  die 
Terlesenen  Paragiaphe,  die  sich  auf  die  Pflichten  beziehen,  für  die  Landee» 
«ittelsdittUebfer  aicherlich  auch  Geltang  haben,  jene  über  die  Reebte 
aber  nicht.  leb  wQrde  alao  wOnacben,  daaa  bei  der  Binaetanng  de«  Comittfi 
aaeb  aof  die  Vertreter  jener  Eronlftnder,  wie  Mähren,  NiederGaterreieb, 
Steiermarkt  in  denen  eine  gvSOere  Anzahl  von  Landesmittelachnlen  beatebti 
entaprechend  Rücksicht  genommen  werde.  Das  wird  ja  eine  Versammlung, 
die  sich  nicht  ^k.  k.  Mittelschultag",  sondern  Mittelacbnltag  im  allgemeinen 
nennt,  gewis«  gerne  berücksichtigten. 

Auch  eine  zweite  Anr»'Ufuiig  wäre  wohl  leicht  durelizuluhren,  dasa 
namiich  der  i!.iitwu[f  im  Auftrage  des  M ittelschul tage^  an  die  Lehrkörper 
ainuntlieber  Anstalten  mit  der  fSnladnng  TCfaendet  werde,  bierflber  ein- 
gebende Beratbnng  au  pflegen,  nm  der  einsoaetsenden  Commiaaion  das 
ttOthige  Material  an  bieten. 

Prof.  Dörfler:  Hochgeehrte  Versammlung!  Es  war  mir  die  Ehre  zu- 
theil  geworden»  in  den  Ausschuss  des  k.  k.  Staatsbeamtencasino-Vereinea 
gewählt  zu  werden,  und  dort  wurde  ich  in  d;us  Comit»'.  das  zur  Verfiu^snnpf 
einer  Dienstpra^matik  eingesetzt  wurde,  berufen.  Diis  ist  die  Veranln- vtmj?, 
weshalb  ich  mich  heute  zum  Worte  melden  zu  dürfen  glaubte,  weil  ich 
in  der  Sache  bereits  einige  Erfahrung  hal>e.  Wir  haben  im  Ausschuss- 
eomit^  den  &ttwnrf  einer  Dienstpragmatik  in  langen  Sitzungen  durch- 
betatben,  nnd  ea  kamen  immer  längere  Elaborate  berana,  ao  daaa  die 
Scbwierigkeiten  aieh  derart  mebrten,  daaa  wir  acblieGlicb  in  Abtbeiinngen 
Torgeben  muaeten.  Inabeaondere  war  auch  die  Stellung  der  Profemoren  gegen- 
über den  anderen  Staatsbeamten  als  eine  eigenthümlicbe  aufzufassen.  Hier 
haben  Sie  nun  heute  auch  ein  solches  langes  Elaborat  vor  sich.  Ich  mache 
Sie  gleich  aufmerksam,  was  der  Erfolij;  sein  wird;  es  wird  Ihnen  dasselbe  ge- 
.schehen,  was  uns  '▼eschehen  ist.  Wir  haben  der  hohen  Regiernnt;  auch  einen 
solchen  Entwurf  unterbreitet  un<l  auch  ersucht,  er  m<^^e  (iLS.-ize.Hkratt  erhal- 
ten. Und  was  hat  die  hohe  liegieruog  gethan?  Die  l'dichteu  hat  nie  heraus- 
genommen nnd  in  ein  Geaeta  formnliert,  die  Rechte  waren  veracbwunden« 

Bei  dem  Umatande,  ala  aeineneit  der  Miniaterpräaident  Qraf  Taaffe 
anf  eine  Bemerkung  im  bohen  Hanae  der  Abgeordneten  geeagt  bat,  daaa 
eine  Dienstpragmatik  nicbt  erlassen  werden  könne«  iat  gar  keine  Auasiebt 
vorhanden,  dass  wir  eine  bekommen.  Da  würde  einzig  und  nllein  ein 
Strike  helfen.  (Lobhafte  Heiterkeit.)  Das  i>t  meine  Meinung.  Ich  werde 
mir  deshalb,  da  ich  <iie  l'nm^iglichkint  der  Annalime  dieser  Voria^re  vur- 
auisehe.  erlauben,  den  Herren  ein'u  gunz  einfücbeu,  aus  sechs  i*uukten 
beistehenden  Entwurf  vorzulegeu.  Natürlich  ist  er  radical  wie  ich  selbst 
(Heiterkeit),  das  können  Sie  eich  denken: 

1,  Die  geheime  Qualifieation  wird  aufgehoben. 

3.  Jede  Lebrperaon  hat  daa  Recht,  gegen  Termeintliehea  Unrecht  aicb 
an  eine  Commiaaion  vu  wenden. 


Dlgrtlzeü  Ly  <jOOgIe 


290 


MisceUen. 


3.  Diese  Commis^ion  wird  gebildet  a)  auH  drei  selbstgewählten  Mit- 
gliedern des  Lehrstandes,  h)  an^  drei  bp<timniten  Richtern,  c)  einer  TOm 
hohen  >iinisteriv]m  bestimmten  Persönlicbkeit  als  Vorsitzeudeu. 

4.  Die  Beschli'LSSp  diei:or  Commission  sind  unumstößlich. 
b.  Dieses  Gesetz  hat  rückwirkende  Kraft. 

6.  Die  weitere  Amflllirung  übwnimiiit  du  hohe  Minutetimn  flBr 
Coltua  nnd  ünterrieht. 

Ich  glaube,  es  kann  nieht  bald  etwas  Badicaleres  geben«  Zur  Be- 
gründung erlaube  ich  mir  nur  einige  Worte,  insbesondere  was  den  ersten 
Punkt  betrifft  Gestatten  Sie,  dass  ich  Ihnen  ans  meinem  erfahrongareichen 
Leben  eine  Episode  anführe  .... 

Vorsitztnulerstpllvertreter  Dir.  Dr.  8wida  (unterbrechend):  Mit  iliick- 
sicht  auf  die  knappt'  uns  zur  Verfügung  stehende  Zeit,  sowie  darauf,  dass 
wir  in  erster  Reihe  uns  nicht  mit  Recriminationeu.  sondern  mit  |K>sitiver 
Arbeit  beschäftigen  wollen,  mOchte  ich  den  Uerrn  Redner  doch  bitten,  zur 
Sache  zu  sprechen  nnd  sieh  möglichst  knra  in  fiMsen. 

Prof.  Dörfler:  Ich  glanbe  nicht,  dass  ich  länger  als  eine  Viertel* 
stunde  spreche.  Ich  kam  zu  Herrn  Hofrath  Wretschko  nnd  enfthlte  ihm 
den  Fall. 

Landes-Schulinspector  Dr.  Langhans  (zur  Geschäftsordnung):  Geehrte 
Herren!  Erlauben  Sie  mir  eine  Bemerkung,  wenn  es  auch  vielleicht  sonst 
mit  <1*>n  ]>nr1amentari8chen  Usancen  nicht  giinz  übereinstimmt,  einen 
Redner  zu  unterbrechen.  Wir  haben  schon  vorgestern  und  gestern  sehr 
kostbare  Zeit  durch  Ausführungen  verloren,  die  gewiss  nicht  zur  Sache  ge- 
hörten. Es  mögen  ja  sehr  interessante  und  pikante  Dinge  sein,  die  auch 
vielfach  ihre  Berechtigung  haben,  aber,  meine  Herren,  wir  sind  doch  sn 
sehr  ernsten  fierathnngen  hi^ergekommen!  Wir  haben  auch  damit  sn 
redmen,  das.s  die  aus  der  Ferne  Gekommenen  mit  Schwöen  materiellen 
Opfern  sich  diese  paar  Stunden  für  die  ernste  Berathung  von  Standes- 
fraffen  erkauft  haben.  Ich  gehöre  nuch  dazu  und  ich  verwahre  mich  ent- 
schieilfn  daf^ej^en,  dass  ich  —  wie  IfiO  andere  —  schwere  Opfer  «gebracht 
haben  <oll,  um  rein  persönliche  Beschwerden  anzuhören.  Ich  bitte  den 
Herrn  Voi-sitzenden  dringend,  wenn  solche  Abschweifungen  von  der  bache 
vorkommen,  dem  Redner  das  Wort  tu  entraehen. 

Prof.  Dorf  1er:  Ich  bitte,  Herr  Vorsitsender,  habe  ich  das  Aecht 
weiterzttsprechen?  Ich  muss  auch  bitten,  die  Zeit,  die  der  Herr  Landes- 
Schulinspector  TOn  der  mir  gewährten  Redezeit  abzuziehen  beliebte,  mir 
in  Abrechnung  zu  bringen,  damit  e-^  nicht  heiße:  Es  ist  ein  „k.  k.  Mittel- 
.schultug"  —  siehe  .Ostdeutsche  Rundschau".  Die  Episode  —  wenn  die 
Herren  gestatten  —  i>t  <,Mr  nicht  lang,  aber  sie  dürfte  manchen  inte- 
ressieren. Ich  hnb*'  Herrn  Hofrath  Wretschko  hier  gesehen  und,  nachdem 
wir  längere  Zeit  ^esproclieu  hatten,  gefragt:  Herr  Hofrath,  wenn  ich  auch 
annehme,  dass  man  manche  gewichtige  Gründe  hat,  weshalb  man  mich 
von  Qottachee  ans  in  Pension  geschickt  hat  —  könnten  Sie  mir  nicht  die 
Quelle  angeben,  den  Grund,  warum  ich  auf  vier  Jahre  nach  Gottschee,  in 
die  kleinste  Stadt,  verbannt  wurde? 

Vorsitzenderstellvertreter  Dir.  Dr.  Swida:  Ich  bitte  sich  zu  erinnern, 
dasä  wir  hier  nicht  Recriminationen  vorzubringen  h.aben.  Ich  bitte  hier 
nicht  auf  die  £rzählung  eines  Falles  einsugehen,  zu  dessen  Entscheidung 


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Mi«ceJlen. 


291 


ja  hier  nicht  du  Forum  ist  (Znatimmnaig),  tondenk  dch  strenge  an  die 

Sache  zu  halten.   Wir  sind  hier  xa  einer  Berathiing  yerHunuielt,  Ton  der 

wir  hoffen,  daw  sie  der  Sache  frommen  ^o\\.  Ich  halte  es  nicht  nur  für 
nutzloB  ,  sondern  ^eradeyAi  für  schädlich,  I)inKe  vor7.ubringen ,  welche  die 
Sache  nicht  fördern,  sondern  nur  nutzlose  weitere  Verbitterung  erzeugen. 

^Zustinimunj? ) 

Prof.  Dörfler:  Der  Herr  Hofrath  sagte  mir  (Lebhatte 

Schlnanmfe  und  Dnmhe.) 

Knn,  meine  Herren,  wa«  die  Begrflndnng  der  flbrigen  Punkte  an- 
beUMigt,  te  mOehte  ieh  Sie  nur  darauf  anlmerkmm  maehen:  E«  ist  iehade 

uro  allet,  wat  Sie  hier  weiter  beeehließen  (Widenpruc)i)  —  wenn  die  hohe 
Regierung  nicht  will.  Bis  zur  nächsten  Zusammenkunft  werden  f^ich  die 
Herren  flbcrzengt  haben,  ob  ich  r»^cht  habe  oder  nicht.  Aber  je  einfacher 
Sie  fien  Hntwurf  nj;uhen,  je  weniger  Punkte  er  liat,  desto  eher  kr>nnen 
fc>ie  auf  einen  I-]rfol^'  rechnen.  Die  hohe  Kepernnp  .-loll  (iafür  fiorgen,  was 
sie  TOM  uns  verlangt,  in  diette  Paragraphe  hineinzubringen.  Wenn  ich 
alto  hiemit  tcbbeße,  so  drOeke  ich  nur  noeh  den  Wunsch  ans,  dass  die 
geehrte  Yenammluag  meinen  Vondblag  acoeptieren  mflge.  Denn  dadurch 
wflrde  sieb  heranntellen,  dass  die  hochgeehrte  Vemunmlung  nicht,  wie  es 
in  einer  Zeitung  hieß,  eine  ,k.  k.  Versammlung*  ist,  sondern  nur  ihre 
eigeuMi  Interessen  wahrt.  Dadurch  wQrde  das  Ansehen  des  Mittelschule 
tages  nur  <rehoben  werden. 

Prof  l)r.  Spitzer:  Wir  werden  pewi?s  alle  mit  der  Kichtnnp  ein- 
verstanden feein,  in  weicher  sich  die  Anträge  der  beiden  Herren  iietercntcn 
bewegen.  Ich  möchte  mir  nur  erlauben,  einige  Gesichtspunkte  mehr  forma- 
ler Natur  zu  entwickeln.  Es  ist  zum  Schlüsse  der  Antrag  gestellt  worden, 
die  Regierung  werde  gebeten,  diesen  Entwurf  dem  Reichsiathe  su  unter» 
breiten.  Der  Entwurf  besieht  sich  ja  auch  auf  das  Lehrpersonal  der  Real* 
schulen,  welche  der  gesei^benden  Gfewalt  der  Landtage  unterstehen. 
Eine  entsprechende  formale  Änderung  wiire  also  auf  dem  Phttee. 

Femer  enthalt  der  Entwurf  gewisse  Hauptbestimmungen,  die  aller- 
dings im  legislativen  Wege  festgestellt  wprden  sollen.  Er  enthalt  aber 
auch  eine  Anzahl  von  Details,  die  wohl  ru  iiti^er  im  V.'ror(ininii,'-swe;^'e  zn 
rerrcln  wrir»*n.  B*»8t.immungeu  wie  die,  welclie  Geüuchhbi'iiagen  beizul»nagen 
äiuu,  oder  dan»  man  den  Vorgesetzten  in  entsprechender  Weise  zu  begegnen 
habe,  gehören  wohl  nicht  in  ein  Oesets.  Weiter  finden  rieh  in  dem  Entp 
würfe  manche  Bestimmungen,  die  braeits  in  bestehenden  Oesetsen  ent* 
hatten  sind,  x.  B.  in  den  Staatsgrundgesetsen,  wie  das  Verbot  der  Geschenk- 
Annahme  in  Amtsaachen.  Derart i<(n  Bestimmungen  wären  vielleicht  aus 
dem  Entwürfe  auszuscheiden,  beziehungsweise  auf  das  betreffende  Gesetz 
Bezug  zu  nehmen  K««  wiire  also  tn  untenscheiden  7.wischen  demjenigen 
Theile,  der  «j-fHOtzlich  zu  regeln  isf.  und  (iemjcnipien ,  worin  wir  die  hohe 
Unterrichusvprwaltung  ersuchen,  gewis-je  Verhältnisse,  di»'  gegenwärtig  keine 
besonderd  klare  Hegelung  gefunden  haben,  durch  Ergänzung  der  Weisungen 
zu  regeln.  Aus  dem  letzteren  Theile  möchte  ich  einen  Punkt  berausbeben, 
die  Abgrenzung  unserer  Rechte  gegen  die  der  Directoren,  die,  wie  ich 
ghuibe,  nicht  in  so  klarer  Weise  erfolgt  ist,  als  man  wQnschen  sollte.  Eb 
ist  schon  erwähnt  worden,  dass  der  Director  Tielfoch  etwas  anderes  ge- 
worden ist,  als  uispranglich  gedacht  und  speciell  in  den  Weisungen  vor* 


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292 


MiaoeUen. 


gesehen  war;  er  ist  nicht  mehr  unser  College,  der  außerdori!  (:^.nviHse  ad- 
ministrative Geschäfte  verwaltet,  sondern  er  ist  eine  Art  Uberbeatuter  ge- 
worden. Damm  iät  es  doppelt  wichtig,  dasd  unsere  Rechte  gegenüber  denen 
der  Directoren  deutlich  al^egrenzt  werden.  Ferner  sind  so  bedeutende 
Bechte  wie  das  der  flelbatftndigen  GluMificatuni  nicht  in  der  Weiee  nin- 
echrieben,  wie  es  m  wttnsclien  wftre.  Auch  diese  Frage  i«t  gerade  jetst 
mit  Eückricht  auf  die  Monatakataloge  von  erhöhter  Wiehtigheit.  Der  Pro- 
fiMor  hat  z.  B.  dem  Knaben  ein^  Noten  gege]>en  und  fibeneugt  eich 
erst  später,  dass  er  eigentlich  unrecht  «gehabt  bat,  dass  der  Knabe  wohl 
viel  gebüffelt  hat,  aber  nichts  Rechtes  versteht.  Die  Noten,  die  aufgrund 
einer  verbes^ierten  Einsicht  gegeben  werden,  sind  nicht  gleichwertig  mit 
den  früheren.  Trotzdem  kann  der  Director  sagen:  öle  haben  sounds^oviel 
Nuten  gegeben,  der  Durchschnitt  macht  etwas  andere  aus  als  die  Scblus<i- 
ttote,  die  Sie  gehen  wollen.  Et  ist  wioh%,  dan  der  Fadblehr^r  das  Recht 
der  selUständigen  Cla«ifieation  habe,  welche  er,  wenn  sie  eine  abweichende 
iit,  ausdrfleklich  tu  motiTieren  hBtte. 

Es  wäre  also  in  formaler  Besiehung  eine  Änderung  an  dem  Entwürfe 
in  der  Weise  vorzunehmen,  dass  deutlich  gesagt  wird,  was  dem  Reich«- 
rathe.  was  den  Landtagen  vorzulegen  ist,  wa«  der  Gesetzgebung  und  w;w 
der  Verordnun*,'>m'ewalt  vorzubehalten  wäre,  und  anderseits  das  Ministerium 
zu  ersuchen,  durch  eine  geeignete  Krg-änziing  der  Weisungen  die  Rechte, 
die  der  Fachlehrer  im  inneren  Schuige triebe  hat,  deutlich  abzugrenzen. 
(Bei&U.) 

ProH  Dr.  Ludwig  Singer  (Prag):  Ich  wfirde  znnachit  das  Wort 
^ribnmtliche  Mittelschulen  Österreicfas'  gerne  klargestellt  sehen.  Es  ist 
nicht  nur  im  Interesse  der  Deutschen,  sondern  aller  Mittelschalen  gelegen, 
dass  wir  eine  Dienstpragmatik  bekommen,  nnd  imsere  Wünsche  können 

nur  ein  erhöhte.^  Gewicht  dadurch  erhalten,  wenn  auch  die  Lehrkörper 
der  ^lavischen,  itaiieni-chen  Mittelscliulen  u.  h.  w.  «i'-h  ihnen  anschließen. 
In  liöhmen  haben  \vu-  wiederholt  ertkhren,  dasa  dies  ^'erne  geschieht.  Es 
wäre  also  vielleicht  gut,  wenn  ausdrücklich  aui»gesprochen  würde,  dass 
unter  den  ^sämmtlichen  Mittelschulen"  auch  die  nichtdeutschen  Mittel» 
sdiulen  Terstanden  werden,  mit  denen  wir  sowie  mit  den  niehtdeutsdien 
Vereinen  ausammen  vorgehen  wollen. 

Dann  ein  sweiter  Punkt  Wir  können  ja  einem  hohen  Ministerium 
diesen  Entwurf  immerhin  vorlegen.  Allein,  wer  irgend  sich  zufälligerweise 
mit  juridischen  Dingen  beschäftigt  hat,  wird  finden,  dass  derselbe  der 
nachbessernden  Hand  eines  Juristen  in  '«ehr  hohem  Maße  bedarf  (Wider- 
.-pruch)  —  ich  bitte,  meine  Herren,  in  unserem  Interesge  bedarf!  Sie 
finden  darin  einige  rarat,'ra|>}ie,  die  an  die  berühmten  ela<tischen  und 
Kautschuk-Paragraphen  erinnern;  i-üj^sungeu,  die  etwa^  stark  uubeütimuit 
sind  nnd  zeigen,  dass  die  Verfasser  mit  der  juristischen  Technik  naturgemftß 
nicht  TOllst&ndig  vertraut  sind  und  mitunter  susehr  in  allgemeinen 
moralisch-ethischen  Erörterungen  sich  ergangen  haben,  anstatt  in  bestimm* 
ten  gcsetslichen  Formulierungen,  wie  wir  sie  beoöthigen. 

Damit  nun  eine  solche  Berathung  fruchtbringend  sei,  wQrde  ich 
meinen,  es  <-e!  tllerdings  ein  solcher  Entwurf  dem  Ministerium  vorzulegen, 
dabei  aber  zu  iietonen,  dass  es  wwentlii  h  auf  die  Grundsätze  ankäme,  die 
hier  niedergelegt  sind,  und  dass  wir  es  als  wünschenswert  betrachten, 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


2Ü3 


das9  va  einer  eventnellen  Berathang  fiber  einen  im  BeiclMratbe  einsa- 
bringenden  Qewtientwurf  Vertreter  aas  unserer  JCitte  in  irgend  einer  Form 

bei^ezof^en  werden.  Tn  dieser  Weise  ließe  sich  am  ehesten  etwas  erzielen. 
Etwas  Ähnliches  könnte  ja  auch  geschehen,  falls  wir  genöthigt  wären,  uns 
an  die  beiden  hohen  Hruiner  des  lieichsmthes  zu  wenden,  weil  die  ganze 
Angelegenheit  nicht  genü>;en4  Torwärts  geht. 

Was  schließlich  die  Realschulen  anlangt,  ho  meine  ich,  dam  wir  nicht 
ent  warten  lollen,  bis  aftnuntliehe  17  Landtage  mit  der  Sadie  steh  be- 
scliftitigt  haben,  sondern  dass  man  in  einer  solchen  Frage,  wo  es  sieh  um 
die  Auitellang  nnd  die  Rechte  fon  k.  k.  Staatsbeamten  bandelt»  sich  wohl 
anf  den  Standpunkt  stellen  kann:  Keichsrecht  bricht  Landrecbt  (Heiterkeit 
nnd  Widerspruch),  so  dass  wir  einfach  die  hohe  Regiemaic  eisochen,  si^ 
weit  es  in  ihrer  Competenz  liegt,  die  nöthigen  Schritte  711  veranlassen. 

Landea-Öchulinspeitor  Dr.  Tumlirz:  Ich  wurde  es  auch  fr^^udi^f  be- 
grüßen, wenn  sfimmtliche  Pflichten  nnd  Rechte  der  Lehrerschiiit  )r>j:endwie 
coUihciert  würden.  Ob  d&a  Aufgabe  eines  Keiciisgeitetzes  iät  oder  im  Ver- 
ordnnngswege  sn  geaohehen  hätte,  llsst  sich  so  knnerweise  wohl  nicht 
entscheiden.  Jeden&lls  sind  gans  wesentliche  Schwierigkeiten  vorhanden, 
weil  besi^ltch  der  Gymnasien  und  der  Realschulen  die  Gompeteasen  Ter> 
schieden  sind,  und  weil  bezüglich  der  Liuidesanstalten  die  Staatsbehörde 
jedenfalls  nicht  befogt  ist,  Vorschriften  über  die  Rechte  und  Pflichten  der- 
jenigen aufzustellen,  welche  doch  in  letzter  Linie  Beamte  des  Landes  sind. 
Je<le  Commune,  jedes  Land  nnd  auch  das-  Reich  werden  sich  vorbehalten 
müssen,  Hechte  uml  Pflichten  ilirer  Anirestellten  zu  normieren.  Freilich 
sind  wir  hier  in  der  grübten  Mehrzahl  :Stüat«beamte ,  und  es  i«t  darum, 
glaube  ich,  nur  eine  Ehre,  wenn  der  Mittelschultag  sich  einen  k.  k.  Mittel- 
schnltag  nennt  &  ist  sehr  an  bedanem,  wenn  ein  k.  k.  Profsssor  sieh 
daran  stoßen  sollte.  (ZusUmmong  nnd  Widerq»mch.  —  Rufe:  »Nicht  daran!*) 
Dann  hfttte  es  wenigstens  in  dieeer  Versammlung  takt?ollerwelse  nicht  er» 
w&hnt  werden  sollen. 

Ich  wünsche  aber,  dass  diese  Dienstpragmatik  in  jeder  Beziehung 
eine  Beswrnnjx  rror^pnülier  den  hentif^en  Verhältnissen  herbeiführe,  und 
deshalb  möchte  ich  j^erne,  dii*«  die  (Jommission,  die  sich  ja  mit  dem  Kut- 
wurfe  eingehend  wird  befassen  müssen,  neben  jeden  einzelnen  Paragraphen, 
der  hier  vorgenchlagen  wird,  die  gegenwärtig  geltende  Bestimmung  sich 
hinschriebe.  Sie  wtbrden  dann  sehen,  dass  gegenwärtig  bereits  das  meitte 
▼Ott  dem  hier  Angestrebten  thataftchlich  besteht 

In  einer  Hinsicht  jedoch  möchte  ich  die  Vonammlong  gerne  warnen. 
Sb  klingt  theoretisch  sehr  sehOn,  wenn  es  heißt:  Für  jede  Lehrstelle  uosi 
ein  Concors  ausgeschrieben  werden.  Wir  haben  im  Landesgesetze  für  die 
i'ukowina  vom  .Tahre  1873  diese  Bestimmung  bezüglich  der  Volksschulen, 
und  ich  kann  Sie  versichern,  das.t  die.s  eine  der  unanpfpuehm.'^ten  Bestimmun- 
gen l'ür  die  LehrerwhatY  is^t.  nicht  für  den  LandesHchulratli.  Es  stirbt  ein 
Oberlehrer.  Der  Loucur«s  wird  ausgeachrieben ,  und  zum  Oberlehrer  der 
Schule  A  wird  der  Lehrer  der  Schule  Ii  ernannt.  Dies  geschieht  am  1.  Sep- 
tember. Infolge  dessen  muis  für  die  Lehrerstelle  an  der  Schule  B  vom 
1*  September  bis  1.  October  der  Omcurs  aoBgeschrieben  werden.  Die  Sache 
passiert  den  Besirksnchnlratht  den  Landenchulrath,  zum  Lehrer  an  der 
Schule  ß  wird  ein  Lelirer  aus  der  Schule  C  ernannt.  Dieser  tritt  am 

„0»t«fT.  MittelMhul«".  XI.  Jahii.  SO 


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294 


Hiflcellen. 


15.  November  »eiDen  iMPiiÄt  an.  An  der  ^S*  Imle  C  wird  d<'r  t^  oncurs  aus- 
ge«chrieben ,  die  Sache  duuert  wieder  uclit  Woclieu,  uud  lu^wiüchen  hilft 
man  sich  an  diesen  Scholen  immerfort  mit  Hilfiilehrem. 

Übertragen  wir  das  auf  das  Gymnasinm.  Ein  Directorpotten  wird  in 
Wien  besetzt,  es  kommt  ein  Direeior  aus  einer  Provinastadt  nach  Wien 
und  tritt  seinen  Dienst  am  1.  September  an.  Seine  Stelle  wird  aos- 
geschrieben,  es  läuft  der  Concura  bis  1.  October,  der  Ländesschulrath  be- 
faast  sich  bis  1.  November  damit;  Mitte  December  wird  die  Stelle  neu 
besetzt  durch  »nn^n  Professor  an'^  einfr  andtM-fii  >taiit.  nun  ist  dort  dif» 
Steile  leer.  Nun  kommt  aber  die  weitere  liCistunmun;^' ,  diias  der  Antritt 
eines  Dienstes  innner  mit  Beginn  des  neuen  Semesters  erfolgt.  Was  ge- 
schieht also,  wenn  eine  solche  Stelle  an  dem  Gymnasium  in  C  frei  ge- 
worden ist?  Sollen  da  die  Collegen  supplieren  oder  soll  ein  Supplent  an* 
gestellt  werden?  Durdi  diesen  Paragraph  wdrden  Sie  erzwingen,  dass  all* 
jährlich  ein  großer  Theil  der  Stellen  nicht  mit  definitiven  Lehrern,  sondern 
mit  Sapplenten  besetst  wird.  Und  das  ist  im  Interesse  unserer  Supplenten 
durchaus  nicht  zu  wünschen.  Wenn  heute  eine  Verschiebung  erfolgt,  ein 
Professor  aus  Igln u  iim  h  Brünn,  ein  anderer  au-^  Brünn  nach  Wien  kovnint, 
so  wird  gleichzeitig  ein  Supplent  zum  definitivt  n  Lehrer  ernannt.  Würde 
al)er  der  vorgeschlagene  Modus  eingehalten,  mi  niüsste  in  allen  Fällen  ernt 
ein  Concurs  ausgeschrieben,  und  es  müssien  die  betreffenden  Stellen  durch 
Supplenten  besetzt  werden.  Ob  das  im  Interesse  der  jungen  Lehrerschaft 
gelegen  ist,  möchte  ich  der  Erwägung  der  Commission  anheimstellen. 

Weniger  Bedenken  erregt  wohl  die  Bestimmung,  dass  einem  Lehrer 
nur  jene  Stelle  verliehen  werden  kann,  um  die  er  einreicht.  Denn  da  hilft 
man  sich  bei  den  Beamten  sehr  einfach:  man  achreibt  den  Concurs  für 
diese,  eventuell  eine  andere  hiedurch  in  F^ledigung  gelangende  Stelle  aus. 
In  diesem  Falle  kann  der  BewerHer  entweder  nur  für  die  eine  Stelle  cin- 
reichL'H.  oder  er  reicht  eben  so  em,  wie  der  Concurs  gelautet  hat :  lür  diese, 
eventuell  die  andere  btelie. 

Eine  Correctur  dürfte  jedenfalls  auch  §  3  erfordern,  weil  wir  an  den 
Bealschnleu  bekanntlich  Zeichenlehrer  haben,  von  denen  wir  nicht  acht 
Semester  Hochschuktudium  verlangen  können.  Es  mOsste  neben  der  Uni- 
versitftt,  besiebnagsweise  Technik  auch  die  Akademie  erw&hnt  werden. 

Landes-Scluilin.-pector  Dr.  Huemer:  Meine  Herren!  Ich  darf  viel« 
leicht  sagen,  dass  ich,  der  ich  ja  selbst  Lehrer  —  wenn  auch  momentan 
Beamter  —  Inn.  immer  ein  warm  fühlendes  Herz  für  meine  Collefren  ge- 
habt habe  (.Stürmische,  allseitige  Zustimmung),  habe  und  iiabeii  werde. 
(Beifall.)  Als  College  nun  möchte  ich  Ihnen  »ageu:  Seien  Sie  sehr  vor- 
sichtig in  der  Abfassung  solcher  Entwürle,  namentlich  eines  Gesetzentwurfes. 
Ich  bitte,  sich  doch  vor  Augen  au  halten,  welch  großen  Unterschied  es 
macht,  ein  Gesets  zu  schaffen,  eine  Verordnung  zu  erlassen  oder  einen 
Erlass  hinauszugehen.  Ein  Geseta  kann  keine  Behörde  ändern,  der  Minister 
ist  daran  gebunden,  die  höchste  Autorität  im  Staate  ist  an  das  Gesets  ge- 
bunden ,  jede  Ausnahme  entPällt.  Eine  Verordnung  kann  n)an  abändern, 
da  kann  der  Minister  Ausnahmen  machen,  ebenso  natürlich  bei  einem 
Erlasse.  Und  nun  wollten  Sie  solche  Details  in  ein  Ge?^etz  hineinnehmen? 
Sehen  Sie  «ich  den  §  3  an.  Nach  einem  tVühereu  Antrage  soll  das  «iesetz 
noch  rückwirkend  sein;  L>a  können  wir  drei  V  iertel  unserer  Zeichenlehrer, 


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Miscellen. 


Turnlehrer,  BeligioosprofeNoren  einfikch  wegjagen,  nnd  niemand  hätte  die 
Macht,  eine  Anmahme  aus  Grnade  fftr  einen  eolehen  anglfickieligen  Mann 
so  machen. 

Es  wurdf*  schon  prw.lhnt.  duss  die  BestimmuDg  über  die  Concure- 
aui8chrei!>imgeii  eine  i,'rol.>e  Scliiidicrnnjf  der  T/»'i)rerschaft  bedeuten  würde. 
Ich  möchte  fpecifU  »icshiilb  liariuit  auch  auliuerksani  machen,  weil  ich  in 
den  Berichten  des  bupplentenvereiut»  wiederholt  ^eietieu  liabe:  ^Zu  uiiätnem 
Bedauern  sind  heuer  so  nnd  lO  viele  Stellen  wieder  nicht  besetzt  worden/ 
Da«  wurde  b^^iflicherweiee  der  ünterrichtsverwaltong  in  die  Schnhe  gC' 
schoben.  Diese  iet  aber  hftnfig  vdUig  nnacholdig  daran,  wenn  nftmlieh  ein 
lAndeageeeti  die  Ausschreibung  der  Stellen  fordert.  Wie  aoll  dann  im 
Septemher  die  zweite  Beförderung  erfolgen?  Man  käme  bie  Weihnachten 
hinein,  und  da  können  Veränderungen  im  Lehrkörper  nicht  mehr  vor- 
genommen werden.  Zum  Glücke  hahon  t'iiu\'t'  Länder  dic«n  Bestimmung 
nicht,  so  Böhmen.  Gelingt  es  nun,  eiueii  rrote-^sor  von  dort  in  eine  andere 
Provinz  zu  versetzen,  so  kann  Meine  stelle  gleicii  nucbbesetzt  werden,  da.s 
iät  dann  ein  glücklicher  Zufall.  Die^e  glücklichen  Zulalle  würden  durcii 
ein  eolchea  Geeeta  natQrlieh  ansgeechlonen  werden. 

Ich  mtehte  also  nochmals  die  Bitte  an  die  Herren  stellent  eich  wirk- 
lieh  lebhaft  an  der  Berathnng  dieses  Entwurfes  an  betheiligen  —  natfirlieh 
nicht  bloß  heute  —  und  insbesondere  darauf  zu  achten,  was  es  bedentet, 
ein  Gesetx  zu  scbaHVn.  und  wa«,  eine  Verordnung  an  erlassen;  vor  allem 
aber  den  wohn>f'kannti  n  Murenzeller  zur  Band  zu  nehmen.  I>a  finden 
Sie  90".-  dpr  liLMitii,'»'n  Vor.srldil^t'  ohnehin  .schon  drinnt-n.  I),irid)or  diirl 
man  sich  keiuei"  Tituischuug  hiugebeu:  luun  mü^^stc  siedi  in  erster  Keihe 
auf  jene  Punkte  verlegen,  welche  neu  sind,  und  darunter  sind  ganz  be- 
achtenswerte Voieehlftge.  Das  kann  man  aber  im  Verordnungswege  viel 
besser  regeln  als  in  einem  Gesetce:  ein  Geseti  mnss  sehr  knrs  sein,  wenn 
es  nicht  schädlich  werden  soll.  (Bei&ll.) 

Landes -Schulinspector  Dr.  S.  Kapp:  Es  wurde  vom  Herrn  Correfe- 
renten  zum  SchluAse  seiner  Ausführungen  als  der  Zweck  der  heutigen  Be- 
rathung  bezeichnet,  der  einzusetzenden  Commii>siou  in  gewissen  Punkten 
ein»''  THroctiro  zu  j^oben.  Unter  diosfn  Punkten  sind  thatsruhlicli  finijrf 
ganz  neue,  wi»-  (  öllet^e  Hnenicr  i-iM-n  heivor'4'<»bnf»i'n  hat.  Ich  unKlit«* 
mii-  nun  erlaulion,  oint-n  sdlrhfn  l'unkt  herauH£ugieiten  und  ilie  Anregung 
zu  geben,  das»  tüe  Vor^amuilung  hieb  darüber  ausi^preclie.  Es  ist  dies  der 
§  7,  der  von  den  Quiilificationslisten  handelt.  Die  Frage  ist  eine  sehr 
heikle.  Ich  finde  es  b^preiflich,  daas  die  Forderung  nach  Gestattung  der 
Einsichtnahme  in  die  Qoaltficationstabellen  großen  Anklang  findet. 

Ich  moBS  hier  sehr  genau  zwischen  der  persönlichen  und  der  ami- 
lichen Stellung  unterscheiden.  Persönlich  würde  ich  gegen  die  Einsicht- 
nahme in  die  Qual ificationstabellen  gar  keine  Einsprache  erheben,  aber 
unter  gewis-sen  Vorau.%8etzungen.  Es  befindet  sich  in  der  VensammlunL,' «"inf 
Anzahl  Landes-Schnlinspectoren  und  eine  noch  größere  Anzahl  Directoreu. 
die  mir  gewiss  darin  zustimmen  werden,  dasj<  die  Art.  wie  die  Qualitications- 
tabcllen  jetzt  in  der  Rubrik  „Dien-stliche  Verwendung"  meist  ausgefüllt 
werden,  eine  so  günstige  ist,  dass  man  thatsBchlieh  oft  mit  der  Lupe 
suchen  mnss,  um  einen  Unterschied  zwischen  mehreren  Bewerbern  heraus- 
snfinden.  Meist  gelingt  dies  nur  dadurch,  dass  man  nachsieht:  Was  ist 

20* 

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5m 


Miseell«!!. 


vewchwiegen?  (Heiterkeit)  Aber  die  Versicbernnpr  kann  ich  den  Herren 
peben:  Soweit  wenigstens  meine  Erfkhrunq"  reicht,  kommt  es  sehr  selten 
vor.  diLss  eine  entschieden  iingünstige  lk*merkun<r  in  der  QualifiCHtions« 
tabelle  enthalten  ist.  Ich  meine  also:  Wenn  der  Director  in  der  Qnali- 
ticutioQ)>tabeUe  den  Stand  der  Dinge  thatsächlich  so  kennzeichnen  wfirde, 
wie  er  i«fc,  80  hftttd  ich  gar  nichts  dagegen,  wenn  dem  betzeffenden  Lehm, 
sobald  er  es  vfiasebt,  der  Inhalt  vom  Director  nitgetheilt  oder  schließlich 
anch  das  Gesdiriebene  geseigt  wird.  Denn  es  macht  mir  wirhlieh  den  Ein- 
dmckf  dass  tod  sehr  vielen  Directorea  —  ich  will  damit  durchaus  keinen 
Vorwurf  erheben;  ich  gebe  zu,  dass  ich  Mlbet  vielleicht  anch  in  der 
war  —  die  Zeni^is«e  hihifiir  uncrefÄhr  in  der  Art  geschrieben  werden  wie 
die  Zenj^nisüe  unsert  i  H mißtrauen. 

Wenn  also  wirklich  cias  hineingeschrieben  wird,  was  der  Director 
als  ganz  objectiver  Beurtheiler  (Iber  die  dienstliche  V^erwendung  de« 
Lehrers  an  Beobachtungen  gemacht  hat«  so  sehe  ich  keinen  Gmnd ,  we8> 
halb  der  Director  das  nicht  auch  mittheilen  konnte.  Der  Director  muss  Ja 
schon  sehr  hftufiff  in  der  Lage  gewesen  sein,  anf  Gmnd  von  Hospitiernngen 
dem  Professor  ohnedies  m  sagen,  was  er  an  sriaer  dienstlichen  Verwendung 
aassnsetaen  hat.  Ich  wüsste  also  nicht,  warum  der  Director  durch  Ver- 
ordnungen verhindert  sein  soll .  den  Professor  auch  in  dasjenige  Einblick 
n*»ht)ien  zti  la«^?en.  wii«?  fr  in  die  (»n.ilifieationstabello  <:f<'^chrieben  hat.  Ich 
stelle  keinen  bestiiumteu  Antrag,  sondern  wollte  nur  die  Anregung  geben, 
dass  die  Versammlung  sich  über  diese  Frage  ausspreche.  Ich  glaube,  das 
wäre  eine  wichtige  Directive  für  die  Commission,  wie  sie  sich  in  diesem 
Punkte  SQ  verhalten  hat.  (BeifiiU.) 

Prof.  Dr.  Ludwig  Singer:  Wir  leiden  durch  die  geheimen  Quali- 
flcationslisten  unter  sweierlei  Übelstinden.  Erstlich  kommen  viele  von  uns 
dadurch  an  einer  gewissen  Ängstlichkeit.  Da»  Geheimnis  hat  immer  etwas 
Schreckliches,  wennVuch  mancher  von  uns  sehr  wohl  weiß,  dass  seitens  der 
Directoren  dem  einzelnen,  wo  es  sieh  um  seine  Beförderung  handelt,  das 
allergrübte  Wohlwollen  entgegengebracht  wird.  Ich  niuss  sagen,  soweit 
meine  Erfahrunsj  reicht,  könnte  ich  mich  auch  l)e/ii<.,'lich  meiner  Coll«'i,'en 
kaum  an  einen  Fall  erinnern,  in  welchem  mau  nicht  jeden  nach  Möglich- 
keit gd&rdert  hllttew  Aber  es  wftre,  glaube  ich,  im  Inteiesse  unserer  Würde 
gelegen,  dass  wir  öffentliche  Qnalificationslisten  erhalten,  und  es  ist  anch 
im  Interesse  des  Dienstes  gelegen.  Wenn  der  Lehrer  Einsicht  in  die  Quali- 
ficationsliste  hat,  wird  sich  der  Director  um  seines  Ansehens  willen  hüten 
müssen,  einen  Widerspruch  zwischen  dem,  was  er  in  die  Qualificationsliste 
><chreilit,  und  dem.  wh>«  er  dorn  HetrefTenden  persfinlich  in  Bezug  anf  seine 
!j'*h)'t)iiitij,'kelt  s;t<rt,  hervortraten  zu  lassen.  Ks  wird  al«o  jeder  Ltduer  das 
Hewusstsoin  haben,  dass  die  iiemerkungeu  de^  Direttorö  für  ihn  wirklich 
von  Bedeutung  sind.  Er  w^ird  demgemäß  sofort  versuchen,  entweder  — 
nach  dieser  Richtang  könnte  ihm  ja  sein  Recht  gesichert  werden  —  durch 
eine  Auseinandersetsung  mit  dem  Director  einen  eventuellen  Irrthum  xu 
beseitigen,  oder-  es  könnte  ihm  fSr  den  Fall,  dass  er  sich  wirklich  geschftdigt 
meint,  irgend  eine  Art  Beschwerderecht  gesichert  werden.  Aber  jeden&lls 
wurde  dies  dazu  beitragen,  dass  ein  Verhältnis  gegenseitiger  —  ich  scheue 
mich  nicht,  es  zu  sagen  —  Ehrlichkeit  und  Redlichkeit  swiscben  Directw 
und  Lehrkörper  käme.   Es  würde  keine  Verschleierung,  kein  Geheimnis 


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Miaoellen. 


297 


gehen,  Dass  sfttürlicli  nicht,  Teneiben  Sie,  jeder  Quark  Mcbon  in  die 
Qnalificatioiuliite  kommt,  »t  wobl  eelbatfenttiidltch;  dae  würde  ebeneo- 
wenig  wie  beate  getcbebm.  Aber  jeder  I«ebrer  bfttte  du  Bewunteein: 
Wu  an  erntten  Dingm  geM^  wird,  iit  dnoerod,  und  icb  mom  mich 
davor  hüten. 

Man  kunnto  nnn  freilich  die  Bes^orf^is  aussprechen,  dass  hiedurch 
vielleicht  da»  Verhältnis  zwischen  Lehrfr  v.nd  \^vf^ctov  verbittert  werden 
könnte.  Wir  hal)en  ja  einen  Ötand,  bei  dem  uie  drientiichen  i^ualitication»«- 
listen  existieren,  e«  ist  jener  der  Offieiere.  Die  Ol'öciere  (;ehen  zum  großen 
Theile  aus  Cadettenschulen  hervor,  in  denen  sie  eine  Mittelschulbildung 
empfangen  haben,  aas  Schalen,  in  denen  der  ganse  denn  doch»  wie  man 
«agen  man,  noch  den  Cbarakter  nichtig  beeinflnmende  Bildungsgang  der 
HochMhnle  entbehrt  werden  mum.  Wenn  nun  diesen  Männern  mit  Becht  die 
sittliche  Qaalification  mgetraut  wird,  einen  ehrUchen,  offenen  Tadel  tu 
ertragen,  auch  wenn  er  ITir  sie  empfindlich  ist,  warum  soll  man  uns,  die 
wir  selbst  beruffTi  sind,  nicht  V)Ioß  lehrend,  sondern  auch  erziehend  zu 
wirken,  die  wir  uns^eren^^chnlern  ein  Mu.ster  sittlicher  Persönlichkeit  bieten 
sollen,  nicht  zumuthen,  diuvs  wir  auch  einen  offenen,  ehrlichen  Tadel  zu 
ertragen  und  zu  erkennen  vermögen,  dtum  unser  Vorgeisetzter  uns  gegen- 
über eben  seine  Pflicht  sn  erfttlltta  hat,  indem  mr  da^enige  schreib,  was 
der  Wahrheit  entspricht. 

Durch  einen  solchen  Inflam  der  Qualüicationstabdlen  würde  dann 
aber  auch  jener  Übelstand  vermieden  werden,  dass  man  auf  daqenige 
sehen  muss,  waa  darin  verschwiegen  ist.  Es  ist  ja  wahr:  was  er  weise  ver- 
schweigt, zeigt  mir  den  Meister  des  Stils;  aber  ich  halte  eine  j«olche  Yer- 
schweigung  fiir  i^'efiihrlirhi'r  .iU  «»inen  oHenen  Tadel  Wenn  der  I'irpctor 
an  der  Discipliu  der  JSchiiier  etwas  ausausetzen  hat  und  saf^t:  Der  Leiirer  X 
vermag  in  den  mittleren  Clausen,  in  denen  es  besondere  schwierig  ist,  die 
Disciplin  nicht  voll  aufrecht  zu  erhalten,  dagegen  weiß  er  das  Interesse 
der  itehfiler  in  den  oberen  Stufen  durch  seinen  geistToUen  Vortrag  so  «u 
fesseln,  dass  Ruhe  hemcht  —  so  weiß  der  Inspector,  woran  ex  ist.  Steht 
gar  nichts  fiber  die  Anfrechthaltung  der  Disciplin  da,  so  ist  auch  der  Ur- 
theilende  ruthlos.  1'ritt  außerdem  der  Fall  ein.  dass  ein  Voigesetzter  einem 
Lehrer  ü'oel  will,  so  wird  er  auf  eine  eventuelle  Anfrage  gegenwärtig  mit 
voller  Benihig-tinjT  saften  können:  ich  habe  nichts  übles  geschrieben,  tmd 
der  Lr-hrer  wird  (io<  ii  tretiiuscht  sein,  ich  hi>lte  also  im  Interesse  des  Dienüte«» 
und  der  Lehriiersou«  u  die  öffentlichen  Qualitication!»listen  für  etwa«  sehr 
Wichtiges  und  für  einen  der  Huukte,  die  der  Aufmerktsamkeit  der  Com- 
mission  empfohlen  werden  müssen. 

Fflr  ebenso  wichtig  halte  ich  die  Einsetsung  einer  Disciplinaaroommts- 
sion,  nicht  weil  wir  ein  Misstrauen  gegen  die  Persönlichkeiten  hegen,  die 
gegenwärtig  als  Landes-Schulin.^pectoren  fungieren.  Aber  man  sucht  jetst 
in  allen  Cnlturstaaten  beim  Militärstrafgesetze  dem  Übelstande  abzuhelfen, 
dass  ein  und  dieselbe  Person  Richter,  Ankläger.  Vertheidiger  und  vielleicht 
zujrleich  rxTi'  h  Untersuchunf^srichter  ist.  Ich  will  nicht  sagen,  dass  die  Ver- 
hültuisse  bei  iiuü  völlig  damit  übereinstimmen,  aber  etwas  Ahuliched  ist 
auch  bei  uns  vorhanden.  Es  ist  eine  Verquickung  der  Competenzen,  die 
auch  den  Wohlwollendsten  zum  Irrthume  führen  kann.  Also  vor  allem  zwei 
Dinge:  offene  Qualificationslisten  und  Disciplinarcommissionen!  (Beifkll.) 


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298 


Miscellen. 


Landet-SchiiHiitpector  Dr.  Tum  Urs:  Ich  balte  die  offenen  Qnali- 

ficationslisten  der  MittetschuUebrer  für  leieht  durchführbar,  zum  großen 
Tbeile  sind  sie  bereits  gegeben.  In  der  Beamtenschaft  ist  der  Wunsch  nach 
offenen  Qualificationstabellen  ein  allgemeiner.  Allerdinjfs  liegen  die  Ver- 
haltnisse bei  den  Beamten  anders.  Icii  tjhuibe  aber,  dass  die  Beängstis^un^^, 
iiie  in  Beamtenkreisen  geherrscht  hat,  mit  eingewirkt  hat  auf  die  jünt^eren 
Herren,  die  noch  nicht  den  richtigen  Einblick  in  die  Sache  haben,  und 
das8  infolge  dessen  diese  ungerechtfertigte  Angst  vor  dem  Geheimnme  ent> 
•tonden  tat  Die  Beamtenqualification  hat  vier  Rubriken:  1.  Ffthigkeit, 
2,  Fteiß,  3.  Terwendnng,  4.  moraliaches  Yerhalten.  Der  Manipulationt* 
beamte,  der  Official,  der  Kanali»t  ist  nun  allerdings  in  jedem  dieser  Punkte 
ganz  von  dem  ürtheile  seines  Vorgesetzten  abhängig.  Das  Urtheil.  das  der 
Zolleinnehmer  draußen  seinem  ZoUasaistenten  gibt,  kann  kein  Mensch  recht 
controlieren.  Anders  ist  e«  schon  bei  dem  politischen,  bei  dem  vichtei- 
licben  Beamten.  Wenn  ein  Concipist.  ein  Commi?¥är  ein  Elaborat  liefert 
und  zeifjt.  da««  er  die  Verhandlunj^  «glänzend  d\irch;^r{üliri  bat.  so  möchte 
ich  den  Bezirkshauptmann  sehen,  der  dann  deai^bt^itthalter  oder  Landes- 
{N^identen  •ehreibt:  er  ist  mindor  Ahig  oder  dergleichfm.  Das  Zeugnis 
der  Unirersität  und  die  vorliegende  Leistung  bestätigen  schon  einerseits 
die  Fähigkeit,  anderseits  die  Verwendung,  und  in  der  Zahl  der  Erledigungen 
liegt  ja  schon  der  Maßstab  f&r  den  Fleiß.  Bei  diesen  Beamtenkat<'<:örjen 
kann  «ich  also  der  Vorgesetzte  nicht  mit  den  thatsäcblich  vorliegenden 
Verhjlltni.sseu  in  Widersi>ruih  setzen,  ohne  den  Schein  der  Part.'Iliclikeit 
auf  sich  zn  !ad*^n,  den  ci  i^t  wisja  vermeiden  wird.  Noch  viel  weitergehend 
sind  die  Beleg»-  des  MittHUchulprofo-ssors».  S«'ine  Fähigkeit  wird  dargethan 
durch  seine  wissenschaftliche  Prüfung  und  seine  sonstigen  literarischen 
Leistungen,  und  es  ist  ganz  unmöglich,  da»  ein  Inspeetor  oder  Director 
einen  Hann,  der  wissensehafllicbe  und  sonstige  tüchtige  Leistungen  auixu- 
weisen  hat,  nur  f&r  gut  oder  genügend  befftbigt  erklärt.  Darin  liegt  ja  der 
Wert  unserer  Zeugnisse:  es  steht  manchmal  blo6  genfigend  darin,  aber 
man  sieht,  woraus  das  Genügend  deduciert  ist;  es  ist  viel  besser,  man  sieht 
die  Bemänglungen  und  bildet  sich  selbst  ein  Urtheil.  ob  sie  so  «chwer- 
wiegender  Natur  M-aren.  nm  das  Henuf^end  zn  rechtfertigen.  Wenn  die  Be- 
mänglungen we^talbm.  wird  das  Genügend  umso  schwerer  wägen. 

Dann  kouiaien  die  pädagogisch -didakti^ichen  Themen.  Dann  haben 
wir  die  Hospitierungen  des  Directors,  aber  auch  den  Inspectionsbericht  de« 
Inspectors.  Bei  jeder  Inspection  ist  bekanntlich  die  Inspectionsconferenx 
vorgeschrieben.  Bei  dieser  wird  ein  Protokoll  aufgenommen,  in  welches 
alle  Einxelheiten  hineinkommen  und  daa  Toni  gesammten  Lehrkörper  unter- 
schrieben wird.  Es  können  kleinliche  Ausstellungen  vorkommen,  aber  jeder 
Lehrer  wird  sich  selbst  «igen  kOnnen,  was  aus  solchen  Bemerkungen  fßr 
ein  Schluivs  gezogen  werden  kann.  Wenn  man  (bis  In-pectionsprotokoll 
durchliest,  so  kann  man  sieb  im  jjroLw'n  und  ^-anzfu  sagen,  wie  jetzt  das 
Urtheil  des  Tn-^pectors  üImt  d-  n  einüclneu  Lehrer  ausfallen  wird.  Das 
Urtheil  des  In^ipectors  gebt  nun  nicht  selbständig  an  die  hohe  Unterrichts- 
Terwaltun^%  .sondern  es  wird  dem  ConferenzprotokoUe  sammt  den  eventuell«ft 
Erwiderungen  des  Professors  angeschlossMi,  so  dass  auch  die  oberste 
Unterrichtsverwaltnng  vollkommen  klaren  Einblick  in  die  Verwendunif 
des  Lehrers  bekommt. 


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299 


DwQenige,  was  die  Qaalifieationsüibelle  enthftlt,  iit  also  im  wesent- 
lichen nichts  anderes  als  das,  was  eineneits  das  Zeugnis,  besiebnngsweise 
die  wissensehaftlicben  Arbeiten  besengen,  anderseits  was  bei  der  Inspection 

bt'ol'aehtet  wird.  Da  wilrr  •  -  imn  ein  ganz  einfacher  Schritt,  wenn  man 
dem  Ht  rra,  der  es  wünscht,  den  Einblick  in  diese  Tabelle  gestattet.  Manche 
Unzutricjlt'iiheit .  Tinmch<»  Kränkung  würde  aiH  dem  Lehrkörppr  vor« 
schwinden;  mancher  Director  würde  von  seinem  Lehrkörper  vi»  !  li<iliei-  ^'c- 
achtot,  wenn  nicht  immer  der  vilaube  bestünde:  Der  Director  hat  mir 
geschadet.  Wenn  20  sich  um  einen  Posten  bewerben,  so  müssen  19  un- 
sofirieden  bleiben;  aber  von  diesen  19  bat  immer  ein  Tbeil  die  Meinnngt 
Da  bat  mir  entweder  der  Dtrector  oder  der  Landee-Scholinspector  ge- 
schadet,  sonst  ist  es  unmöglich,  dass  ich  Qbecgangen  werde.  Wenn  also 
auf  Wunsch  eines  Mitgliedes  des  Lehrkörpers  demselben  seine  Quali* 
ficationsliste  zur  Einsicht  vorgelegt  wurde,  so  glaube  ich,  dass  dies  inner« 
halb  des  Lehrkörpers  selbst  recht  gute  Folgen  hätte.  (Beifall. ^ 

Lnnf1»'s- Srhti!in'<pfctor  Dr.  Lanj^hans:  Eh  haben  selion  /.wei  nieiuer 
(.'olU'ijt'n  iliit"  i»ers«>iil i'  iu-  .M»'innn<r  flix-r  iliesfn  Gpjr*»iist.uiil  .iiiJ^gei^procben : 
ich  möchte  mir  gleiciUalls  erlauben,  dies  kurz  zu  tiiuu.  Ich  für  meine 
Person  würde  wflnschen,  dass  die  Qualiticationslisten  öffentlich  werden  in 
dem  Sinne,  dass  jeder  Lehrer  das  Recht  bat,  Einsicht  su  nehmen.  (BeifalL) 
Eb  worden  dann  alle  die  ungerechtfertigten  Beffirchtungen  und  fUscben 
Matbmaßnngen  entfallen,  nnd  es  wftre  damit  wirklich  der  Schale,  wie 
Prof.  Singer  ssigte,  ein  groß^M-  Dienst  erwiesen.  Es  wfirde  dies  auch 
erziehlich  wirken,  denn  der  Director  wäre  dann  gezwungen,  nnch  be- 
tuangelnde  BemerknnEren  zu  inachen,  wrihiciul  er  sie  jetzt  in  99  von 
100  Fällen  vHr'<r]i\vt'i^t  Der  junge  iiehrer  würde  daraus  beizeiten  ent- 
nehmen, woran  es  mangelt,  und  sich  vielmehr  veranla-i.st  geben,  auf  sich 
selbst  zu  achten.  Ich  spreche  nur  für  meine  Person,  aber  ich  habe  noch 
mit  keinem  «Dgeren  CoUegen,  d.  b.  Landes-Scbnlinspector  gesprochen,  der 
persönlich  nicht  gewünscht  bfttte,  dass  die  Qaalificationslisten  ßen  Lehrern 
rar  Einsicht  gegeben  werden.  Es  wOrde  dadurch  ein  Odium  beseitigt,  das 
immer  in  der  Luft  liegt  und  nicht  verdient  ist.  Ebenso  wOrden  wohl  alle 
Directoren,  wenn  '^ie  aufstehen  und  jeder  einzeln  sprechen  wollten,  dafttr 
nein:  Gebt  uns  düs  Recht,  die  Qualificationslisten  den  Betreli'enden  xu 
zeigen.  (Beifall.) 

Dir.  Koch:  Der  vorliegende  Entwurf  soll  ein  i.losetz  werUm;  -'^ 
wurde  schon  erwähnt,  da^s  wir  tia  .sehr  vorsichtig  sein  müssen  und  dass 
anderseits  vielleicht  90%  seines  Inhaltes  heute  schon  Gesetzeskraft  haben. 
Es  sind  nicht  viele  Punkte,  die  einer  Änderung  bedürfen,  und  die  hier  vor- 
geschlagene Änderung  ist  wirklich  xumeist  eine  erfreuliche.  Wenn  wir  nur 
diese  Punkte  herausgreifen  und  die  Änderung  in  wfirdiger  Weise  verlangen, 
so  glaube  ich.  dass  auch  die  hohe  ünterrichtsverwaltnng  dem  zustimmen  wird. 

Da  ist  der  §  4  über  die  Einrechnung  des  Probejahres,  r  wirklich 
ein*»  wichtige  und  nnthwendiire  Be^stimmung  enthält:  denn  d»T  I,f  hranits- 
eandidat  dient  ja  dem  St;iat«',  wenn  aiu  Ii  nifht  in  den  ersten  vier  Woi  Inn, 
so  doch  jedenfalls  im  zweiLi;n  Semester,  or  wird  zu  v<'i  nchiedenen  Arbeiten 
herangezogen  und  bekommt  keinen  Kreuzer  Entlohnung. 

Sehr  gerechtfertigt  ist  auch  der  §  5,  Alinea  2,  Über  den  Termin  fOr 
die  Anstellungngesuche.  Der  Director  schickt  das  Gesuch  oft  acht  Tage 


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300 


Miscellen. 


firfiher  we(;,  wenn  es  sich  aber  um  ein  andcms  Krouland  li.iiuU-U,  kommt 
et  Welleiebt  um  einen  Tag  zu  spät  und  wird  nicht  mehr  berücksicht^i. 

Da  soll  nur  dfr  Zeitpunkt  maßgebend  sein,  wann  es  der  Directiou  ül>er- 
i^rhi  n  .viril;  wann  der  Landeäschulrath  es  wegschickt,  darauf  haben  wir 

keine  hy^^reuz. 

Vinn  den  §  7  anbelangt,  so  bind  wu,  glaube  ich,  alle  einig.  Ich 
glaube  im  Sinne  der  meisten  Directoren  su  sjurechen,  wenn  ieh  sage»  das» 
die  Sache  ja  schon  besteht  Wenn  heute  ein  Professor  ni  mir  kommt  und 
sogt:  Herr  Director,  ich  bitte,  bwsen  Sie  mich  in  die  Qoalificationsliste 
Einblick  nehmen  ohneweiters!  Sofort  lege  ich  sie  ihm  tot.  «Ich  bitte 
nur  eÜBSUsehen;  haben  Sie  etwas  ein/.uwenden,  so  bitte  ich  es  zw  sagen!" 
Es  muss  ja  dem  Director  daran  liegen,  dass  er  mit  dem  Lehrkörper  im 
besten  Einvernehmen  steht;  wenn  er  d.ts  will,  so  muss  er  den  Proteissoreu 
entgegenkommen.  Habe  ich  hei  einem  Herrn  etwas  auH^usetzen .  so  sage 
ich  ihm:  Heut«  war  ich  bei  Ihnen.  Sie  haben  das  so  und  so  vorgenommen, 
düü  bat  mir  nicht  gefallen;  könnten  Sie  es  nicht  so  machen?  Der  Wunsch 
doch  so  gemeint «  da&c^  jeder  nnr  in  seine  eigene  Qnalificationstabelle 
Einblick  bekommt^  (Zustimmung.)  Nun»  das  dttifte  vielleicht  bei  den  meisten 
Anstalten  schon  der  Fall  sein.  (Heiterkeit  und  Widersprach.)  Von  Seite 
der  Directoren  wird  g<^n  die  dflTentlichen  Qoalificationslisten  jedenfalls« 
keine  Einwendung  erhoben  werden.  Uns  ist  es  gewiss  lieber,  wenn  die 
Sache  gesetzlich  jjeregelt  wird,  als  wenn  wir  es  nur  ans  eigenem  Willen 
tbun.  Die  SuppK  nteu  bekommen  ohnedies  die  öffentliche  Qualification  in- 

folge  des  Zt'u^'nis.^e.s. 

§  10  ist  aehr  schön  gemeint.  Wenn  der  Suppleut  das  lield  nicht  be- 
kommt, so  soll  der  Director  es  aus  der  Gasse  bezahlen.  Er  hat  abtt  keine 
C^Mse  (Heiterkeit),  d.  h.  also,  er  soll  es  selbst  besahlen.  Wenn  man  dieser 
Bestimmung  Gesetieskralt  gibt,  so  ist  das  sehr  sch5n,  aber  man  muss  dann 
dem  Director  auch  eine  Caase  geben,  (fleiterkeit.) 

Der  §  18  will  mir  nicht  gefallen.  «Die  Annahme  von  Geschenken, 
welche  die  Amtsthätigkeit  einer  Lehrperson  beeinflussen  können .  ist  un- 
bedingt verboten."  Da«  würde  ich  perne  gestrichen  fehen.  ^^'ir  Ifi-tf-n  ja 
einen  Kid;  in  diesem  steht  ja,  dass  wir  uns  in  keiner  Weise  beeinUut>i»en 
la8i>en  werden.  (Zustinimung.) 

Der  §  22  i«tt  ebeut'ulls  ^chön  gedacht;  ob  wir  ihn  durchführen  können, 
weiG  ieh  nicht  Der  Director  nimmt  bei  der  Tertheilung  der  Ordinariate 
ohnedies  schon  möglichst  viel  Rücksicht,  dass  der  Betreffende  thunlichst 
um  eine  Stunde  weniger  bekommt  Qesetslich  wird  sich  das  aber  kaum 
regeln  lassen.  Das  ist  doch  eine  Sache,  die  man  der  Verwaltang  fiber^ 
lassen  muss. 

Im  §  24  wird  «ehr  schön  gejio^t.  wie  der  Director  sich  gegen  die 
Professoren  benehmen  aiuss.  Das  Umgekehrte  finde  ich  aber  nicht  (  Wider- 
spruch), das«  auch  die  ProfesHoren  di«;  Verpflichtung  haKcn,  (Umh  Director 
entgegenzukommen.  Es  wurde  gestern  gesagt,  da.ss  der  Director  eine  ex- 
oeptionelle  Stellung  einnehme  und  förmlich  den  Herrn  der  Anstalt  bilde. 
Das  kann  doch  nur  Toreinzelt  vorkommen.  Es  heißt  ja  in  den  Weisungen 
ausdrflcklich:  primua  inttr  par$a.  In  der  R^l  wird  sich  der  Durector 
nicht  auf  das  hohe  Boss  setsen.  Es  li^  ja  nicht  in  seinem  Interes-se,  weil 
man  ihn  ja  auch  chicanieren  kann.  Er  kann  einem  Herrn  einmal  ein  böses 


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MiteeUeii. 


301 


Wort  sagen ,  aber  umgekehrt  könneu  die  üerr«>n  «>i  ihm  auch  ordentlich 
abttliieii.  (Heit«rkeit.)  leh  Sprech«  am  Er&bruug.  (Lebhafte  Heiterkeit) 
Darum  mOMii  Sie  nicht  glaobem,  da«  ea  mir  geichehea  iet;  ich  war  ja 
andb  doreh  Ubugere  Jahre  Profenor.  (Erneoerte  lebhafte  Heiterkeit.)  Ein 

▼emOnftiger  Director  wird  also  etwas  Derartiges  nicht  thun. 

Was  das  V.  Hanptstflck  v<m  den  Supplenten  betrifft,  welches  fast  ein 
Drittel  des  Ganzen  umf;wst.  so  will  ich  hoffen,  daas  die  Supplenten- 
geschichte  überhauj)t  bald  (id  acta  <^legt  wird,  dn«s  jeder  Herr  nach  zwei 
Jahren  Professor  wird ,  wenigstem  provisorisch .  m  das«  an  Stelle  dieser 
▼ielen  Paragraphen  einer  oder  zwei  vielleicht  genügen  werden. 

Dir.  Dr.  Gustav  Uergel:  Auch  ich  finde,  daas  der  Elntwurf  viel  zu 
detailliert  ausgearbeitet  iit.  Durch  solche  Detailbeetimmnnffen  wQrden  wir 
uns  noch  mehr  an  die  Kette  binden,  an  die  wir  dinediee  aohon  dareh  die 
Übcunsahl  von  Vetordnangen  gebunden  sind.  Ahgeeehen  daion  iet  jedenfaUe 
anzurathen,  dass  jeder  Mittelachule  ein  solcher  Entwurf  übermittelt  werde, 
damit  man  sich  darüber  ausspreche.  Da  ist  z.  B.  gerade  in  Betreff'  der 
Supplentpn  ein  Punkt  ni'-hf  *^rw;ihrit,  der  in  der  Provinz  häufifj  hervor- 
gehoben wird.  Wenn  eine  ^uppientur  plötzlich  frei  wird,  inuss  der  Director 
den  Snpplent^nstatufi  hernehmen  und  dem  Dienstalter  nach  anfragen.  Er 
fragt  ueiui  ersten  an:  vergeben;  beim  zweiten:  vergeben;  beim  dritten: 
nicht  mehr  zu  haben.  Da  wfirde  in  die  Dienetpragmatik  betreff«  der  Sup- 
plenten vor  allem  die  Bettimmong  hineingeboren,  dam  die  Zuweisung  von 
Seite  des  Landenchulrathes  erfolgt  Der  Landesschulrath  weiß  ja,  wo  Lehr- 
krftfte  nothwendig  sind. 

Ks  ist  schon  wiederholt  das  Bedauern  darüber  ausgesprochen  worden, 
dass  das  Verhältnis  zwischen  Director  nnd  Professoren  nicht  mehr  das 
richtige  ist,  und  doch  finden  wir  hier  wieder  die  üestimninns!;.  da.HS  der 
Director  genau  darüber  zu  wachen  halte,  dass  die  zugestandene  l'rlaubs- 
zeit  nicht  überschritten  wird.  Ich  denke,  jeder  Herr,  der  an  einer  ötient- 
lichen  Mittelschule  wirkt,  muss  doch  soviel  Selbstbewusstsein  und  Ehr- 
gefühl besitimi,  dass  er  weiD,  dass  er  den  ihm  gewährten  Urlaub  nicht 
überschreitra  darf. 

Noch  mehr  ist  mir  der  §  15  aufge&Uen.  Wir  haben  in  diesen  drei 
Tagen  so  schöne  Vorträge  über  Psychologie  u.  dgl.  gehOrt;  vorhin  ist  be- 
tont worden,  dass  der  Bildungsgang  der  Professoren  ein  so  intensiver  ist, 
und  hier  lesen  wir  einen  Paragraph,  der  beinahe  so  lautet  wie  für  Mittol- 
schültn-:  .Di»'  Lehrpersonen  haben  alles  zu  vermeiden,  was  die  Achtung 
vor  deui  Stande  u.  ä.  w."  Ich  denke,  das  wird  doch  jeder  Lehrer  selbst 
thun;  und  weiter:  „Ihren  Vorgesetzten  haben  sie  stets  mit  gebürender 
Achtung  zu  begegnen."  Das  erinnert  doch  ganx  an  die  Mittelsehfiler. 
(Heiterkeit  und  Zustimmung.)  Ich  habe  die  Ehre,  auch  Leiter  einer  höheren 
Töcbtersehnle  su  sein,  und  habe  für  diese  Anstalt  ein  Oiganisationsstatut 
anegearbeit^t  dessm  §  1  einfach  lautet:  „Die  Schülerinnen  der  Anstalt 
haben  in  jeder  Beziehung  innerhalb  wie  außerhalb  der  Schule  den  Anstand 
ÄU  wahren  und  die  Ehre  der  Anstalt  im  Auge  zu  haben,"  und  ich  kann 
sagen,  das.s  his  jetzt  nichts  vorjjefallen  int,  was  eine  Erweiterung  dieses 
Paragraphen  nothwendig  gemacht  hätte. 

Ebenso  würde  ich  den  §  2ii  nicht  ganz  gutheißen:  „Nebenbeschäfti- 
gungen, welche  dem  Anstände  und  der  Würde  eines  Mittelschullehrers 


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302 


Miscellen. 


widerttreiten  ..."  Ja,  so  weit  darf  nicli  doch  ein  Mittelschullelirer  selbst 
nicbt  verge«Mii. 

§  38  endlich  würde  in  der  TorH^nden  Ve/mung  jedenfalU  sn  manchen 
Streitigkeiten  Anloas  geben.  Wir  wissen  ja  nicht,  von  welchen  Bedingun<^en 
die  Wiederaoatellnng  eines  quiescierten  Lehrers  abhängig  gemacht  wird. 

Auf  Antrag  eins  Prof  Duschinsky  wird  die  D*>l>attp  geschlossen. 
Zum  Worte  gelantron  noch  die  vorjioniorkten  Redner  Dir.  Fetter,  Prof. 
Bechtel,  Prof.  Dörfler  uml  di--  Keteienten. 

Dir.  Fetter:  Die  auwesenden  Directoren  sind  votii  Herrn  Landes- 
Sckulinspector  Laughan^  in  der  Weise  apostrophiert  worden,  doHs  er  ge- 
meint hat,  sie  wfirden  sich,  wenn  sie  gefragt  wQrden,  entschieden  für  die 
offenen  Qoalificationslisten  aussprechen.  Ich  f&r  meine  Person  bin  fftr  die 
offenen  QuaUfieaiionriisten  nnd  beantrage,  dass  die  anwesenden  Directoren, 
wenn  auch  ohne  Debatte,  durch  Handerheben  erklären  sollen,  ob  sie  für 
oder  gegen  die  offenen  Qualißcationslisten  »ind.    (Heiterkeit  und  Beifall.) 

Vorsitzenderstell Vertreter  Dr  Swida  bringt  untor  allgemeiner  Heiter- 
keit und  Zustimmung  den  Antrag  zur  Abstimmung  l>if  Abstim in\int,'  ilurch 
Erhebtin  drr  Hände  und  die  Gegenprobe  ergeben,  dasd  silmmtliche  an- 
wesenden Directoren  für  die  oft'enen  Qualificationslisten  sind.  (Lebhafter 
BeifoU  und  Händeklatschen.) 

Prof.  Bechtel:  Die  provisorisch  angestellten  Lehrer  sind  in  dem 
Entwürfe  gam  übergangen.  Es  mfisste  entweder  ein  Paragraph  lauten: 
provisoriM  lie  Anstellung  wird  aufgehoben,  oder  das  einzusetzende  Comite 
inu8s  auch  der  provisorischen  Lehrer  gedenken,  weil  diese  sonst  den  Sup- 
ph-nten  gegenüber  in  großen  Nnchth^il  kämen.  Ikv.üt^lich  der  Supplonten 
wird  noiniiert,  dass  ihnen  die  Jahre  der  >upplentur  eingerechnet  werden, 
oder  minde^iten.s  eine  Anzahl  derselben.  Bei  den  provisorisch  Angestellten 
geschieht  die^  bis  jetzt  nicht.  Ich  bitte  also  den  Au&$chu8s,  auch  dieser 
Lehrer  zu  gedenken. 

Prof.  Dörfler:  Alle  Herren  Inspectoren,  die  das  Wort  ergriffen  haben, 
sowie  die  anwesenden  Directoren  haben  sich  jetst  einstimmig  dahin  er- 
klärt, dass  die  geheimen  Qualificationsüsten  aufgehoben  werden  sollen.  Ich 
würde  mir  daher  den  Vorschlageriaaben,  die  Herren  liandes-Schulinspectoren 
und  Dirtetnren  zu  ersuchen,  einen  geeignet  erscheinenden  gemeinsamen 
Schrit*^  7111*  Aufhebung  der  geheimen  l^ualificationsli.sten  zu  unternehmen. 

lieteieiit  Prof  Norbert  Schwaiger  (zum  Schlussworte):  Ich  habe 
auf  die  vorgebiachtea  Einwendungen  eigentlich  nicht^4  zxi  erwidern  ;  denn 
wir  haben  ja  nur  allgemeine  Gesichtspunkte  vorgetragen,  und  gegen  diese 
wurde  nichts  eingewendet.  Wir  haben  selbst  den  Wamungsmf  erhoben, 
die  einzasetsende  Commission  mt^e  ja  nicht  sa  detaillierte  Bestimmungen 
machen,  damit  wir  uns  nicht  selbst  unnOthige  Fesseln  anlegen.  Ich  habe 
auch  gar  keinen  Auftrag,  auf  irgend  einem  der  Punkte,  die  wir  bei- 
spielsweise aU  Unterabtheilungen  angeführt  haben,  besonders  zu  bestehen, 
sondern  nur  den  voi-hin  von  mir  verle-^nnen  Antrag  aufrechtzuhalten. 

Ich  mache  nur  noch  darauf  aui nierk^a in ,  eine  Differenz  in  <ler 

Richluiig  lie-teht.  daR«  die  „T^ikowiner  MitteLschuie"  beantragt,  es  möge 
eine  Dienstpragmatik  für  alle  .Mittelschulen  geschaflen  werden,  die  Wiener 
dagegen:  fClr  die  Gymnasien  und  Realschulen  mit  Ausschluss  der  fibrigen. 

Correferent  Prof.  F.  S.  Daurer:  Nach  dem  Ergebnisse  der  Debatte 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


MisceUen. 


303 


bin  ich  der  Obwzeu^ung,  das«  die  Herren  der  Majorität  nach  tteh  wohl 
voUatftndig  meinem  Antrage  anschließen  werden,  dan  n&mlich  ein  Comit^ 
mit  der  An^be  betraut  werde,  ein  ßlabor«t  auf  Qnind  der  Referate  und 

auf  Grand  der  hier  erfolgen  Anre^nn^en  auszuarbeiten.  Es  wirä  dann 
unsere  Aufj*abe  sein,  ein  derartiges  Com ite  zu  berufen,  und  in  dieser  Rieh- 
tung  müssen  Vorschlilge  gemacht  wordon.  Ich  ersuche  rl aber  das  Präsidium, 
viellpicht  zu  veranlassen,  da*»«,  talk  mein  letzter  Antrag  angenommen  wird, 
auch  diw  Cöiuitt-  sotort  jjHwiiliit  werde. 

Wir  dachten  ursprünglich  auch  daran,  unsere  Dien&tprugmatik  für 
■ftmmtliebe  llittetsefaulen  gelten  au  lassen,  erinnerten  uns  aber,  dass  ine* 
besondere  an  den  Gewerbeschulen  ein  Terschiedenes  Lehrermaterial  sich 
befindet,  dass  an  den  Lehrerbildungsanttalten  auch  Bttrgertchnllehrer  th&tig 
sind,  für  welche  doch  einzelne  Forderungen  beiflglichderQnalification  u.  8.  w. 
keine  Giltigkeit  haben  könnten.  Wir  mflaaen  uns  also  wohl  auf  die  Gjm- 
nanen  and  Realschulen  beschränken. 

V^nrfitzpnderstollvortrot^^r  Dir.  Di.  >:wida:  Wir  babf>n  im  w»'«i'nt liehen 
über  zwei  verschiedene  Antrüge  abzustimmen:  üVjit  den  kurzen  Kotwurf 
einer  Dienstpragraatik,  der  von  Prof.  DürHer  eingebracht  wurde,  und 
über  den  Antrag  der  beiden  Herren  Referenten,  der  bis  zu  einem  gewissen 
Punkte  ein  gemeinsamer  ist,  und  den  ich  mir  dann  in  awei  Theile,  einen 
gemeinsamen  und  einen  auseinandergehenden  xu  theilen  erlauben  werde, 
loh  bringe  also  luerst  den  Antrag  des  Herrn  Prof.  DOrfler  sur  Abstim* 
mung.  Wenn  di«^  Herren  ihn  noch  im  Gedächtnisse  haben,  und  wenn  keine 
Einwendung  erhoben  wird,  so  bringe  ich  ihn  ohne  Verlesung  zur  Ab- 
stimmun^j;.  iZustimmuncr.)  Ich  ersuche  jene  Herren,  welche  mit  dem  An- 
tras»e  des  Herrn  Prof,  Udrfier  einveiiitanden  sind,  die  üand  zu  erheben. 
(Geschieht.)  Er  ist  abgelehnt. 

Die  vereinigten  Anträge  der  Herren  Referenten  laufen  im  we^eut- 
lichen  darauf  hinaus  (ich  w«rde  mich  vielleicht  der  Form  nach  an  den 
detaUliertttren  des  Herrn  Prof.  D aurer  anschließen): 

„Bs  ist  ein  vom  VI.  deutsch-Österreichischen  MitteUchultage  gewähltes 
Comite  mit  der  Aufgabe  au  betrauen,  auf  Grundlage  der  in  der  heutigen 
Versammlung  erstatteten  Keferate  und  unter  thunlichster  Berücksichtigung 
aller  aus  der  heutigen  Debatte  sieh  ergebenden  Anregungen  und  Winke 
ein»'  l>ienstpragmatik  auszuarbeiten ,  darauf  in  dem  Vereinsorjynne  .Ö.ster- 
reichiselie  Mittelschule*  zu  pul>li(  ieren  und  nac  h  erzieltem  Einverständnisse 
der  sechs  deutschen  Mittelschulvereine  in  Wien.  Prag,  Linz  und  Czeniowitz 
der  hohen  Regierung  mit  der  Bitte  zu  unterbreiten,  dieselbe  möge  den 
Entwurf  als  Gesetororlage  im  hohen  Hause  der  Abgeordneten  einbringen." 

Ich  ertncbe  diejenigen  Herren,  welche  mit  dem  Antrage  in  dieser 
Form  einverstanden  sind,  die  Hand  so  erheben.  (Geschieht)  Ich  bitte  um 
die  Gegenprobe.  (Nach  einer  Fauw:)  Der  Antrag  ist  mit  fiberwiegender 
Mehrheit  angenommen. 

Wa?:  den  zweiten  Theil  der  fJeferentenanträg»'  betrilft,  so  haben  wir 
eineu  engereu  Autr.i^',  der  «ich  auf  die  Gymna^-ieii  und  Uealacbulen  be- 
schränkt, und  einen  wriiercii.  *ler  alle  Mittelschulen  umfasst. 

Landejj-SchuiioHpector  Dr.  Huemer:   Der   Begrift'  „Mittelschulen 
existiert  in  unseren  Verordnungen  nicht;  man  niUsste  ihn  nach  den  ver- 
schiedenen Anstalten  specificieren. 


üigitizuQ  by  GoOglc 


Äliscelien. 


Vorntaftndentellirertreter  Dir.  Dr.  Swiila:  leh  «suche  ftlao  jene 

Herren,  welche  für  den  wettexgehenden  Antrag  nnd,  dass  die  Tbätigkeit 
des  Coniit^s  und  die  auf  Grund  derseliieu  zu  nntemebmenden  Schritte  sieh 

auf  die  Gymnasien,  Kealschulon,  Lehrer-  und  Lfihrerinnen- 
bild nn p^sii n >it  1 1  ten,  Ge  w»^rbesch u len  und Handelsschoieu erstrecke, 
die  Hand  zu  fi heben.  (Geschielit.)  Dit  Antm«^  iJft  abj»e lehnt. 

Ich  ersuche  uuu  diejenigen  Herren,  welche  diU'ür  4»ind,  da««  die  Th&tig- 
keit  der  Commission  und  die  daran  sich  knüpfenden  Schritte  auf  die 
Gymnaeien  und  Bealachalen  eich  erstrecke,  die  Hand  su  erheben. 
(Geschieht)  Dieter  Antrag  ist  angenommen. 

Über  die  Frage  der  Znsammensetsong  der  Commission  entq>innt  sieh 
hierauf  eine  kurze  Debatte,  nach  welcher  beschlossen  wird,  die  Commisrion 
ans  den  beiden  Referenten.  Prof.  Schwaiger  und  Prof.  Daurer,  und  den 
Vorständen  samnitlicht'r  Mittplschnlverpine  t\terreichs  zu  hild»>n,  welche 
dann  im  We^e  der  Cooptieruug  andere  Gruppen  und  Corporationen  heran» 
zuziehen  hätten. 

i><iuut  eiKcheint  dieser  Gegenstand  erledigt. 

Yon  der  Verlesung  der  SeotionsbeschlAsse  wird  Umgang  ge- 
nommen und  werden  dieselben  in  der  von  den  Sdbriftftthrem  Torgelegten 
Faaaang  verifi eiert 

Vorsitsenderstellvertreter  Dir.  Dr.  Swida:  Den  nOchsten  Punkt  der 
Tageäordnun«;  Idldet  die  Bestimmung  von  Zeit  und  Ort  des  nächsten 
Mittclschultages. 

GeschaftsfithrfrstellvertretPr  Prof  Dr.  Maiß:  Im  Namen  des  vor- 
bereitenden Coraites  erlaube  ich  mir.  wieder  eine  dreijährige  Pause  zu 
empfehlen,  also  die  Abhaltung  de»  Vll.  deutsch -österreichischen  Mittcl- 
schultages für  das  Jahr  1900  vorzuschlagen,  und  zwar  wären  dieselben 
Tage  wie  heuer  und  die  gleichen  Modalitäten  in  Aussicht  zu  nehmen.  Als 
Ort  schlagen  wir  Wien  vor. 

Prof.  Korb.  Schwaiger:  Demgegenöber  mifchte  ich  den  Antiag 
stellen ,  den  nächsten  Mitteischultas;  nhon  nach  swm  Jahren  abauhalten. 
(Zustimmung.)  Es  werden  in  zwei  Jahren  Fragen  genug  zu  erledigen  sein; 
je  größer  das  Intervall  ist,  desto  uiohr  erkaltet  das  Tntere?.«e  für  die  Sache 

Geschäftsfiihrerstellverti t'ter  i^rof.  l)r.  MaiB:  Diesem  Antrage  kann 
ich  mich  natHrlich  ohnewoters  amchlieüeu ;  es  ist  nur  sehr  erfreulich 
für  uns,  weuu  wir  stehen,  dms  der  Mittelschultag  so  vielem  Interesse  be- 
gegnet 

Vorsita^nderstellvertreter  Dir.  Dr.  Swida:  Es  liegt  also  der  Antrag 
vor,  den  Vit.  deutsch*dsterreichischen  Hittelschultag  an  Ostern 
1890  in  Wien  an  den  gleichen  Tagen  wie  heaer  abanh alten.  Ich 
ersuche  jene  Herren,  die  damit  einverstanden  sind,  die  Hand  an  erheben. 

(Geschieht.)  Angenommen. 

Der  letzte  Punkt  der  Taf»esordnini<r  lautet:  Wahl  des  Geschäfts- 
führers und  der  vorbereitenden  < '  <>  m  miss  i  on. 

Prof  Dr.  Ant.  Polascliek:  Die  bisherige  Geschäftsführung  hat  sich 
in  einer  solchen  Wei.se  bewiihrt,  dass  wir  unser  Vertrauen  in  sie  uiu 
besten,  wie  ich  glaube,  dadurch  tum  Ausdrucke  bringen,  dass  wir  sie 
per  aeefamatümem  wiederwählen  und  ihr  angleich  unseren  Dank  für 
ihre  Leistungen  aussprechen.  (Allseitige  Zustimmung  und  Beifiill.) 


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MtscoHen. 


305 


VoiöiUeuderstellvertretei'  l>ir.  Dr.  Swida:  Die  allgemeine  Ziwtiiuuiuüg 
überhebt  mich  wohl  der  tauellea  Abitimmiing.  Die  CMammion»  begehend 
ans  dem  Gewhftltenihrer  Prof.  F.  Hoppe,  denen  StelWertreter  Prof. 
Dr.  E.  M ftiß,  ferner  aoi  den  Herren  Dir.  Dr.  K.  Reißettberfper  (Biellts). 
Dir.  H.  Horsk  (Brünn),  Dir.  V.  Fanstmann  und  Prof  Dr.  A.  Polaschek 
CCzenaowitz) ,  Dir.  Dr.  A.  Steinwenter,  Prof.  Dr.  E.  Miirtinak,  Prof. 
Dr.  F.  Stan.lf.^st  (Hraz),  Prof.  J.  Wiillner  (Laibach),  l'rotl".  K.  Harta 
und  j.  (iartniT  (Linz  ,  Dir.  A.  Stitz  (Polal.  Dir.  l{e^ri*Mnn;?srath  Dr.  Hack- 
spiel,  Prof.  G.  Sjx-nfjler  (Prat^),  LHr  F.  Schimek  (^luichow),  Dir. 
Dr.  F.  Swida  Cl'ri*?stj.  den  Direktoren  K.  Klekler,  L  Lampel.  F.  Sla- 
meczka,  Dr.  0.  Waniek,  Regiemngarath  K.  Ziwaa  und  den  Proff.  F. 
Ginsei,  H.  Hub  er,  W.  Knobloch,  Dr.  G.  Kraitsehek,  Dr.  F.  No«, 
G.  Sehleffl,  Dr.  F.  Woike,  J.  Zjeha  (Wien),  wird  »Uo  gebeten,  ihr 
Amt  fttr  den  i^Lchtten  Hittelichnltftg  forttmetzen. 

GeschäfUftihrerstellvertroter  Prof.  Dr.  Maiß:  Ich  darf  im  Namen  dee 
erkrankten  Herrn  Geschäftsführers,  de»  Collegen  Hoppe,  die  Erklärung 
ahg-pbpn,  da»?  er  die  Arbeit  wieder  auf  sich  zn  nehmen  horoit  iet.  Was 
meine  Person  betrifft,  so  will  ich  ihm  nach  Kräften  wieder  zur  Seite  stehen. 
(Beifall.) 

Landes -Schulinspector  Dr.  Langhans:  Wir  haben  den  beiden 
Geachftfteföhrecn  und  den  Herren  dei  Torbereitenden  Görnitz  soeben  nnseren 
Dank  Toüert.  Noch  obliegt  ans  die  Pfiicbt,  dem  Tcrehrten  PrSoidiom  des 
MittelschQltages  den  Dank  ausawprechen  Ar  seine  firenndliche  Nachsicht  nnd 

die  erfolgreiche  Führnii«^'  dos  Mittelschu Hages,  der  sich  würdig  den  früheren 
angereiht  hat  und  auch  künftigen  zum  Vorlnide  werden  wird.  (Beifall.) 

Vorsitzendfr  Renfierun<rf»rath  I*ir.  Laiiil)t»r;^er:  Mir  obiic^'t  es  da- 
gegen, den  'Tf''"brton  Mitgliedern  der  Voisammiunj^,  insbt'sondoio  auch  den 
Vertretern  der  hohen  ünterrichtHvnrwaltunj^  für  ihr  wirkun^svolle-i  Kin- 
greifen in  die  Debatte,  anderseits  auch  den  Herren  Univeräität^proteBiioreQ 
for  ihre  Aufklärungen,  durch  die  sie  die  Dehatte  zumtbeil  geführt  und  ab- 
gekfiist  haben,  vor  allem  auch  dem  Herrn  GeschftftsfBhrer  nnd  GescbAfts* 
ffibrersteUvertreter,  die  mit  aufopfernder  Thfttigkeit  sieb  den  Geadiäften 
gewidmet  haben,  endlich  andi  dem  Hausherrn,  Dir.  Slameeska,  der  leider 
verhindert  war,  den  Verhandlungen  selbst  beizuwohnen,  sowie  seinem  Stell* 
Vertreter  Herrn  Prof.  Scblegl  den  verbindlichsten  Dank  zu  sagen! 

Zum  .Sch!ns:*A  nns-erer  Berathnnqi'pn  orlanbc  ich  mir,  die  Herren  auf- 
zttlordorn,  wie  wir  os  .'^tets  thun.  »-in  Hoch  auszubringen  nuf  8e.  Majestät 
den  Kaiser  von  <  )»lt;rreich  Franz. losefL  Kr  lebe  horiil  hoch!  hoch! 
(Die  Yersammiung,  welche  sich  erhoben  hat,  bringt  ein  dreimaliges  be- 
geistertes Hoch  aas.) 

Hiemit  erkiftre  ich  den  VI.  denfseb-Osterreiohischen  Mittelschultag  für 
fpesehlossen. 

(Schluss  der  Versammlung  12  Uhr  50  Hinuten.) 

Der  Nachmittaif  war  noch  der  Besichtigung  einaelner  Sehenswürdige 
keiten  gpwidmf»t. 

Unter  Führung  des  Prof.  F.  Danrer  be<5ur'hten  »'twa  oÜ  iheiluehmor 
am  Mitt<!ischultage  das  k,  k.  Hot'operaihcator,  uui  die  großartigen 
Einrichtungen  dieses  Praclitgebäudes  kennen  zu  lernen. 


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3U6 


Miscellen. 


Zuerst  worden  in  Begleitung  des  LOscbmeisters  die  vier  Etagen 
(Ilm)  tief  unter  die  Bühne  reichenden  Versenk un^svonichtungen 
in  Augenschein  ^ronotnmen.  die  tbeils  bjdraulisoh.  theils  elektrodynamisch, 

theils  durch  Hiindltetiieb  in  Bewegung  gesetzt  werden  konnpn  und 
statten,  binnen  wfDi'^or  Sfnnndon  in  "«t^ch-*  ^Gn^ffn"  t'oiiliss»^!!  und  Pensonen- 
aufzüge  aut  die  Bühne  zu  lieben  oder  unter  diese  in  iri:f  nd  eine  untere 
Etage  zu  versenken.  In  der  obersten  dieser  Etagen  wurden  Kessel  gezeigt, 
aus  denen  Dampf  zur  Nachahoiung  von  Kauch  zu  beliebigen  Stellen  der 
Bflhne  geleitet  werden  kann. 

Drei  Stookwerke  Aber  die  BQlinenhöhe  steigend  gelangte  man  anf 
den  Sehnttrboden,  von  welchem  ans  Proepecte  und  Waadeldecorationen 
dem  Bedürfnisse  entsprechend  dirigiert  und  gewisse  Beleuchtangseffecte 
bewerkstelligt  werden,  wozu  den  Arbeit  rn  durch  einen  Sehnarrapparat, 
das  „Fro^^ch^ij^Tin!".  odi-r  durch  grüne  Lichter  Weisungen  ge«f(»hen  wprden 
Die  hitr  stationierte  Feuerwache  kann  die  Bühne  im  Notht'alle  oiit 
G7  Hyiirantt  ii  unter  Wasser  sel/ien. 

Die  Bühne  selbst  imponiert  vor  allem  durch  ihre  Größe.  Sie  ist 
50  m  tief,  vorne  28»  rflekwlrta  38  m  breii  Neben  dem  eisern«!  Vorhänge 
ist  eine  Art  Eaniel  filr  den  tnspicienten,  welcher  mittelst  ungefähr  SO  elektri« 
•eher  Taster  Glocken-,  Licht-  und  andere  Sigmle  geben  kann.  Daneben 
sind  die  Wind-  und  Donnerapparate,  welche  leicht  durch  Ziehen  an  einem 
Seile  in  Function  gesetzt  werden  können. 

Zu  beiden  Seiten  der  Bühne  befinden  sir  Ii  verhaltni^niärMcr  rMnfach 
ein<_r'*vi(  lit<'te  Garderoben:  die  Tenor-  und  Sn|aan>tMtr",  wif  di»'  Kün>tier 
sagen,  liie  Burg-  und  Stadt«eito  nach  der  H'  /.eit  huung  der  Bühueoarbeiter, 
die  Prioj-  und  Secundseite  uuch  der  Ausdruck^weise  der  Orchester mit^lieder- 
Die  Garderoben  der  hervorragenderen  Tänzerinnen  «ind  im  ersten  Stocke, 
im  «weiten  Stocke  eine  Hamengarderobe  für  das  Obrige  Gefolge  Terpai- 
chorens.  £in  riesiger  Übungssaal  fUr  das  Ballettcorps  wurde  im  dritten 
Stocke  geieigt. 

Der  Löschnieister  geleitete  die  Gesellschaft  auch  in  die  Costüme- 
depots.  Wieviel  Flitter  und  Blendwerkl  Und  nichtsdestoweniger  beträgt 
der  Wert  der  vorratliip^en  Damentoiletten  üImm-  zwei  Millionen  '^'il'ien. 
Sehr  intero'^sant  wa:  dii'  Wa  i  tt-nkammer,  die  nicht  nur  aut  hrliein  nud 
Täuschung  bere(  lin<  te,  sondern  auch  viele  echte  RüstunsT'siiii  ke  aufweist, 
deren  Instandhaltung  unausgesetzte  Lberwachung  und  Arbeit  beansprucht. 

Nachdem  noch  die  iÜr  den  Allerh(^chsten  Hof  reservierten 
Räume f  das  Büffet,  das  Fojer  und  einige  Logen  in  Augenschein  ge- 
nommen wcniden  waren»  verließ  die  Gesellschaft  nach  mehr  als  einstündigem 
Aufenthalte  hochbefriedigt  vom  Gesehenen  den  Zauberpalast. 

Inzwi-ehen  hatte  ein  anderer  Theil  der  Theilni  linier  unt»^r  Führung 
Prot.  l»r.  F.  Mai(>  den  Besuch  der  Mu><ter«sniiinilungen  physikalifeher 
und  eheuiischrr  Leluniittel  der  Firmen  Lenoir  und  Forster.  l»eziehungs- 
wei^i'  W.  J.  Kohrbecks  2sathtolger  unternommen.  Durch  diese  Samm- 
lungen, welche  auf  Anregung  de^  „Wiener  Vereines  sur  Förderung 
des  physikalischen  und  chemischen  Unterrichtes"  aufgestellt 
worden  sind  und  namentlich  den  Collegen  in  der  Provins  es  erroCglichen 
sollen,  gelegentlich  einer  Anwesenheit  in  Wien  aber  eventuelle  Anschaf- 


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Miäcelleu. 


307 


fbngeti  l&r  ihre  Gabiuette  sich  leichter  zu  orientieren^  wurden  die  Besucher 
von  den  Finnencbefä  Herrn  Hlawatschek,  beziehungsweise  Herrn  Ober> 
niay er  geleitet,  und  mit  eini'^pn  neueren  Appnniten  wurden  Vt  r^nclie  vor- 
geführt, so  mit  den  neuen  Beloiahtiinji^aytparaten  für  Azetylen,  mit  liönt^^en- 
ttnd  Tcäla-Apparaten.  mag  den  Herren  hier  der  gebärende  Dank  gesagt 
werden. 

Um  4  Uhr  fand  sich  eine  größere  Anzahl  Theilnehmer  am  Bdittelschul' 
tage  bei  der  k.  k.  Telephonoentrale  ein,  um  die  intereuante  Anlage  einer 
genaueren  Besichtigung  zu  unteraiehen.  Herr  Dir.  KrÖsswang  hatte  den 
Besuch  gestattet  und  mehrere  seiner  Herren  Beamten  behufs  Erklärung  der 

Details  den  einzelnen  Gruppen  iler  Besucher  zugeordnet.  Nicht  nur  die 
äußerst  sinnreiche  Einrichtung  der  zahlreichen  Signal-,  Schalt-,  Sprech-  und 
Hörapparate,  die  Übersicht  liehe  Anordnung  der  Zu-  und  Ableitungen  mit 
ihren  Schutzvorrichtungen  f^e^'fu  BliU  und  Starkstrom,  auch  die  prompte 
Altwicklujig  des  Belnebes  in  die.ser  für  10.000  'liieilnelnuer  eingeri<  ht*'tfn 
Centrale  erregte  das  lebhafteste  IntereüJie  der  Betiucher.  Dem  genannten 
Herrn  Director,  wie  seinen  freundliehen  Al^geordneten  wurde  der  Dank 
der  Besucher  durch  Prof.  Dr.  Maiß  auegesprochen. 

Von  hier  gieng*s  in  die  Centrale  der  allgemeinen  Elekiricitätsgcsell- 
X  halY  fll  .  Obere  Donaustraße  23).  Von  hier  wird  ein  großer  Theil  von 
Wien  mit  elektrischem  Lichte  versehen,  von  hier  kommt  der  Strom,  der 
die  flektriB«  he  Bahn  l'raterstern — Mariahilf  treibt.  Der  rJiicrioi  der  Centrale, 
Herr  Ingenieur  .1.  Kolbe,  hatte  die  I.iehenswürdigkeit,  die  Ki lauterungen 
der  großarti«j;en  Kessel-,  Aliischinen-  und  Accumulatoienanlage  selbst  zu 
geben.  Seinen  äußei-st  anschaulichen  Darlegungen  verdankeu  die  Besucher 
nicht  nur  einen  Einbück  in  die  technischen  Details  der  Anlage,  iitondem 
auch  manchen  Blick  in  die  Geheimnisse  des  Betriebes  und  seiner  Ökonomie. 
Es  mag  ihm  hier  nochmals  der  beste  Dank  fQr  seine  anstrengende  Führung 
abgestattet  werden. 

Den  Schluss  bildete  die  BeÄichtii,'uni,'  eines  Motorwagen?»  der  elektrischen 
Tramway  in  den  Praterremisen.  Ist  die  Einrichtung  eines  solchen  Betriebs^ 
mittels  an  t>ich  srlion  intere>*sant,  to  gewann  die  Kxcursion  ans  Ende  des 
Pratprs  norli  datlurch,  daas  ein  kurz  vorher  durch  unvorsichtiges  Gebaren 
untauglich  j^ewordener  Meehanismus  in  der  Werkstütte  lag,  an  dem  die 
koloesale  zerstörende  Wirkung  des  gewaltigen  elektrischen  Stromes  er- 
sehen  werden  konnte,  üX\m  sie  der  Mensch  nicht  genug  „bezähmt,  be- 
wacht". 

Dienstag  hatten  einige  Theilnehmer  des  Mittelschultages  die  Urania* 

Vorstellung  im  deutschen  Volkstheater  besucht,  wo  „Ein  Au.sflug  nach  dem 
Monde"  gegebf>n  wurde.  Die  Urania-Gesellschaft  hatte  su  dieser  Vorstellung 
eine  20 «ff  ige  Prei.-,ermlißigung  zugestanden. 

Von  vi«leu  wurde  endlich  die  JaliresausHtellung  im  Kün-t  ler- 
hause  besucht,  die  den  iheilnehmern  dejä  MitteUchultages  wieder  unent- 
geltlich zugänglich  war. 

Es  riemt  sich  hier  noch,  der  Urania -Gesellschaft,  wie  der  löblichen 
Gesellschaft  bildender  Kfinstler  für  das  Entgegenkommen  den  Dank  aus- 
xosprechen.   


ijiyiiizca  by  GoOglc 


308 


Miscellen. 


Entwurf  eines  Lehrplanes  für  den  Turn- 
unterricht an  den  Gymnasien  und  Real- 
schulen, sowie  an  ähnliehen  Lehranstalten 

Österreiehs. 

Von  WUh^  Buley,  Lmlwlg  Glas,  J.  KroBauer,  Jaro  Pawel  una 

Karl  Vogt. 

Du  BedUrfnii  einer  Refonn  «ftmmtlicher  Tnrnlelirplftne  Otterreicht 

bestand  schon  jahrelang  und  war  in  vielen  Sitzungen  der  Otterreichi«eheil 
Tiinilehrer!!chaft  Gegenstand  eingehender  Berathung.  Aber  erst  im  Jahre  1898 
gewannen  alle  iliese  Reform bestrebnnfjon  greifbare  Gestalt,  als  im  Juli  dieses 
Jahres  bei  der  X.  Hauptversiiinmlun<;  des  Vereines  österreichischer  Turn- 
lehrer ein  eigener  Ausschu^s  beiiuttru^'t  wurHe.  die  Lehrplane  der  Volks- 
und Bürgerschulen  UsterreicLs  einer  Reform  zu  unterziehen  und  den  bezüg- 
liohen  Entwurf  der  nächsten  Vollversammlung  des  Vereines  vorzulegen.  Zum 
fieferenten  wurde  Tomlehrer  Bul^  in  Lim  hettimmt.  Die  Bemthung  über 
diesen  Entwurf  wurde  bei  der  m  Ottern  1694  in  Wien  abgehaltenen 
XL  Hanptveraammlnnfp  det  Vereinet  wegen  Zeitmangelt  vertag!  Die  XII. 
in  dietem  Jahre  abgehaltene  Versammlung  nahm  dann  den  Entwurf  mit 
einigen  Abänderungen  an  und  fasste  zugleich  den  Heschluss,  ihn  dem  hohen 
Ministerium  für  Cultus  und  Unterricht  mit  der  Bitte  zu  unterbreiten,  bei 
Abfa!?f?nn<^  neuer  Lehrpläne  hierauf  Kücksicht  zu  nehmen.  In  derselben 
Veifsumnilung  wurde  bejichlos^en,  auch  an  die  Andernns»  der  anderen  Turn- 
lehrpläne zu  schreiten,  so  zunächst  an  die  der  Mittelnchulen.  Die  Aus- 
arbeitui^  wnrde  den  Mitgliedern  det  TorlMrigen  Lehrplanaanehoatei  Bulej, 
Glas  und  Vogt  und  den  nachgewfthlten  Mitgliedern  Pftwel  und  Kronauer 
flberwiesen.  Der  Austchuat  hielt  nun  im  November  1896  eine  Siisong  in 
Linz  ab,  in  welcher  der  unten  folgende  Lehrplan  endgiltig  fettgettellt 
wurde.  Der  Entwurf  selbtt  setgt  dem  bettehenden  Lehrplane  gegenüber 
eine  Reihe  Abiinderungen,  von  denen  die  wesentlichsten  hier  kurs  erw&hnt 
und  begründet  werden  -^onen. 

Im  allgeuicinen  wurden  alle  Übungen,  widehe  für  euie  i^eiiiein- 
same  Bethätigung  der  Schule  ujinderwertig  oder  aUzusehwer  oder  gar  zu 
gefährlich  erschienen,  einfach  weggelassen.  Aus  diesen  Gründen  wurden 
auch  einzelne  Geräthe  ganz  gestrichen,  wie  das  lange  Schwungseil,  der 
Rundlanf  und  das  Sturmspringen. 

loi  besondern  ergeben  sich  folgende  wichtigere  Ab&nderungsfftUe. 
Vor  allem  wurden  die  Ordnungsübungen  bei  aller  Erkenntnis  der  hohen 
Wichtigkeit,  die  man  ihnen  mit  Recht  beizulegen  pflogt,  zugute  der  Frei- 
iibnnjt^ii.  wo  der  l>el;tstnni^  der  .\rme  mehr  Rechnung  getra<:;en  wurde, 
um  ein  bedeutendes  beschränkt.  Bei  den  Freiübungen  wurde  im  l>e8ondern 
die  Mannis^faltii^keit  der  Verbindiingen  mehr  angezogen.  Üaiür  entfielen 
hier  die  uiinderwertigen  Schrittarten.  Der  Lehrstoff  der  tbungen  an  den 
schrägen  und  senkrechten  Leitern  wurde  entsprechend  auf  alle  Claiten 
vertheilt.  Dafttr  spricht  die  praktische  Bedeutung  det  Geiftths.  Der  Liege- 
stütz als  Freiübungsart  entfiel  und  fand  dagegen  an  den  ihm  entsprechen- 
deren Ger&then  häufigere  Verwendung.  Der  Gebrauch  des  Schwebe- 


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Miscelien. 


309 


banmes  worde  nur  auf  die  CnterelaMen  beoehrftnkt,  dafür  wurde  da» 

Pferdspringen  um  eine  Claase  vori^rückt.  Hieher  wurde  auch  aus  sach- 
lichen Gnlnden  eine  Reihe  von  Übungen  verwiesen,  welche  im  Uestehen- 
don  T."hr]<l;nio  crhon  höhn  Bockspringen  angeführt  smd.  Ans  denselben 
Gründen  wurde  auch  dem  Barren-  und  Keckspr  i  nj^en  eine  größere 
Aufmerkiiamkeit  geschenkt  Dagegen  entüelen  auch  hier  meluere  minder 
wichtige  Cbungsformtn ,  wie  die  des  Unterarmstützes.  Das  Bin^^^en 
wurde  mit  Rfickiieht  auf  die  Gefährlichkeit  der  Übung  an  sich  und  mit 
BetUK  auf  den  Vnutand,  al»  im  TaruMuUe  hieiu  keine  entsprechende  Boden« 
Üftcbe  Torhanden  ist,  gans  geitrichen.  Dafür  wurden  die  Spiele  um  ein 
weientiichce  Termehrt  und  hiebet  auf  den  Betrieb  der  Ballspiele  nament^ 
tiches  Augenmerk  gelenkt. 

SchlieC>lich  wurden  auch  aus  inneren  GrQnden  in  der  Wahl  und  der 
FoliT.'  der  Übungen  bei  ^mhezu  allen  GerSthen  Abänderungen  getroffen, 
deren  Anzahl  aus  einem  öorgtiamen  Vergleiche  der  Lebrpläne  sich  leicht 
feststellen  lässt. 

Tnnlehrplaii  fttr  Gymnasien.  Renlsehulfln  und  ilmUfflie  tiehr- 

anstalten. 

Ziel:  Allseitige  und  eben  mftßige  Xrftftigung  des  Kfirpers,  Befestigung 
der  Gesundheit,  geistige  Geweektheit  und  Frische,  finiehnng  tn  bewusster, 
wUlensbeherrschter  Bewegung,  m  Gewandtheit,  Mutb,  Ausdauer  und  Ord- 
nungssinn. 

I.  Clause 

Ordnungsübungen:  DuicLl»il<ien  der  .Stirn-  nnd  Flnnkenreihe 
iRichten,  Auflüben,  Wiedei herstellen).  Umbilden  der  iiiirn-  zur  Fluukeu- 
reihe  und  umgekehrt  Bildung  einer  3— 4gliedrigeu  Stule  durch  Neben* 
reihen  der  Flankenreihen.  Ziehen  der  Flankenreihe  und  der  Sftule  auf  ver* 
schiedenen  Ganglinien  im  Takte  und  mit  Gleichtritt.  1/4  und  V«  Windung 
der  Flankenreihe. 

Freiübungen:  Drehen  und  Beugen  des  Kopfes;  Heben,  Drehen, 
Schwingen.  Stoßen  und  Schnellen  der  Arme;  Spreizen,  Knif-  und  Forsen- 
hoben;  Vor-  und  Seitbeugen  des  Rtinipfc<.  Schritt-,  Grätsch-  und  Hock- 
stellung:?. Arm-,  Rumpf-  und  Heinthätigkeiten,  sowie  Stellungen  im  Wechsel 
rechts  und  links.  Gehen  mit  Armthätigkeiten.  Knieheb-,  Spreiz-  und  Schlag- 
gang. Nachstellgang.  Galoppgehen  und  Schrittwechselgang.  HUpfen  an  und 
von  Ort  auf  beiden  FQßen.  Laufen  im  Takte.  Dauerlauf  bis  8  Minuten. 
1/4  und  Vs  Drehung  im  Stehen. 

Freispringen:  Sprung  rechts  (links)  mit  3  Schritten  Angehen. 
Sprung  aus  dem  Stande  auf  beiden  Füßen. 

Schwebebaum:  Ansteigen,  Absteigen,  Abspringen.  Gehen  vor-, 
ruck-  und  seitwiirts.  Sämmtlicbe  Übungen  nur  bei  niedri{::jer  Stellung  des 
Schwebebnnmes  1  (  iberfiiuiie  25  cm  über  dem  Boden)  erst  mit  Fassung,  dann 
ohne  Fasi^ung  der  Hände. 

Wagrechte  Leiter:  Streckhang  mit  Rist-,  Speicli-  und  Zwiegriff 
ohne  und  mit  Beintbätigkeiten  und  Beinhalten.  Hangeln  mit  Nacbgreifen 
mit  Rist*,  Speieh-  und  Zwiegriff. 

Schrftge  Leiter  (obere  Seite):  Steigen  vorlings  q^it  Kachtritt  und 
Übertritt  gleich-  und  ungleichseitig. 

„Oaterr.  MlMebcbnle".  XI.  Jahi«.  31 


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310 


TiOthro(  ht«^  Leiter:  Steigen  vorlings  mit  Nacbtritt  und  Übertritt 

gleich-  und  ungleichseitig. 

Klettergerüst:  KletterschliK«».  Klottorversuche  an  einer  Stanafo. 
HangHtand  vorlings  an  zwei  Stangen,  aucii  in  Verbindung  luit  Üein- 
thätigkeiten. 

Barren:  StreekiUttB  in  Verbindong  mit  Beinth&tlgkeiten.  Innentiti- 
wecluei  hinter  der  Hand;  InnenritsweehMl  mit  Fortbewegen  rOckwilrti. 
Oberdr^en  rttckwftrts  ans  dem  Stande  in  Liegebftnge  Torling*  nnd  in 

den  Stand. 

Spiele:  Gärtnor  und  Dieb;  KussisoMaufen;*)  Katse  nnd  Maut;  Kreifl- 
lanfen  (Ringschlagen);  B'angbaU^  Wander  ball. 

II.  Classe, 

Ordnungsübungen:  Ganze  Windung  der  Flankenreihe.  Windungen 
im  Wechsel  im  Gehen  und  Laufen.  Beihungen  erster  Ordnung  ohne  Kreisen 
und  Ausweichen.  Staffelaufttellnng. 

Freiübungen:  Rttekbeagen  des Hnmpfes.  Bumpfdrehen.  Armkreisen, 
Armhancn;  Beinachwingen,  Bt^nspreiien.  Beiastoßen.  Zwei  vei^chiedene 
Tbfttigkeit^n  nacheinander  in  4  Zeiten  Zwei  verschiedene  Thätigkeiten 
gleichzeitig.  Wechsel  von  Gangarten.  Hüpfen  a)  in  verschiedenen  Stelhingen, 
h>  in  vei-«ichiedenp  Stallungen,  c)  in  Verbindung  mit  einer  einfachen 
Thätigkeit  des  Leibes,  d)  mit  '  i  nnd  Drehung,  e)  auf  einem  Fube. 
Laufen  mit  r,Ioichtritt,  Dauerlauf  bis  4  Minuten,  ^j^  und  Vi  Drehungen 
im  Gehen  an  und  von  Ort. 

S tabu bun gen:  Wagrechte,  »chrl^  und  lothrecfate  Stabhaltungen. 

Freispringen:  Sprung  rechte  (links)  mit  Anlaufen  za  mäßiger  Weite 
nnd  Höbe. 

Schwebebaam:   Gehen  mit  Armhalten;  Spreis-«  Enieheb-  und 

Fersenhebgang. 

ß<>(  k:  Vorübungen  und  Sprung  über  den  hfift-  bis  brusthoch  ge- 
stellten Hock, 

Wagreehtc  Leiter:  Strei  khan^  mit  Ell-,  Kamm-  nnd  Zwiegriff  in 
Verbindung  mit  lieinthätigkeiten  und  Beinhalten.  Hangeln  uul  Ri.st-,  Speich- 
und  Zwiegriif  in  Verbindung  mit  Beinhalten.  Hangeln  mit  Ellgritf  mit 
Nfichgreifen.  Beugehang  mit  Abstoßen  vom  Boden  mit  Kamm-,  Speich* 
und  KistgrifF. 

Schräge  Leiter:  Steigen  auf  der  oberen  Seite  Torlings  mit  gleich- 
zeitigem Weitorgrcifen  beider  Hände,  Streckhiing  an  der  unteren  Seite  in 

Verbindung  mit  Beinthätigkeiten. 

Lothrochte  Leiter:  Steirren  vorlinfj«!  mit  jjletchzeitii^oni  Weiter- 
greifen beider  Hände.  Han;^'  rüokhn^;-!  in  Verl>indung  ujit  Pciuthütigkeiten. 

Klettergerüst:  Klettern  an  einer  Stange.  Kletteiächlusswechriel  an 
einer  und  zwei  Stangen.  Streckhang  an  zwei  Stangen  und  Verbindung 
mit  Beinthätigkeiten  und  BeinhaUeo.  Kletterschtnss  und  Kletterrersuche 
um  Tau. 

Beck:  Hangliegen  Torlings  (Stange  schulterhoch).  Querli^hang 
vorlings.  Unter-  und  Oberarmhang  vorlings.  Sprung  in  den  Seitstüts. 

*)  Div  mit  *  bezeichneten  Hpivle  eJgn<>n  sich  weniger  fQr  den  Turnmiat. 


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MjpscelleD. 


311 


Schankalriiiffe  (•chvlter*  bia  kopfhoeb): Hangstand;  Kreivschwingoit 
im  Hangtlude.  Überdiwheii  m  dem  Stande  in  Ueffebftnge  vorÜDg»  nnd 

in  den  Stand.  Durchächaukeln  aus  dem  Stande  In  den  Stand.  Scbankalti 
(JUnge  reichhocb)  im  Streckhaoge  mit  Abstoßen. 

Barren:  Keit-  und  Außenf|nersitz  vor  der  Hand  im  Wechsel  ä)  aus 
dem  Stande  in  den  Sih'.,  b)  ans  dem  Stütz  in  den  Sitz,  c)  aus  dem  Sitz  in 
den  Sitz.  Innensitzwecbsel  mit  Fortbewegen  rückwärts.  Stüta&eln  im  Streck- 
ütüt^  mit  Bcinhuiteo. 

Spiele:  Der  Plampsack  geht  um;  *Der  schwarze  Mann-,  "^tuch»  au« 
dem  Locbe;  Zielball;  KOnigtball;  *Bftreneebiagen ;  andere  orteflblicbe 
Bewegnngaaptele. 

III.  Classe. 

Ordnungsübungen:  Schwenk*^n  der  Stimreihe  rechts  (linke)  um 
den  rechten  (linken)  Führer.  Offnen  der  Beibe  nach  Scbrittlftngen,  auch 

ans  der  Mitte. 

Kreiübuniren:  Auslage-stellun^,  Ausfall.  Zwei  verschiedene  Thiiiit!"- 
keiten  in  Verbindun$f  dnnh  Kirnchaltunf?  in  1  Zeiten.  Gleichzeitige  Aus- 
fObrung  von  je  zwei  Thäiigkeiten  durch  Aneinanderreihung  in  4  Zeiten. 
Wechsel  von  Gang-  und  Laufarten.  Daoerlanf  bis  6  Ißnaten. 

Hantelflbnngen  (mit  1kg  schweren  Haaiebs):  Siehe  Freiübnngen. 

StabObnngen:  Zwei  versdiiedene  Stabhaltungen  Terbonden  durch 
Aneinanderreihung  in  4  Zeiten.  Gleichzeitige  Verbindung  einer  Stabhaltung 
mit  einer  Tbfttigkeit  des  Leibes  in  2  Zeiten. 

Freispringen:  Steif^mnf^  d»n-  Höhe  und  Weite. 

Schwebeball  m  :  Knif^  viir-j-ang;  Beinsohweulllgang. 

Bock:  Zu  ii<>berem  ilain-  loru^thoehV 

Wagrechte  Leiter:  Hangcia  iui  ^uerhange  mit  Ri^t-,  EU-  und 
Zwiegriff  mit  Übergreifen  ohne  und  mit  Beinhalten.  Hangeln  mit  Kamm- 
griff nnd  Naehgreifen.  Beugehang  in  Verbindung  mit  Beintbäligkciten. 
Armwippen  ans  Beaghalten.  Qriffwechaeln  mit  V«  Armdrehung.  Hang- 
wechsel ans  dem  Seit«  in  den  (^uerhang  nnd  umgekehrt. 

Schräge  Leiter:  Auf  der  oberen  Seite  Steigen  rücklings.  An  der 
unteren  Seite  Steigen  vorlin^.  Hen^ohang  in  Verbindung  mit  Beinth&tig» 
keiten  und  Beinli.iiten.  (^ritlwechHeln  mit  '.'j  .\rn-idrehnng. 

Lot  Ii  rechte  Leiter:  IIüpf'>>teivren.  Steigen  rficklinj;?». 

Kl  etterperü.'jt :  Klettern  an  einer  Stange  mit  Klftter-^eliluHswechseL 
Klettern  mit  Kletterte  Ii  lua««  an  einer  Stange  und  Grit!  an  zwei  Stangen, 
auch  mit  Kletterschiuääwechsel  an  derselben  Stange  und  von  einer  Stange 
cur  anderen.  Wanderklettem.  Beugehang  an  swei  Stangen  in  Vorbindung 
mit  Beinthfttigkeiten  und  Beinhalten.  Klettern  am  Tau. 

Reck  (sohulterhoch):  StQtseln  im  StreckstSta.  Drehen  ans  dem  Stftts 
in  den  Quer-  und  Seitsitz.  PVIgabiKrhwung  vorwttrts.  Überdrehen  in  den 
Sturshang  vorlings  und  Seitliegehang  vorlings  aus  dem  Stande.  Heck 
(sprunghoch):  Hang  an  der  linken  nnd  rechten  Hand  im  Wechsel;  Hang* 
Wechsel  ans  dem  SeithanL'-'  zu  demselben. 

Schaukel  rin;j:e  '-chultcr-  bis  kopflioeh):  Überdrehen  in  den  Grätsch- 
ücbwebehang  und  in  da-s  Nest.  Schwingen  und  Schaukeln  im  Oberturm-, 
Unterarm-  und  Beugehange  mit  Abstoßen.  Kreisschwingen  der  Beine  im 
Hand',  Ober«  und  ünterarmbange. 

21* 


Digrtizeo  Ly  <jOOgIe 


312 


Misceüen. 


Barren:  Reit-,  Orfttach-  und  AoGenquerritsweclue]  mit  Fortbewegen 
rOckwftrts.  Wende  und  Kehre  am  dem  Streckatütt.  überdrehen  ans  dem 
Stande  mit  Zwie-  und  Ellgriff. 

Spiele:  Drittenabschlagen  (drei  Mann  hoch);  Kreisfußbail ;  Rette 
«ich,  wer  kann;  Tauziehen;  *  Hinkkampf:  Henne  und  Geier;  Jfoppen  und 
Fangen;  Stehball;  andere  ortsi'ibliche  Bewegua^pieie. 

IV.  C lasse. 

Ordnungsübungen:  Verbindungen  von  Reihungen,  Schwenkungen 
and  Drebongen.  Schwenken  der  Sftnle.  AnftQge. 

Freiflbungcn:  Gleichseitige  Anefttbrnng  von  je  swei  verschiedenen 
dnreh  Einecbaltong  verbundenen  Thätigkeiten  in  4  Zeiten.  Danerlaof  bie 
8  Hinnten. 

Hantelübungen:  Siehe  Freiübungen. 

Eisenst  abfi  hnn  *:^en :  Zwei  verdchiedeno  Stabhaltungen  verbnndfn 
durch  AnoinaudeniMliuiif?  in  i  Zt-iten.  Gleichzeitige  Verbindung  einer  ätaü- 
haltnng  mit  einer  Th;iti«^k<;it  dt'-^  Leibes  in  2  Zeiten. 

Freispiiugen:  Durchbildung  des  Hoch-  untl  Weitspiunge». 

Scbwebebanm:  Geben  mit  Drehungen. 

Bock:  Hochflpmng  bic  znr  ScbnlterhObe. 

Pferd  (breit):  Spreimnlntsen.  Flankenachwnng  in  den  Seitriti  außer- 
halb der  Pauschen.  Affenbocke.  Hocke. 

Wagrechte  Leiter:    Hangeln  mit  Seitschwingen.  Hangsncken  an 

nnd  von  Ort  mit  Rist/-  und  SpeichgritT  an  den  Holmen.  Giifrwech'»eln  mit 
Va  Armdrehung.  Armwippen  (Ellgriff  aiugeschlocwen).  Drehbangeln  an 
den  Sprw<>«n. 

Schräge  Leiter  (an  der  unteren  Seite):  Haugelu  auf-  und  abwärt^ 
mit  Speich-,  Zwie-  und  Ristgriff  mit  Nachgreifen.  Griffwechseln  bis 
sar  Vs  Armdrehung.  Anf  der  oberen  Seite:  Steigen  mit  Griff  nnr 
einer  Hand. 

Lothrechte  Leiter:  Hangeln  abwSrtt  mit  Aalegen  der  F&ße  bei 

gegrätschten  Beinen  mit  Rist-,  Speich-  und  Zwiegriff. 

Klettergerüst:  Hangeln  im  Streckhänge  an  Ort,  auch  aufwärt««, 
nicht  übrr  Loi},,^^!,,")!!^,  mit  Nachgreifm.  Klettern  an  einer  Stange  mit 
Weitergreil cn  beider  Hände  ^^leiehzeiti^'  Spannklettern. 

Reck  (kopfhoch;:  Durebhoekt-n  aus  dem  Stande.  Felgaulsciiwung  vor- 
lings au8  dem  8t;inde;  Welluufdchwuug  vorwürts.  Felge  voilingä  rückwärta. 
Drehbangeln  (Stange  sprunghoch). 

Schaukelringe:  Schaukeln  mit  Abetoßen  nnd  Vt  Drehung  um  die 
Lftagmcbae  beim  Vwaehwnnge.  Seitstreeken  eine»  Armes  im  Beugebange. 
Hangarmwtppen.  Schaukeln  im  Beugehange  ohne  Abstoßen.  Überdrehen 
rfidc*  und  vorwärts  aus  dem  Stande  in  den  Stand. 

Barren:  I?ei{-.  Giatscli-  und  Außenquersitz  vor  und  hinter  den  Händen 
im  Wechsel.  Scbwins^en  im  Streckstiitz  in  Verbindunj*  mit  Beinhalten  und 
Beinthätigkeitcn.  Keine  und  Wende  au«  den  Sitzarten.  Liegeatuta  vorlings, 
auch  Stützein  und  Stütidhüpfen  darin,  köpf-  und  ftißwiutN 

Spiele:  Kreisball;  'Treib-  oder  .Sauball;  Tburuibali ;  Jagdball{Wander- 
ball  mit  Überholen);  *Barlanfen:  *Grensbalh  *Deut8cbe»  Ballsinel;  Ziehen; 
Schieben;  andere  orisfibliche  Bewegnngmpiele. 


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Miieellen. 


313 


T.  CUsie. 

OrdnnngtflbuBgeii;  Als  Au&tellnngsbehelf  ftlr  Fkm-,  Hantel-  nad 
Stababungen. 

Freifi billigen:  Verbindnngen  der  Thfttigkeiteii  des  Leibes,  Hfipf- 

nnd  Dreharten  bis  6  Zeiten.  Dauerlauf  bis  10  Minuten. 

Hantelübungen:  Siehe  Freiübungen. 

Eisenstiibü  l'H ngen:  Ausfährung  von  zwei  verschiedenen  durch 
Einschaltung  verburnlenen  Stabhaltungen  ^^loichzeitifTf  mit  zwei  durch  Ein- 
schaltung verbundenen  Leibesthätigkeiten  iu  4Zeiteu.  Stabätoüen ;  ätabhauen. 

Freispringen:  Sprung  rechts  (links),  hoch,  weit.  Laufspnmg. 

Bock:  Mit  nllmUilicb  abgerflektem  Brette. 

Pferd  a)  breit:  WoUipnuig.  Ao^riteoben  in  den  Grätedietaad. 
Flankenefthwnng  in  den  Seiteits  swiaeben  den  Faueehen.  Flanke.  Scbranben- 

auf^it/en.  Schere  beim  Kück-  und  Vorschwnnge.  Spmng  in  den  Scit^tuts 
mit  Übenpreiien  (Einspreiien)  o)  von  außen  nach  vom,  h)  Ton  innen 
nach  vorn. 

b)  lanf?;  Sjnung  iu  «leti  Reit-,  Qaer-  und  Seitsitz,  Seitatilts  vorÜogs. 
Kehrauiäitzea  aU  Fechtsprung.  Aulknicn  und  Anthocken. 

Wagrechte  Leiter:  Hangeln  mit  Armkreisen.  Uangzucken  (nur 
mit  Fassung  der  Holme)  in  Verbindung  mit  Beinbalten. 

Schräge  Leiter  (an  der  unteren  Seite):  Hangeln  vorlings  mit  Über- 
greifen, rflcklings  mit  Nacbgreifen.  An  der  oberen  ^eite:  LiegettQtieln  ao^ 
nnd  abwärta  mit  Nadigreifen. 

Lothrecbte  Leiter:  Hangzucken  abwftrte  mit  Speichgriff. 

Klettergerüst:  Klettern,  Griff  an  zwei  Stangen  und  Kletterschluss 
an  einer  Stanpfe  mit  Weitergreifen  beider  Hflnde  ^^1  eichzeitig.  Hangeln 
mit  gestreckten  Amu  n  und  Beinbalten,  auch  am  Klettertau. 

Reck  fsprun^jbocli):  Sehwin<^en  im  Streckban^'e.  Hangwechsel  aus 
dt^ui  Hand-  in  den  ünteraroihaug.  Duicli bocken  rückwärU.  Am  reich- 
hoben  Beek:  Sebwebebang;  Felganlichvung.  Leicbte  Wellen  (Kniewellen) 
rfickwftrtai 

Sebankelringe:  Schaukeln  im  Handhange  und  Niodenpringen  am 
Ende  dee  Bficksehwunges  (Hangschaukelsprung  rückwärts).  Schaukeln  im 
Beugebange  ohne  Abstoßen  in  Verbindung  mit  Beinthätigkeiten.  Über- 
drehen vorwärts  ans  dem  Hange  rfickünga.  Schaukeln  mit  Armwippen  und 

mit  Abstoßen. 

Barren:  Reit-  und  Außenquersitzwechsei  hinter  der  Hand  aus  dem 
Sitz  in  den  Sitz,  btützeln  von  Ort  mit  Schwung.  Rolle  vorwärtii  iui 
Unterarmhange,  überdrehen  rückwärts  aus  dem  Stande  in  den  Gr&tacbidtk 
Als  sogenannter  Hintersprung  mit  Ben&tsung  eines  Sproi^brettes:  Sprung 
in  den  Qnerstüta  mit  Anlaufbn  mit  Steigerung  der  Entfernung  des  Stüti- 
Punktes  im  Barren  mit  aageUngtem  SitMn,  Kehre  nnd  Wende. 

Spiele:  Ziehen ;  Schieben ;  Veiierball ;  Das  Ballonspiel ;  *Holhuid  nnd 
Seeland;  andere  ortsttbUehe  Bewegungsipiele. 

VL  U lasse. 
Ordnungsabungeo:  Wie  in  der  V.  Glatte. 
.   Freinbungen:  Ersehwemng  der  Thfttigkeiten  des  Leibes,  Hflpf-  und 
Dreharten  bit  6  Zeiten.  Dauerlauf  bis  \%  Minnten. 


üiyiiizea  by  GoOgle 


314 


Mitcellen. 


Haute lub untren  (mitlV«^.9  schweren  Hantein):  Siehe  Freiübungen. 

Eisenstabübun^en:  Verbindung  ron  Stabhaltungcn,  Stabstoßen, 
Stabhauen  mit  Thatigkeiten  dc^  Leibes,  Hüpf-  und  Dreharten  bis  ö  Zeiten. 

Freispringeu:  Sprung  rechts  (links),  hoch,  weit,  auch  über  zwei 
Schnüre  mit  allmählicher  Steigerung  der  Höhe  und  des  Abstand^. 

Bock:  Hoch,  weit. 

Pferd  a)  breit:  Kehre.  Hock^  Wolfipronfp  und  Kehre  mit  und 
V«  Drehung.  Wende.  Kreivpreiien  eines  Beines  a)  von  anßen  nach  vom, 
b)  von  innen  nach  vom.  Tor-  nnd  RQckadhwingen  eines  Beinee  und 

Spretsaufsit^n 

b)  lang  (ohne  Pauschen):  Katzensprung  und  Abgrätschen.  Kehre  and 
Fianke  als  Fechtsprung.  Schere  beim  H'u  k-  und  Vorschwuntre. 

Waj^rechte  Leiter:  Drehhan<^ein  tnit  Rist-  nnd  Kauimgiitl.  Hangein 
im  F^eugehunge.  Hangzucken  im  Beugehange  an  den  Holmen  mit  leichten 
Grittarteu. 

SchrKge  Leiter  (anf  der  oberen  Seite):  Stfitzeln  auf-  und  ab- 
wärts im  Liegeftnti  mit  Obeigieifen.  An  der  nnteren  Seite:  Hangeln  im 
Beogehange. 

Lothrechte  Leiter:  Hangeln  auf-  und  abwArts  mit  Nachgreifen 
mit  Anlegen  der  Füße  bei  gegrätschten  Beinen. 

Klettei  «rerüiit:  Hangeln  aaf-  und  abwärts  im  Beugehange.  Auch 
Klettern  am  Tau. 

Reck  (kopfhochj:  Schwingen  im  rntt^r-  und  Oherai inhange  vor-  und 
rücklings.  Speiche.  Armwippen  im  Mutz  vuiiings.  .Sprung  in  den  Stütz 
(Stange  broethoch)  und  Überspreisen  (Einspreizen)  einai  Beines  a)  von  außen 
nach  vom;  b)  Ton  innen  nach  Tom.  Hangwechael  (Stange  apronghoeh)  an« 
dem  Hand-  in  den  Oberarmhang. 

Schaukelringe:  Schaukeln  mit  Armwippen  ohne  Abstoßen.  Ober- 
drehen rück'  nnd  vorwftrts  aus  dem  Beugehange  in  den  Beugehang.  Durch- 
schlagen Pinea  Beines  ans  dem  Schwebehange  gleich-  und  ungleichseitijr. 

Barren:  .Armwippen  im  Stutz.  Schwin£jen  im  Stütz  mit  Armwippen 
a)  am  Ende  de«  Vorschwunj^es,  ?>}  am  Ende  dea  Uüekt»chwunges.  Über- 
drehen in  den  Oberarmschwebehang.  Holle  rückwärts  aus  dem  Grätschsitz 
in  den  Grätschsitz.  Atis  dem  Querstande  vorlings  am  Ende  des  Barrens 
Einspreisen  fiber  einen  Holm  a)  von  anßen  nach  vorn,  6)  von  innw  nach 
vom.  Kehre  nnd  Wende  ans  dem  Stüts  mit  V4  Vs  Drehungen.  Von 
der  Seite  mit  AnUnfen:  Yor&bungen  nnd  Wende  fiber  den  Barren. 

Spiele:  /!  Ii  n;  Schieben;  Heben-,  Tragen;  Hascheball;  •Schlender- 
ball; *  Thorball  i  andere  ortefibliche  Bewcgnugaspiele. 

VII  Classe. 

Ord nun<?s[i  bviugen:  Als  Aul'stellongsbehelf  für  die  Frei-«  Hantel- 
und  Eisenstabübun^j^en. 

Freiübungen:  Veibinduugen  der  Thätigkeiten  des  Leibes.  Stellungen, 
Httpf-  und  Dreharten  bis  8  Zeiten.  Dauerteof  bis  Ii  Minuten. 

Hantelübungen  (mit  91^  schweren  Hanteln):  Siehe  Frdflbungen. 

Eisenstabfibungen:  Erschwerte  Verbindungen  der  Stabhaitnngen, 
des  Stabetoßens.  des  Stabhauens  mit  Thfttigkeiten  des  Leibes.  HQpf-  nnd 
Dreharten  bis  6  Zeiten. 


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MMcellen. 


Fr  ei  ap  ringen:  SpruDj^  rechte  (lui^)  mit  Anlaofen  dardi  swei  eng 
smammeiigeitellte  Freispringet  ah  Hoeh-  und  Wettepmng. 

Book:  8|irattg  Aber  den  Bock  und  fiber  «ne  Toigespnnnte  Schnur 

(zwischen  Bock  und  Miedersprungsorte)  mit  allm&blicher  Steigerung  der 
HAhe  (Schnur  nicht  ilber  Bockhöhe)  und  Entfernung  der  Schnur. 

Pferd  a)  breit:  Wende  mit  '  j  und  Drehung  vor  dem  Xitdt^r- 
•prungf.  Vor-  und  Ruckschwinpen  eines  Beines  und  Kehr-,  f'hinken- 
und  Wenüeschwung  in  den  8it^  Vor-  und  Ktick8chwiu»{eu  eines  Heine« 
nnd  Hocke,  WoLfsprnng,  Kehre,  Fianke  und  Wende.  Schere  beim  Seit- 
schwänge, 

b)  lang  (ohne  Paotehen):  Sprang  in  den  Reitoite  anf  dem  Balie; 
Spretie.  Aufhocken  und  Kataeneprang  in  den  Hockrtand  auf  dem  Sattel. 
Mit  Paotehen  Sprung  in  den  S^titOti  mit  StQti  auf  den  Pauschen  und 
leichte  GeechirQnge. 

Wagr e chte  Leiter:  Hangsncken  Ton  Ort  im  Querhange  beim  Vor- 
achfmngp.  TTiinpt^lii  mit  Armwippen. 

Schräge  Leiter  ;in  der  unteren  Seite):  Hangsucken  auf-  und  ab- 
wärts mit  Speichj^i itl"  aucli  mit  Beinhalten.  An  der  oberen  Seite:  Auf- 
stemmen au»  dem  Liegehange  in  den  Liegestütz  im  Wechsel  rechts  und  links. 

Lothrechte  Leiter:  Hangeln  aufwftrte  mit  Übergreifen  und  Hang- 
zucken abwärt». 

Eletterger&tt:  Kuigeln  auf-  und  abwIrte  an  awei  Stangen  im 
Beugehange  mit  Beinhalten  und  Hangaucken  abwärt«.   Klettern  am  Tau 

und  Bangein  abwärts. 

Reck  (kopfhoch^:  .\rmwippcn  im  Stut/.  rücklings;  Schwins'en  im 
Stutz  rücklings;  Hangwechsel  (Stange  spnin-^hoch)  aus  dem  Handhange  in 
den  rnternrmhan^  beim  KüLksohwunge;  Aufsstemmen  au«  dem  Seithänge 
mit  Zwiegritt  in  den  Beugestütz  auf  einem  Arme.  Unterschwung.  Wende, 
Flanke  und  Kehre  aus  dem  Stande  (Stange  brusthoch). 

Schaukelringe:  Überdrehen  rück«  und  Torwftrto  mit  geilreekten 
Annen  und  Beinen.  Armwippen  im  LiegestQts;  Seitrtrecken  einee  Armes 
im  Beuge*Idege«tQta  (Ringe  kniehoch).  KreieNhwingen  im  Beoge-Liegertfttt. 
Vor-  und  Hückschwingen  im  Beugestütz;  auch  in  Verbindung  mit  Bein- 
halten und  Beinthätigkeiten.  J^ohaukeln  mit  Armwippen  ohne  Abstoßen 
und  ß"intliritigkeitcn.  SVhaukein  und  ("nerdrehen  im  Gdltsehschwebeliange 

Harren:  ."^ehwingen  im  Hen^jestütz.  Schwingen  aus  dem  Beugestütz 
in  die  Sit^arten  vor  und  hinter  der  Hand  (den  Händen)  und  mit  Sitz- 
wechsel. Stützhüpfen  von  Ort  im  Streck!«tütz  mit  Schwung.  Im  Quer^tütz 
im  Barren  Kreisspreizen  einee  Beine«.  Mit'  Anlaufen  Sprung  in  den  Quer- 
ttfita  und  Kreinpreixen  eines  Beines. 

Spiele:  Ziehen ;  Schieben ;  Heben ;  Tragen ;  *  Gerwerfen ;  *  Steinstoßen ; 
*  Schlenderball;  ^Fanstball;  Maoerbrechen. 

VIII.  ChlSSf». 

Ordnungsübungen:  Als  Aufstelluugsbehelf  für  die  Frei-»  Uantei- 
und  Eisenöt  ab  Übungen. 

Freiübungen:  Erschwerte  Verbindungen  der  Thätigkeiten  dea  Leibe», 
Hüpf-  und  Dreharten  bis  8  Zeiten.  Dauerlauf  bis  15  Minuten. 

Hantelfibungen  (mit  2kg  schweren  Hanteln):  Siehe  Freiübungen. 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


310 


MiaceUen. 


EiseitBtabObiingen:  Erschwerte  YerbiBdingitti  der  Stebhaltungen, 
des  Sl^bfltoßeiM,  de«  Stabhauens  mit  Tb&iigkeiteii  dee  Ijeibes,  Hfipf-  nnd 
Dreharten  bie  8  Zeiten. 

Freiipringen:  Sprang  rechts  (links),  hoch,  weit.  Fenstewprung. 

Bock:  Sprung  über  die  zwischen  Bock  und  Brett  gespannt»'  Schnur 
mit  ulhuiihlicher  Steigerung  der  Höhe  und  Weite.  Freier  Bocksprung  (.Bock 
nicht  über  Hrasthöhe). 

Pferd  a)  breit:  Ge«ch\vnuge. 

5)  lang:  RieMnfiprung.  Freisprung  rechts  (Ualte)  in  den  Beitnto  aaf 
dem  Sattel.  Vit  Paveehen  Sprung  in  den  Seitetfits  Torlinge  und  GeechwOage. 
Wagrechte  Leiter:  Griffwechseln  mit     nnd     Armdrehnng  mit 

beiden  Händen  gleichseitig.  Hangzucken  mit  Amiwippen. 

Schräge  Leiter  (auf  der  oberen  Seite):  Aufwärtsbewegen  durch 
fortgesetztes  .\iifMtemmen  uns  dem  Liegehanpe  in  den  LiegestfUz,  erst 
nacbeinaiidr  r.  dann  mit  beiden  Armen  gleichzeitig.  An  der  unteren  Seite 
Hangzucken  im  Bengehange  mit  Speichgriff. 

Loth rechte  Leiter:  Hangzucken  auf-  und  abwärts  mit  Speicbgriü 
mit  Anisen  der  Füße  bei  gegrätschten  Beinen. 

Kletterger  Hat:  Hangxocken  auf«  nnd  abwärt»  an  zwei  Stangen. 
Kmgeln  auf-  und  abwärts  am  Tan. 

Reck  (spmnghoch):  Hangwecheel  ans  dem  Beugehange  in  den  Ober- 
armhang beim  Rückschwünge.  Aufstemmen  aus  dem  Streckhange  im 
Wechsel  rechts  und  links.  Felgaufzug  vor-  und  rücklings  Aufschwünge 
am  dem  Hange.  Wende,  Flanke«  Kehre  ans  dem  Stüta  vorlings  (Stange 
brüst-  bis  schulterhoch). 

Schaukelringe:  Kreissi  hwingen  der  Beine  im  Beugestütz.  .Arm- 
wippen im  Stütz.  Seitstreckeu  eined  Armes  im  Beugestütz.  Schaukeln  im 
Beugestfita  mit  Abstoßen.  Schaukeln  mit  Überdrehen  am  Ende  des  Rttck- 
schwanges  in  den  GfStschschwebehaag  und  Zarückdxehen  am  Ende  des 
Vorachwunges  in  den  Bengehang. 

Barren:  Sitzwechseln  mit  Fortbewegen  Tor-  nnd  rQckwftrtsmit  .Arm- 
wippen beim  Vor-  oder  Rttckschwunge.  Kippe  aus  dem  (^berarmsch webe- 
hange in  die  Sitzarten  vor  der  Hand  (den  Hiinden)  und  in  den  8tüt/. 
Von  der  Seite  mit  Anlaufen  \'orübunj2^n  nnd  i\ehre  über  den  Barren  aus 
dem        'Stande  vorlings»  am  Knde  de-s  Barrens,  Kehre  über  beide  Holme. 

Spiele:  Wiederholung ^  *Fubball  ohne  Aufnehmen. 


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Literarische  Rundschau. 


Sehülercommentar  zu  Cäsars  Denkwürdigkeiten  über  den  gallischen 
Krie?.  Fßr  den  Sehnlgebmach  faenin.sgegebeii  von  Johann  Schmidt, 

k.  k.  ProfV^H^or  am  Aksidemischen  Gymnasium  in  Wien.  Zweite,  unver- 
andorto  AuHiig»-.  Verla<x  von  F.  Tempsky  und  G,  Freyta^  in  Prajj,  Wien 
und  Leipzig.  Ib'üi-  IV  und  197  i?eiten  in  8*'.  Preis  gAi.  70  kr.,  geb.  90  kr. 

Wie  aus  dem  kuraen  Vorworte  zu  ersehen  ist.  hatte  der  Verfaeaer 

bei  seinem  Schülercommentare  nur  die  gramniati.sche  Seite  des  Unterrichtes 
im  Aiij^e  und  wollte  in  dieser  Richtung  dem  Schüler  d'.f  hrui-^liche  Prä- 
paration  erleichtern.  Die  Puragraphencitate  beziehen  sich  aul  die  lateini- 
sche Schulgrammatik  von  Scheindler.  Warum  nicht  aach  auf  die  von 
Schmidt,  die  doch  ebenfalls  an  vielen  Lchrau.-italtt"'n  im  fJnbiMncli».'  steht 
und  gewifc«  nicht  schlechter  ist  ?  Da  im  Commentare  aubt'rdem  recht  viele 
Phrasen  mehr  oder  weniger  frei  übernetzt  sind,  so  kann  die  Elrkläruug  in 
der  Schule  sich  großentfaeil«  auf  den  Inhalt  und  die  reale  Seite  des  Unter- 
richtes beschränken,  und  wird  infolpfe  dessen  die  Leotihe  zur  Freude  des 
Lehrers  und  der  Schüler  Hott  fortschreiten.  Der  zugrunde  gelegte  Text  i»t 
der  meinige  nach  der  dritten  Auflage,  von  dem  aber  die  neueete  fünfte 
Aufla<>e  i'rlu'olicli  abweicht,  so  ilavs  die  nächste  .Aiisi^.ilie  des  vorliegenden 
8chülercommentares  viele  Veränderungen  wird  erfuhren  müssen.  Mit  Hecht 
hat  Schmidt  das  von  Hirtin«  verfasste  8.  Buch  bei  der  Erklärung  au:^- 
^eschlosaen.  da  dies  kein  verständiger  Lehrer  le.sen  wird.  Ebenso  rathe  ich 
jedem  Lelirer  entschieden  ab.  die  Besch reibiini;  der  rJi-'inbriicke  IV.  17 
zu  lesen  oder  gar  dieselbe  zeichnen  zu  lassen.  Dies  wäre  reiner  Zeit- 
verlust. 

Richtig  ist  zu  I,  8,  1  a  Inen  LemaniifK  qni  In  /itinnn  ItluHla- 
tium  influit  bemerkt:  eine  verkehrte  Anscliuuungl  in  der  neuen  Aufiage 
erbcheint  der  eminente  Widersinn  beseitigt.  Dagegen  iät  zu  VII,  ö7,  4 
jMsliMlemy  ^tfoe  inßneret  in  Seqnmmm  aUine  illum  omnem  to- 
cf/w  tnaffnopere  impediret  nur  lakonisch  gesagt:  iit/inere  hier: 
seinen  AbÜuss  haben.  Es  muäs  jedoch  auch  hier  die  verkehrte  Über- 
lieferung sinngemäß  geftndert  w^en.  S.  88  und  89  steht  am  oberen  Rande 
Commantarius  tertius  {at&tt  iniartiis).  VII.  HO,  1  sollte  zu  nt  smini 
quiäque  locum  ieitetU  et  noverit  auch  bemerkt  sein,  dass  dies  ein 
ooTsppOfv  K&ÖT»pov  sei.  S,  194,  Z.  4  von  unten  steht  Ersatz  beere  statt  Ent- 
satzheere; VII,  89,  5  bedurfte  toto  einer  kurzen  Note.  Die  neue  Aus> 
gäbe  bietet  den  rej»cl mäßigen  Dativ  toti 

Das  Buch  kann  nur  empfohlen  werden.  Der  Druck  ist  correct,  die 
Anntattung  anst&ndig,  der  treis  ungemessen. 

Wien.    Ig,  Frommer. 


Dr.  Leo  Bloch:  Römlsehe  AltePtumsklUMle.  Hit  7  Vollbildern.  Stutt- 
gart. G.  J.  Göschen'sche  Verlagshandlung.  1895.  Preis  80  Pf. 

Das  Buch  bildet  das  45.  Band:  hen  der  Sammlung  Göschen.  Die  Tf-n 
dem  dieser  Sammlung  ist  bekannt,   in  gedrängter,  aber  doch  gemein- 
fiuslieber  Darstellung  soll  der  Extract  einer  Wissenschaft  gebc^  werden. 


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318 


Literariticiie  Himdschau. 


Der  Verfasier  betehränkt  sich  auf  die  rettnblikatUBche  Zeit .  die  Kaiseneit 

wird  nnr  nnhan^sn-pisc  Itt  handelt.  da  es  inm  darauf  ankoniuit,  die  römische 
Eigenart  darzustellen,  die  in  der  Kaiserzeit  von  fremdartigen  Gebilden 
flt^rwnehert  werde.  Fflr  den  Gebraneh  des  Bflcblein»  in  der  Schale  freilich 

wäre  (\s  b»>s;sor  jrowesen,  die  ;strenf»o  ?clu'liliin<2;  nicht  durrbznfflhren,  wie 
sie  der  Vertasscr  aelbst  in  dem  topographücheu  Theile,  dem  besten  de« 
Büchleins,  hat  tallon  lassen. 

Der  Inhalt  gliedert  sich  in  folgende  Theile:  Verfasungsgeschichte, 
die  Staatsgewalten,  unter  denen  die  Magfistratur  voranErostfllt  wird.  Heer 
und  Flotte,  Kechtapflege,  Finimzwesen,  Cultus,  Privatleben,  Topographie, 
Kalender,  monarehische  Verfonung. 

Der  Vorfa,s*(  r  hat  sich  aus  guten  Quellen  unterrichtet  und  aus  der 
Fülle  des  Ütotles  mit  Bedacht  das  Wichtigste  herausgehoben,  das  er  in 
knapper  Form  /.n  ^eben  sucht.  Für  die  Behandlung  von  Controverüen  ist 
natürlich  kein  i'lutz.  Zu  knapp  wird  die  Form  z.  B.  S.  21:  „Da  nur  der  im 
engeren  Staatsgebiete  liegende  Grundbesitz  für  dit-  K«'chts'jtellung  im  Staate 
maßgebend  war,  moaste  eine  Ausbreitung  des  Grobgrundbesitzes  die  Bauern- 
wirtecbafb  in  diesem  Gebiete  gründlich  seratören  und  ein  vablreiches  Prole- 
tariat Schäften"  statt  „  .  .  .  niuf^te  iMne  Ausbreitung  des  Groß<j;nuullto8itzes 
ein  zahlreiches  Proletariat  schatVtii,  indem  sie  die  Bauernwirtschaft... 
zerstörtt^."  —  S.  23,  wo  von  den  Einschränkungen  der  magistratischen  Ge- 
richtsbarkeit durch  C.  Gracchus  die  Rede  ist,  wäre  wohl  auch  auf  die  quae- 
stiones  hinzuweisen.  —  S.  20  ft^hlt  die  Erwähnung  der  .^ntrittsanspicien.  — 
S.  '64  sollte  es  heiben:  „Gegen  ihren  (der  Conauln)  Spruch  gab  es  anfäng- 
lich iceine  Bemfbng",  wie  es  ja  anderwlirts  aneh  betont  ist.  —  S.  M  wer- 
den unter  den  Vortheilen,  die  den  Si-natoren  sich  darboten,  anch  er^'iehige 
Handp|sverbindnn<jfen  in  den  tcrncn  Ijändern  genannt.  Em  fehlt  der  Hinweis 
auf  die  BeHchräukuiigeu,  die  sich  der  Senator  in  geschäftlicher  Hinsicht 
auferlegen  musste.  —  S.  53.  Die  beispielswei.se  genannten  fremden  Culte 
sollten  in  chronologischer  Reihenfolge  angeführt  werden.  —  S.  58.  her 
die  Plätze  der  lütter  bei  den  Snieleu  ist  eine  bestimmtere  Angabe  noth* 
wendig.  ^  8.  60  werden  bei  oer  Stiromordnung  die  aeeensi  velaH  nn- 
berncksichtigt  gelassen.  —  S.  67.  „Wankten  die  hastnti,  so  zosjen  sie  sich 
hinter  die  nrincipf^  znrück."  Man  vergleiche  Hoyesen-Hotiä-Kubitschek 
S.  135:  .Wankten  die  Uustaten.  so  rücktt  n  in  den  Intervallen  ihrer  Linie 
die  Principes  vor,  und  jene  konnten  :  u  ickziehen."  —  S.  84  vermisse 
ich  die  Erklärung  der  Sigel  AY..  während  die  anderen  sie  S.  60  finden. 
—  S.  105  ist  der  Singular  „bei  dem  bedeutendsten  CoUegium"  falsch.  — 
S.  107.  Das  Flaminat  war  75  Jahre  lang  erledigt. 

Kleinere  Versehen  sind  S  10  .\ttIu-<  Cl  iasus,  S.  27  sndalitia,  S.  .-57 
.vor  Censoren.  Tribu^ Vorsteher  und  anderer  Vertrauensleute".  S.  7<i  führt 
uttü  Streben  nach  Kürze  zu  dem  Satze:  „In  einer  Heeres  Versammlung 
lobte  der  Oberfeldherr  verdiente  Soldaten  .  .  .  und  verlieh  ihnen  Decora- 
tionen .  .  .und  iiehielt  Ehrenlanzen  nnd  Kränic  den  Stabeofficieren  und 
Generälen  vor."  6.  TJ  monte  Cavi, 

Die  beigegebenen  Vollbilder  sind  recht  instraetiv  (Amphitheater  in 
Pompei,  Lager,  Theater  von  Aspendos  [Plan  und  Bühnenwand],  Plan  des 
römischen  Hauses,  Tracht.  Gräberstraße).  Die  l5rüber«traße  wird  S.  138 
undeutlich  bezeichnet,  den  V\  orten  nach  münste  man  sie  für  die  Stabianer- 
stniGe  halten.  Sehr  erwtlnscht  wttie  ein  Kttrtcfaen  von  Rom. 

Wien.  Dr,  Eduard  Htäa, 


Charles  Dickens:  ,1  C/trifttma»  ('(trol.  Für  den  Schulpebrauch  heraus- 
{^egeben  von  Dr.  H.Heim.  Mit  *2b  Abbildungen  und  einer  Notenbeilage. 
Wien  und  i'iag,  F.  Tempaky.  1896. 

Kicht  gering  ist  die  &hl  der  sScbulansgaben  dieser  Weibnachts- 

geechichte,  die  in  lebensvoller  und  her/enswarnicr  Darstellung  in  einem 
kleinen  Rahmen  einf  Fülle  von  Oestnhun  j<kratt  Idetet.  uns  bald  erc:freift. 
bald  erheitert  und  immer  fesselt.  L>ie  AiU^ube.  alles  in  «piachlichei  und 
sachlicher  Hinsicht  der  Erlftnternng  Bedfirftige  mfriedenstellend  sn  er- 


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Literariscbe  ttundMhau. 


319 


klftren,  ist  nicht  Incht  tn  lOien.  Zur  Kenntit»  der  gew&hlteit  Umgaugs- 
oder  Schriftsprache  niuss  sich  die  der  familiären  oder  ^ar  vulgären  gesellen, 
«ur  Kenntnis  en^'Ii-cher  Sitten  die  der  örtlichen  Verhältnisse  von  London 
und  besonders  der  City.  Im  Bewusstsein  dieser  Schwierigkeiten  litit  sich 
der  Hemiugeber  mit  einer  Reihe  von  Engländern  in  Verbindung  gesetet, 
darnntor  mit  lit'iu  Dickons-Forscher  Robert  Langton.  F.  R.H.S..  mit  ileien 
Jüilte,  sowie  mit  zugestandener  Benützung  vornehmlich  der  überaus  sorg- 
föltigen  imd  Mugeaeiehneten  Ausgabe  von  Imnumnel  Schmidt  er  die  vor- 
liegende veröffentlichte.  Dieser  ^ebt  alt  Einleitung  TOraa  eine  Biographie 
von  Dicken.*,  wnrin  das  WosentliL-he  «eines  Bildungsganges,  seiner  »chrift- 
stellerischen  L<i\ifbahu  und  seiner  Bedeutung  für  das  sociale  Leben  in 
England  in  bündiger  und  sehr  ansprechender  Form  mitgetheilt  wird.  Der 
Erzähluni:  Ibst  ist  Text  und  Melodie  N  >  Weihnachtstliedes  ^God  rest  you 
merry^  gentiemen'*  angeschlossen.  Den  zweiten,  abgesondert  broschierten 
Theil  bilden  die  ABnerkangen  nnd  das  WOrterverteichnis.  Bei  der  Reich- 
baltigkeit  der  in  den  Anmerkungen  gebotenen  Wort-  und  Sacherklämngen 
konnte  das  Wörterverteichnis  füglich  wegbleiben.  Wer  nn  die  Leetüre  von 
^Christmas  Caror  herantritt,  muss  wissen,  dass  »peak  ^sprechen",  expect 
^.erwarten",  face  ^Geacht",  fine  «aehOn*  heißt,  and  ebenso  mit  einer  großen 
Zahl  Uli  derer  WOrter  von  der  ersten  Stnfo  des  Unterrichtes  her  ver- 
traut i>ein. 

Was  die  Anmerkungen  betrifft,  hat  der  Herausgeber  einseines  viel 
besser  veranschaulicht,  als  es  Ijjsher  geschah,  so  z.  B.  den  Tan»  mSir  Roger 
de  Coverley^  und  speciell  die  T:inzH^ur  ^corkseretr" .  Dankenswert  ist  die 
eingebende  Schilderung  des  engtischen  Wohnbau$«es  und  die  Beschreibung 
des  englischen  Kamins,  von  dem  dreierlei  Arten  besprochen  nnd  illnstrieH 
erscheinen.  Die  Illnstration  ist  ja  oft  am  be><ten  ireei^net,  das  Verständnis 
zu  vermitteln  oder  die  Anschaulichkeit  wesentlich  xu  fördern.  Diesen 
Zweck  vor  Augen  gehalten,  kann  man  mit  den  die  Einleitung  schmücken- 
den .A.  1)1  <il düngen  von  Dickens'  Geburtshaus  nnd  des  Landhauses  „(rad#- 
hill  Place"  zufrieden  sein,  wie  auch  der  whftne,  geniale  Kopf  des  Dichters 
die  Sympathie  des  Lesers  von  vornherein  erweckt.  Ein  Schulummer  jedoch, 
wie  es  anf  Seite  87  abgebildet  ist,  war  weder  ein  solches,  worin  Scrooge, 
noeh  auch  eines,  worin  Dick-^r^  tlen  ünt<  iricht  erhielt,  sont^ern  so  sieht 
etwa  der  große  Schulsaal  (auch  Speisesaal)  in  Chrisi's  Hospital  (Newgate 
Street)  aus.  Dem  erwfthnten  Zwecke  entspricht  auch  nicht  die  auf  8eite  52 
b^(Cl^ende  Abbildung  englischer  Wohnhäuser,  da  das  Charakteristische 
daran  schwerlich  wahrzunehmen  t«t.  Ohne  Beziehung  zu  der  Erzählung 
ist  das  „Modern  Drawing  Boom"  auf  beite  76,  ebenso  das  Bild  „Hansom 
Cab^  aof  Seite  108.  Wenn  femer  in  der  Anmerkung  Seite  15  am  die  Ab- 
bildun;^  des  ^Mansion  ITouse"  hin^'f^wie.-^en  wird,  .so  wird  man  dieser  nicht 
entnehmen,  dass  es  ein  „schwerfälliger"  Bau  ist.  Das  ist  er  al^er  aiu  h  in 
Wirklichkeit  nicht,  sondern  das  Außere  ist  im  Gegensatze  zu  dem  ij^lanz 
nnd  Prunk,  der  oft  im  Inneren  entfaltet  wird,  unansehnlich. 

L'nbe.schadet  aller  Würdi;:rnng  des  vielen  Guten,  das  die  Anmerkungen 
enthalten,  seien  nachfolgende  Änderungen  oder  Ergänzungen  in  Vorschlag 
ffebraebt.  Die  Ziffern  b^ehen  sich  anf  Seite  nnd  Zeile  des  Textes  der  vor- 
liegenden  Ausgabe. 

S.  10.1«.  riead  ist  hier  „geltend  machen,  einwenden",  aber  nicht  „be- 
gütigen". Die  letztere  Bedeutung  durfte  überhaupt  kaum  nachzuweisen 
sein.  In  RechtüfäUen  heißt  es  vom  Angeklagten:  he  pleads  guilty  oder 
not  fptiffy  i*'r  bekennt  sich  schuldi«^  oder  nieht  schiddicj).  In  .anderem  Sinne 
wird  vom  Vertreter  der  angeklagten  Partei  gesagt,  he  pleads,  d.  h.  er  führt 
die  Sache  seines  dienten,  er  macht  filr  ihn  geltend:  In  der  Bedeutung 
«geltend  machen"  findet  en  sich  auch  auf  S.  34. h. 

S.  10.21.  let  ine  Irave  H  ahme,  then;  gerade  wegen  des  erwähnten 
Parallelismus  mit  M  me  kcep  it  in  mine  wird  statt  des  weitläufigen  „dann 
erlaube  mir  also,  dass  ich  mich  nicht  darum  kümmere,"  vorzuxiehen  sein : 
i,So  lass  sie  (die  Weihnachten)  micli  nicht  halten." 

S.  Vi.ii.  with  their  hats  off;  die  Bemerkung  über  das  Hutabnehuien 
ist  mit  der  £inschiftnkiinff  richtig,  dass  beim  Betreten  des  Private  Office^ 


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320 


Literarische  Rundscliau. 


d.  h.  des  Raumes,  der  als  Sprechzimmer- tles  Cbefs  j^ilt.  der  Hut  auch  von 
Personon,  die  keine  Bittsteller  sind,  abgenommen  wird.  Im  Parlamente 
nehuiL-n  die  Mitfi^liedcr  den  Hut  ab,  .sobald  sie  das  Wort  ergreifen. 

S.  15.«.  with  such  energy  of  action;  es  heißt  zw  weit  gehen,  wenn 
hier  die  Verbindung  des  , lateinischen"  Elementes  als  Mittel  zur  Er/ielung 
einer  komischen  Wirkung  hing€»teUt  wird,  abgesehen  davon,  da»  es  mehr 
als  fraglich  ist,  ob  hier  irgend  welche  komieebe  Wirkmiff  VeAbdditigt  war. 
Die  Stelle  ist  einfach  zu  überaeuen  «mit  solcher  Entachiedenbeit  oer  Be- 
wegung (oder  der  Geberde)". 

S.  VJ.ih.  to  see  ihat  all  ttus  riyht,  „zu  sorgen,  dii.^»"  würde  bedeuten: 
er  gieng,  um  dafür  zu  sorgen,  dftM  altes  in  Ordnung  sei.  Dieses  ist  aber 
nicht  der  Sinn  des  Textes,  sondern  er  gieng  durch  die  Zimmer,  um  die 
Überzeugung  zu  haben,  dass  alles  in  Ordnung  sei.  In  dem  that  cUl  was 
statt  if  aU  was  liegt  die  Zuversicht,  die  Scrooge  snr  Schan  trägt,  wiewcM 
die  Erinntrun^:  an  .Marbys  Ocdcht  in  ihm  den  Wunsch  hervorruft,  sich 
volle  Gewis'sheit  zu  verschaffen,  diu?s  in  den  Zimmern  alles  in  Ordnuncj  sei. 

S.  42.3.  a  woman  als  ,veriieiratete  Frau".  Genügt  hätte  „aU  Frau", 
da  woman  hier  im  Gegensatze  zu  child  oder  young  §irl  steht,  wie  aus 
dem  unmittelbar  Vorheriiehenden  ersiihtlie'h  ist.  wo  es  heißt,  diuss  (^h-. 
bloßer  Hauch  dieses  junge  Leben  hätte  vernichten  können.  In  ähnlichem 
Umn»  wird  tooman  S.  40 je  gebraucht:  „you  are  quite  a  woman,  iittie 
.Fan,"  da  bist  ja  ein  ganzes  Frauenzimmer. 

S.  4.^.i«?.  l{?ck  i^t  nier  nicht  „wohltönend",  .sondern  „volltönend,  klang- 
voll, sonor",  aUo  keineswegs  =  füll  of  tnctet  and  harmouious  sounds^  was 
sich  von  der  Stimme  eines  berühmten  Sängns  oder  einer  Sängerin  sagen 
ließe,  aber  nicht  von  der  Fezziwitrs,  die.s  um80weni«;er,  als  rieh  an  unserer 
Stelle  mit  f'ai  und  oily  verbunden  ist;  fai  in  diesem  Zusammenhange  heißt 
nicht  «umfangreich",  da  unter  einer  nmfiuupreichen  Stimme  eine  solche 
ver^tan<I(  n  wird,  die  eine  ungewöhnliche  Reme  von  TOnen  (von  der  tiefen 
bis  zur  hohen  Lage)  umfa.sst. 

S.  46.sf6.  enjoyed  tverythhu/,  statt  ,sich  an  etwas  erfreuen",  \va.>,  um 
leichtesten  zur  Verwechslung  mit  rejoice  führt,  wäre  bier  beoer  am  Platze: 
bebafjte  ihm  alles  (er  ließ  sieh  alles  wohl  bekommen);  ver^'b  -i  he  /  hop6 
you  will  enjoy  your  dinner,  entsprechend  unserem:  wohl  bekomm  s! 

S.  49.8.  fraught  wiih  misery;  die  parenthetische  Bemerkung,  dass 
fraught  ein  altes  p.  p.  von  freight  ist,  könnte  so  gedeutet  werden,  als 
wäre  diese  Form  Tet?,t  unjrewöhnlich ,  wahrend  thatsächlich  frnught  tcith 
s.  th.  „voll  von  etwas"  als  l'artieiiiadjeLti v  der  gewählteren  Ausdrucksweise 
angehört. 

S.  59.12.  Channels  hard  to  trace:  hier  ist  ;;-'/"  nicht  Adverb,  wie 
etwa  in  „io  work  hard",  sondern  Adjeetiv.  Unverkürzt  würde  es  heißen: 
thannti»  whieh  ü  t>  hard  to  traee.  Vergleiche  dae  analoge:  £fte  hison  is 

difficttlt  to  tarne. 

S.  Hl.ao.  Wenn  rorers,  wie  richti«^  bemerkt,  als  Deckel  oder  Stürzen 
der  Schüsseln  allgemein  in  England  gebräuchlich  sind,  warum  hier  an 
etwas  anderes  denken  aU  an  ddn  Nftchstliegende V 

S.  67.6.  hoard  bedeutet  nicht  in  erster  Reihe  „Kost"  und  in  zweiter 
„Tiäch,  Tafel",  sondern  umgekehrt  ist  board  zunächst  , Brett",  dann  „Tisch" 
und  endlich  wegen  der  auf  den  Tisch  g^ellten  Speisen  «Kost"  (vergleiche 
ae.  bord,  t,'oth.  baurd  in  fotuhanrd,  Fußbrett,  Fußschemell 

b(>.:'.  without  resortincj  to  the  s:exton's  stpade;  die  daran  geknüpfte 
Erläuterung  weicht  von  der  vorherrjichendeu  Auffassung  dieser,  wie  der 
Herausgeber  sagt,  dunklen  Stelle  ab.  Es  soll  nämlich  für  das  in  der  Volks- 
sprache mit  instead  of  -'i  wechselte  without  das  er.^tere  gesetzt  werden. 
Aber  damit  wird  die  , Dunkelheit"  nicht  im  geringsten  aufgehellt.  Wel- 
chen Sinn  soll  es  haben,  dass  Scrooge  einsieht^  er  &tte  lieMr  mit  eigenen 
Händen  zu  seinem  eigenen  Glücke  viel  Gutes  \ind  Schönes  thun  können, 
anstatt  zum  Spaten  des  Todtenfrr;ib.'r^  «.»ine  ZuHucht  zu  nehmen?  Hegte 
er  vielleicht  den  Wunsch,  das*  iu  iiieiluehmer  Marley  sterbe  und  aer 
Spaten  des  Todtengräbers  dadurch  in  Thfttigkeit  gesetzt  werde V  Oder  kann 
man  überhaupt  an  ^ländnetses^,  d.  b.  an  menschenfreundliche  Handlungen 


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LitentriBche  RnndBclura. 


oder  gar  an  eine  wahre  Freundschaft  denken,  wenn  Serooiare  selbst  am 
Tage  der  Beatattun^:  scinps  „Freundes"  mit  größter  Seclenruh»*  meinen  Ge- 
«rhäfien  nachgeht?  Nein,  <ier  Sinn  dieser  Stelle  ist  aus  d.'ni  Zimammen- 
hange  mit  dem  Vorhergehenden  (vergleiche  24.29,  27.86)  ganz  klar:  Marlejr 
mnmte  emt  sterLen,  es  mnnte  der  Spaten  des  Todten^oers  seinem  Part- 
ner zuhilfe  kommen,  ehe  dieser  durch  Marleys  Vermittlung  für  ein 
men«:cyiPnwür']ii?OH  r>aNfin.  ftir  das  Bpflürfni«,  Hutes  ru  thun,  empHirirflich 
gemacht  wurde.  Es  ii»t  also  ganz  «inngenml.»  und  wörtlich  zu  ilbtTHeUen: 
ohne  zum  Snaten  de«  Todtenf^ben,  der  Jakob  Marlej  begrab,  seine  Zu- 
flocht zu  iifhinon. 

F!in  Wort  des  Lobett  verdient  die  Ausstattung  des  Buches,  nicht  SQ 
Ter^ei«^  det  bei  Rndolf  M.  Rofarer  in  Brünn  hergestellten  Drnekes.  der 
soviel  als  fehlerfrei  ist.  Alles  in  allem  läuft  die  besprochene  Schulausgabe 
flon  moisten  der  vorhandenen  an  Sachkenntnis  njrl  So»<jfnlt  Jpn  Kany  ab 
und  ist  geeignet,  zur  I^ectüre  eines  Schriftstellers  aul/annnnteru,  der  für 
den  Fortschritt  auf  geistigem,  kirchlichem  and  socialem  Gebiete  mit  dem 
edel-^ton  FoK'  r  nit'  v  ointrat.  und  in  t]e«-«nn  s^tmnitlichen  Schriften  ein 
Leitmotiv  wiederkehrt,  das  auch  den  Urundzug  seines  Wesens  bildet: 
Hnmanit&i 

Prag.    Gtittav  Rdniger. 


Dr.  V\--\x\7,  Martin  Mayer:  Lehrbuch  der  aligemeinen  Geschichte 
für  die  oberen  Classen  der  Realschulen.  Wieu  und  Prag,  F.  Tempsky. 
3  Bände.  1895%;  approbiert  mit  hohem  Ministetialerlasse  TOm  80.  Hftn, 
25.  Juni,  19.  November  1895. 

Schon  die  äußere  Anordnung  dieses  Lehrbuches  entspricht  oinem 
schon  lange  empfundenen  praktischen  Bedürfnisse,  indem  dem  Lfluatoffe 
jeder  der  Oberclassen  je  ein  Buid  gewidmet  ist,  dessen  Durcbarlcitung  in 
nicht  übt'rfiilltfn  r!as!5en  nicht  zw  frroße  S<-bwierit;k<Mten  liietet.  Die  hiedurch 
bedingte  Kürze  führt  da  und  dort  zu  einer  Art  perspectivi^her  Behand- 
lung and  ermöglicht  anderseits  dem  Lehrer  jene  Enrdterang  und  Ver> 
tiefnng  des  im  Buche  Dargebotenen,  ohne  die  gerade  auf  der  obet^n  Stufe 
▼on  einem  gedeihlichen  ITnterrichti^f^rgebnisse^nicht  die  Rede  sein  kann. 
Denn  ein  Buch,  welches  allzuviei  bringt,  ertöotet  leicht  die  Individualität 
des  liChrers,  indem  es  ihn  dasu  verleitet,  seinen  Vortrag  auf  eine  Peri- 
phrase de?sf^l n .  auf  pini;»«^  sogenannte  Erlilnterungen  und  auf  die  dem 
Öchfller  ftlr  den  Augenblick  freilich  meist  willkommenen  Streichungen  tu 
beschriUiken.  Dadurch  wird  aber  das  Interesse  fttr  den  Gegenstand  ebenso 
geschädigt  wie  die  Achtung  de«  SchÜlere  vor  seinem  Lehrer.  Die  Form 
der  Darstellnn?  ist  im  allf»emf»inen  gpwandt  und  die  Sprach*»  «orgHiltiff 
behandelt,  wiewohl  sich  laie  und  da  Flüchtigkeiten  des  Ausdrucks  und 
andere  Verstöße  finden,  die  unter  UmstBnden  sogar  m  Missverstftndnissen 
fftbren  können. 

Die  Einzelanordnung  kann  fast  durchw^  als  höchst  glücklich  be- 
seiehnet  wenkm.  Insbesondere  muss  die  Art.  vrie  die  Cniturgeschichte  be- 
handelt wird,  rühmend  hervorgehoben  werden.  Der  Verfasser  vermeidet 
es  meist  mit  großem  Geschicke,  die  Darstellung  de3  geistigen  Lebens  (Kunst, 
Poesie,  Wissenschaft)  und  der  wirtschaftlichen  Verhaltni-sse  in  der  vielfach 
fiblieben  Weise  als  Anhängsel  der  politischen  Geschichte  erscheinen  zu 
lassen,  sondern  arbeitet  sie  nach  Thunliclikt  it  derart  in  den  übrigen  Stoft 
hinein,  dasa  sie  su  einem  wesentlichen  Hestandtheile  des  Bildes  des  be- 
handelten Zeitabschnittes  wird  und  Persönlichkeiten  und  Thatsacben  in 
ihrer  Bedeutung  als  Ursache.  Bc^lt  it-  oder  Folgeerscheinung  der  Gesammt- 
entwjrkliing  hervortreten.  Für  die  vi-tliiUtnismäßige  .\n-führlirhlceit  in  der 
Behiiti  ihing  der  antiken  Cultur,  für  die  kurzen  und  meist  trettenden 
Ana  3  H  n  einzelner  bedeutender  Literaturwerke  wird  gerade  der  Lehrer 
an  der  Realschule  dem  Verfa.«sor  (lank)>ar  >f'in  iufi«->nn.  und  e*^  vcnnöfjpn  din=!C 
Partien  a.  B.  in  V.  a  das  Streben  nach  Concentration  des  Unterrichtes  ganz 
wesentlidi  su  untentQtten. 


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322 


Litenurische  Buadtehan. 


Ähnliche  Vorzujje  weist  nnfpr  anderem  auch  der  auf  die  classische 
Periode  der  französischen  Literuiur  bezügliche  Abschnitt  auf,  der  in  der 
Geschiebte  Ludwigs  XIV.  seinen  panmden  Platz  erhalten  hat.  Die  Qe- 
schichte  des  Zeitalters  der  Aufklärung  setzt  im  selben  Sinne  mit  Spinoza 
ein  und  führt  über  Bayle,  Locke  und  die  großen  Vertreter  der  Natur- 
wneeudMiten  in  Montesquieu,  Voltmre  und  Bonwean.  In  dem  folgenden 
Alwchnitte  .Beccaria"  (der  mit  Hecht  auch  in  einem  Schulbuche  genannt 
wird)  „und  die  deutsche  Aufklürnncr''  vermisst  Referent  ebenso  Tbomasiua 
wie  vorher  Cartesius,  der  vor  Spinoza  hätte  seine  Stelle  finden  müssen.  In 
gleicher  Weise  wie  die  Literatur  wird  auch  die  Kunst  behandelt.  B*  «ei 
nur  beispielsweise  erwähnt,  dass  der  griechische  Tenipelbau  im  Zusammen- 
hange mit  der  Geschichte  der  Bauten  des  Perikleischen  Zeitalters  (allere 
dinge  nicht  tadellos)  erkl&rt,  das  griechiKhe  Theater  im  Anaehliuw  an  dit 
Besprechunc?  der  großen  Dramatiker  geschildert  wird.  Ahidich  wird  ge- 
legentlich der  Erwähnung  des  Unterganges  von  Herculanum  und  Pompeji 
der  Ausgrabungen  daselbst  gedacht  und  dies  zur  Schilderung  der  römischen 
Stadt  nnd  des  römischen  Hauses  benfltzt. 

r>ie  wirtBchaftliclien  Verhältnise  werden  in  weit  au.^gedehnterem  MaÜe 
berücksichtigt  als  in  anderen  Schulbüchern,  und  es  wird  wiederholt  der 
Vemieh  gemacht,  ihfe  Bedentung  für  die  politieehe  Entwicklung  Idarsu- 
legen.  Dem  Grandsatze,  den  der  Verfasser  hiebei  befolgen  zu  wollen  scheint, 
das«  diese  Zuaammenhänge  in  der  Schule  nur  dort  aufzuweisen 
sind,  wo  sie  klar  und  unzweideutig  zutage  treten,  kann  Referent 
nur  zustimmen.  Freilich  wird  tich  bei  der  Bourtheilung  der  einseinen 
Fälle  j^erade  hier  manche  Meinungsverschi  -i  nheit  ergeben.  So  hätte  Re- 
ferent z.  B.  gewünscht,  dass  bei  Besprechuus  der  jüdischen  Cultur  auch  der 
moeaiflchen  Socialgesetzgebung  gedacht  woraen  wftre,  da  me  nicht  nur  die 
wirtschaftlichen  Toeoarien  der  Canonisten  und  somit  die  gesammte  mittel* 
aiterliche  Auffassung  wesentlich  beeinrtu.s?^t.  fiondern  auch  moderne  I^ehren, 
freilich  oft  auf  den  sonderbarsten  Um-  und  Abwegen,  auf  sie  zurückgehen. 
Dagegen  mun  es  unter  anderem  durchaus  gebilligt  werden,  wenn  m  der 
tieschichte  der  neuesten  Zeit  die  Leistungen  der  deutschen  nnd  der  uster- 
reicbischen  Gesetzgebung  auf  socialrelbrmatorischem  Gebiete  geziemend 
gewürdigt  werden.  Das  staatsrechtliche  Moment  der  Entwicklung  wird  in 
einem  für  ein  Schulbuch  ausreiebeDdem  Maße  berücksichtigt,  doch  hätte 
KeiMrent  uielnfiich  schärfer  und  genauer  gefasste  Erklärungen  gewünscht; 
auch  wären  manche  Unrichtigkeiten  zu  vermeiden  gewesen. 

Zur  Belebung  der  Darstellung  trt^en  die  an  passendem  Orte  ein* 
gefügten  Quellenstellt  n  1  ,  i  So  wird  die  i'liarakteristik  des  Perikleischen 
Athens  mit  den  berühmten  Worten  der  Leichenrede,  die  des  römischen 
Heldenzeitalters  durch  die  bekannte  Sallust-Stel le  gegeben.  Auch  in  der 
Geschichte  d>'s  Mittehilters  wird  diese  Methode  angewendet.  Manches  wird 
auch  hier  der  Lehrer  beibrin<r»*n  können,  ja  iniis«en  Die  Auswahl  der 
Bilder  ist  zu  loben.  Sie  sind  fast  durchwegs  unterrichtend  oder  entsprechen 
dem  dem  sympathetischen  Interesse  entsprungenen  Bedürfnisse  desSkßhOlere, 
bedeutende  Persönlichkeiten  auch  in  ilner  leiblichen  Krscheinnnj^  kennen 
zu  lernen.  Die  Ausführung  genügt  den  Anforderungen,  die  man  billiger* 
weise  an  ein  Schulbuch  stellen  kann. 

Der  Verfasser  war  bemüht,  überall  die  Ergebnis.se  auch  der  neueren 
Forschung  zu  verwerten,  insoweit  sie  Residiert  erscheinen.  Man  kann 
freilich  darüber  verschiedener  Meinung  sein,  ob  er  nicht  hie  und  du  zu 
vorsichtig  gewesen.  So  glaubt  Referent,  dass  die  Untersuchangen  über 
attisi  he  Verfasaungsgeschichte,  \rrdrlio  die  Auffindun«»  der  \\''Vrv.^:,„v  ko'u- 
xv.a  zur  Folge  hatte,  consequenter  hätten  verwertet  werden  sollen.  Die  Ur- 
sachen der  Verurtheilung  Heinrichs  des  Löwen,  dessen  Verdienste  um  die 
Au.>»breitung  deutschen  WVsens  nach  dem  Osten  nicht  erwähnt  werden, 
sind  noch  völlig  im  Geiste  der  hergebrachten  anekdotischen  Darstellung 
gegeben  u.  dgl.  ui. 

Der  Pflicht  historischer  Objectivität  wird  der  Verfasser  gerecht.  Das 
hindert  natürlich  niclit.  da.ss  die  Kr/ählun^r  der  vaterländi>rhen  Geschichte 
geziemenden  Kaum  findet ,  von  patriotischem  Geiste  erfüllt  ist  und  mit 


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Literariscbti  UuncUcbau. 


323 


wohlthaender  Wftriu«  voi^trageii  wird.    Manche  Eituelheit  wird  hier 

stets  der  Lehrer  ergänzen  inflKsen;  andere^,  wie  z  B.  eine  kurze  Charakte- 
ristik der  Thätigkeit  des  Erzherzogs  Karl  1605  in  Italien,  die  Erwähnung 
der  glorreichen  Vertheidignng  der  Forts  von  Malborgbetto  und  auf  dem 
Fkedu  1809.  würde  man  gerne  im  Buche  finden.  Eine  ausdrückliche  Partei- 
nahme meidet  der  Verfasser  mit  Recht  besonder«  dort,  wo  es  sich,  wie  in 
vielen  Partien  der  neueren  und  neuesten  Getichichte,  um  Fragen  handelt, 
die  noch  heute  Kampfobjecte  der  poUtisehen  Parteien  nind.  Bei  genauerem 
Zusehen  Ifisst  sich  freilich  erkennen.  »In^-  er  den  Td»'en  der  Fr*  ili.  it  (le> 
Denkens,  der  religiösen  Duldung,  der  bürKerlichen  Freiheit  und  Gleich- 
Itereehtiguog  wie  der  socialen  Rdbrm  freundlich  gegenfiberstebt  Das  aber 
entspricht  durchaus  dem  Geiste  unserer  Staatsgrund^jfesetze ,  und  Referent 
wäre  der  letzte,  dem  Verfasset  daraus  einen  Vorwmf  zu  machen. 

Es  ist  schon  im  Vorhergehenden  mehrfach  aul  einzelne  iSiellen  bin« 
gewi^en  worden,  an  denen  dem  Referenten  Besserungen  nothwendig  er- 
scheinen.  Alle  die  Punkte  anzufahren,  wo  die  Auffassung  des  Keferenten 
von  der  des  Verfassers  abweicht,  oder  wo  seiner  Meinung  nach  völlig  Un- 
richtiges gegeben  ist,  verbietet  sich  aus  mannigfachen  Gründen. 

Die  t/ehrer,  welche  das  Buch  benützen,  werden  dem  Verfasser  wohl 
ihre  Wahrnebnmnjren  mitlheilen,  \ind  es  ist  bei  der  Gewissenhafriiikeit, 
von  der  seine  Arbeit  Zeugnis  ablei^t,  zu  erwarten,  dasa  er  alle  Anregungen, 
die  ihm  zntheil  werden,  in  reifliche  Erwägung  sieben  werde.  Referent 
wünscht,  dass  sich  hiezu  durch  die  Einfiilu  un;^' des  Buches  an  verschiedenen 
I^hranstalten  baldige  und  reichliche  Gelegenheit  biete.  Denn  schon  so* 
wie  sie  ist,  bedeutet  Mayers  Geschichte  einen  wesentlichen  Fortschritt. 

Prag.    Dr.  Ludwig  Singer, 

Grundrisse  heryorragendBF  Baudenfcmale.  Ein  liehrbehelf  für  den 

kunstgeschichtlichen  ('nterricht  an  höheren  Iielir.iu>tulten.  (Erf^Kinzun«» 
2U  J,  Langls  Bildern  zur  Geschichte.)  Gezeichnet  uml  autographiert  von 
Jos.  Lang!.  —  ZwOlf  Blfttter  in  Mappe.  -~  Ed.  HölseU  Wien  1886. 
Das  Forni.it  74/98  c«i  spricht  durch  seine  Grö(.^e  allein  schon  fÖr 
die  Deutlichkeit  des  Dai*gestellten  selbst  auf  die  größten  Distanzen  in 
einem  Lehrziuimer.  Die  Kicbtigkeit  der  Zeichnung,  die  Verwertung  der 
nenesten  Ergebnisse  der  FofKhung  lassen  das  Werk  auf  der  HQbe  der  Zeit 
stehen.  Auf  jedem  Blatte  sind  di*-  Maßangaben  sehr  f^enau  und  zur 
Orientieruni;  die  Weltgegenden  gezeichnet.  —  Der  Philolop,  der  Historiker 
und  der  Zeichner  inü&sen  diesen  erwünschten  und  seit  langeui  nothwen- 
digen  Lehrbehelf  mit  Frendra  begrüf.«en.  umsomehr.  ah  er  den  weite^t- 
{fehenden  Anforderungen  entspricht.  Der  sor^falii»:«-  Druck  macht  der 
renouinnerten  Firma  Uülzel  wieder  alle  Ehre.  —  Von  besonderem  Werte 
filr  den  philologischen,  historischen  nnd  seichnertscben  Unterricht  ist 
Bhitt  II  „Die  Akropolis  von  Athen",  das  Uufier.Ht  überHiehtlieh  alle  Ann- 
grabungen  bis  auf  die  neueste  Zeit  gewissenh.ifi  zeigt.  Wertvolle  Er- 
gänzungen zu  diesem  Blatte  bietet  der  l'.irthenon  tili),  an  dem  uns  der 
Grundri's  allein  schon  die  edlen  Vi  i  hiiltnisse  des  Wunderbnues  schätzen 
lernt,  und  il.is  ..Dif)nys()silicater"  (IV),  in  liem  die  Zu>i(  h:nierrnihen  bis  zur 
ursprüngiichen  Höhe  des  Burglelseus  reconsti  uiert  sind,  wodurch  die  Monu- 
mentalität der  Anlage  besonders  anschanlich  wird.  —  Gleich  nnentbehr- 
lich  wie  di«-  drei  ietztirenannten  Tafeln  scheinen  uns  für  den  philologischen 
Unterricht  von  der  VI.  Olu-j'^e  am  Gymnasium  aufwärt«,  «nwie  auch  fin- 
den historischen  in  der  il.  und  V.  ("lasse  das  ^Forum  h'ouiautan"  (V); 
die>>e  Publication  ist  besonders  brauchbar  durch  die  Kinzeichnnng  der 


Dichters  in  Pompeji  mit  dem  bekannten  Kettenhnnduosaik  imVe^tibulum 

^Cdve  canem^.  —  Von  frühchristlichen  und  anderen  mittflalterliehen 
Bauten  lirjren  uns  vor;  in  instrnctiver  klarer  Griindrissdispo-jition  ,St.  Vm\\ 
vor  den  Mauern",  die  „öouhienkirche  in  Constantinopel",  die  in  ilirer  An- 
lage grundverschiedenen  Moscheen  Tnlnn  nnd  Hassan  in  Kairo.  Sie  bilden 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


324 


Litenurische  Kimdscbau. 


«uaraiDen  interessante  Vergleichuagsobjecte  zu  den  Domen  von  Speyer 
und  Köln,  welche  beide  untereinander  wied»  r  1  idurch  lehrreich  und  noch- 
iotereasaiiit  sind,  als  sie  für  den  Schüler  ein  tüchtiges  Beispiel  für  die 
kSnatleriiche  Weiterentwicklung  dewelben  Bangedankens  sind.  Ale  Beetes 
ist  zum  Schlüsse  die  alte  und  neue  St.  Pcters^Kirche  in  Honi  in  zweiftrhigem 
Drucke  ]niblieiert.  so  zwar,  dasa  die  alte  Basilira  «ehwarz,  der  neue  Kuppel- 
hau, das  Werk  Buonarottis,  braun  gedruckt  ist.  Diese  Art  der  lueinander- 
stellung  wirkt  hier  besonder»  deutlich.  —  So  haben  wir  wieder  eines  jener 
[  nl.  Triittel  vor  uns.  wie  sie  di»^  Schule  dem  verdienten  Autor  sch  ii  in  90 
j^rober  Anzahl  seit  (siat  drei  Jahrzehnten  ta  danken  hat  Langl  denkt  sich 
das  Werk  als  Ergänzung  zu  «dnen  BQdem  xnr  Oescfaichte  nnd  wir  kOonen 
nur  wünschon,  dass  sie  recht  bald  ihre  Fortsetzung  wie  die  Bilder  zur 
Geschichte  hnden  möcret^.  Dass  sie  fiberall  auf  volles  Ver-itandnis  und 
freudige  Aufnahme  rechnen  dürfen,  ist  zweifellos.  Gerne  hätten  wir,  da 
wir  ja  Wünsche  äußern  dürfi^n,  einen  Grundrisa  der  Paläste  von  Khorsabad 
nnd  l'prsr.|,r»'';s.  der  Ihir'^  von  Tiryns,  der  Altis  von  Olympia,  des  großen 
pergatueui^chen  Altares,  des  Capitols  und  der  Arx  in  Rom.  —  Der  billige 
Pren  ^  alle  swSlf  Blfttter  daueroaft  adjustiert  kosten  nur  6  fl.  =  10  Mk.  — 
macht  die  Anscbatfiing  des  Werkes  auch  dem  kleiasten  Budget  mQgUob. 

Dr  r  ii  Wei7^ii(ker:  Polygnots  Gemälde  In  der  Lesche  der 
Knidier  in  Delphi.  Zwei  Tafeln  und  acht  Abbildungen  im  Texte.  — 
Stuttgart,  Paul  ^'etl.  Ib9ä. 

Die  Locftlitftt  der  Lesche  nimmt  WeiaAcker  als  einen  doruehen 

Arcadenbau  von  circa  fünf  Meter  Tiefe  ohne  Oberlicht  an.  VV.  trennt  das 
Oemälde.  indem  er  an  der  Rückwand  des  Arcadenbaues  eine  Thür  einschiebt, 
doch  so,  dass  beide  Theile  noch  immer  gewissermaßen  als  eine  Tp*?^ 
betrachtet  werden  können.  Jeden  Theil  nimmt  er  mit  sechs  Meter  Breite 
an.  Vor  der  I.e-^clie  stehend,  hatte  man  zwi8<'bf'Ti  d«'r  nrf5ten  und  zweiten 
iSäule  von  links  oder  reehti$  sechs  Meter  senkrechten  Abstand  von  den  Bildern 
gehabt,  Terhftitnismäßig  zu  wenig  f&r  die  Betrachtung  derselben.  Tndes, 
das  alles  noch  zugegeben,  wäre  doch  die  Beleuchtung  in  dem  gedeckten 
Ar(^id«  n räume  keine  sehr  günstige  gewesen.  Durch  die  oben  angedentofp 
Treiijiiiog  des  liildes  in  zwei  Theile  unterscheidet  .sich  W,  in  .seiner  Aut- 
ihssun?  und  Erklärung  des  Problems  von  all-  n  hisheri<„'en  Betrachtern. 

Während,  dem  Zuge  der  Zeit  ent.s]nechend.  die  Ergänzung  des  Grafen 
Caylus  sich  ohne  genügende  archäologische  Basis  zusehr  ins  Barock- 
Malerische  vertiert,  leiden^  die  der  claniciBtiscben  Ergftnzer  —  darunter 
auch  Goethes  —  an  einer  Ode  und  Leere,  die  zum  Gähnen  reizt.  —  Erst 
Benndorf  ließ  nach  s^'inen  Angaben  durch  Micha lek  einen  von  den  bis- 
herigen Löiung.-'Versuchen  künstlerisch  und  sachlich  grundverschiedenen 
zeichnen,  der  ästhetisch  außerordentlich  befriedigt.  Er  findet  sich  mit  allen 
früheren  7uni  Vergleiche  ^n-nnimpnge.^tpllt  in  den  Wiener  Vorlageldattern 
1888,  Tafel  10  bis  12.  Bei  dem  neuen  Keconstructionsversuche  Weizsäckers, 
der,  wie  er  dankend  selbst  erwfthnt,  anf  Roberts  CTotersuchungen  weiter- 
baut, haben  wir  nichts  zu  bedauern,  als  dass  W.  nicht  wie  Benndorf  der 
Spiritus  rector  blieb  und  nach  seinem  Entwürfe  und  unter  feiner  Leitung 
von  der  Hand  eines  archäologisch  gebildeten  Künstlens  seineu  wissen- 
schaftlichen Untersuchungen  Ausdruck  geben  ließ.  Dadurch  wftre  sein 
Ruhm  nicht  geschmälert  worden  —  im  Gt^Lren theile  —  er  hätte  uns  über- 
dies einen  höheren  Begriff  von  der  Kunst  des  großen  Xhasiers  beibringen 
kOnnea.  Ea  wftre  dann  soriel  des  Guten,  das  seine  Arbeit  enthftit,  nicht 
halb  fertig  geblieben.  Gleichwohl  sei  seinem  Eifer  und  der  tüchtigen  Ver- 
arbeitung des  von  verschiedenen  Vasen.  Cameen  etc.  hergenommenen 
Details  volle  Anerkennung  gezullt.  Die  Schrift  ist  vom  Anlangt'  bis  zum 
&ide  interessant,  anziehend  und  fesselnd  und  möchten  wir  nur  wünschen, 
da*;«  sie  einem  K'iii-tl<>r  ils  Leitstern  ditnie  bei  der  kiin.-tlerischeu  An<- 
führuug  des  voui  Gelehrten  Gewollten,  aber  nicht  Erreichten.  Benndorfs 
Reconstrnction  macht  uns  durch  ihre  formale  Schönheit  die  Beg^sterung 
und  Wertschätzung  der  Alten  fQr  Foljgnot.  speciell  die  des  Aristoteles, 


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Literarificbe  Kundschaa. 


325 


begreiflich,  was  wir  nach  Bettachtnn^f  dnr  Zeichnung  W.s  nicht  sagen 
kunnen.  Der  Hauptuiam,^»  i  beruht  in  der  lückenhaften  Composiiton,  die 
nichts  wnniix^i'  :il»  eine  < 'oniiiosition  if^t,  K»  berührt  sonderbar,  wnnn  da 
der  Autor  steh  sogar  entschuldigt,  weil  er  glaubt,  noch  zuviel  den  Ilauiu 
|reftl1lt  za  haben.  l>er  kOnfftleriache  Theil  iat  die  wunde  Stelle  der  Arbeit, 
während  der  wissenschaftliche  jedenfalls  ein  Weiterbanen  des  bisher  (b»- 
wonnt'nen  vorstellt  und  unumgänglich  von  jedem  sttuliert  werden  nuiss, 
der  sich  in  Zukunft  mit  dem  i'robleme  beschäftigen  will,  dcjssen  Lösung 
wohl  immer  eine  problematische  bleiben  wird. 

* 

Seemanns  Wandbilder.  Meis»terwerke  der  bildenden  Kunst  (Architektur, 
l'Uustik,  Mab  ici  /weite  und  drifti>  Lieferung.  Leipsig,  E.  A.  Seemann. 
IbUi)  W.  —  Zehü  Lieterungt'n  ä  1;,»  Mk. 

Was  wir  bei  Besprotbung  der  ersten  Lifteruiig  dn^ses  monuiiieiitalen 
Prachtwerkes  an  dieser  Stelle  aeineneit  sagten,  gilt  in  erhöhtem  .Maße 
von  den  l'^iden  folgemb  n  Lieferungen.  Bei  <lt m  billlrrnn  Preise  und  den 
angenehmen  Bezugsbedingungen  —  es  kann  Jede  Lieferung  ne^iarat  bezogen 
werden  —  wird  e»  wohl  mit  der  Zeit  keine  Schnlbibliothek  mehr  geben, 
die  dietes  Werk  nit  hi  besitzen  dürfte.  Er  wirkt  für  den  Anschauungs- 
«nterricht  .«o  belebend,  d  der  IMiilolog,  der  Historiker  und  der  ZeichjuT 
nicht  darauf  verzichten  küniien.  Bei  der  cla.ssischen  Leetüre,  beim  Ijcspu 
dpN  Leokoon,  der  ästhetischen  Schriften  Schiller««  etc.  etc.  iat  es  so  onentbehr- 
üi  b  wie  die  schOne  Publikation  Hoppe«.  Die  SMiule  ist  gezwnTi<„'pn ,  dor- 
artige  Bilderschätze  zu  be«itzen.  Das  «iroße  Format  der  Wandbilder  See- 
manns befähigt  .sie,  auch  im  tiefsten  T^ehrzimmer  auf  große  Distanzen,  selbst 
über  zehn  Meter,  noch  deutlich  und  klar  zn  wirken.  Die  berühmte  Angustuft- 
stütue  von  Primaporta,  die  Homei bii.*<tf»  nn«  dem  Muaeo  nozionah  in 
Meapcl,  eine  der  schönsten  des  intere4>8unien  Typus,  die  Medusa  Kondanini 
<in  Originalgröße)  ans  der  (tlyptothek  in  München  geben  dem  Schüler  — 
da  den  trioß»  n  Lichtdruckreproductionr  n  photographi-tohe  Aufnahmen  nach 
dem  Originale  zugrunde  licf^en  —  einen  vollständigen  Üegrift'  ?on  der 
herrlichen  VVirkung  des  prächtigen  Marmor.s  der  Antiken.  Ein  Glei<'hes 
gilt  von  der  Hera  Ludovisi;  wenn  irgendwo  wird  um  :ui  dinsem  in  halber 
(4röße  mich  dem  Originah*  reproduciertfn  Dilde  klar,  d;uw  Scliilb  rs  An^- 
Kprucb,  die  Göttin  vereine  in  dieser  Darstellung  Anmuth  mit  Würde,  zu- 
trefTend  ist.  Der  praxitelische  Hermes  (nach  der  Ergänzung  von  Schaper 
und  Rühm)  gibt  uns.  mit  dem  ebenlalls  reproducierten  .\pollo  vom  Bel- 
vodere  verglichen,  die  be<te  Vorstellung  von  der  Pia.^tik  der  Alten  Das 
er.stere  Werk  i.«t  von  unmittelbarer  natürlicher  Wirkung  und  siegreich 
gegen  die  schon  den  Verf.dl  verrathen<le  nicht  unatt'ectierte  Apollogestalt. 
Die  N''lti'ii<'iri;inili'f^f<'l!uMi,'  dii'-cr  beiden  H.ui|if w-'rkc  mifiker  Kuri^f  füliit 
zu  einem  dankbaren  Vergleiche.  —  Nicht  nur  der  Zeichner  also,  dem 
allerdings  hauptsächlich  der  kunstgeschichtliche  Unterricht  an  Mittelschnlen 
zufällt,  auch  der  cla.ssi.sche  Philolog.  der  (Jermanist  und  iler  Hi.storiker 
werden  <liese  Bilder  gegebenenfalls  nicht  entbehren  können,  wenn  sie 
ihren  Worten  von  der  Gruße  antiker  Auffa.ssung  und  Kunstanschauung 
Nachdruck  v(  i  L  ihen  wollen.  -  W  ie  instructiv  wirken  im  geschichtlichen 
Unterriciitc  ilii'  .upliosen  mittelaltt'ilii'licn  IMa.-Hkcri  t'im-.s  PTirstenpuare-i 
im  Dome  von  Naumburg,  die  mächtige  romanische  Abtcikircbe  von  Maria 
tjnach  und  endlich  der  „?ch5ne  Brunnen  mit  der  Frauenkirche  in  Nürn- 
berg". Diese  Bilder  vor  Augen  können  die  Schüler  durch  den  bcredtf^n 
Lehnn*  be.si.ser  in.'«  mittelaltriliche  [jcben  eing^'führt  werden,  nh  ps  durch 
das  langathniigHte  Lesest  tick  jf  ge.schelien  könnte.  Die  Eleganz  untl  Deut- 
lichkeit <ler  Ueprodiiction  dieser  Lichtdruckbilder  kann  —  wir  sagen  nicht 
ztivi<  I  -  ii;>  !it  üinM  liritt  n  wnrdt'n.  Für  uns  Österreicher  ist  von  bi-conderem 
Interesse,  einigen  der  berühmtesten  Bilder  unserer  kaiserlichen  (aalicrie  in 
Wien  zu  begegnen.  ¥j»  ist  das  Dreifaltigkcita-  oder  AUerheiligenbild  von 
Dürer  und  din  .b^hanna  Sevntour  von  lloibein  d.  J.  Beide  nach  Photo- 
grapbifn  von  S.  Liiwy  in  Wien,  die  ^cvnionr  sogar  in  Oiiginalgr<i(.n! 
reprotluciert.    Dürers  untl  Ibdl)eina  Technik  ist  da  in  dem  einfarbigen 

„ÜsUrr.  MiUtLHcbuk".  XI.  .lahrg.  2t 


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32G 


Literariiichc  Ituuüschua. 


Dnicke  m  pril^nant  und  charakteristitch  wi«d«M^oor^ben,  wie  (*9  eben  tinr 

di.'  I'liotuLjraiihie  nach  dem  Orifjinale  imstande  isf.  .\liihel;in«»elos  F'ieta,  die 
Krone  aller  durch  mehr  als  ein  JahrtatiHend  nnti'rnoinninnpn  knnslltM  isflif^n 
I<ösunj»8versuehe  eine«  der  tietstempfundenen  (leilunken  ilt  s  Ev.ui^eliums, 
ein  plagiiertes  Thonreliet  von  Andrea  della  Uobbia,  eine  li^^bliehe  Madonna 
mit  ilt'iii  nambino  in  oiiii  iii  Kranze  von  Kngelköpfen  und  eine  tadellose 
Wiedergabe  de^»  ^'(•lUiblldni■<se.s  de^  jugendliuhen  Itembraudt  (im  l'aliuzo 
Pitti)  bescbUeQeii  das  Heft.  Die  Schönheit  de«  Werkes  isl  sein  bester 
Empfehlangsbrief. 

Dr.  Theodor  Volbehr:  Goethe  und  dld  bildende  Kunst.  Leipzijr, 

E.  A   Sf'Pinanii   1H05  8".  V  und  244  S. 

Der  Autor  sagt  in  der  Kinleitiinx.  was  er  unter  diesem  Titel  be- 
handeln will:  dan,  was  dem  {großen  Diehter  die  bildende  Kunst  bedentcte, 

welche  Stellun«;  sie  in  seinem  Leben  einnahm.  Die  Kntwicklun^scroschichte 
(ioethe'scher  Kunstan9cha»iunff  also  von  seinon  Knjilinn-  und  Jiin^lin«»««- 
iahren  bis  zu  dem  Zeitpunkte,  als  er  j^fanz  „Olvmpier"  war,  »iiese  wird  uns 
hier  vor  Augen  geführt.    Ka  sind  merkwürdige  Weijc  — »  nei^^t  nicht  sehr 
gluckliche  —  die  der  Schöpfer  des  .Faust"  in  seinem  J^tndinni  und  in  M-iner 
Praktieieruug  der  bildenden  Kunst  wandelt  Sic  laufen  zu  niunchoa  Zeiten 
in  gewimem  Sinne  parallel  mit  «einem  diehteri«chen  Schaffen.  Vom  nrti^- 
acbäferhaften  Watteaustile  in  den  FrankfiirttM  Knal)enjahren .  neben  «lern 
exfrema  tanguntnr  —-  sich  auch  schon  die  Hegfi^tcrnng  fiir  die  Hol- 
laiuler  und  die  alten  Deutschen,  sowie  für  die  antiki-  Kunst  zeigt,  sehen 
wir  den  junjiren  Goethe  enm  elaasieistischen  Studium  in  T^eipzig  schreiten, 
beeintlusst  von  F>  \tteux'  und  Hagedorns  a-sthetischen  S«  lirift«'»  ^^'ein  Lehrer 
ist  Oeiier,  der  Schüler  unseres  Uafael  Donner,  dessen  Autfassung  der  Kunst, 
speciell  der  Antike,  sich  durch  Oeaer  auf  Winckelmann  und  Goethe  über- 
trug. Dann  folgt  Straßburg»  der  Verkehr  mit  Herder  und  das  Versenken 
in  die  alte  deutsche  Kun«t  im  weitesten  Sinne,  die  den  Stürmer  und  Drän- 
ger  zu  wahren  Dithyramben  begeistert.  Interes.«nnt  ist.  wie  Le.ssings  „Lao- 
koon"  spurlos  an  dem  jungen  Kunstfreunde  Torfll)ergeht  und  er  nach  wie 
vor  Verehrer  der  größton  lie.ili,-it''n.   der  llollrmder,  bleibt,  dfi-  _Kotli- 
maler"  im  Sinne  Lettsing^  weicher  wegen  dieser  bedauert,  daiäi  die  Ölmalerei 
jemals  erfunden  wurde.    Herder  vermittelt  auch  die  Bekanntochafb  mit 
Baumgartens  und  Hamanns  Ideen.  In  seinen  damals  erscheinenden  Tistheti- 
schen  Si  luiffen  ist  fuifthe  durch  und  durch  Dentso!u*r.  der  er  leider  für 
die  Kunst  nicht  geblieben  ist.   Seine  naive,  einfache  und  natürliche  An- 
schauung verftndert  sieh  immer  mehr,  er  blickt  immer  weiter  in  die  Ver- 
gangenheit zurück,  wird  akademisch-antiki-sirrt  iid.  ein  kalter  und  nüchtern«'r 
Cla.ssicist:  und  doch  äußert  er  sich  einmal  wilhrend  seines  Weimarer  Auf- 
enthaltes (Volbehr  S.  151)  über  Dürer:  ^Ich  verehre  täglich  mehr  die  mit 
Gold  und  Silber  nicht  so  bezahlende  Arbeit  die.ses  Menschen,  der,  wenn 
man  ihn  recht  im  Innersten  kennen  lernt,  an  Wahrheit,  Krha>)enheit  und 
selbst  Grazie  nur  die  eri^ten  Italiener  zu  seinesgleichen  bat."  Den  Wider- 
pprueh  mit  seinen  Öffentlich  geftußerten  Anschauungen  fithlend,  setvt  Goethe 
hinzu:  ^Dit'-.  s  wollen  wir  nicht  laut  sagen."  Sein  Wahlspruch  liiutetwohl: 
„Natur  und  Antike";  in  der  bildenden  Kunst  ist  es  aber  der  Fluch 
«eines  Leben.s,  keine  von  beiden  finden  zu  können.  Selbst  Italien  wirkt  da 
nicht  befreiend  nut  ihn;  denn  neben  der  Antike  ziehen  ihn  wieder  die 
grüßten  l{*';ilisten  dfs  XV.  .f.ilirlnmdei lif-(ni<lers  nn.    >ein  Verständnis 
für  die  Gothik  verliert  er  allerdings  in  Italien  last  gänzlich,  da  speciell 
Palladio  seine  Vorliebe  wird.   Der  Aufenthalt  in  Rom  will  bei  Volbehr 
gelesen  sein,  uro  Goethes  Mi.ssverhältnis  zum  deutschen  Publicum  der  ersten 
Decennien  dieses  Jahrhunderts  zu  begreifen  Seite  211  citiert  Volbehr  wort- 
volle Äußerungen  Goethes  über  den  Nutzen  des  Zeichnens:  „In- 
des ist  mir  das  bissehen  Zeichnen  un-<  hatzbar.  es  erleichtert  mir  jede  Vor- 
stellnn^:'  von  ,>-innlIr1ii  n  Dingen  un.j  da-  ( It  inüt])  wird  schneller  zum  All- 
gemeinen erhoben,  wenn  man  die  Uegenstilndc  genauer  betrachtet.  Ich 
freue  mich  recht  sehr,  dam  mir  im  Zeichnen  ein  Licht  aufgeht,  ehe  ich 


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Litarariache  Handachtui. 


327 


nnch  N)>a))el  leiae  ....  schwer  kVft  sehen  xu  lernen,  ohne  selbst  Hand  an* 
zulegen..."  Weder  der  Unii^ati^  mit  Tischbein,  noch  mit  dem  Manieristen 
Hiickert  wiir  eine  Gunst  de»  ii^chicksal«.  —  In  den  ^Nachklän^'cn  und  Aus- 
blicken" lernen  wir  in  (Joethe  den  «versprengten  Griechen"  kennen,  der 
im  kaJten  Nonlen  frierend  der  warmen  Winteisonne  Italiens  gedenkt 
Volbehr  schließt  »eine  Aii>fnhrungen,  welche  dtv^  l>e«ii>rochene  rhema  von 
u'anz  neuen  Gesichtspunkten  beleuchten,  mit  dem  charakteristischen  und 
trettenden  Hesume:  , Der  junge  Goethe  war  eine  vorwartstreibende  Kraft 
in  der  Entwicklung  der  luwutaiischaunngea  seiner  Zeit.  Die  Thcotii  n  den 
< M'lii  iiiir.itlicH  Goethe  waren  ein  retar<]ierenfl<N  Moment.  Ihinn  aber  ent- 
wickelten sich  die  Dinge  ohne  eine  Mitwirkung  des  greisen  Dichters  lang- 
sam und  stetig  weiter.  Der  Ciassieismus  gieng  unanf  haltsam  seiner  Nieder- 
lage entgegen.  Das  aber  bedeutete  in  letzter  (Yin^eriuenz  «len  Sieg  de» 
künstloriHchen  Subjectiviamus,  den  Sieg  jener  Kunstanschauung,  die  der 
junge  Goethe  so  meisterhaft  verfochten  hatte."  Das  Buch  Volbehrs,  das 
durch  Richard  Muther  &o  eigenthiimlich  ausgenOtzt  wurde,  data  der  Autor 
diese  Ausnüt/iiritr  in  einer  ebenfalls  Im  !  Seemann  erschienenen  lesenswerten 
Flugxchrii't  zurückweisen  mwute,  verdient  die  vollste  Beachtung  jedes 
tioethefieundes  und  sollte  in  keiner  Lehrerbibliotbek  fehlen* 

Troppau.  Rudolf  Bikk. 


Dr.  Adalbert  Wrany:  Die  Pflege  der  Mineralogie  in  Böhmen.  Em 
Beitrag  /.ur  vaterländischen  Geschichte  der  Wi&ienschafteu.  4***1  iS.  Prag. 
U.  Dominicus  (Tb.  Qruss).  Preis  5  fl. 

Der  ab  Mineralog  und  Mineraliensammlcr  in  Fachkreisen  bekannte 
VerfaFser  hat  sich  in  dem  vorliegenden  Werke  '1'c  ( !ien«o  schwierige  wie 
verdienstliche  Aufgabe  gestellt,  eine  Geschichte  des  luineialoixiMchen  Studiums 
in  Höhmen  zu  liefern,  und  sie  mit  anerkennen.'^werter  Grün  lliclikcit  gelöst. 
Auf  Grund  »einer  unifassfiHli  ii  Liioratmkenntnis,  die  sich  lifi  tlen  „viel- 
fach in  Vereins-  und  Zeitschritten,  in  Biographien  und  Büchern  aller 
Disciplinen  zerstreuten  Daten"  nur  ein  filr  sein  Fach  begeisterter  Forscher 
aneignen  konnte,  ist  es  ihm  in  klarer  und  fet^selnder  Darstellung  gelungen, 
vor  unserem  geistigen  Auge  ein  leliendipre^  Bild  von  dem  hervorragenden 
Antheiie  entstehen  zu  hissen,  welchen  diis  au  Mineialschatzen  reich  ge- 
segnete Böhmen  an  der  Pflege  der  Mineraloi^ie  in  allen  Entwicklnngs* 
phasen  dieses  Zweiges  der  beschreibenden  Naturwissenschaften  genom- 
men hat. 

In  dem  engen  Eabmcn  eines  Berichtes  fSr  eine  allen  F&chcrn  der 
Mittelschute  Rechnung  tragende  Zeitschritt  kann  nur  in  gedrängter  Kürze 
und  nur  einiires  uns  dem  reichen  Inhalte  difses  für  die  Wissenscliafr  wie 
lur  die  lleiwatskunde  gleich  wertvollen  Werke«,  das  sich  auch  als  ein 
verlftssliches  Nachschlagebuch  fSr  Loealforachungen  erweisen  dflrfte,  an- 
geführt werden. 

Das  Buch  gliedert  sich  in  tiinf  CaTiitel,  welche  die  wichtigsten  Epochen 
in  der  I'flege  der  Mineralogie  in  Böhiuuu  abgrenzen  und  charakterisieren; 
wiederholt  greift  der  Verfasser  in  dankenswerter  Weise  über  die^ies  Gebiet 
hinaus,  indt^m  er  die  I'fle;,'*'  der  N  iturwis.ifnsehaften  und  die  wissenschaft- 
lichen Bestrebungen  überhaupt  in  dem  betreÜ'enden  Zeitabschnitte  schildert. 
In  jedem  dieser  Onpitel  behandelt  ein  Abschnitt  die  mineralogischen 
Schriftsteller  der  betreffenden  Periode  und  die  mineralogischen  Samm- 
lungen; in  den  fieideii  Ir tzten  Cipiteln  finden  anch  die  Mineralienaammler 
und  der  Mineralieuhaadel  gt  biUeude  Berücksichti;,Miiig. 

In  dem  besonders  lehrreichen  erst«'n  <'u]ii  t  .1  .Die  mineralogi.schen 
Bestrebungen  in  Böhmen  Iiis  y.ur  IMItt«'  <li's  Will,  .l.ibrliundiMt-"  7,figt  der 
Verfasser,  wie  sich  das  Interesse  gelehrter  Männer  der  Mineralogie  nur 
allmfthlich  und  viel  spAter  als  insbesondere  der  Pflanzenkunde  zuwandte, 
da  im  Alterthume  und  im  Mittelalter,  „von  vereinzelten  Verbuchen,  sich 
zu  selbständiger  Beobachtung  emporzuarbeiten,  abg<^'"^hen''.  nur  jene  Me- 
talle, Erze  und  Steine  der  Erforschung  wert  gehalten  wurden,  „welche 

22* 


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328 


Uterarische  Rundschau. 


(l<'m  praktischen  Bedürfnisse,  sei  es  durch  tiuhnische  Verwendbarkeit  mler 
iianüeUwert,  a^i  es  uU  .Schmuck  oder  IJeiluiittel  oder  auti  aber<;läubii>eheu 
Motiveilt  dienten*.  Er  widmet  hierauf  eine  eingehende  Würdigung  den 
Pionnieren  der  mineraloginchcn  Wiasenaohaft  Georgius  A^rieola.  Jo- 
hannes Mathe.sius  und  Lazar  Ercker,  die  d;us  Interissf  für  die 
Mineralogie  in  weite  Kreise  der  llevülkoriing  trugen,  auch  hochgestellte, 
einflussreiche  Milnner  für  di  ■  Tflege  derselben  zu  gewinnen  wnssten  und 
im  Gegensatze  y.u  d  r  bisher  herrschenden  Richtung  «die  Anregung  su  exacten 
Forscbungeu  gaben''. 

Das  sweite  Capitel  schildert  die  «weite  Hftlfte  des  XVIlf.  Jahr* 
hunderte.  Durch  die  von  der  Kaiserin  Maria  Therr-ia  durchgeführte  Studien- 
reforra  wurde  die  Naturgeschichte  und  somit  aucii  die  Mineralogie  zu- 
nächst al»  Lehrgegcnutand  an  der  Univer^itiit  und  hpäter  auch  an  den 
neuen  Normalhau ptscbulen  eingefDhrt;  außerdem  reihte  die  Monarchin  die 
Uergliaukunde  unter  die  exsictr-n  ^Vissen^chaften  ein.  I>ie>ie  Maßnahmen 
kamen  auch  der  i'liege  unserer  Wissenschaft  sehr  zustatten.  Die  minera- 
logische Literatur  weist  einen  außerordentlichen  Aufschwung  auf  und  steht 
in  engem  Zusammenhange  mit  der  frischen  geistigen  Bewegung  der  damaligen 
/•'it.  Wrany  würdigt  gebürend  die  Verdienste  der  in  dieser  Periodt'  in-r- 
vor tretenden  Männer,  von  denen  wenigstens  Ignaz  von  Horn,  Franz 
Josef  Graf  Kinsky,  Dr.  Jobann  Mayer  und  der  Biliner  Herrschafts- 
arst  Dr.  Franz  Anil»ros  Reuß  hier  genannt  sein  mögen. 

Das  dritte  Capitel  beschättigl  sich  mit  der  ersten  Uiilfte  des 
XIX.  Jahrhunderts.  Die  Chemie  nimmt  als  unentbehrliche  Hilfsdisci)>lin 
der  Mineralogie  Kinfluss  auf  diesidbe;  ferner  findet  die  von  Mobs,  Nau- 
iniiun  und  Hai<ling*'r  iM'ixrüudrte  kr\st;illograi»hi>;(li''  Schub'  bfi  den 
.Mincralogeu  Böhuiens  Einjrang.  iiervorgehoben  sei  aus  üiebeui  C.iuitel  die 
lesenswerte  Geschichte  des  vaterlftndischen  Museums,  weiches  in 
der  Folge  auf  die  mineralogischen  Studien  in  Böhmen  fördernden  Kinfluss 
nahm,  sowie  die  Schilderung  der  Verdienste  des  Grafen  Caspar  iStern- 
berg  und  des  i'rof.  Franz  Xaver  Zii)pe.  Wer  über  die  wissen.M-haft- 
lichen  Bestrebungen  und  Leistungen  des  letztgenannten  verdienstvollen  (Je- 
lehrti'ti  rahchen  und  sicheren  Aufschhns  »Tli  ilt  mi  will,  winl  mit  vollem  Kechte 
nach  Wranys  Werke  greifen.  Dem  Wirken  Zippes,  weicher  „als  der  eigent- 
liche B^iründer  einer  wissenschaftlichen  Mineralgeschichte  und  geologischen 
Krforschung  Böhmens"  bezeichnet  wird,  und  seinen  Schriften,  die  hier  mit 
Ausschluss  des  teclinist  lieu ,  industriellen  oder  ökonomischen  Inhaltes  an- 
geführt und  auch  ki;i/ ( Ii  u.ikierisiert  sind,  sind  20  .Seiten  gewidjuet.  Miciil 
unerwähnt  seien  hier  die  von  Wrany  ent.sprechend  hervorgehobenen  Ver- 
dienste Zippe.s  um  den  .\ufsolnvung  des  Kohlenbergbaiu's  in  Hühmen  ge- 
lassen, , indem  Zippe  im  Kladnoer  Becken  das  Yorhaudeuseiu  tieferer, 
milchtigerer  Kohlenflötze  in  Aussicht  stellte  und  den  Ai^oß  daan  gab,  die 
früher  wenig  bedeutenden  oberflächlichen  Baue  in  grfißere  und  reichere 
Tiefen  hinabzuführen". 

Verwiesen  sei  ferner  noch  besonders  uul  jene  Abschnitte,  welche 
dem  Gelehrten  Haidinger  und  dem  Dichterfürsten  Goethe  als  eifrigem 
MiiK  T.il«  LT'  11.  sowie  den  in  einz'  lnen  Ordenshäusern  Böhmens  begründeten 
Mineraliensammlungen  gewidmet  siud.  .Auch  der  beiden  Mitglieder  des 
Allerhöchsten  Kaiserhauses,  des  Erzherzoirs  Johann  und  des  Erzherzogs 
Stephan,  „welche  einer  seltenen  \  t liebe  für  N.iturwis.sen.schaften  folgend, 
:iu('h  in  Böhmen  ihren  Samtnelriier  belrieditrten".  gedenkt  der  Verfasser, 
sowie  des  Umstandes,  Uaidingcr  den  tranvitriol  von  Joachimsthal  dem 
Ersberzog  Johann  zu  Ehren  „Johannit*  und  des  Sprödglasent  dem  Erzherzog 
Stephan  zu  Ehren  „Stephauit"  b»'nannte. 

Hinsichtlich  des  naturhistorischen  Unterrichtes  in  die.M.r  l*c- 
riode  berichtot  Wrany,  da.ss  die  Naturgeschichte,  die  nach  dem  Schulplane 
vom  Jahre  Ü^'i;')  an  Gymnasien  von  Fachlehrern  gelehrt  wurde,  im  Jahre 
1S]*>  aus  den  Lehrgerrenstäi^den  der  Gyiunasjen  ganz  aiHi^evi  liiedeu  wurde, 
und  dass  an  der  philosophischen  Facultät  nur  die  Stipendisten,  Cuu victisten 
und  vom  Unterrichti^lde  Befreiten  zum  Besuche  der  Vorträge  Aber  Natur- 
geschichte  verpflichtet  wurden. 


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Liiterumcbe  luiiulschau. 


329 


Das  vierte  Capitt  l  Ithiindelt  cltrn  „IhiiH'hwung  im  w i.s*»on4ichaffc- 
liclicn  Lc'ijen  in  der  Mitte  Uea  XIX,  Jahrbunderts  und  die  Krrichtung  selb- 
stdudiger  L«'lukuuzoln". 

Die  schon  seit  längerer  Zeit  in  der  Pflege  der  Naturwifisensclmften 
vorlH'ieit»'te  freiere  Richtung,  die  in  H  tiiliuger  ihren  wänn^tpu  Verfechter 
hatte,  iühit«  in  der  Mitte  de.'i  XiX.  .lahrhuDderts  zu  zeitgemäßen  Kefuriuen 
den  Qiiierreichischen  Schulwesens  and  zur  Orflndnnf;  von  Instituten,  welche 
bis  auf  den  heutigen  Tag  eine  segensrei«  Ihj  Thiitigkeit  enttulten,  wie  et 
die  im  Jahre  18^8  eiöti'neto  kuiserl  i»  Ii »'  Akademie  der  Wi^sen- 
iicbal'ten  in  Wien,  die  aus  dem  k.  k.  montanistischen  Musieum  im  .hihre 
1849  herrorgegan|?ene  geologische  Reichsanstalt  und  die  im  Bchul- 
jahie  18!l»r»0  untir  '/:\]>\>r  cvnW'wU^  Montanlehranstalt  in  l'ribrutn 
.sind.  Der  Ori{unii>at>on  cntwurf  der  (i^ninasien  und  Realschulen  iu  Öster- 
reich vom  Jahre  1849  nahm  die  Naturgeschichte  wieder  unter  die  Lehr- 
gegenstände  dit  s.  i  An^^talten  auf;  die  naturgesdut  ht liehen  Lehrkun/.eln  an 
deü  nled^C!ni^^  lM■Il  !•  arnlt  lton  wurden  <^\\m.  iiufgehi.vsen ,  und  tÜr  die  drei 
Zweige  der  beschreibentien  Naturwissenschaften  wurden  eigene  gctreuute 
Lehrstühle  syMeniisicrt.  Auf  den  neu  creierten  Lehrstuhl  der  Mineralogie 
an  der  Pniger  Universität  wurdi-  im  Jahre  ISH)  Di,  Au;;iHt  Km.  l\«uß, 
der  >ohn  des  bereits  genannten  Dr.  Franz  HeuL>,  als  erster  Vertreter  dieses 
Faches  berufen.  Die  wifscnschaHliche  Bedeutung  dieses  Mannes  schildert 
Wrany  in  seinem  Buche  mit  geUflrender  Ansliibrlicbkeit  und  gibt  auch  eine 
übersiclit  :'\)>rr  de-'JiMi  S't  hriftcn. 

Ebenso  widmet  VVrany  dem  Prof.  Victor  v.  Zeuharovich ,  dem  Nach- 
folger des  im  Jahre  nach  Wien  berufenen  Prot  Renß,  eine  dai»  lang- 
jäluige,  höchst  verdienstliche  Wirken  dieses  Gelehrten  in  vollem  Maße 
wüi ilifjende  lirsprecliung  und  zeigt,  mit  weUh  la-tlosem  Fleiüe  Zcpharovich 
uiit  t  wt  allen  (»ebieten  der  Mineralogie  thätig  war.  Kr  rühmt  an  den 
Arbeiten  dieses  Gelehrten  die  „außerordentliche  Genauigkeit  »md  absolute 
ZuverliUsigkeit" .  .^owio  die  _Ki"u/.e,  Kiarhfit  ttn»!  Ulier>irVitIichkeit"  At  y 
Darstellung  Die  von  Zephurovich  in  größeren  Abhandlungen  niedergclegien 
Beobachtungen  und  Untersocbungen  werden  nun  angefahrt  und  kurz 
charakterisiert. 

Der  Verrif^ser  schildert  ferner  die  hinsichtlich  der  Naturgfschichte  go- 
iinderten  \'L'iliältni»je  am  polytechni.schen  Institute  in  Prag,  clie  sieh  jedoch 
infolge  des  wiederholten  lii'h:  er  Wechsel."  anfangs  nicht  so  günstig  ;:e-t  alt  eleu 
wie  an  der  I'nix  er-itiif.  umi  he1)t  die  Verdienste  der  an  jener  Ibn  hschuie 
thätig  geweseneu  Lehrer  Dr.  Friedrich  Kolenati,  Dr.  Fran»  Nickerl  und 
besonders  des  Prof.  Jobann  Krejj^i  entsprechend  hervor.  Die  durch  Lehrer 
und  Schüler  der  Montanlehranstalt  in  Pribram  der  Mineralogie  SQthetl  ge* 
wordene  Förderung  wird  ebenfalls  pin<^''elipnd  beleuchtet. 

Nun  liiiuen  .sich  auch  Lehrer  der  Naturgeschichte  an  den  Gymna- 
sien und  K  eaUchulen  Böhmens  durch  sehr  verdienstliche  Abhandlun- 
tren  als  MMarl'eitrr  auf  dieM-^ni  Gebiete  ein  Die  diesbezüglichen  genauen, 
Wühl  ersschöptenUen  Angaben  in  Wninys  Buche  zeigen,  welchen  wesent- 
lichen Antheil  die  Vertreter  der  Naturgeschichte  an  den  Mittelschulen 
Böhmens  an  der  mineralogischen  Ihuchforschung  des  Landes  haben.  Re- 
ferent verwei.st  mit  be  oiulorem  Nnt  hdnn  ke  :iuf  die  bezüglichen  »ehr  le.sens- 
wert<'n  Abschnitte  des  vierten  und  fiintien  Capitels. 

Das  fünfte  und  letzte  Capitel  be.sjirieht  den  Kintlus-!  der  natio- 
nalen TrennmiLT  in  Hrilme^n  auf  «lie  Pflege  der  Wissenschaften.  Wrany  ent- 
rollt in  demselben  mit  anerkennenswerter  ObjectiviUit  ein  lebendige»  Bild 
von  den  Bestrebungen  und  Leistungen  der  beiden  da«  Land  bewohnenden 
Volksstamme  auf  dem  Gebiete  der  Min-  ralo.MC 

Da^  -tetiir  wachsende  Interesse  {'•ti  die  Naturwis.sen.schaft'  ii  rief  in  den 
letzten  Juhrzehuteu  sowohl  iu  Prag  als  auch  auf  dem  Lande  eine  stattliche 
Zufal  von  Vereinen  hervor,  die  der  Pflege  der  Naturwissenschaften  gewidmet 
sind  und  deren  vo  dienstliche  Wirksamkeit  auch  in  diesem  Werke  nicht 
unbeachtet  geblieben  i.st. 

So  gibt  ea  wohl  kein  nennenswertes  Moment  in  der  Geiichichte  der 
Pflege  der  .Mineralogie  in  Böhmen,  welches  Wrany  entgangen  wäre. 


LiterariBohe  RandBchau. 


lu'fcrt  nt  war  l»f.st reift,  in  seiiK'iii  Heiirlitn  tien  Nachweis  zu  liefern, 
luit  welch  groücu)  Eiuste  Wrauy  au  die  Losung  Heiner  Aufi^abe  geschritten 
ist  und  mit  wf»lch  entscbiodenem  Erfolffe  er  diese  Aufjr^abc  gelöst  hat.  Das 
Buch  ist,  wie  in  diesem  Herichte  ein^^.ings  gesuj^t  wurde,  ein  für  die  WisKcn- 
»ehaft  wie  für  die  Heiniatskunde  gleich  wertvolles  Werk;  i  s  int  zur  An- 
lichatl'ung  für  die  Äutttikltsbibliotheken  wärmätenü  zu  cuipfeiilen. 

Sraicbow.  F,  Schimek. 


Dr.  S.  May  bäum:  Methodik  des  jadisehen  Religionsunterriehtes. 
Breslau,  Verlag  von  Wilhelm  Koebner.  1896.  IX  und  196  S. 

Der  ismelitische  Keligionsunterricht  ist  po  alt,  wie  das  Judenthum 
selbst.  Schon  die  heilige  Schrift  gebietet  in  Hi-iu^^  atif  Hokonntnis  und 
Ciebot:  ^Und  du  «ollst  sie  einprägen  deinen  Kiudern  nml  davon  leden, 
wenn  du  zuhause  s  ;  -  t.  oder  axü'  dem  Wege  gehst,  wenn  du  dich  nieder- 
legst tind  wenn  du  auföt<?h.st."  IHis»'  Allgegenwart  der  Lehre  Itcwirkte, 
duüi  die  Juden  ein  lerueudea  und  lehrendctt  Volk  geworden  sind.  Diu 
Forfchen  in  der  Lehre,  welche  eine  Fundgrube  der  Gotteserkenntnie  und 
ein  Wegweiser  zun»  sittlichen  Lebenswandel  ist,  war  zu  allen  Zeiten  eine 
der  höchsten  relicriöscn  I'fliehten  und  galt  als  hohes  Verdienst.  Dif  BeHchäf- 
tigung  mit  iler  Lf  lir*-.  das  Verlangen  nach  deren  vollem  Verständnisse, 
sowie  die  Berührung  mit  anderen  Völkern  führten  die  Juden  zu  allen 
pisciplinen  menschlichen  Wis.sr>ns.  in  denen  sie  oft  balinlneL-ln  i  1 ,  oder  als 
Übersetzer  und  Vermittler  große  Dienste  ieisteteu.  Die  Bedeutung  der 
.luden  und  ihres  Schriftthums  um  die  religiOe- sittliche  Entwicklung  und 
Cultur  tler  Menschheit  wird  noch  immer  nicht  gebQrend  gewürdigt.  So 
behandelt  sie  unter  anderen  auch  Will  mann  in  «oiner  ausgezeichneten 
„Didaktik"  nicht  eingehend  genug.  Das  Verfaiueu  im  israclitisthcu  lieligions- 
unterrichte  ftndertc  sich  gründlich  nach  dem  Tode  Mendelssohns.  Iiis  dahin 
oblag  man  einerseits  dem  (iiullcnstudium,  andererseits  der  praktischen 
Bethätigung  der  Ueligion.  Je  grüber  aber  seit  Anfang  diesem  Juhrbunderttt 
der  Widerspruch  zwischen  Lehre  und  Leben  wurde,  desto^  mehr  fShIte 
man  diis  Bedürfnis,  die  israelitische  Jugend  mit  dem  Inhalte  ihrer  Beligion 
vertraut  zu  machen.  Ist  der  israelitische  Keligionsunterricht  in  seiner 
heutigen  Systematik  und  Form  eine  ziemlich  junge  Diticiplin,  so  ist  dus 
Streben  noch  wissenschafblichem  Durchdringen  derselben  noch  jüngeren 
Datums.  8o  ist  dio  Metlindik  von  Maybauni.  eines  Meistor.s  der  K'.mzcl- 
bcredäamkeit,  der  aber  auch  die  Wissenschaft  und  praktische  Theologie 
bereichert  hat,  das  erste  syi^tematinicho  Werk  über  diesen  Unterrichtszweig. 
Der  Verfasser  kam  damit  einem  lange  empfundenen  Bedürfnisse  entgegen. 
Mavhanm  wirft  in  der  Einleitung  einen  geschichtlichen  Rückblick,  bespricht 
dann  die  vorhandenen  Lehrbücher  und  formuliert  Idee  und  Zweck  des 
jQdischen  Beligionannterrichtes.  Hierauf  folgt  die  ErgrQndung  der  inneren 
Structur  des  Lehrstotl'ef,  di>s  j^^t  -schiclitlichcn  sowohl,  wi»^  auch  des  hebräischen, 
der  (lebete-  und  Bibelübersetzung  und  Liturgie  und  der  systennitischen 
Religionslehrc  und  zum  i;chlu.s,se  die  Erörterung  der  Lehrmethode.  Da  die 
letztere  zu  allgemein  gehalten  ist  und  sic  h  nicht  auf  den  CJruppenunterricht 
und  die  verschieden,  n  .^'tnfVn  erstreckt,  kann  dieses  treftliclie  Work  trotz 
der  Fülle  der  Anregungen  und  W'inke  eher  eine  Einleitung  in  die 
Methodik  genannt  werden.  Auf  diesem  Gebiete  gibt  es  noch  ein  weites 
Feld,  d a>  fh'r  Bearbeitung  seitens  der  Fachmänner  harret.  Der  von  MayL>aum 
mit  Vorliebe  gebrauchte  Ausdruck:  (lottesebenbsMIi*  hkeit  ist  unschön  »jnd 
kthmte  wohl  ohne  Bedenken  durch  Gottiihnlichkiit  ersetzt  werden.  Im 
ül)rit,'en  ist  al  .  r  .Maybaums  Methodik  allen  Vertretern  des  israelitischen 
Iii  li<,'ion9fache8,  die  bisher  nnr  auf  die  eigene,  sfille  Arltrit  angewiesin 
waren,  aufs  wärmste  zu  emptehien.  Sie  erhalten  emen  verlässlicheoi 
trauen  Fflhrer. 

Reiche nberg.    Dr.  Ilofinann* 


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Literarische  KuiuiM:Uau. 


asi 


Dr.  Th.  Tu  petz:  OvMh  pirfu»  des  A.  Comenias.  Mit  3ß  Texibildern. 
Preis  30  kr.      W)  Pf.  -  Teinpflltj, 

Da.s  l>e<l»nit*»mlste  l'roiluct  au.«*  der  fruchtbaren  f-chriftstelbM  i«ohen 
Tlütigkeit  deg  großen  .Neueren}''  Couienius,  wie  iiuuuier  ihn  mit  üecht 
nennt,  lif^t  in  einer  von  dem  gewiegten  Pftda^ogen  Tupets  beiorglen,  auch 
iiuÜerlii  Ii  lobenswert  ausgrstaf  tftcii  und  höchst  billippn  Ansjjabe  vor.  Kine 
sorgfUltij(  abffefiisste  Betracbtunj;  des  liOben^  und  eine  einj^flu  nde  W'ürdij^ung 
der  wiMemchaftlichen  Arbeiten  de.s  Comenius  geht  dem  i'i^ewtlichen  Texte 
dcH  orbU  pietwt  voraus,  jener  ,Welt  in  Bildern",  in  der  auch  der  kleine 
OJo.'tho  geblrittert  h.it  Was  H  imiiii-1  und  Knie,  wns  das  gesammte  monsch- 
liche  Leben  der  kindlichen  Anschauung  zu  bieten  vermag,  ist  in  dieser 
Schrift  von  Comenina  bildlich  darßestelitf  trowie  lateiniech  und  dentech 
litsrlirit'bpn.  Tupetz  fugte  ühpidirs  unterhalb  de»  Textes  im.  h  manche 
Bemerkungen  bei,  die  awar  durchwegs  richtig,  bisweilen  aber  zu  selbst- 
verständlich  «ind.  So  wird  z.  B.  i^eite  11  die  Comeniscbe  Cbersetzung 
,Wer  wird  mir  das  lehren?"  nnt  der  Anmerkung  vergehen:  .Bichtiger 
wäre:  mich".  Da  hatten  vielleicht  im  ra|iitt'l  ivacintin  Uni  h\\^dv\\cV<'  wie 
, Wirte  iL"  und  „Weiffe"  eher  einer  Erklärung  bedurft,  da  die  aus  dem 
Originale  entlehnten  Abbildungen  doch  .recht  unvollkommen"  (vergleiche 
8«'iri'  M)  sind.  .M)^'i>«;eh»'n  von  diesem  kleinen,  leicht  zu  behebenden  .Mangel 
kann  diene  Schulau.sjiabe  nur  aufs  wärm.ste  empfohlen  wenlen.  Sio  wird 
durch  den  von  Tupetz  in  Aussicht  gestellten  Anhang  grauimalikali.-<cli- 
lexikaltscher  Nator  eine  dankenswerte  ErgSnznnip  finden. 

Eger.  Dr,  Simon. 


F.  Klein:  Vortpflge  Aber  ausgewfthlte  Fpftgren  der  Elementar^ 

geometrle.  Ans^cMrbeitet  von  F.  Tä^'ort.  Kino  Festschrift  SU  der 
l*tin«,'^tcn  i  W.o  in  finttin^^pn  st  alt  findenden  dritten  Vemmmlunj»  des 
Vereines  zur  Förderung  des  uuithematischcn  und  naturwissuuschaft liehen 
Unterrichtea,  V  und  66  pag.  Leipzig,  B.  G.  Teubner.  1895. 

Des  Öfteren  schon  wurde  gegen  Professoren  der  Mathematik  der  Wm- 

wtirf  erhoben,  da^^'*  sie  in  ihren  Vorlesungen  an  der  f 'nivornität  auf  dit» 
Wünsche  und  Bedürlni.'^.se  der  elementaren  Mathematik  viel  zu  wenig  ^ie- 
wicht  legen.  Umsomehr  mum  es  anerkannt  werden,  wenn  ein  so  bervor- 
rau'endi'i-  (Irldn ter ,  wie  es  Prof.  Felix  Klein  in  Oöttirigen  ist.  sich  direct 
die  Autgabe  steilt.  „djis  Studium  der  Mathenuitik  an  der  Universität  mit 
den  Interessen  der  Schulmathematik  mehr  als  sonst  üblich  in  Verbindung 
zu  bringen",  und  nich  äußert,  dass  es  ihm  ein  Ver^juiigen  mache,  seine 
(ledaTiken  in  dieser  l'icliturif^  zu  entwickeln  Da-i  Bnclilcin,  das  auf  die-i» 
Weise  aus  Vorlesungen  entstanden  ist,  welche  Prof.  Felix  Klein  vor  einer 
größeren  'i&abl  von  ZuhSrern  gehalten  hatte,  Theilnehmern  eines  Ostern 
1894  in  Göttingen  abgehaltenen  Fericncurses  —  und  «las  als  Festschrift 
der  Versammlung  des-  V^ereines  zur  F«"rdernnfj  dr>  niathcmatischen  und 
physikali.schen  Unterrichtes  gewidnx't  wurde,  welche  l'lin;.,r<ten  1895  in 
Göttingen  tagte,  —  verdient  nach  jeder  Bichtung  den  Namen  einer  Fest- 
schrift, und  •>>  wäie  rn  wünschen,  dara  os  in  der  Hand  eines  jeden  Gym- 
nasiallehrers sich  beünde. 

Er  wird  darin  ebensosehr  Belehrung  fiber  manche  Fragen  der  Geo- 
metrie finden,  welche  die  Elenientargeometrie  bisher  mit  Stillschweigen 
übergieng,  als  auch  Anregunff,  indem  da«  Hnrhlein  diese  Prnhlcmo  nicht 
in  der  Weise  der  Schule,  sondern  von  einem  höheren  («esitht**punkte  aus 
behandelt  und  so  den  Leser,  ohne  weitere  Kenntnisse  aus  der  höheren 
Analysis  voran-  '•i  'V.pn.  als  dif  t'inf.u  h-tcn  Eii,'eii>(  li.irti'ii  der  I'xiton.mtial- 
function,  mit  den  letzten  Kiruogenschaften  der  modernen  Mathematik  be- 
kannt  macht. 

Die  Fragen,  die  da  vorgcfÖhrt  werden  und  bei  denen  es  sich  nicht 
sosehr  nm  ihre  Auflösung  im  einzelnen  Falle  als  vielrTirlir  um  die  Mög- 
lichkeit, respectivo  Unmöglichkeit  einer  Lösung  überhaupt  handelt,  sind 
vorzugsweise  jene,  weiche  schon  im  Alterthume  im  Vordergründe  des 


332 


LiterariiK;he  liuntUcbau. 


Tntercs^ps  gestanden  nnd,  nämlich:  1.  das  Problem  der  Verdoppelung  des 

Würfels,  auch  das  dolische  Problem  genannt,  2.  die  Diittboilung  eines  be- 
liebigen Winkels,  3.  da<)  Problem  der  Kreiathcilung  und  4.  die  Quadratur 
des  Kreises,  d,  h.  die  Construction  von  k. 

Das  erste  Capitel  behandelt  die  drei  ersten  Probleme.  Es  be^rhüfbifirl 
sich  zunächst  im  allgemeinen  mit  solchen  iilgebraiscben  Gl«  ii  Innigen, 
weiche  sich  auf  Quadratwurzeln  zurückführen  und  daher  mit  Zirkel  und 
Lineal  construetiv  I6sen  laiHen.  »teilt  sodann  die  specielle  Gleiebun|:r  dritten 
Unules  auf,  auf  welche  das  deliscbe  Problem,  sowie  die  Aiir^,';iI»o  <ler 
Drittheilung  eines  beliebigen  Winkels  führt,  geht  wei^pr  auf  die  (tauß'- 
sche  Theorie  der  Kreistheilung  ein,  worauf  e«  aut  Grund  dieser  Theorie 
eine  vollständige  CJonstruction  eines  regelmäßigen  Siebzehneckes  gibt  und 
im  J?€hlns?jcapitel  endlich,  die  gefundenen  l'r>sti!tate  zusainnienfa>'*end.  sii  h 
zur  Frage  wendet,  wie  «chon  die  alten  Griechen  vergebens  eine  Lüsuu^ 
dieser  Aufgaben  mit  Zirkel  und  Lineal  gesucht  haben  und  sodann  algebrai- 
•eheCnrven  höherer  Ordnung,  als  es  der  Kreis  und  die  Kegelschnitte  sind, 
Eur  Lösung  vorwendetr»«. 

Da«  Ävveitu  Capitel  untersucht  das  Probleui  der  Quadratur  des  Kreise«. 
Es  geht  zunächst  auf  den  Unterschieci  i^wischen  algebraischen  nnd  trnn- 
scendenlen  Zahlen  ein,  gibt  einen  l'owois  für  die  E\i4(»nz  der  letzteren, 
.schildert  die  VeiMu  he  zur  Berechnung  uml  Con--lructiuii  von  r:  von  der 

ältesten  bis  zur  neuesten  Zeit  ('^^(  j)"       Papyrus  Ahmcs,  2ut>0  ?.  Chr.; 

der  Bibel,      >Tc>:i  ^   von  Archimedes  u.  s.  w.\  worauf  es,  was 

eine  F!rrungenf' h;ift  d  n-  letzten  Jahrzehnte  ist  iHer.nite  1874,  Lindemann 
1882),  die  iransceudcnz  von  n  und  duuiit  die  Unmöglichkeit  der  Kreis- 
quadratnr  in  ^iel  allgemeinerer  Art  nachweist,  als  das  Problem  nrsprQng« 

lieh  gestellt  war.  „Damit,''  heißt  es  im  Schlußworte,  „ist  dieses  alte 
I*rnb!iMn  im  negativon  Sinnn  IxMntwortet  Nicht  nur  e*  tuiin(iglich,  r: 
mit  Zirkel  und  Lintui  va\  i  oh >t  ruieren ,  sondern  es  gibt  audi  keine  durch 
eine  ganzzahlige  algebraische  Gleichung  definierte  C'urve  höherer  Ordnung, 
von  wflchiH  -  iWe  einem  rafioiialcii  W  eite  der  Abscisse  ent.sprt'i  bcnde  Or- 
dinale jst."  Zur  wirklichen  Construction  von  n  bedarf  es  also  eines  „tran- 
seendenten"  Apparates,  welcher  eine  „transcendente"  Gnrve  in  einem  Zuge 
liefert. 

Diese  nur  zu  kui-ze  Skizze  kann  natürlich  kein  erscIiiii.fV  niles  Bild  von 
dem  überaus  reichhaltigen,  belehrenden,  sowie  historisch  intcrt's.santtMj  In- 
halte des  Buches  gt'ben.  Sie  möge  nur  dazu  lieitragen,  manchen  Collegen 
auf  dasselbe  aufmerksam  zu  uiachen.  Der  Nutzen  für  den  mathematischen 
Unterricht  wird  nicht  ausbleiben. 

Arnau.    Dr.  S.  üppmheim. 


Programme, 

B.  Bumbacu:  Die  Conjugation  Im  Rom&nlschen  In  Ihrem  Verhält- 
nisse zur  lateinischen.  Programm  Suczawa  1H84. 

Prof.  Bumbacu  erörtert  im  ersten  Th'  ilo  dor  Arl»eit  {)).  2  bis  7)  uiit 
anerkennenswerter  Pnisicht  die  Frage,  welch»'  luteini-cbe  V'crbalformcn 
hei  hloü  lautlichen  Veränderungen  im  Huniiinischen  behalten  wurden, 
ferner  welche  I.itcini-i  lh'  Verbalformen  im  nmu.ini'i  h»  n  keinen  Boden 
linden  konuten,  ioiglich  durch  andere  ersetzt  werden  mussteu. 

Im  Activum  respondieren  den  lateinischen  Indicativformen  am, 
ni'ahnm ,  nrarl,  nravt-rnm  die  rumänischen  am,  nt'mn,  avui.  nrnsrin, 
während  di<»  beiden  Putura  im  Kuu)änischen  durch  Luiscbreibung  ge- 
bildet  wertlen  {min  am,  vniu  fi  fast  rnuitu);  die  Conjuncti vformen  artiHy 
arnnm.  orarrrini,  am  {ri)it9fnn  wi-rden  mit  Ausnahme  des  Präsens  («re) 
gloichfälls  umsebrielt.'ii.  Int]iei;it iv  l;it,  ara  —  rtün  fim ,  Inf.  amv  — 
am  ire)  iL'articip  ferventcm  —  finbmte)\  das  runiänischc  Gerundium  ist 
indeclinabel,  dan  Snpinnro  lautet  araiu  (lat.  aratttm). 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


Literarische  Bnndschau. 


D.iH  lateinl-rlie  Piusivuin  ist  im  TTurnniilscIji'n  mit  Ausnahme  des 
i'articipiuius  Perfecti  (arcUus  —  aratu)  nicht  zu  linden  und  wird  zumeiät 
durch  daa  ReSexiTum  enetst,  s.  B.  laudor  me  laudu.  Die  lateiniachen 
Deponentia  und  Semideponentia  sind  aelbstvent&ndlicb  auch  nicM  ver* 
treten 

lui  zweiten  Theile  (p.  7  bis  15)  werden  die  einfachen  Fiexions- 
forroen  der  sogenannten  ref^elmilßi^en  Verba  im  Rumänischen  in  ihreoi 
wissenscbaltlicin  n  N'i'rbiiltnisse  zu  den  latt  inisclu  ii  t  irr/eln  behandelt  (Inrli- 
cativ  Präs.,  luinerf.,  Perf. .  Plu^ijuanipert.,  Conjunctiv  Präs.;  Imperativ, 
Inänativ,  Gemnuinm,  8upiiuim  ,  worauf  die  urnttcbriebenen  oder  zusammen- 
ffeüet/ti'ii  Coiijui^ationsfürmen  foljjen. 

Im  dritten  Thoile  rK'atort  der  Verfasser  sach-  und  fachj^emäß  den 
Unterschied  der  Verba  nach  den  Conjugationen  oiler  F'iexionsarten.  Wie 
im  lateinischen,  ebenso  gibt  es  im  Rumänii^hen  vier  Conjagntionen  (eiffent- 
lith  lediu'li'h  eine',  dir»  nach  Lleti-clbcn  Lbaraktoiisti.sijir'n  Vocnlrn  unter- 
Rchieden  werden.  Die  Trübung  der  Vocale  und  der  Übergang  der  Kehl- 
laute c,  g  vor  e.  i  in  Palatale  wie  im  ItalieniBchen,  desgleichen  der  Den- 
talen t  vor  t  in  /  ^  1z  und  <i  ^  des  Sibilans  s  vor  i  \n  §  =  sch 
9'md  in  fb>n  rumänischen  Declinationen  nnd  Conjugationen  in  feste,  laut- 
gesetzliche Bahnen  gewiesen. 

Der  letxte  AbMshnitt  (bis  p.  2)2)  enthält  eine  Obersichtliehe ,  wohU 
geordnete  B«'trachtung df  r  vi<'i  rnnju;^Mtion»ni  im  rMii/elin  n.  Im  Kumänischen 
haben  sich  alle  vier  Conjugsitionen  erhalten,  während  die  übrigen  romani* 
Beben  Sprachen  die  zweite  und  dritte  in  eine  contrahiert  haben. 

Die  erste  Conjugation  hat  im  i'rtUpns  eine  gemischte  Flexion,  und 
zwar  (lif  q-pwöhTili'  h*»  einlache  und  die  durch  die  Endsilbe  ez  verstärkte; 
die  betonte  Flexionsendung  ez  wird  dem  ^^tarame  angegliedert,  so  dass  an 
den  derart  verstärkten  Stamm  die  Peraonalendungen  treten.  Die  Ver* 
stärkiin;,'  bleibt  jedoch  nur  in  den  drei  Personen  der  Einzahl  und  in  der 
3.  Plur.  dea  Präsenz  Ind.  und  Conj.,  dann  in  der  2.  Sing,  dos  Imperativs, 
Die  Verba,  die  jene  Verstärkung  erhalten,  sind  gröbtentheils  abgeleitet. 
Viele  von  diesen  Verba  gehen  nach  der  reinen  und  nach  der  verstärkten 
Flexion  zurrieii  h  !»ie  2.  Conjugation  unterscheidet  sich  von  der  dritten 
nicht  nur  durch  den  betouten  Ableitungsvocal  des  Inf,  Präs.,  sondern  auch 
durch  die  betonte  Plexionaendnng  der  2.  und  8.  Plur.  Ind.  und  Conj.  PrSs. 
Der  Aus;_'-ati<;  c  nlM-rt^it'iiL,'  in  /  fiiiit  Au.>nalinn'  von  fitipf'\  'hu:).  Zur 
3.  U'ii.juLration  gehören  die  Verba,  deren  Int.  Präs.  auf  ein  unbetontes  e 
endi«,'t  J'aroxytona):  sie  unterscheiden  sich  von  den  Zeitwörtern  der 
2.  Conji]i,'ation  durch  die  1.  und  2.  Person  Plur.  Ind.  und  Conj.  PrJis.  und 
durch  die  2.  Person  Sin^'.  des  Imperativs.  Die  4.  Conjugation  schließlich 
hat  den  Ableitung« vocai  i  im  Inf.  Prä»,  und  io  antieren  Verbalformen. 
Auch  bei  dieser  Conjugation  ist  eine  einfache  und  verstärkte  Flexionsweise 
vorhatidt-n  Verstärkung  besteht  in  S(\  welches  mittrl-f  des  Piude- 

vocals  e  an  den  Verbalstamra  angegliedert  wird,  z.  B.  infiorif  Stamm 
tnfloTf  Präs.  Ind.  inflorescu,  lat.  Inchoativform  infloresco. 

Zun  Schlüsse  noch  ein  Woi  t.  L>er  Herr  Verfasser  schreibt  irrthum- 
lich  ,roniäniseir  statt  ^.rumänisch".  Man  darf  doch  nicht  rumänische 
Spracbeigenthümiichkciten  in  die  deutsche  Sprache  hineintragen.  Gärtners 
respective  Untersuchungen  und  ihre  Ergebnisse  werden  lur  Dnrnachachtung 
Wärmstens  einiifohl-'ii.  Hinter  ^\vv  Si-iireiuiuij^'  „roinäni^ch"  sterkt  Iedi<;lich 
die  national-rumänische,  jedoch  nicht  die  spracklicb-deutscbe  Überzeugung. 

>'r.  Schubert:  Zur  mehrfachen  präflxalen  Zusammensetzung  im 
GrieehiSChen.  Programm  des  Obergymnasinms  in  Prag  (Kleinseite)  1893. 

Diese  äußerst  gediegene  Arbeit  terfftUt  in  den  allgemeinen  Theil 

f Allgemeines  und  Statistisches)  S.  I  bis  31  und  den  besonderen  S.  34 
bis  G4.  Der  allgemeine  Theil  enthält  die  Definition  und  die  liestimmuog 
der  Präpositionen,  die  fiesamnitzahl  der  prätixalen  C'ombinationen  auf  dem 
Literaturgebiete  von  Homer  bis  Piaton  (circa  160),  die  Erörterung  der 
Wortart  dieser  Composita,  die  Hepartierung  der  160  Combinationen  auf 

„Oiterr.  Mittelichale".  XI.  Jahr«.  23 


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334 


Liierarische  Rundschau. 


die  einzelnen  Cliissiker  und  die  Eintheilung  der  Priipo-itionen  mit  Rück- 
sicht auf  die  Conabinationsfähigkeit  untereinander  v<lrei  (irujjpcn)  nacli  ver- 
schiedenen, höchst  iiiteressiinten  Gesichtspunkten.  In  dem  besonderen  1  heile 
der  Arbeit  sind  die  Zusammensetzungen  mit  ajJLfi,  iva  (ivä  als  1.  Element 
der  Combination,  «vd  als  2  Element  der  Couibination  --'>■'>.),  die  Ver- 
wendung im  eigeotlichen,  und  zwar  räumlichen  Sinne  (Au!>drücke  der  Be^ 
wegung  und  des  Gegentbeil«),  die  Verwendunfr  im  eigentlichen,  aber  nicht 
räumlichen  Sinne,  die  Verwendung  im  fij^'urlichen  Sinne  (immaterielles 
iSubject,  immaterielles  Object,  beide  immateriell,  immaterielle  Tbiltigkeit), 
schließlich  andere  priLnositionale  Verbindungen  und  die  Casusrection  be- 
apFoehen.  —  Ausgezeichnetes  Wissen  und  unverdrossener  Fleiß  charakteri- 
sieren jedes  Blatt  dieser  sehr  empfehlenswerten  Arbeit. 

J.  Chrapek:  ModzaJ  rzeczinvniköw  ni^mieckicli  (Das  Gesehlooht 
der  deutsehen  Hauptwörter).  Proffranm  Ztocsdw  1896. 

Der  Vmihsser  stellt  auf  Orand  mehrerer  Bchnlgraramatiken  vorerst 

(p.  6)  sieben  Gruppen  verschiedener  Endnn^'en  dtMit-ch'n-  Sultstantiva  auT, 
wozu  am  Schlüsse  der  Arbeit  (p.  28  ü.»  eine  Zusammenstellung  der 
Endungen  und  Ausnahmen  der  drei  Geschlechter  als  Ergebnis  der  eigenen 
Untersuchung  gebracht  wird.  —  Wiis  die  sogenannten  Irregolaritäten  der 
deutschen  Sprache  anbelangt,  so  wilre  es  angezeigter  gewesen,  dieselben  in 
Form  von  Fußnoten  unten  anzubringen,  wodurch  viel  Haum  erspart  und 
die  Übersichtlichkeit  gefordert  worden  wftre.  Auch  Ifisst  die  volietftndige 
Durcharbeitung  des  freilich  sehr  reichlichen  und  oft  schwer  zu  behandeln- 
den Stottes  einiges  zu  wünschen  übrig,  wenngleich  die  Anlage  der  Arbeit 
und  der  Fleiß  des  Herrn  Verfassers  ohne  Zweitel  volle  Anerkennung  ver- 
dienen. Eine  Umarbeitung  die-^er  im  allgemeinen  guten  Arbeit  wäre  unseres 
Erachtens  der  Muhe  wert  und  k'  i  ntc  das  Hüchlein  zu  einem  branchbaren 
ächulbehelte  umgestalten,  desi^en  bxistens  in  viekprachigeu  Schulen  um 
desto  berechtigter  wftre,  als  der  Gebraneh  des  deutschen  Artikels  den 
nicfat-dentsehen  Schfitern  notorisch  große  Schwierigkeiten  bereitet. 

Socsawa.    Kttezyt^iki* 


Für  die  SchülerbiblioLhok. 

Unser  Wien  In  alter  und  neuer  Zeit.  'lopographisch-historiHches  Hand- 
buch. Von  M.  Habernal,  Lehrer  an  der  tc.  k.  Lehrerbildungsanstalt  in 
Wien.  Mit  31  Abbildungen  und  2  Plänen.  Wien  and  Freibarg  i.  B.» 
B.  Herder,  löaß.  VlII  +  371  SS. 

Die  Geschichte  nnd  Topogni|)hie  der  Stadt  Wien  darf  im  wesentlichen 
als  ein  wohlbebantes  Feld  bezeichnet  werden.  Mag  noch  die  Deutung 
manches  Namenf,  wie  selbst  die  von  Vindobona,  Wien,  strittig  sein,  im 
ganzen  und  groben  ist  doch  lür  die  Localforschung  eine  sichere  Grundlage 
geschaffen,  aof  der  weitergebaut  werden  kann  und  zu  Aet  bei  freilich 
manchem  schweren  Verluste  die  Um-  und  Neubauten  der  Gegenwart  immer 
mehr  Material  liefern.  Diesen  günstigen  Stand  der  Sachlage  verdankt  man 
dem  r^n  Interesse  und  der  Bemflbnng  aller  jener  Forscher»  die  seit  Pnbr^ 
manns  Daratellaog  um  die  Mitte  des  vorigen  bis  auf  Geusa  und  Uormayr 
zu  Anfang  unseres  Jahrhunderts ,  sodann  Schimmer,  Schlaffer,  Tschischka, 
Camesina,  11g,  Kisch,  Weiß  u.  v.  a.  in  unserer  und  der  ihr  vorausgegangenen 
tieaeration  ein  gut  Theil  ihrer  Kruft  der  Erforachnng  Wiens  nach  der 
historisch -topogra])hi8<  hen  und  künstleris»  hen  8t  Ite  jj^ewidmet  haben.  Da 
aber  die  Monographien  und  zusammenhängenden  Darstellungen  der  zum- 
theil  erwähnten  Forscher  ihrer  Nator  nach  und  wegen  ihrer  Kostspieligkeit 
nicht  Geniein^nit  der  breiten  YolluBchichten  werden  konnten,  so  machte 
»ich  da«  Bedürfnis  nach  einem  knr7.£refa«»8ten,  übersichtlirhen,  billigen  und 
dabei  doch  gründlichen  Hatid buche  über  Wien  schon  längst  fühlbar.  Der 
Verfiuser  ist  diesem  in  einer  so  gelungenen  Weise  nachgekommen,  dass 
ihm  hieffir  besonderer  Dank  gebfirt.   Dos  Gebotene  ist  eine  dorchans 


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Literuriachc  Huud«cbau. 


335 


grttndliche  und  nchSne  Arbeit,  die  vna  niemals  im  Stiebe  iftnt,  fast  fiber- 
all Aurschliis-'  Lri1»t  oder  wpni^^Ftens  auf  dio  »  Im- nliigige  Literatur,  auf 
der  8ie  in  reichem  Maße  fu(.^t,  hinweist-  Von  Kthlorn  oder  Irrthüniern 
sind  dem  Referenten  nnr  aufgefallen,  dass  auf  Seite  2B  die  Gewinnung 
Noriiums  dnrch  die  Kniiicr  strttt  in  das  Jahr  15  vor  Chri»>ti  Geburt  in 
das  .Jahr  15  nach  Christi  ildxirt  verlegt  wird,  wie  denn  weiter  auf  Seite  64 
daa  k.  und  k.  Hofkammemrchiv  in  der  Johannisgaase  der  inneren  Stadt 
ab  k.  k.  bezeiobnet  witd.  Da  der  Autor  bei  der  Abfeasnng  «einet  «ebr 
verdienstlichen  Buches  vornehmlicli  die  Zwecke  der  Bildung  im  f  rer 
Jtigond  im  Auge  hatte,  so  sei  es  fQr  die  ^chülerbibiiotheken  unserer  Mittel- 
schulen aufis  wärmste  empfohlen. 

Bielita,  S,  Oorge. 


Eingelaufene  Drueksehriften. 

Dr.  Jobn  Koch:  Praktisches  Lehrbuch  zur  Erlernunsr  der  firan- 
zAslsehen  Sprache.  I.  Theil.  2.  A  uflage.  Berlin  1897  (Goldschraidt). 
Dr.  John  Koch:  Praktisches  Lehrbuch  der  engUsehen  Sprache. 

I.  Theil.  5.  Auflage.  Berlin  l»y7  (GoldschniidtV 

A.  L.  Hieknann!  d.  Fpsytaffs  Relehsraths -Wahlkarte  aller  fttiif 

Curicn  von  Osterreich  nebst  statistischen  Daten  über  die 
Wahlen  1873-1897.  Wien  1897  (Kreytag  und  Berndt).  1  ft. 
Jahrbuch  des  höheren  Unterrichtswesens  In  Österreich.  Bearbeitet 
von  J.  Neabauer  und  Dr.  Divii.  X.  Jahi^sang.  Wien  und  Prag  1897 

(Tenipsky).  G,  1..  3  fl  00  kr. 
iSammiung'  Guschen:  Indogermanische  Sprachwissenschaft  von 
R.  M  er  Inger.  Deutsche  GpammatUc  und  kurze  Geschichte  der 

deutschen  Sprache  von  Dr.  0.  Lyon.  B.  Auflage.  Deutsche  Rede- 
lehre von  Hans  Prob8t.  Leipzig  lö97  (Göschen). 

Dr.  Edmund  Wilke:  Paris:  Prowenadest  daus  lacapitale  de  la  Prance. 
•Mit  Anlehun^  an  das  Ilölzelbild  .Paris".  Leipzig  und  Wien  1897 1  (ierhiird). 

Dr.  Edmund  Wilkr-:  London:  Wölk.«  in  flu-  ]\Mriipolis  of  England. 
Mit  Anlehnung  an  diu*  Hölzelbild  »London",  i^eipiig  und  Wien  1Ö97 
(Oerhard>. 

StrelfzOge  durch  Wald  und  Flur.  Einr  Anlt  itnnj.r  /ur  B.  ol-achtung  der 
heimischen  Natur  in  MonatHbildern.  Für  Haus  und  »Schule  bearbeitet 
von  B.  Landsberg.  2.  Auflage.  84  Illustrationen.  Leipzig  1897 
(Teubner)  5  M. 

Abriss  der  Geschichte  der  deutschen  Natlonalllteratur  nach 
ü  Brugier.  Bearbeitet  von  E.  M.  Harms.  2.  Auflage.  Freiburg  i.  B. 
1897  (Herder). 

B.  Kozenns  geographischer  Atlas  für  Mittelschulen.  Vollst^'indig 

neu  bearbeitet  von  V.  v.  Haardt  und  W.  öchniidt.  Ö4  Korten  auf 
56  Tafeln  Wien  1897  (Holzel).  Geb.  3  fl.  80  kr. 
Freytags  Sammlung  französischer  und  englischer  Schriftsteller. 

Für  den  Si  hnl^'t'liraui  li  litTnn'^rfPtrphen.  f  Theil:  PÜid-  inm^'  und  Text. 

II.  Theil:  Anmerkungen  und  Wörterver/eichnia.  Wien  und  l'rt^f  1897 
(Tempsky).  —  Hector  Halot:  En  famiUe*  Von  Engene  Parieelle. 
Gel*.  1  H.  G  l?runn:  T.r  to^ir  tie  In  France  par  deir  r  rn- 
funts.  Von  Erwin  Walther.  Geb.  85  kr.  —  Mrs.  Gaskell:  Cranford. 
Von  Immanuel  Schmidt.  Geb.  1  fl.  10  kr.  —  Margaret  Gatty: 
Parables  fromNature.  Von  Adolf  Müller.  Geb.  7.5  kr.  —  }•>(  k- 

tnann-Chntrian:  Deux  contes  populalres  et  deux  contes  des 
bords  du  Rhin.  Von  Dr.  A.  MQhlan.  Geb.  bd  kr. 

Freytags  Sehalausgaben  und  Hilfsbacher  fttr  den  deutschen  Untere 

rieht.  Leip/iix  1^^»7  (FicytagK  —  Auswahl  aus  mittelhochdeutschen 
Lyrikern.  Für  den  Schulgebrauch  herausgegeben  von  Paul  Hagen 
und  Thomas  Lenschau.  Geb.  üO  l*f.  —  Goethe:  Kleinere  Schriften 
für  Kunst  und  Uteratnr.   Herausgegeben  von  G.  B^t^iieher. 


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336 


Literarbclie  Eundachau. 


Qeb.  80Pf.  —  Emile  SoaTestre:  I/eseiave  Wlk^  l'appi*enU,  Von 

Friedr.  Speyer.  75  kr 
Andreas  Weidner:  Sehüler-CommeDtar  zu  Tacitus*  historischen 

Schriften  in  Auswähl.  Wien  nnd  Pmg  1897  (Tetnpsky).  Geb.  1  fl. 
Wenzel  Kvnier:    C  Jitlii  fMefutris  de  heilo  civiti  oommenta- 

rius  Iii,  Wien  und  Pia^r  1^07  iT^nii'^kv i    {U>h.  fiO  kr 
£.  Machs  Grundriss  der  Naturlehre  für  die  unteren  Classen  der 

mttdlsohulen.  Ausgabe  für  Realschnlen.  B^rbeitet  von  Dr.  Habart, 

?.  Anfl        ^^  •  1^  i:i  !  IVa-  rs96  (Temi.>kvi    CuAk  1  fl.  15  kr. 
H&uflgkeits -Worterbuch  der  deutschen  Sprache.  Festgestellt  durch 

einen  Arbeitsammehna»  der  deutschen  ätenogmphiesyateme.  Heraoe- 

gegeben  von  K.  W.  Kaeding.  Lieferatig  1  und  2.  Steglitz  bei  Berlin 

1H97  (Selb.stvcrln-) 

Franz  Studei mann:  Die  Bürgschaft.  (Separutabdruck  de^  Jahrein- 
berichte««  des  k.  k.  Staatflgymnasinm«  in  Tnest  aus  den  Jahren  1896 

und  1897.1 

Schulbibliotbelc  französischer  und  englischer  Prosaschriften  aus 
der  neuen  Zeit.  Mit  be«onderer  Berflcksichtigung  der  Forderungen 

fU'i  nciitn  Lehrpläne.  Herausgegeben  von  Ünhlsen  und  .1.  Honges- 
bach.  Berlin  1897  (Gärtner).  —  Onl  riel  Kerry:  Contes  Choisis. 
Bearbeitet  von  J.  Peronne.  —  E.  Froin entin:  U»t  el^  dans  le 
Sahara,  Herausgegeben  von  G.  Nölle.  -  H.  Pigeonnean:  JUUtolre 
du  romiiwrcr  tfr  /a  Vt-fUiic.  V> n  W  (M.  ir.  Tohn  Stuart 
Mi  II:  O/i  Ijibcitf/.  Bearbeitet  von  K  Wehr  mann.  —  ÄHcott 
B.  Hope:  Uoliddii  Störten»  Von  J.  Klapporich.  —  South  Africa» 
Sketches  by  A  Trollope.  J  \.  Fronde  and  Lady  Bark  er.  Heraus- 
^r«>at']ien  von  K.  Fi>y f*ral.»<'nii. 

Sammlung  englischer  Gedichte  fUr  höhere  Schulen.  Herausgegeben 
und  mit  Wörterverzeichnissen  vergehen  von  O.  Boensei  und  W.  Kick. 
T  uinl  IT.  f*;iii<li  hen.  Mit  einem  Melodienauhnnge.  Berlin  1897  (<I.irtnerl 

A.  Göller:  Tum-  und  Tanzlust.  80  volksthümliihe  lf>irht  spielbare 
Lieder  mit  Tanzweisen  und  anderen  Tonstücken  in  geeigneter  Ver- 
bindung zur  Begleitung  der  TamQbnngen  der  Müdchen  nnd  Knaben. 
Karlsruhe  1897  (Braun  i. 

Ausgewählte  Reden  des  Demosthenes.  Für  den  .^chulgebraueh  heraus- 
gegeben von  Ed.  Bottek.  Wien  1897  (Hölder).  Geb.  70  kr. 

Dr.  K.  Frit.^cb:  Excursionsflorn  für  Österreich.  Wien  1^97  fn.roMl 

T>r.  Gustav  Albrecht:  Die  Elektricität.  Heilbronn  1897  (Schroeder). 

Homers  Odyssee,  übersetzt  von  J.  H.  Voss.  FOr  Schnie  und  Haus  be- 
arbeitet von  Dr.  B.  Kuttner.  Frankfurt  a.  M.  1897  (8aiierlaii<l»'i  . 

Dr.  Jos.  Kubik:  Realerklftrung  und  Anschauungsunterrleht  bei  der 
Lectüre  Ciceros.  Wien  1896  <Hölder). 

Deutseh -Osterpelohisehe  Llteraturgeselilehte.   Ein  Handbuch  sur 

Gesc'hii  lilf  il<  r  deut«rh(  ii  I'irhtuiig  in  r)sterr«'ich  •  Ungarn.  Heraus- 
gegeben von  J.  W.  Kagl  und  J.  Zeidler.  Wien  1897  (Fromme). 
1  Lieferung  60  kr. 

Hans  Hiirtl:  Lehrbuch  der  Plantmetrie.  Leipzig  nnd  Wien  1896 

(Deuticke)    1  fl.  40  kr. 
Jos.  Gajdeczka:  MaturitÄtsprüfungsfragen  aus  derPhysllc.  Leipzig 

nnd  Wien  1897  (DeutickeV 
Dr.  F' iKinuei  Witl;ir/.ii:  Pratcrbuch.  Ein  Führer  zur  Beobachtung 

des  Naturlebens.  Wien  1897  (Hölder). 

Gio.  Meli:  Grundriss  der  italienischen  Grammatik  fOr  Schul-  und 

Privatgebrauch.  Leipzig  1897  (BrookhauKt 
Sehulbibliothek  französischer  und  engflischer  Prosaschriften  aus 
der  neueren  Zelt:  itiateurs  fran^nia  drpititt  la  rl'volution 
jufiq'  ä>  no8  Jtntrs»  FOr  den  Schulgebrauch  hemnsgegeben  von  Th. 
E n  g  w e r.  London  TJfe  and  Intttitutions  1 » v  W  ( 1 .  •  r  «1  r.  n  Für  dfni 
Schulgebrauch  bearbeitet  von  R.  Ackermann,  Heriin  li597  (Gärtner). 

Dr.  Franz  Thalmayr:  Goethe  und  das  classische  Alterthum. 
Leipsig  1897  (Fock).   


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Ehrung  des  Herrn  Hofrathea  Anton  Martteb.  337 


Ehrung'  des  Herrn  Hofrathes  Anton  Mareseh. 

Aniru^Hrb  den  Scheidens  des  k.  k.  Liindes-Schulin^pectors  Herrn  Hof- 
rathes Anton  Mareseh  an«ä  dem  Amte  wurde  in  Schulkreisen  der 
Gedanke  angere^^t,  das  Arulenken  des  hochverdienten  Schulnianneü  durch 
eine  Kundgebung  zu  ehren.  Der  Ausschu;»  dea  Vereine»  „Mittebohule"«  mit 
der  Aoifllbmnjr  dieiea  Gedankena  betnnt^  entaehied  aich  für  die  Über»' 
reicbnng  eines  Albomfi.  Die  Anregung  fand  allgemeine  Zuatimmong,  die 
in  der  aabireicben  Betheilignng  ans  Schulkreisen  anm  Anadmcke  kam.  Am 
8.  Mai  1.  J.  wurde  ein  knnstToU  ausgestattetes  Album,  das  die  Bilder  von 
beinahe  800  Schulmitnnern  ans  allen  Theilen  dea  Reiches  enthielt,  durch 
cinp  De]intation,  bestehend  aus  dem  Herrn  Repiernn^srathe  Friedrich 
Shinieczka  und  den  Herren  ProlV.  (1.  Schlf-'^'l  und  Dr.  J.  Kukutscb« 
dem  Herrn  Hofratbe  Mareseh  in  seiner  Wohnung  überreicht. 

Der  Sprecher  der  Deputation  Herr  Eegierungsrath  .Slamecv.ka  hob 
in  warmen  Worten  die  Kioß^n  Verdienste  dea  nach  vierzigjähriger  Thätigkeit 
ans  dem  Amte  acbeidenden  Schnbnannea  hervor  nnd  bat  ihn«  das  kleine 
Zeichen  der  Verehmng  freundlich  ansnnebmen  und  allen  denen,  die  mit  ihm 
in  dienstlicher  Beaiebnng  gestanden,  ein  frenndlicbea  Andenken  an  bewahren. 
Der  Jubilar  dankte,  aichUich  gerflhrt,  Hlr  din  ihm  gewordene  Ehrang.  Sie 
bilde  die  schönste  Erinnerung  an  seine  Wirksamkeit,  der  zu  entsagen  ihn 
Rflck-^irbten  auf  pi^'ine  Gesundheit  gezwunrren  haben;  die  sinni'^e  Klifen- 
Efabe  wenie  liin  .stets  an  seine  bewährten  Mitarbeitt^r  an  einem  etlleTi 
Werke  erinnern,  und  bei  der  Betrachtung^  ihrer  Bilder  werde  eine  vierzig- 
jährige Vergangenheit  vor  seinem  Geiste  erstehen.  Mit  dem  Ersuchen, 
allen  Herren,  da  er  es  peiaOnlidi  nicht  an  thun  Tormöge,  seinen  besten 
Dank  au  sagen,  verbinde  er  die  Bitte,  auch  ihm  dn  freundiichea  Gedenken 
au  bewahren* 


.ÖsU'rr.  .MitU'lfuhiilf     ,\|.  Jahti;.  24 

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338 


VIII.  allgemeiner  deatscher  Neuphilologeutag. 


VIII.  allgemeiner  deutseherNeuphilologentag. 

(Wien,  Pfingsten  1898). 

Auf  dem  letzten  allgeuifiiien  tlentHcheri  Neuplulülogentii^  üu  ILun- 
burg  wurde  Wien  als  Ort  der  nächsten,  zu  Pfingsten  1898  stattfindenden 
Vemnimlimg  gewählt  Der  nene  Vomtand  besteht  ans  den  Herren:  Hofrath 
Prof  Dr.  J.  Schipper  (Wien),  Bealschnl-Dir.  J.  Fetter  (Wien)  und  Renl- 
gymnaaial-Prof.  Dr.  G.  Wen  dt  (Hamburg).  Dai  hohe  k.  k.  Ministerium  itlr 
Oultus  und  Unterricht  liat  dnm  Wiener  neuphilolo^'i.schen  V^einOy  welchem 
die  vorbereiten<1e  CleschäfLsfilhrung  zufölH,  die  7olIe  moralische  und  eine 
nftinhafto  in  itf  rii  llo  rntprstiit/unj^  zugesichert.  Dor  genamitf  Verein  hc- 
absichtii^t  nun,  (U-n  Theilnehniorn  außer  fincr  < ieU';,'t'nhpitas(  hntt  noch  eine 
zu  einem  Baude  vereinigte  Anzahl  von  Prograuiuiarhei  len  gernianiHti- 
schen,  anglicistisehen  und  romanistischen  Inhalts  ah  Fetitgabc  der  öster- 
reiehisehen  Mittelschulen  in  bieten.  Es  ergeht  demnach  an  alle  Herren 
Mittelichul'Directoren  nnd  •Professoren»  welche  in  diesem  oder  im  kommen^ 
den  Sehuljahre  eine  in  diese  Fllcher  einschlagende  Programmarbeit  sn 
veröffentlichen  gedenken ,  die  höfliche  Einladung,  dem  Wiener  nenphilo* 
logischen  Vereine  auf  seine  Kosten  je  SOO  Stück  SonderabzOge  davon  sn 
genanntem  Zwecke  zu  überlassen  und  eine  diesbezügliche  Mittheilung 
ehestens  an  die  Herren  Schriftführer  des  Ver«'inrs  richten  zu  wollen,  und 
zwar  tiir  germanistische  Programrae  an  Herrn  l'rivatilocenten  T>r.  H.  M. 
Jellinek,  Wien,  VlIL,  ökodagass'»  12,  fiir  angliciMti^che  an  Herrn  Real- 
schul-Prof.  Dr.  Alois  Würzner,  III.,  Geologengasse  5,  und  für  romunisti- 
sche  an  Herrn  Realschul-Prof.  Dr.  Matthias  Friedwagner,  XVIIt.,  Stand- 
gaase  2.  An  die  gleiche  Adresse  wären  auch  eventueUe  Anmeldungen  von 
Vortrigen  au  richten.  Da  einheitlicher  Druck  nicht  leicht  erreichbar  sein 
dürfte,  int  nur  gleiches  Format  der  Beiträge  bedingt  {'•dbOmm  l(;5mm 
unbeschnitten).  Die  Sonderabzöge  wollen  ungehetlft  und  ohne  Umschlag 
nn  den  Cassier  de.«?  Vereines.  Herrn  R*»a1,<i hui  Prof  H.  Alsweiler.  Wien,  IV., 
Wultcrgaase  7,  unter  Ueischluss  der  liechnuug  eingesandt  werden. 

Der  gescbän&fübrende  Ausscbu&s  des  Wiener  ueuptuiologlscben  Verelaes. 


VunuilworllifhtT  K<<lacteur :  I'iof.  Feodor  Hoppe  in  Wien. 
K.  tt.  k.  Hoflruehdmckcn'l  Ja«.  Peiclitingfrs  Kthfn,  Linx. 


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Vorträge  und  Abhandlungen 


über  politische  und  wirLschafÜieiie  Bildung. 

Von  Dr.  Ludwig  Singer. 

Einem  Anhänger  der  Lorenz*8ehen  Generationentheorie 
könnte  ein  Rückblick  auf  die  Verhältnisse  unseres  Vaterlandes 
eine  eigenthümliche  Genugthuuug  gewähren.  Etwa  am  Ende 
des  zweiten  Drittels  dieses  Jahrhunderts,  zur  Zeit,  da  in  Deutsch- 
land schon  der  Hoden  unter  den  Schritten  der  von  Ferdinand 
Lassalle  or^unisit  rten  Arbeiterbataillone  erdrüluite,  konnte  ein 
Österreicliischer  Minister,  der  nicht  gerade  zu  den  beschränktesten 
Köpfen  gehölte,  sagen,  bei  liodeubach  höre  die  sociale  Frage 
auf,  oder  man  konnte  ihm  doch  ein  solches  Wort  asoschreiben. 
Und  heute,  nahe  dem  Ausgange  des  Jahrhunderts,  ist  ein  Paria- 
ment  zusammengetreten,  dessen  Physiognomie  den  charakteristi- 
schen Zu^  durch  die  sozialdemokratischen  Abgeordneten  erhält, 
welche  die  Curie  des  allgemeinen  Wahlrechtes  hiueingesendet 
hat.  Dem  Streben  nach  Umgestaltuncf ,  Reform  und  Rück- 
bildung der  socialen  Verhältnisf?e  verdanken,  ungeachtet  alles 
Trüben  und  Unreinen,  das  sich  duruutermeugi^u  mag,  auch 
andere  Parteien  ihre  großen  Wahlerfolge. 

Die  sociale  Frage  ist  auch  für  uns  bei  allen  unseren  souäi  i«»  t  a 
argen  Nöthen  und  Schmerzen  mit  elementarer  Gewalt  in  den 
Vordergrund  getreten.  Selbstverständlich  nicht  mit  einemmale, 
sondern  parallel  mit  der  wirtschaftlichen  Entwicklung  unseres 
Staates,  mit  dem  allmählichen  Überlange  aus  dem  Zustande 
des  vornohmlicli  :n.'kcrl>;uit reibenden  m  den  des  indnstnellen, 
wirtscbaitlicben  Gemeinwesens  Hand  in  IJand  daiiiit  f'ienixt'a 
die  rühmenswerten  Versuche  der  Gesetzgebung,  d)*-^"!-  Kut- 
wicklung  zu  folgen,  die  Pflichten  des  Staates  untt  r  den  ge- 
änderten Verhältnissen  auch  immer  tiefer  und  umfangreicher 
gefasst  zu  erfüllen.  Immer  neue,  immer  schwierigere  Probleme 
stellten  sich  dar,  immer  gewaltiger  erschienen  die  Aufgaben, 
die,  wie  man  wohl  fühlte,  die  kommende  Generation  zu  lösen 
haben  werde,  und  damit  erhob  sich  von  selbst  die  bange  Frage: 
ist  diese  Generation  gerüstet  für  den  Kampf,  der  ihrer  wartet? 

nOvterr.  Miltelwbute".  XI.  Jahrg.  25 


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340 


Dr.  Ludwig  Singer. 


Haben  wir  unserseits  ihr  alles  gegeben,  was  sie  befähigen 
kann,  das  glücklich  zvl  losen,  woran  wir  selber  mlleieht 
scheitern  werden? 

Im  Jahre  1891  schon,  bei  feierlicher  Gelegenheit,  hat  einer 
der  größten  Lehrer  unserer  Wiener  Hochschule,  der  leider  all- 
zufrüh dahingegangene  Exner,  in  einer  seither  oft  und  viel 
citierten  Rede   den   Rnf   nach   politischer   Bildung  erhoben. 

Di^^ses  zwanzigste  Jahrhundert,''  sagte  er,  „an  dessen  Schwelle 
wii-  stehen,  wird  ein  politisches  Jahrhundert  sein,  und  wer  ihm 
gewachsen  sein  will,  wird  politischer  Bildung  bedürfen.  Die  Er- 
kenntnis bricht  sich  Bahn,  dass  nnr  eine  höchste  Anspannung 
politischer  Kraft  nnd  Einsicht  die  Aufgabe  bewältigen  wird, 
den  vierten  Stand  ohne  todliehe  Krisen  dem  Staatskörper  ein- 
zufügen." Wenige  Monate  darauf  hielt  ein  anderer  Universitäts- 
lehrer von  hohem  Rufe,  der  damalige  Freiburger  und  jetzige 
Wiener  Professor  Engen  Philippovich,  im  Museum  zu  K-irls- 
ruhe  einen  Vortrütr  über  ,. Wirtseliaftlicheu  Kurtsehnt t  und 
Culturejitwicklung" .  Au  Wci-ntM- Si^usens*  Preis  der  technischen 
Errungenschaften  unseres  .hilii  huiult'rt^  und  an  Exners  Rede 
anknüpfend,  gelangt  auch  er  zum  Schlüsse,  „dass  der  agitatori- 
sche Brand,  den  ein  politischer  Radicalismos  auf  Grund  einer 
einseitigen  Weltanschauung  entfache,  nicht  nur  geeignet  sei, 
die  auf  das  Privateigenthum  gegründete  Gesellschaftsordnung, 
sondern  auch  die  geistigen  und  sittlichen  Kräfte  zu  zerstören, 
die  die  Träger  eines  erreichbaren  PV»rtsclirittes  werden  könnten. 
Zur  Überwindung  dieser  Hindernisse  in  den  Köpfen  der  Men- 
schen, zur  Entfaltung  der  individuellen  Kräfte  und  ihrer  rich- 
tigen Leitung,  zur  Auseinandersetzung  mit  den  ans  den  That- 
sachen  der  Gegenwart  hervorgehenden  Bedürfnissen  allmählicher 
Refonnen  bedürfen  wir  in  der  That  politischer  Bildung,  d.  h. 
einer  tiefgehenden  Einsicht  in  den  Zusammenhang  der  mensch- 
lichen Einrichtungen  nnd  in  das  Wirken  der  Veränderungen 
an  ihnen,"  Und  wer  wollte  Philippovich  widersprechen,  wenn 
er  weiter  meint,  dass  die  veretandesmäßige  Erkenntnis  allein 
nicht  genünre,  dioso'*  Ziel  zu  erreichen,  dass  es  darüber  hinaus 
einer  Er/iehuni^  bedürfe,  die  den  M»'nschen  zu  mutliigcui  Be- 
kenntnisse der  W  ahrheit  und  zu  idealem  Sinne  führe?  Denn  die 
sociale  Frage  ist  —  das  hat  Ziegler  in  Straßburg  seither  in  einem 
kleinen,  aber  höchst  lesens-  und  beherzigenswerten  Buche  aus- 
geführt —  nicht  bloß  eine  praktische  Frage  im  gewöhnlichen 
Wortyerstande,  sondern  auch  eine  praktische  im  höchsten  philo- 
sophischen Sinne  —  sie  ist  eine  ethische  Frage.  Durch  diese 
Rede  griff  Philippovich,  wenn  auch  dem  Anscheine  nach  nicht 
ganz  direct,  in  dieselbe  Discussion  ein.  der  im  folo;enden  Jahre 
auch  Stoerck  in  Greifswald  seine  Kaisergeburtstagsrede  widmete, 
in  die  der  Fraiire  nach  einem  staatsbür£rerlichen  Unterrichte,  die 
gerade  damals  die  Geister  und  Ueniutiier  im  Deutschen  Reiche 
in  Spannung  und  Erregung  hielt  und  auch  noch  jetzt  viel  er- 
örtert wird,  wenn  auch  allmählich  eine  Klärung  eingetreten  ist, 


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über  politische  und  wiriächatiltche  Bildung. 


341 


die  boffestlicli  auch  uns  zugute  kommen  wird.  —  Der  Beginn 

der  lebhafteren  Discuasion  ül)er  die  Stellung  der  Schule  zu  den 
socialpolitischen  Fragen  der  Zeit  fallt  zusammen  mit  dem  Be- 
ginne des  Bisranrok'schpn  Btaatssoeialisraiis.  sie  schließt  vielfach 
geradezu  an  die  berühmten  kaiserlichen  Hotschaften  vom  17,  No- 
vember 1881  und  14.  April  1SS3  au.  Liest  mau  die  Schriften 
dieser  Zeit  durch,  so  kauu  mau  sich  des  Eindruckes  einer  ge- 
wissen Zerfahrenheit  nicht  erwehren.  Die  verschiedenen  Seiten 
der  Frage  sind  noch  nicht  scharf  gesondert,  hierhin  and  dort- 
hin geht  Rede  nud  Ge^nrede,  oit  einander  yerfehlend.  Die 
einen  erblicken  das  Heil  in  der  Unentgeltlichkeit  der  für  alle 
Oesellschaftsclassen  gleich  obligatoriechen  Volksechiile,  die  so 
die  Aufgabe  der  Herbeiführung  socialer  AniiälHM  mtii*  .  socialer 
Ausgleichung  hisen  soll,  humanitäre  Eiurichtuni^i  u  der  ver- 
schiedeiiästen  Art  werden  verlangt  —  und  wieder  andere  fordern 
von  der  Schule  ganz  direct.  dass  sie  die  Bekämpfung  der  y,80cial- 
demokratischeu  Irrlelireu"  zu  ihrer  vornehmsten  Aufgrabe  mache. 
Und  zwischen  diesen  beiden  Extremen  finden  sieh  die  mannigt- 
fachsten  Übergänge,  die  sonderbarsten  Combinationen.  Da  ward 
der  ganze  Strom  in  ein  engeres  uml  iV-t  ips  Bett  gelenkt 
durch  das  Eingreifen  des  deutschen  Kaisers  Wilhelm  II  In 
einem  Erlasse  vom  1.  Mai  18^^9  forderte  er  eine  Thätigkeit  des 
Unterrichtes  nach  der  Richtung  hin,  dass  er  durch  die  Ge- 
schichte der  socialen  und  wirtschaftlichen  Gesetzgebung  nach- 
weis«.',  dass.  wie  in  der  Vergangenheit,  so  auch  in  Gegenwart 
uud  Zukunii,  die  Arbeiter  Gerechtigkeit  uud  Sicherheit  nur 
unter  dem  Schatze  eines  Königs  an  der  Spitze  eines  geordne- 
ten  Staates  zn  erwarten  hätten.  Und  in  diesem  Sinne  meinen 
auch  die  Erlässe  des  preußischen  Staatsministeriums  vom 
27.  Juli  und  öO.  August,  dass  insbesondere  an  den  Voll- 
anstalten  die  Belehrung  über  die  Verderblichkeit  der  Social- 
demokratic  zu  erfolgen  habe,  und  zwar  an  der  Hand  des 
gesunden  Menschenver^jtandes.  Die  Unmöglichkeit  der  social- 
demokratischeu  Bestrclnuigen  sei  an  den  Zielen  der  Social- 
demokratie  nachzuweisen  und  für  jugendliclie  Gemüther  fuss- 
lich zu  gestalten.  Und  so  erklärte  denn  auch  der  deutsche 
Kaiser  in  der  Eröffnungsrede  der  Berliner  Decemberconferenz 
1S90,  die  Lehrer  hätten  das  Gefecht  gegen  die  Socialdemo- 
kratie  selber  eröffnen  sollen.  Selbstverständlich  ward  diese 
Rede  in  der  Presse  auf  das  mannigfachste  gedeutet  und  glos- 
siert, und  so  nahm  donn  der  erlauchte  Sprecher  in  der  Sehhiss- 
rede  Gelegenheit  /u  erklären,  dass  «ne«  ntlich  ein  Artikel  des 
„Hannoverischen  Couriers"  seijie  Memuijg  am  besten  getroffen 
habe.  Es  sei  selbstverständlich,  dass  niemand  im  iiirnste  daran 
denken  könne,  die  Lehren  der  Socialdemokratie  in  der  Schule 
im  einzelnen  zu  erörtern  und  etwa  durch  autoritäre  Äußerungen 
^der  in  freier  Discussion  zu  widerlegen.  „Wer  zu  einem  klaren 
Verständnis  yom  Wesen  und  ^^'erden  und  den  Fortschritten 
unseres  Staates  gelangt  ist,  wird  von  selbst  im  Stande  sein,  das 

25* 


342 


Dr.  Ludwig  Singer. 


Ungereimte,  das  Yerwerflielie  nnd  Gefährliche  der  socialdemo- 
kritischen  Theorie  und  Praxis  7.11  durchschauen." 

Es  ist  eine  Milderang  in  der  Form,  in  der  Methode,  keine 
grundsätzliche  Änderung  in  Bezug  auf  das  Ziel:  es  soll  ver- 
hindert werden,  dass  die  jungen  Leute .  die  künftighin  die 
führeudeu  Glassen  bilden,  sich  deu  soeialdemokratiscken  Be- 
strebungen anschließen.  In  diesem  Sinne  sind  denn  auch  die 
preußischen  Lehrpläne  von  1891  gehalten,  nur  dass  sie  das 
Ziel  noch  weniger  polemiBcb,  noch  positiver  hinstellen:  es  sollen 
Belehrungen  über  wirtschaftliche  und  gesellschaftliche  Fragea 
in  ihrem  Verliältnisse  zur  Gegenwart  gegeben  werden.  Dabei 
soll  jede  Tendenz  vermieden,  vielmehr  den  socialen  Forderungen 
der  .lotztzeit  gegenüber  auf  die  geschichtliche  Entwicklung 
des  Verhältnisses  der  Stände  iintereiuamler  und  der  Lage 
des  arbeiteudeu  Standes  insbesuudere  in  obit  ctiver  Darstellung 
hingewiesen,  der  stetige  Fortschritt  zum  Hesseren  und  die 
Verderblichkeit  aller  gewaltsuiueu  Versuche  der  Auderung 
socialer  Ordnungen  aufgezeigt  werden.  Zugleich  brachten  diese 
neuen  Lehrpläne  eine  durchgreifende  Umwandlnng  in  der 
Yertheiluug  des  Lehrstoffes,  und  so  ist  es  denn  begreiflich, 
dass  diese  Fragen  in  den  Vordergrund  der  Discussiou  traten, 
auf  Directorencouferenzen  und  Historikertagen  erörtert  wurden, 
und  dass  eine  bedrohliche  Hochflut  von  Schriften  den  Biielifr- 
markt  überschwemmte.  Dabei  fehlt  es  denn  auch  nicht  an  recht 
sonderbaren  Er.scheinnn£r(»n.  So  findet  sich  im  Reth^visch'schen 
Jahrbuche  von  1894  eiu  Lehrbuch  der  (ieschichte  für  Ober- 
dassen  Ton  Jaenicke  angezeigt,  in  dem  die  socialen  Bestrebnn*. 
gen  der  Arbeiter  nicht  aus  Torhandenen  Nothstönden  und 
socialen  Umwälzungen  erklärt,  sondern  als  Ausflüsse  un- 
berechtigter Unzufriedenheit  und  Terwerflichen  Irrthums  ver- 
urtheilt  werden,  die  durch  die  neuere,  bewundernswerte  Gesetz- 
gebung der  Hohenzollern  gegenstandslos  o^ewordcn  seien  Mit 
Recht  bemerkt  der  Kritiker  gegenüber  8olch<*n  inui  ähuiichen 
Anschauungen:  „Gerade  die  Erkenntnis,  dass  in  miserer  Ge- 
sellschaftsordnung noch  vieles  zu  bessern  ist,  und  da^s  die 
▼olle  Heüung  des  socialen  Körpers  die  ernste  Aufgabe  der 
Znkimft  ist,  sollte  ein  Hauptziel  der  politischen  Erziehung 
sein.**  Betrachtet  man  aber  die  Haltung  des  deutschen  Lehrer^ 
Standes  im  ganzen  und  großen,  so  muss  man  anerkennen^ 
dass  sie  eine  durchaus  würdige  und  sachgemäße  ist.  Bei  allen 
Abweichunf]^eii  im  einzelnen  tritt  auf  den  l)irectorpnconferenzen, 
wie  in  den  Programmaufsiltzen  und  Sonderschriften  klar  und 
deutlich  das  Bemiiln  n  hervor,  die  Schule  den  For  1»  ) mgeu 
der  Zeit  anzupassen,  iliren  Zöglingen  das  Muß  puniischer 
und  socialer  Einsichten  zu  sichern,  dessen  sie  zur  eigenen 
Weiterbildung  bedürfen,  dabei  aber  alles  zu  Termeiden,  waa 
den  allgemein  erziehliehen  Charakter  der  Schule  schädij^en,. 
sie  zum  Werkzeuge  einseitiger  Parteizwecke  herabwürdigen 
könnte. 


biyiiizea  by  GoOglc 


über  poliiucbe  und  wirtschaftliche  Bildung. 


343 


Ziemlich  iillgemeiu  wird  dabei  betont,  dass  es  eines  eigenen, 
neuen  UuteirichtsgegenstaDdes,  einer  ^  Bürgerkunde"  o.  dgl. 
nicht  bedflrfe,  aondem  dass  der  Gesammtbeirieb  des  bisherigen 
Unterrichtes  ganz  wohl  im  Stande  sei,  das  Nothwendige  an 
leisten,  wobei  zwar  der  Natur  der  Sache  nach  die  Hauptlast 
der  Arbeit  der  Geschichte  und  Geographie  zufalle,  aber  auch 
alle  anderen  Gegenstände,  so  die  classischen  »Sprachen,  das 
D'^titsche,  der  Religionsunt'>nicht,  ja  auch  die  Naturwisaen- 
scir.iften  ihren  Theil  l)ei/,ut rügen  hätten.  Der  höchste  Wert 
wird  auf  die  Ausbildung  der  sittlichen  i'erbönlichkeit  trelesft. 
^Selbstverständlich  weichen  bei  all  dieser  Überein^^tiiunimig  die 
Beschlüsse  der  Directorenversammlungeu  iiu  eiuzelueu  Ton 
einander  auf  die  mannigfachste  Weise  ab«  indem  die  <Hnen 
den  Lehrplänen  mit  einer  freudigen  Znstimmimg,  die  anderen 
zurfiekhaltender  entgegentreten. 

Schon  die  KOrze  der  Zeit  verbietet  mir,  uuf  die  Einzel- 
heiten näher  einzugehen.  Aber  erwähnen  will  ich  doch  den 
starken  Unterschied,  der  etwa  zwischen  den  Beschlüssen  der 
Directorenconferenz  der  Provinz  Hannoyer  besteht,  die  meint, 
der  bestimmte  Hinweis  auf  die  Socialdemokratie ,  ihre  Würdi- 
gung als  historische  Erscheinung  und  die  Darlegung  der  Un- 
Terembarkeit  gewisser  soeialdemokraüseher  Forderungen  mit 
der  Yemunft  sei  nicht  zu  Termeiden,  und  denen  der  Di- 
rectoren  des  benachbarten  Westfalens,  die  Führers  Forderung 
nach  Bekämpfung  der  Socialdemokratie  mittelst  sokratischer 
Methode  direct  ablehnen  und  alle  systematischen  Erörterungen 
abstracter  Theorien  außerhalb  des  historischen  Zusammenhangs 
aus  dem  Geschichtsunterrichte  hinausweisen.  Und  ebenso  sind 
Schleswif^- Holstein  und  Pommern  außerordentlii-h  vorsichtig.*) 
Aut  micii  persöniicu  hat  das  Studium  der  Verhandlungen  der 
fünften  Dii'ectoren Versammlung  der  Rheiuproviuz  auf  das  stärkste 
eingewirkt.  Auf  eine  Einzeldarstellung  selbst  des  geringen  Bruch- 
theues  der  bezüglichen  Lehr-  und  Hilfsbucher,  die  mir  direct 
zugänglich  waren,  bi  /.ichungs weise  eingehenderen  Studiums  wert 
erschienen,  geschweige  denn  alles  dessen,  was  sich  bei  Betil- 
wisch  besprochen  findet,  verzichte  icli  umso  leichteren  Herzens, 
als  ich  meine  grundsätzlichen  An^cliiiuuiigen  bereits  gelegentlich 
der  Kriük  das  Bchenk'schen  Hiitsbuches  in  der  Zeitschrift 
„Mittelschule"  darlegen  konnte. 

Aber  nicht  nur  die  Mittelschule  sah  sich  genöthigt,  in 
dieser  Frage  Stellung  zu  nehmen,  auch  die  Vertreter  der  reinen 
Wissenschaft  konnten  ihr  gegentther  nicht  gleichgiltig  bleiben, 
omsoweniger,  als  ungefähr  gleichzeitig  jener  Streit  um  die 
Lamprecht^sche  Art  der  Geschichtsbetra<'litiing  entbrannt  war, 
der,  lange  mit  steigender  Heftigkeit  geführt,  wie  mir  scheint, 
gegenwärtig  zu  einer  Art  Klärung  der  Ansichten  führt. 


Material  bei  Rotb wisch,  der  äberhaupt  für  den  historiscbon  Tbetl 
sehr  stark  benQtzt  ist.   J.  d.  h.  äcb. 


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Dr.  Ludwig  Singer. 


Die  Lehrer  der  Universitäteu  traten  begreiflicherweise  den 
Forderungen  der  preuüischen  Lehrpläne  mit  größtem  Misstrauen, 
entgegen,  mit  all  jener  iingstlicken,  und  ich  satfe  es  heraus,  wohl- 
berechtigten  Vorsicht,  mn  der  sich  die  reine  Wissenschaft  gegen 
alles  verwahrt,  was  sie  in  dem  Streben  nach  ihrem  obersten 
Ziele,  der  Erkenntnis,  im  Suchen  der  Wahrheit  und  dieser 
allein  hindern  könnte. 

Auf  dem  Historikertage  in  München  (April  1803)  wurde 
die  Frage  erorlert.  inwieweit  der  Geschichtsunterricht  als  \  or- 
bereitung  zu  den  Aufgaben  zu  dienen  habe,  die  das  öffentliche 
Leben  der  Gegenwart  an  jeden  Gebildeten  stellt,  und  wie  dem- 
gemäß der  Geschichtsunterricht  zu  ertheilen  sei.  Die  Meinungei^ 
giengen  aber  derart  auseinander,  dass  man  sich  entschloss,  die 
ganze  jlngelegenheit  su  vertagen  und  bei  der  nächsten  Ver- 
sammlunff  aufs  neue  zu  erörtern.  Doch  wurde  auf  der  zweiten 
Versamml  ung  (Ostern  1894)  nur  die  Frage  nach  der  Stellung 
der  alten  Geschichte  im  gelehrten  ünt^rrichte  erörtert.  An  der 
Dißcussiou  betheiiigte  sich  als  Referent  auch  ein  österreichischer 
Gelelirter  und  Sehulmann,  der  sclion  vorher  iu  einem  Aufsatze 
der  Zeitschrift  ^ Mittelschule"  in  der  ganzen  Aügele^euheit 
sehr  klar  und  scharf  Stellung  genommen  hatte:  Dir.  Hannak. 
Für  unseren  Gegenstand  bedeutsam  ist,  dass  auch  er  bei  der 
Begründung  der  Bedeutung  der  alten  Geschichte  unter  anderem 
darauf  verweist,  dass  sie  das  Verständnis  in  politiechen  und 
wirtschaftlichen  Dingen  anbahne  und  besonders  dazu  geeignet 
sei,  der  Jugend  das  Aufgehen  des  Individuums  im  Staate  vor 
Augen  /u  stellen  und  ihr  zu  zeigen,  dass  in  der  treuen  Hin- 
gabe au  die  Interessen  des  Staates  eine  ihrer  wichtigsten  Auf- 
gaben bestehe.  —  In  ähnlichem  Sinne  fielen  denn  auch  die  Be- 
schlüsse der  Versammlung  aus,  nicht  gerade  eine  i-ückhaltlose 
Billigung  der  neuen  preußischen  Ordnunsen.  Auf  dem  dritten 
Historikertaffe  endlich  (zu  Frankfort)  hob  bei  der  Berathung 
über  die  Anlage  des  historischen  Studiums  Prof.  v.  Zwiedinek» 
Südenhorst  unter  anderem  hervor,  dass  das  historische  Studium 
durch  die  Erkenntnis  der  politischen  Anschauungen  und  Ein- 
richtungen der  Gegenwart  befruchtet  werden  müsse,  und  Prof. 
Dr.  Vogt,  aus  Augsburg  em}>luhl  das  Programm  des  Leipziger 
Historischen  Seminars,  das  unter  anderem  auch  eingehende  Be- 
schäftigung mit  Jurisprudenz,  Nationalökonomie,  Wirtschafts-, 
Social-,  Rechts-  und  verfassungsgeschiehte  fordert. 

Die  Bedürfnisse,  die  im  Deutschen  Reiche  und  speeiell  in 
Preußen  den  eben  charakterisierten  Ausdruck  fanden,  machen 
sich,  wie  ich  schon  eingangs  bemerkt  habe,  auch  bei  uns  in 
Österreich  in  immer  steigendem  Maße  geltend,  ohne  dass  jedoch 
bisher  einer  der  Versuche,  sie  zu  befriedigen,  einen  entsprechen- 
den Erfolg  gehabt  hätte.  Schon  im  Jalu-e  1883  veröüent lichten 
Dr.  lirockhausen  und  Prof.  Bruhns  eiiu-  j,liechtslehre",  um  dem 
Aiuiigel  eines  allgemeineren  und  besseren  Verstanduisses  der 
wichugsten  RechtsTerhältnisse,  der  sich  im  privaten  und  öffent* 


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über  politische  und  wiiUchafi liehe  Bildung. 


346 


liehen  Lebeu  so  oft  fühlbar  mache,  abzuhelfen.  Das  Buch  hat 
noeh  keine  sweite  Auflage  erlebt,  trotzdem  es  gesebiekt  und 
sorgfältig  gearbeitet  ist,  und  welches  Schicksal  der  im  Voriahre 

erschienenen  „Bürgerkunde''  Fleischners  beroi  sta  llt,  der  in  Wort 
und  Schrift  so  eifrig  für  den  ^bürgerlichen"  Unterricht^  wenn 
mir  dies  Woit  erlaubt  ist,  eingetreten  ist  und  eintritt,  wage  ich 
nicht  auch  nur  zu  vermuthen. 

Und  doch  wird  mir  kaum  jciiiand  widersprechen,  wenn  i 'Ii 
behaupte,  dass  gerade  wir  in  <  )steri  eich,  die  wir  bei  der  Zer- 
fahrenheit unserer  politischen,  üutioualen  und  socialen  Ver- 
hältnisse noch  unsere  gans  ausnahmsweise  arffen  Sehmerzen 
haben  neben  denen  der  übrigen  europaischen  Cmtuimenschheit, 
auch  politischer  und  wirtschaftlicher  Bildung  in  einem  ganz 
ausnahmsweisen  Maße  bedürften. 

Aber  kann  und  soll  die  Schule  da  etwas  zuthun;  ist  speciell 
die  Mittelschule  dazu  befiihijjt  und  herufeui^  Ich  stehe  nicht 
an,  diese  Frage  mit  einem  t  iiTsclnedeiieij  ...Ja'^  zu  beantworten. 
Denn  nach  einer  doppelten  Kiclituug  hin  ist  die  Mittelschule  ver- 
pflichtet. Als  wissenschaftliche  Lehranstalt  hat  sie  die  Aufgabe, 
ihren  ZögUngen  wahrheitsgemäß,  so  gut  es  der  Lehrer  nur 
immer  kann,  die  gro0en  Ergebnisse  der  Forschung,  entc^p rechend 
einerseits  dem  jeweiligen  Stande  gesicherter  Erkenntnis  und 
der  Fassungskraft  der  iSchüler  anderseits,  zu  übermitteln.  Und 
unter  wahrheitsgemäß  verstehe  ich,  dass  nicht  bloß  das  Gesagte 
wahr  sei,  sondern  dass  nnch  die  Lüge,  die  Entstellung  durch 
Verscl'.wpigen  vermieden  werden  muss.  Nichts  erachte  ich  für 
gefähriu  lier  auch  mit  h'ücksicht  auf  die  zweite,  die  erzieliliclie 
Aufgabe  der  Schule,  als  wenn  „der  Jüngling,  der  sie  verlasücu 
hat,  das  Vertrauen  einbüßen  muss,  dass  seine  Lehrer  ihm  die 
Wahrheit  hätten  offenbaren  wollen."  Wer  kann  ermessen,  was 
da  alles  mitstürzt  und  unter  den  Trümmern  des  Glaubens  an 
die  Redlichkeit  der  Führer  der  Jugend  begral)en  wird? 

Aber  wenn  gefordert  werden  muss,  dass  dasjenige,  was 
gelehrt  wird,  wahr  sei,  so  wird  doch  schon  die  Auswahl  des 
Stoües  durch  andere  Bedürfnisse  bestimmt  als  durch  die  der 
reinen  Wissenschaft,  denn  die  sittliche  Persönlichkeit  des  jungen 
Mensehen  soll  entwickelt,  er  soll  für  das  Lehen  in  Staat  und 
Gesellochult  vorgebildet  werden.  Darum  koiuiiiL  es  noch  mehr 
darauf  an,  aus  dem  gebotenen  Materiale  alles  herauszuarbeiten, 
was  fttr  diese  Zwecke  von  Bedeutung  sein  kann.  Wer  von  uns 
wird  sieh  damit  begnügen,  dem  Schüler  eine  Summe  von  Kennt- 
nissen zu  übermitteln,  und  es  dann  ihm  selbst  zu  überlassen, 
führerlos,  unerfahren  wie  er  ist,  das  herauszusuchen,  was  ihn 
bilden,  wonach  er  sein  Leben  einrichten  soll?  Wenn  sich  uns 
nun  die  Erfahrung  aufdrängt,  dass  sehr  viele  junge  Leute, 
die  unsere  Mittelschulen  verlassen,  ja  selbst  viele,  die  noch 
au  limen  weilen,  wehrlos  dem  ersten,  und  leider  nicht  allzuoft 
besten  politischen  Agitator  preisgegeben  sind,  dem  sie  in  die 
Hände  fallen,  mOssen  wir  da  nicht  erwägen,  inwieweit  es 


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346  Dr.  Ludwig  Singer. 

uns  möglich  sei,  dem  Jfinglinge  durch  EntwicUtuiff  seines  Ur- 
thcües  auf  Gnind  tüchtiger  Eenutuisse  die  wahre  Freiheit 
der  Wahl  oder  doch  weuigstens  das  Bewusstsein  zu  Terschaffen, 

dass  in  Frncren  des  Stuntcs,  der  gesellsehaftlichen  Ordmingen 
u,  s.  w,  ^1  iliidlii*iiste  Pruiimg  des  Siiehverhaltes,  ETi'f'IHe  Vor- 
sicht geboteu  sei,  ehe  man  sich  für  oder  gegen  eiue  Anschauung 
entscheidet  ? 

Ist  dem  aber  so,  dann  kann  und  darf  die  Schule  sich  nicht 
der  Aufgabe  entziehen,  dem  jungen  Mensehen  propädeutiseh, 
wie  es  in  der  Natur  der  Sache  liegt,  die  Elemente  politischer 
und  wirtschaftlicher  Bildung  zu  sichern.  Sie  darf  dies  umso- 
weniger,  als  für  einen  sehr  großen  Theil  selbst  der  Abiturien- 
ten die  Gelegenheit  zur  Erwerbung  solcher  Bildung  durch  Ver- 
mittlung von  Männern,  die  wenigstens  bemüht  sind,  objectiv 
zu  bleiben,  mit  dem  Verlassen  der  Mittelschule  thatsächlich 
aufholet. 

So  kann  es  geächeheu,  dass  m  pülitischen  und  wirt^chaftr 
liehen  Fragen  aueh  unsere  sogenannten  Gebildeten  Ton  ihrem  — 
Leihblatte  abhängig  werden,  dass  sich  auch  unter  ihnen  jene 

Sorte  von  Zeituugsgläubigen  entwickelt,  die  da  meint  zu  nr- 
theilen,  indes  sie  gar  nicht  oder  nur  halb  verstandene  Sehlag» 

Worte  nachspricht. 

Wird  aber  in  dem  jungen  Menschen  schon  durch  den 
Mittelschulunterricht  selbstthätiges  Interesse  für  politische  und 
wirtschattliche  Fragen  erweckt,  dann  wird  er,  das  darf  man 
voraussetzen,  auch  auf  der  Universität  und  weiter  im  Leben 
einen  Theil  seiner  Zeit  dem  ernsthaften  Studium  dieser  Fragen 
widmen.  Und  so  betrachte  ich  denn  als  Ziel  auf  dem  Gebiete 
der  Erkenntnis  das  Verständnis  der  wichtigsten  Formen  des 
staatlichen  und  socialen  Lebens,  der  Elemente  der  Volkswirt» 
Schaftslehre,  die  Einsicht  in  die  Existenzbedingungen  staatlicher, 
wirtsehf\ftHeliev,  gesellschaftlicher  Gebilde.  Auf  dem  Gebiete 
der  Eivicliuug  soll  das  Staatsbe wusstsein  gefördert,  auf 
socialethisehe  Gesinnung,  etwa  in  der  Art,  wie  Th.  Ziegler  oder 
Karl  Fischer  es  verlangen,  hingearbeitet  werden,  ohne  dass  je- 
doch die  Bekämpfung  bestimmter  Parteirichtungen  oder  die 
Erzielung  bestimmter  Parteiüberzeugungen  erstrebt  werden 
dürfte. 

Es  ist  nichts  Neues,  nichts  Unerhdrtes  und  bis  jetzt  noch 
nicht  Geäbtes,  was  ich  damit  fordere.  Es  bedarf,  an  der  Mittel- 
schule wenigstens,  keines  neuen  Lehrgegenstaudes.  keiner  Bfirger- 
kunde,  Rechtslelire  oder  Avie  immf^-  man  einen  solchen  Gegen- 
stand nennen  wullte.  Was  billigerweise  verlangt  werden  kann, 
vermag  im  Rahmen  der  geffenwärtigeu  Unterrichtsverl'assung 
geleistet  zu  werden,  wenn  der  Unterricht  nur  in  dem  Sinne 
und  Geiste  unserer  Instructionen,  die  schon  lange  ähnliche 
Ziele  aufgestellt  habeu,  weiterentwickelt  wird. 

In  besondere  erspai-t  uns  der  Betrieb  der  Yaterlandskunde 
auf  der  Unter-  und  Oberstufe  eine  solche  tiefgreifende  Neuerung. 


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über  fwlititch«  und  wirtacbaftliehe  Bildung. 


347 


Wer  ein  Buch,  etwa  die  Hannak  >che  Vaterlands kuiule 

ffenaner  durchprüft,  der  findet  im  hiütorischeu  wie  im  statlstiscii- 
gtoniiiphischen  Theile  eine  Fülle  Ton  Material,  das  nur  der 

Sehörigen  Durchdringung  and  Verwertung  too  Seite  des  Lehrers 
arrt.  Begriffe  2.  B.  wie  VoUcswirtsehaffc,  Capital,  Arbeit,  Groß* 
indostrie  und  Handwerk,  Zoll,  Steuern  u.  s.  w.  müssen  dort 
geradezu  erörtert  werden.  Es  ist  bezeichnend,  dass  Vertreter 
socialpolitisclu  r  Biklnnf^  im  Reiche  dieses  Bach  als  nachahmens- 
wertes Muster  hiust eilen. 

Denn  daran  ist  keiu  Zweifel:  Den  hauptsächlichsten  Tiieii 
liieser  Aufgaben  hat  der  gescluchtliche  und  nächst  ihm  der 
geographische  Unterricht  zu  tragen.  Die  Methode  wird  dem- 
gemäß die  histofisehe  bleiben,  die  Oesehtehtsbehandlang  die 

I)olitisehe,  wobei  die  gesicherten  Kii^ebnisse  wirtschaftsgeschicht- 
icher  Forschung  dort  zu  benOtzen  sind,  wo  der  Zusammenhang 
der  wirtschaftlichen  Erscheinungen  mit  denen  des  staatlichen 
Lebens  klar  und  deutlich  hervortritt,  oder  wo  sie  im  Rahmen 
der  Culturgeschichte  das  Vei*ständnis  der  L»'l>*^iisfGrmen  der 
Oegeiiw.irt  wesentlich  fördern.  Dabei  wird  mau  sich  immer 
wieder  der  treff  lichen  Worte  unserer  Instructionen  erinnern 
müssen:  ^Losgerissen  von  Personen  imd  Begebenheiten,  haben 
die  rein  sachlichen  Erörterungen  für  die  Jugend  wenifflnteresse; 
in  Verbindung  mit  den  bewegenden  Faetoren  und  Vorgängen 
der  Zeit  wird  auch  das  Zuständliche  leicht  anschaulich  und  er- 
weckt Theilnahme."  Ich  erwähne  nur  ein  classisches  Beispiel 
au3  der  alten  Geschichte.  Welche  Fülle  politischer,  wirtschaft- 
licher, socialer  Erkenntnisse  bietet  nicht  die  Geschichte  der 
Solonisehen  Keiorni  oder  des  römischen  btändekampfes  und  der 
Oracehischen  Revolution 

Eine  wieviel  tiefere  Einsicht  in  die  Entwicklung  des  Lehens- 
wesens gewinnen  wir  aus  der  einfachen  Erwägung,  dass  die 
Überweisung  von  Landbesitz  in  einem  naturalwirtschaftlichen 
Zeitalter  die  fast  einzig  mögliche  Art  der  Beamtenbesoldung, 
der  Belohnung  der  Krieger  war,  und  dass  es  in  der  Natur 
solchen  Besitzes  liegt,  das  Streben  nach  Erblichkeit  zu  erwecken. 
Ich  kann  und  will  hier  niciit  näher  auf  das  ein/^^liie  eingehen, 
schon  desweir^n  nicht,  weil  es  im  Külimen  der  mir  zur  Ver- 
fügung stehenden  Zeit  nnmoclich  wäre,  und  weil  meine  Ab- 
sicht einzig  uiiil  allein  dahiii  gerichtet  ist.  die  Grundlage  für 
eine  Besprechung  der  Frage  zu  liefern.  Auf  den  Vortheil  will 
ich  jedoch  noch  yerweisen,  dass  es  durch  solchen  Unterrieht 
Termieden  wird,  dass  die  sociale  Frage  dem  Schüler  als  etwas 
Neues,  nur  unserer  Zeit  Eigenes,  Überwältigendes  entgegen- 
tritt. £r  wird  znr  Erkenntnis  kommen,  um  mit  Phüippovich  zu 
reden,  dass  die  Aufgabe  der  Gegenwart  keinen  gesellschaft- 
licheren Charakter  an  sich  trägt  als  ircrend  eines  der  anderen 
eroÜeu  Probleme  gesellschaftlichen  Zusammenlebens,  die  die 
Menschheit  auf  ihrem  Werdegange  bereits  gelöst  hat.  Und  daraus 
wird  er  Ruhe  und  Besonnenheit  schöpfen. 


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Dr.  Ludwij{  öiuger. 


Was  die  Geographie  anlangt,  so  würde  ich  es  für  nützlich 
erachten,  wenn  bei  der  Wiederlkolunff  auf  der  Oberstufe  auf 
das  wirtschuftsgeographiache  Moment  l)esonderes  Gewicht  ge- 
legt würde.  Ob  hiefür  nicht  besonderer  Raum  geschaffen  werden 
müsste,  wäre  freilieh  noch  zu  erwäsen. 

Der  Geschichtslehrer,  der  solehe  Aufgaben  erfüllen  soll, 
bedarf  freilich  vor  allem  selber  einer  unifasRendeu  politischen 
und  wirtschai'tlicheu  Bildung,  und  die  Forderungen,  die  das 
Leipziger  Seminar  an  seine  2&glinge  stellt,  gelten  auch  für  uns, 
die  wir  längst  im  Amte  sind.  Nicht  nur,  dass  wir  unsere  eigenen 
Eointnisse  zu  erweitem  und  zuTcrtiefen  suchen  müssen,  auch 
für  die  methodische  Behandlung  wird  sich  das  Studium  einea 
Theiles  wenigstens  der  vorhandenen  Literatur  als  nützlich  er- 
weisen, und  da  möchte  ich  es  nicht  unterlassen,  auf  die 
schweizerischen  und  französischen  Schriften  und  Lehrbehelfe 
hinzuweisen. 

Ich  meine  aber  auch  nicht,  dass  der  Lehrer  der  Geschichte 
der  einzige  sein  solle,  der  nach  dieser  Richtung  hin  wirkt. 
Der  deutsche  Unterricht  —  und  auch  unsere  Lesebücher  ver- 
trügen noch  manche  Bereicherung  — ,  der  altclassische  und  an 
den  Realschulen  der  neusprachliche,  ja  selbst  der  mathematisch- 
naturwissenschaftliche  vermögen  ihn  in  der  wirksamsten  Weise^ 
zu  unterstützen.  Und  insofern  es  sich  um  das  Wichtigste,  die 
Erzielung  socialethischer  Oesinnung  handelt,  kann  der  Religions- 
nnterricht  durch  entsprechende  Verwerfimir  (h^r  Lehren  und 
Üebote  des  alten  wie  des  neuen  Testamentes  den  segensreichsten 
£infiuss  üben.  Fieilieh  fordert  dies  concentrierenden  Unterricht. 
Wünschenswert  erscheint  es  mir  auch,  gute  bürgerkundliche- 
Schriften,  z.  6.  die  Schulausgaben  der  Schriften  F.  W.  RiehU 
in  die  Schülerbibliotheken  einzustellen  und  ihre  Leetüre  seitens 
reiferer  Schüler  zu  fördern. 

Meine  Herren!  Ich  weiß  sehr  wohl,  dass  die  Schule  niehi 
der  einzige  Factor  ist,  der  auf  die  jungen  Menschen  einwirkt,^ 
dass  gar  vieles  st«irend  und  verhängnisvoll  eingreift.  Ich  weiß 
auch,  dass.  selbst  davon  abgesehen,  die  Schule  die  Lösung  der 
socialen  Frage  nicht  bewirken  kann.  Auch  der  beste  Lehrer 
wird,  wie  das  Endemann  in  seinem  let/.ten  Aufsatze  in  den 
„Lp.  u.  Lgg."'  daithut,  unter  Umständen  auf  einen  Erfolg  ver- 
zichten müssen;  Fähigkeit  und  geistiges  Bedürfnis  der  Ciasso 
werden  für  ihn  oft  ermunternd,  oft  aber  auch  hemmend  maß» 
gebend  sein  rnüF^seu.  „Versagt  der  Schüler,  muss  auch  der 
Lehrer  versagen.''  Ein  zwangsweise  erarbeitetes  Urtheil  hat 
keinen  Wert. 

Und  auch  die  Forderung  objectiver.  tenden/freipr  Dar- 
stellung ist  weit  leichter  gesteilt  als  erfüllt.  Wer  von  uas  hat 
die  objective  Wahrheit?  Und  doch  meint  sie  jeder  zu  haben. 
Ohne  dass  der  Lehrer  es  will,  wird  seine  eigene  politische  und 
wirtschaftliche  Oberzeugung  seinen  Unterricht  beeinflussen. 
Aber  das  schadet  auch  gar  nicht,  vorausgesetzt  nur,  dass  er 


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über  politische  und  wirtachaftlicbo  Bildung. 


sich  davor  hütet,  abzusprechen,  dass  er  sich  bemüht,  deu  Dingen 
ihr  Recht  werden  zu  lassen.  Denn  nicht  darauf  kommt  es  au, 
eine  Generation  heranzuziehen,  die  in  all  diesen  Fragen  einer 
Meinung  und  t)berzeuguDff  ist:  danach  za  streben  wäre  das  Yer* 

derblichste,  der  geistiffe  Tod. 

Aber  Kämpfer  sollen  wir  heranzubilden  trachten,  geistig 
und  sittlich  befalilgt.  den  Streit  erfolgreich  weiterzuführen,  den 
die  Gegenwart  ihnen  liinterlässt ,  Männer,  Ernst  machen 
mit  den  Dingen,  die,  selbst  redlieh  überzeugt,  redliche  Uber- 
zeugung :iueh  bei  anderen  acliten,  die  die  Meinung  bekämpfen, 
nicht  den  Menschen,  die  im  Gegner  nicht  auch  den  Feind  sehen, 
nnd  die  Tor  allem  gelernt  haben,  immer  und  Überall  nur  nach 
einem  zu  streben,  nach  dem  Wohle  der  Gesammtheit.  Haben 
wir  das  geleistet,  so  weit  es  für  unseren  Theil  moglieh  ist,  dann 
haben  wir  genug  gethan. 

In  formaler  Beziehung  geht  mein  Antrag  dahin:  Es  ist  eine 
Commission  von  fünf  Mitgliedern  einzusetzen,  welche  sich  durch 
Cooptatioii  »'rgiinzen  können,  mit  dem  Auttrage,  die  Discnssion 
der  Frage  der  politischen  und  wirtschaftlichen  Bildung  im 
eigenen  Kreise  zu  ptiegeu,  die  österreichische  Lehrerschaft 
zur  literarischen  Stellungnahme  zu  veranlassen,  das  Material 
SU  sammeln  und  auf  Grund  desselben  eventuell  positive  Vor- 
schläge zu  erstatten. 


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350 


Dr.  Johann  Pitscb. 


Die  Principien  der  Mechanik  nacli  Heinrich 

Hertz. 

Yortrag,  gehalten  am  deutsch -(totmeichischeii  MHtelsdiiiltage  tu  Wien, 
Ostern  1897,  Ton  Dr.  Jobann  Pltseh  aas  Wien. 

Wenn  wir  den  Gang  der  Naturwissenschaften  verfolgen, 
sehen  wir,  dass  seit  ihrem  Krwaehen  bis  in  unser  Jahrhundert 
üwt  ausnahmslos  inductive  Epochen  mit  dednctiven  abwechseln. 

Im  Lnuff  doi-  LTsteren  werden  Erfuhrungen  gesammelt  und 
nach  höheren  Gesichtspunkten  geordaet*  im  Laufe  der  letzteren 
zieht  man  ans  obersten  Grundsätzen  unter  weitreicliender  An- 
wciidun«^  der  Matheniatik  die  niöj^licheii  Folgerungen  und  stellt 
Theorien  mit  der  nestiinmuug  auf.  alle  Thutsacben  eines  Ge- 
bietes 7Ai  umtiibiieu  und  so  unser  \N  i^seu  vor  Zersplitterung  zu 
bewuhren.  Nur  unser  Jahrhundert  hält  es  hierin  anders.  Das 
raschere  moderne  Leben  scheint  auch  einen  beflOgelten  Schritt 
der  Naturwissenschaften  zu  bedingen,  bei  welchem  inductive 
und  dednctive  Epochen  sich  nicht  mehr  streng  scheiden,  ja 
sogar  die  Deduetion,  gestützt  auf  kahne  Hypothesen,  nicht 
selten  der  Inductiou  vorauseilt.  Ich  erinnere  in  dieser  Be- 
ziehung nur  an  die  Aufstellung  der  Maxwell'^^  luMi  Elektricitäts- 
theorie  und  dii'  berühmte  Veritication  derselb»'ii  durch  Heinrich 
Hertz.  Auch  Philosophie  und  Naturwissenschaften  wandeln 
wieder  vereint,  und  beide  ziehen  Nutzen  aus  der  erneuten 
Freundschaft;  denn  gewinnt  die  eine  die  reale  Grundlage,  so 
erfreut  sich  die  andere  einer  schärferen  Fassunir  ihrer  Begriffe 
und  der  einwandfreien  Form  ihrer  Deductionen.  Hochinteressant 
ist  ferner  der  Umstand,  dass  Hertz,  der  Begründer  einer  neuen 
iuductiveu  Epoche,  deren  Tragweite  wir  noch  nicht  ermessen 
können,  einen  hervorrafrenden  Ver^udi  niaebte.  bei  der  De- 
dui^-tion  aut  riiuMii  uralten  Gebiet«',  nanilu-h  der  Mechanik,  neue 
Bahnen  einzuschhigen.  Diesen  A'ersuch  müclite  ich,  von  einigen 
Abschweifungen  abgesehen,  zum  Gegenstande  einer  liüehtigen 
Erörterung  machen. 

„Unsere  Erkenntnis  muss  uns  befähigen,  künftige  Er* 
fahrungen  Torauszusehen,  ^  so  definiert  Hertz  in  kurzer  und 
doch  umfassender  Weise  die  wichtigste  Aufgabe  der  Natur* 
Wissenschaften.  Um  dieses  Ziel  zu  erreichen,  müssen  wir  voran- 
gegangene Erfahrungen  auszunützen  verstehen,  wir  müssen  sie 
benerrschen  lernen,  damit  nicht  ihre  l^'üUe  unser  Denken  »er- 
stickt. Deshalb  schaffen  wir  uns,  wie  Hertz  weiter  darlegt, 
innere  Bilder  oder  Symbole  der  Ge<xenstände ,  an  welche 
Schöpfungen  wir  einstweilen  nur  die  Anforderung  stellen,  dass 
sie  erstens  logisch  zulässig  und  zweitens  richtig  sind.  Was 


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Die  Principien  der  Mcchaoik  nach  Heinrich  Uertz.  ool 


wir  logisch  zulässig  nennen,  brauche  ich  wohl  nicht  za  er- 
drtem.  Bemerken  will  ich  nur,  dass  Hertz  der  kürzeren  Sprache 
we^en  den  Begriff  ^iGegenstand",  wie  aus  dem  Folgenden  er- 
hellen wird,  mit  einem  weiten  Umfange  ausstattet.  Richtig 
nennen  wir  die  Bilder,  wenn  ihre  denkuoth wendigen  Folgen 
stets  wieder  die  Bilder  der  natiirnothwendigen  Folgen  der 
abgebildeten  Gegenstände  sind.  Haben  wir  solche  Bilder  ge- 
wonnen, so  können  wir  iu  kurzer  Zeit  die  denknoth wendigen 
Folgen  derselben  entwickeln,  während  die  naturnothwendigen 
Folgen  der  abgebildeten  G^enstände  vielleicht  erst  nach 
langer  Frist  eintreten  würden.  Auf  dem  Gebrauche  der  Bilder 
berulit  auch  die  Möglichkeit,  Gedankenexperimente,  wie  sie 
Mach  benennt,  amsustellen,  welche  insofern  für  die  Forschung 
wichtig  sind,  als  wir  un.«ere  Vorstellungen  leichter  zur  Uand 
haben  als  physikalische  Thatsachen. 

Doch  von  einem  Gegenstande  kann  mau  sich  viele  Bilder 
machen,  deren  Zahl  die  Forderung  der  Richtigkeit  und  Zu- 
lässigkeit  nicht  hinreichend  einschränkt.  Deshalb  verlangen 
wir  von  den  Bildern  noch  eine  dritte  Eigenschaft,  die  Zweck- 
mäßigkeit. Am  zweckmäßigsten  ist  nämlich  unter  sonst  gleichen 
Umstanden  jenes  Bild ,  welches  möglichst  wenig  leere  Be- 
ziehungen enthält,  nämlich  solche,  die  ihm  nicht  als  Abbild 
des  Gegenstandes  angehören,  die  aber  niemals  gänzlieli  zu  ver- 
meiden sind.  Von  einer  wissenschaftlichen  Darlegung  solcher 
Bilder  verlangt  Hertz ,  dass  man  genau  anzugeben  vermag, 
welche  Eigfensehaften  den  Bildern  um  ihrer  Zulässigkeit  willen, 
welche  um  iliiLA  iüchtigkeit  willen,  welche  um  ihrer  Zweck- 
mäßigkeit willen  beigelegt  wurden,  wobei  er  noch  anführt,  dass 
wir  Uber  die  Zulässigkeit  eines  Bildes  mit  apodiktischer  Ge- 
wissheit, über  die  Richtigkeit  nur  nach  Mallgabe  der  vor- 
liegenden Firfahrungen  urtheilen.  Über  die  Zweckmäßigkeit 
der  Bilder  aber  können  Meinungsverschiedenheiten  auftauchen. 
Nur  durch  solche  Vorsicht  gelingt  »'^  uns,  die  mit  dem  Ge- 
brauehe der  Büder  verbundenen  Irnhiimer  einzudämmen,  zu 
welchen  insbesondere  die  leeren  Beziehungen  nur  zu  leicht 
Anlass  geben. 

Zur  Erläuterung  dieser  abstracten  Darstellung  möchte  ich 
ein  Beispiel  aus  der  Geschichte  der  Astronomie  anführen.  Um 
die  Planetenbewegung  zu  erklären,  schufen  die  Griechen  be- 
kanntlich die  Theorie  der  Epicyklen,  nach  welcher  sich  der 
Planet  gleichförmig  im  Kreise  bewegt,  dessen  Mittelpunkt 
wieder  in  einem  Kreise  fortrückt,  und  es  wurden  so  viele 
solcher  Bewegungen  angenommen,  als  zu  einer  hinreichenden 
Darstellung  der  Beobachtung  nöthig  waren.  Logisch  zulässig 
war  das  Bild  und  nach  dem  Stanile  der  damaligen  Kriiihruug 
auch  richtig,  aber  es  bestand  zum  großen  Theile  aus  leeren 
Beziehungen,  welche  die  Alten  nicht  aJs  solche  erkannten 
und  auf  deren  Ausgestaltung  sie  ein  besonderes  Gewicht  ge- 
legt hatten.   Die  Bewegung  musste  z.  B.  gleichförmig  seiUr 


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352 


Dr.  Johann  Filsch. 


weil  sie  eine  GesclnviTuligkeitsÜnderung  mit  der  höchst  voll- 
kommeueu  Natur  d  r  Himmelskör])er  unvereinbar  liielten.  und 
sie  musste  im  Kreise  vorsichgeheu,  weil  der  Kreis,  Avelelier 
mit  gegebenem  Umfange  die  größte  Fläche  abschließt,  die  voll- 
kommenste Curve  vorstelle.  Die  anwachsende  Erfahrung  er- 
schütterte nach  ond  nach  den  Glanhen  an  die  Richtigkeit  and 
Zweckmäßigkeit  des  Bildes,  bis  schließlich  Copernicus  ein  neues 
Bild  vor  den  Augen  der  erstaunten  Mitwelt  aufrollte.  Die 
Richtigkeit  entprach  den  vorliegenden  Thatsaehen,  und  die 
größere  Zweckmäßigkeit  ließ  sich  sofort  an  der  geringeren  An- 
zahl leerer  Beziehungen  erkennen,  indem  Kepler  niclit  weniger 
als  elf  BeweguiiLii  11  auf/Ziililt,  welche  durcli  die  Einführung  des 
copernicaniseheu  Systems  als  überflüssig  wegtielen.  Aber  gerade 
eine  der  noch  vorhandenen  leeren  Bez.iehungeu  gab  Aulass  zu 
einem  Irrthume.  Copernicus  schrieb  nämlich  der  Erdachse  noch 
eine  eigene  Bewegung  zu,  durch  welche  sie  parallel  bu  sich 
selbst  bleibe,  und  that  dies  nur  aus  dem  Grunde,  weil  eine 
solche  Bewegung  als  leere  Beziehung  vorhanden  ist,  wenn  man 
im  Tellarium  die  mit  der  Sonne  in  fester  Verbindung  stehende 
Erde  um  erstere  herumführt.  In  einem  neuen  Bilde  vermin- 
derte dann  Kepler  abermals  die  Anzahl  der  leeren  He/iehungen, 
bis  sie  schlielilieh  in  dem  noch  gegenwärtig  geltenden  Bilde 
Newtons  soweit  zurückgedrängt  wurden,  dass  uns  nur  noch 
der  Ersatz  der  Fernkräfte  durch  Wirkung  eines  Zwischen- 
mittels als  weiterer  Fortschritt  m(^lich  erscheint.  Ersichtlich 
tragen  bei  diesem  Gange  der  Erkenntnis  die  Bilder  zuerst  ein 
ausgesprochen  mechanisches  Gepräge,  dann  wird  der  Abstraction 
ein  immer  größerer  Spielraum  gewährt,  bis  in  dem  letzten 
Bilde  alles,  was  wir  von  ihm  auszusagen  vermögen,  sieh  in 
einem  Systeme  von  Differentialgleichungen  zusammenfassen  lässt, 
ein  Ziel,  zu  welchem  wir.  nicht  ohne  vieles  Tasten,  auch  in 
der  Elektricitatslehre  gekommen  sind. 

Wie  sich  die  \  orgänge  in  unserem  Planetensysteme  in  einem 
Bilde  vereinigen  lassen,  das  wir  nach  Hertz^schen  Grundirätzen 
einer  Kritik  untensogen,  so  können  auch  alle  mechanischen 
Yor^nge,  und  nur  von  solchen  ist  ausschließlich  die  Rede, 
in  einem  einzigen  Bilde  abgebildet  werden^  das  aus  den  Grund* 
begriffen  der  Mechanik  in  Verbindung  mit  ihren  Principieu 
besteht.  Dabei  verstehen  wir  unter  Principien  der  Mechanik 
nur  solche  Sätze,  die  zur  Deduetion  aller  mechanischen  Sätze 
ohne  weitere  Berufung  auf  die  Erfahrung  hinreiehen.  Je  nach 
der  Wahl  der  Grundbegriffe  und  Principieu  entstehen  nun 
▼erschiedene  Bilder,  die  sich  wesentlich  in  Bezug  auf  ihre 
Zweckmäßigkeit  von  einander  unterscheiden. 

Bis  in  unser  Jahrhundert  gab  es  nur  ein  solches  all- 
umfassendes Bild,  nämlich  die  Mechanik  in  der  bekannten  Dar- 
stellung, wie  sie  allen  unseren  Lehrbüchern  zugrunde  liegt. 
Die  Begriffe  Zeit,  Raum,  Masse  \;^d  Krnft  sind  ihre  Grund- 
begriffe, und  insbesondere  der  Kraftbegrüi  wuchs  bald  zu  einer 


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Die  Principien  der  Mechanik  nach  Beinrich  Hertz. 


353 


solchen  Bedenttmff  an,  dass  Zweifel  an  seiner  Zulässigkeit  als 

Grundbegriff  wohl  kaum  einer  Diseuaaion  würdig  erschiiMieii 
wären.  Zulässig  und  richtig  ist  das  gewonnene  Büd,  und  tiefe 
Ehrfurcht  muss  uns  vor  den  groHen  Geistern  erfüllen,  welche 
durch  jahrhundertelaiitxe  Arbeit  dieses  gewaltige  Instrument 
iiaturwissen5?ehaftlic}ien  Forschens  geschaffen.  Doch  ist  es  auch 
das  zweckmälügste?  Hertz  veriieiut  die  Frage,  indem  er  auf 
die  vielen  leeren  Beziehungen  hinweist,  welche  durch  den  vagen 
ICrafkbefpiff  hinzukamen.  Nach  den  Gesetzen  der  Mechanik 
ist  n&mhch  einerseits  eine  groüe  Zahl  von  Bewegungen  möglich, 
die  in  der  Natur  nicht  vorkommen,  anderseits  können  wir  über 
manche  natürliche  Bewegung  mehr  aus  der  Erfahrung  schöpfen, 
als  in  den  Principien  der  Mechanik  enthalten  ist,  und  ein  Bild, 
welches  von  vornherein  alle  Vorgänge  ausschlösse,  welche  in 
der  Natur  nicht  vorkon  ni-'n  können,  müsste  unbedinfjt  zweck- 
mäßiger  erscheinen.  Dass  wirklich  eine  Unbestimmtheit  des 
Kraftbegriffes  vorliegt,  erhellt  schon  aus  der  grolJen  Zahl  ver- 
schiedener Kräfte,  welche  wir  allmählich  in  die  Physik  einführten. 
Da  gibt  es  Schwerkräfte,  elektrische  und  magnetische  Kräfte, 
ferner  Molecularkriifte  mit  ihren  yerschiedenen  Unterabthei« 
lungen,  und  der  daraus  henrorgeheude  Zustand  bat  immerhin 
einige  Ähnlichkeit  mit  jenem,  in  welchem  verschiedene  Stoffe, 
einer  für  die  Erklärnnrr  der  Brennbarkeit,  zwei  für  die  Elek- 
trieität,  einer  für  den  Magnetismus  und  einer  für  die  Wärme 
bis  auf  Weiteres  die  Körper  erfüllten.  Sehr  begreiflich  erscheint 
es  dann,  wenn  ein  Forscher  wie  Maeh  diese  Kräfte  als  Spuren 
eines  Fetischismus  ansieht,  vielleicht  sind  sie  aber  auch  die 
letzten  Reste  jenes  naiven  Geistes  in  den  Naturwissenschaften, 
der  sieh  mit  einer  Worterklärung  vollauf  zufrieden  gab.  So 
machte  z.  B.  Picard  die  Beobachtung,  dass  ein  Barometer  im 
Dunkeln  aufleuchte,  wenn  man  das  Quecksilber  desselben  in 
schaukelnde  Bewegung  setze.  Man  nannte  diese  elektrische  Er- 
scheinung, für  welche  man  damals  keine  Erklärunn-  l>f's;<f>,  dt'n 
mercurialischen  Phos])hur,  und  damit  war  die  Saciie  lür  iange 
Zeit  abgethan.  En  ist  sehr  fraglich,  ob  wir  z.  B.  von  uns.  ren 
Elasticitätskräften  eine  viel  genauere  Vorstellung  besitzen  als 
unsere  verehrten  Vorgängi  r  vom  mercurialischen  Phosphor. 

Die  in  der  Natur  unmöglichen  Probleme  gelangen  dadurch 
in  die  Mechanik,  dass  manche  Forscher  den  Kräften  ohne  Ruck- 
sicht auf  die  Möglichkeit  ihres  Entstehens  eine  eigenthümliche, 
selbständige  Existenz  zusehreiben.  Mach  stellt  zur  Widerlegung 
einer  solchen  Auffassung  fnlrj-enden  trefflichen  Vergleich  auf. 
Wenn  jemand  die  Welt  mir  vom  Theater  her  kennen  würde 
und  durch  Sf»ine  Forsehungeu  die  W  iclitigkeit  des  Schnürbodens 
für  die  Bühnen  Vorgänge  erkannt  hätte,  müsste  dieser  Mann 
nicht  später  auch  in  der  wirklichen  Welt  nach  einem  Schnür- 
boden forschen  und  denselben  als  Ursprung  alles  Geschehens 
ansehen?  So  dürfen  auch  wir,  wenn  wir  zu  unseren  Bildern 
die  Begriffe  Kraft,  Masse  u.  a.  brauchen,  dieselben  nicht  schon 


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354 


Dr.  Johaaii  Pitseb. 


deshalb   für  die  reale  Graudlage  der  abgebildeten  Geeen» 

stäiid»-'  lüilteij.  Ebenpowf iiif^  niüsseii  aucli  dir-  \h'^nSe^  welche 
aus  irgend  ^velL•hen  iiniiiilcn  bei  dem  ursjinmghchen  Aufbau 
der  Mechanik  eine  so  budeutt-jide  Rolle  spielteu,  für  alle  Zeiten 
die  Grundbegriö'e  bei  einer  Deduction  abgeben. 

Da  wandte  sich  in  der  Mitte  unseres  Jahrhundertes  die 
wissenechaftliche  Aufaierksainkeii  emem  HesriSe  zu,  welclier 
in  seioer  ganzen  Bedeutung  erat  ein  Kind  unserer  Zeit  ist, 
nämlich  der  Energie,  und  es  tauchten  nach  und  nach  die  Um- 
risse  eines  neuen  Bildes  des  mechanischen  Geschehens  auf,  die 
gegenwärtig  vielgenannte  Energetik,  in  welcher  Zeit,  Kaum, 
Masse  und  Energie  die  Grundbegritfe  bilden  Wiewohl  dieses 
neue  Bild  noch  nie  iu  aiieii  seinen  Zügen  ausgeführt  wurde, 
sind  doch  die  meisten  Naturforselier  von  der  Möglichkeit  eines 
solchen  Ausbaues  überzeugt  und  schon  von  den  ►Schönheiten 

der  thdlweisen  Bearbeitung  entsfleki  In  ungeahnt  dnhmtlieher 
Auffassung  stellen  sich  die  mechanischen  Erscheinungen  ala 
Überg^ge  und  Umformungen  von  Energiemengen  dar.  Auch 
kann  man  nunmehr  die  materiellen  Systeme  als  Ganzes  be- 
trachten und  braucht  nicht  bei  den  einfachsten  Problemen  auf 
die  Molecüle  und  die  zwischen  ihnen  thätigen  Kräfte  zurück- 
gehen, bei  deren  Darlegung  bekanntlich  den  gewissenhaften 
Physiker  ein  leichter  Schauder  befallt. 

Aber  wieder  regt  sich  der  Skepticismus  und  stört  die 
Freude  an  dem  Gewonnenen.  Die  Energie  tritt  nämlich  in. 
2wei  Formen  auf,  als  Energie  der  Bewegung  (Icinetische  Energie) 
und  Energie  der  Lage  (potentielle  Energie),  und  nur  die  erste  ist 
einfach  zu  definieren  und  der  Messung  zu  unterwerfen,  während 
die  potentielle  Energie,  einem  Proteus  gleich,  in  mannigfacher 
Gestalt  auftritt.  Dazu  kommt  noeh  ihre  schlimmste  Eiir''ii- 
fichaft,  sie  lässt  sich  nicht  ohne  Zuhilfenahme  des  KraftbegriÜes 
definieren. 

Ich  möchte  an  dieser  Stelle  den  allerjüngsten  Versuch,  den 
Ostwald  in  seiner  Rede,  betitelt:  „Die  Überwindung  des  wissen- 
schaftlichen Materialismus'*,  anstellte,  um  das  iu  Rede  stehende 
Bild  zu  modificieren,  schon  deshalb  nicht  übergehen ,  weil  der 

Anschein  eines  allzu  sielieren  Einherschreitens  auf  schwankem 
Grunde  viel  Widerspruch  zeitig.  Statt  nämlich  das  Hindernis 
zu  beseitigen,  welches  der  Knprcr**tik  aus  dem  Begriffe  der 
poteiitifllt'ii  Knergie  erwächst,  füiirt  Ostwald  unter  dcni  An- 
scheine der  Vereinfachung  eine  neue  Schwierigkeit  ein.  Aus  dem 
schon  von  Maxwell  ausgespruchenen  Satze,  dass  die  Natur- 
erscheinungen nur  Umformungen  der  Energie  seien,  zieht  er 
die  Folgerung,  dass  unsere  Sinneswerkzeuge  nur  auf  Energie- 
differenzen  zwischen  ihnen  und  ihrer  Umgebung  reagieren. 
Wenn  aber  alles,  was  wir  von  der  Außenwelt  erfahren,  nur 
Energieverhältnisse  sind,  dann  haben  wir  auch  keinen  Grund,, 
etwas  anderes  als  Energie  in  ihr  als  vorhanden  anzunehmen, 
der  BegriÜ'  Materie  wird  überflüssig,  Zeit,  Raum  und  Energie 


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JJie  Principien  der  Mechanik  nach  Heinrich  üettz. 


355 


siud  die  Grundbegriffe  dieser  Modilieatiou  der  Euergetik.  Es 
ist  ersichtlich,  dass  gegeu  diesen  Versaeh  in  erhöhtem  Maße 
der  Einwand  gilt,  dass  wir  bis  jetzt  nicht  imstande  sind,  alle 
Merkmale  des  Begriffes  Energie  anzugeben,  weshalb  derselbe 
noch  nicht  als  Gnuidbegriff  bei  einer  wissenschaftlichen  Dar- 
stellung der  Mechanik  dienen  katin.  Dies  war  auch  der  Grund, 
warum  Hertz,  der  selbst  eine  Energetik  schaffen  wnlltr*.  (Kmi 
Versuch  wieder  aut'tj^ab  und  einen  neuen  Weg  einschlug,  der 
zu  einem  dritten  Hilde  der  Mechanik  tViiirte.  Die  Idee,  nur 
drei  Grund begritie  in  der  Mechanik  gelten  m  lassen,  rührt 
schon  Ton  Eirchhoff  her,  wurde  aber  erat  Ton  Hertas  consequent 
durchgeführt.  Dieselben  sind:  Zeit,  Baum  nnd  Masse,  aber  es 
gesellt  sicli  zu  ihnen  n(u']i  eine  für  den  ersten  Augenblick  be- 
fremdliche Hypothese.  Wenn  wir  sehen,  wie  das  Schließen  eines 
elektrischen  Stromes  die  Ablenkung  einer  benachbarten  Magnet' 
nade]  hervorruft,  oder  beachten,  dass  die  von  der  Sonne  aus- 
gehenden Strahlen  den  Erdboden  erwärmen,  drängt  sich  uns 
sofort  die  Überzeugung  auf,  dacis  mit  den  sinnlich  wahrnehm- 
baren Erscheinungen  noch  andere  Hand  in  Hand  gehen,  von 
welchen  wir  nur  infolge  der  Einrichtung  unserer  Sinnesorgane 
keine  Kenntnis  erlangen.  Dem  Wunsche  aber,  auch  sinche 
Erscheinungen  in  unserem  Bilde  nachzuahmen,  entstammen  die 
geheimnisvollen  Begriffe  Kraft  und  Energie.  Wahrscheinlich 
noch  unter  dem  Einflüsse  seiner  epochemachenden  Arbeiten, 
dnrcli  wt'lclif  wenigstens  auf  dem  (Jebiete  der  Elektricität  und 
des  Magru'tisnius  die  FernkrültL'  auf  Hewt'jj:iin<rsv(irgäuge  in 
einem  ruumei  füllenden  Mittel  zurückg<'l'iihrt  wurden,  nahm 
nun  Hertz  die  Hypothee^e  au,  dieses  unbekannte  in  den  Er- 
scheinungen sei  auch  nur  Masse  und  Bewegung  und  gicnge 
also  aus  den  Grundbegriffen  herror.  Hiebei  konnte  er  sich 
auf  die  Auseinanderaetzun^n  eines  Helmholtz  stützen,  welcher 
bereits  auf  die  Wichtigkeit  der  Annahme  sogenannter  verbor- 
genen Bewegungen  hingewiesen,  die  sieli  nur  in  Bezug  auf 
unsere  Mittel  der  Wahrnelimung  von  anderen  unterscheiden. 
Kraft  nnd  Energie  sind  dann  unter  allen  I^mständ^n  eine 
WiikuuLC  von  Masse  und  Bewegung,  wenn  sie  auch  beide  nicht 
sinulich  nachweisbar  sein  sollten.  Diese  Hypothese  wird  uns 
nicht  einmal  so  überraschend  neu  erscheinen,  wenn  wir  be- 
denken, dass  bereits  die  mechanische  Wärmetheorie  und  mit 
ihr  die  kinetische  Gastheorie  die  bei  den  Wärmeerscheinungen 
auftauchenden  Kräfte  und  Energien  auf  verborgene  Bewegungen 
zurückführten. 

Mit  den  Grundbegriffen  tritt  dann  bei  H»  rt/.  ein  Princip, 
aber  nur  ein  einziges,  in  Vorhindunc^,  das  aueli  in  üljerra-^chend 
einfacher  Form  folo-,'ndcn  Ausdruck  erhält:  ...led*-s  freie  S\ -tt-m 
beharrt  in  seini-ni  Zustande  der  Ruhe  udtir  der  gleichförmigen 
Bewegung  in  einer  geradesieu  Bahn."  Freilich  sind  die  Aus- 
drücke Bahn  und  gar  geradeste  Bahn  eines  ganzen  materiellen 
Systems  neue  Begriffe,  die  selbst  wieder  einer  Erörterung  be- 

„Ö»tem  MlttelMibale".  XI.  Jabi«.  26 


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356  Dr.  Johann  Pitech.  Die  Principien  d.  Mechaaik  n.  Heinrich  Herts. 

dürfen,  bezüglich  welcher  aber  auf  das  Originalwerk  verwiesen 
werden  miuis.  Aus  den  Grundbegriffen  und  diesem  Principe 
dedueieri  dann  Herta  die  Satze  der  Mecbanik,  wobei  es  aller- 
dings auch  bald  zweckmäßig  erscbeint,  die  Begriffe  Kraft  ünd 
Energie  als  Hilfsbegriffe  anzunehmen,  aber  GeheimnisTolles 
bieten  sie  dann  nichts  mehr  dar,  denn  sie  werden  nur  auf 
Grnnd  Yon  "H'-finitionen  eingeführt,  die  ihre  sämmtlichen  Merk- 
male ange[)en.  Durch  seine  Mechanik  hat  Hertz  wenigstens 
theilweise  den  Ausspruch  Maehs  gerechtfertigt,  dass  der  Kraft- 
begiiii  äberÜüssig  würde,  wenn  wir  einmai  direct  die  Abhängig- 
keit der  Lasen  der  Körper  von  einander  erkennen  könnten. 
Hertz,  der  schon  im  kräftigsten  Maunesalter  starb,  stellte  seine 
Mechanik  nur  in  ihren  Hauptzügen  fertig,  konnte  aber  seine 
Goldbarren  nicht  mehr  in  leicht  coursierendes  Kleingeld  um- 
wechseln, und  so  wird  es  vielleicht  noch  lange  dauern,  bis  die 
Gesammtarbeit  schwächerer  EpiL'onen  jene  Ergänzungen  schafft, 
die  der  Anwendung  der  Hertz'sclien  Grundsätze  in  aÜen  Theilen 
der  Physik  vorangehen  müssen. 

Wenn  ich  es  heute  wagte,  Ihueu  verschiedene ,  einander 
ssomtheil  entgtgeastehende  Ansichten  bedeutender  Männer  vor- 
zaftthren,  geschah  es  in  dem  Bewusstsein,  dass  bei  der  Be- 
trachtung solcher  Kämpfe  unsere  Seelenruhe  ungetrübt  bleibt. 
Hegen  wir  doch  alle  die  innige  Überzeugung,  dass  aus  dem 
Widerstreite  der  Meinungen  schließlich  die  Wahrheit  hervor- 
geht und  dass  der  gewaltige  Sehritt,  welchen  die  Naturwissen- 
schaft in  unseren  Tagen  einsehlägt,  eine  noch  größere  Ver- 
tiefung unserer  Erkenntnis  in  nicht  zu  ferner  2eit  erhoffen 
lasst. 


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Dr.  6.  Jnritaeh.  Die  Iiutnictioneii  tum  geographischen  Unlerrichte etc.  357 


Dieinstruclioiien  zum  geographischen  Unter- 
richte im  Verhältnisse  zur  bisherigen  Me- 
thode der  Lehrbücher. 

Vortrag,  gehalten  aui  VI.  deuUch-österrtichischen  Mittelschultage  von  Dir. 

Dr.  G.  JuritSCh  aus  Mies. 

Ich  bin  mir  ))pwusst.  mit  der  Aukündigung  meines  Vor- 
trages und  der  aufgestellten  Thesen  eine  scharfe  Oppnsitiou 
wachzurufen.  Um  über  gleich  ini  vornherein  meinen  StandpuiikL 
zu  prücibiereu ,  sehicku  ich  die  ilirkluruug  voraus,  daäti  em  tiich 
bei  der  Erörterung  dieser  Fragen  nieht  Oftrom  handelt,  das  den 
loetmetionen  im  geocraphisehen  Unterrichte  zugrunde  ge1«'gte 
System  aU  das  alleinoereehtigte  hinzustellen,  das  bei  jedem 
Schüler  ohne  Ausnahme  zum  gewünschten  Erfolge  führt,  wäh- 
rend anderseits  die  Methode  der  Lehrbücher  als  durchaus 
verfehlt  1)»'/eichnet  werden  müsste.  Durch  eine  mir  aus  Steier- 
mark zugeschickte  ( Oi  r 'spomlenzkarte  bin  ich  darüber  ver- 
gewiböert  worden,  da.-s  man  »iie  Frage  fälschlich  in  der  Weise 
auifasste,  als  ob  heute  groDes  (iericht  gehalten  werden  öuiite, 
was  gut  oder  schlecht  sei.  So  weit,  hoc  geehrte  Herren,  ver- 
steige ich  mich  nicht  in  meinen  Anmalrangen,  um  Aber  die 
Arbeiten  verdienter  M&nner  auf  dem  Gebiete  der  Schulbücher- 
literaiur  den  Stab  zu  brechen.  Meine  Absicht  geht  nur  dahin, 
nochmals,  wie  es  gewiss  schon  oft  von  maßgebenderer  Seite 
vorher  geschah,  auf  den  grollen  Unterschied  hinziiweisen, 
der  zwischen  dem  System  in  dm  Instructionen  und  der  An- 
passung der  Lehrbüclier  an  diese  noch  immer  fortbesteht.  Will 
ich  autnchtig  sein,  so  luuss  ich  gesteheu,  dass  ich  in  der  ver- 
gangenen Woche  nach  Einlauf  der  Correspondenz  aus  Steier- 
mark fast  zaghaft  wurde,  nicht  etwa  deshalb,  weil  ich  mir  ttber 
die  Lösung  der  Fraee  selbst  noch  unklar  bin,  sondern  aus 
Furcht,  Sie,  meine  Herren,  von  meiner  Ansicht  nicht  genügend 
überzeugen  zu  können.  Einiger  Trost  wurde  mir  durch  einen 
in  der  letzten  Nummer  der  ..Zeitschrift  f'ir  Schulgeographie" 
von  Heinrich  Kerp,  Lehrer  am  Gymnasium  m  Honn.  verolVent- 
lichten  Aufsatz  gebracht,  der  ..über  die  Abgrenzung  und  Be- 
nennung der  erdkundlichen  Lehreiuheiten  nach  natürlichen 
.  Gesichtspunkten"  handelt.  Lässt  auch  der  Titel  der  Abhand- 
lung nur  sehr  schwer  den  Tenor  erkennen,  so  findet  man  sich 
in  dieser  selbst  leicht  bei  dem  Gedanken  zurecbt,  dass  „viele 
in  Deutschland  gehrauchte  Lehrbücher  die  Lehi-stoffe  in  den 
Bahmen  politischer,  aus  geschichtlichen  Ereignissen  hervor- 
gegangener Gebiete  einzwängen  und  das  natürlich  Zusammen- 
gehörige durch  die  oft  sehr  willkürlich  gezogenen  Landes- 

26* 


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358 


Dr.  G.  Juritscb. 


ereuzen  von  einander  trennen."  Keip  beantragt  eine  Änderung 

(i«'r  Lelirbiuhor  nach  den  von  ihm  auff^pstellten  Gesichts- 
punkten. Ich  steht'  iilso  mit  raeinen  Tlu^^^en  nicht  mehr  so  ver- 
messen da,  als  es  den  Anschein  haben  konnte. 

,.Alle  Wege  führen  nach  Rom,''  sagt  schon  ein  ziemlich 
abgedroschenes  Sprichwort;  deshalb  ist  es  auch  gar  nicht  meine 
Absicht,  die  sehr  geehrten  Verfasser  der  Lehrbücher  heute 
nach  Üanossa  zu  zerren.  Aber  darin  werden  mir  wohl  alle  zu- 
stimmen, dasB  Ton  den  verschiedenen  Wegen,  die  Schüler  „die 
Erde  als  Ganzes  und  die  Dinge  der  Erdoberfläche  als  solche 
in  ihrer  räumlichen  Anordnung  und  die  damit  zusammen- 
hängenden He/iehnngen  kennen  /.n  lernen",  doch  einer  als  der 
küraeste  und  beste  be/eic]iin't  werden  muss. 

Vergeg^enwäHigeu  uir  uns  die  ältere  Methode  des  geo- 
raphischen  Unterrichtes,  so  beschränkte  sie  sich  darauf,  dass 
ie  Schiller  das  im  Buche  Gedruckte  der  Ordnung  nach  auf 
der  Karte  zeigen  konnten.  Sie  war  aufzählend,  beschrei- 
bend und  kümmerte  sich  nur  um  das  „dass",  nicht  um  das 
..wie".  Nach  dem  Beweise  von  der  Kugelgestalt  der  Erde  und 
der  Aufzählung  der  Haupthimmelsrichtungen  begann  man  so» 
fort  mit  Europa.  Der  Anfang  wurde  mit  der  Aufzälilimg  der 
einzelnen  Halbinseln  und  Meeresbuchttn  gemacht,  und  der  junge 
Primaner  zeigte  mit  einem  Stäbehen  der  Reihe  nach  auf  der 
Karte,  was  sein  Mund  geschwätzig  sprach.  Man  wurde  dabei 
unwillkürlich  an  den  Ausrufer  einer  Menagerie  im  Prater  er- 
innert. War  dieses  wichtige  Gapitel  beendet,  so  folgte  die  Auf- 
zählung der  Gebirge,  dann  der  Hauptflüsse,  dann  der  Neben- 
flüsse, wie  sie  rechts  und  links  einmünden,  dann  der  Staaten 
und  endlich  der  Städte.  Wir  wollen  über  diese  Art,  Geographie 
zu  lehren,  kein  W^rt  verlieren.  Ich  glaube,  man  könnte  sich 
nur  darüber  wnndern,  wie  sich  diese  Methode  so  lauge  Zeit 
über  Wasser  erhielt. 

Da  kamen  die  Instructionen,  die  mit  dem  bisher  Ge- 
leisteten in  solchem  Gegensatze  standen,  dass  der  Verfasser  ob 
der  ihm  angeborenen  Bescheidenheit  darob  selbst  bass  er- 
schrak. Gewiss  ist,  dass  zur  Zeit,  als  die  Instructionen  er- 
schienen, die  damaligen  Lehrbücher  alle  noch  dem  alten 
Systeme  huldigten.  Aber  statt  dass  der  geehrte  Verfasser  gleich 
anfangs  die  Unvereinbarlichkeit  heider  Systeme  klargestellt 
hätte,  meint  derselbe:  T^mi-  Lehrer  ir,  iir.  dein  IMane  der  Lelir- 
bücher  folgend,  inmieriim  gleich  nacii  den  vorbereitenden 
Übungen  zum  (Jlubus  und  zur  Übersicht  über  die  Liij^e  und 
den  Umriss  der  Erdtheile  übergehen  .  .  Der  Fehler  lag 
darin,  dass  die  Lehrer  mit  der  einen  Hand  auf  die  Lehr- 
bücher verwiesen  wurden,  während  man  ihnen  mit 
der  anderen  Hand  Normen  gab,  mit  welchen  sie  ab* 
s<']ut  nichts  anzufangen  wussten.  Auf  diese  Wei.se  ent- 
stand eine  Verwirrung  wie  kaum  in  einem  anderen  Fache  de» 
(.lyuiuasialwesens. 


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Die  Inatructionen  txuax  geographiscfaen  ünteriichte  etc.  35«) 


Es  gPFcliali.  dass  au  riner  und  derselben  Anstalt  der 
(iegeustaud  von  drm  cmupii  su,  vou  dem  anderen  uikIlts  be- 
handelt wurde,  eiu  Schade,  iiu  welchem  jene  Schüh-r  /.liiiiichül 
litten,  welche  das  Unglück  hatten,  den  Lehrer  zu  wechseln. 
Ich  kann,  ohne  die  Wahrheit  zu  Yerletzen,  die  Behauptung 
aufstellen,  dass  manche  dieser  Schüler  und  auch  deren  In- 
stmetoren  rathlos  waren,  da  sie  bei  dem  Übergange  yom  Alten 
2um  Ne\ieu  dem  Unterrichte  gar  nicht  folgen  konnten,  weil 
ihnen  die  Grundbegriffe  fehlten. 

Die  Instructionen  streben  f\n.  dass  die  Schüler  die 
Karte  zu  lesen  imstande  sind  und  das  dort  Geschaute  unter- 
ijiüauder  sofort  vergleichen;  sie  verbreiten  sich  auf  das 
ganze  Kartenbild  und  suchen  hüben  und  drüben  das  Ähnliche, 
verbinden  und  verknüpfen  es,  scheiden  das  Unähnliche  aus,  so 
dass  mit  der  Behauptung  nicht  zuviel  gesagt  ist:  Der  SchCLler 
wird  an  der  Hand  des  Lehrers  Aber  das  Angesicht  der  Erde 
geführt.  Er  misst,  sichtet,  verbindet,  scheidet,  gewinnt  Begriffe 
und  schärft  sein  Urtheil  über  das  dort  Geschaute. 

„Es  sollte  nicht  sosehr  dns  den  Zeilen  des  Buches  Ent- 
nommene in  der  Karte,  als  vielmehr  d?^  aus  der  Karte  Ge- 
schöpfte in  der  Anorchiung  des  Lehrbuches  wiedergefunden 
werden,"  äußern  sich  die  histructionen.  Auch  hier  hat  der  Ver- 
lasser zu  bemerken  versäumt,  dass  in  den  Büchern  von  all  den 
Fragen,  welche  ans  der  Eajrte  zu  beantworten  waren,  wenig 
oder  nichts  zu  finden  sei.  Er  versäumte  es,  offen  zu  ffestehen, 
dass  der  erdkundliche  Unterricht  in  ganz  andere  Bahnen  als 
bisher  gelenkt  werden  müsse  und  me  vorliegenden  Bücher 
keine  Behelfe  dafür  bieten. 

Erst  die  hohe  Ministerialverordnung  vom  24.  Miii  1!^112 
bestimmte:  ^Zur  Erreichung  der  Absichten  des  neuen  Lclir- 
plancs  sind  Biiclier  erforderlich,  welche  in  der  Darstellung 
des  Lehrstoffes  den  im  Lehrplanu  und  iu  den  Instruc- 
tionen gestellten  Forderungen  entsprechen  .  .  .  Un- 
veränderte Auflagen  der  bisherigen  Lehrbücher  werden  künftig 
nicht  mehr  approbiert  werden." 

Die  Folge  dieses  wichtigen  Erlasses  war,  dass  die  Herren 
Verfasser  oder  Bearbeiter  sich  entschlossen,  eine  Propädeutik, 
d.  h.  eine  Einführung  in  die  Grundbeo^riffe  der  Erdkunde,  als 
da  sind:  Orientierung,  kurze  Anleitung  zur  Terrainlehre  etc., 
voranzuschicken. 

Hier  zeigte  sich  ganz  deutlich,  um  wieviel  jene  Herreu, 
die  frei  arbeiteten,  leichtere  Arbeit  hatten  als  jene,  die  ein 
vorhandenes  Lehrbuch  bloß  umarbeiteten.  Elun-Trampler  und 
Herr  Weingartner  stehen  z.  B.  den  Leistungen  Supans  und 
Richters  weit  nach.  Besonders  Supan  hat  wenigstens  in  dem 
Abschnitte  »Die  Darstellung  der  Erdoberfläche"  gauz  nette 
Versuche  gemacht,  einige  Gesetze  der  Terraindarstellung  den 
Schülern  nähcizubringen.  Dort  aber,  wo  die  eigentürlie  Be- 
handlung der  Bodentürmung  beginnt,  ist  meines  W  issens  in 


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360 


Dr.  G.  Juritsch. 


der  bisherigen  Methode  nicht  viel  geändert  worden.  Ein  Blick 
in  das  Lehrbuch  »Supaus  beweist,  dass  die  uu f zählen d-be- 
schreibende  Methode  vollständig  beibehalten  wurde, 
indem  das  deutsche  Mittelgebirge  in  acht  Zeilen  ab^ethan  wird 
und  bloße  Namen  enthalt.  Was  noch  eigenthümliäer  ist^  so- 
wohl er  als  Riehter  und  Klun-TTampler  beginnen  mit  den  com- 
plicierten  Alpen,  statt,  den  gewohnlichsten  Regeln  des  Unter- 
richtes folgend,  vom  Leichteren  zum  Schwereren  fortzuschreiten. 
Ich  gehe  jede  Wette  ein.  dass  die  Schüler  in  dem  Gewirre 
von  Kett^Mi  üüth  hal)en  werden,  auf  der  Karte  den  Mout  Blanc 
oder  den  Ortler  7.u  Hndeu.  Uberall  aber  finden  wir  getrennt 
von  den  Bodenerhebungen  die  Behandlung  der  Flüsse,  wenn 
man  nicht  in  der  Erwähnung  der  Alpenthäler  wenigstens  einen 
sehüehtemen  Versuch  sehen  will,  Berg  und  Fluss  zu  yer- 
binden.  Gerade  in  dieser  Verbindung  und  in  der  engen 
organischen  Beiordnung  von  Berg,  Fluss  und  Meer, 
und  wfis  noch  sonst  daz.ii  gehört,  liegt  der  Wert  der 
neueren  Methode.  Nirgends  nünilich  sehen  wir  in  der 
Natur  hier  nur  Berge,  dort  nur  Flüsse,  wieder  anderswo 
bloß  Städte  und  Staaten,  sondern  von  wo  immer  wir  die  Erde 
betrachten,  tritt  uns  überall  das  gesammte  Landschaftsbild  vor 
Augen. 

Wo  also  ein  Qebirge  genannt  oder  beschrieben  wird,  musa 
auch  gleichzeitig  das  Flusssvstem  oder  die  Flusssysteme  heran- 
gezogen werdm,  wobei  es  dem  Lehrer  freisteht  oder,  besser 
gesagt,  sogar  geboten  erscheint,  mehrere  bereits  durchgenom- 
mene Gebirge  nach  den  verschiedenen  Gesichtspunkten  unter- 
einander zu  vergleichen. 

Um  aber  diese  Stufe  des  Lnterriclites  zu  erreichen,  muss 
zuYor  das  Hauptbestreben  der  Lehrer  darauf  gerichtet  sein, 
den  Schülern  das  Lesen  der  Karte  vollständig  geläufig 
zu  machen.  Ritter  äußert  sich,  wie  bekannt  sein  wird,  folgender- 
maßen: „Die  von  Natur  auf  der  Erde  errichteten  Denkmale 
und  ihre  Hieroglyphenschrift  müssen  betrachtet,  beschrieben, 
ihrr  Coii-tnietinn  »'ntziffei-t  werden.  Ihre  Oberflächen,  ihre 
Tieleu,  ihre  Huben  müssen  gemessen,  ihre  Formen  nach  ihren 
wesentlichen  Charakteren  geurdnei  und  alles  zu  einem  über- 
sichtlichen Ganzen  gruppiert  werden.'^  Das  Lesen  der  Karte 
ist  eine  Kunst,  und  darin  hat  die  altere  Methode  gefehlt, 
dass  sie  das  Lesen  der  Karte  als  etwas  ganz  Selbstverständ* 
liches  hielt,  als  ob  es  der  Mensch  schon  mit  auf  die  Erde  brächte* 
Das  Lesen  der  Worte,  bestehend  aus  einzelnen  Silbenzeichon, 
muss  geübt  werden,  und  doch  haben  wir  hier  nicht  nur  ver- 
hältnismäßig wenig  Zeichen,  sondern  auch  was  gelesen  wird, 
soll  dem  Kinde  mehr  oder  weniger  bekannt  sein.  Und  in  der 
Erdkunde,  wo  auf  der  Karte  die  verschiedenartigsten  Formen 
dargestellt  werden,  sollte  das  Lesen  innerhalb  weniger  Stunden 
ab^han  werden  oder  gar,  wie  es  früher  Üblich  war,  als  eina 
angeborene  Fertigkeit  gelten? 


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Die  Instructioiieü  zum  geographischen  Unterrichte  etc.  361 


Ein  Veifasser  eines  Lehrbaches  hSlt  aueh  heute  noch  für 
ausreichend,  wenn  er  in  einigen  Zeilen  bemerkt:  „Gipfel,  Kamm- 
linie  und  Hochebene  und  überhaupt  nlle  flachen  Stellen  bleiben 
weiß.  Die  Hösehunr;  dagegen  wird  durch  eine  Fülle  kl'-inMr 
Striche,  tsugenaunte  Sehraffen,  angedeutet.  Je  steiler  die  lioscining 
ist,  desto  dicker  und  dichter  neben  einander  lauten  die  vSehnilVen. 
Eine  Karte,  die  ein  Hochgebirge  darstellt,  wird  daher  immer 
siemlieh  dnnkel  ersetieinen." 

Ich  will  eingestehen,  was  hier  gesagt  wird,  ist  etwas,  näm- 
lich mehr  als  nichts,  aber  es  ist  riel  zu  wenig.  Begnügt  sich 
der  Lehrer  mit  dem  hier  Gebotenen,  so  kann  er  sicher  sein, 
dass  seine  Schüler  vom  Kartenlesen  keinen  blassen  Hegritf 
haben;  lehrt  er  sie  aber  wirklich  die  Kunst  des  Lesens,  so 
lässt  ihn  das  Bueli  völlig  im  Stiche.  Sui)an  hat  sich,  wie  bereits 
früher  erwähnt,  etwas  eingehender  mit  der  Darstellung  der 
Erdfonnen  beschäftigt,  aber  zwischen  den  einfachen  Zeich- 
nungen anf  den  Seiten  16  und  17  und  dem  Querschnitte  auf 
der  folgenden  Seite  ist  ein  zu  großer  Sprung.  Zur  Vollständig- 
keit der  Terraindarstellung  fehlt  noch  der  weitaus  größte  Theu: 
Erbebunj^en  mit  vier  P*üschungen,  kegelförmige  Berge  mit 
gleichbleiljendem  BöschuiiLf^winkpl  oder  sich  Stets  verjindfrn- 
dem.  entweder  zu-  oder  ahneiimend,  Typen  mit  uiigleicljen 
Böschungswinkeln  auf  den  verschiedenen  Seiten,  Typen  von 
Terzweigten  Gebirgen  u.  s.  w. 

Ein  wichtiges  Capitel  bilden  die  Fragen,  was  in  der  An- 
sicht Ton  oben,  was  im  Quer-  und  Längenschnitte  abgemessen 
werden  kann  Hier  können  die  Erörterungen  über  absolute  und 
relative  Höhe  eingefügt  werden.  Ähnlich  müssen  die  einzelnen 
Flussforraeu  auf  der  Tafel  entwickelt  werden:  Flüsse,  die  einen 
parallelen  Lauf  haben  und  sich  dann  vereinigen;  solche,  die  von 
entgegengesetzten  Richtungen  kommen  und  nach  ilirer  Ver- 
einigung von  den  bit^herigeu  Uichtuugeu  abweichend  fortlaufen; 
Flösse,  die  straUeni5rmig  zosammeiuEommen;  FlOsse,  die  ein 
Gebirge  begleiten  oder  durchbrechen  oder  abschneiden.  Alle 
diese  nothwendigen  Vorbeffriffe  und  noch  viele  andere,  welche 
ich  W^en  Mangels  an  Zeit  nicht  einmal  flüchtig  berühren 
kann,  sind  zum  Lesen  der  Karten  unbedinj^^t  nothwendig.  Und 
haben  Sie.  meine  Herren,  in  den  vorliandenen  Lehrbüchern 
auch  nur  einige  Anhaltspunkte?  Die  Lehrer,  weiche  in  der  den 
Instructionen  entsprechenden  Weise  vorgehen,  sind  bia  jetzt 
einziff  auf  sich  und  die  Zeichnungen  an  der  Tafel  auge wiesen. 

Ich  will  nun  gleich  selbst  einigen  Einwflrfen,  welche  gegen 
die  Methode  der  Instructionen  gemacht  werden  könnten,  be- 
gegnen. Der  erste  geht  dahin,  dass  man  derlei  Kenntnisse  zur 
Geographie  auf  der  Unterstufe  gar  nicht  brauche;  der  zweite, 
dass  der  Geograph  dem  Bildungsgange  der  Schüler  weit  vor- 
greife, da  er  f>ereits  in  der  1.  ('lasse  von  Körpern  handelt, 
Quer-  und  Längenschnitte  macheu  liis^t,  während  in  der  Geo- 
metrie bloii  Linien  in  der  Ebene,  Winkel  etc.  behandelt  werden. 


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a62 


Dr.  G.  Joritsch. 


Meine  Herreu!  Behaupten  wollen,  dass  der  Schüler  Terrain- 
kenntnisse  nicht  brauche,  heiÜt  soviel  als  auf  Geogray>hie  über- 
haupt zu  verzichten;  denn  ohne  die  Kunst  des  Kartenlesens 
kann  das  sonstwie  Gebotene  nicht  Geographie  genannt  werden. 
Man  sollte  doeh  einmal  anfangen,  diesen  Gegenstand  ans  der 
Aschenbrödelstellung,  die  er  bisher  hatte,  zu  befreien!  Noch 
immer  ist  Geographie  und  Geschichte  zu  einem  Gegenstände 
im  Kataloge  und  im  Zeugnisse  vereinigt.  Beide  Fächer  sind 
ebenso  verschieden  als  Latein  und  (xrieehisch  oder 
Mathematik  und  Physik.  AVelclier  L^^lir«*r  hatte  in  seiner 
Praxis  nicht  die  Erfahniug  gemacht,  dass  cin/.tlne  Schüler  in 
der  Erdkunde  Vorzügliches  leisten,  während  sie  in  der  Ge- 
schichte schwach  bleiben  oder  umgekehrt?.  Der  Lehrer  ist  noch 
Immer  bei  der  Classification  genöthigt,  die  Noten  aus  den  beiden 
verschiedenen  Diseiplinen  in  eine  zu  verschmelzen.  Hat  der 
Schüler  nicht  das  Recht,  zu  verlangen,  dass  seine  Leistungen 
aus  jedem  Fache  ganz  und  voll  jjewürdigt  werden?  Aber 
nicht  blüh  das.  Die  G»'oo-nt]ihi*'  ist  ein  Gorrenstand,  der  auch 
dem  Naturhistoriker  übertrageu  werden  kann.  Dieser  erscheint 
völlig  befähigt,  Erdkunde  vorzutragen,  weil  bei  Besprechung 
der  einzelnen  Länder  etwa  erwähnt  wird,  dass  dort  L&wen  und 
Tiger,  hier  Wölfe  und  Bären  vorkommen.  Wenn  die  Erdkunde 
auf  das  Lesen  der  Karte  und  die  Terrainlehre  verzichten  will, 
dann  ist  jedermann  befähigt,  in  diesem  Gegenstande  zu  unter- 
richten. Welche  Bedeutung  hat  aber  im  späteren  praktisi  hen 
Leben  gerade  diese  bis  vor  kurzer  Zeit  so  gering  ^n-aehtete 
Diseiplin!  Jeder  kommt  einmal  oder  auch  öfters  in  die  Lage, 
sieh  auf  einer  Specialkarte  zureclitlindeji  zu  müssen.  Nicht  ein-, 
sondern  unzähligemale  bin  ich  gebildeten  Leuten  begegnet,  die 
sich  colorierte  Specialkarten  kaufen  mussteu,  weil  sie  nicht 
imstande  gewesen  wären,  sich  auf  einer  anderen  zurechtzu- 
finden. Nun  aber  hatten  sie  wenif^stens  den  guten  Glauben, 
sie  könnten  sich  mit  Hilfe  der  colorierten  Karte  orientieren, 
weil  die  Straßen  hellroth,  die  Wälder  grün,  die  Felsen  braun 
eiugemalt  waren.  Wann  aber  sollen  die  Schüler  anfangen,  die 
Karte  zu  lesen?  Etwa  in  einer  späteren  Classer  Ich  meine  das 
Rechte  zu  treÜeu,  wenn  ich  behaupte,  es  müsse  gleich  in 
der  L  Glasse  gründlich  geschehen.  Wer  sich  mit  dem 
Wenigen  begnügt,  was  in  den  vorhandenen  Büchern  geboten 
wird,  der  wird  von  den  Schülern  nur  irre  geführt.  Sie  zeigen 
vielleicht  mit  dem  Stäbchen  richtig  den  Schwarzwald,  den 
Selnveizerjura  oder  den  Po.  Der  scheinbare  Erfoltr  rührt  aber 
nicht  vom  versjtinidnisvoUen  Kartenlesen,  sondern  bloii  von 
einem  vorziiglielien  Localgedächtnisse  her.  Lassen  Sie, 
meine  Herren,  einige  Monate  vergehen,  und  das  mühsam  Ge- 
lernte ist  vet|[e8sen,  vergessen  für  immer,  da  die  Aneinander- 
reihung der  Begriffe  bloD  mechaniAch  war. 

Die  Begebung  des  zweiten  Einwurfes  fuhrt  dahin,  dass 
es  ganz  irrig  ist,  wenn  man  behauptet,  den  Kindern  mangle 


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Die  liij>tructiooeo  zum  geographittchen  Unterrichte  etc. 


m 


der  Sinn  für  Körper,  oder  die  Lehre  von  Körpern  Uberschreite 
ihre  Fassungskraft.  Denn  was  das  Kind  betastet,  sind  Körper; 
diese  liegi  ii  iluu  unendlich  näher  als  Flächen,  welche  es  ja  doch 
nnr  durch  Abstraction  an  Körpern  wahrnimmt. 

S*»hon  wir  uns  die  Kritzeleien  des  Max  und  Moriz  an! 
Was  xeicliiien  sie?  Etwa  Parallele,  die  vuii  einer  Gei-adeu  ge- 
j>chiiitleu  werden,  oder  AViükel,  liechtecke  und  Quadrate? 
Was  sie  zeichnen,  sind  Körper:  Häuser,  Menschen,  Eisenhahneu 
n.  dfd.  Sie  projiciereu  also  die  ceschauten  Körper  auf  die  Ebene 
der  Tafel  oder  des  Papieres.  Ich  habe  in  Wien  mehr  als  zehn 
Jahre  nach  der  Metliode  der  Instructionen  Erdkunde  unter- 
richtet und  durchgängig  die  Erfahrung  gemacht,  dass  aufmerk- 
same Schüler  fast  ohne  Ausnahme  die  Vorstellung  eines  Sand- 
haufens, der  nach  der  Breite  und  Länge  durchschnitten  wird, 
richtig  eri'assten  und  die  beiden  Seluiittliächen  —  natürlich  mit 
der  nöthigen  Anleitung  —  construierten. 

Aus  Holz  lassen  sich  leicht  Modelle  der  einfachsten  Berg- 
formen, die  man  der  Länge  und  Breite  nach  durchschneiden 
kann,  herstellen.  An  den  Modellen,  welche  gestern  Herr  Prof. 
Klar  aus  Wiener -Neustadt  zeigte,  ist  nur  die  Zerlegbarkeit  in 
Horizontalschichten  neu,  die  Verwendung  von  Modellen  über- 
haupt ist  an  manchen  Sehulen  schon  längst  eingeführt. 

Jeder  der  Herren  Facheollen;en  kann  sich  leicht  überzeug-en, 
dass  die  Fragen,  welche  öich  au  derlei  Modelle  kiiiipl'eu.  die 
Fassungskraft  der  Schüler  nicht  übersteigen  und  infolge  dessen 
auch  das  Eartenbild  richtig  gedeutet  wird. 

Fraffen  Sie  mich  aber  nach  der  Zeit,  die  zur  Einführung 
in  die  l^rraindarstellung  und  das  Kartenlesen  erforderlich  ist, 
so  muss  ich  eingestehen,  dass  wir  fast  bis  Weihnachten  zu 
thuu  hatten.  T^nd  was  stand  von  alledetn  im  Lehrbiiche?  Wir 
hatten  Ptatsclmig  eingefülirt,  aber  nielit  ein  ihm]  wurde  es  be- 
nutzt, freilieh  zum  SeTireek  iiu.seres  Direetors.  \\  enn  das  Lehr- 
buch einmal  beuüt/t  wurden  sein  sollte,  io  geschah  es  nur,  um 
den  Schülern  zu  zeigen,  wie  unendlich  viel  sie  gelernt  hatten, 
woron  im  Buche  nichts  anderes  zu  finden  sei  als  eine  Ziffer 
und  ein  Wort,  z.  B.  „8.  der  Thüringerwald 

Gerade  der  Thttringerwald  wnd  nach  der  Beendigung 
der  Propädeutik  zum  Paradigma  für  die  nunmehr  erst  be- 
ginnende Lesung  der  Kni-te  in  den  Instructionen  anempfohlen, 
weil  er  eine  einlaehe  Kette  darstellt.  Noch  besser  wäre  es, 
wenn  man  die  Hodenplastik  der  Umgebung  des  Seliulortes,  in 

froliem  Maßstäbe  kartographisch  dargestellt,  zur  \  erfüguug 
ätte.  Immerhin  würde  als  Nächstes  der  Thüriugerwald  bleiben 
müssen.  Ich  kann  nun  nicht  die  ganze  Behandlung  des  Thü- 
ringerwaldes  als  Beispiel  klarlegen,  weil  mit  ihr  mehrere  Schul- 
stunden ausgefüllt  werden  und  die  mir  zugemessene  Zeit  eigent- 
lii  Ii  schon  al)gelaufen  ist.  Teh  will  mich  daher  kurz  fassen  und 
iuu  das  Capitel  „Lage  des  T hüri uge r w a  1  d es"  lierausgreifen. 
Aus  den  Lehrbüchern  erfährt  der  Schüler  nur,  dass  der  Thüringer- 


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304 


Dr.  G.  Ju  ritsch. 


wald  zum  deutschen  Mittelgebirge  gehört  und  etwa  unter  Nr.  S 
aufgezählt  wird. 

Wie  grundverschieden  ist  die  Behandlun![^  nach  der  Me- 
thode der  lustriictiüiieiil  Also  Lage  des  Gebirges!  Wo  liegt 
es?  In  Thüringen.  La^e  zum  Scliulorte ?  Es  liegt  z.  B.  von 
uns  nach  Nordwest.  Nun  folgt  die  Orientierung  im  Schul- 
ziiumer.  Alle  Schüler  oder  einer  zeigt  nach  Nordwest.  Was 
liegt  zwischen  uns  und  dem  Thttringerwalde?  Die  Schüler  lesen 
aus  der  Karte,  dass  man  zuerst  die  Donau  überschreiten  mUsse» 
dann  durch  Niederösterreich  nach  Böhmen  gelangt,  hier  links 
ein  langes  Gebirge  zur  Seite  hat,  das  Böhmerwald  heißt,  u.  s.  w. 
Ist  die  Lage  zum  Schnlorte  bestimmt,  so  wird  gleich  das 
Messen  geübt.  Die  Schüler  liiub'n,  dass  die  Kutt'ernung  bei- 
spielsweise ijOükiH  beträgt.  Damit  die  Zahl  kein  hohler  Behalt 
bleibe,  müssen  die  Kilometer  in  Tagemärsche  umgerechnet 
werden.  Wir  erfahren  bald,  dass  wir  gegen  14  Tage  zu  mar- 
schieren hätten,  um  den  Thüringerwald  zu  erreichen. 

Ahnlich  wird  dann  die  Lage  des  Gebirges  zu  anderen 
naheliegenden  Bergen,  Flüssen,  Staaten  und  vielleicht  sogar 
Städten  besprochen,  um  dann  die  Lage  des  Grundrisses  zu 
bestimmen.  Immer  aber  werden  die  (rehirge  nach  den  ver- 
schiedenen Gesichtspunkten  untereinander  verglichen.  Im 
Lehrbuche  wird  jedes  Gebirge  nur  einmal  genannt;  wir 
kommen  zur  nächsten  Seite  und  veigtssen  das  frühere.  Nach 
den  Instructionen  hingegen  kehren,  wie  im  Lateinischen 
dieselben  Vocabeln,  dieselben  Erscheinungen  immer 
wieder,  werden  nach  neuen  Gesichtspunkten  gruppiert;  die 
Vorstellungen  gehen  immer  neue  Verbindungen  ein:  es  ist  unter 
der  Hand  des  Lehrers  ein  weitverzweigtes  Xetz  geworden  und. 
was  die  Hauptsaehe  ist,  die  Schüler  haben  aus  ihrem  eigensten 
Selbst  wirklich  gearbeitet,  nicht  bloß  mechanisch  gelernt. 

Meine  Herren I  Urtheilen  Sie  selbst,  ob  eines  der  vor- 
handenen Lehrbücher  bei  Anwendung  dieser  Methode  mehr  als 
inffanz  minimalem  Maße  zu  gebrauchen  ist.  Dennoch  kann  nicht 
gefordert  werden,  die  im  Gebrauche  stehenden  Lehrbücher  zu 
entfernen,  da  sie  bereits  die  hochortige  Approbation  erlangt 
haben.  Nichtsdestoweniger  wäre  es  für  einen  tüchtigen  Kopf  eine 
rühmenswerte  Aufgabe,  den  Versuch  mit  der  Ausarbeitung  eines 
Lehrbuches  zu  wagen,  das  sicli  ganz  enge  an  die  Instructionen 
schließt.  Allerdings  hätte  man  erwarten  sollen,  dass  der  hoch- 
geehrte Verfasser  derselben  in  den  13  Jahren,  die  seit  dem  Er- 
scheinen verflossen  sind,  Zeit  gefunden  hätte,  dem  dringenden 
Bedürfnisse  durch  Ausarbeitung  eines  Buches  abzuhelfen.  Wahr- 
scheinlich hat  er  selbst  die  Schwierigkeiten  gefühlt,  welche  der 
Schafifnng  eines  solchen  balmbrechenden  Werlres  im  Wege 
stehen.  Öder  soll  ein  solclies  Bedürfnis  nicht  vorhanden  '^ein? 

Gewiss  wird  jeder  von  uns  die  Frair*'  für  sich  beantwoilet 
haben,  wie  ein  solclies  Lehrbuch  etwa  aussehen  möge.  Sehen 
Sie,  meine  Herren,  das  Lehrbuch  ist  bereits  Torhanden, 


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Die  Iiittritctioneti  mm  geographitchen  Unterrichte  etc. 


365 


es  ist  fix  und  fertig,  und  Sie  mumun  vielleicht,  ich  soi  der 
Verfasser  und  wolle  mit  dem  heutigen  Vortrage  für  dasselbe 
nur  Stimmung  machen.  Um  Sie  nicht  zu  lauge  in.  der  Schwebe 
zu  lasBen,  muss  ich  leider  Tenieherot  dass  dem  nicht  so  ist. 
Als  Professor  in  Wien  beschäftigte  ich  mich  mit  der  Heraus- 
fl^be  einiger  historischer  Werke,  und  jetzt  als  Dii  ector  an  einem 
Gymnasium  in  Holiraen  hatte  ich  bis  auf  die  allerletzte  Zeit  so 
viel  Amtsgesi-hiiite ,  dass  für  die  Inangriffnahme  eines  solchen 
Buches  die  nöthige  Zeit  mangelte. 

Um  aber  auf  unser  Buch  zurückzuks^Lunieu,  wül  ich  Ihnen 
das  große  Geheimnis  verrathen.    Das  Lehrbuch  ist  jeder 

Snte  Atlas,  jedes  sauber  ausgeführte  Relief  oder  die 
fatnr  selbst! 

Das  Lehrbuch  hlUten  wir  also,  und  wir  brauchen  nur  mehr 
ein  Hilfsbuch,  ein  Büchlein,  welches  den  Schlüssel  zur  Be- 
antwortung desson  enthält,  was  die  Karte  sprechen  will.  In  der 
Schule  rirhtt  t  <]cr  Lehrer  die  Fragen  an  den  Schüler,  und  dieser 
liest  die  Antwort  aus  der  Karte.  Für  die  häusliche  Übung 
braucht  mithin  dieser  nur  ein  Huchleiu,  welches  die  Fragen  des 
Lehrers  wiederholt  oder  auf  welche  nach  den  bereits  gewonnenen 
Kenntnissen  die  Antwort  leicht  selbst  gefunden  werden  kann. 

Weil  die  Schflier  während  des  ersten  Jahres  bloß  mit  dem 
Lesen  der  Karte  vertraut  gemacht  werden  sollen  und  der  ganze 
durchgenommene  Lelustoff  in  den  drei  folgenden  Classen  scliein- 
bar  wiederholt,  wirklieh  aber  erst  durchgearbeitet  wird,  so 
halte  ich  für  die  beste  Methode,  wenn  das  llilts-  oder  Frage- 
bueh  für  die  L  Glaste  nicht  nach  geograplii-^eheu  (iruppen, 
sondern  nach  Lehrstun  den.  eiugethcilt  wird.  Es  versteht  sich 
wohl  Yon  selbst,  dass  dort,  wo  in  kurzen  Zügen  das  „Land- 
schaftliche'' behandelt  wird,  statt  der  Fragen  kurze  Schilde- 
rungen, etwa  in  Form  kleiner  Lesestüeke,  eingeschaltet  werden. 

Es  würde  mich  freuen,  weim  ich  Sie,  meine  Herren,  durch 
raeinen  Vortrag  von  der  liichtigkeit  meiner  Ansichten  über- 
zeugt liätte.  und  bitte  daher  um  Annahme  der  Ton  mir  auf- 
gesteUteu  Thesen: 

1.  Das  System  des  geographischen  Unterrichtes  im 
Sinne  der  Instructionen  ist  grandyerschiedeu  von  dem 
in  den  bisherigen  Lehrbüchern  zugrunde  gelegten. 

2.  Die  Benützung  der  Lehrbücher  beim  Unterrichte 
im  Sinne  der  Instructionen  ist  nur  in  ganz  mini- 
malem Maße  möglich  gewesen. 

3.  Es  soll  ein  Lehrbuch  ausgearbeitet  werden,  welches 
den  Forderungen  der  Instructionen  vollständig 
ent^jpricht. 

4.  Für  die  I.  Classe  soll  der  Lehrstoff  nach  Lectionen 
geordnet  werden,  xiimelst  Fragen  enthalten,  damit 
sieh  die  Schüler  gewöhnen,  Sie  Antworten  ms  der 
Karte  lieransznlesen* 


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360 


Dr.  Hugo  Herzog. 


Der  deutsche  Unierricht  am  Obero-ymnasiutn 
und  die  Forderung  der  Concentraiion. 

Tcrtng,  gehalten  am  2.  Juni  1897  im  V,         .Bn^owinor  Mttteladiale* 
vom  GymnasiaUebrer  Dr.  Hugo  Herzog  (Hadautz . 

Wenn  mein  heutiger  Vortrag  den  Titel  führt:  „Der  deutsche 

Unterricht  am  Ohern-ymnasinm  und  die  Fordennic^  der  Con- 
centration",  so  dihtte  die  Vermuthung  iiaheliegeii ,  dass  darin 
die  Fäd*^n  anfg.  /.ei^t  werden  sollen,  die  voiu  deut.-«Lh€U  Unter- 
richte zu  den  anderen  Diiscipliuen  führen,  din  t'ii  (ii»-  das  Deutsche 
nach  einem  Eaiserworte  der  neueren  Zeit  \vl.>^erIuaßen  den 
Mittelpunkt  des  ffanzen  höheren  Studiums  einzunehmen  berufen 
ist.  Es  wäre  aucli  in  der  That  höchst  interessant  und  f nicht* 
bar,  einmal  alle  die  Berührungspunkte  und  -Linien  zu  verfolgen, 
die  den  Unterricht  in  der  Muttersprache  selbst  mit  deu  schein- 
bar entferntesten  Oeirenstiinden  j»  Verbindung  bringen  lasseii. 
8o  wird  der  Lehrer  des  Deutschen  in  der  VII.  Classe  es  iiii  ht 
verabsäumen,  bei  Herder  darauf  iiinzuueiseu,  dass  er  in  Königs- 
berg Gelegenheit  hatte,  die  von  Laplace  später  ausgebildete 
Kantische  Theorie  Ton  der  Entstehung  des  Weltsystems  aus 
dem  Munde  ihres  ersten  Entdeckers  zu  hören,  der  damals  den 
Makrokosmus  des  Universums,  noch  nicht  den  Mikrokosmus  des 
menschlichen  Erkennens  zum  Gegenstande  seiner  Forschungen 
gemacht  hatte.  Bei  Goethe  wird  er  auf  seine  Studien  über  dns 
vH  inlerm«iu:ill(irp,  den  Zwischenkieferknoi  heii,  hinweisen,  durch 
die  er  den  liedaukeu  an  die  Goutinuitat  der  fSchöplung  erst 
recht  begründet  hat  und  uach  Ernst  Häckels  treffendem  Aus- 
drucke ein  Vorlaufer  Darwins  geworden  ist.  Er  wird  Gelegen- 
heit haben,  seine  Metamorphose  der  Pflanzen  wenigstens  zu 
crwähneu,  bei  der  Erklärung  des  Gedichtes  Ilmenau  wird  er 
nicht  bloß  die  poetische  Einkleidung  dieses  Selbstbekenntnisses 
zu  besprechen  haben,  sondern  auch  die  geologischen  und  nünera- 
logisclien  Studien  Goethes  behandeln,  die  eben  durch  die  Be- 
schäftiLTiing  mit  dem  Ilmenauer  Bergwerke  angeregt  winden. 
Bei  diec>em  Gedichte  könnte  man  aucli  über  den  Kähmen  der 
Gymnasialwisseuschafteu  hinausgeben  uud  Goethe  als  National- 
Ökonomen  und  Socialpolitiker  im  fast  modernen  Sinne  des 
Wortes  betrachten.  Goethes  Optik  weist  allerdings  mehr  ins 
Gebiet  der  Psyehologie  als  der  Naturw^issenschaften,  soweit  ihre 
wissenschaftliclien  Ergebnisse  dabei  in  Betracht  kommen. 

Doch  wollte  mnii  in  dieser  Weise  den  deutsclien  Unterricht 
im  Lichte  d«  !-  Coneeutration  betraehten .  würde  eine  er- 
schüpfeuile  l^?handhnif2;  dieses  Themus  weit  über  deu  Rahmen 
dieses  Vortrages  hinaubführen,  es  würde  daraus  ein  dicker  Band 
werden,  wenn  man  sich  auch  nur  auf  das  beschränkt,  was  bei 


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Der  deutsche  Unteriicht  am  Obergymnasiuiu  etc. 


3Ü7 


Ziller  fehlt.  Die  Concentratiou ,  von  der  ich  heute  sprechen 
will,  hätte  sich  im  Innereu  des  deutschen  Unterrichtes  selbst  zu 
ToUziehen,  inid  daran  fehlt  es  heute  meines  £rachtens  noch  in 

ziemlich  hohem  (Tradp. 

Das  Lehrziel,  das  durch  die  Ministerialverordnnnsf  vom 
26.  Mai  1884  für  die  deutsche  Sprache  als  Unterrichtssprache  fest- 
gesetzt worden  ist,  lautet  für  das  Obergymuasium:  Gewandtheit 
und  stilistische  Correctheit  im  schriftlichen  nnd  mündlichen 
Gehranche  der  Sprache  zum  Ausdrucke  des  allmihlich  sich  er- 
weiternden eigenen  Gedankenkreises;  historische  Kenntnis  des 
Bedeutendsten  aus  der  Nationalliteratur;  daraus  sich  entwickelnde 
Chnrnkteristik  der  HauptL-attunf^on  der  prosnisohcn  und  poeti- 
schen Kuiistformen.  Da/u  fiitjt die  Mini^terialverordnung  folgende 
Weisung:  Der  Unterrielit  in  der  deutschen  Sprache  bezweckt 
demnach  keineswegs  bloß  eine  sprachliehe  Ausbildung,  sondern 
er  soll  eine  reiche  Ftllle  geist-  und  charakterhildenden  StoffSss 
in  dassischer  oder  mindestens  tadelloser  Form  darbieten  und 
auf  den  Unterricht  in  säramtlichen  anderen  Lehrgegenstanden 
belebend,  verknüpfend  und  tbeilweise  ergänzend  wirken. 

In  der  Specialisicrung  dieses  Lehrzieles  für  dio  oberen 
Classen  ver/.eip)iuet  der  Lehrplan:  Leetüre,  Literatur<^escliifhte 
in  den  oberen  drei  Classeu,  Aufsätze,  dazu  jedeufalN  l'oetik. 
natürlich  empirische,  in  der  V.  und  VIIL  Classe,  Ciranmiatik 
in  der  V.  und  VI.  Classe,  Redeübun^en  in  der  VII.  und 
VIIL  Classe.  Der  deutsche  Unterricht  ist  also  miodestens  vor 
drei  verschiedene  Aufgaben  gestelltt  die  als  gleich  wichtig  be- 
zeichnet sind,  und  von  denen  auch  wirklich  keine  der  anderen 
untergeordnet  werden  darf.  Denn  wenn  bei  dem  Unterrichte 
in  den  altclassischon  Sprachen  grammatisch-stilistische  Ubunrfeti 
gepflegt  werden,  so  dienen  sie  nur  dazu,  die  grammatische 
Sicheriieit  zu  fördern  und  dadurch  das  Verständnis  des  ge- 
lesenen Autors  zu  erleichtern;  für  das  Deutsche  ist  aber  Correct- 
heit nnd  Gewandtheit  im  Ausdrucke  Selbstzweck  der  stifistischen 
Seite  des  Unterrichtes. 

Daneben  stehen  als  gleichberechtigte  Qegenstände  des 
Unterrichtes  Leetüre  und  Literaturgeschichte.  Das  alles  soll  in 
drei  wöchentlichen  Unterrichtsstuiulen  geleistet  werden.  Ks  ist 
noch  insofern  gut  eingerichtet,  dass  gerade  im  Deutschen  dem 
freien  Ermessen  des  Lehrers  ein  weiterer  Spielraum  gelassen 
ist  als  in  anderen  Fächern;  Spengler  (Mittelschule  IX,  S.  123) 
betrachtet  die  Thätigkeit  insbesondere  des  Deutschlehrers  mit 
Recht  als  eine  Art  Eunstbetrieb,  da  ihm  weniger  die  Aufgabe 
obliegt,  positive  Kenntnisse  zu  Termitteln,  als  Tielmehr  die, 
nachhaltige  Anregungen  auszustreuen,  zur  selbständigen  Be- 
thätigung  der  Kräfte  anzufeuern,  für  eine  gute  und  schöne 
Sache  zu  begeistern.  Und  in  der  That  sehen  wir,  fdme  dass 
irgend  etwas  daran  aus/usetzen  wäre,  fast  jeden  \'ert reter  des 
Faches  innerhalb  der  durch  den  Lehrplan  gezogenen  Grenzen 
seine  eigenen  Wege  gehen.  Der  eine  widmet  der  Vorbereitung 


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308 


Dr.  Hago  Hersag. 


und  Ii»  8pr**eliu::ji:  d^-r  s<*hr!ftlic}i»'ii  Aufsätze  sein  Hauptaiiiren- 
merk  uod  sueht  auf  diesem  \\  ege  die  Schüler  theoretisch 
wenigstens  in  die  Welt  einüuidhien,  der  sie  sehnsüchtig  ent- 
genharren;  ein  anderer  analysiert  die  gelesenen Dnun«tt  streng 
nach  den  Grond^tzen  der  Frejtag*selien  Technik,  was  weniger 
an  sieht  als  wegen  der  genauen  Kenntnis  der  dramatischen 
Fabel  T<  »n  jzroßem  Vortheile  ist.  Der  eine  verfolgt  das  poetische 
Motiv  des  Bruderzwistes  von  Abel  und  Kain  über  Shakespeare 
bis  zu  Schiller«  Räubern  unil  Braut  von  Messina.  ein  anderer 
unter7ipht  Srhillers  philosuphitsche  Gedii-hie  t-iuer  bi.s  ins  ein- 
zelne g«'henduu  Besprechunnf  und  philosophischen  Kritik,  dieser 
lässt  aus  Klupstock'scheu  Gedichten  Tropen  und  Figuren  heraus- 
snchen,  jener  verfolgt  die  einzelnen  metrischen  Formen  Ton 
ihrem  Anftaaehen  bis  in  die  neaeste  Zeit,  wieder  ein  anderer 
lasst  Herders  Jngendscbriflen,  ohne  auf  ihre  Erld&rung  eiu- 
zneehen,  einfach  laut  le.<«en,  um  die  Begeisterung,  die  darin 
w*^t.  ja  nicht  abzuschwächen.  Ich  bitt^  keineswegs  anzunehmen, 
daj-s  ich  mir  über  das  pädagogische  VorgHhen  von  CoUegen  — - 
und  wa«  ich  hier  an  Beispielen  angeführt  habe,  weil]  ich  ja 
nur  aus  ihrem  eigenen  Munde  —  eine  Kritik  erlauben  will;  es 
sollte  nur  dargetnan  werden,  dass  man  den  Forderangen  des 
Lehrplanes  auf  verschiedene  Weisen  entsprechen  kann. 

Aber  ein  V^ersuch  der  Concentration  der  Terschiedenen 
Lehrziele  ist  gleichwohl  schon  im  Lehrplane  von  1884  gemacht: 
Die  Leetüre  der  drei  oberen  Classen  wenigstens  ist  nach  literar- 
historischen Gesichtspunkt^-n  angeordnet:  \  T.  Klopstoek.  Wieland, 
Lessing;  VII.  Herder,  Goethe,  Schiller;  VIII.  Goethe.  Schüler, 
Uomantiker,  Österreichische  Dichter.  Während  ich  mit  dem 
Torgeschriebenen  Lehrziele  völlig  einverstanden  bin,  muss  hier 
die  Kritik  einsetzen.  Die  Anordnung  ist  schon  deshalb  Terfehlt, 
weil  sie  gegen  den  allgemein  anerkannten  pädagogischen  Grund- 
satz yerstönt,  zuerst  das  Leichte  und  dann  erst  das  Schwierige 
zu  behandeln.  So  steht  fast  am  Beginne  der  dramatischen 
Lecttire  Lessings  Nathnn,  noch  dazu  zumeist  als  Privatlectüre, 
fast  am  Ende  gerade  dasjenige  Dniiua.  mit  dem  der  Schüler 
in  das  Wesen  der  dnitnatischeu  Dichtung  eingeführt  werden 
sollte,  weil  es  sachlich  und  formell  das  leichteste  ist:  Wilhelm 
Teil,  In  der  VL  Glasse  sind  Klopstocks  Oden  zn  behandeln, 
deren  Erklärung  zu  den  schwierigsten  Aufgaben  des  deutschen 
Unterrichtes  gehört,  die  sicli  am  besten  gleichzeitig  mit  Horaz 
bearbeiten  lielien,  in  der  VIII.  Classe  finden  wir  dagegen  ein- 
laclu'  Stimmungsbilder  aus  der  Natur  von  Lenau,  die  keiner 
Erklärung  bed in  ten.  Dass  dieser  Staudpunkt  nicht  der  unver- 
brüchlich richtige  ist.  beweist  auch  die  Ministerialverordnung 
von  lyÜO,  die  den  Messias  und  den  Oberon  in  die  V.  Classe 
aus  der  VI.  verlegte.  Was  würde  z.  B.  der  Philologe  sagen, 
wenn  man  von  ihm  verlangte,  Vergil  vor  Orid  oder  Herodot 
vor  XÄnophon  zu  behandeln,  weil  diese  Reihenfolge  die  chrono- 
logisch richtige  ist.  Zudem  trifft  nicht  einmal  der  chronologische 


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Der  deutache  L'nterricht  um  Obergjmnasium  etc. 


369 


Gesichtspunkt  immer  zu.  so  wenn  der  Nathan  vor  dem  Götz 
von  ßerlichingen ,  der  Tasso  vor  den  Räubern  vorgenommen 
wird.  Meines  Eraclitens  sollte  auch  die  lieihenfolge  der  deutschen 
Leetüre  der  Fassungskraft  der  Schüler  entsprechend  angeordnet 
werden,  so  dass  z.  B.  Dramen,  deren  Schwerpunkt  in  dem 
äußeren  Geschehen  gelegen  ist,  wie  Wilhelm  Teil,  vor  solchen 
gelesen  werden,  deren  Handlung  vor  allem  auf  eiiiü  seelische  Dis- 
position abzielt,  wie  Goethes  Taaao.  £a  ist  auch  gar  kein  Zweifel, 
dass  ein  Werk  im  Hermann  nnd  Dorothea  den  Sehttlem  weit 
weniger  Schwierigkeiten  macht  als  etwa  ein  Schiller'sclu's  Drama, 
wie  Don  Carlos,  und  dennoch  ist  das  Goethe'sehe  Epos  der- 
zeit Tili!  Recht  der  VIII.  Classe  vorbehalten,  wohl  weil  sich 
daran  (üp  ä?:thetischen  Versuche  W.  von  Humboldts  und  A.  W. 
Scbh'gcls  schlieUen,  die  man  für  die  ompirische  Poetik  in  der 
Vin.  Classe  verwenden  soll.  Es  ist  ^ar  kein  Zweifel,  dass  bei 
der  Feststellung  des  Lehrplanes  hier  einmal  der  Literarhistoriker 
dem  Pädagogen  allzusehr  Über  die  Achsel  gegackt  hat.  Wir 
müssen  uns,  wie  die  Sachen  jetzt  liegen,  mit  unserer  Aufgabe 
abzufinden  suchen,  aber  ich  muss  gestehen,  dass  l\s  kein»'  härtere 
Arbeit  <;ibt,  als  etwa  die  Privatlectüre  des  Don  Carlos,  des 
Tasso  oder  des  Nathan  zu  rontrolieren.  Die  schriftliche  An- 
fertigung von  Ndtaten  und  Scenarien  seitens  der  Scliüler  hilft 
selbstverständlich  recht  wenig,  weil  sie  höchstens  einer  selbst 
anfertigt,  die  anderen  aber  von  ihm  abschreiben. 

Ein  weiterer  Übelstand  unserer  LectQure  lie^t  in  dem  Über- 
wiegen der  dramatischen  Stacke,  das  namentlich  in  der  VII.  Classe 
besonders  fahlbar  ist.  Rechneu  wir  im  Schuljahre  115  Stunden 
in  dieser  Classe,  was  ziemlich  viel  angesetzt  ist,  so  entfallen 
auf  die  Sehullectüre  der  Iphij^enie  und  eines  Schiller'schen 
Dramas  mindestens  je  5  Stunden,  auf  die  Besprechung  der 
vorgeschriebenen  elf  Dramen,  eines  Shakespeare'schen,  vier 
Goethe'schen  und  sechs  Schiller'schen  Dramen,  mindestens  je 
2  Stunden,  zusammen  32  Stunden  auf  die  dramatische  Lectfire, 
auf  sechs  bis  sieben  Schularbeiten,  ebensoviele  Hausarbeiten, 
ihre  Vorbereitung  und  Besprechung  14  Stunden,  auf  Rede- 
übungen wöchentlich  eine  halbe  Stunde,  zusammen  20  Stunden, 
so  dnsii  ^nr  Behandlung  dos  anderen  Leetüre-  und  literarhistori* 
sehen  Stotfes  höchstens  5U  Stunden  übrigbleiben. 

Indem  nun  die  dramatische  Literatur  in  solehem  Maße 
■das  Ubergewicht  behauptet,  wird  die  andere,  vornehmiich  die 
prosaische  Leetüre  in  allzu  starker  Weise  zurückgedräugt.  Die. 
Verfasser  der  Instructionen,  die  mt  bei  all  dem  Anregenden, 
das  darin  enthalten  ist,  doch  immerhin  als  Menschenwerk,  nicht 
als  Offenbarung,  als  Vorschlag,  nicht  als  unumstößliches  Gesetz 
betrachten  dürfen,  scheinen  in  diesem  Punkte  die  Jugend  der 
großstädtischen  Hyninasien  vor  allem  im  Auge  gehallt  zu  haben, 
in  deren  Anschauungskreis  das  Theater  allerdings  eine  Haupt- 
rolle spielt.  W  ie  sollen  wir  aber  Schülern  die  Wirkung  eines 
dramatiscbeu  Werkes  klarmachen,  die  nie  ein  Theater  gesehen 


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370 


Dr.  Hugo  Herzog. 


haben,  Ton  einer  theatralischen  VorstoHniig  nicht  eifip  blasse 
Idee  haben?  Im  modernen  "geistigen  Leben  spielt  —  nicht  rait 
Unrecht  —  das  Drama  eine  Hauptrolle,  und  als  ungebildet 
■wird  derjenige  angesehen,  der  nicht  weiß,  dass  in  Don  Carlos 
der  Marquis  Ton  Pos«  die  Hau^ttperson  ist.  Fragen  Sie  aber 
aaeh  der  genaueren  Wiedergabe  des  lohaltes,  so  werden  von 
den  sogenannten  Gebildeten  nur  sehr  wenige  eine  annähernde 
Vorstellung  von  der  Fabel  dieses  Li eblinsfsd raraas  besitzen. 

Daneben  erscheint  die  Prosa  ungebürlich  vernachlässic^t. 
Von  100  Abiturienten  liaben  sicherlich  99  Wilhelm  Meist ^  rs 
Lehrjahre  nicht  einmal  aufgesdiliirren,  ein  Werk,  da«  wegen 
seines  Kunütwertes,  seiner  literariustorischeu  Bedeutung,  seines 
geist^  und  charakterbildenden  Inhaltes  manchem  dramatischen 
Hauptwerke  nicht  nachsteht,  von  den  WahlTerwandtschaften 
and  den  Wanderjahren  ganz  zu  schweigen. 

Und  dennocli  sollte  ausgiebige  prosaische  Lecttire  im  Lehr- 
plane des  Deutschen  nicht  ftdilen,  nicht  zum  mindesten  wecren 
ihrer  wohlthiiticjen  Wirkurii^  auf  die  stilisti<clip  Ausbildung  iler 
Schüler.  Wer  einmal  dcoische  Aufsätze  Unt  ier  —  ich  meine 
nicht  blüb  der  Kadautzer  -  Octavaner  durchzu.sehen  in  der  nicht 
sehr  beneidenswerten  Lage  war,  der  weiß,  wie  weit  wir  noch 
Ton  dem  geforderten  Ziele,  Gewandtheit  und  stilistischer  Correct^ 
heit  im  (iebrauche  der  Sprache,  entfernt  sind.  Leere  Phrase, 
wo  die  Begriffe  fehlen,  wo  diese  vorhanden  sind,  Tj nbehilf Üch- 
keit  in  der  Wortwahl,  zeichnen  die  Ausdrucksweise  unserer 
Schüler  bi*;  /.ur  Matnni  ans,  von  den  ^anz  simpeln  VerstöHen 
cegen  den  Gebrauch  der  Präpositionen  und  ( 'o^ijunctionen,  die 
Kectiou  der  Tempora  und  Modi  iriinz  zu  scbweincn,  Verstößen 
solcher  Art,  wie  nie  im  Lateinisscheu  schon  im  Üntergymuasium 
fast  beseitigt  erscheinen.  Ein  mittelmäßiger  Schüler  wird  Ihnen 
in  der  V.  Classe  zwar  im  Lateinischen,  nie  aber  einer  der 
VII.  Classe  im  Deutschen  eine  oratio  ohliqun  richtig  ausarbeiten 
können. 

"Wie  kann  diesem  Übelstande  abgeholfen  werden?  Selbst- 
verstiiiullich  nicht  durch  absstnicte  stilistische  oder  grammatische 
l'ntcrw (  isun^,  auch  nicht  durch  die  Bes-prechuug  der  schrift- 
lichen Arbeilen,  denen  wir  nur  alle  zwei  bis  drei  Wochen 
höchstens  eine  halbe  Stunde  widmen  können,  —  und  dabei  sind 
die  Schfller  doch  nur  darauf  neugierig,  welche  Note  sie  be- 
kommen haben  —  sondern  nur  durch  systematisch  und  ein- 

fehend  betriebene  Prosalectüre.  Die  Vertreter  der  dassischen 
hilologie  werden  wolil  auf  die  prosaischen  Autoren  nicht  ver- 
zichten, auch  der  deutsclie  Unterricht  soll  es  nicht.  Wir  haben 
zwar  in  unseren  Lesebüchern  prosaische  Stücke  genug  eingestreut; 
wir  finden  darin  Stücke  aus  Schillers  historischen  Schriften, 
Lessings  Literaturbriefe,  ästhetische  Aufsätze  von  Schiller  und 
den  Romantikem,  Briefe  tou  Leasing,  Goethe,  Schiller,  daneben 
literarliistorische  Capitel  verschiedener  Autoren,  von  schön- 
wissenschaftlicher  Prosa  eigentlich  nichts  als  Goethes  NoTcUe 


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Der  deuUche  Unterriclit  am  Obergymwuium  eto. 


371 


und  den  Anfang  von  Grillparzers  Spielmanu,  eiu  buntes  Sammel- 
surium der  verschiedensten  Stilarton.  In  dou  altcu  Spnah^^u 
hat  mau  die  Leetüre  von  Chrestomiitliieu  laugst  als  verwert  lich 
hingestellt,  im  Deutschen  fordern  wir  noch  immer  dies  N'inpen 
von  verschiedenen  Werken,  wodurch  in  dem  Schüler  der 
Schein  erregt  werden  soll,  er  habe  das  Werk  gelesen. 

Meiner  Ansieht  nach  sollte  wie  in  den  classischen  Sprachen, 
80  auch  im  Deutschen  jedes  Jahr  mindestens  eiu  prosaisches 
Werk  gründlich  in  der  Schule  gelesen  werden;  und  es  müsste 
bei  der  Auswahl  sowohl  auf  den  geist-  und  charakterbildendeu 
Inhalt  als  aneli  auf  mustergiltige  Form  p^esehen  werden.  Daran 
besteht  im  Deutschen  gottlob  kein  Mangel.  Von  historispher 
Prosa  besitzen  wir  Schillers  historische  Scnriften,  Herders  Ideen 
zur  Philosophie  der  Geschichte,  ein  Prachtwerk,  das  auregend 
und  belehrend  auch  fttr  andere  Wissensgebiete  wirkt,  aber  auch, 
was  die  stilistische  Form  anbelangt,  Ton  der  äußersten  Sorgfalt 
und  dem  feinsten  Sprachgefühle  zeigt,  Niebuhrs  römische  Ge- 
schichte, die  als  classisches  Werk  längst  anerkannt  ist,  und  Frey- 
ta^--^  Bilder  aus  der  deiitseh*'?!  Verganj^enheit;  von  Werken  der 
Rchf'tnen  Literatur  sollten  wünigst»>ns  Wilhelm  Meisters  L<'lir- 
jalire  in  gröliereni  MaÜstabe  gelesen  werden.  (Jrillparzers  Spiel- 
maun  sollte,  wenn  überhaupt,  in  exUnHo  gelesen  werden;  ferner 
empfiehlt  sich  Kleists  Eohlhaas  wegen  der  außerordentlich 
knappen,  eoncisen,  bis  anfs  kleinste  Detail  durchdachten  Aus* 
drucksweise.  Daneben  sollte  die  oratorische  Piusa  keineswegs 
vernachlässigt  werden,  schon  weil  jetzt  die  Redeübungen  in  der 
Luft  hängen  und  trotz  aller  Mühe  nichts  weiter  als  auswendig 
gelernte  schriftliche  Aufsiitze  sind.  Als  Muster  dieser  Gattung 
empfehlen  sich  Fielites  Reden  an  die  deutsche  Nation,  nicht 
bloß  weil  sie  in  der  Form  und  in  der  Tendenz  ein  würdiges 
Seitenstück  zu  Demosthenes  darstellen,  sondern  weil  sie  geeignet 
sind,  in  unseren  Schülern  das  Nationalgeföhl  zu.  wecken,  und 
ein  Beispiel  geben  von  Sammlung  una  Würde  in  bedrängter 
Zeit.  Uberhaupt  sehe  ich  eine  der  vornehmsten  Aufgaben  des 
Deutschlehrers  darin,  dass  er  berufen  ist,  das  Nationalgefühl 
7.n  wecken  und,  wo  es  vorhanden  ist,  in  richtige  Hahnen  zu 
lenken.  Er  soll  den  Schillern  darstellen,  wie  das  deutsche  Volk 
aus  der  Roheit  und  Barbarei  im  dreißigjährigen  Kriege  durch 
inneres  Bedürfuis  und  das  Wirken  seiner  üeistesheldeu  zur 
Reinheit  der  Kunst  und  Gesittung  fortgeschritten,  er  soll  in 
dem  deutschen  Schüler  das  Gefühl  der  Begeisterung  wecken, 
dass  all  diese  Werke  auch  für  ihn  geschaffen  sind,  er  soll  aber 
auch  in  den  Schülern  anderer  Nafi-nalität  den  Res  pect  vor  den 
Werken  deutschen  Geistos  und  deutscher  Kunst  hervorrufen, 
auf  dass  d:i.s  Wort  von  der  Aclitunrr  der  deutschen  Cultur  im 
Munde  der  anderen  Nationen  nicht  eine  leere  Redensart  bleibe. 

Um  das  bisher  Gesagte  zusammenzufassen;  Im  Mittelpunkte 
des  deutschen  Unterrichtes  soll  die  Leetüre  stehen,  sie  soll  die 
doppelte  Aufgabe  haben,  einerseits  durch  den  Inhalt  Geist  und 

„Ovtom  Mittcisebule*'.  XL  Jahrs.  27 


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372  Dr.  Hugo  Hersoir« 

Charakter  zu  biltieii,  dus  vaterländische  und  National-Get'iihl  zu 
stärken,  anderseits  durch  die  Form  die  Keiinlnis  der  poetischeu 
und  prosaischeii  kuustformeu  beiÄubriiigeu  und  die  btilistiöclieu 
Fähigkeiten  der  Schüler  zu  bilden.  Es  sollen  nur  ganze  Werke 
gelesen  werden,  Prosa  and  Poesie  dabei  abwecbselnf  natürlich 
nicht  alles,  was  ich  angeführt  habe;  denn  es  gilt  auch  hier  das 
Wort  "o;i  nwlta,  sed  mvltvvi;  diese  Werke  sollen  sachlich  und 
formell,  d.  i  nach  Sprache  und  Sül  eingebende  Erklärung 
ündeu. 

Die  specielle  I  )ure]iführuug  des  Lectüreplanes  denke  ich 
mir  etwa  in  folgender  Weise: 

y.  Classe.  Erstes  Semester.  LectUre  eines  historischen  Werkes 
(Niebahr  oder  Freytag)  —  man  denke  an  die  Beziehung  zu  Livius. 
Zweites  Semester.  Nibelungenlied,  natürlich  in  der  Ursprache; 
daneben  würde  sich  die  Leetüre  von  0})ei  on  oder  Keineke  Fuchs, 
von  Scliiller  schen  und  Uhland'schen  Balladen  empfehlen.  Dass 
der  Lehrstoff  der  V.  Classe  ein  missglüekter  Vermittlungs- 
versuch ist,  wurde  schon  wiederholt  hervorgehoben;  zuerst  von 
Knieschek  im  Jahresberichte  der  Reicheuberger  Staatsraittel- 
schule  1890,  nur  geht  er  zu  weit,  wenn  er  den  Beginn  des  literar- 
historischen Unterrichtes  schon  in  V.  yerlegen  wilL  Ich  schließe 
mich  also  den  Vorschlägen  Ton  Scheich  und  Hausenblas  in 
der  Zeitschr.  f.  d.  ö.  G.  1894  und  1895  an,  die  mit  der  Leetüre 
des  Nibelungenliedes  im  zweiten  Seraester  der  V.  Classe  be- 
ginnen wollen.  Das  mittelhochdeutsclie  Orjr'innl  noch  länger  den 
(Jyninasien  in  gemischtsprachigen  Gegenden  vorentkalten  zu 
wollen,  ist  ü))erflüssig,  das  Werk  verliert  dabei  so  viel  an  Schön- 
heit ^uud  Kraft,  dass  es  mir  immer  leid  thut,  eine  Strophe  iu 
der  Übersetzung  von  Simrock  zu  lesen;  femer  macht  die  mittel- 
hochdeutsche Lectttre  nach  der  Methode  Zupitzas  den  SehOlem 
so  wenig  Mühe  und  so  viel  Vergnügen,  dass  wir  es  leicht  wagen 
können,  auch  diese  Last  ihnen  aufzubürden.  In  der  V.  Classe 
das  Nibeluni^reTÜied  zu  lesen,  ist  eben  wegen  der  Parallele  zur 
llias  höchst  empfehlenswert. 

VI.  Classe.  (Joethes  Dichtung  und  Wahrheit,  Beginn  der 
dramatischen  Literatur,  etwa  mit  Wilhelm  Teil  oder  der  Jung- 
frau von  Orleans,  daneben  ein  ShakespeareWhes  Drama  (Julius 
Cäsar)  und  Kdnig  Ottokars  GlQck  und  Ende.  Im  Anschlüsse 
daran  Partien  von  Wilhelm  Meister.  Im  zweiten  Semester 
Walther  von  der  Vogelweide,  vor  allem  politische  Gedi  litr. 
deren  Anlass  gleichzeitig  im  Geschichtsnnterricltte  behandelt 
wird,  im  Anschlufise  an  die  beginnende  YergiULeciüre  Klop- 
stocks  Messias. 

VIL  Classe.  Fichtes  IJedeu  an  die  deutsche  Nation,  parallel 
zu  Demosthenes,  Wilhelm  Meisters  Lehrjahre,  dramatische 
Leetüre,  Lessing,  Goethe,  Schiller,  Orillparzer,  mit  ausgiebiger 
Heranziehung  der  Privatlectüre. 

VIII.  Classe.  Leasings  Laokoon  und  Hamburgische  Drama- 
turgie. Hermann  und  Dorothea.  Klopstocks  Oden,  Schillers  und 


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Der  dentwhe  Unterricht  am  Oberi^yninaflium  etc. 


378 


Goethes  Gedankendichtungen  parallel  zur  Horas- Leetüre.  Ab- 
sehluss  der  dramatischen  Leetüre:  Wallenstein  und  Faust. 

Sie  sehen,  vereinte  Herren,  dass  nach  diisein  Entwürfe, 
der  ja  nichts  weiter  als  ein  Versuch,  ein  Substrat  zu  weiterer 
Discussiou  sein  soll,  die  Kinlührung  der  Prosalectüre  mit  einer 
wesentHclieii  Einsclirfizikung  des  Lesestoffes  erkauft  worden  ist. 
Es  müssen  Tor  allem  diejenigen  Werke  fallen,  die  bloß  aus 
literarhistorischem  Interesse  gelesen  wurden:  Hallers  Alpen, 
Kleists  Frühling,  Lessings  Miss  Sara  Sampson.  Es  ist  aber  dem 
Vertreter  des  Faches  größere  Freiheit  gelassen,  sicli  den  für  seine 
Scküler  passenden  Stt)il'  nacli  freiem  Ermessen  auszuwählen. 

Was  soll  nun  aber  mit  Literaturgevfliichte  und  Poetik  ge- 
schehen, die  doch  als  nothwendige  Beslaiidtheile  des  deutschen 
Unterrichtes  anerkannt  worden  sind?  Beide  sind  meines  £r- 
achtens  vor  der  VIII.  Classe  nicht  systematiseh  zu  behandeln. 
BezQglich  der  Literaturgeschichte  komme  ich  damit  beinahe  auf 
einen  Gedanken  Rud.  v.  Raumers  zurück,  der  (Unterricht  in  der 
Muttersprache,  S.  140)  sagt:  Die  Anfangsgründe  deutscher 
Literaturgeschichte  müssen  in  zwei  wöchentlichen 
Stunden  im  letzten  Halbjahre  der  Gymnasialzeit  be- 
handelt werden.  Das  ist  keineswegs  eine  neue  Belastung  dnr 
Abiturienten,  weil  sie  ohnedies  aus  einem  der  kurzen  Leitfaden 
Ton  Kummer- Stejskal  oder  Prosch-Wiedenhofer  oder  dem  all- 
bekannten Kluse  die  Literaturgeschichte  für  die  Maturitäts- 
prüfung zu  wiederholen  pflegen. 

Mau  wird  ja  nie  verabsäumen,  bei  einem  Werke,  das  man 
liest,  das  Leben  des  Verfas>^-*M-s  in  kurzen  Zügen  (liir/nstollen. 
Dif*  anfangs  farblose  Zeichnung  erfüllt  sich  mit  jedem  anderen 
VV  erke  desselben  Autors  immer  mehr  mit  farbigen  Zügen.  Es 
handelt  sich  nur  um  Verbindung  der  getrennten  Züge,  Aus- 
füllung der  Lücken  und  Auffrischung  des  Gelernten.  Dabei 
wird  man  Gelegenheit  haben,  mehr  die  Entwickluoji  der 
Dichtungsgattungen  und  -ITonnen  als  die  biographischen  Details 
hervorzuheben,  und  es  werden  sich  so  die  Örundzüge  einer 
historiscli  gefärbten  Poetik  herauskrystallisieren,  die  durch  die 
Leetüre  der  Lessiog'schen  Schriften  entschieden  gefördert  wird. 
Man  wird  nicht  nur  die  HauptdichtnnL''sformen  charakterisiert, 
sondern  aucli  ihre  Entstehung  und  iiiie  Wandlungen  verfolgt 
haben,  so  dass  der  Schüler  reifer  an  Urtheil  das  Gymnasium 
▼erlässt,  als  es  bisher  geschehen  ist.  Da  aber  poetische  Pro- 
duction  wie  poetische  Wirkung  psychologische  Erscheinunffen 
sind,  so  wird  sich  ungezwungen  der  Zusammenhang  mit  dem 
philosophisch-propädeutischen  Unterrichte  der  VIIL  Ulasse  ein- 
atellen. 

Dass  der  Unterricht  in  der  Poetik  in  der  V.  Classe  zu  ver- 
werfen ist,  wurde  zu  wiederholteumaleu  hervorgehoben  und 
bedai-f  keines  Beweises  mehr.  Was  die  Schüler  von  Balladen 
und  Romanzen,  Ton  Fabel  und  Parabel,  Lied  und  Ode,  Be- 
schreibung, Schilderung  und  Charakteristik  hören,  ist  zumeist  in 

87* 


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374 


Dr.  Hugo  Hersog. 


der  III.  und  IV.  Ciasse  wiederholt  behaudeit  worden.  Das  Epos 
muss  erst  gelesen  und  kennen  gelernt  werden,  der  Begriff  der 
Ode  kann  erst  bei  Klopsiock  und  Horaz  Inkalt  und  f^be  er- 
balten.  Also  das  Ergebnis:  In  der  YIIL  Classe  wird  Literatnr- 
gesebichte  betriebe  □,  indem  aaf  Grund  der  behandelten  Leetüre 
unter  gleichzeitiger  Wiederholung  der  Dichterbiographien  Ent- 
stehung und  Entwicklung  der  oin/plnen  Dichtungsgattungen 
dargestellt,  ihre  Merkmale  hervorgehoben  werden. 

Sie  sehen,  meine  Herren,  was  ich  vorschlage  und  zur  Dis- 
cussion  unterbreite,  ist  keine  geringe  Veränderung.  Die  Be- 
gr&ndung  der  einzelnen  Sätze  mnsste  wesen  des  besebr&nkten 
Raumes  mehr  eine  apboristisebe  bleiben;  aber  Sie  haben  hoffent- 
U(h  den  Eindruck  gewonnen,  dass  was  ich  Ihnen  vorgelegt 
habe,  nicht  unbesonnen  bingesprochen,  sondern  wohldurchdacht 
ist.  Es  ist  die  Frucht  einer  sechsjährigen  Unterrichtsthätigkeit, 
und  von  dem,  was  man  in  sechsjährigem  Denken  nnd  Arbeiten 
findet,  wird  wohl  wenigstens  ein  Körnchen  branchbar  sein.  Die 
•Schüler  sollen  beim  Austritte  aus  dem  Gymnasium  mehr  über 
ein  Können  als  Uber  ein  Wissen  verfüge u;  das  ist  ein  längst 
anerkanntes  Axiom  der  Pädagogik;  dies  ist  auch  das  Ziel  meines 
Reformyorschlages.  Die  Jünglinge,  die  wir  in  die  Welt  hinaus- 
senden, sollen  imstande  sein,  gut  deutsch  zu  sprechen  und  zu 
schreiben,  die  Schönheiten  eines  poetischen  Werkes  lebhaft  zu 
fühle I) .  fin-  die  Blüte  nationaler  Poesie  und  Kunst  sich  zu  be- 

feisteru,  sie  sollen  imstande  sein,  über  den  Wert  eines  Werkes,, 
as  ihnen  neu  bekannt  wird,  auf  Grund  der  ihnen  vorschweben- 
deu  classischen  Muster,  ein  verständiges  Urtheil  abzugeben  und 
nicht  etwa  ins  Blaue  darfiber  herumzureden. 

Die  Aufgabe  des  Germanisten  wird  durch  meine  Vorschläge 
keineswegs  erleichtert,  sondern  eher  erschwert  werden.  Darum 
wird  mir  zum  Schlüsse  ein  Wort  pro  domo  gestattet  sein.  Der 
Stoff,  den  ich  vorgeschlagen  habe,  nimmt  die  drei  wöchent- 
lichen Stunden  vollauf  in  Anspruch,  dabei  wird  man  doch  die 
Schüler  zur  Privatlectüre  anregen  wollen,  und  ich  fühle  auch 
jetzt  das  Bedürfnis,  diese  außerhalb  der  Schulstunden  nicht  bioU 
zu  controlieren,  sondern  zwanglos  zu  besprechen.  Dazu  fehlt 
es  an  Zeit.  Die  Ck>rrecturen  nehmen  uns  zusehr  in  Anspruch. 
Die  deutseben  Correcturen  sind,  was  die  erforderliche  An- 
strengung betrifft,  mit  den  lateinischen  und  griechischen  nicht 
zu  vergleichen;  sie  strengen  nicht  bloß  die  Augen  an,  sondern 
auch  das  Gehirn,  sie  erfordern  nicht  bloß  beträchtliche  (ieduld 
und  Ausdauer,  sondern  sie  verlangen  auch  Nerven,  die  man 
nach  dem  populären  Ausdruck  als  Stricke  bezeichnen  sollte. 
Wenn  gar  jemand  wie  ich  in  allen  vier  Oberclassen  den 
deutsehen  Unterricht  zu  ertheilen  hat  —  es  ist  dies  eine  höchst 
unerwünschte  Concentration  —  so  hat  er  wenigstens  den  Trost, 
das  öffentliche  Mitleid  hervorzurufen. 

Diesem  Ubelstande  könnte  abgeholfen  werden,  wenn  die 
drei  Deutschetunden  als  vier  philologische  Stunden  gerechnet 


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Der  dentaehe  Cnterrieht  Aw  ObergTiniuiriiim  etc.  375 


würdüii,  eine  ßerechimug,  die  der  tliätsächlicU  aufgewendeten 
Zeit  noch  immer  nicht  entspricht,  aber  doch  eine  Erleichte ruiij^ 
schafft,  die  umso  fühlbarer  wird,  je  mehr  Classen  man  im 
Deotschen  zu  unterrichten  hat,  so  aase  demjenigen,  der  sich 
in  meiner  Lage  befindet,  außer  den  vier  Oberclassen  nichts 
mehr  aufffebürdet  werden  könnte  (12  Stunden  »  16).  Es  ist 
dies  ein '^^rschlag,  der,  soviel  ich  weiß,  auch  von  einem  VViener 
rollf'gcn  aufgenommen  wurde  und  entweder  in  dem  Wiener 
»Schwestervereine  oder  in  einer  Fachzeitschrift  das  Licht  der 
Welt  erblicken  soll.  Diese  Erleichterun«?  würde  uns  ermügliciien, 
etwa  alle  vierzehn  Tage  einmal  mit  ailen  oder  einzelnen 
SchQlem  zur  Besprechung  der  Privatlectüre  zosammenzukommen. 

Ich  bin  am  Ende  meiner  Ausführungen.  Es  obliegt  mir 
noch,  der  TCrehrten  Versammlung  meinen  Dank  für  Ihre  Ge- 
duld auszusprechen  und  Ihr  Wohlwollen  fttr  die  Thesen  zu  er- 
bitten, die  ich  mir  im  folgenden  vorzulegen  erlaube.  Von  diesen 
Thesen  niuchte  ich  für  die  ersten  zwei  Ihre  sofortige  Annahme 
erbitten,  die  anderen  Ihrer  Discussion  und  ferneren  Erwägung 
.  empfehlen: 

I.  Das  Nibelungenlied  und  Walther  von  der  Vogel- 
weide sind  an  allen  Gymnasien  mit  deutscher  Untere 
richtssprache  im  Originale  zu  lesen. 

U.  Für  das  Maximum  der  Stundenzahl  und  die  Re- 
muneration der  Überstunden  ist  der  deutsche  Unter* 
rieht  in  III  bis  VIII.  so  in  Anrechnung  zu  bringen, 
dass  drei  Stunden  Deutsch  wie  vier  philologische 
Stunden  gerechnet  werden. 

III.  Neben  der  Leetüre  poetischer  Werke  soll  im 
Obergymnasium  in  weiterem  MaBe  als  bisher  prosaische 
Lectttre  betrieben  werden,  an  die  sieh  die  grammatisch- 
stilistische Unterweisung  und  die  sehriitlichen  Aus- 
arbeitungen anzuschließen  haben. 

IV.  Die  Reihenfolge  der  Leetüre  soll  nicht  nach 
literarhistorisclien  Gesiolitspunkten  bestimmt  v,  pr(]en, 
sondern  nach  ihrer  ächwierigkeit  und  den  Fähigkeiten 
der  Schüler. 

Y.Systematischer  Unterricht  in  Literaturgeschichte 
und  Poetik  soll  erst  in  der  VIII.  Glasse  stattfinden. 


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37G 


Hugo  Lanner. 


Über  die  Feriaireisestipendien  für  Lehrer 
der  naturwissenschaftliehen  Diseiplinen  an 

Mittelschulen. 

Vortrag,  gehalten  am  IS.  April  1Ö97  von  Hugo  LanneP  (Olinutz). 

In  einem  gelegentlich  der  Gl).  Versixraralung  deutscher 
Natul•^'orscll^^!•  und  Arzte  zu  W'iou  gehaltenen  Vortrarff^  über 
die  principielle  Gleichstellung  der  naturvvissenüchaftliclieu  Disei- 
plinen mit  jenen  der  altclassiscben  Philologie  und  über  die 
X^othwendigkeit  eines  methodischen  Abschlusses  der  ersteren 
durch  Ernftthmng  der  Geologie  ab  eines  Unterrichtsgegen- 
standes an  unseren  Gymnasien  nahm  ich  mir  die  Freiheit,  die 
Creierung  yon  Feriaireisestipendien  für  die  Lehrer  der  natnr- 
historischen  Diseiplinen  an  den  Mittelschulen  anzuregen. 

Infolge  der  Zustimmung,  w^lclie  die  Anregung  bei  den 
Versammelten  fand,  und  der  freundlichen  iStelluugsnahme  des 
Herrn  Hofrathes  Kitter  v.  Wretschko  zu  dieser  Frage  wurde 
von  einer  aus  Directoreu  und  Mittelsehulproies&oien  bestehenden 
Abordnung  am  1*  Deeemher  1895  eine  anf  obi^  Angelegenheit 
abzielende  Petition  Sr.  Excellenz  dem  Herrn  Minister  fOr  Cnltus 
und  Unterricht  unterbreitet. 

Bei  der  allbekannten  Fürsorge,  welche  Se.  Excellenz  der 
Herr  Minister  der  Entwicklung  unseres  Mittelschulwesens  an- 
gedeihen  lässt,  atnud  eine  huldige  Idealisierung  der  in  der  Peti- 
tion zum  Ausdrucke  celaugteu  Wünsche  in  Aussicht. 

ThaLsächlich  erscnienen  bereits  einen  Monat  hierauf  3000  fl. 
zwecks  Creierung  der  genannten  Ferialstipendien  im  Staats- 
Yoranschlage  eingestellt.  Dieser  erste  Schritt  der  hohen  Re- 
ffiemng  in  der  genannten  Frage  erfreute  sich  auch  im  Hause 
der  Abgeordneten  lcl)hafter  Zustimmung. 

Dass  die  creierten  Reise-^tipendieu  in  der  That  einem  sehr 
empfundeneu  Bedürfnisse  »Mitsprechen,  beweist  die  groÜe  Zahl 
der  sich  um  dieselben  Bewerbenden. 

Schon  in  der  Motivierung  der  an  die  hohe  Regierung  ge- 
richteten Petition  wurde  die  Bedeutung  der  Reisestipendien  des 
näheren  erörtert.  Es  wurde  darauf  hingewiesen,  dass  bei  dem 
ungeahnten  Aufschwünge,  welchen  die  einzelnen  Zweige  der 
naturwissenschaftlicheil  Diseiplinen  iu  den  letzten  Deeennien 
aufzuweisen  haben,  und  der  raschen  Fortbildung,  iu  welcher 
dieselben  noch  immer  begriffen  sind,  die  Aufrechterhaltung  der 
Orientierung  auf  allen  Gebieten  derselben,  wio  eine  solche  bei  den 
Mittelschullehrern  vorausgesetzt  wird,  gr(>iiereti  bchwierigkeiten 
unterworfen  ist  als  bei  irgend  welcher  anderen  DiscipUu,  und 


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über  die  Ferialreisestipcndien  fär  Lehrer  etc. 


377 


dass  infolge  deä&eii  eine  euiitiouieiiiche  Fortbilduu^-  duisclljeu 
unerl&BslieK  ist.  Das  wesentlichste  Förderungsmittel  einer 
solchen  sei  fiher  bei  den  descriptiyen  Naturwissenschaften  die 

Autopsie.  Die  Reisestipendien  sollen  nuu  dem  Lehrer  die  Mög- 
lichkeit bietei),  auf  Grund  der  Selbstbeobachtung,  auf  Grund 
der  UrsprÜDgliclikt'it  der  empfaneeueu  Eiudrücke  und  der  uu- 
mittelbareii  Benihruug  mit  dem  Naturleben  ihr  Wissen  zu  er- 
weitern und  zu  vertiefen. 

Es  wurde  des  weiteren  darauf  hingewiesen,  dass  gerade 
Österreich  im  Besitze  wissenschaftlicher  Institute  sich  befinde, 
welche  sich  eines  Weltrufes  erfreuen,  für  deren  Einrichtung 
und  Instandhaltung  Kaiser  und  Staat,  in  munificenter  Weise 
dem  Geiste  der  Zeit  Rechnung  tragend,  enorme  Summen  Yer- 
ausgabt  haben  und  noch  immer  verausgaben,  und  dass  es  ge- 
rade ein  Hauptzweck,  eine  weseiitlirhe  Aufgabe  dieser  Iiif^titute 
wäre,  durch  zeitweilige  Frequenz  derselljen  den  Fachmännern 
aus  iillen  Tlieilen  der  Monarchie  aufklärende  und  belehrende 
Information  zu  bieten. 

Können  doch  heute  unsere  Industriellen  und  Gewerbe* 
treibenden  der  Information  durch  zeitweilige  Ausstellungen  und 
durch  Mustercollectionen,  wie  solche  in  den  Gewerbemuseen 
zur  Besichtigung  gelaugen,  nicht  entrathen,  wenn  sie  mit  ihren 
Erzeugnissen  auf  der  Ilühe  der  Zeit  stehen  sollen. 

Um  wie  viel  uielir  liei*t  die  T^nt'rlässlielikeit  einer  zeit- 
weiligen Orieiitierun«^  dureh  wissenbcba  tt  liehe  liihlitute  bei 
Männern  vor,  die  an  den  Mittelschulen  Trugcr  von  Discipliuen 
sind,  die  in  Überaus  raschem  Aufschwünge  sich  befinden. 

Schon  der  Nutzen,  welchen  beispielsweise  die  Ermöglichung 
einer  planmäßigen  Besichtigung  der  Sammlungen  der  Hof- 
museen und  einer  zeitweiligen  Frequenz  der  zoologischen  Sta- 
tion in  Triest  dem  Fachlehrer  für  die  Bereicherung  seines 
Wissens  bietet,  für  die  Erweiterung  F^einer  Formenkeuntnis, 
für  die  Zweckmäßigkeit  der  Anlegung:  der  S:uu ndnngen  der 
eigenen  Anstalt,  kennzeichnet  zur  Genüge  die  uuLierurdentliche 
Bedeutung  der  Ferialstipendien  für  die  Lehrer  der  naturhistori- 
schen Discipliuen. 

Vor  allem  kommen  aber  in  Osterreich -Un^rn  und  den 
angrenzenden  Ländern  durch  Naturmerkwürdigkeiteu  aus- 
gezeichnete Gebiete  vor,  wie  wir  solche  auf  so  verhaltnis- 
mäiiig  euübegrenztem  Hnnrae  in  ganz  Europa  kaum  irgendwo 
wiedertindeu .  wodurch  uns  gerade  hier  ein  überaus  reiches 
Feld  für  da:s  J^elbststudium  und  die  Erweiterung  der  Kennt- 
nisse in  jedem  Zweige  der  descriptiven  xSuturwissenschalteu 
geboten  wird. 

Nun  liegt  gerade  darin  sowohl  in  naturhistorischer  als 

geographischer  Beziehung  ein  wesentliches  Moment  des  Nutzens 
der  Heisestipendien,  dass  die  durch  Autopsie  gewonnenen  Vor- 
stellungen über  weseutliche  ideographische  und  naturhifitorische 
Momente  zur  Grundlage  oder  zum  Maßstabe  für  die  Beurthei- 


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378 


Hugo  Lanner. 


lung  aller  analogen  Falle  nnd  Verhalinisfie,  also  aueb  filr  die 

Auffassung  des  Fernen  dienen. 

Wer  das  adriatische  oder  irgend  ein  anderes  Meer  mit 
seinen  charakteristischen  Erscheinungen,  mit  seiner  F:inn;i  nnd 
Flora  keimeTi  f?*'lcrnt  hat.  der  maciit  sich  leicht  eine  annähernd 
richtige  \  orsieilung  über  jedes  andere  Glied  des  AVeltmeeres. 

Wer  einmal  den  Karst  durchwandert,  die  Pii  in  nieue 
desselben  beobacbiet  hat,  der  wird  stets  in  der  La^e  sein, 
sich  über  ein  Earstterrain,  mag  es  in  Frankreich,  Spanien, 
Palästina  oder  irgend  einem  anderen  Lande  auftreten,  mag  es 
dem  Silur-,  Devon-,  Jura-  oder  Tertiärkalke  angehören,  ein 
richtiges  ürtheil  y.u  bilden.  Desgleichen  geben  uns  die  Alpen 
mit  ihren  Gebircrsketten  und  -Stöcken,  mit  ihren  Läncrs-  und 
Querthälern,  den  Jochen  und  Pässen,  dem  geologisclien  Auf- 
baue, der  charakteristischen  Flora,  den  Gletschererscheinungeu 
eine  Richtschnur  für  die  Beurtheilune  der  Erscheinungen  aller 
Oebirgssjsteme,  deren  Kamme  nnd  Gipfel  in  die  Schneeregion 
hineinragen. 

Und  so  wird  auch  jeder,  der  einen  Kriegshafen,  eine  See- 
handelsstadt besichtigt  hat,  sich  über  jeden  anderen  Kriegs- 
hafen, über  das  Leben  und  Treiben  in  jeder  anderen  Seehandels- 
Stadt  ein  annähernd  richtiges  Bild  entwerfen  können. 

Ähnlich  verhält  es  sich  mit  der  Vermittlung  von  Vor- 
stellungen über  eine  ganze  Reihe  geographischer  und  natur- 
historischer  Faetoren  und  Momente,  bei  welchen  nur  das  Bild 
des  Geschauten  cur  lebendigen  Auffassung  auch  der  außerhalb 
des  Gesichtskreises  liegenden  Verhaltnisse  führt. 

In  Anbetracht  der  aus  Obigem  sich  ergebenden  unanfecht- 
baren Bedeutung  der  Selbstbeobachtung  für  die  Lehrer  der 
naturhistorischen  und  geographischen  Disciplineii  liegt  der 
Wunsch  einer  möglichst  weitgehenden  Betheilung  derselben 
mit  Ferialstipendien  in  der  Xatur  der  Sache. 

So  dankenswert  nun  die  Creierung  der  Stipendien  seitens 
der  hohen  Regierung  ist,  so  moss  denn  doch  zufolge  dessen 
die  zu  diesem  Zwecke  präliminierte  Summe  von  jährliehen 
3000  fl.  als  zu  niedrig  bezeichnet  werden,  weil  die  lueraus  re- 
sultierende Anzahl  der  Stipendien  viel  zu  klein  erscheint,  um 
der  au  dieselben  gestellten  Aufgabe  /n  genügen,  nämlich  um 
in  nennenswerter  Weise  dazu  beitragen  zu  können,  das  geistige 
Niveau  der  Mittelüchullehrer  naturhistorischer  Richtung  im  all- 
gemeinen zu  heben,  deren  Interesse  für  die  Fortschritte  der 
Wissenschaft  wach  zu  erhalten  und  sie  befähigter  zu  machen, 
ihre  durch  die  theoretischen  Studien  erworbenen  Kenntnisse 
für  die  Schule  zu  verwerten. 

Die  Summe  von  3OU0  fl.  ist  umsoweniger  zureichend,  als 
der  Competentenkreis  durch  die  nn  und  für  sich  gewiss  be- 
rechtigte Antnaiiiue  der  Geographen  in  den  Kreis  der  Bewerber, 
die  in  die  Petition  der  Naturhistoriker  nicht  mit  einbezogen 
waren,  bedeutend  vergrößert  worden  ist. 


tber  die  Fertalreiseitipendien  Ar  Ti6brer  etc.  379 


Berücksichtigt  mau  nun  den  Umstand,  dass  an  den  ]><',)  (Jym- 
nasien  und  Realschulen  Österreichs  ungefähr  TuO  Lehr- 
persoiieii  wirken,  die  theils  der  natnrwissenschattlicheii ,  theils 
der  i/eographiscben  Fachgruppe  angehören,  so  ergibt  sich,  dass 
jährlich  nur  etwas  üher  1  %  der  genumten  Lehrpersonen  mit 
Reisestipendien  bedacht  werden  können. 

In  der  an  die  hohe  Regierung  (rerichteten  Petition  um 
Creierung  der  Stipendien  wurde  der  liitte  Ausdruck  gegeben, 
zu  dorn  c^enannten  Zwecke  jnhrlieh  die  gleiche  Saramo  in  An- 
schlafT  [»ringen  wie  für  die  Reisestipendien  der  altchissiseheu 
Philologen.  Diese  Bitte  findet  ihre  Begriindung  vor  allem  darin, 
dass  die  Anschauung  bei  den  naturhistorischen  uud  geographi- 
schen Unterrichtsfächern  denn  doch  zum  mindesten  gewiss 
keine  minder  wichtige  Rolle  spielt  als  bei  den  altclassischen. 
Ist  doch  dieselbe  Itlr  die  Prosperität  der  erstgenannten  Disd- 
plinen  geradezu  eine  conditio  sine  <iua  non. 

Hiebei  mag  auch  nicht  unerwähnt  bleiben,  dass  sich  an 
di'»  Verleihung  der  Ferialstipendien  keine  BenclMuhnnL'  der 
Jitipendisten  knüpft,  womit  auch  die  Notli\vt.*ii<ligkeii  eiuer 
Mehrausgabe  für  die  Substitution  der  Beurlaubten,  wie  dies  bei 
<len  Philologen  der  i  all  ist,  entfällt.  Bei  den  letzteren  beiäuft 
«ich  dieselbe  auf  ungefähr  9000  fl.  pro  Jahr. 

Im  großen  und  ganzen  erwächst  ja  durch  Creierung  der 
Stipendien  eine  kaum  nennenswerte  Mehrbelastung  uiisores 
Unterriehtsbudffets,  für  welches  nicht  einmal  die  Hälfte  des 
Betrages,  pro  Kopf  gereelmet,  entfällt,  welchen  beispi'^ls weise 
äaehnen,  Württemberg,  Bayern,  Hessen,  Elsass-Itothrmgeu  für 
ihr  Schulwesen  leisten. 

Eine  weitere  Steigerung  der  Zahl  der  Stipendien  liebe  sich 
Allenfalls  auch  dadurcn  erzielen,  dass  an  die  LandesausschUsse 
der  einzelnen  Kronländer  das  Ansuchen  |^tellt  werde,  für  die 
im  Lande  wirkenden  Lehrer  analoge  Sttpendien,  wie  sie  der 
Staat  ins  Leben  gerufen,  zu  creieren. 

Von  weitgehender,  nicht  zu  unterschätzender  Bedeutung 
für  den  Erfolg  der  Studienreisen  wäre  es  ferner,  wenn  seitens 
der  hohen  Regieruurr  die  \  erfüguiig  getrotl'en  werden  würde, 
dass  in  jedem  Schuljahre  die  Verleihung  der  Stipendien  mög- 
lichst bald,  also  bereits  im  Wintersemester,  zu  erfolgen  hätte. 

Es  muss  ja  jeder  einen  wissenschaftlichen  Zweck  ver- 
folgenden Reise  ein  ffrfindliches,  auf  dieselbe  bezughabendes 
Studium  vorangehen.  Meiner  Ansicht  nach  hätte  der  Stipendist 
die  Aufgabe,  nachdem  doch  die  Studienreisen  einen  anderen 
Zweck  Terfolijeii  \th  Forschungsreisen,  bei  seiner  Reise  alles 
das  in  Betracht  zu  ziehen,  was  er  beim  Schulunterrichte  nutz- 
bringend zu  verwerten  in  der  Lage  ist.  Neben  dem  speeiellen. 
dem  llauptzwecke  seiner  Reise,  hätte  er  auch  allem,  was 
Bezug  hat  —  sagen  wir  —  auf  die  Fauna,  die  Flora,  den 
geologischen  Bau,  die  geographischen  Verhältnisse  des  bereisten 
Landes,  gebttrende  Beachtung  zu  schenken.  Eine  Zurechtfindung 


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380 


iu  all  diesen  Verhältnissen  eines  Landes  erfordert  aber  ein  ein- 
gehendes, lüiiger  düueriules  Studium  desselben,  zumal  es  uns 
an  Reisehaiulüüelieru  mangelt ,  die  uns  vom  Htuudpunkte  des 
Naturliiistorikers  und  GeograpLeu  wijsöt'usweite  Vorkommnisae 
und  Erscheinungen  der  einzelnen  Orte  des  zu  bereisenden  Ge- 
bietes bündig  registrieren  wQrden. 

Soll  nun  der  Stipendist  seiner  Aufgabe  genügen,  80  mass 
er,  um  die  in  Rede  stehende  Orientierung  zu  erlangen,  naeh 
Abhandlungen  fahnden ,  die  in  den  versehiedensten  Zweigen 
der  SpeciaUiteratui  zerstreut  vorliegen,  was  gewiss  keine  leielite 
Aufgabe  ist.  Erfolgt  nun  die  Verleihung  der  Stipendien  erst 
im  Juni,  zu  welcher  Zeit  die  Mittelschullehrer .  welche  heut- 
zutage ohnehin  infolge  Mansels  an  Lehrkräften  zumeist  mit 
dem  Maximum  der  Stundenzahl  bedacht  sind«  wegen  der  am 
Schlüsse  des  Jahres  sich  häufenden  Arbeiten  Mangel  an  Zeit 
haben,  so  kann  es  leicht  vorkommen,  ja  der  Fall  ist  sehr  wahr- 
scheinlich, dass  die  gründlielie  Vorbereitung  zur  Reise  uuter- 
was  im  ureigensten  Interesse  der  Sache  selbst  zu  ver- 
meiden wäre. 

Ich  glaube,  dass  auf  die  wissenschaftliche  Vorbereitung 
zur  Studienreise  schon  deshelb  ein  großes  Gewicht  zu  le^en 
wäre,  weil  Ton  dieser  zum  großen  Theile  der  Erfolg  der  Reise 
abhängt,  und  ich  bin  überzeugt,  dass  jeder  strebsame  Lehrer 
gerade  in  dem  wissenschaftlichen  Vorstudium  die  Quelle  eine» 
eigenen  Reizes  finden  wird. 

Aus  diesen  Gründen  erschiene,  glaube  ich,  die  Bitte  um 
Verleihung  der  Iveisestipendien  zu  Beginn  und  nicht  am  Ende 
des  Sehuljabrt'ij  vollkommen  gereehtfertigt. 

Im  Voranstehenden  wurde  auf  den  Mangel  eines  prakti- 
schen Ftthrers  hingewiesen,  der  diejenigen  Orte  unseres  Reiche» 
in  bündi^r  Weise  beschreibt  und  registriert,  welche  durch  ihre 
geographischen  V^erhältnisse,  durch  ihre  Xaturproducte  und 
Katurmerkwürdigkeiten,  also  in  geologisch-mineralogischer  Hiu'^ 
siebt,  desgleichen  in  Bezug  auf  die  Fauna  und  Flora  von  be- 
tsonderrm  Interesse  sind.  Ohne  ein  solches  I?eisebandbuch,  ohne 
ein  derartiges  Vademecum,  geht  man  oft  an  einer  ganzen  Reihe 
interessanter  naturhistorischer  und  erdkundlicher  \  orkommnisse 
achtlos  Torttber. 

Es  ist  ja  allgemein  bekannt,  wie  schwierig  es  oft  ist,  selbst 
an  gemeinbekannten  Orten  ohne  leitende  Behelfe  in  natur> 
historischem  Sinne  Orientierung  zu  finden.  Ich  erwähne  bei- 
spielshaiber  das  geologisch,  oro-  und  petrographisch  so  inte- 
ressante böhmische  Mittelgebirge  und  hebe  hier  die  Umgebung 
von  Aussig  hervor,  in  welcher  Phonolit-,  Basalt-.  Traehyt-, 
Quadersandsteinberge  und  eine  ganze  Reilie  nennenswerter 
Mineralien  vorkommen.  Ungeachtet  des  Umstaudes,  dass  das 
Gebiet  nach  allen  Riehtungen  durchforscht  erseheint,  findet 
sich  der  Fremde  denn  doch  nicht  leicht  zurecht,  selbst  nach 
Zuhilfenahme  grdßerer  geologischer  Abhandlungen,  wie  z.  B. 


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über  die  Ferialrewettipendien  f&r  Lehrer  etc. 


381 


der  Geologie  Böhmens  von  Katzer,  weun  ihm  nicht  ein  reise- 
hiiudbuchiii  lig  angelerntes  Werk,  in  welchem  die  erwähiieiiswerten 
Vorkoinimiiss«^  in  übersichtlicher  Weise  zur  Darstellung  gelaugt 
sind,  zur  Veriügun^  steht. 

Aus  eigener  Emhruug  weiß  ich,  dass  man  am  Tielbesuehten 
Aehensee  sich  wochenlang  aufhalten,  die  ganze  Uiugebang  in 
naturhistorischem  Sinne  durchstöbern  kann,  ohne  die  Asphalt- 
Bclüchten  am  Westufer  desselben,  so  manche  interessante 
Pflanze  der  Alpenflora  und  Fundstätte  von  Petrefacten  auf  der 
Dalfazalpe  zu  beiuerken.  Ja  sogar  die  auffallend  grolJe  Menge 
von  Hcuiidii  cm  ojMiens ,  der  hier  am  Fuße  des  Spitzberges  in 
einer  flöhe  von  lOüO^u  seine  nördlichste  Verbreituugs^renze 
haben  dürfte,  entgeht  einem,  wenn  man  nicht  dareh  orientie- 
rende Behelfe  auf  diese  Vorkommnisse  anfmerksam  gemacht 
wird. 

Ja,  ich  werde  nicht  zu  weit  gehen,  wenn  ich  die  Behaup- 
tunfT  aufstelle,  dass  schon  so  mancher  Naturkundige  Triest  be- 
sui'lit  habeTi  nian^.  ohne  das  Leben  der  so  artenreichen  Thiere 
der  Adria  beobachtet  /.u  haben,  weil  es  ihm  an  einem  Weg- 
weiser mangelte,  der  iiin  auf  die  Wege  und  Orte  verwiesen 
hätte,  auf  welchen  man  zur  Beobachtung  derselben  gelangt. 

Diese  Beispiele,  welche  ich  doreh  eine  erkleckliche  Menge 
analoger  Fälle  ergänzen  könnte,  mögen  mir  als  Beleg  für  die 
Nothwiiuligkeit  der  Herausgabe  eines  speciell  für  Natur- 
historiker, Geographen  und  Freunde  der  Natur  eingerichteten 
Beisehandbuches  dienen. 

Die  einfachste  und  l)rsie  Liisung  dieser  Fraise  ließe  sieh 
erzielen  durch  eine  corporative  Betheiiigung  der  Fachlehrer  an 
der  Ausführung  des  Werkes. 

Letzteres  liönnte  allenfalls,  der  natürlichen  Eintheilung 
unserer  Monarchie  Rechnung  tragend,  in  vier  Bändchen  fof 
genden  Inhaltes  zerfallen: 

1.  B&ndchen:  Karstländer, 

2.  „  Alpeuländer, 

3.  ff         Sudf't'Mil  linder, 

4.  „  Karpalheuländer. 

Behufs  Durchiiihning  der  geplanten  Arbeit  müsste  an  die 
Bildung  eines  Redactionscomites  geschritten  werden,  in  den  ein- 
zelnen Grönländern  wären  Sectionen  zu  bilden,  ond  die  weitere 
Arbeitstheilung  bestände  darin,  dass  den  einzelnen  Grliedem 
der  letzteren  eine  bestimmte  Arbeit  zugewiesen  werden  würde. 

Die  einen  hätten  z.  B.  die  geographischen  Momente  in 
der  für  das  Werk  angemes<?enen  Form  zu  bearbeiten,  die  an- 
deren die  gpologisehen  Verhältnisse,  noch  andere  die  Fauna 
und  Flora.  Jeder  auch  noch  so  kleine  literarische  Beitrag  würde 
gewiss  mit  Dank  entgegengenommen  werden.  Ein  besonderes 
Gewicht  wäre  auf  ein  möglichst  ToUständiges  Verzeichnis  der 
bisher  erschienenen  einschlägigen  literarischen  Arbeiten  Uber 
die  einzelnen  Gebiete  zu  legen,  um  jedem,  der  sich  für  eines  der- 


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382 


Ilago  Laouer. 


selben  näher  interessiert,  eine  leichte  and  rasche  Orientierung 
in  der  Literatur  zu  ermöglichen. 

Wir  besitzen  eine  auiierordentlich  große  Menge  überaus 
wertvoller  Arbeiten  in  den  Jahrbüchern  der  geolof^schen  Reichs- 
anstalt, d«Mi  Zeitsi  ii  riften  unserer  geographischen  Uesellschaften 
und  der  NiiturforsL-licrTereine,  dann  eine  Unzahl  Yon  Special- 
arbeiten in  deutscher,  italienischer  und  slaviacher  Spruche,  die 
sich  in  zweckentsprechender  Weise  für  unser  Werk  yer werten 
ließen. 

Auf  dem  Titelblatts  des  Buches  würden  alle  veneichnet 
werden,  die  durch  Lieferung  yon  literarischen  Beiträgen  an  dem 
Zustandekommen  des  W^erkes  Antheil  genommen  haben. 

Die  Herausgabe  eines  derartigen  Reisehwidbuches .  das  in 
seiner  Art  einzig  dastünde,  würde  nicht  nnr  bei  den  Faeli- 
geiiossen,  sondern  auch  in  allen  intelligentei;  Kifisen.  in  welchen 
der  Mangel  eines  solchen  Buches  lebliaft  euiplundeu  wird,  ge- 
wiss die  freundlichste  Aufnahme  finden. 

Schließlich  erlaube  ich  mir  bei  dem  Capitel  Keisestipendien 
mit  Rücksicht  auf  den  Umstand,  dass  vor  dem  Jahre  1900 
kaum  eine  Versammlung  tod  Mittelschullehrern  hier  tagen  dürfte, 
noch  nachstehenden  Punkt  zu  berühren.  Bekanntlich  findet  mit 
£nde  unseres  Säculums  die  Pariser  Weltausstellung  statt,  welche 
ein  fjroßartiges,  nie  dagewesenes  Unternehmen  sein  wird,  das 
auf  die  ganze  gebildete  Weit  eine  besondere  Anziehungskraft 
ausüben  dürlte. 

Uber  Anregung  des  genialen  Organisators  derselben,  des 
Oeneraldireetors  Picard,  soll  dieselbe,  wie  Hofrath  Exner  be- 
richtet, erstens  in  einer  seitgenössischen  Abtheilung  die  Summe 
alles  menschlichen  Schaffens  am  Ende  des  XIX.  Jahrhunderts 
vorführen  und  zweitens  in  einer  retrospectiren  Ausstellung 
zeigen,  welclie  Fortsclnitte  in  den  verschiedenen  Prodnctions- 
zwejt^i-n  seit  IbÜO  gemacht  worden  sind,  und  weh'lier  Autheil 
an  diesen  Errungenschatteu  den  einzelnen  Culturvölkeru  zu- 
kommt 

Bei  dieser  Ausstellung  soll  ferner  zum  erstenmale  das 
Classifications"  oder  Gruppensystem  als  Hauptorganisations- 
prineip  aufgestellt  werden,  so  dass  die  gleichartigen  Erzeug- 
nisse verschiedener  Lander  neben  einander  aufgestellt  werden, 
wobei  durch  unmittelbare  Vergleichung  die  fachmännisclie  Be- 
urtheilung  wesentlich  erleir]vt,_.rt  wird.  Dadurch  sind  die  ein- 
zelnen ausstellenden  iätaateu  geradezu  genüthigt,  nur  das  Beste 
zu  bringen. 

Durch  die  auf  diese  Weise  erzielte  möglichste  Verdichtung 
der  Qualität  wird  der  Ausstellung  die  höchste  wirtschaftliehe 
und  commercielle  Bedeutung  beizumessen  sein. 

Ein  zweiter  wesentlicher  Vorzug  gegenüber  den  bisherigen 
Ausstellungen  liegt  darin,  dass  nach  Picards  Programm  die  ver- 
schiedenen Industrieprodnete  auf  dem  Ausstellungsplatze  vor 
den  Augen  des  Beschauers  aus  den  Eohproducten  erzeugt 


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über  die  Ferialreisestipendien  für  Lcbrer  etc. 


383 


werden,  wobei  emem  die  Gelegenheit  geboten  werden  wird, 
aucb  die  bei  der  Produetion  zur  Verwendung  kommenden 
Maschinen  und  Apparate  im  Betriebe  zu  sehen. 

Von  den  Gruppen  der  ausgestellten  Gegenstände,  welche 

für  die  Lehrer  überhaupt  uiul  für  die  naturwissenschaftlich 
vorgebildeten  speciell  von  aullerordeutlicher  Bedeiitutig  sein 
werden,  will  icli  nur  folgende  hervorheben:  Erziehung  und 
Unterricht,  Kun.stwerke,  Hilfsmittel  und  Verfahruugs weisen  im 
Dienste  der  Literatur,  der  Wissenschaften  und  Künste,  Elektri- 
eitäi,  Ackerbau,  Gartenban,  Forstwesen,  Jagd,  Fischerei,  Ein* 
Sammlung  wildwachsender  Natnrprodacte,  Nahrungsmittel,  Berg* 
Wesen.  Metallbearbeitung,  chemische  Industrie,  Hygiene,  öffent- 
liche Hilfeleistung,  Colonisation. 

4n  allen  diesen  Gruppen  mit  Ausnahme  der  letzteren  wird 
sich  Osterreich  in  liervorrain'nder  Weise  betheilicren. 

Alles  in  alleui  n^enonimeii  wird  nach  den  Worten  Dr.  Exners 
die  Ausstellung  eine  solche  Fülle  von  leiirreichen  Darstellungen 
bieten,  dass  aUes,  was  in  dieser  Richtung  schon  zur  Anschauung 

Sebracht  wurde,  durch  dieselbe  weit  in  Schatten  gestellt  wer- 
en  wird. 

Berücksichtigt  man  nun,  dass  aus  allen  Städten  und  Gauen 
Österreichs  Gewerbetreibende  und  andere  Privatpersonen  aus 
eigenen  Mitteln  oder  dur;  Ii  hilfreiche  Vermittlung  von  Ge- 
werbevereiueu  und  amieren  Corporationen  an  dem  Besuche 
der  Ausstellung  theilnehnien  werden,  so  wird  niuu  die  Bitte 
der  realistisch  Torcebildeten  Mittelschallehrer  an  diu  hohe 
Ke^erung,  ihnen  den  Besuch  derselben  za  ermöglichen,  be- 
greiflich Snden. 

Bedeutet  doch  die  ganze  Ausstellung  in  gewissem  Sinne 
einen  Triumph  der  realistischen  Wissenschaften  des  XIX.  Jahr- 
hunderts, wobei  es  denn  doch  nicht  r^^chi  angeht,  dass  die 
Mittelschullehrer  dieser  Richtung,  welche  auf  Grund  ihres  Fach- 
wissens und  zufolge  ihrer  Verbreitung  über  alle  bedeutenderen 
Industriestädte  Österreichs  für  das  Volk  die  berufensten  Inter- 
preten der  Neuerungen  auf  realistischem  Gebiete  sind,  mate* 
rieller  Motive  wegen  von  dem  Besuche  der  Ausstellung  ab- 
gehalten werden. 

Berücksichtigt  man  ferner  den  Umstand,  dass  für  die  Lehrer 
der  nltehissischen  Pliilologie  seit  dem  Jahre  1  BU2  zwecks  Weiter- 
bildung Reisestip»Mid!''n  lit  stehen,  für  die  bis  zum  .Talire  I'.HJO 
eine  Summe  von  mehr  als  10()AH)0  fl  verausgabt  sein  wird,  so 
wird  man  die  Bitte  der  Mittelschullehrer  realistischer  Richtung, 
für  das  Jahr  1900  einen  größeren  Betrag  in  den  Staatsvoran- 
Bchlag  zu  dem  Behufe  einzustellen,  um  jedem  Naturhistoriker, 
Physucer,  Chemiker,  Geographen,  Zeichner,  der  studienhalber 
die  Ausstellung  besuchen  will,  eine  Vergütung  bis  zu  einer  ge- 
wissen Höhe  zur  theilweisen  Deckung  der  empfindlichen  Aus- 
lagen, welche  mit  der  Reise  nach  Paris  verknüpft  sind,  an- 
gedeihen  zu  lassen,  nicht  als  Uubescheideuheit  auffassen. 


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384 


Hugo  Lanner. 


Die  Ermöglichung  des  Besuches  der  Ausstellung  seitens 
dieser  Kategorie  von  Lehrpersonen  würde  nur  der  Schule,  der 
Industrie,  dem  Gewerbe  und  dem  Volke  im  allgenieiuen  zum 
Nutzen  gereichen.  Und  es  ist  mit  Sicherheit  anzuneiiuien.  dass 
die  vom  Staate  zu  dem  geuauiiten  Zwecke  verausgabte  ISumme, 
wie  jede  einem  ünterriehtszwecke  dienende  Ausgabe  auf  in- 
directem  Wege  hundeiifacli  znrflekerstattet  werden  würde. 

Zum  Schlüsse  erlaube  ich  mir  im  Interes-^^^e  der  Sache,  ge- 
stützt auf  meine  Ausführungen,  um  freundliche  Annahme  nach- 
stehender Thesen  zu  bitten: 

7.  Es  möffe  an  die  hohe  Rcfji'erring  die  Bitte  gerichtet  inevden^ 
die  Anzahl  der  jährlich  zu  verleihenden  Stipendien  mit  Riicksicht 
ovf  die  Bedeutung  derselben  und  die  große  Zahl  der  Bewerber 
um  dieselben  entsprechend  zu  erhShun. 

2.  Die  Aveaehreibung  und  Verleihung  derselben  mSge  sehen 
im  Wintersemester  jedes  Schuljahres  vorsichgehen ,  damit  den 
Stipendisten  Gelegenheit  gegeben  werde  ^  durch  Vorstudien  und 
Einholung  von  Informationen  den  beabsichtigten  Zweck  der  Reise 
mit  Sicherheit  zu  erreichen. 

S.  Die  zoologische  Statio))  in  Tviast  möge  (ds  ilas  einzige 
österreichische  Institut  dieser  Art  besser  nusgfstaltei  werden,  in 
der  Art  etwa,  wie  die  Berliner  Station  in  Roviano,  damit  sie 
den  übrigen  so  hervorragenden  naturwissensehafttiehen  Instituten 
Österreichs  ebenbürtig  zur  Seite  gestM  werden  könne  und  nicht 
von  einem  ausUlndischen  Institute  im  eigenen  Lande  in  Schatten 
gestidU  werde  Vor  allem  wäre  dieselbe  mit  gwei  Dampf  booten, 
wie  solche  die  Station  in  Rorifjfjn  besitzt,  nuszurihten.  (Der  Preis 
eines  Dampf bootes  beläujt  sich  auf  ungefähr  200(1  //.) 

4.  An  die  fMudesausschUsse  derjenigen  Kronländer ,  welche 
sich  im  Besitze  von  Landesgymnasieu  und  Realschulen  befinden, 
wäre  die  Bitte  zu  richten,  ebenfaUs  Ferialstipendien  tu  ereieren, 
damit  auch  den  Lehrern  dieser  Anstalten  dieselbe  Mbgliehkeit 
g^foten  werde,  auf  Grund  der  Selbstbeobachtnng,  auf  Grund  der 
ürsprilngUchkeU  der  empfangenen  Eindrücke  und  der  nnmittel-* 
baren  Berührung  mit  dem  Naturleben  ihr  Wissen  ssu  erweitern 
und  zu  vertiefen. 

ß.  Unter  Mitwirkung  der  Mittelschullehrer  (der  naturhistori- 
schen  und  geographischen  DiscipUnen)  sämmtlicher  Ki  onländer 
möge  ein  Reisehandbuch,  ein  Vaaemeeum  filr  Geographen,  Natur^ 
historiker  und  JF^unde  der  Natur,  heram gegeben  werden,  welches 
diefenigen  Orte  unseres  Staates  in  bündiger  Weise  beschreiht  und 
registriert,  tcelche  durch  ihre  geographischen  Momentef  durch  ihre 
Naturprodurte  und  NaturmerkwUrdigkeiten,  also  in  geologisch - 
mineralogiscjier  Hinsicht,  dt"ii}lcirhen  in  Bezug  auf  Fauna  und 
Flora  i^on  besonderem  futeresse  sind.  In  Anbetracht  des  gänz' 
liehen  Mangels  von  Büchern  dieser  Art  würden  sich  die  Mittel- 
schuUehrer  durch  Herausgabe  eines  solchen  Werkes  nicht  nur  den 
Dank  der  Fachgenossen,  sondern  auch  den  aUer  Freunde  der 
Natur  et  werben. 


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Ober  die  Ferialreisestipendien  fiir  Lehrer  etc. 


385 


6.  Die  Pariser  WeltausateUung  von  1900,  welche  nach  den 
Ausfuhrvngen  des  Hofraihes  Exner  aU  eine  Lehrattsetellung  im 
besten  Sinve  des  Wortes  zv  betrachten  tut,  als  ein  großartiges 
J\t('yHehmen  von  so  außerorderttlirher  Bedeutung,  dass  durch 
dasselbe  alle  bisherigen  Ausstellnngeii  in  den  ^ch^itfen  gpstteUt 
werden,  und  das  in  gewissem  Sinne  einen  Triumj^th  der  Ueal- 
vituemchaften  dßt  XlX.  JahrhftndeHa  hedmUet,  wird  auf  die 
gante  gehüdete  WeU  eine  mächtige  Anziehungskraft  oHMShen,  Ee 
wäre  demnach  erwünaeht,  zumal  öeievtei^  auf  Wunsch  unseres 
Kaisern  in  hervorragender  Weise  an  derselben  Antheil  nehmen 
wird,  schon  jetzt  der  hohen  Regierung  die  Bitte  rr?  unterbreiten, 
seinerzeit  den  Besuch  der  Pariser  Aussteilung  seitens  der  Mitte.l- 
schullehrer  der  realistischen  Disciplinen.  also  der  NatHrhistoriker, 
Physiker,  Chemiker,  Geographen  und  Zeichner  zu  fördern,  und 
Jedem,  der  etudienhalber  dieselbe  zu  besuchen  gewillt  ist,  eine 
Vergütung  hie  zu  einer  gewiesen  zweeke  iheilweieer  Deckung 
der  empfindlichen  Avelagen,  welehe  mii  der  Reise  nach  Paris 
verknüpft  sind,  angedeihen  zu  lassen. 


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386 


Rudolf  Bfick. 


Der  Mangel  an  Lehrern  für  das  Freihandzeichnen  an 
Mittelschulen.  —  Die  Mittel  zur  Behebi^iig  dieses  Mangels: 
Stipendien  und  Zeiehenlehrerseminare. 

Vortrag,  gehalten  am  13.  April  1897  von  Rudolf  Böck  (Troppau). 

Bis  zur  Ministerial Verordnung  vom  20.  Janimr  1S?^1,  Z.  20485, 
war  als  X'orstudiura  vom  künftigen  Zeichenlehrer  nicht  mehr 
verlaugt  als  vier  Cla«seu  einer  Mittelschule  und  drei  Jahre 
Kunstschule.  Von  1881  an  wurde  dies  anders.  Zu  dieser  Ände- 
rung sah  sich  die  Unterrichtsbehörde  wohl  aus  zwei  Grüudea 
besonders  Teninlftsst:  einawl  um  den  bis  dabin  zu  großen  Zu- 
zug an  Lehrlcräften  für  unser  Fach  un  möglich  zu  machen,  und 
zweitens  —  was  als  der  wichtigere  Grund  angesehen  werden 
muss  —  deshalb,  weil  sie  endlich  die  Allgemeinbildung  des 
Zeichners  einer  Mittelschule  mit  der  der  anderen  Lehrer  auf 
dasselbe  Niveau  gestellt  sehen  wollte,  wozu  sie  aus  pädagogiscliea 
Gründen  unbedingt  und  nothwendigerweise  gezwungen  war. 
Deshalb  verlaugt  die  citierte  \'erorduunff  vom  29.  Januar  1881, 
dass  jeder  Candidat  das  Gymnasium  oder  die  Realschule  mit 
Maturitätsprüfung  absolviert  baben  mttsse. 

Wir  wissen  ja  alle,  mit  welch  unsäglich  beschämender 
Geringschätzung  immer  und  immer  wieder  hämisch  von  ver- 
schiedenen Seiten  auf  die  geringe  Allgemeinbildunp:  der  Mit- 
glieder unseres  Faches  hitif^ewiesen  wurde.  Leider  war  diesem 
wenig  eolk'gialeu  Vorgehen  eine  gewisse  liereehtigung  in  man- 
chen Fällen  nicht  abzusprechen.  Mit  dem  Inkrafttreten  jener 
Verordnung  ward  solchen  Äußerungen  jede  Berechtiguüg  ge- 
nommen, freilich  nur  auf  solange,  als  diese  Verordnung  auf- 
rechterhalten werden  konnte. 

Heute  ist  dies  nicht  mehr  möglich,  da  sich  seit  einigen 
Jahren  nur  mehr  sehr  wenige  Absolventen  der  Mittelschule  iür 
unseren  Beruf  melden,  zu  wenig,  um  den  jetzigen  Bedarf,  viel 
zu  wenig,  um  den  in  den  nächsten  Jahren  zu  erwartenden  Be- 
darf zu  decken.  Die  Gründe  für  diesen  Mangel  au  Candidaten 
sind  in  dem  eine  Zeit  laug  vorherrschenden  CberÜusse  an  Lehr- 
kräften zu  suchen,  welch  letztere  oft  jahrelang  supplieren 
mnssten,  wodurch  begreiflicherweise  viele  andere  abgesdireckt 
wurden,  einem  ähnlichen  Lose  sich  auszusetzen.  Ganz  wie  in 
anderen  Disciplinen !  Zumtheü  liegt  der  Grund  für  den  Mangel 
aber  aueh  in  der  noch  immer,  besonders  aber  am  (xymnasium 
lebhaft  empfundenen  Geringwertigkeit  des  Zeiehiu'ns  als  obli- 
gater Gegenstand,  der  sich  seine  \'ollwertigk»'!t  diireh  seine 
Vei*treter  noch  immer  erst  von  Fall  zu  Fall  crkumpfen  muss. 
Die  Ursachen  hiefär  liegen  zimitheil  in  uns  selbst,  wie  wir  in 


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Der  Hftngel  an  Lehrern  fBr  du  Freihaadieichnen  an  Mittelichiileii  ete.  387 

dem  Artikel  ^Das  Zeichnen  am  Gymnasium  als  obligater  Lebr- 
gegeustand",  „Osterr.  Mittclsehule"  1894.  IV.  Heft,  nachgewiesen 
haben.  —  Dass  der  Mangel  au  geprüften  und  entsprechend  all- 
gemein rorgebildeten  Lehrern  immer  gefahrlicher  für  die  Schule 
mid  für  unsere  Disciplin  specieU  wird,  ist  klar.  Die  Frage  wird 
besonders  dadurch  immer  acuter,  dass  wir  uns  dem  Zeitpunkte 
zwar  langsam,  aber  doch  sicher  nähern,  in  dem  man  die  Ein- 
führung des  Zeichnens  am  Gymnasium  als  obligaten  Lehr- 
gegenstand realisieren  wird  müssen.  Denn  niallgebendenorts 
erkennt  man  ja  die  Dringlichkeit  an.  Freilich  ist  die  Lösung 
dieser  P^-age  keineswegs  gar  so  leicht  —  gewiss  aber  auch  nicht 
so  schwer,  als  hie  und  da  gern  angenommen  wird.  Was  soll 
aber  bei  dem  dann  noch  mehr  als  jetzt  gesteigerten  Bedarfe  an 
Lehrkriifben  ipeschehen? 

Li  dem  Mangel  an  Candidaten  für  unser  Fach,  welche  die 
Maturitätsprüfung  machten,  liegt  für  die  nothwendige  —  sif 
veiiin  rerho  —  geistiq;e  T'^niformierung  der  Lehrkräfte  der  Mittel- 
schule eine  eminent*'  (n-falii-.  die  aus  pädagogischen  Gründen 
unbedingt  verhütet  werden  niuss.  Denn  es  ist  aus  erziehlichen 
Gründen  gefährlich,  wenn  der  Schüler  einer  höheren  Classe  mit 
Geringschätzung  von  der  Allgemeinbildung  seines  Lehrers  denkt, 
oder  gar  der  Schüler  einer  niederen  Classe  weiß,  dass  sein 
Lehrer  nicht  viel  mehr  oder  gar  noch  ein  bisschen  weniger  als 
er  an  Allgemeinbildung  genossen  hat.  Die  Gefahr  ist  umso  be- 
deutender, als  im  Zeichnen  —  was  in  keinem  anderen  Gegen- 
stande der  Fall  ist  —  vielfach  Praktiker  schlechthin  als  Lehrer 
herangezogen  werden  können,  die  in  keiner  Weise  sich  dem 
Lehrkörper  der  Mittelsi-hule  als  gleichvorgebildete,  iujuivalente 
Mitglieder  einzupassen  vermögen.  Denn  die  faclimUnuische 
Bilcrang  allein  ist  es  ja  nicht,  die  uns  zum  Mittelschullehramte 
befähig.  Ist  dies  in  keiner  Disciplin  der  Fall,  so  dürfen  auch 
wir  Zeichner  im  wohlverstandenen  Interesse  der  Schule  und 
unseres  Gegenstandes  —  allein  schon  im  Hinblicke  auf  die 
Öffentlichkeit  —  keine  Ausnahmsstellung  verlangen  oder  uns 
selber  znrrestelien.  Diesen  Praktikern,  deren  Invasion  droht, 
fehlt  nothwendig  jede  exacte,  harmonische  Bildung  und  päda- 
gogische Schulung,  selbst  die,  welche  sie  sich  durch  Absolvierung 
des  Gymnasiums  oder  der  Realschule  durch  sieben-  oder  acht- 
jährige Beobachtung  des  Lehrrorgauges  an  einer  solchen  Anstalt 
hätten  erwerben  können. 

Wir  sind  heute  glücklich  so  weit,  dass,  trotzdem  die  Ver- 
ordnung vom  29.  Januar  1881  klar  und  bündig  die  Maturitäts- 
prüfung verlangt,  fort  und  fort  davon  Umgang  genommen 
werden  muss.  Es  ist  so  große  Noth  an  Mann,  dass  eben  alles 
herhalten  muss.  Im  Interesse  der  Schule  haben  wir  die  PHicht 
—  ich  wiederhole  es  —  dies  hiutanzuhalteu,  und  auch  im  Inte- 
resse jener,  die  sich  so  unvorbereitet  dem  Lehrstande  widmen 
mdchten — denn  sie  gehen  einer  wenig  beneidenswerten  Stellung 
entgegen. 

„Oiteir.  muelMhale».  ZI.  J«lirR.  88 


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388 


Rudolf  Böck. 


Wir  Zweifel]]  nicht,  dass  die  beTorstehende  Gehalts- 

regulieruug  wieder  so  mancheu  jungen  Mann  zur  Schule  im 
allgemeinen  locken  vnrd  —  ob  zum  Zeichnen  speciell,  wird 
erst  die  Zukunft  leliren.  Die  den  Beruf  zum  Lebriunte  in  sich 
fülilon,  sind  es  gewiss  nicht,  wenn  sie  nur  wegen  des  höheren 
Gehaltes  zur  Schule  gelien!  —  (Tegenwärtig  f^lilt  es  vielfach  au 
den  Voraussetzungen  und  MaÜnahmen  zuiu  Hinüberleiten  der 
zum  Zeichnen  hinneigenden  Schüler  unserer  Mittelschulen  zum 
Lehramte  des  Freihandzeichnens,  respectiTe  zum  Kunststudiom. 
Wir  haben  in  dem  eingangs  erwähnten  Aufsätze  in  der  „Österr. 
Mittelschule'^  und  im  rrogrammaufsatze  des  Mähnsch-Trttbauer 
Gymnasiums  1890,  ^Das  Zeichnen  am  Gymnasium  und  an  der 
Hochschule"  über  diesen  wunden  Punl<t  hereits  gesprochen. 

In  den  im  Reichsrathe  vertretenen  Königreichen  und 
Landern  haben  wir  47  Oberoryninasieu  mit  obligatem  Zeichen- 
unterrichte  in  den  vier  unteren  Glasseu,  au  welchen  Anstalten 
auch  im  Obergymnasium  das  Zeichnen  als  nicht  obligater 
Gegenstand  geübt  wird.  Überdies  existieren  16  Real-  und  Ober- 
gjmnasien,  6  Realgymnasien  und  6  Untergymnasien  mit  obli- 
gatem Zeichenunterrichte,  zusammen  75  Anstalten;  an  den 
7'^  ReaUchnlf  n  ist  überall  mindestens  eine  Lehrkraft  noth- 
wendig,  in  Summa  rund  150. 

Unter  den  Lehrern  an  den  genannten  Schulen  siud  viele 
ältere  Herren,  die  in  nicht  zu  ferner  Zeit  dem  Lehrstande 
Lebewohl  sagen;  der  Tod  hat  in  letzter  Zeit  gerade  auch  unsere 
Reihen  gelichtet  —  und  bei  alledem  ist  kein  Nachwuchs  da. 
Wir  stehen  thatsächlich  vor  der  Qefahr,  dass  unsere  Disciplin 
in  unberufene  Hände  gelange,  die  ganz  zufällig  der  Schule  ihre 
Dienste  leihen  werden. 

Und  doch  ist  gerade  für  unser  Fach  an  einer  richtigen 
Vorbildung  so  viel  gelegen,  sowohl  was  die  Allgemeinbildung, 
als  auch  die  den  Endzwecken  der  Mittelschule  entsprechende 
Fachbildung  betrifft.  Denn  an  der  Mittelschule  ist  das  Zeichnen 
Bildungs-  und  Erziehungsfactor  zugleich.  —  Wir  haben 
allen  Grund,  um  die  Erfolge  unserer  Disciplin,  die  von  Tag  zu 
Tag  an  Wichtigkeit  für  die  Schule  und  für  das  Leben  gewinnt, 
besorgt  zu  sein.  Aber  auch  um  das  Ansehen  unseres  Faches 
vor  der  Öffentlichkeit  und  vor  dem  eigenen  Hanse,  wenn 
wir  nicht  alle  möglichen  Mittel  anwenden,  dass  der  erst  heran- 
zuziehende Nachwuchs  in  jeder  Beziehung  entsprechend  vor- 
gebildet und  vom  ersten  Augenblicke  an  in  die  richtige  Bahn  ge- 
lenkt wird.  So  nur  kann  er  den  großen  Anforderungen,  die  die 
Zukunft  in  erhöhtem  Maße  an  die  Lehrer  schon  der  nächsten 
Generationen  stellen  wird,  gerecht  werden 

Diese  Aufgabe  theilt  sich  in  zwei  Theile:  1.  Die  zum 
Zeichnen  hinneigenden  Talente  von  der  Mittelschule,  ganz 
S]iecie11  inich  vom  Gymnasium,  zum  Kunststudiuni,  ro'-jpf'ctive 
zum  Lehrumte  für  das  Freihandzeichnen  und  für  (Ti'umetrie 
heranzuziehen,  indem  sie  auf  dasselbe  iu  richtiger  Weise  auf- 


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Der  Mangel  an  Lehrern  für  das  Freihandzeichnen  an  Mitteldcbulen  etc.  389 

merksam  gemaeht  werden.  2,  Die  dafUr  gewonnenen  AbeoWenten 
während  des  vierjährigen  Kuuststudiums  imd  im  PrUfuugsjahre 
in  riehti^er  Weise  anzuleiieu,  dass  sie  ihrem  künftigen  Berufe 
schon  roit  ^anz  anderer  praktischer  Öchulong  entgegenkommen, 

als  dies  honte  der  Fall  ist. 

Was  tleu  ersten  Punkt  betrifft,  würden  lolgeiide  Maß- 
regeln vollständig  genügen:  Der  Lehrer  des  Freihandzeichnens 
behält  schon  von  der  V.  Classe  an  die  zeichnerisch  besonders 
begabten  SehUler  im  Auge,  tmd  alljährlich  wird  im  zweiten  Se- 
mester die  Ausschreibung  der  vom  hohen  Ministerium  Terliehenen 
Stipendien  für  Lehramtscandidaten  des  Freihandzeichnens  an 
Mittelschulen,  jedes  im  Betrage  von  300  H.  ö.  W.,  in  Form  einer 
Kundmachung  durch  die  Directionen  der  vollständigen  Mittel- 
schulen verlautbart,  ^anz  wie  dies  bei  anderen  Stipendieu- 
ausschreibungen  der  tull  ist.  Durch  diese  Publicierung  sollen 
die  ."Schüler  der  oberäleu  Cla^tjeu,  speciell  die  Maturanten  unter 
gleichzeitiger  Y  eröffentlichnng  des  einzuschla^nden  Studien- 
ganzes  auf  die  Möglichkeit  der  Erwerbung  eines  solchen  Sti- 
pendiums an  einer  Kunstschule  und  auf  das  Kuns' >t  u  lium  im 
allgemeinen,  im  besonderen  aber  zum  Zwecke  des  Mittelsehnl- 
lelininites  aufmerksam  p^emacht  werden,  zu  dem  sich  gewiss 
auch  mancher  Bemittelte  melden  würde.  Ein  solelier  Vorgang 
ist  nöthig,  denn  die  Erfahrung  lehrt,  das»  Kenntnis  von 
der  Existenz  solcher  Stipendien  und  vom  erwähnten  Studien- 
gange  nicht  sehr  weit  reicht. 

Die  Verleihung  eines  solchen  Stipendiums,  die  nur  für  ab- 
solvierte Mittelschüler  bestimmt  sind,  darf  nur  an  solche  er- 
folgen. Diese  Verleihung  müsste  in  der  Art  ffescheheu,  dass 
fichon  der  Maturant  um  die  Verleihung  eines  solchen  Stipendiums 
«inschreiten  kann.  Die  geforderten  nothwendigen  Belege  für  das 
Gesuch  sind  das  Maturitätszeugnis,  in  demselben  mindestens 
4ie  Note  „lobenswert"  aus  Zeichnen,  und  die  Zeichnungen,  die 
der  künftige  Caudidat  im  Obergymnasium  oder  an  der  01)er- 
realschule  anfertigte.  Die  Zuerkennnnff  des  Stipendiums  erfolgt 
2tt  Weihnachten  des  ersten  Studienjahres  und  ist  abhängig  zu 
juachen  von  der  Befürwortung  des  Professorencollegiums  der 
betreffenden  Kunstschule,  wobei  besonders  Fleiß  und  Ausdauer 
des  Petenten  in  Rechnung  zu  ziehen  sIih]  Die  /u  ^N'eihnaehten 
erfolgende  Zuerkeiinung  müsste  rückwirkeii  lc  Kratt  haben,  d.  h 
dass  dem  Stij)endisten  auch  die  ersten  (Irfi  M  iiiatsraten  nicht  ent- 
gehen. Das  Stipendium  ist  dem  damii  iieicLinten  solange  zu  be- 
lassen, als  seine  Fortschritte  mindestens  befriedigende  bleiben  und 
namentlich  in  Bezog  auf  Fleiß  und  Ausdauer  in  den  Studien  keine 
Klagen  zu  verzeichnen  sind,  was,  wie  wir  gleich  ausführen  werden, 
•ebenfalls  noch  einer  besonderen  Controle  zn  nnt«  rwerfen  wäre. 

Was  den  zweiten  Punkt  betrifft,  so  ist  derselbe  einer  um- 
ständlichen und  ganz  besonders  eingehenden  Erörterung  und 
Besprechung  wert,  zu  weleh  letzterer  wir  durch  unsere  Vor- 
ischläge  den  AnstoÜ  geben  möchten. 


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390 


Rudolf  Böck. 


Wie  bekannt,  wird  die  Wichtigkeit  des  Zeichnens  als  all- 
gemein bilde  tulerGeffenetand  immer  mehr  betont  und  erfreulicher« 

weise  besonders  aucn  von  Seite  des  Gymnasiums,  in  letzter 
Zeit  speciell  von  Seite  der  Philologen  der  classischen  Sprnchen. 
Diesem  erfreulicheu  Zurufe  von  einer  so  schiltzenswei  t^  n  Seite 
soll  über  aus  uusereni  Lao;er  eiu  freund  lieb  es  Echo  aniworten, 
wenn  wir  nicht  als  indolent  uud  undankbar  gelteu  und  unserer 
geliebten  Diaciplin  neuen  Schaden  sufÜgen  wollen,  wie  er  ihr 
aureh  UnterlmungssUnden  so  oft  in  früherer  Zeit  zugefügt 
ward.  Dieses  frenndliebe  Echo  werden  aber  jene  für  unser  Fach 
sieh  interessierenden  Kreise  dann  su  hören  bekornraeu,  wenn 
wir  ihren  Intetitionon  entgegenkommen,  wenn  wir  d«*n  i^ildungs- 
gunn:  unserer  Jünger  so  rirliten  und  b'uken.  dass  sie  von  vorn- 
herein auf  das  geui*  iii-;inii  l.ehrziei  aHer  Fäclier  der  Mittel- 
schule lossteuern :  auf  dir  hariuonische  Ausbildung  aller  Kräfte 
des  jungen  Menschen.  Das  ist  aber  nur  durch  die  intensivste 
Concentration  des  Unterrichtes  möglich:  ein  jeder  Gegen- 
stand musB  mit  allen  anderen  in  Fahlung  sein  und  mit  allea 
Berührungspunkte  haben.  Das  Zeichnen  muss  mit  den  Sprachen, 
mit  den  historischen,  naturwissenschaftlichen  oder  realistischen 
DiscipHnen  gegebenenfalls  in  Berührung  treten  können,  soll  ea 
nicht  der  Einseitigkeit  verfallen  und  zu  einem  Gegenstande 
werden,  der  isoliert  steht.  Dass  ein  solches  Handiiihaudgehen 
möglich  ist,  habeu  ja  viele  schon  bewiesen  und  werden  es  in 
Zukonft  weiter  durch  die  That  beweisen:  Ich  deute  diesbezüg- 
lich hin  aof  die  interessante  Schrift  Dr.  Weigels  „Verwertung 
Yon  Anschauungsmitteln  für  unsere  classische  SchnllectUre,  be* 
sonders  für  Casars  gallischen  Krieg",   auf  peJngogie  ä 

Gies8en^  par  F.  CoUard,  Löwen  ^^\K^,  auf  „Der  Zeichenunter- 
richt am  humanistischen  Gymnasium  und  sein  V  orliUltnis  zu 
den  übrigen  ünterrichtstachern"  von  Dr.  A.  Matthaei,  Zeieiien- 
lehrer  am  Gymnasium  in  Gießen,  auf  ^Der  philologische  Unter- 
richt auf  dem  Gymnasium  und  die  Anschauung''  von  Dr.  Anton 
Frank,  auf  Conzes  Bemerkungen  auf  dem  Gtönitzer  Philoloffen- 
tage,  auf  Benndorfs  Vortrag  ,.Über  die  Bedeutung  der  Archäo-^ 
logie  für  das  Gymnasium",  „Österreichische  Mittelschule"  No- 
vember 1889,  auf  die  praktische  Thätigkeit  Dir.  Dr.  Gurlitts 
in  Steglitz -Berlin  und  Dir  Arnolds  in  München.  —  Zu  der 
nothweiidigen  Conoeutriti  ti  inüsson  wir  unsere  Kunstjüuger 
von  vornherein  erzielieü,  uud  das  wird  nur  durch  eine  exacte 
Auleitung  möglich,  welche  speciell  die  für  das  Mittelschul- 
lehramt des  Candidaten  nothwendige  Vorbildung  berQcksichtigt. 

Die  zur  Qleichstellung  der  Lehrkräfte  an  der  IKittel- 
sehnle  —  sowohl  vor  der  Schule  selbst,  als  auch  vor  der  öffent« 
Uchkeit  —  unbedingt  nothwendige  Maturit;its|irüfung  voraus- 
gesetzt, niüsste  an  unseren  Kunstseliulea  das  Studium  für  unsere 
Candidaten  ein  ganz  anderes  sein  als  bisher:  nämlich  ein  «ge- 
regeltes, auf  einem  dem  späteren  Lehrzwecke  entsprechenden 
Vorgange  beruhendes.    W  ir  haben  schon  seinerzeit  in  dem 


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Der  Mangel  an  Lebrern  für  das  rreihandseiclmea  an  MiUeischulen  etc.  391 

eiiierten  Aufsätze  Uber  das  Zeichnen  am  Gj^nmasium  auf  die 
Kothwendigkeit  der  Überwachuue  der  Studien  unserer  Lehr- 

amiacandidaten  für  Zeichnen  duren  eine  Commission  von  Fach- 
leuten der  Mittelschule,  respeetive  auf  die  Nothwendigkeit  der 
Errichtung  von  Zeichenlehrerseminaren  hingewiesen,  da  sich 
der  li'Mjtige  Unterricht  an  Akademien  und  Kunstgewerbeschulen, 
besonders  aber  an  ersteren.  um  die  Ausbildung  von  Lehrkräften 
für  die  Mittelschule  so  ^ut  wie  pfar  nicht  kümmert. 

lu  jeder  anderen  Discipliu  ist  lür  eine  mehr  oder  minder 
systematisch  ausgestaltete  praktisebe  Vorbildung  des  Gandidaten 
gesorgt,  nur  der  Zei ebner  soll  sieb  selbst  den  Weg  babneut 
um  zum  Ziele  xu  gelangen.  Ob  der  einzelne  dabei  immer  den 
ric  liligen  und  kürzesten  Weg  gebt,  wer  kann  es  bejahen? 
Bei  dem  Suchen  nach  diesem  Wege  verliert  er  viel  Zeit,  die  er 
besser  zu  intensiverrm  Studium,  zu  praktischer  Hethätit^ung 
hätte  anwenden  könueu.  Darin  liegt  die  Nothwendigkeit  der 
Überwachung,  respective  der  zeitweiligen  Prüfung  der  Arbeiten 
unserer  Candidateu,  und  der  Creierung  eigener  Seminare  oder 
Zeiehenlebrereurse  begründet  —  wie  sehon  einmal  einer  vor  mehr 
als  einem  Jahrzehnte  an  der  Wiener  Eunstgewerbesehule  existierte. 
Diese  Curse  bedürfen  aber  einer  besonderen  Führung,  wenn  sie 
ihrer  schwierigen  Aufgabe  gerecht  werden  sollen.  Es  fehlt  für 
diesen  Zweck  gewiss  nicht  an  älteren  p^Mihten  Kräften  unseres 
Faches.  Bisher  ist  eine  unerhörte  Veruachias.sigunfT  wichtiger 
Diseiplinen,  gnnz  besonders  der  so  nothwendig*'n  Ornamentik, 
eine  Folge  dieses  Mangels  einer  richtigen  Leitung  der  Candi- 
dateu; diese  Vernachläesigung  ist  wieder  eine  Folge  des  Fehlens 
einer  Hodegetik.  Eine  solche  muss  geschaffen  werden.  Gans 
besonders  gut  dies  für  Candidaten,  die  an  Akademien  studieren, 
an  denen  —  trotz  reichster  Hilfsmittel  —  so  gut  wie  gar 
nicht  ornamentales  Zeichnen  getrieben  wird. 

Die  hetreffenden  Prüfungscommissäre  wissen  auch  (hes- 
bezüglich  von  solchen  Candidaten  kleine  Schaudermären  zu 
erzählen.  —  Controle  des  Studiums  ist  noth wendig.  Vorläuiig, 
bis  zur  Errichtung  neuer  Zeiehenlebrereurse,  respective  eines 
ei^^nen  Seminares,  sollten  für  die  Zeit  des  Uber  ganges 
mindestens  zweimal  im  Semester  durch  eigens  dazu  bestimmte 
Lehrkräfte  aus  dem  Kreise  der  Mittelschule,  speeieU  der  Fach- 
inspectoren  und  der  Prüfungscommissäre,  denen  später  der 
Candidat  bei  der  Staatsprüfung  zugewiesen  wird,  die  Arbeiten 
des  letzteren  geprüft  werden;  sowohl  die  praktischen  Arbeiten 
sind  einer  genauen  BeurtheiUiug  zu  unterziehen,  die  dem  Candi- 
daten zur  Daruuchachtuniif  milzutheileu  ist,  als  auch  über  den 
Fortschritt  in  den  nöthigen  theoretischen  Diseiplinen  bat  sich 
der  betreffende  Gommissftr  klar  zu  werden.  Der  heutige 
akademische  Unterricht  ist,  wie  schon  erwähnt,  für  die  Aus- 
Inldun^  der  Mittelsehullehrer  nicht  geeignet.  Solange  daher 
kein  eigenes  Seminar,  dessen  Cr^iening  itti  Int  presse  einer 
systematischen  Vorbildung  wärmstens  zu  befürworten 


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392 


Budoit  Böck- 


ist, existiert,  ist  die  Aufstellung  einer  für  deu  Caudidaten 
bindenden  Hodegetik  för  alle  Tier  Jahre  des  KnnststtidtiuD» 
nnerlaBslieh,  z.  5.  so: 

Zunächst  im  ersten  Jahre  regelmäßiges  Stadium  der  Orna- 
mentik. Die  Gesetze  der  Ornamentierung  sind  aus  Objecten 
der  Natur  abzuleiten,  sowohl  was  die  Florü  uls  auch  was  di(* 
Fauna  des  Ornamentes  betrifft,  nho:  Zeiciiueii  des  Objectes, 
z.  B.  der  Pflanze,  nach  der  Natur,  Auf  suchen  der  in  der  Pflanze 
liegenden  stilistischen  Gesetze,  duraiLs  abgeleitet  eine  von  der 
Natur  nicht  weit  entfernte  Stilisierung  des  Objectes;  daran  an- 
knüpfend  eine  historische  üntersuchun^t  wie  diese  oder  eino 
andere  ähnliche  Pflanze  in  den  Terschiedenen  Kunstepoehen 
dargestellt  wurde.  Ähnlich  ist  die  Thierwelt  und  der  mensch- 
liehe  Organismus  zu  studieren.  Überdies  ist  Ornfiment/.fit^'hnen 
und  -Malou  mwh  guten  Abgüssen,  besoiidcrs  aber  nach  plasti- 
schen Originalen  in  Stein,  Metall  und  Holz,  sowie  nach  guten 
polychromen  Vorlagen  zu  betreiben.  Gegebene  Motive,  z.  B.  von 
antiken  Gefäßen,  sollen  reconstruiert  und  umcomponiert  werden. 
Vorgeschritteneren  Schülern  ist  Ton  Zeit  zn  Zeit  ein  freies 
Thema  als  Compositionsabung  zu  geben,  damit  der  Candidat 
bei  der  spateren  Staatsprüfung  einer  solchen  Anfordern  ni(,  die 
ja  immer  an  ihn,  oft  in  sehr  ausgedehntem  MaOe,  gestellt  wird, 
gerecht  worden  kann.  —  GrundiojTonde  Nohfngegeu stände 
müssten  im  ersten  Jahre  sein:  Darstellende  Cieoun'trie  —  die 
der  akademische  Unterricht  heute  auch  nicht  kennt  —  und 
Perspective  und  Anatomie,  alle  verbunden  mit  praktischem 
Zeichnen.  Ornamentik  ist  aber  das  Hauptthema  des  ersten 
Jahres  und  ist  als  Nebengegenstand  auch  in  den  folgenden 
Jahren  ununterbrochen  weiterzuführen. 

Vom  zweiten  Jahre  an  tritt  das  Zeichnen  nach  der  Nntur  :in  die 
erste  Stölln,  und  zwar  das  Kopfmodcll  bei  Tan-,  während  abends 
Actzeiehnen  zu  üben  ist.  Dauebeu  wird  —  innner  mit  Herüclcsieh- 
tipnin;  (ier  Oniiimeiitik  —  iStillehre  des  Alterthums  studiert,  und 
zwar  als  Nebeugegenstand  wie  Farbenchemie  und  Farbenlehre. 

Im  dritten  Jahre  ist  Haupigegenstand  des  Tagesunterrichtes 
das  Actzeiehnen  und  Actmalen.  Nebengegenstand  Stillehre 
des  Mittelalters. 

Im  vierten  Jahre  ist  Hauptgegenstand  das  Malen  des  Kopfes 
und  der  ganzen  Figur,  sowie  das  erst  nach  einem  längeren 
Studium  der  Natur  nutzbrincrende  Studium  der  Antike,  das 
den  Abschluss  l>iklen  soll.  Neben«:e''enst;ind  ist  Stillehre  der 
Renaissance  bj.s  heniuf  in  die  neueste  Zeit.  Alle  zeichnerischen 
und  malerischen  Übungen  sind  so  zu  pHegen,  dass  der  Caudidat 
im  Laufe  seines  Tierjährigen  Eunststudiums  Gelegenheit  hat^ 
jedes  wichtige  Material  zu  erproben.  Das  wftre  in  kurzen 
Zügen  eine  ßirective  für  den  praktischen  Tli*  il  des  Studiums. 

Der  theoretische  Theil  muss.  nm  dem  beabsiehtigten  Erfolge 
und  Ziele  in  vollem  Mnße  zu  genügen,  ebenfalls  reichhaltiger 
sein,  als  es  jetzt  der  Fall  ist.    Es  bezieht  sich  dies  besonders 


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Der  Manj{el  an  Lehrern  für  daa  Freihaudzeicbneu  au  Mittelschulen  etc.  393 

auf  EaBstgeschicHte  und  Archäologie ,  för  die  jeder  Candidat, 
im  Hmbliäe  auf  die  eventuelle  Ausübung  des  Lekramtes  am 

Gymnasium  allein  schon,  entsprechende  Befähigung  nachweisen 
muss.  Deshalb  sollte  jeder  die  Seminarübungen  beider  Disciplinen 
an  der  ünivprsität  mitmachen.  Einen  besonderon  Vorthei!  für 
die  Candidatun  und  die  Seminare  selbst  wird  der  Umstund 
bieten,  diese  künstlerisch  geschulten  Studierenden  zur  Anferti- 
gung von  Zeichnungen  aller  Art  iür  du«  archäologische  und 
kunstgeschichtliche  Seminar  und  zu  den  Zeichenübungen  der 
anderen  Seminaristen  heranzuziehen.  Von  wie  vielen  Yortheüen 
diese  Bethätigung  unserer  Candidaten  für  ihre  ganze  Zukunft 
ist,  brauche  ich  wohl  nicht  erst  auszuführen. 

Eine  so  oder  ähnlich  bestimmte  Hodegetik  wird  jede  will- 
kürliche Zei t Verschwendung  unmöglich  machen.  Sie  wird 
überdies  unseren  künftigen  Kandidaten  das  in  wohlthueiider 
Ordnung  vermitteln,  was  wir  uns  /.unitheil  ^ar  nicht  oder  nur 
mit  Mühe  aneignen  konnten.  Keiner  wird  darüber  zu  klagen 
haben,  sondern  jeder  darf  sich  freuen,  ein  Bpigone  zu  sein. 
Für  den  künftigen  Zeichenlehrer  des  Gymnasiums  speciell  halte 
ich  die  Kenntnis  der  classischen  Sprachen  aus  den  obigen 
pädagogischen  Gründen  für  noth wendig,  für  alle  aber  gemein- 
sam eine  umfassende  Kenntnis  der  nllfr^rncinen  GeRchichte, 
welche  die  Weiterbilduuc;  in  Cultur-  und  Kunstgeschichte  aufs 
beste  unterstützt,  eine  tüchtige  naturwissensrliaftliche  und^ 
mathematisch -geometrische  Vorbildung,  GegeubLuude,  welche 
die  exacte  Fachbildung  in  Anatomie,  darstellender  Geometrie, 
Perspective,  Stillehre,  Farbenchemie  und  Farbenlehre  an  der 
Kunstschule  aufs  wirksamste  vorbereiten  und  fördern.  Solche 
Vorbildung  ist  aber  nur  durch  die  Absolvierung  einer  Mittel- 
schule zu  erlangen,  für  die  wir  den  Beweis  durch  die  A}>legung 
der  Maturitätsprüfung  liefern  müssen,  wie  es  die  im  Interesse 
der  Schule  so  zutreffende  Verordnung  vom  2'.'.  Januar  lÖÖl  von 
jedem  Candidaten  einer  jeden  Disciplin  fordert. 

Nur  unter  der  Voraussetzung  einer  solchen  auf  guter  All- 
gemeinbildung beruhenden  Facnbüdung  fü^  sich  der  Lehrer 
des  Zeichnens  dem  Lehrkörper  einer  Mittelschule  als  eben* 
bürtiges  Mitglied  ein,  wie  auch  der  Gegenstand  selbst  ein  eben- 
bürtiges harmonisches  Glied  in  der  Keihe  der  anderen  Fächer 
bildet,  die  er  so  vielfach  ergänzt.  Mit  dieser  Vorbildung  und 
diesem  systematischen  Kunsistudium  der  Kandidaten  und  künfti- 
gen Lehrer  werden  von  selbst  viele  Vorurtlieile  gegen  das 
Zeichnen  verschwinden,  besonders  das,  dass  es  bloß  eine 
mechanische,  manuelle  Fertigkeit  ist,  die  jeder  Fachmann 
schlechthin  tradieren  kann. 

Aus  sich  selbst,  durch  die  Kraft  ihrer  Vertreter,  wird 
sich  unsere  Disciplin  das  ihr  gebürende  Ansehen  verschaffen 
müssen,  dann  wird  sie  auch  nicht  mehr  auf  eine  oft  sehr  frag- 
liche Anerkennung  ihrer  Verdienste  angewiesen  sein! 


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Vereinsnachrichten. 


A,  Sitzungsbericht  des  Vereines  „Deutsehe  Mittelschule" 

in  Prag. 

(MifgetheiH  vom  Obmanne  Prof.  G.  Spengler.) 

Neunte  YereiiiSTersammlaiig. 

Am  Sl.  April  folgte  der  Verein  einer  frenndlicfaen  Aufforderung  der 
Deutschen  Geeellscball  fDr  Alterthumskunde,  um  in  dem  Veretnalocale  der 
letzteren  einem  Vortrage  Or.  Sicf^^fried  Lederera  über: 

, .Olympia" 

beizuwohnen.  Der  Vor tra [rein le  .^ki/zierte  zunächst  die  ties^chichte  der  von 
den  Franzosen  begonnenen,  von  Deutschen  mit  einem  Aufwände  von  mehr 
ab  einer  halben  Million  m  erfrealichem  Abeeblnne  gebrachten  Ausgrabun- 
gen, um  die  »ich  besonders  Ernet  Cortios  und  Wilhelm  DOrpfeld 
verdient  machten. 

Nach  einem  kurzen  Rückblicke  über  die  Geschichte  Olyraptas  und 
dessen  gänzlichen  Verfalle«  geleitete  der  Vortragende  die  Zuhörer  zu  den 
großiirtigen  S.iciiil-  und  Profan  bau  ton  iiml  licspraeh  schließlich  die  in  dem 
herrliehen  Museum  zu  Olympia  gel-orirerinn  un «schätzbaren  Sculpturfnnde, 
besondciü  die  Metopenreliefs,  die  Gruppen  des  Ost-  und  Westgiebels,  die 
Nike  des  Paionios,  den  Hermes  des  Praxiteles. 

Auft  wirkaamete  nnterstBtst  wurden  diese  Ansftlhningen  dnreh  sahl- 
reiebe,  von  dem  Vortragenden  selbst  hergestellte  Projectionsbilder  (Karten- 
plftne,  Reconstructionen,  Landschaften,  Scnlptoren),  die  Herr  Prof.  Micha- 
litschke  mittelst  eines  Skioptikons  vortrefflich  vorführte:  besonderes  didak- 
tisches Interesse  hatte  der  Vorfraj»,  wa?  auih  der  Obmann  de«:  Vereines 
^Deutsche  .Mittelschule"  hervorhob,  auber  seinem  sachlichen  Interesse  da- 
durch, ditSH  er  praktiscii  zeij^te,  in  welcher  Weise  da.s  Skioplikon  dem 
Unterrichte  dienstbar  gemacht  werden  könne.  Reicher  Beifall  lohnte  den 
Vortragenden  für  seine  Darlegungen. 


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Vereintnachhchten. 


395 


J?.  Sitzungsberi eilte  des  Vereines  ,, Mittelschule  für  Ober- 
österreioh  und  Salzburg  in  Linz". 

(Mitgetheilt  von  dem  Obmaiuie.) 

Erste  YereinsYersamnilung. 

(Liüz,  ;j.  April  1897.) 

Anwesend  19  Mitglieder,  darunter  Herr  Dir.  lludoU  Findter. 

Kach  Eröffnunjf  der  V«r4>iimmluiig  durch  den  Obmann  Dr.  Ad. 
Horci  ^-  ka  ergreift  Prof.  Josef  Heller  der  Staats-Obeiieal^buie  in  Linz  das 
Wort  sur  Begründung  seines  Antraget  Ulm  dte  Ffthrung  des  Ftofeaeortiteli, 
^en  sufolge  der  AuMchm  die  geeigneten  Schritte  einsnleiten  habe,  daai 
•die  eigenmächtige  Beilegung  dieees  Titele  ferboten  nnd  die  unbefugte 
Führung  unter  Strafe  gestellt  werde,  wobei  zu  bemerken  wäre,  daai  sur 
Führung;  de.^  Profes^ortitel.s  :iuGer  den  bieniit  auegestatteten  Lehrpersonen 
von  der  Mittelschule  un<i  den  gleichpfe.stelltcn  Anstalten  nnfwilrtM  nur  jene 
Personen  berechtigt  sein  »oUen,  welcUen  dieser  Titt-l  «liucli  die  k.  k.  Be- 
hörde oder  eine  Körperschaft,  die  satzungsgeniäß  Uie^u  da»  Recht  bat.  zu- 
•erkannt  wurde.  Dabei  möge  es  gestattet  sein,  dass  auch  bei  jenen  Lehrern 
einee  obligaten  Gegenstandes  an  HittdMhnlen,  welchen  der  amtliche  Titel 
noch  nicht  unerkannt  ist,  dieser  Titel  im  Verkehre  mit  den  Schalem  und 
mit  dem  Publicum  gebraucht  werden  darf,  bei  solchen  Ijehrern  jedoch, 
welche  die  Lehrbeffthigungsprüfung  noch  nicht  besitzen,  nur  solange,  als 
sie  das  Lehramt  an  einer  Mittelschule  oder  dieser  fjleicht,'e.steliten  Anstalt 
au.snben.  An  der  reg'on  l>eliatte,  die  insbesondere  um  den  let/.ten  Zusatz  ge- 
führt vvunie,  betlieiiigten  sieb  die  Proti".  Hück,  Drasch,  Dr.  L e e h t  b  a  1  e  r. 
Lehner,  Dr.  Poettieh,  Schauer  und  Dir.  Pindter.  Bei  der  nun  folgen- 
den Abstimmung  erklärte  eieh  die  Versammlung  mit  dem  Antrage  im  Principe 
•als  einTentanden. 

Nach  einer  kunen  Pause  hielt  Herr  Prof.  Haue  Belohlawek  der 
Handelsakademie  in  Linz  einen  Vortrag  über: 

.„Die  Entwleklimsr  und  Organisation  der  Handelssehuleii  in  Öster- 
reich". 

Im  er.-ten  Theile  d?»H  Vortruges,  der  einen  geschichtlichen  t  ljei  l»lick 
bot,  gieng  er  von  den  älte-^ten,  durch  die  Aufzeichnungen  des  Augsburger 
Kaufmannes  Rem  erhaltenen  Kachrichten  aus,  welche  berichten,  dass  eine 
^Sprach-  und  Rechenschule  fOr  Kaufleute  1498  in  Venedfg  beetands  weiter 
erwähnte  er,  dass  aber  ent  im  An&nge  dea  vorigen  Jahrhunderts  Com- 
merdraratb  FmI  Jakob  Uasperger  den  Entwurf  einer  wirklichen  Handels- 
schule der  Dresdener  Regierung  vorlegte,  in  Österreich  dagegen  Kaiserin 
JVIaria  Theresia  auf  Anrathen  des  Grafen  Zinsendorf  die  erste  commerciollc 
Lehranstalt  für  Staatsbeamte  errichtete,  die  jedoch  nicht  von  langem 
Bestände  war  .\nfangs  die.-^e.s  Jahrhunderts  (1820)  wurde  der  connuercielle 
Unterricht  an  den  Techniken  ertheilt,  bis  die  erste  UandeltiHkademie  1856 
durch  das  Handelsgrcmiura  in  Frag  errichtet  wurde,  der  dann  rastch  andere 
nachfolgten,  so  dass  erst  mit  dieser  Tjoit  die  wissenschaftliche  Ausbildung 
•der  kaufmftnnisehen  Jugend  Osterreicbi  befi^nn^  1»  ausführlicher  Weise 
'bespricht  der  Vortragende  die  allmfthiichc  Ausgestaltung  des  Unterrichte- 
Klanges  an  den  Tcrscbiedenen  Kategorien  der  Handelsanstalten  bis  auf  unsere 


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VereinsnacbricbteD. 


Tage,  gedenkt  ia  warmen  Worteu  der  Männer,  liiö  t»icl»  um  die  Hebung  der 
Hmid^lsviaieiMofaaft  und  dieser  Schulen  hervorrttgende  Terdienete  erwotten. 
haben,  und  redet  sam  Schlosse,  gesifitst  auf  eigene,  langjährige,  praktische 
Erfahrung,  einer  leitgemftßen  B^om  denelben  das  Wort  Der  Obmann 
dankte  dem  Vortragenden,  dessen  Rede  mit  großem  Beifallc  aufgenommen 
wurde,  für  seine  schönen  Ausrührungen,  welche  einen  guten  Einblick  in 
diese  erst  in  der  nntieiiten  Z*Mt  f^r.s(.hatfencn  Anstalten  gewährten. 

Njvch  Besorgung  einiger  interner  Angelegenheiten,  der  Walil  der 
Prott.  Bart.a,  Heller,  Dr.  Hor6ieka  und  Schauer  als  Delegierte  für  den 
zu  Ostern  in  Wien  tagenden  Mittelschultag,  und  nach  der  Mittheilung  de* 
Obmannes,  dass  der  am  80.  Mftrs  abgehaltene  VergnQgungaabend,  dem  mehr 
als  60  Mitglieder  sum  Theil  mit  ihren  FamllienangehSrigen  beigewohnt 
haben,  in  gemfithlichster  Stimmung  seinen  Verlauf  genommen  hat,  wurde 
die  Sitzung  geschlossen. 

Zweite  Vereins-  (zugleich  Wunder-)  Vei*»amiiiluug. 

tij munden.        Mai  1897.) 

Für  die  Abhaltung  der  diesjährigen  Wander veis,i.mralung  wurde  da« 
lehulfreundHche  Gmunden,  wo  die  jangste  Schwesteranstalt  Oberteterreicha 
sich  befindet,  in  Aussicht  genommen.  Leider  mnaste  die  auf  den  16.  Mai 
in  Aussicht  genommene  Fahrt  schlechten  Wetters  halber  auf  den  2S.  Mai 
▼erlegt  werden.  Die  Betheiligung  war  eine  sehr  rege,  die  Zahl  der  Theil- 
nehnier  umso  großer,  als  die  meisten  Mitglieder  mit  ihren  Familien- 
ant^t'hörif^en  sich  b^-theiligten.  Mit  geringen  Au'<nnhmfn  kamen  die  Theil- 
nehiner  mit  dem  um  I0".j  Uhr  in  Gmunden  ankommenden  /'^nj^o.  Von  Linz 
tr;tt'''n  16  Herren  ein.  darunter  Lamles-Schulinapector  Srliwannnel  und 
Dir.  Findter,  von  Kit^d  4  Herren  mit  Dir.  Palm,  von  KremsmQnster 
Dir.  P.  Proschko  und  Prof.  Sebastian  Majr.  Der  Empfang  erfolgte  am 
Perron  durch  den  Director  des  PriTatgyronasiams  Herrn  Schuh  und  den 
Prof.  Fr  an  «Schneider.  Die  Versammlung  werde  nm  11  Uhr  im' gewerb- 
lichen Zeich«?n?aale  der  Bürgerschule  abgehalten. 

Nach  Eröffnung  der  Sitzung  durch  den  Obmann  Dr.  Horeicka  erhielt 
Dir.  Schuh  da«!  Wort  zur  BegrilPunpf  der  Versrnnmlun^  Dio^er  wie»  in 
seiner  An-spruchc  auf  die  Freiide,  welche  der  Hcschluss  des  Vereines,  die 
heurige  Wanderversammiung  in  Gmuiidön  aibzuhalten,  beim  Lehrkörper 
der  Anstalt  verursachte,  hin  und  erklärte,  dass  er  die  Ausführung  dieses- 
Bewhlusses  als  eine  die  Anstalt  ehrende  Auszeichnung  betrachte.  Nach  Be- 
grüßung der  erschienenen  fremden  und  einheimischen  Gäste  stellte  er 
den  Vertreter  des  Oymnasialvereines  und  der  Stadtrertretung  kais.  Rath 
M.  V.  Dr.  Wolfsgruber  vor,  welcher  im  Namen  der  genannten  Körper- 
schaften die  VerssaninieUen  in  äußer-t  lieblicher  Weise  willkommen  hiel>. 
Naihil*Mn  er  seine  von  lebhaftem  Heifalle  unterbnxdiene  Ansprache  be- 
entlet  liatte.  stellte  Landes -Schulinspector  Schwaniniol  den  Antrsig,  die 
Versaninuiuig  möge  dem  eiKrunkten  Bürgermeister  Alois  Kalten  bruner 
ihre  Sympathien  ausdrucken  und  ihn  gleichseitig  au  der  gehingimen  Operation 
beglflckwfinschen,  welcher  Antrag  unter  lautem  Beifalle  einstimmig  an* 
genommen  wurde.  Dr.  Wolfsgruber  Qbemahm  bereitwilligst  die  Botschaft» 
noch  am  gleichen  Tage  den  BQrgermeister  Ton  diesem  Beschlösse  der  Ver^ 
Sammlung  in  Kenntnis  zu  setzen. 


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YereukBiiacbrichteii. 


397 


Sodann  ertheilte  der  Obmann  dem  Prof.  Franz  Schneider  das  Wort 
zu  dem  Vortrage: 

„Ober  ein  einfaehes  neues  Lelinnlttel  zar  ElnfOhPung  in  den  astro- 
nomlseben  ElementaFunterrleiit".  (Für  die  unteren  Clanen  der  Mittel- 

«cbnlen.) 

^Infolge  der  neiu^n  Instructionen  vom  Mai  1892  fllr  den  geogmpliisehen 
nnd  naturwissenschaftlichen  Unterricht  im  Untergyrana-sium  war  es  noth- 
weTi(H}Tf.  das»  sich  der  Naturhiatoriker  tii-'hr  denn  bisher  mit  mathematisch- 
geographischen  fcllemeßten  hesonders  für  die  Physik  der  IV.  Classe  be- 
schäftige. An  schön  aui^gcäUtteteu  und  vom  Mechaniker  verwickelt  con- 
Btruierten  Apparaten  für  den  astronomischen  Anfangsunterricht  fehlt  es 
wohl  nicht,  aber  an  solchen,  welche  dem  Schüler  jederseit  cor  Hand  sind 
nnd  welche  er  sich  allenfalls  auch  selbst  herstellen  könnte. 

Im  Unterrichte  in  der  mathematischen  Geographie  handelt  es  sieh 
haopti^ächlich  um  die  scheinbaren  Bewegungen  der  Sonne  in  Besug  auf 
die  Erde,  und  zwar  von  einem  Standpunkte  aus  unter  der  geographischen 
Breite  des  Schuiortes  an  den  verschiedenen  Tagen  des  Jahres,  um  die  Er- 
klärung des  Wechsels  der  Tagps-  und  Jalireszeiten  nnd  endlieb  auch  um 
die  Beobachtungen  von  verschiedenen  Punkten  der  Erde  aus.  Alle  diese 
Vtfh&ltniMe  lassen  sich  durch  ein  einfaches  Lehrmittel  veranschaulichen, 
wat  welches  Schreiber  dieser  Zeilen  gelegentlich  de«  Physiknnterrichtes  in 
der  lY.  Classe  des  Untergymnasiums  verfiel.  Grundlegend  sn  diesem  Lehr> 
mittel  ist  Figur  1,  welche  einem  Bilde  aus  der  Naturlehre  von  Dr.  Höf  1er 
und  Dr.  Maiß  entnommen  ist.  Das  Bild  zeigt  eine  wagrechte  Ebene  mit 
dem  etwas  flach  gedrückten  Himmeli^gewnlbp.  in  wclrlu  ni  um  (/  als  Mittel- 
punkt eine  KugelÜüt  he  von  beliebigem  Hadius  gelegt  ist.  Auf  diese  wollen 
Wir  die  Vorgänge  am  Himmelsgewölbe  projiciert  denken,  um  nicht  nur 
die  gegenseitige  Lage  zweier  Punkte  am  Himmel  im  Winkelmaße,  sondern 
anch  im  Bogenmafle  angeben  in  kflnnen. 

Wir  gewahren  als  Basis  der  Kngel  die  Horiiontebene  mit  dem 
Horiaontkreise,  die  vier  Weltgegenden,  den  Äquator  nnd  in  der  Papier' 
ebene  die  Meridianebene.  In  der  Peripherie  des  Äquators  ist  die  Sonnen- 
bahn rar  Zeit  der  Äquinoctien  gelegen,  nnd  23'/t**  nördlidior  und  sQd- 
licher  sind  die  beiden  Parallelkreise  der  S'olstitien  zu  suchen,  her  Scheitel- 
punkt, die  Polhöhe  (geographische  Breite),  der  UimmeUnordpol,  die  Welt- 
achse ergeben  sich  aus  der  Figur. 

Bringt  man  diese  Figur  1  in  Beziehung  mit  den  wirklichen  Ver- 
hältnissen auf  unserer  Erde  oder  ffir  die  Schule  mit  dem  Globus,  so 
hat  man  Folgendes  za  beachten:  Figur  S  ist  so  entstanden,  da*fl  mit 
Hilfe  der  geographischen  Breite  der  Scholort  G  47*  65'  12"  (alkgernndet 
48**)  gesucht  wird,  die  Verlängerung  des  Radius  (Schwerlinie)  führt  zum 
Zenith ,  normal  zum  Globusäquator  die  Bichtung  der  Weltachsc ,  die 
TantT'Mite  in  G  ht  die  Nord-Sudrichtung  f  Mitta£^5jlinie)  und  die  Tangential- 
ebene in  <i  der  künstliche  Horizont;  die  Richtung  der  We!tach<e  bildet 
mit  der  Mittagslinie  einen  Winkel,  welcher  der  Polhöhe  und  der  geo- 
graphischen Breite  von  G  gleichkommt.  Wenn  wir  au6  G  eine  Parallele 
mm  Xqnatorhalbmesser  siehen,  so  schließt  diese  mit  der  Mittagslinie 
einen  Winkel  ein»  welcher  der  ÄqnatorhOhe  gleichkommt  und  das  Com- 
plement  der  PolhShe  ist. 


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398 


Vereinsnachrichten. 


BestimmeD  wir  noch  den  Ost-  nnd  WotipunU  am  Horiionte,  so 

können  wir  den  Tageftbogen  der  Sonne  am  21.  März  und  am  23.  Sep> 
terober  im  Äquator  erhalten,  23 V«"  davon  entfernt  die  beiden  Wende- 
kreise lind  .nachdem  die  einzi'lncn  Parallel  kreise,  in  denen  sich  die  Sonne 
von  Tag  zu  Taj;  bewegt,  nicht  gleich  weit,  sondern  in  den  X  erhiUtniasen 
12:8:3';.^"  voneinander  abstehen,"  so  finden  sich  in  ähnlicher  Weise  die 
übrigen  FaraUelkrei&e.  Ks  ergibt  »ich  folgende  Tabelle  für  die  bonueuhühen 
in  den  einselnen  Monaten  fdr  den  Schulort  G: 


Monat  Sonnenhobe 

■  Ul  li 

Bemerkungen  und  Beobachtung^ 

C!ka 

21.  iiän 

Äquator,  FrühlingsAqiiinocUum,  Tag  nimmt 
HM»  tu. 

80.  Apni 

joa    1     «oft  ftJA 

4!r  +  Ifr  54*' 

21.  Mai 

64«  +  8»— GS» 

21.  Juni 

Gr  4-  3'//  ^  65V,* 

Wi*n(lokn>is  d>'a  KrcItaM^  8<miiaerM>lBti- 
tium,  Ikf  nimmt  langnm  m  und  «b. 

22.  Jfnli 

23.  August 

—  8"  =  54" 

98.  September 

ÄqiMlor«  H«Tbatnqi)inortiuut,  Ti«  »liiiot 
rascli  ttb. 

•J:'..  October 

42«  —  12«  = 

22.  November 

ao°  —  Ö'*  —  22" 

22.  December 

22»  —  3V,o  18»/," 

Wfiiil'-krt'is     des    Strinhockofi ,  Wlntor- 
KolKlitium,  Tag  nimmt  langnam  ah  iiud  zu. 

81.  Januar - 

18V.*  +  8V,««-28*> 



19.  Februar 

22°  -f  8"  =  30" 

21.  .Mars 

aO''  +  12"  —  42" 

Der  Krei«.  welcher  die  Culminationsponkte  der  Sonne  verbindet»  üt 

der  Meridian k reis. 

K»  ialleii  uns  drei  Ebenen  vor  allem  anderen  auf:  die  Meridianebene, 
Figur  4t  die  Borixontebene,  Figur  5,  und  die  üquatorcbene,  Figur  3,  mit 
ihren  Parallelebenen.  Diese  drei  Ebenen  kfinnen  wir  ala  Lehrmittel  durch 
drei  Pappseheiben  darstellen;  von  30 cm  Durchmesser  f&r  den  Schul* 
gebrauch,  und  zn  Händen  der  Schüler  in  kleinerem  Maßstäbe. 

Die  Aquatoracheibe  bat  einen  Einschnitt  von  Kadiu.>^laii^e  und  zwei 
hn1bsolan<re  KiiiM  hniUe  normal  darauf  um  90"  entfernt  und  ist  mit  blauem 
Papiere  überzogen. 

Die  Meridianscheibe,  weiß  gehalten,  reip-t  die  Zenithlinie.  die  VVelt- 
achse,  den  Äquator-  und  die  l'.irallelkreibduichmertser.  Vom  Mittelpunkte 
au  den  Culminationspunkten  ist  die  Richtung  der  Sonnenstrahlen  su  den 
verschiedenen  Zeiten  des  Jahres  (laut  Tabelle)  eingeaeichnet  Vom  Mittel- 
punkte verlftuft  am  Aqoatordurchmesier  nach  rechts  und  links  ein  lipalt 
von  hnlher  Kadiusläng  ■.  Diese  Scheibe  (Figur  4)  ist  unter  dem  Winkel 
der  Aquatorhöhe  in  zwei  Theile  (Ober-  und  Untertheil)  geschnitten.  Dieser 
Winkel  ändert  sich  selbstvorständlich  mit  der  geofrniphischen  Breite  des 
Ortes,  und  die  Verwendbarkeit  des  Lehrmittels  für  jeden  beliebigen  Ort 


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400 


Vereinraachrichteii. 


nacht  nur  Tenchiedene  Meridiansclieiben  nöthig,  z,  Ii.  filr  die  Verhältnisac 
am  Äquator  mw»  der  Schnitt  in  der  Hichtun^  der  Woltachüo  p^eführt  sein, 
für  dio  an  dem  Nordpol  im  Äquator,  so  daas  dann  Horizont-  undÄqaator- 
scheibo  zusammenfallen. 

Figur  5  zeigt  die  Horizontecheibe  (HcbtgrQne  Farbe);  auf  ihr  ist 
die  Beceidinung  der  Weltgegenden  angebracht  und  parallel  der  Oat-Wetfc- 
ricbtung  sind  die  Verbindongslinien  der  Anfj^angt-  nnd  üntergangspnnkie 

^3. 


der  Sonne  in  den  einxelnen  Monaten.  Wenn  man  dieie  Scheibe  am  Rande 
gradniert,  so  kann  man  die  Morgen»  nnd  Abendweiten  direet  ablesen.  Die 

Rntfernangen  der  einzelnen  Parallelen  Ton  der  Ort-Wesilinie  können  aoa 
Figur  4  von  ab,  bc,  cd  direet  abgenommen  werden.  Der  Einschnitt  Ter- 
läuft  in  der  Westrichtung. 

Fi<>ur  (j  zeigt  da.s  Lehrmittel  in  der  Zusammenstellung.  Um  dieselbe 
zu  bewerk.stelligen,  bringt  man  die  llorizont.scheibe  in  übereinstimuiung 
mit  der  geographischen  Lage  des  Schnliimmer^  und  schiebt  nun  die  blaue 


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Vereinsnachrichten. 


401 


JS^qaatoncheibe  Spalt  gegen  Spalt  in  die  Hortsontseheibe  eio.  Um  die 

Neigung  beider  Soht  ibon  unt.n  dem  Winkel  der  Aqaatorhöhc  festzuhalten, 
irird  das  Obertheil  der  Meridianscheibe  mit  leinem  kurzen  Spalte  in  den 
kurzen  Spalt  der  Aquatorscheibe  ein^p^jcliobon;  in  irlcichor  Weise  wird  das 

1  ntt  rtheil  eingeschoben.  Zur  besseren  Fixierung  knnn  man  das  (iaiize  durfh 
kreuzweise  eingeschnittene  Korke  einkleninien .  und  wenn  man  den  einen 
Kork  genügend  lang,  6  —  1  ein,  wühlt,  auch  von  einem  Sutiv  tragen  lassen. 

ilnOerdein  b^Otbigt  man  nocb  neben  kleinere  and  größere  Qua- 
drantenscheiben (Segmenttbeile),  welche  man  parallel  der  Xquatorscbeibe 
in  dem  vorderen  rechten  nnd  linken  oberen  und  unteren  Baum  anlogen 
kann,  um  das  Vor-  und  Rückdchreiten  der  Sonnenbahn,  die  Zu-  und  Ab* 
nähme  der  Tagesbogen  (und  Nachtbogen)  veranschaulichen  zu  können. 
Man  erhält  diese  Q«adrantf>nscheiben  aus  den  Flächen  0  AG,  Oi  Gi, 

02  ^«»  u.  8.  w.  (Figuren  1  und  C}'^.  Jf^der  Tagesbogen  ent<«j3richt  einem 
Nachtbogen  und  correspondiert  mit  je  einem  Bogen  in  Monaten  gleicher 
Sonnenhöhe,  z.  B.  Tagesbogen  im  April  und  August  sind  gleich  dem  Nacht- 
bogen im  Februar  nnd  Ok;tober;  dasu  ist  eine  Scheibe  nCthig.  Durch 
Aufeinanderlegen  aller  rieben  Quadranten,  so  dass  sie  mit  den  unteren 
Basen  abschneiden«  kann  man  die  Unterachiede  der  Tageslftngen  und 
Sonnotili5hen  und  das  ungleichartige  Wachsthnm  der  Tageslftngen  direct 
«nschaulich  machen. 

Die  Verwf'ndun^'  d«'s  Lehrmittel«;  lil8«it  sich  nun  im  Folgenden  kurx 
zusammenfassen:  Orientierung  aut  der  Hori^ontebene;  Beziehung  je 
zweier  Scheiben  zu  einander;  Polhöbe  —  geographische  Breite,  Aqiuitor- 
h5he  gleich  der  Sonnenhdhe;  Morgen-  und  Abendweite;  Parallelismus  der 
Sonnenbogen  nnd  deren  ungleiche  B^tfemung  voneinander  in  den  ein- 
seinen Monaten;  Schatteniftngen  eines  verticalen  Stabes  mit  Hilfe  der 
Heridianscheibe :  Belichtung  der  WSnde  eines  Hauses  ku  veisehiedenen 
Tages-  und  Jahreszeiten. 

Divs  liehrmittel  kann  von  jedem  Schäler  her^fe.st<'lU  und  mit  liestem 
Erfolge  verwendet  werden,  wie  sich  der  Verfasser  während  iler  letzten 
Jahre  im  Physikunterrichte  der  IV  Clasj>e  eintj-diend  überzciif^en  konnte. 
Leichte  Handhabung,  ller»teilung  und  Bergung  des  Lehrnnttels,  das  nahezu 
kosti^nlo«  erzeugt  werden  kann,  «nd  kleine  VorsQge  vor  den  großen  und 
«omplicierten  astronomischen  Hilfsmitteln,  die  aber  selbstverstftndlich  zu 
Händen  des  Lehrers  für  den  höheren  Unterricht  unentbehrlich  bleiben,  da 
«ie  ja  auch  durch  Schönheit  der  Ausstattung  und  Genanigkeit  der  Ans- 
ftlhrung  voranstehen." 

Den  rnißerst  interessanten  Vortrat»,  der  nirht  bloß  die  Aufmerksam- 
"keit  der  engeren  Fat  heolleo;»^n,  f?nnd<'rn  aller  Anwesenden  erret^te,  lohnten 
ungetheilte  Zustimmunj,''skundgebnni,'en  mit  dem  Wunsche,  denselben  in 
den  Spalten  unserer  Zeitschrift  zum  Abdrucke  zu  bringen.  Nachdem  der 
Obmann  Dr.  Ad.  Hor^idka  noch  kors  Aber  die  Resolutionen,  die  am 
VI.  Mittelschultage  in  Wien  gefiisst  worden  sind,  Bericht  erstattet  nnd  den 
.Anwesenden  f&r  ihr  so  xahlreiches  Erscheinen  (40  Thdilnehmer),  sowie  d«m 
Tortragenden  gedankt  hatte,  wurde  die  Versammlung  um  18V«  Uhr  ge- 
schlossen. 

Während  der  Zeit  hatten  die  .\nj:»eh(1rif,'en  der  Voroin^mitp^lieder  einen 
Spasiergaog  in  die  Sartori- Anlagen  unter  Führung  des  Lehrers  Kegele 


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402 


Vereinsnachrichteu. 


unternommeii,  worauf  eine  fröhliche,  geneinsame  Mahlteit  im  Speiseiaald- 
dee  Hotels  »Schiff*  (Deininger)  die  Theilnehmer  an  dem  Ansflnge  Teretnigie. 

Um  %3Ulir  erfolgte  mittelst  Separatschiffes,  dai  die  DampfschifTabrtunter- 
nehmuDg  in  liebenj^wurdif^stfr  Woisp  znr  Vpifü^nnfj  fjestellt  hiitto,  eine  Kiind- 
fahrt  auf  dem  See,  die  ullcnlings,  powie  der  voruiittiif:rigc  Spaziergang  müor 
der  Ungunst  des  Wettern  zu  leiden  hatte.  Nichtsdestoweniger  herrschte 
eine  fröhliche  Stimmung.  Mit  lautem  ^Hurrabl"  wurde  Capitän  Zehden 
begrüßt,  der  einige  POUer  bei  der  Vorbeifahrt  des  Schiffes  U^^en  ließ,  nm 
das  Traonsteinecho  aar  Freude  der  Passagiere  an  weeken.  Mach  der  RQek- 
kehr  wurde  noch  euie  kleine  ätftrkang  genommen;  sodann  erfolgte  um  6  Uhr 
die  gemeinsame  Abreiße  der  Theilnehmer  an  der  Versammlung,  die  sieh 
über  alles  sehr  befriedist  aassprachen.  Der  Ansflug  nach  Omnnden  wird 
gewiss  allen  stets  in  bester  Ertnnemng  bleiben. 


C.  SitzuDg^sberiohte  des  Vereines  „Bukowiner  Mittel- 

sohule"  in  Czernowitz. 

(^Mitgetheilt  vom  Vettinsmitgliedt?  (iymn.isiallehrei"  A.  Sauer.J 

Zweiuud vierzigste  Yereinsversammliiiig* 

(5.  April  1897.) 

Anwesend  87  Mitfflieder,  darunter  die  Landes  •  Scfanlinspeetoreii 
Dr.  Vysloniil  und  Dr.  Tumlira,  die  Directoren  Scbulrath  Klansert 
Handyczewüct  und  Faustmann  mul  ein  Mitglied  aus  Radautz. 

I.  Der  Obmann  Prof.  Dr.  Polaschek  tlieilt  mit,  dass  Prof.  Pcpöck 
vom  Obt'r^'ymuiiÄiiuiii  in  Czernowitz  dem  Vereine  als  Mit^'lied  bei^jetreten 
ist,  nnil  fl.i.ss  am  VI.  Mittolschnltage  in  Wien  der  Verein  durch  etwa 
12  Theilnehmer  vertreten  sein  wird. 

Der  Vorsitiende  gibt  anch  bekannt,  dass  der  Auischum  beschlossen 
habe,  die  Beamtenaeitung  tu  abonnieren,  damit  man  wenigstens  wisse, 
was  der  Beamtenverein  Über  den  Iiehrstand,  ohne  ihn  in  fragen,  be- 
schließe, wie  das  merkwOrdigerweise  bei  seinem  Gegenentwnrfe  des  Disci- 
pUnarverfahrens  geschehen  ist. 

II.  Vortrag  des  Vorsitzendon  übr r  die  «Reform  der  Lebramtq»rüfang 
für  Candiii;iten  de«  Mittelschullehnimte.s"'. '  j 

An  die  Verlesung  der  Vorüchläge  knüpfte  sich  folgende  Debatte: 
Prof.  Schwaiger  wünscht,  dass  diese  Vorschlage  nicht  nur  durch 
den  drohenden  Lehrermangel  begrAndet  werden,  sondern  dass  ausdrfieklich 
betont  werde,  der  Gegenstand  sei  an  und  Ar  sich  wichtig  genug,  um 
emstlich  in  Erwfigung  geaogen  so  werden. 

Landes -Schuünspector  Dr.  Tnmlira  sogt,  der  Hauptvorwurf,  den 
man  der  jetzigen  Prüfungsordnung  machen  könne,  sei  der.  d.is.s  «lio  Lohr- 
am tscandidaten  (und  dafür  sind  wir  selbst  die  beöteii  Zt-u^'en)  trotz  ihrer 
^Lehrbefahif^nng"  ins  Lehramt  eintieten,  ohne  dass  sie  \on  dtn  wi  -htig- 
stcn  Diugeu  der  Schulpraxis  (Methodik  des  Gegenstandes,  ächulge^t^- 
gebnng  etc.)  eine  klare  Torstellnng  haben. 

')  8.  „Österr.  MittelMb."  8.  U  ff.  und  188  ü. 


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Vereinanachrichien.  403 

Er  furchtet  allerdin^,  dass  die  im  Vortrage  empfohlene  Verlegung  der 
praktischen  Ausbildung  auf  uiiiiberwindlichc  Schwierigkeiten  stoßen  dürfte. 

Als  einen  fjlucklichfn  Gedanken  bezeichnet  er  den  Vorschlag,  ch^o^ 
Theilung  der  L'rüfung  einzufahren.  Diese  würde  zwei  ganz  bedeuteiule 
Vortbeile  bringen.  Vor  allem  könnten  bei  der  ersten  Prüfung  die  ao- 
genannten  Nebenfächer  Rbgethaa  werden.  Und  dann  wflrde  der  Candidat, 
weaB  er  bereit«  nach  Ablauf  dee  iweiten  Jabree  eine  Fffifung  sn  machen 
hitte,  rechtseitig  aeben,  ob  er.  denn  auch  lilr  das  gewählte  Fach  die 
aStbige  Befähigung  besitze.  Eine  «olche  Einrichtung  1<evsteht  ja  thata&ehlich 
beim  juridischen  und  medicinischen  Studium  Auf  Cirund.  dieeer  enten* 
bloß  iiulndlichen  Prüfung  wäre  der  Philosoph  erst  ins  Seminar  zaznla^n. 

Käme  man  dahin,  dass  im  siebenten  Semester  die  schriftlichen  Prü- 
fungen gemacht  werden  können,  und  wären  die  Prüfungdtheoien  ho  ge- 
wählt, divss  sie  wirklich  nicht  länger  als  sechs  Monate  in  Anspruch  nehmen, 
io  konnte  der  Candidat  am  Schinne  des  nennten  Semesters  die  mflndliche 
Prüfung  ablegen,  und  er  wftre  dann  in  denelben  Lage  wie  der  Beehte> 
Praktikant  Wenn  er  nun  wie  dieser  nach  Verlauf  eines  Jahres  eine  prak- 
tische Prüfung  vor  Männern  der  Praxis  abzulegen  hätte,  so  würde  der 
Candidat  gewiss  alles  aufbieten,  am  diese  Prüfung  rechtseitig  und  ordent- 
lich zu  machen. 

Hei  einer  ileriuti^'en  Ausgestaltunf»  der  Lebrbefahignnffsprüfunp  l<ig«? 
der  Schwerpunkt  der  Prüfung  nicht  mehr  allein  in  der  Wissenschaft  liehen 
Leistung,  und  der  Philoboph  kOnnte  mit  sehn  oder  elf  Semestern  toU- 
ständig  anstellbar  sein. 

In  demselben  Sinne  sprechen  auch  Proff.  Dr.Perkmanv,  Dr.  Rump, 
Wotta  und  Dir.  Mandycze wski.  Letzterer  betont  insbesondere,  dass  die 
Historiker  bei  der  ersten  Prüfung  außer  den  Nebengegenständen  auch  die 
Geschichte  des  Alterthunis  abthun  könnteni  und  damit  wQrde  ihnen  die 
zweite  Prüfung  bedeutend  leichter  fallen. 

Landes- Scluilinspector  Dr.  Tumlirs^  fügt  noch  hinzu,  dass  die  Prü- 
fungsvorschriften  für  verschiedene  GegeuHtände  ver^chiedeu  sein  küuuieu^ 
SO  konnte  s.  B»  Ar  Naturgeschichte  und  Phydk  die  für  die  Philologie 
unentbehrliehe  schriftliche  Hausarbeit  ent&Uen. 

UL  Hierauf  referiert  Prof.  Schwaiger  Ober  die  seinecaeit  von  der 
Vereinsleitung  der  Geschäftsführung  desYL  deutach-österreichiscben  Mittel- 
scbultages  in  Wien  als  Verhandlungsgegenstand  angemeldete  „Dien.st- 
pragmatik  für  MiHf  l^chullehrer".  Er  Itemerkt  vorher,  dass  er  sich  erst 
vor  kurzem  entschlieben  konnte,  diese.s  Referat  für  den  Wiener  Mittel- 
schultag zu  übernehmen.  Da  habe  er  nun  die  vom  Vereine  „Bukownicr 
Mittelschule"  aufgearbeiteten  Vorschläge  einer  genaueren  Prüfung  unter- 
sogen und  habe  gefunden,  dass  manches  ergänzt,  manches  anders  geordnet 
werden  mfime. 

Ober  die  Aufnahme  einiger  Forderungen  (s.  B.  idiysisehe  S^ung) 

entspinnt  sich  eine  Debatte,  an  der  sich  insbesondere  die  Herren  Landes- 
SchuHnspector  Dr.  Tumlirz,  Schulrath  Klauser,  Dir.  Mandyczewsk. 
und  Dir.  Fanntmann  betheiligen  E-^  wird  aln  TTanptgrnnd«itz  hingestellt, 
dass  wir  nnr  die  Aufnahme  derjenigen  licHtimmungun  beantragen  sollen, 
die  in  untserem  benonderen  Interesse  liegen.  Für  die  Vollständigkeit 
der  Dienstpragmatik  wird  schon  die  Behörde  sorgen. 

„Otteir.  Mittolsdial«'*.  XI.  Jihrv.  29 


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404 


Vereinsnachrichteo. 


Bei  dem  Punkte  «Probetriemiiiim"  beantragt  Dir.  Fanstmann,  man 
mOge  den  Vorecblag  des  Aasschusses  beibehalten,  noch  welchem  das  Probe- 
triennium  gans  in  entfallen  habe.  Di»?ses  l»estoho  jii  auch  nicht  bei  den 
rifhrerbilduntysanstalten ,  und  auberdem  hübe  die  Hehörde  Mittel  genug, 
um  etwa  unbrauchbare  Nfitfrlieder  des  Lehrsfandeifi  zu  »'ntfernen. 

i.andes-ScliuIinHpectur  i)r.  Tumlirx  wün.».cht,  (iiuss  nian  nur  Forde- 
rungen stelle,  auf  deren  Erfüllung  man  auch  rechnen  könne.  Von  der 
Fofdening  einer  Probeieit  werde  aber  die  Unterriebtererwaltasg  nicbt 
leicht  abgehen.  Ei  bandle  aich  ja  bei  denelben  nicbt  dämm»  ob  ein 
Lehrer  ordentlich  unterrichten  könne,  sondern  ob  er  noch  den  ndthigen 
sittlichen  Charakter  habe,  ob  et  objectiv,  leidenechaltBlM.  unbeetecb- 
lich  etc.  sei. 

Aber  die  Fonlenincr  i't  ^anz  gerecbtfertigti  dass  man  die  Sapplenten- 
Jahre  ins  Probetriennium  einrechne. 

Em  wird  daher  der  Antrag  dem  Referenten,  dsihs  d^  Probetriennium 
be&teben  bleibe,  da«  aber  die  Snpplentenzeit  eingerechnet  werde,  mit  13 
gegen  19  Stimmen  angenommen. 

In  Besng  aaf  die  Penrionierung  vor  Ablauf  der  Dienitceit  wird  be- 
antragt» dam  wir  den  richterlichen  Beamten  gleichgestellt  werden. 

DrelnudTierzigste  Tereinsrersammlaiig. 

(2.  Mai  1897.) 

Anwesend  2b  Mitglieder,  darunter  Laudeä-^chuliubpector  Dr.  K. 
Tomlirs,  die  Sohnlrftthe  Dir.  Klaneer  und  Dir.  Isopeecul  und  Dir. 
Mandyesewski. 

Als  neues  Mitglied  kt  dem  Vereine  beigetreten  Demeter  Cse- 

cbowski,  Professor  am  ruthenischen  Gymnasium  in  Przemysl. 

Der  Voreitzende  bericht.  t  über  den  Verlauf  des  Wiener  Mittelschul' 
tages,  an  weicb*Mn  dif  Bukowina  durch  14  Theilnehnier  vertreten  war. 

Dr.  Frank  beantragt,  dass  den  lieiden  Herren,  welche  als  Mandatare 
des  hiesigen  Vereines  am  Mittelschultage  Vorträge  gehalten  (Prot.  Dr.  Po- 
lascbek:  »über  die  Reform  der  Lehramtsprüfungen",  Prof.  Schwaiger: 
»Über  Dienstprngmatik')  und  so  die  Interessen  unseres  Standes  gefördert 
und  die  Wünsche  unseres  Vereines  sur  Geltung  gebracht  haben,  dafür  der 
wÄrm-^te  Dank  ausgesprochen  werde. 

(Wird  unb  r  allgemeinem  Bei£alie  angenommen.) 

Aut  .Vntraj^  des  Prof.  Schwaiger  wird  auch  den  7wei  anderen 
Herren,  die  durch  ihre  Vortrüge  in  Wien  gleichfalls  zur  Hebun}^  des  An- 
?*ehea8  uuberes  Vereines  beigetragen  haben  (Prot.  Dr.  Lederer  und  Prot. 
Dr.  Perkmann),  der  Dank  des  Vereines  au^esprochen. 

Der  Vorsitsende  berichtet  ferner  über  den  Empfang  einer  Deputation 
beim  Herrn  ünterrichtsminister,  die  im  Aultrage  des  Vereines  gel^ntlieh 
des  VI.  deutsch -Österreichischen  Uittelschulta^^  in  Wien  den  Dank*  für 
die  Durcbbringui^  der  Pensionsgesetze  und  die  in  den  beiden  n  iu-^rn 
de«  hohen  Reichsrathes  durchberathenen  Gehalt>vorlagen  zum  Auadrucke 
brachte.  Se.  Excellenz  enij.ficng  die  AbjTeordneten  ilw  Vereines,  den  Ob- 
mann Prof.  Dr  Pola<ehek  und  Prot.  Dr.  i'er  kniann  auts  freundlichste, 
zeigte  sich  über  das  Erscheinen  der  Deputation  tehr  erfreut  und  er- 


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VeKioiiiaohcichteii. 


405 


mächtigte  sie,  den  Vereinsmitgliedern  hiefür  seinen  Dank  anszusprechen. 
Die  UntenridittTenraltaiig,  bemerkte  8e.  Excellenz  unter  anderem,  müsse 
von  den  MittelichiitprofeMoreii  viel  verlangen,  es  sei  aber  avcli  schon 
maachcfl  gewliebeii.  Die  Penfionageeetse  eeiea  in  Geltung  nnd  auch  die 

Gehaltsfi^esetze  wQrden  in  abeehbarer  Zeit  durchgeführt  werden.  Ei  freue 
ihn  auch,  dass  so  viele  Herren  am  Slittelschulta^e  thcilnehmen,  wo  sie  ihre 
Wünsch«^  nn<l  ihre  Erfabrnnpen  in  erwünschter  Woi-r  äußern  können.  Er  sei 
ein  Freund  des  offenen  Worte«,  wofern  nur  die  Form  gewahrt  werde.  Die 
rnterrichtäverwaltung  habe  so  manche  Anregtingen  vom  MittelschuLtage 
empfangen  und  auch  verwertet. 

Zweiter  Punkt  der  Verhandlung: 

Referat  ftber  die  Wohmnigstage. 

Darfiber  berichtet  xnnftcbct  der  Hanptreferent  Prof.  Dr.  Frank  Fol- 
gendes : 

^Ein  Bericht,  den  der  Landcs-?c hulins]iector  German  in  der  galizi- 
ächen  Directorenconterenz  erstattete,  veranliu^stf  den  hip*fi^:^en  Verein,  da 
ja  in  der  Uukowinii  ^anz  iihnliche  Verhältnisse  bestehen,  nich  mit  den 
Wohnungctverhältninwen  der  studierenden  zu  befassen.  Daher  iiielt  Prof. 
Anton  Pawlowtki  in  der  84.  Vereineveraammlung  der  nBokowiner 
Mitteleehnte*'  (18.  Mai  1895)  Ober  dieiee  Thema  einen  Tortrag.  Er  iat  ver- 
üffentlicbt  im  IX.  Jahrgange  der  «Otterreicfaisehen  Mittebobnle",  8.  874  ff. 

Das  wichtigste  Ergebnis  dieiee  Vortrages  war  die  Einsetzung  einest 
alle  Mittelschulen  der  Bukowina  nmfiuseaden  Anaechnteei,  der  die  Woh« 
nungsverhältnisse  der  StiuHf-renden  zu  untemchen  und  zugleich  die  CUussi- 
ficationsergel>nis5e  der  unter  bestimmten  Verhältnissen  studierenden  Schüler 
in  Betracht  zu  /.iehen  und  zu  ermitteln  hätte,  inwiefeme  sie  etwa  mit  den 
bestehenden  Missständen  im  Zusammenhange  stehen. 

Znr  schnelleren  Bewältigung  der  nrnthmienden  Arbeiten  wurden  an 
den  einzelnen  Anstalten  WohnongecommiiBioneB  gebildet,  die  dann  in  den 
Sitxnngen  dee  GeeamratanMchoMes  sn  berichten  hatten;  anf  Gmnd  dieser 
Berichte  sollten  Vorschlüge  im  Plenum  erstattet  werden.  Vorgelegt  worden 
die  Berichte  des  Czernowitzer  und  des  Radautzcr  Obergymnasiums  und  der 
Lehrerbildungsanstalt.  Auf  Grund  dieser  Berichte  im  allgemeinen,  in.sonder- 
heit  aber  im  Hinblicke  auf  die  Arbeiten  des  Wohnnnpsausschusse-s  des 
Czernowitzer  Obergymnasiums  ist  der  folgende  Hau]itijericht  erstattet. 

Zunächst  wurden  die  Arbeiten  di^ea  ^Wobnungsiiussehttaee*  vielftoh 
gehemmt.  Denn  wollte  man  ein  richtiges  Urtbeil  Uber  die  laaitftren  Ver- 
hältnisse einer  Wohnung  (Feuchtigkeit  der  Mauern,  Luft*  Licht  etc.)  nch 
bilden,  so  masste  man  die  Wohnung  in  den  Wintermonaten  untersuchen; 
wollte  man  die  Zahl,  das  Alter  und  Geschlecht  der  Mitwohnenden  Ter> 
läs^lieh  in  Erfiihrung  brinpr^n .  so  durfrcn  di»-  Ausschnssmitglieder  nnr  zur 
Mittags-  oder  Abendzeit  die  Wohnung  t)esichtigen ;  auch  epidpini-ehe 
Krankheiten  und  manche  andere  Erscheinungen  hinderten  eine  riuciiere 
Durchführung  der  Angelegenheit. 

Ei  leigte  lieh,  dass  iwei  vendiledene  Arten  der  Beherbergung  ablich 
«ind.  Ein  Theil  der  Schaler  wohnt  bei  Kostherren,  d.  b.  sie  haben 
Wohnung  mit  allem,  was  dasu  gehört,  nnd  auch  die  Kost  Die  sanitSreo 
Verhältnisse  sind  in  der  Begel  entsprechend,  die  Aufsicht  angemessen.  Bei 
weitem  der  größere  Theil  der  Scbfilev  kann  einen  so  hohen  Betrag  (von 

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406 


VereisAimchrichten. 


10  fl.  aufwärts)  nicht  enehwingen;  sie  wohnea  daher  bei  Quartier- 
te bcra,  d.  b.  sie  erhalten  nur  Wohnong,  Behdsung  und  Belenefatanfp 
g^n  einen  Betrag  von  1^4  fl.  monatlieh,  f&r  alles  flbrige  xnQssen  eie 
selbst  Boxi^en.  Die  Vorküstitrun«;  geschieht  snmcist  in  der  Weite,  da«»  die 
Eltern  etwa  jeden  Monat  einen  Sack  Mehl  schicken,  aus  dem  dann  die 
Qnnrtiprfran  ManiRli<?;i  Hereitet,  die  wohl  oft  die  ganxe  Woche  die  einaige 
^iiabrung  des  Studierenden  bildet. 

Die  Untersuchung  sollte  sich  erstrecken  auf  den  Kuuininhalt  des  vom 
Schüler  bewohnten  Ziuimers,  die  Anzahl  der  in  diesem  Zinuner  wohnenden 
Penonen  (und  awar  Bfftnner,  Frauen,  erwadbsene  Mftdchen,  Kinder);  bei 
den  mitwohnenden  SehUlern  sollte  wiedor  in  Betracht  gesogen  werden» 
welche  Lehranstalt  sie  besoehen.  Ferner  sollte  beachtet  werden,  wer  die 
Aufoicht  fnhri,  ein  Mann  oder  eine  Frau,  und  ob  diese  Person  des  Lesens 
und  Schreibens  kundi«^  ist;  auch  'onst  sollte  nichts  übersehen  werden,, 
was  auf  die  Erziehung  des  Schülers  von  EinHnf*s  sein  könnte. 

Unter  Zugrnndelej^nng  der  ?o  gemachten  Beobachtungen  sollten  die- 
Ergebnisse  der  ClassiücHtion  der  besuchten  Schüler  studiert  werden,  um 
daraus  einen  Euablick  in  den  Zusammenhang  der  Dinge  zu  gewinnen. 

Damit  auch  in  dieser  Hinsicht  tum  Zwecke  der  leichtwen  Verwertung 
des  statistischen  Materiales  an  allen  Anstalten  ein  gleicher  Vorgang  be- 
obachtet werde,  ist  fär  die  Benüt/.ung  der  Kataloge  eine  Tabelle  entr- 
worfen  worden.  Darin  wurden  folgende  Daten  auff^enommen:  Pörings- 
classe.  Sitten-  und  Fleißnotcn,  versäunite  Unterrichtsstunden,  und  zwar 
'nterhnldigt«'  und  nicht  entschuldigte,  Zahl  der  Carceratrafen ,  Zahl  der 
Kepetenten,  Austritte  und  Anwtchließnngen. 

In  Bezug  aul  die  Wohnungsverhältnisse  derjenigen  Schüler,  die  bei 
einen  Qinurtieigeber  untergebracht  sind,  zeigten  sich  nun  gaas  ungiaub- 
liehe  Verhältnisse.  Bei  Kasernenbauten  int  voigeschrieben,  dass  auf  jeden 
Hann  18  tn'  ent&Uen.  Dabei  ist  noch  in  Rechnung  zu  setsen,  dass  der 
Mann  den  größten  Theil  des  Tages  außerhalb  des  Manusehaftszimmers  zu- 
brint^t.  Bei  den  Schiilt'rwohnan{»en  wurde  dieses  Minimum  von  18  »?>3  sehr 
selten  erreicht,  j^ondern  5  — «ind  ^r  nichts  Seltenes,  in  mehreren 
Wohnungen  enttielen  auf  die  l'erson  kaum  2  m'\  Was  für  Verhältnisse 
vorkommen,  dafür  möge  nur  ein  Beispiel  angeführt  werden,  in  einem 
Zimmer,  das  42  rn^  enthält,  wohnen  sechs  Personen:  ein  Mann  und  seine 
Gattin,  eine  andere  Frau  mit  einem  Sftuglinge  und  drei  Sehfller.  Im  ganien 
Baume  sind  bloß  drei  Sehlaftt&tten.  Der  Vater  de«  Säuglings  steht  aus^ 
w&rfs  in  Arbeit,  Qbernachtet  aber  auch  ab  und  zu  in  dieser  Wohnung. 

Die  Schlafstätte  ist  in  vielen  Fällen  nur  eine  Prilsche,  die  noth* 
dürftig  mit  Stroli  bedeckt  ist,  und  das  !3ettzeug  ist  von  einem  Aussehen, 
da.<?s  man  nii  lit  unterscheiden  kann,  ob  es  als  Kopfpolster  dienen  foll  oder 
alsj  Decke.  Es  sind  schon  günstigere  Verhältni^^^e.  wenn  grolje  Haas- 
leinwand da«»  Stroh  bedeckt  und  ein  mit  Stroh  gefüllter  Saek  ala  Kopf- 
polster  und  der  Winterrock  als  Decke  dient. 

Und  dabei  muss  man  noch  sagen,  dass  die  bei  ihren  Eltern  woh> 
nenden  ScbAler  in  vielen  Fällen  nicht  besser  daran  sind. 

Der  Wohnungsau'^schu^s  des  hiesigen  Obergymnasiums  hat  auch  die 
beiden  hier  bestehenden  Internate  besucht;  von  diesen  hat  das  rumäni- 
sche so  viele  Räumlichkeiten,  dass  es  ein  eigenes  Zimmer  als  Baderaum, 


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Vereinanftchrichten. 


407 


ein  anderes  aU  Isolier^ituiiier  füi-  kranke  Zöglinge  verwenden  kaim.  Da^ 
rutbeniacbe  verfügt  über  geringere  Mittel,  daber  aucb  über  bescheidenere 
B&mnlifiUkeit. 

Die  Anftieht  ist  in  beiden  eine  mnaterhafte,  die  Beinlichkeit  lint 
oiohtii  m  trünaehen  übrig,  die  Ko«t  i«t  einfach.  angemoMen  nnd  aua- 
reichend,  beide  verfOgen  Aber  einen  Qarten,  in  welebeiu  die  Zöglinge  im 

Sommer  lernen,  sjiielen  und  auch  speisen  können,  mit  einem  "Worte,  die 
Zöglinge  haben  rin  walirhaft  paratüe'^isches  Du'^ein  nicht  hloß  im  Ver- 
gleiche zu  denen,  die  bei  Cjuartiergebern  wohnen,  sondern  auch  die  JVlehr- 
aahl  der  Schüler,  die  bei  den  Eltern  wohnen,  würden  sich  glücklich 
preisen,  wenn  sie  nur  annähernd  so  bequeme  Verhältnisse  hätten.  Die 
Kotten  betragen  (&r  einen  Sefafller  monatlich  15  fl.,  doch  kSnnte  man  bei 
größeirer  Sefafllenabl  anck  mit  10  H.  per  Kopf  aein  Analaagea  finden, 
TOtan^gesetzt,  dass  das  Gebäude  vorhanden  ist.  Nun  stünden  im  Prieater- 
bause  große  BAomlichkeiten  zur  Verfügung,  die  keine  Verwendung  haben. 
'  Es  könnte  ja  dort  ein  p:riechiseh-orientali8ches  Internat  errichtet  werden. 
Dadurch  würde  die  Zahl  der  übrigen  armen  Schüb'r  verringert,  so  dass 
für  diese  ItR-hter  ein  hiureiciiendes  Internat  errichtet  werden  könnte.'* 

SchlieBlich  «teilt  der  Referent  den  Antrag,  dass  aus  Anlass  de^  deuk- 
wfirdigen  Jahrea  IM  ein  Internat  erricfatet  werde,  da  unter  dm  hiedgea 
YerbKltniasen  nor  dieaea  geeignet  aei  tnr  Beseitigung  der  vielen  argen 
Übelatinde,  die  aieh  aeit  Jahren  fühlbar  machen. 

Da  abw  dies  noch  in  weiter  Feme  iat,  mOaie  man  ftberiegen,  was 
jetat  schon  geschehen  könne. 

fo  i»olle  daher  jeder  Schnler  unter  Anleitung  des  Ordinarius  die  oben 
verlani,'ten  Angaben  über  seine  Wohnung*  aufschreiben  (Größe  des  Zimmers, 
Anzahl  der  Bewohner  etc.).  Eraieht  man  aus  diesen  Angaben,  das«  Übel- 
at&nde  bestehen,  so  besuchen  zwei  Mitglieder  des  Lehrkörpers  die  Woh- 
nung, nnd  finden  aie  dieae  Obelatftnde  wirklich  vor,  ao  ateht  der  Direction 
nnd  dem  Lehrkörper  dati  Recht  ta,  die  Beaeitignng  deiaelben  so  verlangen, 
in  dringenden  Fällen  einen  Wobanngaweebael  in  kfineater  Zeit  lu  ver- 
anlassen (§  30  d.  Discipl.);  eine  Ausschließung  soll  nur  dann  platzgreifen, 
wenn  für  die  Sittlichkeit  des  Schulen  eine  Gefahr  besteht.  In  besonders 
berück^ichtigun^riwürdi^en  Fällen  werden  die  Mehrkosten  eines  Wohnung«* 
Wechsel«  von  der  Anstalt  ^jeleistet. 

Die  hohe  Regierung  wird  gebeten,  zu  diesem  Zwecke  der  Directiou 
einen  Betrag  von  400  fl.  zur  Verfügung  zu  stellen. 

Frof.Wotfa  als  Coneferent  berichtet,  daas  die  Wohnungaeommiaaion 
dea  Pfidagogioma  im  Jahre  1896  63  Schalerwobnnngen  beaacht  habe  nnd 
114  im  Jahre  1897.  Die  Wohnungarerhältnisäe  sind  hier  Tielleicht  noch 
traarigere  als  die  der  Gymnasiasten  und  Realachfller  und  werden  nut 
von  den  {ranr,  iinf^laublichen  Verhiiltnis'en ,  in  denen  die  Schüler  der 
griechiüch-orientali.sthen  Kirchengesangsschule  leben,  noch  übertrofFen. 

Auf  je  100  Personen  entfallen  70  kleine  Feusterchen.  und  diese  sind 
in  der  Regel  vernagelt  und  daa  Glas  blind;  die  Schlafätätten  aiad  gar 
oft  nur  F^itachen,  mit  aptrlichem  Stroh  bedeckt,  und  oft  «cblafen  3— 8  Per- 
aonen  auf  ein  nnd  deraelben  Schlafttittte.  In  der  Kflche  einer  Keller- 
wohnung lebte  ein  Schüler  neben  Hfihnern  und  Tauben.  In  der  Regel  iat 
nur  ein  kleiner  wackeliger  Tiach  im  Zimmer  su  finden,  ofl  mOnen  die 


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408 


VereiDSDachricbteD. 


Schüler  ihre  Aufgaben  auf  dem  Deckel  einer  Kiste  «chreiben.  £in  Kasten 
für  Kleider  ist  «ehr  selten  Torhaaden. 

Im  DorehechDitte  kommt  anf  eine  Pereon  ein  Banminhalt  von 

11*6 

Die  Quartiergeber  können  in  der  Regel  nicht  lesen  und  schreiben. 
Selbstveratändlieh  bekommt  der  Zögling  fiir  versäumte  Sphulstunden  Kinnk- 
heits?Pngiiisse  iiüch  Wunsch,  am  leichtesten  dann,  wr-nn  ein  Kartenspiel 
mit  seiueai  Quartiergeber  die  Ursache  der  Schulversäumuis  w.w. 

Der  Preis  solcher  Wohnungen  schwankt  zwischen  1 — 4',^  ti.  uiouatlich. 

Ans  diesen  fitseheinnngan  erkiftrt  es  sich,  dass  die  Gesundheit  und 
der  Fortgang  im  eriten  Jahre  am  besten  sind  und  dann  von  Jahr  zu  Jahr 
abnehmen. 

Auch  der  Lehrkörper  des  Pädagogiums  ist  der  Ansicht,  dass  unter 
den  hiofi'.'^n  ^'t•rhältni3pen  ein  Internat  die  einzip  mögliche  Abhilfe  sei. 
Und  die  Errichtnnj^  eines  Internates  ist  auch  leicht  durchfiibr^Hr.  Die 
Zöglinge  beziehen  im  ganzen  etwa  10.000  fl.  an  Stipendien.  Wenn  nun 
jeder  Zögling  muuatlich  4  —  .'*  fl.  (eventuell  in  Naturalien)  beisteuert,  öo 
sind  damit  die  Kosten  anfgehracht  Aueh  an  einem  recht  branehhaftti 
Oebftiide  fehlt  es  nicht.  Fdr  die  Lehrerinnenbildungsanstalt  mun  ohnehin 
ein  anderes  OelAude  beschafft  werden;  die  bisher  benfititen  Rftumlieh* 
keiten  konnten  dann  dem  Internate  überlassen  werden. 

Der  Vorsitzende  spricht  allen  Herren,  die  an  den  Arbeiten  des  Woh- 
ntnie-^antschn^se-?  theilfjenonunen  haben,  in  erster  Linie  aber  den  beiden 
Keltaenten  für  ihre  auberordentlich  zeitraubende  und  höchst  unangenehme 
und  anstrengende  Arbeit,  die  sie  im  Int€re»ä<3  der  ächüler  und  Lehrer  ge- 
leistet haben,  den  wäimsten  Dank  au«  (Lebhafte  Zustimmung)  und  lässt 
noch  den  Berieht  des  Badautaer  Oymnasioms  verlesen. 

Es  herrsehen  dort  im  allgemeinen  die  gleichen  Übelstftnde.  Als  be- 
sondere Erscheinung  wird  hervorgehoben,  dass  sich  die  reicheren  ZOglinge» 
wenn  ihnmi  der  Kostherr  nicht  Krankheitsaeugnisse  anestellt,  sooft  sie  es 
verlangen,  ein  anderes  Ko'^tlians  ?<uchen,  in  welchem  «ie  da<?  jj^cwilns^chte 
Enti,'e;^enkomnien  finden.  Daher  «ind  die  Kostherren  in  der  Regel  bereit, 
jede  nur  gewünschte  Erklärung  auszus-tellen,  uui  ja  nicht  dexi  gut  xahlemlen 
Schüler  zu  verlieren.  Dieser  Cbeibtaud  mubä  natürlich  eine  arge  Schädi- 
gung der  Ditciplin  sur  Folge  haben. 

Nunmehr  wird  die  Debatte  erSffnet 

Dir.  Handycsewski  vermint  prftcisere  VorsehlSge,  die  sogleich 

durchgeführt  werden  können.  Er  meint,  dass  es  gut  wäre,  wenn  gewisse 
Vorschriften  gegeben  würden  für  alle,  die  Schüler  in  Kost  und  Quartier 
nehmen  wollen,  natürlich  nicht  von  der  Anstalt,  sondern  von  der  hohen 
Kegierung.  In  diesen  Vorsclu  iften  innsste  insbesondere  iilier  die  Beschaffen- 
heit der  Wohnung,  über  die  Pflege  und  Auiäicht  austüht lieber  gehandelt 
werden;  auch  sollte  von  jedem  Quartiergeber  verlangt^  werden,  dass  er  bei 
Übernahme  des  Zöglings  persönlich  erscheine  und  bei  dieser  Gelegenheit 
auch  Tor  dem  Ordinarius  seine  CJnterschrift  gebe.  Dadurch  würde  vielleicht 
manchem  bestehenden  Übel  abgeholfen.  Der  Besuch  der  Quartiere  stellt 
nach  seiner  Meinung  sehr  große  Anforderungen  an  die  Lehrer,  insbesondere 
an  solche,  die  viele  Corrccturen  haben  und  damit  ohnehin  überbürdet 
sind.   Da  kann  man  ihnen  nicht  auch  noch  diese  Arbeit  zumuthen.  Am 


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VereinsDachhchten. 


409 


PSdagogium  kSnnten  wobl  die  Stipendien  rar  GrQndong  eines  Internate« 
verwendet  werden,  nieht  aber  an  den  anderen  Anetalten. 

Prof.  0r.  Werenk«  maebt  darauf  anfnerkaan«  dan  das  Prieiter^ 

haus  zu  dem  Zwecke  erbaut  sei,  damit  es  auswärtigen  Priestern,  wenn  nie 
hier  weilen,  Unterkunft  gewftbre.  Daher  itt  auf  dieaee  Qeb&ade  nicht 
zu  rechnen. 

Die  Forderung,  dass  die  Schüler  zu  Be^Mun  des  Schuljahren  ihre 
Wohnungsverhältnisse  angeben  sollen,  tinütit  er  nicht  praktisch.  En  wäre 
betKr,  wenn  die  Familien,  die  Zögliii>;e  ubernehmen  wollen,  vor  Beginn 
des  Schuljahres  dies  mit  den  verlanfften  Angaben  bei  der  Anstalt  an- 
melden. Die  Richtigkeit  dieser  Angaben  sollte  dann  vom  Lehrkörper  ge- 
prüft werden. 

Landes -Schulinapector  Dr.  Tuinlira  sagt,  er  habe  erwartet,  dass 

ihirch  die  Trif '^rsuchancj^n  des  Wohnunf»?»ansHc}iusse»4  so  traurig  Zustände 
zutage  koiumon  werden  Ks  %eige  sich,  wie  mangelhaft  die  Wohnräume 
der  Ko8t7.ßglin<;e  -siml;  die  einheimischen  Kinder  armer  Eltern  .siml  aber 
oft  noch  tichlecht^r  untergebracht.  Aiierdin^f  fügt  er  hinzu,  leben  die 
Lente  aof  dem  Lande  andi  sehr  schlechi  Aber  es  sollte  doeh  eine  Norm 
aufgestellt  werden,  ein  Minimam  von  Anfotd«rangen,  unter  welche  man 
bei  KostiOglingen  nidbi  gehen  darf.  Doeh  was  soll  man  mit  Schalem  an- 
fangen, welche  auch  bei  geringer  Steigerung  der  Kosten  diese  nicht  mehr 
leisten  können?  Wir  wollen  es  ja  auch  den  ärmsten  Kindern,  wenn  sie  die 
nöthige  Begabung  zeigen,  ermöglichen,  sir  b  eine  höhere  Lebensstcllunj^^  zn 
erringen.  Sind  ja  doch  sehr  hervorragf^nde  Männer,  Wohl^häter  der 
Menschheit,  in  ihrer  Jugend  ßettelstudenten  gewesen. 

Die  Verhältnisse  sind  gerade  bei  uns  so  schlecht,  weil  wir  so  un- 
gewöhnlich thenre  WohnnngsTerbftltaisse  haben.  Ein  Berliner  sahlt  für 
sechs  Zimmer  in  einer  Tornehmen  Straße  600  Mark;  eine  solche  Wohnung 
erhält  man  hier  kaum  um  lOOO  fl.  Für  eine  Kellerwohnang  sahlt  man 
hier  100  —  180  S.;  wenn  nun  der  arme  Schüler  monatlich  1  fl.  entrichtet^ 
wieviel  Raummeter  entfiillen  denn  auf  diesen  Betrag? 

Wir  können  daher  nicht-ä  anderes  beantragen  als  Internate,  nnd  zwar 
werden  die  Geldmittel  wohl  nur  dann  aufzubringen  »ein.  wenn  die  Inter- 
nate nationalen  nnd  confessionellen  Anstnch  haben  und  so  die  Opfer- 
willigkeit der  betreffenden  Kreise  anregen.  Auf  UnteriUItzang  von  Seite 
des  Staates  wird  man  kaum  sfthlen  dürfen. 

Schttlrath  Isopescnl:  ,Ich  habe  die  Frage  der  Internate  eingebend 
!«tudiert,  weil  in  Deutsehland  die  meisten  Lehrerbildungsanstalten  mit 
Internaten  verbunden  sind.  In  I^-n'  bland  haben  sich  sehr  viele  gegen 
die  Internate  ausgesprochen,  weil  ja  die  Individualitilt  unter  dieser  Er- 
ziehnnp;'  leidet,  und  weil  auch  gewisse  moralische  Gebrechen  damit  ver- 
bunden sind.  Unter  unseren  Verhältnissen  würde  ich  aber  entschieden  die 
Internate  bevorzugen,  weil  sie  unter  den  hiesigen  Verhältni&sen  dan  klei- 
nere t^bel  sind.  Die  Errichtung  eines  Internates  für  die  Lehrerbildungs- 
anstalt wäre  leicht  mdglich,  wenn  die  hohe  Regierung  und  das  Land  die 
Beiträge  um  ein  geringes  erhöhten." 

Prof.  Bujor  berichtet,  dass  man  in  Suczawa  schon  seit  zehn  Jahren 
die  .An^eleun^nheit  mit  Aufmerksamkeit  rerfolgt,  und  dasa  dort  die  Ver- 
billtnisse  um  nichts  besser  sind. 


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410 


Vereinraachrichten. 


Schulrath  Klauser  sagt,  auch  er  sei  entschieden  für  ein  Schüler- 
beim.  Er  habe  sich  mit  dieser  Frage  schon  in  Badavti  beschäftigt  und 
wollte  das  dort  gesamsaelte  Oapital  daan  verwenden.  Der  CSonsistorialrath 
ProtHtketink  wftre  gern  bereit  gewesen,  die  Anfbicht  über  dieses  Schüler- 
heim au  fibernebmen.  Sollten  die  Konten  an  groß  sein,  so  könnte  man 
<?pwi«!s  vom  Reli^ionsfonds  da>  Holz  erhalten,  vtm  ein  Blockbans  aU  er- 
richten, div*  im  Winter  ebenso  wurm  wäre  als  ein  j,'emauerte8. 

Prof.  Schwaif^er  wünscht,  man  solle  von  den  vorf»eschla^enen 
Mitieln  nicht  verlangen,  dasü  nie  volltitündige  Abhilfe  schaÖen.  Auch  ein 
Schdlerheini  lieseitige  nicht  alle  ObeUtftnde,  da  eine  recht  mittelm&Dige 
Eraiehnag  in  der  Familie  gewiss  der  Ecaiehnng  in  ein«n  Torsüglirhen 
Institute  Torzuziehoi  sei.  Aber  unter  den  hiesigen  Terhftltnissen  s^  gewiss 
ein  Scbülerheim  das  Beste. 

Schulrath  Isopescul  macht  darauf  aufmerksam,  doss  die  Bukowiner 
Sparcasse  beabsichtigt,  aus  Anlast  de«  Regierunf^jubiläums  Sr.  Majestät 
eine  Wohlthätigkeitsanstalt  zu  gründen.  Vielleicht  sind  die  mabgebenden 
Persönlichkeiten  für  unsere  Pläne  zu  gewinnen. 

Schulrath  Klauser  stellt  den  Antrag,  es  sei  an  die  hohe  H^ierung 
die  Bitte  sa  richten,  dais  ein  Theil  der  nftchstcn  WohlthätigkeiUlotterie 
diesem  Zwecke  angewendet  werde. 

Der  Obmann  schreitet  nun  aur  Abstimmung  aber  die  gemachten 
Vorschläge;  sie  wird  entqKre(&end  dem  vom  hohen  Ministerium  für  Cultti« 
und  Unterricht  htnaosgegebenen  Erlasse  vom  82.  Januar  10d7,  Z.  549.  vor- 
genommen. 

Punkt  1  lautet:  „Hestehen  riickKir-btüch  der  Stiidentenquartiere  C'b«!- 
«itande,  und  welcher  Art  sind  sie?''  Daraut  muoj*  geantwortet  werden:  „Es 
bestehen  die  oben  gesehildttten  argen  Uissstftnde,  die  dringend  eine  Ab- 
hilfe erbeischen."  (Antrag  Frank.      Einstimmig  angenommen.) 

Punkt  2:  «Was  ist  seitens  der  Schulleitungen  od«r  anderer  Organe 
in  dieser  Hinsicht  bereits  veranlasst  worden?"  Antwort»  soweit  sie  unseren 
Verein  angeht:  „Die  Einsetzung  des  WohnunggauHschussop." 

Punkt  3:  „Was  könnte  zur  Abstellunj.'  der  bestehenden  (^beistände 
eventuell  vorgekehrt  werdenV"  Antrag,'  (I)r.  Fi  ank^:  „Zur  B'^seititrun«:^  der 
meisten  übelständo  ist  die  Errichtung  von  Internaten  geeignet,  daher 
dringend  nothwendig  "  (Einstimmig  angenommen.) 

Zweiter  Antrag:  „Zur  augenblicklichen  Abhilfe,  und  damit  die  Kost- 
und  Quartierbftuser  auch  weiterhin  einer  Gontrole  unterliegen,  ist  durch 
die  corapetenten  Behörden  die  Schule  entiiirechend  au  ermiehtigen,  to 
dass  der  Direction  das  Recht  ansteht,  die  Wohnungen  an  inspicieren  und. 
falls  sich  Übelstände  vorfinden,  die  Beseitigung  deraelben  zu  verlangen, 
eventuell  den  Schüler  zu  veranlassen,  die  WohnuTiij  niif/us^pben :  in  bertick- 
sichligungswürdij^en  Fällen  werden  die  Mehrkosten  einer  üolchen  Maß- 
regel von  der  L>irection  geleistet."  (Dafür  nur  11  Stimmen,  daher  ab- 
gelehnt.) 

Der  Antrag  des  Schulrathes  KUuser  (siehe  oben)  wird  einstimmig 
angenommen. 

Dir.  Mandyczewski  formuliert  seinen  Antn^  in  folgender  Weise: 
^Ks  sind  die  Verpftichtungen  der  Kostherren  von  der  Behörde  in  Vor* 
Schriften  ausammenaustellen;  diese  Vorschriften  sollen  sich  die  Kostherren 


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Vereinanachricbten. 


411 


bei  der  EiiMchreibniig  der  Sebüler  Ebholen  und  rieh  verpflichten,  steh  nach 
denselben  su  halten."  (läuBtisimig  angenominen.) 

Der  von  mehreren  Seiten  angeregte  Gedanke,  ee  eolle  das  Halten  von 

KoMtzi^glingen  von  einer  Art  Cönceaeion  nbhnngif?  f^emacht  werden,  wird 
abgelehnt  mit  der  Begründung,  dass  dadurch  der  Kreis  der  Quartiergeber 
bedeatend  enger  gemacht  und  lo  die  Preise  in  die  Höbe  geschraubt  wQrden. 

TiemndTienigste  Yereinsrersanuiilimg» 

(29.  Mai  1897.) 

Anwesend  18  Mitglieder,  darunter  Landes-Sehnlinq[>eetor  Dr.  Vysloo- 
iii,  die  Directoren  Schulrath  Klauser  und  Mandyczewski. 

Der  Obmann  begrüßt  die  Versammlung  und  meldet  den  wirklichen 
Lehror  nn  dfr  griechiach-orientalischen  Kealschnle  in  Csemowita  Dr.  Theo* 

dor  Kukula  als  iictifs  ^lit^^lied  an. 

Hierauf  verliest  »^in  Schreiben  des  Prot*.  Dr.  Lederer  aus  ]\a«]aut/. 
als  Antwort  auf  Ueu  ibiii  uuäge})|jroclieneu  Dank  iür  »eine  Beuiiiiiuiigeu 
beim  VI.  lOttelschnltage  und  ertheilt  dann  das  Wort  dem  Prot  Jos. 
Wotta  SU  einem 

Naohrufe  an  das  ventorhene  Terelnsmltglled  Prof.  Ludwig  Siml- 

glnowlcz-Staufe. 

Prof.  Wotta  entwarf  ein  lebenüvoUes  Bild  des  Dahingegangenen, 
)>rtp<>  in  ihm  den  treuen  CoHegen  und  warm  fühlenden  Jugendfreund  und 
beleuchtete  namentlich  seine  schriftstellerische  Thätigkeit. 

Nach  diettem  traurigen  Genchälie  wurden  die  Berathuugeu  über 

das  Normale  fdr  die  Forderungen,  die  bei  AufnahmsprQfungen 
an  Gymnasien  und  Realsehnlan  In  den  einzelnen  Gegenständen 
find  Classen  an  den  AnfiialimswerbeF  zu  stellen  sind, 

for^esetzt 

Moderne  Sprachen.   Die  beantragten  Forderungen  (vgl.  XT.  Jahrg.» 

1,  Heft,  p.  96  ff.)  werden  ohne  Debatte  angenommen. 

Gef=chichte  und  Geogmr»bi*^.  n)  Am  Gymnasium.  Der  erste  S.itz  erhält 
in  Cberein-stininuni^  mit  den  trüber  gefassten  Be»chliis.sen  den  Wortlaut: 

„Im  allgemeinen  i^oll  die  gcintige  Reife  auf  Grund  positiver 
Kenntnisse  in  beiden  Fächern  constatiert  werden,  welche...* 

Die  Fhige  des  Dir.  Mandjcsewski,  ob  su  den  Anibrdemngen  fQr 
die  III.  Qasse  auch  die  Glohuslehre  gehört,  wird  von  Prof.  Kosak  bqaht 
mit  Hinweis  auf  die  Einrichtung  der  jetzigen  Lehrbttober.  Zur  VI[.  Classe 
beantragt  Dir.  Man dycsewski  den  Znsatz:  .Neuzeit,  soweit  dies  fQrs 
Unter«fy mnasiii  m  vorgesrli rieben  ist  "  Dieser  Zn^satT;  wird  wie  die 
vom  Ausschüsse  vorgeschlagenen  Anforderungen  ohne  weitere  Debatte  an- 
geuotninen. 

b)  All  der  Realschule. 

Auf  Antrag  des  Prof.  Schwaiger  werden  die  Worte:  „nach  den 
Bestimmungen  des  Lehrplanes*  weggelassen,  weil  sich  dies  nach  den  all- 
gemeinen Prineipien  von  selbst  versteht. 

Eine  lebhafte  Debatte  entwickelt  sich  fiber  die  Forderung  des  Re- 
ferenten: „Nur  wäre  zu  wünschen,  dass  man  die  griechischen  Sagen  dabei 
eliminiert."   Dir.  Man  dycsewski  meint,  dieser  Wunsch  habe  mit  den 


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412 


Vereinsnachiichten. 


Anfnabmsprafungen  nichta  «a  thon,  denn  da  wird  g*>wi-is  kein  Lehrer  An- 
stößiges besprechen.  Dieser  Wunsch  wäre  dann  am  Platze,  wenn  es  «ich 
um  die  Einrichtung  unserer  Lehrbücher  handelte.  Aber  auch  da  miisst*» 
er  sich  jjpgen  diesen  Antrag  aussprechen,  weil  den  griechiucben  i^agen 
ein  groLei-  bildender  Wert  innewohne;  das  kindliche  Gemüth  verlange 
geradezu  solche  Nahrung,  und  wir  würden  uns  an  der  Entwicklung  des 
kindlichen  Oemüthes  venAndigen,  wollten  wir  demielben  dieee  Nahrung 
▼orentbalten.  Anfierdem  sei  ein  volle«  Yemtandnie  der  Geechicbte  und  ein 
Veiatftndni»  der  Kontt  und  Literatur  gans  anm(H?Itch  ohne  die  Kenntnis 
dieser  Sagen,  insbesondere  der  griechischen.  Mit  Hecht  fordern  daber  die 
Inetmctionen  eine  besondere  Berfuksichtig'unj^  der  Sagen. 

Darauf  erwidert  Kefcrent  Prot.  Dr.  Werenka,  die  Rück-?*  ht  ;ii;f 
den  sittlichen  Zustand  der  jctzigt^n  .Tuirrnd  habe  ihn  veranlasst,  die>se 
Forderung  zu  stellen.  Er  habe  die  Etiunrung  gewacht,  da<M  8ich  Schüler 
t,  B.  bei  der  Sage  von  der  Mandane  Bilder  lu  verschaffen  wimten,  die 
ihre  Phantane  verdarben  nnd  ihre  Sinnlichkeit  reisten.  Ebenso  habe  schon 
vielen  Schülern  die  Mittheilnng  Kopfiwrbrecben  gemacht,  dass  Herakles 
der  Sohn  des  Zeus,  aber  nicht  das  Kind  der  Hera  sei,  etc.  Und  da  ja 
aach  die  gebildeten  Griechen  an  dietie  Dinge  nicht  glaubten,  so  sei  es 
kein  Verlust,  wenn  die  Phantasie  unserer  Kinder  nicht  mit  solchen  Vor- 
stelhinuf»  II  bf^cliätii;,'t  werde.  Und  da  man  auf  den  Schülerbibliotheken 
mit  Hetiii  alleä  Amtübige  ausgemerzt  habe,  müääe  man  es  auch  folge- 
richtig aus  den  Lehrbüchern  beseitigen.  Er  habe  die  Forderung  vor  allem 
deshalb  gestellt,,  damit  die  maßgebenden  Persönlichkeiten  darauf  aaf<- 
merksam  werden. 

Prof.  Kosak  behaaptet,  dass  wir  wohl  ein  Unicum  leisten  w&rden, 
wenn  wir  die  Beseitigung  der  griechischen  Sagen  verlandeten,  die  einen 
unschätzbaron  bildenden  Wert  haben.  Wenn  eine  Sage  Anstößiges  enthalte, 
so  i«t  es  Sache  des  l^ehrfrs,  ihr  T^arstellnnje  entsprechend  oinzurichten.  Er 
habe  z.  B.  den  Natuen  der  .Alknienc  nie  genannt  Wi-nn  Büclier  Anstü(.>igi\* 
bieten,  ao  sei  dies  höchstens  ein  berechtigter  Giund,  da»  Buch  zu  entfernen, 
nicht  aber  Aber  die  Ifoge  hinwegzugehen. 

Prof.  Dr.  Per k mann  wQnrcht  dringend,  dass  alles  Anstößige  ent- 
fernt werde.  Jetst  mOsse  man  aber  sai^en,  dass  wir  auch  durch  viele  Stellen 
unserer  Glussiker  —  der  modernen  nicht  mimier  als  der  antiken  —  die 
Seelen  unserer  Kinder  »>ystematisch  vergiften.  Hier  müsse  Wandel  geschafft 
werden  Er  erklärt  sich  bereit,  diesen  Oegenstand  einmal  auafährlicher  su 
behandeln. 

Prof.  Wotta  ist  der  Än«icht,  tlas.s  man  niclit  allfs,  was  die  .'Sinnlich- 
keit rt'ize,  von  der  Jugend  lernhalten  könne  und  auch  nicht  lernhiiltcn 
dflrfe.  Eaae  |»lOtslich  und  unvermittelt  eintretende  Kenntnis  dieser  Dinge 
erst  während  der  Zeit  der  Hochschale  sei  noch  viel  verderblicher.  Es  wAre 
nun  ein  sehr  dankbares  Thema,  wenn  einmal  im  Vereine  besprochen  wttrde, 
wie  sich  die  ^littelschule  in  diesem  Punkte  verhalten  sollte. 

Prof.  Dr.  Kaindl  hält  die  Kenntnis  der  Sagen  für  unentbehrlich; 
dafilr  wünschte  er  eine  bedeutende  Einschrflnkung  der  Kri<^{Sgeschichte, 
und  zwar  nicht  bloß  auf  dieser  Unterrichtsstufe. 

Der  Antrag  auf  Streichung  des  Passui:  „Nur.  .  .  eliminiert"  wird 
mit  12  gegen  5  Stimmen  angenommen. 


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V  e  i  eiusnaoliricb  ten. 


413 


Ein  weiterer  vielbeiproeheBer  Punkt  i«t  der  tob  mehreren  Seiten 
geftoOerte  Wanech,  ctiw  für  Oeechichte  nnd  fOr  Geographie  beeondere 
Noten  gegeben  werden  tollten.  Auch  Dir.  Mandyczewski  findet,  das» 
dieses  sehr  wunschpnswert  wäre.  Da  abt^r  im  Lehrplane  der  Realschulen 
in  der  Bukowina  die  Ix'iden  fiefr^n  tilrulo  nicht  wie  an  den  übrigen  Real- 
schulen gtJlrennt  sind,  so  ist  dieser  Wunsch  gegenwärtig  nicht  erfüllbar, 
und  daher  wäre  es  besser,  den  Autrag  t'alien  ku  lassen.  (Wird  einstimmig 
angenommen.) 

Znm  Referentenentwnrfe  «iirechen  die  Proff.  Kosak,  Schwaiger, 
Dr.  Werenka,  Dr.  Polaechek  nnd  die  Direetoren  Sdinlratb  Klan  »er 
und  Mandjczewtki.  Endlich  wurde  folgende  Textierong  angenommen: 

b)  An  der  ReaitchoLe. 

Allgemeine  Forderungen  wie  unter  a. 

II.  Classe:  Der  lehrplanmäüige  .Stoli  der  I.  Classe. 

III.  Claspe:  Die  allgemeine  <toof^r:n)hie  aus  derl.  ('lasBe  mit 
besonderer  Berücksichtigung  der  Globuslehre,  dann  der  Lehr- 
stoff der  IL  Claese  sowohl  in  der  Geographie  als  auch  in  der 
Geschichte. 

lY.  Clnsse:  Das  Wichtigste  ans  dem  f Gr  die  IL  nnd  IIL  Real- 
claste  vorgeschriebenen  Lehrstoffe. 

V.  Claase:  Wie  sub  a. 

VI.  Ciasso:  Wie  sub  n.  jedoch  statt  der  Worte:  ^fur  du« 
Untergymnasium"  die  Worte:  ,,tiir  die  l'nterreal  schule''  und 
mit  WeglasHung  der  Worte:  „bis  zu  den  puuischen  Kriegen". 

VII.  Classe:  Allgemeine  nnd  Osterreichische  Geographie 
in  dem  fflr  die  ünterrealsebnie  vorgeschriebenen  AnsmaOe  mit 
Ansschlass  des  minder  wesentlichen  Zahlenmateriales;  ein« 
gehende  Kenntnis  der  Geschichte  des  Aiterthams,  des  Mittel- 
alters und  der  Neuzeit  bis  zum  westphälischen  Frieden. 

Die  Abschnitte  über  Mathematik.  Physik,  Naturj^esehichte,  Chemie, 
Propädeutik,  Geometrie,  Freibaodxeicbnen  werden  ohne  Debatte  an- 
genommen. 

Der  Obmann  bemerkt,  duss  mit  dieser  Anuatuim  die  Sache  noch  nicht 
abgesehlossea  sei.  Den  Anlam  sn  der  ganien  Frage  habe  bekanntlich  die 
Fordemng  des  Prof.  Dr.  Frank  becOglich  der  Naturgeschichte  gegeben,  wo- 
nach bei  Aufnahmsprfifungen  in  die  VIL  oder  VIII.  Classe  des  Gymnadnms 
Noten  Btt  geben  seien,  statt  dass  einfach  die  Reife  oder  die  Unreife  des  Aut- 
nahmsw erbers  ausgesprochen  werde.  In  dieser  Frage  könnten  wir  uns  wohl 
direct  an  da.'^  hohe  Ministerium  wenden.  Bezüglich  der  sonstigen  Vorschläge 
könnten  wir  uns  auch  an  das  hohe  Ministerium  mit  der  Bitte  wenden, 
dieselben  ^ui  linindlage  einer  etwaigen  Verordnung  zu  niacheu;  wir 
könnten  aber  auch  uuser^  Aufstellungen  den  anderen  ächwestervereinen 
xttienden,  damit  anch  diese  Gelegenheit  finden,  sieh  darüber  sn  ftuOem. 
Dann  eist  wären  unsere  Anträge  dem  hohen  Ministerium  su  unterbreiten. 

Darfiber  wird  nun  die  Debatte  eröffiiet. 

Prof.  Dr.  Frank  ist  besüglich  des  ersten  Punktes  mit  den  Aus- 
führungen des  Obmannes  ganz  einverstanden;  bezüglich  der  zweiten  An- 
gelegenheit spricht  er  sich  dahin  an««,  dass  dieses  Referat  nnd  die  Debatte 
aU  Separatabdrack  ans  hohe  Ministerium  £u  leiten  j>eien. 


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414 


Vereinsoacbricbten. 


Vfot  Schwaiger  iit  bttüglich  des  enten  PoDktes  mit  Prof.  Dr.  FranV 
eioTentuideD,  in  Btmg  anf  den  streiten  Punkt  beantragt  er  dagegen,  da« 

Separatabdrücke  an  alle  Vereine  zn  schicken  seien  mit  dem  E^euchen,  bis 
XU  einer  bestiramtea  Zeit  den  Gegenstand  an  bebandeln  nnd  ons  das  Er- 
gebnis mitzutheilcn. 

Auch  der  0!»i^miin  möchte  dies  empfehlen  vor  alltMU  aus  dem  Grunde, 
woil  Vioi  den  jjroberf'n  »Schwestervereinen  für  einen  Gegenstand  mehrere 
Fachmänner  vorhanden  sind,  während  hier  mancher  Gegenstand  nur  darch 
einen  einaigen  Faehmann  Tertretea  ist  Doch  wflnschte  er,  dass  nicht  erst 
SepnratabdrQcke  gemacht  werden,  da  ja  allen  VawinsmitgKedem  ohnehin 
der  ganze  Test  im  Vereinsorgane  vorliegt. 

Dir.  Mandycz«' wski  befürwortet  den  Antrag  des  Dr.  Frank,  dass 
niimlich  beido  Punkte  «getrennt  behiindelt  "wprdpn,  und  dann  wegen  der 
Anrecbenbirkfit  der  Noten  uns  Naturgeschichte  sofort  eine  Eingabe  ans 
hohe  Ministerium  <;omacht  werde 

Dieser  letzte  Punkt  wird  emätiuimig  angenommen. 

Ebenso  wird  der  Antrag  einstimmig  angenommen,  dass  sieh  der 
Verein  an  die  Sdiwestervereine  wenden  möge  mit  dem  Ersuchen,  diese 
Normalien  rechtseitig  som  Gegenstande  einer  Verhandlang  an  machen  und 
ans  die  Ergebnisse  roitzuiheilen. 

Der  Antrag,  Separatabdrücke  zn  mnchen,  wird  fallen  gelas.sen 

Der  Obmann  theilt  ferner  mit.  dasa  sich  in  Sachen  der  Uienst- 
praguuitik  zulolgo  der  Pe.«jchliijfee  des  VI.  Mittelschultages  ein  Comitt-  «ge- 
bildet hat.  bestellend  aus  den  beiden  Referenten  Prof.  Schwaiger  und 
Prof.  Daurer  und  den  Obmännern  der  Mittelticbulvereine.  Dieses  Couüte 
wird  einen  I^tworf  mit  Beischlnn  der  beiden  Referate  allen  Hittelschnlen 
sueenden,  damit  alle  Lehrkörper  Gelegenheit  haben,  rar  Sache  Stellong  ra 
nehmen.  Da  nun  die  »Bnkowiner  Uittelschale*  die  ganse  Angelegenheit  in 
Fluss  gebracht  hat,  wäre  es  wohl  ant^ezeigt,  dass  sich  hier  ein  eigenes  Co  mite 
bildete,  um  die  Sache  auch  weiterhin  mit  Erfolg  zu  betreiben-  Dieses  Comite 
niöjfG  sich  durch  ein  Mit^'lied  ans  jedem  liehrkfirper  cooptieren.  Dieser  Vor- 
«chlag  wird  gebilligt  und  dius  Weitere  dem  Aus-schusse  überlassen. 

In  Bezug  auf  die  Wübnungsfrage  (Internute)  («ielie  den  Bericht  über 
die  43.  Sitzung)  berichtet  der  Obmann,  dass  er  in  dieser  Angelegenheit 
beim  Landee-R^ierttngsmth  Dr.  Freiherm  v.  Seh  wind  Torgeq>rochen  habe, 
um  behuft  Erlangong  eines  Antheiles  an  der  k.  k.  Staats«- Wohlthfttigkeite* 
lotterie  die  Unterstfltsung  der  hoben  Behörden  zu  erbitten.  Ein  solches 
Ansuchen  mflsste  aber  suerst  eine  reale  Grundlage  haben.  Entweder  müsste 
dieser  Reitrng  für  ein  bereits  bestehendes  Internat  angesucht  werden,  oder 
es  müsste  sich  ein  Comit«'  zur  (iründung  eines  solchen  Ititernatos  bilden, 
welches  sich  dann  um  einen  Beitrag  a»is  der  Wohlthätigkeitslotterie  be- 
wirbt; insofern  sei  die  Sache  noch  nicht  recht  «pruchreif. 

Trotzdem  habe  er  aber  auch  beim  Herrn  Bürgermeister  B.  v.  Ko> 
chanowski  vorgesprochen,  um  die  OeroeindeTertretung  für  die  Sache  su 
interessieren.  Der  Herr  Bargermeister  seigte  die  grOßte  Bereitwilligkeit, 
die  Sache  nach  Kräften  zu  fördern,  und  wOnschte,  dass  anch  mOgliehst 
viele  Geroeinderäthe  einzeln  für  die  Sache  gewonnen  werden,  was  umso 
leichter  sei,  da  ja  siemtich  viele  MittelscbuUehrer  dem  Gemeinderathe  an* 
gehören. 


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Yeieinsnacbricbten. 


415 


Auch  die  UntenUitsiing  toh  Seit«  des  Landnaunchunes  suchte  der 
Obmiinn  wa  gewinnen  und  begab  rieh  daher  aa  Baron  Uuatataa.  Auch 
dieser  ver>iprach,  die  Sache  nach  Mdf^lichkeit  m  nnterstützeu. 

Prof.  Wotta  iiiiicht  darauf  aufmerksam,  da«9  die  prächtige  Turnhallo 
mit  gesammeltem  HeKle  erbaut  worden  sei.  Ks  niöffe  sich  dah'  r  »^iii  Comit^ 
bilileo,  welche^s  die  (Iründung  von  Internaten  weiter  verfolgen  -solle. 

Prof.  Schwaig; er  i^t  derHelben  Ansicht  und  schlägt  vor,  das«  dieses 
Görnitz  bestehen  sollte  aus  den  Directoren  der  Mittelscbnlen,  Vertretern 
des  Laadesanaschnsses  nnd  des  Genietndentthes,  des  Landesschnlrathes»  der 
SparcaMe  and  etttselnen  Privaten,  bei  denen  man  Interesse  filr  die  Sache 
vOAussetzen  könne. 

Schnlrath  Dir.  Klauser  tbeilt  mit.  dass  es  in  kur7^r  Zeit  neben  dem 
rnthonii^chen ,  rumänischen  und  armenischen  Internate  nun  i\ni)i  ein 
i^iraelitisches  geben  werde,  errichtet  von  der  israeliiiachen  Coltusgemeinde» 
die  bereite  den  Grund  daxu  angekauft  habe. 

Prol.  Dr.  I'  rauk  meint,  es  müsse  steh  vor  allem  darum  handeln,  die 
Ansichten  der  maflgebenden  Pers5nlichkeiten  darfiber  an  erfahren,  nnd 
dies  wftre  am  leichtesten  sn  erreichen  durch  eine  au  diesem  Zwecke  ein« 
snUidende  Yevsammlnng. 

Der  Obmann  verspricht,  die  Sache  immer  im  Auge  zu  behalten  und 
dafür  zu  wirken,  doch  könne  ein  nachweisbares  Ergebnis  erst  im  September 
oder  October  erreicht  werden. 

Schließlich  ersucht  er  die  Vereinsniitgüeder ,  zu  der  am  2.  Juni  in 
KaUautz  «itattüadenden  Vcreinsversammlung  sich  recht  zahlreich  ein- 
sufinden.  Schulrath  Dir.  Klauser  bedauert,  dass  er  sein  Versprechen,  einen 
tuMulU9  üf&ien  m  lassen ,  wegen  des  fortwährenden  Begenwetten  nicht 
werde  halten  kOnnen. 

Da  die  heutige  Sitiung  in  diesem  Vereinsjabre  die  Jetate  in  Czemo- 
witz  ist,  dankt  der  Obmann  den  Vereinsmitgliedern  aub  herdichste  ffir 
die  Ausdauer,  die  sie  wiUirend  de.s  Vereinsjahre.'?  bewiesen  haben  • —  die 
S5it7nT>'j'»*Ti  haben  oft  über  drei  Stunden  gedauert  —  und  für  das  große 
Intere.-v-se,  das  sie  nllen  Verhandlungen  ent<:e<,'engebracht  haben. 

Schulrath  Dir.  Klauäer  fugt  hinzu,  dam  ja  der  Obmann  die  grüßte 
Arbeitslast  habe  nicht  nur  während  der  Sitanngen,  sondern  mch  außerhalb 
derselben,  und  dass  es  der  Verein  daher  vor  allem  der  Umsieht  und  Aus- 
dauer des  Obmannes  verdanke,  dass  er  mit  Befriedigung  auf  ein  erfolg* 
reiches  und  anregendes  Vereintjahr  tnrttckblicken  kann.  (Bravo!) 

FfioAiiidTienigste  YeTeinsTersamiiiliiiig. 

(Radautz,  am  1.  Juni  1897.) 

Anwesend  19  Mitglieder,  davon  1  au3  Suczawa,  4  aus  Czernowitz. 

ObmannstelUertreter  Prot  üstjanowica  begrüßt  die  Veiaammtung 
an&  herslichste  und  dankt  den  Gisten  Iflr  ibr  Erscheinen.  Hierauf  er* 
tbeilt  er  dem  Obmanne  des  Vereines  Prof.  Dr.  Polaachek  das  Wort 
zu  etwaigen  )littheilungen.  Dieser  wiederholt  in  aller  Kürze  das  Ergebnis 
der  letzten  Versammlung  in  Czernowitz,  insbesondere  die  Nachrichten, 
die  er  aus  Wien  über  den  VI.  österreichischen  Mittelschultag  2U  melden 
hatte. 


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416 


Vereimnachrichten. 


Nun  hält  Gymmuriallehm  Dr.  Hugo  Hersojr  einen  Vortrag  ttber 
«.Den  dentselieii  Vntorrieht  am  Obergymnaaimn  nnd  die  Forde* 

rangen  der  Ck>nceiitratloa*'  (S*  866). 

Lauter  Beifall  lohnt  den  Sprecher. 

Dfr  Vorsitzende  dankt  dem  Vortragenden  für  soinp  lichtvollen  Aus- 
führungen, die  beweisen,  dass  er  mit  Ernst  und  Gründlichkeit  sich  mit 
diesem  Thema  befasst  habe.  Nachdem  noch  der  Vorsitzende  durch  zwei 
Vorbemerkungen  (fiber  die  Stundenzahl  und  die  damit  verbundene  Arbeit 
den  Lebren,  sowie  Aber  die  beantri^^te  Lectflre  des  Urteite*  de«  Nibelungen- 
liedet  in  Quinta)  einer  fibermftßigen  Autddinnng  der  Yerbandlang  vor» 
gebengt  bat,  erS&et  et  die  Generaldebatte. 

Prof.  Dr.  Perkmann:  «Auch  ich  danke  als  Fachmann  dem  Vor- 
tmjjenden  (l\r  seine  AugfTibran^en  nnd  halte  sie  pädagogisch  Hlr  vollkommen 
gerechtfertigt  Nur  in  einem  Punkte  bin  icli  nicht  ganz  einverstanden, 
nämlich  in  Bezug  auf  die  l'ro«n]f'r,türe  in  der  VIII.  Chi.s.<e.  Ich  meine,  dam 
durch  die  Stücke  aus  der  Hamburgischen  Dramaturgie  und  aus  dem  Brief" 
weobael  swisebeik  Goetbe  nnd  Schüler  ausgiebig  dafür  gesorgt  sei  Gans 
«uiTeislanden  bin  ieh  damit,  dais  die  Poetik  in  der  Y.  Clane  eine  reine 
ZeitTergendnng  iit  Eine  wirkliebe  Poetik  i«t  doch  gans  augeadiloMen, 
eohin-  die  Schüler  nicht  Epik.  Lyrik  und  Drama  kennen  nnd  aoeb  schon 
psychologische  Kenntnisse  haben.  Einer  Verschiebung  der  Literatur- 
geschichte in  das  zweite  Semester  der  V'ITI.  Cla.sse  könnte  ich  aber  nicht 
beipflichten.  In  Galizien  wird  allerdings  verlangt,  dass  die  polnische 
Literaturgeschichte  in  der  VIL  und  \  IIL  Classe  abgethnn  werde.  Nach 
<Iem  Nibelungenliede  kann  man  doch  leicht  die  entsprechende  Literatur- 
geeehichte  nebmen.  In  der  Y.  Classe  sollte  fleißig  ProsalectQre  betneben 
werden  (Niebnhr,  Gust.  Freytog),  von  der  VI.  Classe  an  sollte  Literatnt^ 
gescbiebte  bleiben.  In  der  Proaaieetllre  sollte  insbesondere  die  rhetorische 
Prosa  gepflegt  werden ;  es  ist  ein  Übelstand,  dass  wir  nicht  eine  einsige  Rede 
in  der  Leetüre  haben." 

Specialdebattc  Krste  These.  Das  Nibehinfj-^nlied  und  Walther  von  der 
Vogel  weide  sind  an  allen  Gymnasien  mit  deutscher  Unterrichtssprache  im 
Urtexte  zu  lesen. 

Dir.  V.  Mor:  »Aus  praktischen  Gründen  mOchte  ich  daran  ennnem, 
dass  die  hohe  Unterrichtsverwaltnng  schon  ebmal  daran  gedacht  hat,  die 
IiectQre  des  Nibelongenliedes  in  der  Crsprache  wieder  einanfttbren;  docb 
haben  sich  bedeutende  Hindernisse  herausgestellt.  Unsere  anderssprachigen 

Schüler,  die  schwer  eine  richtige  Allsdrucksweise  erlernen  können,  die  den 
l'rtext  dt'H  Nibelungenliedes  kaum  verstehen  und  wohl  auch  wenig  Inte- 
ro.i^se  dafür  haben  iliirt'ten,  würden  gewi«s  allzu  große  Schwierigkeiten  daran 
Üuden.  Dass  die  Kraft  des  Aut^druckcü  in  der  1  bersetzung  zum  Theil  verloren 
geht,  kann  ja  nicht  geleugnet  werden." 

Dr.  Herzog:  „Wegen  der  Rflne  der  Zeit  k(»inte  ich  meinen  Antrag 
nicht  aasf&hrüch  genng  begrQnden,  sonst  hfttte  ich  noch  hineogef&gt,  dass 
das  Nibelungenlied,  xuidi  der  Methode  2upitsas  behandelt,  gewiss  keine 
Sicbwierigkeiten  bietet.  Davon  habe  ich  mich  in  Wien  durch  wiederholte 
Versuche  fiberzeugt.  Und  durch  die  Vergleichung  des  Mittelhochdeutschen 
mit  der  neuhochdeutschen  Sprache  würden  die  Schüler  auch  vieles  für  die 
Ausdrucksweise  gewinnen," 


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Vereininachriehten. 


417 


Dr.  I'ei  kmann  stellt  einfn  Vermittlimpsantrag,  der  lautet:  ^Es  sollt? 
der  Versuch  f^fenmcbt  werden,  ob  nicht  auch  an  Anstalten  mit  deutscher 
lJnterrichtü?prache  in  ^'omischtaprachif^en  lindern  das  Is'ibelungenlied  in 
der  V.  oder  VI.  Clause  in  der  Ursprache  behandelt  werden  könnte,  und 
aber  das  Ergebnis  kt  nftcli  Verlwif  einea  Jabree  Beridit  so  «nUtten.* 

Dir.  V.  Nor  memi,  man  köDiite  ja  xnent  fetmehaweue  nur  kleinere 
Fartifi»  behaDdeln. 

Der  Referent  erklärt  sich  damit  einverstanden,  dasa  die  Lectilre  des 
Nibelun^enUedea  facultiitiv  an  An^itnlten  mit deut«cher  ünterrichtsepraebe 
in  gemiscbtsprachij^en  Lilndern  ein>(crühit  wi-rde. 

Der  Antrag  wird  mit  10  Stimmen  :inf?pnomrii(^n. 

Zweite  These.  Prof.  Balaban  macht  (uiraut  uutmerksaui,  dtu«  über 
dieiea  Thema  schon  einmal  im  Vereine  gesprochen  wurde;  er  wllnaehte, 
daat  ea  in  Gegcuwart  einer  grOOeren  Antthl  too  Fiaebmftnnern  behandelt 
werde,  daae  man  daher  die  Besprechung  nnd  Abafeimmung  Teraehiebe. 

Dir.  T.  Mor  ist  derselben  Anaicht.  Jeder  Einsichtige  niOsse  zageben, 
da»  die  Arbeit  eines  Germanisten  am  Obergymnaeium  eine  aufreibende 
und  geisttödtende  sei;  doch  könne  man  bei  dem  drohenden  L(?hr»»rmangel 
eine  Abhilfe  nicht  erwarten,  darum  sei  es  besser,  gar  nicht  um  sie  zu 
bitten. 

Der  Obmann  warnt  davor,  gerade  jetzt  in  der  Zeit  der  noch  nicht 
gelüsten  Gehaltafrage  mit  Forderangen  aaf  Ileiabaetsnng  der  Unterrichts* 
»tnnden  hervonntreten,  und  macht  auf  den  groOen  Unterachied  anfknerk- 
aam,  der  iwiachen  den  veraohiedenen  Analalten  beadgUeh  der  Scholennhl 

bestehe.  An  einem  Obcrg\  uinaainm,  das  im  ganzen  nicht  viel  mehr  ab 
30  —  40  Schuler  zähle,  Könne  wohl  ein  Lehrer  aeine  Aufgabe  mit  aller 

Gründlichkeit  erfnncn. 

Der  Vortraj^ende  betont,  da.s^  &i  ihm  keineswegs  um  Herabsetzung 
der  Arbeit  zu  thun  gewesen  sei;  die  gewonnene  Zeit  sollte  ja  zu  einer 
anderen  nothwendigen  Arbeit  (Privatlectüre  etc.)  verwendet  werden. 

Mit  der  Vertagung  iat  er  eiuTerahuiden. 

Dritte  Huae.  Nach  einigen  kanen  Bemerknngen  Dr.  Spitsera, 

Dr.  Ledere  rä  und  des  Obmannea  wird  dieae Theae  eiaatimmig  angenommen. 
Vierte  These.  Der  Obmann  erinnert  an  die  LectQre  des  Livioe,  die 

man  wej'en  der  vielen  Schwirri^keilen  wiederholt  anderen  Classen  zu- 
weisen wollte.  Aber  e«s  «^ehe  doch  nicht  an,  die  Lectüre  eines  öchriftstellers 
mir  nach  den  ihr  anliaftenden  ^Schwierigkeiten  oder  gar  nach  der  Fähig- 
keit der  tichüler  zu  vertheilen. 

I^.  Perkmann:  „Ich  bin  nicht  ganz  mit  dieser  These  einverstanden, 
wohl  aber  mit  dem  Kerne  denelben.  Allerdings  sollte  die  Reihenfolge  der 
LectQre  nicht  hanptalchlich  dnreh  literarhiatoriaehe  Rttckaichten  beatimmt 
werden,  sondern  vorherrschend  nach  der  Schwierigkeit;  und  thatsächlich 
ist  ja  auch  die  literarhistorische  Reihenfolge  dadurch  durchbrochen ,  dasH 
man  die  Hambnrgische  Dramaturgie  aus  der  VI.  ülaeae  in  die  VliL  hinauf' 
gerückt  hat.'' 

Prof.  Ualaban:  „Es  sei  mir  hier  die  Fm^e  <»e.stnttet,  ob  die  hier 
gefassten  Bet>chlü^ije  für  alle  Mitteluchuicu  gelten  soUeu  oder  nur  för  die 
Oymnaaien.  Wegen  der  Wichtigkeit  der  Thesen  nnd  auch,  weil  der  Vor- 
tiagende  aelbst  sie  inswiachen  nur  ala  Anregung  aufgelhast  wiaaen  wollte, 


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418  YereiiuDachrjcfateD. 

möchte  ich  dio  Vertagunj^  der  Behaudluni^  beantraj^en ,  damit  die  Sache 
in  einer  K^ößeren  Versammlung  be«procben  werden  kann."  (Angenommen.^ 
Anfragen  und  Antrüge. 

Dr.  Spitser:  ^  Diejenigen  Hen«n,  die  beim  leUten  MitteUclmlta^  in 
Wien  waren,  haben  gewia»  alle  bemerkt,  dam  eine  gewisse  gedrfiekte 

Grandstimmung  sehr  deutlich  erkennbar  war.  Die  Quelle  derselben  iet  die 
Bbermäßige  Vermehrung  der  Schreibgeschäfte  und  die  überaus  scharfe  Con* 

trole  ntif  Gebieten,  wo  sie  unn5thig  und  unfruchtbar  ist  und  die  Indivi- 
dualität und  Arbeit.sfrendigkeit  des  Lehrers  hemmt,  auf  dem  Gebiete  der 
Schülerleiatungen.  Daa  Vorgehen  auf  diesem  Gebiete  hiingt  von  der  Itx- 
dividualität  des  Lehrers  ab,  und  jedei'  Lehrer  hat  dies  mit  seinem  Gewissen 
anmimaehen. 

Den  Anlaw  m  den  begebenden  unerqmcUicben  ZoiUlnden  haben  die 
Xionatskataloge  gegeben ;  im  Znaammeahange  damit  sind  Verf&gongen  er- 
lassen wordeot  die  di^e  ungesunde  Controle  ein  wenig  za  weit  treiben. 

Wir  haben  nun  eine  zehnjährige  Erfahrung;  daher  wäre  es  an  der  Zeit, 
diesen  Punkt  in  einem  weiteren  Kreise  zu  erörtern.  Ich  möchte  daher  vor- 
schlagen. da.«s  eine  Commifsion,  bestehend  aus  15  Mitgliedern,  gewählt 
werde;  diese  bat  die  Einrichtung  der  Monatskataloge  und  die  damit  im 
Zusammenhange  stehende  Con trole  in  Erwägung  zu  ziehen  und  möglichst 
bald  dem  Plenum  darQber  Yonchlftge  m  naterbfeiten.* 

Der  Obmann  bemerkt,  er  ktene  wAi  einen  £rfolg  in  einer  Frage, 
die  lediglich  die  Monatskataloge  betreffe«  schon  deswegen  nicht  ver- 
sprechen, weil  diese  Einführung  von  dem  noch  im  Amte  befindlichen  Chef 
der  Untcrrichtisverwaltunp  seinerzeit  begründet  wurde.  Wold  witre  es  aber 
gewiss  ein  danken«wortes  Unternehmen,  all  das  zu  san^mi'ln,  wa.s  die  Lehr- 
freudigkeit und  die  freie  l^'wejrun»^  des  Lehrers  bc  liiinl  re,  und  es  im 
Vereine  zur  Besprechung  /u  bringen.  Deswegen  scheine  liim  auch  die  vor* 
geiichlagene  Art  des  Vorgauges  dabei  —  Wahl  einer  Commission  nicht 
praktisch.  Denn  sehlieOlich  mache  doch  immer  nor  einer  die  Hauptarbeit. 
Da  wSre  es  sdlion  besser,  wenn  Prof.  Dr.  Spitser  selbst  die  nöthigen 
Daten  sammelte  und  sie  in  einem  Vortrage  dem  Vereine  vorl^te. 

Hiemit  war  auch  die  Debatte  eröffnet. 

p!^>  tneiston  Redner  waren  der  Meinun»,  (Imn  die  Katalof^  ntanches 
(hite,  gewias  aber  auch  viel  Schädliches  im  Gefolge  haben;  es  werde  sich 
darum  handeln,  dass  nur  dius  Gute  beibehalten  werde.  Dr.  Perkmaun 
schlägt  folgenden  Antrag  vor:  „Ed  sei  eine  Commission  von  fünf  Mitgliedern 
in  wfthlen,  welche  die  Frage  zn  studieren  habe,  wie  durch  yerein&ehung 
der  Sehreibgeechftfte  der  Individualität  des  Lehrers  mehr  Spielraum  ge« 
lassen  und  so  die  Boru6freadigkeit  der  Lehrer  weniger  gehemmt  wwde, 
sugleich  aber  auch  ein  innigerer  Verkehr  «wischen  Eltern  und  Lehrern 
anstände  komme." 

Prof.  Balaban  wünscht,  dass  nicht  bloii  die  Monatskataloge,  sondern 
alles,  was  drum  und  dran  hängt,  behandelt  werde.  Dam  die  Monatskata- 
loge das  nicht  gehalten  haben,  wsis  mau  von  ihnen  erwartet  luit,  dass  iie 
nicht  sar  besseren  Liformation  der  Eltern,  wohl  aber  zn  einer  recht  äußer- 
lieben  Classification  der  Scfafller  und  an  einer  unangenehmen  Controle  der 
Lehrer  geführt  haben,  das  weiß  jeder  aus  der  Praxis.  Durch  eine  ein« 
gehende  Behandlung  des  Gegenstandes  werde  die  Unterrichtebehörde  eist 


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Vereinsnachi'icbten. 


419 


daraaf  aufmerkaani  werden,  dats  dieser  Einriehtanj;  Mänfpel  anhaften,  an 
die  van  bei  der  Snf&hran|;f  offenbar  gar  nicht  gedacht  hat. 

Prof.  r  s  t  \  a n  o  w  i  c z  glaubt»  dass  die  unleugbaren  Mängel  dieser  Ein- 
riclitiing  (In ich  ein  Einvernehmen  zwischen  LehrkOi-per  und  Director  be^ 
hoben  wertltn  kennen. 

Prof.  Dr.  Perkinann  würde  es  am  liebsten  sehen,  w«'nn  auch  die 
B'  Fuimiiung  dieses  Oegenatiindes  vertagt  würde,  da  der  Weg,  den  Dr.Spitzer 
gewählt  habe,  nicht  der  richtige  aetn  dOrfte.  Am  besten  worden  wir  zum 
Ziele  kommen,  wenn  Ehr.  Spitzer  im  nächsten  Verein^ahre  darflber  einen 
Vortrag  hielte;  wir  mOssten  ihm  aber  versprechen,  bis  dahin  Material  va 
sammeln  und  es  ihm  anr  VerfSgong  zu  stellen. 

Dr.  S  pitzer  accommodiert  sich  diesem  Antrage.  .Schließlich  wird  <ler 
Antrag  Dr.  Sj>it^«'rs  in  der  Formulierung  drs  Di  INnkinann  mit  dem 
Zusätze  des  f'nif  I'i-.  l^<'il -Mfr:  „mit  beso  lul  r  i- r  1'. «' ru «' k  s  i  c  h  tigu  ng 
der  M onaiä k .i t;i lugc  uud  der  damit  im  Zuhnmiuenhunge  stehen- 
den Verfügungen"  mit  13  Stimmen  angenommen. 

Der  Vorsitaende  theilt  mit,  dass  mit  der  heutigen  VerBammlnng  dos 
iaafende  Yereinsjabr  geschlosran  werde.  Er  dankt  allen  Mitgliedern  fQr 
ihr  reges  Interesse,  insbesondere  den  Mitgliedern  ans  Radantz,  die  ja  bei 
allen  Versammlungen  in  Czernowitz  \ertr»  ten  war^n. 

Dir.  V.  Mor  dankt  den  Güsten,  da.s.s  .sie  d  i>  Opfer  gebracht  haben, 
zu  kommen  trotx  der  nnirewöhnlichen  Ungunst  der  Wittrrunq';  nur  diesem 
TTnistande  nei  cm  xii/ii.Nchrfilti'n.  da-ss  nicht  mehr  Coll*»j^**n  kiuninen  konnten. 
Er  bittet  die  Anwesenden,  iluen  CoUegen  seine  Grüüe  zu  melden  und  dahin 
zn  wirken,  dass  sie  im  Herbste  zur  Jubelfeier  des  Gymnasiums  recht  zahl- 
reich erscheinen. 

Prof.  Dstyano  wies  ladet  die  Gäste  ein  zu  einer  geselligen  Zosammen* 
kttnft  in  seinem  Oarten. 


D,  Sitzungsberioht  des  Vereines  „Die  Realschule"  in  Wien. 

(Miigetheilt  vom  Sehriftfßhrer  Prof.  R.  Dnndaczek.) 
Jahres  v  f  r  sa  in  iii  hi  i  ig  1  HlXi,  07. 
(16.  October  IÖ97.) 

Der  Obmann  Prof.  Daurer  begrüßt  die  Versammlung,  in.s besondere 
die  Herren  k.  k.  Lande.s-Schulins])ector<n  Dr.  Ferdinand  .Maurer  und 
Dr  Iirnnz  .Mache,  sowie  die  Herren  Protf  d.  r  technischen  Hochschule 
Emil  Czaber,  Dr.  Josef  Finger  und  Johann  Sobotka. 

Von  einer  Verlesung  des  ProtokoUes  der  letzten  Vollver«umuilung 
vom  30.  März  1897  wird  Umgang  genommen,  da  es  dnreh  die  yon  der- 
selben Versammlung  betrauten  Herren  Proff.  AI  seh  er  und  POlzt  beglaubigt 
wnide  und  bereits  im  Vereinsorgane  «Österreichische  Mittelschule"  im 
Drucke  endiien. 

Der  Obmann  macht  folgende  Mittheilungen: 

Hofrath  Dr.  Korn  huber  nber-^andfe  dem  Vereine  dl«'  von  ihm  ver- 

fa«*te  Hio^^raidne  „Zur  Erinn-M-nng  an  Josef  Kolbe".    Dem  Üpender  wurde 

brieflich  der  Dank  ausgesprochen. 

„Oäterr.  Uittelaehnle".  XL  Jshrg.  80 


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420 


Yereinanaclirichten. 


Am  29.  Juni  und  am  7.  October  erhielt  der  Obmann  KinUvdungen  von 
Seite  (irr  ^^»>tfnt  it  bischen  Gesellschaft  für  Gesundheitspflege"  ?:nr  Theil- 
n.ihuif  an  Kxcuriionen.  Bedauerlicherweise  ist  es  dem  Voi-stand*-  nicht 
möglich,  jedesmal  alle  Vereinsmit^jliedcr  von  solchen  freundlichen  Ein- 
ladungen in  Kenntnis  zu  setzen. 

AI«  neQQ  Uitsfiicdc'  wurden  in  den  Verein  aufgenommen  die  Herren 
Jakob  Hirscbler,  Professor  an  der  k.  k.  Staatarealsclrale  im  IV.  Bedrke, 
Dr.  Michael  M.  Rabenlechner,  tapplierender  Lehrer  an  derselben 
Anstalt,  und  Konrad  Kraus»  Professor  an  der  k*  k.  Lehrerbildungsanstalt 
im  III.  Bezirke. 

Drr  olinuinn  ersucht  die  Ver»amroelten,  durch  Gewinnung  neuer 
jdttgliedcr  üaa  Vereinj^interesse  zu  forder«. 

Der  pädagogischen  Central bibliothck  wurden  von  mehreren  in-  und 
awlftndisehen  Iiehranstalten  Programme  zugewendet 

Der  löbliche  lUgistrat  der  k.  k.  Reichshaupt-  und  Residensstadt  Wien 
übermittelte  am  28.  September  1.  J.  eine  Kundmachung  beafiglieb  der 
Franz  Josef  Pisko'schen  Lehramtscandidatenstlftung.  Der  Obmann  tbeilt 
den  Wortlaut  mit. 

Darauf  erstattet  derselbe  folpendfn 

Bericht  über  das  27.  Vereinsjahr: 

„Am  Beginne  des  VereinR.jahres  1896/97  betrug  die  Zahl  der  Mitglieder 
149.  Leider  haben  wir  drei  Mitglieder  durch  den  Tod  verloren,  aber  die 
Namen  Hofrath  Dr.  Lang,  Hofrath  Dr.  Kolbe  und  Prof.  Bichl  er  werden 
in  unserer  Erinnerung  immerdar  fortleben.  Da  drei  Mitglieder  privater 
Verhältnisse  halber  aus  dem  Veteino  ;uistraten,  jedoch  sechs  neu  attf- 
genommen  wurden,  so  beläuft  sich  die  Mitgliederzahl  derzeit  auf  149. 

Die  Vereinsleitung,  welche  am  17.  OctobiT  IHlUj  unttsr  Rücksicht- 
nahme ;iuf  eine  Vertretung  di-r  meisten  Wiener  Keulscluilen  gewählt 
wurde,  begnügte  a'ich  aelbstverständiich  nidit  luit  der  lierathuug  innerer 
Vereinsange legcnheiten  in  den  nach  Maßgabe  des  Bedürfnisses  abgehaltenen 
AuBBchusssitxungen,  sie  pflegte  auch  regen  und  freundschaftlichen  Verkehr 
mit  den  Vorständen  des  Vereines  |»Mittel«chule"  und  des  »Vereines  der 
Supplenten  deutscher  Hittelschnlen"  in  Wien,  sei  es  aum  Meinungs- 
austausche über  Standesfragen  und  Schulangelegenbciten ,  sei  es  zur  £r- 
aielung  einen  Einvernehmens  in  Sachen,  welche  gemeinschaftliche  Schritte 
oder  VeranhiMunf^en  eil'orderten. 

Was  eine  der  wi«  htifir''t('n  Angelegenheiten  unseres  Standes,  nämlich 
die  Kegclung  unserer  längst  unzulänglichen  Bezüge,  nowie  die  Verbesserung 
der  unhaltbaren  Rangsvethaitnisse  de»  MittelsehuUehramtes  anbelangt,  so 
muss  ich  bedauern,  dass  es  der  dermaligen  Vereinsleitung  nicht  gegOnnt 
war,  f&v  unsere  ünteressen  so  thätig  au  sein,  wie  dies  in  frttheren  Jahren 
geschehen  ist.  Ich  glaube  aber,  es  werde  uns  die  durch  den  natürlichen 
Lauf  der  Dinge  uns  gewissermaßen  aufgedrungene  Passivität  nicht  zum 
Vorwurfe  fremaclit  werden  können.  Das  Ge«?et7:.  durch  welches  die  Gehalte 
der  Profe^soifu  an  den  vom  Staate  erlialtencn  Mittelüchulen  iil>i;eilndert 
wurden,  und  das  Pensionsgesetz  für  die  Civilstaatsbeamten,  sowie  deren 
Witwen  und  Waisen  sind  ja  bereits  von  beiden  Häusern  des  Reichsratb^ 
angenommen  worden.  Indem  wir  da  vollendeten  Thatsachen  gegenüber- 
stehen,  bleibt  uns  nur  der  sehnliche  Wunsch  übrig,  dass  auch  dem  erst- 


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Vereuunaebrichten. 


421 


trpnanntcn  Or-setze  recht  bald  die  Allerhöchste  Sanction  znthcil,  der  Vereins- 
^eitung  aber  dadurch  die  Gelefjfenheit  ^elioten  werden  niö;^e,  für  die  wenig- 
sten« theilweiw  Behebuii':^  nnsprer  nuit^riclien  Nothlage  die  Gefühle  der 
Dankbarkeit  an  mabgebeuder  Stelle  zum  Austdiucke  zu  bringen. 

Umaomehr  haben  wir  im»  aber  bemfibt  andere  aehr  bereebl^te 
Wfinache,  welche  aieh  ana  dem  Schofle  dea  Vereinea  mit  ateigender  TMng- 
licbkeit  empoigernngen  haben,  der  ErlttUiing  nftber  m  bringen:  ich  meine 
die  von  den  Vertretern  der  modernen  Sprachen  an  den  niederOaterreichi- 
«eben  Realschulen  als  unaufschiebbar  bezeichneten  Entlastungen. 

Nachdem  Prof.  F'crdinnnd  Ginzel  die  Fordenin<jrpn  <l«'r  Xeuphilo 
iot^fn  in  seinein  am  19.  üctober  1895  gehaltenen  Vortrage  ii^^^i  ünilet  hatte, 
wurde  die  Fmge  von  Prof.  Dr.  Fried  wagner  in  der  Sitzung  vom  'MK  Januar 
1897  in  ObereinstimmuDg  mit  den  BeachKteen  dea  «Neuphilologischen 
Vereinea"  wieder  in  Floaa  gebracht  nnd  der  Obmann  dea  Vereinea  „Die 
Realachole"  beauftragt,  zur  Förderang  der  Sache  bei  Mitgliedern  dea  nieder- 
•Aiterreichischen  Landtages  ent^^v^i'^-^^^^'^nde  Schritte  zu  tbnn.  Es  begab  sieh 
deni<?enulß  eine  Abordnung  des  Vorstandes  des  Vereines  „Die  Realachale* 
dem  Vertreter  des  IV.  Wiener  Bezirkes  Herrn  Hart!  jun. .  welcher 
nicht  nur  seine  eigene  ünterstützuQir  zusagte,  sondern  auch  den  Heferenten 
iui  niederfisterreichischen  Landtage  Herrn  Prof.  Schlesinger  ho  lür  unsi'r 
Anliegen  einzunehmen  wu^iste,  so  dass  dieser  von  derselben  Vereinsabordnung 
ein  Memoiaadnm  entgegennahm  und  venpmch,  aobald  die  Begiemns^ 
▼orlage  betreffend  die  Abänderung  der  §§10,  SO  und  25  dea  Lattdeqfeaetcea 
vom  8.  MSra  1870  sur  Verhandlung  kommen  wOrde,  wftinutens  ftlr  die 
Erfüllung  unserer  Wüoache  einsutreten.  Leider  wurde  bald  darauf,  bevor 
die  Vorlage  in  Berathung  gezogen  wurde,  der  Landtag  geschlossen. 

wird  somit  eine  der  vornehmsten  Anf<:^iben  der  Vereinsieitung  des 
Jahres  1897,98  sein,  den  Herrn  Keferenteu  Prof.  Schlesinger  an  seine 
Zusage  in  eindringlicher  Weise  zu  erinnern. 

Bevor  ich  auf  nnaere  Mitarbeiterschaft  am  VL  deutach-ibterreichkchen 
Mittelachnltftge  übergehe,  will  ich  eine  Action  einflechten,  die  wir  sugnnaten 
unbemittelter  SehQler  der  Mittelachulen  eingeleitet  haben.  Prof.  Seht  ff  na  r 
regte  auf  Qrund  aeiner  Erfahrungen  als  Verwalter  einer  Schülerlade  den 
Oedankt'n  an,  ea  aeien  die  einzelnen  Verlagsfirroen  zu  ersuchen,  sie  möchten 
in  ahnli  licr  Weisse  wie  fiir  Volks-  und  Bnrjjerschüler  so  auch  für  Mittel- 
schüler alljähriü  h  Freiexemplare  von  Lehrbüchern  fi^ewähren.  Der  Vrrein 
„Mittelschule"  in  Wien  schlos<i  sich  unHerem  Vorhaben  an;  die  betrelieuden 
höflichen  Gesuchsbriefe  wurden  von  den  Obmännern  beider  Vereine  unter- 
xeicbnet.  Ea  »ei  hiemit  vor  der  geehrten  Veraammlang  featgeatellt,  daaa 
auf  S3  aolcher  Brieüe  nur  vier  Antworten  einliefen,  und  swar  von  den 
Verlagabochhandinngen  Hayer  A  Co.,  A.  Pichlers  Witwe  nnd  Sohn.  Ed. 
Hölzel  und  Wilhelm  Braumüller.  Sie  lauteten  ablehnend.  Die  anderen 
19  Verlagsbuchhandlungen  überhoben  sich  der  Mühe  einer  Erwiderung. 

Endlich  hnt  der  Verein  /n  einer  anderen  wichtij^en  Frage  Stellung 
«^euommen  und  sich  an  der  Lösung  derselben  betheiligt:  ich  meine  die 
Schaffung  einer  D ienstpragmati k. 

Am  3.  December  lb96  wurde  der  Verein  „Die  Bealacfaule"  von  der 
«Bukowiner  Mittelachule"  eingeladen,  die  Grundaüge  einea  dieabezQglicb 
sa  achaffenden  Gesetzes  zu  berathen.  Die  Vereinaleitnng  aetxte  aich,  wie 

80* 


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422 


Ydreiiunachrichteo. 


bekannt  ,  mit  i\f'n  Vorständen  Hes  Wiener  Vereines  „M  ittelsrhul«-"  vind 
_V. Meines  der  Sapplenten  deutscher  Mittelscli  u  len"  in«?  Kin- 
veinehiuen,  und  es  bildete  sich  ein  Cuuiite.  das  unter  tiem  Vorsitze  dea 
Prof.  Aloriz  Glöser  zahlreiche  Sitzungen  abhielt,  deren  schlieüliches  Er- 
gebnis in  dem  Correferate  gipfelte,  welches  der  Obmann  des  Vereines  „Die 
iEleakchale*  dem  sn  Ostern  l.J.  versammelten  Hittelschn) tage  Torlegte. 
Dieser  delegierte  ein  Comitö  mit  dem  Anfbrage,  den  Entwurf  mit  RKck* 
neht  auf  alle  aas  CoUegenkreisen  bekannt  gewordenen  Wünsche  und  An> 
regungen  neu  zu  benrl'oiten  und  denselben  nach  erzieltem  Einver-.t"u)dni?se 
der  Mittelschulvereine  in  Wien,  Prag,  i^emberg.  Linz  und  Czernowitz  der 
hohen  Ue<,'iei  Linj,'  mit  der  Bitte  zu  unterbreiten  ,  dieselbe  möge  den  Ent- 
wurf in»  hohen  Hause  der  Abgeordneten  als  Gesetzesvorlage  einbringen. 

Um  recht  weite  Kreise  sur  Betheiiigung  an  der  schwierigen  und  ver- 
antwortongsvollen  Arbeit  heransnxiehen,  versandte  das  Görnitz  am  3.  Joni 
L  J.  480  Sonderabaflge  der  in  der  »Österreichischen  Mittelschule"  sum  Ab* 
drucke  gelangten  Heferate,  und  swar  nn  siimmtlicbe  Directoren  und  Lehr- 
körper der  öft'entlichen  Gymnasien  und  Bealscbulen.  Ebenso  wurde  den 
Vorständen  des  czechischen  und  des  polnischen  Mi ttel^rhul Vereines  eine  ent- 
sprechende Anzahl  von  Exemplaren  znr  Verfügung  gesteilt. 

Derzeit  vertreten  den  Veieiu  „Die  liealschule"  im  tlomite'  außer  dem 
Obmanne  die  Herren  Mitglieder  Dir.  Kleklcr,  Prof.  Dundaczek,  Prof. 
Dr.  Maiß  und  Prof.  Pejscha. 

über  der  Wahrnehmung  unserer  Standesinteressen  wurde  auch  der 
wissenschaftliche  Zweck  des  Vereines  keineswegs  vernachlässigt.  Am 
80.  Januar  d.  J.  sprach  Prof.  Johann  Kammler  über  , Holzschnitt 
und  Kupferstich",  am  Miirz  Prof.  Leopold  Petrik  „ÜberVacuum^ 
rOhren"  (mit  Köntgen'srhen  Demon><tratioiien  und  ;un  30.  Marz.  Dir. 
Eduard  Döll  ,Über  die  \  erii  ndecunf^'-n  il.'-,  Ueijefs  der  Erde 
durch  alte  Gletscher".  Eine  .Apnlveisamuilung  entfiel  wegen  des 
Mitt^sehultage» ,  und  der  Monn^  Mai  ist  er&hrungsmäßig  der  Abhaltung- 
von  Tenpammlungen  nicht  mehr  gQnstig. 

Der  verehrliche  „Wissenschaftliche  Club*  hat  dem  Vereine  auch 
in  dem  letzten  Jahre  wieder  mit  einem  uns  zu  dem  größten  Danke  ver- 
pflichtenden Entgegenkommen  den  Vortrags^aal  für  die  Vollversammlungen 
zur  Verriii^unpr  gestellt,  und  ich  betrachte  »'^  \\h  eine  angenehme  Pflicht, 
unseren  wurm.sten  und  aufrichtig.sten  Dank  hiefür  zum  Au>'drtirke  7.u  briiip^en. 
Ebenso  statte  ich  dem  Herrn  Dir.  Döll,  der  uns  mit  freundlichster  Deieii- 
willigkeit  ein  Local  seiner  Lehranstalt  zum  Zwecke  der  Ausschusssitzungen 
überließ,  im  Namen  des  Vereines  den  gebarenden  Dank  ab. 

Endlich  danke  ich  auch  den  Herren  Vorstands-  und  Aueschussmitgliedern 
auf«  verbindlichste  fOr  ihre  eifrige  Mitwirkung  an  den  gemeinsamen  Ar* 
beiten. 

Ich  schii.'Ge  meinen  Bericht  mit  dem  Wunsche,  da.<?8  auch  jene  Col- 
)ofT(vjj  welrlie  noch  außerhiiU»  de««  Vereine«;  stehen,  unseren  Arbeiten  Inte- 
resse entgegi  11  bringen  möchten  und  knüpfe  daran  aus  volleiH  Heiwn  den 
anderen  Wunsch,  es  mögen,  aowie  Herr  Prof.  Czuber,  welcher  in  lieben»- 
wflrdiger  Weise  den  Vortrag  f^r  unsere  heutige  Vollversammlung  Über- 
nommen  hat,  die  Herren  Professoren  der  technischen  Hochschule 
überhaupt  an  unseren  Bestrebungen  fördernden  Antheil  nehmen«  in  fthn- 


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VereinsnaehriGhten. 


423 


iioher  Weise,  wie  Ja  der  Verein  .Mittelschule"  durch  die  Unirpr?<itrit  «^eit 
jchfr  tliatkriilug  j{i;iür<l»^-it  wonlen  ut.  Alsdann  wird  unser  Verein  auch 
fernerhin  blühen  und  gedeihen  und  steinen  Mitgliedern  stets  eine  Stätte 
«cht  collegialen  Wirkens  und  gemeinsamen  Schattens  sein." 

Ml  mit  Beifall  aufgenommenen  Ausführungen  des  Obmannes  folgt 
der  Bericht  de«  CaRsiers  Prof.  K.  Alscher. 

Cssseberieht  Ittp  das  Jahr  1894/97. 

I.  Einnabmen: 

1.  Casserest  vom  Jabre  1885/96»  und  swar: 

a)  Spareinlagen  771  fl.  17  kr. 

6)  Barvrrmö^jf^n   9^86, 

c)  Barbetrag  der  pä<iagogisch'^n  Ct-ntralliü^liothek    ...    12  „   69  ^ 

2.  Intere^en  der  Spareinlagen  bis  Ende  .luui  1Ö97    ....   23  .  82 

3.  Mitgliederbeitrii^e   286  ,»  —  » 

4.  RackvergOtang  für  D'rackspeaeii   .  16  »  86  „ 

ZuBaminen  .  1119  fl.  80  kr. 

II.  Ausgaben: 

1.  Beitrag  für  die  Zeitecbrift  ^Ötterreicbische  Hittelscbnie'   181  fl.  88  kr. 

2.  Kaozlcierforderni—    iBit^^n 

3.  Verein  „Ferienhort"  (Jahresbeitrag)  80„  —  , 

4.  Verein  .Skioptikon"  (Jahresbeitrag)   2„   —  , 

5.  Remuneration  für  Diener   30  ,   —  ^ 

6-  Redactionsspesen   40  ^  SO  „ 

7.  Adresse  für  Herrn  Hofrath  Kolbe  uod  Kranz  für  Herrn 

Eofrath  Lang   78  ,  „ 

Zusammen  .  849  fl.  50  kr. 

m. 

•  Oerammteinnahmen  1119  fl.  30  kr. 

iSesammtausgabea  ^ 

Vereiosrermögen  .  769  fl.  80  kr. 

and  zwar: 

a)  Spart  inlaiTf  bei  der  k.  k.  priv.  allgemeinen  Verkehrs- 
bank (Wieden)  Buch  Nr.  1140  714  fl.  00  kr. 

b)  Barbetrag  der  pädj^ogischen  Centraibibliothek  ...     12  ,  G9  „ 

c)  Barvermögen   48  ,  08  ,^ 

769  fl.  80  kr. 

Zahl  der  Restanten:  4. 
Wien,  am  16.  Oetober  1897. 

Rudolf  Alscher, 
K.  Z.  Cassier. 

Die  Versammlung  nimmt  diesen  Bericht  zur  Kenntnis  und  wählt 
über  Vorschlag  des  Obmannes  die  Herren  Proff.  Hoch  und  Kuhn  %a  Re* 
viaoren. 

Zum  nächsten  Punkte  der  Tagesordnung  (Neuwahl  des  Vorstandes 
und  des  Ansiehnsses)  fibergehend,  bemerkt  der  Obmann,  dass  Prof.  Meix- 
ner  eine  Wiederwahl  abgelehnt,  dalttr  Prof.  Ginzel  sich  bereit  erklärt 
habe,  nn  setnerstatt  in  den  Ausschuss  einzutreten. 


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424 


Vereinsnachrichten. 


Auf  Grund  der  nnn  vorgenommenen  Wablon  werden  im  kommendca 
Vereinsjahre  1897  98  die  n;icbstehenden  Herren  üiies  Amtes  walten: 
Obmann:  Prof,  Fianü  Duurer  (M.  R.  IV,  Ii.). 
Obmannstellvertreter:  F'rof.  Moria  Glöt>er  (St.  R.  III.  ß.). 
Schriftf&hrer:  Prof.  Raimund  Dnndscaek  (St  R.  IV.  B.). 
Camer:  Frot  Rudolf  Alseher  (St  R.  IV.  B.}. 
AtnschüMe  die  Fkoff.: 

Michael  Gaubatz  (St.  R.  XV.  B.). 

Franz  Haluschka  (St.  R.  XVIIL  B.). 

Alois  RaiBinnd  Hein  (St.  K.  V.  B). 

Wenzel  Knohloch  (I.  St.  R.  II.  B.). 

Dr.  Karl  AI  er  wart  (II.  St.  R.  II.  B.}. 

Frans  Schiffner  (St  R.  III.  B.). 

Alois  Seeffer  (St  B.  XVIII.  B.). 

Ferdinand  Ginsei  (St  R.  VI.  B.). 
Eraatsmänner  die  Proff : 

Wilhelm  Duschinsky  (St.  R.  VII.  B.), 

Franz  Pejselia  (S't.  II.  I.  B). 
Während  der  Stimuieniüihluug,  welchem  Geschäfte  die  Herren  l'rotT. 
Pölzl  und  Petrik  oblagen,  hielt  Ilerr  Prof.  Emanuel  Czuber  meinen 
angekündigten  Vortrag: 

„tbw  einige  Resultate  der  modernen  Messkunsf.^) 
Der  «ehr  interenaate  Vortrag,  welchem  die  TerBammlnng  mit  ge- 
spannter AulmerksKinlceit  folgte,  wurde  durch  allgemeinen,  lebhaften  Bei- 
fall ausgezeichnet  und  dem  Redner  durch  den  Obmann  fBr  die  gebotenen 

genussreichen  Ausführungen  der  Dank  ausgesprochen. 

Nach  Bekanntgabe  des  Wahlergebnisses  erj^reift  der  Obmann  die  (  Je- 
le«.,'enheit,  um  dem  aus  dem  Au^schnsse  sclieidencien  Prof.  Meixner  für 
seine  dem  Vereine  üeit  Jahren  bewiesene  Treue  und  nie  ermüdende  Arbeit«- 
freudigkeit  xu  danken,  worauf  Prof.  Pülzl  im  Sinne  der  Anwesenden  auch 
dem  Vorstande  und  Ausschüsse  f&r  die  im  Dienste  des  Vereines  gehabte 
MQhewaltung  den  innigsten  Dank  ausspricht 

Endlich  berichtet  der  Vorsitzende,  dass  die  Herren  Revisoren  die 
vorgelebten  Rechnungen  geprüft  und  die  Casaegebarnng  in  Ordnung  ge- 
funden haben,  so  dsma  dem  üerm  Caaaier  das  Absoluiortum  ertheiit  werden 
kann.  (Zu«tinimnn^.) 

Nachdem  die  'l'ajjre'-ordnung  ersehuiift  ist  und  sich  niemand  zum  Worte 
meldet,  erfolgt  der  Schlmss  der  .Sitzung. 

')  Ein  Aufntg  viid  im  nlehsten  Hetde  encheine». 


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Standesfragen. 


Nachdem  die  am  YL  detttoch^Osterreicbuehen  MiitelMlinItage  er- 
statteten Berichte  über  die  in  Czemowitx  nnd  Wien  Torberathenen  Eat^ 
würfe  einer  Dicnstpragniatik  in  dieser  Zeitschrift  (XI.  Jhg. ,  S.  203  —  215> 
und  in  zahlreichen  zur  Verwendung  gelangten  SonderaUdrücken  den  wei- 
trstcn  Kreisen  beknnntwniacht  wnrfi»^n.  cjicn^jen  dem  nnter^oirhneten 
Mit<,'Iipdft  des  mit  dt-n  riTiiert-n  iierathungen  betrauten  Couiitf--*  noc}i  von 
mehreren  Seiten  »^chrittiiche  Mittheilungen  zu,  welche  beaclitenawerte 
Abänderuuga  - .  beziehungsweise  ErgänzungsTorschläge  enthielten.  Biete 
seien  hiemit  snr  allgemeinen  Kenntnis  gebracht. 

Im  Cxernowitser  Entwnrfe  seien  auf  S.  307  dieser  Zeitschrift 
(Sonderabdruck  S.  5)  im  Punkte  2  die  Worte  „nach  Möglichkeit"  zu  streichen. 

—  Anschließend  an  Punkt  8  sei  vollst&ndige  Remuneration,  nicht  Vs 
«fpbi'yr,  und  mit  dt^ni  Aiwiuabe  wie  an  Gewerbeschulen  lestzujctzen  —  Im 
L'unkte  10  f.l.  Z.-itsrhi-.  S.  208,  Sonden» hd ruck  8.  (5^  MMi  „analoge" 
zu  sagen  ^eiut-  gaua  analoge",  —  Die  Dienstpragmatik  solle  auch  tTir 
Lehrerbildungsanstalten  Geltung  haben  (widerspricht  einem  Beschlüsse  des 
VI.  Mittelachnltages.  Tgl.  d.  Zeitschr.  S.  304). 

Im  Wiener  Entwürfe  mOge  Pnnkt  3  des  §  3  besQglich  des  Probe» 
jahres  lauten:  «Dieiies  ist  xn  erlassen,  wenn  nach  Erlangung  des  Lehramts- 
zeugnisses bereits  eine  mindestens  einj&hrige  zufriedenstellende  Verwendung 
im  Supplentendienste  stattgefunden."  —  §  4  könne  entfallen.  —  Zu  5, 
Absat?;  1:  Hoi  den  Ati'<«r}irpibnn»»on  vcm  [.'»lir^t'^llen  sei  von  d^n  KewprV)*'rn 
nur  eine  Lehrbefähi<^uiii:  lür  Hült;li»'  Fachi^ruppen ,  wie  sie  tlie  I>cliranitN- 
prüfungsordnung  vereinigt,  zu  fordern.  —  §5,  Absatz  3:  E-s  siei  beizufügen: 
, ausgenommen  solche  Gesuche,  in  denen  ausdrucklich  bemerkt  ist,  dass 
der  Bewerber  eventuell  auch  eine  andere  Lehrstelle  gleicher  Art  erbittet." 

—  Im  §  8  sollen  die  Worte  „ror  allem"  wegfiillen.  —  Im  §  10  soll  es 
^tatt  „rechtzeitig"  heißen  .innerhalb  G  Wochen^  —  Zu  §  21:  Eh  »oll 
keine  Lehrpei-son  zu  Supplierungen  in  Fächern  verhalten  werden,  in  denen 
sie  nicht  l«'hrbenUn\,'t  ist.  —  2J  uu)ffe  lauten:  „Wird  ein  Ordin:iri;it 
oder  die  Verwaituiu'  firtpr  f]il>liotiiek  oder  v\nrv  Li^hrniittelsani mlung 
einer  Lehrper^on  übiTtrageu ,  so  wiid  .  .  .  Darauf  wäre  einzuschalten: 
„.Jede  Mehrleistung,  welche  den  Lehrern  iui  pädagogischen  Interesse  auf- 
getragen, von  denselben  materielle  Opfer  erheischt  (s.  B.  bei  Ausflügen)» 
ist  entsprechend  su  honorieren,  und  swar  ist  dabei  das  Difttensystem  in 
Anwendung  au  bringen."  ^  Zu  §  84:  Bs  sei  dnrdi  eine  entsprechende 
Bestimmung  za  verhindern,  dass  durch  die  während  des  Sein(«;ters  erfolgen- 
den Eintragungen  im  Classenkatalege  das  freie  nnd  richtige  £ndurtfaeil 


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42(3 


Standeslragen. 


eines  Lehrers  unterbundeii  werde.  —  §  25  bedflrfe  eines  Zaaaixes  be£Qglich 
der  Vertretung  des  Directors.  —  Im  §  26,  Absatz  1  sei  der  letzte  Relativ* 
satz  ^welcher  ....  kann*  xu  streichen,  desgleichen  im  Absätze  4  der 

Zusatz  „sofern  nicht  ....  zu  versagen".  —  §  31  niöffe  ganz  ausfallen.  — 
Im  5?  J]3  sei  nach  dem  Worte  „wiiklic hf n"  cinzuschulten  ^beziehung^sweise 
jn itvisorischen".  Ferner  wird  eine  „Centralstelle  für  Suppl^^ntonbostf^llnn«' 
im  hohen  Unterrichtsmiai-steriam  in  Wien"  empfohlen.  —  §  40  müge  lauten: 
„Die  von  einem  Supplenten  nach  vol ständig  erlangter  Lehrbefähigung  un 
einer  Staatsanstalt  oder  an  einer  im  Reciprodtätsverh&ltnisse  stehenden 
anderen  Anstalt  mit  der  ToUen  Lehrrerpflichtnng  eines  ordentlichen  Lehrers 
in  ununterbrochener  Folge  zurQchgel^rte  Dtenstseit  ist,  wenn  die  provi* 
horiächc  oder  definitive  Anstellung;  unmittelbar  an  dieselbe  anschloss,  filr 
dip  Stabilorlclrming  und  (it  n  Anfall  der  Qninquennien  voll  in  Anrechnung 
z\i  l>rin|T,>n.  Bei  Nichtcrfiilhm;^  einer  oder  niehieier  der  genannton  Bo- 
üjngun^'en  (setzt  das  hoiie  k.  k.  l'nterrichtsniinisteiiuni  einen  entsprechen- 
den Zeitraum  als  für  den  genannten  Zweck  anrechenbar  fest."  —  §  43.  Ab- 
sats  1  mOge  den  Zasats  erhalten:  ^Ältere  Supplenten  dürfen  nicht  mit  einer 
iceringeren  iStnndena&tahl  angestellt  werden  als  ihre  jüngeren  Collegen 
desselben  Lehr&ches."  —  §44  solle  im  Nachsatse  lauten:  ^so  soll  er  in 
einer  Bitdiothek  außerordentlich  verwendet  werden,  und  hat  Anspruch  auf 
eine  Wartegebür  von  jährlichen  400  fl.,  die  u.  s.  w."  —  §  48  kt^nne  even« 
tuell  entfallen. 

Wien,  im  Üctober  1S97.  F.  Daurer, 


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Miscellen. 


Induetiver  Lehrgang  aus  Geologie. 

Vorbemericnng. 

Der  vorliegende  Lehrgang  üt  f&r  die  Realschule  nnd  speeiell  fiir  die 
localen  Verh&ltnisse  von  Gras  beetimint. 

Ich  gehe  von  doiu  Principe  ans,  den  so  ermüdenden  LehrstofT  der 
Pctrographie  «uccessive  und  getrennt  durch  SchiUlerungen  dynaniii^cber 
Vorgänge  zu  vermitteln.  Durch  Hie  Anknüpfung  :m  d!(>  den  Schfilern  ver- 
traute Landschaft  der  Heimat  stelle  ich  eine  Reihe  von  Apperceptionen  in 
den  Dienst  des  Untenichtes  und  suche  das  Intereswe  auf  die  Entstehungs- 
geschichte der  Landschaft  zu  lenken.  Der  ganze  Unterricht  zielt  darauf 
hin,  in  den  Scbülem  eine  Art  rdckschanender  ßetrachtnngsweiee  der  Land* 
Itchaft  zu  erziehen,  so  da«  sie  beim  Anblicke  eines  Berge«,  einer  Schutt- 
halde n.  s.  f.  an  die  Entstehung  derartiger  Gebilde  denken,  nnd  so  dem 
NatnrgennsHe  eine  neue,  vertiefte  Hrundlage  gegeben  wird. 

Da«^  die  Voi hiiltnisse  diesbe7.ii;^'li<,li  in  Omz  besonder«  gfinstig  liegen 
und  kaum  eine  nennenswerte  dynamische  Kr«cheinun^  ohne  Belegstück 
geblieben  ist,  s.  i  elienfall«  bemerlvt  Auf  eine  nach  den  gangbaren  Lehr- 
büchern voUtstündige  Beschreibung  und  Ciasüißcicruug  der  Gesteine  habe 
ich  von  vornherein  Tenichtet,  weil  ich  das  geistbildende  Princip  mehr  in 
der  Cntstehnngsweise  derselben  als  in  ihren  Diagnosen  sehe.  Auch  kommt 
es  meiner  Ueinung  nach  bei  dem  geologischen  Unterrichte  überhaupt  wehr 
auf  einen  abschließenden,  die  drei  natorgeschichtlichen  Disciplinen  wie  in 
einem  Hr»  nnspiegel  vereinigenden  Cursus  an,  de.ssen  Endzweck  sein  sollte, 
den  Schülern  das  Leben  des  Krd<]fTinzen  mit  Ein«ch!ns<^  von  Fels,  Meer  und 
Luft  verständlich  xu  machen,  sie  den  >Sinn  der  Worte  ahnen  zu  lassen: 
Saxn  loquuntur,   


1.  Lection.  Relief  und  Abgrenzung  der  drei  geologischen  Pro- 
vinaen  Österreichs    (alpine,  karpathische   und  hercjniache 

Provins). 

Kartenskiiie  der  Donau,  der  böhmischen  Masse,  der  Alpen  nnd  Kar- 
pathen. 

Massengebirge  (Horste  und  Kettengebirge). 

SenkungHfelder  und  Brachspalten:  SQdrand  der  Alpen  und  Karpathen, 
Fo-  und  ungarische  £bene. 


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428 


Miacellen. 


Tokay-Eperieser  Spalte,  Badener  Tliermalliuie,  Kanip-  und  Mürzlinie, 
ülibacher  Brucbgebiei 

Der  Ostrand  der  Alpen  mit  den  drei  Buchten  Ton  Wien,  Gras  nnd 
Agram.  Lage  ron  Wien  alt  Centrale  dee  Donaoreiches. 

2.  Lection.  Relief  tmd  Abj^reuzung  der  Grazer  Bucht. 

Oro-hydrographische  Skizze  von  Mittel«teiornuiik 

Dif»  norische  Gabel,  Umknickung  des  Koialjtenzuges  im  Pwsruck,  Ut;- 
dingt  durch  den  Bacher  (orographisch  nicht  tektonisch). 

Dmupforte  b«i  Marburg,  Yorseiebnung  der  Lftngsthäler  der  Mar  nnd 
Drau  durch  die  Hauptkamme.  Die  QaertlAler  der  Kainach,  Laaanits  und 
Salm  ab  Folge  der  Erodonethätigkeit,  SchOckel  und  Teichalpenng  alsO<t> 
rand  der  Grazer  Bucht. 

Untertheilung  der  Gräser  Bucht  in  das  Gräser,  Leibnitser  und  Fet* 
tauer  Feld. 

Charakter  der  (iimdschaft  als  Cber^ingslandachaft  zwischfn  Iloch- 
gebirgc  (Alpen)  und  dem  ungarischen  Tiet'lande.  Die  Lage  von  Graz,  Ui- 
valität  zwischen  Marburg  und  Gnu. 

1.  Beide  an  einer  achmalen  Strompforte  vom  Tief-  ins  Hochland  gelegen. 

2.  Dran  zwar  größer,  aber  ebenso  reißend  wie  die  Mnr,  daher  das  Moment 
eines  schiffbaren  Stromes  hin^lig. 

3.  Mercantiles  Moment.  Alt«?  Handelsstraße  zwischen  Wien  und  Italien. 

4.  Strategisches  Moment  spricht  für  Graz:  Der  Schlos^liorj^  s]iprrt  sowohl 
Kluss  als  Straße.  Behnrrsehunf;  des  vorgelagerten  Flachlandes  und  der 
Einf?on^pforto  ins  st('iris(hr>  Ohcrhind. 

5.  Graz  liegt  im  Mittelpunkte  dos  «teirischen  Braunkohieubeckenti,  ist  daher 
Sita  der  Industrie  nnd  Knotenpunkt  der  Qsenbahnen  (moderne  Einflösse) 

8.  Lection.  Das  Grundgebirge  der  Graser  Mulde. 

Im  Osten  von  Graz  steht  Gneis  bei  Badegund  an  und  setzt  sich  von  hier 
über  die  ganze  nordöstliche  Steiermark  bi«  zum  Wechsel  fort.  Aber  auch  im 
Südwesten  bei  Stainz  kommt  finei.«  vor.  wo  er  in  5  bis  20cm  dicken.  s«^hr 
großen  Platten  hei  200m  Gi\s;uinntnr;ichtigkeit  gebrochen  wird.  Vcrwt  nduiig 
desselben  als  Balkon-  und  Tioltojiä.tein:  letzteres  wegen  der  Verwitterung  de* 
Feldspates  ungünstig.  Westlich  von  Graz  kommt  Gneis  als  Grundgebirge  in 
den  Kohlengruben  von  K60ach,  Lankowits  etc.  vor;  daher  bildet  Gneis  die 
Basis  der  gansen  Grazer  Bucht.  Er  bildet  eine  Mulde,  weil  er  nur  an  den 
Bändern  sutage  liegt,  in  der  Ifitte  aber  von  anderen  Gebilden  bedeckt  ist. 

Demonstration  des  Gesteins.  Schieferuii<^  und  Plattenbildung  wahr- 
scheinlich eine  nachherige  Druckwirkung,  daher  die  Beseichnung  meta- 
morphische  Schiefer. 

Verbreitung  des  (Jneises  al^  Ct'ntr.il-  nnd  Tanerngneis  in  den  Ost- 
alpen; ferner  als  rother  und  graiu  r  uuei«  im  Uühmerwaide  und  Erzgebirge, 
in  den  Sudeten,  im  Riesengebirge,  in  Skandinavien  etc.,  also  die  Möglich* 
keit,  dass  er  die  erste  Erstarrnngskruste  der  Erde  bildet 

Die  Schieferhalle  des  Gneises:  Graphitischer  Thonschiefer  als  so- 
genannter Grenzphyllit.  Granit  vom  Bacher,  Gneisgmnit  von  Übelbach. 
V.M>,'leich  mit  dem  Gneis:  Maasen ge.«*tein  und  krystallinischf  Schiefer, 
Mangel  aller  Fossilienreste,  also  asoische  oder  archaische  Formation. 


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Miscallen. 


429 


Nutzbare  Gesteine  und  Minemlieu.  Krystaiiiniseher  Kalk  (ürkalk)  als 
3Iarmor:  Laas  in  Tirol,  Gnmniern  bei  YiUach  und  Voitsberg  in  Steiermark. 

Gold  am  Bathhansbei^e  bei  Gaatein,  Ranria  und  Fuach,  Zell  im  Ziller- 
thale,  OberTellacb  in  Kftmten. 

SilberhSltiger  Bleiglam  und  Zinkblende  bei  Feistritz,  Übclbach  etc. 

Spateisenstein,  Ei»en-  und  Kupferkies,  Antiiurn)-,  Nickel- und  Kobalt«- 
ene  in  vielen  kleinen  Atif»5chlässeii  in  tlt-n  Ct'nttaliilpon. 

]>n^  Spateisensteinlager  am  trtberge  bei  Hüttenbeig.  Streichen 
!ij485fn.  GesauuutmäcUtigkeit  mit  dem  Zwischenmittel  758  m. 

4  Lection.  Vorläufige  Cbersicht  der  ätratigraphie  und  Tektonik 

des  Grazer  Gebirgei, 

Erläuterung  der  Stratigraphie  und  der  fünf  iVoßle  nach  Clar. 

Cm  Badegnnd  als  Centmm  ein  dreifacher  Bogen  aus:  SchOckelkalk, 
Semriacher  Schiefer  und  Korallenkalk.  Zwei  Contacte.  Radegnader  Gneia 
und  Semriacher  Schiefer  bei  Plensengreith;  SehOckel-  nnd  Korallenkalk 

auf  der  Leber.  Bei  Radegund  widersinniges,  bei  der  f  l  i  -^  i  L'cr  Hütte  rechts- 
sinniges Einfallen  des  Schöckelkalkes.  Auf  der  Leber  »Verwerfung",  d.  h. 

A^■^inkt'n  d'-s  wcstlichon  Schichtencomplexps-  nm  die  $»anze  Mächtigkeit 
des  ^cliückt'lkiilkes  und  den  Sfiiiria^ber  S.  hieters.  iJer  bergmännische  Com- 
pass.  Bestimmung  des  Streichens  und  Fallen^. 

5.  Lection.  Der  Schöckel. 

l^ge  und  Gestalt  des  Bernes  (Horst).  Der  Kalkstein  ist  gruu  bis  weiß, 
graublau  gebäudert,  verwittert  gelbiich>weiO.  Bei  Peggau  ist  er  dnnkel- 
bii  schwarzgestreift.  Der  Hauptsache  nach  venteinerungsleer,  nur  an  der 
Grenze  gegen  die  Urschiefer  finden  sich  Stielgiieder  von  Crinoiden. 

Dfis  Kalkflötz  streicht  nördlich  von  Radegund  nach  Südwesten,  Süden» 
Südosten  und  endet  im  Kirchenhügei  von  Mariatrost.  Fallen  im  allgemeinen 
westlich. 

Ent-!tohu!i;j::  Die  deutlich?»  Sc]i tchtnnj^  weist  auf  Absatz  auü  Wasaer 
und  die  tiiugeschlossenen  Seeliiieu  auf  du>>  Meer  hin. 

Die  Gesteinsbildung  mittelst  Absatzes  aus  dem  Wasser  heißt  Sedimen* 
tation.  Es  gibt  sowohl  Süßwasser-  als  Meeressedimente,  was  sich  aus  der 
Natur  der  eingeschlossenen  Thierrestc  entscheidet  Die  Meeressedimente 
sind  wegen  ihrer  Mächtigkeit  und  Verbreitung  die  wichtigsten. 

Alter  des  SchöckelkalkoK:  Er  liegt  überall  unmittelbar  auf  dem  Grund- 
gebirge auf;  anderseits  sind  ihm  aUe  anderen  Gesteine  der  Gnizor  Hucht 
auff'claf^f'rt :  folglich  muss  er  jünger  sein  als  der  Gneis  von  Kadf't^unil.  iiber 
iiltei  als  dit'  iUni^'on  lüazer  Schichtgesteine  Die  ältesten,  bereits  deutliche 
Petrefacten  führenden  öchichtgcätcine  nennt  man  das  Silur. 

Der  Schdckelkalk  rät  also  tilurisch.  Das  geolc^fiache  Alter  hat  nur 
einen  relativen  Sinn,  d.  h.  es  ist  nur  im  Vergleiche  mit  anderen  Gebilden 
ein  älter  oder  jQnger  gemeint. 

6.  Lection.  Das  Hochthal  von  Semriacb  und  die  Lurlochhöhle. 

Der  Semriacher  Schiefer,  Verftnderlichkeit  der  Farbe,  Structur,  Unter- 
schied zwischen  Scbiefernng  nnd  Schichtung ;  Bestandtheile:  Chlorit,  blftft- 


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430 


Miscellen. 


cfaenbildender  Feldspat;  Verbreitnnff,  Streiehen  und  Fallen.  Beim  Dorch- 
bruehe  des  GOsUnger  Baches  swischen  Plawnticli  und  Franenkogel  folfft 

Ober  diesem  Schiefer  der  sogenannte  Nereitenschiofer.  velcber  Wunuröbren 
einschließfc  als  letztes  Glied  der  Silurformation  von  Graz. 

Fornmtion  heißt  d\o  Gpsammtheit  aller  währond  eines  bestimmten 
geoloj^ischcn  Zeitraumes  pt'l)ihieten  (Jci^teine.  VerV)ipitunj(  des  Siluric 

1.  Nördlich  und  parallel  der  kry«tttllinis»chen  Centralzone  der  Ostalpen  von 
Schwaz  in  Tirol  durch  Salzburg,  dann  in  ^Steiermark  längs  der  Enns 
und  Palten  und  unterbrochen  bis  KiederOrterreich.  Durch  die  ganze 
40  Meilen  betrag;ende  LAnge  dieses  Lagersnges  gibt  es  eine  Reihe  von 
Eisenerzvorkommen,  s.B.  Reichenau  in  Niederösterreich,  Neaberg,  Veitsch, 
am  Feistereck,  Erzberg  bei  Eisenerz,  Radmer,  Admonler  Röthelstein,  , 
Liezen,  WiM-fen.  Flachau,  Dienten  (Salzlnirf^;,  I'üli  rsee  und  Schwa»  in 
Tirol,  öilberhältiger  Blei'^lanz  und  Hleniie  im  >ilui-  von  Ffibram. 

Am  besten  bekannt  ist  diw  bübmisdie  Silur,  welches  nach  den 
Buchstaben  des  Alphabetes  A  bis  E  in  fünf  Etagen  oder  Stufen  zer- 
legt wnrde. 

Entstehung  des  Lurloches  durch  den  POllauer  Bach  (Einfluss).  Der 
Hammerbaeh  bei  Peggau  (Ausflnss).  Hdhlen  und  Dolinenbildung,  Aufr- 

Waschungsbeben,  succussorische  und  Undulations- Beben.  Höhlenlehm. 
Diluviale  Siiugethierfauna.  Altere  Steinzeit.  Austiefung  des  Murbettes 
bei  Pofjtjan  auf  200»?.  Gletscherriefen  als  Wirkung  des  bewegten  Eises. 
Murmelthierreate  am  Uoinerkogel.  Eiszeit. 

7.  Lection.  Der  Hochlautsch,  die  ßilrenscbflts  und  der  Plawutsch* 

sug. 

Tektonik  des  Hochlantsch  und  der  Teichalpe.  Entstehung  als  Korallen* 
riß',  übereinatimraung  in  seinen  unteren  Schichten  mit  dem  Plaimtschsnge 

in  Bezug  auf  Gestein  und  Petrefacton. 

Die  RriienscliiU/..  Kamin-  und  CaHonbildung.  Strudellöcher  und  Riesen- 
töpfe.  Relroiriade  Kiosion  und  Thnlbildnnp.  Umlegung  der  Flui»läufe. 
Göstinger  Durchbruch  (Gegensatz  zum  Mixnitzbach). 

8.  Lection.  Petrographie  des  Gräser  Devons. 

Wir  unternehmen  eine  kleine  Wanderunir  auf  den  Plawutsch  und 
informieren  uns  vorher  darüber,  dass  man  das  Oroser  Devon  in  drei  Theile 

abtheilt'  Unter-,  Mittel-  und  Oberdevon. 

J.  Das  Unterdevon  zerfTvUt  wieder  in  zwei  Theile:  die  Quarzitstufe  und  die 
Ko^ennnnten  Burrandei<«chichten.  Aus  diesen  beiden  allein  ist  fast  der 
ganze  Plawutneh  nnfgebaiit, 

2.  Das  Mitteldevon  bildet  den  oberen  Theil  des  Lantachstockee  inclusive 
den  Gipfel. 

8.  Das  Oberdevon  bildet  den  Gipfel  der  Steinberge  und  des  Eichkogels. 

Wenn  man  ndrdlich  vom  Südbahnhofe  bei  der  Plawutwher  Maut  die 

Stadtgrenze  überschreitet,  so  sehen  einem  am  OstgehRnge  des  Berges  zwei 

ver]a<:^ene  Steinbruche  entgegen.  Wir  wählen  den  sur  Rechten  und  sehen 
zunächst  die  Schichtköpfe  sfininitlicher  Gesteine  in  fnst  reehteni  Winkel 
auf  das  Gehänge  zntnp^e  stehen  und  die  Schichten  ebenso  in  den  Bei«;  ein- 
fallen (widersinniges  Einfallen).  Zu  unterst  bemerken  wir  jene  uns  schon 


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Mucelten. 


431 


bekannton  dunkelgrauen,  mit  wellijf  gebogenen,  glunrendschwarzen,  vei- 
«juetschten  Wurmröhren  reich  'lesüten  Nereitensthiofcr,  wf»eh«ellagernd  mit 
verschieden  mächt Biuikeu  eiues  gelblichgrauen  Kalksteine?*.  Kü  ist  die 
obere  Silurstule.  Daiaut  folgen  in  gleichgeneigter  (coneordanter)  Lagerung 
abwechselnde  Dünke  eine»  versteineruDg&leeren  Dolomits  und  eines  harten, 
mit  Stahl  Fonken  gebenden  Sandsteines.  Diese  beiden  Gesteine  bilden  die 
flogenannte  Qoanilstafe.  Unrichtigkeit  des  Namens  Qnamt  wegen  des  nicht 
krystalH'iiertcn  Bindemittels.  Die  Arten  des  Sandsteines  nach  dem  Binde- 
mitt»  !  (thonige,  kalkige,  mergelige  und  kieselige).  Etwa  auf  halber  Höhe 
de^  IJi'iijf'»  nnijclangt,  finden  wir  grünliche,  weiß-  (ind  schwarTigpfl-M-kte. 
wohl  auch  braun  angowitti-rtf  Steine  liri-iinili('<^en,  weiche  nturk  n.irh  Thon 
riechen.  Es  ist  Diabas-  und  Melapb yitutl,  wi.lfher  in  einer  schumU  n  l'.uik 
den  giuizen  Berg  durchsetzt  und  ihn  no  in  eine  untere,  die  Quar^iutule, 
und  eine  obere»  die  Barrandeistnfe  trennt.  Am  Lantech  treffen  wir  nicht 
diesen  Tuff,  sondern  Melaphyr  nnd  Diabas  eelbst»  welcher  aber  hier  die* 
selbe  trennende  Rolle  spieli  Welches  ist  non  der  Zosammenhang  und  die 
Kntstehungsweise  dieser  beiden  Qesteine?  Es  fanden  unterseeische  Eruptionen 
.statt.  Das  Mugma  übergoss  deckenfSrmig  die  bereits  vorhandenen  Sedimente: 
»o  entstand  der  Diabas  und  Melnphyr.  Dif  \nl'anTsch'*  Asche,  gemischt 
mit  Lapilli,  d.  i.  erbsen-  bijj  nu.s.sgrol>e  ui)(,nTissfne  .Stücke  vom  Diahns  (re- 
."spective  Melaphyr)  fiel  im  ganzen  Umkreise  der  Eruption  nieder  und  wurde 
mit  thonigen  Zerreibsela  dm  Wassers  snsammcugebacken  und  ebenfalls 
deckenfttrmig  flbor  ältere  Schichten  gebreitet;  das  sind  die  Tnffe.  Anf  ihnen 
erfolgte  dann  der  weitere  Aufbau  des  Korallenkalkes.  Von  Mangan  rosen- 
rot h  und  von  (Waphit  schwarz  geRlrbte  Thonschiefer  greifen  tungenformig 
in  den  Korallenkalk  ein.  Das  erklärt  sich  dadurch,  dass  sich  von  Zeit  xu 
Zeit  feinge.«rli!rimmte  Dets  itn^iheilchen  auf  dif  Koiaüt  nbrinkf»  absetzten. 
In  dip^cni  Schlamme  Ipbte  eine  rpirhp  Kann  i  von  Wüi  uicrn,  l?iai^hinpoilpn 
(Pentauitrus I,  untermischt  mit  abgerissenen  uml  durch  flie  IJi anduni,'  z'^r- 
Uümmerten  Crinoiden-  und  Korallenfragmeiiten.  Daher  linden  .nich  ."stücke, 
welche  von  all  diesen  Thierresten  dicht  erfüllt  sind. 

9.  Lection.  Die  Petrefacten  des  Qraser  Devons. 
1.  UnterdeTon. 

Wenn  man  den  ganzen  PUiwutschzug  bis  zum  Buchkogel  von  irgend 
f»ini?m  Aussichtspunkte  am  betrachtet,  so  errofjt  er  nn^v-Mlkm  lieh  die  Vor- 
8tcllinii|  eines  zunsrenfi amig  in  die  Kl'cne  hinausgicitcnden  Korallenritis. 
Und  nach  den  Versteinerungen,  die  man  namentlich  dort,  wo  jene  röth- 
lichen  oder  schwarzen  Schiefer  anstehen,  findet,  bestätigt  sich  diese  An- 
nahme. Die  große  Mehrsahl  n&mlich  aller  Foasilreate  sind  Korallen,  nnd 
zwar  Ton  der  Art,  wie  sie  die  jetst  lebende  OigelkoralJe,  dann  die  Stern- 
korallen  A stillen)  und  die  Madreporen  darstellen.  Wir  haben  uns  also  eine 
bnnt  gemischte  Gesellschaft  dieser  Korallen,  eine  auf  und  an  die  andere 
weiterbauend  vorzu.stellen.  unt*'n  stet-  al>sterbend,  oben  immer  weiter« 
wachsend,  bi«  n!l  diese  Tinhünscn  Kalkröhrchen  zu  einem  dichten,  pfleich- 
iurmigen  Kalksteine  zusammenwachsen.  Die«  ist  der  sogenannte  organo- 
gene  Kalk. 

Wir  haben  uns  aber  weiter  noch  sa  denken,  dass  in  dem  damaligen 
Graser  Devonmeere  eine  Tie!  höhere  Temperatur  als  heute  geherrscht  habe, 


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4B2 


Hneelten. 


■wie  wir  sie  heute  nur  noch  innerhiiU»  der  Won  lckroise  treffen.  Denn  nur 
in  pinem  Wa's^f'r.  welches  i^inr  constante  Temperatur  von  18  bis  20"  C. 
Ijeaub,  koDuten  diese  Korallen  gedeihen.  Kini^^e  der  wichtigsten  Tvpea 
derselben  sind:  Heliolites  Banandei  (dfus  nauiengebende  Leittossil),  Spini- 
ferina  devonica,  Faroiitet  ityriaea  und  alpina,  Zaphrentit  corint  vacciDani, 
Cyatfaopbylliini  Hdrnesi  etc. 

Von  anderen  ThierstftmiDeii  kommen  in  dem  Koiallenkalke  vor: 
Crinoidenstielglieder.  Brachiopoden,  namentlich  Pentanierus  Peteni,  denen 
Durchschnitte  iiuf  vielen  (Irazer  Pflaster])latten  als  weiße  Hinge  zu  sehen 
sind.  Kin  C'e])l);iloi)0(le.  Orthoi  era«?  virtor.  i^st  für  die.se  Altersstufe  sehr  be- 
zeichnend. Elicnso  wie  zwei  JSpecies  der  Trilobiteu  der  Gattung  Dalmania. 

2.  bm  Mitleldevon. 

Für  dieee  Stufe,  welche  nur  am  Hoohlantacb  entwickelt  »t,  ist  das 
beseichnendate  Foeril  Cblceola  aandalinat  welche»  auch  in  den  frUher  nnd 
be«er  bekannten  Schiebten  der  Eifel  eich  findet.  Itfan  kann  daher  diese 

Scbichten  nach  dieser  Einselkoralle  benennen. 

3.  Das  Oberdevon. 

Die  Glymenienkalke  von  den  Steinhergen  und  vom  Gipfel  des  Eich- 
kogels. Clynienia  undulata.  Zusammen hänpfonde  Darstellung  der  wichticr?äten 
C'ephalopodentypen,  namentlich  Nautilus,  Orthoceras,  Cyrtoceras,  Goniatitoa, 
Ceratites,  Ammonites,  mit  Rücksicht  auf  deren  seitliche  Aufeinanderfolge. 

Anmerkung.  Die  Stufen  F,  U  des  böhmischen  Silurs  als  Devon  er- 
kannt. Das  mächtige  Devonvorkommen  swischen  Brdnn  und  OJmfits  mit 
Magnet-  und  Brauneiseners.  Außerdem  Devon  am  Niederrheine,  in  England 
und  Bussland. 

]0.  Lection.  Verbreitung  und  Charakteristik  der  beiden  obersten 

paläozoischen  Formationen. 

Kurze  CharuKleristik  der  .Steinkohlen-  und  Dya^formation.  Yorkomweu 
des  Carbons  mit  Anthradt  bei  Türnich  in  Steiermark.  WeslOstliebes 
Streichen  eines  Garboasuges  sfidlich  von  den  Centraialpen  im  Oailthale 
beginnend  längs  der  Drau  durch  die  Karawanken  und  Sannthaler  Alpen 

bis  ge)jen  Cilli.  (Analogie  zu  dem  Grauwackensuge  nördlich  von  den  Central» 
alpen.)  Dieses  alpine  Carbon  besteht  aber  nur  aus  Kohlenkalk  und  Kohlen- 
sandstein  Wiederholende  Erwähnung  der  wichtif^-^ten  Qbrigen  Kohlen- 
vorkoiumen.  Die  I\vii-  begleitet  nl?  ein  -i  hr  sihiualer  Streifen  den  eben 
genannten  Carbon/.ug  läng.-«  der  Gail  bis  iiber  \'iilach.  Ebenso  ist  sie 
zwischen  dem  ndrdlicben  Paluozoicum  und  der  Tria^»  eingeschaltet  von 
Schwas  in  Tirol  bis  Lofer  in  Salsbui^.  Vorkommen  der  Dyas  in  Deutsch» 
land  anknüpfend  an  die  schon  bekannten  MansfelJer  Kupferschiefer  im 
Zeehstein  und  das  Saiilager  von  Staßfurt  auf  demselben.  Die  Djas  in 
Bussland. 

11.  Lection.  Die  Trias  und  die  rhätische  Formation. 

Wenn  wir  vom  Hochlantsch^^ipiV]  nach  Norden  sehen,  so  erheben 
sich  zur  Linken  die  Steilwände  des  Ilochschwabstockes,  daraut  folgt  die 
Veitscb,  die  Schneeatm,  die  Bax  und  der  Wiener  Schneeberg  in  immer 
abwechselnden,  vielfach  gezackten  und  zerriMenen  Linien  und  iast  blendend 
weißer  Farbe;  beides  charakteristische  Merkmale  des  Kalkgebirges..  Wenn 


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Miacellen. 


433 


wii  von  St.  .Michael  die  Li*»9in(»  aufwärts  und  jenseits  der  Walderhöhe  den 
Palteu  abwarte  verfolgen,  so  haben  wir  rechts  und  links  ganz  verschiedene 
üebirgstj'peii. 

Wenn  wir  s*  B.  bei  GAiebom  nacb  reebta  nur  eine  hiUbe  Stande  in 
ein  Qa«rÜuü  einbiegen^  steigen  vor  an«  die  wild  lecriMenen  Formen  des 
Adinonter  Keichenetrinee,  des  großen  Baehsteines,  Sparefeld  a.  s.  w.  auf. 

Links  aber  stoßen  wir  auf  sanft  (gerundete  Gipfel  aus  dunkeln,  ^Ulnzenden 
Schiefern.  Wir  sind  also  an  der  Grenze  zwischen  Ur-  und  Kalkgebirge. 

Vfn-folrren  wir  die  Enn^*  von  Sclrthal  an  aufwllrts,  >- >  tritt  nm  der- 
nelbe  Gegeuäiatz  »'ntgegen.  Kechts  taucht  zunäclist  der  dioli.  iidc  ( "nimminjj. 
später  der  Doppelstock  des  Dach-  und  ihorsteins  auf,  während  links  die 
Rotten  wanner  Tsaem  sieh  erheben. 

Im  SQden  beobachten  wir  s.  B.  bei  der  Fahii  von  MMrborg  nnch 
Klagenfort  auf  der  Sndaeite  die  schSn  geseichneten  Kalkbei^,  als:  den 
Ursalaberg,  Petzen,  Obir,  Oistrixa  und  fern  endlich  den  Grintous. 

Alle  diese  Gebilde,  welche  als  n<}rdliche  und  südliche  Kalkzone  unsere 
Centralalpen  }je>,'leitpn .  entstammen  einer  geologischen  Epoche»  welche 
am  Graz  fehlt,  niiinlich  der  Tii;is  und  rhiUiscben  Formation. 

Erklärung  de^  Namens  Triad  uacn  liea»  deutschen  Vorkommen  mit 
den  drei  Stufen:  Üuntsandsteiu,  Muschelkalk,  Keuper. 

Vergleich  twischen  der  deotschen  ond  alpinen  Trias. 
a)  Verbreitung.  Die  dentscbe  Trias  von  Lothringen  bis  Oberschlesien,  TOm 
Jnragebii^e  bis  zum  Main,  Frankreich,  England  und  Nordamerika« 

Al}>inf  Trias:  Die  Alpen,  Karpathen,  sowie  das  ganze  Mittelmeer- 
gebiet, dius  .südliche  und  östliche  Asien  mit  Indien,  das  weHtliche  Nord- 
aroerika. Mexico,  [*cru  und  Neuseeland;  daher  ist  diese  Entwicklung 
der  Trias  der  nnrnuile  l^ipus.  die  deutsche  Trias  dagegen  nur  eine 
StrauU-  und  liuchtbildung,  also  Localfacies. 
ü)  Petrogruphisoh.  Dia  dentscbe  Trias  ist,  abgesehen  Ton  Muschelkalk, 
haaptsächlich  ans  sandigen  Gesteinen  ausbaut,  die  alpine  vorwiegend 
aus  reinem  Kalke:  Dolomit  and  Hergel;  Sandsteine  treten  aurfiek. 

In  den  Alpen  haben  wir  von  unten  nach  oben  haapti&chiich 
folgende  Schichten: 

1.  Werfener  Schiefer,  etwa  gleich  dem  öuntsiuidsteine, 

2.  Gutten^teiiier  und  iieif  linger  Kaik,  Uallstätter  Marmor,  etwa  gleich 
dem  Mnschelkulke, 

3.  Baibier  Schichten, 

4.  Hauptdolomit  und  Dachsteinkalk, 
6.  Ktaener  Schichten. 

c)  Paläontologie.  In  Deatochland  ist  nur  der  Muschelkalk  etwas  reicher 
an  Petrefacten,  Buntsandstein  nnd  Keuper  sehr  arm.  Dagegen  i^t  selbsf 
der  deutsche  Muschelkalk  arm  zu  nennen  gegenüber  den  gleich- 
altri<jen  alpinen  Gebilden,  namentlich  in  Hetretf  der  die  Horh«ee  he- 
woiinenden  Ütiphalopoden.  I'ies  liestiiti^'t  den  früheren  Salz:  ,.l>it!  weit- 
verbreitete alpine  Trius  ibt  die  üocbHee-Kntwicklung  der  Formation,  die 
deutsche  eine  beschränkte  Seichtsee-  und  Binnenmeerhildong." 
Pflanaen:  Von  Kryptogamen  nur  mehr  Farne;  die  Vorherrschaft  ftihren 

Gymnospermen. 

Thiere:  Chiroiheriuro,  Eucrinns  liliiformis,  Terebratula  vulgaris,  Lima 


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434 


MiBcellen. 


striata.  Avicula  contorta,  Megalotu^  triqueter  (HiiÄciitritte,  versteinerte 
Her£en),  Ceratitcs  binodonis,  Ammonitet  floridu«  und  viele  ander«. 

Wirbeltbiere:  NotboMiurus  mirftbiliB»  Miutodoiuaann  (Labyrintbodon* 
teu),  ein  kleineB  Beuteltbier:  Mieroleites  antiqwM. 

Die  rhätischc  Formation  ist  eine  ObergangsbiMung  zum  Jura.  Sic 
erreicht  im  Dachstein  eine  Mächtigkeit  von  über  1000  m  und  zieht  sich 
von  hifr  ühm*  da«?  Kamnn*r-  \m<\  To^lt'^nt?pbirq;p  n;ich  Nioflnrustorreieh  fort. 
In  cUm!  juliiichen  Alpen  baut  sie  die  Hochgiplel  des  Mangart,  I'redil  und 
Trigiav  auf. 

Notibare  Gesteine  nnd  Mineraliw: 

1.  Die  alpinen  Steinsalslager  Anasee,  hebt,  Hallstatt,  Hallein,  Berehies- 
gaden  und  Hall, 

2.  Blei-  und  Zinkerze  von  Raibl  und  Bleiberg, 

3.  Zinnober  und  Quecksilber  von  Idria, 

4.  Eiärnspiit-  and  Brauneisensteine  von  Werfen, 
ö.  Marmore. 

12.  Lection.  Die  Juraformation. 

Vertbeilung  von  Land  nnd  Meer  xnr  Juraxeit.  Geographische  Ver- 
breitung: 

1.  Boreale  Provinz,  Mittel-  und  Xordmssland.  Nowaya-Semlia,  Spitzbergen, 
Sibirien,  Kamschatka,  die  Aleuten,  Aliaska,  der  arktische  An^hipel  von 
Nordamerika  und  Grönland. 

Fossilien:  Nur  Zweischaler.  keint'  Aimnoiiiton.  keine  Koiallon. 

2.  Mittrlciiropäischc  Prov  inz:  Europa  notdlich  von  den  Aipeu  und  Karpatiif^n. 
Japan,  .Süciaustriilie«,  Neuseeland,  Californien,  Chile,  Bolivia.  dasCaplanu. 

Fossilien:  Ammoniten  nur  apftrlich,  hanpteftchlich  Korallen  nnd 
besonder«  die  so  beseichnenden  Sanrier  stark  entwickelt 

3.  Alpiner  Jura:  Alpen,  Karpathen,  Mittelmeerländer,  Krim,  Kleinasien, 
Vorderindien,  Centraiafrika,  Madaj^askar,  Mexico  und  Peru.  Also  eine 
äquatoriale  Zone  awiaehen  dem  30.  Grad  nördlicher  und  dem  30.  Grad 
südlicher  Breite. 

Fossilien:  Uauptentwicklung  der  Ammoniten,  Saurier  nicht  ver- 
treten. 

Innerhalb  dieser  drei  Zonen  herrscht  je  der  gleiche  Fannentypus, 
also  drei  homOoeoische  Gürtel.  Daraus  schloss  Nenmayr,  dass  sie  mit  drei 
Klimaxonen  zusammenfallen. 

Schilderung  des  Ketten-  und  Tafeljura,  als  Beispiel  eines  gefiilteten 
und  Schollen-Gebirges.  Einlagerung  von  Kreidegebitden  in  die  Längsthäler 

des  Jura. 

Pairiruitolof^ischos:  P>-ntacrinus,  Kii  yiiclionella  an^strica,  Grj-phaea 
arcuatu,  Arii  tites,  Bclemnitcs  (mit  Phragmoconus  und  Uostrum),  homo- 
cerke  Gauoiden. 

Reptilien: 

a)  Schwimmende:  Icbthyosanrus,  delphinJlhnlieh,  10  bis  18  m,  biconcave 
Wirbel«  FloesenfftDe,  Spiralklappe  im  finddarme;  Nahrung  bestand  aus 

Weicbthieren  und  Fischen  (beide  letztere  Umstände  erkennbar  ans  den 
Koprolithen);  Pie^iosaurns,  Schlangendrache,  6m. 

b)  Kriechende:  Teleosaurus. 


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Miscellen. 


435 


c)  Fliegende:  Pterodactjliu  (Sperlinp*  bi«  Adlergröße),  Rhaniphorbynclius, 
Archaeopteryx  lithograpbicus  (Taubengrößc),  mit  Schuppen  bedeckter 
Rami>f.  Zähne  in  den  Kiefern,  ijut  entwickelte  Flügel,  ein  aus  20  Wirbeln 
bestehender  Schwanz  mit  seitlich  eingefügten,  also  Eweizeili^'>.»n  Steaer- 
federn  (Sanrurae).  Weiterentwicklung  des  Vogeltypua  in  der  Kreide 
(Hesperomiü  und  Ichthyorniä). 

4)  Dhioaaarier:  Iguanodon,  SSTtn,  Megaloiavnu,  17  m,  Brontomnras,  16  «t. 
Pfiaaxen:  Farne,  Schachtelhalme,  Nadelhöfamr  nnd  Fahnen. 
Notebare  Mineralien:  KohleoflOtse  in  Banate  (Steierdorf)  und  in 

Ungarn  (Fflnfkirchen). 

18.Lection.  Die  Ooaanachichten  im  Kainaohtbale  (Obere Kreide). 

Dfti  Viereck  der  Kainacher  Mulde:  Gaisthal,  Graden,  Piber,  SOding* 
berg.  Zunächst  Graz  bei  St.  Bartholomä  Steinbruch  auf  Kreidemergel  fQr 

die  Grat  wein  er  Cementfabrik. 

Petrographie: 

a)  Für  Graz:  Feinkörniger  Sandstein  bei  Kainach,  graues,  sandiges  Coa- 
glonierat  nni  kalkigem  Bindemittel  und  Mergel. 

b)  Fflr  die  Kreide  fiberhanpt:  Schreibkreide  mit  Feuersteinknollen,  Insel 
BQgen,  Mnemark,  Frankrdcb,  Enghind;  Ortlnsand  und  grOner  Mergel 
(Glankonitsand),  Plftner,  ein  mergeliger,  in  Platten  brechender  Kalk, 
Qnaderdand&tein ,  ein  wohlgeschichteter,  vertical  zerklüfteter  Sandstein. 
Beide  letztere  in  der  böhmisch-süchsischen  Schweiz. 

Palflontolnjrie:  Exo«fyra  coluniba.  Inoceramus,  Hippurites  cornu  vac- 
cinum,  Caprotina  anunonia.  .\etaeonella  <,'i^anten.  Nebenformen  der  Cephulo- 
poden:  Scaphites,  Batulite»^  mit  gauit  geradem  Hohre  wie  Orthocerarfi,  t  rioceras 
mit  spiralig  aufgewundenen,  aber  sich  nicht  berührenden  Umgangen,  Turri- 
lites  mit  schraubenf5rroigem  Gewinde,  Hamites  mit  hakenförmig  gebogenem 
Gehftuse. 

Pflansen:  Außer  den  Jorapflanaen  die  ersten  Dikotyledonen:  Magnolien, 

Tnlpcnbäume,  Myrten,  Feigen,  Eichen,  Ahorne,  Buchen,  Kirschen. 

Die  Fiystlizoiie  iler  Alpen  gehOrt  theilweiae  der  Kreide,  theilweise 

jüngeren  Biiduiigcn  an. 

Drei  Kl eulepiovinzcn : 

a)  Die  nördliche  mit  der  Üchreibkreide, 

b)  die  mittlere  (BAhmen  und  Sachsen)  mit  Exogyra  oolnmba, 

c)  die  sttdliche  oder  alpine  mit  Budisten«  und  Caprotineukalken  (Kant- 
plateaa  mit  seinen  Hdhlen  und  Üolinen). 

Nutzbare  Gesteine  und  Mineralien:  Schreibkreide.  CtMiientmergel, 
Asphalt  in  den  Kreidekalken  von  Istrien  und  Dalmatien,  Kohle  in  der 
neuen  Weit  bei  Wiener-Neustadt,  Marmor  von  Untersberg  in  Salzburg. 

14.  Lection.  Die  Te rtiärformation:  Nnm  niuHtenkalk,  Flysch, 

Siiugerfauna  von  Moutmurtrc. 

Auf  die  ruhige  und  an  Eruptivfjesteinon  arme  mesozoische  Periode 

fol^t  die  sehr  Itewe^te  Tertiärzeit.    Dieselbe  zeifiillt  :^un.irli>,t  in  das  Ait- 

tertiiir  mit  den  Stufen  Eoeän  und  Oligocän  und  das  Jungtertiiir  oder  Neogen 

mit  den  Stufen  Miocftn  und  Fliocän. 

„0>t«rr.  Hittotoefaale".  XI.  Jahr».  3X 


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436 


]fi8celteB. 


Das  Alttertiür  ist  für  uns  ans  iwei  Gründen  wichtig.  Ihm  gehört 
ernten«  wenigstens  för  Österreich  die  letzte  den  Alpen  und  Karpathen 
vorgelagerte  GebirgSBtufe  an.  Die  eine  Form  derselben,  die  Numranliten- 
kalke  und  Numiuulitensandsteine,  bilden  nebst  Rudistenkalken  der  Kreide 
die  Hanptbeatandmassen  des  Karstes,  Istriens  und  Dalmftüens.  Die  andere 
Fonn  aind  jene  mergeligen  Saadtteine,  welehe  nlt  nOrdUeho  Vorlage  der 
Alpen  von  der  Schweis  Im  naoh  Wien  und  dann  nfirdlieh  von  den  Kar- 
patlien  dnrdi  gans  Galizien  unter  den  Namen  Flyschzone,  Wiener-  und 
Karpathen -Sandstein  bekannt  sind.  Von  diesem  flyicb  ist  bei  einzelnen 
Partien  bekannt,  das.s  .sie  der  Krt^iflt»  ani^»^>!'"voTi .  «o  7.  R  der  Kahlenber^jf 
bei  Wien  wegen  Inonceranuisfunden,  von  anderen  wieder,  dass  sie  eocäa 
sind,  so  vielfach  in  den  Karpathen,  von  wieder  anderen  HUst  sich  wegen 
der  allgemeinen  großen  Armut  an  Yersteinerungen  weder  das  eine  noch  dai» 
awiere  bdiaoptai.  Da  nnn  dieoer  Flyscb,  ja  in  derSekwda  sogar  die  noch 
jfingere,  nftmlieb  miooftne  Nagelflne  mit  den  Übrigen  OUedem  der  Alpen 
mit  anfgeftant  aind,  eo  folgt  Auana  die  wiehtige  Thataache,  daaa  die  leisten 
Faltungen  dieses  Gebirges  erat  in  jnagtertiärer  Zeit  geschehen  sind.  Allein 
die  Alpen  müssen  sich  schon  seit  den  paläozoischen  Zeiten  im  Zustande 
der  Hebung  befunden  haben,  weil  man  mitten  in  denselben  Schichten  mit 
Landpflanzen  findet,  z.  B.  Sigillariea  und  Lepidodendren  auf  der  Stangalpe, 
welche  nie  wehr  vom  Meere  bedeckt  wurden. 

Der  zweite  Grund  des  Interesses  an  den  alttertÜren  Ablagerungen 
ist  der,  weil  diejenigen  Sduchten,  welehe  das  Pariaer  Becken  erföllen,  dio 
Beste  der  Utesten  höheren  8&ugetfaiere  enthalten.  Ea  sind  das  theila  Vor» 
läufer  der  Tapire  nnd  Pferde:  Paläotherium ,  theils  der  Wiederkäuer: 
Anoplotherinm ; -femer  der  Ranbthiere:  Kynodon,  Araphicyon,  welche  noch 
nicht  entschieden  nach  der  einen  oder  nach  der  anderen  Richtung  aus- 
gebildet, sondern  sogenannte  Collectivtypen  sind. 

16.  Leetion.  Daa  Graser  Tertiftr. 

Die  TertiSrfonnation  bildet  die  Brannkohlenbecken  von  Oberfisterreicb 
und  Böhmen,  den  Boden  von  Wien  nnd  umrandet  in  einer  breiten  Zone 
das  mächtige  stmriseh-nngarMche  Dilnvialbecken.  Die  in  neuerer  Zeit  er- 
schürften Brauiilcnhlenlager  von  Nordungarn  (Salgo  Tarjan),  Siebenbürgen» 
Kroatien  und  Slavonien  bilden  mit  den  altbekannten  ateirischen  einen  Kreis 
um  da.s  ganze  Becken.  Wenden  wir  uns  nun  unserem  engeren  Gebiete  zu. 
Im  Süden  desselben,  z.  H.  bei  Leibnitz.  Mnreck  bis  St.  Florian  herauf  finden 
sich  bäu6g  versteinerte  Schiidigel,  welche  beweisen,  dass  dm  Miocüauteer 
diese  Gegend  bedeckte.  Allein  in  die  Kainacher  Mulde  reichte  es  nicht. 

Wenn  wir  von  der  FQntenwarte  genau  nach  Westen  ins  Thal  ab- 
steigen nnd  dann  Aber  den  Matischberg  nach  Winkeln  wandern,  so  treffen 
wir  am  Westbange  desselben  unterhalb  des  Fahrweges  auf  Schichten  aus 
lockerem  Meigelaohiefcr  and  weißem  Süßwaaserkalke ,  welche  nach  den 
VerBtcinemngen  als  oligocäne  SüGwa^serl)i!dungen  gelten  und  auf  unserer 
Karte  mit  einem  olivgninnn  Ton  bezeichnet  *'ind.  Diesellien  .Schichten 
finden  sich  weiter  in  der  .Mantsclia,  wo  sie  beide  Thalfjehitnge  einnehmen, 
dann  ausgedehnt  in  der  Bucht  zwischen  Webling  und  Straßgang,  leroer 
östlich  vom  UOltenberge  „In  der  EinOd*  und  namentlieh  bei  Bein,  deaaen 
BraunkoblenflOts  fUr  gleichalterig,  alao  auch  oligocftn  angesehen  wird.  Die 


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Misceilen. 


437 


Kohlen  des  KdHaeh-Voitsbeiiger  Reyieres  «ind  jüngere,  nftmlich  mioc&ne 
Bildnogen* 

In  Winkeln  und  Oberbüchein  treffen  wir  auf  Kalk  uad  hier  Mwohl 
als  auch  bei  Waldhof  auf  granlichen  Tegel,  beide  mit  Etnsohluasen  von 
Cerithium  pictum,  Cardien  und  anderen  FoMilient  welche  dieien  Schichten 
ein  miocänen  Alter  zuweisen. 

Alle  Qbrigen  siiaften  Kuppen  uml  Hügel,  auch  jener,  welcher  das 
Sohlois  Thal  selbst  trägt,  gehören  der  obersten  Stufe  unseres  Tertiärs,  dem 
Plioeftn  an.  Sie  lind  au*  Lehm,  Schotter  und  Send  gebildet  Diese  jangste 
Stnfe  dec  Tertito  serfiUlt  in  iwei  Glieder:  die  bnkiachen  Gongerien- 
schichten,  nach  einer  beseichnoiden  ▼iereckigen  Moaefael  benannt,  und  die 
BelTedereschichten,  onzweifelhafteFluasbildungen  nach  dem  eigenthümlichen 
durch  Eisenocker  ^clb  gefärbten  Schotter.  Außerdem  enthalten  «ie  aber  noch 
f-ehm.  Sand,  SanH-itein  und  Conglomerat.  Der  ronf^erientc-^'el  bildet,  wie 
mehrfache  Biunnenbohrungen  ergaben,  den  eigentlichen  Boden  von  Graz. 
Er  setzt  ferner  die  Höhen  des  Rabnitz-  und  Authales,  mw'iQ  die  östlichen 
Uferborde  de«  Mnrtbalas  suounmen  und  reicht  aber  Nestelbach,  Gieisdorf 
nach  Weil  und  bildet  ftrt  awiehließlich  das  ganM  Hügelland  Örtlich  der 
Raab.  Die  BelTederesehiohten  eetaen  die  Blicken  »wischen  der  Eunaoh, 
Södii^,  Lieboch  und  den  Devonbergen  westlich  der  Hnr,  femer  die  Niede- 
rung von  St.  Stefan  und  Schaltleitett  und  das  Viereck  Graz,  Eumberg, 
Gieisdorf  nnd  Messendorf  zusammen,  überall  auf  den  Höhen  östlich  um 
<uaz  bildet  Belvedereschotter  die  Decke,  H  auf  dem  Weg'f  von  f!er 

liilmwarte  nach  Mariatrost,  auf  dem  Ruckerlborge ,  selbst  bei  Kalkleiten 
in  einer  Höhe  von  090  in.  Dieser  Schotter  dürfte  wahrscheinlich  aus  den 
Köfiaeh'Yoitaberger  Alpen  (30  fem  von  Oraa)  herstammen  und  hat  von  dort 
her  zunächst  die  Kainacher  Moide  ausgefllllt  Von  dort  her  drang  er  durch 
den  Durchless  swiichen  StraOengel  nnd  Oratwein  nach  St.  Stefan  rot  und 
fBllte  von  hier  aus  das  brakische  Becken  dea  Congeriensees  innerhalb  jenes 
Viereckes  an.  Die  Ränder  dieses  ehemaligen  Sees  nach  Osten  und  SQden 
werden  durch  Tegelwälle  gebildet,  welche  unter  den  Schotter  hineinziehen. 
Das  ganze  Hügelland  östlich  von  Graz  nuiss  man  aich  also  ursprünglich  als 
eine  zusammenhüngende  Lehm-  und  Schottertafel  vorstellen,  in  welche  die 
Eroiionsfurchen  der  Bftche  (StifÜng,  Kroisbach,  Ragnitz  etc.)  erst  die 
Tbftler  einriiBen  und  so  jene  liebliche  Hflffellandschalt  modellierten. 

Funde  im  Gongerienlehm:  Die  Sdiule  besitzt  swei  sdiffne  Gipsabgfiase, 
den  eines  Unterkiefers  von  Dinotherium  giganteum,  gefunden  bei  Messen- 
dorf, und  den  eines  Oberkiefer?  von  Mastodon  longirostriSi  gefunden  bei 
Fehring'.  Diese  beiden  mächtigen  Ihckhäuter,  dann  Rhinoceros  incisirus 
und  das  drei^ehige  Pferd  Hip])otherium  charakterisieren  die  pliocäne  Säuge- 
thierfauna.  Dabei  mns:*  bemerkt  werden,  da."«  es  noch  zwei  iiltere  Faunen 
in  Steiermark  giht,  die  miocäne  von  Eibiswald  und  die  oligocüue  von  i'rifail. 

Pflanien:  Birken,  Weiden «  Buchen,  Ahome,  Walnuss,  Platanen, 
Linden  u.  a.  m, 

16w  Lection.    Die   Trachyte   und    Basalte    von  Gleichenberg, 
Mineralquellen,  ihermen,  Geysire  etc. 
Blickt  man  von  der  Fürstenwiirte  nach  Südosten,  so  siolif  man  am 
Rande  des  Horizontes  den  merkwürdigen  Basalttutt'kegel  der  Uiegersburg 

31» 

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438 


Miscellen. 


und  weiter  die  Trachyte  d^r  Gleichenberge,  beides  Zeugen  einer  l&ngst 
erioidieBen  Tulcaniachen  TU%k«t  in  unaerem  Gebiete,  deren  letitea 

Atisklingen  du  Fließen  der  Heilquelleii  TOn  Gleidienben;  ist.  Dieae 
Trachyte  sind  die  westlichsten  Vorposten  einer  langen  Kette  solcher  Berge, 
die  sich  weit  nach  Sudungarn  hineinziehen  und  ebenso  wie  die  Trnchyte 
dor  Kariiathen  und  Siebenbürgens  zur  Miocanzeit  heraufgedrnn^tn  sind. 
Di&ae  jung- eruptiven  Gebirge  Ungarn»  sind  wegen  ihrer  noch  immer  be- 
deutenden GoldfÜhmng  den  erschöpften  Lagern  in  den  Unlpen  (Raoris  etc.) 
gegenübenmitelleB. 

Jünger  als  die  Trachyte  dad  noch  die  BMalte,  oftnilieli  plioeftn. 
Die  Gleichenberger  Heilquellen  and  Kohlensäureeihalationen  ftlhren  ganz 
natCUrlieb  auf  die  Frage  der  Thermen  ül'oi  huupt.  Therme  ist  jede  Quelle, 
deren  Temperatur  höher  ist  uJs  die  durtli8chnittliclie  Jahrestemperatur 
ihres  ürsprungsortes.  Solcher  hat  Steiermark  eine  g5ui7.e  Reihe:  Tobelbad 
Üb  bis  2ftOC.,  Neuhaus  36".  Tütter  und  Rdmerbad  37  und  Noch  be- 

rühmter sind  die  böhmittcheu  (^i^^^l^^ti  von  Murienbad,  ir  ranzeubbad,  Teplitz 
und  namentlich  Karlebad  7A^0, 

Gewöhnlich  idnd  die  Thermen  sngieieh  Mineralquellen,  da  ja  die 
höhere  Temperatur  anch  die  LOeongafthigkeit  de«  Warnen  erh(Ait.  Allein 
ttOthwendig  ist  diesee  ZaAmmenfallen  nicht  (Akratothermen). 

Heiße  Quellen,  welche  periodische  Eruptionen  zeigen,  heißen  Geysire. 
Sie  enthalten  gelöste  Kieselsäure,  welche  nach  den  Ausbrüchen  Sinterkegel 
und  Heck>>n  absetzt  (li^land,  Yellowstonepark,  ^ieuseeland).  Bunaens  Geysir- 
tbeohe.  Motetten  und  Solfatareo. 

17.  Lection.  Vnlcanismus. 

Stetige  i^amoa-Inseln)  und  iutermittiereude  Vulcane,  Lava  (Oekrü>e- 
und  Fladtfnlava),  Ai^he,  Lapilli.  Bau  und  Thätigkeit  der  Vulcane.  Cico- 
graphische  Verthcilung  und  Zusammenhang  mit  tektonischen  Vorgängen. 

18.  Lection.  Das  Diluvium  von  Graz. 

Jederseitü  der  Mur  fünf  Flussterrassen.  Spuren  davon:  Dominicaner- 
riegel, Annenstraße,  Sporgaase,  Münzgraben,  St.  Peter.  Geaammthl^  circa 
80  f».  Muiechotter  unterscheidet  sich  von  Belredereacfaotter  durch  die 
Häufigkeit  von  Gneis-  und  Kalkgeschiebeo.  Das  ganse  Graier  Feld  ist 

wahrscheinlich  ein  See  gewesen .  welcher  von  Norden  her  mit  Schotter 
angefüllt  wurde.  Dann  hat  sich  der  Fluss  in  diesem  Schotter  mannigfach 
wechselnde  Betten  gefurcht.  So  durfte  die  Abtrennung  de»  Schloas-  und 
(  alvnrienberges  von  ihrem  Stammgebirge  durch  Flussscbleit'en  erfolgt  sein 
(Thalberge,  Zeugen). 

Die  diluviale  Säugethierfauua.  Im  Johanneum  befinden  sich  zwei 
Ifohls&hne  dee  wollhaarigen  Nashornes  (Rhinooeroe  tichorhinus),  gefanden 
bei  Steinbargen,  and  ein  Stoßeahn  vom  Mammut  (Elephas  primigeniua), 
gefunden  zwischen  Gratwein  und  Stfibing.  Reste  von  HOhlenbftren  fonden 
sich  vielfach  in  der  Badelhöhle  und  im  Lurloch  (Höhlenfauna). 

Der  früher  crwlllinte  Murmelthierfund  am  Rainerkogel  und  die 
Glet>c  h<>rschIitlo  im  Murtlialo  bei  Peggau  legen  es  nahe,  dass  auch  bei  uus 
eine  i'eriode  der  Vcrgletscherung  bestand,  und  dass  wir  unser  Diluvium 


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439 


auch  in  ein  prft*,  inter-  und  po«tg1«ciale9  emtheilen  k^Snnen.  Auftreten  de» 
Urmenacben.  Pcfthiatorie. 

19.  Lection.  Die  Entstehung  der  Alpen  nach  Sues«. 

Analogien  zu  den  Alpen  in  den  übrigen  jungen  Kettengebirgen.  Die 
Alpen  können  nicht  durch  einfiMhe  eruptive  Hebung  der Centrahone  ent* 

standen  -ein,  denn 

1.  tst  dieselbe  (wenigstens  stellenweiae,  z.  B.  Berner  Oberland)  selbst  ge- 
faltet, 

9.  gibt  es  auch  Faltengebirge  ohne  krystaUiniiche  Centralione,  «.  B.  der 
Jura. 

Contraclaonatheorie. 

20.  Lection.  Wiederholung  und  Zusammenfasaung  des  betrachte« 

ten  petrographiscben  Materiaie«. 

Gesteine 

a)  krTttallinische  b)  Schichtgesteine 

^  \^  ^sedimentftre)^ 

Massengeäteine  ^Schiefer  klautische  organogene 

21.  Lection.  Wiederholung  und  ZusammenfasRung  der  palä- 
ontologiachen  Verhaltniese  der  einseinen  Formationen. 

Entwicklung^ng  in  dem  Anftaucben  und  Erltechen  der  Lebens 
formen  nach  dem  Principe  der  stetigen  Yervollkommnung  durch  Differen- 
sierung  und  Anpassung. 

22.  Lection.  Wiederholung  und  Znsam  mm  Fassung  der  djrnami- 

»<chf^n  Erscheinungen. 

A.  Exogene  Wirkungen. 

1.  Wirkungen  des  Waasers  und  Eii&i, 

2.  Wirkungen  des  Windes. 

B,  Endogene  Wirkungen  (Wirkungen  des  Erdinnern). 

88.  Lection.  Kant-Laplace*sche  Theorie. 
Allgemeine  Vorstellungen  Über  den  stofflichen  Urxostand«  die  Bildung 
und  fortschreitende  Entwicklung  des  ErdkOrpen  als  eines  Tbeiles  unseres 
SonneniTstems. 

24.  Lection.  Forschungsmittel  und  Methode  der  Geologie. 

1.  Petrographie, 
2  Paläontologie, 

3.  •Stnitigraphie, 

4.  Tektonik, 

5.  die  kosmischen  und  physikalischen  Besiehungen  des  ErdkOrpers. 

Ora».  Dr.  VicUfr  Nieisch. 


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440 


Die  Mineralogie  als  Unterrieh tsgegenstand 

in  den  unteren  Classen  der  Mittelschulen. 

Der  Lehrstoll'  der  Naturgeschichte  zerfällt  nach  der  Eintheiiung  (1»>r 
Katurproduete  in  belebte  Wesen  und  unbelebte  Dinge  einerseits  in  die 
Lehre  von  den  Lebewesen,  anderseits  in  die  Lehre  von  der  unbelebten 
Natur.  Zoologie  und  Botenik  bilden  jedes  Iftr  ttofa  ein  völlig  abgeschlonene» 
OftDM,  flo  da»  in  beiden  FftUen  der  I«ehntoif  nach  Abgrenxong  und  An- 
Ordnung  auch  auf  der  ünterstufe  v5llig  klar  vorli^  und  der  Unterricht 
in  den  oberen  Classen  nicht  nur  quantitativ  eine  Erweiterung  bedeutet, 
sondern  durch  .-.ein  naturj,'emiiß  anders  gestecktes  Lehrziel  die  Zweistufig- 
keit des  ^esammten  Lehrvorganges  glänzend  rechtfertigt  und  aU  einzig 
richtig  erkennen  l.lsst. 

Den  Gegensau  zur  Zoologie  und  Botanik  uiu^  die  Lehre  von  der  un- 
belebten Katur,  die  sogenannte  Mineralogie,  bilden.  Aber  nur  dann  ist  der 
Oeaammtunterricht  in  der  beeebreibenden  Natugeeehichte  ein  in  eich  ab- 
geecbloMenea,  voUatftndigee  Ganse,  wenn  dieser  dritte  Theil  alles  snaammen- 
fasst,  was  die  beiden  erstenTbeile  nicht  in  sich  schließen  kOnnen. 
Ist  diese  Forderang  nicht  erfQllt,  so  ist  der  Unterricht  der  Naturgeschichte 
in  den  unteren  Classen  Stückwerk 

Die  Mineralo^'ie.  in  wissenschaftlichem  Sinne  genommen,  erfüllt  diese 
Grundbedingung  nicht,  nie  behandelt  nur  die  Mineralien  als  solche,  int  also 
nur  ein  Theil  der  Lehre  von  der  unbelebten  Natur  und  nicht  der  er- 
ganaende  Gegensats  sn  Zoologie  und  Botanik.  Ei  mnss  folglich  jeder  wie 
immer  ipeartete  «nd  surechtsetegte  Anssug  ans  dieser  Mineralogie,  wenn 
er  ttch  auch  dem  Fassungsvermögen  der  Schüler  noch  sosehr  anschmiegt, 
sdion  im  Lehrstoffe  verfehlt  sein.  In  einem  solchen  Falle  kann  es  sich 
nur  um  die  Beschreilrnnf^  und  düs  Erkennenlerncn  wenij,'er  Mineralien 
neben  der  (  bung  der  Sinne  handeln,  ein  Unterricht,  welchfr  rregenüber 
der  Zoologie  und  Botanik  mit  ihrer  ungeheuren  Fülle  von  Objecten,  Lebens- 
äußerung und  Leziehungen  unter  sich  und  zum  Menschen  unter  einem 
solchen  Mangel  an  anregenden,  die  Phantasie  und  die  Wissbegierde  des 
Sehfllers  belebenden  Momenten  leidet,  dass  es,  gerade  herausgesagt»  sehade 
nm  die  Zeit  ist,  welche  einem  solchen  liChntoffis  geopfert  wfirde. 

In  der  That  nind  auch  schon  Stimmen  laut  geworden,  welche  die 
Auflassung  der  Mineralogie  als  Unterrieht^menstand  auf  der  Unterstufe 
fordern. 

Die  Grunde,  welclie  fiir  diese  Forderung  angeführt  wurden,  aeigen 
jedoch  den  taUeheu  Standpunkt,  von  welchem  man  bei  diesem  Verlangen 
ausgieng.  Der  Mangel  an  genügender  Kenntnis  der  Eörperiehre  und  Chemie 
sollte  diesen  Ünterriehtesweig  nutslos  und  nnerwflnscht  machen. 

Eine  wisaenscbaftlicbe  Mineralogie  freilich  ist  ohne  beide  unmligUch. 
diese  aber  erfftUt  nach  dem  Vorhergehenden  die  Forderung  an  „die  Lehre 
von  der  unbelebten  Natur"  in  keiner  Weise,  SO  dass  der  Mangel  an  Chemie 
und  Körperlehre  gar  kein  Hindernis  fiir  einen  ersprießlichen  {.'nterricht  in 
der  sogenannten  Mineralogie  ist.  Dieselbe  darf  auf  dieser  Stufe  die 
obengenannten  Voraussetiungen  gar  nicht  machen,  im  Hogen- 
theile  musä  sie  für  Chemie  und  Körperkenntnis  vorbereitend 


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Miiceiien. 


441 


irirken.  Das  ist  der  Weg,  velchen  die  Wuiemchaft  gegangen,  so  die 
tftofeiileiter  der  memchliehen  Erkeaataie  an^ericlitet  wordea,  so  mtne 
«ia  aatargemftßer  Uaterricht  gegliedert  aeia,  weaa  aicht  onaatfirlidte 

Veieebiebungen  im  Lehziioffe  die  unausbleiblidie  Folge  sein  sollen.  Das 
Naturgesetz  der  Bewegung  in  der  Richtung  des  geringsten  Widerstandes 
ist  das  oberste  Gesetz  eines  natnrgemäßen  Unterrichtes,  und  es  heißt 
den  durch  die  Entwicklung  des  Wissens  rorgeschriebenen  Weg  volUtiindi|? 
ignorieren  oder  die  Giltipkeit  dieses  Naturg-esetxes  gerade  dort  verleu^'nen, 
wo  deine  äorgfältigste  üeachtung  Grundbedingung  jede»  wahren  Kr« 
folge«  iet>  aftmlieh  tm  ünterricbte»  weaa  man  aaf  der  erttea  StoüB 
der  aatarwiieeaichaftliebea  firkeaataw  die  Cbemie  aar  Basis  der  Lehre 
voa  der  aabelebtea  Natur  aiacbt 

Eiae  aoldie  annatürliche  Verschiebung  ist  es  meiaer  Aaeicht  aach, 
wenn,  um  die  Mineralogie  —  im  gebräuchlichen  Sinne  genommen  —  in 
d»^n  unteren  ('lns«pn  möglich  zu  machen,  die  Chemie  ganz  in  den  Anfang 
der  i*hyÄik  verlegt  wird,  während  doch  ihr  Platz  naturgemäß  ans  Ende 
ihrer  Vorläuferin  gehört.  In  der  Chemie,  welche  dann  der  Mineralogie 
vorausgeht,  wird  ohne  Kenntnis  aller  wichtigen  physikalischen  Erscheinoa* 
gea  aebea  der  Erfkseuag  der  eehwierigatea,  daalieh  aasngängigea  That* 
Sachen  aacb  die  Erkeaataie  ftußerlidier»  eiaalieh  wahraehmbarer  Eigea- 
Schäften  verlangt.  Wo  aber  hat  der  Schiller  die  Begriffe  uad  Beseichnm^ea 
f&r  eine  solche  Erkenntnis  her?  Ist  es  nicht  einer  der  Baaptnrecke  dee 
Unterrichte«  in  der  unbelebten  Natur  oder  der  sotf^nannten  Mineralogie, 
einen  hinreichenden  Vorrath  solcher  Begriffe  und  Bezeichnungen  zu 
sammeln? 

„Die  Mineralogie  gehört  in  die  Chemie!'*  Das  ist  vollkommen  richtig, 
weaa  es  sich  am  wiveaaebaftlicheB  Voigehea  droht»  aber  &Iseh  aof  der 
Uaterrtafe.  Hier  wftre  gerade  dae  Umgekehrte  richtig,  daes  aftmlieh 
die  Chemie  ia  die  Mineralogie  gehfirt.  Es  iit  aicht  weiter  aflthig, 

den  principiellen  Unterschied  der  beiden  Auffassungen  zu  erläutern,  nur 
eines  möchte  ich  bemerken,  daas  der  letzte  Standpunkt  keine  Physik 
voraussetzt,  was  bei  pin*^ni  naturgemäßen«  ich  möchte  sagen,  historisch 
richtigen  Lehrplane  nothwendig  ist. 

Diesem  Standpunkte  suchte  ich  in  meinem  Vorschlage  über  Umfang 
nad  Aaordanng  des  Lehrstoffes  durch  eine  große  Zahl  einschlägiger  Ex- 
perimente  gerecht  *n  werdea,  wobei  der  leitende  Qedaake  der  geweeea  iit, 
daas  die  togenaaate  Uiaeralogie  Torbereltead  so  wirkea  habe. 

Uaaufschiebbare ,  an  eine  kurze  Zeit  gebundene  Arbeiten  machea  es 
mir  unmöglich,  auf  diese  Einzelheiten  einzugehen,  sie  haben  sich  auch 
am  Mittelschaltage  der KQrM  derzeit  halber  der  mäadlichea Beqprechaag 
entzogen. 

Ich  glaulje,  das.s  durch  die  folgenden  Tabellen  genügende  Klarheit 
über  Umfang  und  Anordnung  dea  Lehrstotl'eä  gegeben  ist,  so  daas  die  Ex- 
perimente eich  ao  ziemlich  von  »elbst  ergeben. 

Dan  ich  mich  ia  dem  eigeatlich  miaeralogischea  Theile  des  StolÜBi, 
weldiem  zwei  Drittel  der  UaterriditMeit  sngewiewa  riad,  der  dnreh  die 
Instructionen  gegebenen  Anordnung  nicht  angeschlossen  habe,  wird  be> 
gieiflich  sein,  denn  diese  widerspricht  dem  Fortschreiten  TOm  Eiafochea 
zam  Znsammeagesetzten. 


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442  ICiwellen. 

Fturnn  wir  smammeo,  wddie  Foidoraiigeii  aa  die  Mgeaaiinte  Miaerar 
logie  ia  den  anteraa  Ctaswa  geirtellt  werdea  mflaitea,  weaa  dieaelbe  dea 
hittoriwh  ihr  angewiesenea,  also  alleia  berechtigtea  Staad  walurea  aad  aU 
Lelirgegenstand  ebenbürtig  nebea  Zoolofi^e  aad  Botaaik  bettebea  toll »  m> 

ergeben  sich  folgende  Sätze: 

1.  Die  Mineralogie  muss  den  unbelebten  Theil  der  Nntur  umfassen. 

2.  Sie  rouKS,  selbst  ohne  VorauBsetsangea,  vorbereitend  auf  andere  Diaci- 

plinen  wirken. 

B.  Sie  muss  dem  jugendlichen  Schüler  eine  genügende  Fülle  anregender, 
allgemeia  wieseaswerter  Tbatiadiea  bieten. 


Der  ErdkUrper. 
Planeten.  —  Größe  der  Erde. 
I.  Luftocean.  Lut'tiörmige  Kürp^^r. 

II.  Wasseroceaa.  Flflinge  K<kper. 

III.  Erdfeate.  Feste  KOrper. 

Qesetmftüige  Lage  der  drei  Theile.  —  Giebas  dereelbea,  Imm  » 
1  fifeograpbiidie  Heile. 

I.  Der  Luftoeean. 
Eigenschaftea. 

1.  Breaalnft   1  ^       x  ir 

o  T   i       1  i«!  ^  Saueratoff. 

2.  Lebensluft  | 

3.  Wasaerdampf. 

IL  Der  Wasserocean. 

1.  Waaaerdampf,  Eigenaciiailen,  Vorkommen  ia  der  Erdfeate. 

2.  Waaaer,  Eigeaschaftea,  Torkommea  auf  der  Erdfeate. 


»        «ber  „ 
3.  Eis,  Eigenschaftea,  Vorlcommea  auf  der  Erdfeate. 


II        in    «  » 
über ,  » 


n 


Bildung  des  Dampfes  —  Sieden  ^  Traaqport  des  Wasaera  aad  der 
Wärme  —  fiegelung  dea  Klimas. 

HL  Die  Erdfeste. 

1.  Graadatoffe: 

o)  Metalle, 

h)  Nichtmetalle. 

2.  Erae:  Schwefelkies,  Kupferkies  —  Bleiglanz,  Silberglnnz  —  Zinnober  — 

Roheisensteia  Braoaeiseaateia  —  Magaeteiaeasteia  —  Spat- 
eisenstein. 

3.  Steiae:  Quarz,  Opal,  Granat  —  Feld««pat  —  Calcit*  Aragoait  —  Gips  — 

Glimmer  —  Steinsalz  —  Flu.s<spat. 

4.  Pflanzliche  Mineralien:  Bernstein  —  Kohle. 


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443 


So  leid  et  mir  that,  die  »Erdfeste"  am  abeolatem  Mangel  an  Zeit 
aieht  eingehend  lieiprechen  an  kOnnen,  wae  der  Zukunft  vorbehalten  ist, 
io  kann  ich  doch  eine  korae  Bemerkung  nicht  onterdrOeken. 

Die  gebräuchlichen  HJlrteprrnle  sind  Schiitiungen  and  keine  Messungen, 
ihre  TrSf^r  den)  J^chül<?r  unbekannt  und  fnln^lich  hier  naturwidrig:.  Si<»  sind 
zu  ersetzen  durch  bekannte  Elrscbeinungcn  und  Objecte  uU:  Abfärben  am 
Finger,  Fingernagel,  weicher  Eisennagel,  MesserspitZie,  KieseUtein,  härter 
als  Kieeeletein. 

Ffir  die  aamnimengeeetaten  Kfirper  möge  ein  einftebee  Beiii|nel  ge- 
nfigen: SchwefelkicB  beBtebt  nngeflUur  snr  Hillte  ana  Bisen  und  aur  Hftlfte 
ans  Schwefel. 

Das«  die  so  kurz  bemessene  Zeit  am  Mittelscholtage  eine  eingehendere 
Besprechung  und  Klärung  meiner  im  Au8tu^»e  vorgebrachten  Aniichten 
nicht  zii;^elaj?8en  hat,  bodaure  ich  aufs  tiefet«»,  da  jede  mündliche  Verhand- 
lung ungleich  sieherer  und  schneller  zum  Zieh'  tuiirt  al«  alle  Schrei bcreien. 
Da  es  aber  einmal  nicht  anders  möglich,  t»o  lege  ich  dieselben  einer  wobi- 
wollenden  Meinungsäußerung  der  geehrten  Herren  Facbgeaossen  vor  mit 
der  Bitte  an  bedenken,  was  aneb  am  Mittelsobnitage  allgemein  anerkannt 
wurde,  „dass  dieses  Thema  einer  der  schwierigsten  Punkte  unseres  ünter- 
richte«  ist". 

TepUta.  ^   C.  JCitfldr. 


Einige  Bildereyklen  aus  dem  elassisehen 

Süden. 

Von  Prof.  Dr.  SidgMed  Lederer  (Radanta  [Prag]). 

(Vortrag;,  gehalten  am  18.  April  1897,  gelegentlich  dee  VI.  deutsch -Öster- 
reichischen Mittelschultages,  im  k.  k.  Theresiannm.) 

Hocliverehrtc  Versammlung! 

Eini^^»e  Bildereyklen  nm  dem  damischen  Süd'Mi,  umj  Griechenland  und 
Italien,  sollen  heute  nach  vorbereitenden  Bemerkungen  zur  Projectiou  ge- 
langen. Orieehentand  msd  Italien  —  wir  wollen  b^  den  theuen  Namen, 
die  unser  Hern  bOher  schlagen  madien,  einen  Augenblick  Terweilen.  Alles 
Schone  und  Edle,  alles  Große  und  VorbtldUcbe  ist  seit  unserer  Jngendaeit 
mit  ihnen  Terknupft.  Als  Knaben  lauschten  wir  dem  Worte  des  Lehrers, 
wenn  er  von  den  kriegerischen,  von  den  cultnrellen  Kuhmesthaten  erzählte, 
die  Hellas  und  He^perien  vollHlhrten;  als  Jünglini?:«  bewunderten  wir 
staunend  die  Meisterwerke  antiker  Kunst,  aber  erst  al«  Männer  brini,'en 
wir  dem  clastiiächen  Allerthume  reife?  Verständnis  entgegen,  das  wir  deui 
uns  anvertrauten  Geschlechte  treu  zu  vermitteln  bestrebt  sind.  Jede  wirk- 
liche Forderung  dieser  Eniebungsthätigkeit  ist  uns  freudig  willkommen. 
In  tausend  und  abertausend  Wirkungen,  mittelbar  und  unmittelbar,  greift 
die  Antike  in  die  G^nwurt  ein:  das  Studium  der  Alten  ist  nicht  mehr 
gleichbedeutend  mit  geisttOdtendeni,  ^grammatischem  Regelkram.  Nach  allen 
Richtungen  hin  sucht  heute  auch  schon  die  Mittelschule  dem  Leben  und 
SchalFon  der  Alten  gerecht  zu  werden.  Völker  und  Nationen,  die  einander 
politisch  feindlich  gegenüberstehen,  einigen  sich  in  der  Erforschung  der 


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444 


Miscellen. 


dahiiigeguigeneii  großen  Zeit  tn  firendiger  und  efsprießlicber  Friedenttrbeit 
Auf  elaniNhein  Boden,  im  ebuMiaeben  Sttden  tre^n  Alterüranukettaer  und 
AlterihiiiiMfreunde  aiM  aller  Herren  Länder,  aus  der  alten  nnd  neaen  Welt 

zufammon,  nm  an  Ort  und  Stelle  die  Monumente  zu  studieren,  um.  wo  die^ 
möglich  i^t,  unter  Aufwand  der  j^rößten  Opfer  "mit  Spaten  tind  Hacke  dem 
Trt^ealichte  wieder  zu  gewinn^'n.  wa.s  .schirmende  Erdauf häufun«3[en  Jahr- 
hunderte-, jahrtausendelang  der  Vernichtung  entzogen.  Dort  aber,  wo 
weder  Beetehendea  noch  Verborgenes  zu  gewinnen  ist,  da  breiten  idcb  heate 
wie  ebemalt  die  Ebenen  ans,  anf  denen  in  beißem  Kampfe  die  Geeittang 
über  die  Barbarei  negte,  da  ragen  die  «genberahmten  Berge,  da  murmeln 
die  Quellen,  da  rauschen  die  FlOsse,  da  schimmert  das  Meer,  da  blaut  der 
Himmel,  wie  in  alter  Zeit,  da  bestehen  beute  noch  vielfach  die  Bedingungen. 
All*  df>npn  die  von  xins  so  bewunderte  antik ^^Tröße  hervorgieng.  Diese 
Bedingungen  aus  »^iijener  Beobachtung  kennen  zu  lernen,  sich  auf  »r^- 
heiligtem  Boden  «innend  in  gewaltige  Epochen  zurückzuversetzen,  das  war 
lange,  lange  Jahre  hindurch  die  heiße  Herzenssehnsucht  der  Lehrerschaft, 
einer  jener  Wllneobe,  denen  üut  durebwege  eehon  aue  materiellen  Gründen 
die  Gewftbrung  Tetaagt  blieb.  Ncn  cuMb  homini  eonUngii  adire  CO' 

Mit  einemmale  wurde  das  andenti  nnd,  was  uns  mit  besonderem  Stolie 
erfiillt,  zuer!«t  in  Oi?terreicli.  In  ganz  einzig  dastehender  und.  wie  ich  von 
ini^iiipr  im  Vorjahre  unternommenen  Siidlandfahrt  hfrweib,  vom  f^esammten 
Ausiunde  vielbewunderter  Freigiebigkcit  bietet  tmsere  hohe  Unterrichts- 
verwaltung ihren  MittelschuUehrern  durch  Urlaub,  reich  ausgestattete 
Stipendien  und  eeit  iwei  Jabrtn  Sberdiee  noch  durdi  ausgezeiebnete 
F&hrung  Gelegenbeit*  ani  eigener  Anaebaoung  den  durcb  den  Geiet  der 
Antike  geweihten  elaMnecben  SOdra  grflndlich  kennen  m  lernen.  So  war  ee 
auch  mir  vergönnt,  Italien,  Griechenlaadp  die  Troas  und  Sicilien  lu  bereiten. 
Noch  sind  Kopf  und  Herz  voll  der  großen  Eindrücke,  der  reichen  Be- 
lehrungen, die  ich  empfienjr;  sie  verleihen  dem  Denken  und  Fühlen  auf 
lanf^e  Jahre  hinaus  neuen  Inhalt  und  beeinflussen  naturgemäß  auch  die 
Lchrthätigkeit  in  er^prielUicber  Wei^.  Ich  mu;is  e«  mir,  schon  mit  Rück- 
sicht auf  die  knapp  zugemessene  Zeit,  versagen,  diesen  Gedanken  weiter 
auwQipinnen.  leb  will  Tielmebr  die  seltene  Oelegenbeitf  die  ausgezeiebuete 
Scbulmftnner,  bingebnngtvolle  Lebrer,  Leuebten  der  Wimenecbaft  und  £r- 
liehnngskunst  hier  miammenfQbrte,  daxu  benfltiea,  um  Ihnen  eine  kleine 
Auswahl  des  SebOneten  vorzuführen,  das  mir  tu  ecbauen  vergdunt  war» 
damit  Sie  aus  eigenem  Urtheile  entscheiden  können,  ob  es  in  der  von  mir 
fjebotencn  Form  der  Schule  im  allgemeinen  Nutzen  zu  lirinj;^en  vermacf. 
hu  Intore.s.se  der  Sache  »elbst  aber  glaube  ich  einij^e  einleitende  Be- 
merkungen über  die  Entstehung  der  Bilder  vorausschicken  zu  sollen.  Ver- 
zeihen Sie,  wenn  ich  dabei  mit  dem  eigenen  Ich  beginnen  muaa. 

Im  Herbete  1891  wurde  ieb  Ton  Wien  in  den  äußersten  Oeten  Onter- 
reiehn  Tenetxt  Der  Oontraat  swieehen  Wien  und  Radaute  ist  bedeutend;  in 
der  Absiebt,  meine  Gedanken  von  der  schOnen  Kaiserstadt  abzulenken,  die 
mir  neuen  und  ungewobaten  Eindrücke  mangels  käuflicher  Photogramme 
•ell>^t  im  Bilde  festzuhalten,  veranlasste  mich  zur  Beschüftigunpf  mit  der  Kunst 
Daguerres.  Bald  aber  fand  ich  zu  meiner  großen  Freude,  dass  es  mir  mösr. 
lieh  sein  werde,  über  den  ursprünglichen  Zweck  hinauszugelangen.  Wa^  mir 


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MiaceUen. 


445 


anfiaaga  Zentrennag  nad  Lieblttborei  gowcMB  war,  gemtm  wiMiueluifi' 
lieh««  Interem;  MhlieBHch  durfte  ieh  dunni  dcnkm,  die  BhiisebniM  meiner 

Beächilftigung  in  don  Dienst  der  Schule  SD  •teilen.  UngefUir  gleichzeitig 
wies  Herr  Prof.  Dr.  Primoziö  cachdrucksvoll  nnd  überzeugend  auf  die  Be- 
deutung des  Skioptikons  für  den  An3chaunnf»sunterricht  hin.  Gelegentlich 
einea  Skioptikonabends  der  „Bukowinor  Mittelschule"  kia^'io  mir  Herr  Prof. 
Dr.  Polaschek  in  Czernowiti,  ein  eifriger  Freund  und  hucliverdienter  För- 
derer des  philologischen  Anschauungsuntcrrichtett ,  wie  schwer  es  halte, 
gute  und  dabei  doch  billige  Diapodtive  für  dai  Skioptikon  in  beidiaffiBii. 
Er  fragte  mieb  tdiertend,  ob  ieh  nieht  in  dieser  Hinsieht  helfen  könne. 

Die  flflehtige  Bemerknng  aber  fiel,  wie  die«  im  Leben  maaebmal  so 
gebt.  a\if  guten  Boden.  Ich  begann  mich  emsthaft  mit  der  Anregang  m 
beschäftigen  nnd  kam  .schließlich  nach  manni^^fachen  Versuchen  zu  einem 
sfither  vielfach  erprobten  Verfahren,  dessen  praktische  Kr^ebniase  ich  später 
Ihnen  vorznfilhren  die  Ehre  haben  werde.  j^elang  mir  nämlich,  auf 
denkbar  einfachste  und  billigste  WeiHe  sowohl  direct  nach  der  Natur  wie 
nach  jeder  beliebigen  Vorlage  zuerst  Ar  das  Skioptikon,  später  auch  für 
da«  Stereoskop  Diapositive  bersastellen.  1886  seigte  ich  gelegentlieh  Yer^ 
sammlnagen  des  Vereines  «Bnkowiner  Hittelschnle"  soldie  Bilder  auent  in 
Badautz,  spftter  in  Czernowitz ;  sie  fanden  ermuthigende  Aafnahme.  Mittler- 
weile betonte  auch  die  Archftologische  Ck>nimi;^ion  fDr  die  österreichischen 
Gyinnn.sien,  die  4*2.  und  43.  Versammlung  deutscher  Philologen  \md  Schul- 
männer zu  Wien  und  zu  Köln,  »^itie  große  Zahl  von  Prof^raramen  und 
Specialarbeiten  immer  eindringliciier  Hie  Bedentunp  des  Projections- 
apparatea  fDr  den  Mittelüchuiunterricht;  fast  durchwegs  aber  wurde  auch 
Aber  den  Mangel  sweckentspreeheoder  and  wohlfeiler  Diapontive  geklagt. 
Als  mir  nnn  das  große  Glück  eines  Beiiestipendinnts  naeh  dem  cbusischen 
Soden  sntheil  wurde,  sah  ich  ein  bedeutendes  und  dankbares  Arbettifeld 
erSfTnet.  Der  Aufenthalt  in  Italien  und  Griechttiland  bot  mir  die  sosehr 
gewünschte  Möglichkeit,  in  Bezug  auf  Alterthums-  und  Volkskunde  unter 
gleichzeitiger  besonderer  Berücksichtigung  des  landschaftlichen  Momentes 
reiches  Material  für  den  Anschauungsunterricht  au  gewinnen.  Thatsächlich 
habe  ich  von  der  Reise,  genau  gezählt,  lb27  Bilder  mitgebracht,  die  sich 
folgendermaßen  vertheilen.  Es  entfallen 
76  Bilder  anf  Venedig, 
6  anf  Oattigo, 


4 

»• 

Arqua  Petrarca, 

14 

Raveana, 

54 

Bolof^na, 

113 

* 

Florenz, 

5 

r 

Orvieto, 

526 

1» 

Rom, 

14 

P 

Corftt, 

76 

« 

den  Peloponnes, 

187 

* 

Athen, 

n5 

die  Inseln  des  fi^isehen  Meerei  und  Troja, 

179 

r 

Sicilien, 

394 

Neapel, 

114 

* 

Pompei. 

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446 


Miscellen. 


1827fiUiler  —  das  scheint  viel,  ja  da^  scheint  zuviel  zu  sein.  Thatsächlicb 
aber  iet  ee  nur  ein  kleiner  Bruehtheil  dc^n,  was  eigentlich  zu  beächaflfeik 
wflre.  ein  Grnndstock,  der  «ich  allerdinge  mit  der  Zeit  leicht  wird  ver» 
vollständigen  und  ausbauen  lassen. 

(ierne  hätte  ich  ßelb??t  die  Zahl  der  Aufnahmen  verpr(>[^ert;  aber  ab- 
geäeheu  von  materiellen  <:>chwiet'igkeiteu  stellten  sich  meiner  guten  Ab- 
eiclit  Tenchiedene  innere  imd  ftaßese  Hiademiese  entgegen.  Wir  reiften, 
wie  erwähnt,  unter  wiasenschaftitch  an^ieBeicbneter  Ftthrong;  oft  hatte 
ich  nnr  die  Wahl,  einen  wichtigen  Vortrag  sn  Tetdnmen  oder  mir  einen 
geeigneten  Standpunkt  zu  suchen  und  za  photographieren:  oft  regierte  an 
Orten,  wo  unsere  Gesellschaft  nur  kurze  Zeit  verweilte,  der  unbarmherzige 
Jupiter  Pluviu? :  es  bedurfte  oft  zum  Photographieren  ein»>r  besonderen  Er- 
laubnis, die  nicht  nunc h  zu  beschaffen  war.  Um  stets  mit  gleichwertigem, 
gutem  Materiale  zu  arbeiten,  ließ  ich  mir  trotz  der  durch  Porto  und  Zoll 
erhöhten  Kosten  ein  aiugeseichnetes,  in  langen  Jahren  erprobtes  Wiener 
Trockenplattenfabricat  nacbeenden ;  dem  Entgegenkommen  de«  hohen  Finanz> 
nnd  Unterriehtiministeriums  danke  itdi  es,  dae»  die  Aufnahmen  bei  der 
Rücksendung  nach  Österreich  unverzollt  blieben.  In  Griechenland  öffneten 
onwissendo  Zollbeamte  trota  aller  Vorstellungen  wiederholt  Platten]>aket^ 
bei  vollem  Tageslichte,  wodurch  natürlich  die  Sendnnpffn  unla-auchbar 
wurden.  Ich  mu^nte  mich  deshalb  mit  minderwertigen  Platten  begnügen, 
die  in  Athen  kiluflicli  zu  bekommeu  waren.  War  ich  aber  schon  mit 
allem  Nöthigen  ausgerüätet,  dann  begann  erst  recht  die  Plackerei.  Zum 
Plattenwecheel  geeignete  Räumlichkeiten  waren  während  der  Reise  nur  in 
den  seltensten  Fällen  aufsatreiben:  sn  diesem  Zwecke  mnssie  ich  also  nach 
angestrengter  Tageaarbeit  oft  einen  Theil  meiner  Nachtruhe  opfern.  Um  in 
der  Zahl  der  An&ahmen  freie  Hand  zu  haben,  beschickte  ich  gewöhnlich 
12  Doppelcassetten  mit  swei  Dutzend  Platten;  bei  dem  Mangel  an  Trägern 
hatt»^  if  h  dann,  wenn  sich  nicht  mitleidige  Koisegetuhrten  erbarmten,  das 
Vergnugen,  die  Camera,  das  »Stativ  und  die  gefüllten  Ciissäetten,  zusammen 
au  zehn  Kilo,  auf  dem  Rücken  stundenlang  herumzuschleppen,  oft  in 
sengender  Sonnenglut  steile  Berge  hinauf  und  herunter.  Oft  kam  ich  nur 
dadurch  «i  Aufiiahmen,  das«  ich  die  sur  Rast  oder  sum  Einnehmen  der 
Mahlseit  bestimmte  Frist  f&r  photographische  Zwecke  benfitste.  Heote^  wo 
ich  ^  post  discrimina  TtTUm  —  die  mühsam  gesammelten  Schätse 
glücklich  geborgen  habe,  freut  es  mich,  dass  ich  der  oft  an  mich  heran- 
tretenden Versuchung,  da*?  Photographieren  sein  zu  lassen,  tapfer  Wider- 
stand leistete.  Nur  insofern  machte  ich  den  mitunter  schwierigen  Ver- 
hiiltnlsöcn  ein  Zugestilmlni?,  das"??  ich,  besonders  gegen  das  Ende  meiner 
Heise,  das,  was  in  guten  und  zureichenden  Bildern  zu  erwerben  war,  nicht 
nochmals  selbst  aufnahm. 

Vielleicht  ist  hier  der  geeignete  Ort,  auf  sweierlei  hinsuweisen.  Meine 
Sammlung  enthält  lediglich  Bilder  ans  dem  Sfldra;  vieles,  was  f&r  unsere 
Schulzwecke  in  Betracht  kommt,  ist  derzeit  in  ■  t  i  rreichi^chen,  deut«?hen, 
englischen,  französischen  Museen  geborgen ;  hier  ergibt  sich  also  ein  reiches 
Arbeitsfeld  für  unsere  photographiekundigen  Wiener  Professoren  und  für 
die  ins  Ausland  reisenden  Stipendisten. 

Ferner  würde  ich  wüutM:hen,  da-ss  unsjeren  Schülern  nicht  bloß  die 
ebrwfirdigen  Tr&mmer  großer  Vergangenheit,  sondern  auch  lehrreiche 


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Misceüen. 


447 


GrnDcIrisBe,  beMDd«x8  aber  Beconstraetioneii  gebotan  werden.  Vom  strengen 
Standpunkte  der  Wiawnediafb  irird  gegen  aoIcliR  Eraenerangen  antiker 

Plätze,  Bauten  und  Denkmäler  gewiss  oft  manches  einzuwenden  sein ;  die 
Mittelechnle ,  die  auf  minder  wichtige  Einzelheiten  nicht  eingehen  will 
und  kann,  wird  solche,  wenn  auch  nicht  bis  ins  Kleinste  tadellose  Hilff-n 
dankbar  b<'£rrüf>en;  ist  doch  dio  l'liantasie  des  .Schülers  noch  nicht  so 
gfübt,  dajss  sie  aus  den  Kuinen  ohneweiters  diiü  Ganze  aufzubauen  vermut,', 
noch  weniger  aber  kann  sie  etwa  an  die  kaum  mehr  erkennbare  Steile, 
die  einet  von  einem  berfibmteB  Oebftode,  von  wner  herrlichen  Statue  ge~ 
tiert  war,  dteeee  Monument  selbst  in  nreprflngliober  Gestalt  nnd  ScMnbeit 
hinstellen.  Qanz  an^eceichnete  Reconatructionen  dieser  Art,  die,  durch  das 
Skioptikon  dargeboten ,  der  Schule  große  Dienste  za  leisten  bemÜBn  eind, 
hat,  worauf  wir  Österreicher  slnlz  sein  nifif»on,  Prof.  Nieroann  von  der 
Wiener  Kunstakademie  in  j^roßer  Zahl  geschatien;  erinnert  sei  hier  nur 
an  den  neuerdings  in  plastischer  Pracht  entstandenen  Parthenon. 

ü))er  die  Art  und  Weise,  wie  die  bkioptikonbilder  im  philologisch- 
historischen  Unterrichte  «u  verwenden  wftren,  darf  ich  mich  kurz  faaeen. 
Etwa  einmal  im  Monate  mag  den  Studierenden,  betoaden  der  oberen 
Classen,  ein  größerer  Bilderc^klnt,  wie  a.  B.  das  alte  Athen,  Born,  Oijmpia, 
Pompei,  Troja.  oder  ein  zusammenb&ngender  Stoff,  wie  Tracht,  Bewaffnung, 
Familienleben,  behufs  freier,  ungezwungener  Behandlung  vor^^efnhrt  werden; 
an  den  Bildern  mögen  die  Scb -ler  die  Kunfst  de<? Sehens  und  Beobachtens 
lernen;  sie  sollen  uach  allem  t ra^jen .  Wjus  ihnen  auffällt,  nnd.  nach  Maß- 
gabe ihrer  Kenntnisse,  das  einzelne  selbst  zu  erklären  suchen;  wo  ihr 
Wibäcn  aufhört,  greift  der  I^iehrer  ein;  zum  Schlutiue  werden  die  gewonnenen 
Ergebnine  ftbertichttieh  «neammengefasat  Außer  eolchen  mehr  ^jstemati- 
sohen  EriSrterungen  Iftsst  eich  aber  die  Claankerlectfire  aufe  wirkeaaute 
durch  die  Verwendung  des  Skioptikon«  unteratfitEen.  Eine  Reihe  vortreff- 
licher Arbeiten,  wie  z.  B.  von  Tumlirz,  Polaschek,  Weigel,  Engelbrecht, 
Kukiitsch,  geben  in  dieser  Hinsicht  sehr  nützliche  Winke ,  fiust  alle  in  den 
betreffenden  Aufsätzen  genannten  i^iUler  las,«en  sich  unschwer  für  Prc>- 
jectiouszvvecke  herstellen.  Wie  p^ewinnt  /.  H.  die  Homer- Leetüre  durch  die 
Bilder  des  von  Schliemann,  respective  Düri)feb]  ausgegrabenen  Troja,  wie 
das  Verständnis  t&r  Cäsar  durch  Darbietung  der  Schlachtenpläne,  etwa 
nach  den  Descriptionee  von  Kampens;  wie  die  Leetttre  des  Tacitus  durch 
Vorf&hrnng  von  Kaiser-  und  Feldhermstatuen!  Warum  Tiberius  Oapri  sum 
Lieblingsaufentbalte  machte,  weshalb  Horas  sein  udum  libur  so  reizend 
findet,  diis  wird  dem  Schüler  sofiHrt  klar,  wenn  er  die  entsprechenden 
Bilder  größer  und  schöner,  als  ?ie  ein  photographisch  es  BUitt  bieten  kann, 
zu  stehen  bekonunt.  I)er  Historiker  wird  im  An'^chlubse  an  eine  soeljen 
durchgeuomuiene  P;irtie  dem  iichüler  das  Sehlachtfeld  von  .Marathon,  den 
Grabhügel  der  im  Helden  kämpfe  gefallenen  Athener,  die  Akropolis  von 
Chäronea  teigen,  in  den  unteren  Claasen  schon  wirkt  die  Bilste  des  ApoUon 
von  Belvedere,  der  Kopf  des  praxitelischen  Hermes  mftchtig  auf  die  Phan- 
tasie, Doch  genug  der  Beispiele.  Solche  Vorftthrungen  v«nusadben,  was 
ausdrücklich  bemerkt  sei,  keine  erhebliche  Mflhe,  da  der  Projectionsapparat 
leicht  von  einem  Schüler  bedient  werden  kann;  sie  lassen  sich  rasch  bewerk- 
Htelligen,  zumal  wenn  dem  Skioptikon,  wie  in  diesem  Physiksaale,  ein 
fester  Platt  angewiesen  ist. 


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448 


Miacellen. 


Im  Yerlanfe  dieteB  Schaljahrea  hatte  ich  wiederholt  Gelegenheit,  die 

Wirkung  der  Skioptikotibilder  sowohl  an  und  für  sich,  als  auch  in  Ver» 
blndiin«?  mit  Vortrüf^en  zu  beobachten,  die  ich  in  Ausfuhrunj^  meiner  Reiue* 
notizpn  für  ein  allgemeines,  gebildetes  Publicum  hielt.  Irh  kann  in  beider 
Hinsicht  nnr  GOnstigea  constatieren.  Wenn  Wort  und  i-'iojection  in  f^e- 
eigneter  Weise  verbunden  werden,  dann  bleiben  eie  auch  in  der  Erinnerung 
dauernd  beiMunmeii«  Unno  daaUianr  wird  man  die  ICaßnahmea  nmerer 
ArehAologuehen  Commimon  b^grOßeii  dflrfeo»  die,  wie  mir  deren  boeh* 
Terdienter  Obmann  Herr  Lande*- Sdralintpector  Dr.  Hnemer  gfitiget  mit- 
theilte, die  Abficht  bat,  su  bestimmten  Bildercyklen  eine  Reihe  von  Vor- 
trägen herauszugeben;  dadurch  wird  auch  den  Provinzanstalten  die  Mög- 
lichkeit geboten,  den  Projectionsapparat  beim  ]*bi1olnrrisch -historischen 
Unterrichte  bequem  zur  Anwendung  zu  bringen.  Auch  populär-wissen- 
schattliche  Vorträge,  die  erfahr ungsgcuiub  den  classischen  Stndien  7jUi1- 
reiche  Freunde  im  Publicum  gewinnen,  werden  auf  diese  Weise  eruidg- 
lieht.  Ober^ee  wllte  jedem  eiaselnen  Bilde  eine  gedruckte,  hnappe  £r- 
klärnng  beigegeben  werden,  die  die  Benfttsiing  des  Diapocitiva  <^neweiter8 
thmilich  macht. 

Die  vortrefTlichen  AusfiUmingen  des  Herrn  Prof.  Dr.  Primoii<^  im 
3.  Hefte  der  „Zeit.schrift  f.  öeterr.  Gymn."  1897  ersparen  es  mir.  wenn  ich 
auch  in  in;ini  her  Beziehung  anderer  Ansicht  bin,  einen  Canon  der  f(5r  lif^ 
Schule  notiiweutiignten  Bilder  aufzustellen;  es  ist  nur  zu  wünschen,  dass  den 
einzelnen  Amtüiten  über  daa  dringende  Erfordernis  hinaus  nach  speciellem 
Geachmadee  reiche  Anawahl  mOglich  werde. 

IHw  Verfahren,  welcbea  idi  tnr  Herctellnag  meiner  Diapotitire  be- 
ntttie,  halte  ich  keineewege  geheim;  ich  wOrde  im  Q^gentbeile  wflneehea, 
es  möge  von  photographiech  vorgebildeten  Lehrern  —  und  welche  Anstalt 
be^Uie  nicht  wenigstens  ein  solches  Mitglied?  —  zur  Bereicherung  der 
verschiedenen  Lehnnittel-jnimnlunrjen  recht  sehr  be?int7t  worden.  Ich  habe« 
ep  in  einer  bei  J.  F.  liichter  in  Humburg  erschienenen  Brotichüre  (Das 
übertragen  von  Photographien  auf  tilaa  etc.)  genau  beschrieben;  mit 
größtem  Vergnügen  bin  ich  auch  zu  jeder  directen  Auskunft  bereit. 

Doch  ich  darf  Ihre  Geduld  nicht  aUinlange  in  Aaepnich  nehmen 
und  mnea  mich  mit  dieaen  Andeutungen  begnflgttis  ea  kommt  mir,  wie 
geaagt,  bauptaSchlich  darauf  an,  Ihnen  nunmehr  in  einer  Auswahl  aua 
meinen  Vorräthen  die  Qualität  des  Material*  au  zeigen,  dm  ich  als  sicht- 
bares Ergebnis  meiner  Heise  dem  Anschauungsunterrichte  zur  Verfiigunt^ 
stellen  kann;  ich  würde  mich  herzlich  freuen,  wenn  Ihr  gerechtes  Urtheil 
günstig  lauten  sollte.  Ausdrücklich  bemerken  will  ich  nur  noch  zum 
Schlüsse,  dass  fast  alle  Projection  gelangenden  Bilder  Manutactur  und 
Hausindustrie  sind,  hergestellt  unter  großen  äußeren  Schwierigkeiten,  von 
denen  aich  der  glficklicbe  Bewohner  der  Oroßatadt  nichta  träumen  Iftmt 

Geatatten  Sie  nun,  dam  leb  Ihnen  snnäcfaat  an  einem  Beiapiele  teige, 
wie  ich  mir  die  Benfltsong  der  Diapositive  mit  Zuhilfenahme  der  kn^pen 
gedruckten  £rlättteruttgen  denke.  Was  hier  als  ein  Fertiges  für  den  Lehrer 
geboten  wird,  wäre  in  das  lebendige  Wort,  in  Frage  und  Antwort,  um- 
zusetzen. Hier  aber  koiumt  es  mir  nur  darauf  an.  zu  zeigen,  dass  Herren, 
deren  Arbeitsthätigkeit  S'ich  auf  anderen  Gebieten  bewegt,  gleichwohl  ohne 
jede  Möbe  da^  iSkioplikon  für  Unterrichtszwecke  benützen  können. 


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MUcellen. 


449 


<^uii  kamen  die  beiden  Sdinalwände  dei  Mneeums  von  Olympia  aor 

Projection;  der  Vortragende  erklärte  die  an  ihnen  befestigten  Hrrukleii- 
Metopen,  vier  weitero  ßiUler  zeigten  den  in  dem  Museum  anf bewahrten 
Torso  der  Nike  d^*--  Fiiionio^,  die  Heeonstruction  dieser  Statue,  den  Herraes 
des  Praxitelep.  den  Kopt  dieser  Statue  [Profilansicht].  Weiter  wurden  mit 
kurzen  Erörterungen  vorgeführt:  griechische  und  itaiieniüche  Landschaften, 
Sculpturen,  Bauwerke,  Typen,  ferner  Karten  und  Reconitractionen ;  zu- 
eammen  107  DiapoeitiTe,  hergestellt  tbeile  mittelst  Abzugpapier  Toa  Sebfitse 
nnd  Noaek,  tbeila  direct  mitteilt  Scbattera-DiapontiTplatten.) 


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Literarische  Rundschau 


morirh  K!  ein:^chiiiidt ,  RüriTPr^'^lmllohn-^rr  Leitfaden  der  Geometrie 
und  des  geometrischen  Zeichnens  für  Knabenbürgerschulen. 
Wien  1896.  Alfred  Hölder.  218  S.,  :'A5  Figuren  im  Texte  und  0  lafcln 
Preia  geb.  1  fl.  SS  kr.  Approb.  mit  Erl.  d.  h.  U.  f.  0.  n.  U.  wom  7.  Juni 
18%.  Z.  13721. 

Das  vorliegende  Buch  kann  als  gediegenes  Lehibuch  bezeichnet  wer- 
den. Jede  Seite  zeigt,  dass  der  VernMr  den  Gegenstand  von  erhöhtem 
Standpunkte  aus  benerrscht.  dass  er  über  reichhaltige  piula<:o'.^y  lu'  Er- 
fahrungen veriiigt,  und  dass  er  von  Liebe  zur  Sache  bei  Abia^sung  des 
Bnchet  erftHli  war.  Der  Inlialt  dürfte  denn  auch  selbst  strengen  Anrorde> 
rungen  genü^ren  und  das  Buch  als  höchst  geeifjnet  für  den  l'nterricht  an 
der  Bürgerschule  ert»cheinen  lassen.  Wenn  manchen  der  Inhalt,  namentlich 
in  den  Aufgaben,  hin  und  wieder  als  zu  reichhaltig  und  vielleicht  auch 
zu  weitgehend  erscheinen  ma^s  so  kann  entgegengehalten  werden,  dasi 
es  dem  nmsichtifren  Lehrer  bei  der  ^eschi«  Icten  übersichtlichen  Eintheilung 
ein  Leichtos  sein  wird,  hier  eine  entsprechende  Eeduction  vorzunehmen. 

AI«  einen  Haaptvorzug  des  Baekee  mddbten  wir  es  hinstellen,  dass 
dem  AnschauuQgsbeweise  überall  das  ihm  znkoninionde  Recht  zutheil  ge- 
worden und  er  in  einer  äußerst  glücklichen  und  der  in  Betracht  kommen<Mn 
Unterrichtsstufe  gut  angepeilten  Weise  mit  der  logischen  Beweisfttkrang 
in  Verbindung  gebracht  worden  ist.  Ks  wird  so  der  sonst  meist  trocken 
erscheinende  Gegenstand  dem  8rhi))er  interessant  gemacht,  wozu  aach  noch 
die  reichhaltijü^en  comtructiven  Anwendungen  beitragen  mögen. 

In  gescl  Kt  r  Weise  umgeht  der  Verfasser  heikliche  Definitionen» 
z.  B.  jene  des  Winkels,  indem  er  die  Gebilde  direct  einführt  und  an  ihnen 
ihre  £igenschaften  entwickelt.  Hervorzuheben  ist  die  uräoise,  gerdilige 
AnsdrucKsweise,  sweckmftßig  sind  die  Namen  für  die  anftretenden  Gebilde 
und  ihre  gegenseitigen  Beziehungen,  von  denen  allerdings  manche  neu  und 
vielleicht,  weil  zusebr  von  den  bisher  im  Gebrauche  befincllichcn  abweichend, 
nicht  auf  allgemeinen  Beifall  rechnen  können  (Beiwinkel  statt  Compleraents« 
Winkel,  Standebene  statt  verticale  Projectionsebene  n.  m.  a.).  Viele  sind 
wohl  recht  bezeichnend,  z.  B.  winkelrecht  statt  normal,  Verhftltnismittel 
statt  mittlerer  geometrischer  Proportionale  etc. 

Der  erste  Abschnitt  behandelt  die  Raumgebilde,  die  Form  der  Linie, 
der  Flrichen,  der  Körper,  den  Punkt,  die  Geraide  und  die  K'if.-ne  in  ihren 
gegenseitigen  Lagen,  den  Winkel,  den  Kreis,  seine  üesiehuugeu  zur  Greraden 
ond  EU  anderen  Kreisen,  das  Rechnen  mit  Strecken  nnd  Winkeln,  die 
Winkelpaarc  (Nebenwinkel,  Scheitelwinkel  etc.),  endlich  die  Symmetrie. 

Im  zweiten  Abschnitte  wird  das  Dreieck,  zuerst  als  Grenzfläche  einer 
dreiseitigen  Pyramide,  in  Betracht  gezogen.  Der  Satz  von  der  Winkel- 
summe  wurde  allerdings  schon  im  ersten  Abschnitte  bei  den  Parallelen 
gebracht,  wir  hätten  ihn  seiner  Wichtigkeit  wegen  lieber  hier  durchgeführt 
oder  wenigstens  wiederholt  gesehen.  Den  vier  Congruenzsätzen  hätten  wir 
gerne  einen  fünften  angeschlomen  gesehen,  der  sich  auf  die  Gleichheit 
einer  Seite,  einem  anliegenden  und  den)  gegenüberliegenden  Winkel  be- 
zieht, anstatt  denselben  in  den  vierten  einzubeziehen.  Recht  hübsch  sind 
die  constructiven  Anwendungen  der  Congruenzaätze.  Daa  Viereck,  wie  das 


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Uterarische  EuntUchau. 


451 


Dreieck  vom  ROrper  (vierteittgee  Priima  oder  Spat)  abgeleitet,  ebenso 

ihm  Vieleck  (mehivieitiges  Prisma)  schließen  eich  an,  daraut  \'o\^i  der  Kreis. 
Der  hier  gegebene  Beweis  über  den  Umfangswinke)  im  Vergleiche  mit  dem 
über  demselben  Bogen  stehenden  Mittclpunktawinicel  erscheint  uns  zu 
•ehwierig.  Beeilt  hfibsch  sind  die  gegebenen  Constructionen  über  das  Uber« 
gehen  von  Bögen  in  solche  und  in  Gerade  ohne  Eckenbilihm^j  Den  Schluss 
des  Abschnittes  bildet  das  Wichtigste  über  die  Ellipse  und  über  die 
Spiralen. 

Der  dritte  Abschnitt  behandelt  die  Verhültni**s*'  nnd  Proportionen 
von  Strecken.  Dieser  schwierige  Abschnitt  ist  recht  zweckmäßig  behandelt 
niid  dem  VenOndiiiMe  der  Säifller  binreiehettd  nahe  gebracht. 

Der  vierte  Abschnitt  behandelt  den  Um  Fang  und  den  Flächeninhalt 
der  ebenen  Figuren.  Für  die  Richtigkeit  des  Pythagoreischen  Satzes  wird  , 
der  einfache  und  schöne  Beweis  von  A.  D.  VVheeler  (1859)  erbracht. 

Im  f&nften  Abecbnitte  werden  die  raumlichen  Oebilde  in  Betracht 

gezoperi    Hier  \vird  auch  das  WiVhti^r-tf  nhvr  rl-'e  Projectionslehre  be- 
andelt  und  werden  die  Kegelschnitt^slinien  angeiiihrt 

Anhang  bringt  noch  einiges  fiber  die  AuefDhituiir  der  in  den 
techniHchen  Zeichnungen  zur  Verwendung  kommenden  Zierschriften,  v  i 
auch  schutzen.^werte  Andeutun<{en  über  das  geometrische  Ornament,  das 
FeldinessL'Q  und  das  gewerbliche  Zeichnen. 

Die  beigegebenen  Tafeln  enthalten  auf  Tafel  I  die  Stein-,  die  Block- 
nnd  die  ethische  Schrift,  die  Tafeln  II  bis  V  brinp^cn  eine  sorgfältige  und 
geschmackvolle  ZuHuiimenstellung  von  geometrischen  Ornamenten.  Tafel  VI 
enthtit  die  in  Planen  yorkommenden  wiohtigsten  Beieidmungen. 

Die  All' t^ttnn<;  d«  s  Buches  ist  eine  Tonfigliche,  «0  dass  in  dieser  Be- 
ziehuiW  nichtä  zu  wünschen  übrigbleibt. 

Wir  wünschen  dem  Buche  eine  weite  Verbreitung  und  glauben  in 
demselben  ein  ▼onflgliehes  Uaterrichtamittel  erblieke»  m  dttrfen. 

Wien.    JoMcf  Meixner. 


Dr.  Anton  Ii  rl  f»  Ii .  [ii  ,Tit  Ii  Philosophie:  Atomismus,  Hyle- 
moiphismus  und  Naturwissenschaft.  Naturwissenschaftlich -philo- 
sophische Uatetsnchnngen  über  das  Wesen  der  KSrper.  Graz  1897.  Selbet- 
veilag  des  Verfavers.  104  S. 

Die  vorliegende  Broschüre  j^elit  auf  die  Beantwortung  der  Frage  ans: 
.Worin  besteht  das  Wesen  der  Körper  T  —  eine  Frage,  die  ebenso  oft 
unbeantwortet  geblieben  ist,  als  sie  aufgeworfen  wnnle.  Daas  dieselbe 

nicht  a  priori,  dass  sie  nicht  auf  Grund  rein  logischer  Operationen,  son- 
dern da?«»  sie  nur  auf  Grund  umfassendster  naturwissenschaftlicher  Unter- 
suchungen tiiner  Erledigung  /.ugefiilirt  werden  kann,  wenn  eine  solche 
Oberhaupt  zu  erwarten  ist,  wird  dennalen  von  keiner  Seite  ermtlich  ge- 
leuf^et.  Auili  der  ^■'  -t";uwer  der  in  Kede  fttebend^'n  Schrift  geht  von  den 
Ergebnissen  naturwi^etischaftücher  Forschung  aus,  um  zu  seinen  Hypothesen 
zu  gelangen. 

Er  legt  im  erf^ten  Theile  der  Arbeit  die  Verschiedenheiten  der 
Körper  dar.  soweit  es  sich  um  Gemenge  und  Verbindungen,  um  Allotropie* 
um  I.somerie  und  Polymerie  handelt,  fQhrt  die  Gesetz«  der  bestimmten 
Volums-  und  GewichtBVerhältnis.>'e  und  das  Gesetz  der  multiplt  n  Pro- 
portionen ins  Treffen  und  erinnert  auch  an  die  Verschiedenheiten  der 
organischen  und  unorganischen  Körper,  insofern  der  f^ebenaprocess  ins 
Spiel  kommt.  Diesen  ersten  Theil  erkl&rt  der  Verfasser  seibat  als  den 
grundlr^'enden,  and  es  ist  daher  xweckmilOig,  gleich  hier  nfther  auf  ihn 
einzugehen. 

ZniAehst  müssen  wir  da  ein  paar  ünrichtigiceiten  hervorheben,  die 

zu  FehlschlOssen  geführt  haben.  In  Absatz  73  wird  Avogadros  Hypothese 
in  unrichtiger  Fai«ung  citiert:  „Die  Molekel  aller  Gase  seien  im  gleichen 
Baume  bei  gleichem  Drucke,  fjleicher  Temperatur  und  gleicher  Dichte 
in  gleicher  Ansahl  und  gleicher  Größe  vorhanden."  Nach  Avogadro  ist 
aber  weder  von  gleicher  Dichte  (sc.  der  Gase)  noch  von  gleicher  ÖrdOe 

„OiMrr.  MittelMliute".  XL  Jabiy.  82 


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452 


Literarische  Rundschau. 


(sc.  der  Molekeln)  die  Rede.  In  der  That  ist  die  obifpe  Fassung  in  sich 
widersprechend  und  die  darani  abgeleitete  VerdSclitigoog  der  Atomistik 
biofälliR. 

Ancb  das  Lavoitier^sche  Gesetz  von  der  Erbaltunj^  der  Maupe  ist  nu«8- 

verstanden.  Dasselbe  sa^rt  ja  nicht,  dass  die  speci fischen  Gewichte  der 
Körper  bei  Veibindiuigen  unverändert  bleiben  oder  sich  summieren,  und 
diese  Auffassung  kann  nur  den  Fragen  des  Herrn  Verfassers  in  Absatz  77 
«ngrunde  liegen. 

In  AVij^at/ Tf)  und  76  ist  absolutes  und  specifischps  Gewicht  der  Körjjer 
auch  durcheinandergeworfen,  so  dasa  es  höchst  mühsam  ist,  den  binn 
dieser  Absätre  herausrafinden.  Von  einer  Erklärung  des  Oeseties  der 
multiplen  Proi>*:>rtionrn  haben  wir  nichts  bemerken  können. 

Im  Ab.xatze  81  ist  in  böch^it  vorsichtiger  Weis^  zwischen  todtem  und 
lebendigem  Blute,  zwischen  todten  nnd  letMndigen  Knochen  unterschieden: 
dadurch  ist  a  priori  der  Naturwissenschaft  eine  Controh^  der  metaphyai- 
(•chen  Speculationen  des  Verfassers  abgeschnitten,  und  damit  ist  der  Boden 
für  eine  Beantwortung  der  Frage  nach  dem  Wesen  der  Körper  dem  Ver- 
stände entrückt  und  der  Phantasie,  beziehungsweise  dem  Dogma  über- 
antwortet. 

Im  zweiten  Theile  wird  denn  nun  auch  abseits  von  natorwissen- 
scbaftlicher  Logik  frisch  mit  Worten  und  Namen  hantiert.   Das  Wasser 

besteht  wohl  weiter  aus  Wasserstoff  und  Sauerstotf.  aber  wichtiger  i^t.  diiss 
es  „aus  StoflF  {.'j'-fi)  und  Form  (»o  viT^)"  besteht.  Aus  diesen  zwei  Bestand - 
theilcn  setzt  sich  nun  jeder  unürganischc  und  organische  Körper  zusaramen. 
Diese  Lehre,  der  Hj'lemorphismus  oder  die  Stofform lehre,  gestattet  nun  — 
freilich  in  der  Manier  jenes  Zeitalters,  in  welchem  die  Naturwissenschaften 
nicht  nur  keinen  Schritt  vorwärts  gekommen,  sondern  kläglich  versumpft 
sind  —  „an  der  Hand  der  Erscheinungen  bis  ins  Hers  der  K9n>^i' 
zudrinj^'en.  um  sagen  zu  können,  worin  das  Wesen  der  Köri)er  besteh«^." 
Nebenbei  kann  man  auch  „auf  das  bestimmteste  das  Dasein  Gottes,  der 
Seele,  der  Elektricität  beweisen" :  hiebei  niuss  man  allerdings  trachten,  die 
nicht  ganz  leichtfasslichen,  gewiss  aber  nicht  naturwissenschaftlichen  Grund- 
sätze des  heili<?en  Aut^nistinus,  des  heiligen  Thomas  von  Aqnin,  erentueU 
des  Aristoteles  zu  acceptieren. 

Der  Hylemorphismus  kann,  wenn  er  überhaupt  ernst  genommen  und 
dem  Atomismu^»  fjesrenü hergestellt  werden  soll,  vom  Standpunkte  des  Natur- 
forschers oder  auch  von  demjenigen  des  MetHphyaikers  natürlich  nur  als 
eine  der  Hypothesen  angehen  werden,  welche  erdacht  sind,  um  eine 
möglichst  gro(>e  Anzahl  von  Erfahrungsthatsachen  aus  einem  oder  au.s 
wenigen  Gesichtspunkten  überblicken,  ordnen  und,  wie  man  7^^  «igen  pflegt, 
erklären  2u  können.  Der  Uerr  Verfasser  will  ihn  freilich  höher  gestellt 
wissen:  er  soll  ein  Do<^iua  vorstellen,  das  für  die  Naturwissenschaft  bmdend 
ist.  Sonst  hätte  er  wohl  nicht  nach  Beweisen  de.ss«>llu"n  nfes-ncht.  deren 
er  nicht  weniger  aU  drei  vorführt.  Der  erste  ist  .für  die  gläubigen  Ge- 
lehrten". Jeder  ernste  Forscher  muas  die  Unterscheidung  zwisdoien  gläubigen 
und  ungläubigen  Gelehrten  a  priori  zurückweisen.  Religiöse  oder  con- 
fessionelle  Überzeugungen  Rind  von  der  Forschung  ebenso  bewusst  fern- 
zuhalten wie  nationale  oder  politische.  Die  Geschichte  lehrt  /.nr  Genüge, 
daas  nur  vorurtheilsloses  Herantreten  an  die  Thatsachen  der  Natur  (aber 
auch  an  die  Thatsachen  der  Geschichte  etc.)  zu  Kesultaten  führt,  die  nicht 
Ton  Lustrum  zu  Lustrum,  das  einemai  ebenso  willkürlich  wie  das  andere- 
mal,  modificiert  werden  mfissen.  —  Der  zweite  und  dritte  Beweb  ist  Bwar 
auch  nir  andere  als  gläubige  Gelehrte  ben  rlniet,  hält  sich  aber  in  dem 
Gedankengange,  wie  er  früher  chai-akterisiert  worden  ist. 

Der  dritte  Theil  vorliegender  Broschüre  8olI  die  Brauchbarkeit  des 
HylemMphismos  für  die  Phyok  und  Chemie  darthun.  Wir  haben  darin 
mehr  eine  Compilation  diverser  physikalischer  und  chemischer  Sätze  in 
nicht  ganz  moderner  Darstellung  mit  viel  Polemik  gegen  den  Atomismus 
gesehen,  als  eine  Darlegung  der  Verwendbarkeit  des  Hylemorphismus  cur 
Erklärung  naturwissenschaftücher  That.sachen  ist  ja  auch  gar  nicht  zu 
erwarten,  dass  eme  solche  Darlegung  hier  gelungen  sein  könnte,  nachdem 


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Litemri»cbe  UimcUchau, 


453 


die  Geschichte  der  XaturwiaieBtchaften  den  Beweis  de^  Ge^'entheils  Iftoffii 
<»rbr:ir  h^  hat.  Der  Verfasser  facjt  Soite  89:  „Die  groben  Fortschrif te  dor 
Natur wi«$eiiachafteQ  sind  nicht  aat'  Kechnun«  der  Atooienlebre  zu  setsten, 
sondeni  der  fleißiffen  BeobaehtnnfiTt  den  ^ dicklichen  und  geflchiokten  Ver> 
suchen,  der  Vervollkoiiminunjj  der  Instrumente,  der  Anwendung  der  Mathe- 
matik, der  jrroüen  Anzahl  der  Beobiiohter.  dem  erleichterten  Verkehre, 
Öffentlichen  Unterstützungen  u.  s.  w.  zujtUÄchreiben. '  Man  darf  aber  ruhig 
hinzofBgen.  da.-is  sie  viel  weniger  al«  aaf  Rechnung  der  Atomenlebre  am 
Kecbnung  des  Hylemorphisnm«  rn  setzen  sind,  dass  sie  vielmehr  der  Eman- 
ei|)ation  von  Aristoteied  und  dessen  Nachbetern,  der  Unerscbrockenheit  ge- 
WMMr  Foncfaer  den  Vertreteni  dee  Doguoas  gegenüber  n.  w.  sain* 
•ebreiben  sind. 

Die  geschichtliche  Kundschau  im  vierten  Theile  endlich  ist  ebenso- 
wenig objectiT  als  die  ganae  frühere  Untersuchung.  Sie  geht  in  eine  Glori- 
ficierang  der  Lehren  des  beiligen  Thomas  aus.  von  welchen  behauptet  wird, 
dass  von  ihnen  „die  Geister  gegenwärtig  mit  elementarer  Gewalt  wieder 
angezogen  werden" .  so  da«»  ^e»  heute  Überuli  überzeugte  Anhänger  des 
Hj^emorphitmns  gibt". 

Im  p.mzen  i-^t  nicht  zu  wünschen.  da«s  die  Philoso])hie  in  der  Wei«e, 
wie  es  in  dem  besprochenen  Büchlein  geschieht,  mit  der  Naturwissenschaft 
nicb  befiuee;  von  lotiterer  ist  wohl  nicht  mehr  tn  besorgen,  da«  sie  in 
eolche  Metaphysik  eich  einlftnt. 

Dr.  Joli  Müller:^  GrundrlSS  der  Physik  mit  besondrerer  Bfrückslchti- 
gun^  von  Molecularpby^ik,  Elektrotechnik  und  Meteorologie  für  die 
oberen  Clausen  von  Mittelschulen,  sowie  für  den  elementaren  Cnterricht 
an  Hochschulen  und  zum  Selbstunterrichte  bearbeitet  von  Prof.  Dr.  0.  Leh- 
mann, großh.  bad.  Hofrath.  Kitter  des  Zährinj^^r  Löwenordens  I.  Classe, 
Director  des  physikalincheu  Institutes  der  technischen  Hochschule  iu 
Karlsruhe.  Vierzehnte  völlig  umgearbeitete  Auflage.  Mit  810  eingedruckten 
Abbild\in>;en  und  2  Tafeln.  Braunuchweig,  Friedrich  Vieweg  und  Sohn* 
Ib^ti.  Ö:iU      Pruis  .Tph.  7  M.  50  Pf.,  geb.  8  M. 

In  der  vorliegenden  vierzehnten  Auflage  des  Müüer'schen  , Grundrissen" 
wohl  ta  nnteracheiden  von  dem  «LehrDnch  der  Phjraik  und  Meteoros 

logie",  das  dermalen  Pfa\indler  untt^r  seine  Fittiche  genommen  hat  —  liefet 
wohl  ein  ganz  neues  Buch  vor.  Es  ist  auch  natürlich,  das«  zwischen  einer 
Durstellung  der  phy^ii kaiischen  Forschunesergebnifie  im  Jahre  1846,  in 
welchem  Müller  seine  erste  Auflage  verötfentlichte,  und  einer  totchen  im 
.lahre  1896  ein  mehr  aU  bloß  redactioneller  ünterechied  sein  mum  Nicht 
nur  der  Inhalt  eines  solchen  Buches  bedurfte  im  Verlaute  dieties  halben 
Jahrhunderts  wichtiger  Zusätze,  entsprechend  den  Errungenschaften  in  der 
Akn-tik.  Optik.  Wiirnit'-.  Elektricitätslebre .  die  wir  fii'ui  Heimholt/., 
KirchhoÜ,  Maxwell.  Thomson,  einem  Gramme,  Siemen«»,  Tesla,  Hughes, 
Bell  n.  X,  a.  ▼erdanken,  ancb  die  leitenden  Ideen  moMten  der  erweiterten 
Einsicht  in  die  Naturerscheinungen  und  deren  geläuterter  Methode  sich 
anpfiJisen ,  wie  J.  H.  Msu'ers,  H.  Hertz',  E.  Mnchs  Arbeiten  es  fordern  In- 
dem der  rühmlichst  bekannte  Bearbeiter  t^oichen  Erwägungen  Kechnung 
trug,  lieferte  er.  wie  oben  gesagt,  nnter  alter  bewfthrter  Flagge  ein  nenee, 
eelbstandige^  Werk. 

Dasselbe  ist  zunächst  in  sechs  „ Bücher"  eingetheilt:  I.  Statik,  II.  Dyna- 
mik,  III.  die  elektrischen  Erscheinungen,  IV.  physikalische  0])tik  oder  die 
Lehre  von  der  Strahlung.  V.  phy»iolOf?it^( he  Oi)tik,  VI  Akustik,  In  der 
Stiitik  i$t  die  gerammte  Lehre  vom  Gleichgewichte  gegebener  ürälte,  in- 
clusive der  Molecuhu  kräi'te,  an  festen,  flüssigen  und  gasf^Jrmigen  Körpern 
und  die  „Thermostatik  oder  Lehre  von  den  Zustandsänderungen  der  KOrper 
durch  Wärme"  ;il>ije}i;mdflt :  ebenso  enthält  die  Dynamik  die  L(dire  von 
der  Bewegung  fester,  tlüssiger  und  gasförmiger  Körper  und  die  .Thermo- 
dynamik oder  Lehre  yon  der  Äquivalenz  von  Bewegung  nnd  Wärme*.  — 
Die  Klektricitätslehre  ist  in  eine  rein  qualitative  und  eine  quantitative 
Hälfte  getheiU  und  behandelt  in  sieben  Capiteln:  L  Beziehungen  zwischen 

32  • 


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454 


Uterarische  Kundächau. 


elektrischer  und  kinetiBcher  Energie,  8.  Beziehungen  zwischen  elektrischer 
und  chfniischer  Fn^Ti^ie,  3.  Beziehungen  zwischen  elektrischer  und  magneti- 
scher Energie.  4.  die  Inductionserscbeinungen,  5.  Beeiebungen  zwischen 
Eaekrtrieitftt  nnd  Wftrme,  6.  elelctriiehe  und  magnetiacbe  Mearangen, 
7.  elektrische  Kntlaclun«,'en.  —  Die  Lehre  von  der  Strahlung  beginnt  mit 
den  (.transversalen")  magnetiacheu  und  elektrischen  Wellen  und  Strahlen 
und  den  (,longitudinalen")  Kathodenstrahlen,  fQhrt  die  Lichtstrahlen  als 
besonderen  Fall  elektrisclMBr  Strahlung,  die  Wärmestrahlen  aber  und  die 
chenii=ohen  Strahlen  als  nur  graduell  von  <h-n  Lichtstrahlen  und  den 
elektriächen  Strahlen  verschieden  ein.  ha  toigi  dann  die  Skhattenlebre» 
Photometrie  und  die  Lehre  von  der  Bestrahlung  der  Erde  durch  die  Sonne» 
die  Katoptrik,  die  Dioptrik  und  Dispersion,  dann  die  Lehre  von  Icn  Inter- 
ferenz- und  Beugungserscheinunffen,  endlich  die  Lehre  von  den  Polariüationfl- 
erscheinungen.  —  Die  mehr  oder  weniger  physiologiKbe  Momente  ent- 
haltenden Partien  der  Optik  und  Akustik  sind  in  den  nrei  let/tcn  Büchern 
enthalten;  die  physiologische  Optik  zerRlllt  in  zwei  Capitel,  nämlich  in 
das  „vom  Auge  und  den  optischen  Instrumenten"  und  in  „die  Lehre  von 
den  Lichtempfindungt  n  und  vom  Sehen";  die  Akoitik  ist  gleichfolla  in  xwei 
Oapitel  getheilt.  „die  Lehr^  von  der  Erseui^ng  nnd  Aotbreitnnfjf  de» 
Scnallea"  und  ^die  fiarmosielehre'*. 

Eine  kune  hiitorisehe  Einleitung  nnd  eine  die  Orensen  der  Nator^ 
forschung  skizzierende  Schlussbetrachtung,  endlich  ein  Anhang,  „das  abso- 
lute Maßsyi^t^m"  vorführend,  TorvolUtAnaigen  den  nrnfanocnden  „Gmndri» 
der  Physik". 

Wenn  wir  nun  nach  dieser  Übersicht  des  Werk^  das  Ganse  nnd  «eine 

Theile  einer  krltinchen  Besprechung  unterziehen  sollen,  so  haben  wir  zu- 
DHchst  zu  constatieren,  dass  das  Buch  wegen  der  Fülle  des  Stoffes,  welche 
es  enthilt,  sowie  wegen  der  vielfiich  stark  dednetiven  Darstellung  desselben 
nur  für  höhere  S'chulen  als  unsere  Mitti  l  i  !;  il<  n  als  Lehrbuch  geeignet  er- 
scheint. Für  solche  höhere  Cuise  aber  dürfte  es  sich  als  ein  ganz  vorzüg- 
liches Handbuch  verwenden  la«pen,  und  bei  solcher  Verwendung  werden 
auch  alle  seine  Voiafige,  wie  Knappheit  der  Darstellung,  Vollständigkeit 
der  Detailergebnisse  bei  Beachtung  der  reichhaltigen  Li^te  von  Schlag- 
worten, zumtheil  auch  die  der  neuesten  Forschung  entnommene  Gruppierung 
des  Stoffes  n.  a.  cor  Geltung  kommen.  Im  elementareren  Untemcnte  der 
Mittelschule  könnten  wir  aber  einen  engei  m  An8chlus.s  an  Dispo-'^ition  und 
Methode  des  Buches  nicht  ohneweiters  em|)teblen:  es  sind  der  Lücken  im 
nenen  Systeme  noch  m  vide«  als  dass  wa  den  Ausgang  von  einfachen^ 
allenfalls  auch  phrsiologisohenErfthningen  und  einen  soigAltagen  inductiven 
Aufbau  unserer  Disciplin  zugunsten  eines  rasch  r.ii  Prindpien  vordringen- 
den und  Uann  deductiven  Lehrganges  aufgeben  könnten. 

Die  Art  der  Einführung  des  Energieprincipes  s.  B.  scheint  nns  schon 
viel  mehr  Einsicht  in  die  phyt^ikalisohen  Erfahrungen  zu  erhei^^chen,  als 
sie  Zöglingen  der  Mittelschule  zugemuthet  werden  darf;  die  Grundlagen 
für  die  elektrischen  Mesinngen  scheinen  nns  ebenso  nicht  hinreichend  rest- 
gelegt; der  Zusammenhang  zwischen  qualitativem  und  quantitativem  Theile 
der  Elektricitätslehre  im  Buche  selbst  ist  liiefflr  ein  zu  lo!*er:  auch  die 
lichre  von  der  öLraulung  ist  auf  zu  wenig  i haU»achenmHtenai  aulgebaut^ 
so  da»s  ein  Hedürfnis.  von  elektrischer  Stnthlnng  aussugehen,  ▼omSchOler 
gar  nicht  gefühlt  werden  könnte. 

Wenn  aber  auch  das  Buch  Anfangern  nicht  angemessen  ist,  so  bringt 
es  dalUr  weiter  Vorgeschrittenen,  namentlich  dem  Mhrer,  Aniv^ngen  in 
großer  Zahl.  Es  wird  ?..  13.  jedem  erwünscht  sein,  über  die  jüngsten  That- 
«usben  der  Molecularphysik  einen  überblick  zu  gewinnen,  die  Lehren 
Arrhenius'  an  richtiger  .Stelle  vorzufinden,  über  die  Eigenthümlichkeiten 
der  Wechselströme,  sowie  über  die  Errungenschaften  der  Elektrotechnik 
durch  übersichtliche  Erläuterungen  belehrt  zu  werden;  eberfo  ist  überall» 
wo  es  angeht,  auf  eintH^hlägige  Versuche  hingewiesen,  deren  nähere  Be- 
schreibungen in  einem  ganz  besonders  dankenswerten  Ruche  des  Verfassers, 
nämlich  in  seiner  Neubearbeitung  von  Fricks  physikalischer  Technik,  ge- 
funden werden  können;  auch  die  übungsau:^ben ,  welche  dem  Texte 


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Literarische  Hundtichau. 


455 


einf^estreut  sind,  wird  der  Lehrer  willkommen  heißen.  In  prineipielle 
Einz«^lheiten,  wie  die  Frag'-  nii>  h  l  'i-  Zivor  küüißigkeit  der  Kinf '(hr:mg  des 
C-G-SSyateoM  erst  am  Schlu«iäe  des  physikaiiächen  Unterrichtea,  der  Voran- 
•telluB^  d«r  Statik  im  medmniiieheii  Theile  dendben  od«r  der  stiltediweigen* 
den  Übertragung  des  Energiejjrincipes  von  mechanischen  auf  andere  pbysi- 
kaliache  Vorgänge,  sowie  in  Einzelheiten  der  Darstellung  und  Diction  können 
wir  nicht  eingehen,  da  erstere  einen  die  Grenzen  einer  liecension  weit  über- 
aehnitenden  Kaum  in  Anspruch  nehmen,  letztere  aber  angesichts  der  Ge- 
diegenheit des  Werkes  und  der  Sorgfalt,  die  tad  deaaen  VoUendang  ver- 
wendet ist,  als  kleinlich  erscheinen  würden. 

Die  gaas  YorsQgUcbe  Atustattung  d^  Buchet  jedoch  ▼erdient,  wenn 
man  sie  inh  ron  der  berühmten  Verlugehandlmig  erwartet,  aoadrOckliclie 
Anerkennung. 

Wien.    Dr.  Eduard  Mai^i. 

SaUusH  €frUpi  bellum  Jugtit'ihinum»  Fflr  den  Schnlgebrauck 

erklärt  von  Theodor  Opitz.  Leipiig,  Drook  und  Verlag  Ton  B.  G.  Tenb- 

ner.  lö'Jä.  IV  und  93  SS.  in  8». 

Die  ächulaos^be  ist  auf  drei  Hefte  berechnet.  Das  erste,  das  1894 
ersehienen  itt,  enuAlt  den  Catilina,  das  Torliegende  «weite  den  Krieg  mit 

Jugurtha,  das  dritte  noch  ausständige  hoI!  die  Reden  und  Briefe  aus  den 
Fragmenten  der  Historien  enthalten.  Die  drei  Seiten  lange  Einleitung  ge- 
nügt für  den  mäbigen  Bedarf  des  Öchülers,  In  derselben  möchte  ich  den 
letzten  Satz  geändert  wiaeea  durch  Ausmenong  der  verftnglichen  Litotes: 
„selbst  Tacitus  nicht  ausgenommen".  Es  war  einfach  zu  «5cbreiben:  be- 
sonders auf  Tacitus.  Ingleichen  klingt  der  n^ußerordeutliche  EinfluiM",  den 
Satlnat  anf  andere  Hiatoriker  anigefibt  haben  aoll,  einigermaßen  hyper- 
bolisch. 

im  Commentare  begegnet  cap.  7,  5  da^)  Versehen  ^lodicatiT"  statt 
Positiv,  während  ebendaselbst  eine  Note  zu  der  )AA\i{\ytxg  plerumque  solet 
fehlt;  ebenso  cap.  14,  3  ein  solche  zu  eo  mUeriarum  (statt  de^  classischen 
in  eas  miserias)  und  cap.  18,  4  zu  locos;  ibid  7  prscheint  der  Accent- 
fehler  Nopi^i;;  cap.  23,  1  steht  armis  für  das  gewuhnliche  vi\  cap.  25,  5 
begegnet  der  Druckfehler  Hrhu,  was  gar  nicht  leebar  ist;  cap.  26,  1  ver- 
dient defensnre  (für  das  classiache  defendere)  eine  kurze  Note;  ebenso  28,  7 
der  modale  Ablativ  Gerundii  pugncmdo;  cap.  29,  3  übersetze  helU  mm'am 
mit  - Waifenstillstand"  und  p<xeuombus  mit  „Vertragspunkte" ;  cap.  31,  $0 
iat  der  seltene  Plural  pacei  bemerkenswert;  cap.  88,  &  muss  periculuM 
aneeps  erklärt  werden;  ebenso  cap.  41,  5  ducere  und  cap.  43,  8  pmesidia-, 
cap.  44,  6  ist  im  Texte  nach  aberat  statt  des  Punktes  ein  Strichpunkt  z\i 
setzen;  cap.  45,  3  übersetze  confirmavit  mit  .reorganisieren";  cap.  54,  9 
bedarf  ignoratus  einer  kuizm  Nr  te.  ebenso  cap.  .57,  4  pro  ingenio  quis- 
que,  ferner  cap.  60,  4  monere  .  .  iwrtari  und  cap.  62,  1  Juguriham  cuxedü 
wegen  des  fehlenden  ad.  Dam  honnten  Fanutelftellen  ans  der  Schrift 
selbst  citiert  sein.  —  cap.  65.  3  wird  in  den  Ausgaben  nichts  über  die 
jedenfalls  unangenehme  Wiederhohmfr  ob  morbos  animo  parum  rnJido 
und  Masinissae  nepotem  ge^u^t,  da  alle««  dies  schon  §  1  von  dem  i'nuzen 
Gauda  angeführt  erscheint.  Auch  Opits  schweigt  diese  stilistische  Nach- 
lässigkeit des  Schriftsteller-  todt.  —  cap.  82,  3  steht  anxie  für  accp'e, 
cap.  86,  29  corpore  statt  peciore  wie  Tac.  Ann.  XII,  30.  Anderes  übergehe 
ich  der  Karze  halber.  Nur  die  Bemerknng  mag  hier  noch  ihren  Plate  finden, 
da-s  cap.  108.  1  an  rnaii'rno  (fmerc  hnpnr,  n/im  pafer  eins  ex  concnhina 
ortuB  erat  kein  Anstoß  genommen  noch  eine  Erklärung  davon  ge> 
geben  wird. 

Der  Text  ist  nach  der  An^be  von  Eußner  gestaltet;  doch  kommen 
viele  Abweichungen  davon  vor,  die  im  Anhange  S.  88  bis  03  verzeichnet 
sind.  Daselbst  steht  dreimal  Knntze  statt  Kunze  und  ä.  adortit  fUr 
advortü.  Die  Anmerknngen  sind  kam  und  fesslioh;  anoh  ersdieinen  viele 

Ati.sdrncke  übersetzt.  Im  Infi  rr~ der  Schüler  wTire  es  geboten,  sowohl  die 
Noten  als  auch  die  Übersetzungen  zu  vermehren.   Auch  der  Text  könnte 


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456 


Litemribche  Uund»»chau. 


lesbarer  gemacht  werden.  So  ist  cap.  38.  10  die  seltsame  Lesart  quia  moT' 
tis  metu  mutabantur  beibehalten  und  in  der  herköramlichon  recht  wunder- 
lichen Weise  erklärt.  Man  schreibe  in  einer  SchulauBgabe  cogebaniur. 
Ebenso  halte  ich  humus  als  Masculin  cap.  48,  8  und  lOI»  11  fUr  nehr  be- 
donkürh  —  ta]).  54,  5  jj^eht  »-s  nicht  an,  non  pynoHi»  lUqtte  in  ncie  zu 
schreiben,  sondern  in  iat  zu  streichen,  cap.  (>0,  5  m  vielteicht  ^^lu«  statt 
Uniua  xa  wbreiben;  cap.  62,  1  fla.  yermmk  man  ipsi  vor  oder  naeb  «tdtV 
öfter  sind  Worte  des  I't^xtt's  oinj^ekLimnicrt  oder  Lücken  durch  Pankte 
angezeigt.  Beides  sollte  in  einer  Schulau.sjjabe  vermieden  werden. 

Die  Orthographie  konnte  minder  gelehrt  und  den  Schulzwecken  mehr 
angepa8st  sein.  Die  ;iu[>ere  .Ausstattung  ist  anständig,  der  Druek  correet. 
cap.  öS,  5  schreibe  in»  Texte  victorc  für  victor. 

Das  erste  bändchen  enthalt  dieselbe  Einleitung,  aber  ein  längeres 
Vorwort,  worin  der  Verfeater  die  Gmnde&tse  angibt,  von  denen  er  sieh 
bei  seiner  Austju^p  hnten  ließ.  Richti*'  ist  vor  allem  das  Princip,  (liLs.s  bei 
Üallust  Übersetzungen  nothwendiger  sind  als  bei  anderen  Autoren.  Der 
Umfang  des  Heftes  betrfigt  IV  und  51  Seiten,  wovon  drei  nuf  den  Anhang 
entfallen.  Referent  bef^mi^'t  sich,  einige  Lesarten  und  Erklärungen  kurz 
SU  besprechen,  cap.  6,  7  übersetze  more  mit  «Verfiussung";  cap.  7,  5  wird 
UdUnis  viris  recht  gekünstelt  erklärt;  cap.  13,  3  ist  das  längere  Lecker- 
biMenveiteiehnie  so  ttreiehen;  cap.  18»  4  Kaan  opprimundae  rei  pubUcae 
und  c^YK  31,  7  perdita  re  publica  passend  mit  .Staatsstreich''  ührrsetzt 
werden,  ebenso  cap.  20,  2  vana  ingenia  mit  «eitle  Tröpfe".  Getreulich 
beibehalten  wurde  die  harte  Stmctar  „nacb  dem  Sinne"  18,  S  de  qua  nach 
conturavere  und  56,  5  cuius  nach  servilia.  Auf  diese  Art  wird  freilich  die 
Construction  ^nach  dem  Sinne"  im  Handumdrehen  7.ura  baren  Unsinne. 
Auch  cap.  33,  2  prangt  das  ungeheuerliche  maiores  vustrum  dem  Gram- 
matiker Gellius  zu  Ehren,  ebenw  cap.  59.  2  rupe  atpera  (letzteres  Wort 
als  Neutrum  Plnralis  von  intei'  nVinäni^ij^ <.  Im  folgenden  Paragraphen 
schreibt  jedoch  Opits  vernünftig  cum  Ubtrtis  et  colonU.  Warum  hat  er 
niebt  auch  97  tiu9  nach  ignoroB  weggelassen,  nachdem  er  doch  in  der 
vorausgehenden  Zeile  unverzagt  das  urdumme  7*c&M5  f^ewt riehen?  In^leichen 
hätte  er  cap.  26,  5  ,ohne  Bedenken"  cnv^uH  statt  des  falschen  consiilihi/s 
schreiben  sollen.  Nach  allem  dem  gewinnt  es  leider  den  Anschein,  d;is3 
angemeawne  Sehulanigaben ,  die  von  lächerlichen  Lesarten  und  seltsamen 
Erklärungen  sorgsam  purgiert  sind,  erst  dem  kommenden  Jahrhunderte 
vorbehalten  bleiben.  Dann  wird  es  hoüentlich  niemandem  mehr  einfallen, 
cap.  39,  2  quo  im  Sinne  von  ne  ca  nehmen  oder  55,  8  exUhim  vUae  va 
acnreiben. 

S.  12  findet  sich  im  Texte  der  sinnstörende  Druckfehler  situm  für 
sitim  und  S.  19  formae  statt  farnae,  S.  49  Nipperdei  und  S.  50  die  un- 
gewöhnliche Wertform  beachtlich  statt  beachtenswert.  S.  26  fallt 
die  Schreibung  opstinaHs  in  einer  Schnlaasgabe  doch  aof,  ingleichen  S.  85 
exuperat  (zweimal). 

Die  Germania  des  P.  Cornelius  Taeitus  lierauagegeben  von  Johanne« 
M ulier.  Für  den  Schulgebrauch  bearbeitet  von  A.  Th.  Christ.  Mit 
einer  Karte  von  AUi^ernmnM'n.  Preis  ^'eh.  24  kr  ,  j^eb.  40  kr,  Wien  und 
Prag,  Verlag  von  F.  Tempsky.  1H'.)7.  XII  und  42  S.^.  in  S*». 

Die  acht  Seiten  lange  Einleitung  enthält  Has  für  die  Schüler  Noth- 
wendige  in  gedrängter  Kürze.  S.  V  med.  soll  es  >tatt  den  Feldherrn 
wohl  besser  heiO  n:  dem  Feldherrn,  da  vor  allem  der  vorausgenannto 
Qaintilius  Yarus  uemeint  ist.  —  S.  VI,  Z.  3  v.  o.  wird  vom  Dreikaiserjahre 
69  fferedet,  das  aber  eigentlich  ein  Vierkaisetjahr  ist.  Anf  8.  XI  und  Xtl 
eiscneint  eine  Übersicht  des  Inhaltes,  die  jedoch  allznkurz  ist. 

Der  von  S.  1  —  23  abgedruckte  Text,  an  dessen  Hand  pass<f»nd  aus- 
fttbrlichcre  Inhaltsangaben  angebracht  sind ,  cuthält  mitunter  Lesarten, 
die  für  eine  Schnlansgabe  minder  angeniesten  sind.  So  cap.  III,  3  haec 
qitfiqufi  carmhta,  wo  fterotca  «statt  des  dummen  horc  zu  schreiben  ift.  — 
cap.  XiX,  14  und  15  ist  nach  Conjectur  aufgenommen  ne  non  maritum^ 


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Uterariächti  Runiläcbau. 


457 


»ed  tamquam  matrimonium  ctment,  was  mir  QiiTerständlich  ht.  Will 
man  die  fatale  Stelle  lesbar  pv^talten.  mu?»««  man  wohl  mit 
schreiben:  ne  tarn  maritum  quam  mcäritiu/tutau  ament.  —  ciip.  XXIV,  13 
halte  ich  se  suo.tque  ^tatt  des  überlieferten  se  quoque  fUr  zweifelhaft.  — 
cap.  XXVIII.  G  •■iui)fiehlt  es  sich,  zur  Bt'seitijfUD?  dt-r  hart»  ti  Strncttir 
cimda  nach  igitur  eiiuuaobiebeo}  cap.  XV II«  13  begegnet  die  i^rcbreibung 
braeihia  fiir  braochia. 

Von  S.  24  —  41  ist  ein  NamenverseichniH  gegeben ,  worin  die  Namen 
hilnfii»  rrklart  werd<»n,  f)arin  findet  »ich  S.  21  das  Versehen  Naharvalp n 
»tatt  N ahüuai  vulen:  20  genügt  e»,  die  Kriegszüge  de^  Drm\i6  als 
erfolgreich  zu  bezeichnen  mit Streiehang  von  sehr:  S.  35  wird  ahdiet 
Mercurii  der  Montag  Bn<»ejjp'>en.  wo  man  sonst  d(Mi  Mittwo«  h  findet. 

S.  42  ist  ein  kurzes  Verzeichnis  der  Änderungen  gegenüber  der  Aus- 
gabe Tom  Jahre  1884  gegeben.  Die  Ansgabe  ist  für  Schnlswecke  jeden* 
falls  brau<:li1)ar,  die  iluüere  Ausstattung  schön.  d»'r  Drin  k  •  orrect.  der  Preis 
nicht  übertrieben.  Bezüglich  der  beigegebenen  Karte  möchte  Referent  für 
die  nächste  Auflage  nur  wünschen,  dasa  sie  coloriert  sei. 

Wien.    lg*  Prammer, 


Wenzel  Eymer:  C.  Julii  Caesuris  tle  hello  civlli  commetUttrius 
tertius,  Wien  und  Prag  1887. 

Die  sehr  rührige  Verlagsbuchhandlung  F.  Tempsky  hat  «ich  bekannt- 
lich entRch lotsen,  eine  Sammlung  griechischer  und  römischer  Clasiiker  mit 
Erläuterungen  für  die  Privatlcotüre  herauszugeben ;  in  dieser  ist  als  dritter 
Band  kttrzlich  Casars  dritt«>(  Hucli  De  bello  civili,  berauagegeben  von 
W.  Eymer.  »m si  hii-nfn.  Da--*  dif  für  die  VT.  Gymnasiali  la^so  vor<»'o*fchriebf»ne 
lateinische  Leetüre  zu  umtangreicb  ist,  kann  eine  Durchsicht  der  (jymnasial- 
pr(^^nitDe  beweisen,  und  auch  die  Instmetionen  lanen  es  nnter  Umitftaden 
als  riUhlich  erscheinen,  da.s  belhtm  civili  Ciisars  als  I'ris-atU'itüro  zu  ver- 
wenden. Das«  aber  eine  Privatlectüre  nur  dann  mit  Nutzen  betrieben  wird, 
wenn  sie  der  Schüler  ohne  unerlaubte  Hilfsmittel  absolviert,  iiegt  auf  der 
Hand.  Vorliei,'end>»  Bearbeitung  des  dritten  Buches  von  Cäsars  liürgerkrieg 
'•rieirhfert  durcti  pine  zweckmilfM^'e  f Jliodpninc:  de^  (lanz.'n,  durch  passend.' 
Anuierkuagen  unter  dem  Texte  und  durch  ein  kurzes  Wuilci  Verzeichnis  dem 
Schiller  die  LectUre  wesentlich  und  wird  gewiss  beitragen,  dasa  das  durch 
seinen  Inhalt  nnd  «pinr  sprachüt  he  Darstellun^i:  anziehende  dritte  Buch  von 
Casars  bellum  civilu  von  den  Schülern  gerne  privatim  gelesen  wird:  auch 
für  den  lateinischen  Stil  wird  sich  mancher  Gewinn  ergeben.  Die  Ausgabe 
kann  den  Schülern  umso  lieber  empfohlen  werden,  als  ihre  Au^tattung  eine 
schöne  und  der  Preis  (40  kr.  geheftet,  60  kr.  gebunden)  ein  mäßiger  ist. 

F.  W.  Kaeding:  HäufigkeltswöFteFbueh  der  detitseheii  Spraehe* 

F^tgestellt  durch  einen  Arbeitsausschuss  der  deutschen  Stenographie» 
Rjsterae.  Stef,'litz  bei  Berlin  18I>7.  Lieferung  1  und 

Von  einer  giganti<chf*n  Arbeit,  an  welcher  sich  1320  Personen  fünf 
Jahre  hindurch  betheiligt  haben,  und  die  bei  Beginn  der  Drnckleguns; 
noch  nicht  fertiggestellt  ist,  liegt  die  erste  Doppellieferung  vor.  Das  Werk 
»oll  enthalten:  1.  eine  allgemeino  Einleitung  über  die  Nothwondigkeit 
sjjrachlich  statistischer  Untersuchungen,  sowie  über  die  an  eine  derartige 
tntersachnng  %n  stellenden  Anforderungen;  2.  Titelangabe  der  für  die 
Zählung  von  l'O  Millionen  Silbt  n  znf;ninde  gele<:tcn  Druckbogen:  Ii.  die 
Einrichtungen  der  Oesammtarbeit,  durch  weiche  die  Erg^ebnisse  gewonnen 
worden  sind;  4.  alphabetische  Nachweisnng  der  sftinmtlichen  mindestens 
viermal  Torgekommenon  Wörter;  5.  Kacbweisung  der  nackten  Wortstämme; 
t>.  Nachweisung  der  Vori^illien  n)  in  d**r  Form  ihre«  Vnrkommens,  b\  mit 
.Vngabe  der  Verbindungen,  in  welchen  diese  vorgekuuimen  sind:  7.  Nach» 
Weisung  der  Endungen  und  Nebensilben  a)  in  der  Form  des  Vorkommens, 
b)  die  Verliin<limf;en  derselben  untereinander;  8.  die  Statistik  der  Laute; 
Tabellen  der  Consonanten,  getheilt  in  Vorsilben,  Ötümme,  Endungen 


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458 


Litoraritdie  Rundachaa. 


und  Nebensilben,  sowie  frir  j dieser  Abtheilunpren  qr^'trennt  in  An-  und 
Auslaut-,  einfache  und  zusaiuniougesetzte  Consonanteu;  10.  Zusammenstellun- 
gen und  Übersichten. 

Die  Arbeit  hat  ihre  fieschiL-htp  und  ihr  unleugbares  —  Vech.  Sie 
Milte  der  Sprachwi&genscbaft  einen  Einblick  in  die  ZusMnmensetzunf  der 
deatsefaen  Sprache,  wie  dieser  in  gleicher  Übersiclitliehkeit  und  Annllhr- 
lichkeit  nocn  nicht  vorliej^t,  {gewähren,  ferner  die  för  die  wissenschaftÜLlie 
Weitfrhildung'  der  Stpnoj»^ruphie  erforderlichen  statistischen  Grundhxj^en 
bieten  und  lur  die  Verbesserung  de^  deutschen  GieÜ/^tteläi  die  lan?  ver- 
mis4ten  Fet»tstellungeii  an  die  Hand  geben.  Da  aber  die  deutsche  (lelehrten- 
welt  dem  Unternehmen  gleich  von  Anfang  wenig  Beachtuns?  gehenkt»'  und 
ihre  moralische,  mtellectuelle  und  materielle  Unterstützung  veralte,  da 
ihm  auch  von  Seite  der  Stenographen  nicht  die  gewünschte  Opfer&etidig- 
keit  zutheil  und  von  den  größeren  Buclidruckereien  und  Schriuj^ießereien 
Deutschlands  die  gewünschte  uiHterielie  Unterstützung  nicht  gewährt  wurde, 
Bo  konnte  der  Herausgeber  die  über  stenographische  Bedürfnisse  hinausgehen» 
den  Wünsche  nicht  l>erück8ichtigen.  Aber  auch  in  dieser  Beziehnim  wird 
das  im  Erscheinen  l)egrilFene  Werk  keine  vollKt;indi£»'e  Drucklegung  dtf 
Ergebnisse  bieten.  Ub  der  Erfolg  unter  diesen  niisslichen  Umständen  der 
aufgewendeten  Mühe  entsprechen  wird,  nmss  vorderhand  abgewartet  wer- 
den-, ein  Urtlioil  kann  noch  nicht  gefällt  werden,  da  die  vorliegende 
Doppel  lieferung  bloß  die  alphabetische  Nacbweisung  der  gezählten  Worter 
bis  „besicfatigr*  enthält.  Zn  bedauern  wftre  es,  wenn  auf  das  vielver» 
q|»recbe&de  Unternehraen  die  Worte  des  Dichters  ])a8sten: 
FarturiwU  motües,  fuueeiur  ridiculus  mus 

Wien.  Joh.  JÜdmiidi. 


Goethe  und  das  classische  Alterthum.  Die  Einwirkung  der  Antike 
nuf  Goethes  Dichtungen  im  Zusammenhanf^^e  mit  dein  Tiebensgange  des 
Dichters  dargestellt  von  Dr.  Franz  Thalmayr.  Leipzig,  Verlag  von 
Gustav  Fock.  1897.  XI  und  185  SS. 

Wer  heutzutage  über  Goethe  zu  schreiben  beginnt,  muss  bei  der  ge- 
wnltijren  .\uscli  hnung  der  einschlägigen  Literatur  in  der  Regel  von  vorn- 
herein aui  besondere  Originalität  m  Mittheilung  und  Verwertung  der 
Thabmchen  Ternehten.  Gleichwohl  kennen  noch  immer  verdienstliche 
Arbeiten  ^'eliefrrt  werden.  Zu  letzteren  gehört  au<  Ii  vorliegendes  Buch. 

Lassen  wir  den  Verfasser  zuerst  selbst  sprechen:  „Der  Verfasser  hat  es 
tjich  zur  Aufgabe  gemacht,  Goethes  Verhältnis  zum  classischen  Alterthume 
im  ZuKEramenhange  mit  des  Dichters  Lebensgeschichte  darzustellen,  auf  die 
zahlreielirn  utid  vielseitigen  Einflüsse  hinzudeuten,  welche  die  Antike  auf 
seine  Dichtungen  nach  Inhalt  oder  Form  ausgeübt,  sowie  aus  dem  Zeug* 
nisse  seiner  eigenen  Worte  den  Nachweis  liefern,  dass  Goethes  tiefe 
Geistesbild unjüf  zum  ffrößten  Tlu'ile  auf  der  Grundhi^'e  classischer  Studien 
beruht,  doss  die  Anerkennung  ihres  hohen  Wertes  ihn  durchs  ganse  Leben 
bcKleitet,  und  dass  er  den  vertrauten  Verkehr  mit  allem,  was  aus  dieser 
Quelle  ätauHut.  mit  liebevoller  Theilnahme  bis  in  seine  spUetten  Lebens- 
tage unterhalten  iiat."  (Vorwort,  8.  III  f.; 

In  Duichtiilirun;^'  dic»e»  l'rogrammes  wird  Goethes  Leben  und  Schallen 
in  sehn  größeren  .\Kschnitten  beleuchtet  und  dabei  all  das  sorgfältig  ge- 
sammelt und  mitgetheilt,  was  den  Einfluss  iler  .\ntike  auf  Goethe  bekundet. 
Die  Jugendjahre  des  Dichters  wurden  ausführlicher  behandelt.  Die  zahl- 
reichen Quellenschriften  lUteren  und  jüngeren  lÄatuuis  wurden  —  soweit 
mir  ersichtlich  —  mit  Fleiß  und  Scharfsinn  ausgenützt. 

Die  Lectüre  i<-t  infolge  des  unvergänglichen  Keizes,  der  aus  allem 
spricht,  was  an  Goethe  erinnert,  wie  auch  infolge  der  geschn>ackvollen, 
formToilendeten  Darstellung  sehr  genussreich  und  —  was  das  eigentliche 
Thema  des  Verfa>.-er«;  nnhe]anf»t  —  auch  vielfach  >>e!ehrend  Die  «ranze 
Arbeit  zeigt,  das.s  der  Autor  seiljst  ein  fürs  classische  Alterthum  begeisterter 
SchttlauAn  ist.  Natürlich  wird  nur  derjenige  dem  Boche  gerecht  werden, 


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Literarische  Rundschau. 


459 


der  mit  den  nöthi^en  Vorstudien  an  die  LectQre  heruatritt.  Auch  war  eine 
gewisse  einiteitif^  Betotum^  der  antiken  Einflfl«9e  kaum  zu  vermeiden,  so 
dsaa  der  Leser,  um  d.iu>  iii>-toriache  Bild  Goethes  nicht  zu  verrücken,  gut- 
thtm  wird,  für  das  not  h ige  Gegeii|{ewicht  sa  aorgen. 

Au?  !>  pt  Heortheilang  beraoe  mflgen  BOBfolgaMleEuiielbeinerkaiigea 
gewürdigt  werden: 

S.  10,  Z.  4  n.  (Anmerkiiog)  irilre  hinter  ,Anch  benannte  er'  ein- 
zuschieben: dem  Gebrauche  seiner  Zeit  folgend  . .  .  Das  Streben  des  Ver- 
fassers, möglichst  zu  erschöpfen,  hat  «tf^l)»'n weise  zn  allxuj^oPer  Ausführ- 
lichkeit geführt,  beispielsweise  bei  der  Kul^Leiiunßsgeschichte  der  „I^hi^^enie" 
(S.  52  f.)  oder  bezüglich  der  „Nausikaa"  (S.  89).  Besonders  breit  wurde 
Goethes  schwankende  Meinung  in  def  honierischen  Frage  dargestellt.  Audi 
Wiederholungen  wurden  so  hervorgerufen,  z.  B.  ä.  Ö5  f.,  ITd  u.  ö.  Einige 
ROekrerweisungeB  würde  ich  empfehlen,  so  8.  42,  Z.  1  f.  o.  auf  8.  14 
(nnten)  ;  oder  S.  97,  Z  8  f.  auf  S.  59.  Z.  4  f ;  S  128.  Z.  15  auf  ?  42. 

I>en  läuternden  fJinfluss  der  Philosophie  auf  Schiller  fand  ich  ä.  120 
nicht  erwähnt,  erst  die  folgende  Seite  bringt  eine  entsprechende  6e* 
merkong. 

Dass  der  Verfasser  manchmal  mit  der  behaupteten  Anlehnunj?  ans 
Altertbum  zu  weit  geht,  beweist  u.  a.  die  Darstellung  des  Tasso-Frobiems 
S.  109,  Z.  9  ff.,  desgleichen  die  Motix  aber  Wilhelm  Meisters  Lehipabre  S.  125. 
Mindestens  nniä»ten  in  solchen  Fällen  anck  die  modernen  Einwirkangea 
und  Analogien  kräftiger  betont  werden. 

übertriebene  Behauptungen  und  femer:  S.  188«  Z.  9  v.  o.  „fast  gSnz- 
lick";  8.  140,  Z.  16  ff.  (Hexameter);  S.  154,  Z.  7  f.  v.  u. 

8.  16  f.  leidet  die  Anordnung  des  Stoffes  etwas. 

Stilistischer  Verbesserung  iahig  wäre  S.  21,  Ende  des  ersten  Absatzes, 
8.  98,  Beginn  dm  zweiten  AlMatz^ 

S.  66,  Z.  11  ff.  V.  u.  ist  unklar.  Zar  VerdentUchnng  wftre  vieUeicht 
vielmehr  in  viel  mehr  zu  ändern. 

Sprachlich  weniger  gut  ausgedrilckt  iet  S.  110,  Z.  10  ff.  v.  o.  —  8.  152, 
Z,  16  V.  u.  wäre  eine  Wortumstellung  erwünscht. 

Der  Druck  i-'t  flberau«  correct.  Mir  fiel  —  abgeeehen  von  einigen 
Interpunctionsveraebcn  —  nur  Folgendes  auf: 

In  den  Berichtigungen  selbst  (letzte  Zeile):  /weiroal  von.  —  8. 101,  Z. 4 
V.  o.;  S.  102,  Z.  9  V.  o.  1.  trotzdem;  S.  165,  Z.  15  v.  u.  ver  sQstrncken; 
S.  186,  vorletzte  nnd  letzte  Zeile:  zwei  falsche  Zahlen. 

Mehrmala  endlieh  vermint  man  Anftlbrungszeiehen,  s.  B.  8. 166  (oben), 
107  (Mitte;. 

Schließlich  seien  noch  lobend  hervorgehoben:  die  übersichtlich  an- 
gebrachten Quellennachweise,  das  trefflich  gearbeitete  Inhaltsverseiehni« 
nnd  die  iypiwhe  AuitattaBg. 

Wien.  Dr.  Rudolf  Ufhntr. 


Unsignierte  Vasen  des  Amaisis.  Ein  lieitrag  aar  griechischen  Vaseu- 
kande  von  Ludwig;  Adaniek.  Mit  2  Tafeln  und  16  Textdrucken.  Vor- 
gelegt von  Wilhelm  Klein.  Prag  1895.  H.  Dominicus'  Verlag. 

Diese  Arbeit  bildet  d  -^  fünfte  Ht  ff  A^r  „Prager  Studien  aus  dem 
Gebiete  der  clasHischeu  Alterinuniswissen.scijiiti".  Der  Verfasser  geht  von 
der  Bespreehang  einer  großen  Amphora  des  Berliner  Antiquariums  ans, 
welche  er  nach  Furtwängler  als  ein  Werk  dt-  Aniiusis  bezeichnet.  Ersucht 
dioie  Yermutbung  durch  eingebende  stilistische  Würdi^ng  und  Vergleichung 
mit  «ignierten  Vaaen  de«  AroMii  sn  begrttnden.  DabS  hebt  er  8. 18  aU  ein 
für  diesen  besonders  charakteristisches  Merkmal  das  Vorkonunt  n  befranster 
Gewänder  hervor  vmd  zieht  von  hier  atis  den  Kreis  seiner  tietrachtunffen. 
«Dass  gefranst«  Gewiinder,"'  führt  er  IG  t"  aus,  „im  Orient,  zu  dem 
wir  auch  Ägypten  rechnen,  gebräuchlich  waren,  lehren  uns  die  Denkmäler, 
lonisi  lies  Gebiet  wird  diesen  (b^braueh  nach  Grii-theulund  vermittelt  hal)en. 
wo  er  sich  in  der  Zeit  der  rothtigurigen  Technik  weiter  verbreitet  haben 


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460 


Literarische  liuiui^i-huu. 


dOrfte . . .  Für  ungereB  Menter  aber  hat  das  in  Hede  stehemle  Detail  eine 
doppelte  Bedeutung,  indem  es  uns  einrnnl  als  Wegweiser  dient  bei  der 
Frage  nach  seiner  Heimat,  tlas  andereuial  als  Kriterium  bei  der  Ecbtheits- 
frage."  Der  Verfa8«er  wendet  nun  die«et  Kriterium  an  zunächst  auf  die 
Berlitji  1  Amphora  und  die  des  Brit.  Mus.  f)54*  (/?  200  lici  ^Yalter^^'J  und 
vcrtieit  die  eingangs  begonnene  stilistische  Betrachtung;  dabei  ergeben  &ich 
ihm  fBr  die  Deutung  der  Darstolliiii};  Analogien.  Aber  auch  fBr  eine  ganze 
Reiht'  anderer  GufaGe  sollen  die  Fransen  die  Signatur  de«  Künstlers  er- 
setzen t8.  22  ti.).  Man  wird  sich  dabei  nicht  immer  befriedigt  fühlen, 
namentlich  dann  nicht,  wenn  die  Fransen  auffallende  stilistische  Ungleich- 
heiten aufwiegen  sollen  (S.  87  und  43),  oder  wenn  ganz  neue  Stoti'e  auf- 
treten i:inn  striiubt  sich  gegen  die  Voraussetzung,  ein  Vast»rm;i]rT,  der 
in  Athen  wirkte,  habe  absichtlich  eine  damals  dort  noch  fremde  Mode  aus 
•einer  ionischen  Heimat  beibehalten.  Waren  aber  cnr  Zeit  den  Amaeis  be* 
franste  Gewiinder  aiieli  in  Athen  schon  in  Mode,  dann  können  und  worden 
ebenso  andere  Maler  einen  tichmuck  nicht  unbeachtet  gelassen  hiil»M). 
welcher  der  jener  älteren  Malerei  eigenen  Zierlichkeit  so  entsprach.  Dio 
Frage  kann  also  nur  im  Zusammenhange  von  Trachtstadien  gelöst  werden. 
Indes  mujfs  hervortjehoben  werden,  dass  der  Verfasser  sich  dieser  Bedenken 
wohl  bewus8t  zu  sein  scheint.  Sein  Verdienst  ist  es,  aus  der  Masse  von 
Material  nfther  Verwandten  siuammeBgeetellt  oad  durch  scharfe  Forronlie- 
rung  einzelner  Fragen  die  Kenntnis  der  ftiteren  Vasenmalerei  gefördert 
£U  haben. 

Die  Ausstattung  des  Werkes  isfc  sehr  hflbscb. 

Wien.  Dr,  E.  Hula. 


Dr.  La8<:ar  Cohn:  Die  Chemie  im  täglichen  Leben,  ^.Auflage.  Ham- 
burg und  Leipzig,  Verlag  von  Leopold  Voss.  1897. 

Der  Inhalt  des  Buches  umfksst  auf  293  Druckseiten  twOlf  Vortrftge. 

welche  der  Verfasser  im  , Vereine  für  fortbildende  Vorträge"  ge- 
halten hat.  Der  erste  Vortrag  nimmt  Köekp«icht  auf  die  physikalische  Be- 
schaffenheit und  cheuiische  ZusammenseUung  der  Luft,  ferner  auf  Ver- 
brennung untl  Athniung.  Im  »weiten  Vortrage  erörtert  dt  i  Verfasser  zu- 
nächst die  Natur  der  Flamme  und  schildert  dann  die  iieleuchtungsmittel, 
wobei  sowohl  die  Zusammensetzung  der  letzteren  wie  auch  das  Wesen  der 
chemischen  Verbindungen  Oberhaupt  Beachtung  finden.  In  interesmnter 
Weise  schildern  die  foI^,'en(bni  drei  Vorträge  die  Ernährung  der  Pflanzen, 
Thiere  und  Menschen,  den  Frocess  der  Verdauung,  die  Nährstoße  und  die 
wichtigsten  Genussmitte!,  wie  Wein,  Bier  und  Spirituo^n.  Im  Anschlösse 
daran  werden  im  sechsten,  siebenten  und  achten  Vortrage  einige  organische 
Verbindungen,  dann  Explosivstoffe,  Leder,  Farbstoffe,  CMe.  Cellulo^e  und 
Papier  besprochen.  Im  neuntea  Vortrage  ist  von  den  anorganischen  btoü'cn 
der  chemischen  Großindustrie,  wie  Pottasche,  Soda,  Sehwefelsfture  u.  dgU 
neliätbei  von  den  verschiedenen  Seifetiarten  die  Üedo.  Dio  letzten  Vorträge 
beschäftigen  sich  mit  den  Glasarten  und  Thonwaren,  den  wichtigiiten  Me- 
tallen und  der  Photographie.  Zum  Schltisse  werden  noch  einige  organische 
Verbindungen,  .Methan.  Acetylen  u.  a.  erörtert. 

Der  gesammte  Stoff  wird  in  dem  Buche  in  populärer  Weise  be- 
sprochen, und  es  gibt  sich  in  der  Darlegung  des  Ganzen  die  Absicht  kund, 
dem  Laien  sowohl  die  wesentlichsten  natQrlichcn  Stoffe  und  chemische 
Producte,  deren  Gowinnung.  Fifjf^nschaften  und  Redeutnn*?.  sowie  das  Wesen 
der  chemischen  Vorgänge  vorzuführen  und  theoretische  Betrachtungen 
daran  tn  knapfen.  Die  Besprechung  der  Erzeugung  wichtiger  Körper  ist  so 
gehalten,  doss  auch  die  nrsprQngUcbe  Methode  neben  allen  Fortschritten, 
die  in  der  Gewinnungsweise  zu  ver/eichnen  sind.  Beachtung'  findet.  In 
vielen  Fällen  werden  auch  geschichtliehe  Angaben  über  eiax,elne  Körper 
gemacht  und  der  Einfluss.  den  die  chemischen  Fabricate  auf  die  Cultur 
treübt,  hervorc^eboben.  D;ls  Buch  lunsq  <laher  als  ein  höchst  lehrreiches  be- 
zeichnet werden.  Es  bietet  nicht  nur  dem  Laien  eine  interessante  Leetüre, 


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Literarische  Hund«chuu.  461 

sondern  auch  >>tudierenden.  Mit  Rücküicbt  auf  den  letzteren  Uxnttand  Bollte 
es  in  Schälerbibliotheken  der  Mittelecbulen  Platz  finden. 

Wien.  C.  Beichi. 


Prof.  Dr.  H.  Menrer:  OrleeliiseliM  Lesebueb  mit  Wortscbatz.  L  Theil: 

für  Untertertia  ZweitL-,  n  ioh  den  nenen  Lebrplftnen  amgoArbeiteta  Auf- 
lage. Leipzig,  Teiiliner,  l>*''J«j. 

Die  griechischen  Elementxvrbücher,  welche  nach  der  Leaestückmethode 
der  strengvten  Richtirog  ftbgeftwBt  sind,  huben  neben  nnleufrbaren  Vonflgen 

ganz  1>efi»'nten(lt_'  Mängel.  Mitt»-!  uiul  Zweck  sind  oft  unvereinbar,  die  für 
die  leichte  Eiiernunsf  der  Formenlehre  unerläsHÜche  meth od i8 che  Gliede- 
rung des  grammatischen  Stoffe*  muas  oft  dem  heißen  Verlangen  nach 
intwemierenden  Lnse-tiicken  weichen,  innerlieh  Zmammengehörige^  mua» 
zerriwn  und  Frenuiartige:»  lose  aneinandergereiht  werdf'n.  So  zeigt  denn 
auch  Meurers  Versuch,  die  Lesestück methode  zur  aiieinherrscheuden  zu 
machen,  daae  wir  auf  die  erprobten  Vorzüge  der  alten,  bewährten  Einsel- 
flatzmethode  no<  Ii  itninei-  ni<  ht  verzichten  iliiiftMi.  wonn  wir  das  Hauptziel 
de«  griechiiichen  Eiementaruuterricbted)  Sicherung  der  Formenlehre,  nicht 
aus  den  Ang«>n  verlieren  wollen. 

Ein  Vorzug  den  MenrerVhen  Lesebuches  ist  es.  dass  die  inhaltlich 
feeeelnden  Lese^tücke  von  e^rinfrem  rmfanpp  find,  odfr  doch  wenigstens, 
wiez.  B.  das  Musterstück  .A-.  "IjVjxoo  jicavo:"  6.  Iii  ti.,  in  kleine  Abschnitte 
zerlegt  werden.  Zu  loben  i^t  das  methodisch  richtige  Verfahren,  dan  nach 
d^'ui  Vorgangt"»  Stiers.  Fechts  n.  a.  sowohl  bei  der  O-Di-clination ,  welche 
der  schwierigeren  J.-Declination  vorangeht,  als  auch  bei  dieser  die  Sub- 
stantiv nach  den  Accenten  geordnet  zur  Einübung  gebracht  werden. 
Doch  sollte  der  Dualis,  der  in  der  classischen  Zeit  im  Absterben  begriffen 
i-t.  vom  Anfangsunterricht*»  znrnckgp^tf»!!t  weiden  fS  ')).  Schon  Kaegi  und 
Fritzssche  haben  die  liualforiuen  von  den  rarudignien  ganz  ausgeschlossen. 
Wesener.  Holzweißig,  Franke-Bamberg  wenigstens  durch  den  Druck  ge- 
konnzfMchnet.  In  metlindischer  liiii>irlit  tadellos  i?t  die  (Jruppiening  der 
Substantiva  der  dritten  Deciinatiou  nacii  deat  Stamme;  aber  an  derGliede- 
mnir  der  der  Einübung  der  O)mperation  gewidmeten  Leeeetficke  kOnnte 
der  Verfiisser.  der  den  grammati.-ichen  ('bungsstott'  so  schön  in  kleine  Ab- 
schnitte zu  theiien  versteht,  noch  manches  verbessern.  Auch  sollten 
/aft'.izzt^oi  (S.  41  und  4;))  und  TroXattutoc  (S.  iii  und  44)  nach  Kaegi  (,Kuiz- 
gefaiiete  griech.  Schuigramm."  S.  '32)  vorläufig  übergangen  werden. 

E.«  i'-t  ein  Zeichen  von  Re-onnenliejt  und  richtiger  Heol'achtung,  dass 
der  Verfasser  den  vielfach  geäuberten  Wünschen,  es  möge  die  Behandlung 
des  Yerbume  wenigstens  theilweise  in  die  des  Nomens  eingeschoben  wer- 
den, nicht  nacliiiekoninien  i>t.  Selit-t  die  Formen  des  re^relniäfMgen  Verbuni 
vocale  sind,  wie  Kaegi  nchtiij  bemerkt,  viel  zu  compliciert,  als  dass  sie 
von  dem  Anlllnger  nur  so  „nebenher  mitgenommen"  oder  inmitten  anderer 
Partien  so  leicht  ^vorweggenommen"  werden  könnten.  Die  Gruppierung 
der  Tempora  bei  der  F^inübung  der  Conjugation  entspricht  leider  den 
didaktischen  Anfoideiungen  nur  .sehr  wenig.  Beim  activen  und  medialen 
Fatunini  und  Aori.stuä  aoW  der  Cintheilnngt^n*und  das  Tempus,  nicht  das 
Genus  verbi  sein.  Für  die  ^'er^a  auf  otu  genügt  die  kleine  Nr.  8S  nicht; 
hier  müssen  zvni  Gruppen  gebildet  werden.  Beim  Perfectstamme  müssen, 
wdl  Zusammengehöriges  zusammen  behandelt  werden  muss,  einerseits  das 
Perf.  und  Plusq.  activi.  anderseits  das  Perf.  und  Fut.  exact.  pa<»s.  zu  je 
Hner  Gruppe  verbunden  werden.  Natnrgemüß  ist  ferner  die  Verbindung: 
Uf  f-jZ-di^iu.  fei  E'fj>.'/4a,  rf >/.oi;ÖL|i.Y//j  c)  i f  j/.ayO-T,/.  f 'jXa/{K^30ji.at; 

nicht  entspricht:  a)  f/'.ct^to,  t^6X«^«;  &)  »fiXd^ofuu,  E^'>]'.a;a}xrjv,  ^oAaydifiooiMit» 
£'f' >>.ct^i^v  V.  Hei  einer  sfi  formenreichen  Sprache,  wie  iler  griechischen,  mnss 
das  Einigende  mit  peinlicher  Sorgfalt  wahrgenommen  w^erden,  wenn  das 
Erlemen  der  fremden  Sprache  nicht  eine  Mythe  sein  soll.  Gans  un^ereeht- 
fertigt  ist  und  bleibt  es.  den  starken  Aoristus  act.,  med.  und  pass.  in  einer 
kleinen,  sehn  Zeilen  umfassenden  Nummer  (S.  75)  einzuführen.  Wenn  die 


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402 


Literarische  Rundschau. 


Leaestückmethode  innerlich  ZuaammeDgehöriges  gewaltsam  zerreißt  und 

Fremdartiges  nnr  lose  verbind(>t,  !»o  widerspricht  sie  dein  Unterrichtsziele, 
und  es  luuss  zu  einem  veruiittelndeu  Verfahren  gegritfen  werden,  indem 
auch  die  von  mftnehen  Schulmännern  fast  leidenschaftlich  bekämpften 
Einzelsätze  herangezogen  werden.  Kiiier  methodischen  Anordnung  entbehren 
auch  die  Yerba  liquida;  neben  Formen  des  Fut.  und  Aor.  act.  und  med. 
erscheint,  nm  nur  ein  Beispiel  aninf&hren,  gleich  in  der  ersten  Übungs- 
noinmer  (S.  88)  die  Perfectform  atxptra«,  die  gewiss  nicht  als  ^{nselie 
Bildung  vorangehen  darf. 

Dem  Verse  zuliebe  wird  uiiin  die  jonische  Ponu  -v^iuy.i.-f^  (S.  42/  auf 
der  Eleraentarstufe  gewiss  nicht  nelunen.  Vocabeln.  wie  v.oo'j'>/.>.).o-.  i:sX«xp- 
•j-ö;.  :  i  h  ini  früh  genug  bei  Horn.)  sind  auszuscheiden.  Für  die  ersten 

vier  i>eit«u  de^^  Anfangsunterrichtes  (S.  2  bis  5)  ist  die  Auswahl  der  Prä- 
positionen doch  w<Al  so  ntannigtaltig :  die  Schiller  lernen  gleich  i«,  i;. 
irsp'l  c.  acc.  und  gen..  sri,  sv,  si;  (s;),  avi-i,  ctito  (auch  a-p'  tTtiro»  =  zu  Pferde), 
xata  c.  acc,  unö  c.  dat.  Auch  syntaktische  Verbindung-en,  wie  of.vö?  xä  to'j 
Ro).£}i.ou  (S.  4),  tä  r.ty.  ta  53Tj>'jt  (S.  lOj,  wird  mau  am  Anfange  vermeiden 
mfissen. 

Wenn^rleich  es  dem  Verfa's'iPr  gelnn;jen  ist,  den  .^chiilern  schon  auf 
der  Elementarstufe  inhaltlich  anziehende  Leüestücke  vorzulegen,  %o  unter- 
liegt es  doch  keinem  Zweifel,  dass  durch  eine  entsprechende  Heranxiehung 
von  Einzel.siltzen  die  als  die  er>te  und  unerlässliche  Vorbedinjfung  für  eine 
ersprießliche  (Jiassikerlectüre  zu  betrachtende  Hauptaufgabe  des  Elementar- 
unterrichtes noch  besser  au^efQhrt.  d.  i.  Sicherheit  in  der  Formenlehre 
noch  inmlftssiger  orreicht  werden  konnte. 

Prof.  Dr.  Bernhard  Gerth:  Griechlsehe  Sehulgrammatlk.  Vierte 

Auflage.  Leipzig,  Freytag.  1895. 

Das  Torli^rende  Schulbuch,  welches  in  11  Jahren  vier  Auflagen  er- 
lebt hat,  bftit  die  Mitte  swischen  den  ansfthrlicheren  Schnlgrammatiken 
und  den  sogenannten  „kurzgefassten''.  welche  alles  nnberücksichtigt  lassen, 

was  die  Schüler  e'^1*'«/ent!ich  bei  d'r  lioctnre  aus  dem  Wörterbuche 
oder  aus  dem  Munde  deä  Lehrers  erfainen  können.  Neu  hinzugekommen 
sind  im  dritten  Theile  S.  21G  ff.  einige  Fußnoten,  welche  die  Besonder- 
7iiMt*'n  des  neujonischen  Dialects  betreffen.  Sehr  brauchbar  ist  der  er.sto 
Anhung  (S.  114  bis  122),  weicher  Beispiele  zu  Declination»-  und  Con- 
jugationsfibnngen  enthält,  insbesondere  untcrslfltst  den  jüngeren,  minder 
geüliten  Lehrer  die  Zusammenstellung  von  Beispielen  zur  Unterscheidung 
ähnlicher  oder  «gleicher  Formen  auf  S.  12**.  KI»en*o  i.*t  der  zweite  Anhang 
(S.  164  tt.),  welcher  eiue  Übersicht  über  die  Zeit  und  Haumbestiinmungen 
bietet,  sehr  förderlich. 

Wissenschaftliche  Genauigkeit  \  r  tiLndjee  .\uswahl  und  methodische 
Anordnung  des  ffrauimatischen  Lernatottes.  Übersichtlichkeit  und  Knapp- 
heit bei  klarer  Fassung  leichaen  diese  tüchtige  Schalgnunmatik  aus  und 
werden  so  den  alten  freanden  gewiss  neue  hmsnerwerben. 

T eschen.  Friedrich  Lobt. 


Bernhard  Landsberg:  Hllfil-  lind  Obungsbueh  fQF  den  botanlsehen 

und  zoologrlschen  Unterricht  an  höheren  Schulen  und  Seminarien. 
Ertiter  Theil:  Botanik.  Leipzig  1896.  B.  6.  Teubncr.  XXX VII  und  508  S. 

Geb.  6  M. 

Dieses  atisgateichnete  methodieebe  Buch  enthält  eine  überaus  reiche 

Fülle  anziehender  Details,  die  sich  alle  beim  Unterrichte  verwenden  lassen 
und  denselben  U  lihaft  und  fruchtbringend  gestalten  werden.  So  «oll  Botanik 
unterrichtet  werden,  und  Lehrer  sowohl,^als  Schüler  sind  zu  einem  i>olchen 
Unterrichtsmittel  tu  begl&ckwünschen.  Ode  und  fad  wird  bei  Anwendung 

diese.«!  rnterrichtagange«  die  naturf?e>(_hi(  htiiche  Stniult-  pewiNS  ni(  ht  sein. 
In  den  österreichischen  Schulen  wird  es  bei  der  lächerlich  geringen  Stunden- 


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Utemrische  Kuodscbau. 


463 


lahl  fBr  die  Natnrgeeehichte  ~  nuui  denke  nnr  an  die  Qainta  ^  kaum 

möglich  sein,  ilen  ffe^]^ebenen  Anro^junpen  überall  zu  folfjen.  ;iVier  brauch- 
bare Winke  sind  in  Menge  vorhanden,  und  auch  bei  uns  wird  einmai  ganz 
eo  imterrichtel  werden.  Im  Interesse  der  Schaler  wäre  die  Beigabe  von 
Abbildungen  gewesen. 

Dem  ErBcheinen  des  zoologischen  Theiles  mnis  mit  berechtigtem 
Interesse  entgegengesehen  werden. 

Wien,  Dr.  F,  Tschern  ich. 


Alois  E.  Tino  ho»:  ZVF  JngmidllOltnnige.   Wien  1897.  Verlag  von 
Ant  Reimann,  I.,  Schwarzenbergstraße  8.    Preis  10  kr. 

Die  Wartung,'  liortbednrfti^'iT  JuL''  nil  ipt  nicht  bloß  einn  interes-^nntp. 
sogar  den  Charakter  der  g^enwärtigen  und  auch  zukünftigen  Generation 
b^Bbrende  Frage,  sondern  rie  bat  anch  leider  gerade  in  der  Gegenwart 
eine  sehr  praktische  Bedeutung.  Wie  weit  die  Sache  speciell  in  Wien 
p^diehen  ist  und  durch  Vermittlung  von  Mensrhenfreunden  gedeihen  soll, 
ist  in  der  vorliegenden  Broschüre  in  warmherziger  und  dringender  Wei»e 
aneeinandergesetzt.  }A&ge  das  Jubiläumsjahr  Seiner  Majestät  an  «iein  edlen 
UntcrTK"hm»>Ti  nicht  spurlos  vorübergehen!  Dit^^^es  Schlusswort  des  Verfamers 
mögen  ^ich  weitere  Kreise  wirklich  zuherzen  nehmen! 

Wien.  J.  Kessler. 


Programme. 

Josef  Schiepek:  Untersuchungen  Ober  den  Satzbau  der  Egerl&nder 
Mundart.  I.  II.  (XXIl.  und  XXiU.  Jahreebericht  de«  k.  k.  StaaU- 

gyninasiums  in  Ssuu.  15595,  1896.) 

Öo  umfangreich  die  Literatur  Qber  die  Formenlehre  der  Dialecte  ge- 
worden ist,  so  spftrlich  sind  Untersuchungen  auf  dem  Gebiete  der  dialecti* 
h'»n  Syntax  zn  rciT'^i<  hnen.  Di»«  Ursivche  liegt  auf  d*'r  Haiul.  Die  .Syntax 
einer  >Iundart  darzustellt^u,  ist  zwar  ein  sehr  reizvolles,  aber  auch  «'in  sehr 
seliwierigee  Unternehmen.  Gb  gehOrt  dazn  aaOer  den  Vorbedingiiu>;en  für 
jegliche  syntaktische  Forschung:  Kenntnis  der  Methoden  und  des  gegen- 
witrtißon  Standes  der  syntakti^chfn  Wissenschaft,  an^jeborenfm  feinen 
.SprachgetÜhle  umi  j^uter  ji^yeholojjischer  Vorbildung,  auch  noch  jene  ein- 
dringende Kenntnis  und  durch  eigene  Übung  erworbene  Beherrschung  des 
Ihalecte.*,  welche  fl'  i  ^'.'liüil-t St;i-iter,  der  meist  «:eit  den  frühesten  Jugend- 
jahren der  heimatlichen  Voik»t>prache  sich  entwöhnt  hat,  in  den  meisten 
Fullen  nicht  mehr  besitnni  kann.  Danun  ist  et  nicht  zn  verwanden),  dam 
wir,  von  Xa<,'l.s  Uoanad  iibgesehen .  hier  eigentlich  zum  ersteimiiile  eine 
umfassende  systematische  Darstellung  der  syntaktischen  Erscheinungen  eines 
Dialectes  unternommen  sehen. 

Der  Verfasser  behandelt  die  Mundart  des  nordwestlichen  Böhmens, 
das  EgcrUlndische,  wobei  er  von  der  Volkssinache  seiner  Heimatstadt 
Plan  ausgeht,  aber  immer  das  Gesammt^ebiet  der  „nordgauischen''  Mund- 
art innerhalb  der  böhmischen  Grenzen  im  Au^  behält.  Der  I.  Theil  der 
Untersuchungen  enthält  die  Lehre  vom  unentwickelten  und  unvolUtändifren 
Satze,  die  Genera  und  Tempora  des  Zeitwortes,  der  II.  Theil  die  ^Modi  in 
Haupt-  nnd  NebenAtsen  mit  Ausnahme  der  indirecten  Rede.  Die  Beispiele, 
bei  dem  beschränkten  Räume  etwas  sparsam  gegeben,  sind  theils  der 
Dialectliteratur  theils  der  Beobachtun;:,'  de«  mit  seinen  Spracbf^eno«*scn 
sprechenden  Lanumannes  (jedenfalls  Ute  sicherste  Quelle),  theil»  eigener 
Spraehschflpfnng  des  Verfassers  entnommen.  Ältere  Spraehquellen  werden 
mit  der  nf'ithigcn  Vorsieht   <;elefjcntlich  heranf,'ezofjen ,  häußg  wird  ver- 

{ gleichend  auf  andere  Diaiecte  ausgeblickt.  Die  Ausdrucksmittel  des  Dia- 
ectee  werden  mit  der  Schrifti^prache  und  der  Ton  Wunderlich  dargettellten 
Syntax  der  „gemeindeutschen  Umgangssprache"  verglichen,  die  neben- 
einander in  Verwendung  stehenden  und  die  stell  vertretenden  Ausdracks- 


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464 


Literarische  Rundschau. 


weisen  des  Dialectes  in  möglichster  Vollttändigkeit  «laammeiigestolH  und 

auf  Unterschiede  der  Bedeutuns;  f?epröft,  wobei  die  Betrachtung  öfter  bis 
an  die  Grenzen  des  ganz  individueilen  Sprachgebrauches  vordringt  (I.  8, 
10.  11,  14,  SS.  II.  4,  16,  17). 

Ich  iiiöchle  besonders  auf  r-ini^e  Beobaolitnngen  aufmerksam  niachei;. 
die  fUr  ^Sprachforscher  von  allgemeinen)  Interesse  sind :  die  Öcheu  des  Dia- 
lectes vor  einfachem  Ja  nnd  Nein  (f.  7).  die  Wiederaufnahme  der  Fiaae 
vor  der  Antwort,  di0  einer  hervorstechenden  stilistischen  Bi'geilthümlicD- 
kcit  'It'j^  Volksliedes  so  nahe  steht  ^l.  19),  die  objeftlosen  Vorba.  wip  bleichen, 
brt'cuen  (Flachs),  stoßen  (Futterrüben),  einführen  (Getreide),  zuschneiden 
(Leinwand.  Bretter),  die  im  Alt*  and  Mitlelhochdeuiachen  ao  viele  ParaUelen 
haben  (dir  7  Iii  der  Beispiele  könnte  aus  dor  Fachsprache  der  verachiodonGn 
Gewerbe  eine  wünschenswerte  Vermehruuf^  erfübrenli  die  Activa  mit  me- 
dialer und  intnuBsitiTer  Bedeutung  (I.  29),  die  Partieipia  Pr&t.  mit  actirer 
Bedeutung  {gsttudiert,  glami  u.  s.  w.  [1.  81]:  Vollzähligkeit  der  Beispiele 
wäre  hier  erwünscht),  der  Verlust  des  Indieativ  Prät.  il.  31),  die  Ver- 
wt  ndving  des  historischen  und  futurischrn  L'iäsens  (l.  32  ft.),  die  modale 
Bt'doutunip  des  Futurs  (I.  35),  das  übergreifen  der  schwachen  Form  des 
Conj.  Prät,  auf  starke  Verha  (1.  3G).  der  Indieativ  au  St»»lle  des  Conjunctive 
in  irrealen  und  potentialen  Sätssen  (II.  2),  die  Paratoxis.  wo  die  Schrift- 
i^prache  Hypotaxis  hat  (II.  H).  die  auch  im  MittelhodideiitKhen  gebiftneh« 
liehe  Verwendung  von  und  in  Bedingungssätzen  (IL  17 1.  was  statt  ob  im 
indirecten  Frago-^atzp  ^TT.  ?0\  die  „Rc Tntiv^tütze"  was  {der  icos  —  qia)  (II. 
-3),  wer  —  si  qitis  (II-      ,  die  „Conjuj^aiion"  des  Bindewortes  (II.  38)  u.a. 

Endlich  mögfn  noch  einige  Eigenthflralichkeiti'ii  den  Dialectes  hervor- 
gehoben werden,  in  denen  sich  gewisse  V.-'vjo  des  VoiksLliarakteiH  kund- 
zugeben scheinen:  die  Vorliebe  tür  miUieiuUe  und  einschränkende  Au»- 
drncksweisen  im  befehlenden  Satze  (IL  4,  8,  II.  12),  die  Vorliebe  flir 
Deminutiva  der  Intfrjoetion  (ächerla,  husrhrrl  u.  a  [1.  11];  biiizuzufüfren 
wäre  hasserla,  welches  bei  Berührung  heiber  Gegenstände  ausgestoben 
wird),  den  potentialen  Conj.  Prät.  an  Stelle  des  Indicativs  (Xo  wog  wdr 
enn  äffa  dös*  —  was  ist  denn  das?),  den  der  Verfasser  erklärt  aus  ^der 
zähf>n  Neifxnuf::  des  Volke«  7m  bedächtiger,  vorsichtig  bedingender  Formu- 
lierung selb'it  der  vollendeten  Thatsache  gegenüber"  (IL  11),  den  Hang  zu 
drastischer  Übertreibung  (IL  16,  81,  33)  u.  m.  a. 

D.  r  Kindruck,  den  uum  von  dieser  Arbeit  gewinnt,  ist  in  jeder  Hin- 
sicht ertreulich  und  erweckt  den  Wunsch,  da^s  es  dem  Verfasser  recht  bald 
gelingen  möge,  die  Darstellung  der  Syntax  dieser  Mundart  zu  vollenden. 

Bielits.  Ferdinaend  Zimmert. 


Für  die  Sehülerbibliothek. 

Bernhard  Land^borg:  StrelfzOge  dureh  Wald  und  Flur.  Eine  An- 

loitunpr  7.nr  Hcobarht un;^  d-M-  liciiiiist  hr-n  Natur  in  Monatsbildern.  Für 
Hauä  und  Schule  bearbeitet.  Zweite  Auflage.  .Mit  ^4  Illustrationen. 
Xlll  nnd  234  SS.  Leipzig  1897.  B.  0.  Tenbner.  Geb.  5  Mark. 

Nicht  oinmal,  sondorn  Öfter  haben  mir  gegenüber  «nf  Spaziergängen 
Freunde  ihr  Bedannn  danibfi  ^'ofnißert.  d;i-,s  hie  <n  wenig  das  :^*'li"n 
gelernt  hätten,  und  dass  ihnen  deshalb  das  Herumgeben  im  Freien  lau*<- 
weilig  sei.  Das  vorliegende  Boch  ist  in  ansgeeeichneter  Weise  geeignet, 
zum  Sehen  und  Bt-nbai  hten  anziehencb-r  VoiL'änge  iui  Reiche  der  i't'i«bten 
Natur,  wozu  an  allen  Orten  reichlich  Gelegenheit  i^t,  anzuleiten  .Schon 
die  Leclüre  dieses  lebendig  geschriebenen  Buches  ist  sehr  lehrreich  und 
fordert  geradezu  heraus,  selbst  Naturvorgänge  zu  beobachten.  Die  Darstellung 
i-<t  '»enioinvor>tf\ndHrh  rmd  ilnrh  strontf  wi.ssenbchaftlich.  "„'»'friippn  von  ilurch- 
au»  modernen  An$»chauungen.  Die  ganze  Natur  gleicht  einem  aufgeschlagenen 
Buche,  in  dem  man  mühelos  flberall  die  interMsantesten  Dinge  lesen  sann, 
wenn  man  eben  d,)>  L-^^en  in  di m  nnclie  icr  Natur  ^'olprnt  hat.  Niemand 
mehr,  der  dieses  Buch  als  seinen  Führer  erwählt  bat,  wird  gleichgiltig 


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Literai'iücbe  BundscUnu. 


46Ö 


im  Kn  ien  heiuiugehen.  sondern  er  wird  überall  und  jederzeit  etwa*  finden, 
da«  sein  Denk»'n  beschäftijjen  wir-1  Einf  i^fwi^^o  B'-ti i^'l]i^:unJT  wir-l  in 
die  Bru«t  einziehen.  Die  Lectöre  dieses  schön  ausgestatteten  Buchen  kann 
nur  wti  wftruate  einpfoblen  werden. 

Wien.  Dr,  F,  Ttehemich. 


Eingelaufene  Druckschriften. 

Rudolf  Lehmann:  Der  deutsche  Unterricht.  2.  Auflage.  Berlin  1897 
(Weidmann  I  9  Mark. 

Ur.  Kichard  K  >>sier:  Die  verbreltetsteii  Sehmettorlinge  Deutseh- 
lands. Leipzii(  189t>  (Teubner). 

Dr.  Otto  WDnacbe:  Die  veflipeltetsteii  PUze  DeuUehlands.  Leipzig 

1896  (Teubner). 

Dr.  Otto  Wünsche:  Die  verbreltotsten  Pflanzen  Deutschlands. 

Leipzitf  18%  (Teubner). 

Ben  M  M  1  LainUbL  i  «,':  Hilfs-  u n d  Übungsbuch  far  den  botaolsehen 

und  z.oologrlschen  Unterricht.  L-ii»/!..'  i'^'tt;  fTeni-nt-- 
Dr.  Jos.  ivrist:   Anfangsg^ründe  der  Naturlehre  für  Gymnasien. 

Wien  1893  (Braumnller). 
Sam  in  hing  (."gehen:  Detttsehes  W6rterhueh  von  Dr.  Ferdinand 

Detter.  Leipzig  lb97. 
Dr.  Jos.  Kubik:  Bealerttlftrung  und  Ansehairaiigsiiiiten*leht  bei  der 

Leetüre  des  Tacl tu s.  i>''7  II'V,i.ti 

Franz  ivörner:  Lehrbuch  der  Physik  zum  Gebrauche  an  höheren 

Gewerbeschulen.  Wu-n  und  Leipzig  ib'J?  (Deuticke). 
Werner  Waiden:  Der  Wald  und  seine  Bewohner  tm  dentsehen 

Liede.  Leij»/,ig  (Meriteburger). 
A.  Weiner t:  Leitfaden  der  Physili.  Berlin  lö97  CSaUej. 
Ekkehard:  Walther  und  Hildegund,  fibersetst  von  Dr.  Paul  von 

Winterfeld.  Iiiii>brurl:  1^'«7  (\Vaf,'r,i  i 

Dr.  Eduard  Koschwitz:  Anleitung  zum  Studium  der  französischen 
Philologie  fOr  Studierende,  Lehrer  und  Lehrerinnen.  Marburg 
1807  (Elwert). 

Dr.  Wilb.  )iu  Schini  !    Der  Attlcismus  in  seinen  Hauptvertretern 

von  Dionysios  von  Halicarnass  bis  auf  den  zweiten  Philostratus. 

Stuttgart  1897  (Kohlhammer),  ß  Mark. 
Stephan  Fellner:  Die  homerische  Flora.  V.'  rr,  ]<^07  ir.iMeii 
Dr.  Joa.  Clemens  Kr  eibig:  Die  Aufmerksamkeit  als  Willens- 

ersehelnung.  Wien  1897  (Hölder). 
Ludwig  M  t  y  i    V  .'..to./  -.'Vi.:;  Die  Stadt  der  Musen.  >  ;  j /  ^^^^^7  (Ciealar;. 
Käding:  Häuflgkeitswörterbuch  der  deutschen  Sprache.  Lieferung  ö 

und  G.  Steglitz  bei  Ikrliu  löliT  (ftelb.-*tverliig). 
Deutsch-Österreichische  Literaturgeschichte.  ^Ein  Handbuch  snr 

Ge>i  hichto  iliT  deutschen  Dichtung?  in  U.sterreicli-T'ngarB. 

Unter  Mitwirkung  hervorragender  Facbgenosseu  herausgegeben  von 

Dr.  Nagl  und  J.  ZSeidler.  Wien  (Fromme).  Liefernng- 1  bis  4  k€Okr. 

=  1  Mark. 

Karl  Steg  mann:  Lateinische  Elementargrammatik.  Leipzig  18% 

(Teubnor). 

Dr.  Julius  Krohn:  Repetltlonstabellen zur Uttelnlsehen Orammatik. 

Brf'slau  189»i  (Koebner). 
Dr.  P.  We ä  e  n  e  r :  Paradigmen  zur  Einübung  der  griechischen  Formen- 
lehre Im  Anschlüsse  an  das  grleehlsehe  Elementarbueh  des 

Verfassers.  isfir,  Teubner) 

Adolf  Pochhammer:  Einführung  in  die  Musik.  Frankfurt a.  JkI.(Bech- 
hold^.  1  Mark. 

Dr.  (;*m)l;:  Fiv  um  ibrr:  Die  Elemente  der  historischen  Laut*  und 
Formenlehre  des  Französischen.  Berlin  1895  (Gärtner). 


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466  Literarische  Rundschau. 

Programme  1886/97. 

Dir.  Dr.  G.  Hergel:  Herzogin  Sophie  Charlotte  von  Alen^on.  (Communal- 

Untergymnasinm,  Aussig.) 
Qymnasiallebrer  Ferd.  Holzner:  Bericht  über  eine  Studienreiae  nach 

Innsbruck  und  München.  (Ebendaselbst.) 
Dir.  Dr.  G.  Her  gel:  Bericht  Aber  eine  Studienreise  nach  Dresden  und  Wien. 

VI.  deut8ch-Ö8terreiclii>cher  Mittelschnltag.  (Ebend.iselbst.) 
Gymnasiallehrer  Ferd.  Holxaer:  Die  deutschen  ächachbttcher.  (Eben* 

daselbst.) 

Prof.  Jos.  De  übler:  Vierzehn  Tage  in  Sicilien.  (Staatsgjmnasium,  Freistadt.) 
Sappl.  Gymnasiallehrer  Dr.  Karl  Schüller:  Unters  Hypothese  über  dae 

Fcldherrnbuch  des  Cornelius  Nepoa.  (St^u,tsgymnasium,  Görz.) 
Albin  Belar:  Das  periodische  Gesetz  und  das  natürliche  Sjatem  der 

Elemente    Stn;i(-  Oberrealschule.  Laibach.) 
Prof.  Ignaz  B  ran  hofer:  Katalog  der  Iglaaer  Lehrerbibliothek.  (Staats* 

gymnasinm,  Ifflau.) 
Franz  Ilesid:  Dramatica  in  slcvensko  üoo9t»o,  (Staat^mnaiittm, 

Liübach. ) 

F.  Hintner:  Prof.  Franz  Seraphin  Gerdinec.  (Ebendaselbst.) 

Eduard  Ott:  Yen  Venedig  bis  tot  Rom  189&  (Staat^gymnasiam,  BOhniiach- 

Lt'ipa.) 

Prof.  Jos.  Blumer:  Die  Familiennamen  von  Leitmeritz  und  Umgebung. 
(Oberrealtchule,  Leltmerits.) 

Franz  Kunz:  Seatenien  in Seoeeas Tragödien.  (Staat^gymnasiam,  Wiener- 
Neustadt.) 

Prof.  Wenzel  Nowak:  Katalog  der  Lehrerbibliothek.  (Staatsgymnasium. 

Pilsen.) 

Prof.  (rilbert  Helmer;  Zar  Syntax  Hugo«  von  Montfort  Das  Verban. 

i  KbtMulHselbst.) 

VictorNavrat:  Das  Gepräge  der  altbdlmuseben  Aleiandreisfragmente  mit 
RückMcht  auf  die  suostantiviseh^  -o-StKnime.  (Staat^^moasinin, 

Prossnitz.) 

Dr.  Eugen  Lammer:  Katal<^  der  Lehrerbibliothek.  (Landes*Real-  und 

Obergymnasium,  Stockerau.) 
Dr.  Anton  Schlosser:  a)  Die  sieben  Kechenoperationen.  ft)  Die  Dreiecks- 

satze.  (Comuiuual-Heal-  und  Obergvumasiuui,  Teplitz-Schüiiau.) 
Prof.  Karl  Müller:  Das  Formalin.  (EbendasellMi.) 

Prof.  Dr.  Franr  T  r  hevnich:  Deutsche  Volksnamen  der  Pflanien  ans  dem 

nördlichen  Bübiuen.  (Akademisches  Gymnasium,  Wien  1.) 
Prof.  Dr.  Ton  ZitkOTSzky:  Nachrnf  an  Prof.  Ludwig  Blume.  (Ebendaselbst.) 
Gottfried  Pfoser:  Die  Ameisenpflanien.  (Gymnasium  zu  den  Schotten, 

Wien  I.) 

Dr.  C.  F.  Vrba:  Zum  Commentum  des  Honuscholiasten  Porfyrion.  (Com- 

inuiial-l{»-al-  uncl  Obergymnasium,  Wien  IL) 
Dr.  Julius  Key/Jar:  Theorie  des  Übersetiens  ans  dem  Lateinische. 

(Staat^gymnasiuui,  Wien  VIII.) 
Prof  Jos.  Golling:  Einleitung  in  die  Geschichte  der  latnnischen  Syntax. 

I.  Die  lateinische  Syntax  bei  den  römischen  Grammatikern.    (K.  K. 

Maximiliana-Gymnasiom,  Wien  iX.) 
Prof.  Jos.  Meise  1:  Zum  Betriebe  des  deutsch-grammatisehen  Unterrichtes 

im  Untergymnasium,  besonders  in  der  IV.  Ctaise*  (Ebendaselbst.) 
Dir.  J.d.  M.  VVasti:  Der  Name:  KarULadwig-Gymna8iom.(Staat8g7mnaaium. 

Wien  XII.) 

Ptof.  Dr.  Franz  Noe:  Der  Schulgarten  des  k.  k.  Karl-Lndwig-Gymnasiums 

in  Wi'  ii.  XII.  Ik'zirk  (Ebendaselbst.) 
Dir.  J.  d.  .M.  Wastl:  Prof.  Paul  Peucker;  Nekrolog.  (Ebendaselbst.) 


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Inhaltsverzeichnis. 


Vorträge  und  Abhandlafigren. 

Uecker  Autou,  Dr.,  Quellenbenützung  im  GeKchichteunterrichte  .  .  löä 
BOtk  Rndolf,  Der  Mangel  an  Lehrern  für  das  Freihandzeichnen  an 

Mittelaefaulen.  —  Die  Mittel  snr  Behebung  dieses  Mangels:  Sti- 
pendien nnd  ZtMchenlelirersorninare  386 

GQttiuaiiii  Max,  Die  Förderung  der  kurperlichen  Ausbildung  an  den 

Mittelschnlen  Österreiebs  •   1 

HerKo?  Hniro,  Dr .  Der  dt^ut.vchc  Unterricht  auk  Obeq^ymnasinm  und 

die  Forderung  der  Concentration  366 

Inrltseli  6.,  Dr.,  Die  Tnttractionen  snin  geographisehen  Uoterriehte 

im  Vt  ihiiltiii^sf  zur  bisherigen  Methode  der  Lehrbücher  ....  367 
JLaiiner  Hlit?o,  (  her  die  Ferialreisestippndien  für  Lehrer  der  natur- 

wiaseoschattUchen  Disciplinen  au  Miitelgchulen    .  376 

Maresch  l*eter^  Die  Piivatlectüre  in  den  altcla8si8chen  Sprachen  .  .  23 
Filsch  JohtBiiy  Dr.,  Die  Principien  der  Mechanik  nacu  Heinrich 

iierU  '6bO 

PolBiie1i«k  Aaton,  Dr.,  Reform  der  PrOfungen  f&r  Gandidaten  des 

Mit;.  :>  hullehramtt  s   146 

SedJmajcr  11.  St.,  Dr.,  Der  Tempel  der  Vesta  und  das  Haus  der 

Vestaiinnen  im  alten  Horn   34 

Mager  Ludwig,  Dr..  Über  politische  und  wirtschaftliche  Bildung  .  339 
Spengler  (*  ii8taT,  Eine  Anregung  auf  dem  Gebiete  des  Anschaoungs- 

Unterrichtes   ,  ,  133 

Vereinsnachrichten. 

Ä.  ^itzung8bericbte  des  Vereines  ^Mittelschule"  in  Wien  ....  49,  166 

B.  Sitrangsberichte  des  Vereines  ,,DeQtsche  Hittelschnle"  in  Prag 

GO,  171,  394 

C.  Sitzungsberichte  des  Vereines  „Die  Realgchule"  in  Wien  70,  181,  419 
J).  Sitzungsberichte  des  Vereines  ,,Mittelachulf  für  Oberösterreich 

und  Salzburg  in  Linz"  Ih,  188,  895 

E.  Sitzungsberichte  des  Vereines  „Bukowiner  Mittelscbale"  in  Czer- 
nowiU  7»,  m,  402 

F.  XV.  Protokoll  der  Arcbftologiechen  CommiisioD  für  die  Öster- 
reichischen Qyinnasien  107 

Standesfragen. 

Danrcr  Frani,  Correferat  über  die  Dienst pragmatik  206 

Daurer  FrauK,  Beachtenswerte  Abtinderungs-i  beziehungsweise  Er- 
gänzungsvorschlüge  zn  den  in  OEernowits  nnd  Wien  Toroerathenen 

Entwürfen  einer  Dienstpragmatik  425 

Schwaic:er  Norbert,  Heferat  über  die  Dienstprogmatik  203 

„OsUiT.  MitU'Ucbule".  XI.  Jahri;.  3JJ 


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468 


Inhaltäverzeicbuis. 


Seite 

Miscellen. 


Bslej  Wlllielm,  Gins  Ludwig-,  Kronniiir  J.,  Pawel  Jaro  und 
Yogt  Karl,  Entwurf  eines  Lehrplanes  tiir  den  Turnunterricht  an 
den  Gyinna8ien  und  Realecbnfen ,  sowie  an  ähnlichen  Jjebr- 

aiistilteii  (V^torrtMclH     .      808 

LeUerer  Siegfried,  Dr.,  Einige  Bildercjklen  aus  dem  claäsischen 

Süden   44a 

Hilß  £.)  Dr.»  Bericht  über  den  VI.  deutsch •Siterreichiaeben  Mittel' 

achultaj?   216 

Müller       Die  Mineralogie  als  Unterrichtsgegenstand  in  den  unteren 

Cla»>en  der  Mitteleehnlen   440 

>'iotäich  Victor,  Dr..  Tmhutiv.'i-  Lelniirniii^  aii^  Geolojfie   427 

Konianovsky  A.,  :?uranier  Meeting  zu  Cambridge  1896   110 

Simon  J.y  Dr.,  Vergleichende  Bemerkungen  sur  Bomer-LectQre    .  .  117 

Literarische  Rundschau. 

AUaiuek  Ludwig^  Uusignierte  Vaaen  de»  Amasis  (Hula)  -  . 

Benseler  O.  S«,  Dr.,  Griechiach'dentsches  Schnlwarterliuch  (HintnerJ  138 

Bloch  Leo,  Dr..  Römische  Alf i'ithumHkundr   Hiilai          .....  817 

littugcr  C'*,  hr.,  Auswahl  au»  Xenophonn  Heltenika  (Hintner)    .  .  .  184 

BVn^r  C*.  Dr.,  .\uswRhl  ans  X^nophons  Anabasis  (Hintner)  ....  184 

Cliri^t  A.  Th.,  Die  CieniKinia  dea  P.  Cornelius  Tacatüs  (Pramnter)   .  456 

DiekenH  Oharies.  A  Christinns  Cirol  (Reiniger)   älä 

Engel  Friedrich  und  StUckel  i'aiii,  Die  Theorie  der  Parallellmien 

von  Eijklid  bis  auf  Ganß  (Oppenheim)   125 

Engnrr  Th.,  Dr..  Lettr>s  fraurn/s'^.^  (Sinion^  .128 

£Tmer  Wenzel.  C-  Juiii  (Jaesaris  de  beilo  civUi  commentavius  iei'iius 

(Schmidt)    457 

Oei  th  Beruhard,  Dr  .  Griechische  Schulgrammatik  (Löbl)   462 

Hal^esy  Eiiicoii  roii,  I^i  .  Flora  von  Niederösterreich  (T.schernich)  .  127 
Kaedin^    F.    \V.,    ll.iuligkejtswörterbuch    der   deutschen  Sprache 

(Schmidt)   467 

Klein  F.,  Vr  .  träge  über  anpgewfthlie  Fragen  der  Elementaigeomebie 

(Oppenheim)   331 

KlelBflefamidt  Emerieht  Leitfaden  der  Oeometne  und  des  geometri- 

!it  n  /••iclint^ns  für  Knabenbürgprschulon  (Meixner)   4fiO 

Laudsherg  Bernhard,  Hilfs-  und  t^bungshnrii  fnr  den  Imtani^^hen 

und  zoolojfifchen  Unterricht  an  höheren  Sclmiuu  und  Seuiimirien 

(Tfcbernich)     462 

Lang'l  Josef,  Gründl i»ge  hervorragender  Baudenkmale  (Bück)  .  .  .  .  323 

Las8ur-Cohu,  Dr.,  Die  Chemie  im  täglichen  Leben  (Keichl)  ....  4fi0 
Haybaan  S*»  Dr.,  Methodik  des  jfldischen  Keligionsnnterricfates 

Hofmann^   830 

Mayer  Franz  Martin,  Dr.,  Lohrbuch  der  nllcremeinen  Geschichte  für 

die  oberen  Classen  der  Realschulen  iSiiijier)   381 

Mourer  11.,  Dr..  (Griechisches  Lesebuch  mit  Wort«chatB  (Ldbl)  .  .  461 
Mivhclit.seh  Anton,  Dr.,  Atomisinas,  Hylemorphi^tmua  und  Natnr- 

wi'isen'-chaft  (Maißl   451 

MUller  Joh.,  Dr ,  Grnndrisa  der  Physik  (Maiß)   453 

Opitz  Theodor,  SttUvsfi  ('r)\f>l  }>'!lwu  Juffurihinum  (Prammor)  456 
Schmidt  JohauU|  hfehülcrcommentar  z\i  (jäsara  Denkwürdigkeiten  über 

den  gallischen  Krieg  (Prammer)   317 

Seemanns  Wandbilder  (Bock)   325 

Thalninyr  Franz,  I>r  .  »Goethe  und  da<  «1  i»sische  Alterthum  (Löhner)  45« 

TlIleh«^  Alois  E.,  Zur  .Ju^endhortfragc  ^Kessler)   463 

'l  u\)v\y.  Tli.,  Dr..  Orbis  pictus  des  A.  Comeniiis  (^imon^   331 

Vollx'hr  Theodor,  Dr.,  Gc  the  und  die  i.iKi- lal-  Kunst  (Böck)  .  .  .  326 

VoUbi'ccht  Ferd«,  Xeuopbons  Ai^abasis  (Uintuer)   12^ 


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Inbaltsverzeicbois.  469 

Seite 

Weüs&cker  Panl,  Dr.,  Pol^gnois  Gemälde  in  der  Lesche  der  Knidier 

in  Delphi  (Böck)  824 

Williuaiin  Otto.  (i.    '  l  hte  des  Idealismus  (Toiscber)  180 

Wrany  Adalbert,   Di.,   Die  Pflege  der  Mineralogie  in  Böhmen 

(Scbimek)  327 

PFOgTamme. 

Bmnbaco  II.,  Die  Conjugation  im  Romänischen  in  ihieia  Verhältnisse 

tar  l:iteini«;hen    838 

Ckrapek  J.  ,  JioJzaj  rzpczmoniköw  niemteckich  (Daa  Geschlecht  der 

deutschen  Hauptwörter)  884 

Kftti  Kberbftrd,  Ht^rbarts  Regierung,  ünterricbt  und  Zucht  nach  dem 

Inhalti'  it'iuotinciort  128 

]Uuilien!HCh(Mil  Johann,  Über  dm  Orinoco- System  und  dessen  Er- 

RohliclMlug  129 

Sehicpok  Josefy  UntersnchuDgen  Ober  den  Satsban  d&r  Ei;erlftnder 

Mondart  463 

SchnbeH  Fr.,   Zur  mehrtacben   präfijcalen  Zu>«mmensetzung  im 
Griechischen  888 


Für  die  Sehülerbibliothek. 

BalMnal  H«!  Unser  Wien  in  altor  und  neuer  Zeit  (Gorge)  ....  384 
LmiBberf  B«nih«rdy  StreifzQge  durch  Wald  und  Flur  (Tbchemicb)  464 


Eingelaufene  Drnckschriften   130.  336,  465 

Ehrung  de»  Herrn  Hofrathes  Anton  Maresek  837 

VI.  dentsch-ystcrrcfchfscher  Mittolschultair  ...........  181 

YlIK  allgemeiner  deutscher  Neuphiiologentag  838 

MtUhellnnff  der  MMtlon  182 

IMekll^nr  132 


■Vcraii'«ot;,i.  !!■  1  K.  Lu  ti^ur:  IW.  Feodor  Hoppe  tu  Wisn. 
K.  u.  k.  Uofbucbdnickerei  Jos.  .Peichtiuger»  £rben»  Lim. 


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ÖSTERREICHISCHE 


MITTELSCHULE. 


„MITTELSCHULE»  und  „DIE  REALSCHULE»  ik  WIEN, 

„DEUTSCHE  MITTELSCHULE"  ik  PUAG, 

«mTTELSCHULE  FÜR  OBERÖSTERREICH  UND  SALZBURG 

IN  LINZ» 

UND 

„BUKOVVINER  MlTTELiSCHÜLE  IN  CZEliiNOWlTZ". 


PROF.  PETER  MARESCH 

DT  WIEK, 

PROF.  FRANZ  HALUSCHKA 

IN  WIEK, 

PROF.  DR.  ADALBERT  HOROiCKA 

IN  UNZ, 


REDIGIERT 

TON 

PROF.  DR.  ANTON  FRANK 
IN  WIEN, 

PROF.  ANTON  MICHALITSCHKE 

IN  PBAO, 

PROF,  DK.  AKTON  POLASCHEK 

IN  CZERNOWIIZ. 


WIEN  1898. 
ALFRBD  HÖL.DEH 
K.  U.  K.  HOF*  UND  UNIVERSITATS-BUCHHJLNDLER 

BOTHENTBDBMSTRABBE  16. 


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AU«  Rechte  vorbehalte 


Vorträge  und  Abhandlungen 


Wie  soll  der  psychologische  Unterriciu  an  Mittelschulen 
und  wie  soll  die  pädagogische  Psychologie  zu  den 
PosLuiaten  der  modernen  Gehirnph^sioiogie  Stellung 

nehmen? 

Vortrag,  gehalten  in  der  Philosophischen  Section  des  VI.  d<^nN' b -.».t«  ! - 
reichischen  Miitelschultages  zu  Wien  (18.  April  1897)  von  Dr.  Aloii»  HöÜer, 
Professor  am  Thereniunisehen  Gymnasium,  Privatdocent  der  Philoeophie 
und  der  Pädagogik  ui  der  Univertiität  Wien. 

Hochgeehrte  Versammlung!  Die  beiden  Fragen:  1.  Wie 
soll  der  psych oloffische  Unterriclit  an  Mittelschulen  — 
und  2.  AVie  soll  n'w  pn <I a troo^ische  Psychologie  zu  den 
Pü.stulaten  der  mudeiuen  Gtiuniphysiolog'ie  Stellung  nehmen? 
—  waren  vielleicht  noch  vor  wt-nigen  Juhren  kurz  h«';i)itwortet 
wurden  mit:  Gur  nicht,  (iehiruphysiologie  geht  den  Gymua«ial- 
echttler  ebensowenig  an  wie  den  Gymnasialpädagogen.  Nun, 
aach  das  w&re  ja  doeh  wenigstens  eine  Antwort,  wäre  sehen 
eine  bestimmte  Art  von  ^Stellungnahme".  Und  in  der  That 
wünschte  ich,  indem  ich  in  Ihrem  Kreise,  hochverehrte  Herren, 
jone  beid»*ii  Frarren  übfrlinupt  znr  ?5prache  bnnf^e,  zunächst 
^'Av  »ichts  anderes  zu  •'n-ciclieu.  als  uns  Gymnasial psycliologen 
im  doppelten  Sinne,  ich  meine  die  Lehrer  der  PsycliologR'  und 
die  Aubüber  einer  auf  Psychologie  basierenden  püda«rf)gischeu 
Praxis,  den  Vorwurf  zu  er&pareu^  als  wollten  wir  ge^^enüber 
dem  immer  btOrmischeren  Andringen  der  physiolo^ehen  Psycho- 
logie einfach  Vogel  Strauß  spielen.  Auch  falls  wir  jene  absolute 
Negation  für  das  Richtige  halten,  müssten  wir  dies  einmal  laut 
und  deutlich  sagen  —  sonst  aber  einmal  versuchen,  die  Grenz- 
linie zwischen  dem,  was  möglich  ist  und  was  nicht,  uns  klar 
zum  Bewusstsein  zu  bringen. 

Den  äulieren  Anlass,  dass  icli  jtMn*  zwei  Fragen  auf  diesem 
Miitelschulta^e  anzuregen  versuche,  bilden  zwei  ganz  concrete 
wiBsenschafthche  Vorkommnisse  aus  der  jüngsten  Zeit. 

Ich  meine  zunächst  die  mehr  als  lebhane  Debatte,  welche 
sich  auf  dem  MOnchener  Psychologencongress  im  August  des 
vergangenen  Jahres  an  Pal  i.  Fli  c  hsigs  Vortrag  „Ober  die 
AssociaüoQScentren  des  menschlichen  Gehirnes^  geknüpft  hat. 

t.Osterr.  MUtelaebule".  XU.  Jahi«.  1 


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2 


Dr.  Alois  Hötler. 


Wenn  man  sonst  auf  zwei  Schwesterwissensebaflen  wie  Physio- 
logie und  Psychologie  gern  das  Wort  „Getrennt  marschieren, 

vereint  selilagen"  anwenden  möchte,  so  hat  das  Wort  ^.vereint 
schhigt  n''  in  jener  Discussion  auf  dem  Psyehologencongress  den 
noch  etwas  stärkeren  Sinn  an<Tenomaien,  dass.  wiihr<»nd  sonst 
gewöhnlich  die  Phj'siologHn  aut'  die  Psychologen  lfis/.uscli]n<jen 
pflegen,  dies;iiial  die  Psychohigen  gelegentlich  auch  einmal 
zurückschlugen.  So  fiel  seitens  Lirrs  das  Wort:  ..Wir  können 
die  Spraehe  der  Psychologie  nicht  eintauschen  gegen  das 
Lallen  der  Gehirnphysiologie."*)  Dagegen  wieder  warf  laut 
gedruckten  Berichtes*)  Dkchterrff  (8t.  Petersburg)  die  Frage 
auf:  j.Wer  soll  die  Psychologie  ausarheiten  ?"  —  und  antwortete: 
„Die  Physiologen  und  P.sychiater  sollen  die  Psychologie  bo- 
arbeiten.  Wer  nicht  ernste  Fachstudien  als  l'liysioldrre  und 
Psy<-hiater  (Inichgemucht  hat,  wird,  wenn  er  sieh  ini  kiinttigen 
Jahriiini(lerte  als  Psychologen  bezeichnet,  von  ernsten  Menschen 
angesehen  und  behandelt  werden  wie  jemand,  der  sich  Archi- 
tekt nennt,  ohne  eine  technische  Schule  oder  Bauakademie 
besucht  zu  haben.  Das  ist  meine  feste  Überzeugung."  Worauf 
der  Vorsitzende  Stu.mpp  (Berlin)  erklärte:  „Gegenüber  einer 
derartigen  Verschärfung  des  Gegensatzes  scheint  mir  eine  Dis- 
cussion fruchtlos." 

Meine  Herren!  Wir  liaheii  uns  luer  nicht  zu  einem  rein 
theoretisch-akademifecheii  Cougress  zusannuengefundHii  und  haben 
also  Uiclit  das  Beueficium,  so  sehneil  eine  Discussion  /u  schlielieu: 
wir  müssen  sie  vielmehr  erst  recht  eröffnen,  da  eben  an  unseren 
Schulen  seit  der  zweiten  Hälfte  des  XIX.  Jahrhunderts  Psycho- 
logie tbateäehlich  vorgetragen  wird  und  auch  im  XX.  hotfent- 
lieh  vorgetragen  werden  wird.  Von  wem  dann:  von  Physiologen  ? 
Wäre  es  auch  nur  halbwegs  so,  wie  es  jener  letzte  scharte 
Debatter  will,  so  müs^t'ni  wir  uns  schämen,  inisereii  AitiTiirii'nten 
eine  P.sycholn^iestunde  zu  ^;ebcu:  nach  dem  Lelu  jilajie  siiul  di'  -e 
eben  Psychologiestunden  und  nicht  Filyhiulogie^tunden.  Ja  wir 
niüssteu  uns  schämen,  überhaupt  unseren  Beruf  als  Lehrer  und 
Erzieher  fQrder  auszuüben :  denn  gestehen  wir  es  nur,  wir  sind 
höchstens  pädagogische  Psychologen,  von  der  Physiologie  pflegen 
aber  die  meisten  von  uns  noch  weniger  zu  wissen  und  wissen  zu 
wollen  als  von  der  Psychologie,  Las.sen  iSie  mich  denn,  meine 
hochgeehrtt  n  llen-en  Collegeu,  ein  Wort  zur  Güte  innerhalb 
des  Uahmeus  unserer  bescheidenen  Mittelschul/. wecke  versuchen. 


')  In  dem  olticiollen  Berichte:  .dritter  intenialinninfr  roii;^i>>s  tär 
r^ycholo'jip  in  Miinchen  vom  4.  7.  Auf^uHt  IhlM'».  >?'ir.i  lim.  Vorlii:»  von 
.1.  K.  liehiuann.  18D7  ^>.)"'  hat  Lipf^,  otfenUvr  um  nicht  «len  Schein 
SU  erwecken,  rU  habe  er  Terletsen  wotleti,  seinem  Geflanlceii  die  Fit<;9ung 
j^efToiipn:  _nio  >ri;.M'ii  innton  |)hysioloj.nsohen  KikU^rnniren  psvchischnr  Kr- 
»chc'inuDifen  >-ind  die  Übersetzung  wirklicher  oc1<t  vernjeinihcber  |i«ycho- 
lofrischcr  firkenntn»  aus  der  Sprache  der  ('»ycholojtie  in  die  Sprache  der 
Gehirn physioloi^i^'"  tS.  163). 
al  a.  O.  S.  73. 


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Wie  soll  der  psychologische  Unterricht  an  Mittelschnlen  etc.  3 


Vielleicht  lässt  sich  wenigstens  für  uns  ein  ^7nodus  vivendi^ 
tinden,  der  zugleich  ein  „moifus  tu  ichvs^  ist. 

Zuerst:  Besteht  die  Möglichkeit  und  das  Uedürfnis,  unseren 
psychologischen  Propädentiknnterricht  auf  physiologische  Grund- 
lage zu  stellen?  DasCapitel  ^H.  Philosophische  Propädeutik" 
der  Instruction  vom  Jahre  1884  (S.  301  ff.  der  officiellen  Aus- 
gabe) scheint  <l:is  gerade  Gegentheil  zu  sagen:  ,,In  der  Lehre 
von  den  Emptindungen  ist  das  anatomisch-physiologische  Bei- 
werk auf  (las  AllernothwduÜLrste  zu  beschränken,  na  ohnehin 
das  dahin  Irehörige  ini  nuturwis-sensrhaftlichen  Uuteniclite  «Zoo- 
logie, Physik)  der  oberen  Classen  auslülirlicher  behandelt  wer- 
den muss.*'  Sie  sehen,  meine  Herren,  dass  von  Physiologie  hier 
überhaupt  nur  in  Beziehung  auf  den  Abschnitt  von  den  Em- 
pfindungen die  Uede  ist,  wiew^ohl  die  Instructionen  kurz  vor- 
her ausdrücklich  die  denkbar  weitestgehende  Forderung  stellen: 
„Der  volle  Reichthura  der  Erscheinungen  des  seelischen  Lehens 
ist  df»m  gereiften  Schüler  begriff  lieh -syst^mn  tisch  zu  er- 
x-hli^^ltfii.''  Da  nun  scliun  lifi  dein  drr  IMiysiolofric  iiiichst- 
stelieiiih'ii  Capitel,  den  Eiiiptindungen.  von  Anatuiuie  und  IMiysiu- 
logie  nur  als  von  einem  ^jUeiwerke''  die  Rede  ist,  so  duii  es 
uns  nicht  wundern,  wenn  wir  im  weiteren  überhaupt  nichts  von 
einer  physiologischen  Theoiie  der  Association,  des  Gedächtnisses, 
des  Willens  u.  dgl.  vernehmen.  Und  so  liegt  denn  die  Deutung 
nahe,  dass  eigentlich  in  der  ganzen  Gymnasialpsychologie  von 
Physiolo^rip  nicht  die  Rede  sein  solle.  Falls  diese  Deutung 
wirkiicli  zutritl't.  standen  also  rlie  Ttistrn(*tion«Mi  von  1S84  auf 
einem  Standpunktr.  den  die  Anpreisn-  dci-  i^hysiologischen 
Psychologie  höcli.st  unniodcni  neuntn  würden;  so  ist  unter 
anderem  kein  Zweifel,  dass  z.  B.  Decutekki-f  den  Ausdruck 
„Beiwerk''  gewaltig  übelnehmen  müsste. 

Gleichwohl  wage  ich  es,  zunächst  einmal  den  Ausdruck 
„Beiwerk"  in  einem  Sinne  iIuk  liaiis  zu  vertheidigen.  Es  hat 
mir  immer  einen  sonderbaren  Eindruck  gemacht,  wenn  ich  ein 
Buch  —  sf»i  (»s  ein  Gyninasiallehrbuch,  sei  es  ein  wissonschaft- 
liches  Buch  mit  ih  ni  Titel  ,. Psyehologie"  —  aufschlug,  um  darin 
wirkliche  Psycbolo^nr  zu  lesen,  und  wenn  ich  nun  Mittheilungen 
über  die  Zahl  der  Knochen  unseres  8kelets  (wie  in  einer  alten 
Psychologie  für  Lehrerbildungsanstalten  von  Dbbal)  oder  eine 
große  Zahl  von  an  sich  sehr  schönen  Abbildungen  Yon  Rüeken- 
niarksquerschnitten,  von  Nasenhöhlen,  von  Zungen  nebst  zahl- 
reichen Formen  von  Zungenpapillen  u.  dgl.  m,  in  behaglicher 
Breite  dargestellt  fand.  Denn  alles  das  ist  Anatomie  statt 
Psycho1on;i(\  Und  zwar  'nicht  einmal  Anatomie  als  Hilfs- 
wissenschaft der  Psychologie:  es  werden  ja  thatsächlich  aus 
der  anatomischen  Besunderheit  der  beschriebenen  Orgaue 
keinerlei  Aufschlüsse  und  Besonderheiten  der  p.sychologischen 
Daten  ~  im  letzten  Beispiele  also  der  Geschmacksempfindungen 
als  solcher  —  gewonnen  oder  auch  nur  zu  gewinnen  versucht. 
In  Wahrheit  fangt  aber  die  Psychologie  der  Sinnesempfindun- 

1* 

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4 


Dr.  Alois  Uöfler. 


Sen  geuau  erst  dort  an,  wo  von  den  Etupdndungsiuhalteu 
ie  Redeist  Eine  ps}  c  ho  logische  Thatsaebe  der  Empfindungs- 
lehre ist  es  z.  B.,  dass  sieh  die  Tonempfindungen  in  eine  Reihe 
ordnen  lassen,  die  Geschmack.seTU|)fnuluiigen  nicht.  Diese  Sach- 
lage aber  erkenne  ich  ausschliellhch  aus  innerer  Wahrnehmung 

—  die  genaueste  Kenntnis  der  Lnp^erung  der  Hörnervenfaser- 
Endigungeu  kann  mir  über  jene  Eigeiithüinliflikeit  der  Ton- 
empßndungen,  welche  eine  der  psychülogischeu  Gnmdlageu  für 
die  Möglicnkeit  einer  Tonkunst  ausmacht,  nicht  das  Geringste 
verrathen.  Liegen  doch  sonderbarerweise  die  Fasern  für  die 
höchsten  Tone  in  den  breitesten  Theilen  der  Schnecke,  die 
für  die  tiefsten  Töne  au  der  schmälsten  Stelle  der  „Claviatur" 

—  also  gerade  umgekehrt,  wie  die  Saiten  eines  wirklichen 
Clavieres.  so  dass  hier  ein  versuchter  Schluss  vom  Anatomischen 
aufs  Psychologische  gerade  das  Gegenthoil  der  psychologischen 
Wahrheit  liefern  würde.  —  Ich  meine  also,  insoweit  ist  Ana 
tomie  wirklich  nur  ein  ,,Beiwerk''  der  Psychologie.  Und  un- 
streitig ist  auch  souüt  der  Püychologielehrer  viel  weniger  der 
richtige  Mann,  von  Zungenpapillen  u.  dgl.  zu  sprechen,  als 
der  Naturhistoriker  der  Vi.  Classe. 

Ganz  ähnlich  stünde  es,  wenn  der  Psychologielehrer  das- 
jenige in  aller  Breite  vortragen  wollte,  was  in  der  Physik  der 
Siunesqutilitäteu  ( Wärme.  Schall,  Licht)  über  die  physikalischen 
Erreger  dieser  Empfiiidungeu  gemäli  dem  Lehrplane  vorgetragen 
wird.  —  Freilich  sind  auch  Cunipftfii/überschreitungen  in  um- 
gekehrter Richtung  weder  der  Physik  noch  der  Psychologie 
zum  Heil:  ich  meine  nämlich,  wenn  im  Physikunterrichte  von 
den  Empfindnngsinhalten  als  solchen,  von  den  Tönen,  den 
Farben,  den  Wärmegraden  in  ungenauer,  missyerständlicher, 
ja  manchmal  die  psychischen  Thatsachen  geradezu  entstellender 
Weise  gesprochen  wird.  Ein  Beispiel  ist  der  traditionelle  Satz: 
„Die  Kälte  ist  ein  geringerer  Grad  von  Wnrrae."  Was  physi- 
kalisch damit  gemeint  ist  oder  wenigstens  gemeint  sein  sollte, 
wisHen  wir  alle,  und  auch  dem  Anfänjrer  in  Phvsik  ist  es  als- 
bald  beizubringen.  Psychologisch  aber  ist  ebenso  gewiss 
Kälte  kein  geringerer  ^Grad"  Ton  Wärme,  sondern  ein  con- 
trärer  Gegensatz  su  ihr,  so  gewiss  Schwarz  psychologisch  nicht 
ein  geringerer  Grad,  sondern  ein  Gegensatz  zu  Weiß  ist.*) 


M  2*eccatur  intra  muroft  et  exira:  Hier  nnr  noch  ewei  Beispiele  am 

dem  Gebiete  der  Gehörsempfindungen: 

1.  Ea  gibt  Fhyaiklehrbücher,  in  denen  zu  lesen  ist,  das»  „die  Octav 
das  Doppelte  des  Grundtones*  sei.  Schwiugungszahl  und  TonhOhe  sind  hier 
einfach  itlentlfi<  ieit  oder  —  confuiidit-rt 

2.  Noch  in  der  fünften  [\)  approbierten  Auflage  von  Lixdsers  .Lehr- 
buch der  empirischen  Psychologie  als  inductiver  WiMenschaff*  (1883  — 
ich  weiß  nicht,  hin  zur  wievielten  späteren  Auflage  sich  die  Stelle  erhalten 
bat  —  in  der  Bearbeitung  von  liindnor-T/ukas  ist  sie  Termieden)  iat  za 
lesen:  „Diese  drei  Merkmale,  durch  welche  &ich  .  .  .  die  Schwingung 
<Oscillation,  Vibration)  chnrakterisiert,  sind  folgende:  Erstens  die  Dauer 
der  Periode  .  •     zweitens  die  Sohwingnngsweite  .  .     drittens  die  Art 


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1 


Wie  soll  der  psychologische  Unterricht  an  Mittelschulen  etc. 


6 


Ich  darf  nicht  länger  bei  solehen  Einsellieiten  verweilen. 
Vieileieht  haben  die  Herren  Fachgenossen  die  Freundlichkeit, 
Einsiebt  zu  nehmen  in  meine  ^Gnindlehren  der  Psycbologie**, 
in  welchen  ich  es  gewagt  habe,  innerhalb  der  Empfindunga- 

lehre  eine  möglielist  strenge,  wenn  Sie  wollen.  sehroflV»  Ab- 
greuzuug  zu  tretieu  zwischen  der  psychologischen  Be- 
schreibung der  einzelnen  Empfindungsgattungen,  -Spe- 
eles und  -Reihen  einerseits  und  den  physikalischen  und 
phy Biologisehen  Lehnbecriffen  und  Lehnsätsen  ander- 
seits. Natürlich  kommt  hiebei  nicht  ein  physikalischer  oder 
ein  physiologischer  Be|(riff  vor,  den  der  Schüler  der  VIII.  Classe 
nicht  schon  im  uaturhistorischen  und  dem  physikalischen  Unter- 
richte viel  aiisführlieher  erörtern  gehört  hat;  /..  B.  Helmholtz' 
Theorie  «IfM-  Klansrfjirbe  u.  dgl.  m.  Gleichwohl  habe  ich  mich 
bemüht,  diese  \\  lederholnngen  Kpeciell  aus  dem  physikalischen 
Unterrichte  in  derjeuigeu  begritl  liclien  Schärfe  zu  formulieren, 
welche  der  Schüler  aus  dem  Unterrichte  der  exacten  Wissen- 
schaften 2nm  Glücke  gewohnt  ist.  Was  eine  Verwasehnng  nnd 
Verflachunff  physikalischer  Begriffe  in  der  bekannten  Weise 
der  schlechten  Popnlärliteratur  den  an  gediegenere  Kost  aus 
dem  sonstigen  Gymnasialiintemchte  schon  gewöhnten  und  un* 

und  Weise,  wiß  die  IJewegunji?  innerhalb  einer  Periode  bei  derselben 
Schwint^ungsdauer  und  Schwingungsweite  vortichgeht  (in  einer  Ge- 
raden, einem  Krrjsf  in  lier  ElH))^e  u.  s.  f.)  und  die  man  nh 
Schwingungsform  bezei*  hnen  kann,  jüie  Kigenthüralicbkeit  der:fchwin- 
gungsform  macht  sich  subjtctiv  dorcb  die  Eigenthfimlicbkeit  der  Klang- 
farbe bemerkbar  ..."  Es  ist  unglaublich,  dass  Hei.mholtz'  glänzende  und 
gerade  durch  ihre  lofji-che  Klarheit  auch  für  den  naturwissenuchaftlichen 
und  psychologischen  Intenicht  classiscbe  Lehn'  von  der  Klangfarbe  von 
einem  Lehrbuchverfasser  so  hat  ini»»erBtandt>n  \in<l  entstellt  werden 
könnon.  Also  die  Luft  im  Gehörgangp  tind  wohl  aucli  die  Theilchen  des 
Trommelfelle»«  dachte  sich  Lindkek  als  ^in  Kreiden,  KUipaen  n.  t.  f.* 
tchwingend!  Di«9  en  verwecbfeln  mit  der  Superposition  von  Sinns- 
linien  ist  un^jeHilir  ebenso  erlaubt,  wio  —  «'int-n  Ciri  uiuncx  auf  die  viert- 
letzte Silbe  setzen.  —  Dase  Lindnkk,  wie  ich  höre,  einstmals  Kachlehrer 
fiir  Physik  gewesen  ist,  macht  das  Vorkommen  jener  physikalischen  Un- 
möglichkeit in  seinem  vielgebrauchten  Bnche  nicht  weniger  beschämend. 

Ich  hahe  dieso  bridon  l'<Mspiele.  deren  eines  einem  F^hyniklehrbuche, 
diis  andere  einem  Fsjchoiogielebrbuche  zur  Last  fallt,  demjenigen  Sinnes- 
gebiete entnommen«  anf  welchem  es  dank  einer  2000jährigen  Entwicklung 
von  PYTTi.vnoitAs  l.is  auf  Helmholtz  Unklarheiten  und  Entstellungen  im 
Unterrichte  einfach  nicht  mehr  geb«n  darf.  Kein  Wunder,  dass,  wenn  es 
trotzdem  sogar  hier  noch  Verwecbalnngen  von  Tonhöhen  nnd  Schwingungs- 
zahlen gibt,  es  auf  dem  Gebiete  der  Farben  noch  kunterbunter  zugeht.  So 
le«^•nn  wir  in  der  vielfach  verdienstvollen  Physik  von  Pai'L  Ukis  (nchto 
Auflage.  1893):  „Farbe  und  Licht  sind  .  .  .  identisch"  (S.  385);  ebenda 
lesen  wir  von  „Licht,  das  aus  zahllosen  Schwingungnahlen  oder  Farben 
?.n-aninir'n|:^osptzt  ist";  ebenda:  „weißglühende  Körper  .  .  .  strahlen  oino 
unendliche  Anzahl  von  verschiedenen  Schwingungitaahlen  aus."  Ebenso 
S.  886:  „Auf  der  verschiedenen  Brechbarkeit  der  verschiedenen  Schwingunga- 
z«ihlen  beruhen  die  berühmten  Versuche  Newtons."  Und  so  <r('ht  «  -i  fort. 
Gewiss  sind  das  zunächst  nur  sprachliche  Laxheiten.  ^Venn  sich  nur  nicht 
zeigte,  dass  die  populiutii  Phrasen  „Töne  sind  Schwingungen'',  , Farben 
sind  Schwingung'*  n"  u.  s.  f  sehr  hänfig  eine  ganse  Naturphiloflophtef  den 
kinetischen  JUAtenalismua,  einschließen. 


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6 


ür.  A  lois  Uöf  ler. 


mittelbar  au  der  Schwelle  des  Hochschulnntemchtes  stehenden 
Studierenden  nützen  könnte  and  sollte,  vrar  mir  allezeit  un- 
verständlich. Aber  freilich,  es  gibt  nicht  wenige,  welche  den 
Ruf  „Physiologie I"  unablässig  im  Munde  tiilircu.  diibei  aber  an 
nicht  mehr  als  an  das  luftige  Postulat  denken,  es  werde  sich 
schon  noch  einmal  „zu  jedem  psychischen  Vorgange  ein  physio- 
logischer Parallel  Vorgang  construieren  lassen".  Der  Mühe  ernster 
wissenschaftlicber  Arbeit  aber,  welche  auch  nur  die  exacte 
Besehreibung  psychischer  Thatsachen  als  solcher  kostet, 
und  ebenso  der  Mühe,  ohne  welche  ein  erfolgreiches  Studium 
auch  nur  der  mathematischen  und  [iliysikalischen  Theile  der 
Schriften  einef?  Hklmhot.tz  über  physiologische  Akustik  und 
Optik  namentlich  dem  Xiehtphysiker  Nerschlossen  bleibt,  jttlegen 
iiKiuclie  der  lautesten  Kuter  im  ^Streite  sorgfüliig  aus  dem  W  ege 
zu  gehen. 

Es  wird  heute  noch  einmal  Geleffenheit  sein,  die  Grenzen 
zwischen  Psychologie  und  Nichtpsychologie,  auch  soweit  es 
unseren  psychologischen  Elementarunterricht  der  VIII.  Classe 
angeht,  scharf  ins  Auge  zu  fassen,  nämlich  auschlielleud  an 
den  dritten  der  uns  für  heute  versprochenen  Vortrage,  welchen 
Herr  Dr.  WiTASKK  auf  meine  Bitte  unserer  Section  halten  wird. 
Vielleicht  hai>en  manche  von  Ihnen,  meine  Herren ,  indem  Sie 
das  Wort  ..psychol(t«ri.sehe  Schulversuche''  in  unserem  Progrumme 
lasen,  auch  hierin  einen  Versuch  befürchtet,  die  üymnasial- 
psychologie  an  die  Physiolof^te  auszuliefern.  Denn  in  sehr  weiten 
Kreisen  denkt'  man  bei  „Kxperimentalpsychologie"  immer  viel 
mehr  an  einen  Zweig  der  Physiologie  als  <]  i  Psychologie. 

Gestatten  Sie  mir,  hier  eine  persönliche  Erinnerung  an- 
zuknüpfen. Es  war  gerade  jetzt  vor  zehn  Jaliren.  als  ich  das 
einzigemal  in  meinem  lieben  fünf  Monate  lang  dasdiück  wissen- 
schaftlicher Mube.  nämlich  einen  Urlaub  behufs  Abfassung 
meiner  Logik  und  Entwerfung  der  zugehörigen  Psychologie 
genoss.  Ich  brachte  ihn  in  Graz  zu,  wo  MKixoNtt  als  der  erste 
in  Österreich  ein  Übungscolteg  unter  dem  Titel Experimentelle 
Psychologie'*  abhielt,  mbikoku  beschaffte  die  für  den  Anfang 
unentbehrlichsten  Apparate  aus  eigenen  Mitteln,  und  ich  Ter* 
brachte  mit  ihm  manchen  Abend,  Farbenkreisel  zu  pappen  u. 
dgl.  m.  Seither  haben  sich  jene  Anfiinge  ausgewachsen  zu  einem 
..Psychologischen  Laboratoiiuin  aji  der  Univei"situt  Graz",  dem 
er.sten  in  Osterreich  wirklich  activierten.  Und  wie  ich  jenem 
unorganisierten,  so  ist  Herr  Dr.  \Vit.\j>kk  diesem  organisierten 
Institute  zu  Gevatter  gestanden,  nämlich  als  Priratassistent 
Prof.  Meikongs.  Gestatten  Sie  mir  sofort  an  dieser  Stelle,  den 
beiden  genannten  Herren  meiuen  persönlichen  Dank  aus- 
zusprt^chen,  dass  Prof.  MtiNoxa  einige  Apparate  und  dass  Herr 
Dr.  WiTASEK  seine  Zeit  und  seinen  Eifer  unserer  heutigen 
St'cti  nissitzung  zur  Verfügung  gestellt  haben.  Für  jetzt  aber 
erlaubt'ii  Sie  mir,  ohne  dass  ich  damit  der  l)i-rU'>>ion  über 
physiologische  Psychologie  in  der  öchule,  über  psychologische 


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Wie  »oll  der  psychoioguche  Unterricht  aa  Mittelschulen  etc.  7 


SelitttTerBttciie  und  was  sonat  als  neues  Leben  aus  den  Ruinen 
der  alten  Psychologie  erblflhen  will,  irgendwie  Torzugreifen 
wQuschte,  die  Antwort  auf  die  erste  Frage,  nämlich:  ,,Wie  soll 
der  psychologisciie  Unterricht  au  >rit telschuleu  zu  den 
Postulaten  der  modernen  Nerven physiologie  Stellung  nehmend'", 
zusammeuzut'asfieu  in  die  folgende 

I.  These: 

Insoweit  die  Bargtelluug  der  psychiselieii  Thatsachea 
aaf  Grenzgebiete  der  Psychologie  und  der  Physiologie 
fahrt,  ist  strenge  darauf  za  uditen,  dass  den  Hchfilem 
nicht  anstatt  psyehologiseher  Begriffe  und  Gesetze  physio- 
log^isdu'  irchotc»!  worden.  Was  vom  anatoniisehen  Uane  der 
sensorischen  und  motorischen  Organe  und  von  deren  physio- 
logischen Funrtioiien  im  Psychologieunterrichte  zu  b©- 
rQhren  ist,  kann  sich  durchwegs  auf  eine  Wiederholung 
des  UHturwissenschal'tlicheu  Unterrichtes^  namentlich  der 
Bomatologie  der  YL  Classe»  der  physikaUsehen  (und  physio- 
logischen)  Akastik  und  Optik  der  YIIL  Olasse  beschr&oken. 
Umso  deutlicher  wird  aber  den  Schfileni  der  wesentliche 
l  nterschied  zwischen  einer  physikalischen  Betrachtung 
der  KT]ii>findungserreger,  de?*  plivstolofrlschen  Ue- 
trachtuug  der  Kmpfindungsorgiiue  und  der  jisyeho- 
lo {Tischen  riitersiichung  der  Enipfindnngsi iihulte  als 
solcher  zum  liewusstsein  gebracht  werden  müssen.  Und 
zwar  können  einer  solchen  begriiflichen  Kl&mng  und 
Ahgrenzang  der  physikalische  und  der  natarhistorisehe 
rnterricht  darch  sorgfältige  Termeidang  verwirrender 
Ausdrucksweisen  zwar  wirksam  vorarbeiten,  die  ab- 
schneidende Belehrung  fiber  den  tiefgehenden  Unterschied, 
ja  Gegensatz  des  Physischen  und  Psychischen  bleibt  aber 
dem  psychologischen  Unterriclite  als  solchem  vorbehalten 
und  bildet  eine  der  bedeutsamsten  Aufgaben  des  plülo- 
sophisch-propädeutischen  Unterrichtes  Oberhaupt. 

Indem  ich  von  einem  Gegensatze  der  zwei  wie  immer  innig 
aneinandergreuzenden.  aber  eben  nicht  ineinander- 
fließenden Gebiete  Psychologie  und  Physiologie  gesprochen 
und  vor  einem  Hiuüijerführen  unserer  PsychologieschiUer 
üher  jftio  (n-'n/f  [r«'wariit  hübe,  hoffe  ich  gerade  (hireli  das 
H^^toiien  dv6  iiffjritlfs  ..(Trcii/t'"  hinreichend  deutlich,  wenn 
auch  bisher  nur  tmiAiciU,  äL  iiua  inriuer  Überzeuguug  Ausdruck 
gegeben  zu  haben,  dass  der  Psycholugiel ehrer  seinerseits  auch 
auf  dem  Gebiete  jenseits  jener  Grenze  —  ich  will  nicht  sagen 
heimisch,  gewiss  aber  auch  nicht  ganz  unbewandert  sein  mUsse. 
Als  eine  These  formuliere  ich  das  nicht.  Denn  dass  dies  eine 
unabweisliche  Forderung  ist,  ist  kein  Gegenstand  des  Streites 
und  darf  keiner  sein.  Gerade  wer  auf  diesem  vielnmstrittenen 
Gebiete  nicht  das  üpfer  von  iSchlag Wörtern  werden  will,  musä 


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8 


Dr.  Alois  Höller. 


sich  durch  eigene  Arbeit  einen  Einblick  versehsfffc  hftbeii,  wie 
denn  dasjenige  eigentlich  aussieht,  was  die  Nerrenphysiologie  an 
Aufschlüssen  über  die  Abhängigkeitsbeziehungen  von  Physischem 
und  Psychischem  zu  bieten  hat.  Gestatten  Sie  mir,  meine  Herren 
CoUegen,  in  dieser  Hinsicht  eine  persönliche  Erinnerung.  Als 
ich  jetzt  vor  drei  Jalireu  für  den  Mittelachultag  ein  dem  heutigen 
uLnliches  Thema  angekündigt  hatte  (über  welches  vor  Ihnen 
va  sprechen  ich  mich  dann  durch  ein  Unwohlsein  infolge  Über- 
aibeitang  gehindert  gesehen  habe),  da  stand  ich  noch  unter 
dem  erschütternden  Eindrucke  vom  T<  de  Meynebts,  des  großen 
Bahnbrechers  auf  dem  Gebiete  der  Gehirnwissenschaft.  Wie 
ich  in  meinem  Vortrage  „Worte  der  Erinnerung  an  Titeohou 
Mkynert  und  sein  Verhältnis  zni-  Philo^-opliiselien  Gesellschaft 
an  der  Universität  AVien" ')  •  >  «ifseiiildert  habe,  verdanke  ich 
meine  freilich  auch  heute  noch  sehr  bescheideneu  Kenntnisse 
anf  dem  in  Rede  stehenden  Gebiete  den  unbeschreiblich  licht- 
Tollen  Vorträgen  Mstnerts,  welche  er  wiederholt  in  unserer 
Philosophischen  Gesellschaft  zu  halten  die  Gttte  hatte.  Das 
lebendige  Wort  des  genialen  Mannes  hat  mich  dann  zum  Studium 
seiner  bchriften  geführt. 

Indem  ich  nun,  meine  hochgeehrten  Herren,  Meym  kts 
Schriften  als  solche  nannte,  aus  denen  auch  noch  heute  und 
wohl  noch  auf  lange  hinaus  gnuHlleijende  Leitgedanken  üiier 
Gehiruiiuatomie  und  -Physiologie  zu  gewinnen  sind,  kann  ich 
wieder  nicht  umhin,  auf  die  schwerwiegenden  Bedenken  hin- 
zuweisen, welchen  mir  METNSiiTS  Theorien,  so  glänzend  und 
überzeugend  sie  als  physiologische  sind,  nach  Seiten  der  psycho- 
logisch en  Interpretation  unterworfen  scheinen. 

[Als  Beispiele  wurden  Mkynerts  Theorien  des  Uberganges 
vom  unbewussten  LidschUge  zum  ..bewussten",  vom  Begrifl'e 
der  „Individualität"  als  des  durch  die  Associationsbahnen 
der  Großhirnrinde  repräsentierten  Inbegriffes  verfügbarer  Er- 
innern ngsassociationen  und  einige  weitere  von  AIeynkkt  in  die 
Sprache  der  Phjsioloffie  übersetzte  psychologische  Begriffe  dis- 
cuiiert.  Mit  diesen  Erörterungen  war  verbunden  eine  nähere 
Erläuterung  der  in  zwanzigfache ni  Maßstabe  und  in  Farben 
ausgeführten  Figur  1  aus  der  großen  Ausgabe  meiner  Psycho- 
logie, welche  F\f^\\r  zum  theilwei.sen  Ersatz  joner  Demonstration 
hier  n  |  rnduciert  ist.  Die  erwähnte  Kntik  jener  Theorien  möge 
in  menier  seither  erschienenen  Psychologie,  Ö.  38—41,  nach« 
gesehen  werden.] 

Lassen  Sie  mich,  hochverehi-te  Herren,  Ton  diesen  rein 
theoretischen  Erörterungen  zurückkehren  zu  unseren  praktischen 
gymnasialpädagogischen  Fragen.  Ich  vermuthe,  da.ss  mancher 
▼on  Ihnen  schon  bei  dem  Gedanken  an  die  bloße  Mr*^dichkeit  er- 
schrocken sein  wird,  dass  etwas  von  diesen  Theorien  über  Leitungs- 
bahnen,  Individualität  u.  s.  f.  künftighin  im  psychologischen 


»)  Wien,  Brauuiüller,  1892. 


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Wie  soll  der  pii^'chologische  Unterricht  an  Mittelschulen  etc. 


Gymnasialiiiitemcbte  vorgetragen  und  ,,ezamimert"'werden  solle, 

wie  etwa  ..der  Pendel-  und  der  Linseubeweis".  Andere  yiel- 
leicht  hoifeu  derlei  noch  zu  erleben.  Meine  zwar  nur  ganz 
persönliche,  aber  dafür  umso  festere  Überzeuffung  ist,  dass  derlei 
nicht  in  den  P.sychologieunt>Mrieht  des  Gymnasiums  gehöre. 
Eben  diese  Überzeugung  habe  ich  dadurcli  juisdrücklich  be- 
zeugt, dass  ich  jede  noch  so  entfernte  Hiudeutuug  auf  diese  im 
größereu  Buche  ziemlich  ausrührlich  behandelten  Dinge  aus 
den  „Onindlehren  der  Psycholc^e"  Töllig  ausgeschieden  habe. 


Fig.  1.  Schema  f&r  die  Entttebang  des  bewxusten  Lidschlages  (nach  Metnert). 

O  An^pf*'!.   —    Sph    Si'hiiff.r  jwi^j»  l,r'iru)\t .   —        J.finfitr  fvilftthrnr  atii"  riniis.  — 

Tll    TTtiltnm*$ll   Ofltini'-.  <>  ''"r/n^  'itiiiiii  uf  immuK.   —    l'hl  t  •  rili/lllivt.    —  MC  Slnlnlhl  li/ii- 

tfiJis.  J,  7  l'r»|'l  illi_'-k>  I  i;i    il'S  .\'(7-r(/>  '-,il:i)tii-t')rit(>- .  i/hikIhs  nixl  Jnriiili.o.  ~~    II.  .V'Ti.'«- 

o/itiriiti.  —  III.  Xiriiis  '"■i(/M/(i..A.rr/(s.  —  \'.  .\ii-nis  (/kix/ks  i  t  riiji  luinn.t ) .  —  Vfl.  SrrruK  fiinalm. 

.Iiiv  In<livi<ltiiilitfll.  .Ii,  J;  Itiiii  rviilionKContrutii  >l<  r  Itin<l<-  frtr  f tful<>nn>l'irtu»  und  l'^l- 
riali».  —  Kv  Uiiuti-ncnirum  «los  i^uinluM.  —  V.n  Kin<l<-n(->-itlniin  den  (t/ittt-us. 

Di«  mit  a  l><'/.<  i(  liin't«Mi  Lini*  n  b<'«li-iii«>n  orntrip«Mal  lfit»'iid<',  «Ii«-  mit  U  und  r  iMMPJch* 
nelni  eenlrifagal  lf>it<>nd«'  Projcctionsfuaern;  die  UDif>n  EitKv,  En  Jt,  J7  Jdv  u.  ».  w. 
bedentrn  A tnoeiatlonanyttcm«'. 

Es  schien  mir,  dass  ich  gerade  durch  diese  Dillereiiz  zwischen 
der  großen  und  der  kleinen  Ausgabe  meiner  Psychologie  deut- 
licher, als  es  durch  Thesen  und  Resolutionen  geschehen  könnte, 
zu  erkennen  gegeben  habe,  was  meiner  Meinung  nach  in  den 

psychologisclit  ii  fJymnasialunterricht  gehört  und  was  nicht. 
Und  so  hoii'e  ich  denn  nach  allen  Seiten  hin  unzweideutig 

Stellung  genommen  zu  haben  zur  ersten  unserer  beiden  Fragen: 
ob  auch  die  richtige  Stellung,  mag  Ihre  Abstimmung  über 
die  erste  These  zu  erkeuneu  gebeu. 

Die  zweite  der  heute  zu  erörternden  Fragen  hat  gelautet: 
„Wie  soll  die  pädagogische  Psychologie  gegenüber  den 
Postulaten  der  modernen  Gehirnphysiologie  Stellung  nehmen?"* 
Mein  ursprüngliches  Thema  um  diese  Frage  zu  bereichein,  hii!)e 
ich  erst  vor  wenigen  VVorben  mich  veranlasst  gesehen.  iükI 
zwar  durch  die  damals  erfolgte  Verseuduug  des  Prospectes  einer 


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Dr.  Alois  HOflei; 


vou  Schiller  und  Ziehen  herauszugebenden  Bamtuluug  von 
Abhandluugeu  über  pädagogische  Psychologie.  Ich  kaun  Sie, 
meiue  sehr  geehrten  Herren  CoUegen  (diesmal  nicht  nur  die 
Propädeutiklehrer,  sondern  alle  an  Pädagogik  überhaupt  in- 
leiTssiertnn  Schulmänner),  nicht  rascher  über  das  Wesentliche 
und  iligcuurtige  dieses  Unternehmens  orientieren,  als  indem  ich 
Ihneo  dea  Praspect  ToUinhaltlieli  vorlese.^) 

1)  Geschah.  —  Hier  f&fare  ich  wegen  des  Zuaammenhangea  der  auäteren 

Aii>fiilinin;rf>n  rl("^  N'ortrages  aus  dem  l*ro>pecte  nur  nn.  _dris«;  die  Lt^hrer- 
welt  im  i:ruben  und  uauzen  mit  deu  Ergebnüi^en  der  neueren  rbvcbologie 
meist  nicht  in  dem  wünwhenswerten  UmfAnge  vertraut  ist.  Zumtneil  trftgt 
die  Schuld  au  dieseuj  Verhältnisse  die  {widai^ogischo  Literatur,  welche,  he- 
stimmten  Cberlipf«*nintjpn  folt^end.  noch  öfter  eino  vr-ialtete  psychologische 
Ijrundlapre  teHthiilt.  Zum  uiideien  Thoile  aber  ist  ia  die  pildagof^ische  Praxis 
die  eigentliche  Beobachtung  im  exacten,  naturwihsenachaftlichen  Sinne 
noch  v'ftiii,'  i'iiiu'"d"nl)rt ,  ju  von  ninor  empirischen  ].iiiiiU'();^MM  licn  P-yclio- 
lu^ie,  die  nach  testen  Methoden  arbeitet,  kann,  .*-treng  genommen,  noch 
gar  nicht  die  Rede  sein.  Vereinzelte  Versuche  haben  hier  allerdings  dem 
Anscheine  ii.uli  L'»'/«'igt.  da&s  manchet«  mit  einiger  Sicherheit  festgestellt 
werden  kann,  wa-*  lti8  dahin  sich  anders  zxi  verhalten  schien.  Aber  so 
bestechend  und  verführerisch  diese  Ergebnisse  bisweilen  sind,  so  können 
doch  die  angestellten  Beobachtungen  nicht  als  ausreichend  erachtet  werden, 
da  sie  in  der  Hegel  vereinzelt  blieben  und  noch  immer  der  Ergänzung, 
t'outrole  und  Conectur  durch  ;&ahlreiche  methodische  und  zielbewußte 
Vertiuche  harren.  Kine  Aufgabe  der  Zukunft  muss  es  sein,  Methoden  su 
Michen .  mich  dem  n  tinifn-siMide  iJcobarlitini^'cn  in  der  Praxis  angestellt 
werden  können,  um  zu  gesicherten  Ergebnissen  zu  gelangen,  sie  unserem 
Schulwesen  zuziifOhren  und  danach  Endvbung  und  Unterricht  su  gestalten. 
l»abei  wird  «peciell  die  Hilfe  der  Hirnpbysiologie  und  der  auf  der 
H  i  r  n Physiologie  fuLH'nden  physiologischen  Psychologie  nicht  zu 
entbehren  sein.  Die  Thatsache.  dass  alle  psychischen  Procesi>e  mit  einem 
<Jrgane  unseres  Köipeis.  dem  Gehirne,  in  engstem  Zuimmmenhange  stehen, 
ist  in  dt  r  Psychologie  der  Päduu'i>.:ilv  noch  kaum  zur  Geltung  gekommen. 
Die  pädagogische  Uehaiullung  richtete  sich  d«her  leider  allzu  oft  au'^scblieü- 
Uch  auf  ganz  metaphysische  Seelen.  Erst  durch  den  Zusammenhang 
mit  d«'m  Gehirne  werden  «Ii«;  seelischen  Vorgänge  de«  Kindes  uns  zuf^ng- 
lieh.  AlleuthaU  eil  bedarf  dieser  Zusammenhang  der  Berück.sichtigung  .  . 
Es  werden  sodann  ils  specielle  Heispiele  die  Ermüdung,  lUe  Ausdrucka- 
bewegungen.  ^du«  hchönen  Arbeiten  ülier  Heize,  Empfindungen  und  Er- 
innerungsbilder" [eine  nähere  Charakterisierung  wäre  hier  wohl  wünschens- 
wert], über  ldeena«>süciatiouen,  iicdächtniü  und  Gefühl  und  sieben  andere 
Punkte  angefahrt. 

Der  Curiositüt  halber  sei  dieser  Auffas.-ung.  welche  von  physiologischer 
Psychologie  alles  erwartet,  eine  /  wohl  unmittelbar  durch  den  angeführten 
Prospect  hervorgerufene)  Auf.»erung  >^ciJit\i)KHs  gegenübergestellt,  der  in 
.einem  « oit.iiht.'n''  (_f*l)fr  di-»  <u*riTuiung  pädagogi.scher  liiln-tühle  an 
unseren  L  niversitäten  und  über  die  Einrichtung  des  akadeiuiM  lien  Unter- 
richtes in  der  Pädagogik";  Lebrproben  und  Lehrgänge  von  Fi  ick,  53.  Heft, 
>'.  -ich  folgenderiiiaGen  vernehmen  lässt:  „Andere  unter  ihnen  (,den 
let/igen  akademischen  Lehrern  der  Pädagogik,  seien  es  Theologen  oder 
Philosophen')  bieten  theoretische  Auffassungen,  einem  voi gefa«!>ten  ethischen 
oder  psychologischen  Systeme.  /.  M.  dt  r  INychophysik  zulielie.  wjus  zwar 
bei  der  wissen^chaftlii  hi-n  Bede-uturig  dieses  Zweiges  erklärlich  ist.  zur 
piUlagogii-chen  L'nterwt  i.sung  aber  nichts  beiträgt,  nichts  beitragen 
kann.  Denn  die  ilethode  dieser  jungen  Wissenschaft  klärt  und  fe.siigt 
^ich  zwar  täglich  mehr;  vi'H  iiii.  ii  I'i  „'>  hni-.^i'n  und  ihrer  \'.';  wi'ndi  arkeit 
gilt  dies  aber  nicht,  am  wenigsten  lür  die  Leitung  des  jugentilichen  Geistes, 


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Wie  soll  der  päychologiijche  Unterricht  an  Mittelsciiulen  etc.  H 


leh  habe  die  Ehre,  iQ  die  Reihe  der  Mitarbeiter  aufgenommen 
zu  sein,  hoffe  über  natQrlich  yiel  mehr  aus  der  Sammluug  zu 
lernen'),  als  ich  je  werde  meinerseits  zur  Verwirklichung  des 
Programmes  beitragen  können.  Lassen  Sie  mich  denn  einst- 
weilen noch  als  völlin;  Unparteiischen  /u  drin  einen  Passus  von 
der  sogar  zweimal  knajtji  nacli  «-luauder  betonten  ..Hiriiphysio- 
logie"  und  zu  dem  anderen  Passus  von  den  „metapiijsisebeu 
Seelen'^  ein  kurze  Betrachtung  austeilen. 

Wie  der  Prospeet  selbst  hoffnungsfreudig  iu  die  Zukunft 
und  streng  tadelnd  auf  die  Gegenwart  und  in  die  Vergangen- 
heit blickt,  so  mag  er  in  manchem  Schulmanne  und  äcnul- 
freunde  kühne  Hoffnungen  wecken,  es  werde  mit  unserem 
Schulhalten  besser  werden,  wenn  der  Lehrer  es  verstehen  wird, 
durch  GehirnjdivsiolojTie  hrllsielitig  nremacht,  seinen  Zöglingen 
sozusagen  diirrh  die  Sciiudeldeck»'  direut  in  die  GroÜliirnrinde 
zu  schauen  und  sich  bei  jeder  Beleiirung,  jeder  Frage,  jeder 
Ürmahuuug  u.  s.  w.  die  Associationsbahnen,  das  Apperceptions- 
centrum  u.  s.  f.  vor  Augen  zu  halten. 

dn  sie  einstweilen  wenifr^tens  gerade  da  versagt ,  wo  es  anf  den  Umsatot 

des  äuf.Vren  Reizes  iu  tias  geif*ti*?e  Leben,  also  gerade  auf  den  Beginn  des 
pädagogischen  Kinflupsea  unkoinmt.  iJeuinuch  kann  ich  die  Forderung,  das» 
der  Unterricht  sich  fortan  anf  physiologischer  Grundlage  aufbaue,  nur  auf 
unfertige  Anregungen  zurückführen,  die  den  angehenden  Lehrer  verwirren, 
statt  ihn  ii ufzuklrni'ii  und  zu  !»'iton." 

Diese  •jcnleclitluu  abjiprecheudü  Haltung  Scükajjehs  sogar  gegeoüber 
jedem  Versuche  der  pädagogischen  Psychologie,  mit  neueren  wissenschaft- 
lichen .Methoden  Fühhing  xu  gewinnen,  ist  in  erster  Linie  wohl  der 
Gewöhnung  des  erst  jüngst  gefeierten  Jubihirs  an  so  ganz  andere  Me- 
thoden zugute  zu  haltiMi.  Minder  harnilos  i-t  e-i.  wenn  .Si  hhadku  einige 
Seiten  später  <S.  G)  in  mathematischer  oder  naturwis-sen^ehaftlicher  Bildung 
geradezu  eine  Art  erachwercndm  Uni.stnnd  rr^^cr]  die  wix'^  nhchatfiicln'  He- 
läiiiguiig  7,u  theoretischer  Pädagogik  überhaupt  erblickt.  Er  sagt  von  dem 
mit  dem  akadenii>tchen  rinterricnte  der  Pädagogik  betninten  Schttlnianne: 
„.Seine  rai  h\vis.<enschaftlicli»'  l'ildung  anlangend.  >«n  i-'t  nicht  au>*g».vt(  hln^sen. 
da«^  sie  mathematischer  o<ler  naturwisHenschaftlicher  Art  sei,  wenn  er  nur 
son^t  (!)  die  erforderlichen  Kigenschaften  besitzt . . .  Allein  in  der  Mehrzahl 
wird  die.ser  Pädagoge  aus  dem  sprachlich-gt^hichtiichen  Fache  zu  wählen 
sein,  weil  dii^scs  eine  weitere  allgemeine  BHdun<4  eher  (I)  verbürgt  und  ein«' 
reichere  didaktische  umi  »  thi.Hche  Erfahrung  ermüirlicht.''  —  Ich  denke,  das» 
da«  „eher  verl)ürgt''  doch  ^ar  zu  wenig  „verbörgf*:  denn  es  handelt  sich  in 
jedem  einzelnen  Kalle  doch  darum,  was  an  wissenschaftlicher  und  [M  t- 'ml  icher 
(^uaUÜcatiou  wirklich,  nicht  wutt  vielleicht,  Wiw  „eher"  vorhanden  int. 
Vollends  aber  die  beiden  Hauptfachgruppen,  die  Hprachlich-i^esehichtliche 
und  die  mathematisch  -  naturwis-sensrhaftliclie.  im  ganzen  gegen  einander 
au<zusj)ie!en .  erscheint  geradezu  geiiihrlich  im  Hinblicke  auf  den  (zum 
Glücke  wenigstens  bei  uns  in  Österreich  seit  der  großen  Gymmwialenqueie 
vor  uiehr  als  'J;')  Jahren  nie  mehr  autgetlammten)  „streit  zwischen  Humanisten 
und  Wealisten*' ;  denn  es  kann  sicherlieh  nui  Ix'^,'- iJint  niaclmn,  wenn  nian 
iu  der  Weise  JfcuKAbKtts  einer  ganzen  Gruppe  von  Fachlehrern  grundlegende 
menschliche  Qualitäten,  wie  „allgemeine  Uildnng"  nnd  „ethische  Errahmng* 
nnr  bedinffungs-  und  ausnahmsweise  zugesteht. 

^)  Ich  habe  solche  Belehrung  mit  bestem  Danke  schon  emi)fangen 
aus  den  seither  (bis  Weihnachten  l.y.>7;  erschienenen  vier  eisten  Heften 
der  „Sammlung*":  es  sei  ausdrucklich  bemerkt,  daas  ihre  Haltung  keines- 
wegs eine  einseitig  physiologische  ist. 


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]2 


Dr.  Alois  HQfler. 


Gestatten  Sie  mir,  hier  sofort  offen  auch  das  auszasprecben, 
dass  ich  meinerseits  eine  solche  Hellsichtiffkeit  uns  armen 
Schulmeistern  weder  für  das  Jahr  1900  nofTi  so^rar  für  «das 
Jahr  2000"  erhoffe.  Dass  ich  auf  pädagogisclie  Psychologie 
kein»'  kleinen  Stück«?  halte,  habe  ich  jetzt  vor  fünf  Jahren*) 
und  ausführiu'lier  aui  dem  Wiener  Philologentage  181^3  wohl 
naehdrlleklich  genug  bekanni.  leh  habe  aber  damalB  die  physio- 
logische Psychologie  als  einen  Theil  der  pädagogischen  rsycho- 
logie  zu  erwähnen  —  vergessen.  Tinso  lieber  ist  es  mir  heute, 
auch  2u  dieser  Speeialfrage  ausdrücklich  Stellung  nehmen  zu 
können 

Liissen  Sie  mich  iin-li  liier,  damit  wir  wenigstens  ein 
concretes  Heispiel  vor  Augen  haben,  an  eine  ganz  bestimmte 
Situation  aus  dem  Schulleheu  anknüpfen.  Ich  wähle  hiezu  das 
„Examinieren^,  und  damit  wir  gleich  dem  heikelsten  Falle  ins 
Auge  sehen:  das  Examinieren  bei  der  MaturitatsprUfüng.  Ich 
wähle  gerade  dieses  Beispiel,  weil  ich  es  mir  während  meiner 
nunmehr  21jährigen  Lehrthätigkeit  allerdings  zur  voUbewussten 
Pflicht  gesetzt  habe,  während  des  Prüfens  and  zumal  bei  der 
Maturitätsprüfung  als  einem  so  folgenschweren  Actus  wirklich 
dem  Schüler  Augenblick  für  Augenblick  so  scharf  ,,ins  Hirn 
zu  schauen",  als  mir  dies  nur  immer  möglich  ist.  Und  mit 
liintausetzung  aller  Bescheidenheit  rühme  ich  mich,  in  der 
That  jeden  Augenblick  zu  wissen,  an  welchem  Punkte  der 
Oandidat  gerade  ^stockan''  ist,  und  wie  ich  durch  eine  Zwischen- 
frage seine  Gedanken  lenken  miiss,  damit  er  von  dem  augen- 
blicklichen Hindernis  loskomme  und  auf  eicrenen  Füßen  weiter- 
schreiten  könne.  Uber  die  schultechnische  Seite  dieser  Sache 
habe  ich  mu']\  Im-I  dieser  Gelegenheit  nicht  zu  verbreiten,  näm- 
lich dass  uiMiui  rijerzeugung  nach  wirklich  nur  dann,  wenn 
die  zufällifj^en  Hindernisse  durch  eine  solche  Art  des  Prüfens, 
so  oft  es  nur  nöthig  sein  mag,  beiseite  geräumt  werden,  über- 
haupt erst  eine  sacUiche  Entscheidung  darüber  möglich  ist,  ob, 
abgesehen  von  solchen  zufälligen  Hindernissen,  der  Candidat  Ober- 
haupt gehen  gelernt  hat,  d.  h.  ob  er  etwas  weill  und  dasGewusste 
relativ  selbständig  zu  verwerten  vermöge.  Für  diesmal  also  ganz 
absehend  von  der  Frage,  ob  es  den  administrativen  Zweek^-n 
bes.ser  entspricht,  wenn  ..seliwer"  ndcv  wenn  ..leicht"  geprüft 
wird,  habe  ich  mir  erlaubt,  das  Beispiel  vom  Piürcn  nur  des- 
wegen anzuführen,  um  daran  zu  erläutern,  was  an  dem  „duixh 
die  Hirnschale  ins  Hirn  schauen"  Gleichnis  und  was  daran 
der  wahre  Sachverhalt  ist.  Und  in  dieser  Hinsicht,  meine 
Herren,  muss  ich  Ihnen  bekennen,  dass  mir  fdr  meine  Person 
beim  Examinieren  noch  nie  eine  noch  so  blasse  Vorstellung 

')  in  dem  Refemto  „über  die  philosophischen  Ornndln^n  der  pilda- 
goeischen  Ausbildung  /.um  Mittelschul ieluamte"  uuf  dem  ilittelschulta^je, 
Wien  1892.  (Sonderabdröcke  bei  Holder,  Wien.) 

-)  .Wii.s  die  iTPfrf»nwiirti^'t>  rn'cholojfie  unserem  Ovinnasiuui  sein  und 
Winden  könnte."  (Verhandtungen  tler  42.  Versammlung  etc.  Teubner,  10^1.) 


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Wie  soll  der  peychologische  Unterricht  an  Mittelschulen  etc.  13 


Yua  iiiudeijzelleu,  Leituiigsibahueu  u.  dgl.  m.  iu  deu  Siuu  ge- 
kommen ist,  sondern  das«  ich  das  Verdienst  daran,  wenn  es 
mir  gelingt,  „elegant"  oder,  wie  die  Seh&ler  es  nennen,  ^leicbt** 
zu  prüfen,  niemand  zuschreiben  kann  als  —  der  Psychologie 
und  der  Logik.  Auch  an  die  metaphysischen  Seelen"  der  Candi- 
daten  denke  k-li  dabei  nicht,  sondern  an  die  Reihen  möglicher 
Distinetionen  und  Disjunctionon,  an  naheliegende  aber  irre- 
leitende Associationen  —  und  so  noch  :in  gar  vieles,  wjis  man 
eben  nur  in  einer  completen  Logik  und  completen  Psychologie 
systematisch  beisammen  findet  und  was  alles  man  selbst  wieder 
nur  durch  eine  vieljähri^e  Tecbnik  in  der  Handhabung  solcher 
psychologisehen  und  logischen  Theorien  fClr  den  pädagogischen 
Ernstfall  Augenblick  für  Augenblick  verfügbar  bekommt .  Ich 
habe  also  auch  im  Hinblicke  auf  physiologische  Psychologie 
nichts  zurückzunehmen  von  jener  Formulierung,  durch  welche 
ich  in  dem  erwälwit  t  u  Vortrage  auf  der  Philologeuversammlung 
die  der  Pädagogik  wirklich  nut/.bare  Psychologie  (insbesondere 
im  Gegensätze  zur  UEaBAKx'schen  Vorstelluu^smechanik)  zu 
charakterisieren  yersucht  habe,  indem  ich  mir  einen  Lehrer 
und  Erzieher  wflnsehte,  ,.der  in  der  Zeit  seiner  theoretisehen 
Ausbildung  sich  in  solcher  psychologischen  Technik  hinreichend 
lang  geübt  und  so  sich  die  Gewohnheit  erworben  hat,  für  jede 
Schattierung  psychischen  Charaktere  gleichsam  künstlerisch  ge- 
übten Blick  zu  besitzen",  und  der  sich  dann  ..auch  im  späteren 
thätigen  Schulleben  .  .  .  die  Fähigkeit  zu  prompter  Keaction  auf 
das  psychische  Leben  seiner  Zöglinge  für  immer  erhalten 
müsste". 

Da  nun  aber  heute  doch  einmal  speeiell  Ton  den  physio- 
logischen Forderungen,  welche  man  der  künftigen  psycho- 
logischen Pädago^k  in  Aussieht  stellt,  die  Rede  sein  soll,  so 
darf  ich  nicht  schheßen,  ohne  zum  Problem  von  den  Abhängig- 

keitsbeziehungen  zwischen  Pbvsischem  und  Psychi- 
schem, welche  von  jeher  und  bis  zur  btunde  aus  der  Physio- 
logie direct  in  die  Metaphysik  hinüberführen,  für  unseren  be- 
sonderen Zweck  noch  anders  als  in  bloß  negierender  W eise 
Stellung  zu  nehmen. 

Leibkiz  hat  die  metaphysischen  Theorien  yon  den  Ab- 
hängigkeitsbeziehungen zwischen  Physischem  und  Psychischem 
durch  das  berühmt  gewordene  Gleichnis  von  den  zwei  Uhren 
erläutert,  aus  welchem  Fechner  das  Gleichnis  von  einer  Uhr 
mit  zwei  Zifi'erbiättern  gemacht  hat.') 

^)  In  Fecbners  verßlhreriscber  Darstellung:  ^Zwei  Uhren  auf  dem- 
selben Brette  befVsti^'t  richten  ihren  Gang  durch  Vcnnittlung  dit.-t'r  ^e- 
n>eins:itT)on  Befestigung  auf  einander  »^in  <wenn  sie  nämlich  nicht  zuviel 
von  einander  abweichen);  dus  ist  die  gewöhnliche  dualii»tische  Ansicht  vom 
VorhultnisM  «wischen  Leib  Ottd  Seele.  Ea  kann  auch  jemand  die  Zeiger 
VM'iJfr  l  hrcn  so  schieben,  das«  bie  immer  harmoniVich  (jehen.  I  i  i^t  die 
ücca»iünulii»tiBche,  wonach  Gott  zu  den  körperlichen  Veranderungea  die 
geistigen  nnd  uni^kebrt  in  beetindi^r  Hannonie  erzeugt.  Sie  können 
auch  von  vomberem  so  Tonkommen  eingerichtet  sein,  da»  rie,  ohne  der 


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14 


Dr.  Alois  Höfler. 


Gestatten  Sie  mir,  meine  Herren^  nach  diesen  Vorbildern 
in  unsere  Streitfrage  ebenfalls  ein  „Uhrengleiclims"  hinein- 
zutragen. Ich  meine  aber  nur  eine  ganz  gewöhnliche  Uhr  mit 

einem  Zifferblatte  und  einem  mehr  oder  weniger  guten  Werke. 
Was  für  eine  Zeit  die  Uhr  zeigt  und  ob  sie  falsch  oder  richtig 
zeigt,  hängt  gewiss  nur  vom  Werke  ab.  Könnte  da  nicht  ein 
besonders  gründlicher,  deductiv  angelegter  Kopf  daiaitf  ver- 
fallen, jedesmal,  so  oft  er  wissen  will,  wieviel  Uhr  es  ist,  statt 
auf  die  Uhr  in  die  Uhr  zu  schauen l-'  .  .  .  Will  die  Uhr  einmal 
nicht  richtig  gehen,  und  hat  er  das  Zeug  zum  Uhrmacher,  so 
bleibt  ihm  ein  Blick  und  ein  Einffriff  ins  Werk  jedenfalls  nicht 
erspart.  Hat  er  das  Zeug  zu  solcnem  Eingreifen  nicht,  so  gibt 
er  sie  zum  Uhrmacher  in  Reparatur.  Aber  ich  glaube,  sogar 
der  Uhrmacher  wird  nicht  umhin  können,  zuerst  „auf"  die  Uhr 
zu  schmien.  um  erst  darnn^;  zu  entnehmen,  in  welchem  Sinne 
er  eingreifen,  abschleifen,  repassieren  muss;  und  ich  glaube 
nicht,  dass  es  sobald  Uhrmacher  geben  wird,  die  in  der  Manier 
des  LAPLACü'scheu  Weltgeistes  aus  dem  Wissen  um  die  inneren 
Kräfte  des  Werkes  rein  deductiv  auf  den  äußeren  Anblick  des 
Zifferblattes  würden  schließen  wollen  und  können.  —  Sie  sehen, 
meine  Herren,  dass  das  Gleichnis  den  Physiologen  alles  zugibt, 
was  sie  sich  meritoriseh  nur  wünschen  können:  das  innere 
Werk  wäre  der  Bau  1'-  Gehirnes;  Zifferblatt  und  Zeiger,  die 
„äuliere  Seite"  der  Ulir,  wären  diesmal  die  „psychisehen  Äuße- 
rungen", wie  sie  auch  dem  Nichtuhrmacher.  will  sagen  Nicht- 
physiologen  so  wohl  bekannt  sind.  Und  wenn  wir  Pädagogen 
uns  ganz  bescheidentlich  von  vornherein  zu  den  Nichtphysio- 
logen  zählen  und  doch  meinen,  die  Äußerungen  der  Kindes- 
seele zu  verstehen,  so  können  wir  dieses  unser  Wissen  und 
jenes  unser  Nichtwissen  wenigstens  vor  uns  selber  dadurch 
rechtfertigen,  dass  wir  sagen:  Bis  man  einmal  nicht  mehr  auf 
die  Ulir  behauen,  sondern  nur  iranier  in  die  Uhr  schauen  wird, 
haben  auch  wir  pädagogische  Psychologen   wohi  noch  hin- 

Niichhilfe  zu  bedürfen,  von  selbst  immer  genau  mit  ein  iiuler  (^ehen;  Jas 
i>t  iTc  An-ii'lit  von  «1er  in'n^faiiilii'it en  Tlannonii'  tlcr-i^liMMi.  T.kiisniz  h;it 
eine  Ansicht  vergossen,  und  zwai  eiufachüt  njögliche.  J^n*  können  auch 
barmoiiMch  miteinander  gehen,  ja  ^ar  niemat»  nnseinander  gehen,  weil  sie 
giir  nicht  zwei  verschiedene  Uhren  sind.  Damit  ist  dius  gemeinsame  Brett, 
ilie  stete  Nachhilte,  die  Künstlichkeit  der  ersten  Kinriclitun«j  or>|»;irt.  Was 
dem  üuPerlich  stehenden  Deohaehter  als  die  orgaiii-chc  Lh;  niit  einem 
Triebwerke  und  Gange  oiirani-cher  Räder  und  Hebel  oder  als  ihr  wichtigster 
und  we5:('ntii(h-<f f'i*  Tlu'il  erscheint,  ersclit'int  ihr  selbst  innerlich  u'^'' 
anders  als  ihr  eigener  Geist  mit  dem  Gange  von  Emptindungen,  Trieben 
und  Gedanken.  Ed  darf  nicht  beleidigen,  daaa  der  Mensch  hier  eine  Uhr 
genannt  wird.  Wi  iui  «m  in  einer  Hinsicht  so  genannt  wird,  soll  er  nicht 
in  jeder  so  genannt  werden." 

Die  Jrchwierigkeiten.  ja  Dunkelheiten  dieser  heute  zu  so  allgemeinem 
Ansehen  gelangten  ..Zwei-.Seiten-Theorie"  habe  ich  näher  erörtert  in 
§  17  meiner  Psychologie,  W'Molit'r  Paragraph  auch  in  Sonderabdruck  er- 
schienen ist  unter  dem  Titel  „Die  metaphysischen  Theorien  von  den  Ab- 
hängigkeitsbeziehongen  zwischen  Phynschem  und  Psychischem.  Einige  Fragen 
an  die  Monisten'  (Tempskj  1897). 


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Wie  soll  der  psychologische  Unterricht  an  Mittelschalen  etc.  15 


reichentl  Zeit,  ehe  wir  unsere  Thütigkeit  auf  pSdagogisehe 
Physiologie  anstatt  anf  pädagogische  Psychoktgn-  grüudcn. 

Damit  ich  aber  ja  uns  pädagogische  Psychologen  nicht 
besser  mache  als  wir  sind,  so  soll  auch  unser  Uhraleichnis 
noch  seine  Kehrseite  bekommen.  Nehmen  wir  an,  die  Uhr  gehe 
wirklieh  einmal  hartnäckig  falscii.  Wir  versuchen  es  dann  zu^t 
eine  Zoit  lan£^  rnit  Hin-  und  Herrücken  df^^  Zoirrers,  dann 
Klopfen  und  JSchütteln  der  ühr,  versetzen  ihr  eridlieli  einen 
gelinden  HtoH:  und  wenn  nlle?»  das  nicht  hilft,  so  ~  iribt  es 
weiterhin  ein  doppeltes  Verfahren:  Entweder  sind  wir  im 
cansalen  Denken  so  geschult,  dass  wir  die  Ühr  zum  Uhrmacher 
tragen  und  ihn  bitten,  einmal  hineinzuschauen,  was  denn  im 
Werke  los  sei.  Oder  aber  wir  begnttsen  uns  mit  dem  Eindrucke, 
die  Uhr  ^habe  eben  Capricen'*,  und  wenn  alles  Schütteln  und 
IStoßen  nichts  nützt,  so  —  es  sei  ausnahmsweise  erlaubt,  den 
wienerischen  Krat'tnusdruck  zu  gebrauchen  —  ..hau'n  wir  sie 
um  d'  Erd'".  Hochdeutsch  ausgedrüekt  heilh  nuiti  das  ..Wer- 
fen'^, norddeutsch  „SehmeiUen*  :  und  in  der  Thal  sind  ja  das 
zwei  Wichtige  termini  technici  gerade  unserer  praktischen  Päda- 
gogik, welche  sehr  häufig  die  idtima  ratio  ^  den  £rsatz  aller 
theoretischen,  physiologisäen  wie  metaphysischen  und  auch 
der  einfach  praktischen  empirischen  Psycliologie  ausmachen. 

Ich  enthalte  mich  jeder  Vermuthung  darüber,  ob.  wenn 
wir  einen  Schüler,  bei  dem  unsere  herkönirnlichen  Mittel  von 
mehr  <u]*'r  minder  sanften:  Rütteln  mit  ..Entsprechend*'  oder 
..Miiubjrent>preehend  in  Sitten",  ..(ierinir  in  M»'il)'"  und  „Zweiter 
in  Fortgang  nicht  anschlagen  und  auch  eine  ..Iteparutui"  uach 
den  Ferien  nichts  nützt,  nun  zum  —  Gehirnphysiologen  „in 
Reparatur  geben"  wollten,  dieser  einen  besseren  ^Fortgang" 
des  Werkes  herbeizuführen  Termöchte 

Aber  —  wieder  ernst  und  ohne  Gleichnis.  Das  allerdings 
meine  ich  und  habe  vielleicht  hiemit  auch  die  Grenzen  be- 
zeicbnct.  innerhalb  deren  für  die  niieb>te  absehbare  Zeit  eine 
V'erriMfiin<x  (U-s  psycholocjischen  Wissens  dureh  die  physiob»Lxi«:ehe 
Hüfswisseuschaft  den  Pädun-oeren  vor  niaiu-her  \  ergewaltigung 
der  Kindesseele  bewahren  kann.  Was  für  den  Physiologen  bis- 
her Postulat  ist  —  zu  jedem  psychischen  Vorgange  wenigstens 
hypothetisch  ein  physiokigisches  Correlat  vorauszusetzen  —  das 
kann  für  den  Pädagogen  als  Praktiker  ein  wirksamer  Imperativ 
werden,  der  ihn  mit  lauter  Stimme  immer  von  neuem  daran 
mahnt,  dass  jedes  Einwirken  auf  die  Kindesseele  eine  Anwendung 
und  Handhabung  unverbrüchlicher  Natu  re^esetze  sei.  wobei 
wir  von  vornherein  über  der  physiseluMi  Natur  d'w  psychische 
nieht  verp^essen  wollen.  Es  sehwebt  mir  ein  Schüler  unserer 
heurigen  III.  ("lasse  vor,  bei  allen  seineu  Lehrern  als  ein  „guter 
Kerl''  geschätzt,  aber  in  fortwährender  Gefahr  und  Angst,  den 
Forderungen  des  Lehrplanes  nicht  zu  genflgen.  Er  begreift 
schwer,  ermüdet  leicht  und  lebt  in  bestandiger  Aufregung  im 
Vorblicke  auf  den  Misserfolg.   Denkt  man  sich  einem  solchen 


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16 


Dr.  Alois  Uöfler. 


Kinde  gegenüber  einen  Au^eublick  in  die  plivsiologiäche  fie- 
traehtuiigsweise  binein  und  eubetitaieit  fllr  den  Begriff  des 

^Vernageltseins^  den  einer  anämischen  Großhirnrinde,  für  den 
des  y^Kichteinfallens"  die  Vorstellung  von  verlegten  Associations- 

fa.sern  u.  dgl.,  so  mag  das  in  der  That  die  letzte  Spur  von 
Ungeduld,  wo  nicht  gar  Entrüstung  und  Härte  gegen  das  Kind 
mit  noch  lauterer  Stimme  zum  Schweigen  bringen,  als  wenn 
ich  fingiere,  dass  es  im  Grunde  docli  nur  an  der  armen  „raeta- 
physischeu  Seele"  gelegen  sei,  dass  sie  dem  Lehrplaue  so  gar 

nicht  nachkommen  t^ann.  Vielleicht  yerleiht  ein  solcher  natur- 
Trissensebaftlicher  LnperatiT  dem  einzelnen  Lehrer  den  Math, 
mehr  an  die  Förderung,  geduldige  Kräftiffung  der  armen  Seele 
oder  des  armen  Hirnes  zu  denken  als  an  die  stramme  Execution 

des  Lehrplanes  um  jeden  Preis.  Vielleieht  hat  umgekehrt  für 
denjenigen  Lehrer  und  Erzieher,  der  sieli  gewöhnt  hat,  so 
sciiwierige  und  Mitleid  erregende  Fälle  snl/  spucif  tt  st  ^r  Natur- 
gesetze aufzufassen,  dies  die  entgegengesetzte  Wiikung,  über- 
mäßiges Mitleid  zum  Schweigen  zu  bringen.  Es  werden  sich  hier 
die  Individualitäten  der  Lehrer  dem  Gedanken  der  unabwendbaren 
Naturgesetzlichkeit  gegenüber  wohl  ebenso  scheiden  in  solche, 
welche  sich  durch  die  Härte  dieses  Gedankens  in  ihrem  Gemüthe 
selbst  härter,  und  andere,  die  sich  durch  ihn  weicher  gestimmt 
fühlen  —  wie  jn  auch  dem  Anblicke  physischen  Jammers  gegen- 
über der  eine  Arzt  das  Mitleid  auszuschalten  sieh  gewöhnt  hat, 
der  andere  nur  umso  zartlülilender  und  opferfreudiger  dem  ihm 
anvertrauten  Leiden  gegenüber  sich  verhalten  lernt. 

Sei  dies  wie  es  sei  —  mag  künftiges  Eindringen  unseres 
ganzen  Standes,  dem  die  gt  i  tgc  Hygiene  der  heranwachsenden 
•lugend  anvertraut  ist,  in  die  bisner  selbst  den  Physioloj^n 
kaum  entschleierten  Geheimnisse  nach  was  immer  für  einer 
Richtung  unsere  praktische  Thätigkeit  beeinflussen  —  als 
pädagogische  Theoretiker  wollen  wir  fürs  erste  festhalten, 
dass  auch  für  eine  pädagogische  Physiologie  das  Ttf^o- 
TEfvOv  TtfjO^  iil^-^Z  tlie  pädagogische  Psychologie  wird  sein 
und  bleiben  müssen.  Und  ich  denke,  alle  jene  Imperative, 
welche  die  Anerkennung  physiologischer  Gesetzlichkeiten  uns 
in  jedem  Augenblicke  einer  Schulstunde,  einer  Gensurconferenz 
zuruft,  können  wir  als  nicht  minder  ernste  Stimmen  auch  ver- 
nehmen, wenn  wir  uns  gewöhnt  haben^  das  Sein  und  die  Ent- 
wicklung des  Schülerlebens  nicht  fnh  sjiecif  einer  bloß  physi- 
schen Gesetzlichkeit,  sondern  vor  nllrin  der  psychischen 
Naturgesetze,  an  denen  wir  uns  hochsteus  versündigen,  die 
wir  aber  nicht  durchbrechen  können,  zu  verstehen  und  hoch  — 
ja  heilig  zu  halten. 

Ich  fasse  diesen  Gedanken  in  folgende 

II.  These: 

Es  ist  durchaus  wünschenswert  nnd  als  wesentlicher 
Theil  der  Yorbilduug  zum  Mittelschiülehramte  anzasehen^ 


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Wie  soll  der  psychologische  Unterricht  an  Mitteldchuleo  etc.  17 


dass  der  Lehrer  und  Erzieher  in  der  pädagogisehen  Psycho- 
logie nnäy  soweit  Nerrenphysiologie  eine  ihrer  Hilfewlssen- 
selulten  Int^  aneh  in  den  Gmndlehren  dieser  nnterrichtet 
sei.  Wfthrend  der  Ansfibnng  der  Unterriehts-  und  £r- 
ziehmigspraxis  aber  wird,  wie  bisher,  so  ancli  anf  abseh- 
bare Zeit  <Ho  psychologisch- pliysiolosrische  Theorie  dem 
Schul iiiauiie  die  unmittelbarer  wirksamen  Imperative  ein- 
geben, wenn  er  sich  gewöhnt  hat,  die  Erscheinungen  des 
Geistes-  und  Gemüthslebens  seines  Zöglings  zunächst  Ton 
der  psyehisehen  Seite  her  ins  Auge  sn  fiissen.  Erst  in 
Fillen^  welche  das  pathologische  Gebiet  stre^iBn  (wären  es 
anch  nur  die  BegrUTe  der  UbermfidiuigimdOberbflrdnng)^ 
mögen  Oedanken  an  die  physiologischen  Gei;ebenheit«n 

Erzieher  noch  eindrinarli^'hor,  als  es  die  bloß  psycho- 
ioi^ische  Rücksichtnahme  auf  die  psychischen  Gesetze  zu 
thun  pflegt,  davor  warnen,  dass  er  vom  Zöglinge  nichts 
Unmögliches  lordere. 

Und  hiemit  denn  geuug  der  ADgemeinheiien,  denen  ja  so 
viele  onseres  Standes  —  fast  mdchte  ich  sasen  mit  Becnt  — 
so  wenig  Vertrauen  entgegenbringen.  Die  oeiden  folgenden 
Herren  Redner,  denen  ich  noch  einmal  im  Torhiaein  aufs 
innigste  dafür  danke,  dass  sie  meiner  Bitte  so  liebenswürdig 
willfahrt  haben,  werden  dnfür  sorgen,  dass  au«"]i  Miif  dem 
nnspfpii  bislierigen  Schulinteressen  so  ungewolmteii  Gebiete  der 
pliysiolügiischeii  INycliologip  und  der  experiiiuMitelleu  Psycho- 
logie den  Begriiieu  —  um  mit  Kant  zu  sprechen  —  vor  allem 
die  Anschauungen  nicht  fehlen. 


,Ö«teir.  MU(cl«cbuIv".  XU.  Jnhrft.  2 


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18 


Dr.  Stephau  Witasek. 


Über  psychologische  Schulversuche. 

Vortrag  mit  Demonstrationen,  gehalten  am  VI.  deutsch  -  (isterreichischeii 
Mittelschultage  su  Wien,  Ostern  1897,  von  Dr.  Steplian  Witasek  aus  Qraz. 

Meine  Herren  I  Gettaiten  Sie  mir  znnäehst  eine  kleine  per- 
sönliche Bemerkung.  Vielleicht  erregfc  ee  manchem  Ton  Ihnen 
einiges  Befremden,  dass  jemand,  der»  wie  ich,  ganz  außerhalb 

des  Kreises  der  Schule  steht,  es  unternimmt,  vor  praktischen 
Schulmännern  über  eiue  praktische  Untcrnditsangelegenheit  zu 
sprechen.  Nun,  hu  iikj  Herren,  ich  bin  der  Aufforderung,  es  zu 
thun,  nicht  aus  Anmuüung  gefolgt,  sondern  aus  Interesse  an 
der  Sache,  an  einer  Sache,  die  zu  fordern  mir  ebenso  am 
Herzen  li^  wie  Ihnen;  und  soleh  gemeinsames  Interesse  ist 
wohl  ein  Sand,  das  über  die  Sehranken  yon  Stand  und  Beruf 
hinausreicht.  —  Nun  zur  Sache. 

Wir  haben  heute  bereits  die  Frage  erörtern  gehört,  wie 
der  Psychologe -Unterricht  des  Gymnasiums  gegenüber  den 
Postulaten  der  modernen  Gehirnphysiologic  Stellung  nehmen 
Soll.  So  wichtig  und  überlegeiiswert,  ja  vuu  so  grundlegender 
Bedeutung  diese  Frage  gewiss  ist,  so  bleibt  doch  das  weseut- 
liehste  Merkmal  dessen,  was  als  Psychologie  an  unseren  Gym- 
nasien zu  lehren  ist,  von  ihrer  Beantwortung  unberührt.  Mit 
und  ohne  Gehirnpbysioloffie  ist  die  heutige  Psychologie  eine 
rein  empirisehe  Wissenscnaft;  sie  kann  sich  daher  auch  auf 
dem  Gymnasium  nur  als  solche  darstellen.  Es  sind  Wahr- 
nehmung, Beobachtung,  in  vielen  Fällen  Experiment  und 
Messung,  die  ihr  das  Thatsaehenmaterial  verschaffen,  es  ist 
Analyse  und  Inductiun,  was  sie  zu  den  Gesetzen  führt,  und 
schlieUlich  die  Hypothese,  die  sieh,  wenn  es  einmal  so  weit  ge- 
kommen ist,  als  Stütze  und  Krone  zugleich  dem  Bauwerke  ein- 
fügt. Mit  diesen  wenigen  Worten  ist  die  Methode  der  Psycho- 
logie im  wesentlichen  charakterisiert.  Aber  Sie  werden  mir  zu- 
geben, dass  mit  genau  denselben  Worten  das  gleiche  für  die 
Physik.  CheiTiie,  kurz  für  sämmtliche  Naturwissenschaften  ge- 
leistet wäre,  und  ich  stolle  daher  gewiss  nicht  auf  Widerspruch, 
wenn  ich  beliaupte,  dass  die  Wissenscliaft  von  der  inneren 
Natur  mit  denen  von  der  äulJereu  Natur  völlig  gleichen  Grund- 
charakter besitzt. 

So  stehen  die  beiden  Wissenschaftsgebiete  selbst  zu  einander. 
Wie  steht  es  nun  mit  dem  ge|^eDseitigen  Verhältnisse  ihres  Untere 
riciites  auf  unseren  Gymnasien?  Da  zeigt  sich  eine  gegenüber 
der  eben  besprochenen  Gleichartigkeit  höchst  auffallende  Ver- 
schiedenheit, eine  Verschiedenheit,  die  durch  da«?  Wort  ..Experi- 
ment" sofort  gekennzeichnet  ist.  Der  Unierriclit  in  der  Physik  und 
Chemie  ist  auf  der  Unter-  wie  auf  der  Oberstute  ganz  und  gar  auf 


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über  psychologische  Schuir  ersuche. 


19 


das  Experiment  gegründet,  und  wenn  auch  das  Obergymnasium 

an  mathematischer  Deduction  und  an  hypothetischer  Zusammen- 
fassang  ein  Beträchtliches  leistet,  so  wird  doch  immer  vom  Ex- 
perimente ausgegangen;  nueli  der  Unterricht  in  den  beschreiben- 
den Naturwissenschaften  trägt  der  Pordernnir  nach  Anschauung 
im  weitesten  Ansmalie  Rechnung.  Dem  gegenüber  gehört  —  ich 
glaube,  man  wird  mir  darin  ^icht  widersprechen  —  die  Vor- 
führung eines  Versuches  im  Psychologie -Unterrichte  zu  den 
allerseltensten  Ausnahmen,  und  selbst  die  fast  überall  bereit 
liegenden  Mittel  der  Anschaannff  werden  nur  in  bescheidenem 
Malie  verwertet.  Icli  sage:  Ausnanmen.  Denn  dass  es  deren  gibt, 
ist  mir  nicht  unbekannt.  Öo  theilt  mir  z.  B.  Prof.  Höfler  mit, 
diis<  Prof.  Pommer  schon  vor  zwanzig  .lahren  am  Mariahilfer 
Gymnasium  in  \\'ien  begonnen  hat,  sich  beim  Psychologie- 
Unterriclite  einiger  Demonstrationsversuche  zu  bedienen,  und 
Prof.  Alurtiuak  in  Graz  thut,  wie  ich  weiß,  desgleichen.  Sol- 
eher Ausnahmen  wird  es  vielleicht  noch  manche  sreben  —  aber 
das  sind  eben  nur  Ausnahmen,  und  es  ist  die  frage,  soll  es 
dabei  bleiben? 

Dieser  Sachverhalt  ist  umso  auffallender,  als  ja  die  heutige 
Psychologie  den  experimentellen  Forschungsweg  ganz  besonders 
bevorzvigt  und  aus  dieser  ihrer  Vorliebe  gar  kein  Hehl  macht. 
Freilich  kann  man  bisweilen  —  und  zwar  gar  nicht  selten  — 
die  Meinung  vernehmen,  dasjenige,  was  unsere  Psychologen 
unter  dem  Namen  eines  psychologischen  Experimentes  in  Um- 
lauf zu  setzen  versuchen,  das  seien  gar  keine  psychologischen 
Experimente,  sondern,  wenn  überhaupt  Experimente,  so  höch- 
stens physiologische  oder  gar  physikalische.  Aber,  meine  Herren, 
ich  glaube  nicht,  dass  es  nöthig  isty  sich  in  Ihrem  Kreise  mit  einer 
eingehenderen  Beleuchtung  dieses  Vorwurfes  aufzuhalten.  Er 
trägt  zu  deutlich  den  Stempel  der  Unwissenheit  und  Obertiiichlich- 
keit  au  sieh.  Ein  Experiment  ist,  kurz  gesagt,  das  absichtliclie 
Hervorrufen  eines  Naturgesehehens  zum  Zwecke  seines  Studiums. 
£s  gehören  also  nur  zwei  w^esentliche  Punkte  dazu,  um  irgend 
einer  Veranstaltung  den  Charakter  des  Experimentes  zu  ver- 
leihen: erstens,  dass  die  betreffenden  Naturthatsachen,  um  deren 
Untersuchung  es  sich  handelt,  absichtlich  hervorgerufen  wer- 
den, und  zweitens,  dies  unter  Bedingungen,  die  für  das  Studium 
günstigeren  Erfolg  versprechen  als  ihr  natürlicher  Ablauf. 
Beiden  ßedinguugen  kann  auf  p'sychologischem  Gebiete  sehr 
wolil  entsproclien  Averden.  Dass  sich  psychische  Thatsachen 
willkürlich  beeinllusseii  lassen,  ist  im  Ernste  nicht  zu  bezweifeln. 
Ich  thue  es,  Indem  ich  zu  Ihnen  spreche,  ja  der  ganze  Verkehr 
von  Geist  zu  Geist  ist  darauf  gegründet.  Ünd  was  den  zweiten 
Punkt  anlangt,  so  genüge  ein  Beispiel  für  viele.  Das  Gedächt- 
nis und  seine  Leistungen  sind  Thatsachen,  die  auch  schon  der 
vorwissenschaftlichen  Erkenntnis  höchst  geläufig,  ja  selbst  in 
ihrem  gesetzmäßigen  Verhalten  bis  zu  gewissem  Grade  bekannt 
sind;  aber  eben  nur  bis  zu  gewissem  Grade,  über  den  hinaus 

2* 

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20 


Dr.  Stephan  Witasek. 


übrigens  die  tausendjährige  Erfahrung  des  Alltagslebens  auch  von 
der  außerexperimentellen  Psychologie  kaum  überholt  worden  ist. 
Erst  »>xp«M'iiiiente]len  Veranstaltungen,  namentlich  der  zuerst 
von  Ebbinghaus  augewendeten  Methode  des  Auswendiglernens 
sinnreich  zusammengesetzter  sinnloser  Silbemeihen,  war  es  vor- 
behalten, diese  Grenzen  zu  überschreiten  und  die  Gesetze  dos 
Gedächtnisses  m  Maß  nnd  Zahl  Ond  in  feste  Form  zu  bringen ; 
ein  deutlicher  Beweis  dafttr^  dass  diese  Veranstaltungen  die  zu 
studierenden  Thatsachen  der  Untersuchung  unter  günstigeren 
Bedingungen  zur  Verfügung  stellten  als  der  natürliche  Ablauf 
des  Geisteslebens.  8ie  hubeu  daher  zweifellos  den  Charakter 
des  Experimentes,  und  zwar  den  des  psychologischen  und  nicht 
physiologischen  oder  physikalischen,  da  es  psychische  That- 
sachen sind,  die  dabei  absichtlich  hervorgerufen  und  untersucht 
werden. 

Also,  wie  gesagt,  meine  Herren,  dass  man  psychologisch 
experimentieren  könne  und  dass  dasjenige,  was  uns  unter  dem 
Namen  eines  psychologischen  Experimentes  geboten  wird,  diesen 
Namen  mit  Recht  führt,  das  brauche  ich  Ihnen  gegenüber  nicht 

er^;t  weitlänfig  zu  beweisen.  Die  Fraise  ist  die,  ob  diese  psycho- 
lofri.sL-lu'n  Experimente  sicli  anch  iu  der  Schule  nützlich  erweisen 
können,  ob  sie  sich  besonders  im  Psychologie -Unterrichte 
unserer  Gymnasien  als  Demonstrationsversuehe  mit  Eriolg  an- 
wenden lassen. 

Die  Antwort  auf  diese  Frage  liest  keineswegs  so  auf  der 
Hand  wie  die  auf  die  vorige.  Vielmehr  glaube  ich,  dass  man 
den  psycholoeischen  ScholTcrsucben  von  zwei  Seiten  her  an  den 
Leib  zu  rücken  geneigt  sein  könnte;  einmal  von  Seite  der 
praktischen  Durchführbarkeit  und  dann  von  der  des  pädagogisch- 
didaktischen Wertes.  Unter  ersteren  Titel  fallt  es,  wenn  man 
an  das  geringe  Zeitausniaß  erinnert,  da.s  dem  Psycliulogie-Unter- 
richte  zur  \  erfüguug  steht;  bei  zwei  Stunden  wöchentlich  könne 
man  sich  den  jedenfalls  zeitrauhenden  Luxus  des  Experimen- 
tierens nicht  gestatten.  Aber  zum  Experimentieren  brauche  man 
auch  Api)arate,  und  die  kosteten  Geld,  psychologische  vielleicht 
mehr  als  andere,  und  das  stünde  der  Mittelschule  nicht  zur 
Verfügung.  Schließlich  die  Hauptsache:  Psychologische  Versuche 
seien  versuche  ganz  eig^ener  Art.  ganz  eigener  Technik;  von 
einem  Lehrer  aber,  der  aulier  Psychülogie  noch  zwei,  drei  andere 
Fächer  gründlich  zu  beherrschen  und  zu  unterrichten  hat,  von 
dessen  Thätigkeit  die  Psychologie  nur  einen  geringen  Theil 
ausfallt,  kdnne  man  nicht  Tcrlangen,  dass  er  sich  diese  eigen- 
artige Technik  in  dem  Maße  su  eigen  mache,  als  es  zur  ee- 
deihhchen  Durchfülirung  der  Versuche  erforderlich  ist.  ilso 
kurz  gesagt:  Psychologische  Experimente  erfordern  viel  Zeit, 
viel  Geld  und  besondere  Vorhihhinjr,  und  all  das  könne  die 
Mittolscluile  niclit  leisten.  Soviel  im  Punkte  der  praktischen 
Durclitülii  bai  keit.  —  Aber  das  sind,  wie  gesagt,  noch  nicht  alle 
Bedenken,   die   mau  gegen  die  Idee   psychologischer  Schul- 


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über  psjchologittohe  Schul  versuche. 


21 


Teroaehe  hegen  kdnnte;  es  kommt  ftueh  der  didaktiselie  Wert 
m  Frage,  denn  es  ist  klftr,  dass,  falls  dieser  zu  gering  ist,  die 

VorfUhrniig  der  Versuche  auch  bei  leichtester  Durchführbarkeit 
nicht  zu  rechtfertigen  wäre.  Was  ist  es  also,  was  wir  in  dieser 

Beziehung  von  einem  Seluilversiicho  verlangen  und  was  uns 
z.  B,  die  physikalischen  ExperimfMirp  so  wertvoll  macht  "r^  Xun, 
da  fallen  zunäclist  einige  mehr  iiuljeruciie  Dinge  in  die  Augen: 
Das  Experimentieren  belebt  den  Unterrieht,  regt  das  Interesse 
au  und  hilft  dem  Gedächtnisse.  Wichtiger  als  das  ist  die 
außerordentliche  Erleichterung,  die  Demonstration  und  Ex- 
periment dem  Lehrer  beim  iTittheüen  und  dem  Schttler  beim 
Auffassen  der  Thatsachen  gewähren.  Der  Lehrer  braucht  sich 
nicht  abzumühen,  um  durch  Worte  dem  Schüler  ein  möglichst 
adäquates  ßild  der  mitzutheilenden  Thntsaehe  zu  vermitteln, 
ein  in  manchen  Fällen  der  Natur  der  Sache  nach  sogar 
ganz  vergebliches  T^eniühen:  das  Experiment,  die  directe  Vor- 
tuhruug  der  Thatsachen  selbst,  gibt  ihm  ein  einfaches  und  da- 
bei sichereres  Mittel  an  die  Hand.  Der  ^:chüler  anderseits  be- 
hält die  psychische  Arbeit,  die  er  sonst  darauf  verwenden  mfisste, 
um  sich  aus  den  Worten  des  Lehrers  erst  das  anschauliche  Bild 
der  in  Rede  stehenden  Thatsache  zu  construieren,  frei  für  die 
Betrachtung  der  Thatsache  selbst.  —  Schließlich  noch  ein  wichtiger 
Punkt.  Wenn  es  richtig  ist,  dass  es  der  Lehrer  möglichst  ver- 
meiden soll,  den  vSehülern  irgend  eine  Erkenntnis  kurzweg  mit- 
zutheilen.  die  sie  durcli  eigene  Thätigkeit  tiud»'n  könnten,  wenn 
es  richtig  ist,  dass  die  Keceptivität  des  Schülers  möglichst 
wenig,  dagegen  seine  Actiriföt  möglichst  yid  in  Anspruch  ge- 
nommen werden  soll,  so  muss  derUnteiTicht  dem  Experimente 
eine  entscheidende  Bolle  einräui:  < n  Denn  dadurch  wird  der 
Schüler  in  den  Stand  gesetzt,  die  Thatsachen  selbst  zu  con- 
statieren  und  die  Gesetze  des  Naturgeschehens  aus  den  That- 
sachen durch  eigene  Gedankenthntigkeit  auszulösen.  So  be- 
rechtigt also  die  von  einer  jeden  Didaktik  erhobene  Forderung 
nach  möglichst  heuristischem  Vorgehen  ist,  so  wertvoll  ist  auch 
das  Schulexperiment. 

Wir  steh  en  nun  vor  der  Frage:  Können  alle  die  eben  auf- 
gezeigten Momente,  die  das  Schulexperiment  sonst  zu  einem  so 
wertvollen  Unterrichtsmittel  raachen,  auch  vom  psychologi- 
schen Schulversuche  bewährt  werden? 

Meine  Herren!  Ich  will  diese  Frage,  und  damit  zugleich 
auch  die  praktisclien  Bedenken,  nicht  durch  blol5e  Worte  er- 
ledigen, sondern,  wie  es  der  Intention  meiner  Auseinaudersetzun- 
ffen  gewiss  besser  entspricht,  gleich  lieber  durch  anschauliches 
Vorführen  einzelner  Beispiele. 

Versetzen  wir  uns  allenfalls  in  jene  Psychologiestunde,  in 
der  die  Erörterung  der  Thatsache  und  des  Begriffes  der  TJnter- 
schiedsschw.'lle  auf  dem  Programme  steht.  Wie  wird  es  der 
Lehrer  anzufangen  haben,  wenn  er  experimentelle  Hilfsmittel 
verschmäht?  Meine  Herren!  Die  Unterschiedssch weile  ist  eine 


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22 


Dr.  Stephan  Wifcasek. 


Thatsache,  und  zwar  eine  Thatsacbe  der  existierenden  Natur. 

Einer  solchen  gegenüber  findet  sich  der  Lehrer,  wenn  er  auf 
Wahrung  des  heuristischen  Principes  möglichst  bedacht  ist,  in 
einer  misslicheu  Lage.  Sie  lässt  sich  aus  keinem,  wie  immer 
gearteten  hcUieren  Piäncipe,  etwa  durch  Krage  und  Antwort,  ab- 
leiten, und  die  Methode,  deren  sich  der  Mathematiklehrer  ver- 
möge der  Natur  seines  Gegenstandes  mit  so  großem  \'ürtheile 
bedient,  ist  dort,  wo  es  sich  allenfalls  um  den  Geruch  des  Chlor- 
gases oder  um  den  Bau  des  Eiemenapparates  handelt,  gans  un- 
möghch.  Der  Lehrer  ist  also,  wenn  er  Demonstrationen  und 
Experimente  verschmäht,  auf  bloße  Mittheilnng  der  Thatsaclien 
durch  das  Wort  angewiesen.  8o  auch  in  unserem  Falle.  Er 
wird  zunächst  vielleicht  daran  erinnern,  dass  die  Empfindung 
sowohl  nach  (Qualität  wie  nach  Intensität  dem  It'ei/H  folgt,  und 
daran  anknüpfend  sagen,  dass  dies  nur  mit  gewissen  Beschrän- 
kungen gilt,  indem  zwei  objectiv  verschiedene  Ueiiiszustände, 
solange  sich  ihre  Verschiedenheit  innerhalb  einer  bestimmten 
Grenze  —  der  ünterschiedsschwelle  —  hält,  als  gleich  auf- 
gefasst  werden.  In  dieser  Art  ungefähr  wird  er  die  Thatsachen 
mittheüen  mflssen.  Freilich  wird  er  sich  damit  nicht  begoflgen, 
sondern  versuchen,  das  Gesagte  durch  Anführung  concroter 
Beispiele  greifbarer  zu  machen,  ja  vielleicht  sogar,  den  Schüler 
aus  solchen  Beispielen  heraus  die  Tliat suche  der  ünterschieds- 
schwelle selbst  erkennen,  gewissermaßen  auffinden  zu  lassen. 
Er  wird  daran  enunern,  dass  eine  Kerze,  in  hellem  Tageslichte 
angezündet,  nicht  heller  macht,  dass  in  einem  halbwegs  starken 
Orchester  ein  Geiger  mehr  oder  weniger  am  Fortissimo  nichts 
ändert,  u.  s.  w.,  und  aus  diesen  Einzelfällen  kann  dann  der 
Schüler  den  allgemeinen  ßegriff  der  Unterschiedsschwelle  ab- 
leiten. Doch  geben  wir  uns  keiner  Täuschung  hin!  Ein  solches 
Ableiten  verdient  kaum  mehr  diese  Px  zeichnung;  der  Schüler  hat 
ja  dabei  nicht  viel  mehr  zu  thuji,  als  einfach  nachzusagen,  was 
ihm  vom  Lehrer  vorgesagt  worden  ist.  Denn  der  sprachliehe 
Ausdruck,  in  dem  die  als  Beispiele  augeführten  Specialfälle 
der  Schwellenthatsache  vorgebracht  werden,  ist  nothwendiffer- 
weise  gleichzeitig  ein  Ausdruck  der  Schwellenthatsache  selbst; 
es  ist  eben  mit  bloß  sprachlichen  Mitteln  in  der  Kegel  gar 
nicht  möglich,  einen  Specialfall  zu  bezeichnen,  ohne  dabei 
\\'örter  und  Ausdrücke  zu  gebrauchen,  die  sofort  auf  das  zu- 
ti'elp  o  int^  Allgemeine  hinweisen.  ird  dagegeu  ein  solcher 
Specialfall  anschaulich,  experimentell  vorgeführt,  so  hat  der 
Schüler,  um  zum  Allgemeinen  zu  gelangen,  den  ganzen  Weg 
zuiückzulegen,  den  die  Forschung  einst  zu  gehen  hatte,  um 
Oberhaupt  die  betreffende  Erkenntnis  zu  finden,  ein  Weg,  der 
bei  der  außerordentlichen  Mannigfaltigkeit  alles  wirklichen  Ge- 
.'^eheheus  ein  solches  Maß  von  Abstraction  und  Concentration 
fordert,  dass  ihn  der  Schüler,  wenn  nicht  seine  Aufmerksamkeit 
vom  Lehrer  in  /ielbewus.ster  Weise  grleiikt  und  geleitet  wird, 
in  den  meisten  i'üllen  gar  nicht  tiuden  könnte.    So  kann  der 


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über  pfjcbologische  SchuUereuche. 


23 


Aetivitat  des  Schülers  die  angemessene  Anregung  geboten  wer- 
den. In  unserem  Beispiele  ließe  sieh  das  etwa  aarch  folgendes 
£xperimeut  erreichen. 

Der  Lehrer  lässt  an  die  Schüler  die  Aufforderung  ergehen, 
an  einer  beslimmteu  Stelle  die  Wand  des  Zimmers  zu  betrachten, 
und  zwar  einmal  jetzt  —  und  einmal  jetzt. 

'Der  VortrajTrfndf  /fnn^ot  oin  Strcichht'ilzchen  an  nml  halt  es,  indi'm 
er  eai  lait  uer  iiaiiii  dem  Auiiitoriuui  verdeckt,  in  UDgetäbr  1  m  Abstand 
vor  die  bezeichnete  Waaditelle.) 

Das  Experiment  ist  su  Ende;  an  seiner  praktischen  Durch* 

fUhrbarkeit  wird  man  nicht  gut  zweifeln  können.  Aber  auch 
sein  didaktischer  Wert  ist  einleuchtend  genug.   Mit  wenigen 

Fragen  wird  der  Schüler  dazu  zn  bringen  sein,  aus  dem  all- 
seitig individuell  bestimmte  Vorgänge  das  allgemein  Giltige 
zu  abstrahieren,  zu  erkt  iüieii,  dass  durch  das  Aiizüiuleu  des» 
Streichholzes  die  Inteuäität  des  von  der  Wund  reilectierten 
Lichtes  gewiss  erhöht  worden  ist,  dass  aber  dieser  Helligkeits- 
zuwachs, da  die  Wand  heidemale  guuz  gleich  aussah,  unter- 
merklich war;  und  weiter,  dass  es  eine  Grenze  —  die  Unter* 
ßchiedsschwelle  -  gehen  muss,  an  der  ein  solcher  Zuwachs  den 
Merklichkeitsgrad  eben  erreicht. 

Da«?  alles  kann  der  Schill »^r  aus  diesem  so  einfachen  Vor- 
gänge durch  eigene  Gedankenlüäiigkeit  ablesen.  Gleiches  lässt 
sich  mit  fast  ebenso  primitiven  Mitteln  aut  dem  Gebiete  des 
Drucksinnes  erreichen;  der  ganze  dazu  erforderliehe  Apparaten- 
aufwand besteht  in  zwei  Gewichtsschalen, ^)  die  übrigens  noch 
durch  zwei  gleiche  Schachteldeckel  ersetzt  werden  können. 
Auch  die  gewiss  instractive  Vorführung  von  Masson'schen 
Scheiben  wird  auf  keine  erheblichen  Schwierigkeiten  stoßen, 
da  sich  die  Ceutrifugalmaschine,  die  das  physikalische  Cabiuet 
wohl  eines  jeden  Gymnasiums  besitzt,  leicht  genug  als  Kotations- 
apparat  benützen  lässt. 

So  hiitte  ich  Ihnen,  meine  Herren,  bereits  ein  Beispiel 
eiuesi  in  jeder  Beziehung  einwandireien  uud  bei  aller  seiner 
Einfachheit  höchst  dankbaren  Schulrersuches  gebracht.  Aber 
eine  Schwalbe  macht  noch  keinen  Sommer;  also  wiU  ich 
Ihnen  noch  andere  bringen.  Der  Versuch,  den  ich  Ihnen  vor- 
zuführen gedenke,  bat  neben  den  Vorzügen,  die  den  vorigen 
auszeichnen,  auch  noch  den,  dfiss  er  mit  unfehlbarer  Sielicrheit 
über  die  Schwierigkeiten  liinweghillt ,  dif^  dem  Aiifiingei'  das 
strencf  becriffliehc  Ert'Lisseu  von  vafjeii  Uedanken<4ebildeii  des 
Alltagslebens  kosit^.  Der  ganze  Apparat,  den  ich  dazu  brauche, 
ist  ein  nol/Jiaiuiuer.  Ich  werde  mit  -diesem  Instrumente  zwei 
aufeinanderfolgende  Viervierteltakte  taktieren  und  auf  ^Eins^ 

^)  Siimmtliche  im  Vortra«2:e  orwilhnten  Apparate  und  Di^inonstration.«- 
niittol  waren  dem  Vortragenden  vom  Vorstände  des  psychologischen  Labo- 
ratoriuuijj  der  Universität  (Jraz,  Herrn  Prof.  Meinong,  mit  dankenswerter 
Bereitwilligkeit  zur  Verfügung  gestellt  worden  und  wurden  sur  Ansicht 
Torgewiesen. 


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24 


Dr.  Stephan  Witasek. 


des  zweiten  Taktes  einen  kräftigen  Schlag  auf  den  Tisch  ans- 
fQhren;  diejeniffen,  die  den  Veisucli  niitzumachen  gewillt  sind, 
mögen  während  des  ersten  Taktes  beiderseits  mit  den  Fingern 
den  Gehörgang  zudrücken,  die  Ohren  über  den  Sehlag  hinaus 
bis  zu  j,Zwei"  des  zweiten  Taktes  verschlossen  halten  und 
dann  durch  Lüften  der  Finger  r:isch  öö'nen. 
(Folgt  Austiihiung  tles  beachriebenon  Versucbe^.) 

Wenn  der  Yersueh  gelungen  ist,  so  werden  die  Herren 
den  Schlag  des  Hammers  auf  den  Tisch  trotz  der  yerschlossenen 
Ohren  immerhin  noch  gehört  haben,  aber  einen  zweiten  stärkeren 
beim  Öffnen  des  Ohres,  obwohl  in  diesem  Augenblicke  objectir 
keiner  erfolgte.  Die  Erklärung  dieses  Versuches  liegt  auf  der 
Hand. 

Ursaclie  der  beim  Offneu  des  Ohres  eintieteii(ien  zweiieu 
Schallemplindung  bind  die  infolge  der  Reflexion  an  den  Wänden 
des  Zimmers  immer  noch  vorhandenen  Schallwellen,  die  aber, 
wenn  der  erste  Schlag  auf  nicht  verschlossenes  Ohr  trifft, 
wegen  der  dabei  auftretenden  Ermüdung  viel  schwächer  oder 

g^r  nicht  mehr  empfunden  werden.  Daraus  ergibt  sich  für  den 
egriff  der  Emüdunj^  die  zwar  abstracte,  aber  einzig  scharfe 
Fassung:  Herabs^etzinin^  der  Reactionsfühigkeit  das  Organes.  So 
scliwer  es  dem  Aiifliiif^er  ist,  diese  unauschauliche,  abstraete 
ForTiiulierang  des  Ijegrifits  gegenüber  seinen  zwar  vagen,  ;il)er 
umso  handgieiilichereu  Anwendungen  des  Aiitagdlebens  /.u  be- 
haupten, so  leicht  wird  es  ihm,  sie  aus  diesem  anschaulichen 
Experimente  sogar  selbstthätig  abzulesen.  Also  wieder  ein  Schul- 
yersui-li,  bei  dem  von  praktischen  Schwierigkeiten  keine  Rede 
sein  kann  und  der  der  Activität  des  Schülers  die  beste  An- 
regung zu  bieten  geeignet  ist.  Denken  Sie  dabei  an  die  reine 
intelleetuelle  Freude,  die  jedes  Gelingen,  jedes  Sen>srfiiiden  drin 
sich  euttaltenden  U eiste  geradeso  hereitot  wie  dem  gereilten, 
denken  Sie  an  den  iiohen  erzit  lili<  hen  Werl  dieser  Freude,  so 
werden  Sie  dieses  so  wertvolle  UnterrichtsLuiLLel  umsoweuiger 
missen  wollen. 

Meine  Herren!  Ich  könnte  nun  meine  Auf^be  als  erledigt 
betrachten.  Aber  ich  möchte  doch  noch  auf  einen  Punkt  hin- 
weisen, der  den  Wert  psychologischer  Schulversuche  Ton  einer 
anderen  Seite  iier  belenehtet. 

T)a/,ii  erinnere  ieh  un  Folgendes.  Es  ist  ganz  iiatihlicdi, 
dass  jeder  normal  Beaulagte,  auch  wenn  er  niemals  physikali- 
schen Unterricht  genossen  hat,  eine  ziemliche  Menge  physikali- 
schen Wissens  besitzt.  £r  weiÜ,  dass  Öl  auf  Wasser  schwimmt, 
dass  die  freie  Oberflache  einer  Flüssigkeit  eine  Horizontale 
bildet,  dass  ein  nicht  genügend  unterstützter  oder  aufgehängter 
Körper  zu  Boden  fallt,  und  so  vieles  andere.  Die  unausgesetzte 
Berührung  mit  der  physischen  Natur  drängt  ihm  soläe  Er- 
kenntni?:se  mit  nnfehlbarer  Nothwendigkeit  anf. 

Die  p.^^yeliisclie  Natur  .steht  ihm  aber  uniuittclbar  näher, 
und  es  ist  daher  seibstverstäudlich,  dass  auch  sie  der  vorwisseu- 


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über  pnycbologiticbc  Schul versucbti. 


25 


schafilielieii  Erkenntnis  reichlich  Stoff  bietet.   So  bringt  der 

OctaTaner  in  die  erste  Psychologiestuude  die  ganze,  keineswegs 
arme  Psychologie  des  Alltagslebens  mit.  Aber  in  dieser  Psycho- 
logie fiiulen  sieh  neben  wirklichen  auch  manche  bloß  vermeint- 
lichen Erkenntnisse;  und  die  zu  beseitigen  und  zu  corrit^iereu  ist 
mit  eine  Aulgabe  des  Unterrichtes.  Das  ist  nun  gerade  auf  dem 
Gebiete  der  Psychologie  eine  besonders  schwierige  Aufgabe, 
Denn  es  ist  die  unmittelbare  Evidenz  der  inneren  Wahrnehmung, 
die,  freilich  mit  Unrecht,  auch  für  solche  falschliche  Erkennt- 
nis  insÜDctiv  in  Anspruch  genommen  wird,  und  jeder  Wider- 
spruch gegen  diese  auch  vorwissensehaftlichem  Denken  sonnen- 
klare firkenntnisquelle  wird  unyerstanden  und  ungeprüft  bei- 
seite geschoben. 

Ich  erinnere  beispielsweise  daran,  wie  schwer  es  ist,  den 
Anfänger  zu  der  dem  naiven  Denken  so  paradox  erscheinenden 
Erkenntnis  zu  bringen,  diiss  es  Vorstellungen,  Emplindunjjeu 
gebe,  die  ans  irgend  einem  Grande  unserer  inneren  Wuir- 
nehmung  entgehen,  die  unbemerkt  bleiben  und  bleiben  müssen, 
sich  dem  UrUieile  entziehen  und  in  diesem  Sinne  unbewusst 
genannt  werden  können.  Ja,  dass  es  objective  Reize  gibt, 
die  unserem  ürtheile  und  unserer  Empfindung  entgehen,  wohl 
meist  deshalb,  weil  sie  zu  schwach  sind,  das  ist  jedermann 
wohlbekannt.  Aber  dass  wir  uns  über  Vorhanden-  oder  Nicht- 
vorhandensein einer  Kin))tindung,  alho  einer  der  inneren  Wahr- 
nehmung zugünglichen  Thaisache  unseres  Bewusstseins,  täuschen 
können,  davon  wird  sich  der  Anfänger  durch  bloße  Worte  nicht 
leicht  überzeugen  lassen.  ^Deine  Rede  ist  hart,  o  Herr,''  wird 
er  sich  denken  und  die  Sache  nicht  gar  zu  ernst  nehmen.  Da- 
gegen führt  ein  einfacher  Versuch  in  handgreiflicher  Weise 
7ura  Ziele.  Ich  lasse  eine  angeschlagene  Stimmgabel  verklinj^en 
und  gel)»'  der  Versuchsperson  die  Weisung,  den  Aurrpnblick.  in 
dem  ilir  (ier  Ton  völlig  verklungen  zu  sein  scheint  und  sie 
keine  Empfindung  mehr  zu  haben  meint,  zu  bezeichnen.  In 
diesem  Augenblicke  dämpfe  ich  die  Stimmgabel.  In  der  Regel 
wird  die  Yersnchsperson  an  der  dadurch  Yorsichgehenden  Ver- 
änderung gewahr,  dass  eigentlich  erst  jetzt  völUge  Stille  ein- 
getreten ist  und  sie  in  dem  von  ihr  bezeichneten  Augenblicke 
zwar  thatsächlich  noch  eine  Gehörsempfindung  gehabt  und  nur 
gemeint  habe,  keine  inehr  7ä\  haben. 

Ein  anderer  liiehergeiitu-iger  Kall.  Selbst  nauiliaften  Psycho- 
logen von  Fach  hat  es  lange  genug  Schwierigkeiten  gemacht, 
einzusehen  und  zu/ugebeu,  dass  es  nicht  nur  dem  o])jectiven 
R^ize,  sondern  auch  der  subjectiven  Emptindunc  ^ugcuiiber 
eine  ünterschiedssehwelle  gibt,  derzufolge  zwei  in  Wirklichkeit 
Tcrschiedene  subjectiye  Empfindungen  unter  Umständen  als 
gleich  aufgefasst  werden  können,  so  dass  wir  uns  in  unserem 
eigenen  Urtheile  über  Gleichheit  und  Verschiedenheit  unserer 
eigenen  BewusstseinstlKitsaclu'a  täuschen.  liei  dem  Anfilnger 
Toilends,  der  noch  mit  den  Schwierigkeiten  der  (irundbüätim- 


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2G 


Dr.  Stephan  Witasek. 


mungen  zu  kämpfen  hat,  wird  sieb  diese  Erketmtuis,  denurt 
absinket  ge&SBt,  gegeuüber  der  eatge^ngesetzteu  lebendigen 

Über/pngiinrr  der  Vulfrärpsychologii»  nicht  behaupten  köiiuen. 
Sie  wird  ihm,  weim  er  überhaupt  verstellt,  was  damit  gemeint 
ist,  paradox  und  uusiniiig  vorkommeu.  bull  man  sie  deshalb 
aus  dem  Lehrstofle  des  Gymnasiums  ausseheideu  Ich  würde 
das  für  einen  empfindlichen  Verlust  halten.  Denn  gerade  sie 
ist,  wie  nieht  bald  eine  zweite,  geeignet,  einen  lehrreichen  Blick 
in  dag  Getriebe  unseres  psychischen  Lebens  zu  gewähren  und 
die  Eiffenexistenz  und  reiatiTe  Selbständigkeit  des  Urtlieils 
gegenüber  den  Empfindungen  erkennen  zu  lassen;  sie  ist  vor 
allem  geeignet,  die  Bedeutung  des  Urtlieils  als  des  zu  den  Vor- 
stellungsthatbestünden  neu  hin/.ukonnnt'nden,  die  Erkenntnis 
constitiiioreuden  Factors  in  helles  Licht  zu  setzen.  So  etwas 
dari  mau  sieh  nicht  entgehen  lassen,  und  man  braucht  es  auch 
nicht,  wenn  man  nur  die  geeigneten  DemonstrationsTersnehe 
2uhilfe  nehmen  wilL  Ich  werde  Ihnen  ein  ganz  einfaches  Ex- 
periment zeigen,  das  zwar  zu  denken  gibt,  aber  dafür  auch 
über  die  in  der  Sache  liegenden  Schwierigkeiten  hinweghilft. 
Sie,  meine  Herren,  haben  dabei  nichts  anderes  zu  thun,  als  in 
einer  Reihe  von  Tönen,  die  ich  Ihnen  angeben  werde,  je  zwei 
Hufeinnnderf olgende  auf  Gleichheit  oder  Verschiedenheit  zu 
prüleu. 

( Ausführun*;  des  Versuches:  Die  Liuifgewichte  einer  Künig'schen 
Stimmgabel  werden  succcssivc  um  ganz  kleine,  beiderseits  gleiche  Stück- 
chen von  oben  bis  unten  binabgetwboben  ond  die  iStimmgabfl  wird  bei  jeder 
Stellung  angeschlagen.) 

Sie  werden  mir  auf  (Tnmd  Ihrer  subjectiTen  Wahr- 
nehmung gewiss  zugeben:  Die  Töne  waren  einander  gleich, 
leh  will  nun  nochmals  den  letzten  Ton  der  Heilu*  —  und 
den  .  rsten  augeben.  Sie  liüren.  dass  die  beiden  ir»ii<'  sehr 
merkücü  von  einander  verschieden  sind.  Was  folgt  daraus? 
Wir  haben  eine  Reihe  von  Tönen  t^  gehört  und  ge- 

funden, dass     =     B=  ^,  SB  und  das  Bewnsstaein 

des  psychologisch  Naiven  nimmt  es  damit  als  ganz  selbst'- 
verständlich  an,  dass,  wenn  auch  diese  Gleichsetzung  den  ob- 
jectiven  Tönen  gegenüber  eine  irrthümliche  sein  sollte,  so 
doch  gewiss  die  Empfindungen  e,  -  ~  ~  —  f.  sind, 
also  aueh  f,  -  -  .  Hei  uimiittflbairr  Aufeinanderfolge  der 
beiden  Tüne  und  ' ,  sind  w  ir  jedocli  mit  voller  Sicherheit  zum 
Lrtheile  gekommen ,  .sonach  auch  ..d  c.^  ^  e^,  emem 

Urtheile,  das  dem  vorhin  deducierten  et  e^  widerspricht. 
Nur  eines  von  beiden  kann  wahr  sein,  und  wenn  wir  schon 
einem  raisstrauen  müssen,  so  kann  es  nur  das  Gleichheitsurtheil 
st  ill.  Es  ist  also  wirklich  e,  ^e^.  Dann  kann  aber  auch  nicht 
die  (ileiehungsreihe  ~  —  =  =  f.  gelten,  es  muss 
vielmehr  weinirstens  eine  von  di<"=eii  (ileichnnn;en  falsch  und 
durch  eine  L ügleiclunig  zu  er>:*  l /..  u  sf'in.  l)a<  lieilU  also:  Die 
Empiiuduugen,  die  wir  für  gleich  gehalten  haben,  waren  thatsäch- 


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über  pHj'cbologi^iche  Schul veraache. 


27 


Hell  nicht  gleich,  sondern  Teracliieden.  Und  damit  ist  diese  sonst 
80  Bchwerfassliche  Erkenntnis  geradezu  handgreiflich  gemacht 
Das  eben  Torgewieseue  Experiment  hat  noch  eine  audere 
gate  Seite;  Es  re^  in  hohem  Grade  zur  Discnssion  an.  So  liegt 

es  z.  B.  nahe,  in  relativistischem  8iuue  einzuwenden,  er- 
scheine eben  nach  /,  aiidors  als  nnrh  i*,.  X\\r]\  da  ist  es  wieder 
eine  experimentelle  \  enuistaltiiug,  die  den  Gegenbeweis  bringt: 
Die  Tonreihe  /j  überzeugt  nämlich  deutlich  genug  von 

der  Unrichtigkeit  dieser  Behauptung. 

Welch  hohen  Wert  das  Discatieren  für  die  Erziehung  von 
Intellect  und  Charakter  besitzt,  verkennt  wohl  niemand,  und 
der  Lehrer  wird  daher  solche  Gelegenheiten  nicht  ungenützt 
vorübergehen  lassen;  er  wird  vielmehr  die  Vorführun<T  von 
Experiment  und  Demonstration  auch  dann  für  erwünscht  er- 
achten, wenn  sie  nur  dieser  Absicht  dient.  Um  wieviel  leichter 
spricht  sich  z.  B.  über  die  Cüutra.sttTscheiuuugen .  wenn  man 
sich  nicht  mit  todten  Worten  begnügen  muss,  sundern  die 
lebendige  Anschauung  davon  vor  Augen  und  in  Händen  bat. 
Dazu  brauchen  wir  aber  gar  nicht  die  kostspieligen  Mittel  einer 
Hering'schen  Fenstereinrichtung  oder  eines  Projectionsapparates, 
die  den  Contrast  freilich  außerordentlich  frappant  und  prächtig 
zu  zeigen  gestatten;  wir  wollen  ihn  nur  überhaupt  sehen,  und 
dazu  ^^enügt  schon  diese  einfache  TntVl .  die  ich  Ihnen  hier 
vorleg»'.  Sie  sehen  darauf  roth»'  und  grüne  StreifV-n;  wenn  Sie 
aber  das  durchscheinende  Pjipier.  mit  dem  sie  überden  kt  ist. 
lüften,  so  werden  Sie  zu  Ihrem  Erstaunen  bemerken,  dass  üieh 
gran  and  grün  darunter  befindet.  Die  bekannte  Gombination 
graner  Hinge  auf  verschieden  farbigem  Papier  leistet  Ähnliches. 
Mit  ebenso  einfachen  Mitteln  lässt  sich  der  successive  Contrast 
demonstrieren;  beliebige  farbige  Zeichnungen  auf  hellem  oder 
dunklem  Grunde,  mit  einem  Fixationspunkte  versehen,  bieten 
alles,  was  wir  bninchen.  —  f)ie  Erscheinungen  des  sncressiveii 
Coulra^trs  kruint  n  bekanntlich  auch  zur  Demonstration  and<  rer 
Thatsaebeu  herungezogen  werden.  Nimmt  man  mit  primär  ge- 
stellten Augen  von  einem  aufrechten,  rechtwinkligen  rotheu 
Kreuze  das  X^achbild  und  projiciert  es  nach  seitwärts  oben  oder 
unten,  so  sieht  man  es  schiefwinklig;  der  beste  und  handgreif- 
lichste Beweis  dafür,  dass  für  unsere  visuelle  Kaumauffassujig 
die  räumliche  Vertheilung  des  Reizes  auf  der  Netzhaut  nicht 
allein  maligebend  ist.  Auch  andere  Grundlagen  der  Theorie  vom 
räumliehen  Sehen  lassen  sich  mit  ähnlich  einfaelu  n  Mitteln  zur 
Anschanujjg  bringen.  Di^  Demonstration  des  Gesetz 's  von  den 
identibchea  Sehrichtungt.n  erfordert  nur  ein  Fenster  mit  freier 
Aussicht,  und  wo  das  nicht  zur  Verfügung  steht,  leistet  eine 
Glasscheibe  mit  zweien  an  der  Wand  angebrachten  farbigen 
Kreuzen  den  gleichen  Dienst.  Ebenso  erinnere  ich  an  die  inte- 
ressanten sogenannten  geometrisch-optischen  Täuschungen,  deren 
Besprechung  durch  ilire  Vorführung  auf  Wandtafeln  außer- 
ordenthch  belebt  und  gefördei-t  werden  kann. 


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28     Dr.  Stephan  Witasek.  über  p^«>-cbologi8che  SchnlTenuche. 


Meine  Herren!  Ich  hatte  nieht  die  Absicht,  Ihnen  Experi- 
mente gleichsam  als  Vorlagen  vorzumachen  oder  eine  Liste  der 
für  das  Gymnasium  in  Betracht  kommeudon  Schulversuche  zu 
cebeii.  Denn  al>n'e.<ehen  davon,  dass  ich  mir  nicht  anmaße,  Sie 
darin  belehren  zu  künneu,  wäre  es  schon  deshalb  ein  unersprieß- 
liches Begiuuen,  weil  sich  aus  der  Entfernung  von  den  im 
einzelnen  überall  verschiedenen  Verhältnissen  des  SchuUebens 
eine  Anleitung  in  Form  von  völlig  durchgeführten  Experimenten, 
die  dabei  naturgemäß  bis  ins  Einzelne  bestimmt  sein  müssen, 
nieht  geben  lasst.  Der  Lehrer  wird  bei  der  Auswahl  und  Durch- 
filhmng  der  Versuche  die  jeweiligen  zeitlichen  und  örtlichen 
Verhältnisse  berücksichtigen  müssen.  9r  wird  sehen,  was  ihm 
an  Apparaten  das  physikalische  Cai)inei  zur  Verfütrung  stellen 
kann,  er  wird  vor  allem  auf  die  momeutaneu  Bedürfnisse  der 
Clasbe  achten  und  es  immer  mitgrüßter  Befriedigung  begrüßen, 
wenn  der  Vorsehlag  zu  einem  Versuche  aus  der  thätigen  Mit- 
wirkung der  Schüler  selbst  hervorwächst.  Also  eine  ins  Einzelne 

gehende  Anleitung  hätte  keinen  Sinn.  Doch  glaube  ich,  den 
ledttrfnissen  mancher  Praktiker  Rechnung  zu  tragen,  wenn  ich, 
wie  ich  es  beabsichtige,  eine  knappe,  übersichtliche  Zn!?animen- 
stellung  von  psychologischen  Öchulversuchen  mit  kurzen  Be- 
schreibungen und  Angaben  der  Apparate  in  Form  eines  kleinen 
Büchleins  abfasse;  was  die  Apparate  anlangt,  so  hat  sich  bereits 
die  Firma  Kohrbeck  in  Wien  erboten,  sie  zu  ganz  mäßigen 
Preisen  auf  Lager  zu  halten.  —  Hier  aber  war  es,  wie  gesagt, 
nicht  meine  Absicht,  Ihnen  eine  solche  Liste  zu  geben.  Ich 
wollte  vielmehr  nichts  anderes,  als  Ihre  Aufmerksamkeit  wieder 
einmal  auf  die  experimentelle  Seite  der  Psychologie  lenken  und 
Ihnen  die  Grundlosigkeit  aller  Bedenken  gegen  die  Durchführ- 
barkeit und  den  Wert  psvehologischer  Schulversuche  ffff  nrytlos 
demonstrieren.  Ich  holl'e,  dass  mir  dies  gelungen  ist;  und 
wenn  es  mir  auch  nicht  zusteht,  diesem  Erfolge  durch  einen 
im  Sinne  meiner  Ausführungen  zu  stellenden  Kesolutionsantrag 
die  äußere  Form  zu  geben,  so  ist  es  mir  doch  ein  angenehmes 
Bewusstsein,  dank  Ihrem  freundlichen  Entgegenkommen  in 
meiner  W' eise  zur  Förderung  dieser  der  Förderung  so  würdigen 
Angelegenheit  beigetragen  zu  haben. 


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A.  liomanovskj.    Über  die  Beobachtung  in  der  äcbulo.  29 


Ober  die  Beobachtung  in  der  Sehule. 

Vortrag  TOn  Prot  A*  Ronuuiovsky,  gehalten  im  Yefeine  «Bukowiner 
Mittelschule"  in  Gsernowitz  am  18.  November  1897. 

Meine  Herren!  Nachdem  Sie  alle  seit  Jahr  und  Tm^  an  so 
wichtigen,  oft  schwierigen  Aufgaben  unseres  Vereines,  <&e  zum- 
theil  Btandesfragen  betrafen,  unverdrossen  mitgearbeitet  habeu, 
will  ich  heate  keine  weltstOnnende  Frage  anfwerfen,  ich  will 

das  neue  Vereinsjalir  in  viel  boscheidonerer  Weise  inaugurieren. 
Gestatten  Sie  mir,  meine  Herren,  da.ss  ich  Sie  hcnfp  mitten 
unter  die  iSchuljugeud,  in  die  Classe  führe:  das  ist  ja  der  Tempel, 
in  dem  wir  die  hohen  Priester  sind. 

Das,  was  ich  Ihnen  bieten  werde,  will  durchaus  nicht  eine 
erschöpfende  Darstellung  des  Gegenstandes  sein;  ich  werde 
sehr  zufrieden  sein,  wenn  es  mir  gelingen  wird,  einerseits  ge- 
zeigt zu  haben,  dass  man  der  jungen  Seele  des  Schillerit  von 
verschiedenen  Seiten  beikommen  sann,  anderseits  zum  um- 
fHH<;enderen  Stadium  der  einschlägigen  Literatur  angeregt  zu 
haben. 


Der  Gegenstand,  dessen  Behandlung  ich  in  Angrifi'  nehme, 
ist  keinem  Lehrer  unbekannt.  Jeder  Lehrer  beobachtet  die 
Jugend:  der  eine  begnügt  sich,  zu  wissen,  ob  der  einzelne 
Schüler  begabt  und  fleißig  ist;  der  andere  forscht  mehr  nach 
dem  urräehlichen  Zusammenhange  der  psychischen  Erscheinun- 
gen. Es  gibt  aber  auch  Lehrer,  die  ihre  Aufgabe  so  auffassen, 
dass  sie  nur  dazu  berufen  sind,  ihre  Wissenschaft  v.n  lehren; 
im  übrigen  überlassen  sie  das  Kind  seinem  iSchicksale.  Findet 
ein  solcher  Lehrer  etwa,  dass  ein  Knabe  faul  ist,  so  sorgt  er 
Tor  allem  dafür,  dass  derselbe  als  lästiges  Element  baldigst 
ausgemerzt  werde.  Ich  meine  aber,  dass  er  oft  dem  Kinde,  den 
Eltern  gegenüber  ein  Unrecht  thut  und  dem  Staate  gegenüber 
eine  Unterlassungssünde  begeht.  Meines  Erachtens  ist  die  Auf- 
gabe des  Lehrers,  und  insbesondere  auch  des  Mittelschullehrers, 
mit  der  eines  Arztes  zu  vergleichen.  Da  heißt  es  nun,  zu  for- 
si  heii.  wo  das  Übel  steckt,  welelies  seine  Veranlassung  ist,  und 
wie  künute  die  Heilung  herbeigeführt  werden.  Es  gelingt  die 
Heilung^dem  Lehrer  freilich  nicht  immer,  auch  dem  Arzte 
nicht.  Warum?  Vielleicht  hat  man  eben  beiderseits  schlechte 
Diagnose  gestellt  oder  nicht  die  richtigen  Mittel  angewendet. 
Man  hOrt  wohl  auch,  dass  dieser  oder  jener  Patient  von  seinem 
Arzte  zu  Tode  curiert  worden  sei:  mit  einem  solchen  Arzte  ist 
jener  Lehrer  vergleichbar,  der  ohne  viel  Federlesens  das  Uadical- 
mittel  der  Beseitigung  in  Anwendung  bringt.  Man  darf  nicht 
vergessen,  das6  auch  die  Psyche  manchmal  bei  Kindern  au 


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30 


A.  RomanoTsky. 


einem  schleichenden  chronischen  Übel  siecht,  fliiss  sie  es  oft  erst 
nai'li  Jahren  über^vindet,  worauf  sie  sich  dann  umso  schöner 
entwickelt.  Man  hat  daher  nur  für  günstige  Bediugimgen  zu 
sorgen,  die  den  Reinigun«jfsprocess  unterstützen. 

Unter  der  Lehrerschait  hört  mau  oft  über  Undankbarkeit 
der  Schüler  klagen.  Nun,  ein  Kind,  welches  von  der  Natur 
mit  den  schönsten  Gahen  des  Geistes  ausgestattet  ist,  verdankt 
dem  Lehrer  eben  nicht  viel.  Wirkliches  Verdienst  ist  nur  dort, 
wo  es  Mühe  gekostet  hat,  das  Kind  xnr  Selbstüberwindung, 
Pflichttreue,  Fleiß,  oder  wie  die  Eigenschaft  sonst  hellJeu  mag, 
anzuleiten:  dauu  fasst  nber  aiieh  die  Daiikburkpit  unwillkürlich 
feste  ^Vurzelu  im  Herzen  des  Kindes.  Würden  nur  von  der 
Natur  best  ausgestattete  Kinder  in  die  Mittelschule  kommen, 
dann  brauchten  wir  überhaupt  keine  Pädagogik,  keine  Methodik, 
dann  wäre  vielleicht  sar  auch  der  Lehrer  unnöthig. 

Die  richtige  Beobachtung  der  Jugend  um&sst  also:  die 
thatsächliche  psychische  Erscheinung,  ihre  Ursache  und 
nöthigenfalls  die  Heilung. 

Die  Heobaclituiig  der  der  Mittelschule  aiivertraiitoTi  Jugend 
ist  nicht  so  leicht,  wie  nmit  von  vonilierein  anzunehmen  ge- 
neigt sein  könnte.  Ein  zehn-  bis  zwölfjähriger  Knabe  hat  Welt- 
kenntnis genug,  um  sein  inneres  Wesen  nicht  oileii  zur  Sehau 
zu  tragen;  auch  aus  dem  Einvernehmen  mit  seinen  Augehui  igen 
ist  nicht  viel  Ersprießliches  zu  erwarten.  Der  Lehrer  ist  in 
diesem  Punkte  ganz  und  gar  auf  sich  angewiesen.  Nach  unseren 
Schuleinrichtungen  kommt  der  Lehrer  außerhalb  derClassennr 
selten  in  die  Lage,  mit  seinen  Schülern  zu  verkehren,  um  sie 
näher  kcniiHii  zu  lernen,  und  in  der  Classe  selbst  kann  sich 
die  Beobachluuf;:  nur  auf  wenige  Eigenscliaften  beschränken. 
Überdies  setzt  nainentlieli  der  der  Bequemlichkeit  fröhnende 
Schüler  seine  ganze  Erliudungsgabe  darein,  den  Lehrer  von  der 
richtigen  Spur  abzulenken.  Gestatten  Sie  mir,  meine  Herren, 
einige  solche  Typen  ans  der  Schule  vorzuführen. 

W^em  ist  nicht  jener  perfecte  Stotterer  bekannt,  der  nicht 
ein  Wort  herausbringen  kann,  der  dem  Lehrer  ein  tiefes  Mit- 
leid einfloßt,  der  aber  außerhalb  der  >^t'liule  ein  -wahrer  Parla- 
mentarier istr'  Wem  ist  uicht  jener  Schüler  bekannt,  der  zwar 
nichts  weiß,  aber  doeh  stets  die  Hand  oben  hat,  sich  vordriug- 
lich  meldet,  der  die  Gesetze  der  Wahrscheinlichkeitsrechnung 
genau  kennt  und  es  gern  riskiert,  j^tU  gentlich  keine  Antwort 
zu  geben,  wenn  er  einmal  doch  anfcerufen  wird?  Wer  kennt 
nicht  den  Schüler,  der  im  großen  Eifer  die  Lippen  in  Bewegung 
setzt,  als  ob  er  die  Lection  im  Geiste  herunterrecitierte,  in  der 
That  aber  nicht  das  erste  Wort  davon  gelesen  hat?  Jeder  von 
Ihnen,  meine  Herren,  weiß  aus  der  täglichen  Praxis,  wie  un- 
versiegbar die  (^{uelle  der  Kuiistrrriß'e  der  Jugend  ist,  die  alle 
darauf  berechnet  sind,  die  Beurtheihing  des  Lehrers  irre  ku 
lübren.  Dass  auch  ein  älterer  Lehrer  gegen  alle  Täuschung 
nicht  gefeit  ist,  wird  wohl  jeder  gern  zugeben. 


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über  die  BeoUachtung  in  der  Schule. 


Ein  breiteres  Feld  der  Beobachtung  eröffnet  sich  g*  geu- 
wärtig  dem  Lehrer  auf  dem  Spielplatze:  hier  wird  man  leicht 

den  Umsichtigen  von  dem  Voreiligen  und  Unbesonnenen,  den 
Erfinderischen  von  dem  Nachahmenden,  den  Tapftü  *  n  von  dem 
Feigling,  den  Ziinker  Yon  dem  Friedensstifter,  den  Egoisten 
von  dem  auf  das  Ganze  Bedachten  ii.  s.  w.  unterscneiden 
lernen.  T)ie  Beobachtung  ist  dabei  aber  immer  noch  von  Zu- 
fällen abhängig  und  insbesondere  unsystematisch.  Ich  will  nun 
einige  Beispiele  aufiCLhren  für  eine  planmüßige  psychologische 
und  physiologische  Beobachtung. 

Eine  systematische  Beobachtung  der  Kinder  habe  ich  während 
meines  Aufenthaltes  in  Cambridffe  in  den  Sommerferien  1896 
auf  der  dortigen  Lehre rinnenbiloungsanstalt  vorgefunden.  Die 
Leiterin  dieser  Anstalt  Miss  Hughes  lii.N.sfc  jede  Probecandidatin 
eine  kleine  Anzahl  iSihüleriunen  wählen,  die  sie  besonders  zu 
beobachten  hat.  Da  die  Seliulen  in  England  zum  grcißten  Theile 
Internate  sind,  haben  die  Lehrer  und  Lehrerinnen  leichte  Arbeit, 
die  Kinder  auch  beim  Studieren  au  beobachten;  da  wissen  sie 
freilieh  bald,  wie  sich  jedes  Kind  die  Arbeit  eintheflt,  wie  viel 
Zeit  es  zur  Anfertigung  seiner  Aufgaben  yerwendet,  wie  es  mit 
der  Selbständigkeit  bestellt  ist  u.  dgl.  Außerdem  beobachten  sie 
die  ihnen  anvertrauten  Kinder  beim  Spiele  und  beim  Spazier- 
gange. In  dem  erwähnten  Institute  nehmen  die  Candidnt innen 
ihre  Pflegebefohlenen  wohl  aueh  auf  ihre  Zimmer,  um  den 
Kindern  mehr  \'erlrauen  einzuflößen.  Dabei  notieren  sie  aufs 
sorgfältigste  ihre  Beobachtungen  in  dazu  bestimmten  Heften, 
welche  der  Leiterin  behufs  Prüfung,  Besprechung  und  Richtig- 
stellung Yoreelegt  werden.  Es  ist  nun  klar,  dass  bei  einer  so 
vielseitigen  Beobachtung  die  ganse  Seele  des  Kindes  allmählieh 
offen  zutage  tritt.  Sie  nat  aber  auch  ihre  Mängel:  Tor  allem 
sagt  sie  dem  männlichen  Charakter  des  Lehrers  wenig  zu;  und 
dann   büßt  sio   dadurcli  an    Unbefanrrenheit   seitens  der 

Candidaiinnen  ein,  daj>s  diese,  wie  sicli  das  Fräulein  LeittM-in 
ausdrüciite,  dabei  selbst  Gegenstand  ihrer  Beobachtung  sind. 
Jedenfalls  aber  haben  die  Collegeu  der  englischen  Mittelschulen 
durch  das  Zusammenwohnen  und  durch  die  Stellung  der  Spiele 
in  der  Jugendendehung  eine  viel  größere  Möglichkeit  der  Be- 
obachtung als  wir  und  können  aus  dem  Umstände,  dass  ihnen 
der  Charakter  und  die  Fähigkeiten  der  Schüler  offen  stehen, 
für  ihren  Beruf  als  Erzieher  und  Lehrer  viel  Nutzen  ziehen. 

Nach  unseren  iSchuleinrichtungen  scheint  es  umsomehr  ge- 
boten, nichtb  aulieracht  zu  lassen,  waa  zur  tieferen  Kenntnis 
der  Seele  des  einzelnen  Kindes  beitragen  kann. 

Neuerdings  sind  verschiedene  Versuche  angestellt  worden, 
um  ziffermäßig  den  Grad  der  Fähigkeilen  zu  bemessen.  In  erster 
Linie  verdient  die  Schrift  Kraepelins  „Über  geistige  Arbeit^*  ge- 
nannt zu  werden. 

Emil  Kraepelin,  Professor  der  Psychiatrie  in  Heidelberg, 
untersucht  die  Ermüdbarkeit,  um  die  geistige  Tragkraft 


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32 


A.  Romanovsky. 


des  Individuums  zu  ermitteln.  Dabei  bedient  er  sich  folgender 
Methode:  er  Itat  von  einer  Ansahl  janger  Leute  ganz  einfache 
Aufgaben  losen,  z.  B.  fortgesetztes  Addieren  einstelliger  Zahlen. 
Alle  fünf  Minuten  ertönt  eine  Glocke,  bei  welchem  Zeichen  die 
jangen  Leute  hinter  der  zuletzt  addierten  Zahl  einen  Strich  zu 
machen  haben.  N.u  h  HeeTidij?nn<»  des  Versuches  kann  leicht 
festgestellt  werden,  wie  viele  Zahlen  in  je  fünf  Minuten  von 
den  einzelnen  Personen  addiert  werden :  das  ist  die  individuelle 
Arbeitsgeschwindigkeit.  Bei  wiederholten  Versuchen  ergibt 
sichf  dass  die  Arbeitsgeschwindigkeit  durch  Übung  gesteigert 
werden  kann,  dass  diese  Steigerung  aber  individuell  bestimmte 
Grenzen  hat:  das  ist  die  individuelle  Übungsfähigkeit.  Die 
Steigening  der  Ubungsfähigkeit  wird  wiederum  durch  die 
Wirkungen  der  Ermüdung  allmählich  beeinträchtigt  bis  zur 
Leistungsunfähigkeit.  I)as  Verhalten  des  Individuums  zur 
Ermüdung  gibt  den  Grad  der  persönlichen  Ermüdbarkeit. 
Das  Product  dieser  Factoren  ergibt  die  Leistungsfähigkeit 
des  einzelnen  Menschen. 

Wenn  es  dem  Forscher  auch  im  großen  und  ganzen  geinnffen 
ist,  den  Weg  anzudeuten,  um  geistige  Eigenschaften  ziffer- 
mäßig darzustellen,  so  können  wir  diese  Untersuchungen  doch 
nicht  für  abgeschlossen  betrachten,  da  er  viele  Factoren  der 
persönlichen  Begabung  außerficht  ließ:  er  beschränkte  seine 
Untersuchungen  auf  di»^  (Quantität .  während  doch  die  Qualität 
der  Arbeit  nicht  minder  aiisschl:te<_:*'ljeiRl  ist.  Bei  der  Ermüd- 
barkeit ist  das  Verhältnis  des  ludn  uliiunis  zu  der  zu  leistenden 
Arbeit  auch  in  Rechnung  zu  bringen,  denn  die  Lust  des  In- 
dividuums steigert  die  Leistungsfähigkeit  und  hemmt  die  Er^ 
mfidung.  Empfindet  das  Individuum  Unlust  bei  der  Arbeit, 
tritt  natürlich  ein  verkehrtes  Verhältnis  ein.  Und  welcher 
geniale  Mensch  wurde  bei  fortgesetztem  Addieren  einstelliger 
Zahlen  nicht  Unlustgefühle  empfinden?  .Jedenfalls  ist  es  sehr 
ewasft,  den  Geist  an  Ueistlosen]  zu  messen.  So  ist  denn 
em  Korscher  der  Widerspruch  nicht  erspart  jreblieben:  es  ist 
eine  Flut  von  Entgegnungen  veröffentlicht  worden,  von  denen 
mir  die  von  Dr.  Gustav  Biehter  in  den  ,,Lehrproben  und  Lehr- 
gängen" im  45.  Hefte  unter  dem  Titel  „Unterricht  und  geistige 
Ermüdung"  als  die  verdienstlichste  erscheint. 

Wer  sich  um  diesen  Kampf  interessiert,  dem  empfehle  ich 
ander  der  genannten  Schrift  von  Kraepelin  noch  „Zur  Uber- 
bürdungsfrage''  und  ^Zur  Hygiene  der  Aile  it''  von  demselben 
Gelehrten,  dann  ^Der  Stundenplan,  <'iii  Taj^itel  ans  der  päda- 
gogischen Psychologie  und  Physiologie"  von  Schiller  zur  Leetüre; 
das  letztere  Werk  bildet  das  1.  Ilelt  einer  vielversprechenden 
Sammlung  von  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der  pädagogi- 
schen Psychologie  und  Physiologie. 

Während  Kraepelin  seine  Beobachtungen  an  jungen  Männern 
,'in-ti«llte,  untersuchte  Leo  Burgerstein  in  Wien  die  Ermüdbar- 
keit der  Schulkinder,  indem  er  die  Schüler  vier  Reihen  von 


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über  dw  Beobachtung  in  der  Scbole. 


33 


geläufigen  Rechenaufgaben  arbeiten  ließ;  für  die  Ausarbeitung 
jeder  Reihe  waren  zehn  Minuten  aujB;esetzt,  nach  jeder  Reihe 
trat  eine  Pause  tou  fünf  Minuten  em.  Auf  diese  Weise  war 
eine  Ton  Viertelstunde  zu  Viertelstunde  waehsende  Steigerung 

der  Arbeitsgeschwindigkeit  zu  constatieren ,  welche  jedoch  in 
der  Mitte  geringer  war  als  im  ersten  und  letzten  Theile  des 

Versnehf^«!.  Aneh  in  Bezug  auf  die  Qualität  konnte  in  der  Mitte 
der  Arbeit  die  grüÜie  Anzahl  der  Fehler  testgestellt  werden. 
Neuerdings  sind  zahl  reiche  Untersuchungen  dieser  Art  von 
Lehrern  in  Deutschland  unbestellt  worden,  welche  meist  andere 
Resultate  ergaben:  eine  bis  zn  Ende  der  Stunde  steigende 
Arbeitsgeschwindigkeit  bei  einer  noch  starker  anwacnsen* 
den  Entwertung  der  Leistung. 

Indem  nun  Kraepelin  aus  seinen  und  Burgersteins  Be- 
obachtungen Schlüsse  zieht,  will  er  für  die  Schule  längere  und 
öftere,  gegen  das  Ende  der  Unterrichtsze  it  zunehmende  Pausen 
eingeführt  wissen,  um  die  Leistungslüliickeit  der  Schüler  auf- 
recht zu  erhaltf^n.  Soweit  kann  man  sie  Ii  damit  einverstanden 
erklären.    Wenn  Kraepelin  jedoch  aus  seinen  Beobachtungen 

folgert,  dass,  wenn  die  Sehüler  bei  dm  sewöhnHeben  Sebul- 
unterrichte  schon  nach  der  ersten  Viertelstunde  Zeichen  der 
Ermfidung  zeigen,  sie  nach  einem  mehrstündigen  Unterrichte 
völlig  geistig  erschöpft  sein  müssen,  so  kann  diese  Folgerung 
ans  (lfm  Grunde  nicht  richtig  sein,  weil  die  Aiisarbeitiinj:^  von 
ein tr.rmigen  Aufgaben,  wie  sie  von  Burgersteiu  und  Kraepelin 
gf^stellt  wurden,  dem  gewöhnlichen  Schulhetriebe  gar  nicht 
entspricht.  Der  abwechslungsreiche  methodiache  Unterricht  des 
Lehrers  sorgt  dafür,  dass  nicht  eine  und  dieselbe  Gehh'npartie 
während  einer  ganzen  Stunde  in  Thätigkeit  trete,  wie  es  bei 
den  genannten  Aufgaben  der  Fall  ist.  Während  der  Schüler 
bei  jenen  Versuchen  mit  Widei-willen  schaffend  erscheint,  ist 
er  in  der  Schule  meist  freudig  aufnehmend.  Dieser  Unter- 
schied scheint  mir  bis  jetzt  überall  übersehen  worden  zu  sein. 
Hiemit  soll  das  Meritorische  der  genannten  lieobaclitungen 
diuehaus  nicht  geschmälert  werden.  Icli  glaiil)e  aber,  dass  der 
Lehrer  bei  jeder  gelieferten  Schulautgabe  (  weniger  bei  Haus- 
aufgaben!) —  woKm  die  Menge  der  Correcturen  ihn  daran 
nicht  bindert,  in  welchem  Falle  die  Arbeit  nothwendigerweise 
ganz  mecbaniseh  TOrsichgehen  inuss  —  ähnliche  Beobachtun- 
gen anstellen  kann,  was  den  Vortheil  noch  für  sich  hat,  dass 
der  Sehüler  <^ich  dabei  nicht  als  Yersuchsobjeet  fühlt  und  sich 
somit  fjibt  wie  er  ist. 

Die  Antwort  auf  die  Frfige.  warum  es  von  gröliter  W  ichtig- 
keit  ist,  die  Ermüdbarkeit  der  Jugend  m  studieren,  ergibt  sich 
sofort,  wenn  m,ia  vom  Psychischen  auf  das  Physische  übergeht: 
wie  ein  körperlich  schwacher  Mensch  schneller  ermüdet  als  ein 
sterker,  so  weist  auch  die  schnellere  geistige  Ermüdbarkeit  auf 
geringere  geistige  Kräfte  hin.  Hier  drängt  sieb  nun  die  Frage 
anf:  Was  ist  die  Ermüdung?  Darüber  sagt  Dr.  Richter  in  dem 

„Ovtcrr.  SlUtoiiichalp".  XII.  Jnbrff.  3 


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A.  BomanoTsky. 


erwähiitcu  Aufsätze^  indem  er  sieb  auf  den  beriilimten  italieui- 
scken  Physiologen  Prof.  Mosso  aus  Törin  stfttzt:  „Nach  der 
Auffassung  der  heutigen  Physiologie  beruht  der  ErmQdungs- 
zustand  auf  Vorgängen  cbenuseher  Natur  in  den  orgamsehen 
Zellen.  Im  arbeitenden  Muskel  werden  Auswurfstoffe  erzeugt, 
welche  giftig  sind.  Je  kräftiger  die  Gehirnthätigkeit,  dfsto 
reichlicher  sind  ilie  Ausschwit/ungen  der  (Tehirri/.elleu.  Ihre 
Umgebung  wird  dadurch  vürimreiuigt,  die  btoÜe  gelangen  in 
das  Blut  und  treten  cireulierend  mit  den  Nerven  uud  Zellen 
anderer  Kdrpertheile  in  Berührung.  Mit  Hilfe  des  Sauerstoffes 
werden  ■»  L  Blute  rerbraiuit  Mier  Ton  der  Leber  >erst6rt 
oder  mittelst  der  Niere  ausgeschieden.  Wenn  diese  Zerfallstoffe 
sich  im  Blute  anhäufen,  fühlen  wir  uns  ermüdet,  überschreiten 
sie  die  physiologische  Grenze,  so  werden  wir  krank."  Mosso 
weist  übrigen«  Tinch,  dass  die  Ermüdung  kein  partieller,  son- 
dern ein  allgemeiner  Zustand  des  Menschen  ist,  so  zwar,  dass 
kr>rperliclie  Ermüdung  auch  die  geistige  Arbeitsfähigkeit  be- 
einträchtigt uud  umgekehrt.  Uud  in  der  That,  welchem  geistig 
Ermüdeten  liest  man  die  Ermüdung  nicht  aus  dem  Gesichte 
heraus!  So  hat  es  denn  auch  nicht  an  Versuchen  gefehlt,  die 
geistige  Ermüdung  am  Körper  zu  coustatieren.  So  hat  Kemsies 
m  Berlin  mit  Hilfe  d*  i  Ergügrapheneurren  nach  Unterrichts- 
stunden,  wek-lie  stärkere  Anforderungen  an  die  geistige  Thlitig- 
keit  der  Schüler  stellen,  eine  deutliclie  Herabsetzung  der  Mii^lcel- 
kraft  nachgewiesen.  Griesbach  wiederum  hat  zu  denif,*lbeu 
Zwecke  und  mit  überraschendem  Erfolge  die  Uautemptiudlich- 
keit  mittelst  des  Tastzirkels  geprüft  und  ^glaubt  in  dem  klein- 
sten  Abstände,  der  gerade  noch  swei  Berührungsempfindungen 
ei'zeugt,  ein  Maß  für  die  Größe  der  jeweiligen  firmfldun^  ge- 
funden zu  haben^.  Je  größer  die  Ermüdunff,  desto  weiter 
müssen  die  Spitzen  des  Tastzirkels  von  einander  entfernt  wer- 
den, um  getrennte  Eindrücke  /n  erzeugen.  Diese  nach- 
gewiesene Abnalinie  der  Hauteniprindliclikeit  «etzt  eine  ge- 
ringere Haiitth;Uio;keit  voraus.  Es  iüt  interessant,  zu  erfaliren, 
dass  nach  dieseu  Messuugen  die  Mathematik  uud  —  das  Turnen 
gleich  den  Zustand  der  AUgemeiuermüdung  herrorbriugeu. 

Wenn  der  Lehrer  über  die  allgemein  geistige  Kraft  oder 
Leistungsfähigkeit  des  Schülers  im  klaren  ist,  kommt  es  darauf 
an,  wie  es  mit  jenen  besonderen  Gaben  bestellt  ist,  die  seinen 
be.>«onderen  Gegenstand  angehen:  Ansehannng,  V^orstelluug, 
Urtheil,  Gedächtnis  u.  s.  w.  Die  genaue  Kenntnis  des  Ge- 
dächtnisses erscheiut  mir  für  die  allgemeine  lieurtheiluug 
des  Schülers  von  höchster  Wichtigkeit.  Ich  pllege  in  meinen 
Unterrichtsstunden  oft  das  neue  fremdsprachliche  Stück  mit 
den  SchUleru  gleich  in  der  Schule  zu  memorieren  und  sehe  so 
augeublieklieh,  welche  Schüler  leicht  memorieren  und  welchen 
es  größere  Mühe  kostet.  Desgleichen  erachte  ich  es  für  nöthig, 


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über  die  Üeobachtang  in  der  Schule. 


35 


sich  von  der  Gedaehtnis treue  za  Qberzeugen.  Was  die  be- 
sondere Begabung  der  Schiller  für  meinen  Gegenstond  an- 
langt, finde  ich  dieselbe  oft  aus  einem  einfachen  Gespräche  iu 
der  Unterrichtssprache:  eine  gewisse  epische  Behaglichkeit  in 

der  Dnrstellung  ist  für  die  Aneignung  fremder  Sprachen  un- 
bedingt uoth wendig.  Von  dieser  Begabung  ist  jene  für  die 
grammatische  Betrachtung  im  allgemeinen  genau  zu  unter- 
scheiden. Mau  kann  ein  perfeeter  Linguist  und  Philologe  sein, 
ohne  es  je  zum  Sprechen  einer  fremden  Sprache  zu  bringen. 
Der  berühmte  Begründer  der  romanisehen  Philologe  Friedrich 
Diez  hat  alle  romanischen  Sprachen  gründlich  gekannt,  ohne 
sich  auch  nar  in  einer  einzigen  leidUä  fließend  ausdrücken  zu 
können. 

Fernerhin  mns3  jeder  Lehrer  beobachten,  ob  die  Vor- 
stellung langsam  oder  schnell,  oh  die  Keproduction  leicht  oder 
schwer  sich  vollzieht,  ob  Spracharinnt  oder  Sprachreichthum 
vorhanden  ist,  ob  die  Begabung  nach,  irgend  einer  Seite  prä- 
ponderiert  u.  s.  w. 

Wenn  auch  den  Lehrer  die  Leistunjo^sfähigkeit  und 
die  Begabung  des  Schülers  im  allgememen  am  meisten' 
interessiert,  wozu  er  leichter  Gelegeimeit  beim  Unterrichte 
findet,  so  dürfen  die  anderen  Sphären  des  Geisteslebens  des 
Schülers  vom  erziehlichen  »Standpunkte  nicht  übersehen  wer- 
den: die  Beobachtung  muss  sich  ebenso  auf  das  Gefühl  und 
den  Willen,  beziehungsweise  die  Bethätigung  desselben  beim 
Handeln  erstrecken. 

In  die  Sphäre  des  GefUhles  gehören  folgende  Erscheinun- 
gen, die  jeder  Lehrer  beim  Unterrichte  oft  wahrnimmt,  ohne 
sich  mit  einem  Schüler  besonders  zu  beschäftigen:  Erröthen 
und  Verlegensein,  Augenleuchten,  Aufsteigen  Yon  Thräuen, 
Htirnrnnzeln,  Umschwuncr  in  der  Stimmung,  Angst  und  Sorge 
in  Gesichtszügen,  Verwunderung,  Unruhe  und  regungsloses 
Dasitzen.  Im  Verkehre  ist  zu  beobachten:  der  Grad  der  Er- 
regbarkeit und  ihre  Nachwirkung,  Neigung  zur  Zärtlichkeit, 
Abneigung  für  Dinge  und  Personen,  Lannemiaftigkeit,  Lachen 
u.  s.  w. 

Bei  der  Beobachtung  der  Bethätigaug  des  Willens  im 
Handeln  kommen  in  Betracht:  der  Sammeltrieb,  die  Äußerung 
des  Entschlusses,  die  Ausdauer,  die  andauernde  Beschäftigung 
mit  einem  Gegenstande,  Ordnungsliebe,  bewusste  und  unbewusste 
Nachahmung,  Geschicklichkeit  und  Ungeschicklichkeit,  leises 
oder  ])estimmtes  Sprechen  und  scldeichender  oder  selbstbewusster 
Gang,  Beherrschen  des  körperlichen  Schmerzes  durch  Zusammen- 
beißen der  Zähne  und  Unterdrückung  des  Thränenergnsses 
u.  8.  w. 

Im  letzten  Theile  sind  wir  vielfach  aus  dem  Gebiete  des 
Psychischen  in  das  Physisch«'  Ubergegangen.  Wir  haben  auch 

gesehen,  dass  es  gelungen  ist,  die  geistige  Kraft  mit  dem  — ► 
Zirkel  abzumessen.   In  der  That  wäre  die  Beobachtung  der 

8* 


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36  A.  EomanoTsky. 

Jugend  imTollkommeD,  wenn  wir  das  physische  Moment  außer- 

acht  ließen.  Kein  sagt  darüber  in  seinem  „Encyklopädisehen 
Handbuch  der  Pädagogik*^:  „Bei  der  steten  Weehsel Wirkung 

zwischen  Leib  und  Seele  miiss  auch  dtt*;  <Tanze  kÖrperlii-he  Be- 
finden <^('^  KiTides  in  die  Beobachtuuo-  i  labczocjen  \v(M-(leii,  also 
ist  neben  die  psycholof^ische  auch  die  physiologische  Heobachtuug 
zu  stellen.  Es  darf  nun  der  Erzieher  niciit  bloÜ  darauf  ausgelien, 
die  beiden  Gebiete  getrennt  von  einander  zu  beobachten,  s>on- 
dem  muss  womöglicn  die  Fäden  aafsuchen,  die  herüber  und 
hinüber  führen,  &s  GausalTerhaltnis  zwisehen  beiden  feststellen. 
Bei  dem  unahzw  ei  fei  baren  Parallel ismus,  der  zwischen  pSTchi- 
Schern  und  physischem  Geseheheu  besteht,  sind  diese  Öeob» 
achtungeu  von  größter  B»'(hMitnnir  Beispiele  dafür  gibt  es 
schon  in  Menge:  leise  verschwommenes  ►'Sprechen  deutet  auf 
einen  schwachen  Willen;  gewisse  Nasenkrankheiteu  geheu 
parallel  mit  Begriffsstutzigkeit;  Trägheit  ist  oft  nur  Uirumüdig- 
Keit,  Schwerhörigkeit  beding  Unaufmerksamkeit."  Im  Jahr> 
gauge  1896  der  nier  erseheinenden  „Pädagogischen  Blätter'' 
nnden  die  Wirkungen  der  Nasen-  und  Ohrenkrankheiten  bei 
der  Schuljugend  eiue  fachmännische  Besprechung,  worauf  ich 
die  sich  dafür  Interessierenden  verweise. 

Solche  physiologische  Beobachtungen  werden,  dank  den 
Bemühungen  des  Physiologen  Dr.  Francis  Werner,  im  großen 
Maßstabe  in  England  angestellt.  Im  Sommer  18*JB  hatte  ich 
Gelegenheit,  deu  Mann,  sowie  seine  Methode  der  Beobachtung 
in  einigen  Vortragen  und  den  daran  geknüpften  Demonstra- 
tionen an  Schulkindern  kennen  zu  lernen.  Seine  Methode  der 
Beobachtung  hat  er  für  Lehrer  klargelegt  in  der  Schrift: 
„The  Chüdren:  How  to  study  lAsn?",  und  über  die  Ergebnisse 
seiner  vieljnhrigen  nt'scliäftigur^o'  rmt  «lern  Gegenstande  berichtet 
er  iu  ^iieport  im  ihf  SriejUiJic  Stnti»/  <>f  fhf  Mcnfrd  and  Physirnf 
Conditions  of  (Jii/</l>aod'\  Außerdem  hat  er  „Anatomy  of  move- 
ment" geschrieben. 

Dr.  Werners  Beobachtungeu  haben  denGesammtausdruck 
zur  Grundlage.  Diese  Methode  mag  dem  Uneingeweihten  be- 
denklich erscheinen,  sie  beruht  aber  nichtsdestoweniger  auf 
wissenschaftlicher  Basis,  und  die  Richtigkeit  derselben  wird 
gewährleistet  durch  den  Namen  Werners,  der  ehemals  Arzt 
eines  Kinderspitals  in  London  war  und  jetzt  eine  Lehrstelle 
der  mt'difinischcji  Schule  daselbst  bekleidet:  es  sind  von  ihm 
im  Laufe  der  Jahre  uicht  weniger  als  l(K).t)ÜÜ  Schulkinder  in 
London  beobachtet  worden.  Im  übrigen  pflegen  wir  ja  auch  den 
Menschen  nach  seinem  Gesammtausdrucke,  Gang,  Sprache,  Be- 
wegung u.  s.  w.  zu  beurtheilen,  es  geschieht  aber  ohne  System, 
unbewusst,  daher  oberflächlich,  unsicher  und  unwissenschaftlich. 
Aiit-li  <ler  Künstler  legt  seine  ganze  Kunst  in  den  Ausdruck 
und  Kiiriu  rhaltnng,  und  der  Kenner  liest  seine  Idee  aus  der 
Statue  mit  Sicln'rlieit  heraus.  Sovi<»l  muss  zug^'^'tnndeu  werden, 
dass,  soweit  der  Uesichtsausdruck  in  betmcht  kommt,  diese  Ai*t 


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tber  die  Beobacbiang  in  der  Schule. 


'61 


der  Beobat-hiung  bei  jüngeren  Schülern  leichter  anwendbar  ist, 
wo  das  Kiud  Verstellung  noch  nicht  gelernt  hat:  mit  fort- 
flchreitendeti  Jahren,  der  damit  yerbimdeneii  Erfahrung  und 
Menschenkenntnis  lernt  man  freiUch  seine  Regungen  za  ver- 
bergen; aber  der  verschmitateste  Politiker  kann  ein  Auf- 
blühen in  den  Au^en  oder  ein  Zusammenziehen  der  Augen- 
brauen nicht  uutercTrücken,  wenn  er  entdeckt,  dnss  seine  go- 
ht'iinen  Pläne  durchblickt  werden.  Nun  tusst  ;il»f>r  ^Veruer  den 
Ausdruck  ^Physiognomik"  im  weitereu  Sinne,  milem  er  darunter 
nicht  nur  das  weite  Gebiet  der  Phrenologie,  sondern  auch  die 
Entwicklung,  Ernährung,  Haltung  und  Balancierung  des  ganzen 
Körpers  versteht. 

Angerefft  durch  Werners  V ortr^e  habe  ich  nicht  nur  seine, 
sondern  auch  andere  einschlägige  Werke  studiert  und  will  im 
folgenden  einige  Bät/x*  herausnebeu. 

So  wie  sicii  nicht  ganz  gleiche  Gesichtsbiklnng  bei  ver- 
schiedenen Menschen  vorfindet,  so  ist  aueii  ihr  Geist  mannig- 
faltig beschaffen.  Der  Geist  und  der  Korper  bilden  aber  so 
innig  ein  einheitliches  Ganze,  dass  der  Kenner  aus  der  be- 
sonderen Beschaffenheit  der  einzelnen  Theüe  des  Körpers  so- 
wohl auf  den  gesammten  Kdrperbau  als  auch  auf  die  geistige 
Beschaffenheit  sichere  Schlüsse  ziehen  kann.  Von  diesem 
•Standpunkte  aas  hat  die  Phrenologie  allerdings  ihre  volle  Be- 
rechtigung; bei  dem  complicierten  Systeme  des  menschlichen 
Körpers  und  der  nicht  minder  verzweigten  Bethätigunp;  des 
Geij-tes  <xv]\i  die  Physiognomik,  die  nicht  nur  den  Kopf,  sondern 
den  ganzen  Menseln  ii  ins  Auge  fasst,  sicherer.  Den  innigen 
Zusammenhang  des  inneren  und  äuileren  Menschen  bestätigt 
der  berühmte  Dr.  Lahmann  in  folgenden  Worten :  „Entwickelungs- 
geschichtlich  haben  sich  das  Gehirn,  das  Gehörorgan,  das  Seh- 
organ, die  Zähne  und  die  Haare  wie  die  Haut  überhaupt  aus 
ein  und  demselben  sogenannten  äuüeren  Keimblatt  gebildet,  sie 
sind  also  fjleichwertig.  Für  mich  bestellt  ein  untrüglicher 
Sehluss  von  den  sichtbaren  Organen  auf  das  unsichtbare  Ge- 
hirn. Wer  tadellose  Augen,  Ohren,  Zähne  und  Haare  hat,  der 
hat  auch  ein  gutes  Gehirn;  wenn  hier  und  doi-t  ein  Mangel 
ist,  wird  im  Nervensystem  auch  ein  Manco  nahe  sein." 

Es  fragt  sich  nun :  was  ist  die  Norm  desGesichtsausdrucks? 
Eine  solche  Norm  gibt  es  allerdings  nicht  und  kann  es  nicht 
geben,  aber  das  >>tudium  der  fingierten  Gestalten  der  antiken 
und  modernen  Kunst  lässt  uns  eine  solche  ahnen:  die  Künstler 
sind  ja  diejenigen,  die  die  mensehlichp  Gestalt  am  gründlichsten 
studiert  haben.  Um  sich  von  dem  Vielerlei  nicht  beirren  zu 
lassen,  ist  es  rnth.sjun,  zuerst  die  k^eitenansicht  ins  xVuge  zu 
fassen  und  duuu  nach  einem  Gesammiiiberblicke  des  Kunst- 
werkes in  das  Studium  der  einzelnen  Theile  einzugehen.  Ge- 
wisse Hilfslinien  zur  Feststellung  der  Proportionen  leisten  dabei 
vorzügliche  Dienste.  Bevor  dann  an  das  Studium  der  lebenden 
Individuen  gegangen  wird,  möge  der  Blick  noch  geschärft 


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8B 


A.  Ho inanovsky. 


werden  an  den  Gestalten  der  realen  Bildnisse  der  alten  und 
neuen  Welt.') 

Worauf  haben  wir  also  bei  der  Jugend  zu  achten? 

Was  sofort  ins  Auge  fallt,  ist  die  GröHe  des  Kopfes:  es 
ist  ja  klar,  je  größer  der  Schädel,  desto  grönor  die  Gehirnmafse. 
Hiebei  ist  jener  Theil  des  Kopfes  /u  beobachten,  der  oberhalb 
der  Linie  liegt,  die  die  Angenwinkel  und  die  OhrenöfTiunigen 
verbindet:  je  tiefer  das  Ohr,  desto  größer  der  Schädel;  das 
hochgelegene  Ohr  gibt  sofort  den  Äusdruek  der  Minderwei  ug- 
keit.  CaeteriB  parwm  deutet  ein  größerer  Schädel  auf  eine 
höhere  geistige  Beschaffenheit.  Wichtiger  als  die  absolute  Große 
ist  die  Proportion  des  Kopfes  zum  ganzen  Körper:  ein  kleiner 
Kopf  mit  großem  Körperwnehse,  wie  ein  großer  Kopf  mit  kleinem 
Körperwuchse  bedeuten  mangelhafte Geistesbesehaffenheit.  Großer 
Kopf  wird  oft  bei  Kindern  beobachtet,  die  mit  der  englischen 
Krankheit  behaftet  waren.  Kleine  Köpfe  kommen  öfter  hei 
Mädchen  als  bei  Knaben  vor;  solche  Kinder,  wenn  kein  anderer 
Mangel  vorhanden  ist,  mögen  mittlere  Durehschnittsbegabung 
haben,  sie  bleiben  aber  gewöhnlich  zart;  sie  mögen  auch  später 
im  Leben  recht  Tüchtiges  leisten,  unterliegen  aber  leicht  der 
Erschöpfung  und  Nervenzerrttttung. 

Ebenso  große  Bf^a'-lituncr  wie  die  Proportion  nimmt  die 
Forin  des  Kopfes  für  sich  in  Anspruch  üm  die  Form  des 
Kopfes  mit  Nutzen  zur  Grundlage  un  i  ler  lieobaclituugen  zu 
macheu,  müssen  wir  kurz  die  Temperamente  berühren:  mit  der 
alten  Theilung  des  Hippokrates  ist  uns  freilich  nicht  viel  ge- 
dient;  für  unsere  Zwecke  seheint  die  Tom  Amerikaner  Fo^er 
herrührende  Eintheilung  der  Temperamente  praktischer  zu  sein. 
Fowler  unterscheidet  drei  Orundtemperamente: 

1.  Das  vitale  Temperament  mit  verhältnismäßig  breitem 
unteren  Theilo  des  Kopfes.  Hiemit  verbindet  sieh  breite  Brust 
und  Schultern,  kleine  Hände  und  Fülle,  kurzer  dicker  Nacken. 
Der  Ausdruck  zeigt  Behaglichkeit,  Ofl'enheit  und  Gutmüthigkeit. 
Sulelie  Menschen  sind  lebhaft  im  iJeukeu  und  Hiiudeiii,  es  fehlt 
aber  der  Fleiß,  die  Ausdauer  und  der  feste  Vorsatz.  Perceptive 
Fähigkeiten  und  Redegewandtheit  sind  diesem  Temperamente 
eigen. 

2.  Das  motive  Temperament  mit  länglichem  Kopfe,  hohen 
Backenknochen  und  auf  einem  Beinrüeken  aufsitzendtMt  Anjxen- 
braucn.  Die  Meü^chen  mit  diesem  Temperamente  haben  starke 
Knoclit-n  und  hoiieu  Wuchs,  sie  sind  geschäftirr,  ihr  Geist  ist 
eriinderisch,  der  Gesichtsausdruck  ernst  und  enischlosscn.-) 

H.  Das  mentale  Temperament  zeichnet  sich  durch  die 
auffallend  größeren  Vordertheile  des  Kopfes  aus.  Die  mit  diesem 


^)  Zum  hcsseren  Vei^tiiiidr.i-sc  wurde  dieser  Th«  il  dr«  N'ortraj^s  an 
Gip^bxÜ8(ien  von  Kuuätwerken  und  Charuktet köpfen  deniou&Uiert. 

Mit  freundlicher  Erlaubnis  des  Betreffenden  wurde  dieses  Temiteim* 
nient  und  die  damit  in  Verbindung  stehende  Form  des  Kopfes  an  etnem 
Herrn  ans  der  Zuhörurttchatl  naibgewiesen. 


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über  die  Beobachtung  in  der  Schule.  3  J 

Temperamexite  begabten  Individuen  lieben  die  Besebäftiguug 
mit  WisaenBchaft,  Literatur  und  Kunst.  Ihre  Statur  ist  klein 
und  zart 

Es  sei  gleich  erwähnt,  dass  es  wenige  Menschen  mit 
reinem  Temperamente  gibt,  dass  vielmehr  mannigfache  Com- 
bination  der  Temperuniente  negel  ist.  Ebenso  erfährt  d;is 
Individuum  Wandhuigen  iinitihalb  seines  Temperament >  je 
nach  Lebenslage  uud  Erziehung.  Der  GesieliLsausdruck  kait 
Sebritt  mit  dieser  Wandlung.  i)aher  mag  es  kommen,  dass 
wir  mancke  Personen  nach  vieljähriger  Abwesenheit  nieht  er- 
kennen: sie  haben  eine  k^rperliehe  und  geistige  Wandlung 
durchgemacht. 

In  liezng  auf  die  Form  des  Kopfes  ist  noch  hervorzuheben, 
dass  die  per|ie!idiculäre  Linie  des  Gesichtes  die  Norm  ist;  das 
animalisierte  Gesicht  des  Cretins  zeichnet  sich  aus  durch  die 
jäh  zurücktretende  Stirn  und  ebensolches  Kinn  bei  hervor- 
tretendem Mitteltheile. 

Die  gewiss  sehr  wiehtige  chemische  Zusammensetzung 
des  Gehirnes  entzieht  sich  unserer  Beobaehtunj^,  und  auf  die 
Cousistenz  —  ich  möchte  fast  sagen  das  specifische  Gewicht 
—  können  wir  nur  aus  den  Übrigen  Geweben  des  Körpers  einen 
Schluss  ziehen. 

Mit  den  Temperamenten  uud  dem  Vorherrschen  gewisser 
Organe  hiingt  auch  die  Farbe  des  Kopfhaares  zusammen;  weil 
sie  aber  für  unsere  Zwecke  Ton  untergeordneter  Bedeutung  ist, 
wollen  wir  die  Besprechung  derselben  übergehen.  Sonst  ist 
aber  iQr  die  Menschenkenntnis  die  Farbe  des  Haares,  der  Augen 
wie  der  Teint  von  größter  Wichtigkeit.  Wenn  wir  schon  von 
Haaren  sprechen,  mache  ich  auf  die  dicken  harten  Haare  auf- 
merksam: sie  sind  zu  finden  bei  Individuen  mit  ausgeprägtem 
Willen 

Von  der  Kopfl)ildung  ist  die  Form  der  Stirn  abhängig. 
Niedrige,  liolie,  sehmale  und  breite  Stirn,  alles  hat  seine  Be- 
deutung.   Besondere  Aufmerksamkeit  ist  auch  auf  die  Stirn- 

runzeln  zu  lenken.  Die  ruhige  Aufmerksunkeit  zeichnet  neh 
durch  ruhig  glatte  Stirn  ans;  die  horizontalen  Runzeln  sind 
Wirkung  einer  angespannten  Himthätigkeit;  horizontale  in  Ver- 
bindung mit  Torfeicalen  Runzeln  manifestieren  die  angeordnete 

Hirnmasse  eines  verlegenen  oder  minder  begabten  Kindes, 
während  zwei  bis  drei  ständige  Kunzein  zwischen  den  Augen 
auf  gewolmlieitsmäßige  Sorgfalt  hinweisen.  Bedenklich  ist  die 
asymmetriöclie  Stirnruuzelung,  wie  überhaupt  jede  asymmetrische 
Balancierung  des  Körpers;  in  einem  solchen  Falle  sind  nicht 
beide  Seiten  des  Gehirnes  gleich  durchblutet,  und  dieses  schickt 
nicht  dieselbe  Stromstarke  nach  beiden  Seiten  des  Körpers. 

Auch  die  Form  der  Ohren,  die  Augen,  die  Augenbrauen, 
der  Mnn  l.  die  Lippen  und  Mundwinkel  haben  natürlich  ihre 
besondere  Bedeutung;  ich  rauss  mir  aber  leider  ihre  Resprechnng 
versagen.  Von  den  Augen  will  ich  nur  eines  erwähnen.  Bei 


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40 


A.  Rouianovsky. 


emem  geeunden,  gut  gelaunten  Kinde  erscheint  das  untere 
Augenlid  scharf  geschnitten  und  wohlgeformt,  die  Rundung  des 
Augapfels  und  die  Convexität  des  unteren  Augeulides  sind  recht 
sichtbar:  dies  rührt  von  der  Spannung  des  orhicid'iyts  nmli  her. 
Ist  dieser  Muskel  schlaff,  baucht  sich  das  uutere  Augenlid  aus 
und  bildet  eine  beutelartige  Anschwellung.  Dieser  schlaffe  Zu- 
stand des  erwähnten  Muskels  weist  auf  Erschöpfung  hin. 
Schwache  Kinder  zeigen  auch  eine  mangelhafte  Bewegung 
derAuffen:  wenn  man  ihnen  einen  Gegenstand  vor  die  Augen 
hält  und  dann  damit  bewegt,  folgen  sie  demselben  nicht  mit 
der  Bewegung  der  Augen,  sondern  mit  der  des  Kopfes  und 
halten  dabei  die  Augen  fix. 

Wenn  wir  das  Gesicht  betrachten,  fällt  uns  die  Nase  als 
der  hervorragendste  Theil  desselben  auf.  Im  gewuhulicheu 
Leben  erfreut  sich  die  Nase  keines  besonderen  Ansehens:  da- 
fär  ist  sie  für  den  Phy.sioguomisten  alles  in  allem,  er  sehließt 
daraus  auf  die  Kraft  und  Bedeutsamkeit  des  Menschen.  Es 
ist  auch  kein  Wunder:  durch  die  Nase  geht  die  Athmung 
vor  sich,  oder,  wie  es  Hufeland  ausdrückt,  nehmen  wir  die 
geistigere  Nahrung  auf;  je  größer  die  Offnungen  der  Nase, 
desto  mehr  Luft  nehmen  wir  in  die  Lunge  auf,  desto  be^s^T 
werden  säramtliche  Nerven  ernährt.  Ein  geistig  bedeutender 
Mensch  ist  für  den  Physioguomisten  ohne  eine  tüelitige,  aus 
dem  Gesichte  recht  hervortretende  Nase  nicht  denkbar.  Das 
Wickelkind  ohne  Verstand  und  Charakter  hat  eine  verschwom- 
mene  Nase.  £i)ie  hübsche,  scharf  geschnittene  Adlernase  ist 
gar  eine  ganz  besondere  Gabe  der  Spenderin  Mutter  Katur. 
Das  ist  die  Kaae  des  Muthes,  der  Ausdauer  und  des  marti- 
alischen Wesens. 

Sowie  eine  unbedeutende,  zurücktretende  Stirn  einen  ge- 
ringen Geist,  eine  unbedeutende  Nase  Mangel  an  den  zum 
Herrschen  und  Befehlen  nöthigen  Fähigkeiten  kennzeichnet,  so 
zeigt  ein  schwaches,  zurücktretendes  Kinn  Mangel  anschaffen« 
der  Kraft,  Energie  und  Unternehmungsgeist;  ein  schwaches 
Kinn  ist  Folge  mangelhafter  Cirenlation  und  ist  geistig  schwäch- 
lichen Kindern  eigen. 

Eine  ganz  besondere  Beachtung  verdient  auch  die  Er- 
nähriiTig.  von  der  im  allgemeinen  sehr  unrichtige  Begntie 
im  Umlaufe  sind,  indem  man  die  riumpheit  und  das  abso- 
lute (jJewieht  bei  ücksicltu^t,  ohne  J^ieh  nm  das  speeifische 
Gewicht  zu  kümmern.  Thatsache  ist,  dass  die  plumpen  Kin- 
der aus  besseren  Kreisen  meist  blutarm,  also  mangelhaft  er- 
nährt sind. 

Nachdem  ich  einige  Punkte  aus  der  Phrenologie  und  der 
all|^emeinen  Physiognomik  angedeutet  habe,  muss  ich  zur  Physio- 
logie der  Bewegung  oder  Balancierung  des  Korpers,  der 

Hauptlehre  W fruers  übergehen. 

Das  Spri  eil  wort  sagt:  „den  Vogel  erkenust  du  am  Gesauge, 
den  Menscheu  am  Gange",  und  es  hat  recht:  alles  ist  aus  dem 


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über  die  Beobachtung  in  der  Schule. 


41 


Gange  und  der  Haltung  des  Körpers  herauszalesen.  Der  Stolze, 
der  Bescheidene,  der  Kühne,  der  Feige  u.  s.  w.,  sie  alle  be- 
kunden ihr  Wesen  in  der  Balancierung  des  Körpers. 

Überaus  interessant  ist  die  Balancierunj^  der  Uand.  Las*!en 
wir  einmal  die  Kinder  iu  der  Schule  aufstehen  und  di*'  Arme 
aui'Commando  heben,  so  werden  wir  die  Kräftigen  und  I  nseiieu 
Ton  den  Schwachen  und  Erschöpften  sofort  unterscheiden.  Ein 
frisches,  gesundes  Kind  hebt  die 'Arme,  die  Hände  und  die 
Finger  horizontal  in  einer  Linie  mit  den  Schaltern;  ein 
schwaches  Kind  zeigt  eine  Haltung  der  Hand,  welche  Werner 
als  „schwache  Hand**  bezeichnet:  die  Hand  sinkt  im  Gelenke, 
sie  ist  nach  den  beiden  Seiten  gebogen,  die  Finger  sind  inälhg 
gekifiiuait,  der  Daumen  nach  unten  gerichtit  oder  gar  unter 
die  Hand  gestockt;  dabei  ist  auch  der  Körper  iiielit  aufrecht, 
sondern  Kupf  und  Rückgrat  zuriUkgebogen.  Ähnliche  Balan- 
cierung der  Hand  /.eigt  auch  der  ruhende  Mensch.  Noch  mehr 
gebogen  erscheint  die  Hand  der  nerrösen  Kinder  mit  in  Ge- 
lenken krampfhaften  Fingern  und  zurückgebogenem  Daumen.') 
Beim  Commando  bemerkt  der  Lehrer  auch,  dass  manche  Schüler 
auf  dasselbe  nicht  sofort  mit  der  Ausführung  antworten;  sie 
sind  unsicher  und  srlieu  erst,  was  die  anderen  Kinder  thun: 
dipsp  werden  leichter  durch  die  Aiifjen  als  durch  die  Ohren 
bt  lifi  ischt  —  ein  für  den  erzieheuden  Lehier  bedeutungsvoller 
Wink.  Er  wird  bei  denselben  Schülern  linden,  dass  sie  auf 
seine  Frage  nicht  imstande  sind,  sofort  zu  antworten:  die  Ant- 
wort kommt  nur  langsam,  sie  wiederholen  vielleicht  vorigen 
die  Frage f  sie  stammeln  und  stottern,  und  wenn  sie  vor  den 
Bänken  stehen,  zeigen  sie  eine  krampfhafte  Bewegung  der  Fiuger 
—  ein  Beweis,  wie  verworren  das  Gehirn  arbeitet.  Hier  kann 
ich  den  Gedanken  einscbieb«'n,  dass-  der  Lehrer,  der  all  die 
äulJeren  ungünstigen  Zeiclien  mit  richtigen  Mitt»'lu  \  erseliwinden 
macht,  eben  von  außen  auf  die  Gehirnthätigkeit  einwirkt:  s>owie 
die  Bewegung  Ausfluss  der  Gehirnthätigkeit  ist,  so  beeintiusst 
die  äuJjere  Bewegung  das  Gehü*n. 

Ich  habe  bereits  früher  an|jedeutet,  wie  wichtig  die  Be- 
obachtung der  Sprache  der  Kmder  ist;  Uber  diesen  Punkt 
allein  könnte  mau  ein  Buch  schreiben.  Ich  will  nur  kurz  auf 
die  frische,  klangvolle  Stimme  des  ausgeruhten  und  auf  die 
l»'i«e  näselnde  Stimme  des  timhU  u  Kindes  aufmerksam  machen. 
Der  natürliche  Selbsterhaltungstrieb  zwingt  das  letztere,  die 


Hier  wurden  den  Znhörem  '/«'ichnungen  folgender  HanUhalam-ie- 
rungen  vorf,'fltL'* :  1   'h*'  tTfrndf  Hand  e'wf^"  frischen  gesunden  Mrnsclien; 

2.  die  gerade  tliind  mit  sinkendem  Daumen  bei  beginnender  irchvviichej 

3.  die  itn  Gelenke  sinkenile  «chwaehe  Hand;  4.  die  rahende  Hand; 
5.  die  nervöse  Hund;  6.  die  im  t'elenke  eiiipotf.'»  ii<  te  energische 
Hund;  7.  die  Hand  im  Schrecken;  8.  die  zusammengeballte  krampf- 
hafte Hand.  Außerdem  wurde  die  ruhende  Hand  eines  Arbiters,  die 
nervöse  Uand  einer  Dame  und  die  energische  Hand  des  Apoilo  an 
Gipsmodellen  gezeigt 


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42 


A.  Bomanovüky. 


Kräfte  zu  schonen.  Die  Beantwortung  der  Fragen  ist  wortkarg, 
andeutend  und  ohne  Zusam nie ii hang. 

Mit  der  Balanciernnf?  dns  Körpers  hängt  auch  die  Hand- 
schritt zusammen.  Statt  über  das  Lesen  des  Hliarakters  aus  der 
Schrift  zu  sprechen,  führe  ich  für  jene,  die  sich  für  dieses 
Studium  interessieren,  zwei  Werke  an:  Frey  er,  „Zur  Psycho- 
logie des  Schreibens^,  erschienen  bei  Voss  in  Hamburg,  und 
des  berühmten  französischen  SchriftsachTerstandigen  Crepienx- 
Jaroin,       icritvre  et  h  earacthre^^  erschienen  bei  Alcan  in  Paris. 

Die  Wissenschaft  der  Psychophysik  oder  psychischen  Physio- 
logie ist  allerdings  kaum  noch  über  ihre  Anfänge  hinaus- 
gekommen, sie  darf  aber  vom  Erzieher  und  Lohrer  nicht  über- 
sehen werden.  Sie  ist  berufen,  einst  zur  Grundlage  einer  ver- 
nünfticren  Pädagogik  zu  werden,  wie  die  Anatomie  und  Physio- 
logie die  Grundlage  der  Heihvisseuscbaft  ist.  Es  ist  geradezu 
nnoegreiflieh,  warum  sich  die  Pädagogik  die  feststehenden 
Wahrheiten  der  Phrenologie  und  Physiognomik  bis  jetzt  noch 
gar  nicht  zunutze  gemacht  bat. 

Meine  Herren!  Ich  bin  am  Ende  meiner  AusfÜhrungeu 
angelangt,  ohne  das  Thema  erschöpft  zu  haben.  Ich  tröste 
mich  damit,  dass  es  eben  uiieischöpflicii  ist.  Eine  halbwegs 
voUntäudige  Darstellung  des  Gegenstandes  müsste  noch  zwei 
gleich  wichtige  Cupitel  der  Beobachtung  in  der  Schule  ent- 
halten, nämlich  die  Selbstbeobachtung  des  Lehrers  und  die 
Beobacbtuni^  des  Lehrers  dureh  dieSehüler.  Was  die  letztere 
anlangt,  so  ist  ja  hintönglich  bekannt,  dass  die  lieben  Kleinen 
mit  einer  bewunderungs-  und  naehahmeoswttrdigenBeobachtungs- 
pabe  ausge«;tattet  sind,  und  dass  der  Lehrer  das  ständige  Ob- 
ject  einer  scharfen,  unnachsichtigen  Kritik  der  Jagend  ist.  Schon 
dit">f'r  TTmstnnd  sollte  den  Lehrer  zu  einer  ebenso  strengen 
Selij.st beobaclituii":  veranlassen.  Anderseits  wirkt  aber  sein  cjanzes 
Wesen  wie  ein  elektrischer  Strom  auf  die  ganze  t'iasso:  er 
theilt  ihr  seine  Haltung,  seine  Stimmung,  seine  Begeisterung, 
seine  Hingebung,  seine  Frische,  aber  auch  seine  —  Sfttdigkeit 
mit  Von  diesem  Standpunkte  aus  ist  eine  stete  Selbstbeobachtung 
eine  der  ersten  aber  auch  schwersten  Pflichten  des  Lehrers. 

Wenn  der  Mittelschullehrer  so  seine  Augen  nach  allen 
Seiten  offen  hält,  wenn  er  jeden  Sc]iü1»m-  gleichsam  wie  mit 
X-Strahlen  durchschaut  liat,  dann  mag  er  sich  über  den  ihm 
oft  gemachten  Vorwurf,  duss  er  sich  aiimaÜOj  über  die  Zukunft 
eiues  jungen  Menschen  zu  entscheiden,  ruhig  hinwegsetzen.  Er 
wird  sich  bewusst  sein,  in  jeder  Beziehung  seine  Pflicht  gethan 
zu  haben.  Seine  Kenntnis  der  jugendlichen  Seele  wird  ihn  ver- 
anlassen, die  Schlucht  zwischen  den  gesteigerten  Anforderungen 
der  Schule  und  den  schwachen  Kräften  der  jetzigen  Jugend  ge- 
schickt zu  überbrücken.  Er  wird  sich  bestreben,  durch  richtige 
Übung  die  schwachen  Kräfto  der  heranwachsenden  Generation 
zu  b,i;i]ilen  und  durch  Sinnen  nacli  neuen  Methoden  zur  Be- 
seitigung der  Überbürdungsfrage  beizutragen. 


^  j  .  ^ci  by  Google 


über  die  Beobachtiing  in  der  Schale. 


4^ 


Zum  Schlüsse  noch  zwei  Kegeln: 

1,  Di6  BeobaeMunff  der  Jaffend  mues  unauffällig  geschehen: 
der  forseliende  Blick  seMchtert  die  Kinder  ein. 

2.  Msiii  hüte  sifh,  nach  einer  eiuxelnen  Erscheinung  ein  fertiges 
Urtheii  zu  fällen:  die  richtige  Beortheilnng  des  Schülers 
kann  nur  das  Ergebnis  niner  langen,  allseitigen  und  sjste- 
matischen  Beobachtung  sein. 


L^icjui^L-ü  cy  Google 


Vereinsnacbrichten 


A.  Sitzungsbericht  des  Vereines  „Mittelschule"  in  Wien. 

(MitRetbeilt  vom  ^chriiTtfabrer  Proi.  Dr.  iiarl  Wotke.) 

Jahresrersammlnng. 

(11.  Decamber  1897.) 

Der  Obmannstell Vertreter  Prot  Peter  Maresch  eröffinet  die  SitzODg 
mit  folgenden  Worten: 

»Daa  yerfioaaene  YereintjAhr  unteracbeidct  sich  in  einer  Besiehung 

von  allen  frühenu.  Prof.  Feodor  Hoppe  war,  nachdem  er  durch  drei 
Jahre  in  aufoptVrndcr  und  verdienstvollster  Weise  den  Verein  geleitet 
hatte,  d  iH  gimxe  ,Iahr  hindurch  zu  unsorfm  tiefsten  Bedauern  durch  .«<  hw-Te 
Kranklirit  ^'''hindert,  seine  OhmantiMtluitigkeit  hier  an  dieser  Stelle  itus- 
zuübeu.  Doch  daheim  im  Krankenbette,  wo  er  oft  die  heftigsten  Sc  h merzen 
litt,  ließ  er  es  sich  trotz  aller  Bitten  und  Warnungen  nicht  nehmen,  einen 
nicht  geringen  Tbeil  der  vielen  Arbeit,  welche  die  Bedaction  unserer  Zeit- 
Achrifk  fordert,  weiter  zu  venieben.  Ja  als  GeechftflsfUhrer  des  VI.  deutsch- 
Osterreichiftclien  Mittelscbultages  berief  er  sogar  einigemal  den  vorbereitenden 
AussehusR  in  sein  Krankenzimmer  und  führte  da  von  seinem  Schmerzenslager 
au8  den  Vorsitz.  Für  diesen  «blühenden  Eifer  und  diese  Uneigennützigkeit 
fühlen  wir  alle  pfewis«  dt-n  innigr<ten  Dank  und  die  höchste  Bewundenincr: 
einen  anderen  Lnha  haben  wir  nicht.  Und  wir  wünschen  von  ganzem 
Herzen,  da.ss  seine  (Genesung  rasch  und  sieher  vorwiirt.sschreite,  so  dass  er 
bald  seinen  Beruf  wieder  antreten  und  nach  voller  Kräftigung  seiner  Ge- 
sundheit rach  wieder  unserem  Vereine  nfltastich  machen  könne.  An  seiner 
Stelle  leitete  bis  zu  Beginn  des  neuen  Schu^ahres  die  Verein»'  und  Aus- 
schuBwitEUngen  und  traf  die  oft  schwierigen  Vorbereitungen  zu  denselben 
mit  regstem  FleiOe  der  Obmannstellvertreter  Dir.  Johann  Zycha.  Im 
Namen  des  Obmanns? .  des  Ausschusses  und  de?»  ganzen  Vereines  sei  ihm 
hier  für  seinf  Mfihe  und  llinjicbung  aufa  witrmste  ^'whmkt.  IHe  irroßto 
Arbeit  aber  lu.»»telc  in  diuii  abg-  l.iufonen  Vereinsjahre  auf  di  ii  Schultern 
des  ersten  lichriftführera,  des  Prof.  Georg  6c h legi.  Ich  ertiUle  eine  sehr 
angenehme  Pflicht,  wenn  ich  diesem  Manne»  der  durch  volle  vier  Jahre, 
in  den  ersten  drei  Jahren  mit  dem  Obmanne,  im  letzten  Jahre  oft  durch 
Wochen  ganz  alleio,  die  zeitraubenden  Redactionsgeschäfte  mit  aller  Ge- 
wipsenli.if'tigkeit  und  ])einlichster  Sorgfalt  in  stiller  Bescheidenheit  geführt 
hat,  im  Xamen  des  Vereines  nicht  nur  df>n  wftrm&ten  Dank,  sondern  auch 
die  gröUte  Anerkennung  zum  Ausdrucke  bringe. 


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Vtjreinftnachii  chten. 


45 


»Wie  ich  bereite  erwfthnt  habe,  Tertrat  Dir.  J.  Zycha  den  durch 
Krankheit  verhindertea  Obmann  bis  m  Bc^finn  des  neuen  8cha\jahres* 
Än&ngs  October  legte  er  in  einer  AnaschaaBntznn^  seine  Stelle  nieder, 
and  eeitfl 'tu  f:joni*  ßc  ich  die  £hre,  Obmannstellvertreter  zu  sein.  Es  ist 
daher  jetzt  meine  l'Hii  lit.  einen  Rückblick  auf  die  Thati^'keit  des  Vereines 
im  abgelaufenen  Jahre  zu  werfen,  d.  h.  den  üblichen  Kechenachaftsbericht 
im  Namen  des  Ausschusse«!  zu  erstatten. 

„Diese  Aufgabe  bietet  uiir  einige  Verlegenheiten  und  Schwierig- 
keilea.  leb  kann  diese  nicht  besser  vnd  trelEisnder  schildern  als  durch  ^e 
Wiederholong  jener  Worte,  mit  welchen  Dir.  Joh.  Zycha  selbst  vor 
einem  Jahre  in  der  Eigenschaft  als  Obmannstellvertreter  seinen  Rechen- 
schaftsbericht einleitete.  Er  sagte  nftmlich  damals  Folgende:  ,Die  Actionen, 
die  sich  im  Verlaufe  eines  Jahres  tunmmendrftngen,  können  mit  Antheil- 
nähme  und  Wärnif»  mir  von  demjenijyen  zu  entsprechendem  Ausdrucke 
gebrncht  wrrdeti.  di-v  sie  in  AngriiI  ^'enoinnien  hat.'  Ich  bitte  daher  die 
hochlobiiche  V'ermiuimluug  und  insbesondere  meiuen  Vorgänger  um  gütige 
Nachsicht,  wenn  es  meinem  Berichte  an  Kraft  und  Saft  fehlt. 

«In  der  JahresTetwmmlung  vom  21.  November  1896  wurde  zum  Ob- 
manne  Prof.  Feodor  Hoppe  gewählt.  Nach  der  gleichseitig  erfolgten 
Neuwahl  eines  Theilee  des  Aue^chusses,  da  statutenmäßig  einige  Mitglieder 
desselben  ausschieden,  constituierte  ^ich  der  Ausnehuss  derart,  dass  er  aus 
den  Herren  Prof  Joh.  Zycha  als  dem  Obmannstellvertreter,  Prof.  (ii  org 
Schierel  als  dem  ersten  Srhriftf'nhrer,  Prof.  Peter  Maresch  als  dem 
zweiten  Öchriltlüiner.  l'rof.  <iuido  v,  Alth  als  dem  Ca.«isier  und  ferner 
den  Herren  Prof.  Ko^peristeiner,  Prof.  Ur.  Isidor  Kukutsch,  Prof. 
J.  Wicauer,  Prof.  Arthur  Wiskotschil,  Prof  J.  Zeidlcr  und  Dr.  Emil 
Sofer  bestand. 

«Der  Ausschuss  fluid  bei  Übernahme  der  Geschäfte  ein  leichteres  Pro* 
gramm  vor  als  in  den  Jahren  TorherT  denn  es  fiel  die  BrOrternng  von 

dtandesfragen  weg,  da  das  neue  rie>»'fz  über  die  Pensionen  der  Witwen 
und  Waisen  nach  Mittelschul lehrern  in  Kraft  trat,  das  Gesetz  über  die 
Nenregulierung  unserer  Bezüge  im  we-t  ntliclien  nach  der  ron  \im  ge- 
wün.-'  hten  und  heiß  erkiimpft^'n  Kaswung  lui  i;>  ii  lisrathe  angenommen  w.w, 
und  jeder  von  uns  es  für  angemessen  hielt,  vtiidcrhaud  sich  mit  dem  Er- 
reichten Btt  begnügen.  Es  konnte  daher  der  Ansschuss  seine  Zeit  und  Kraft 
ganz  seiner  anderen  nicht  minder  wichtigen  Aufgabe  widmen,  nämlich 
der  Sorge,  dass  durch  YortrBge  und  Debatten  in  den  Yereinssitenngen, 
sowie  durch  Abhandlungen  und  Anisätze  in  unserer  Zeitschrift  nicht  allein 
streng  wissenschaftliche,  sondern  auch  insbe.sondere  pLldagogiache  und 
didaktische  Fragen  eine  erfreuliche  und  .dNelts  anregende  Forderung  er- 
fahren. I'nd  die^p  Förderung  f»e<jeli;ili  in  reicheren»  Maße  wh  in  den  zwei 
vorhergehenden  Jaltren,  da  hener  in  der  Osterwn.  he  der  V  I.  deut.sch- 
österreichische  Mittelschultag  in  Wien  abgehalten  wurde  und  ein  schönes 
und  reichhaltiges  Programm  zur  Durchftihmng  brachte. 

„Wegen  de«  Mittelschultages  fielen  einige  Vereins  ab  ende  weg,  so 
dass  im  ganzen  nur  sechs  stattfanden.  Am  ersten  Abende  hielt  Prof. 
Dr.  Karl  Wotke  einen  ebenso  interessanten  als  lehrreichen  Vortrag  mit 
dem  Titel:  ,Die  Geschichte  der  Universität  Olmütz'  und  machte  da  die 
Versammlung  auch  mit  einigen  wichtigen  Geschäftsstäcken  dieser  Uni- 


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46 


Veremsnachrichteu. 


vetrität  bekannt.  Am  «weiten  Vereinaabende  sprach  der  k.  k.  Tiunlefarer 

in  Wien  Herr  Max  Gutmann  über  ,Die  Förderung  der  körperlichen  Ans- 
bildtmg  an  den  Mittelschulen  Österreichs'  und  rief  durch  («eine  belehren- 
den und  höchst  anref?enden  Mittheilungen  lebhaftt'n  Beifkll  hervor.  In 
der  folgenden  Debatte  nahm  Dir.  Loos  VeranlaKsun^'.  in  seiner  gewohnten 
interessanten  Weise  auf  einige  Erscheinungen  der  reichen  einächlügigen 
Literatur  hinzuweisien  und  zur  Anstellung  von  ßeobacbtungen  anzueifem. 
Den  dritten  Vereinaabend  fUlte  Prof.  Dr.  Heinrich  Stephan  Sedl- 
najer  mit  einem  wiaienachaftlichen  YiHrtrage  ans.  Er  gab  mia  in  fesseln- 
der Weise  nnd  mit  poetisohem  Schwange  nach  den  neuesten  Forschungen 
höchst  interessierende  Aufschlüsse  über  den  «Tempel  der  Vesta  und  das 
Haus  der  Vestiilinnen  im  alten  Rom*.  Am  vierten  Vereinsabende  hielt  ich 
einen  Yortnigf  über  .Die  Privatlectüre  in  den  alt^*la5?s5schen  Simicht  n':  an 
diesen  knü{)fte  sich  eine  lunj^e  Debatte,  welche  auch  den  fünften  Vereina- 
abend vollständig  in  Anspruch  nahm.  Die  acht  Thei^en  des  Referenten 
Würden  mit  einigen  Änderungen  angenommen,  eine  neunte  These  wurde 
dann  von  Herrn  Landes^Scholinspector  Dr.  Scheindler  beantragt  nnd 
einstimmig  angenommenf  worauf  noch  Herr  Landes-Schulinspeetor  Dr.  Joh. 
Hnemer  som  Nachdenken  Uber  einen  der  wichtigsten  Punkte,  der  im 
Vortrage  und  in  der  Debatte  nicht  berührt  worden  war,  eine  Anregung 
über  die  Frage  gnh,  durch  welche  iiadaf^ogische  Mittel  man  die  ^^chüler 
dazu  brinj^en  könnte,  da^.s  sie  sich  in  gröberer  Zahl  als  bisher  /,u  der 
i'rüfuni,'  iius  der  Frivratlectüre  bei  der  Matura  melden.  Die  Keihe  der  Vor- 
tragenden eichloss  Prof.  Josef  Aschauer,  welcher  am  sechsten  und  letzten 
Vereinsabaide  die  ,Ca9a  dH  VeitH  in  Pompeji'  gleidmm  vor  nnser  Auge 
zauberte.  Durch  die  Art  s^ner  Ausftthrongea  wurde  das  Interesse  der 
ZuhOrer  noch  gesteigert,  indem  er  in  der  Lage  war,  sein  Thema  nicht 
nur  auf  Qrund  der  Literatur,  sondern  auch  auf  Grund  seiner  petiOnlichen 
Anschauung  an  Ort  und  Stelle  und  unter  Yorseigong  von  gelungenen 
Photographien  zu  behandeln. 

„Ich  habe  mir  erlaubt,  in  diesen  Theil  meinen  Berichtes  das  Uesammt- 
urtheil  der  jeweiligen  Zuliörer  in  (  bereinstimmung  mit  den  Vereins- 
nachrichten in  unserer  Zeitschrift  eiuzuüechteu,  uui  der  hochlöbiichen 
Versammlung  su  zeigen,  daas  der  V«rein  in  Bexug  auf  seine  Haupttfa&tig' 
keit  noch  immer  auf  seiner  hohen  Stufe  steht,  von  seinem  Tieljflhrigen 
QhuiBe  nodb  nichts  eingebüQt  hat.  Es  sei  also  jraen  genannten  Herren 
OoUegen  für  ihre  MQbe  und  Opferwill^keit  nochmals  aufs  wärmste  gedankt. 

„Meine  Herren,  unser  Verein  muss  auf  seiner  Höhe  bleiben.  Er  ist 
anrh  fiir  un^  j^leichsnni  eine  Naturnothwendif»keit .  d<'nn  die  edlen  Ziele, 
welche  den  Gründern  de-;  Vereines  vor  .\u^'en  si  liwebten,  sind  auch  noch 
heute  anzustreben  und  werden  immer  gelten,  solange  um;er  schwieriger 
Beruf  seine  ideale  Glauzeeite  bewahrt.  Und  wenn  das  eine-  und  das 
aaderemal  die  Bestrebungen  und  Thaten  der  Vereinsleitung  den  Beifiül 
von  Mitgliedern  des  Vereines  nicht  find^,  so  mOgen  diese  nicht  durch 
Fernbleiben  von  den  Ydreinsversamtnlungen  oder  sogar  durch  Austritts« 
erkUbrungen  ihre  Missstimmung  ftuDem  und  so  dem  Vereine  selbst  schaden, 
sondern  dann  erst  recht  eifrig  in  den  Verein>abenden  erscheinen  und 
da  ihrer  wohlbegründeten  Meinunj,'  mit  mannhailor  Offenheit  Ausdruck 
leihen.  Je  zahlreicher  wir  zusaujmenkommen,  desto  mehr  wird  der  Verein 


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Vereixunachriciiteii. 


47 


iiutblühen,  und  iletilo  gvüÜeie  Achtung  wetdeu  wir  nach  allen  Seiten 
hin  flndm. 

,Eb  bleiM  mir  um  wenig  mehr  übrig.  Ich  werde  mich  auch  da  mOg» 
1ich«t  kors  hmai. 

»Jeder  Verein  ehrt  eteh  selbst,  wenn  er  es  versteht,  in  ihrem  Berufe 
hervorragende  und  ausgezeichnete  Mitglieder  su  ehren.  So  regte  unaer 
Verein,  ala  Herr  Hofrath  Anton  Maresch  von  seinem  Amte  jnit  dpr  be- 
kannten Allerhöchsten  Auazeichnunp  pchifii,  die  Bildung  einen  Coiuite-i  nn, 
welches  über  fine  geeignete  Ehruiij^  dieses  lioehverdienten  Mannes  schlüssig 
werden  sollte.  Auf  den  lUth  des  Herrn  üegierungmitbes  Josef  Steiner  wor- 
den Photographien  jener  Lehrer  gesammelt,  welehejeniale  feiner  Ini^ection 
nntentonden,  um  in  einem  knnalToU  amgestatteten  Albnm  vereinigt  sn 
werden.  Ee  kamen  gegen  SOO  Photographien  snaunmen.  Bei  der  Aue> 
fuhrung  dieses  schönen  Planes  haUe  die  Hanptarbeit  das  Aus.<4chuannitglied 
Prof.  Dr.  J.  K  u  k  utsc  h ,  welcher  seine  Aufgabe  zur  vollsten  Anerkennung  aller 
löste.  Am  8.  Mai  <!.  .7.  überreichte  eine  Deputation,  welche  aiis  den  R^  -  reu 
Kegiernnf,'8ratli  Fr  Slameczka,  Prof.  G  S c h  1  e g  1  und  Prof.  Dr.  J.  Ku- 
kutsch  bestaud,  diia  schöne  Album  dem  Herrn  Hofrathe  Anton  Maresch 
in  dessen  Wohnung.  Der  Herr  Hofrath  dankte  sichtlich  gerührt  und  bat, 
dem  Vereine  amnen  wärmsten  Dank  ta  flbermittefai,  waa  hiemit  geschieht. 

«Eine  sweite  Ehrung  &nd  heute  in  dem  kleinen  Feataaale  der  Cniverai* 
tlt  in  &ierlichBter  Weise  atatt.  Sie  galt  einem  eheafiilla  hochhedeotoiden 
Mitgliede  unseres  Vereines,  dem  Herrn  Hofrathe  Prof.  Dr.  Karl  Schenkl 
zu  seinem  70.  Geburtstage.  Sie  gieng  zwar  nicht  von  uuÄerem  Vereine  aus, 
aber  in  dem  vorbereitenden  Görnitz  waren  auch  mehrere  Mit(,'lieder  unserea 
Vereines  eifrig  tbätig,  unseren  Ausschuss  vertrat  da  Prof.  0.  Si  hlegl. 

„Eine  dritte  Führung  ist  im  Zuge^  sie  soll  dem  hochverdienten 
Ministerialrathe  Dr.  Matthias  Kitter  Wretachko  bereitet  werden, 
der  viele  Jahre  als  Landea-Schnlimqiector  nnd  dann  mehrere  Jahre  als  Be- 
ferent  für  die  Mittdachulen  im  hohen  Miniaterium  rOhmlichat  gewirkt  hat 
Die  Anregung  gieng  vom  Vereine  ,Rea]achttle*  ana.  Als  aher  di^r  seinen 
Obmann  verlor,  mnaste  ich  als  Obmannstellvertreter  unseres  Vereines  die 
allerersten  Vorbereitungen  treffen;  doch  erhielt  sogleich  in  der  ersten 
Comit«^sit7ung  ^ellwtverstandüch  der  Natur  der  Sache  «^emäß  wieder  die 
Führung  der  Verein  ,lu;aibi  liul#'.  In  dem  enj^'eren  Cuiiuie  belinden  «ich 
aus  unserem  Auseehusse  die  Proti.  Schlegl,  Ivoppensteiner  und  .Ma  i  eseh. 

nEine  vierte  Ehrung  mnsa  von  dem  neuen  Auaschusae  ins  Auge  ge< 
faast  werden.  Ein  Mitglied  unseres  Vereines  iat  nämlich  k.  k.  Qeheimrath 
geworden.  Es  iat  diea  das  hOchatgestellte  Mitglied  nnaerea  Vereines,  der 
herforragende  Gelehrte  und  hochverehrte  Lehrer  sehr  vieler  Mitglieder 
nnaerea  Vereines  während  ihrer  Universitälsstudien ,  der  nm  das  Gedeihen 
des  ö^^terreichischtMi  M ittel>rhul\ves(«ij8  hochverdiente  Section-<i;hef  Th  .  Wi  1- 
heim  Kitter  v.  Härtel.  Der  neue  Ausschiiw  wird  <,'puiss  im  Sinne  aller 
\'ereiuaiuiilglieder  handeln,  wenn  er  durch  eine  Deputittiou  m  ehilurcht-s- 
vüi ister  VVeiiG  die  herzlich.sten  Glückwünsche  des  Vereines  Sr.  Excellenz 
dem  Herrn  Sectionschef  aussprechen  Itat.  (Aliseitiger  fiei&ll.) 

„Bin  herrorragendes  Mitglied,  Herrn  Hofirath  Lang  hat  uns  der  Tod 
entrissen.  Unserer  tiefen  Trauer  Ober  diesen  schweren  Verlust  wurde  in 
der  Versammlung  am  9.  Januar  der  entsprechende  Auadruck  gelieben. 


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46 


Vereinsnachrichten. 


,  Ferner  habe  ich  xnitxntlieüen ,  dan  Herr  Landes-Schulinspector 
Dr  Job.  Hoemer  wegen  Xnderung  seiner  amtliclien  Stellung  sich  ge- 
jEwungen  ttili,  seine  Stelle  als  Obmann  der  Arch&alogisclien  Commission 

niederzulepren.  Den  gebärenden  Dank  für  seine  verdienstToUe  Leitung  hat 
die  Archiiologische  Commission  bereits  abgestattet;  ich  spreche  im  Sinne 
aller,  wenn  ich  beantrage,  dass  wir  uns  diesem  Danke  vollinhaltlich  an- 

schliel'en. 

„Höch^it  angenehm  wird  es  «ieherlich  alle  berühren,  wenn  ich  melde, 
dass  das  bochlöbliche  Dccanat  der  philosophischen  Faculiät  uns  auch  für 
das  heurige  Yereinsjahr  die  nnentgeltlicbe  Boifltining  dieses  Saales  in 
gnädigster  W^se  bewilligt  hat  Ich  erlaube  mir  auch  Ton  dieser  Stelle 
ans  im  Namen  des  nicht  reichen  Vereines  Ar  diese  Gfite  ehrerbietigst  den 
wärmsten  Dank  auszusprechen. 

.Für  die  würdige  Ausstattung  d»'r  einzelnen  Ht^fte  unserer  Zeitschrift 
verdient  d<»r  Herr  Wcleq-er  Alfred  v.  Höider  den  besten  Dank. 

„Zum  8chliis<e  lialn'  irh  noch  den  Mitarbeitern  an  unserer  Zeit- 
schrift,  insbesondere  den  k  a  r  t  e  1 1  i  e  r  t  e  n  Ve  r  e  i  n  e n  für  ihre  opferwi llige 
Unterstützung  unseren  herzlichsten  Dank  zum  Ansdracke  sa  bringen. 

»Ich  schließe  mdnen  Rechenschaflsbericht." 

Bevor  ich  zum  sweiten  Program mpnnkte  übergehe«  habe  ich  noch 

über  einige  eingelaufene  Schriftstücke  Mittheilung  zu  machen: 

1.  Die  Sonderanastellungscommission  «Jugendhalle"  hat  den  Verein  ein- 
geladen,  fin  oder  mehrere  Exemplare  der  Zeitschrift  üls  Ausstellun^rf- 
ohjpct  für  ili»^  niiebstjähri'jc  Jui>i ;äum!iaMsstolhiTi^  anzumelden.  —  ^'.u:h 
erlblgter  Uenebmigiiag  von  Seite  des  Ausschusses  bat  die  Anmeldung 
bereits  stattgefunden. 

2.  Die  „Bnhowinw  Ifittelschule"  bdet  den  Verein  ein,  fiber  die  Anf- 
nahmsprOfhngen  in  die  höheren  Classen  der  Mittelschulen  Berathungen 
zu  pfl^n  und  das  Ergebnis  bis  Ende  Januar  1898  einsusenden. 

8.  Zahnanct  Dr.  SchmöU  (Stock  im  Eisen-Platz  Nr.  3)  gew&hrt  Honorar^ 
ermäßigung  fi\r  Vereinsmitglieder  und  deren  Familien. 

4.  C  o  n  s  t  i  n  o  R  e  y  e  r  hat  wieder  eine  Zuschrift  fiber  die  Reform  des  Sprach- 
studiums eingesandt 

5.  Die  Direction  des  Tin»  ri:  irtens  bat  dem  Vereine  12  Eintriltäkarten 
zu  hiilbem  l'reise  geschickt.  * 

6.  Die  Centralleitung  des  pädagogischen  Yoreines  in  Lemberg  wünscht  den 
Austausch  der  Yereinszeitschriften.  (Genehmigt.) 

7.  Der  bayrische  Gymnasiallehrerverein  wünscht  dasselbe.  (Kaan  nach 
ö.sterroichischen  Gesetzen  nicht  genehmigt  werden.) 

8.  .Als  neue  Mitglieder  melde  ich  an  die  Herren  Dr.  Philipp  Broch, 
Siipp]pnt  am  k.  k.  Gymna-'iiim  im  III.  Rozirke,  Dr.  Robert  Krtiur. 
»Supplent  am  G3'mnnfinin  im  XIII.  Bezirke,  Dr.  Gu<'tnv  S jM  ni.'l''r. 
Professor  am  2.  k.  k.  Gyninasiura  im  11.  Bezirke,  imd  Dr.  Eduard 
Marti nak,  Professor  am  k.  k.  Gymnasium  in  Gnu. 

II. 

Es  erstattet  uuu  der  Ca-sier  Prof.  Guido  v.  Alth  folgenden  Rechen- 
scbaftsbericht: 


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Yereinanachrichten.  49 
Casae-Aasweis  fOr  das  VereimiJahP  1896/97, 

I.  Einnahmen: 

1.  Caasereut  aus  dtiu  Vorjahre   52  fl.  88  kr. 

2.  Spweinlaga  bei  der  allgerodneii  tteterreichiacben  Sparcarae  669  »  47  ^ 
i).  Spareinlage  beim  altgemeineii  Oaterreicbuchen  Beamten« 

vereine   15  ,  87  « 

4.  Zinsen  der  Spareinlagen   86  n  85  „ 

5.  f)  Mitgliedsbeiträge  für  1895;9r,  a  2  fl   10  „  —  » 

«1  :'>n(;  MitjjHpilsl.eitrage  für  l^^itÖ,97  ä  2  fl   612  .  —  » 

7.  Beitrage  der  Mittol^chnlvereine  Priuj;.  f.inz  und  C'/.eriiowiU 

zu  den  Hedactionskosteu  der  Zeit^chrilt  aSfl   9„  —  „ 

8.  Commi$»ioDtigebür  von  Hölders  Verhig   1„  —  , 

Sumuie  .  I3iyii  Ü.  47  kr. 

II.  Ausgaben: 

1.  Saalmiete  und  Bediennng    .    34  A.  32  kr. 

2.  Fflr  die  Zeitachrift  „Mittelachate"  an  HOldeia  Verlag  .  .  480  ,  —  „ 

3.  Diveree  Draekkceten   81  ,  09  , 

4.  Verwaltung«»  und  Redactionakoaten                          .  108  ,  71  ^ 

Summe.  «38  6. 18 kr. 

Somit  verbleibt  ein  Camereit  TOn   747  fl.  3Öjrr. 

Derselbe  besteht  aus: 

1.  Spareinlnt^e  bei  dr-r  alif^pmeineTi  ö=5tprreiehi9rh»»n  Sparcasse  684  fl.  09  kr. 

2.  Spareinlage  bei  dem  aligeoieinen  öaterreicbiscben  Beamten- 

vereine   IB  „  50  „ 

3.  Bar  betrag                                                             .  16  „  7G  ., 

Znaanimen  wie  oben  .  747  fl.  35  kr. 


Außerdem  wurden  dem  Garnier  aU  ÜbersobuaB  aua  der  Sammlung 
fttr  dua  Herrn  Hofratb  Mareacb  flberreicbte  Album  81  fl.  50  kr*  Übergeben, 
Ober  deren  Verwendung  der  Auascbuai  nocb  keinen  Beaeblum  gefaast  bat. 

Mitglicderatand : 
p:nde  1895/96    338  Mitglieder 


Auagetreten  «ind  21  „ 

Anfang  1896  97   317  Mitglieder 

Neu  eingetreten   9 

Ende  1896/97   326  Mitglieder  (20  Beitrüge  au^ä^itüadig). 

Prof.  G.  V.  Alth, 
derzeit  Ca-ssier. 


Eh  wird  ihm  einstimmig  der  bmlicbste  Dank  für  seine  so  eifrige 
Mühewaltung  ausgesprochen. 

U\. 

Zu  Cassereviaoren  werden  die  Prott".  Neumann  und  übermaun 
gewählt. 

IV. 

Zum  Obmanne  der  Archäologischen  Oommiaaion  wird  einstimmig  Herr 
Landes^Scbnlinapector  Dr.  Aug.  Scheindler  gewäblt. 

Deui  scheidenden  Obmanne  dieser  Comraission  Herrn  Landee-Schul- 
inspector  Dr.  Joh.  Huemer,  der  wegen  Änderung  seiner  amtlichen  Stet" 

„Oaterr.  Uittelscbulc".  XU.  Jahrg.  4 


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50 


Vereinsiiacbrichten. 


lang  rieh  gezwungen  sab,  di€ie  Stelle  niedermlegen,  q>riclit  der  Tonitzende 
fttr  8^ne  ßo  eifrige,  so  bewährte  und  die  edlen  Ziele  der  Corauns.>^ion 
Oberaus  fördernde  Tfa&tigkeit  den  wärmsten  Dank  ao».  (Lauter,  aU«eitiger 
BeifaU.) 

V. 

Der  Vorsitzende  meldet,  dass  der  bisherige  Obmann  Prof.  Feodor 
Hoppe  seine  Stelle  schon  im  October  niedergelegt  habe  und  aus  Rück- 
rielit  auf  seine  noeh  niclit  hergestellte  Gesundheit  eine  Wiederwahl  nicht 
annehmen  k4$nne. 

Es  folgt  nun  die  Wahl  des  Au^husses. 

Zum  Obmannp  wird  gewählt  Prof.  Peter  Maresch,  zu  Aus-ichnss» 
mitgliedern  die  Herron  Prof.  Guido  v.  Alth,  Prof.  Josrf  A  schauer, 
Prof.  Dr.  Anton  Frank,  l'rof.  l>r.  Josef  Kohm.  Supiilent  Ür.  Gustav 
Kruittichek,  Dir.  Dr.  I.sidor  Kukutsch,  Prof.  Arthur  Lankiuayr. 
Prof.  Dr.  Julius  Schönach,  Prof,  Dr.  Andreas  Washieti  und  Prof. 
Dr.  Karl  Wotke. 

VI. 

Während  des  Scratininms  hftlt  Herr  Dir.  Looa  seinen  angekflndigten 

Vortrag: 

„Die  P&dagogik  auf  dem  Phllologencongresse  in  Dresden**. 

Der  Vortragende  scliUePt  mit  lautem,  allseitigem  Beifalle. 

Der  Vorsit'/endo  Jaukt  iiim  aufs  hfr/^Hchsle  für  seinen  ttberan.'s  an- 
regenden und  le.ssehuleu  Vortrag.  Ein  Bericht  über  Uenseiben  wird  in  dem 
nächsten  Helte  der  »Mittelschule"  erscheinen. 

B,  Sitzungsberiohte  des  Vereines  „Deutsche  Mittelsohule" 

in  Prag. 

(Mitgetheilt  vom  Schriftführer  Prof.  F.  Demi.) 

Zehnte  Yereinsrersammlniig« 

(13.  October  1697.) 

Die  Versammlang  eröffnete  der  Obmannstell  Vertreter  Prof.  U.  Strach 
mit  ein«  BegrQßnng  der  sahireich  erschienenen  Mitglieder  und  verlas 

hierauf  ein  Abschiedaschreibon  des  Obmannes  Prof.  G.  Spengler,  der 
infolge  seiner  Ernennung  nach  Wien  aus  dem  Vereine  scheidet,  worauf 
fli.^  Versammlung  über  Antrag  dos  Vor.sitzf>nden  beschloss,  ilnn  den  Pank 
für  8oin  prfo!prf»icb»>.M  Wirken  sclirif'tlii  Ii  /inu  Ausdrufko  zn  lu-in<,'en.  Hier- 
auf übermittelte  Prof,  Strach  dem  Vereine  den  Dank  tie-i  lleirn  Sections- 
chefs  Dr.  W.  Kitter  von  Härtel  tür  die  ihm  seitens  des  Vereines  anlässlich 
der  Verleihung  des  Ordens  der  eisernen  Krone  II.  Qasse  dargebrachten 
OlüokwUnsehe.  Sodann  widmete  er  dem  dahingeschiedenen  Vereinsmitgliede 
Prof.  A.  Wach  einen  Nachrnf.  Als  neae  Hitglieder  worden  die  Proff> 
Kohm,  Kuhn,  Dr.  Lcdorer  und  Urban  angemeldet.  Darauf  ergriff 

Prof.  Strach  daa  Wort  zn  sflnem  Vortniüre: 

,, Kreuz-  und  Querzüge  durch  Sicilien". 

Kr  bemerkte  '/UMi!(  h«t,  dass  infolge  d<'s  <;re'iliist  }i-tiirkischon  Krif»ges. 
welcher  lange  Zeit  die  Keise  nach  üriecheniand  unmöglich  erscheinen 


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Vereinmachricfateii. 


51 


ließ  und  schließlicb  dieselbe  erst  in  der  zweiten  Junihälfte  ermöglichte, 
die  die^jührigen  Stipendinten  Ruf  dieiwr  Innel,  deren  Berach  die  „Instruc- 
tionen (Qr  die  Studienreisen  von  Lehrpersonen  an  Utttelscbulen  nach 
Italien  und  Griechenland"  dem  freien  Belieben  (tber1a<!äen ,  längere  Zeit« 

vom  n.  bis  2H.  Mai.  verweilten.  Dann  Bebilderte  er  die  Abfahrt  von 
Neapel,  wo  si(  h  d\e  Kfisenden  auf  dem  itiilienischr-n  Dampfpr  „Galileo 
Galilei"  -.1111  Abende  il-'s  4.  Mni  Hnscbittten.  um  nach  Sicilicns  llauptf^tadt, 
nach  Palermo  zn  «ro laii^^t^n.  „fuhrworko  nllcr  Art,"  sagte  er,  „brachten 
die  Keisenden  an  Uord;  jetzt  kamen  in  zwei  Zollenwagen  gegen  15  Ver- 
brecher, mit  Ketten  uneinttudergeschlossMi,  in  Begleitung  von  Cambinieri, 
^er  Krabn  schaffte  die  Lasten  in  den  Scbiffiranmp  Verk&nfer  ließen  ihre 
kreischenden  Stimmen  ertönen,  die  in  Nwpel  alles  flbertreffen,  was  Italien 
in  dieser  Betiehnng  leistet.  So  war  unvermerkt  die  achte  Abendstunde 
herangeltonunen,  das  letste  Dampfsignal  ertönte.  rn«sp!iid  wurde  der  Anker 
am  der  Tiefe  nmporgewunden .  und  lanpf«»ani  «ft/,to  sich  «las  Schiff  in  Bo- 
•wegiing.  Einen  herrlichen  Aiiltlick  bot  nun  dm  weiter  und  weiter  zurück- 
tretende Land.  Links  ergliinaten  die  Lichter  von  Neapel,  unter  denen 
namentlich  eine  schier  endlose  Lampenreihe  längs  des  Stnmdes  hervortrat, 
recht«  wnrde  um  den  Oipfel  des  Vesuvs  settweilig  ein  leiser  rother  Schein 
eichtbar." 

Redner  schilderte  dann  die  Seefohrt  und  die  Landung  in  Palermo, 

wo  man  am  nächsten  Morgen  ankam.  „Man  erMickte  schon  die  grauen, 
nur  mit  wenig  Grün  bedeckten  Felsen  der  sicili^chen  Küste,  unter  denen 
namentlich  die  charnkteri^tischen  Formen  des  n/^rdlich  rnn  Palermo  ntif- 
«teigemlcn  Monte  i'eiiegrino  hervortraten,  .letzt  sjali  m,\u  auch  schon 
Hafen  und  Ötadt.  Eine  Menge  von  Barken  näherten  sich  unserem  SchiH'e. 
um  die  Reisenden  mia  Ufer  zu  bringen,  tbeilweise  auch  mit  Angehörigen 
der  Ankommenden  gefallt.  Mit  sttdlicher  Lebhaftigkeit  fanden  nun  Be- 
grQßnngascenen  statt,  ohne  die  SoheUt  Gefühle  an  den  Tag  so  legen,  wie 
wir  sie  namentlich  hei  unserem  Landvolke  finden.  Kinder  worden  dem 
ankommenden  Vater  von  der  Barke  auA  entgegengestreckt,  ein  Soldat,  der 
vielleicht  von  Afrikas  gefährlichem  Boden  glücklich  zu  den  deinen  zurück- 
kehrte, durch  die  nmnrmnn<ren  derselben  fast  erdrückt.  Anrh  lii»«  Verbrecher- 
jjcsellschaft  wurde  in  ein  Iioot  hineinfjctiibrt,  von  den  < 'aia'iiiiieri  unter- 
«tützt,  denn  sie  waren  aueli  jetzt  aneinandergckoppelt  und  niussten  theil- 
weise  mit  den  gefesselten  Händen,  tbeilweise  mit  Hilfe  der  Z&bne  ihre 
Habseligkeiten  triigen.  Doch  seigten  sie  dabei  guten  Humor,  und  wie 
einem  von  ihnen  der  Hut  im  Gedränge  herabfiel,  setite  ihm  ein  Genosse 
lachend  denselben  wieder  auf.  Ks  kam  mir  vor,  als  ob  die  umgebende 
Menge  diesen  von  der  menschlichen  Gesellschaft  Abgetrennten  gegenüber 
keine  Spur  von  Sche\i  orler  Abscheu  zeigte.  Auch  wir  betraten  mm,  von 
einer  Barke  ans  Land  gesetzt,  den  Boden  Palermos,  fies  a]t>  n  l'anormoH, 
de<<  .Ganzhafens',  um  hier  vom  5.  bis  /uin  H.  Mai,  an  welchem  TiiL'''  wir 
einen  tüntiiigigen  Austlug  nach  Trapani,  Marsala,  Castelvetrano-^elinirnt 
und  €lalatafiroi*S<^sta  unternahmen,  dann  vom  13.  bis  sum  15.  Mai  su 
verweilen.  Schon  die  Fahrt  ins  Hotel  ließ  uns  die  Sauberkeit  und  Nettig« 
keit  dieser  Stadt  bewundern,  dc^pelt  ffir  uns  aulfallend,  da  wir-  zuvor 
das  schmutzige  K.ai»»!  noch  dazu  an  einem  Re«.^ontage  gesehen  li.itten. 
Wie  hat  sich  da  das  Verhältnis  swiscben  beiden  Stödten  seit  Goethes  Zeiten 

4» 

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52 


YereiuHnucbrichteo. 


Terftndert!  Diefler  baite  anf  de»  StraOen  Palermo«  aoml  Unrath  getroffen, 
dam  Jeder  Windstoß  einen  nnendlidien  erraglen  Sfainb  in  alle  Baden  und 
Fenster  aogleieh  Tertheilte'.  Kr  hatte  einem  Palemiitaner  gesagt:  ,In 
ypapel  trngen  geschäftige  Esel  jeden  l'ag  das  Kehricht  nach  Gürten  und 

Fehlern:  solltp  denn  bei  euch  nirht  irofond  oino  ähnliche  Kinrichtung  ent- 
stehen oder  getroütm  werden  V  Gegenwärtig  könnte  man  den  Neapolitanern 
Tulernio  als  Muster  hinstellen." 

Bevor  nun  der  Hedner  daran  gieng,  die  wichtigsten  Bauten  und 
sonstige  Denkwürdigkeiten  Palennos  an  besprechen,  schickte  er,  auch  um 
den  eigentfailnilicben  Mtschcharakter  der  Bauwerke  m  erklftren,  die  wich* 
tigtfcen  Daten  der  Stadtgeschiehte  vorant,  eingeflochten  in  einen  kurzen 
Abriaa  der  Schicksale  Siciliens.  Er  erwähnte  die  8ikaner  im  Westen,  die 
{^ikelcr  im  0>^ton  der  Insel,  die  Niedprla-'''««ngpn  dt-r  rhüuicier  (und  der 
Elymer) .  zu  welchen  auch  Faleru  o  i,'ehürt.  die  Ein\vand''run>,'  und  Aus- 
breitung der  (5 riechen,  die  Kämpfe  zwi>chen  diesen  und  den  von  (h_Mi 
Phöniciern  zubiife  gerufenen  Karthagern,  den  Streit  dieser  mit  den  Römern 
nm  Sicili«it  Berits,  wobei  anch  Panormos  von  den  Römern  erobert  und 
auch  behauptet  wurde«  obwohl  Aimtlkar  Berkas  drei  Jahre  anf  dem  Monte 
Peltegrino,  der  damals  Heirkte  hieß,  lagerte,  nm  die  Stadt  wiederzu- 
gewinnen. Dann  wurden  der  Verfall  Siciliens  unier  römischer  Herrschaft 
gestreift  und  die  Schicksale  der  Insel  im  Mittelalter  kura  vorgeführt,  vor 
nlli"m  di»'  lI'Trscliaft  der  Araber,  die  Palermo  zur  Hauptstadt  erhoben 
und  der  Insel  zu  bedeut<'ndeui  Wohlstände  verbaifen.  da«s  denn  auch 
i\et\  Orundton  der  mittelalterlichen  Kunst,  in  Sirilien.  vor  allem  in  Palermo, 
das  arabische  Element  bildet,  umsomebr,  uls  auch  die  Überwinder  der 
Araber,  die  Normannen,  die  Kunst  und  Cultnr  der  Besiegten  in  ihren 
Dienst  stellten;  dann  wurde  die  Herrschaft  der  Hohenstaufen  berQhrt,  vor 
allem  Friedrichs  des  Zweiten  Verdienste  nm  Sicilien  gewQrdigt,  die  Herr- 
schaft Karls  von  Anjou,  die  sicifianische  Vesper,  sowie  die  weiteren  Schick- 
aale  der  Insel  bis  in  die  Gegenwart  gestreift. 

Diese  so  wechselreiche  (^e^chichte  Siciliens  ziehe  an  den  Au'^en  vorüber, 
w.  nn  man  die  lUlume  des  in  einem  ehemaligen  Kloster  unterf,'ebrachten 
MuäkfO  Nazionale  durchwandre;  denn  die>e«  enthalte  von  vorgejäcbicht liehen 
Funden  an  Erinnerungen  un  alle  die  genannten  Epochen  bis  in  die 
neuere  Zeit 

Bei  der  Besprechung  hervormgender  Objecto  des  Muieon»  verweilte 
der  Bedner  besonders  bei  den  lietopen  von  Selinnnt,  die,  verrchiedenen 

Tempeln  nnd  Zeiten  nngehörig  und  in  einem  Räume,  der  sala  delle  Metope, 

vereint  ,  die  seltene  Gelegenheit  bieten,  die  Entwicklung  dieses  Kunst- 
zweiges in  ari  liai«ch<^r  Zeit  auf  dem  Boden  von  selinnnt  durch  unmittelbare 
Vergleu  hun;,'  zu  vf  i toli^en.  niese  Entwicklung  zeigte  nun  der  Redner 
an  der  Hand  der  latein  in  Otto  Benndorfs  „Metopen  von  Seünunt"  vor, 
wies  aber  auch  auf  die  Verschiedenheit  der  demselben  Tempel  angehörigen 
Metopen  hin. 

Ebenso  fand  eine  besondere  Berflckrichtigung  der  schöne  Satyr  von 

Torrc  del  Greco,  bei  dessen  Betrachtung  sich  sofort  der  Gedanke  aufdränge, 
dass  dies  der  ins  Knabenhafte  Übertragene  Hermes  des  Praxiteles  sei. 

Hierauf  schilderte  Redner  an  der  fland  zahlreicher  Abbildungen  die 
hervorragendsten  Gebäude  der  Stadt,  wobei  er  mit  dem  L*alas20  Reale  den 


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Vereio«nachi-icbten. 


53 


An&iijf  ttiaehte.  jenem  Schloese,  dais  nnf  den  Deateclien  eine  »o  niftcfatiigc 
AnxiehangsVnift  aneflbe,  weil  hier»  vte  Oregorovius  in  den  „Wanderjahren 
in  Italien",  III.  Band,  pag.  129,  Mgi,  ^eimi  ein  großer  deutscher  Kaiser  «eine 

liederreiche  Jagend  verlebte",  während  der  Ituliener  es  „mit  Recht  nU 
die  Wiege  seiner  nationalen  Poesie  betrachte",  da  sich  an  l  riedrichs  dea 
Zweiten  Hole  die  itaIioni»cho  ?|M-achp  znr  Schriftsprache  aiisi  n'l«'tc. 

Nachdem  Redner  auf  ilen  NtisohcliHnikter  dieses  Baii»\<  tjüitiewiescn. 
schilderte  er  besonderd  die  Capeliu  l'alatiua,  „die  schönste  Schlotiükapeile 
der  Welt",  mit  ihrem  SloaaikBchroucke,  der  auf  Goldgrand  Scenen  aus  dem 
alten  Testamente,  ans  dem  Leben  Cbriati,  eowie  d^r  Apostel  Petroa  ond 
Pantus  sur  Duralellang  bringt;  dann  erwähnte  er  die  anderen  Bäume  des 
Schlosses. 

Hierauf  wurde  die  eigenartigste  Kirche  Palermos,  S.  Qiovanni  d^li 
Fremiti.  l)t:'>'chripb''n ,  fernor  der  Dom  mit  don  Kruii'crifrrJiherij^  worunter 
^ich  ilor  Sarkophag'  Krictlrich-f  <l(>>i  Zwoitt^n  lü-fiinlet,  dann  das  von  Wil- 
helm 1.  erbaute  IiUäit.'«.lil(><s  ,1a  Zisa".  Als  .Merkwürdisfkeit^  wurden  sodann 
die  unterirdischen  Gänge  des  Convento  de"  Cappuccuii  beschrieben,  wo 
die  anegetrockneten  Leichen  wohlhabender  Palermitaner  aufbewahrt  werden, 
welche  Bestattungsiirt  von  der  italienischen  Regierung  ent  vor  16  Jahren 
▼erboten  wurde.  «Die  Leichen  ttnd  theilweise  an  den  Wänden  aufgestellt, 
mit  schwarzen,  grauen  oder  braanen  Kutten  bekleidet,  manche  eine  Kapuze 
fiber  den  nackten  Schädel  mit  dem  offenen  Munde  gezogen;  ein  jeder 
trägt  in  den  Händen  oder  an  der  Brm\  nngehpftpt  oinon  Zottcd.  auf 
welchem  Name  und  Todt».«tag  verzeichnet  sind.  Aof  einem  oder  dem  andern 
Zettel  ist  auch  die  Plioto^raphie  des  Lebenden  angebracht,  aU  »olUe  »o 
recht  der  Gegensatz  von  einst  und  jetzt  zum  Ausdrucke  kommen.  Theil- 
weise liegen  die  Skelette  in  meist  offenen  Nischen,  die  fibereinander  an 
'  den  Wänden  angebracht  sind,  theil weise  in  Kisten,  die  am  Bo<1en  stehen, 
bald  geschlosien,  bald  durch  Glaswände  den  Inhalt  seigend.  Der  wort- 
karge alte  Kapuziner,  der  uns  führte,  gab  anf  die  Frage,  in  welcher  Weise 
die  Leichen  in  diesen  ausgetrockneten  Zustand  gebracht  worden  seien,  nur 
an,  das«?  sie  e'ii  Jahr  Inns:  in  einer  Kammer  nnfliewahrt  wurden,  ehe  man 
sie  hier  a\it>itellte;  von  der  l'rocedur.  die  man  daliei  anwendete,  sagte  er 
nicht».  Doch  vermuthe  ich,  da><s  es  damit  ein  äiinliches  Bewandtnis  hatte 
wie  in  Neapel,  wo  man  noch  jetzt  theilweise  die  Leichen  zuentt  sur  ersten 
Bestattung  in  einen  Unterraum  bringt;  der  Tuff  des  Bodens  verhindert 
die  Verwesung  und  trocknet  nach  ungefähr  18  Monaten  die  Leiche  völlig 
aus,  worauf  man  »ie  erst  ober  der  £^de  dauernd  beisetzt,  allerdings  nicht, 
wie  man  es  in  Palermo  that,  offen,  sondern  in  den  Oberräumen  der  Be- 
gräbniskapcllen  oder  in  geschlossenen  Nie  lun." 

Hierauf  schilderte  drr  Vortran-ende  eiiu  n  nach  dem  schönen,  süd- 
westlich von  Palermo  gelegenen  Monreale.  dem  „K^nii^'n berge",  untei- 
nommenen  Ausflug.  „Die  Tramwaj  führte  uns  den  -kkut  hingen  Weg  ItU 
au  dem  Punkte,  wo  die  Steigung  auf  die  Höhe  von  Monreale  beginnt, 
welche  ungefähr  Stunden  in  Anspruch  nimmt.  Doch  läsat  der  herrliche 
Weg  leicht  die  ünannehmlichkeiten  des  Steigens  unter  der  heißen  Sonne 
Siciliens  vergessen.  Zu  beiden  Seiten  sieht  man  nichts  als  Limoniengärten 
mit  ihren  swischen  dem  glänzenden  Laube  hervo:  schimmernden  gelben 
Frachten,  ein  Anblick,  der  stellenweise  noch  belebt  wird  durch  die  berr- 


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54 


Vereiuaaacbricbten. 


liebe  glühendrothe  Blüte  des  Granatapfel«;  dasu  kommen  die  hohen,  stach* 
Ilgen  Aloen  und  oben  auf  den  AnhOlten  eine  Menge  ?on  Cactu.sp Hunzen. 
So  gelangt  umn  zu  der  Stadt,  die  sich  mit  der  Zeit  um  die  von  Wilhehu  IL 
1174  gegri\n»ii'ti'  Bonodictinotabtei  und  die  von  ihm  in  den  Jahren 
H74  — 1189  erbaute  Katlir-drale  <,'ebi[dft  hat  und  prenfenwiirtit»  ]<)' 'I  tuispnd 
Einwüiiner  zählt.  Die  Wilnde  der  Kirelie,  weicht«  Papst  Liuius  III.  in 
seiner  Bulle,  in  welcher  er  Alonreale  zum  Erzbiätbuute  erhobt,  mit  Hecht 
einen  «bewandernngswQrdigeD  Tempel*  nennt,  sind  wie  die  der  Capeila» 
Palatina  mit  Uosaiken  bedeckt,  gleicher  Art  nnd  gleichen  Inhalts  wie 
jene,  nnr  daas  sie  entsprechend  der  QrOße  der  Kirche  umfiingreicber  und 
überhaupt  die  umfangreich^tcu  Siciliena  .^ind 

Redner  schilderte  dann  die  herrliche  Aussicht  vom  Dache  dor  Kuthe- 
(Iralp,  zu  welchem  man  auf  17i  Stufen  emporklimmt,  und  den  b(  riihniti^n 
Kreu^giing  des  ehemaligen  Benedictinerklosters,  ein  «kroßes,  von  einer 
Arcade  umgebenes  Viereck;  „216  schiauke,  kleine  tJäuleu,  großentheiU 
mosaiciert,  mit  geraden  und  gewundeneu  Canneluien,  mit  Hauten-  und 
Zicksaokmustem  geziert,  tragen  paarweise  die  Spitsbogen.  Noch  größere 
MannigfitlUgkeit  als  die  Schäfte  «eigen  die  (Spitäler  der  Sftulen,  die,  s&mmt- 
Hch  verschieden  gebildet,  bald  nur  aus  Blfttterwerk  bestehen,  bald  aber 
auch  Thier-  und  Menschengestalten,  zuweilen  ganze  Scenen  aus  dem  alten 
und  neuen  Testamente,  aiier  auch  Weltliches,  wie  Reiterkämpfe,  aufweisen," 

Nachdem  der  Vortragende  noch  einen  .\nfst:ej^  auf  den  Monte  PellefTrino 
zu  der  auch  von  Goethe  be-sm  htfii  uml  -^t  Hciiibici  ten  ü rotte  der  heiliKeu 
Roaalia  beschrieben  hatte,  brach  er  der  vorgerückten  Zeit  wegen  seinen 
Vortrag  ab.  die  FiMieetrang  auf  eine  der  nächsten  Sitzungen  verschiebend. 

Lebhafter  Beififtll  wnrde  dem  Vortragenden  fQr  seine  ttberaos  fesseln- 
den Ausfahrungtm  zntheil. 

0  eil  eralTersaminl  nng. 

[•II-  October  1897.) 

Nachdem  der  Obmainintellvertreter  Prof.  il.  St  räch  die  za  Iii  reich 
erächieneneu  VereinsmitgheUer  begrüüt  haile,  ertlieilte  er  dem  bchrift- 
iübrer  Prof.  F.  Demi  das  Wort,  der  iolgenden 

Beehensehaftsberieht  OtNir  das  Verelnajahr  1896/97 
erstattete: 

Das  abgelaufene  Verein^ahr  kann  uls  ein  recht  erfolgreiches  bezeichnet 
werden. 

N.M  hdetn  in  der  am  28.  October  1?^9(>  abgehaltenen  Gener<«lrer-ainiu]nng 
zum  ')l>i!iauue  Trof.  «Justav  Spruurler.  zu  Ausschussmitgiiedern  dii* 
Frort'.  l'\  Demi,  J.  llöuig,  Edm.  Lülller,  J.  Seifert,  M.  Strach  neu 
gewählt  worden  waren,  wahrend  die  Profi".  Dr.  J.  LJittner,  F.  Bardachzi 
und  J.  Quaißer  im  Ansschtisse  verblieben,  oonstituierte  sich  der  Ausschnss 
des  Vereines  in  folgender  Weise:  ObmannatellTertreter  Prof.  H.  Strach, 
erster  und  aweiter  Sehriftf&hfer  Proff.  Demi  und  fiönig,  Gissier 
Prof.  .1.  Quaißer,  Aui^chussmitglieder  Proff.  Bardachzi,  Dr.  J.  Bittner, 
Kdm.  Löffler.  Zu  Uevisoien  wurden  die  Protl".  G  uckler  und  J.  Kirsch- 
ner gewühlt,  zumMitgliede  der  Archäologischen  ComroissioQ  Prof.  A.  Th. 
Chrixt. 


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Veveiosnachricbteu. 


55 


Die  Zahl  der  periodischen  Yeniimiiiliiiigen  betrug  heoer  sehn.  Vor- 
trftge  worden  gehalten  von  Prof  E.  MQller,  üntv.  Prof.  Dr.  A.  8  oh  nix, 

Prof.  A.  Michalitschke  (zweimal),  Regierungsratb  Dr.  L.  Chevalier, 
Prof.  G.  Spengler  (zweinud),  Prof.  Dr.  J.  Simon,  Prof.  M.  Strach. 

Die  remito  VemTi^verwimmhinj»  wurde  in  dem  Vrreinslotale  den 
_l>out!«cV)cn  Vereines  für  Alterth\nnskimde"  abgehalten,  in  weicher  Dr.  Le- 
deror  aus  Radautz  einen  Vortra;,'  über  Olympia  hielt. 

An  den  am  12.,  Ii.  und  14.  April  1897  in  Wien  abgehaltenen  Ver- 
ttmmlungen  des  71.  Blittetoehnltages  betheüigteii  neh  dnige  Vertreter 
des  Yerrines,  danmter  der  Obmann  des  T^ines  selbst.  Üb»  den  Verlauf 
desselben,  der  besonders  einige  wichtige  Standesfragen  znm  Gegenstände 
aeint-r  Erortenint?  macht«'  und  i-in»  n  recht  firiBChen  C5barakter  zeigte,  ist 
in  dem  III.  und  IV.  Hefte  de«  gemcim«amen  Organea  berichtet,  so  dass 
hier  nur  enlbrigt.  den  dort  im n irreleiteten  wichtigen  Arbeiten  einen  gaten 
fc'ortgang  und  Krfolg  zu  wünx  tifu 

Der  Ausschuss  hielt  vier  öit/.ungen. 

Eine  Abordnung  des  Vereines  begab  sich  am  10.  November  1896  zn 
dem  Herrn  k.  k.  Landes^hnlinspector  B.  Chr.  Riedl,  am  ihn  zvl  seinem 
30jfthrigen  DiensIgnbilUnm  zu  be^ackwllnschen.  Zweimal  hatte  der  Verein 
Gelegenheit,  Vovtrilge  von  liebensw&rdigen  Gftsten  zn  hflren,  von  Herrn 

Univ.  Prof.  Dr.  A.  Schulz  und  Dr.  Lederer. 

In  der  dritten  periodischen  Ver5?nnimlung  brachte  Herr  l'n>t.  C iiri^^t 
^seinen  schon  im  Vorjahre  gcHtellten  .\n^ra^^  über  die  Einrichtung  der 
Ferialcurse  wieder  vor,  der  a*>er  niiht  »lurchdranf»- 

Ein  Oesuch,  das  der  Verein  an  die  k.  k.  ümversitätsbibliothek  um 
Einrichtung  einea  Zeitschriftenlesesimmera  richtete,  hatte  dank  dem  Er- 
hisse  des  hohen  k.  k.  Ministeriums  fttr  Cnltus  und  Unterricht  vom  22.  Juli 
1897,  Z.  18200,  als  Erledigung  des  dankenswerten  Einschreitens  des  Herrn 
k.  k.  Universitätsbibliothekars  Dr.  Richard  Kukula  den  Erfolg,  dass 
diese  EinfQhning  fltr  das  kommende  Jahr  in  bestimmte  Auasicht  gestellt 
worden  i«t 

I.Huit  r  h.itt«'  der  Verein  auch  den  Verlust  xwt  it  r  sehr  geschützter 
.Mitglieder  zu  ht  kLigen,  des  Horm  Prof.  .T.  Kirschner.  der  die  Steile  eines 
Uevisors  bekleidete,  und  des  Herrn  emeritierten  Prof-  A.  Wach.  Ersterem 
widmete  der  Obmann  in  der  siebenten  VereinsTeraammlung,  letzterem  der 
ObmannstelWertreter  in  der  sehnten  Versammlung  einen  Nachruf. 

In  das  ßir  die  Berathung  der  Dienstpragmatik  eingesetzte  Oomit^ 
wurden  außer  dem  Obmanne  und  in  «lassen  Verhinderung  dem  Obmann- 
stellvertreter noch  die  Herren  Dr.  J.  Bittner,  Edm.  Löffler,  Ferd. 
Demi.  .1.  Qn  Sil  Ger  rn.i]it  ifrt. 

Die  erste  Mabregel,  die  zur  Fünlerung  dieö«  r  iSache  getrolieu  wurde, 
war  die  Au&.>eiidung  von  Exemplaren  des  „Entwurfes  zui-  Dienstpragmatik" 
an  die  einzelnen  Lehranstalten  mit  dem  Eisuchen,  mit  Urtheilen  über 
denselben  nicht  zurfickhalten  zu  wollen. 

Ära  18.  März  1897  wurde  auf  Grand  eines  Aosschussbeschlasses  vom 
24.  Februar  an  Se.  ExcoUenz  den  Herrn  Minister  für  Cultus  und  Unterricht 
eine  Dankesadresse  für  dessen  ßeuiflhungen  in  der  Gehaltsregullerun^'>f;:i'^'e 
beschlossen  und  dieselbe,  kunstvoll  au-sgeführt,  .*^r.  E.xcellen/.  überaiitii  lt. 
;äcbon  am  Id.  Mär^  gelangte  ein  Schreiben  är.  ExceUenz  an  den  Obmunn 


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56 


Vereinsnachrichten. 


des  Vereines,  in  welchem  der  Dank  des  Herrn  MinuteM  in  wohlwollendster 
Weiae  zum  Ansdnicke  kam. 

Am  20.  Milrz  üTjcibniohto  eine  DeputÄtion  de«  Vereines,  bestehond  i\m 
dem  Obiii;inne  und  Ueni  crhten  iSrhriftff'ihrer  F.  Demi,  den  \\'illkomDiy:riil^ 
tle«  Veieines  dem  in  Pnif,'  iinwesenUeu  Herrn  Settlonsclief  Wilhelm  Ritt«n' 
von  Härtel,  imiem  sie  zugleich  in  Erinnerung  an  eine  von  dem  Herrn 
Sectionschef  im  Voijalixe  gemachte  dieebevflgliclie  Zusage  die  Bitte  vor- 
^  brachte,  der  Herr  Sectionschef  mifge  einer  Temammlnng  des  Vereines  bei- 
wohnen. Der  Herr  Sectionschef  bedankte«  den  Verein  seiner  Sympathien 
▼ersichernd,  wegen  seines  kurzen  Auf«  rith  iUps  den  Vorein  nicht  besuchen 
zu  können.  Am  10.  Juli  wurde  anlrusslich  dir  liohen  Auszeichnung,  die 
denj  Herrn  Sectionschef  Wilhelm  I'itter  von  Härtel  durch  die  Ver- 
leihung des  Ordens  der  »  ist'rnen  Krone  II.  ('lasse  zutheil  ward,  ein  Be- 
glück wünschungstclegramm  von  dem  Obmanne  dea  Vereines  entsendet,  für 
welches  der  Herr  Sectionschef  am  18.  Jnli  in  wohlwollendste  Weise  den 
schriftlichen  Dank  abstattete. 

Die  Hitgliedersahl  betrug  su  Ende  des  abgelaufenen  Verein^ahres  170. 

Wieder  unterstStzte  wie  in  den  verflossenen  Jahren  un-ser  Verein  den 
deutschen  Kindergartenverein  in  Karoliiienthal  und  in  Königliche  Wein- 
berge, sowie  den  Verein  zur  Unterstützung  der  Witwen  und  Waisen  der 
Mittel&chulprofessoren  der  österreicbiscb- ungarischen  Monarchie  mit  dem 
Sitjse  in  Prag. 

Gewiss  stimmen  mir  alle  Mitglieder  unseres  Vereines  bei,  weuu  ich 
nun  nocb  den  innigen  Dank  ausspredie  dem  hochlOblichen  k.  k.  Landes- 
schnlrathe  und  dem  Herrn  k.  k.  Begierungsrathe  Dir.  Dr.  Hackspiel 
fQr  die  glitige  überlanung  des  Professorensimmers  im  Altstftdter  Staats- 

gynma.'^iiim  bei  den  Ausschusssitzungen  and  der  Direction  des  „Deutschen 
Ca.sinos"  iWt  die  gastfreundliche  Aufnahme,  sowie  den  Redactionen  der 
^Hoh'Mnia"  und  de.s  „Prager  Tagblatt "  für  die  bereitwillige  Aufiiahme  der 
Vereiunnachrichten 

Einen  groÜen  Erfolg  hat  der  Jugendspielausschuss  zu  verzeichnen. 
Dem  überaus  energischen  und  aufopfernden  Wirken  seines  Obmannes,  des 
Herrn  Prof.  Anton  Michalitschke,  ist  es  namentlich  durch  die  Ver> 
mitflung  des  Herrn  Advocaten  Dr.  Ludwig  Krieg  gelungen,  einen 
schonen  Spielplatz  auf  dem  Übungsfelde  des  „Deutschen  Fnßbaliclubs"  zu 
erwerben.  Wie  dem  Herrn  Prof.  Anton  Michalitschke  und  dem  Ob- 
manne  des  Vereines  der  Dank  und  die  Anerkennung  von  Seite  des  hoch- 
löblichen  k.  k.  Lande.s4?chulrath«'s  für  die  eifrigen  Bemühnnp^en  in  die-ser 
Angelegenheit  zutheil  wurde,  so  ^'tviemt  es  atieh  nns.  doia  llerra  i'rof. 
A.  Michalitschke,  nicht  minder  Heim  Dr.  Ludwig  Krieg  unseren 
aufrichtigsten  Dank  zu  Ziagen,  wohl  aber  auch  dem  „Deutschen  Vereine 
für  städtische  Angelegenheiten"  f&r  die  fr<>nndliche  Unterstützung,  die  er 
in  dieser  Sache  gewährte. 

Die  Wirksamkeit  des  Jugendspielausschu.'ises  dürfte  übrigens  klarer 
werden  au.s  dem  Berichte,  den  Über  die  Thiitigkeit  desselben  Herr  Prof. 
Michalitschke  noch  iui  weiteren  Verlaufe  der  Veraammlung  abzustatten 
die  Güte  haben  wird. 


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V  e  rci  nsnach  r  i  cb  t  en . 


57 


Hieraaf  erstattete  fiber  AufFordernng  des  Vonitsenden  Prof.  J.  Q  n  a  i  ß  e  r 
ab  Gaaner  folgenden 

Beriebt  Qbcr  den  Cassestand  des  Vereines  „Deutsche  Mittelsehule** 
in  Prag  am  Schlüsse  des  Vereinsjahres  1896/97: 

A  C'us^estiind  am  Scblus<!<>       Vpreinj.jahre8  1896,96.  .  .  .221  fl.  ö9  kr. 

Ii.  Einnaimjen :  1.  Mitgliederbeiträge  810  „  —  » 

2.  Zimsen   5  ^  80  ^ 

Zusammen  .  537  fl.  8<»  kr. 

C.  Ausjraben  ^291  ^   ?A  _^ 

D.  Ciwsestand  am  Schlüsse  de»  Schuljahren  1896,97    .  .  .  .  246  fl  08  kr. 

l*ro{.  Jo«.  QuaiÜer, 
derzeit  Cassier. 

Nachdem  Herr  lio^nornnrfsrath  Dir.  Dr.  J.  K.  Hackspifl  unter  all- 
st'itii.:('i- .  durch  Eriiclicu  von  den  bitzrn  Urzri^ter  Zu.**tiniiiiung  der  Vor- 
«aiiiiiielU'U  dem  Ausüchusac  lür  die  Mühewnltung  den  Dank  und  die  An- 
erkennung des  Vereines  ausgesprochen  iiatte,  erhielt  Prof.  A.  M  ichalitschke 
als  Obmann  dea  JugendapielaoBschaaseB  das  Wort,  der  folgenden 
Reehensehaftsberieht  des  Jugendsplelaussehusses  des  Vereines 

„Deutsche  Mittelsehule*'  In  Prag  ober  das  Vereinsjalu*  i896;97 
erstattete: 

D*^r  .Tnfrond«])ielau8Schusii.«i  de«  Vereines  „Deutsche  Mittel- 
st liule"  in  Prag,  in  welchen  von  den  Anfitalten  nm  rechten  Moldau- 
ufVr  dir  das  Schuljahr  1896/97  entseml  -t  wiirtTi  die  Hnäen  l'jutl  :  Hott- 
wald  und  Michalitschke  ((lyninasiuni  Altsladtj,  Wiethe  und  liiba 
(Gymnasium  Nenstiidt,  Graben),  Kotyka  und  Lieblein  (Gymna«iam 
Nenstadt,  Stephan^gasae)»  Nrnschka,  Fischer  und  Kindermann  (Beal* 
schale  Kikolandergasse)«  Seifert  und  Schains  (Realschule  Karolinentbal), 
constituierte  sich  in  der  Jt?it/.uiii,'  am  2.  Dci cinber  1896. 

Da  Prof.  Hru.schka  die  durch  die  Wahl  ihm  zugefallene  Obmann- 
stelle nicht  annahm.  inii«ste  der  zum  nbniann«:tellvertreter  gewählte  Prof. 
Michalit<5rh  ke  als  Obmann  an  die  Spitze  de**  Au.sjschu.s«es  treten. 

Zum  i ) b iJi a IUI stel l  V e rt reter  wurde  Prof  Lieblein  gewäliU,  zum 
Schriftführer  Prof.  Seifert,  der  zugleich  im  Aus.<*chusse  als  Delegierter 
des  Vereines  „Deutsche  Mittelschule*  fungierte,  znm  Cassier  Prof.  Ko- 
tjka  wiedergewählt  Geräthewart  blieb  Prof.  Wiethe. 

Dem  Ausschusse  oblag  nun  xunftchat  die  Aufgabe,  einen  Plats  f&r  die 
Abhaltung  der  Jugeudspiele  zu  beschaffen,  da  der  bi.sher  verwendete  Platz 
auf  der  Kroneninsel  zu  diesem  Zwecke  nicht  mehr  zu  haben  war.  In 
IJetrefi'  der  r.fi«iing  diej«er  AiifL'al>\  in  Prag  für  die  Zöglinge  deutscher 
Anstalten  einen  Platz  überliaupt  uder  gar  einen  wirkü'  h  zweckent-sprecben- 
(len  zu  finden,  durlte  sich  der  Au8Hchus.s  keinen  lllujiionen  hingeben,  und 
die  eisten  JHemühuugen  münzten  ibre.s  Kesultates  wegen  sogai*  befürchten 
lassen,  daas  die  Platxfrnge  einen  regeren  und  dem  Sinne  der  EinfQhrang 
entsprechenden  Betrieb  der  Spiele  unmöglich  machen  werde.  Wenngleich 
dem  Obmanne  auf  seine  Anfrage  in  Aussicht  gestellt  wurde,  dasa  das  k.  und  k. 
Corp.scommando  die  Bitte  nni  Benützung  der  (M-äl>en  vor  den  Bastionen 
XVI  — XVI II  gewähren  werde,  .><o  musste  doch  alles  verflicht  werden, 
einen  möglichst  grolk'n,  staubfreien,  für  den  Luftzutritt  otlenen  und  für 


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58 


Vereinsnocbrichton. 


die  Yenchiedetieii  Arten  dar  Spiele  tauglichen  Plats  m  finden,  der  aber 
zugleich  die  ipielende  Jngwd  nicht  —  mit  Sicherheit  tn  erwartenden  — 
stSrenden  Einflössen  und  Behelligongen  von  anGen  her  ausliefert.  In  zweiter 

Linie  niui^Hie  die  Sorge  darauf  gerichtrt  sein,  die  Aufgabe  ao  zu  lösen,  daas 
der  Au8schu8s  nicht  jedes  Jahr  vor  die  Frage  gestellt  sei,  wo  und  ob  Clbei^ 
haupt  ncch  in  ausgedehnterem  Maße  gespielt  werden  k^nn(\ 

Der  Au»*schuss  nntprbreitete  nun  wieder  Sr.  Exeeilenz  dem  Herrn 
cominandiert^nden  Generai  Feldzeugineiater  Grafen  Grünne  die  Bitte, 
die  Benützung  des  großen  Invalidenhanspiatzes  auch  heuer  geetatten  zu 
wollen,  welche  auch  mit  Zuschrift  vom  28.  Januar  1897  gewährt  wurde. 
Der  Platz  diente  dem  Spielbetriebe  der  Zöglinge  der  Staatsrealschole  in 
Karolinenthal. 

An  die  hochlöbliche  Direction  der  böhmischen  Sparcasse  wurde  die 
Hittt'  gerichtet,  dem  AiiMschuase  auch  im  laufenden  JfUire  die  so  werk- 
thiltige  L'nterstiUzun^r  an^^wleihen  zu  lassen. 

Nach  mancherlei  re-sul tatlosen  Unterh.an«lUinL:en  mit  Be.'»itzern.  Piich- 
tern  und  Veruiitilern  trat  der  Obmann  auf  Anregung  des  löblichen 
«Deutschen  Vereines  fDr  städtische  Angelegenheiten  in  Prag*, 
•  an  den  sich  der  Aust-chuss  mit  der  Bitte  um  werkthfttige  Untersttttsung 
bei  Beschaffung  eines  Spielplatzes  gewendet  hatte,  mit  dem  Vorstande  des 
„Deutschen  Fußballclubs  in  Prag"  in  rnterhandlungen. 

Der  Ausschu^s  unterbreitete  nun  dem  Herrn  Vicepräsidenten 
Hofrath  ZuIium  h  den  l^«nirht  'Mx'r  den  Spielbetrioli  im  Vorjahre  und 
mit  einei  ^^chil•U'rlUig  der  gL<.:»  inv.irt ip  ii  l^age,  tÜe  der  Mangel  an  (leld- 
mitteln  umso  schwieriger  gOHtultete,  die  ergebenste  Bitte  un»  weitere 
Förderung  der  Sache  des  higeudspieles.  In  der  Sitzung  am  17.  Februar 
1897  durfte  der  Obmann  dem  Ausschusse  den  Dank  des  Herrn  Viceprfisi- 
denten  für  die  bisherige  Tbättgkeit  und  die  Zosicherang  wärmsten  Interesses 
an  der  gedeihlichen  Bntwicklung  des  Spielbetriebes  flbermitteln. 

In  der  sehr  prekären  Lige  unternahm  es  der  Ansschuss,  in  einem 
zweiten  Gcsik  lu«  an  die  Muuiticenz  der  böhmi»chen  Sparcas^e  zu  appelH«»ren 
und  untt  r  iuistühilicher  Begiünduntr  ein»»  erhöhte  Spende  zu  erbitten. 
Die  hochlubliche  Direction  willf.ihrtr  »It  iD  AnsiK  lu  n,  indem  am  22.  .Mai 
eine  Spende  von  400  Ü.  'gegen  300  Ii.  in  den  Vorjahren)  einlangte. 

Inzwischen  hatte  dar  Obmann  unter  dem  21.  Februar  ein  wohl- 
motiviertes Ansuchen  um  Überlassung  des  .Spielplatzes  unter  mttglichst 
günstigen  Bedingungen  dem  Ausschüsse  des  .Deutschen  FuOballclubs* 
überreicht,  weldn m  dieser  im  Principe  Folge  gab.  Nach  mehrfachen 
Verhandlungen  mit  dem  Vorstande  des  genannten  Clubs  einerseits  und 
dem  Jugendspiel:! u>^<chuK8i'  andi}rseits  konnte  endlich  d<  i  Obmann  den 
Mietvertrag  auf  Grund  der  j^ctrotfenen  Vereinbarungen  abfiisj<en  la.s»<en. 
Er  fand  hiezu  in  dem  .\dvuv.iSen  Herrn  J.  U.  Dr.  Ludwig  Krieg  nicht 
nur  einen  KechtalVeund,  der  die  Interessen  des  Jugendspielausüchusües  warm 
▼ertrat,  sondern  auch  einen  oneigennQtsigen  Freund  der  Sache  selbst,  der 
die  Aufstellung  des  Vertrages  ohne  jeden  Anspruch  auf  Vergütung  besorgte, 
80  dass  der  Ausschuss  nur  fitr  die  Stempelgebüren ,  die  Abschrift  und  die 
Legali.>*ierung  aufsukommen  hatte.  Der  Verein  ^Deutsche  Mittelschule" 
S]irach  dem  genannten  Advocaten  für  seine  Mühewaltung  einstimmig  den 
Dank  aus,  den  ihm  der  Obmann  des  Spielausscbusses  schriftlich  Übermittelte. 


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Vereinmachrichteii. 


59 


Mit  dem  genannten  Mietverträge,  der  am  8.  April  l  J.  perfect  wurde, 
hat  nun  der  Äusschuat  das  Recht  erworben,  fSr  eine  Jahretentschüdigung 
von  250  fl.  auf  einem  Plntie  das  Jagendspiel  zu  pflegen,  der  in  seinem 
Ausmaße  von  129,124  nowohl  eine  ziihlreicbe  Bethetligong ,  wie  auch 
eine  angehinderte  Entfaltung  der  Spiele  aller  Art  gestattet,  der  durch 
:»eine  Lage  auf  dem  Plateau  «les  Belvederes  mit  "einem  R:)senl»oden  der 
«pielenden  .Tugend  einen  Auf'*nlhnlt  in  friscb- r  und  staub  frei  er  Ivuft  bietet, 
der  durch  seine  solide  Einfriedung,  iliui  h  die  auch  vom  Ciub  streng  ge- 
handhabte  Platzorduung  nicht  so  leicht  störende  Eiogritfe  von  auben  her 
—  wie  sie  sich  auf  anderen  Pl&tsen  ttota  polizeilicher  Asttistent  fühlbar 
gemacht  haben  —  befttrchten  lässt,  der  endlieh  unseren  Schfllem,  den 
Zöglingen  deutscher  Anstalten,  nicht  jeden  Moment  vor  Aunen  fahren 
niu»t,  daas  in  Pnvg  fUr  sie  nur  das  Schlechteste  gnt  genug  ist.  Zugleich  ist 
mit  dem  Vertrage  der  Aus.schu.ss  —  nachdem  da«  abgelaufene  Prohejahr 
von  bi'iileii  Thi'ilen  gh'k'klich  be'^tanden  worden  —  nneh  meti^ächlirlier  Vor- 
aussicht bis  Kinle  September  de«  Jahres  gegen  eine  nem  lürhc  Kri^i^ 
in  der  IMatztVage  gej^ichert.  Freilich,  mit  den  ^tadtvätern  ist  ki  iu  ewiger 
Bund  zu  (iechten  -  die  im  Lagerplanc  vei  zeichnete  .'^trabe  8chnei<let  den 
Piatft  nnd  alle  Veitrftge  mitten  entzwei. 

Die  Ungunst  des  Wetters  im  heurigen  Frfihjahre  verzögerte  leider 
die  Instandsetznng  de«  eben  erst  ganz  neu  hergestellten  Spielplatzes,  so 
dnss  die  Fetische  übernähme  nnd  der  Beginn  der  Spiele  erst  am  10.  Mai 
erfolgen  konnte.  Von  da  an  spielten  vertragsinäbig  die  Zöglinge  der 
drei  (iyninaMien  nnd  der  1.  Staatßreal'-clnile  K;irolinentha!  bt-nüt-^te 
a  tis«ch )  i  e  (M  i  <■  Ii  den  Invalidenjvlat/  —  am  MonLiig,  Dienstag.  1  )oiinrr--t  tg 
und  Freitag  jeiier  Woclse.  Die  .Xiistaiten  hatten  .sieh  in  die  lieüiU/.ung 
des  Piatzea  derart  getheilt,  dasa  den  Gymmtsien  Graben  und  Stephaus- 
gnase  der  Montag  und  Donnerstag,  dem  Gymnasium  Altstadt  und  der 
Realschule  Nikolandeigasse  der  Di^stag  und  Freitag  als  Spieltage  zufielen ; 
gespielt  wurde  von  jeder  der  zwei  Gruppen  einmal  bis  7  Uhr,  einmal  bis 
8  Uhr  abends 

Diis  gleichzeitige  Si)ielen  der  Zöglinge  zweier  Anstalten  machte 
einen  erhöhten  Aufwand  für  Spielgerilthe  erfonlerlich.  Der  Aus^ehnss 
war  l).-iuüht,  diesen  Anforderungen  nach  Vlr.Lflichkoif  m  ent^-j^rechen  und 
das  Inventur  aowobl  nach  Zahl,  wie  aueii  nach  Z  w ee  k  lu iibig k ei  l  und 
Solidität  der  AusfQhrung  auf  eine  Hdbe  zu  bringen,  wie  es  eben  die 
Sache  erfordert.  Dass  sich  hiebei  immer  die  bescheidenen  Mittel  als  Grenz« 
pßlhle  der  Ausfdhning  des  besten  Wollen«  entgegenstellten,  zeigt  der 
CiV-ssebericht,  noch  mehr  aber  die  Erfahrungen  draußen  auf  dem  Spieiplat/e. 
Doch  hoft't  der  Ausschuss  bei  weiterer  Förderung  von  Seite  der  bisherigen 
Freiiiule  des  Jugend«) it«  l<  >  nml  l>ei  werkthätiger  rnter>>tüt/.ung  von  Seite 
aller  lieriifenen  Fuf  fon  ii  überli.iu|it.  aneh  hieiin  itein  sielbewusätes  VVollen 
in  er.spriebliciie  Thalrii  umsetzen  :äu  köimen. 

Xoch  eine  andere,  sehr  bedeutende  Auslage  stellte  sich  im  Verlaufe 
der  Spielzeit  als  noihwendig  heraus.  Wohl  gewährt  der  „Deutache  Fuß^ 
ballclnb"  unseren  Schülern  insofern  Gastfreundschaft,  als  er  die  Tertrag9> 
mäßig  ausgeschlofvene  Benfitsung  seines  Clnbhäuschena  bei  Unwetter 
zuvorkommend  gestattet  Die  Räume  können  jedoch  nur  einer  beschränkten 
Anzahl  von  Personen  Unterstand  gewähren.  Da  musste  denn  zum  Baue 


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60 


Vercinsnachrichten. 


einer  auch  fttr  den  Fall  sehr  sahlreichen  Besacbea  aunreiclienden  Schnts- 

hilttc  ^'escliritten  werden.  Diese  ist  iils  lanf^fresfcreckte .  einerseits  offene 
Veranda  jjebaut,  in  der  Bänke  und  Kleiderrechen  zur  Verfngunt:  sfolien. 
Ein  Thci!  ist  vollständig  vor.«ch:iU  und  absperrbar;  derselbe  dient  als 
A  u t  be wu h r u  11  ^so r t  der  in  Kisten  versorgten  Geräthe.  Sowohl  die 
Scbut/hütte  kiU  atich  die  Spielgeräthe  sind  gegen  Feuerschaden  versichert. 
Die  vom  Magistrate  entsendete  Baucommission  erkl&rte  den  Ban  im  Bei- 
sein dar  betheiligten  Parteien  am  12.  Juli  1897  al«  den  geaetzlicliai  An> 
forderangen  entsprechend  und  gestattete  die  Benfltzung  desselben. 

Die  Jugendspiele,  über  die  weiter  unten  ein  statistischer  Ausweis 
folgt,  fanden  unter  Aufsicht  —  eine  vertrag>iniär>i<,'e  Bedingung  —  der  den 
betreffenden  Anstalten  angehörend«»n  Mitglieder  des  ^pielHn^j^clnis^p^  «'tatt. 
Abwechselnd  besuchten  auch  die  anderen  Mitfrliefb  r  der  Lehrkörper  den 
Platz,  unterstützten  die  beaufsichtigenden  und  leitenden  CoUegen  und 
förderten  so  das  wachsende  Interesse  der  Jugend  an  dem  geregelten  und 
doch  vollständig  fireie  Bewegung  gestattenden  Spiele  auf  dem  allen  An- 
forderungen entsprechenden  Platae. 

Obwohl  vertragsm&ßig  dem  Aussdiusse  auch  im  Monate  September 
das  Henützungsrecht  zuatdit,  wurde  heuer  wegen  des  ungünstigen  Wetters 
und  wohl  auch  wegen  der  vielen  Arbeiten,  die  der  Beginn  des  Schuljahres 
für  jeden  einzelnen  Lehrer  mit  sich  bringt,  von  den!  Kochte  kein  Gebrauch 
gemacht  und  der  ."^i'ii-nM'trieb  mit  dem  Sclilu-sc  dev;  Sciuiljahre«  abge- 
brochen. Die  tliutffik  bliche  Spielzeit  uii)i"a.ij.>ite  also  heuer  nur  etwa  neun 
Wochen.  Doch  ist  für  die  Zukunft  eine  bei  weitem  längere  Spielzeit  zu 
erwarten,  da  das  Bentttsnngsrecht  mit  dem  Frflhlinge  jeden  Jahres  ersteht 
und  die  Gefahr  einer  Frülgahrsflberschwemranng,  die  die  Spiele  auf  der 
Kroneninsel  beeinträchtigte,  hier  ausgeschlossen  ist 


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Vereiiunachricht«!!. 


61 


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62 


Vereinsnachrichten. 


iSo  darf  wohl  der  Aua^chusa  sich  der  Erwartung  hingebon,  dass  der 
D>'richt  über  seine  'I'hiitigkeit  im  abgelaufenen  Jahre  rücksichtlicli  seines 
nMilichen  Wnllons  und  auch  dessen,  wa-s  wirklich  erroirht  worden,  von 
iiUcn  j- nen  Factoren,  die  ihm  das  Mandat  üt  ei  tr;i;,'('ii ,  j^n  nohmigend  zur 
Kt-nntnis  genommen  werde.  Anderseits  umss  »ler  Ausüchiuss  an  die  wprk- 
thlltige  Unterstützung  und  Förderung  von  Seite  der  Nlichstbetheiligtt'n. 
aber  auch  weiterer  Kreise  appellieren,  weno  der  Erfolg  seiner  Benatthnng 
der  Bein  soll,  daas  er  den  Intentionen  der  hohen  DnterrichtsbehÖrde  in 
der  zwecltm&ßigen  Pflege  der  Jag^dspiele,  die  ja  auch  dem  der  Schale 
ferner  stehenden  Freunde  der  heranwachsenden  Jii<; 'nd,  in  deren  (^^osund* 
hoit  Volks-  uml  Staats  wohl  ihre  Stfltsen  finden«  am  Bensen  liegte  in  bester 
Weiso  j^frprht  werde. 

I'er  Aus«  liiiss  erlaubt  sieh  auch  zunächst  dem  Vereine  ^Dentsrhe 
Mittelschule",  t«uwie  den  hochlübliehen  Directionen  der  Mittelschulen  die 
Frage  einer  eingebenden  Erwägung  zu  unterbreiten,  ob  nicht  an  die  Opfer- 
willigkeit jener  appelli^t  werden  «oll,  die  der  studierenden  Jugend  in 
irgend  welcher  Besiehang  nahestehen,  damit  ein  Fonds  geschaffen  werde 
znr  endlichen  Erwerbung  eines  eigenen  Heims,  anf  dessen  Boden  in 
ungestörter,  uneingeschränkter  Weise  ein  Spielbetrieb  erwachsen  kann,  der 
einpr-<oit-;  <1ii-<  aus  den  Jugendspielen  hebt,  was  in  ihnen  für  die  kfirj^erliche 
und  damit  auch  geistisi'o  Knt wieklnnj;  unserer  .Tug"ond  Fördorndp?:  Tmletifrbar 
liegt,  der  iiber  aneh  die  iircnzeu  ziüiit,  innerhalb  deren  tlas  Sjiiel  unbedingt 
gehalten  werden  muss,  wenn  es  nicht  schädigend  an  den  Forderungen  der 
Schule  als  Unterrichtsanstalt  rütteln  soll.  Hier  ftnde  auch  d«r  Turnunterricht 
in  der  Zeit  des  höheren  Sonnenstandes  die  sweckmäßige  Stätte,  und  mancher 
nndere  Zweig  des  Unterrichtes  kSnnte  hier  aeitweiltg  sein  Zelt  aufiichlagen. 

Vorderhand  erlaubt  sich  (b  r  Ausschnss  den  hochlGblicben  Dln  rtion-  n 
die  Bitte  zn  unterbreiten,  der  1  riigc  lULhersutreten ,  ob  es  sich  nicht 
em})fehlen  würde,  diiss  jene  An>(alteu.  dif*  Rieh  zum  Betrie'»ir*  der  Jugend- 
s]iifle  vereint  haben,  im  Verhültni*,-'  zu  iliren  Mittt  ln.  di.'  sie  aus  den 
.Sehülei beiirügen  schöpfen,  die  also  .sehr  ver^ciiieden  «ind,  zu  den  gemein- 
samen Kosten,  für  die  der  Ausschuss  aufzukommen  hat,  beitragen  —  so- 
hmge  dieser  eben  snnftchst  ntit  diesen  Einnahmen  allein  zu  rechnen  hat 

Es  sei  nun  am  Schlosse  des  Vereinnjahres  hier  nochmals  im  Rückblicke 
auf  das  Erreichte  allen  jenen  der  wärmste  Dank  ausgesprochen,  die  fördernd 
eingegritten  haben  in  die  Entwicklung  dieser  bei  uns  noch  neueu  Seite  der 
Krziehung  zu  Mutz  und  Frommen  der  körperlichen  und  der  geistigen  CJesund- 
heit  der  sttidiereuden  .Tu;Trnd:  d-'r  löMiclien  Direetion  der  böhmischen 
iSj^arcasne  für  die  »  rlMliti'  Sjifiide,  tlem  k.  und  k.  Corpsconi  m  ando  für 
die  Überlassung  des  InvHÜtlenhausplat/.es.  dem  „Deutschen  F  u  ü  ba  1 1  cl  u  b" 
für  da«  von  der  Erkenntnis  der  Lage  der  Zöglinge  deutscher  Anstalten  ge- 
l<*itete  En^genkomroen,  dem  Advocaten  Herrn  Dr.  Ludw ig  Krieg  für  die 
Ansfertigung  des  die  Interessen  des  Spielansschusses  wahrenden  Mietrertrages, 
der  löblichen  Dir<*ction  des  Prag-Altstftdter  deutschen  Staai«igymnamnms 
Herrn  Kegierunpsrath  Dir,  Dr.  nacksj)iel,  der  nicht  nur  dos  Professort  ii- 
yimmer  der  .\nstalt  für  Ausvchusssitzungen  zur  Verfügung  gestellt  hat, 
Houdern  nneb  jederzeit  mit  re<rem  Interesse  dem  An««ichusse  in  allen  Frap-en 
/nr  8eite  >>(and;  enillich  tlei  Uiblichen  Direetimi  d  r  I,  deutschen  Stiuiln- 
real-ichule,  Herrn  Dir.  Smotaczek,  der  in  Aiil>eiracht  des  Baues  der 


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Vereinraachrichten.  G3 

Scbutzhatte  schon  för  das  kommende  Jahr  einen  Beitrag  Ober  die  ron  jeder 

Anstalt  zu  entrichtende  Suuimo  zur  Vorfügung  gestellt  hat. 

An  den  Dank  schließt  aich  die  Bitte,  die  Sache  auch  in  Zukunft 
werktbätig  xu  fördern. 

Im  Anschlnaie  an  diesen  Bericht  ergriff  Prof.  K.  Kotyka  als  Oasner 

des  Spielauss(]ins?o5)  cla.=j  Wort,  um  fol^'-ciulfn 

Casseberlcht  des  Jugendspielaussohusses  aber  das  Jahr  1896,97 

SU  eratatten:  , 

Einnahmen.* 

Barrest  vom  Schuljahre  1895/96    281  fl.  76  kr. 

Beitrag  f^r  daa  Schuljahr  189697  von  der  löblichen  Direction 

des  Staat«gyninaijiums  Altstadt  60  »  —  « 

Beitra?  für  da««  Schuljahr  1896/97  von  der  löblichen  Direction 

des  Üt«at«?ymnasiuni8  Graben  50„  —  , 

Beitrag  lür  lUi«  »Schuljahr  1896  97  von  tier  löblichen  Direction 

des  Staat^igymnasiums  Stephansgju«se  50  „   —  , 

Beitrag  für  das  Schuljahr  1896/97  von  der  Ifiblichen  Direction 

der  Staatsrealschule  Kikolandergasse  SO,'—  ^ 

Spende  der  löblichen  Direction  der  böhmischen  Sparcasse   .  400  „  —  p 
Beitrag  für  das  Schuljahr  1897/98  von  der  löblichen  Direction 

(los  Staat8gynina«inms  Altstadt  ....      ...  ....60,— 

Beitriig  für  da«*  Schuljahr  1897  9ö  von  der  löblichen  Direction 

df»r  StiuitsreHlx  hu  lo  Nikolandprsr'»^se  50  ,   —  „ 

Spende  der  löblichen  Direction  derötiuitsrealschuleNikolauder- 

gas^e  zu  dem  Baue  der  Veranda   .  15  ^  —  , 

9461776  k?: 

A  u  .s  g  a  n  c  n  • 

Auslagen  bei  Anfertigung  des  Mietvertrages  mit  dem  ,Deat«chen  Fußball- 

dub-'  17  fl.  80  kr. 

Miet€  pro  1«97   ....  250  ,  —  „ 

Erste  Bäte  pro  1898   125  .  —  , 

Bau  einer  Schutzhütte  und  eines  B«quisitenh&uscheiis  .  .  .  256  ,  , 
Neuanschaffung,  Reparatur,  Instandhaltung  derSpielreqnisiten  128  ,  90 

Versicherung  der  Schutzhüitc  und  Geräthe   2  „  58 

Remuneration  der  Polizei  für  daa  Schuljahr  1896    40 

Hf'innnoratinn  des  Chibdifiiers  16  ,  — 

Beitrag  zu  «li-n  .liij;t;ii«l-i.iclen  der  Staut«realöchulc  Karolinen- 
thal am  lnv.ilidei»j>lutze  60  ,  — 

Stempel.  Portoau^lageu  u.  u   4  „  Tö  „ 

899  fl.  48  kr. 

Einnahmen   946  fl.  76  kr. 

Au.'gaben  .^^99..  48  ^ 

Ke^t  47  fl.  28  kr. 

Prag,  am  27.  October  1897. 

Für  den  Verein  .Dotit-(>he  Mittelschule": 

Prof.  G.  Spengler, 
dcneHt  Obmaon. 

FOr  den  JugendspielansBchufls: 

Prof.  K.  Kotykn.        Prof  A.  Michalitschke,  Prof  J  Seifert» 

d«neit  Caasier.  übnumn.  Schriftf&hrer. 


» 


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64  Vereiusnacbrichten. 

Herr  Ref^^rungsraUi  Dir.  Dr.  Hackspiel  sprach  in  warmen  Worten 

dem  Jugfnili^piclausschusse  für  seine  —  trotz  unji^ünstiger  Verhält nljjst^  — 
SO  erfolgreiche  Th&tigkeit  den  Dank  und  die  Anerkennung  des  Vereines 
Die  Versammelten  erhoben  sich  zam  ifieichen  der  Zustimmung  von 

den  Sitzen. 

Bei  der  nun  folgenden  Wahl  wurde  Prof.  A.  Michalitschke  ein- 
ätimuiig  zum  Obmanne  uud  die  Proil.  Dr.  liitlner,  Quaiber,  Strach 
wieder  und  Dr.  Tschinkel  neu  in  den  Ansschnss  gewfthlt.  Als  Mitglied 
der  Architologischen  Commisnon  ▼erbleibt  Prof.  A.  Th.  Christ,  xu  Be< 
visoren  worden  die  FMff.  Bardaehsi  nnd  Guck  1er  gewählt.  Der  neu 
gewählte  Obmann  dankte  in  einer  beiflUlig  aufgenommenen  Rede  iÜr  das 
in  ihn  gesetzte  Vertrauen  und  erklärte,  die  Wahl  anzunehmen. 

In  der  darauffolffenden  Anssrhusssitztinf?  eoiis^titnierte  ^'wh  der  Auf- 
schuss  wie  folgt:  Prot.  M.Striuii  ()l>niannstellvertreter,  die  Pro  ü'.  F.  Demi 
und  J.  Höuig  Cjchriftführer,  Prof.  J.  Quaißer  Cassier. 

(Mitgetbeilt  vom  Obmanne  Prof.  Ant.  Michalitschke.) 
Erste  Vereinsversaiiinilimg. 

(10.  November  1897.) 
Nachdem  der  Olninuin  die  Versammelten  bepriibt  hatte,  theilte  er 
die  in  der  Au&chusadiizung  vorgenommene  Constituieruug  des  neuen  Aus- 
»chuüäeä  mit. 

Hierauf  hielt  Prof.  M.  Strach  den  angdcQndigten  Vorftag  über: 

„Siemen^ 

der  die  Fortsetsung  nnd  den  Scbluss  des  am  13.  October  begonnenen  Vor- 
trages bildete. 

Der  Vortragende  schilderte  diettmul  einen  fünftägigen  Aui^flug,  der 
am  s  Mai  von  Pulermo  nach  Trapani,  Maraala,  Selinnnt  und  Segesta 
unternominen  wurde. 

Von  i'aieruiü  aus  brachte  zunächst  der  italienische  Dampfer  „Principe 
Amedeo"  die  Keimenden  nach  Trapani,  woselbst  er  gegen  10  Uhr  nachts 
anlangte.  Der  Morgen  war  aunächst  einem  knrsen  Gange  durch  die  rein- 
liche Stadt  gewidmet^  die  an  und  fSr  iiich  nicht  viel  Merkwürdiges  bietet* 
doch  weckt  lio  sowohl  als  der  tui  Nordosten  sieh  erbebende  Monte  San 
GiuHaiio.  der  Eryx  der  Alten,  manche  Erinnerungen.  Nachdem  der  Vor- 
tragende die  Ereignisse  der  Kämpfe  zwischen  Roui  und  Karthago,  die  sich 
hier  abspielten,  gestreift  und  darauf  hingewiesen  hatte,  dass  hier  Vergil 
(Aen.  III,  70?  t!'.)  den  Anchises  sterben  nnd  im  (ol;^'enden  Jahre  den 
Aeneas  seinem  Vuter  zu  Ehren  Leichenspieio  veiiiiiMtuUen  lil"*st  (V,  32  ft. 
wobei  er  die  im  Norden  ans  dem  Meere  empot.>>teigende  Insel,  die  heute 
Asinello  heißt,  für  das  Wettfahren  der  Boote  als  Ziel  bestimmt,  schilderte 
er  einen  Aufstieg  auf  den  Crjz. 

,Be>m  Aufsteigen  boten  sich  vielfach  herrliche  Ausblicke  auf  dos 
grOne,  wohlbebaute  Thal  im  SQden  nnd  auf  das  blaue  Meer  mit  den 
Salinen,  das  sich  im  Westen  daran  anschließt.  Dagegen  der  suchend»' 
Blick,  der  .^ich  nach  der  Höhe  des  Berges  richtete  und  de^-ren  Kuppe 
mit  der  darauf  liegenden  Sttvdt  i^uchte,  stieß  bloß  auf  Nebel  und  Wolken, 


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Vereiiunacbrichten. 


65 


welche  Jas  Ziel  Tei'bargeD.  Ein  Sturm,  der  umsu  .stärker  tobte,  je  höher 
vir  kamen,  peittdite  die  WaDKen»  was  wir  ilim  gerne  verziehen  hätten, 
b&tte  er  nur  aocli  oben  die  Nebel  vertrieben.  Doch  da*  tbat  er  leider 
nicht,  nur  hie  und  da  tanchte  geepenvtiaeh  ann  dem  Nebelmeere  ein 
Thurm,  ein  StQck  Maner  mit  Zinnen  empor,  und  »o  sahen  wir  die  Stadt 
deutlich  erat  vor  uns,  als  wir  nath  ungefähr  »tiindigem  Marsche  vor 
dem  alten  Thor«»  standen.  Und  wpit<»r  jjiencr  durch  ilif  altnrthuinlichpn, 
npb<»]durchzogenen ,  enpen  Ga-ssen,  in  «ieiien  nur  selten  ein  Mann  un^(  be- 
jfegnete.  in  einen  kurzen  blauen  Mantel  mit  Ka|>uze  gehüllt,  eben  des 
Nebels  wegen,  der  hier  ein  häu%  wiederkehrender  Gast  ist." 

Der  Redner  beschrieb  nun  die  noch  vorhandenen  Überreete  toq  dem 
phOniciachen  Tempelbesirke  der  Aataroth  nnd  dem  römischen  Vennn- 
heiligthnme. 

yVon  der  berühmten  weit  reichenden  Fernsicht  gOonten  uns  spttrliehe 
Sonnenblicke,  die  theil weise  den  Nebel  zerstreuten,  nur  einen  geringen 
Theil.  doch  da??  w*>nip^e  Heß  die  Wahl  lit  p^;  Piinktea  für  das  Heiligthum 
der  Aataroth  und  der  Venus  begründet  erscheinen. 

„Ais  wir  wieder  heruntergestiegen  waren  und  in  einem  Tram way wagen 
vom  Fuße  des  Berg^  sur  Stadt  zurückfuhren,  stiegen  auch  drei  Musikanten 
mit  anf,  die  ans  sn  Ehren  und  auf  unsece  Kosten  einen  ICarsch  ans  «Boccaccio* 
and  »Hoch  Österreich'  aufspielten,  wie  wir  denn  hftufig  in  Italien,  sobald 
man  unsere  Herkunft  erkannte,  mit  heimischen  Weisen  begrüßt  wurden. 

^Am  anderen  Tage  brachte  nna  die  Eisenbahn  sun&chst  die  Küste 
enthm^  naeli  Marsala.  Wir  haben  diese  Strecke  wie  fa^t  alle  sowohl 
in  Itali^'n  -:!ni!nt  Sirili>'n.  als  auch  in  (Griechenland  Iii.  Clasi^c  zurück- 
gelegt, übwohi  biideker  davor  warnt,  und  haben  dabei  nie  br>sp  Erfalirtingen 
gemacht.  Allerdings  sind  die  Wagen  kleiner  al^i  bei  un»  und  die  1  ahrgu^ste 
im  allgemeinen  firmlicher»  aber  durchaus  höflich  und  suvorkommend.  Fast 
nie  begann  ein  einheimisdm  Reisegef&hrte  seine  Mundvorrftthe  su  ver* 
zehren,  ohne  zuvor  seinem  Nachbar  anxabieten.  Mir  hat  ein  Zollsoldat 
ebenso  von  seinen  Orangen  angeboten,  wie  ein  armes,  sehr  esslastiges 
Mütterchen,  da«  der  Ki  rächen  Verkäuferin  für  ihre  Centesimi  immer  noch 
einige  Stücke  mehr  abn'tthipfte.  von  diesen  Früchten  und  eine  junge  Frau 
aus  uem  Volke  von  ihrem  trockenen  Brote. 

.Eine  Untugend  de«  Italieners  macht  sich  wohl  hier  unangenehm 
fühlbar,  nämlich  sein  Spucken;  aber  schließlich  thut  er  dic8  auch  in  der 
II.  Clasie,  und  dann  besetzten  wir  meist  eine  ganze  Wagenabtheilung  und 
hatten  so  Ton  diesem  Übelstande  weniger  zu  leiden." 

Hierauf  gab  der  Vortragende  das  Wichtigste  von  der  Geschichte  Kar- 
sai as  (der  Name  ent.standen  aus  dem  sarncenischen  Marsa  Ali,  der  Hafen 
Alis),  indem  er  vor  allem  erwähnte,  dass  diese  Stadt  auf  dem  Boden  de<? 
alten  Lilybäura  entstanden  ?ei,  einer  rJrHndnng  der  Karthasrpfr,  die  darin 
einen  Ermtz  suchten  tür  die  durch  Ihouysins  bewirkte  Zerst  Irung  von  Motye, 
der  kleinen,  jetzt  S.  Pantaleo  genannten  Insel  nördlich  von  Mars»ala,  einer 
der  pbönicischen  Niederlassungen  auf  Sicilien. 

Nachdem  er  die  hier  befindlichen  antiken  Reste  besprochen«  enAhlte 
er  weiter,  dass  die  Eisenbahn  die  Reisenden  noch  am  selben  Tage  nach 
CasteWetrano  brachte,  von  wo  sie  am  anderen  Morgen  Wagen  zn  den 
Ruinen  von  Selinunt.  den  größten  Tempeltrümmem  Europas,  brachten. 
„Osten-.  MittelKbale".  XII.  Jahrg.  5 


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66 


Vereinsnachrichten. 


,Die  Fahrt  gieng  durch  eine  fruchtbiire  Ebene,  die  thetls  mit  Wem-> 
feldero  bedeekt  ist,  auf  denen  eich  die  gans  niedrig  gehaltenen  Reben, 
reihenweiite  nebeneinander  gepflanzt,  an  kleinen  StOckchen  emporranken, 
tbeili  mit  Getreidefeldern,  welche,  mit  zahlreichen  Fruchtbaumen  bepflanzt, 
Ton  Mauern  oder  von  Aloen  umgrenzt  sind.  Plötzlich  zeigten  sieh  uns 
glf'irli7.eitig  einige  TO<:^en(lo  .Säulen  des  Trilmmerfeldes  and  dae  in  kleinen 
Wellen  anbrandendo  .\h ci  " 

Mit  Hilfe  einer  Skizze,  die  der  Vortragende  auf  einer  Tafel  entw«>i  ten. 
erklärte  er  nunmehr  in  anschaulicher  Weise  das  Terrain,  auf  welchem 
Mich  da»  alte  Selinunt  erhob;  wie  so  viele  äciliache  iStftdte,  war  e»  nach 
dem  benachbarten  Flusie  SeKnn»  benannt  worden,  an  demen  Ufer  die  An- 
nedler daa  Selinon.  den  Eppich,  Torfanden,  der  aneh  jetzt  danelbitt  zu 
finden  int;  der  Vortragende  zeigte  ein  Exemplar  de^^selben  vor. 

Hierauf  gab  er  in  den  Ilauptzflgen  die  i^tadtgeschichte,  deren  rothon 
Faden  dio  Foindseligkeiten  mit  Sef»esta  bilden.  Diese  führten  auch  zu  der 
ersten  Z»'i-t -riing  der  Hindi  durch  die  Karthager,  bei  denen  die  Sej^estaner 
Hille  gefunden  hatten.  Wiederhergestellt,  wurde  die  Stadt  249  zum  zweiten- 
male  zerstört.  Die  Tempel  entgiengen  der  Vernichtung  durch  den  Feind, 
ihre  Zerstörung  wurde  durch  Natnrgewalt  herbeigefQhrt,  durch  Erdstöße, 
wie  solche  diese  Gegend  hAafig  erachottert  haben. 

Dann  besprach  der  Redner  die  vorhandenen  Beste  im  einzelnen,  ror 
allem  die  Tempeltrümmer,  mit  deren  Behandlung  er  das  im  ersten  Vor- 
trage  ülirr  die  Metopon  Hcsagte  verknüpfte. 

Von  hier  braclitcii  die  Wagen  «lio  Kf>i«ipndon  nach  Campobel lo. 
einem  nordwestlich  von  der  Ruinonf.tiiUo  lt»  1.  ^'^nt  n  Orte,  in  dessen  Nahe 
eine  Sehenswürdigkeit  ganz  eigener  Art  winkte,  antike  Steinbrüche,  welche 
das  Material  zu  den  Tempeln  von  Selinunt  geliefert  hatten,  für  den  Beschauer 
darum  so  interessant,  weil  sie  ihm  in  demselben  Zustande  entgegentreten, 
in  welchen  eine  plfitzliche  Einstellung  der  Arbeiten,  eine  Folge  jener  ersten 
Eroberung  Selinunts,  sie  versetzte,  so  zwar,  daas  man  hier  die  Entstehung 
einer  Säulentrommol  in  ihren  vei-schiedenen  Stildien  verfolgen  kann 

Von  hitn-  fuhren  die  Heisenden  mit  der  Bahn  nach  Calatafiini;  von 
der  Station  hatten  sie  am  Abende  dieses  Tages  bis  /im»  ■j'l<  irhn:inii<,"'n 
.^tädtchen  noch  ungeHihr  Stunden  lang  zu  strii,',ii  Ti  Iz  der  llrhe 
des  Ortes  fanden  sie  auf  der  ganzen  Strecke  von  einigen  i  i;l.shuheu  alles 
gut  angebaut,  tbeils  mit  Wein,  theils  mit  Getreide. 

yAm  anderen  Morgen."  ao  erzählte  der  Vortragende  weiter,  «machten 
wir  ans  auf  den  Weg  nach  Segesta,  das  ungefthr  l^li  Stunden  nördlich 
liegt.  Auf  diesem  Wege  erblickten  wir  zunächst  auf  einem  der  Berge  einen 
Obelisk,  das  vor  fünf  Jahren  auf  dem  Schlachtfeldo  von  Calatafimi  zum 
Andenken  an  dieses  Treften  errichtete  Denkmal,  und  buld  dar;itif  sahrn 
wir  von  ein^m  A^r  7ahlrpirhf»n  Borge  den  'IV*m])el  von  S.^„M'stn  herüber- 
grüGen,  dci^cü  von  den  J.ilii  liundert»»n  gelbbruim  gefärbte  Giebel  freund- 
lich in  der  Morgen"«<june  ergUtnztcn.  Hatten  wir  uns  in  Selinunt  aus  den 
geborstenen  Trfimmern  die  einstige  Pracht  erst  im  Geiste  wieder  erbauen 
mfissen,  so  trat  ans  hier  zum  erstenmale  ein  griechischer  Tempel  in  vorsflg- 
licher  Erhaltung  eni^fegen.  EnAi  wenn  mau  ganz  nahe  gekommen,  erkennt 
man,  dass  er  unvollendet  geblieben  ist,  das«  die  Säulen  noch  ohne  ("anno 
Inren  sind  und  die  Cella  fehlt,  deren  Bau  noch  nicht  begonnen  war." 


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VereioBnaebrichten. 


67 


Nachdem  mm  dor  Vortra<?en<l»'  mit  Hilt'c  einer  riioto^j^rapiiie  den 
Tempel  näher  besprochen,  sowie  die  Aussicht  erwähnt  hatte,  die  von  ilie-i  'in 
aus  den  weiten  Kesael  bis  zu  der  auch  noch  iheilweise  sichtbaren  Uuelit 
TOD  OaRtellamiire  nmfaMt»  MshiMerte  et  den  Aufstieg  za  dem  noch  hOboren 
Monte  ^rbttro.  auf  dem  die  eigentliche  Stadt  lagt  von  der  vor  allem  das 
bekannte  Theater  erhalten  iet.  Dieiee  wurde  nun  näher  beechrieben,  wobei 
auch  die  vortreffliche  Akustik  hervorgehoben  wurde. 

^Von  hier  wurde,"  so  erzählte  er  weiter,  „bei  sengender  Mitta^r^-liitze 
der  Hfickmar^eh  nach  Cahitafimi  angetreten,  nnd  lebhaft  steij^t  nocli  jetzt 
die  Erinnerun;^'  in  mir  atjf,  mit  welcher  Gier  wir  uns.  bei  einem  «i.irttn 
anj^elanprt,  auf  die  Oranj^en  und  Mispole  stürzten,  welche  die  Leute  bei 
unserem  Nahen  verständnisvoll  herbeibrachten,  theilweisc  auch  nach  unserer 
Anawahl  von  den  Bftumen  brachen.  Ijetatere«  die  Mispole,  «ind  eine  gelbe, 
pflanmenfiSrmige  Frucht  von  angenehm  herbem  OeBchmackOt  die  nicht  nur 
äußerst  erfrischend,  sondern  auch  infolge  des  starken  Gehaltes  von  Gerb' 
flfture  ein  gutes  Mittel  gegen  Durchfall  i^t 

-Eine  jfeistige  Erfrischung?  bot  bei  diesem  Rückmärsche  der  Rückblick 
auf  den  Tempel,  den  mnn  wiederholt  genoss,  zunuehst  beim  Hjth b«f ei jjren 
vom  Monte  Burbaro,  wobei  er  aber  tit  fer  Inir,  nnil  so  laii^'e  nicht  den  Ein- 
druck machte  wie  —  abgesehen  vom  Anblicke  aua  nächster  Nähe  —  aus 
der  Entfernung. 

pEine  Art  Postwagen  brachte  uns  dann  wieder  zur  Bahnstation,  von 
wo  wir  nach  Palermo  fuhren  und  dabei  die  MeereekQste  von  Ciwtellamare 
bis  Paleriuo,  neben  welcher  die  Eisenbahn  hinführt,  kennen  lernten.  — 
Diese  Fahrt  bot  auch  den  Anblick  eine»  herrlichen  Sonnenunterganges. 

Lanpr^'Hm  «imk  der  röthlich -goldene  Sonnen  ball  in  das  Meer,  aus  welchem 
an  d'r  Küste  weif.^e  Nebel  anf/nsteigen  begannr'n.  und  lange  noeh  be- 
7.ei*  liiM  t.'  r.itiier  Glanz  die  >tell..'.  wo  das  Tagei»gef<lirn  iii  die  Fluten  iierab- 
getaticiit  war.  So  waren  wir  denn  von  unserem  funfl^igigen  Auf^ünge,  der 
uns  so  viel  des  SchOnen  und  Merkwflrdigen  gezeigt,  wieder  in  Palermo 
angekommen,  von  wo  wir  dann  am  15.  Mai  weiterfuhren." 

Redner  gab  nun  mit  Hilfe  einer  Skisxe  eine  kurze  Übersicht  Uber 
den  übrigen  Aufenthalt  in  Sicilien: 

15.  Mai:  Fahrt  nach  Bagheria,  von  dort  Marsch  zu  den  Ruinen  von 
Soluntum.  Rückmarsch  nach  F'a^^li.  ria  und  Weiterfabi  t  narh  ("cfalii,  Besuch 
des  Dome«.  Rückfahrt  bis  Terninn,  von  dort  Fahrt  nui  Ii  (iir^'i  nti. 

16.  Mai:  Besichtigung  der  Tempel  und  sonstigen  Sehenswürdigkeiten 
von  Girgenti. 

17.  Mai:  Fahrt  von  Qirgenti  über  Csstrogioranni  (Enna)  und  Catania 
nach  Syrakus. 

18.  bis  20.  Mai:  Besichtigung  der  SebenswQrdigkeiten  von  Syrakus 

und  Umgebung;  am  Nachmittag  des 

20.  Mai:  Fahrt  nach  Catania. 

21.  Mai:  Besichtigung  von  Ciitania. 

22.  Mai:  Fahrt  naeh  Taormina.  Besichtigung  des  Theaters  und  der 
übrigen  Sehen.swürdigkeiten,  abends  Fahrt  nach  Me.ssina. 

23.  Mai:  Besichtigung  der  SchemwOrdigkeiteu  von  Mes-sina  und  Ah- 
fiührt  per  Dampfer  nach  Neapel. 

„Die  hohe  ünterrichtsverwaltung,"  so  schloss  der  Redner,  „hat  nn» 


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Vereinvnacbhchten. 


MittelKhallebrer  Oiterreiclu  durch  die  Einrichtung  der  Reisettipendien  zu 
großem  Danke  fwpflichtet.  Bekommen  ja  doch  die  Stipendiaten  dank 
diener  Einf&hning  SchSnea  nnd  Erhabenes,  Lehrreicbe«  nnd  Interessantes 

in  solcher  Fülle  su  sehen,  dass  sie  wohl  ihr  Leben  Ung  an  den  Erinnerungen 
zehrrn  nnd  diese  znr  Belebung  des  Unterrichtes  verwenden  können.  Wie 
viele  Begrifft'  ;;elangen  da  zn  voller  Kiailieit,  für  wie  viele  Fragen  wird 
da  da«  Intcres^je  des  Reisondon  j^t^weokt  oder  aiitVre frischt!  So  kann  ich 
denn  nur  dem  Wunsche  Aufjdruck  geben,  dma  noch  recht  vielen  l'ollo^en 
dieses  große  Beneficium  zutheil  werden  m^e,  und  schließe  also  mit  dein 
Rufe:  ,Vivant  fiequattet!** 

Der  wabrhaÄ  anziehenden,  von  trefflichen  Bemerkungen  Aber  Land 
und  Leute  durchflochtenen  Schilderung  folgte  der  ungetheilte  Beifoll  der 
Znhdrer.  l>er  Obmann  sprach  unter  allgemeiner  Zustimmung  dem  Vor- 
tragenden den  wärmsten  Dank  der  Anwesenden  fOr  seine  interessanten 
und  fesselnden  Dnrbietnnfjen  aus. 

In  der  hierauf  vom  Obmanne  eingeieiteten  Debatte  über  die  in 
Czernowitz  („österr.  Mittelschule"  XI.  Jhg.,  pag.  S4f[.)  aii*?cre^'te  und  ein- 
gehend behandelte  Frage  betrefi's  der  Aufnahmsprüfungeu  in  die  höheren 
Classen  der  Mittelschalen  wurde  nach  begründeten  Antrftgen  der  Herren 
Begierungsrath  Dir.  Dr.  Hack  spiel  und  Prof.  Em.  Malier  die  Erledigung 
derselben  dem  Ausschüsse  fiberlassen. 

Zweite  TerelnsTersaminlang. 

(27.  November  1897.) 

Die  Versammlung,  welche  die  Mitglieder  des  Vereines  „Deutsche 
Mittelschule"  und  des  »Deutschen  pldagogischen  Vereines"  an  diesem 
Abende  im  S&ulensaale  des  «Deutschen  Hauses"  susammenfUhrtet  gestaltete 

sich  zu  einer  FestTenammlung,  an  der  au<  h  z.ibln  i^  lie  Gaxto  üich  be- 
theiligten. Der  Obmann  des  Vereines  .Deutsche  Mittelschule"  eröffnete  die 
Sitzung  mit  einer  herzlichen  Begrüßung  der  Kr^cliienenen ,  der  er  den 
Wunsch  beifOgte,  welchen  der  in  Fij^er  weilende  li-  rr  k.  k.  Lan<lcs-8chiil- 
inspector,  P.  R  Chr.  Riedl,  der  Versammlung  teleg^^phi^)ch  geiseiulct: 
„Dem  Zuaianimen wirken  beider  Vereine  das  beste  Gedeihen".  Kach(iem 
der  Vorsiteende  im  Niunen  aller  Anwesenden  d&a.  Oast  der  beiden  Vereine, 
Herrn  Prof.  Hans  Hartl  aus  Reichenberg,  dessen  Leistungen  auf  dem 
Gebiete  des  Lehr-  nnd  Anschauungsmittelwesens  bereits  die  größte  An- 
erkci\)iung  gefunden,  begrflßt  hatte,  ergriff  dieser  das  Wort,  um  an  der 
Hand  der  zahlreichen  von  ihm  construierten  Apparate  mehrere  intere.ssante 
Experimente  nm  dem  Gebiete  der  (tj»tik  und  der  Mpchanik  vrirznfuhi cn 
und  zu  erläutern.  Nach  kurzer  Kinleituug  begann  der  Vortnigende  mit 
den  Versuchen  über  Ketlexion  des  I.i  hte.s  an  ebenen  und  sphiaischen 
."Spiegeln,  über  Brechung  vom  und  xuni  Lothe,  TuLalieflexion,  prismatische 
Brechung  und  die  Linsen  Wirkung.  Alle  betreffenden  Erscheinungen  und 
ihre  Gesetze  zeigt  der  verwendete  Apparat,  die  «optische  Scheibe", 
unter  Verwendung  des  Skioptikons  im  halberleuchteten  Saale  in  deutlichster 
Weise.  Auch  die  Entstehung  des  Itegenbogcns  wurde  durch  einen  ^'er^uch 
demonstriert.  Eine  neue  Vorrichtung  zur  Erzeugung  centraler  Sfrahlen- 
hüschei,  durch  welche  die  Leiatangstähigkeit  der  optischen  Scheibe  weeent- 


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VereiDsnacbrichten. 


lieh  gesteigert  wird,  wurde  gleichMli  in  Th&tigkeit  gezeigt.  Sodann 
wurden  ui  der  Sehw  nngmaachine  eine  B«ibe  neuer  AnMtoe  Torgefllbrt: 
ein  dnrchsichtige«  coniinnierlich  arbeitendes  Modell  der  Kreiselpumpe, 

eine  S(  hleudertrommel  und  eine  Vorrichtung  sur  Erklärung  der  Passate, 
Weide  mit  Schutzvorrichtung,  und  zwei  Apparate  zum  Nachweise  der  Flieh- 
kraftfp'f!»etzf.  Mit  der  hierauf  vorcrrf lihrten  ppmonstrationj''/f»ijr'*r- 
wage  wurdtMi  inessi'ndo  Vcrsiiclic  iil>er  AtlhaHion  und  über  Keibunj;.  sowie 
der  Nachwein  dej»  Archiiuedischen  rrim"i]ies  durthgelTdirt  und  die  viel- 
fachen anderen  Verwendungsweisen  des*  A^iparates  erläutert.  Ein  einfacher 
Apparat  för  die  Gesetze  des  Druckes  im  Innern  einer  Flüssigkeit  und 
swei  selbfttthfttig  und  stetig  teigende  Bodendmckapparate,  die  die  Gesetze 
des  Bodendruckes  ebenso  bequem  als  genau  nachweisen,  schlössen  die 
Reihe  der  vorgeführten  Apparate,  die  in  ihrer  praktischen  und  präcisen 
Ausführung  ein  Experimentieren  erm^lichen,  das  durch  seine  Eleganz 
und  An?ä(  hnulichkeit  den  Unterricht  belebt  und  zu  einem  erfolgreichen 
gestalten  muss.  Die  vorj^'eführt«n  Apparate  werden  in  der  WerkstAtte  des 
Mecbiiuikers  Juliu*»  An  tusch  in  Heichenberg  her^'c^telU.  ~  Nachdem 
der  Vortragende  geschlossen,  erscholl  lauter  Beifall,  mit  dem  die  Zuhörer 
schon  frfiher  mehrere  in  ihrer  Einfachheit  und  Feinheit  besonders  Ober* 
raschende  Experimente  begleitet  hatten.  Der  Obmann  des  P&dagogischen 
Vereines,  Herr  Lehrer  A.  Malley,  gab  in  herzlichen  Worten  dem  Danke 
der  beiden  Vereijie  nnd  aller  Anwesenden  filr  die  wahrhaft  anregenden 
Vorführungen  Ausdruck  und  sprach  den  Wunsch  aus,  dnss  die  Benützung 
dieser  Apparate  immer  weitere  Verl>reitiing  gewinne,  zum  Nutzen  des 
T'nterririite-;  Der  Vor«it/i'iide  sehlos?*  uiit  dem  Danke  für  äm  '/.ahlieiehe 
EnjchHiiieu  und  dem  VVunsche,  es  möge  sich  noch  mauche  Gelegenheit  zu 
ebenso  anregendem  Beisammensein  ergeben,  die  gemeinsame  Sitzung  beider 
Vereine,  der  noch  eine  gemflthliehe  Nachaitzung  folgte* 

In  derselben  Versammlung  brachte  der  Obmann  den  Mitgliedern  des 
Vereines  „Deutsehe  Mittelschule"  die  Einladung  zur  Kenntnis,  welche  der 
Verein  für  Alterthumskunde  zu  der  von  ihm  am  30.  November  zu 
veranstaltenden  Fest  Versammlung  aniaasiich  des  70.  Geburtstages  Theodor 
Momii  '^ens  hatte  ergehen  lassen. 

Inzwischen  waren  in  Prag  denirtige  VerhiUtniNse  herrsehend  geworden, 
daäs  an  dem  bezeichneten  Tage  die  Mitglieder  wohl  der  Kinlatiung  folgen 
wollten,  jedoch  bald  wieder  das  belagerte  Cleiuentinum  verlassen  musaten, 
da  die  reroltierende  Menge  eine  derartige  Feier  nicht  gestattete  und  der 
einberufende  Verein  auf  Wunsch  der  BehSrde  die  Pestsitzung  yersehob. 

Auch  die  für  d«  n  15.  Deceniber  anberaumte  Vei einsversammlung. 
für  welche  ein  Vortrag  de.s  Herrn  Regierunjii^rathes  Dir.  Dr.  L.  Chevalier 
auf  der  Tagesordnung  stand,  musate  unter  den  gegebenen  Tmatänden  aue* 
fallen. 


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70 


Verüiu8nuchncbttiü. 


C  Sitzungsberiehte  des  Vereines  „Mittelsehule  für  Ober- 
österreieh  und  Salzburg  in  Linz^ 

(Mil^etheiU  von  dem  Obmanne  Prof.  Dr.  Ail.  Horcicka) 

Dritte  Yereingrersammlmig. 

(Lüii,  16.  October  1897.) 

Anirecend 26  Mitglieder,  daninter  Herr  Landee-Scbulinspector  Eduard 
Seh  warn  mel  und  Schulrath  Dir.  Chrittoph  WQrfL 

Nach  der  Eröffnung  der  Sitzung  durch  den  Obnuinn  Dr.  Ad.  Horcicka 
ergreift  Prof.  Hans  Belohlawek  der  Handelitakadeinie  in  Linz  das  Wort 
SU  dem  Vortrage: 

„Die  Personal-Einkommensteuer". 

Nach  kurzen  eink-itiMuli  ii  Worten  über  dm  Wesen  und  die  vei- 
schiedenen  Kuiegorien  des  mit  Januar  lb9ö  in  Krai't  tretenden  Steueigesetze» 
übergieng  der  Vortragende  Mrfümrt  zur  Beepreehung  der  die  Mittelachuilehrer 
betreffenden  Personal-EinlcomnieniiteDer.  Mit  großem  Oeacliieke  und  Klarheit 
erledigte  der  in  die  Behandlung  der  Frage  ▼oUstftndtg  eingeweihte  Fachmann 
seine  Aufgabe,  indem  er  nicht  vom  doctrinären, sondern  vom  rein  praktisch«  n 
Standpunkte  alle  möglichen  Fälle  der  Besteuerung,  immer  an  der  Hand 
von  Beispielen,  heranzog,  so  dass  den  Zuhörern  ein  trefflicher  Schlüs  el 
für  das  Steuereinbekenntnis  geboten  wunlf.  Für  seine  .\usliihi unj^ct» 
erntete  er  den  Drink  alier  in  großer  Zahl  imwcbcndou  Mitglieder,  von 
denen  einige  noch  für  ganz  besondere  Kalle  Auskünfte  erbaten,  doch  alle 
den  Eindruck  gewannen,  dasa  die  neue  in  Durehföhrung  begriffene  Steuer 
keine  Erleichterungen  bieten,  ja  im  Gegentheile  die  Einnahmen  im  Stande 
der  ProfeiBoren  bedeutend  beiasten  werde.  —  Daran  knflpfte  «ich  eine 
anregeode  Besprechung  über  die  mit  Unrecht  seit  September  181^7  so  hoch 
gestiegenen  Lebensmittelpreise  in  Ijinz,  wobei  mit  besonderer  Befriedigung 
zur  Kenntnis-  fjenomnx'n  wiirtlo.  <la-s  der  von  der  Gemeindevertretunff  Linz 
zur  Beseitit^mi;^'  ciicst-s  (  lu'Utainlo  t'in«?esetzte  Sonderausschus«  sich  mit 
ailem  Krn.ste  der  Suche  annehuie.  fc^*  wurde  der  einstimmige  Beschlu«-!* 
gefasst,  entsprechend  dem  Vorgehen  der  anderen  Vereine,  eine  Zuschrift 
an  die  Gemeindevertretung  zu  Abenreichen  mit  dem  Ansuchen  um  m6g- 
lidist  beschleunigte  Abhilfe  dieser  Unzukömmlichkeiten,  durch  welche 
insbesontlere  der  Lehrstand  hart,  betroifen  werde.  Da.s  Gesuch  wurde  am 
30.  October  1897  der  löblichen  Gemeindevertretung  der  Landeshauptstadt 
Linz  übergeben;  der  von  dieser  eingesetzte  Sonderiiusschusä  hat.  wie  wir 
aus  Zeitungen  veru'  hinen.  Vor^i  Isl  it"'  orntatt^^t,  leider  aber  haben  wir  von 
einer  Herabminderung  der  Lebensaiiitelpreise  bis  jetzt  (Ende  Februar  lö9S> 
noch  nichts  gemerkt. 

Der  Obmann  theilt  femer  mit  den  Eintritt  der  Herreu  Proff.: 
Rudolf  Knesek,  Franz  Matouschek  und  Anton  Sauer  (Gymnasium 
Lins),  Dr.  Karl  Müller  (Realschule  Linz),  des  Dir.  P.  Lambert  Guppen- 
berger  und  der  VvviW  Dr.  Josef  Osternacher,  Adolf  Müller  und 
Johann  Paul  (CoH(L,'iiiin  Petrinum  in  Urfahr).  Franz  Schneider  und 
Dr.  Budolf  Weiß  iPrivatgymnasinm  Gmundeni  und  rr;in/,  Nemluvil 
( HandeUakaiitMiiio  Lin?.).  Aiu  'S.  Octol»«'r  18{*7  wun]--  an  dca  Lehrkörper 
de^  Gymnasiums  in  iiadauiz  in  der  Bukowina  aus  Anlass  des  «^öjähiigen 


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Vereiosiiaciirichteii. 


71 


Bestände»  der  Aiinilt  ein  BegrQßunjzsscbreibeii  abgeaendet.  Der  Bücherei 
de«  Yeretnes  flbenendeten  Prof.  Josef  De  übler  in  Freistadi  und  Dr.  Leo 
Langer  in  BrQnn  ihre  ProgramtnanlUitse  in  Separatabdrflcken,  wofQr 
ihnen  der  g-eziemonde  Dank  anigesprochen  winl.  [m  Sinne  des  in  Wien 
eingesetzten  n:  I  l  ausschuaies^  welcher  sich  mit  dem  Entwürfe  einer  Dienst- 
prf^ftnatik  befdcst,  wurden  in  den  Snnderanaschuss  äon  Linzor  VcremPH 
unter  dem  Vorsitze  des  Ohmnnres  vier  Mitjflieder  .   und  zwar: 

Schulrath  Dir.  Chrintoph  Würti  und  dip  Protf.  .Tolumn  llrl.l  ijyju- 
naäiuw  Linz),  Moriz  Hock  iBeaUchuie  Lim)  und  JuliuM  CtHitner 
(Lehrerbildungsanstalt  Lint). 

Vierte  YereinsYersammliing. 

(Linz,  13.  November  1897.) 

.•\nwosrrul  "Jl  Mitgliodor,  danintcr  Herr  Lundes-Schulinfpector  Kduard 
'^(■hwanimel,  ätatthultereirath  Dr.  Eduard  Magner  und  Dir.  liudolf 
Pindter. 

Nach  der  Begrüßui  g  der  anwesenden  Mitglieder  ertbeilte  der  Obmann 
des  Vereines  Herrn  Dr-  Friedrich  Falbrecht,  Professor  am  Staats- 
gjmnasinoi  in  Lins,  das  Wort  sn  seinem  Vortrage: 

„Die  SeUaeht  bei  Marathon", 

eine  Herodot- Präparation  nach  psychologisch  er  Methode. 
Dor  Vortragende  erörterte  zunilchxt  den  Gang  der  Herbart-Ziller'schi'U 
FortuaUt iifentheorie  und  schloss  daran  zwoi  nach  dieser  Methorle  praktisch 
erjirohtf?  Stundenbilder  über  die  betretiV'iulfii  napito!  der  Schililernni»  der 
Schlacht  bei  .Marathon,  welche  un»  durch  Hmodot  überlietert  wird  und  den 
Gegentttand  der  LectQre  der  VI.  GymnaKialdasse  bildet.  Ka  wai*  dem  Vor- 
tragenden dabei  Tor  allem  auch  durum  su  thnn,  die  Qewinnnn^  des  ethi- 
flehen  Gehaltes  ans  den  unsterblichen  Meisterwerken  des  clasnscben  Alter<> 
tliums  und  so  gerade  den  erziehlichen  Wert  der  clavsiachen  Literatur  för 
die  Jugend  danuthna.  Der  mit  großem  Beifalle  aufgenommene  Vortrag  gab 
«iie  .\n!H<^img  zu  einer  recht  leVihaften  Debatte,  an  d#»r  sich  mehrere  MH- 
g(i*'(it'r  ii'-theili|j:ten.  Wir  begir'i^'''n  un«  vnrirniti_',  nurMuit  wt-iiigen  Worten 
dl  n  Voi  tiai,'  zu  skizzieren,  da  tiertselbe  im  il.  lletie,  Jalirgung  XII  unserer 
Mittheuiingen  zum  Abdrucke  gelangt.  —  Als  Mitglieder  eingeticlcn  sind 
die  Proff.  Josef  Bentel,  Franz  Schickinger  (Oymnasimu  Lins)  und 
Dr.  Karl  Majer  (Colleginm  Petrinnm\  Der  Obmann  gibt  bekannt«  daas 
der  Sonderansuchuss  fttr  die  Berathung  des  Entwurfes  einer  Dienstfaragmatik 
fÖr  die  Mittelachullehrer  den  Sihulrath  Dir.  Christoph  Würfl  «um  Be- 
richterstatter gewählt  habe.  Für  den  Entwurf  einer  Prüfungsordnung  für 
die  lif^Tf^ren  Clausen  der  Mittelschulen  im  S:nn<'  der  Vorla^'e  des  Vereine-: 
.Ttik  ivv  ii«  1  Mittelschule"  wurden  zu  Dei iihterstattern  gewählt,  unfl 
zw.ii  IUI-  die  humanistische  (Jru\)pe  Prof.  Franz  Schickinger  (Gym- 
nasium Linz,  und  für  die  realistische  Gruppe  Dir.  Uutluit  l^indter 
{Keal^chiile  Linz).  In  dieser  Sitsnng  wurde  auch  die  Abhaltung  des  (Jnter- 
haltangsabendes  für  den  27.  November  1897  angesetzt.  An  diesem  Abende, 
der  in  der  heitersten  Stimmung  verlief,  bctheiligten  sich  gegen  60  Mitglieder 
mit  ihren  Familienangehörigen.  Zu  de«?  n  n.lin^ren  trugen  bei  durch 
GesangSTortrSge  Fräolein  Marie  Buraschi,  Emiiie  Schwammel  and 


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4^  Vereimnachrichten. 

Fraa  Knesek-Neumiinii,   doreh  Yortrftge  von  Hedichteii  Frftulein 

Clotilde  Gärtner  und  Pr(rf.  Edwarrl  Samhaber.  Prof.  Frans 
Kofensky  brachte  einige  pMseode  Lieder»  Prof.  Dominik  Loisel  ge- 
eignete Stncke  auf  dtT  Goip^p  7.0m  Vortnij»p.  Mit  unermüdlichem  Humor 
waltctf  l'rol'.  I>r.  ^'rio(^l•ich  Fiilbrecht  seines  Amtes  als  Obmann  des« 
\  *  rj^iiü^unj^^ooniit  wiihiend  n^m  Unuler  Rudolf  Falbrecht  in  ?Mvor- 
komiueudtir  Weist;  neben  dem  V^ortnige  eigener  Stücke  die  Begleitung  aut 
dem  Claviere  fibemahm.  In  fröhliebster  und  gemüthHcber  UnterlmHung 
blieb  die  Venammliing  bit  weit  Ober  die  niitternftchti|{e  Stande  beisRmmeo, 
sn  größtem  Danke  den  Damen  ond  Herren  verpflicbtet,  welche  mit  größter 
Bereitwilligkeit  durch  ihr  Mitwirken  den  achOnen  Abend  ermöglicht  haben. 

FAnlle  YereinsTeTsammloiig. 

iLini,  HB.  Deoember  1^7.) 

Anwesend  20  Mitg^lieder,  darunter  Herr  Landes-Schulinspector  Ednard 
Schwammel,  Statthaltereirath  Dr.  Eduard  Majjner,  die  Directoren 
Rudolf  Pindter.  Schulrath  Christoiih  Wür  fl  und  J  oh  it  n  n       bf  n  i  cht. 

In  Verhindcrunji^  des  Obmannes  führte  (K'-srn  Stcllvt  t tnd»r  l'iof. 
JuliuH  Gartiicr  ib'n  Vorsitz..  Der  Abend  wav  iuisschlieblich  der  Dis- 
ciisdion  über  den  Entwuit  einer  Dienstpragmatik  fiir  diu  Lehrerpersonal 
an  den  k.  k.  teterreichischen  Gjmnasien  ond  Realschalen  im  Sinne  der 
bei  dem  VI.  Mittelschultage  in  Wien  berathenen  Vorlage  gewidmet.  Oer 
zu  diesem  Behufe  eingesetzte  Sonderausschuss  hat  den  Entwurf  in  drei 
langdauemden  Sitzungen  einer  eingehenden,  reiflichen,  rein  »ichlichen 
iawiigung  unterzogen.  Namens  dettselbcn  übernahm  Schulrath  Dir. 
<'hri'<toph  Wnrfl  die  BerichtersUxtt uiiij.  F>  ^^'t  begreiflich  und  in  der 
Niilur  di-r  .S;n  lif  L:''i«'r,'en,  das-s  «ich  an  dit*  tMn/.»dnrn  Punkte  d«'.s  tintwuifcf 
wie  auch  an  die  vuin  Aus.schus.se  vorgebtaehLeu  Auderuuj,'en  eine  lebhafte, 
aber  rein  sachliche  Debatte  ansfchloss,  ^umal  da»  Streben  dahin  gehen 
muss,  ein  allen  VVfinschen  entsprechendes,  aber  auch  formell  möglichst 
Toilendete»  Operat  Tontulegen»  auf  Grund  dessen  dann  an  die  Abfassung 
einer  8okhen  allgemeinen  Dienstpragmatik  geschritten  werden  könnte. 
Die  Debatte  war  eine  nißeri^t  rege,  da  beinahe  alle  Mitglieder  in  dieselbe 
einjTriftfn.  um  auf  Grund  ihrer  im  praktischen  Schuldienste  gesammelten 
Ertalii  unu'en  ihron  An=;ichten  Au--  Iruck  zu  verleihen,  dir  Theil.-^  er^jänzend, 
theils  vöiiit;  uin.iutleind  auf  die  einzelnen  l'imkte  des  Mut wurt».'»  einwirken 
sollten.  Ein  wie  reger  Eifer  an  der  Sache  zutage  trat,  erhellt  <laraus. 
doss  in  der  mehr  als  vierstündigen  Sitzung  die  Berathung  nur  bis  Haupt* 
atück  II,  %  13  gedieh,  worauf  wegen  weit  vorgerückter  Stunde  die  Fort* 
Setzung  der  Berathung  fAr  die  nächste  Vereinsversammlung  verlegt  wurde. 

Seehste  YereinSTdrsammlang. 

(Linz,  33.  Januiu:  1898.) 
Anwesend  20  Mitglieder,  darunter  die  Directoren  Herr  Kudolf 
Pindter,  Schnirath  Christoph  Wfirfl  und  Franz  Schauer  (Oym* 

nasium  Frei.st;idt  I. 

Na  Ii  l'e<;nibuiig  der  Anwe.>;enden  eröttnet  der  Obmann  die  Sitzung, 
indem  er  zunächst  einige  ge^chältliche  Mittheilnogen  zur  Kenntnis  bringt. 


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Vereinünachrichteu. 


73 


■ 

Eingetreten  üt  ab  Mitglied  Prof.  Brnat  EbenbOch  (Gymniittani  Ried). 
Sodann  gelangt  sar  Berathnng  der  von  Prof.  Oikar  Langer  (ReaUcbnle 
Lins)  ein<;ebrachte  Antraf?,  diu«»  dtr  Verein  die  geeij^neten  Schritte  niit<T- 
nphnif»,  damit  fQr  die  Neuphilologen  der  Hcalschnlen  in  Oberösterreich  und 
hnlzhurq'.  wip  m  schon  für  Böhmen  und  Mähren  durchgeführt  ist.  im 
nit^tlerüsterreichischen  Landtage  eben  in  Berathung  steht  (s*»ither  schon 
beschlossen),  das  Maximuni  der  Lehrveipllichtung  von  20  auf  17  Stunden 
herabgesetzt  werde.  Der  Antrag  wird  aus  dera  Grande  gestellt,  weil  bei 
der  bevorstehenden  Reorg-.iniaierang  des  Kealschnllehrplane«  eine  Ver- 
mehrung der  philologischen  Standen,  aber  nicht  der  Lehrkräfte  bevorsteht, 
«o  da»s  man  von  der  bisher  in  den  genannten  L&ndem  herrschenden, 
milden  Aul&sffung,  den  Nenphilolc^eo  nicht  mehr  als  17  Stunden  zu- 
zuweisen, abkommen  nin.«ste,  und  diese  dann  bei  größerer  Stundenbelastung 
untor  dem  Dnuko  dfr  vioh^n  Correctmi'n  nicht  imstande  wären,  di^n  An- 
torderungen  des  LnlerrichLes  und  eigener  FortV*i)dnng  zu  cTit-] »rechen. 
Da  über  die  Berechtigung  dieser  billigen  Forderung  kern  Zweilei  sich 
erheben  konnte,  bewegte  sich  die  Debatte  nur  über  d»  Form  des  Gesuches, 
«einer  Motivierung  und  den  zu  wählenden  Instansenweg.  Einstimmig 
wnrde  sum  Beachlnsse  erhoben,  das«  der  Aossehnss  die  £ängabe  im  Wege 
doä  k.  k.  Landesschulrathe«  an  das  Ministerium  fiir  Cultus  und  Unterricht 
leite  mit  der  Bitte,  dass  dieses  an  die  Landtage  der  Erblftnder  Österreich 
ob  der  Knns  und  Salzburg  herantrete,  damit  von  diesen  ein  der  Hingabe 
entsprechen' 1er  IJeschlu.««?  gf*fii*?t  werde.  Die  Eingabe  wurde  ani  9.  Fe- 
bruar IbÜb  dem  k.  k.  Landeä.schuirathe  zur  weiteren  Amtshandlung  vor- 
gelegt. 

Im  Vordergrunde  aller  Verhandln ngKgegenstftnde  »teht  die  brennende 
Frage  der  im  Reichsrathe  beschlossenen,  aber  snr  Sanction  leider  noch 
immer  nicht  unterbreiteten  Gehaltsregulierung.    Die  Niehtactivierung 

derselben  trifft  unneren  Stand  in  Oberösterreich  umso  schwerer,  da  gerade 
in  diesem  Lande  seit  Mitte  de.s  Jahres  1897  eine  so  ungemeine  Erhöhung 
dfr  gt'wohnlirh'tpn.  zum  Leben  nothwendii;*»n  .Artikel  eingetreten  ist,  daj*.«' 
der  mit  -riiicri  »iciuilt  .iiiLi:ewie?ene  Tiehrcr  einen  ^^ehr  knappen  Haushalt 
luhren  uiUüs,  uui  isein  Au.sküuauen  zu  iindeii.  ^ulboLverständlleh  hat  die 
in  dieaem  Sinne  gegebene  Anregung  des  Lehrkörper»*  des  Gymnasiums  in 
Iglan  bei  uns  einen  mächtigen  Nachhall  gefunden,  und  wurde  zunächst 
vorderhand  der  Beschlnss  gefasst,  dass  sich  der  Verein  »Mittelschule  für 
Oberfieterreich  und  Sakbnrg  in  Lins"  den  Schritten  anschließen  aolle, 
welche  der  Vor(>in  „Mittelschule''  in  Wien  zu  nnternehmen  beabsichtigt^ 
nber  welche  der  Obmann  nach  vorher  eingegAngenen  Erkundigungen  die 
Anwesenden  in  Kenntnis  j^etzte. 

Den  nächsten  Punkt  der  T.i;,'r->ofduuiig  Vtiub^te  die  Berathung  iiljer 
eine  neue  Autuahni»j)iüiungsorunung  in  die  höheren  Clausen  der  Mittel- 
schulen, für  welche  die  Grundlage  die  im  Vereine  „Bukowiner  Mittel- 
schule" in  Czemowitz  gepflogenen  Berathungen  bildeten.  Zu  Bericht- 
entattern wurden  in  der  Siteung  am  13.  November  1897  die  Herren 
Prof.  Franz  Schickinger  (Gymnasium  Linz)  fQr  die  humanistische  und 
Dir.  Rudolf  l'indter  (Realsehule  Linz)  für  die  realistische  Gruppe  der 
Gegenstände  gewählt.  Zunüclist  Werichteie  Prof.  Schickinger  in  sehr 
eingehender  und  ausführlicher  Weise  namentlich  über  die  bei  den  Prüfungen 


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V  e  rei  nsaachrichtea. 


au9  den  Sprachen  gestellten  Forderanf^eu.  Wfthrend  sieh  bei  den  übrigen 

Fächern  der  humanistischen  Gruppe  die  Begrenzung  des  PrüfuttK^toffet 
meist  aut>  dem  Wetsen  der  Sache  selbst  ergibt,  ist  dies  bei  den  Sprachen 
nicht  der  Fall.  In  diesem  Punkte  konnte  der  Berichterstatter,  tlcr  eine 
l'iniindei uns^  der  PrülungHordiiun«^  im  Principe  wünschenswert  tindet,  den 
Vorschlagen  au»  C^erucwitz  nicht  ganz  l>uipilicbten.  Er  brachte  auf  Grund 
»einer  Erfahrung  im  Lehrfache  und  seiner  scbuluiännischen  Kenntnisse 
eine  Reih«  von  Abänderungen  Aber  da«  Ausmaß  des  au  prüfenden  gram- 
niatiaohen  Stoffias,  inebeiondere  Bber  die  den  Scbfllern  cur  Oberaetcung  und 
Erklärung  vorzulegenden  Schriftsteller,  welche  die  nngetheilte  Zniitimmung 
fanden.  Dir.  Rudolf  Pindter  hat  sich  als  Berichterstatter  fUr  die  rea- 
l:>li->cht'  Faoh^rruppe  mit  wenif^en  Worten  diiliin  geäuliert,  da*?s  er  für  die 
Ucjin  haltun);  der  bifsherigeii  l'rül'ungsordnung  .sei  und  eine  Neuerunjr  nach 
dieser  Seite,  wie  sie  von  Czeriiowitz  aus  angerej^t  werde,  nicht  fiir  noth- 
wendig  erachte.  Nach  einer  anregenden  Debatte  wurde  der  Beschlut$i>  gela>.sl, 
atcbdein  vom  Vereine  „Bukowina:  Mitti^l^eknlo"  inCEomowitz  vorgeschloi^eneD 
Entwürfe  för  eine  neue  AufnabmsprQfangiordnnng  fiir  die  höheren  Ülasien 
nicht anzuflchtießen» doch  die  von  Prof.  Frana  Schickinger  vorgebrachten, 
«ehr  fleißig  zusaniuiengestellten  Uniiinderungen  zur  Berücktdchtignng  besten« 
zu  empfehlen.  Der  Ubniann  dankte  den  Herren  Berichteratattern  für  ihre 
Mühe  und  brachte  den  Beschlnss  dem  Vereine  in  Ciiernomts  mittelst  eines 
Üohreibens  vom  24.  Januar  y.ur  Kenntnis. 

Den  Schlu-s  der  Sitzuni;  bildete  die  Fortsetzung  der  Discussiun  über 
den  Entwurf  einer  Dienstpragmatik  für  dun  Lehrper&onal  der  k.  k.  Gym- 
nasien und  Realscfanlen,  welche  bis  Hauptstttek  III,  §34  gedieh,  dann 
aber  wegen  weit  vorgerilckter  Stunde  abgebrochen  werden  m aaste. 

Sieheiite  Vereins-  (zugleich  Jahres-)  Yersauuulung. 

(Linz,  14.  Februar  1098.) 

Anwe.<»end  29  Mitglieder,  darunter  Herr  bandes-.Schuluispector  Kd  uai  d 
.^chwanimel,  die  Directoren  Schulrath  Christoph  Würfl,  Joiiann 
Habenicht,  Jobann  Degn  (Lyceum  Linz)  und  Karl  Schuh  (Gym- 
nasium Gninndea),  ferner  die  Proff.  Alois  Hartl  (Gymnasium  Ried)  und 
Theodor  Sehmid  (Realschule  Steyr). 

Nach  der  Eröffnung  der  Versammiong  ergreift  Prof.  Moria  Bock 
der  BealiiChule  in  Linz  das  Wort  zu  dem  Vortrage: 

,,Dle  Shakspere-Bacon- Frage". 

Nachdem  IJedner  ztiiuichsl  in  ehiiiren  einleitenden  Worten  die  große 
Zahl  von  Schritten,  welclie  iibei  die-s-u  < Jei^iTstiind  verüll'eut lieht  wurden, 
hervorgehoben  und  jene  Bücher  und  Lrüschruea  namhaft  gcmaciit  hatte, 
welche  die  Grundlage  zu  seinem  Vorti-age  bilden,  geht  er  auf  sein  Thema 
über  und  erwähnt  zunächst,  dass  ernste  Shakspere- Forscher  selbst  viel- 
leicht KU  Zweifeln  Ober  die  Verfiusersehaft  der  Shakspere'achen  Dramvn 
Anlass  gegeben  haben  mögen;  es  werden  Theobald  und  Max  Koch  eitiert 
und  die  betreffenden  Stellen  verlesen,  auf  welche  eben  angespielt  wurde, 
zii<;leich  aber  wird  bewies;en,  d>i*s  die  Zweifei  dieser  Korscher  nur  dahin 
i:ien<;en.  ob  Shak-i)ere  nieht  e*wa  M:tarl>eiter  auhaljt  habe,  tind  inwieweit 
die  beiden  geistig  am  höchsten  stehenden  Männer  des  Zeitulters  der  Künigin 


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Vereiusnachrichten. 


Elizabeth  einander  beeinfinwi  hüben  uiöffen.  Der  Hanpti^rnnd  fAr  die 
Förderung  der  Zweifel  an  Shaksperei«  Verfaäserschaft  h»g  offenbar  in  dem 
Unistande,  das»  der  Abstant-i  swiBchen  dem  Bildung>-g-ange  des  jungen 
Sliak.'ijKTo  und  den  in  den  Dnmipn  niedergelegten  Kenntnissen  auf  tien 
v»»r^ehiedt'n>tt'n  Gebieten  (bcsundcrs  Jurist tRohr-n  nnd  inediciniachen  Kennt- 
iii~s,'n;  '/AI  auttallend  ist.  Um  zu  zeigen,  iimn  die  juridische  Gelehrsamkeit 
öluikspeiea  keine  so  hervorragende  gewesen  ist,  verweist  der  Vortragende 
vor  allein  auf  den  «Kaufmann  Ton  Venedig".  Mit  Besng  anf  die  übrige 
Gelehrsamkeit  des  Dichtere  führt  er  die  Hanptargumf»te  am  dem  Buche 
Farmers  Ea»ay  on  the  Leaming  of  Shäkspere*  an  und  hebt  die 
wichtigsten  Anachronismen  aua  den  Dramen  hervor.  Wie  kann  aber  Bncon 
der  Verfasser  so  großartiger  dnimatiRcher  Meisterwerke  gowosen  sein? 
Hedner  gibt  an.  was  fiir  dichterist li»>  Loistungen  uns  Bacon  hmtorlassen 
hat,  und  thut  dar,  das«  dus  allt.s  nicht  über  das  hinaus  geht,  was  leicht 
jeder,  der  einigermaben  gewauut  und  geübt  ist,  hat  zustande  bringen 
können.  Nun  wird  aber  vom  Vortragenden  nachdrücklichst  durgcth^u, 
was  fEür  ein  Unterschied  in  der  Anschauangsweiae  bei  beiden  Mftnn<*rn 
vorhanden  ist,  inftbeeondere  in  ihrer  Auffassung  der  dramatischen  Poesie 
und  in  ihren  Ansichten  über  die  Liebe.  Endlich  wird  das  (Irtheil  Speddings, 
des  besten  Kenners  von  Bacons  Werken,  in  dieser  Frage  angeführt.  Redner 
geht  üodiinn  zur  ßt  w  -  isfühnin"^'  du-  Baconianer  über  und  behandelt  zvi- 
nächst  den  äuGeren  li'  weis.  Hie  .Sti/l!e  aus  tler  Apology,  in  welcher  er 
sagt  r,.  .  .  ihouffh  l  jn-itfess  not  to  bc  o  poef,  der  Brief,  den  Bacuii  an 
den  Dichter  Davies  schrieb,  das  Gedicht  Ben  Jonsous  zum  60.  Geburtstage 
BaconB,  der  Brief  Tobie  Matthews  an  Bacon,  alle  diese  Documente,  welche 
die  Baconianer  zn  ihrer  Beweisführung  benutzen,  werden  angeführt  und 
in*  rechte  Licht  gestellt. 

Bei  der  Behandlung  des  inneren  Beweises  kommt  besonders  Donnelljrs 
Buch  «jTAe  Great  Cryptoffrann"  und  die  Paralleiism-Methode  (Mr^.  Potts) 
zvir  Spruche:  wird  gezeigt,  wif  Ii  in  HUI  ii,'  ;ill«'s  ist.  was  durch  die-'-  Art  tler 
Beweisführung  zutage  gefördert  worden  ist.  Auf  Bormanns  Leistung'*  !!  näher 
einzugehen  war  nicht  tuehr  Zeit;  Redner  behielt  sich  vor,  i;ei  .^|,Ȋten'r 
Gelegenheit  dai'auf  zurückzukommen.  Zum  Öchlusse  wurden  alle  be- 
deatenderen  Schriften  erwähnt,  welche  auf  dns  bt'stimmteste  den  Schau- 
spieler William  Shakepere  als  den  Verfasser  der  Dnunen  nennen  (Greenes 
Pamphlet  GroaV»  toorth  of  Wit  brught  with  a  MÜlwn  nf  Bepenianee" 
[lf)\)2\:  Francis  .Meres'  ^Palladiff  Tamia''  [1598];  John  Weevers  Epigramm 
[lOüiij;  das  Schuldrama  „The  Rclurne  froin  Farnas.tu.t"  [IGOiJ]:  das  Zeug- 
nis de-*  John  Cook  [1(;(>4J;  das  des  Dichters  Barksttnd;  das  Gcd fht  des 
John  Davit.'s  ^        Srm/rfje  nf  FdUii"  \  das  Z"u^'nis  de^  Dranuitikers 

l  homiVS  lieywüüü;.  (  ipl  »luliich  erlul^le  no<li  dt  r  NOrtrag  einiger  in  der 
Folioausgabe  des  ^>iiak»pere- Werkes  von  16<io  al»geilrucktcr  Gedichte,  in 
denen  des  verstorbenen  Sehaui^iele»  nnd  Dichters  William  Sbakspere 
aus  Stratford  am  Avon  mit  den  Ausdrücken  begeistertsten  Lobes  gedacht 
wird.  Namens  der  Anwesenden  dankte  der  Obmann  dem  Vortragenden 
für  den  äu[>erst  interessanten  und  anregenden  Vortrag,  der  einen  schönen 
Einblick  in  eine  der  neuesten  liternrgehichicht liehen  Streitfragen  gewährt, 
die  «rerade  in  unseren  T:iir"n  mit  ziemlicher  Heftigkeit  getilhrt,  aber  nicht 
im  Siane  der  Baconianer  enUicbieden  wurde. 


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76 


Vei  einsnachrichten. 


Sodann  wird  an  die  Erledigung  der  geiwhfiftlichen  Angelegenheiten 
goechritteik,  da  diese  Versammlung  gleichxeitig  auch  die  JahiesTersammluiig 
'viL  Der  vom  Obmanne  vtrltMiene  Jahretbericht,  wie  aacb  der  Ausweis  dt's 
Ciissier-»  über  die  Cassegfebanin<r  wurden  von  der  Ver^ümmiunjT  mit  dem 
Ausdrucke  des  Dankes  für  die  Müiiew.iltunf:  der  beiden  ilenen.  sowie  der 
übrigen  Au8schussmit}»!ieder  ^enehiuigt.  An  den  Bericlit  cies  (linu.inne^ 
knüpfte  Prof.  Josef  Heller  (Ileal^hule  Linz)  die  Bemerkung.  dasN  dei 
von  der  Stadtgemeinde  eingesetzte  Ausschn««  zur  Untersuchung  der  seit 
Herbst  1897  zugenommenen  Vertheaerung  der  Lebensmittel  bisher  nichts 
Wesentliches  in  dieser  Angelegenheit  wegen  der  großen  Schwiei'igkeiten. 
die  sich  seinen  Arbeiten  entgegenstellen*  habe  leisten  können,  doch  das> 
ti\r  die  nächste  Zeit  eine  llevision  der  Marktordnung  u.  «>.  w.  in  Aussicht 
htehen.  Bei  der  hierauf  vorgenommenen  Wahl  wurde  Dr.  Ad.  Kori  icka 
trotz  seiner  Erklärung,  dsi>s  er  wegen  Überbürdnng  mit  anderen  Angelegen- 
heiten nicht  iniKtnnde  .sei.  den  \'erein  /.n  leiten,  wiederj^e wählt  und  nahm 
schließlich  nach  dta  aiieikennenden  Worten  Prof.  0.  Langers  und  Schul- 
rathes  Dir.  Christoph  Wnrfls  über  seine  und  des  Ausschüsse«  Thätigkeit 
im  abgelanfenen  Tereinsjahre  die  WQrde  des  Obmannes  noch  für  ein  Jahr 
an.  Unter  dieser  Yoranssetsung  nahmen  die  wiedergewählten  Aussehuss- 
mitglieder  Prof.  Hans  Belohlawek  (Handelsakademie  Linz),  Julius 
Gärtner  (Lehrerbildungsanstalt  Lin/.i  und  Dr.  Leopold  Poetsch  (Real- 
schule Linz)  die  auf  sie  gefallene  Wahl  an,  so  djiss  der  Ausschusa  in  seiner 
alten  Zn^ümimensetzung  bestrebt  sein  wird,  dn"?  neuerlich  ihm  entgegen- 
geliraehte  Vertrauen  der  Mitii;lictier  /.u  bestiltiijen ,  imd  sich  mit  allen 
Knllteu  ciuseizen  wird,  die  Ziele  des  Vereine»  nach  bester  Thuulichkeit  zu 
verfolgen  und  zu  deren  Erreichung  sich  mit  allen  ihm  zugcbote  stehenden 
Mitteln  einzusetzen.  Ab  erfreuliche  Thatsachen  unseres  Vereinslebens  lassen 
sich  die  verseichnen,  dnas  die  Zahl  der  Mitglieder  im  heurigen  Jahre  zwei 
Ehrenmitglieder  und  141  wirkliche  betrug  (gegen  136  im  Voijahre)  und 
dass  das  Vereinsvermögen  trotz  größerer  Ausgaben  im  heurigen  Jahre 
fl.  73  kr.  (gegen  :H)3  fl.  bl  kr.  itti  Vorjahre)  betrug,  sonach  eine  Zu- 
nahme von  IG  fl.       kr.  zn  ver/pirhnon  hat. 

Am  i>chlu8se  der  Vet suuiinlung  bot  sich  gleich  Gelegenheit,  für  die 
Wahrung  des  J^tandesinieresses  einzutreten.  Der  Obmann  brachte  einen 
Brief  aus  Salzburg  des  Inhaltc-i  zur  Kenntnis,  dass  die  Salzburger  Mittel- 
schulen gemeinsam  an  die  hohe  Regierung  im  Wege  des  k.  k.  Landes- 
Rchulratbes  eine  Eingabe  richten  mit  der  Bitte,  das  im  Reichsrathe  be- 
schlossene (resetz  der  (rehaltsregnUerung  baldmöglichst  der  Allerhöchsten 
Stinction  zu  unterbreiten.  Im  Anschlüsse  daran  verlas  Prof.  0.  Langer 
einen  von  ihm  verfa.swten  Entwurf,  der  zu  gleichem  Zwecke  von  dera 
L«^hrkör()er  der  Kealsohule  beschlossen  wurde.  Ent.«!prechend  dem  Vorgehen 
der  S'alzburger  Lehrnn-talten  wurrlc  der  Jieschlu^'^  gefasst.  da«^  auch  dir 
oberüsieireichi.schen  i.eiiran:<talien  als  solche  einr  i;einein«;inie  Eingabe  ein- 
bringen sollen.  Zu  diei=cm  Uehiifc  wurde  ein  .""onderuusüehuss,  bestehend 
aus  den  Directoren  Johann  Habenicht,  Rudolf  Pindter  und  Schul- 
rnth  Christoph  Wttrfl,  ersucht,  mit  Verwendung  des  Lange  raschen 
Antrage:«  die  Eingabe  nuszuarbeiten.  Mit  anerkennenswerter  Freundlich- 
keit äbemahm  Dir.  Schulrath  Würfl  die  Ausarbeitung  derselben,  welche, 
von  allen  Lehrkörpern  der  k.  k.  Staats^ymnasien  und  Bealschulen  Ober- 


VereiD«nachricbteii. 


77 


Üsterreicha  unterfertigt,  aui  i.  Marz  1898  dem  k.  k.  LanUesuchulrathe  in 
Lins  vorgelejzt  wurde.  Der  Verein  ,»MilteI«cbnl0  tOx  Oberö^^terreicfa  nnd 
Salsborg  in  Iiiox*  wird  alt  aolcher  eine  Eingabe  in  dieser  Angelegenheit 
ilirect  dem  hohen  Miniaterium  för  Cultos  und  Unterricht  unterbreiten. 


Z>.  Sitzungsberichte  des  Vereines  „Bukowiner  Mittel- 
schule" in  Czernowitz. 

»Seehsaudvierzigste  (auiierürdentliciie)  Yereiii8versaiuiuluiig. 

(Mii^theiit  von  Prof.  Ür.  H.  Herxog  [Radautx].) 

(Radauts,     October  1887.) 

Anwesend  47  Mitglieder,  darunter  der  Schnlreferent  Landesregiemngs- 
rath  Dr.  Freiherr  v.  Schwind,  Lande« -  Schiilinsppctor  Dr.  Tumlirs, 
Schalrath  Klauser,  die  Directoren  Mandyczewaki  und  v^.  Mor;  eis  Qatit 

Exarch  nnd  Protopresbyter  Johann  Prokopowicz. 

Obmannst»>l!vertreter  Prof.  st yn  no w  i  l)cgrüßt  die  iinlÜMslirl)  Am 
GyLiiim.sialjubilauru9  ungewöhnlich  zahlreich  buäuchte  Versaruuiluug  und 
heibt  in.sbesondere  die  Vertreter  der  Landeaschulbehörde  und  die  Vertreter 
der  Osernowitser  Mittelachnlen  und  dee  grieehiseb*  orientalischen  Gymna- 
.liams  in  Sncsawa  willkommen. 

Obmann  Prof.  Dr.  Palaschek,  der  htevauf  den  Vonita  übernimmt: 
Bevor  wir  in  des  Meritorisehe  der  heutigen  Venammlung  eingehen,  er- 
fülle ich  nur  eine  angenehme  Pfiicht,  indem  i  h  Inn  Hausherrn  Herrn 
Dir.  V.  Mor  und  dem  Obmannstellvertreter  Herrn  Prof.  Cstyanowirz 
ttir  die  freuiidlicbe  BepfTÜßnng  unseren  lierzlidien  Dank  sage,  Wir  kom- 
men iinnier  ^erne  y.n  den  Hiul;iut/er  Collegen,  heute  .-^ind  wir  aus  deni 
be^uudereu  Aulaaiie  gerne  gekommen,  um  der  Anstalt  peiiK>nIich  unseren 
Glückwonach  darmbringen.  Ich  knüpfe  daran  den  Wunsch,  es  mOge  das 
eoUegiale  Band,  das  alle  MJttelachnilehrer  der  Bukowina  umschlingt,  noch 
fester  geschlungen  werden. 

Der  Obmann  bemerkt  noch  unter  anderem,  doM  die  am  82.  September 
erschienene  neue  Prüfun<;8vorBchrift  für  die  Candidaten  des  Lehramtes  an 
Gymnasien  und  Realschulen  in  gewissen  Punkten  den  von  ihm  in  seinem 
Vortrage  ,L  lit>r  Jie  Keform  d^r  Lehramt^pt  nfnngen"  <jeruiLu'i  ten  Wünschen 
entspreche.  Hieruuf  entwuit  der  Vorsitzende  einen  Abriss  des  Arbeits- 
programmen tür  das  neue  Vereinsjahr. 

Nach  diesen  Mittheilungen  erh&lt  Prof.  Rom.  Würz  er  das  Wort  zu 
seinem  Vortrage: 

„Über  SleUton". 

Prof.  Wnrser  erklärt,  sein  Bericht  über  seinen  sicilischen  Aufenthalt 

erhebe  keineswegs  Anspruch  auf  Neuheit  der  Thatsachen,  sondern  wolle 
nur  die  Kindrücke  schildern,  die  er  selbst  erfahren  habe.  Der  Vortragende 
schildert  das  Leben  im  Hafen  von  Neap«d  nnd  an  Bord  des  Schiffi's  „Galilei", 
da-*  er  um  4  Mai  d.  J.  bestieg,  um  .^ieiaeii  zu  erreichen,  dann  d-  n  Anlilitk 
des  Hafens  und  der  Stadt  i'alerrao,  der  die  Bezeichnung  uU  „goldene 
MuscheP  gerechtfertigt  erscheinen  lasse.  Er  erwähnt  der  Vergangenheit 
der  Insel,  die  uns  das  heutige  Leben  Siciliens  erklftre,  und  entwirft  ein  Bild 


78 


Vereinsnachhcbten. 


von  lier  Bauart  der  >tadt,  die  sich  durch  Regelmäßigkeit  und  lieinÜLlikoit. 
und  der  Lebensweit«  der  Bewohner,  die  aieli  durch  Ernsfc  und  V'ornehmbeit 
sehr  TOD  Neapel  nnterwbeidet.  Er  beschreibt  dm  TTpufi  der  Bewohner, 
au«  dem  dich  die  bewegte  Geschichte  der  Insel  and  die  Nähe  des  afrika- 
ni«chen  Festlandes  erkennen  lame,  die  an  antike  Wa^en  erinnernden 
Bauernfuhrwerke,  das  Treiben  auf  den  Straßen.  Besonders  bebt  er  die 
eahlrt^ichon  öffentlichen  und  Frivat-Gärt»»n  hervor,  die  vor  dem  Beschauer 
eine  wahre  Zaiiberwolt  trof)i?:chor  Flora  erscheinen  lassen,  m  den  clor  N'illH 
Giulia»  in  dem  Üoethe  gerne  vcrwoilt,  den  l>f>tnnischi'ii  (iartfii  und  «Icn  (n-i- 
Villa  Tasca.  Nach  einer  Schiidt-rung  der  Ausflüge  nach  Monreale  und  auf 
den  Monte  Pellegrino  wendet  sich  der  Vortragende  den  Kunstdenkmalern 
Palermos  sii,  die  den  Elnfluss  der  wechselnden  politischen  Verhältnisse  de» 
Landes  denüich  verrathen.  Das  Museo  naaionale  iässt  mit  seinen  Kunst- 
werken ans  allen  Zeiten  die  Entwicklnnjp  der  bildenden  Knnst  von  den 
rohesten  Anfängen  bis  auf  unsere  Zeit  verfolgen.  Insbesondere  gilt  das 
von  der  Sala  delle  Metope.  die  eine  Sammlung  der  berühmten  Metopen 
dos  'l  empels  in  Selinunt  onthiilt.  Diese  Metoppn.  ans  gelbem  Tutt^fiMii'"  br»- 
stehend,  aus  der  Zeit  von  627 — 429  v.  Chr.  G.  hentihrf^nd,  gewahren  ein 
treti'lichea  Bild  des  Fortschrittes  der  griechischen  Plastik  von  der  grüßten 
Unbeholfenheit  bis  zu  der  höchsten  technischen  Vollendung. 

Hierauf  wendet  sich  der  Vortragende  dem  Dome  von  Palermo  au, 
der,  obwohl  die  verschiedensten  Bauweisen,  der  golhische  Stil  der  Nor^ 
mannen,  die  saraceniscben  Bogen  und  Arabesken,  die  erst  1781  aufgesetzte 
Kuppel,  den  Wechsel  der  politisehen  Verhältnisse  verrathen,  im  ganzen 
doch  einen  einheitlichen,  ernsten,  ritterlich -romantischen  Eindruck  mache. 
lh\H  Innere,  eine  dreis(lnffi.xe  Baailica,  wirkt  dagefjen  abknlilei:«!  und  er- 
nüchternd. Die  Kapelle  rechten  Seitenschitf^i  mit  den  Grabmii'.ein  der 
großen  Ilobenstaufen  Heinrich  VI.  und  Friedrich  II.  erweckt  durch  ihre 
historischen  lieminisccnzen  das  Gefühl  ehrffirchtigen  Schauer».  Aus  dem 
Palazso  Reale,  einem  arabischonormannischen  Festungsbane dea  Xll.  Jahr* 
hunderte,  wird  besonders  die  Capeila  Palatina  erwähnt,  eine  dreiscbifBge 
romanische  Basiiica,  in  der  alles  von  märcbenhaftcr  orientttliscber  Pracht 
erglänze.  Besonder«  erwähnenswert  sind  die  ausgedehnton  Mosaikdarstcl- 
lungen.  Die  kleine  Kirche  San  Ciovanni  degli  Kremiti.  eine  romanische 
Kapelle  in  der  Form  des  ägyptischen  Kreuzes,  ruft  die  Erinneninf»  an  <He 
sicilianihch«'  Vesper  wach.  Die  Kirch«»  de«  1174  gegründeten  Klosters 
.Monreale  bildet  durch  ihre  reicle-n.  »  im-  Fläche  von  G34()  m*  lM>il>  »  kenden 
Mo.^aikcn  ein  Gegenstück  zu  der  Capelia  i'uiatina;  der  Kreuzgang  zeichnet 
sich  durch  höchst  zahlreiche  Säulchen  von  großer  Verschiedenheit  aus.  Das 
Kloster  der  Kapuziner  ist  dnrcb  seine  Katakomben  berQbmt,  die  etwa 
HOOü  Gerippe  enthalten,  die  Leichenreste  wohlhabender  Bewohner  seit  dem 
XVII.  Jahrhunderte. 

Indem  der  Vortragende  die  Schilderung sein<M*  Eindrücke  von  Trapani, 
Felinunt,  hiegoste  einem  späteren  Vortrage  vorbehält,  schließt  er  seine 
Ausführung  mit  der  Rückkehr  nach  Palenno  fT?  Mai\ 

bebhnfter  Beifall  lohnt  den  fesselnden,  durch  zahlreiche  instructive 
PhotograpliH'ii  erläuterten  Vortrag. 

Obmann  Dr.  Polaschek  dankt  unter  der  Zustimmung  der  Versamm- 
lung dem  Vortragenden  fBr  seine  AusfRbrungen. 


VereixunadirielLteii. 


Zum  vierten  Pnnktt'  der  l';i<;osorilnun£j  i  Anträge  und  AutVay;»'n  ni^rcift 
Dr.  Spitzer  das  Wort  und  fragt,  wie  die  Einberufung  des  von  ihm  an- 
geregten Atuacboases  («0.  M.**  XL  S.  418  f.)  vor  sich  ^ben  mllo. 

Dr.  Polaachek  erwideri^  da»  der  YorBtand»  wenn  er  «ich  der  Bereit- 
Willigkeit  der  betreffenden  Mitglieder  werde  Teraiehert  haben,  die  Ein- 
berafang  dm  kxmchrmei  sofort  veranlassen  werde. 

Dr.  Polasoh^k  bringt  hierauf  die  Einladung  zu  dem  abends  8Vs  Uhr 
im  Turiifiaale  des  Gymnasium';  f^tattfindenden  Festcommerse  ehemaliger 
Äbiturientt'n  der  Anstalt  zur  Kenntnis 

Der  Schriftfiilirer  verliest  die  anläs-liidi  de«  Jubiläums  an  da-  Gym- 
nasium  gelangten  Zuschriften  und  Telegramme,  darunter  von  Ihien  Ex- 
cellcnzen  den  Herren  Ministem  Dr.  Freiherrn  Qantsch  nnd  Grafen 
Ledebur,  femer  von  sahlreiehen  ehemaligen  Lehrern  der  Anstalt. 

Der  Vortitsende  ladt  die  Radantier  Mitglieder  su  zahlreicher  Be- 
theiliguDg  an  der  Jahresvemmroliing  ein  nnd  achließt  mit  dem  nochmaligen 
Ansdracke  des  Dankes  für  die  frenndliche  Anfhahme  die  Versammlung. 

SlebeniindrierzigsteTereiiis-  (zugleich  Jahres-)  Yersammlaiig. 

(Mitgetheilt  vom  Schriftfllhrer  IVof.  Jos.  Bittner.) 

(6.  November  1897.) 

Der  Obmann  Frof.  Dr.  Polaschek  begrübt  herzlich  die  ven^ammelteu 
(3Gj  Mitglieder,  besonders  den  administrativen  Referenten  des  k.  k.  Landes« 
schalrathes,  k.  k.  Landesregtenmgsrath  Dr.  Wilhelm  Schwind»  die 
Directoren  Schulrath  Elanser  und  Mandycsewski  nnd  die  Vertreter 

de«  Radautzer  Gymnasiums,  den  Obmannstell  vortreter  Prot  Ustyanowioz 
und  Prof.  Mock,  nnd  meblet  als  neue  Mitglieder  den  Profes.%or  am  Staat-- 
Untergymnasium  in  C/.ernowit/,  Friedrich  Löbl,  den  Architekten  und 
wirklichen  Lehrer  nn  dfr  k.  k.  Staatsgewerbeschule  in  Czernowit?  .Tnsef 
Dell  und  den  'lurniehnr  des  iStaatä >  Uotergjmnasiums  in  Czernowitz 
LeoniduK  Boduarescul  an. 

Hierauf  widmet  der  Obmann  dem  am  36.  October  verschiedenen  Mit» 
gliede  P^of.  Leonhard  Hajder  vom  Staat.sgymnasiiim  in  Sanok  einen 
innigen  Nachruf,  worauf  sich  die  Versammlnng  xum  Zeichen  der  Trauer 
von  ihrem  Sitze  erhebt. 

Nach  einigen  gettchäftlichen  Mittheilungen  erstattet  der  Obmann  den 
ÜechenBcbaftsbericbt  üb.  -   1  -  ;h  u'-  lmf.  n  •  ^      najahr  1896/97. 

Rechenschaftsbericht. 

Im  abgelaufenen  Veroin.'^jahre  traten  ilem  Vfn  iiif  1')  .Mitglieder  V)ei, 
2  traten  aus,  2  starben,  ho  dass  nunmehr  die  GesiUimitziihl  124  beträgt. 

Auch  dieses  Vereinsjahr  stand  noch  im  Zeichen  der  Gehalt8re;.Milierung. 
Es  ist  gewiss  zum  großen  Theile  mit  dem  iiifttigen  Eingreifen  der  Vereine 
zu  verdanken,  dass  wenigstens  die  Härte  der  Zweistufigkeit  der  Gehälter 
maßgebenden  Ortes  als  unhaltbar  erkannt  und  aufgaben  wurde. 

Eine  andere  für  unseren  ganzen  Stand  überaus  wichtige  Frai^f.  die 
Schaffung  einer  Di-  nstpragmatik,  wurde  von  uns  angeregt,  und  dem 
Entgegenkommen  der  Wiener  Vereine  .Mittelschule".  ^Uealschule"  und 
^Supplentenvorein"  i«t  o.s  zu  verdanken,  da.ns  nehon  nn<iereni  Referate, 
welches  unser  Vereinsmitglied  Prof.  Norbert  Schwaiger  erstattete,  auch 


Digrtizeo  Ly  <jOOgIe 


80 


VereinBnachridiieii. 


ein  Corieferat  im  Namen  6vr  geoaonten  drei  Vereine  von  Prof.  Fran» 
Danrer  benn  VI.  d«atM]i-&iterreiebi8elien  Mittelaehultage  in  Wien  (Ostern 
]8d7)  vorgelegt  werden  kMinte.  Die  Saclie  irt,  wie  es  nch  bei  deren 
Schwierigkeit  von  eelbet  Tenteht,  noch  nicht  abgeacfaloasen;  es  ist  aneb 
in  onnerem  Vereine  ein  engerer  Ausschuss,  bestehend  ans  den  Proff. 
M.  Bulaban,  Jo«.  Bittner.  Norb.  Schwaiger,  Dr.  Sam.  Spiiter 
(Hadautz)  und  dem  Bericht'»rstatter ,  einj^osetzt  worden,  der  die  Frage 
weiterverfoltrt.  Anregunjjpn  und  \V  in  '  h»'  von  allt^n  8eiten  entgegennimmt, 
um  dann  die  Eru'ebnisstf  (l^^in  in  Wu-n  ta^^enden  Hauptausschiuee  cur  end- 
giltigen  Fiiikumg  zur  Verfügung  zu  »teilen. 

Eine  besonders  umfkngreiohe  Frage,  die  viele  Sitzungen  des  be- 
treffenden SoadeianeMjhatief  nnd  der  VolWersammlnng  beanspmcht  hatte, 
ist  anch  ihrer  Torl&vfigen  LOenng  eotgegengeführt  worden,  die  Frage  über 
die  Anfnabmeprllfangeii  in  die  höheren  Claasen  der  MitteLwhalen.  Die 
Vorhige  des  AusschoMes,  der  Gang  der  Bcrathun^on  um!  die  dort  be- 
schlossenen Änderungen  und  Zusätze  sind,  wie  es  die  Wichti^^keit  der  Sache 
erforderte,  ausfuhrlich  in  nnserem  Vereinsorgane  abj^'eii ruckt  worden.  Die 
V»•rein!^leitun^r  bat  mit  Schreiben  vom  2.  Noverabpr  dir-  Schwester  vereine 
eingeladen,  «ich  mit  unr^eren  Vorschhlgen  zu  beschäftigen  und  ihre  Be- 
schlüsse uns  bis  Ende  Januar  1S98  zu  übermitteln.  Unser  Verein  wird 
dann  die  Aufgabe  haben,  die  Sache  in  die  entsprechende  Form  sn  bringen 
und  an  da«  hohe  Ministerium  fUr  Cultue  and  Unterricht  su  leiten. 

Ein  gflnttigee  £b^bnis  lanen  die  Schritte  erwarten,  die  die  Vereine*- 
leitung  beim  hohen  Miniiteriam  fÜir  Gnltns  und  Unterricht  zu  unternehmen 
im  Begriffe  steht,  um  die  eeinerzeitigen  Vereinsbe^tchlüsse  der  Verwirk» 
iichung  entgegenzuljrinjjen .  wonach  im  Sinne  der  .Ausführungen  unseres 
Vprpin^niitt,rli,.de.s  Prof.  Dr.  Frank  („r).  M."  9.  m.  '^ihi  H")  dits  hohe  Mini- 
sieriuni  die  Verfügung  treffen  solle,  dass  bei  den  .\ufnahmsprüfungen  in 
die  VI.  bis  VIII.  Gjiuua»ialcliu>äe  die  Leistungen  aus  der  Naturgeschichte, 
Religion  und  philosophischen  Propädeutik  mit  Noten  zu  beseichnen  wären« 
die  dann  (ttr  dae  Maturitfttsprfifbngsseugnis  einrecbenbar  wttrw. 

Leider  haben  aber  unsere  Schritte  in  Sachen  der  Erm&Oigung  der 
Lehr^erpflichtung  der  Philologen  an  Realschulen  trotz  des  Betreibens 
seitens  der  Vereinsleitung  noch  immer  keinen  Erfolff  aiif/-u weisen. 

Eine  weitere  Angelegenheit,  die  den  Verein  jahrelang  beschäftii^t 
hatte  und  der  auch  das  hohe  Ministeriuni  fflr  Cnltus  und  Unterricht  ^ein 
Augenmerk  zuwandte,  die  Frage  nach  den  WohnunpsverhältniÄsen  un^'  i  t 
J^ehiil'  r  wurde  endlich  abgeschlossen.  Die  Lösung  wurde  allgemein  in  der 
Erncbtung  von  Internaten  gefunden.  Ein  weiteres  Betreiben  der  Sache 
durch  unseren  Verein  ist  bei  dem  Umstände,  dass  inswisdien  mehrere 
Internatsgrandungen  erfolgten,  nach  der  Ansieht  des  Berichterstatters, 
der  auch  der  Ausschuss  beistimmte,  wohl  nicht  mehr  am  Platze,  weil  nicht 
mehr  alle  Factoren,  die  der  Sache  sonst  ein  Interesse  entgegenbrftehten, 
in  Betracht  kommen  könnten. 

Von  der  A'.i>frihnni<,'  des  «seinerzeit  s^efassten  Beschlüsse«!,  ?ei  eine 
Organisation  der  im  Principe  beschlösse ncn  Vorbereitnngsc lasse  an  Gym- 
nasien und  Kealschulen  ausznarbeiten  und  der  Vollversiammlung  vorzulegen, 
wurde  lui  Einverständnisse  mit  dem  damaligen  Referenten  Prof.  Dr.  Paw* 
litächek  Abstand  genommen,  weil  bei  dem  immer  st&rkeren  Andrang« 


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VereinanacimohteiL, 


81 


EU  den  Mittelschulen,  wenif^teoa  in  der  Bukowina,  eine  aolcbe  Einrichtung 
die  ihr  lugedacbte  Aufgabe  doch  wohl  nicht  erflillen  wOvde  und  der  hoch- 
löbliche  bnkowinieche  k.  k.  LuideMehnlnith  äoh  in  einem  conoreten  Falle 
gegen  die  Errichtung  von  Vorbereitungsclossen  ausgesprochen  hat. 

Im  Sinne  de«  vom  Ver^nsmitgliede  Scholiath  Dir.  Klauser  gestellten 
und  vom  Vereine  angenommenen  Vorschlages,  es  seien  durch  freies  Überein- 
kommen an  den  gleichartigen  Anstaltt»n  der  Bukowina  möglichst  gleiche 
Lehrtexte  zu  grl  rauchen,  hat  aich  die  \  ereinsleitung  an  die  betbeiligten 
Directionen  gewendet  und  um  Förderung  diese«  Vereinsbeschlmwes  ersucht. 

Von  Sonderausschüssen  tagt  neben  dem  bereits  erwähnten  fUr  die 
Oienstpragmatik  nnr  noch  der  im  Sinne  der  Beedililae  der  Jnnivwnmm- 
lang  eingeeetste  Annehnm,  der  sieb  mit  dem  Stadinm  der  Vereinftchong 
der  Schrdbgeedilfte  mit  beeonderer  Rfickiidit  auf  die  FQbrang  der  Oliwien- 
kataloge  zu  beschäftigen  hat.  Der  bezügliche  Beriebt  dfizfte  in  nicht  an 
langer  Zeit  der  Vollversammlung  vorgelegt  werden. 

Abgesehen  von  den  genannten  im  Vereine  behandelten  Fragen  fanden 
noch  vitT  Vortrüge  .statt,  unter  denen  der  Vortrai^  des  Prof.  Dr.  Hugo 
Herzog  Radautz)  „f'lier  den  deutschen  Unterricht  Jim  ()bergvmna.<»inm 
und  die  Forderunt^eu  der  ConceDtration"  den  Verein  auch  weiterhin  nocli 
beachäftlgen  wird. 

Im  ganaen  worden  11  Versammlnngen  abgehalten.  Den  Herren 
ProfF.  B.  Bumbac  (Sncuwa),  Dr.  Frank,  Dr.  Hertog  (Badaatx), 
Dr.  Lederer  (Radaata)»  Dr.  Polaschek,  Norb.  Schwaiger,  Wotta  und 
Wurzer,  die  Vorträge  hielten  oder  Beferate  erstatteten,  sei  hiemit  der 
herzlichste  Dank  der  Verein^ileitnng  ausgesprochen 

Der  gleiche  Dank  geljürt  allen  Vereinsmitgliedern,  die  sich  den  oft 
überaus  zeitraubenden  Arljeiten  in  den  Aua^büssen  unterzogen,  terner  den 
Proff.  Norb.  Schwaiger  und  Dr.  Polaschek,  die  wichtige  Referate, 
nnd  den  Proff.  Dr.  Lederer  nnd  Dr.  Perkmann«  die  Vorträge  anlftsslich 
des  VI.  Mittelachnltage«  in  Wien  abhielten  nnd  somit  den  Verein  dort  in 
schönster  Weise  vertiatent  den  Auasehaaimitgtiedem  and  damnter  wieder 
insbesondere  dem  äUskel warte  Prof.  Dr.  Frank,  den  Directoren  Schulrath 
fClauser,  Mandycsewski,  v.  Mor  und  v.  Repta.  die  allezeit  gerne 
bereit  dem  Vereine  ein  Olnlach  gewährten.  Prof.  Wotta.  der  wie  immer 
in  gleich  liebenf-würdiger  und  huniorvn!  1«t  Wf'i-t^  für  die  Unterhaltung 
der  .Mitglieder  bei  den  geselligen  Abenden  sorgte,  kurz  allen  Mitgliedern, 
die  durch  ihren  regelmäßigen  Besuch  der  Vereini^itzungeu,  durch  ihre 
Anadauer  und  ihre  sachlichen  AusfDhrungea  mit  zu  den  Erfolgen  des  eben 
abgehrafenen  Vereinsjabres  beigetragen  haben,  und  da  wieder  inebeiondere 
den  Herren  Landet-Schulinspector  Dr.  Tumlira  und  den  Directoren  SchaU 
rath  Klanser  und  Handy csewtki,  die  in  «eltenem  Pflichteifer  bei  allen 
Sitzungen  des  Vereines  anwesend  sind  und  uns  ihren  bewährten  Rath 
jederzeit  zutheil  werden  lassen.  Ganz  besonderen  Anspruch  auf  den  Dank 
des  Vereines  erwarb  aber  Prof.  A.  Sauer  (Linz^.  der,  obwohl  nicht  Aus- 
schussmitglied, in  der  liebenswürdigsten  und  zuvorkouunend-^ten  Weise  in 
den  meisten  Füllen  die  Geschäfte  des  W-reinsschriftführers  versah.  Möge 
ihm  sein  neuer  Aufenthaltsort  die  Kräftigung  seiner  Ge.iundheit  bringen. 

Der  Berieht  wäre  unTolbt&ndig,  wenn  nicht  noch  des  freundlichen 
Emplange«  gedacht  wQrde,  den  die  Vereinsdepotation,  bestehend  aus  dem 
.,öst«rr.  Mittelsehale".  XII.  Jahne*  6 


82 


Y  ei-eiusmichriokteB. 


Bericktentatter  und  Prof.  Dv.  Perkmaaa,  bei  8r.  Excellens  dem  Hanrn 
Unterrkbtnniiiittor  Dr.  Freiherrn  Gaaiaoli  aalteEeh  dar  Votieraiig 
der  PeanOBigfieetie  gefanden  hatte. 

ünd  wena  ich  noch  zum  Sohluaae  anführe,  dasi  die  jüngst  erachimene 

neue  Prnfungsvorsclirifl  für  MittelHchullebramtsciindidaten  einige,  wenn 
auch  iiK  iit  diV  wesentlichäten  Voischlii<^e  aus  dem  Vortrage  aufgenommen 
hat,  den  der  Berichterstatter  über  die  Heforu  unserer  Lehramtsprüfungen 
in  uuaerem  Vereine  und  beim  VI.  Mittelschaltage  in  Wien  gehalten  hat, 
so  dürfte  hiemit  alias,  wae  an  Bemerkeniwertem  in  diesem  Verein^ahre 
geschekea  ial»  enchOpA  sein. 

rHef^er  r^erichi  des  Obmannes  wird  mit  Beifall  aofgenommen.  Der 
S&ckelwart  Prof.  Dr.  Jos.  Frank  erstattet  hieraaf  den 

Cmeberlelit 

aber  das  fttnfte  Yereia^ahr  1896^97. 


..-1.  E 1 11  n  u  Ii  ui  e  n : 

1.  Cassere^t  vom  Vorjahre  15  ft.  2*J  kr. 

2.  Mitgliedsbeiträge  pro  18%;97  918  ,  —  , 

3.  Efickstbide  an  MitgUedsbeitifigen  pro  1895/96    90  ,  —  « 

4.  Zinsen  von  der  Sparoasseeinlage   7,95^ 

5.  Aas  der  Sparcasae  behoben  ,  .  60  „  ^  ^ 

Zttflamnen  .  806  fl.  8i  kr. 

B.  Ausgaben: 

1.  Hfilders  Verlag  116  fi.  16  kr. 

3.  Liedertexte   5,  20, 

3.  Entlohnung  der  Schuldicn*  t   15  „  50  « 

4.  Beitrag  zu  den  Redactionskosten  der  „Österreichischen 

Mittelschule"   8^__^ 

.'».  Jahr^sy^itra^'  für  den  Coiuenius'>Verein  6,— 'n 
it.  V'erwaltuüg>iiu.slagen  18  „  04  „ 

7.  Kranzspende  -lO»  —  „ 

8.  Sparcasseemlage  138  n_p^_r_ 

Zusammen  .  305  fl.  Ö5  kr. 

Ausgleichung: 

Summe  der  Einnahmen  306  fl«  24  kr. 

Snmme  der  Anq^aben   806  w_^_^ 

Rest  im  Baren  .  ~  fl.  89  kr. 
Sparcasseeinlage   .  845  «,  09  , 

Staad  des  Vermögens  .  t45  fl.  48  kr. 


Prof.  Ko/ak  verliest  im  Namen  der  Rechnuu<^revi.soron  den  Bericht 
über  die  vor<i:enommene  Prüfung'  der  Hechnimtr,  woraul'  ;nif  ciessen  Antrag 
die  Versammlung  deui  Auäuchusbe  diu»  Abiioiutonum  ertlieilt. 

Hierauf  erfolgt  die  Wahl  des  Obmannes,  des  Ausschusses  und  der 
Rechnangsrevisoren. 

W&brend  des  Scmtiniams,  wobei  die  Proff.  Prelies  nnd  Moek  als 
Scmtatoren  fungieren,  hSlt  der  ObmanastellTertreier  Prof.  A.  Romanovsky 


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Vereinanachriebten. 


83 


feinen  angekiindi^'ten,  äehr  anregenden  und  mit  iauU^m  Beifalle  auf- 
genommenen Vortri^^: 

„Ober  die  Beobachtung  in  der  Schule"  (S.  29). 

Der  ObmHui  dukt  dem  VortMgenden  mit  Mterkennenden  Worten 
und  gibt  Ueranf  das  Resaltat  des  Wahlaotes  bekannt. 

All  Obmann  eraeheint  Prof.  Dr.  Anton  Pola8«bek  wiedergewählt. 
In  den  Ausscha<«  werden  gewählt  die  Proft'.  .Tos.  Hittner  (neu),  Dr.  Joe. 
Frank,  Leo  Ilnicki  (neu),  Cornelius  Kozak  (neu),  Hieronymat 
Mnntfan.  Anton  Romanovsky,  Nikolaus  üstyanowicz,  Josef 
WottH  und  Hugo  ^nkowski;  zu  R«'chnun«^rf»visoren  die  Herren  ISchul- 
rath  Dir.  Limbeiger  und  i'iot".  Ad:i)i)ert  Mikulicz, 

Bei  der  nach  der  Vereinssitsung  stattgefandenen  constituierenden 
AuttchnMiifanng  wnrde  Prof.  RomnnoTikj  tum  Obmannitellrertreter 
wiedergewählt  Das  Amt  dea  Säckel  warte«  Obemahm  wieder  Prof.  Dr.  Fra  nk« 
das  des  ersten  Schriftf&brers  Prof  Bittner  nnd  des  »weiten  Prof.  Kosak. 

In  Badautz  wurde  Prof.  Ustyanowicz  zum  Obmannstellvertreter 
wiedergewählt,  in  Snemwa  wirkt  in  derselben  Siellang  Prof  Hieron. 
Mantean. 

Nach  dtMii  Danke  des  Obmannes  für  dip  Wi»Hlerwuhi  und  dem  Ver- 
sprechen, dii'  Interessen  de»  Verein»'s  nach  wi»'  vor  nach  »einen  KrJUten 
vertreten  zu  wollen,  geht  die  Vorsammlung  zum  vierten  Funkte  der  Tages- 
ordnung, „Anfragen  nnd  Antxftge",  aber. 

ZttBäehst  bemerkt  der  Obmann,  dass  der  Ansschuss  ron  einer  weiteren 
Behandlang  der  Frage  betreffs  der  Yorbereitangsclaase  Abstand  genommen 
habe,  da  diese  Bestrebungen  j^t7.t  keinen  rechten  Boden  mehr  haben,  weil 
der  Bukowinaer  Lande.Hscluilratb  in  einem  ccmcreten  Falle  sieh  gegen  die 
Errichtung  einer  Vorbereitun^'''«  la-^«e  nn-sjesprochon  hat. 

Ebenso  wimJe  auch  eine  zweite  Frage,  die  nach  der  Errichtung  von 
Internaten  bis  auf  weiteres  von  der  Tagesordnung  abgesetzt,  indem  alle 
Factoicn,  auf  deren  nioialiiidie  und  materielle  Mithilfe  der  Verein  an- 
gewiesen wäre,  aus  AntasB  des  im  nächsten  Jahre  faltenden  Hegierungs- 
jnbiläums  Sr.  k.  nnd  k.  ApostoUseben  Ifojestät  anderweitig  in  Annpruch 
genommen  sind.  Ibmer  naticmale  and  confessionelle  Internate  bereits  be- 
stehen und  andere,  wie  s.  B.  ein  israelitisches,  im  Entstehen  begriffen  sind. 

Die  Versammlung  stimmt  mit  Räcksiebt  auf  die  vorgebrachten  Gründe 
diesen  Vorschlägen  zu. 

Endlich  begründet  Prof.  Dr.  Kr  iTik  zwei  Anträge,  welche  dahin 
gehen,  e«  lu^'x^o  der  Ausschu^s  anf;,fetor(it'rt  werden,  g^eiw-nefe  Schritte  bei 
der  hohen  lU'gierung  zu  uuternehuien,  dasw  den  iSupplenten  in  jedem 
Falle  das  Existenzminimum  von  600  fl.  unbesteuert  bleibe,  und  ihnen  im 
Falle  der  Znerkennnug  von  Mehrleistungen  nur  Ton  diesen  die  Einkommen* 
»teuer  in  Abzug  gebracht  werde,  und  dass  von  den  Snpplenten  die  so- 
genannte  Anslellungstaxe  nur  einmal  abverlangt  werde,  damit  nicht  bei- 
spielsweise ein  Supplent,  welcher  am  Schlüsse  dessweiten  Semesters  enthoben 
wnrtle,  im  nüch.sten  ersten  Semester,  da  man  seiner  noch  bedarf,  also  von 
neuem  bestellt  wird,  nochmals  die  An-tellungstaxe  5?ahlf*n  müs<se.  oder  die 
hohe  Roi^iernnGT  tnöpre  die  Supplenten  iii/erhaupt  von  dieser  (ieliiir  Iti'lVeien. 

L'arauf  wurden  zwar  Stimmen  laut,  welche  dahin  gienyen,  der  Sup- 
plentenverem  möge  als  der  rechtliche  Vertreter  diese  Sache  in  Angriff 

6* 

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VereiitoaachrkbWa. 


oehmeii,  wogegen  »ber  beiaerkt  wunl«.  diM  ja  dk  i$iippleateii  der  Bo' 
kovimer  AiMtalten  Mitglieder  mueref  Vereian  aeioi,  abo  andi  dieser 
berofen  endieiiit,  die  Stehe  der  Snpplenteii  so  Tertrete«. 

Bei  der  tderaiif  erfelgteB  Atetimwunig  wurde  der  Aatomg  Dr.  Frank» 
einstiiuniig  ugenomuien,  ebenso  der  Antrdg  deR^elben,  da»  der  Verein^- 
au.svhn«.-  f^aeifc^ete  Schritte  untemehm«*,  flamit  h'-reits  im  Schuljahre  1897 
mit  Hürk-iicht  auf  die  in  trro^er  Zühl  d^'n  »'inzeintm  Lehrj>er!'on<*n  aaf- 
geu'uciU-U'B  Überstunden  die  Hetuunerationen  hielür  nach  den  bestimmungen 
dl»  neuen  Uebaltiiffesetze«  bemessen  werden. 

£.  XVI.  Protokoll  der  Arofaaologisohen  Commission  für 
die  österreidiisehen  Gymnasien. 

(Mitgetheiit  vom  Schriftführer-Stellvertreter  Prot.  Dr.  I.  Kukutsi  h.) 

(18.  Juni  1H97.) 

Anwej*»?nd  »ind  (ii^-  Mit^liedtr  der  Commisaion  und  mehrere  zur  Theii- 
n<ihiue  an  der  Sitzung  eingeladene  Herren.  Herr  Hofrath  Benndorf  und 
Herr  Prof.  Marx  sind  am  Erscheinen  verhindert 

Der  VomUende,  I^ndee-Seholinepector  Haemer*  erSSnel  die  Sitsunjr 
nsd  machi  soniehet  die  freudige  Süttheiliiiigt  daee  die  Grfiodonjp  des 
flsterreichiaehea  archäologischen  Inttitatet  tur  That  geworden  sei.  Dareh 
diCMt  Institut  werde  auch  die  Gymna^ialarchäologie  nachhaltifc  gefördert 
werden.  Es  falle  ihm  die  Oberleitung  der  Stipendiaten  zu,  und  so  dürfte 
diese  temporäre  Einrichtung,  die  jetzt  nur  von  drei  zu  drei  Jahren  wahrt, 
f.n  einer  dauernden  werden.  Durch  die  Errichtung  des  österi  eichischen 
üichtiulogitichen  Institutes  dürtte  auch  die  vor  mehreren  Jahren  aui  Mittel- 
schultage angeregte  Gründung  einer  MQnaencentrale  zum  Austausche  mit 
Aquileja  und  Spalato  yenrirklicht  werden;  darQber  hat  Prof.  v.  Renner 
im  Monatablatto  der  Namismatischen  Gesellichafl  (Jnni  1S97)  eingehend 
gebandelt 

Femer  theiit  der  Vorsitzende  mit,  dass  ein  cweites  Modell  des 
Parthenon  in  der  Akademie  der  bildenden  Künste  aufgestellt  sei,  firei  von 
jenen  Fehlern,  die  dem  ersten  Versuche  bep^reiflich  noch  anhaften  mussten. 
Den  Bemühungen  des  Prof.  Priinozii  verdanken  wir  eine  Photographie 
und  Diapositive  des  Modells,  die  am  Miitelschuitage  allgemeinen  Beifall 
fanden.  Die  Diapositive  seien  durch  den  Verein  «Skioptikon"  jederzeit  zu 
bestehen. 

Auf  eine  Anfrage  des  Directora  des  Ejgerer  Gymnasinma  betreib  der 
Ansehattung  einer  Gewandatatae  berichtet;  Prof.  Hnla,  dass  eine  solche 
in  I-  rankfart  nicht  mehr  erhftlüich  sei,  jedoch  Hensell  bereit  sei,  sie  aus 
Uok  bersustellen. 

Von  neuen  Erscheinnnjjen  atif  dem  Gp))iete  der  Gymnasialarchäologie 
hebt  der  Vorsitzende  hervor:  1.  Dr.  J.  Kubik:  Healerklärung  und  An« 
schau un^fsunterricht  bei  der  Leetüre  des  Tacitus.  Wien  1897.  Holder. 
2,  Douiauig,  Porträtmcdaillen  des  Erzhuuses  Üstenvich.  Wien  18%. 
Gilhofer. 

Hierauf  gelangt  der  Hauptpunkt  der  Tagesordnung,  die  Frage  der  Ver- 
wendung des  Skioptikons  im  Anachaunngsnnterrichte  sur  Besprechung.  Dem 


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Veiemsniiciiricbten. 


85 


Betcbluise  der  XV.  Sitenng  gemäß  wurde  «n  alle  Aiutotten  ein  Fragebogen 
eingeaehiekt,  worin  um  Amkonft  ertneht  wnrde:  1.  welche  Anstalten  be- 
reits im  Besitze  einet  Skioptikona  seien,  ond  welche  Lichtqnelle  hiebei  ver^ 
wendet  werde;  2.  bei  welchen  Anstalten  Aussicht  auf  Anaebafßiniif  eines 

Skioptikon«  vorhanden  sei;  8.  welche  Anstalten  aaf  den  Bezug  der  Dia- 
positive durch  die  Firma  Lechner  refleotieren;  4.  welchen  Betrag  sie  dafür 

einateHon  wollen. 

Zu  di^eiu  Gegeost4inde  erstattet  Prof.  Dr.  Priiuo/.ic  folgtinUes  lU'lerat: 
Im  ganzen  sind  bis  jetzt  142  Antworten  eingelaufen.  Frage  1  wurde  mit 
86  Ja  und  54  Nein  beantwortet,  nnd  «war  haben  40  Anstalten  ein 
Skioptikon  mit  Petroleum  ah  Lichtquelle  angeg^en,  9  sogar  noch  mit 
einer  Oldochtflamme,  Sü  haben  Auer^sches  Licht,  15  elektrisches,  1,  be- 
ziehungsweine  3  Kalklicht,  1  Sonnenlicht  (mittelst  HeliostatsX  1  Zirkonlicht, 
1  A(  efylenlicht;  einige  haben  einen  Projectionsapparat  auch  för  mehrere 
Liehtijvipllen.  Gar  innnrhpr  von  die^^en  Apparaten  wird  wohl  nur  ein«» 
ganz  priruitivf  lateina  uiugica  sein,  die  im  phj^sikalibchen  Cabinette  als 
InvenUirstflck  mitg«>tuhrt,  ahor  auch  in  der  Physik  «<»ltf»n  oder  gar  nie 
benützt  wird.  Denn  in  vielen  Antworten  ist  die  Notiz  enthalten:  unbrauch- 
bar, weil  raach-  and  gerocfaerseagend.  Hit  solchen  Apparaten  freilich 
wird  man  keine  aoch  nnr  halbwegs  entsprechenden  Wandbilder  erxengen 
können  nnd  wollen.  Aber  wenn  das  Linsensjstem  (Condensor  nnd  Objectir) 
gut  ist,  Ro  kann  ja  dem  leicht  abgeholfen  werden;  man  schafft  sich  (um 
25  bi»  30  fl.)  eine  ordentliche  Lampe  an  etwa  f&r  Ligroingasorlnhlirht  oder 
noih  l>f«Kser  fiir  Ae<'tylt'nlicht.  T)''nn  diesp«i  Iptztpre  ht  nächst  ilom  elektri- 
--oh<Mi  und  Kalk-Lichtf  (Nonncnlifht  ist  natürlich  daa  allerbeste,  wo  man  es 
vtrw.  nden  kann)  dm  int^'n^ivste,  über  "Joo  Nkl  ,  nnd  -xhönste,  ganz  leicht 
und  sehr  billig  herzustellen,  und  es  Ydn^t  mich  auch  die  Unannehmlichkeit 
des  Geruches  (den  das  noch  nasae  Calcium-Carbid  nach  dem  Heransheben 
ans  dem  Wasser  erteugt)  ganz  beseitigen,  wenn  man  dasselbe  aaOerhalb 
des  nrojectionBlocales  enengt  nnd  durch  einen  Schlaudi  dorthin  in  die 
Lampe  leitet.  Die  frfiher  anch  von  mir  gehegte  und  geäußerte  Besorgnis, 
dass  Acetylen  giftig  nnd  ezplosionsgeßlhrlich  sei,  erscheint  jetzt  gans  gmnd- 
los,  nachdem  die  exactesten  Prüfungen  dargethan  halion.  d,n-<  wohl  Im 
flü«8t;/t'n  (sehr  stark  conipriniiert«'n) .  :(bt'r  dnrchati'i  nicht  im  ijastonni^en 
Zustande  explc^iv  «ei:  nnd  b*"i  dd-  trejfcnwärtij^cn  < 'on-tnirtion  de«  Gene- 
rators ist  es  durchaus  nicht  gefährlicher,  damit  zu  jnaniiJiilu'ren,  als  etwa 
mit  Petroleum  oder  gar  Leuchtgas.  Und  unter  anderem  bat  Gravelot 
nachgewiesen,  dass  das  Acetylengas  erst  bei  40  Voinmprooent  dem  mensch- 
lichen Leben  gefthrlich  sei.  IMe  Frage  2  beantworteten  40  Anstalten  mit 
Ja;  Ton  diesen  refteetieren  18  auf  elektrische«  Licht,  nnd  awar  sonderbarer- 
weise  gerade  nif^hion^  Anstalten  von  ganz  kleinen  Prorin»tftdten.  Den 
Anstalten,  welche  Auer'sches  Oasglüblicht  verwenden  wollen,  mu*s  ge- 
iath»'n  worden,  «la«^  sie  für  starken  Druck  sorgen,  weil  «onst  die  TntorKität 
gerinj^pr  int  und  auch  bald  bedeutend  nachlädst,  ««oirhfii  da>jt"^»  n.  %v"  l'  h»' 
sich  noch  ein  Skioptikon  mit  Petroleum  anschaticn  wrdlen.  nni*s  in  ihrem 
eigenen  Interesse  gerathen  werden,  dass  sie  sich  wenigstenH  eine  möglichüt 
gute  Lampe  annchaffea  und  dass  sie  diese  ganz  rein  halten  und  beim 
Projicieren  für  hinreichend  Sauerstoffknfnhr  sorgen.  Vielleicht  werden  nch 
diese  spftterhin  die  PetroleomgasgltthUchtlampe  anschaffen  kOnnen,  deren 


^  kjui^uo  i.y  Google 


86 


Vereinsnacbrichten. 


Construution  aber  bis  jetzt  mir  noch  nicht  vollkommen  er:$cheiat.  Fra^^e  8 
beticftend  bcHtellten  51  Anstalten  Glasbilder  aller  drei  Grupppii;  außerdem 
21  Anstalten  die  Gruppe  a,  20  die  Gruppe  b  und  17  Anstalt»  »  die  Gruppe  c. 
mithin  im  »ganzen  72  Anstalten  die  Bilder  der  ßrchitoioi^^tsch- historischen, 
71  der  ^'eogruphischen  und  68  die  der  iiatiuhi8lorischen  Gruppe.  Und 
endlich  zur  Frage  4  haben  91  Anstalten  Betrüge  zugesagt,  und  twar  variieren 
diene  swiechen  B  bis  60  fl.  per  Jahr.  Ein  großer  Tbeil  bewegt  >icb  swiaoheo 
15  bw  80  0.,  wenige  haben  Aber  80  und  unter  10  II.  cngeMgt.  Einige 
wollen  im  Anfange  einen  grOOeren  Betreg,  eine  Anstalt  eogar  100  fl.,  anf 
einmal  aungeben  und  dann  nur  Ergänzung  geringere  Beträge.  Viele  An- 
stalten stellen  zwar  keine  sicheren  Beträge  in  Aussicht,  wollen  aber  nach 
Ma[>^'abe  der  vorhandenen  Geldmittel  sich  Diupoeitive  bei  Lechner  an- 
»charton.  andiMe  machen  die  Anschaffung  von  holchen  von  sonstigen  Liu- 
.«lüiitit  ji  uud  liedingungen  abhilnjjig.  l'rincipiell  bat  sich  keine  Anstalt  gegen 
die  Vei  wenduDg  des  Skioptikooü  in  der  Schule  aussprechen.  Allein  zu- 
«unniengeÜMat  maes  dieser  Erfolg  der  Umfrage  als  gana  unerwartet  gO  ästig 
beieichnet  werden,  nnd  es  ist  nur  au  wünschen,  dass  das  rege  Interesse  fOtir 
dieses  neue  AnsohauungMaittel  wenigstens  nidit  abnehme,  was  nicht  der 
Fall  .sein  dürfte,  wenn  sich  die  Anstalten  gute  Appuate  mit  guten  Tjc  lit- 
quellen  und  guten,  Kweckenttprecbenden  Diapositiven  anschaifen  und  sich 
bei  der  Anschatluny^  nicht  zusehr  vom  Gesichtspunkte  der  Billigkeit  leiten 
lassen.  Auf  (inmd  der  eben  vorgebrachten  und  der  Firma  Lechner  mit- 
getheilten  Daten  hat  sith  diese  bereit  erklart,  die  Bilder  aller  drei  Gruppen 
t»tets  aui  Lager  ^u  halten  und  um  den  l'rei«  vou  00  kr.  das  Stück  an  die 
Anstalten  absugeben.  Die  Auswahl  des  Grondstoekes  für  die  Arefaftologie 
und  alte  Geschichte  (s.  ,Z.  f.  0.  G.**  1897,  p.  911  bis  218)  wird  definitiv 
vom  Beferenten  und  den  ProiT.  Dr.  Kukutseh  und  Dr.  Hula  festff^tellt 
werden.  Ein  großer  Theil  davon  ist  bereits  vorhanden,  zumeist  aus  dem 
Verlag<i  von  Lewj*  et  ses  fils  in  Paris,  die  noch  fehlenden  Stücke  werden 
thcils  nach  Ori<?inalen  und  Gipsah^nissen,  tlicils  nach  guten  Photographien 
von  Lechner  hergestellt  werden.  Die  Liste  liir  die  (geographische  Samni- 
iunjf  U"n*a  120  Stück)  hnt  Dir,  Tramp ler  und  eine  solche  für  die  Natur- 
geschichte Prot.  Dr.  liukan  liereit«i  fertiggestellt,  und  es  wurden  die  be- 
treffenden Diapositive  zur  Ansicht  bestellt,  um  dann  denn  die  x  passenden 
Objecto  in  einer  genügenden  Ansahl  von  Exemplaren  bei  den  betrefibnden 
Firmen  herstellen  xn  hMsen.  Bis  »um  Herbste  werden  hoffentlich  drei  Gruppen 
wenigstens  aum  größten  Theile  fertiggestellt  sein.  Die  in  die  einseinen 
Collectionen aufgenommenen  Objecte,  die  man  auch  einzeln  wird  bestellen 
können,  werden  in  Lechners  monatlich  erscheinenden  „Photographischen 
.Mittheilun;;;en"  veröffentlicht  werden.  Auch  an  dem  Wegweiser  beim 
Projicicren"  wird  bereits  gearbeitet. 

Hieraul  spricht  Prof.  Prix  die  Besorgnis  aus,  da«s*<  bei  der  Art  der 
Beschaffung  der  Diapositive,  wie  sie  dermalen  geübt  wird,  die  Lehranstalten 
erst  nach  einer  Reihe  von  Jahren  in  den  Besita  eines  solchen  Apparate« 
gelangen  werden,  der  eine  dem  hohen  Werte  des  Skioptikons  als  Unter- 
richtsmittel entsprechende  Aiisnfitsung  desselben  ermögliche.  Er  b&lt  es 
daher  für  wünschenswert,  dass  eine  ähnliche  Einrichtung,  wie  sie  mit  den 
Lehrerbibliotbcken  bereits  im  Kntstehen  begriffen  «ei,  auch  fOr  das  Skiop- 
tikon  geschaffen  werde.  Zu  dem  Zwecke  «olle  ein  aus  Vertretern  der 


Vereinsuachlichten. 


87 


Tenehiedenen  Fftcbgruppen  bestehende«  Comit^  nach  getroffimer  Äuftwahl 
von  Objecten,  die  in  photogcaphiicber  Reproduction  durch  das  Skioptikon 
den  Schülern  gezeigt  werden  sollen,  unter  Mithilfe  von  künstlerisch  und 
technisch  gebildeten  Männern  einen  jjroßen  Fond  von  Diapositiven  be- 
schaffen, die  von  ilen  einzelnen  Anstalten  entlehnt  werden  könnten.  Da- 
durch werde  es  ermöglicht,  diis-s  die  Lehranstalten  in  kurzer  Zeit  geijen 
eine  nicht  allzuhohe  alljährlich  ui  leiütende  Beisteuer  in  die  Lage  kämen, 
Aber  eine  große  AnsaU  von  OiapoeitiTen  lu  verfügen.  Prof.  Prix  be- 
ipridit  andentottgsweMe.  wie  aetne  Anr^t^g  darehsnfQhren  wftre,  nnd 
empfiehlt  dieidbe  der  Beachtttng  aeitene  der  Oommianoo. 

In  der  Debatte,  die  über  den  Gegenstand  geführt  wurde,  wurde  die 
Idee  des  Prof.  Prix  allgemein  als  eine  schöne  begrüßt,  Jedoch  unter  Be- 
tonung der  (]:imit  verbundenen  Schwierig'keiten  und  mit  Rücksicht  atif 
die  mit  der  Finnn  I.erhner  ani^eknflpften  Verhflndlun^^en  vorlänfii:  von 
deren  Reali-^icruni;  iil  ijf^sehen.  Jede  Anstalt  solle  sich  einen  <iniiid.itock 
von  Diapositiven  uuschatlen  und  könne  immerhin  mit  anderen  Anstalten 
in  TamohTerkehr  treten.  Pkof.  Primoli^  ervfthnt  noch,  dass  der  Terehi 
„Skioptihoti"  die  Bolle  einer  Oentraltfeelle  bereila  ftbenHMnmen  habe  und 
alle  DIaponiive  in  swei  Exemplaren  forfftthig  halte. 

Zum  Schlüsse  tbcilt  der  Vorsitaende  mit,  daas  die  von  den  Herren 
Dir.  Trampler  und  Prof.  Lukas  besorgte  Anawahl  von  Dia^oaitiTen  in 
Lechners  „Mittheilun>3fen''  publiciert  werde  und  bei  Lechner  um  den  Preis 
von  60  kr.  erhilltlich  ist.  Kr  spricht  i|rn  s^enannten  Herren,  sowie  Herrn 
Prof.  Dr.  Frimozic  für  ihre  Benuihungen  im  Namen  der  Commission  <len 
besten  Dank  aus  mit  der  Bitte,  in  der  Sache  weiter  wirken  tu  wollen. 


Miscellen. 

Jubiläen  des  Jahres  1898/) 

Das  Jahr  1898,  an  deawn  2»  December  nnser  edler  Monarch  eine 
Iftnliigiftlirigei  thaten*  und  rnhmrdehe  Regierungszeit  surackgelegt  haben 
wird,  ut  anoli  fHae  xwei  andere  boefabedeutianie  Ereigniate  naseras  Vater- 
laadee  ein  Jubeljahr.  Im  Jahre  1848,  acht  Tage  nach  den  Stflnuen  der 
Mftrztaf^e  in  Wien,  wurde  mit  Allerhöchster  Entschließung  vom  23.  Mär/, 
ein  .sf'lb8tilndij»'os  Ministerium  für  den  öffentlichen  Unterricht 
errichtet.  Die  < 'nltu-^aniffleo'enhf'iten  blieben  jedoch  eitip  Afithoilun;^'  ')ps 
MiniateriiHii«  des  Innern  i Sta.iUsuiiniHteriunisV  Zu  den  ersten  Thaten  K  > 
neuerrichteteu  Miuisterinuis  gehörte  die  Vereinigung  der  zwei  sogeminnteu 
philosophischen  Lehrcurse  mit  dem  bis  dahin  seduclassigen  Gjmmisium,  die 
im  Mai  1848  angebahnt  und  im  Deeenber  demlben  Jähret  wbon  theil- 
weiae  durchgdlihrt  wurde.  £Si  fnert  alio  im  laufenden  Jahre  unser  aeht- 
classiges  Gymnasium  sein  ffia&igjfthtigee  Jubil&um  und  ebenso  unser 
Unterrichtsministerium,  wobei  allerdings  von  dem  Umstände  abge- 
sehen werden  muas,  dass  vom  4.  Februar  1861  h'ia  zum  10.  März  1867  das 
Unterrichtsministerium  als  selbstlndi^e«  Ministeriuni  aufgehoben  und  nur 
eine  Abtheilnng  des  SiiiatsniiniMteriums  war.  Die«  Juhiliinni  ist  also  nicht 
ein  Jubiläum  des  tuntVJgjährigen  Bestandes,  sondern  nur  eines  der  Er- 
richtang  vor  fünfzig  Jahren.  Die  Bedeutung  der  Regierung  Sr.  Majesität 
unseres  Kaisers  für  unser  Schulwesen  im  allgemeinen  und  insbesondere 
für  unser  Mittelichulweeen  gedenkt  der  Verfasser  an  einer  anderen  Stelle 
SU  wür^gen;  in  den  folgenden  Zeilen  will  er  sich  vor  allem  mit  den  swei 
anderen  Jubiläen  befassen. 

Das  Unterrichtsministerium  trat  an  die  Stelle  der  von  Maria  There- 
Kin  im  Jahre  1764  ins  Leben  perufenen  und  1774  weiter  ausgestalteten 
n  il  1  I  II  hofi  ommission,  deren  I^üthe  Heferenten  des  neuen  Ministeriums 
wurden.  Zun»  Unterrichtsminist^r  wurde  mit  AUeihüclisteni  (  ahinet*- 
schreiben  vom  21.  März  1848  Franz  Freiherr  von  Somrourugit  ernannt, 
der  die  Geschftfte  am  1.  April  fibemahm  und  bis  cum  18.  Juli  1848  in 
dieser  Stellung  verblieb.  Seine  wichtigste  That  war  die  Berolbng  des 
Prof.  der  Philosophie  Dr.  Franz  Exner  (Prag),  des  Prof.  des  Criminal- 


')  AU  Quollen  ifkr  di«*  rolp.>ndou  Ziminui('n!<U-l1un)r(.'n  wtinlcn  lH>iiDtzt:  In  «TMtcr 
Linie  Dr.  S.  Frank ftirt<>r!«  hochvcrtli<'n!itlichc  Si-hrift  lllier  Li-o  Thun,  I-'runx  Exn^r 
iiml  H  <  r  II)  ;i  II  II  Hoiiit/  il.i''  l^tlli:  <ianii  >  i  ■  v;  iii  ii  n  il  llithns  Heirtkfiniihs  -  .V 1  m  a  n  ac  h. 
d(o  bekaonicD  NaclucblagebQcber  vou  Divis  und  cubauer  und  von  l>a««<*Dbachcr, 
die  Zeitaehr.  f.  öat.  Gymn.,  Wutsbselis  Biogr.  Lexikon«  Roatocks  Frana  Joa^f  f., 
endlich  «Im  VerordnnngübUtt  de«  k.  k.  Mintateriuni  t.  Cnltua  u.  Vnterrielii. 


^  j  .  ^cl  by  Google 


Miscellen. 


89 


rechtes  Dr.  Anton  Uye  (Wien),  de»  yicedirecton  des  med.-chirQiq;. 
dtndtoras  Dr.  Ernst  Freiherrn  von  Fenchtersleben  (Wien)  und 
sieben  anderer  bedeutender  Gelehrten  nn/l  Scholmftnner  zu  , Gehilfen  des 
Ministeriums  des  öffentlichen  Unterrichtes".  Am  18.  Juli  erhielt  der  Mi- 
nister «les  Tnnem  des  Ministerinme  Wessnnberg- DoHlhoff,  Dr.  Anton 
Freiherr  von  Doblhoff-Dier,  die  I^eitung  des  UntemchtaininisteriumR, 
und  zugleich  wurde  der  obengenannte  Dr.  Ernst  Freiherr  von  Feuch- 
tersieben, der  auch  Dichter  und  ab»  Philoaoph  (Diätetik  der 
Seele)  sich  einet  bedentendeii  Bnte  exfteQte,  mm  UntetetaatMecfettr  in 
diesem  Ministerium  eraaimt.  Die  atfirmisehen  Octoberbige  nebst  anderen  Ur- 
sachen hatten  Fenchteralebetts  Bttektritt  eot  Folge,  dem  am  88.  NoTember 
Dr.  Josef  Alexander  Reifert  'später  Freiherr  v.  H.)  nachfolgte.  Anf 
Minister  Doblhoff  fol^^en  ebenfalls  in  provisorischer  Eigenschaft  der 
Finanzminis-ter  Philij)]>  Freiherr  von  Krauß,  vom  22.  NovP)nV»pr  1848  an 
dor  Ministfr  des  Innern  Fran7  <4  ruf  Stadion,  des.sen  wichtijfste  Tbnt  fiir 
da»  l'nterrirhtsweson  »he  Ijeruhuig  llt^rniann  Honit//  war,  und  der  ^Ilnl.■^ter 
für  Landencultur  und  Bergwesen  Ferdinand  Ritter  von  Thiunteld.*) 

Mit  Allerhöchster  Entschließung  vom  28.  Jnli  1849  wurde  Graf  Leo 
Thun- Hohenstein,  der  frühere  GnbenialpriUndent  (Statthalter)  von 
Böhmen,  nachdem  über  seinen  Wunsch  die  Cnitn  sagen  den  mit  denen 
des  Unterrichtmninisterinms  vereint  worden  waren,  zum  ersten  Minister 
für  Cultns  und  Unterricht  ernannte  Diese  Vereinigung  i^^t  seitdem 
geblieben,  findet  sich  übrigens  auch  in  anderen  St^iaten.  Unterstaat«secret4r 
blieb  Reifert,  und  zwar  bis  zum  1.5.  Juni  1863,  an  wpIi  h^m  T-.v^p  F>r  T,eo- 
pold  Hasner  Ritter  von  .\rtha  Vorsitzender  de^  i^ntug« hadenen ) 
Untf rrichtsrathcH  wurde.  Graf  Leo  Thun,  dessen  hohe  Verdienste  um 
unser  Hochschul-  und  Mittelschulwesen  ebenso  bekannt,  als  von  berufenster 
Seite ^)  eigehend  gewürdigt  worden  sind,  bekleidete  diese  seine  Stellung 
am  Iftngslen  von  allen  bisherigen  Qsterreiehiachen  ünterriohtsministem  (wie 
man,  das  größere  der  beiden  Tereinigten  Ressorts  h^rrorhebend,  gewöhnlich 
sagt),  nilnilich  bis  zum  20.  October  1860.  also  11  Jahre  und  84  Tage  ohne 
Unterbrechung.  Nach  seinem  Rücktritte  leitete  das  Ministerium  bis  zum 
4.  Februar  1861  der  inzwischen  in  den  Freiherrn«tand  erhobene  H*»lfert. 
dann  wurde  es  als  seib.^itändiges  MiniHtfrinm  uutgehohen  und  in  eine 
Abüieüung  des  Sfaatsniinisteriunis  verwandelt,  in  der  Reifert,  wie  schon 
gesiigt,  bis  zum  iö.  Juni  186.3  verblieb. 

Nach  der  BeactiTierong  des  Hinisterioms  für  Caltns  nnd  Unterrieht 
im  Jahre  1867  erhielti  nachdem  es  eine  Zeitlang  dem  Minister  des  Innern 


I  Frankfurt' 1-  i>.  1-16)  iiikI  am  h  Wuntliach  m-nn«'»  TIi  i  n  ii  f  i- 1  il  ,,il>ii  •  i>t' it  und 
i«UU>n  Miui»t<*r  fUr  Bci^wt-wo"  tu  0»tcrn.>H.'b,  wo»  den  Nauion  nach  ganz  richlig  i^t.  Alter 
thaUSchlicii  iat  auch  hmt»  noch  der  Aek«'rtMumiiii«t«'r  «igteleli  Minitter  fOr  «Im  B«>rKw«>!«n, 
un<l  OK  unt'M-^t'  Ji'  )i  -fiiv  uMfli  h»*iH«'  noch  fn«*'!"»?  'ffn  I.nn'l-  und  f«»P»twirt»chaftl)rh»'n  Schulen 
nic<lt'n'r  »ind  iiiittK  i-  r  Kau-gori«')  di<.'  von  I  ii i ii  n  i«- 1  ti  In'grttndf'U'n  D«- r gu  k u lieni  i «>n  in 
Leob*'n  und  I*i-il»rani.  l>«'r  ^'•■ni<in«jinipn  R^givrung  iMinislfriuni  de«  .\ulJ<>ni  od»*r  di-s 
Krieg«*»)  untentehen  di*'  k.  nnd  k.  orientaÜMbe  Ahiademio,  dM  Ic.  und  k.  höhere  Bildung»- 
in«ti(ut  rOr  Weltprieater  (AugusiintMitn) ,  «He  k.  nnd  k.  TbiennKneiNbole,  das  k.  nnd  k. 
nffi,  i- i-itrxliiorinstUiit  und  k.  'in.l  k  im -fntiTriHilsolnil«'  in  Pola ,  auUerdoni  einige 
XliliUlrvolksschult'n.  Pa^  g«'!»aininte  üttrige  iiivilej  Sehulwi'M.-n  HU*bt  iintvr  dem  k.  k.  Mi^ 
ni«terinm  fQr  l*ultiia  und  Unterricht. 

-)  S.  Fnink(ur«<r,  <i  ra  f  L<o  T  h  n  n  -  H  o  h  n  Mej  n  ,  Franz.  V.xn  ••  r  und  Hermann 
Bonitz,  Wli-n  Wti.  Willi«  Iiu  R.  v.  Halt«-!,  Fcstn-di'  zur  Entliüllung  d'sThun- 
Kxner>Bonltie«Df*nkinalR,  Wi«»  1808. 


Miwellea. 


<i  rufen  Eduard  Tu  äffe  unterteilt  gewesen  war,  mit  Allerhöchstem 
Handschreiben  vom  2S.  Juni  1867  desson  interimistische  Leitung  der  Jiisti/- 
ministfr  Dr.  Anton  Hitt»»r  von  Hye  (»päter  Freiherr  von  Hyr- 
<;  Inn  eck),  und  am  HO,  L>eceniber  18G7  wurde  Dr  Leopohl  H.  v.  Hasner 
Minister  für  Cultus  und  Unterricht.  W'm  Leo  Thun  fUr  dm  Hochsehul- 
und  Mittelachulwesen,  das  bedeutet  Hatner  fBr  da«  Volksschulweeen;  wie 
unler  jenem  der  berAbrnte  „OrganifAlioBieatwiirr  iwar  nicht  ent- 
fltandf  aber  snr  kaieerliclieD  OeaelmügttBir  und  Darebfthnmg  gelangte,  ao 
kam  nnter  und  dnreb  Hain  er  dae  Rridn-YolkMelnilgeaeti  »utande,  auf 
welcher  Qrundlage  sich  unser  Yolkaschulwenen  weiterentwickelte.  Hagner 
blieb  bin  zum  1.  Februar  1870  ünterrichtsminister.  Auf  ihn  folj?te 
Dr.  Karl  von  Stremayr,  de.««en  erst*-  Ministf'r.schaft  bis  znm  12.  Ajiril 
1870  wihrte.  Vom  12.  A)»ril  bis  zum  liO.  Juni  war  fler  .Iu><ti/ministor 
Adolf  Ritter  von  Tschahusrhnigp.  ehenfallo  ein  leichter  von  liut, 
wie  der  obengenauute  Feuchtersieben,  Leiter  deü  ^tdinisterium»  für  Cultu«« 
und  Unterridit;  vom  80.  Jnni  1870  bie  0.  Februar  1871  dauerte  Stremayr« 
zweite  MiniiterKfaall.  Von  dieaem  Tage  bie  lam  80.  October  deMelben 
Jahree  bekleidete  den  Pötten  dei  ünterriektmiiniatei«  der  biekerige  Vi- 
nisterialrath  in  diesem  Ministerium  und  Literat  Dr.  Josef  Jire<!'ek. 

Nachdem   nach   Jireceks   Rücktritte    interimistisch  Seclionschef 
Karl   Kidlf  r  7.x\m  2h.  Novenil)er  da.s  rnt<'rrif'hf«nnni«lfM-tnm  geleitet 

hatte,  wurde  mit  dem  «renHnntpn  Tage  Dr.  Karl  von  Stiemajr  zum 
dritteumale  ünterrichtsnnni.Hiei  und  blieb  es  diesmal  In.^  /.um  12.  Auguüt 
1879;  vom  15.  Februar  desaelbeu  Jahre«  an  war  er  zugleich  Vorsitzender 
im  Minitterrathe.  Vom  12.  August  ab  war  er  Justisminister  und  zugleich 
Leiter  des  Ministerioms  Ar  Cnltna  and  Unterricht  bis  som  16.  Februar 
1880.  In  Hasners  nnd  Stremayrs  Ministersehaft  ftUt  der  Abscblnss  der 
Reorganisation  der  Realschulen,  die  jedoch  sameist  Ton  den  einzelnen 
Landtagen  durchgeführt  wurde:  unter  Stremayr  erschienen  die  In> 
structionen  für  den  Unterriiht  an  Realschulen  (1879),  unter  ihm 
wurden  femer  zahlreiche  Gewerbe-  und  Fachschulen  ins  Leben 
gerufen. 

Die  eigentlich  organisatoriMchen  Arbeiten  auf  dem  liebiete  de«  ütlent- 
Uchen  Unterrichtes  fanden  damit  mehr  oder  minder  ihren  Abechluss,  und 
den  folgenden  lliaistem  blieb  mehr  die  Ao^abOt  das  Vorhandene  refor> 
mierend  and  ausgestaltend  fortaaftthren.  Dies  thaten  denn  anch  besonders 
Stremajrs  Nadifiilger  Dr.  Siegnund  Freiherr  von  Conrad,  der  vom 
16.  Februar  1880  bis  zum  5.  November  1885  Minister  fBr  Gultus  und 
Unterrieht  war,  und  dessen  Nachfolger  Dr.  Paul  Gautsch  von  Frank en- 
tlniru;  imter  er^teren»  orsrhienen  die  bekannten,  in  vielen  Punkten  pinz 
vor/.ü}^liihen  Instructionen  für  den  Unterricht  an  Hyninasien 
(1884),  der  letztere  entwickelte  auf  allen  Gebieten  des  l'nterrichtsweseu.s 
eine  gleich  intensive  Thätigkeit.  Insb^ondcre  seien  seine  Fürsorge  für 
eine  eingehende  {aehmflnnisdie  Schulinspection,  sowie  seine  groß  angelegte 
Action  tax  Verstaatlichung  fast  des  geaammten  weltlicheo  Mittelschul» 
Wesens,  die  freilich  infolge  ihrer  Kostspieligkeit  bis  heute  noch  nicht  sum 
Abschlüsse  K*dfU)gt  ist,  henrorgehoben.  Nicht  unerwähnt  darf  femer  die 
besondere  Förderung  bleiben,  die  er  den  archäologischen  Forschungen  und 
allen  kUnatleriachen  Bestrebungen  anged^en  ließ. 


Mi&celien. 


91 


Auf  Gauttoh«  der  inzwischen  mit  «einem  alten  Adelsptüdicate  ia 
den  Freihemistand  erhoben  worden  war,  folgte  am  II.  November  1893 
der  Abgeordnete  Prof.  Dr.  StaniülauH  Kitter  von  Madeyski  bis  zum 
19  Juni  1895,  der  auf  dem  Pfade  seinet«  Vorgängern  weifcrwundLltc.  auf 
ihn  als  Leiter  der  Sectinnschct  im  ünterrichtsministeriuin  Dr.  K(luar<i 
Hittner  bis  zum  üO.  Se|iteml)er  1895.  Von  die<»em  bia  zum  28.  Nf>v«'inltpr 
1897  war  Freiherr  von  liatttiich  zum  /.weitenmale  t'nterrichts<miaister, 
mit  diesem  Tage  wnrde  er  Ministerprilttdeiit  und  am  1.  December  1897 
der  bi«beri|(e  SectioiMchef  der  Coltuneetion  Graf  Vincens  BaiUet  de' 
Laiour  Minitter  filr  Cnltn»  and  Unterricbt 


Unser  Gymnasium,  hervorj,'p;?aiifren  aus  den  alten  Lateinschulen,  hatte 
bis  zum  Jahre  1848  sechs  ClflHsen.  die  vier  .so<?onannten  (» rfimma  t  i  f  a  1- 
clasnen 'Untcrclaüson)  und  di<'  zwei  H  u  ui  anit  ät  >«•  lassen  (auch  l'oetik 
oder  Poesie  un<l  Khetorik  genannt).  Ks  herrschte  an  dem>ielbeu  da« 
Classenlehrersyätem,  nur  die  Religion  hatte  stet«  einen  eigenen  Lehrer. 
Lehrgegenstibide  waren  außer  dieaer  Latein,  Geographie  und  Geicliiclite, 
Mathematik,  von  der  IIL  Clane  ab  auch  Griechvieh;  der  Unterricht  trug 
alte  ▼omehmliek  einen  linguistisoh^humantstischen  Charakter  und 
war  an  der  Mehrzahl  der  Ovmnai^ien  in  gpjstliehen  Händen.  Besonders 
ragten  drei  Orden  durch  ihre  Thütigkeit  auf  diei<em  Gebiete  hervor:  die 
Benedict  iner .  besonders  in  den  Al|>pnlHndem.  die  Piaristen  ^dif 
«Benedictiner  de»  Norden!«''  «genannt),  vorzugsweise  in  den  Sudetenlandern, 
und  bis  177;^  (Auüiebung  de«  Orden««)  di<-  Jesuiten.  Aber  auch  andere 
Orden  ertheilten  anstaltuweise  Gymuiiäialunterricht,  so  die  l<'ranci8caner 
(in  Tirol,  Krain,  im  KQstcnlande),  die  Cistercienser  und  Prftmon* 
■tratenter,  in  einzelnen  F&Uen  auch  die  Angnetiner,  die  Domini- 
caner nnd  die  Baiti lianer  Oiriechiseh-katholiiicher  Orden  in  Galisien), 
endlich  auch  Weltpriester. 

An  due  Gymnasium  tichlossen  sieh  die  zwei  Ly cealclasten  oder 
die  sogenannte  , Philosophie"  an,  die  bald  mit  der  Landesnniversität. 
bald  mit  einem  (iymnasium  in  (Inser)  Verl»iii<liiiiir  standen.  An  diesen 
Cla.s^sen  lelirten  Faihprofejisoren ,  ihre  lie.'*uther  galten  ul>  „iioier"  und 
wurden  bereits  „Herren"  genannt.  Der  erste  Schritt  zur  Vereinigung  dietier 
C]ai»en  mit  dem  Gymnasium  gettchah  schon  im  Mai  1848  unter  Minister 
Sommaruga  durch  Dr.  Frana  Exner.  Am  28.  August  1848  wurden 
^proriaoriifche  Anordnungen  fiber  dae  Studium  der  Naturgeschichte,  der 
deutschen  Sprache  und  der  Landessprachen  im  Sinne  der  Nationalbildung, 
der  alten  Sprachen  in  einem  freieren  Sinne"  getroffen,  und  noch  im  December 
des  Jahres  1848  erfol^fte  der  erste  Vereinigung« versuch  in  Wien.  In  den 
foli^enden  zwei  Jahren  kjim  die  Artion  /nm  Abschlüsse,  die  seclisclassigeii 
(iymnasieii  verschwanden,  und  e.-  wurden  il.uuns  entweder  Hchtcla!>aige 
Obergymnasien  oder  vierclas-nige  L  ntergy mnasien. 

Dem  Zui^mmen wirken  von  Franz  Kätner  und  Hermann  Bonitt 
verdankt  bekanntlich  der  berOhmte  Entwurf  der  Organisation  der 
Gymnasien  und  Realschulen  in  Österreich  seine  Entstehung,  der 
die  Grundlage  bildete  f&r  die  Weiterenttiricklnng  unseres  Gymnasiums  wie 
unserer  Keolschule.   Die  innere  Entwicklung  de:»  ersteren  hat  der  Ver^ 


^  kj  i^uo  i.y  Google 


92 


t'iisst^r  bereits  an  einer  anderen  Stelle^)  eingehenil  erörtert,  ebenso  die 
Weitet-liilduDgdeMelbentdaaUealf^ymnasium.  Was  aber  die  Realtchal« 
anbelanjjt,  5?o  mim"»  eine  einziehende  Darstellung'  ihres  Entwickhmgsjjanges 
einer  beiufeneren  Feder  überlassen  werden.  Hier  sei  über  dieselbe  nur 
Folgen  dp?*  »»rwiihnt. 

Im  Jahre  164^  und  vor  demselben  existierte  die  Realt^hnle  cigentlich 
fost  noch  nicht;  es  gab  nur  einige  wenige  Anstalten  sicher  Alt  luid 
Michen  NamoM,  m  die  Ludenreilechole  in  GtM  (1846  gegründet),  die 
Schottenfelder  Realaohule  in  Wien,  eine  deniidie  Renltcfaiile  in  Vmg 
(jetzt  I.  d.  St.  0.  R.),  eine  Art  deutscher  Realsehale  in  Reichenberg, 
eine  Realsefanle  in  Rakonit»  mit  geistlichen  Lehrern  (Piaristen).  Diete 
Anstalten  wnren  aber  keineswe^fs-  einheitlich  orgunisiert  und  dienten  pro- 
vinziellen lind  lornlpn  1  ntprt>«»sen.  Im  „Orffsinisrttionsentwnrr' .  flesseii 
HerausjT'^bejjihi  lK4fl)  als  das  GeburtKjahr  der  modernen  Realschuie  gelten 
kann,  erscheinen  drei  Arten  von  UeaUchalen  aufgestellt:  Oberreal- 
üchulen  mit  sechs  Clauen,  Unterrealschulen  mit  vier  Classen  und 
ttUTolktAndige  (später  nnielbeUlndige)  UnterrealHchalen,  nndswarmit 
drei  nnd  mit  swei  Glasten.  Nach  den  dort  anfgettellten  Lebrplftnen  and 
Gesichtspunkten  entwickelte  «ich  das  Bealscbulweeen  in  den  nichiten 
zwanzig  Jahren  bis  zur  Reorganisierung?  desselben  meist  dnreh  eigene 
Landesgesetze  (1869  bis  1B74).  Sehr  zahlreich  wurden  in  dieser  Zeit  die 
unselbständigen  ünterrealschnlen,  die  in  vieler  Beriehunsf  unseren  Bfirfjfer- 
schulen  vergleichbar  sind,  während  die  selbständigen  HealThnlen  wirk- 
liche MittolKchulen  mit  allenlin«^  etwits  niedriger  gesteckUm  Lehrziele 
(wozu  ja  schon  die  Classenzahl  nöibi^e)  waren.  Der  Ausdruck  „Bürger- 
sehnle"  Itlr  jene  findet  sich  schon  im  „Organimtionsentwarr  (S.  W). 

Die  fdgenden  Seffern  mOgen  nngeffthr  ein  Bild  geben  von  dem 
riesigen  Anwachsen  der  Zahl  nnseier  Hittelsehnlen  im  engeren  Smne 
(Ober-  nnd  Untergymnasien,  Bealgymnasien,  Real-  und  Ober- 
gymnaiien,  Oberrealschnlen  nnd  Ünterrealschnlen). 

^"^'c.l'ZSS?  «  ^  '' 

In  Österreich  u.  d.  Enns  9  88  mit  Offentlichkeitarecht,  1  ohne  dieses; 

,        „0.  d.,85p  ,  8,, 

,  iSaUburg  2  2  « 

^  Steiermark  4  8  « 

_  Kiirnten  2  3     ,  , 

Krain  2  ^     n  » 

dem  K liste  nlünde  .  .   4  « 

„  Dalniatien  3  , 

,  Tirol  nnd  Vorarlberg    6  11  , 

..  Böhmen  216^,  «  3„  « 

.  mren                     7  24    ,  ,  2  , 

.,  Schlesien  ......  3  7    ,  • 

Galizien  13  30    .  * 

,  der  Bukowina  ....  1  4    «  , 

■)  Prognmm  d«a  äUaui«Ob>>rgymiM«iai»*  in  MahrUcb-Tr&bau,  1K*4. 
*t  Außer  <l4>n  hier  g<>](lbli«>ii  gab  c»,  fowi«  auch  hmu*  noch,  *Aw  Anxsbl  kinMi*riielHt' 
Amtailpn  mit  Gymnitlalnnt^rrirbt. 


Digitized  by  CiOOt^I 


Miiicell«ii. 


93 


K«  gab  also  1818  im  ganten  Ül  Gjiunasien,  ^)  jettt,  Ende  Januar  1898 
gibt  et  193  mit  Offentliehkeitsreeht  tmd  8  (darunter  5  geistticbe)  ohne 
dieses.  Dabei  sind  die  oombinierten  Gymnasien  in  Cilli  (mit  selbständigen 
dentacb-slovenisehen  PacaltelclaNen)  und  in  Trient  (mit  acht  deutschen 
Parallelclassen)  als  Einheiten  gezählt.  Dazu  kommen  endlich  noch  die 
2  «Mädchengymnasien''  (Wien  und  Prag),  freilich  mit  anderer  Organi- 
sation. 

An  IteHiMhulfii  jcftliUc  uutu  1870:  Im  Jahrc         gibt  c»  doroii: 

In  den  Alpen*  und  Karstlftndem  S7         84  mit  öflfentliohkeitsreefat; 
,    ,  Sudetenlftndem    .  .  .  .  S7         54  «  , 
»  Galisien  und  der  Bukowina  .4  6  „ 

Es  gab  also  1870  im  ganzen  58  Healschnlen,!)  1898  gibt  ea  deren  94. 
Die  Ecichenberger  combinierte  Mittelschule  ist  sowohl  hei  den  Gymnasien 
als  auch  bei  den  Realschulen  gezählt.  HinznfrpffHjt  sei  noch  —  was  übrigens 
ja  all^^emein  bekannt  ist  — ,  dass  eine  überau.s  große  Anzahl  sowohl  von 
(ryninjisien  als  auch  von  llealschulen  Paralieldaswen  aufweist.  B»-!  dem 
einen  oder  anderen  Kronlande  könnte  man  sich  bei  aller  Öchul-  und 
Bildnngs&eundliefakeit  doch  wohl  versucht  fählen,  da  ein  quousque  tand&nt 
ansBorofen.  Dean  so  erfreulich  dieser  Anlschwong  unseres  Mittelsdiul- 
wcsms  ist,  so  ist  anderseits  nicht  au  übersehen,  dass,  da  jede  Anstalt  sich 
lebenst&hig  erweisen  und  erhalten  will,  so  manche  gezwungen  ist,  mit 
einem  minderwertigen  Schülerroateriale  zu  arbeiten  und  infolge  dessen 
die  Anforderungen  für  die  r.eistimgen  herabztidriicken.  Dass  aber  im  all- 
gemeinen noch  im  liier  ein  Zuwachs  an  Mittelschulen  nöthig  ist,  7oigt  die 
Frequenz  der  meisten  hauptstädtischen  Gymnasien  und  Realschulen.  Diesem 
Bedürfnisse  wird  aber  durch  die  Errichtung  von  Mittelschulen  auf  dem 
Lande  in  Kleinstädten  fisist  nie  abgeholfen,  da  die  Studierenden  seit  jeher 
ans  Terachiedenett  inneren  und  ftußeren  üxsachen  den  Hauptstädten  oder 
doch  größeren  Städten  snstrffmen. 

Da  ich  mich  ohnehin  «chon  etwas  toh  dem  eigentlichen  Zwecke  dtesi>8 
Aufsatzes  entfernt  habe,  so  eile  ich  sum  Schlüsse,  den  ich  in  den  Wunsch 
ausklin<?en  lassen  will,  es  möge  unsere  Mittelschule,  das  Gymnasium  in  50. 
die  Keaischuie  in  51  Jahren  in  noch  glänzenderer  und  abgeschlossenerer 
Verfassung  das  100jährige  Jubiläum  ihres  modernen  Bestände» 
feiern ! 

Marburg  a.  d.  Drau,  Ende  Januar  1896.  Josef  Hölzer. 


■)  Sullu  n  ilii-!>o  KWtM  Ziff«  ni  iiiclit  khiu  rii  Utig  *ein,  SO  tiigt  die  Schuld  daiM  mein 

BStürlicli  nicht  gauz  rollstUmligi.»  (^uvlli  iiiuatcriul. 


Literarische  Rundschau 


Hans  J.inuHc  hk.':  Das  Princip  der  Erhaltung  dev  Energie  und 
seine  Anwendungr  in  der  Naturlehre.  Kin  Hiitabuch  lür  den  höheren 
Cntt?mcht.  Leipzig.  B.  G.  Teubner,  l.SH?.  (455  JiS.  und  95  Figg.) 

Der  Verfaaaer  ist  eine  den  Physikern  liUigst  bekannte  Persönlichkeit. 

Wenn  ich  zmn  I>(  le«,'e  liiefür  —  abgesehen  von  seinen  /jihlreichen  anderen 
Publit iitionen  —  nur  im  Vorübergehen  an  «eine  Ahhanflhing^m  über  die 
Niveuutlilchen  der  Cyklone  (1882),  über  da»  Enoigieprincip  in  iler  Dynamik 
(1B84),  über  die  Ähnlichkeit  verschiedener  SpannungszusUinde  (1SH8),  über 
<h>  Hrtn})t-v'tt/,f»  lifr  luechani^-chen  Wärmetheorie  (1890),  über  die  Cberein- 
»tiuiuiung  der  physikalischen  Arbeits^eseUe  (1892)  und  über  den  Äther- 
druck  als  einlieitltche  Naturkraft  (1893)  erinnere,  so  wird  gewies  auch  das 
neueste  Wr-rk  dpssplbon  Autors  sofort  mit  Beifall  begrüßt  wer<lt'n. 

DnK  Buch  ^tollt  i-icli  dio  Aut'f^abe,  .Geltung  und  Anwendung 
des  En 0 r}^ i  j) r i n c i |>es  in  allen  Gebieten  der  Natu  r  lehre"  dar- 
suthun.  Hiezn  wartMi  hegreiflicherweipp  umfangreiche  Vorstu<Hen  noth- 
wendig,  und  wir  h'mltMi  thatnachlich  nicht  n  ir  iif  nnentbehrlielien  f^rtind- 
legenden  Arbeiten  von  ClausiuR,  Faraday,  Gaub,  Uelmholtz.  Laplace,  Max- 
well, R.  Majer  und  Newton  entsprechend  benfltst»  sondern  es  wurden 
auch  fü.st  alle  anderen  bekannteren  Forscher  und  Sammler  auf  pbysikali- 
schein  riebiete.  wie  Boltzmann.  E.  und  V.  Dühring.  Hehn.  Hertz,  v.  Lang, 
Mach,  .NUiHcart  und  Joubert.  F.  Neumunn,  Ostwald,  l'taundler.  Planck, 
Poincare,  Ueis.  Ho-ien berger.  Stefnn,  W.  Thomson  und  Tuit,  Tumlira,  Violle, 
Van  <h'r  Waals.  Wt^yraucli.  Wiedemann.  Winkelmann,  Wnllner  n.  s.  w. 
entweder  zuratbe  gezogen,  oder  der  Leser  wird  auf  deren  Schriften  auf- 
merksam gemacht. 

So  wird  ein  doppelter  Zweck  erreicht.  Der  Verfa^x  r  lirf.'rt  »  rotens 
den  Beweis,  dass  das  Energieprincip  keine  Zwangsjacke  für  den  G»^taiien- 
reichthum  der  Naturlehre  ist.  »Ume  im  allgemeinen  näher  auf  ?^xperimente 
einzugehen,  wozu  in  dem  vorziig^weiHe  theoretischen  und,  könnte  man 
sagen,  compendiös-encyklopildischen  Werke  thatsiichlich  der  Ratini  f>^hlt, 
leitet  Januschke,  immerhin  auf  Erfuhrung  freier  Fall,  Maschinenarbeit, 
Erregttng  und  Verbrauch  von  Wärme,  magnetische  Kraftlinien  etc.)  gestfiltst, 
die  wichtigisten  bekannten  Naturgesetze  ausnahmslos  ans  .l.-m  Prim  ipeder 
Erhaltung  der  Energie  ab.  Dabei  bedient  er  »ich  durchwegn  der  einlachsten 
mathematischen  Hilfsmittel.  Wenn  wir  auch  häufig  dem  Integralzeichen 
begegnen,  n>  neht  es  doch  immer  vor  den  einfachsten  nlgebraucben  Aus* 
dn'ickt'ii.  un<l  oft  ist  üVif-rtlie'?  fin  pmz  <'!e!nentarer  Weg  anj»e£»eben,  auf 
weichem  die  Integration  umgangen  werden  kann.  Begritte,  welche 
schwieriger  su  erfassen  sind,  werden  möglichst  leicht  eonstruiert  So  wird 
beispielsweise  zuerst  bei  der  Betrachtung  ein*M-  leiti-nileti  Kngel  definiert, 
was  Elektricitütsfi^rad  ist.  seine  Abhängigkeit  von  Ladung  und  Kadius  ge- 
zeigt, darauf  überjj;i  Kii»j4t'n  auf  beliebig  geformte  Leiter  und  nachgewiesen, 
dass  Elektricitätsgrad  und  Potential  dieselbe  Größe  sind.  Nach  Feststellung 
des  Begrilfes  der  elektromotorischen  Kraft  fällt  e-  ni.  ht  iu«  }ir  schwer,  die 
e^ektritiche  Dichte  und  die  elektrische  Spannung  von  ihr  zu  unterechctden. 
tiberhanpt  begegnen  wir  durchwegs  einem  von  glücklichem  Erfolge  be« 


Literarische  Kund«chau. 


gleiteten  Htreben,  ümttiadlichlMiteii  sn  yerroeicleii  und  trots  der  KOne 

manch«'!-  Schlussfolgeninpen  Klarlieit  und  t^.lri^lon  zu  wahren. 

Erfüllt  80  dm  Buch  die  ihm  zunächst  j^estellte  Aufgabe  in  an- 
erkennenswerter Weise,  so  bietet  es  zweitens  auch  demjenigen,  der  »ich 
mit  höheren  Studien  befassen  will,  eine  vortreffliche  Grundlage.  Viele 
Capitel  gfhf'n  üb^r  das  Lohrziel  unserer  Mittt Ischulen  hinaus;  neben  d»»m 
Energieorincipe  sind  theiis  erwähnt,  theils  angewendet  Ostwalds  Gesetz 
dee  ffrOfite«  UraHttMe,  Hein»  Inteonttiiipieieti,  Oinß*  Princip  de«  kleinsfani 
Zwanges,  das  TIerta'sche  Princip  nioglichRt  gera<ler  Bahnen  und  andere 
fundamentale  einsetze.  Da^ss  die  Lichitheorie  auf  die  Maxwell-Hertz'achen 
Grundgleichungen  des  elektioniugnetischen  Feldes  gestützt  erscheint,  ist 
in  eineni  l^ucho,  wie  dae  vorliegende,  selbstverständlich. 

Die  Einleitungen  zu  den  eiTT/elnnn  Abschnitten  br-nq-t^n  virlc  histori- 
sche Notizen;  z.  B.  über  die  Entwicklung  des  Principe^  der  Erhaltung  der 
Energie,  fiberVennehe  bezüglich  der  QrandeigemidMuFten  yon  Flfisngkeiten, 
über  Temperaturnie.Hsungen  (eine  Angahe  über  das  Celsius -Thermometer. 
S.  235.  ist  wohl  insofern  nicht  ganz  zutretiend ,  als  wir  die  Strötuer'schon 
Grade  irrthünilich  mit  „(J."  bezeichnen),  über  Heibungselektncität.  iibor 
Magnetismus,  Galvanismus  und  Licht.  Wenig  bekannt  ist  die  auf  S.  ööb 
mitgetheilte  interessante  Thatsache.  dass  die  Erscheinungen,  welche  Gal- 
vani  beobachtete,  schon  III  Jahre  vor  ihm  von  Swammerdam  gezeigt 
worden  waren. 

In  richtiger  Würdigung  der  nicht  oft  genug  zu  betonenden  That- 
sache, dasR  die  Kfnntni.s  der  Xaturj^esetze  allein  nicht  ausreicht,  sondern 
dass  stets  nach  Möglichkeit  deren  Cousequenzen  gezogen  und  dadurch 
dieselben  n  uns  erst  lebendig  werden  sollen,  sind  an  allen  geeigneten 
Stellen  des  Buches  Aufgjiben  beigefllgt.  dit»  lin  Verfasser  tli' il.  ^oll^t  zu- 
sammenstellte, iheils  vorliegenden  Sammlungen  {no  von  Reis,  Jb  Itedner  und 
Kreb«,  Bndde,  Maüer-Enbacb,  R.  Weber,  Maiß,  Danrar  n.  a.)  entnahm. 
Die  Ijö<4ungen  wurden  beigesetzt  und,  wo  ee  aaigemenien  ereeoien,  anch 
Andeutungen  über  den  I^f^songsweg. 

Schließlich  sei  noch  erwähnt,  dm^  am  Ende  de«  Buches  Berichtigungen 
beigegeben  sind,  welehe  von  ^iner  sorgfUltigen  Revinon  deeielben  dnrch 
den  Verfasser  zeugen.  Dem  Keferenten  fielen  nur  wenige  andere  un- 
bedeutende Versehen  (z.  B.  S.  302.  Z.  11  v.  u.;  S.  432,  Z.  lÖ  v.  u.)  auf. 

So  sei  denn  dieses  neue  Werk,  eine  Fracht  ▼ieljftbrigen  Stadium« 
und  ein  Product  geistvoller  Naturan?(hauung,  allen,  welche  sich  ein- 
gehender mit  den  rheorenien  d^'r  l'hysik  befassen  wollen,  besonders  aber 
jenen  wärmstens  emufohlen,  denen  angestrengte  Berufsarbeiten  nicht  ge- 
statten, selbst  aus  all  den  Originalarbeiten  zu  schöpfen,  deren  wichtigste 
Ergebnis^*  .Tanus(  hke  von  einem  9cMn9n  Gesichtspunkte  ans  so  einen» 
abgerundeten  Ganzen  vereinigte. 

Wien,  im  September  lö97.  Daurer. 


Dr.  Jos.  Cleui.  Kr  ei  big:  Die  Aufmerks&mkeit  als  WUlenserschei- 

nung.   V.  AI  fr.  Hölder. 

Der  Verfasser  dieser  Monographie  naeht  es  sieh  mr  Aufgabe,  das 
schwierige  Aufmerksamkeitsprobieni  einer  ebenso  fieiOigen  als  von  selb» 
^tiindigem  I  rthoile  zeugenden  Früfong  za  untendeben,  und  schlägt  dabei 

folgenden  Weg  ein. 

An  die  Spitze  der  Schrift  stellt  er  vorläufig  eine  descriptive  DeBnition 
der  Aufiut'rks;tnikeit:  ^T>i>'  Aufmerksaniki  it  i  f  i  in  Wollen,  das  darauf  ge- 
richtet iöt,  einen  äußeren  Eindruck  oder  eine  reproducierte  Vorstellung, 
beziehungsweise  bestimmte  Einzelheiten  darin  klar  und  deutlich  bewuwt 
zu  machen." 

Für  diei«e  durch  fünf  typische  Fälle  ilhwtrierte  Definition  sucht  er 
nun  tichrittweise  die  einzelnen  Bestandtheile  zu  gewinnen.  Zu  diesem 
Behnfe  begrentt  er  den  Willen  in  absiehtlich  weiter  Auffoosang  als  »Ver* 


Litei'uruche  Kundscbuu. 


ni<^n.  welches  aller  mit  4em  Erkenntnis  und  Gefühlsleben  verknüpften 

psychinchcn  Th;ttjp;kfit  zugrunde  liegt". 

Bei  der  wiilküriicheo  AiifmerksAmkeit  führt  die  innere  6eibätwahr- 
nehmung  dasn»  die  Anfinerkmaikeit  als  WUlenaersebeinnn^  anftttfusen. 
Bei  der  „unwillkürlichen  Aufmerk-;aiiikeit"  könnte  man.  wenn  man  den 
Procefitt  des  Wollens  festhält,  von  einer  contradictio  in  aäiecto  sprechen, 
welche  Schwierigkeit  aber  Terschwindet.  wenn  man  „ohne  Wollen"  gleich 
setit  ,.ohne  vorherig  bewiuwte  Vorstellung  von  dem  Gewollten'.  Weiter 
seigt  Kreibig,  dass  jeder  Versuch,  die  Aufmerksamkeit  unter  die  anderen 
anßer  dem  Willen  denkbaren  Grunde  lassen  der  psychischen  Phänomene 
(Vontellnng.  Urtheil,  Geftlhl)  einzureihen,  ebenso  misslingt,  wie  die  Auf- 
lösung der  Aufmerksamkeit  in  Vorstellungsassociation  .«^i'  h  ils  unmöglich 
erweist.  Die  noch  übrigbleibende  Möglichkeit,  die  Aufmerkttamkeit  auf 
rein  physiologische  Voi^änge  zurückzufilhren,  iflt  deshalb  zurückzuweisen, 
weil  eine  solche  physiologische  Erklärung  der  Aufmerksamkeit,  sobald  sie 
streng  materialistisch  ist.  nicht  geliefert  'verHen  kann.  Abgesehen  nämlich 
daTon,  da»,  wie  der  Verfasser  ganz  richtig  beuterkt,  die  Physiologen,  „so- 
fern sie  eine  .Ableitanfi^  oder  Zarflekfllhrung''  der  psychisehen  Ertchet* 
Hungen  auf  physische  anstreben,  vor  allem  bei  dem  Phänomen  der  Auf- 
merksamkeit an  der  Grenze  ihrer  principieilen  Leistungsfähigkeit  angelangt 
sind,  so  sind  die  Elementarfunctionen.  das  zum  Klären  und  Verdeutlichen 
nothwendige  Vergleichen  und  Unterscheiden  beim  Aufmerksamkeitsucte. 
physiologisch-mechani.sch  nicht  erklärbar,  abpr  nnch  nicht  der  übrige  Pro- 
cess  beim  Aufmerken.  Dieses  Klären  und  Verdeutlichen  ist  aber  nach 
Kreibig  in  Übereinstimmung  mit  einer  Reihe  Ton  Antorra  das  Ziel  des 
Aufmerksamkeitswillens,  indem  die  Aufmerksamkeit  nicht  nur  «'ine  Vor- 
stellung von  der  anderen  scharf  unterschieden  ins  Bewusst-sein  bringt, 
sondern  auch  ihrem  Inhalte  nach  deutlich  bewusst  macht.  Als  Objecte 
des  Aufmerken«  sind  alb*  Sinneseindriickc  einschließlich  der  am  oder  im 
Inneren  des  Leibes  localisieiten  Gefühle  (,sinGere  Eindrücke").  ;ibf^r  auch 
die  reproducierten  Vorstellungen  im  weiteren  Sinne  zu  nennen,  welchen 
xwei  Arten  der  Objecto  nach  Herbarts  von  Kreibig  Tertbeidigter  Ansicht 
die  zwei  Grundtjpen,  «die  sinnliche  nnd  die  intellectoelle  Aufmerkumkeit* 
entsprechen. 

Kreuzt  man  hiemit  die  in  wilikflrlicbe  nnd  unwillkürliche  Aufmerk- 
samkeit, so  ergibt  sich  folgendes  Schema:  Aufmerk.sanikeit :  1.  sinnliche. 
a)  willkürliche,  nnwillkürliche;  2.  intellectuelle.  n)  willkürliche,  b)  nn- 
willkürliche.  Einen  Wettstreit  zwischen  intellectueiler  und  sinnlicher  An- 
schauung leigen  s.  B.  die  Erscheinungen  in  suggestiven  Zustfoden.  in 
welchen  da^  intellectuelle  Object  solche  psychinche  Bedeutun«^  erreicht, 
dass  selbst  krivftige  äußere  Heize  nicht  bewuHst  werden.  Oft  wirken  aber 
diese  beiden  Arten  der  Aufmerksamkeit  zusammen,  so  in  der  Ergänzung 
der  äußeren  Eindrücke  durch  reproductive  Hilfsvorstellungen  (Interessen- 
kreis,  Milieu  etc  )  Di*^  Fraee  nach  der  Entwicklung  beantwortet  der  Ver- 
fasser dahin,  dass  die  unwillkürliche  und  anderseits  die  sinnliche  primäre, 
die  willkOrliehe  und  intellectuelle  Aufmerksamkeit  secnndftre  Formen  der- 
selben >in(1  I'  i^>f^i  vr>r  ^i'  !,*  nr  mir  vermutlmngsweise,  nicht  als  Th»'orit\ 
eine  Erklärung  der  Erwerbung  willkürlicher  Aufmerksamkeit  beim  Kinde 

Als  einzelne  Stadien  des  psychischen  Verlaufes  der  Auf- 
merksamkeit erkennt  der  Verfasser  1.  das  Hauptstadium  der  Erwartung. 
welch«*s  charakterisiert  ist  durch  Jen  aTiftauchenden  iiul>ertii  Findruck 
oder  die  reproducierende  Vorstellung,  die  die  ErwartungRvor.Htellung  be- 
stimmen, oder  auch  durch  Veranstaltungen  des  Willens  zum  Zwecke  de« 
klaren  und  N  ttlioben  Bewusstninchen«  ( Associationshilfe.  Adaption  der 
i^inne8orga^e  und  sonstige  Innervaiioneu;:  2.  Hauptstadium  dt  r  Fixip- 
rung.  und  zwar  der  ins  Bewosstsein  tretenden  Vorstellung.  Veij^h  ichun«; 
der  fixierten  und  der  Erwartungs-Vorstellung  und  Assimilation  der  Er- 
wartun<rsvnn5tplhmfr  durch  die  fixierte  Vorstellung  A\h  besonders  instruc- 
tives  Beispiel  führt  der  Verfasser  an:  .Fernand  sieht  am  Wege  etwas  wie 
eine  Goldmünze,  darauf  folgt  Erwartung,  eine  solche  zn  finden,  darauf 
ABsimiktion  der  fixierten  Vorstellung  an  diese  Erwartungsrorstellung.  daher 


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Literan^icbti  Kund/ichau. 


97 


Deutung  aU  GoKlmünze  Mit  dem  Erkennen  des  beleuchteten  Olimmer- 
stückes  lic'i  niiheiem  Zus.'lu-n  vf'r>:(hwind<'t  lias  As>ociationsintf' i-m.sko,  mein 
Aut'merk^amkeitswiile  10t  daher  wieder  für  andere  Objecte  IVei.  Die  ße- 
tiehuDg  von  Aafmerkmmkeit  nnd  Übung  liegt  nicht  in  einem  Ausfallen 
von  Einnellunctionen.  >«>ndem  vielmehr  in  einer  Veränderung  der  psychischen 
Arbeit,  und  daher  /Mitlit  he  Bpsrhlcuniirnnj;  <ler  A^-^ociationen  und  Inner- 
vationen, wobei  <iie  AutiiK-rkNaiukeit  si(  Ii  vermindert. 

Auch  ülter  ünaut'merk«amkeit  und  „Zerstreuung"  sj)richt  der  Ver- 
fa-J'-tM-.  und  will  unti-r  Iftztoren  Bc^'iitV  nur  das  „planlose  Hin-  und  Her- 
wandern"  schwach  concentrierter  unwillküriichet-  Autmerksamkeit  aub- 
samieren. 

„Spanniinij,  Cnnccntration .  ."^tiuke.  Intensität"  sucht  Kreibig  in  der 
Weise  zu  diHi'renzien'n ,  diuss  er  unter  dem  ersten  Terminus  ein  Maß  von 
^psychiRcher  Bereit>c halt"  im  Erwartungsstadium,  unter  Conecntiiition 
ein  Maß  von  Enge  der  Aufmerksamkeit  während  des  Fixiernngsätadiums 
versteht.  ^Stärke"  und  „Intensität"  betretet«  bald  Spannung,  bald  (.'on- 
eentration.  Dann  untersfcheidet  der  Verflu^üer  lui  Anschlusüe  an  selbstgemachte 


Zu-  und  Abtiahme  der  Mäi  btigkeit  des  Willens  im  Erwarten  oder  Fixieren, 
und  zwischen  Oscillation  der  Aufmerksamkeit, einem  «Hin-  und  Uerwandem 

des  Blickpunktes"'. 

In  den  Capiteln  (VI.  l>is  IX.  inclosive)  sind  die  Leistungen  der  Auf- 
tn«  rl>;i mkeit  innerhail»  der  Verstellungen  im  allgemeinen.  li>  i  der  l{e])ro- 
•  iuctuin.  bei  der  Bildung  von  Begriti'en  und  endlich  auch  bei  den  abnormen 
Steigerung»-  und  Zwangserscheinungen  in  suggestiven  Zust&nden  besprochen, 
l'ni  nur  einiges  aus  die>em  Ab.si  hnitte  hervorzuheben,  so  «ibt  Kn^ibig  für 
die  Erscheinung,  dass  ilie  .Vulmerksauikeit  tHe  Stärke  der  Kmptindung 
steigert,  die  Erklärung,  liass  die  Stärke  der  Emj)Kndung  durch  den  Reiz, 
und  die  Emptindlichkeit  bestimmt  wird,  die  Autm*  !  k-,imkeit  aber  erhöht 
tii«'  Emi>tindiichkeit  und  da<liirch  auch  die  Stärke  d.T  lüiiptindung.  .\ueh 
die  Leistungen  der  Aulmerk^amkeit  in  räumlicher  Beziehung  (.Doupei- 
deutung  bei  der  SchrOdor'schen  Tiepi>enfigar)  und  in  zeitlicher  Beziehung 
linden  eine  klare  Darlegung.  Mit  Ib  cht  tblgt  der  Verfasser  tler  Abstractions- 
theorie  bei  iler  r>ar>tclliing  der  BiUlung  der  Gemeinvorstellungen  uml  Be- 
griÜ'e.  Wenn  aber  nach  -einer  Darstellung  die  ältere  Abstractionstheorie 
darin  unrecht  hal>en  »»,1  ,  1  s  .sie  „von  einer  Thätigkeit  <les  Nichtberück- 
-ichtigens  von  .Meikiuait  u"  spricht,  so  scheint  dies  mir  doch  nicht  als  ein 
p.sychoiogiäches  Unding,  indem  ich  doch  wohl,  um  das  angeführte  Beispiel 
letttzuhalten.  in  drei  verschieden  gefärbten  Scheiben  ganz  wohl  meinen 
Willen  auf  ein  Merken  einer  bestimmten  Farbe  und  zugleich  das  Nicht- 
merken  der  anderen  richten  kann.  Dass  auch  bei  der  BegriHsbildung  das 
„Zurücktreten  der  nicht  hervorgehobenen  Merkmale"  nicht  >o  „von  sellKst", 
wie  der  Veriass-n-  meint,  geschieht,  sondern  auch  dal»ei  eine  Willensthätig- 
keit  liemerkiiar  i-t.  /.i-ii;t  sich  elien  darin,  d.iss  es  Mühe  kostet,  die  indi- 
viduellen Merkmale  der  anflchaulicheu  Vorstellung  von  dem  »Begritfe" 
fernzuhalten. 

Ib'e  '"teigerung^s^ufen  der  .\ufmerksanjkeit,  welche  nach  Kreibig 
einerseits  den  (»rad  tler  Concentration ,  anderseits  den  correlaten  (b-fühls- 
factor  betroffen,  roichen  von  dem  bloßen  .Merken  durch  das  Bemühen, 
fixieren  bis  zur  lukhsten  .Stufe  der  .Aufmerksamkeit  in  suggestiven  Zn- 
stän<len.  widche  dem  Verfas.ser  (bdegenheit  Lrel»en  .  verx  liiedene  ]•',]]]<'  der 
Suggestion  zu  besprechen.  Im  Folgenden  wird  di'  i  ntücheuiende  Wirksam- 
keit des  Aufmerksamkeitswillens  innerhalb  des  hypnotischen  Erscheinung»* 
gebietes  besprochen.  Die  dem  GefQhIsfa(!tor  entsprechenden  Steigerungs- 
.stufen  sind  durch  sprachiiclie  iermini.  wie  Erstaunen,  Entrüstung,  Ent» 
.setzen  ete.  festgehalten.  In  tiem  .\bschnitte.  der  die  (.'Ijerschrift  „Auf- 
merksamkeit und  Willensfreiheit"  trägt,  tritt  der  Verfasser  für  eine  durch- 
gängige {isychi-cle'  Cmsaiität  ein. 

Die  scheinbar  den  Indeterminismus  unterstützende  Erwägung,  dass 
die  Aufmerkflarokeit  einem  Motive  unabhängig  toh  seinem  Inhalte  (die 
Lust  am  Geldbesitze  kann  so  beim  Stehlen  durch  Aufmerksamkeit  auf 

„ÖstPiT.  Slittclflcbulc".  XII.  JabiK.  7 


Versuche  mit  tikenden  Uhren 


-lÜ  •  ^-J  ^J^'' 


98  Literarisclie  Rnndachao. 

,Hück»icht  auf  fmiules  Ijciii'  ticwillti«^!  werden)  zum  Sic^'c  vprhelfVu 
kann,  erhült  dadurch  eine  entgegengesetzte  Hicbtung,  diu^  die  Aut'iuerk- 
aunkeit  als  WoHung  nicht  frei,  nur  die  am  naeiiten  gef&blsbetonte  Vor' 
Stellung  begünstigt,  so  dim  die  Freiheitrtheae  in  ungereimter  Weise  auf 

das  Gelnhl  sich  zurfiok'zöf^'p. 

Den  Abschliiss  dos  Hiiches  bildet  ein  sein  u  f^eordneter  historischer 
Cborblick  einerseits  über  dio  psychologischen  <XI  i.  iinderseit.s  über  die  rein 
physiologisch«'!!  i  beorien  der  Aufmerksiiinkeit  (XII.)  zum  Zwei  I  i  I  m-  Aus- 
einandersetzung ded  Vürt'üiserä  mit  den  der  Auffassung  der  Auiuierkijumkeit 
als  Wülenspbftnomen  enti^egenstehenden  Gmndlehren,  sowie  der  Ver- 
gleichung  voluntaristischer  Theorien.  Wilbrend  der  XI.  Abschnitt  mehr 
kritiaierenden  Charakter  tn'ifjt,  ist  dor  XII.  rein  leferiprend. 

Wenn  nun  der  Vcrtasser  in  einer  Schlussbemerkung  diese  iui  Geiste 
der  modernen  de-eriptiven  Psycholojjrie  -^^ehaitene  Durstellung  eines  der 
ächwieri<^sten  I'rnl)leinc  (b'r.ielb'-n  als  einen  «Baustein"  lietrachtet  wiesen 
will  zum  neuen  Gebäude  derselben,  dessen  Errichtung  langsam,  aber  sicher 
fortschreitet,  so  yerdient  nach  dem  Ermessen  des  Referenten  dieser  sein 
Beitrag  zu  den  ErrangenschaAen  der  ^eueren  Ptayehologie  diesen  Namen 
mit  vollstem  Uechte. 

Wien.    Gustav  Spengler, 


Lnise  Hairen  und  Anna  Bejer:  Wie  lässt  Sieh  die  Erziehung  der 

weiblichen  Jugend  in  den  höheren  Berufsclassen  unseres  Volkes 
vom  15.  bis  zum  20.  Lebensjahre  am  zweckm&ßlgsten  gestalten? 

Gekrönte  Preisarbeiten. 

Im  Üctober  de.s  Jahres  1895  beschloas  der  Senat  der  königlichen 
Akademie  gemeinnütziger  Wisisenschaften  zu  Erfurt,  für  das  Jahr  1896  die 
oben  angegebene  Preisanfprt'be  r.n  stf^Uen.  Es  liefen  uHbrend  de>  Jahre«« 
lb96  im  ganzen  28  l'reisarbeiten  ein.  l'uter  diesen  wurden  zwei  als  ganz 
hervorragende  nnd  gleichwertige  Leistungen  befanden.  Ea  wurde  daher 
beiden  der  volle  Preis  von  '100  Mark  zuerkannt  Die  Verfasserin  der  einen 
Arbeit  ist  die  Sehnt  täte  iierin  Kniulein  Luise  Hagen  in  Uerlin,  die  der 
anderen  Fräulein  Anna  Beyer,  Lehrerin  an  der  städtischen  höheren 
MAdeiien^i  hulc  zu  Fornt  in  der  Lausitz.  Beide  Arbeiten  sind  abgedruckt 
in  den  Jahrbüehcrn  der  königlichen  Akademie  gemeinnütziger  Wis.<?en- 
achaften  zu  Erfurt,  Neue  Folge,  Heft  XXIII,  Erfurt  1897  (erstere  Arbeit 
44  SS.,  letztere  42),  sie  sind  aber  auch  in  Separatabdrficken  «n  haben  bei 
Karl  Villaret  (Arthur  Frahm)  in  Erfurt,  b  Ii  irl.nibe.  den  Herren  C'nllef^en 
einen  Gefallen  zu  erweisen,  wenn  ich  sie  auf  die.se  trelllichen  Arbeiten 
aufmerksam  nuiche.  Gewiss  haben  schon  manche  unter  uns  lebhaft  darüber 
nachgedacht:  „Was  soll  ich  mit  meinen  Töchtern  anfangend  Jeden,  der 
in  dieser  Ln^'e  iwt,  muss  es  interpolieren,  wie  man  in  Deutfc  bland  darflber 
denkt    Ich  unjpfehle  daher  jedem  die  Leetüre  der  beiden  Arbeiten. 

Wilfa.  Schmid:  Der  Attlclsmus  in  seinen  lütuptvertretern  von 
Dionysius  von  Halikarnass  bis  auf  den  zweiten  Phllostratns. 

Begisterband.  Stuttgart,  Külilhinmner.  1S97  *>3i        6  M. 

Mit  dem  vorliegenden  Registerbande  ist  das  höchst  vertlienstliche 
Werk  m  Ende  gebracht.  Ich  habe  die  ersten  vier  Rftnde  in  dieaen  Blättern 

kurz  angezeigt  {lU,  118  1  JV.  279^:  VIII,  318;  X.  118).  Dem  Wunache, 
den  ieh  bei  der  Anzeige  dej^  I\  .  Bandes  ausgesprochen  habe,  es  mögen  die 
Register  möglichst  ausführlich  sein,  ist  so  ziemlich  entsprochen  worden. 
Sie  zerfallen  in  ein  Sachregister  (52  SS.)  und  in  ein  Wortregister  (172  SS.). 
Der  Wrirtsdiat/  d*'s  Lm  ian  i«t  nur  in>oweit  aufgenommen,  als  es  fiir 
den  Zusammenhang  des  ganzen  Werkes  uöthig  scliien.  Kraat«  dafür  bietet 
der  Index  Ludaneus  von  Jakobitz.  Durch  diesen  Regiaterband  ist 
Benützung  des  Werkes  wesentlich  erleichtert  Die  (^-lehrtenwelt  ist  dem 
Verfafiser  für  sein  mühevolles  Werk  zum  größten  Danke  verpflichtet. 


Literarisclie  Kundgcbaa. 


99 


St.  Fellner;  Die  Homerisehe  Flara.  Wien«  H5Ider,  1897.  84  SS.  70  kr. 

£in  sehr  anregend  geacbriebenes,  für  Philologen  ebenso  wie  fttr 

Botaniker  interessantes,  gehaltvolles  Schriftohen .  dorn  die  weiteste  Ver- 
breitung zu  wünschen  iat.  Der  Herr  Vertktiäer  hat  sich  in  der  ziemlich 
reichbaltigen  Literatur  Ober  unseren  Gegenstand  genügend  umgesehen 
und  trägt  seine  Ansichten  mit  großer  bidierheit  iror.  Das  ist  auch  in 
Fällen  ^schph<»n.  hei  denen  die  Sache  imnjprhin  zweifelhaft  ist.  Ich  will 
dem  Herrn  Verluaser  desw^eu  keinen  Vorwurf  machen,  die  Arbeit  liest 
sich  so  glatter,  als  wenn  flberall  Zweifel  ausgesprochen  wären.  Derjenige 
freilich,  der  sich  mit  unseren  Fragen  eingehender  bcschäftijjt  hat,  wird 
öfter  ein  Frageseichen  an  den  Kand  setzen.  Auch  hätte  ich  gewünscht, 
daes  die  benfltzte  Literatur  etwas  genaoer  angegeben  worden  w&re.  So 
habe  ich  nicht  ermitteln  kOnneOi  ob  von  Hehns  Culturpflanzen  die 
allein  maßgebende  6.  Auflafrp,  versehen  mit  linguistischen  Zusätzen  von 
0.  Schräder  und  botanischen  Beiträgen  von  Engler,  benutzt  wurde 
oder  eine  frtlhere.  Wenn  (S.  15)  behauptet  wird,  die  Insel  Cypern  habe 
von  der  Cy|»re88e  den  Namen  erhalten,  so  ist  dies  an  und  fTir  .sich  nn- 
wahrscheinhcht  aus  sprachlichen  Gründen  aber  kaum  möglich  (vgl.  Hehn*', 
8.  282).  £her  ließe  sich  das  Umgekehrte  anneinnen,  der  Banm  habe  von 
der  Insel  den  Niinien  erhalten;  ich  erinnere  an  den  Sebenbanm  ««■  Sa- 
bina arber.  Inwahrscheinlich  ist  ferner,  dass  hochdeutsch  Kanne  auf 
griechisch  xäv/^  beruhe  (vgl.  Kluge-'.  S.  184).  Auch  gegen  die  von 
unserem  Herrn  Verfasser  vertheidigte  Deutung  des  Homerischen  ^fiiöz  als 
Kastanie  hat  Murr  (Programm  des  Gymnasiums  in  Innsbruck  1888; 
derselbe:  „Pflanzenwelt  in  der  griechischen  Mythologie",  Innsbruck  1890, 
8.  4,  A.  2)  gewichtige  Orflnde  vorgebracht,  die  meines  WisMus  Ton  nie* 
mandem  widerlegt  worden  sind.  ,.Der  obersten  Gottheit  gehört  überall  die 
Kiche."  <?ag:t  0.  Schräder  („Sprach vergleichnnir  und  rrgeschichte"^.  S.  404). 
Nun  lidirt  aber  der  Zea«  von  Dodona  unter  anderen  auch  den  Beinamen 
y»jY«va:o;.  Sollte  dieser  Zeus  wirklich  ein  Maroni-Mann  sein?  Dass  «Tj^ö? 
eine  Eichenart  bezeichnet,  ist  ohne  Frage  Dies  kann  nur  die  Knopper 
eiche  sein  (Quereus  Aegilop,  L,),  d^en  Eicheln,  wie  Ueldreich,  einer 
der  besten  Kenner  Oriechenlancn,  berichtet,  ailß  lind  und  j<m  LandToIke 
noch  jetzt  roh  oder  geröstet  gegessen  werdien.  Ein  Register  Homerischer 
Fflanzennamen  wäre  erwünscht  gewesen. 

Wien.   Dr,  Vol.  Eintner. 

H.  S.  Schmid:  Kunst-StU-UnterselieidUllg.  Fflr  Laien,  Kunstfreunde. 

Gewerb-lente  etc.  22  Stilarten.  240  lllnstiationen  C,.  Franz'sche  Hof- 
buchhandlung. .München  1897.  3.  bereicherte  Auflage.  1  M.  25  Pf, 
Auf  14  Tafeln  und  44  Seiten  ist  des  Wis-senswerten  und  Charak- 
teristischen soviel  übersichtlich  und  allgemein  verständlich  zusaminen- 
gestellt.  da.-'s  jedem  Neulintre  in  der  ]viinst;,'e>chiohte  binnen  kurzem  alle 
zu  intensiv'erem  Studium  nothwendigen  Grundbegnöe  und  Fachausdrücke 
geläufig  werden  mfissen.  Das  Büchlein  ist  nicht  nur  fOr  den  Lehrer  der 
verschieden.sten  Fächer  wertvoll,  sondern  anchfOrunsereSchfller  eii  i{  !i  lilens- 
wert.  Die  gute  nf  nähme,  die  es  seit  seinem^  Erscheinen  vor  drei  Jahren 
(1894)  fand,  spricht  a?n  benten  für  seine  Qualität. 

Das  alte  Rom  mit  dem  Triumphzuge  Constantins  312  n.  Chr.  Kund- 
gcniälde  von  Prof.  Bühlmann  und  Wagner  in  München.  Hanfstaen^cl» 
Kunstverlag.  München  1892.  Photographie  dannch  in  Leporelloform  6  M. 
Textheft  dazu  mit  Situationsplan.  Verlag  der  Panoramagesellschaft  1890. 
60  Pf. 

Auf  diese  vorzügliche  und  sehr  instructive  Publication  machen  wir  die 

Vorstände  der  Cabinette  für  tieographie  und  (Jeschichte  aufmerksam.  Der 
billig  Preis  ermöglicht  leicht  die  Ansehaffnni?  iind  «steht  in  keinem  Ver- 
hültnisse  zu  der  Schönheit  des  Gebotenen.  Der  Name  des  Architekten 
fifihlmann  bllrgt  fttr  das  Beste. 

Tr Oppau.    Rud,  BÜtk. 


100 


Literurisehe  Uundschan. 


i)y  T  Küt'ik:  Realerklärung-  und  Anschauungsunterricht  beider 
LectUre  des  Tacitus.    \\  ien  lsi^7.    A.  Hölder.   bö  S.    1  ti.  20  kr. 

Die  Abhandlung  euthält  i<ositiTe  und  detaillierte  Vorschläge  darüber, 
,W0  nuiK  am  pauendsten  mit  rint  r  Kciilerklilrung  oder  dem  Vorweihen 
eines  Ans.  hatiungsmittels  einsetzen  köimti"."  Berück^ichtij^t  sind  nur  die 
«belesensten  i^artien  des  Tacituü  (ann.  1— V,  XIV,  XV;  hist.  I,  vuii  deu 
üitrig<'n  Bachern  die  Auswahl  in  Weidner«  Schnlani^iibe  des  Tucitus); 
(las-  fünf  Bücher  dor  \nnulen  von  der  rntetsnohnnjT  i^an/.  au.sge>it.hlo.->on 
worden  äind,  obwohl  doch  jede«  von  ihnen  auch  für  die  Schule  geeignete 
Partien  enthftlt,  wird  mancher  Leser  bedauern.  Der  Stoff  ist  bflcherweiBe 


Wesen,  öffentliches  Leben,  Privatleben.  Saerales  (MythoTo- 
giächeii).  Öffentliche  Spiele,  Porträts:  die  VI.  Ahtheilung  war  mit 
der  III.  va.  verbinden.  Den  Scliluss  (8.  558— b6)  bildet  eine  Übrnicht  der 
vorkonimenden  Localitiiten  und  Realien  mit  Rücksicht  auf  den  AnschauimL's- 
unterncht.  Auf  das,  -wm  die  Cicero-  und  die  Horaz- Leetüre,  zumtheii 
auch  die  anderen  Schnlautoren,  Einschlägiges  bietet,  ist  regelmäßig  Bezug 
genommen.  Die  Ge<r<'n\v.iif  winl  oft  treffend  mit  dem  Alterthume  in 
Wechselwirknnir  f,'e«etzt^(8.  20:  30.  A.  4;  87  nebst  A.  4;  55;  5Ü,  A.  1:  66; 
67;  6'S;  71;  74,  A.  2;  77,  A.  5*.  Der  IniuiiL  der  Abhandlung  entspricht 
insofern  nicht  ganz  dem  Titel«  als  die  KealerkläniDg",  wie  schon  die 
erwähnt'^n  < Jpsichtspunkte  zeigen,  nur  innerhalb  eng  go/o^joner  <irenzen 
behandelt  wird;  auch  lumi  aich  keine  objective  liichtM^huur  erkennen, 
nach  der  über  Aufnahme  oder  Ausscheidung  von  Realien  entschieden 
wonli  ti  wiire;  denn  »s  \v<rden  nicht  bloß  solche  herangezogen,  für  die 
ebt'M  An.-schauungsmittei  in  Betracht  kommen.  Dass  der  VertassC^r  eine 
beiu  iUc-nswerte  Siichkenntuis  bejutzt,  verräth  jede  .Seite. '  I 

Im  An.schhisse  an  die  Besprechung  dieser  Abhandlting  seien  aber 
noch  einige  Berne rknn^'-''Ti  ullgemoimr  .\rt.  gestattet,  ili.-,  wie  ich  hoffe, 
die  Überzeugung  vieler  Coliegen  ausarücken.  Litt  der  philologische  Unter- 
richt früher  an  der  grammatischen  Hyperbel,  um  mir  eine  Wendung 
0.  Jägers  aii/iii'i;:iien,  so  fangt  er  nunniehr  schon  bedenklich  an.  an  der 
Hyberbel  der  Mi  alu  n  nud  der  Anschauung.^mittel  zu  ki-anken  —  vii  Il-  ii  ht 
bis  jetzt  noch  wenig  in  der  l'raidü.  aber  gewiHs  schon  in  der  LitL-rulur. 
Das  beweist  auch  unsere  Schrift.  8.  66  z.  B.  verweist  der  Verfa.s.ser  auf 
die  .Xbbilibmg  eines /i*/rrr?/7/?.  wenn  auch  nur  iiciii nl.,  !.  S.  C"  firulct  or  fs 
erwähuetiäwert,  da*4>  die  cnhortes  viyilum  keine  tibicines  und  cuniicuws, 
wohl  aber  eine  groüe  Anzahl  budnatores  hatten  n.  s.  w.  8.  64  empfiehlt 
er  ann.  XV  1  — 17  (die  Ereignis.se  der  Jahre  61  und  62  im  Kampfe  mit 
den  Parthern  und  Armeniern)  „ganz  bo n «1  i  für  die  Lectine;  etwa 
wt  il  ijiaii  für  da-s  Kriegswesen  iler  Römer  uiul  riUtiier  manches  daraus 
leim  II  kann  und  einige  Stellen  der  Horaz- Lectiire  dadurch  im  vorhinein 
i'iii,-  lit  leuchtiing  eiTahren  (vergl.  S.  G'.  A.  Ii?  [<  Ii  finde  die  .Abschnitte, 
welche  die  rartherkriege  betreffen,  nur  in  beschränk  teste  ui  Maße  für  die 
Schule  lesenswert  (ver^.  das  8.  7  angeführte  Progr.  8.  «  f.).  Zum  T.  Buche 
der  Annalen  werden  ungefähr  40  (Jelegenheiten  zu  Keab'rklärnng  und 
AnsihanuiigMuiterricht  naudiaft  gemacht;  daV»ei  sind  aber  wohli^eiiierkt 
die  wichtigen  (Jebiete  der  Staatsgewalt,  der  Staatsverwaltung,  der  Kriegs- 
geschichte, auf  welche  gerade  die  ersten  1.5  Ca\)itel  der  Annalen  vielfach 
einzugehen  zwingen,  kaum  gestreift.  Der  Verfa.sser  scheint  selbst  zu 
fühlen,  da.ss  er  deu  Anfang  der  Annalenlectüre  tC  1  —  10)  mit  IteaJ- 
erklärung  überladen  hat  (vergl.  S.  26),  er  erklärt  auch  sonst  öfter  die 
Vorweisung  eines  Bildes  für  unnüthig  <vergl.  z.  B.  S.  16,  57)  und  äußert 
sich  aiirfi  am  Schlüsse  seiner  Untersuchungen  und  Zusammenstellungen 
vorsii  iitig  (vergl.  S.  82).  Aber  trotzdem  scheint  er  mir  diesen  Hingen  für 
d:-  ;ii  fere  Vei -t.tii  inis  des  .\utors  viel  zu  viel  Wichtigkeit  lieizunies.sen 
uh'l  'I:.  K-ir-e  ,l,>r  der  Tacitus- Leetüre  eingerliumten  Zeit,  zumal  bei  «len 
groL''eu  spracii liehen  Schwierigkeiten,  viel  zu  wenig  in  Anschlng  zu  bringen. 

')  Liii  I>niokf.-lil.  r  miis"  S   '^i,   Z.  ?.  v.  n.  \<jrtii  -.  ii :  statt  des  CiUtte»  14,  9  lloU  e» 

wohl  heiUeii  Ib,  i ;  .'S.  ILi,  A.  G  {»Uht  ^rtucilus,  Ü.  73 


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Literarüche  Rundschau. 


101 


Für  jenes  tiefere  Verständnis  kommt  es  aut  liieüe  JJiiige  meist  nicht  so 
viel  an .  im  Gegentheile  —  ea  Hegt  die  Gefiihr  nahe,  dass  dem  so  wie  so 

siin  Anr^Hi  lichen  klebenden  .Schüler  dio>»e  immer  wieder  hervori»^ehobenen 
Auberliehkeiten  schließlich  als  d;«s  Wichtigste  erscheinen  und  sein  Interesse 
von  der  Hauptsache  ablenken.  In  der  III.  hin  V.  oder  VI.  Clause,  auch 
früher  schon.  möj?e  den  Spracliunterricht  reichliche  .Anschanung  begleiten, 
in  d^n  f)l>orstpn  ria^^siTi  n^n  r  s  ill  die  Leetüre  andern  Ans«  hannnfr^Tiiittol 
als  Plan  und  Karte  nur  ausnahmsweise  heranziehen,  um  der  Hauptaufgabe 
eher  gerecht  werden  zu  können.  Sollte  ein  reiferer Schfiler  nach  2000  Jahren 
in  dsLs  Ver.ständni.s  einer  classischeniieschichte Österreichs  mul  >]>eciell  unserer 
Zeit  einj?pfuhrt  werden.  wa.s  hätte  er  denn  für  die  Erkenntni.s  desHen,  was 
ftir  un*<eren  .Staat  und  unsere  Zeit,  was  für  den  Autor  und  den  Kern  des 
Werkes  chamkteristiach  ist,  so  viel  «rewonnen .  wenn  er  den  Fhm  Wien* 
im  Kol»!.'  li.ittf.  AI-/fichoTi  und  Stellunpr  fines  Hauptmanns  od.  r  Adjutanten 
kennte,  wenn  ihm  das  Maunlicber-Gewehr,  die  B^mtenuniformen  u.  dgl. 
vorgewiesen  wflrden?  Und  verlAlt  es  sich  etwa  mit  vielen  Bealien  nnd 
Anschauunjjsmitteln,  (he  <\i\<  Verständnis  der  lateinischen  und  •rrir*  hischen 
Autoren  noch  in  den  obersten  Classen  fordern  sollen,  wesentlich  anders? 

Was  ist  denn  unsere  eigentliche  Aufgabe  bei  der  Leetüre  des  TacitusV 
Doch  wohl  da*«  Üild  der  rOmischen  Welt,  wie  es  sich  in  Tacitiis  spiegelte, 
im  ^cliül'^r  nm  hr.nerTienjren.  (h  und  dort  auch  einen  Zu£r  nchtifrzustellen. 
die  Weltanschauimg  des  Geschichtäcbreibera  und  die  Kunst  seiner  Dar- 
stellang  dem  Schüler  aafxneeigen  —  soweit  all  dies  bei  einem  Schfiler 
\ind  im  Rahmen  einer  bc-^(  hi;inkffii  f.i-i  für*'  möglich  ist.  Zu  solcher  Ein- 
sieht tragen  die  Healien  und  Anschauungsmittel,  die  nnsere  Abhandlung 
bringt,  blutwenig  bei.  Wer  die  .Schriften  von  0.  Weitienfels  zu  Cicero 
und  Horaz  kennt,  wird  zugestehen,  dass  ihr  Verfasser  das  feinste  Ver- 
stämlni-  für  beide  Classiker  und  ihr«'  Zi  if  Ii. '<it7.t,  und  er  wird  sieh  nufh 
selbst  durch  ihn  in  ihreuj  Verständnisse  wesentlich  ^jefördert  fühlen;  ai»er 
▼on  Realien  und  Anschannngsmitteln  in  unserem  Sinne  macht  er  durch- 
aus keinen  riebraiu  h.  l  i>-t  :nu  h  ni«  lif  <].is  Icisi  -te  Verlangen  danach  auf- 
kommen. Fremde  Eigenart  nachzueniphnden  und  sich  in  sie  einzuleben, 
sei  P«  die  des  Schriftstellers  oder  der  von  ihm  dargestellten  Personen  und 
Zeiten  o<ler  (ieilankenentwicklungen  .  liildet  das  höchste  Ziel  der  L»  (  türe 
jedes  be«leutenden  Literaturwerke-.':  die-«-  KaliitrIsPit  zu  wecken,  zu  nähren, 
möglichst  zu  steigern,  ist  auch  die  höchste  Aufgabe  des  ciussischen  Unter- 
richtes; wird  ihr  nach  Möglichkeit  entsprochen,  so  bringt  dies  dem  Schüler 
bleibenden,  wctm  ;iiirli  nii  }it  mit  der  Elle  messbiirrii  Gewinn.  -  Es  wäre 
noch  manches  auszuitihren.  um  Missverstilndnissen  vorzubeugen:  doch  dürfte 
aufh  schon  da«  bisher  <ii  ^.i^rte  in  keinem  richtigen  Verhältnisse  zum  An- 
lasse stehen,  und  so  wiederhole  ich  ntn*:  die  angezeigte  >chrift  ist  in  ihrer 
Art  dankenswert  und  vortrefflich,  aber  eine  wesentliche  Förderung  der 
eigentlichen  Ziele  der  Leetüre  darf  man  von  derartigen  Arbeiten  überhaupt 
nicht  erwarten. 

Prag.    A.  SlrobL 

Dittmar:  Studien  zur  lateinisehen  Moduslehpe.  Leipzig,  Teubner, 

1«597.  XII  H-  im  .S.S.  M. 

Ich  mu*s  gestehen,  nicht  bald  hat  mi<  h  ein  liuch  lebhafter  beschäftigt 
als  das  vorliegende.  Gieng  ich  ja  auch  mit  einem  gewissen  Vorn rth eile  an 
d;is  Sdiiliuni  desselben,  da  i' Ii  mich  mit  den  Hypothesen  von  Hoff  mann 
und  Haie  nie  h;ibe  befreunden  können.  Mein  Vorurtheil,  das»  ich  es  mit 
einem  Buche  zu  thun  habe,  das  Licht  und  Ordnung  in  die  verwickelten 
Modalverhältnisse  des  lateinischen  Satabaues  bringen  werde,  wurde  noch 
gesteigert,  als  ich  druii  Herrn  Vf  rf;i5«er  im  ersten  Theile  seiner  .Arbeit,  in 
der  Kritik,  fast  durchweg  zustimnum  konnte.  Um  mein  ürtheil  gleich 
▼orw^  KU  nehmen,  hätte  der  Herr  Verfasser  sich  auf  diese  Kritik  beschränkt, 
müsste  irh  olmcw '-ittT^  s.i^'fn.  das^  er  ein  gute-  Srü^^k  Arbeit  geleistet 
haVie.  Mit  grober  Sp.Tunung  gieng  ich  nun  zum  zweiten  Theile  über,  zum 
Aufbau.  Eine  kurze  Strecke  Weges  vern»ochte  ich  dem  Herrn  Verfiisser 


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102 


Literarische  Eundschau. 


auch  hier  noch  zu  folgen,  dann  begann  ich  sn  stutzen,  ich  mmste  fa»t  bei 


hnn^'M  er  mit  dem  Früheren  stehe,  ob  er  sirh  nls  nothwendigf»  Fo\**e  au« 
dem  besagten  ergebe.  Da  vermochte  ich  nicht  u)ehr  zu  lolgen.  Je  weiter 
ich  vordrang,  xn  desto  lebhaltefem  Widerspruche  wurde  ich  gnreizt,  Ale 
ich  am  Schlüsse  angelangt  war,  legte  iih  das  Buch  mit  einem  crc'^'if'^cn 
Unbehugen  zur  Seite.  D^h  idi  suchte  den  Grund  hieven  zunächst  in  mir 
selber,  in  meinem  körperlichen  Unbehagen.  Ich  ließ  das  Buch  einige 
Wochen  liegen  und  nahm  es  dann  nochmalfl  vom  Anfange  bis  zum  Ende 
mit  der  größten  Aufmerksamkeit  durch.  Leider  war  der  zweite  Kindruck 
kein  günstigerer.  Ich  musste  mir  sagen:  „Nein,  uud  aberniai-s  nein,  da« 
ist  nicht  der  richtige  Weg.*  In  der  Erklfixnng  der  einzelnen  Beisi)iele 
geht  der  Herr  Verfas.«pr  viel  7.u  -julijectiv  vor,  die  Ii^t.  i  j  irtution  ist  ofh 
geradezu  gekünstelt.  Aus  einer  grollen  Anzahl  von  Uei^pieien  lühle  ich 
etwas  anderes  heraus  als  der  Herr  Verfamer.  und  so  dfirfte  es  einem  zweiten 
und  dritten  auch  «?rgehen.  Wo  aber  bei  der  Erklärung  sprachlicher  Er- 
«oheinungen  das  subjpctive  HefOhl  die  riaii]>tsache  bildet,  schwindet  nns 
der  Boden  unter  den  Füüen.  Eine  grolie  Rolle  .»spielt  der  pulemiiiche 
Coi^junctiv.  Ich  finde  den  Ausdrtick  nicht  gerade  glücklich  gewühlt.  Ich 
sehe  nicht  ein.  warum  m  ni  «jfr  nie  im  C^njunctiv  polemisi'  r. n  soll,  l'nd 
welche  lnter]>retationsküuste  aund  da  nothwendig!  An  Zwischengedankeu 
wie  «großarti<;",  „uns^laublich*,  »wer  hfttte  es  gedacht"  u.  dgL  hat  gewiss 
kein  Schriftsteller  gedacht,  und  es  heißt  denn  doch  das  Wesen  der  Sprache 
verkennen,  wenn  man  einem  Schrift.steller  solrbe  "Nebengedanken  unter- 
schieben will.  Aucii  die  Behauptung,  dus;>s  im  \  erlaul'*'  der  Zeit  eine  Ver- 
schiebung des  huli(ativs  zugunsten  des  Conjunctivs  nicht  stattgefunden 
habe,  hat  tler  Herr  Verfa.s.ser  durch  seine  F'eispieb^  nicht  erwiesen.  Die 
Erklärung,  warum  z.  B.  bei  Sallust  Quippe  qui  so  oft  mit  dem  Indicativ 
Terbunden  wird,  ist  ungenügend.  Auf  eine  etymologische  Erklärung  der 
Partikel  nt  lässt  sii  Ii  der  Herr  Verfsisser  nicht  ein.  L'nd  doch  wäre  das 
auch  nach  Dahl  („Die  lateinische  Partikel  ut,"  Kri.stiania  188'2>  nicht 
iiberfl^id!^i;,'■  i^'ewesen.  Selbst  bei  tler  Annahme,  diisa  utei,  uti  zum  Piono- 
minalstanuiie  ({}(o-  ;,'eht'rt,  nmss  die  Grundbedeutung  nicht  wie  gewesen 
sein.  Und  ila.s  ist  denn  doch  nicht  ;:leir}i^'iM i^r.  _T>ie  Zeit,  wo"  (S.  134 ff.) 
entspricht  trotz  Wustmann  nicht  dem  deutschen  Sptachgebraucke-  Die 
Erklärung  des  acc.  c.  inf.  (8.  811  ff.)  Terdient  nicht  den  Vorzug  vor  den 
bereit-  ;^'ef,n  beiien .  ja  ich  halte  sie  für  sehr  unwahrscheinlich.  Wie  ge- 
künstelt nimmt  sich  diese  aus  gegenüber  der  so  einfachen .  ich  möchte 
s^en,  selbstvei*ständlichen  von  Deecke  (Programiu  von  Mühlhausen  1890, 
„&läuterungen  zur  lateinischen  Schulgrammatik",  S.  878)V 

Wenn  ich  nun  auch  die  ]io.«5itiven  Aufstelbin^en  nur  nicht  anzueignen 
vermag,  so  stehe  ich  doch  nicht  an,  die  Lectürc  des  Buches  jedem  Philo- 
logen dringend  zu  empfehlen.  Er  wird  vielfachen  Nutzen  daraus  dehen. 
Namentlich  mögen  sii  n  die  Verfasser  von  lateinischen  Grammatiken  das 
Buch  genau  ansehen  und  die  cwm- Sätze,  diese  crr/x  dificipulnrum  et  ma- 
gistrornm,  in  wenige  Regeln  kurz  und  bündig  zusaunuenfassen.  Stoff 
dazu  finden  sie  in  unserem  Buche  zur  Genfige. 

1.  Kud.  Kleinpaul:  Das  Fremdwort  im  Deutschen.  l^.'G  176  SS. 

2.  Kud  Merin«>er:  Indogermanische  Sprachwissenschaft.  1097.13888. 

3.  Ferd.  Detter:  Deutsches  Wörterbuch.  1897.  146  SS. 
Alle  drei  ans  der  Sammlung  60 sehen.  Leipzig.  Geb.  80  Pf. 

Nr.  2  ist  in  hohem  Grade  geeignet,  wissenschaftlich  Gebildeten  einen 
Einblick  zu  gewähren  in  das  Wesen  der  Sprache,  in  das  WerJ-n  der  indo- 
germanischen Sprachen  und  in  die  Methode,  nach  der  die  heutige  Öpnich- 
wissenschaft  arbeitet.  Es  ist  in  den  engen  Rahmen  eine  Masse  Stoff  eu* 
^ainmen^redränprt.  und  doch  ist  die  Darstellung  leicht  fasslich,  was  nicht 
von  allen  derartigen  Abrissen  gesagt  werden  kann.  Ea  ist  demnach  dieses 
Ueftchen  besonders  zu  empfehlen. 

Weniger  befreunden  Icann  ich  mich  mit  1  und  8. 


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Literaruche  Rundschau. 


103 


Nr.  1.  Wer  die  anderen  Ai  lieiten  des«elben  Verfivjser«  genauer  kennt, 
wird  Hchon  mit  einer  gewisnen  \  oreingenommenheit  dus  Büchlein  in  die 
Hand  nohmoii  Klt'inpaul  ist  kein  Sprachfnrsrhcr  von  Fa<h,  d»'r  er 
Kerne  gelten  möchte,  sondern  ein  ünterbaltungaschriftsteüer.  der  um  jeden 
Preis  geistreich  sein  will.  Daw  er  in  seinem  Sdireibdrunge  verneinst,  was 
er  anderswo  (^eso^t  hat.  und  das  Gegentheil  auKspricht.  darf  nicht  wunder- 
nehm«^n  Mi  orinnere  daran,  wie  sich  nnser  Ht^rr  Verfasser  über  »h^n  Ge- 
brauch der  Fremdwörter  in  unserem  iiiichleia  \iiid  in  der  „Münehener 
Allgemeinen  Zeitung"  vom  8.  und  9.  April  181>6  fuilH-rt.  l  ud  so  kann  er 
ixwh  in  dif.ser  Arbt-if  nit  ht  ;ius  di'r  H.uit  fahren.  Übrigein  will  ich  ja  nicht 
in  Abrede  stellen,  da3ä  das  bchrittchen  brauchbar  ist.  Alkiu  es  war  auch 
keine  Kunst,  den  8toft\  der  schon  so  vielfach  und  erschripfend  behandelt 
wotdi'M  ist,  in  eine  angeme^ne  Form  äu  bringen.  Neuen  bringt  die  Arbeit 
nichts,  es  n»ü.s.st«  denn  sein,  diuss  man  eim'ire  wirlclich  komi-nche  Etymologien 
iiU  .solches  betrachten  will,  wie  /.  II.  Kaviiir  ~  ararhim  (ein  Blick  in 
Heyae-Tiyon  hätte  nicht  geschadeti),  torso  —  Dornch  u.  a. 

Nr  3.  Ein  so  düniit's  I?ü(  hlcin  und  fülirt  ilfx  li  di  u  Titel:  Deiifsi  hes 
Würterbuchl  Ich  weib  nicht,  wie  dem  Herrn  Verfasser  ^umutbe  gewesen 
xein  mochte,  als  er  in  die  80  Pfennig- Kibliothek  ein  deutsches  WOrterbuch 
hineinjjferchen  Rollte.  Geschickt  und  mit  Sachkenntni^i  gemacht  ist  ja  die 
.\rbeit:  was  darinnen  steht,  wird  man  im  großen  und  ^unzfn  nicht  bean- 
ständen. Allein  ein  W<irterbuch  ist  doch  ein  NachseiiU;^'cbuuli.  Sollte  dies 
aber  seinen  Zwe«  k  erreichen,  so  uuisste  es  nach  meinen«  Dafürhalten 
weni'-T^tpn^!  iim  die  Hälfte  größer  <ein.  Ich  fürchte,  dass  derjenige,  tb  r  da« 
Büchlein  in  diesem  Umfange  benützen  will,  es  bald  beiseite  legt,  wenn  er 
findet,  dasB  er  fortwährend  im  Stiche  gelassen  wird,  und  zn  einem  anderen 
greift.  7,.  B.  zu  Kluge,  einem  von  Heyne  oder  selbwt  Weigan«!.  Die 
RilhV'keit  .spielt  hier  nu  ht  die  Hauptrolle,  .sondern  das  praktische  Bedürfnis. 
Es  wäre  zu  wünschen,  dass  ea  dem  Herrn  Verfasser  ebenso  ergienge,  wie 
einst  Kluge.  Vielleicht  geben  diese  Zeilen  einen  Sporn  doxa. 

Wien.  Dr.  Vol.  Hintnw. 


Sehulbibliothek  französischer  und  englischer  Prosaschriften.  Heraus- 

ge|feb4>n  von  E.  Bahlsen  und  J.  Hengesbaeh.  Abtbeilung  I:  Fran* 
zusische  S«  hriftcn  2>^.  B.  (iabriel  Kerry,  Cnnf>^<i  Chnhf's'.  hg.  v.  Dr.  .loiiannes 
l'eronne.  29.  U.  Eugene  Froiuentin,  Un  ete  dann  le  Sahara^  hg.  v.  Dr.  Georg 
Nftlle.  30.  H.  H.  Figeonneau,  Histoire  du  Cfmtmeree  rff  /«  Prane^^  hg. 

V.  Dr.  Wilholm  Greif.      H.  Oi'ntenrs  fratirais,  hg.  v.  Dr  'l'li  I-.r  Engwer. 

—  .\btheilung  11:  Engli.sche  Schriften.  28.  B  .lohn  .Stuart  Mill,  Oii  IJ- 
berty^  hg.  v.  Dr.  Karl  Wehrmann.  24.  B^Ascott  K  Hop«',  llulyilny  Sfories. 
hg.  V.  Dr.  .f.  Kla|iiM  ririi.  25.  Ii.  South  Afrim^  hg.  v.  Dr.  Karl  Feyer» 
abenil.  26.  Ii.  London  J^ifr  oixl  ft's-fffi'f/onx,  hg.  v.  Dr   K'  Ackermann. 

o.  Hoensel  und  VV.  Eick;  Sammlung  engrlischer  Gedichte,  in  awei 
Baiidchen.  Berlin,  R.  liaertuer-s  V^erla^sbuchhaudlung,  1097. 

Im  allgemeinen  habe  ich  mich  Qber  die  „Sehulbibliothek  französischer 

und  englischer  Prosiuschrittt^n"  -chon  an  einem  anden-n  Orte  (..ZeitMchrift 
f.  d.  neueren  Sprachen,"  H.  HI,  II.  9)  ausführlicher  auHj^-f^^proehen  Dio  oben 
angeführten  und  mir  vorliegenden  neuen  Bändchen  kuan  ich  hier  nur  kurz 
2ur  Anzeige  bringen. 

Die  ('niitfs  Chnis'is  sind  vier  Kr/.rililiinnrf'n  au-i  den  Aveidiives  du  Ca- 
fHtaine  iiuperto  Castahos  au  Mexique  üe.s  bekannten  .1  ugendschriftMtellerx 
Gabriel  Kerry.  Sie  dürften  sich  zm  Privatlectüre  recht  wohl  eignen. 

i'n  r'te  dans  le  Sahm  a  i.st  eine  ßeisebe?fchreibung,  die  Ixöi)  nach  der 
Eroberung  Algiers  durch  die  Franzosen  verf;i^4  wurde.  >ie  enthält  vi«de 
Hinweise  auf  Ereigni.sse,  die  heutzuttige  kein  hiten'sse  mehr  be-sitzen.  .Vuch 
seheint  es  /weitelbaft,  ob  diese  Schilderung  von  E.md  und  Leuten,  so  an- 
zieluMid  >-i>'^  ,iui  h  ist.  nach  so  langer  '/.>'\t  noch  unf  «lie  gegen wiirtitr«'n  Ver- 
hältni&je  pit^st.  Willkommen  ist  der  Abriss  der  franzdsisclien  (Jolouieu  aui 
Schltuse  de»  Bftndchens. 


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104 


Litemmcho  Rnndscbau. 


Dio  lllsiiilvfi  du  (^mimfivrf  ife  Jn  Vraiicc  i^t  I'i«reoiineaus  unvoU- 
stündigciu  \\  erke  entnommen,  da.s  die  <ie5!(  hichte  dt-s  iVau/,Cm»chen  Hündeb 
leider  nur  bis  Ludwig  XIV.  behandelt.  Wichtiy^r  wäre  eine  Geschichte 
des  franziisi.schfii  Handels  im  1"^'.  utul  11)  /aluhundeite.  Das  Gebotene  wt 
gleichwohl  recht  interessant  und  zur  Privutlectüre  zu  empfohlen. 

Mit  den  <irund«ät/X'n,  nach  welchen  die  Auswahl  der  Oratetirs  f'rnn- 
^'(lis  jjelrotten  wurde,  kann  man  sich  einverstanden  erklären.  ln>  j^anzen 
»»ntliält  (la^  iidclicn  27  Muster  akadciui-chcr.  juristi-rhri-.  <_rrjstlicher  und 
politischer  Üeredoamkeit.  In  der  Einleitung  sind  die  iiiograi»hien  der  be- 
treflenden  Redner  in  alphabetischer  Anordnung  gegeben.  Leider  sind  sie 
deutsch  abj^etiisst.  Die  Heden  .selbst  8ind  chronolo^M^«  h  geordnet  :  -ie  be- 
ginnen mit  MirabeauH  berühmter  liede  jfefjen  den  Hankerott  und  endi^'en 
mit  einer  Jiede  Jule.s  Ferry.s  aus  dem  Jahre  1893.  also  der  lebendigen  Gegen- 
wart. Die  Anmerkungen  liringen  alles  zumYerständniitöe  Nothwendige.  Diese 
Schulausgabe  eignet  ^Ich  i^anz  be.sonders  zur  Chi.sseniectüre  und  rerdient 
der  lieacbiuug  der  Faclilehrer  emiii'uhleü  zu  werden. 

John  Stuart  Mi  IIb  Schrift  On  Libf^rty  handelt  von  der  bürger- 
Il«lion  Freiheit,  d.  h.  von  d-  ti  Rechten  und  I'fliihton  des  einzelnfii  Inii- 
viduum.s  gegen  die  GesellHchatt  und  dieser  wiederum  gegen  das  Individuum. 
Der  Hcrausgubcr  hat  gewi.ss  recht,  wenn  er  meint,  diese  Schritt  f>ei  ge- 
eignet» das  sittliche  Kmidinden  der  Schüler  zu  bilden  und  strenge«*,  klares 
Denken  zu  üben.  Al'cr  f  ir  die  österreii  hi>i  heu  Uealschüler  ist  si<«  ent- 
schieden zu  schwer.  Dasü>elbe  Urtheil  lallt  übrigens  auch  ein  tiecensent  de» 
BucheH  in  ^Herrigs  Archiv"  in  Hinblick  auf  die  deutschen  Schulen. 

l)en  schon  früher  in  derselben  Sammlung  erschienenen  ^Stories  o/" 
J'Jntflish  Schoolhny  Life""  hat  der  Herausgeber  eine  Sammlun«:  von  fünf 
Erzählungen  desseUien  Vert"a.s»iers  folgen  la.ssen,  die  unter  dem  Titel  ^Holy- 
day  Stories'"  da^s  Leben  der  englischen  .higeml  außerhali*  der  Schulzeit 
betretten.  Auch  dieses  Bändchen  kann  den  Schülern  xur  Privatlectöre  an* 
geratheu  werden. 

Unter  dem  Titel  ^Smtth  Afriea*  sind  «echs  Skiszen  von  ver»c'hie- 

deneii  Autoren  veieinigt.  Die  ersten  zwei  aus  Soufh  Afvicn  von  .Anthony 
Trollope  behandeln  die  (ieschichte  der  Capcolonie  unter  den  Holländern 
und  unter  ilen  Engländern.  Die  dritte  Skizze  charakteri^iert  die  engli.'^che 
Politik  im  Cai>lan(b,'.  und  die  vierte  gibt  eine  Schilderung  der  ('ai>>tadt. 
Diese  beiden  sind  Froudes  Oceaiia  eidnuinineii.  Ilieranf  folgt  eine  lie- 
ücbreibuug  der  Diamuntenfeldei*,  abermals  von  Trollope,  und  zum  Schlu-^se 
ein  Bericht  fiber  dio  Miwiionftstation  Rdendale  aus  Lady  Barkers  Year'it 
llousehecfniu/  hi  Sottth  Af'rica".  Das  ganze  Werk  ist  wolil  u'eeignct.  über 
die  < b'schieht«;  und  die  V'erhältni.sse  Südafrika*,  «la*  in  allerjünirster  Zeit  in 
den  A  ordergrund  des  allgemeinen  Interesses  gerückt  wurde,  aufzuklaren. 

Das  Bän<lehen  ^Lomlon  IJf^  <nid  Insdüutifins*  enthält  die  vier  Ca- 
jiitel:  1.  llow  L"iifhtu  fal :  2.  Ciisttrnis  nud  Import:  Tho  Li»uh<v 
Foltcc;  4.  .In  Kvaiiny  at  tlw  iVM-Z  (Jffict.  D»'r  Text  ist  W.  .1.  (Jordons 
„How  Ijondon  Lives*  entnommen.  Da»  Vorwort  bringt  Mittheilungen  über 
tien  anl'  ilem  Continente  ziemlich  uniiekannten  Vertä^ser.  bei  dessen  ge- 
rühmter Vielseitigkeit  und  Frm  htbarkeit  hoft'entlich  nieht  die  (»ründ- 
lichkeit  zu  kurz  gekommen  int.  Dem  Texte  folgen  sprachliche  und  xach- 
liche  Anmerkungen,  ein  Verzeichnis  der  Kigennamen  sammt  Aussprache 
und  ein  klein,  i-  1^1, m  von  London. 

Die  Schul bibliothek  der  englischen  rroi<aseiiritten  hat  in  demsebieu 
Verlage  und  in  ähnlicher  Ausstattung  eine  willkommene  Ergänzung  er- 
fahren durch  eine  „Sammlung  englischer  (iei1i(  lite  in  zwei  Händ- 
chen", von  denen  djui  ei>ite  leichtere,  .stufenmäbig  geordnete,  da»  zweite 
schwerere  und  bterarisch  wertvollere  Stücke  enthält.  Die  Auswahl  ist  in 
beiden  Bftndehen  gut.  Von  den  bekannten  Gedichten  ist  kaum  eine.s  zu 
vermissen,  le  ide  Händchen  '  nfli  ilten  nicht  nur  \V()rterverzeichni«f*e  mit 
Aussprachebezeichnung,  sondern  auch  im  Anhange  mehrere  Melodien.  Die^e 
Sammlung  ist  bestens  ku  empfehlen. 

Wien.  Ih\  A.  Wiirzner, 


Literarische  UunU^chau. 


105 


Dr.  John  KocJi:  Praktisches  Elementarbuch  zur  Erlernung  der 
englischen  Sprache  fQr  Fortbildungs-  und  Fachschulen  wie  zum 
Selbststudium.    5.  AuH.    Herlin  1J<9T.    Kinil  (ioldschmidt. 

Der  Verfasser  i^t  von  ilcm  rit*hti*;cn  Rrstrt'l)«*n  i^'eleifet  worilcn  .  «Ion 
knapp  bemejj-senen  grumniatikiiliscUen  Stoti  in  iiUersirlitlicher  Faouu;;;  liar« 
/nl»iet€'n  und  ihn  durch  Ik'i>i'iele.  die  den»  Hantlflsverkchn«  un<I  dcni  tfig- 
liclii'ti  I,*>V»en  entnoitnnnn  .siiul.  zu  veranschaulichen  und  einü''i'ii  /u  la^^on. 
VortreÜ  lieh  ist  die  Wahl  der  Uesprüche.  die  durchweg»  moUenies  Englisch 
aufweiiten.  Die  eingestreuten  kurzen  Geschäftsbriefe  und  Annoncen  bilden 
oine  gute  Vorbereitung  für  die  en<rlis<he  Correspondenz.  Die  deutschen 
rhungssät/e  sind  kurz  und  rifhuien  ihrrni  vorwic^'end  geschäftlichen  In- 
halte narji  ituTuer  Be/ULr  aal  den  vorangehenden  «'nglischen  Le«estnti'.  Die 
nachfoh.'enden  Bern  m  k ungen  sind  in  der  Reihenfolge  angeführt,  wie  .«ie 
beim  Durchlest-n  des  Buches  .-ich  ergaben.  Was  die  l  in  <  hreibung  der 
Aussprache  betrifft.  Hei  ea  dem  Ueceuseuten  uuf,  dass  <t  cinnuil  zur  Be- 
zeichnung des  vocalischen  Lnute«  in  am,  cf.  ho»  nnd  dann  in  der  Ver- 
bindung iii  verwendet  wird,  wehh  letztere  zur  Bezeichnung  «b'«  di- 
phthongi.s<  hcn  Lautes  in  ivy,  thufi.  hind  dient.  Bei  cleni  stimmlos'  u  Laut»' 
des  deutschen  ..vc/i"  heil.'t  es.  dass  e*  meist  durch  „sh",  mitunter  durch 
^ti"  ausge<lrückt  wird,  wobei  unterlaswn  wurde,  die  Darstellung;  durch 
„rh"  liliiziizufügen  in  Fällen  wie  chnisr.  mnrhiiif,  chiv<ilry.  rhtcane,  so 
da«s  die  Kegel  hätte  lauten  «ollen  :^  meist  dur<h  ,ä/*".  öfter»  durch  ^tT 
und  mitunter  durch  ^cÄ*  etc.  En  nt  twat  nur  eine  Formsache,  die  hei 
den  enirlischen  <ieschäfts])riet"en  bemängelt  werden  muss.  alter  bei 
Musterbriefen  soll  auch  die  Anordnung;  von  Adresse.  Datum  etc.  niuster- 
giltig  sein. 

Irreführend  int  dfui  Wort  «Krgänzung"  zur  zn^^ommenfussenden  Be- 
zeichnung von  .Attribut.  Objcrt  und   i  lvri  lii  tl.  i  Bi  -f  iiniuung. 

.So  soll  z.  B.  im  5>ttt'.e  the  veather  kau  bcen  fine  djw  letzte  Wort 
eine  »Krpränznnj?"  sein.  wRhrend  es  doch  PrSdiait  i«t.  ,.vnfire  premisei^'' 
heilH  ni(  ht  das  gesamnite  (trundstOck.  sondern  die  f^eiuimmtett  LocalttHten 
(Räumlichkeiten  i 

Bei  Keststellung  de-*  Cntersehieds  zwisriien  >•  hnf  und  n'liirh  heil»!  es 
ungenau,  da-^s  das  deutsche  ,t«r«7.s".  welch«  ^  sjch  auf  den  Inhalt  eine-<  Salzes 
I  <  /i.  'nf .  durch  irhich  wiederzugeben  sei.  während  es  richtig  heilten  sollte:  auf 
den  Inhalt  eine"«  „vorherf^ehenden"  .Satzes»  «im  (tegeuj*atze  zu  irliat,  dan  «ich 
auf  den  Inhalt  eine»  nachfoljyenden  herieht).  Die  Ühersetzung  von  Stnißen- 
nauteri  ist  gewiss  in  solchen  Kiillen  niemals  angezeigt,  wo  nur  Kinv)>rarhig- 
keit  herrscht  Man  hat  also  B.ik"r  Street  ebensowenig  mit  B  iekeiv-tra(>e 
zu  übersetzen,  wie  z.  B.  den  nrt-n.unen  Newca>tle  mit  Neuburg  r.dcr  Neu- 
schloss.  Bei  dem  Cupitel  „Starke  Zeitwruter"  hätte  aN  prat.  von  /"  sin); 
die  Form  sunk  nicht  we;?bleihen  sollen,  da  sie  frebräucldicher  i^t  als  die 
Ferra  sank. 

Im  ühriffen  int  es  erfreulich,  ein  engflisches  I^ehrbuch  vor  sich  «n 

haben,  da**,  für  Fachselml-n  k  nmmercielle  und  gewerbliche)  bestimmt, 
seinen  Zweck,  in  das  heutige  Knjjlisch  einzuttihreu,  unzweifelhaft  er- 
reichen wird. 

Lotufou  Haiki*  in  tfte  Mi-tropoNs  of  EuifUtntl*  Mit  Anlehntmg  an 

d;us  Ili'ilzei  -  Bild  .London"  tiir  den  .Schulgel»rauch  herausgegeben  von 
Dr.  Edmund  Wilke.  Leipzig  und  Wien.  Bniiunnd  (ierhard.  I>1>T. 

In  einem  Helte  von  2*>  fceiten  unternehmen  wir  mit  dem  ileiau^- 
geber  eine  Wanderungr  von  der  City  nach  dem  Westen  und  erhalten  in 

gutem  Knglisch  ein«'  Sihilderung  vieler  Sehenswürdigkeiten:  (iebäude. 
IMätze.  BrückeJi.  l'arks  Ks  ist  ailertiings  fraglich,  ob  ein  solcher  Führer 
durch  London  demjenigen  das  richtige  Interes-e  einfiöl»t.  dem  die  Themse- 
Stadt  fremd  ist.  .Auch  Hölzeis  Wandbild  dürfte  zur  Erhöhung  des  Intere*««» 
nicht  wesentlich  beitragen,  wenn  man  nach  der  colorierten  \'*  rkleinerung 
des  Bildes  zu  urtbeileu  bat.  die  dem  Helte  beigegeben  ist.  Immerhin  wird 
dan  Bnchlein  i«icb  nützlich  erweisen ,  wenn  der  Lehrer  aus  eigener  An- 


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10(i 


Literai-ittche  Uuml^chAu. 


iicliauung  —  er  muss  in  London  frewesen  sein  —  den  hier  gebotenen  Stoff 
zn  belehn,  su  erläutern  und  xu  bereichern  imstande  i^t. 


Freytags  Sammlung  französischer  und  englischer  Schriftsteller. 
G.  Brano.  Le  tour  de  la  France  par  deux  enfants.  Herausgegeben 

von  E,  Walther.  —  Hector  Malot.  En  famille.  Herausgegeben  von 
Dr.  E.  Pari.«}pHo,  —  Erckniann-Chatrian.  Deux  contes  popttlaires  et  fieux 
contes  des  bords  du  IHiin.  Herausgegeben  von  Dr.  A.  Mühlau.  —  Wien 
nnd  Pra^,  F.  Temptky,  1897. 

Den  in  dieser  Sammlung  vor  einem  Jahre  erschienenen  Dramen  von 

Moliöre.  Racine  und  Scribe  reihon  nich  die«p  drei  Prosawerke  :»n,  dif»,  A>^m 
Zwecke  der  Sautmlun«'  entsüree)iend ,  moderne  Schritutellei-  voriühven. 
Das  liebenswürdige  Werk  der  Madame  Fouill<^e  (pscudonym  G.  Bruno), 
das  bereits  über  250  ,\nf]afr*^n  erlebt  hat  und  dem  wir  leliioi  in  unsor'^r 
Jugendliteratur  nicht»  Ähnliches  zur  Seite  stellen  können,  ist  vorzüglich 
geeignet,  Knaben  und  Mftdchen  TOn  1^  bis  14  Jahren  mit  den  geographi- 
schen und  itulnstriellen  Verhältnissen  Frankreichs  bekannt  zu  machen: 
der  neueste  iioman  von  H.  .Malot,  von  dem  dtut^^chen  Herauageher  auf 
ein  Drittel  des  Umfange«  de.s  Originales  gebracht,  wird  besonders  in  .Vladchen- 
kreisen  gerne  gelesen  werden;  die  zweckmäßig  ausgewilhiten  Erzählungen 
Erckmann-Chutriitn«!  (Midlich  bieten  fih-  die  sittliche  Bildung  der  Jugend 
Wertvoiles  {Le  t'oquiUage  de  l'üncle  üernard)^  eine  grote.sk-komi«€he 
Gesebicfate  aus  einer  rheinischen  kleinen  Stadt  {La  Comete),  endlich  eine 
SehatKgräbergeachichte  {Lf  Tresor  du  Vwux  Seigneur), 

!>eni  i^rogramme  <U'r  Sannnlnng  gpmüG  ist  Jedem  der  drei  hnlxrh 
ausgestatteten  Bändcliea  eiue  knappe  Einleitung  und  in  einem  beson- 
deren Hefte  sachlicher  Commentar  und  Wörterverzeichnis  beigegeben. 
Der  < 'oiuintMitai-  zu  Ei-ckniann-Ch.itrian  i^'-'nu^^t  für  den  Schüler  in  iIit  Er- 
klärung sachlicher,  und  grammatischer  Schwierigkeiten;  ParisHlles  l^'om- 
mentar  ist  ungemein  reichhaltig,  obwohl  man  gerne  xu  Marauconrt 
(p.  12,  Z.  8)  und  £u  Bousovatcha  <p.  130,  Z.  9;  gemeint  ist  Busova^a  in 
bo^nifn)  eine  Anmerkung  -äli  auch  Stellen  wie  p.  27.  Z.  ii-l  c'en  fnt 
une  tiejonrs,  oder  p.  '.iö,  Z.  Ul  il  en  nvait  ete  delle  comtne  d'uiie  bete 
traquee  vf^iienten  eine  Übersetzung  (letztere  Stelle  ist  übrigens  p.  188 
untrr  t'frr  idjen-etzt ;  der  Schült  r  dürfte  aber  diese  Übersetzung,'  kaum 
unter  etre  suchen);  p.  S'-f,  Z.  2^  des  oeu/'a  ä  la  coque  ou  dura  ist  weder  in 
den  Anmerkungen  noch  im  Wörterbuche  erklärt;  ebenso  mdt  de  cocagne 
(p.  17)))  \ind  jeux  de  bnule  (p.  IHÖ,  Z.  101. 

i  l/tT  den  Commentar  zu  Brunos  Tour  de  la  France  liisst  sich  da- 
gegen nicht  viel  Lobendem  sagen.  Der  Verfasser  beschränkt  sich  haupt- 
sächlich auf  die  Übersetsung  idion)atisoher  AusdrQcke  in  gutes  Deutsch, 
obwohl  aucli  liier  inanchp>s  dtT  Erklärung  Bedürftige  übergangen  ist. 
r.  lö,  Z.  15  {se  remeitre  eti  rouU\  p.  10,  Z.  19  wenir  d  botä  de),  p.  27, 
Z.  14  {se  foid),  p.  81.  Z.  2  0«  ««  «'ö«*  eonnaiaaaia  paa  ee  defaiU\  p.  3S, 
Z.  12  (r'est  un  fameux  bnut  de  ehemin),  p.  Z.  28  (Pierrot-Pett^rchen). 
p.  54,  Z.  2(j  ifofr»'  r-'ide  A  iviM.vi,  p.  .'>4,  Z  6  iJn  maimn  oü  nous  voila\, 
p.  SO,  Z.  17  {clie.min  u  .siarre),  p.  87.  Z.  28  if'aire  des  mauvaises  affaires], 
p.  ö9.  Z.  22  {allons  dtmc),  p.  91.  Z.  24  {il  a  l'air  adroit  de  ses  mains  et 
ivMli(j^vf\  p. Z.  14  (de  ce  cöte-Iä),  p.  181,  Z,  10  (fioa  vitemmta  ä  toua) 
erforderten  unL>edingt  eine  Erklärung. 

Der  sachliche  Commentar  ist  sehr  dflrftig.  Dem  Werke  hat  der 
Heraasgeber  ein  kleines  Kärtchen  beigegeben,  auf  dem  der  Weg  der  zwei 
Waisenkinder  imfj^'geben  ist.  Von  den  vielen  Orten.  <lie  in  der  Ery.iihlung 
erwähnt  oder  von  den  Heisenden  berührt  werden,  bringt  er  nur  bei  Tiials- 
bourg.  Marseille,  dem  Cienft-r  See,  Dieppe.  Caen  und  Dunkerque  stalisti.sahe 


—   ,w    — — '   ^*  »  — '   " —      V  • —        "  -  — -    \r         4  '    — ^  w-^  —  — 

Kirche  von  Fourvieres  (p.  57),  St.  £tienne  ip.  G4),  Valenoe  (p.  t>&),  Avignoa 
(p.  79),  Nantes  (p.  99;  den  Satx:  puia  on  redeacendit  le  fieuve  kann  der 


Prag. 


Guatav  Jieiniger, 


^  j  .     by  Google 


Litenurücbe  Kundachau. 


107 


Schüler  ohne  einen  Hinweis  uul  liie  Be(K.'hati'enheit  der  Loiremündung 
nicht  verstehen),  la  Uagne  (p.  106),  Chartres  (p.  120)  hätten  wohl  eine 
kurze  n»'n  (vknng  verdient.  Schlinitm^r  teht  es  noch  mit  den  Provinz-, 
Orts-,  l:iebiigä>  und  Fluainiinien,  die  weder  aoi'  der  Karte  eingezeichnet, 
noch  im  Conimentar  erwülmt  sind;  solehe  dnd  foecarat  {|>.  3i7.  Z.  Mi 
Mirecourt  (p.  28,  Z.  9\  Cbarolais,  Bourgogne  und  cöte  d'Or  (p.  47,  Z.  -24— 26), 
le  Creusot  (p.  48,  Z.  19),  Nivemais,  Morvau  und  Nievre  (p.  51.  Z.  12,  U.  16), 
Nevers  (p.  b2,  Z.  2i,  puy  de  Dome  und  Äuvergne  (p.  52.  Z.  14.  16 j,  Liiua<|ne 
(p.  52,  Z.  24),  TbierH  (p.  55,  Z.  8|,  Lyonnaia,  mont  d*Or  und  mont  Dore 
'p.  56,  Z.  9,  14,  17),  Dröme,  Dauiihine  und  Annonay  (p.  65,  Z.  26,  30), 
Venuisäin  (p.  7<),  Z.  5),  Darance  (p.  79,  Z.  27J.  la  Orau  und  Camargue 
(p.  bO,  Z.  3).  Routtillon  (p.  90,  Z.  6),  Bezier^,  Narbonne  nnd  Carcasaonne 
(p.  92,  Z.  26,  29,  30),  Canijfon,  Arioge.  Foix  und  cirque  de  Gavarnie 
(p.  9H .  Z.  13—21)  etc.  Auch  manchen  Personen  wünscht  man  eine 
bio^^raphische  Notiz,  so  bei  cjiaude  Lorrain  p-  31),  Houvet  (p.  51,  Z.  24), 
Jean  Bart  und  David  (p.  122.  Z.  81).  Endlich  i>t  in  den  Anmerkm^i^n  p.  129 
zn  b«'rii.hti^en  (}it/non  si  rii  h  ognon  (nicht  wie  in  iler  Kkuniii'T  ^teht  ni-o; 
p.  179  ist  richtig  bemerkt  oi^non',  i  stumm)  und  oeu/is  sprich  aeu  (nicht  oeua). 

Waft  die  wOrtorbücher  betrifft,  so  scheinen  die  Hmansgeber  grund- 
sätzlich Wörter  ausgeschloissen  zu  haben,  die  in  beiden  Sprachen  fa^t  gleich 
lauten  bih/infhPquey  blousfe,  marine  ote.)  oder  die  als  bekannt  voraus- 
geseti^t  wviden  \iner,  vivre^  main,  orftilc  picd^  chose^  savoir  etc.).  Daruber 
IfiMt  sich  ja  streiten,  obwohl  g^iMilc  )>ei  der  Annahme,  dass  ein  Wort  all- 
gemein bekannt  sei.  äußerste  V^r.-^icht  geboten  erscheint.  In  Pariselles 
vVörterbuch  zu  Malot  fehlt  kaum  ein  Wort  (zu  planier  p.  207  wäre  die 
Bedeutung  planter  im  elou  einen  Nagel  einschlagen  mit  Rücksicht  auf 
p.  .5k,  Z.  4  nachzutragen).  Im  Wfirterbuche  zu  Erckmann- Chatrian  ver- 
n)i.s3t  man  die  Wörter  mnnhre,  prosperer,  ressembler,  merveiUe,  triste, 
euiter^  dtsobeissance,  couvrir,  bouräonnement,  priiUemps^  aevh'e^  com- 
mmetmmt,  itommeiller^  verre^  malade,  encre,  eonger^  mere^  veriU^  »olide^ 
.tprmirir,  rortip/,  f,  (fnvscr,  ctfcn/'  r.  jn-rsompt-neyiT,  roiitrcifnns'e,  riveur  de 
bottcs,  pxirijitr,  cloitre,  recöUtf  ci  tte,  solitairt,  soUtude,  marmite,  gloire, 
etuve,  eapitale,  cordier^  boucle  a.  a.  m.  Wie  man  sieht,  kann  dieses 
Wörterbuch  nicht  den  .\n.spruch  auf  Vollstilndigkeit  erheben.  —  Schlimmet 
ist  esf  noch  mit  dem  Wörtf^rbuehe  von  Walther  be<«tpllt.  Es  fehlen  z.  B. 
proüideme,  longtemps,  diffictiltt,  derouler,  criatallerie,  brodense^  capitale, 
rang^  etef^  mim-rai,  ho f esse,  sei,  fite,  convenable,  voie,  Spreuvet  dMcurtre^ 
rifjnureiix,  ilrsiij)pt.)i>itt\  pmlontjer,  iie/fj€iij\  <'tn! ,  fourreau,  compretne, 
vocatiotif  paire.  etnile^  baiyner,  teintureries^  scmaphore  u,  a.  m. 

Die  alphabetische  Folge  der  Vocabeln  l&sst  in  allen  drei  Wörter- 
bikhein  /n  wünschen  übrig.  Bei  Pariselle  steht  p.  207  plafond  zwischen 
plaidoyer  und  plainf,  {».  »'Oi  vioyen  nach  moyennnnt :  bei  Mühhiu  p.  109 
coquelicot,  coquillayc  und  coquille  zwischen  coqutn  und  corbin;  p.  117 
foutt^  fougere,  fouine  und  /'«mle  vor  foudroyer^  p.  119  harasse  zwischen 
harmonifi  und  hnsanl :  p.  Vi\ jitpe  vor  j(>vr,  joyeiix,  jnbilation,  judicieux, 
Juyer,  juif;  p.  124  meuHrir  vor  meurtriire;  p.  125  muscfe  vor  mugir, 
multiple,  multiplier,  Munich,  mar,  mür  elct  bei  Walther  [>.  179  foier 
zwischen  foire  und  f'ois;  p.  169  gaite  vor  gaillard:  p.  172  inquieter  nach 
inquirhidt':  ]i.  173  Ininage  nach  laine:  p  17.')  mntin  nach  mauvais:  p.  184 
puits  uacii  pur:  p.  Iö9  route  nach  rouvrir :  p.  li>2  suicre  vor  suite;  ibid. 
surplus  nach  surprendre  und  mrpriäe;  p.  194  trou  und  trouble  zwischen 
trot  und  trottoir. 

Der  Druck  ist  in  den  Auiigaben  von  Maiot  und  Erckmann -Chatrian 
sorgfältiger  als  in  der  Brano'schen.  An  Druckfehlern  wurde  bemerkt: 
Bei  Malot  p.  42.  Z.  12  morcean:  p.  64.  Z.  29  ntt  (statt  nn):  p.  81,  Z.  2.*) 
inoite  (Statt  moitie  •,  p.  f>4,  Z.  14  6o//<7  (statt  boile);  p.  18<>  drbitf^r  ■=  ver- 
tragen (statt  vortragen);  p.  11K>  xinter  feu  mette  tstatt  mtttrew  p.  2*J0 
surveiller  ^  überfallen  (stiiti  ül>erwachen);  p,  220  tremquillite  ('»tatt 
tranquiJllte  r.  ]>.  201  sind  bei  monttt'  eine  uml  die  Klammern  Vfidnn  kt; 
p.  14  gehört  der  ßei.strich  nicht  nach  Z.  25,  ^^ondern  Z.  26:  p.  134,  Z.  24 
ist  der  Punkt  nach  ineendie  tu  streichen. 


Litemrisclie  Kundschau. 


})t'i  KiLkmiinn-Chatiiiiii :  [i.  21.  Z,  32  terwt'iw  (statt  ivrmim'  :  }>.  44. 
Z.  17  roij'  (für  ro/e^:  p  45,  Z.  82  conhtme  (statt  cniilume  -,   p.  llt»  bei 

Hacke  (statt  Jie.cke)'.  ]i.  105  bei  cnrnfe  VValTt'rHasche :  p.  l'i*»  i-t 
oiynon  (on)  ankiur:  im  C'oiumentar  zu  p.  iiO.  Z.  11  (p.  U3)  ist  die  t  ber- 
setzan^r  unvoihtänd ;  ]i.  13i  fehlt  bei  rouger  mou»9e;  p.  IS,  Z.  25  ist 
der  Bindestrich  bei  ma'  di-ffras  au  streichen;  p.  14,  Z,  HO  fehlt  das  Tren- 
imngÄtoichen  rnicli  omtri-. 

Bei  Bruno:  p.  11.  Z.  24  maitrc:  p.  12,  Z.  25  t/ant:  p.  13.  Z.  9  mileu; 
p.  16.  Z  2«<  diner;  p.  17,  Z.  lo  moit^;  p.  2o.  Z.  4  mefiail;  p.  8:i,  Z.  2ft 
parfnn  (statt  patr(m):  p.  4<>.  Z.  22  /W/e  (ütatt  reite);  p.  55.  Z.  2;j  row- 
naisait:  ]>.  6(j.  Z.  10  ^ait  ^ebeu^  p.  bi,  Z.  4);  p.  57,  Z.  lö  eniiere;  p.  öb. 
Z.  13  nporreit:  p.  Z.  22  tiotM  (statt  tiouffh  p.  Hö.  Z.  35  depcertemeot: 
p.  70,  Z.  25' oru/' (ebenso  p.  72.  Z.  14.  15):  p.  6.5.  Z.  19  .4«/)n' (stutt  ^«t/»r  : 
p.  74.  Z.  14  chaval:  p.  HO.  Z.  6  paissetff:  p  9.'>.  Z.  19  ?rjauo»M>'re ;  p.  *.*5. 
Z  2»;  oW/;  p.  105.  Z.  2!)  r?i;^wc;  p.  109.  /..  4  cih-e:  p.  109.  Z  10  a/>p//i; 
p.  III.  Z.  32  re?iyf.ver.-  p.  116,  Z  14  cmh  nde:  p.  121.  Z.  10  /if/ros:  p.  122. 
Z.  30  xnitqeuani ;  im  Wörf«  rinn  he  und  in  den  ATiiiicrkiinjen  ist  immer 
oei7,  ocm/",  cocm)*,  boeuf,  voeu  etc.  gedruckt;  p.  134,  2.  Zeile  voo  unt^n 
Yhonntter:  p.  ItJl  desempare  nicht  ratlos,  «ondern  Thede\o^;  p.  162 
i'cenomiser:  p.  165  tpnnntnr  enth.ilten;  p  165  e'te:  p.  171  ist  hnpUnI 
nach  hosjutalite  7.n  streichen;  p.  ISI  pvnible:  p  19i  (bei  /e/)  rfninii : 
p.  196  fo/e  (statt  vuile);  ibid.  zc/e  =^  Eisen  (statt  Eil'crj;  p.  162  tehien 
bei  eem  de  vie  die  Bindestriche. 

Dr.  John  Ko.  i):  Praktisches  Elementarbuch  zur  Erlprnung-  der 
enfflisehen  Sprache  für  Fortbildungs-  und  Fachschulen  wie  zum 
Selbststadium.  FQnfte  Auflage.  1897. 

—  Praktlsehes  Elementarbueh  zur  Erlernung  der  fk*anzdslsehen 

Sprache  etc.    Zweite  Aufhijje.    Berlin,  K.  (ioldschniidt. 

Der  Vi'rf;f*ser,  Afr  «fit  t'iiiitjpn  Jahifii  dii-  T'marbeitun^  der  altbe- 
kannten englischen  Lehrbiiciier  von  tebing  besorgte,  bat  zuerst  im  Jahre 
1hff3  das  vorliegende  Elementarbuch  dett  Englischen  erscheinen  Inssen  nnd, 
durch  den  Krt'olu  des-ielben  auf«jreinuntert.  ihm  im  Jahre  1695  das  franzö- 
jsische  Klementarbuch  folgen  lassen,  da^  in  der  methodischen  Behandlung 
<ier  Auswalil  des  (ibung^«toti'eH  un(i  der  Durchführung  der  Ijautwchritt  ein 
getreneü  .Abl>ild  ib-s  engliMShen  Elementarbuches  ist. 

D.i  licide  Bücher  beson«i«'rs  für  den  rnternclit  in  Handel-^(  linken 
be-ttimuit  sind,  «o  war  vor  allem  neben  der  graumiatischen  Schulung  der 
praktische  Zweck  dieser  Scholen  sa  beracksiehtigen.  Die  yorltegenden 
ersten  Theiie  bringen  il.ihci-  die  Formenlehre  und  die  wirliti.:-! Tniikte 
der  Syntax  neb.^t  der  Kintührung  in  den  Geschäft^stil.  während  der  zweite 
Tbeil  uns  Land  und  Letite  kennen  lehren  soll. 

Der  Formenlehre  ist  immer  ein  knap|)er  Abriss  der  Lautlehre  voraus« 
g*»'!!  hirkt.  tmd  eine  phonetische  'l'ran<?scription  neuer  und  schwieriger  Wörter 
zieht  tuch  dua  ganze  Buch  hindurch.  Im  einzelnen  wäre  gerade  bei  der 
Lautlehre  des  Englischen  geboten  gewesen,  nicht  durch  Vorwegmihme 
später  zu  erwähnend -1  lu'geln  den  S  liüler  zu  verwirren:  sn  ist  yi  -  l'ei 
den  .Musterwörtern  nre  und  garJen  tliirauf  verwiesen,  da-ss  r  beinahe  stumm 
ist;  ebenda  wird  auch  bei  is  auf  da»  »timmhafte  s  aufmerksam  gemacht, 
dngegen  fehlt  diese  Bemerkung  bei  dem  dinebenstehenden  hi9.  Ebenso 
wäre  e«  viflleiclit  l.f^.t^r.  p.  'A  ilie  Musterw^irter  und  youtiff  wei»f»n 

der  Ausspraclie  des  n  durch  andere  zu  ersetzen.  —  .^uch  in  der  franzö- 
sischen Lautlehre  ließe  sich  manches  gegen  die  Must<*rw9rter  einwenden. 

Daran  schließt  sich  die  Formenlehre,  wobei  die  H'^geln  immer  durch 
vorausgeschickte  Beispiele  erläutert  werden,  sammt  übersetzungsstflcken 
zum  übersetzen  im  Französische.  In  das  grammatische  Pensum  sind  dann 
l)raktische  Beispiele  (Annoncen,  einfache  Dialoge.  Ge^chiiftsbriefe,  Markt» 
berichte  etc.)  ein^i'^trent ,  dif  i1*mi  ^ 'u-rihnlichen  fie^^-'-tun"  der  Fl>'uientar- 
bücher  ersetzen  sollen.  Diese  "^tiicke  «md  mit  einer  deutschen  l  bersetzung 
versehen,  da  der  Verfasser  dem  Schiller  das  seitranbende  Nachwhiagen 


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Literarische  KuacUcbuu. 


109 


der  Vocabeln  er«piirea  will  und  daher  kein  enRÜscb-  (bezw.  französisch-) 
(JcuUches  VocabuUir  beigefügt  hat.  Auf  diese  Weise  kann  >ich  ailonlinirs 
der  Schüler  einen  mechanisch  iiTid  sfedächtnisnuifMVf  pin^'e(inlltr.n  S'pnrh- 
stott'  aneignen;  da  aber  diese  Bücher  ausdrücklich  auch  tür  das  öelb.st- 
studiam  berechnet  sind,  wäre  die  Beif^be  eines  firemdBpmehliGh-'deiitschen 
Wörterverzeiclinis^es  dringend  nothwendi«?.  Das  Advertisement  p.  26  de^ 
englischen  Buchen  oder  p.  32  «les  französischen  au  previiei'  etaye  eine 
Treppe  hoch)  oder  p.  55,  Satz  13  sind  Beispiele  von  den  Fällen,  wo  der 
Schüler  keine  Vorstellung  von  dem  Verhältniiwe  de.s  fremden  zum  deutschen 
Texte  hat.  —  P.  15  de?-'  t  iiLjlischen  Buches  ist  die  Kwähnunpf  von  thi/, 
.  la  die  von  tkou  für  den  praktischen  Gebrauch  ganz  überÜü&jiji.  I'.  26 
e<!  franzfieischen  Baches  werden  die  Pronoraa  pogsessifs  nach  dem  Erachten 
des  Referenten  vi»  !  zu  früh  bi-h.in'lelt.  Im  X.  Capitel  wir<l  bei  dovner 
bemerkt,  das«*  bei  gewi.<»sen  Formen  (Hist.  Perfect.  Conj.  Imp.,  Part.  Perf.) 
ein  Bindevocut  n  zwischen  St^imm  und  Endung  tritt;  die  historisch  richtig 
gebildete  Form  domw  kann  der  Si  huleraber  doch  nicht  bejrreifen.  destutlo 
empfiehlt  -sich  nicht,  sie  unter  den  Formen  mit  Bindt'voe;il  anziiführon : 
ebenioweniif  emptindet  er  in  fiu-i  einen  Biudevocal  *,  und  nocii  weniger 
in  vend'U  fp.  61). 

An  (Iii-  Fl)!  iii'-ül.'liri'  .schließen  -icl)  in  ninem  dritten  Ab-i  hiiitle 
üeschäftästücke  und  Briefe,  jjowohl  in  der  fremden  Sprache,  ah  auch  nach- 
gebildete deutsche  znm  übersetzen  in  die  fremde. 

Der  Druck  beider  Bücher  ist  correct;  von  Druckfehlern  sind  zu  be- 
merken fxfrd  =  Bund  p.  t>.  44  in  den  deutschen  Sätzen  bei  11  Hatte 
vp.  d.  —  paxse  Jefinif  ot>wobl  der  Name  der  Zeit  sonst  immer  H.  P.  = 
Historisches  Perfect  ist),  p.  49  le  2.  oetabre^  p.  178  Zeile  3  von  unten  ou 
statt  ot(. 

lui  ganzen  genotniuen,  k;inn  der  Keferent  beide  Bücher  den  an  Handel«- 
schulen  wirkenden  Collegen  bestens  empfehlen  und  bedauert  nur,  dass  die 
Ver\v»^ndun^  iler  preul.Mschen  ()rtho<;raphie,  dann  manche  bei  uns  unge- 
bräuchlich*' Ansdriicke  i'^chlips,  Spinde,  regnij^t)  und  üb^'rHü.ssi«4e  Fremd- 
wörter ^biirdine.  Sociua,  Bullet  etc.)  ihre  Einführung  in  Österreich  nicht 
gestatten.  Facbcotlegen  werden  aber  vieles  daraus  fdr  den  (Jnterrieht 
verwerten  können. 

Wien.    Dr,  Karl  Ullrich. 

J.  Langis  Bilder  zur  Geschichte.  2  Auflaufe.  W  i  •n,  K  l.  IlöJzel.  Nr.  02-05. 

llcferent  hält  es  für  übcrfiü^i*ig,  aniässlich  der  Fortnetzung  eiues  j»o 
allgemein  anerkannten  und  verbreiteten  Lefannittel.^i,  wi*«  e^^  fiangls  Bilder 
sind,  i.'> -h  erst  aiislührlich  von  ihrem  Werte  für  der  Aii-i  hauun<^sunt*'i  rtrlit 
zu  sprechen,  hi  kann  iar  ihn  nur  darum  handeln^  datt  KrtM:licinon 
der  neuen  Serie  anzuzeigen  und  einige  kurze  Bemerkungen  über  die  Wahl 
der  tief,'enstünde  der  Darstellung,  die  AusHihrung  imd  den  begleitenden 
Text  anzuknüpfen.  Di»»  Wahl  der  Ge^'^Ti-^trinde  rechtfertigt  si<*h  von  selbst. 
Dits  btrabburger  Münster  ist  ein  so  typisciier,  so  oft  auch  im  ünterriciite 
genannter  Vertreter  der  (iothik,  dass  man  es  in  der  Sammlung  nur  nngern 
vermi.'ü.en  würde.  Der  Westpavillon  des  Dresdener  Zwingers  i-t  «  in  k  'et- 
liches und  ciiarakteri»ti«iches  Mutiter  des  Barockstilea,  von  unbestritten 
hohem  künstlerischen  Werte.  FSr  den  Unterrieht  eignet  sich  das  Bild  ganz 
trefflich,  weil  sich  an  ihm  nicht  nur  die  Kigenthümlichkeiten  der  Fa^aden- 
bildnntr.  sondern  auch  die  der  Anlage  der  Vorhalle  und  de.s  Stiegenhauses 
deutlich  aufzeigen  hvsiseu.  Die  Bilder  der  Hab^burg  und  der  Wartburg 
erregen  schon  mit  Rücksicht  auf  den  Geschieht»*  und  Literaturgeschicht«- 
unterrii'ht  .'in  lnihes  lnteres>-''>.  ■l'r  N-t/tiM.;  Iiii'f<'t  überdies  ein  priiditiLTf^s 
Beispiel  eines  mittelalterlichen  Herrensitzes  grolien  StiU.  Der  Standpunkt, 
von  dem  ans  die  Aufnahmen  gemacht  sind,  ist  in  allen  Fällen  höchst 
glücklich  gewählt,  die  Ausführung  in  der  bekannten  Welse  gehalten.  Der 
begleitende  Text  I>rintrt  bfj .  wt-.s(.n  man  zur  Krläuternnij  hccl.irf.  doch 
leid.et  der  de.s  Wartburgbildes  an  einer  gewi.«».sen  Undeutiichkeit.  indem 
der  Verfasser  den  bekannten  von  Leasing  gerühmten  Kunstgriff  poetischer 


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110 


Literarische  Hundschau. 


Beschreibung  am  unrechten  Orte  anwendet,  eraehwert  er  die  Identificierong^ 

dt  r  t  inzdru  n  Tln'ilo  de«  Bildes,  auf  die  es  ihm  vor  allem  ankommen  >o]ltp, 
und  erst  die  Zubiltenahm*?  eines  Planes  ermöglicht  es  demjeni}?en.  der  die 
Wartburg  noch  nicht  gesehen  hat,  sich  voUkomineii  zurechtzufinden. 

Hölze Is  Wandbilder  für  den  Anschauung-s-  und  Sprachunterricht. 
III  iSerie.  Städtebilder.  XI.  Wien  von  Hans  Fiacber.  140— 1)3  cm.  Preis 
fl.  '6,  3  80.  4  80. 

Diu  Bild  der  Kaiserstadt  an  der  Donau  reiht  sich  seinen  Vorgängern, 

di.'u  IJililcrn  von  Pari^  uirJ  Lornlon ,  hinsichtlicli  der  lvnn>l  li-rischen  Aus- 
führung würdig  an  und  ü'iit  rtriflt  sie  noch  an  Verwendbarkeit  für  den 
geographi.Hchen  Unterricht  Denn  von  der  Höhe  bei  Nunsdorf  ans.  die  den 
Standpunkt  des  Maler«  bildet,  übersieht  man  den  größten  Th«Ml  <it>s  Hüiner- 
ineeres,  und  eine  Heihe  der  wichtigsten  Gebäude  tritt  wie  in  der  Wii  klKlikeit 
80  auch  auf  dem  Bilde  deutlich  genug  hervor,  selbstverständlich,  ohne  dass 
es  mOglich  wftre.  architektonische  ElnJEelbeiten  cur  Darstellung  za  bringen. 
Von  hier  aus  vermochte  FifJclu'i-  alu-r  auch  die  ('i<_'t'n;u  tii^('n  ff('0<4raiiliis(  hen 
Verhältnisse,  denen  Wien  »eine  Entwicklung  verdankt,  in  vortreHlicher 
Weise  vor  Augen  zu  führen.  Wir  .sehen  im  Vordergrunde  das  Hügelgelünde 
der  Ausläufer  des  Wienerwaldes,  dann  das  südliche  und  aumtbeli  anch 
das  nördliche  Wiener  Becken,  im  Hinterj^nimh'  alij^esc hlossf^n  von  Aninsjer, 
£ichkogel,  Leithagebirge,  durchzogen  von  dem  mächtigen  Donaustrome. 
Das  regulierte  Bett,  der  Sporn  bei  Nnssdorf  mit  dem  SpeiTschiffe  nnd  recht« 
Theilo  lie-  CanaU  sowie  Imks  Theile  uer  alten  Donau  sind  >ichtbar.  Die 
Brücken,  die  den  Strom  überspannen,  die  Sthitfe  auf  seinem  Spiegel,  die 
Eisenbahnen  an  seinen  Ufern  rufen  in  dem  Besehauer  die  Vorstellung  wach, 
dass  er  <'intMii  mächtigen  Verkehrsmittelpunkte  gegenübersteht.  Der  von 
Gustav  Husch  verfasste  Begleittext  ist  sorgfältig  gearbeitet,  orientiert  den 
Beschauer  sehr  gut  und  ermöglicht  ea  auch  dem  Lehrer,  der  etwa  Wien 
noch  nicht  ans  eigener  Anschaunng  kennen  sollte,  da«  Bild  in  der  Schale 
zu  erläutern.  Der  >Viener  freilich,  oder  wer  sonst  nnst-re  m  hüiu-  II  uipt.studt 
genauer  kennt,  wird  -«ich  freuen,  auf  dem  Bilde  noch  mancherlei  wieder- 
zufinden, wa*  Busch  aU  minderbcdeutend  übergangen  hat,  um  Verwirrung 
SU  Temieiden. 


B  Kozpnns  Geographischer  Atlas  für  Mittelschulen.  37.  Auflage. 
Unter  Mitwirkung  hcrvorrügender  Fachmänner  vollständii?  neu  bearbeitet 
von  V.  V.  Haardt  und  W.  Schmidt.  Wien,  Ed.  Holzel,  1897.  Zulässig 
erklärt  mit  b.  M.  £.  vom  11.  Mär»  1697,  Z.  6831.  Preis  11.  SöO,  gebun- 
den H.  8  HO. 

Vergleicht  man  dieses  Wtrk  im  ganzen  und  in  den  einzelnen  Theilen 
mit  dem  Atlas,  als  dessen  neue  Auflage  es  in  die  Welt  tritt,  so  wird  man 
fast  nlrerall  einen  tiefgi»'il'''nrien  I  iiti  r liied  wahrnehmen,  der  znfrleich 
auch  einen  wesentlichen  Fortschritt  bedeutet,  so  dass  die  Verlagabandlung 
im  Rechte  ist,  wenn  sie  es  in  ihrem  Kundschreiben  als  ein  durchaus 
neues  Unterrichtsmittel  bezeichnet.  Geändert  ist,  um  mit  einer  bei  einem 
Schullnirhe  nicht  unwichtigen  Äußerlichkeit  zu  beginnen,  da-;  Format. 
Die  Wahl  de.s.selben  ermöglicht  eine  viel  größere  Schonung  der  einzelnen 
Karten,  waa  bei  einem  Lehrniittt  l .  das  während  des  ganzen  Mittelschul- 
stndinnis  in  dtn  Händen  »hr  Schüler  hh  ihen  soll,  durchaus  nicht  gb^ch- 
giltig  ist.  Selbst  solche  Karten,  die  die  Größe  eines  normalen  Blatt^  über- 
schreiten, weisen  höchstens  einen  Bug  von  oben  nach  nnten  auf.  Im  Zu- 
sammenhange  damit  steht  aber  auch  die  für  die  Unterrichtszwecke  höchst 
förderliche  Thatsache,  dass  den  Kartc-n  gleiche  oder  leicht  zu  vergleichende 
Maßstäbe  zugrunde  gelegt  werden  konnten  und  neben  dem  jewtriligen 
Haaptgegenstande  auch  seine  Umgebung  Berfickstchtigung  an  finden  ver- 
mochte. 

Die  Ausführung  der  Karten  ist  wohigelungcn,  die  Projectionen  sind 

{flOcklich  gewählt,  die  Schrift  ist  scharf,  deutlieh  und  im  gansen  gut 
eserlieh.  Mit  Recht  haben  die  Nenbearbeiter  bei  den  einseinen  Ländern 


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Literaiüche  Hundachau. 


Ul 


«uf  das  Fläcbencolorit  verzichtet  und  diese  Manier  auf  die  politischen 
ri)frsichtsk:irt<'n  iici-  Krdt heile .  i\v<  1  »•M't'-chen  Reiches,  Österreichs  und 
der  Vereini>;ieii  Staaten  beschränkt,  weil  es  »ich  hier  darum  handelt,  die 
«tiiatlichen  UesatnintTerhftltiiisse  zu  «iark  «innenfUliger  Anachanung  zu 
brin}?en,  Sonüt  genügt,  von  Mitteldeutschland  abgesehen,  die  gewählte  Art 
der  OrenzV)ozeRhnun{T,  «turkp  rothe  Linien,  zur  Hervorhebang-  dea  Umrisses, 
und  ct%  wird  der  groüe  Vortheil  gewonnen.  di^Ä.^  durch  geschickte  Ver- 
bindung von  farbigen  Höbenschichten  und  ifchraffierunjif  das  Terrain  deat* 
liih  tlar^Tfstellt  werden  kann.  Wie  »ehr  (ü»  -;  'lie  Darlegung  des  Zusammen- 
hanges der  politischen  und  wirtachattiicheu  mit  den  physisch -geographi- 
when  Verbftftnisflen  erleichtert,  braneht  nicht  gesagt  211  werden. 

Die  «ehr  nützlichen  Höhenangaben  hätten  bei  einzelnen  Karten 
(Nr  22  7.  B.  nicht  auf  die  Höhenzn^*t>  he^chränkt  werden  sollen,  da  sich 
eiiaiiruD'4s:^'eiuiib  im  Kopfe  des  iiehülers  die  gleichmäßig  gritne  Fläche  des 
Tiefland  bilde»«  der  Karte  leicht  in  die  einer  giinz  horizontalen  Ebene  um- 
«etzt.  Eine  ähnliche  Hücksicht  hätte  es  wiinschen-iwert  erscheinen  liBsen. 
auf  dem  Kärtchen  der  Vertheilung  der  Mittel-  und  Großstädte  Mittel- 
europas (Blatt  S9)  die  Grenzen  so  anzugeben,  wie  die«  auf  Nr.  SO,  4  (Städte 
Österreichs)  geschehen  ist.  —  Auf  den  kleinen  Karten  zur  Klimatologie, 
Höhenschichten rertheilung,  Bevölkerdnesdiehte  u.  s.  w  «ind  die  Verhrilt- 
nisse  deutlich  ersiclitiich  gemacht,  die  Farben  im  i^Mnzen  und  groben  deut- 
lich zu  unterscheiden.  Nicht  dasselbe  gilt  von  ilen  Zeichenerklärungen. 
Diese  ki*5nnten  da  und  dort  deutlicher  «ein  iNr.  9  :  Xr.  15  fehlt  Hot^nr  die 
Erklärung,  was  das  Braungrün  ^Ostgalizien ,  Huasiscb-Polen ,  Oberungami 
bedeutet.  Auf  Karte  48  (Politische  Übervicht  der  Osterreichiseh^ungarischen 
Monarchie)  ist  die  Wahl  der  Farben  für  die  Bahnbezeichnung  nicht  glück- 
lich. Das  Rothbraun  der  Privatbahnen  ist  zwar  leicht  von  dem  Grün  der 
ungarischen,  aber,  namentlich  auf  tVirb!;L,'em  Grunde,  nur  schwer  von  dem 
Roth  der  österreichischen  .Stant^bahnen  zu  unterscheiden. 

Das  Material,  «las  dem  ?^chi"iief  (^^ehoten  wird,  ist  überaus  reiehlich. 
Wird  auch  nicht  alles  beim  Schulunterrichte  verwertet  werden  können,  so 
gewährt  es  doch  dem  Schftler,  der  fBr  den  Geffenstand  Interesse  hat,  reiche 
Anregung.  Dies  gilt  besonders  von  den  fünf  Karten  zur  mathematischen 
Geographie.  Das  Verständnis  eines  großen  Theiles  der  Zeichnungen  auf 
I  \m  [V  und  der  zugehörigen  Erklärungen  wird  sich  wohl  nur  reiferen 
Schülern  der  Oberclassen  eröffnen,  deren  ril  um  liehe«  Vorstellungsvermögen 
schon  gut  entwickelt  ist.  Hei  Nr.  V  ( Projectionfarten  und  Elerm-nte  der 
Terraindarsteilung)  fehlt  jede  Erklärung.  Referent  verrais^t  sie  umsomehr, 
als  der  Schüler,  der  sich  dafnr  interessiert,  in  seinem  Lehrbuche  gar  keinen 
oder  doch  nur  höchst  unzureichenden  Aufschluss  findet.  —  Sehr  nützlich 
ist  Blatt  6  (Oberflächenformen),  wo  ^ich  neben  den  acht  T.unds'chnft.shildern 
ihre  kartographische  Darstellung  lintiet.  Der  .'Standpunkt  für  die  Aufnaiiuie 
ist  angegeben:  vielleicht  wäre  es  aber  nützlich,  noch  weiter  zu  gehen 
und  am  h  die  auf  dem  Bilde  sichtbaren  Obj.M  te  auf  dem  Kärtchen  iih 
solche  zu  bezeichnen.  Statistik,  liassenverbreiiun^'  —  dass  Schmidt  hiebei 
Ton  der  Teralteten  Fünf-Rassen-Theorie  abgegangen.  i«t  nur  su  loben  — . 
Klimatologie  etc.,  nicht  minder  die  Colonial-  und  Verkehrsverhältnisse 
haben  eine  geziemende  Berücksichtifruncr  erfahren.  Österreich- Ungarn  wird 
mit  der  nothwendigen  Ausführlichkeit  behandelt.  Steht  auch  die  Zahl  der 
Lftnderkarten  hinter  der  der  früheren  Auflagen  zurück,  so  übertreffen  sie 
die^p  doch  aus  den  schon  oben  nn;Ereführten  Gründen  an  innerem  Werte, 
und  an  topographischem  Materiale  ist  auch  auf  dem  kleineren  Kaume  noch 
immer  mehr  als  genug  gegeben.  Auf  Nebenkarten  haben  die  Verfasser 
fast  ganz  verzichtet.  Wo  Ausnahmen  Seemacht  wurden  (Nr.  37.  41.  44  u.  s.  w.). 
rechtfertigen  sie  sich  von  selbst.  Ol)  aVier  nicht  auch  für  die  in  manchen 
Atlanten  auf  Nebenkarten  gezeichneten  i'läne  der  wichtigsten  Städte  der 
Erde  und  der  bedeutenderen  Städte  unserer  Monarchie  irgend  ein  Ersatz 
zu  bieten  wäre,  verdiente  nm^omebr  erwoq'en  zu  werden,  als  die  nicht 
wohl  zu  umgehende  ausführlichere  Beschreibung  mancher  von  ihnen  an 
solchen  Plänen  im  Vereine  mit  den  vorhandenen  Städtebildern  eine  treff* 
liehe  Stfitie  fände. 


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112 


Literarische  UunU^chuu. 


Aul  eine  diuxh^jehenrl«»  genaue  riüfun^  auch  nur  lies  giöGeren 
'Iheilcs  der  Anjfaben  (h-r  Karten  konnte  sit  h  Ueterent  nicht  einla-ss^n.  VV'o 
er  Stichproben  vornahm,  haben  diese  den  auf  die  Persönlichkeit  der  Be- 
arbeiter cregründeten  Hhiuben  an  die  Zuverläiaij^keit  des  gebotenen  Matoriah 
bestätigt,  ei  füllt  der  «alte  Ko/enn"  <lenn  auch  in  st  iiipr  nciion  (Ic-tult 
die  Aulorderungen,  die  uum  au  ein  derartigeä  Lelinuittel  stellen  kaitn, 
und  die  Schule  schuldet  V.  v.  Haardt  und  Withelm  Schmidt  aufrichtigen 
Dank  für  ihre  weitvolle  Arbeit,  nicht  minder  aber  ftuch  der  Veriaxa* 
hanUiuDg  für  das,  was  sie  au  ihrem  Theile  geleistet. 

6.  Frey  tag:  ReiehsFathswahlkftirte  aller  Ciiiten  TOti  Österreich 

nebst  statistischen  Daten  u.  s.  w.  von  Prof.  A.  L.  H  ick  in  an u.  Ftejiiig 

und  lierndt.  Wien  1897.  2  Blatt   1  fl 

Du«  ernte  Blatt  behandelt  den  österreichischen  Reichwath.  .seine 
Parteien  und  Wahlyerhältnisse  in  der  vom  Taschenatlas  her  allgemein 
bekannten  Darstellung-sforni .  bringt  ferner  eine  vergleichende  Darstellung 
der  iiolitischon  und  nationalen  l'arteigruppiernng  von  187.'}  bis  1897,  der 
Verschiebung  der  percentuellen  Stilrkeverhültuisse  der  I'arteien  in  der 
Kai:iiiier  und  nach  W&hlerctassen  (Wien  gesondert),  die  Daten  fHr  die 
WahlbetheiliguniT .  >to'i'nleistung,  Bevölkcntii<x>7;ilil  im  Verhältnisse  zur 
Zahl  der  Abgeordneten  u.  u.  w.  u.  s.  w. ,  kui'zum  ein  reiches  und  interes- 
santes  Material.  Das  «weite  Blatt  zeigt  auf  Karten  von  ö^erreich  die  Er> 
gebni>>;e  der  Wnhlen  von  1S97  derart,  diuss  der  Umfang  der  Wahlbezirke, 
sowie  <ler  Name  und  die  I'arteistellung  dos  Abgeordneten  deutlich  sichtbar 
sind.  Da«:s  die  Kane  im  .Augenblicke,  da  dieser  Bericht  erscheint,  noch 
actneilen  Wert  haben  wenle,  wagt  Referent  freilich  nicht  mit  Sicherheit 
zu  behaupten. 

Justus  Mr.ser:  Patriotische  Phantasien.  Au.swahl.  Für  den  .Schul- 
gel>rauch  herausgeben  von  Dr.  Ferdinand  Dieter.  Leipzig,  Or.  Freytag, 

J.^HT    70  Pfennige. 

Ut'lerent  hatte,  als  er  da.s  Büchlein  dunhgieng,  die  Empfindung.  da*>s 
er  aus  Müsers  Schriften  eine  andere  Auswahl  hätte  tredeu  wollen,  dai« 
der  Leser  nicht  bloß  den  Juxtu«  hlUmr  kennen  gelernt  hätte,  wie  ihn 
Goethe  an  der  vielcitierten  Stelle  de^  dreizehnten  ImicIj^s  von  Dichtung 
und  Wahrheit  schildert,  sondern  auch  den  Volkswiit.  wie  ihn  allerdings 
wieder  nur  nach  eint-r  einzelnen  Seite  hin  erst  jungst  Lujo  Brentano') 
charakterisiert  hat.  Hätte  der  HeraiHgeber  auf  dieae  Seite  der  geistigen 
Persönlirhlcf'it  Mr.- ms  mehr  Kückxicht  genommen,  dann  wäre  es  ihm  wohl 
nicht  widertähren ,  in  Nr.  4  (Trostgrüude  bei  dem  zunehmenden  Mangel 
des  Gelden^  nur  eine  Vertipottung  des  Roaaseau'schen  Ideal«  der  Rückkehr 
zum  N.iturzustande  zu  sehen,  inde.s  do  h  Lr*'rai.le  hier  grundlegende  .An- 
schauungen Müsers.  mit  denen  er  sich  zumtheil  im  Widerspruche  zu  herr- 
schenden wirtschaftlichen  Theorien  seinerzeit  befindet,  zu  ob  auch  scherzhaft 
gehaltenem  Ausdnu  k  -  kommen  aollen .  .Mr»ser  ist  kein  Freund  der  (.leldwirt- 
schaft,  in  der  ♦^r,  der  Agrarier,  etwa>^  \'i  ; (l.'iMi.  h  's-  sieht,  vor  di-ssen  Folgen 
der  Bauer  —  fast  möchte  man  »agen:  der  urund  und  Bodeu  —  nach  .Mög- 
lichkeit geschützt  werden  muss,  wenn  er  auch  sehr  wohl  erkennt,  da» 
sich  die  Weitgeschichte  nicht  nach  rückwärts  schrauben  lasse  und  so  etwa 
eine  reine  oder  doch  ülterwiegende  Naturalwirtschaft  wiederhergestellt 
werden  kfinne.  Nr.  9  zeigt  zwar,  dass  die  Härten  des  geltenden  Agrar- 
rechtes  Müsers  Tlu'i Inahme  für  den  Betrotl'enen  erregen,  man  erfährt  aber 
nirufMulM,  dass  ov  die  (irundzüge  desseil'eii  als  geschichtlu  li  beiirünib't  und 
saclmch  nothwiMiciig  ansieht.  Allein  der  Herausgeber  scheint  die  Absicht 
gehabt  zu  haben,  seinen  Lesern  nicht  den  Socialpolitiker  Moser  zu  zeigen« 
sondern  den  Social pädagog'  ii.  tun  ilurch  diesen  auf  die  .lugend  einzuwirken: 
ein  Gedanke,  der  sich  sehr  wohl  rechtfertigen  lässt.  Dann  wird  man  aber 
auch  die  getrotfene  .Auswahl  wohl  billigen  müssen.    In  der  Einleitung 


*)  iHv  tietn'ffendc  Auf«att  »t  mt  nach  VoUt'nüting  der  Arbeit  erBcliicoes. 


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Literarische  Ruaüticbau. 


113 


)i&tte  aber  auch  m>  MQaer  «twAs  vollständiger  charakterimert  werden  mOnen 

und  es  hätte  sich  das  Nothwf'ndi:^''  leicht  im  Anschluiitfe  an  die  Kt  wähnun^' 
«einer  amtlichen  Stellung  aiikuüpt'an  iataten.  Daw  Bt'ini>rkuugen  über 
Mteera  Sprache  ToraiMgeechickt  werden,  ist  nur  sa  billigen,  und  über 
Einzelheiten  ma^  der  Hefen'nt  nicht  rechten,  wenn  er  auch  manches  aoM 

der  EinloiitiniT  m  «Ho  Anmerkunjjen  vpr^fptzt  wünschte  und  umt^ekehrt, 
da  und  dorL  Krkiaruiij,'t.Ti  lui-  überÜihsijrf  hält,  anderswo  eine  nulche  ver- 
mißt. Nor  aaf  eines  hätte  er  die  Leser  (unter  den  ersten  CUissen  versteht 
der  Herau'^geber  doch  wohl  die  obersten)  gerne  auch  im  einzelnen  hin- 

«ewiesen  gesehen,  auf  die  Kraft  der  i^prache,  die  Fülle  und  sinnliche 
ebendtffkeit  der  Bilder  nad  Vergleiche.  Je  mehr  unserem  Sprachbewusst- 
Hcin  die  sinnliche  Bedeutung  der  Wörter  und  Wendungen  zu  entschwinden 
droht,  desto  krufti^'er  mnss  die  Kij^eniirt  eine«  solchen  J^chriftstelicrs  al« 
Muster  iiiuge^teiit  werden,  aus  de&üeu  bpiaciie  es  uns  entgegendauipl'i  wie 
erquickender  Qerocb  des  frischgepflügten  Ac  ker.s  Wenn  Referent  bei  dem 
BQchleiu  Uln<;pr  verweilt  hat,  ul.s  es  dessen  l  infiwiiy  711  rff'}]tt'i  rtiL,'i*n  srheint. 
«o  mag  dies  sein  Interesse  tür  die  Sache  entschuldigen.  Den  Lehrern, 
welche  ihre  SchQler  «am  Nachdenken  Aber  wirtschaftliche  Fragen  ver- 
Mlftäsen  wollen,  empfiehlt  er,  ihnen  diese  Auswahl  in  die  Kand  zu  geben; 
denn  Anregnnjif.  namentlich  uut  dem  ihnen  doch  zuiiiiclist  %'«rständ liehen 
Oebiete  der  i.'nvatwirtschaft,  werden  sie  reichlich  genug  empfangen. 

Prag.    Dr.  Ludmig  Singer. 


E  M  ichs  Grundriss  der  Naturlehre  fQr  die  unteren  Classen  der 
Mittelschulen.  Ausg^ib»  fir  H'iilschulen.  Bearbeitet  von  Dr.  Karl 
Uabart,  i'rofessor  am  k.  k.  ötaatsgymnasium  in  Linz.  Mit  H5ö  Ab- 
bildnngen.  Zweite,  Terbesserte  Auflage.  Mit  hohem  Miniaterialerlaaiie 

vom  l'd.  Juni  1896.  Z.  14311.  allgemein  zulässig  erklärt.  Preis:  geheftet 
90  kr.,  gebunden  1  ti.  15  kr.    Wien  und  l'rag,  F.  IVtnpskj,  IHOG. 

Schon  die  erste  Auflage  von  K  Mach«  (Mach-Ud^trcii)  „Grundriss 
der  Natnrlehre"  erwies  «ich  als  ein  treffliches,  in  vielen  Besiebungen  gans 

eigenartiges  Lehrbuch ,  von  dessen  hervorragender  Brauchbarkeit  für  den 
Mittelachulunterricht  Referent  sich  selbst  pr.iktisch  zu  über/ensjt'n  hinläng- 
lich Gelegenheit  hatte;  die  neue  Auflage  (.Mach- ilatiart)  enthält  die  viel- 
fachen Vorzüge  der  früheren,  ohne  die  mitunter  sehr  erheblichen  didak- 
tischen Oebrreht'ii  /.n  besitzen,  mit  welchen  dirse  behaftet  erschien. 

Ein  besonderer  Vorzug  des  huches  besteht  in  der  sehr  umsichtigen 
Hervorhebnuff;  der  historischen  Entwicklang  der  Wissenschaft,  indem  die 
Schüler  an  die  gewöhnlichsten,  in  deren  £rfahrungskreise  liegenden  Be* 
obachtun;]fen  erinnert  und  zu  klarer  Erfassunnf  jener  Gedanken  angeregt 
Werden,  von  denen  die  groben  Forscher  l>ui  ihren  Entdeckun;,'en  selbst 
ausfl^an^en  sind.  Die  clasaikchen  und  dabei  so  leicht  ausführUireu  Kxperi- 
mente  eines  Black,  Galilei,  l'a>cal.  Kcjtler,  Stevin.  die  sehr  mit  rnrecht  fast 
gänzlich  in  Vergessenheit  geriethen,  werden  nach  I  hunhchkeit  berück- 
sichtigt und  gründlich  er<Srtert;  ale  werden  sweifellos  jedem  Lehrer  sehr 
willkommen  sein,  der  nicht  in  doi^matischer  Weise  mit  fertigen  Definitionen 
und  Lehrsätzen  beginnt  und  die  letzteren  nachträt^licli  als  richtig?  f;rwei«t, 
sondern  der  inductiv  von  den  einfachsten  und  am  uieislen  bekannten  Vor- 
stellungen ausdrehend  mittelst  zweckmäßiger  Fragen  den  SO  behandelnden 
physikalischen  Lehrsatz  entwickelt  und  die  Schüler  so  auf  dem  natürlichsten 
Wege  zur  Erkenntnis  allgemeiner  physikalischer  Gesetze  führt.  Von  sehr 
bildendem  Werte  ist  die  namentlich  in  der  Mechanik  hftafig  benatzte 
SchluRsweise  mittelst  des  „zureichenden  Grundes**,  welche  nicht  allein  bei 
dem  Nachweise  oder  der  ungezwungenen  Ableituncj  bekannter  physikalischer 
Lehren  ilie  besten  Dienste  leistet,  sondern  aueii  der  Wi.ssenschait  zu  neuen 
Errungenschaften  ro  verhelfen  vermag.  Betnerkunc^en,  wie  die  S.  114 
hefindliche  ^Wem  es  sonderbar  erscheint,  da^s  ein  in  VVosser  eingetauchter 
Körper  an  Gewicht  verliert,  der  bedenke,  dass  der  einsinkende  Körper 
unter  sich  das  Wasser  verdrängen  nnd  auf  dieselbe  HObe  heben  muss  . 
nnd  femer  „Wenn  ein  KOrper  nicht  einen  Verlost  an  Gewicht  erfllhre,  so 

„Ost«ir.  NUtelsebul«''.  XII.  Jshig.  8 


114 


Literuiiscbe  Kumkchau. 


mnsste  die  Wamennasse  1  (Fig.  215)  sinken,  etwa  nach  2.  das  an  die  Stelle 
1  tretondp  Wiisser  miisste  aus  demselben  Grunde  wiedfr  sinken;  es  infi»«te 
demnach  ein  fortwährender  Kreislauf  de»  Wassels  im  üefäbe  fltutttinden, 
was  aber  nicht  der  Fall  ist  und  was  auch  niemand  erwarten  wird*,  rtljffen 
das  physikalisrhc  Interesse  den  SchülfM-s  in  liohcni  (Jtade  an  tind  fordern 
in  tebr  wirksamer  Weise  seine  seibsttUidige  Denkthätigkeit.  —  Uervor- 
xaheben  Ist  femer,  das»  anf  die  neuereu  wiasenscbaftHclien  und  didaktischen 
AnM^Hurai^yen  gebfirende  Rücksicht  genommen  und  80  eine  correcteie. 
widei-sprucnslose  und  zugleich  viol  f.isslichere  Darstelhmg  mancher  Partien, 
iut^beäondere  der  Elektricität^lehre  ermöglicht  wurde;  hauptsächlich  jetiocb, 
da»  die  Diction  des  Buches  an  Einfochbeit,  Ankcbaulichkeit  und  Prikidon 
des  Ansdruck'";  vrfsentlich  gewonnen  liat.  Der  i^rößtM-f'  K  -i  btbum  an 
sorgfältig  auageführten  und  zumeist  Kehr  mstructiven  Abbildungen  statt 
880  der  enten  Auflage),  deren  Autwahl  durch  die  BedQrfnive  der  Praxis 
mitbestimmt  wnrde  (s.  H.  Feuenpritxe),  erhöht  ebenftlta  die  Verwendbarkeit 
des  Bucb&i. 

Zu  den  Eigeothümlichkeiten  hingegen,  welche  seinen  Wert  einiger- 
maßen SU  beeinträchtigen  vermögen,  gehört  eunftchst  die  noch  immer  be- 
trächtliche Ziibl  von  theil>  :intioi])it'rtr'n ,  mitunter  völlig  ühertlutKigen 
Definitionen  und  Aberhan ut  fcjrörterungen ,  zu  deren  Verständniftse  Vor- 
stellungen unerl&Mlicb  sind,  die  dem  Anfänger  noch  mangeln,  wie  etwa 
die  Erklärung  der  Begritt'e  Natur,  Ursache,  Wirkung  u.  dgl.  Man  sollte 
sich  füglich  mit  der  Wahrnehmung  bcfjnüijen.  <ta<s  dfr  Schüler  die  in  Rede 
stehenden  Begriffe  deutlich  und  klar  denke,  ohne  deren  Healdefinitionen 
auch  nur  versuchen  su  wollen,'  die  doch  za  den  schwierigsten  logischen 
Operationen  gcböron,  welche  ein  sehr  intensivo«  Denken  und  eine  weit 
größere  geistige  Hegnamkeit  erheischen,  als  sie  dem  Schüler  der  ünterreal- 
schule  zugemuthet  werden  kann. 

Es  soll  nicht  geleugnet  werden,  dass  es  dem  gewandten  Lehrer  wohl 
gelingen  wird,  die  „allgemeinen  Kigenschaften  der  Kf^rpor".  welche  der 
Verfasser  im  Sinne  des  Lehrplanes  sämmtlich  bereit«  tu  der  „Einleitung" 
bespricht,  mit  Hilfe  zahlreicher  und  passender  Experimente  «hon  «u  Be- 
ginn des  physikalischen  rnterrichtes  systematisch  dem  Verständnisse  des 
Schülers  sugünglich  zu  machen ;  unstreitig  viel  größer  ist  jedoch  der  päda- 
gügiaehe  Emig,  wenn  diete  allgemeinen  Eigenacbaften  nicht  systematisch 
und  dogmatisch  dem  Schüler  vorgeCQhrt  werden,  sondern  wenn  jede  erst 
dann  rur  Erwähnung  g^lansirt,  wenn  man  ihrer  beim  Hnterrichte  betlarf, 
und  wenn  dieselbe  aus  eiiur  ansehnlichen  Keihe  von  dem  Schuler  bereits 
gel&nfij^n  Erscheinungen  und  Vorstellungen  von  ihm  selbst  —  allerdings 
unter  einiger  Leitunfj        Lehrers  —  aivstrahiert  werden  kann. 

Zweckmäßiger  als  die  traditionelle  scharfe  Sonderung  der  Mechanik 
in  Statik  und  Dynamik  erscheint  aus  mehreren  Gründen  jener  Vorgang, 
welcher  mit  der  Kinematik  beginnt,  der  also  zunächst  die  Bewegung  eines 
materiellen  Funktcs.  tins  Prinop  der  Coexistenz  Her  Rewep^tmgnn.  die  Con- 
siruction  und  Bedeutung  des  Bewegungsparalielogramuifi  erklärt,  aus  wel- 
chem sich  —  auch  ohne  Experiment  —  das  Kräfteparallelogramm  mit 
T,clclitif?kcit  sofort  ^rewinnen  Ktsst.  Denn  selbst  abgesehen  von  dem  Be- 
dürfnisse der  Aufstellung  eines  kinetischen  Mubes  der  Kraft,  welches  den 
Begriff  der  Beschleunigung,  resp.  Verlagerung  nothwendig  vorauasetet,  er^ 
fordert  schon  die  Annahme  der  bloFt-n  F.xistenz  einer  Kraft  die  Vorstellung, 
dass  ein  Körper  Veränderungen  erleidet,  welche  sich  in  letzter  Instans 
sämmtlich  aut  Bewegungen  zurücktühren  la^isen. 

Die  von  Huggens  herrOhrende  Ableitung  der  Gesetee  des  Stoßes 
mittelst  der  relativen  Bewep^nTi;.'^  Stof^  auf  einem  in  Bewcgnnpr  ^ejjrit^Vnen 
Kahne;  Beobachtung  der  Stobwjrkung  vom  Kahne  aus  und  auch  vom  Ufer 
ans)  dürfte  Scfafliem  der  Unterrealschule  betrftchtlicbe  Schwierigkeiten 
bieten.  Man  wird  sich  auf  dieser  ünterrichtsstufe  wohl  mit  der  Erklärung 
jener  Gesetze  begnügen  müssen  p  welche  durch  die  üblichen  Schul  versuche 
demonstriert  werden  können. 

In  Bexug  anf  Eiocelheiten  des  Buche«  drängen  sieb  noch  folgende 
Bemerkungen  auf: 


Literarische  Rundschau. 


115 


Der  Satz  (S.  3)  «Alle  Lothe  auf  der  ErdoberflAche  b«ges^en  einander 
im  Erdmittelpunkte"  bt  sitrt  im  alljfenioinen  nur  an^renäherte  Giltij^keit. 

10.  Da  der  Begrill  Gewicht  auitchaulicher  und  dem  Anlaxiger  jeden- 
fiiUa  gelftnfiger  i»t  als  joner  der  Haase,  so  wflrd«  Referent  im  üegensatxe 
»n  der  liepflogenheit  vieler  Lehrbruher  die  relative.  Dichte  al«  das  Ver- 
hältnis zweier  Gewichte  (strenger  als  den  Exponenten  dieses  Verhältnisse«) 
tftatt  als  dasjenige  sweier  Massen  erklären,  zumal  man  bei  der  wirklichen 
Wertbestimmung  der  Dichte  schließlich  doch  Unteraichen  niuss,  wie  oft 
da-s  TM-wicht  eines  Körper.«^  in  dem  Gewichte  einet  anderen  Körpers  (von 
gleichem  Volumen)  entbalten  ist. 

86.  Z.  13,  »t  atatt  ^vollkommen  leer"  so  eetien  eiwa  «luftleer";  ab* 
•^'esehen  vom  hypothetischen  Äther  befinden  äch  im  Tonricelliachen  «  Vacaum" 
zum  mindesten  Quecksi Iberdämpfe. 

40.  Z.  9,  soll  es  etwa  heißen:  .hängt  hauptsächlich  von  seiner  Tempe- 
ratur ab"  statt  .hängt  von  seiner  Temperatur  ab" :  denn  auch  der  auf  die 
Ol>erf1äi  iie  cie>  Kdrper»  autgeObte  Druck  iit  mitbeatinunend  für  dewen 
Aggregaiz  ustiin  d . 

43.  Die  Marginalnote  eoUte  den  Zusatz  ^bei  gleichem  &ußeren  Drucke" 

enthalten,  sonst  wäre  d^'i- Satz  unrichtif^;  >  ja  sowohl  die  ."^t  hmelz- ats 
auch  die  Siedetemperatur  vom  äußeren  Drucke  abhangig,  wie  auch  in 
§  45  des  näheren  auseinandergesetzt  wird. 

Die  Marginalnote  zu  §  45  sollte  die  Worte  enthalten:  «Unterschied 
zwischen  Verdani]ift  n  nnd  Verdunsten"  statt  „.  .  .  rwi«ehen  J^ieden  und 
Verdunsten".  Die  Begritte  Sieden  und  Verdampfen  sind  gänzlich  ver- 
schieden;  aber  auch  der  Unterschied  zwischen  Verdunsten  und  Verdampfen 
sollte  ^(■h*^rfer  hervorgehoben  werden,  nh  die;*  tfpwöhnlich  geschieht. 

S.  24,  Z.  16.  ist  statt  ^verHüssigt''  zu  setzen  etwa  ^coodensiert"}  denn 
auch  der  Wnsserdampf  ist  ein  flQssiger  Körper. 

S.  32,  Z.  2,  könnte  statt  ,.den  Luftdruck"  allgemein  geseüct  werden 
.einen  Druck":  es  kommt  hiebei  nur  anf  die  Größe  des  au -Überwindenden 
äußeren  Drucke»  an,  nicht  auf  dessen  Proveniens. 

80.  Der  D^iff  Spannung  darf  mit  dem  davon  wesentiich  ▼erschiedenen 
He<?rift"e  Totential  fhi'-r  anch  Klektricitätstrratl  i^enannt)  niemals  verwechselt 
werden,  was  allerdiags  sehr  häutig  geschieht,  auch  im  vorliegenden  Buche 
z.  B.  in  dem  Satze:  ^Nor  von  Körpern  höherer  Spannung  geht  die  Elektri« 
cität  zu  Körpern  niederer  Spannung  über."  Die  Spannung  ist  nichts  andere« 
als  der  elekt  rontiitisclie  Druck,  den  die  elektrische  Laduni,'  auf  den  I:-olator 
ausübt,  sie  ist  dem  (Quadrate  der  Dichte  proportional,  alwj  wesentlich  von 
den  KrÜromungs Verhältnissen  des  Cottanctors  abhängig,  während  das 
Potential  einer  im  Gleichj,'pvrichte  l»efindlichen  El-  ktricitätsmenge  in  allen 
Punkten  des  Conductors  den  gleichen  Wert  besitzt.  Die  Begriffe  Dichte, 
Spannung,  Potential,  Capacität  sollten  etwas  ausftlhrlicher  erklärt,  an 
Kugeln  von  vei-schiedenen  Radien  erläutert  und  —  zunächst  —  mit  der 
Wärme  in  die  innic^^te  Analo^fie  gesetzt  werden  Vm  sollte  z.  B.  gezeigt 
werden,  dass  sowie  bei  der  1"  rage,  ob  Wärme  vom  ivörper  A  zu  dem  Körper 
B  flbergeht,  nicht  der  diesen  KGrpem  zukommende  Wärmeinhalt,  .sondern 
nur  der»  ii  WärMiei?ra«l  in  Betracht  kommt.  eV)en>o  auch  bei  der  Krage,  ob 
Eiektrtcttät  von  A  nach  B  oder  umgekehrt  sich  begibt,  lediglich  der 
EIcktricitätsgrad  der  beiden  Körper  entscheidend  ist. 

S.^.  Die  Erklärung  des  elektrischen  Flugrades  sollte  der  ße!<prechung 
de.«?  Experimentes  unmittelbar  anp^esrhlo-isen  werden,  ohne  auf  die  .,Hück- 
wirkung"  des  §  172  zu  verweisen,  welcher  iehrplanmäüig  erst  im  uach«;t- 
folgenden  Schuljahre  cor  ErOrtenmg  gelangen  Rann. 

Zur  Erklärung,'  de-*  Satzes  (S.  öoi:  „Die  i;n)r>arti;:sten  .dektrischen  Er- 
scheinungen treten  auf.  wenn  sich  im  Luttmeere  gewaltige  Dunstmassen 
plötzlich  zu  schweren  Wolken  verdichten  .  .  ."  könnte  bemerkt  werden,  dass 
durch  das  Zusammenfließen  vieler  mit  Klektricität  geladener  Nebelbläschen 
in  je  einen  Wa^.-ertro].fen  der  Grad  der  Elektrieitiit  sehr  gesteigert  wird, 
wodurch  eruptive  elektrische  Entladungen  hervorgerufen  werden  können. 

9b  und  96.  Die  übliche  „Votta^selie  Spannnngsreihe"  muss  entsprechend 
der  neueren  Terminolc^e  der  Elektricitätslebre  etwa  durch  „BiiBihe  der 

8» 


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116 


Literarische  BatidNlwu. 


Potentialtiifferen/.en"  o<ier  dergleichen  ersetzt  werden,  wenn  raan  Incon- 
sequenzen  in  dem  Gebraache  ded  Wortes  bpannaog  überhaupfc  ver- 
meiden will. 

Anf  eine  eingehendere  Erklärung  der  chemischen  Vorgänge  bei  der 
Waaaentersetzung.  der  Zerlegunrr  eine-t  Salzci^.  der  s'ivlvanischen  Polarisation 
IUU8S  wohl  verzichtet  werden,  da  dem  Schüler  nicht  einmal  die  Fundamental- 
b^rilfe  der  Chemie,  welche  erst  in  der  IV.  Classe  gelehrt  wird,  zur  Ver* 
ITifrung"  stehen;  es  durfte  die  experimentell  vermittelte  Kenntnis  des  Lehr- 
satzes, dass  bei  der  Elektrolyse  eine«  Salxes  das  Metall  an  der  Kathode, 
alles  übrige  hingegen  an  der  Anode  ausgeschieden  werde,  f&r  die  III.  Real- 
schulelasse vollkommen  genügen. 

121.  Bei  der  Besprechung  der  Entstehung  Ton  Induction?strömen 
durch  Bewegung  könnte  hervorgehoben  werden,  da^  ea  sich  nur  um  lUe 
Änderung  der  relativen  Lage  zwischen  dem  Inducenten  und  dem  Leiter 
handelt,  in  welchem  ein  Strom  i n  Jucit-rt  werden  soll.  Von  großer  Wiohti::- 
keit  ist  es.  den  iichüler  hiebe)  aui  die  sich  gleichsam  von  selbst  aufdrängende 
Beziehung  anfmerkiam  m  machen,  in  welcher  die  indncterten  Slr5me  au 
der  Arbeit  stehen,  welche  ihrer  HerTorrafnng  verbrandit  werden 
musste. 

137.  Der  theoretiMch  und  praktisch  jjleii  h  wii-litis^e  Fall,  io  welchem 
die  Kraft  parallel  zur  Basis  der  schiefen  Kl>ene  wirkt,  fehlt  ganz.  (Noth- 
wendige  Anwendung  dieses  Falles  zur  Erklärung  der  Wirkanirsweise  der 
Schraube,  welche  in  144  mit  der  ganz  unaureichendeu  Bemerkung  ab- 
gethan  -vrad.  sie  sei  ^eine  nm  einen  massiven  Cylinder  gewickelte  schiefe 
Ebene 

143.  Statt  ..Überwindunif  einer  Kraft  auf  die  Strecke .  .  /  soll  es 
heißen      .  .  aut  der  strecke  .  . 

Zu  S.  I'i3,  Z.  8  V.  u.,  wäre  tu  bemerken,  dass  auch  daa  Lieht  einen 
wirklich  leeren  Raum  nicht  zxi  durchdring-en  vcrma«?. 

S.  126.  Z.  3,  ist  statt  „fühlen"  zu  setzen  ,.emptinden'' ;  die  allerdings 
sehr  häutig  verwechselten  Begriffe  Gefafal  und  Empfindung  sind  keineswegs 
identisch. 

213  I)as  Photoraeter  von  Bunsen  würde  Referent  dem  im  Buche  er- 
klärten vorziehen.  (Auch  die  „lustructionen"  IV.  Aull.  S.  107.) 

Statt  „Zenith*  (S.  177  ff.)  wäre  wohl  besser  „Zenit"  su  setaen.  (Vgl. 
z.  B.  Üiesterwejj,  mathem.  Geographie,  XV.  Aufl  .  Martiis.  astronom.  Gtv>- 
graphie.  IL  Auü.:  Zenit  sUimmt  vom  arabischen  samt  ~  Gegend.  Daa  ^k" 
haben  die  Fransosen  angehängt,  um  anxadeaten,  dass  das  „r  gehört  wer- 
den muss.) 

In  der  Fig  345  int  C  statt  ^  zu  f^etzen. 

S.  lö.'j,  Z.  2,  sollte  bemerkt  werden,  dass  der  „Temperatur Wechsel  iu 
den  verschiedenen  Zeiten  des  Jahres"  auch  von  der  verschiedenen  Neigung 
der  die  Krde  treffenden  Sonnen.strahli*n  ablirin;;i<,'  ist. 

Diese  angeführten  und  die  wenigen  unerwähnt  gebliebenen,  zumeist 
ganz  geringfügigen  Mftttgel  verschwinden  fast  ganslich  angesichts  der  oben 
gewürdigten  Vorzüge  des  besprochenen  Werkes,  welches  unstreitig  an  iden 
besten  Er^engnissen  unserer  ph/sikalischen  Schulliterutur  gehört. 

Wien.  Dr.  K.  Zahrcuiniuk. 


Franz  Körner:  Lehrbuch  der  Physik  fttr  den  Gebrauch  an  höheren 
Gewerbeschulen.  Mit  GU  Abbildungen  und  2  Farbentaftln  Wien  und 
Leipzig.  Franz  Dcntit  kt-,  1897.  Preis  ungebunden  3  fl.,  gebunden  3  fl.  20  kr. 

Das  Buch  trägt  vor  allem  der  praktischen  Richtung,  welche  sich  im 
gewerblichen  Unterrichtswesen  geltend  niui  heu  uaiss,  Rechnung.  Eine  große 
Zahl  neuerer,  im  wissenschaftlichen  wie  im  gewerblichen  Leben  gleich 
•wichti^MT  Apparate  werden  iliirin  erklärt.  Die  Zeichnungen,  die  größten- 
theüs  schematisch  gehalten  sind,  beweisen  das  Streben,  die  Hauptsache 
hervortreten  zu  lassen,  ohne  dass  die  praktische  Richtigkeit  nnd  Aosfllhr- 
barkeit  darunter  leidet.  Diesen  zahlreichen  und  nahezu  durchwegs  origi- 
nalen Illustrationen  ist  auch  ein  vorzüglicher  Text  augmnde  gelegt,  der 


Literariiclie  RnndBchaa 


117 


an  Eintaebbeit  und  Verständhcbkeit,  ferner  auch  an  treülicben  historisdien 
Anrei^ungen  nicbto       wOnsch«!!  dbriglüsst    Di«  mathematisdieii  For- 

derutij,'»'!!  sind  möglirhst  auf  ein  MinitJinrn  rpiluciert,  so  »lass  die  elemetl' 
tarsten  Kenntnisse  aus  der  Algebra  und  Trigonometrie  ausreichen 

Das  Buch  dient  dem  Unterrichte  an  höheren  Gewerbeschulen,  wofür 
es  am  h  iipprobiert  ist.  als  treffliche  Grundlage.  Es  wird  aber  «effen  seiner 
einfachen  Kiarhett  und  lieriicksiciit ijjjung^  der  nfiMTcn  Leistungen  aneh  der 
WerkmeiHerschule,  wie  überhaupt  dem  bildung.sbeUürfti^n  Gewcrb^manne 
in  den  meieten  phyiikalitdieB  Fn^n  ein  tflchUger  I^eitfaden  «ein. 

Wien.  J.  KieMfer. 


AlexaTi.ler  Weinberg:  Unsere  Lebensmittel  und  deren  Ver- 

fälschung-en.  Ein.-  hy<ri<nii,>^<  he  Studif   Hrnpchiert  70  kr.  99  S.  Wien 

l89i>.  Verlag  von  A.  I'i<-hl<'rs  Witwe  und  Sohn. 

Die  vorliegende  Schrift  enthält  eine  grobe  Menge  auch  für  den  Laien 
▼erfftRndlieher  und  interessanter  Mittheiinngen  Aber  unsere  Lebensmittel 
und  dt'ren  Vernhchung.  Besonden«  ltv>-en«wt'rt  sind  dit-  Artikel  über  Milch. 
Butter,  Mehl  und  die  geistigen  Getrilnke.  Die  Beigabe  mikroskopischer 
Bilder  wflrd*»  die  Nötzlichkeit  dieser  Stndie  natürlich  bedeutend  gefördert 
haben.  \'t»'ll)M(  hf  kann  bei  einer  Neuanflage  darauf  Bedacht  genommen 
werden,  lui  Interease  deräache  ist  dem  Werkchen  die  weiteste  Verbreitung 
zu  wünschen. 


Franz  Bley;  Botanisches  Bilderbueh  iür  jung  und  alt.  Krsfer  Theil 
nrofaftiend  die  Flora  der  ersten  Jahreshftlft»-.  216  Pflanzenbilder  in 
Aqiiarelldruck  auf  21  Tafeln.  Mit  erühit^rndem  Texte  TOn  B.  Berdrow. 
Berlin  185)7.  tJustav  Srhinidt.    rartonirrt      M.  W  S. 

Uns  ist  schon  lange  kein  Buch  unter  die  Hand  gekommen,  das  in  so 
gemeinventftndlicher  Weise  wie  dieses  und  unter  Beobachtung  streng 
wt>senf!chaftlicher  Grundsätze  die  am  häufin'iten  vorkommenden  blühenden 
und  nicht  blühenden  Pflanzen  vorführt.  Die  einzelnen  Pflanzen  werden 
nicht,  wie  es  manchmal  in  Volksbüchern  fiblich  ist,  ganz  losgelöst  von  den 
flbrigen  Lebewesen  und  Ihr  sich  allein  besehrieben,  »ondern  imm«M-  in 
ihrem  Zusammenhange  mit  anderen  Pflanzen  und  Thieren  betrachtet.  Die 
genaue  Erläuterung  der  interes.^anten  Bestüubungsvorgänge  durch  in^ecten 
und  die  Darlegung  des  Verhältnisses  zwischen  BiQtenform  und  Insect  werden 
dit'  T/esf^r  sehr  erfreuen.  Auch  zjihlreiclu^  IJomerknn^'en  rnlturLrf-elncht- 
lichen  Inhaltes  sind  eingestreut.  Der  erläuternde  Text  ist  sehr  lebendig. 
Auf  die  deut»chen  Benennungen  der  Pflanzen  hätte  aber  mehr  Rflcbrieht 
genommen  werden  können:  einige  Namen  mehr  hätten  dem  Hie  Ii»-  nicht 
seschadet.  Im  vorli'^sTr"nd»  n  i-i-ten  Theilo  des  Werkes  wird  dif  Kloi;i  der 
eisten  sechs  .Monate  des  Jahres  bebandelt.  Manche  Arten  sind  doch  wohl 
zu  stiefmütterlich  behandelt.  Von  den  Primeln  s.  B.  ist  nur  eine  Art 
besprochen. 

Auf  24  Tafeln  nnd  je  \)  Pflanzen,  also  zusammen  216  farbig  abge- 
bildet Mit  dieser  Anordnung  können  wir  uns  nicht  befreunden.  Auf  der 
1  afel  8  X.  B.  sind  nebeneinander  die  Bilder  von  Poa  annua  und  Aesculus 

hippncaxtmnfm :  ein  kleines  Gr«»»  und  ein  Baum  dnreh  je  ein  gleich 

großes  Bildchen  dargeitteiit:  wir  dürten  un«  keiner  Täuschung  hingeben, 
das  Erkennen  der  Pflanzen  wird  dadurch  ei-schwert  Vm  wären  größere 
Rüder,  wenn  aiicli  weniü  'r.  lieber.  Das  I?u(  Ii  wird  aber  doch  seini-n  /weck, 
die  heimische  Flora  in  naturgetreuer  bildlicher  Darstellung  zu  bieten, 
vollkommen  erreichen.  Die  Verlagshandlung  hat  keine  Mühen  und  Korten 
gescheut,  das  Buch  prilcbtig  aussnstatten. 

Wien.  Dr.  F,  TsehenUtA. 


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118 


Literariacbe  RuncUchaii. 


Dr.  K.  Fritsch:  ExcuFsionsflora  fttp  Österreich  (mit  Ausaehloss  Ton 
Galizien,  Bukowina  und  Dalmmtlen).  Wien  1897.  C.  Gerold«  8oha. 

Kl.  8".  LXX  un.l  G(jl  8.  4  fl. 

Das  Buch  kündigt  sieb  gleichsam  als  Neuauflage  des  bekannten 
Lorinser'schen  an.  ist  aber  glucklicherwei.Me  keine  solche,  sondern, 
Ton  der  handlichen  Form  und  Anlage  abgesehen,  eine  gans  neu  be- 
arbeitete und.  wie  gleich  gemgt  werden  »oU,  höchst  willkommene  Ex* 
cursionsßora. 

Nachdem  die  wichtigsten  QmndbegriiTe  der  botanischen  Morphologie 

in  klarer,  unzweideutiger  Weise  erläutert  sind,  werden  die  Gattungen 
zuerst  mit  Hilfe  des  Linne's(  lien  Systems  bestimmt,  welches  ja  für  den 
Laien,  dem  die  zugehörige  Familie  noch  nicht  bekannt  ist,  immer  das  ein- 
fachst«' bleibt. 

Der  Haupttheil  des  Werkes  enthält  die  Familien  nach  dem  natür- 
lichen, heute  gütigen  Systeme  behandelt.  Für  die  Bestimmung  der 
Gattungen  und  Arten  wird  die  altbewährte  „analytische*  Methode  ein- 
geschlagen. Die  C't*.'<^>-n9ü\7,e  sind  klargehalten  und  heben  die  auffallendsten 
Merkmale  hervor.  Freilich  mussten,  dem  heutigen  Standpunkte  d»'r  Wissen- 
schaft folgend,  gar  viele  der  „guten  alten"  Arten  getrennt  oder  eingezogen 
werden.  Auf  di«Mem  Gebiete  wurde  in  den  letzten  Jahren  ungeheuer  ge- 
arbeitet und  —  auch  ge.HÜndigt.  Das  vorliegende  Buch  enthrilf  :il>er  nicht 
alle  derart  geschatienen  Arten;  der  Verfasser  hat  sehr  eingehend  gesichtet 
und  nnr  jene  Pflanzen  aufgenommen,  deren  Artrecht  heute  kaum  mehr 
bezweifelt  wir«!  Ilieduich  wird  künftii^hin  unoh  cleui  .^nCintxcr  Gelegen- 
heit geboten,  die  Pflanzen  seiner  Heimat  richtig  zu  benennen.  Da  die 
Xomenclatur  auch  nach  dem  ueueäten  Standpunkte  bearbeitet  ist,  wird 
msnoher  saerst  keinen  geringen  Kampf  mit  sich  zu  bestehen  haben,  wenn 
er  irpmeinp  PBanzen  unter  anderen,  ihm  fremden  Niimen  bestimmen  wird 
Dafür  tindet  sich  aber  am  Schlüsse  des  Buches  ein  sehr  Ubersichtlich  ge- 
haltene<{  alphabetisches  Veneeicbnis  der  gebränchlichsten  Synonyme.  Den 
.Prioiitätsgesetzi'n"  tia-^'i'n  ül>tii,'ens  die  N''niaufla„'en  ile>  all^^enifin  ein- 
geführten Pokorn^- .sehen  Lehrbuches  bereits  Kechnung  und  werden  diesen 
die  übrigen  Lehrbücher  des  Pflauzenreichej?  und  Floren  früher  oder  später 
folgen  müssen. 

Mit  l)esonderer  Freude  bei,'riibi  Referent  da.s  endlich  einmal  einheit- 
lich durchgeführte  Priucip,  jeder  (Gattung  und  Art  nur  einen  deutschen 
Namen  beizufOgen,  und  zwar  von  den  oft  sahireichen  Namen  derselben 
Art  den  verlneifet^ten. 

Fiue  sehr  wesentliche  V(  r)>esserung  des  Buches  liegt  in  «ler  strengen 
Einfilhning  der  Verbreitungs.ingaben.  welche  ja  hüufi^  für  die  Be- 
stimmung'von  Vortheil,  immer  aber  von  wissenschaftlicher  Bedeutung  sind. 

Haben  unsere  vorgeschrittenen  ^^ch^lI^'r  einmal  die  nöthiize  Anleitung 
zur  Benützung  des  Buches  erhalten,  so  werden  sie  sich  rasch  einarbeiten 
nnd  leicht  und  mit  großer  Befriedigung  ihnen  unbekannte  Pflansen  aus 
der  Falle  der  beschriebenen  Arten  hetauufinden. 

Dr.  Otto  Wünsch»«:  Die  verbreitetsten  Ptlanzen  Deutschlands. 
Ein  Übungsbuch  liir  den  naturwissenschaftlichen  Unterricht.  ~.  Aiitl. 
Leipaig,  B.  6.  Teubner,  189«.  8«  VI,  272  8.  H.  2*40. 

Das  Buch  enthält  neb.st  einer  Übei*sicht  der  Classen  des  natürlichen 
Systems  die  Farn-  und  Samenpflanzen  nach  d<^r  „analytischen"  .Methode 
und  in  wis-senschaftlich  begründeter  Keiiienfuige  behandelt.  Die  Anzahl 
der  beschrieljenen  Arten  ist  sehr  beträchtlich;  «nd  doch  sogar  die  wich- 
tigsten nnd  häutig  angebauten  nartenjiflanzen  in  d»^n  Kreis  der  l^t'trach- 
tung  einbezogen.  Die  „Diagnosen"  sind  einfach  und  bestimmt  gehalten, 
die  auffallenden  Merkmale  hervoit^hoben.  Zahlreiche  Versuche  haben 
ergeben,  dass  auch  die  Bestimmung  schwieriger  Formen  sicher  zum  Ziele 
führt.  Zudem  befindet  sich  für  Anfanger,  denen  der  Blütenbau  bei  Lemna. 
Elodea,  Juncu.s,  Potamog^ton  u.  a.  nicht  ohneweiters  klar  sein  kann, 
am  Schlüsse  noch  eine  Übersicht  solcher  schwieriger  an  bestimmenden 


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iiiterariäcbe  Kundscbau. 


U9 


Pflftnaen,  vobei  als  nnteraefaeidende  Merkmale  ihr  yorkomraen,  Stellnng 

ond  (M'stiiU  ihrer  Blfitter  hervorgehoben  werden. 

Da  «las  buch  l'Hanzen  Deutschlandä  behandelt,  so  können  weder  alle 
bei  nus  häufigen  Arten  vertreten  sein,  noch  auch  die  in  den  Tabellen  auf- 
ffefübrten  Vertreter  alle  bei  uns  gefunden  werden:  doch  gilt  dies  jeden* 

von  der  Mehrzahl  der  besprochenen  Arten.  Referent  möchte  dieses 
Büchlein  besonders  Laien  und  Scoülem  zur  Einarbeitung  in  die  ,anaijtiiH:he" 
Bestimmungsnietbode  empfehlen  nnd  den  w^aterreiehern  dann  rathen*  das 
weit  irihaltsreichere  und  wissenschaftlicher  gehaltene  Exciirnonihncb  von 
Dr.  Fr  lisch  fernerhin  zu  beuützen. 

Dr.  Otto  Wünsche:  Die  verbreltetsten  Pilze  Deutschlands.  Eine 
Anleitung     ihrer  Kennini«.  Leipsig,  B.  G.Teubner,         W>.  XII,  112  S. 

M.  1  40. 

Dem  Verfasser  ist  es  mit  voi liegendem  Uuche  gelungen,  die  ver- 
breltetsten Großpilze  durch  Hervorhebong  auf&liender  Unteraeheidung?- 
mprkmale  dem  Anftnrrer  der  Bestimmnnsr  zujrjin^'lich  zu  machen.  Alle 
nur  irgendwie  in  die  äinne  tallenden  Eigenthümliuhkeiten,  auch  Geruch 
und  Geschmack,  sind  herangezogen,  am  der  mikroekopiaehen  Untersnchnng 
auszuweichen. 

In  Her  ersten  l';\l)elle  worden  die  in  Betracht  kommenden  Pilze  nach 
der  Gestalt  der  Fruehtküiper  bestimmt;  die  besonders  wechselvollen  und 
▼erbreiteten,  das  Interesse  am  meisten  in  Anspruch  nehmenden  Agaricaceen 
werden  noeh  in  »-iner  e;<;enen  Tabelle  nach  ihrem  Standorte  behariflelt. 
Pilze,  welche  an  verschiedenes  Vorkommen  gebunden  sind  —  AnnUlariaf 
CHtocyhe  n.  a.  —  werden  an  verschiedenen  Stellen,  also  wiederholt  be* 
sprochen.  Der  Haupttheil  des  Büchleins  enthält  eine  systematische  Über- 
sicht der  Abtheilunpen,  Gattiin^jen  nnd  .\rten  nach  der  „analytischen" 
Methode  bearbeitet.  Die  gan/e  Anlage  und  Nomeuclatur  entsprechen  dem 
heutigen  Standpunkte  der  Wissenschaft 

Für  jene,  welche  mit  den  vork<Mnin'^nden  Fachausdriu-ken  nicht  ver- 
traut sind,  wird  das  gleichzeitig  erschienene  Helt  des  Vertassera:  „Einiges 
Aber  Bau  nnd  Leben  der  Ptl%e*  (Zwickau  1896)  empfohlen,  in  welchem 
<iie  üblichen  Termini  ansf&hrlich  erläutert  und  darch  ttblreiche  Bilder 
veranschaulicht  sind. 

Dr.  Rieh.  Küssler:  Die  verbreltetsten  Schmetterlinge  Deutschlands. 

Eine  Anleitung  zum  Bestimmen  der  Arten.  Leipsig,  B.  O.  Tenbner,  1896. 

b*^.  Ml  und  170  S.  mit  2  Tafeln  .M.  180. 

Referent  als  Botaniker  hat  die  Besprechung  dieser  Arbeit  nur  aua- 
nahm.sweise  übernommen ,  weil  er  sich  längere  Zeit  hindurch  eingehmd 
mit  Schmetterünfren  beschäftigt  hat. 

Der  Verfasser  beginnt  mit  einer  leicht  fasslich  und  anregend  ge- 
schriebenen Anleitung  fdr  das  Fangen,  Spannen  und  Aufbewahren  der 
Schmetterlinge,  erkliirt  dann  auf  Grund  der  Abbildungen  die  gebräuch- 
li(h<?ten  Knn^tausdrüclce.  nnd  mit  diesen  etwa  70  allgemein  verstand  liehen 
Terminia  wird  mm  an  die  Bestimmung  der  Unterordnungen,  Familien. 
Gattungen  und  Arten  geschritten.  Die  Anordnung  gründet  sich  vorwiegend 
auf  den  Staudinger  "sehen  Katalog'.  Die  Bestlmmung.'^methode  i.st  flie 
«analytische".  Die  unterscheidenden  Merkmale  sind  gewöhnlieh  auffallende 
nnd  nur  in  selteneren  Fällen  wird  der  Rippenverlauf  herangezogen.  Die 
Zahl  der  beaprochenen  Arten  beträgt  nicht  ganz  die  Hälfte  der  in  Deutsch- 
land vorkommenden  Groüschmetterlinge;  Kleinschmetterlinge  sind  nur  die 
allergemeinsten  uutgenommen. 

Referent  hat  an  der  Hand  dieses  Buches  zahlreiche  Bestimmung«- 
versuche  unternommen  und  muss  gestehen,  dass  er  (im  Kähmen  der  be- 
sprochenen GroGschmetterlinge)  immer  auf  die  richtige  Art  ^'eleitet  wurde. 
Er  m{iehte  dieses  schön  aui|{estati^e  und  so  übersichÜtch  gehaltene  Büch- 
lein  jedem  Anfänger  auf  das  wärmste  empfehlen. 

Görs.  E.  Schob. 


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120 


Literarische  Kundschau. 


Dr.  Emannel  Witlaiii:  PpatePbueb»  Ein  Führer  sar  Beobacbtong  de» 
Natnrlebens.   Wien,  Verlag  von  A.  HOMer«  1697.    147  Seiten. 

Der  Herr  Verfa«ssei-,  der,  wie  er  er7:lhU.  viele  froh»«  Stunden  der 
Natur beobachtung  im  Prater  widmete,  wurde  durch  den  ün)t<tand,  dass 
k«iii  geeignetet  mlfiamittel  ihm  diese  NaturbeolNMhtODg  erletebtem  konnte,, 
bestimmt,  das  vorliegende  ßucb  7.«  schreiben,  das  den  LebenHvorganizen 
der  Thier-  und  Pflanzenwelt  sein  Auj^endierk  zuwendet  und  die  Ver> 
Änderungen  der  Natur  im  Laufe  des  Jahres  verfolgt. 

Demnach  zerfällt  das  sehr  gefftlHg  ausgestattete  und  nett  illu-^trierte 
Werkchen  in  8  Tlieile:  Gliederung  und  liildunf^scfoscbichte  des  Fraters. 
Kennzeichnung  der  Tlora.  Fauna  deK  Piuters.  Erwachen  der  Natur. 
Im  FrQhlingsachmnck.  Auf  der  HOhe  der  Entwicklung.  Sommerruhe.  Im 
Herbstkleide.  Winterschlaf. 

Der  Herr  Verfas.ser  8cbil')»'rt  in  schwungvoller  Weise  recht  naturgetreu 
das  Thier-  und  Pflanzenleben  in  den  einzelnen  Jahreszeiten  und  versteht 
es  so  angenehm  tu  enfthlen,  no  trefflich  l'hier-  und  Pflanzenleben  in  seinen 
Wechselbeziehungen  darznstellen .  m  put  auf  verscliiedene  7.%veckHienliche 
Eigenscbalten  der  Pflanzen  und  Thiere  aufmerksam  zu  machen,  dass  man 
mit  Vergnügen  der  LectOre  des  Buches  sich  hingibt.  Wenn  daher  der 
Autor  der  HofTnung  sich  hingibt,  dass  sein  Buch  der  reiferen  Jugend  ein 
Föhrer  sein  nnd  H*»  anfmnntem  soll,  mit  Vfrstandnis  die  Natur  zu  be- 
obachten, öo  kann  Kecen^^ent  nur  wünschen,  dass  seine  Hoffnung  sich  ver- 
wirkliche. Das  Buch  wenigstens  verdient,  dass  es  recht  oA  von  einer  Itlr 
die  Vorginge  in  der  Natur  empfänglichen  Jugend  gelesen  werde. 

Prag.  HHnr.  Vieäorf. 


l)r,  Franz  v.  Wagner:   Thierkunde.    Mit  78  Abbildungen.  Leiptig» 

G.  J.  GöRchen'sche  VerlaKslmchhiindlnnf?.  1897.    19.')  ?^S. 

In  dem  vorlieijenden  Bandchen  der  „Sammlung  Göschen"  wird  nach 
einleitenden  Bemerkungen  «le^prochen:  1.  vom  Bau  der  fertig  ausgebildeten 
Thiere  (Anatomie).  2.  vom  Bau  der  sich  entwickelnden  Thiere  (Ontogonie), 
9.  vnn  der  Eintheilung  der  Tliiere  (Systematik)  Und  endlich  4.  von  der  Ent- 
stehung der  Thiere  (Entwicklungslehre). 

Der  specielle  Tneil  ist  sehr  bfibech  behandelt;  nur  ab  und  su  konnte 
wohl  n)it  der  Anwendung  von  Fremdw("irtern  etwas  inelir  <,'e<{)art  worden ! 

Die  Beispiele,  an  denen  die  wis.«enschal'tlichen  ErÖrteiunjjen  gegeben 
werden,  sind  sehr  gut  gewählt.  Recht  ansprechend  sind  die  am  Schlüsse 
eines  jeden  Abschnittes  zusammengestellten  systematischen  Übersichten. 

Hei  Durchnahme  der  einzelnon  Gruppen  empfiehlt  e.s  sich  nach  der 
Meinung  des  Keferenten.  sofort  nach  der  erstmaligen  Namhaftmac hung 
einer  Abbildung  die  kune,  unter  die  Figur  gesetzte  Beschreibung  ein- 
snsehen  und  er.-^t  dann  im  Texte  weiterznijehen ! 

Die  guten  Charakteristiken  der  fhiergruppen  werden  dem  Lehrer 
der  Zoologie  ganz  willkommen  sein!  Das  gleiche  gilt  für  manche,  auf 
v»gleichende  Anatomie  bezügliche  Darstellungen. 

Der  Umfang  des  Stotte^^  mnss  dahin  gekennzeichnet  werden,  da^t«  nher 
vieles,  besonders  vergleichende  Anatomie  und  Entwicklungslehre  Behan- 
delndes in  der  vorliegenden  Schrift  weitaus  mehr  geboten  wird,  als  im 
Pensum  der  Mittelschule  verarheitet  werden  kann!  ist  <feradezu 

eine  Fülle  von  allerdings  «ehr  wissenswerten  Thatsachen  aufgeführt. 
Manche  Partien  bedürften  nur  eine  noch  reichere  Ausschmückung  mit 
Figuren-Skizzen  —  die  «.gewählten  sind  vollkommen  zweckentsprechend  und 
sie  könnten  einoni  Lehrljuche  zur  Zierde  t^ereichenl 

Das  reichlich  gebotene  Material  eignet  sich  in  ausgezeichneter  Weise 
zur  Wiederholung;  zur  ersten  Belehrung  aber,  also  auch  cum  „Selbst- 
unterrichte" pas>t  es  nicht.  Dies  jjilt  ganz  besonders  von  dt*n  allLTeniein 
gehaltenen  Partien!  AU  Wiederholungstext  ist  das  Büchlein  auch  durch 
den  Umstand  bestens  empfohlen,  diiss  die  verg lei ch ende  Methode  sehr 
hevorsngt  wird. 


Literarische  Eundscluui. 


121 


Mit  wahrer  Qoniifftbinittg  legte  Referent  du  Werkefaen  aus  der  Hand 
und  mit  (](>r  Üiier/.ougnng.  dass  an«  jedem  Satee  der  Meister  des  Stile  und 

der  Meister  des  Faches  spricht. 

Wien.  Joh.  A.  Kail. 


la 
Ib 

II 

Ic 
Id 


Programme. 

B.  Hr/ano  w^ki :  llzerz  o  ukltidt'ie  tnowif  Demostenesa:  ::ej>1  -oO 
oTSfcivoj  (XVlil).  UJer  ."Sachverhalt  betreifend  die  Anlage  der  Üemostheni- 
achen  Ht'de  jc  t.  ot.)  (IVogr.  Wadowtce  1897.) 

Niich  einer  mühevollen,  beachtenswerten  üntersuchunpr  der  Kede  ge- 
langt der  Verfasser  auf  p.  30  zu  folgendem  rhetorischen  äcblusaechema: 

nposi jttov  §  1  —  8. 

o  I   RpQX«Ta9Nstrq 

,  :  1 6a-J09   I  '\ 

,  .  §110—121     tivifii|iov  \ 
.  §  122  — 1.')9  \  x&  2utau>v  |  »aTttSMti^ 

.  §  160-2%  ;  I 

'Rjci/.ovo':  §  297-3Ä4. 
Mein  SchinsKschema  war  p.  29  («t  ^ei  die  Composition  der  Demostheni» 
sehen  Kranxrede,"  i*rogr,  Czernowit/,  1.sk8)  nachstehendes: 

1.  exordium  ^  1  — U 

II.  guaestio  §  12-296 
nar ratio  %  12—52 

1.  Excurs  8  25^—275 
■J.  Kxcuts  270-296 

III.  peroraiio  §  297-  :{2} 
recapitulaÜo  §  297—313 

i  amplificaiio  /  »  •'i'*-**'» 
Sch!n«^sj^ehpt  ^  324. 
Die  Dift'erenzen  iu  der  liietorisrhen  Disposition  sind  gt'iin^^fiii^ijje : 
Das  npooiji'.ov  (exordium)  hatte  bekanntlich  unt<'r  anderem  vnrnchralich 
die  Aufgabe,  die  Zuhörer  über  die  in  Fraire  stehend*-  An;:<df(,'cnheit  aus- 
reichend zu  informieren.  Dies  geschah  in  dieser  Kede  in  den  ernten  elf 
Paragraphen;  die  Information  §  1 — 8  ist  untnl&nglicht  weil  im  Verlaufe 
der  hoiic  wichtige  Punkte  erörtert  .sind,  welche  §  1 — 8  nicht  einmal  an- 
dpiitnn<,'s\veiKe  erwähnt  werden.  Meine  Gliederung  d^^r  quaeatio  (aiüjxa  '.rA 
Xö/otjj  Ifrner  ist  allerdings  complicierter,  jedoch  eindringlicher  und  daher 
wobl  auch  richtiger.  —  übrigens  darüber  ausfflhrlicher  yielleieht  ein 
andermal. 

V.  Burobaeu:  HomftBlaehe  Übersetzung  des  IV.  Gesanges  ans 
Virgils  Aeneide  mit  Beibehaltang  des  Orlglnalmetnims.  (Progr. 

Suc/awa  lM?i7.) 

Der  als  zoi-rirr^^  bereits  wohlbekannte  Prof.  Dumbaca  übersetzt  in 
scbOngebauten ,  glatten  mmftnieehen  H«xametem  den  obbexeichneten^  Ge* 

sang  Virgils  —  excepfis  tribux  versäm»  eerte  supervacanets  — .  Der  tjber- 
rtchus«  von  drei  rumänischen  Verton  (705  lateiniHche,  708  rnniäni«che  .  der 
dnrch  entsprechende,  durchau^i  nicht  gewaltsame  Uontraction.  z.  Ii.  V  .  123  tt., 
178  if.,  308  If..  44-.'  tV  .  r)90  tf.,  643  hätte  vermieden  werden  können, 
findet  seine  Fntsschiddifriin^'  in  d»'n  sich  nitdit  liUerall  derki'ndrn  Wechsel- 
beziehungen zwischen  der  iateini^^chen  und  rumänischen  Sprache:  Der 
rumftniiene  Vers  leidet  Torerat  infolge  Häufung  der  Voeale,  oe  ooem,  au 
ovum^  au  habenf,  m  habw^  eu  ^go  u.  a.  w.;  er  leidet  infolge  des  bftufigen. 


122 


Literariäcbe  KuDUochuu. 


»obenan nten  groben  Hiattia,  i^mä  asprd  hiemft  anpera,  tntr'o  odae  in  cubiii^ 
priimi  inelul  anuium  accepit;  er  ItMilet  ferner  infolf^e  der  verscbiedeneu 
Quantität,  da  die  rumsnidcho  Sprache  bekanntlich  accentuierend  ist;  er 
leidet  schließlicb  infolge  der  Vieisilbigkeit  vieler  Worte,  so  da«  die  An« 
setsunsr  entsprechender  Gftauren  oft  unmöglich  ist.  —  Die  vom  VerfiiMer  ge- 
brauchten  niniani^chpn  Archaismen,  <iif»  in  dem  Volkamnnde.  in  der  Kircben- 
sprache  und  in  den  (Jiui»ikern  der  letzten  Jahrhunderte  zu  finden  sind,  geben 
der  Obersetsung  ein  altett  dem  lateinitehen  Texte  enteprechendes  Colorit. 

L.  Kieroüski:  Etyka  w  trttgedf/ach  üofoklesiit*  (Die  Ethik  in  den 
Tragödien  de»  Sophokles.)  (Progr.  Ken-SaDdee  1897.) 

Kieroiiski  erörtert  auf  Grund  der  rcspectiyen  Stellen  ans  Sophokle» 

in  übersichtlicher,  ^'elun^ener  Weiso  dos  Dichters  philosophische  Sitten- 
lehre (Lebensziel,  Ftiichten,  Wille.  Motive,  l^entenzen,  Kiickblick)  und  ge- 
langt am  Schlüsse  der  Arbeit  zur  Ansicht,  dass  Sophoklen  Ethik  viele 
Reminiscenzen  an  Homer,  die  Kykliker,  die  Elegiker  und  Lyriker  auf- 
weist. —  Die  vollstilndi!_'e  Ansj;rhreibung  der  Bt  legstellen  bat  die  Arl>eit 
nnnutzerweii»e  auf  67  Jieiten  anschwellen  lassen.  Die  bloße  Verweisung 
auf  die  Stellen  hfttte  sicher  oft  genfigt,  infolge  denen  dann  Raum  für 
Vergleiche  zwi.schen  So}»ho1iles  und  Homer  einerseits  mul  Suphokle.s  und 
die  Kykliker.  £legiker  und  Ljriker  anderseits  gcschatten  woruen  wäre. 
Radautz.    Koczynski. 

Eduard  Scholz:  SeUttssel  zur Besttiumiiiig  iidtteleiiF0i»fti8oheii 

Farnpflanzen.  (Pro^^rammaufints  des  k.  k.  Staatigymnaitinms  in  GOrz 

Mit  1  Tafel  I    H2  8 

Der  vorliegende  Program  mau  fj*atz  hat  nach  des  Herrn  Verfassers  Worten 
den  Zweck,  die  Gruppe  der  Pteridophyta  weiteren  KreiMn  zugänglich 

7.U  machen,  indem  er  auf  möglichst  einfaclie  Weise  zur  Bestimmung  der 
mitteleuropäischen  Gefäßkryptogamen  führen  soll.  Der  Herr  Verfasser 
schließt  sich  in  der  Nomenclatur  vorwiegend  Luerssen  an  und  verwendet 
nur  die  nnerl&ssigstfn  Kun.stau.Hlrücke.  Besonderes  Gewicht  wird  auf  in 
die  Augen  sprinpejidt-  Mi-rkmale  gele<,'t.  die  mit  der  Lupe  »^rkannt  werden 
können.  Jeder  FHanze  werden  Bemerkungen  über  ihr  Vorkommen  bei- 
gefdgt,  doch  werden  besondere  Fundorte  selbctverstAndlieh  nur  bei  jenen 
Formen  erwähnt.  di>'  auf  l»estiruuite  Orte  beschränkt  oder  für  die  Flora 
von  (jörz  in  irgend  einer  Weise  von  Wichtigkeit  find.  Diese  Bemerkungen 
gehen  allerdings  stellenweise  weit  Aber  die  im  Rahmen  eines  Beatiminungi- 
buches  gestatteten  Zusätze  hinaus  (z.  B.  pag.  13). 

Die  Bestimmung  wird  schließlich  erleichtert  durch  eine  Tafel  von 
20  nach  der  Natur  und  in  natürlicher  Größe  entworfenen  Abbildungen. 

Der  Herr  Verfasser  hat  mit  dem  vorliegenden  Anftatze.  soweit  die 
wenigen  Controlversuche.  die  Ret  onsent  anzii-^telleu  in  der  Lage  war,  zeif^ten, 
einer  sehr  verdienstlichen  Arbeit  sich  unterzogen,  die  der  Nachahmung 
wert  wäre. 

Prag.    Hemr.  VüUorf. 

Dir.  Ed.  Kofera:  Aus  dem  Traumleben.  20  S.  (K.  K.  Staats- Ober- 

gyiunn^ium  in  Mähr.  Weißkiroh'^n.  IS!».*«. ) 

i>icser  i'rogrammau&atz  enthält  in  gedrängter  Kürze  die  Erörterung 
der  interessantesten  und  wichtigsten  Phftnomene  ans  dem  weiten  und  noch 

immer  so  mysteriösen  Gebiete  der  Hjpnologie.  Der  VerfiusHcr  bekämpft 
zunächst  die  schon  im  Alterthume  und  auch  in  nenestnr  Zeit  wiederholt 
aufgestellte  Behauptung  der  Müjrlichkeit  eines  völlig  trauniloaen  ^^chlafe?^. 
Er  erklärt  diesen  „leicht  begreiflichen  Irrthum"  dnrch  das  «Abhanden- 
kommen der  Erinnerunq-  an  die  gehabten  Träume,  weiche^  ja  selbst  in 
emzeinen  Fällen  ein  habituellem  sein  mag",  und  conatatiert  die  zweifellose 
Continnität  und  den  nothwendii<en  Zusammenhang  »wischen  dem  Traume 
nnd  dem  „wachen  Bewusstsein",  indem  der  Traum  nichts  Nenes  an  erfinden. 


Litemriache  Rundachaa, 


123 


sondern  die  ira  Geiste  des  Träumenden  bereits  vorhandenen  Vorstellunj^en 
und  Vorstelluns^s^ruppen  nnch  den  Gesetzen  der  bloßen  IdettnaBsociation, 
durch  keinerlei  Controle  von  Seite  der  Lo<;ik  srehemmt  .  7.n  rf^prodiunoren 
vermag.  .Au«!gelü»t"  werden  die  Träume  durch  die  während  des  Schlafes 
Auf  di«  Nerven  wirkenden  Reize,  welche  tfaeils  von  ftuGeren  Objeeten. 

theils  von  organischen  unil  j^eniiithlichtMi  Vori^ringen  hern'ihron.  Ülior  din 
Träume  der  ersteren  Kategorie,  welche  »ich  der  expennienteilen  Forschunj? 
zugän$;lich  erweisen,  lie<^  bereits  ein  ziemlich  reiches  Beobachtung»- 
naterial  vor  (z.  B.  A.  Maury.  Kluge  n.  a.):  in  den  Nervenreiztrftumen 
sncht  nach  Schf*rner  die  Seele  die  räumliche  Cons:tnirrion  der  Körperorgane 
und  Körpertheiie,  aus  denen  die  Heize  stammen  oder  die  sie  durchlaufen, 
sowie  deren  Functionen  «ymboliBch  in  den  Traambildern  sachzaconvtroieren 
(Streckreiztraum  —  ITeral.faUen  ans  einer  Höhe,  Lungenreixtranm  —  Fliegen 
in  der  Luft,  Zahnreiztnaun  —  Ausfallen  der  Zähne). 

Aua  dem  steten  Ineinandergreifen  von  Traum  und  Wirklichkeit  erklärt 
»ch  ungezwungen  eine  Reihe  von  Erscheinungen,  die  auf  den  ersten  Blick 
oft  sehr  überraschend  *ind  nnd  den  minder  umsichtigen  Beobachter  leicht 
SU  voreiligen  Aonahmen  übernatürlicher  Ursachen  verleiten  können.  L>ahin 
geMrt  s.  B.  die  oft  ^ehfirte  Behauptung,  daai  Poeme,  Tonatfieke,  originelle 
Gemälde  dem  Traume  ihre  Kntstehung  verdanken,  das=!  wissenschaftliche 
Probleme,  „mit  denen  wir  nm  lange  vergebene  ^eqnält  haben",  sich  dem 
Trimaienden  lösen,  namentlich  aber  der  sogenannte  prophetische  Traum, 
mit  und  ohne  Symbolik,  welcher  seit  Homer  und  den  Traumorakeln  de» 
AlterthuuH  bis  auf  unsere  Zeit  selbst  in  den  Kreisen  der  höher  Gebildeten 
zahlreiche  Verfechter  getunden  bat.  Der  Verfasser  erklärt  nach  dem 
Vorgange  Hildebrandto  und  auf  Orand  seiner  eigenen  Wahrnehmungen 
unter  aii.^-^cblieOlicher  lleranziebiin«,'  psycliolo^,'i<cher  und  physioloiriscber 
Momente  die  Kntstehuns?  dieser  und  ähnlicher  Traurogebilde  und  ihr  „Er- 
fülltwerden"  in  ganz  natürlicher  Weise,  wobei  den  Vertheidigern  de« 
«prophetitehen  TranmCd"  u.  a.  mit  Recht  die  unverrrleichlich  gröüere  Zahl 
von  Träumen  entjx'^s'ensrelialten  wird,  di-*  nhur'  Verwirkliclnint;  <»eblieben 
sind;  diese  Erklärung  wolle  er  blob  als  einen  Versuch  angesehen  wissen, 
^sich  von  der  aberglftubischen  nnd  ni3rBtisehen  Mantik  zu  befreien,  welebe 
dem  Traume  gern  eine  übertriebene  Dignität  beiznmes.-i»  n  geneigt  i^t"  — 
Wichtiger  erscheint  hinjjegen  die  puthognomisiche  Bedetitung  des  Traumes, 
der  vermöge  seiner  1  endenz,  da.^^  leidende  Organ,  unter  dessen  notorischem 
Einßusse  er  sich  befindet,  zu  verrathen.  oft  das  Vorhandensein  einer 
Krankheit  zu  *'iner  Zeit  signalisiert,  in  welcher  sinnlich  wahi nehnibare 
Krankheitssymptome  noch  vollständig  mangeln;  deshalb  wäre  es  gewiss 
im  Interesse  der  Therapie  sehr  vflnaehenswert.  wenn  auch  ftrztlichertetts 
der  Analyse  solcher  Träume  einige  Aiifnierksaiiikiit  «geschenkt  würde. 
•Schließlich  berührt  der  Verfitsser  _dt  n  pragmatischen  Eintiuss  des  Traunif^s 
auf  Besrebenheiten  des  wachen  Leiwens*  und  erblickt  in  den  Träumen 
^eines  der  wirksamsten  Vehikel  des  Glaubens  an  die  Unsterblichkeit". 

Di"  besprochene,  auf  umfangreichen  und  eingehenden  Quellenstudien 
beruhende  und  klar  dargestellte  Abhandlung  des  Verfassers  ist  als  ein 
^br  schftteenswerter  Beitrag  mx  Erklftrang  des  Wesens  des  Tranmes  su 
begrüßen, 

Wien.    Dr,  JL  Zahradm6ek, 

Dr.  D.  Schmitl:  Der  deutsche  Unterricht  an  der  Realschule  und 
die  neueren  Sprachen,  mit  stetem  HlnbUeke  auf  das  Gymnasium 
und  die  classischen  Sprachen.  (Zweiter  Jahresbericht  der  deutschen 

Commnnalrealschule  in  (iruHn^r  18D7.'; 

Die  mit  Sachkenntnis  und  Temperament  ge.schri(?bene  Abhandlung 
verdient  nicht  nur  den  Vertretern  des  neusprnch liehen  Unterrichtes,  sondern 
auch  jenen  Männern  zur  Leetüre  empfohlen  7.u  werden,  welche  zwar  dem 
Studium  der  altclassischen  Sprachen  stets  ferngeblieben,  dafür  aber  mit 
ihrem  Urtheile  über  den  Wert  der  ,.todten  Sprachen"  umso  aufdringlicher 
sind.  Es  ist  gewiss  interessant,  aus  dem  Munde  eines  Lehrers  der  moder- 


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124 


Literarische  Rund^K;hau. 


nen  Sprachen  ein  Loblied  auf  den  Bildun^swert  der  alten  Sprachen  m 

liören.  und  weni  in  >-o  Lrrim<11ichpr.  detiulliorter  und  überretif^ender  Weise 
nachf{ewie«en  wird,  wie  Kehr  die  lateinische  Sprache  als  Unterrichtsmittel 
snr  FOrdernng  der  Mutter^rache  tliw  Frünzfintche  Qbertriffir,  «o  darf  den 
todten  S|n'achen  wobl  nooh  ein  rocht  lant;ps  Lel»en  prophezeit  werden. 

Der  we.^entHche  ünterschieti  in  der  btelhing  de««  Deutschen  an  den 
Gymnasien  und  Keakchulen  ist  nach  der  Ansicht  des  Verfassers  durch  die 
Thattiacbe  bedingt,  dass  ^an  Gymnasien  die  Methodik  des  deutschen  Unter- 
richtes nach  den  Gesichtspunkten  iler  j?efjen5»ejtig'en  Beziehung  de^  Deutj^chen 
und  der  altclassischen  Sprachen  vorgezeichnet  ist,  denen  an  der  Realschule 
xwei  moderne  Caltnrspraehen  «nbstitniert  «tnd"  (S.  S  KX  Die  Wechsel- 
beziehung der  in  Mähren  an  den  Realschulen  eingeführten  zwei  modernen 
Cultursprachen,  der  französischen  und  böhmischen  Sprache,  zur  deutschen, 
sowie  ihr  Verhiiltnis  zu  den  aliclassischen  isprachen,  welche  sie  substituieren 
sollen,  wird  nun  unter  BeechAnkung  auf  die  unteren  Classen  erörtert. 
Unter  voller  Anerkennung  des  formalen  Bildungswerte:»  der  modernen 
Sprachen  wird  die  bei  diesen  und  den  altclaMiacben  Sprachen  notbwendige 
Verachiedenheit  des  Unterricbtsbeti'iebea  als  der  Hauptgrund  dee  gerin^ren 
formalen  Wertes  der  modernen  Sprachen  >;enaiint,  da  -i  ll  st  bei  der  <re- 
mäüigteu  analytisch  -  directen  Methode  die  Realschulen  weit  hinter  den 
Gymnasien  zurückbleiben.  Von  S.  11  an  führt  der  Verfasser  mit  richtigem 
Verständnisse  der  elementaren  Methodik  den  Beweis,  von  welch  unschätz- 
barem Werte  die  Lateinstunden  tiir  die  deutsche  Formenlehre  sind,  und 
kommt  S.  14  zu  dem  Ergebnisse:  „Es  gibt  in  dem  grammatischen  Lehr- 
stoff der  I.  Gymnosialcliune  keine  I^rtie.  bei  weldier  das  Lateiniscfae 
nicht  von  gröf.^ter  Bedeutung  für  da^  Verständnis  des  Baues  und  des  6e- 
fiiges  der  Muttersprache  wäre,  keine  Partie,  deren  schnelle  und  gründliche 
Bewältigung  nicht  durch  den  Lateinunterricbt  auf  das  allerwesentlicbste 
gefordert  würde"  S.  15 — 19  bringt  eine  genaue  Erörterung  der  Frage, 
inwieweit  unter  Anwendung  der  oben  srenannten  ruterrichtsweife  die 
substituierten  modernen  Cultursprachen  die  altclassischen  hinsichtlich  der 
Einübung  der  denteehen  Formenlehre  ^wenigstens  einigermaßen" 
ersetzen  können,  da  ja  die  innigr^,  hffruchtende  Wochselbeziehun}*  zwischen 
der  fremden  und  der  Mutter- öprache  unleugbar  fehlt.  Wie  gewaltig  der 
kleine  Gymnasiast  gegenüber  .seinen  Realscnulcollegen  in  dem  Stndinm 
der  deutschen  Syntax  gefördert  wird,  zeigt  der  Verfasser  auf  S.  19—26, 
nnd  der  erfahrene  Sprachlehrer  wird  ihm  hei  aller  Wertschätzung  der 
modernen  Cultursprachen  gern  beipflichten,  wenn  er  S.  22  fg.  sagt,  dass 
sich  der  Vorfbeil  des  Stndinras  einer  classiBchen  Sprache  in  seiner  ganzen 
Gr60e  erst  bei  der  ei^'en  t  liehe n  Satzlehre  zeij^t. 

Bezüglich  der  Behandlung  der  deutschen  Grammatik  sind  manche 
beaehtenswerte  Winke  gegeben.  Wenn  der  Verfasser  die  phonetischen 
Studien  (S.  5)  und  den  Anschauungsunterricht  mittelst  der  Hölzerschen 
Anschau nns^sbilder,  bei  welchem  das  Deutsche  nur  in  beiMihränktem  Maße 
zur  Anwendung  kommt,  ablehnt  (S.  b  it.).  dagegen  praktische  Phonetik 
nnd  die  vielfocb  verpönten  HinQbersetsungen  empfiehlt^  so  mögen  dar&ber 
die  berufenen  Fachlehrer  urtheilen. 

Josef  Wagner:  Testprobe  zn  einer  latelnlselien  Sehulgrammatlk. 

(Jahresbericht  des  ersten  deutschen  k.  k.  Gymnasiums  in  Brünn.  1897.) 
Der  Verfa-sser  legt  eine  die  fünf  Declinationen  umfassende  Textiirobe 
zu  einer  lateinischen  Schulgrammatik  vor  und  sagt  in  den  ein  begleitenden 
Worten,  es  wflrde  ihn  freuen,  wenn  es  ihm  gelänge,  zur  FCrdernng  des 
Lateinunterrichtos  etwas  beizutragen.  Es  sei  ohne  Uückhalt  au.^gesjjrochen, 
dass  der  Verfa.s«er  mit  Sorcrfalt,  «Jründüchkeit  und  richtigem  Verstiindnisse 
an  die  Lösung  seiner  Auti^'-alie  gegangen  ist.  Doch  will  ea  mir  scheinen, 
das»  zur  Hebung  des  elemt')itaren  lÄteinunterriehtes  eine  neue  Gram- 
matik nicht  wesentlich  beitragen  kann.  Wir  hühen  ja  in  Österreich 
ganz  tüchtij^e  lateinische  Schulgrammatiken,  die  aber  auf  der  Elementar- 
stufe  in  die  Hand  des  Lehrers  gehören,  der  richtig  ansznwählen  nnd 
methodisch  anzuordnen  verstehen  muss.  Dem  SehSler  ersetzt  das  Wort 


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^    Literarische  Kundticbttu. 


125 


des  Lehrern,  die  Wandtafel,  das  Diaoium  und  da«  Vocabulariutn  salbst  die 
ausj^ezeichnf't^to  nranimatik  nicht.  ^^t>errpich  nn  latfinischpn  Srhnlfr^rnin- 
matikeu  uod  Formenlehren  ist  besonders  das  deutsche  Nachbarreich,  ich 
brauche  tmr  an  Stef^manns  Schutbneh  in  eriniieni,  dai»  J.  W.  Beck  das 
„Iiltnil  einer  Schulfrriimmatik"  nennt,  an  den  vortret!'lichen  Holzwoißiv'. 
an  Deccke.  Harre,  Bromig,  Arndt,  Giilhausen,  Seytiert-Fries,  l^erthes  u.  s.  w. 
Was  ims  not  tbot>  um  namentlich  den  jungen  Lehrer  in  seiner  schwierigen 
Aufgabe  zu  nnterstQtzen.  ist  eine  ausführliche  lateinische  Elementar- 
methodik.  Diese  i.«t  das  punctum  saliens  in  der  Frage  nach  der  Förde- 
rung des  Lateinunterrichtes,  und  wer  diese  Aufgabe  glücklich  iö^en  wird, 
wird  dem  trots  des  Probejahres  unsicher  tastenden  and  hastenden  Anfänger 
im  ünttMiichte  einen  veririsslii^hen  P'iihrer  geben.  Gegen  wärt  mwm  «ich 
der  junge  Lehrer  erst  durch  die  reiche  didaktische  Literatur  durcharbeiten, 
um  sich  recht  müheroll  and  immer  auf  Kosten  seiner  Scfafiler  endlich  eine 
Methodik  seihet  tu  schaffen. 

P'inige  Bemerkungen,  die  den  Wert  der  Arbeit  nicht  .Hchmälf-rn  sollen, 
luöKen  mir  gestattet  sein.  Statt  der  schwierigeren  Fassung  der  Anmerkung  1 
aar  S.  8,  in  welcher  sa  dem  kleinen  Jungen  von  der  .übertragenen 
Bedeutung"  ge^^profhon  wird,  könnte  nach  Stej^nnann  ver^^tänill icher  gesagt 
werdeu:  «Nicht  die  Bedeutung,  sondern  der  Anfang  entscheidet"  u.a.  w. 
S.  3,  1.  B.  Zeile  TOn  unt^n  mnss  nach  „Declination"  hinsugefügt  werden 
„gen.  masc.  und  fem.",  weil  sonst  der  Zweifel  entsteht»  ob  etwa  „OK^^tM** 
nach  Kej^el  1  oder  ?>  zu  behandeln  sei  (vergl.  die  Fiüisung  bei  Ötegmann). 
S.  5,  3  ist  Kpruchrichtig  nach  ^.ebenso"  das  Wort  phat"  einzuschalten. 
8.  .12.  c  sollte  wegen  des  sarflcktretenden  Accentes  anch  das  Neutrum 
plrraqtte  und  dazu  al.n  Oenetivns  „pfnrfmörum"  penannt  werden.  Die 
Anordnung  der  äubstantiva  der  dritten  Dedination  mit  ihren  sechs  Para- 
digmen behnfs  Einflbnngr  der  Declination  kann  der  bisherigen  Übang 
gegenüber  nicht  als  Fortschritt  bezeichnet  werden.  Da  genOgen  TL  B.  nach 
der  alten,  bewährten  Anordnung  bei  Schmidt  zwei  I'aradigmen ,  ein  Mas- 
culinuiu  oder  Femininum  und  ein  Nentrnra.  Es  iüt  zuviel  verlangt  und 
auch  ganz  flberflftssig,  dass  der  kleine  Lateiner  gleich  beim  Declinieren 
der  Siubstantiva  der  ( onsrm an ti suchen  Declination  darauf  achte,  ob  das 
jeweilige  Substantiv  ein  iuipurisjrilabimi  mit  nur  einem  Cousonanten  vor 
'is  ist  tS.  6.  Anmerkung  1).  Der  Schfller  decliniert  anfangs  einfoch  nach 
dem  ersten  oder  zweiten  Paradigma.  Später  lernt  er  bei  der  /-Declination 
nur  Be.Monderheiten  zu  einzelnen  Casus,  und  da  sind  neue  pHranigmen 
«ogar  schädlich,  weil  dann  der  Schüler  etwas  total  Neues  vorzutinden 
glauben  muss.  Anch  ist.  die  Nothwendigkeit  der  sechs  Paradigmen  xtt' 
gegeben,  die  Fiu*«ung  auf  S.  7.  '2  für  den  zehnjähri<,'en  Knaben  zu  dunkel, 
wenn  es  heibt:  „Nach beziehungsweise  un!>«  werden  decliniert" 
u.  s.  w.  Was  soll  der  kleine  Anfanger,  dem  ja  die  Verbesserung  der  Gram- 
matik zugute  kom  tuen  äoil,  mit  dem  »bexiehungs weise"  machen?  Aber 
selbst  die  «ochs  Paradigmen  genOf^on  wegen  der  Benierkunj?  auf  S.  7,  2.  ?> 
nicht;  deuu  auch  os  (oiisis)  \nt  ein  luiparisyllabum  mit  zwei  Coiusunauten 
Tor  *U  und  kann  mit  seinen  Formen  o#Mr,  oniftm  weder  nach  mare^ 
noch  nach  hosf/s.  noch  nach  uibs  decliniert  weiden,  und  die  Paradi^^^nien 
der  consonantischen  Declioatiouen  dolor ,  itx  und  /tUgur  lausen  ossttf 
otHttfn  anch  im  Stiche. 

Wer  den  horror  vor  der  gemäßigten  Stammtheoric  nidit  überwinden 
kann  und  bei  der  traditionellen  Genusbestinrmung  bleiben  will,  wird 
Wagners  (jienusregeln  bei  seiner  weisen  Beschränkung  ganz  geeignet  tiuden. 
Nur  möchte  icti  die  Merkmale  c  und  t  für  die  Nentra  in  der  III.  Haapt- 
re;rcl  (>.  9  .  dü  sie  ja  nur  je  einem  Substantivnin  (lue  und  capvt)  /nkommen, 
tilgen  und  diese  Wörter  lieber  mit  passenden  Attributen  verbunden  ein- 
sein  lernen  hunen. 

Cxernowitac  Friedrieh  LotlL 


12li  LiterarUche  Kandscbau.  . 

Eiiigfelaufene  Druck  sehr ifLen. 

Schulbibiioihek  französischer  und  englischer  Prosaschriften  aus 
der  neueren  Zeit.  Hemuafief^beii  von  L.  Bahlten  and  J.  Hanges* 

bach.    Berlin  K.  (lärtner: 

27.  Bändeben:  jüickens  VhrUtmas  Cnrol  von  Tb.  Uegener. 

2ti.       «        Tht  Couniies  of  l-'nyhntd  by  Ch.  M,  Mason  too 

Dr.  0,  Ba.lke. 

32.        M         Schnett  et  tahleanx  (h-  l<i  unture  par  Fiqner  von 
Dr.  W.  Kliugelhötier  luui  Dr.  J.  Lejclulf. 
Maiires  conUurs  von  Dr.  J.  Henjfe«biich. 
Grolle  Erzieher.  Eine  Darstellung;  <ler  ncueron  Pädai^ogik  in  Hiojfrapbien. 

Btl.  1.  Pentalom.  Von  E.  v.  iSailwürk.  Leipzig.  K.  Voigtländer  lbi*7. 

Bd.  II.  Basedow.  Von  K.  Di  est  el  mann«  Leii^zig.  R.  Voigtiftnder  1897. 
SehulgesundheitSlehre.    Das  Schnlhaus  und  das  Unterrichtswesen  vom 

hygienischen  Standpunkte  fHr  Arzt*».  Lehrer,  Verwaltungsbeamte  und 

Architekten  bearbeitet  von  Dr   H.  Ku  Irnberg  und  Dr.  Th.  Bach. 

•J.  .\iitl.      und  6.  Lieferung.  Berlin.  .1.  Heine  lh98. 

M.  HeHdörftor:  Anleitung  zur  Blumenpflege  im  Hause.  Berlin.  G. 

Schmidt  1^1, 

Dr.  Edmund  Wilke;  Einführung  In  die  englische  Sprache.  4.  Anfl. 

Leipzig:  nu'l  WIct;     K   (üu-li;irJ  1898. 
Ders.:  Einführung  in  das  geschäftliche  Englisch.  2.  Ausgabe.  Leipsig 
nnd  Wien.    K.  Gerhard  lb97. 

Dr.  K.  DeutKchbein:  Stoffb  zu  engUaehen  Spreehflbungen.  Gsthen. 

O.  sfchuhe  1898. 

Dr.  Fr.  Ziemann:  Text  der  biblischen  Geschichten.  Leipzig  1898. 
K.  Henniger:  Die  Verbindung  der  Lehrfächer  in  der  elnelasslgen 

Volksschule.  Hildesbeim  i807 

J.  iSt  hmarje  und  E.  Jensen:  Deutsche  Sprachlehre  fOr  Mittei- 

scimlen.  Flensburg  1897. 

Dr.  J.  Nagl  und  .1  z.  idier:  Deutseh-Österreiehlsofae  Literatur- 
geschichte. Wien  7    i».  Lieferung. 

Aus  dem  Schatze  deutscher  Dichtung.  Eint«  Aunwabl  von  Gedichten 
für  Schule  und  Hans.  Leipzig.  DQrr  1896. 

Dr.  K.  Mariinak:  Zur  Psychologie  des  Sprachlebens.  Mit  einigen 
Anwenduncjen  iiut*  die  ünterrichtspraxia.  Wien,  (irrolds  i^ohn  1898. 

0.  Schanzenbach:  CorHfße  lies  thi^mes  all^tnatHln  conteiuis 
du  HS  la  €hrammaire  francaUe  ^  Eugens  Barel,  SCnttgart 

p.  X.  tr 

Dr.  W.  <^uebl:  Naturkunde  fOr  Lehrerbildun^anstalten.  l.  Tbeil. 
Lebrasformen  und  Natnrbilder  der  Heimat  Leipsig.  DQrr 

E.  Bibel:  Die  hauptsächlichsten  SehAdlinge  im  Obst-  und  Garten- 
bau. Leipzig.  Stock  1898. 

Dr.  H.  Fenker:  Arithmetische  Aufgaben.  Unter  besonderer  Berück> 
sicbtignng  von  Anwendungen  aas  dem  Gebiete  der  Geometrie,  Physik 
und  Cheniii'.  H.-rlin,  Sille  18'.>8. 

Dr.  W.  Ule:  Beitrag  zur  physikalischen  Erforschung  der  baltischen 
Seen.  Stuttgitrt.  Engeihom  1Ö98. 

Dr.  E  Steiger:  EinfQhrung  In  das  ehemlsehe  Praktikum.  LeJpaig 

und  Wien   Denticke  1H98. 
K.  Geißlei :  Der  erste  Chemieunterricht.  Leipzig.  )Jöächke  1898. 
B.  Dllrich:  Die  „Neue  Sehrllt".   Wien  1896. 


^  j  .  ^ci  by  Google 


Mittheilung  der  Schrittleitunff.  127 


Die  SchriftleituDg  der  „Usterreicliischen  Mittelschule"  er- 
achtet es  für  ihre  Pflicht,  den  Herren  Proff.  Feodor  Hoppe, 
Georg  Schlegl,  Franz  Daurer  und  Gustav  Spengler 
für  ihre  Mühewaltung  im  Dienste  der  Zeitschrift  den  wärmsten 
Dank  auszudrucken;  sie  schließt  zugleich  an  die  genannten 
Herren  die  Bitte  an,  ihre  scliätzenswerte  literarische  Mitwirkung 
dem  Vereinsorgane  femerhin  nicht  versagen  zu  wollen. 


Mittheilung  der  Schriftleituug. 

Die  Herren  Mitarbeiter  werden  höflichst  ersucht,  die 
Correctur  so  schnell  als  möglich  zu  besorgen,  da  sonst  die 
Ausgabe  der  einzelnen  Hefte  nicht  rechtzeitig  erfolgen  kann. 


VenmtwortlldieT  Bedaeteur:  Firof.  Peter  Maresch  in  Wien. 
K.  tt.  k.  H«n»nc]idnKkerei  Jos.  Fetehtinfon  Erben,  Lins. 


Digiti^ea  by  GoOglc 


Vorträge  und  Abhandlungen. 


Die  Schlacht  bei  Marathon. 

Eine  Herodot-Prftpavatioii  nach  psychologischer  Methode. 

Dr.  Friedrich  Fal brecht  in  Lm/.. 

Auf  dem  letzten  Miftelschultage  hat  es  sich,  wi»»  mir  scheint, 
wiederum  deutlich  gezeigt,  dass  in  pädagogischem  Uebiete  die 
Geister  sich  gcfronwärti^  auf  dem  landen  des  Sowolil-Als  auch 
gefundeu  haben,  iusoferii  als  num  darüber  einig  ist,  der  an- 
geborenen Lehr-  und  Endehuugäiähigkeit  niflsse  planmäßig 
der  Weg  gezeigt,  der  Lehrer  methodisch  herangehildet 
werden,  eine  Pflicht,  die  mit  der  Zurücklegung  des  Prohejahres 
nicht  erlöschen  darf,  sondern  gerade  in  der  Selbstvervollkomm- 
ining,  die  sich  der  Lehrer  hinsichtlich  pädagogisch-didaktischer 
Dinge  zur  Aufgabe  macht,  ihre  hf^hre  Refriedigiuig  findet. 

Nach  dem  oft  gehurt t-u,  im  Grunde  genommen  sinnlosen 
Aussj)ru('lie,  duss  jiMlcr  Lflircr  seine  eigene  Riethode  habe,  möchte 
es  nun  bei  der  Meuge  der  Scjiuijuänuer,  die  es  gibt,  auj^sichtblos 
erscheinen,  hinsichtlich  der  Methode  eine  Verständigung  zu  er- 
zielen, wenn  nicht  das  Material,  das  wir  zn  behandeln  haben,  uns 
gebieterisch  auf  die  einzig  sachgemäße  Methode  hinwiese.  Der 
Iiehrer  hat  es  mit  Seelen  zu  thun.  seine  Methode  muss  daram 
psychologisch  sein.  Innerhalb  dieser  hat  nun  meines  Erachtens 
Ziller  im  A?»schliisse  an  II»  rbart  den  Weg  in  seinen  Haupt- 
punkten am  klarsten  gezeigt.  Auf  seiner  Lehre  ist  die  vor- 
liegende Präparation  autgebaut,  —  soviel  ich  weiß,  die  eri?te 
methodische  zu  einem  griechischen  Autor.  Sie  hat  aus  der 
Ziller'schen  Schule  hervorgehende  Arbeiten,  insbesondere  die 
von  Menge,  und  Th.  Vogts  Vorlesungen  über  Pädagogik  dank- 
bar benützt  und  sich  zur  Aufgabe  gestellt,  zu  zeigen,  wie  inner- 
halb des  von  den  Listructionen  empfohlenen  Venahrens  die  auf 
Grund  v  ii  m-  Theorie  erlernten  Grundsätze  praktische  Verwer- 
tung tindeu  können.  Ich  glanbe  aber  jenen  ('(»liegen,  dlf  nicht 
(i'-legfuheit  hallen .  sieh  mit  der  Herbart-Ziller'srhei]  Kormal- 
stiileiii  lieoi  ie  eingeiieiider  zn  besschältigen,  einen  Dienst  zu  er- 
weisen, wenn  ich  —  haupthäcldich  im  Anschlüsse  an  Th.  Wiget 


1)  Die  formalen  Stafen  des  Unterrichtes,  Chur  1895. 
„Osterr.  Iflttektehule*'.  XII.  Jahrff.  ^ 


130 


Dr.  Friedrich  Falbrecht. 


—  eiiie  theoretisebe  Erörterung  Toianschieke ,  die  sieh  umso 
kürzer  fmssen  kaac,  je  ausführlicher  Bolis^)  über  dieselbe  Sache 
hinsichtlich  der  Nepos-LeetÜre  kürzlich  gehandelt  hat. 

Die  erste  grundlegende  psychologische  Thatsache  für  den 

Unterricht  ist  die  der  Apperception.  „Denn  alles  Lernen  und 
WeitfiliTnen,"  sagt  Ziüer.-)  ^ist  ein  Appercipieren.  das  ist  »'ine 
Assimilierimg  des  Aufzunehmenden  an  das  bereits  .  .  A  orhandene." 
Wir  wissen,  duss  jede  neu  eintretende  Vorstellung  1.  nur  dann 
in  unser  Bewusstsein  eintritt,  wenn  sie  von  der  bereite  dann  an- 
gesammelten appercipierenden  Vorstellung  dahin  gehoben  vrird, 
und  2.  dasB  sie  nur  so  in  unser  Seelenleben  gelangt,  wie  es 
die  Apperceptionsmassen  wollen.  Es  gilt  also  vor  allem,  am 
Beginne  jeder  Unterrichtseinheit  die  appercipierenden  Vorstel- 
lungen des  Schülers  in  Fluss  zu  bringen,  den  neu  eintretenden 
Vorstellungen  gleichsam  den  Weg  zu  bahnen.  Diese  Auslösunpf 
der  appercipierenden  Vorstellungen  besorget  die  methodisch- 
psychologische  Analyse.^)  Was  aber  den  Schüler  zwingt,  in 
seinem  V'orstelluujjsgebiete  einen  ganz  bestimmten  Weg  ein- 
zuschlagen, ist  die  der*  Analyse  unmittelbar  vorhergehende 
Zielangabe» 

Es  folgt  der  /\\  eite  —  wichtigste  —  Aet  des  Apperceptions- 
Vorganges,  die  Hinzufügung  des  Neuen,  die  Synthese, 
in  der  fremdsprachlichen  Leetüre  nun  haben  wir  bei  erstmaliger 
Lesung  eines  Capitels  die  Erscheinung,  dass  Analyse  und  Syn- 
these eine  /eitl;tii«r  ineinander  übergreifen.^) 

Die  neuen  \  orstellungen  werden  zuerst  nur  unvollkommen, 
als  rohe  Totalaul lass ung,  erscheinen  und  erst  durch  die 
Fragen  und  Erläutei'ungen  des  Lehrers  zur  geläuterten  Total- 
auffassung werden.  (Vertiefung  und  Besinnung. 

Die  Arbeit  auf  der  Stufe  der  Synthese  ist  nun  insbesondere 
für  den  classischen  Philologen  recht  verwickelt ,  keineswegs 
leicht.')  Ich  hebe  folgende  wesentliche  Punkte  im  Gange  der 
Synthese  hervor:'^) 

L  \Veuu  das  Capitel  ab  ovo  in  der  »"Schule  durchgearbeitet 
wird  (Ziel,  Analyse): 

1.  Das  Capitel  wird  gelesen  und  von  den  Schülern  unter  ge- 
legentlichen Bemerkungen  des  Lehrers  übersetzt. 

2.  Aufschreiben  neuer  Vocabeln  


« 

1)  über  die  formalen  Stufen  Zülen  in  ihrer  Anwendung  bei  der 

Leetüre  ties  Cornelius  Nepo.s,  Progr.  v.  Eger  1897. 

-I  Vorlesungen  über  allgem»Miie  Pi'ula^ogik,  l.Aufl., Leipzig  1876, S.  216- 
')  Vgl.  ZilJer,  Allg.  ITul,  b.  220,  24d. 
« I  Ziller,  a.  a.  0.  s.  218. 
/aller,  a.  a.  0.  ti.  228. 
Ziiler,  S.  226. 
7)  Ziller.  S.  226. 

/)  Holis,  S.  27.  fiihrt  10  Punkte  an.  Vgl.  Menge.  Jahrb.  f.  wiss.  Päd. 
!XXV11,  8.  284.  Von  «lieseni  weicht  meine  Aiifsteilung  nur  in  wenigem 
durch  die  Praxis  Nahegelegten  ab.  Bei  dieser  Gelegenheit  uinss  wieder 
betont  werden,  dais  die  FormaUtufen  dorchatii  kein  starres  Scheins  sind. 


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Die  Schlacht  bei  MaraUioii. 


131 


II.  Es  wird  vorausgesetzt^  dus  das  Capitel  war  hanslielieii 
Praparation  mittelst  eines  empfohlenen  Gommentara  aufgegeben 

wurde.  ^) 

1.  Die  Hchüler  trugen  ihre  Gesammtaui  tu s s\i ng  yom  Inhalte 
des  Capitels  vor  'erste  rohe  Totaiauffassuugj. 

2.  Das  Capitel  wird  ge leben  u.  s.  w.  wie  sub  I,  1. 

3.  Rechtfertigung  des  Übersetssten.  (Der  Lehrer  Überzeugt 
sieh  Yon  dem  Verständnisse  und  der  Selbstthatigkeit  der 
Schuler  durch  eingehende  Fragen  nach  der  Grundbedeutung 
der  Vocabeln,  Erklärung  von  Phrasen  u.  s.  w.) 

4.  Feilen  des  Ausdruckes.  (£s  werden  geschmackvollere 
Wendungen  gefunden.) 

5.  Musterübersetzung  (vom  Lehrer  frei  und  fließend  zu 
geben ). ') 

Beginn  der  Concentrationstragen: 

6.  Der  Inhalt  der  einzelnen  Abscluiitte  des  Capitels  wird 
herausgearbeitet  und  diese  mit  Überschriften  versehen 
(mttndlieh).  Im  engsten  Zusammenhange  damit  erfolgt 

7.  genaue  Erörterung  der  sachlichen  Einzelheiten. 

8.  Psychologische  und  ethische  Vertiefung.  Sie  steuert 
auf  etwa  zu  gewinnende  ethische  Systeme  los  und  bietet 
auch  au  und  für  «^irh  dem  Scliüler  eine  Anleitung,  sich 
über  das  sittliche  \  erhalten  der  Personen,  von  denen  er 
liest,  ein  Urtheil  zu  bilden.^) 

9.  Capitelüberschrift.^)  

Schon  in  die  Volksschule  bringt  das  Kind  Begriffe  mit,  z.  B. 
den  BegrifiT  Yo^el.  Aber  wie  mangelhaft  ist  dieser  Kindesbesriff ! 
Das  Kind  hat  Tielleicht  bisher  nur  Vögel  von  der  Größe  und  Art 
eines  l^^perlings  oder  Huhnes  kennen  gelernt;  es  ist  wenig  wahr- 
scheinlioli,  dnss  es  den  Kasuar,  den  Kiwi  sofort  zu  den  vögeln 
zählen  wird,  rben  weil  der  Gattnno's^f' ltüV  \'oixel  bei  ihm  noch 
unvollkoaimen  ii^t.  Anderseits  kuiiute  es  wohl  vorkommeu,  dass 
ein  mit  mangelhulteu  naturgeschichtlieheu  (G;ittun<]rs)begriffen 
liehaiteter  das  Schnabelthier  zu  den  Vögeln  zu  rechueu  geneigt 
wäre.  „Der  psychische  Mechanismus  nimmt  die  zufällig  zu- 
sammengekommenen Anschauungen  kritiklos  auf,"  erst  das 
Denken  schafft  Ordnung,  hebt  die  wesentiichen  Merkmale 

'j  V^L  Ziller,  S.  223. 

^)  Diese  habe  ich  nach  la&fi^in  Schwanken  hiehergentellt  —  gegen 
Menge,  Jahrb.  XXVIl,  S.  242  ,  244.  Denn  es  kam  mir  in  der  Privxis  so 
vnr.  aU  ob  wich  die  Mii^tcrnbei'setzung  als  eine  Tonvin<,'enfl  s)>ru  rh  1  iohe 
Leiatung  am  besten  an  den  Scblusä  der  sprachlichen  Krürtenmgen 
(Punkt  4)  anreihe. 

■■^)  Ziller.  S.  326. 

^)  Punkt  2  —  8  erzeugten  die  zweite  apracblich  und  sat  blich  geläuterte 
Totalanifattrong.   Nunmemr  ist  die  dritte  anch  ethisch  gelästerte  Total- 

auffiissung,  ro  Gott  will,  erzielt.  Diese  etwa  noch  mündlich  vortragen  zu 
lasaen,  dazu,  meine  ich,  fehlt  es  vor  allem  an  —  Zeit;  dafür  nin;^'  der 
Schüler  nein  eLhiHch<'8  Urtheil  in  die  Capitel  Überschrift  (kurz)  einbeziehen, 
die  also  nicht  ohne  Grund  hier  steht  ~  allerdinn,  wie  es  ecbeint,  gegen 
Ziller,  Allg.  Päd.,  8.  285. 

9* 


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132 


Dr.  Friedrich  Falbrecht- 


liervor.  scheidet  sie  Von  den  aceidentiellen  und  sucht  zur  De- 
finition des  Begriffes  zu  gelangen.  Und  nun  zur  Methodik!  ,.Den 
Schüler  Begrifte  lehren,  heißt  soviel  als  ihn  denken  lehren.  Der 
Unterricht  wird  den  Scliüler  anleiten,  die  gleichartigen  Dinge 
mit  Absicht  und  Aufmerksamkeit  zu  vergleichen  und  hernacli 
die  allgemeinen  Merkmale  ausdrücklieh  zusammenzustellen." 
Wir  sind  damit  auf  der  III.  Stufe,  der  der  Association,  au- 
gelangt, welche  yergleichend  und  abstrahierend  von  den  Bei- 
spielen zum  Allgemeinen  (,,zum  Begriff,  zur  Regel,  zum  Gesetze, 
zum  sittlichen  Grundsätze**)  fortschreitet.  „Die  Association  ordnet 
den  Besitz,  sichtet  ihn,  macht  ihn  disponibel."') 

Die  Associationen  der  fremdsprachlichen  Leetüre  sollen  nach 
Ziller  mit  den  Rückübersetzungen  beginnen.*-')  Von  diesen  habe 
ich  in  der  folgenden  Präparation  ganz  absehen  müssen,  denn 
1.  ist  in  den  Instructionen  nirgends  davon  die  Rede,  also  auch 
im  Lehrplane  nicht  darauf  Bedacht  genommen,  2.  würden  sie 
zu  viele  Zeit  in  Anspruch  nehmen,  —  man  hat  ja  zu  thun,  mit 
dem  Torgeschriehenen  Lehrstoffe  auf  kürzestem  planmäßigen 
Wege  zuende  zu  kommen,  3.  würden  sie  bei  Herodot  geradezu 
schädlich  wirken,  da  der  Schüler,  wenn  er  aus  dem  Deutschen 
ins  Griechische  übersetzt,  sich  immer  des  reinsten  Attischen 
bedienen  soll.  TTberhaupt  tritt  das  formale  Element 
naturgemäß  bei  Herodot  nicht  so  hervor  wie  bei  iigend 
einem  anderen  griechischen  Schulautor. 

Die  IV.  Stufe,  die  Systemstufe,  fasst  zusammen  und  gibt 
das  wissenschaftliche  System.  Sie  bietet  das  Ergebnis  des  auf 
jenem  inductiTen  We^e  Gewonnenen,  welches  entweder  mit  den 
Worten  des  Lehrers  ins  Merkheft  eingetragen  oder  nur  mit  der 
entsprechenden  Nummer  des  systematischen  fachwissenschaft- 
lichen Lehrbuches  ^)  darin  vermerkt  wird.  Z.  B.  der  Lehrer  steuert 
schon  so  und  so  lange  auf  die  Regeln  von  cum  los;  es  wurde 
jetles  Beispiel  der  Leetüre  aufgemerkt,  endlich  hat  er  die  ent- 
s|ireL-hende  ausreiehende  Anzahl  von  Beispielen  beisnnimeju  nun 
wird  durch  Vergleichung,  Zusammenfassung  und  Krgäuzung^) 
die  Kegel  gewonnen,  und  zwar  soyiel  als  möglich  nach  dem 
Wortlaute  der  in  Verwendung  stehenden  Grammatik,  deren 
hieher  bezüglicher  Paragraph  nachgesehlagen,  gelesen  und  mit 
seiner  Nummer  ins  Merkheft  eingetragen  wird. 

Der  Schüler  ist  auf  dem  bisher  geschilderten  Wege  von 
der  AnschauunLT  /.mn  Begriffe  cjelangt.  Er  soll  nun  auch 
sein  Wissen  m  Ktiniien  u  in  sfi  /  »mi  .  es  soll  kein  todtes  bleiben, 
sondern  erst  durch  j>raktisclif  Bethätiiifung  seinen  wahren  Wert 
gewinnen.  Der  Schüler  muss  nunmehr,  allerdings  vorwiegend 
reproducierend,  allein  immerhin  in  den  Grenzen  des  von  ihm 

^)  Vgl.  üher  diese  Stufe  den  dngehenden  Aafeatz  von  Wilk,  Jahrb. 
f.  wiu«.  Päd.  XXVll,  S.  168  —  228. 
AI  lg.  Päd,  ö.  2.V2. 
>)  Ziller,  AUg.  Päd ,  S.  258  und  259. 
*i  Ziller,  a.  a.  0.  &  255. 


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Die  Schlacht  bei  Aburatium. 


Erworbenen  selbstthätig,  durch  mannigfache  Zusammen- 
stellung desselben  in  verschiedener  Orduunf^  zu  beständiger 
Repetition  und  Eigeubethätigung  herangezogen  werden:  £s  ist 
dies  die  Stufe  der  Function.') 

Die  vorliegende  Präparation  umfasst  Uerodot,  1.  VI,  c.  109 
bis  117  [114],  einen  Absehnitt,  der  einen  TheU  einer  methodi« 
sehen  Einheit  bildet.  Als  eine  solche  stellt  sieh  die  Schlacht 
bei  Marathon  heraus.  Sie  lässt  sich  wieder  in  Untereinheiten 
zerlegen,  deren  ich  drei  aufstellen  möchte:^) 

I.  Die  Vorereignisse  c.  102 — 109.  Ethische  Anhaltspunkte 
gewähren  c.  10(5  und  107  (Anf.):  Ihre  Religion  hindert  die 
bpartaner  an  feinem  verdienstlichen  Werke  (vielleicht  ein 
Vorwand!),^!  c.  lOT:  die  verächtliche  Gestalt  des  i aber- 
gläubischen) Hippias,  der  gegen  seine  eigene  Vaterö ladt  zieht, 
Ton  dem  Ehrgeize  gestachelt,  wieder  Herr  derselben  zn  werden, 
selbst  um  deren  Freiheit,  c.  108:  die  wackeren  Flatier. 

IL  Die  Schlacht  selbst  (ich  rechne  dazu  die  Rede  des  M. 
als  unmittelbare  Einleitung)  c.  100  — 114. 

III.  Die  Folgen  der  Schlacht  c.  114—117  (Anf.). 

Meine  Präparation  befasst  sich  vornehmlich  mit  dein  mitt- 
leren Theile.  Sio  beabsichtigt,  di«'  Theorie  mit  der  Praxis  zu 
verbinden,  und  kann  wenigstens  darauf  hinweisen,  dass  sie  so- 
zusagen die  Schule  der  Schule  durchgemacht  hat;  sie  verlief  in 
dem  Zeiträume  von  ungefähr  14  Lehrstunden,  die  nach  passen- 
dem (einstweiligem)  Abschlüsse  der  Homer-LectOre  in  Sexta  vom 
ersten  Semester  erflbrigt  und  zur  Einführung  in  die  Herodot- 
Lectüre  benützt  wurden. 

Menge  hat  die  doppelte  Art  gezeigt,*)  auf  welche  eine 
solche  Präparation  gegeben  werden  kann:  1.  die  ausführliche, 
welche  solantre  zu  betreiben  ist,  bis  sich  der  Schüler  mit  den 
Eigenthünilichkeiten  des  Autors  in  Inhalt  und  Sprache  soweit 
vertraut  gemacht  hat,  um  auf  Grund  von  vorgeschriebenen  Be- 
helfen selbst  eine  erträgliche  Übersetzung  liefern  zu  können, 
was  bei  Herodot  nicht  zn  lange  auf  sich  warten  lässt.  Erst 
dann  tritt  die  2.,  kürzere  Art  der  Proparation  ein.  Um  nun 
diesen  zwiefachen  Weg  zu  veranschaulichen,  hab»'  ich  an  c.  109 
die  eingehendere  Präparation,  an  den  folgenden  aber  die  knappere 
zur  Darstellung  gebracht. 

Die  erste  Stunde  vergieng  mit  der  Darbietung  des  Wich- 
tigsten über  Herodots  Leben  und  die  XovoYpa'fO'..  Genau  eine 
Stunde  (die  zweite)  verlief  dann  mit  Aufstellung  des  Zieles 
und  der  Analyse  fUr  die  ganze  methodische  Einheit.  Ich 
hatte  mir  die  Sache  folgenderart  zurechtgelegt: 


»)  Nach  Vogt;  Ziller  (S.  26:^  u.  a.)  .sagt  Methode. 

-t  Ihrer.Heits  ist  hw  eine  Untereinheit  der  größeren:  Der  erste 
Perserkrieg,  1.  Vi,  c.  94—120  (nach  ächeindlers  Auswablj. 

^)  Vgl.  darfiber  Buaolt,  Griech.  Gesch.  II«  69  and  Anm.  4. 

^)  Jahrb.  f.  wi.s8.  Päd.  XK,  S.  140-187.  und  XXVII.  8.  281-287. 
Vgl.  dazu  auch  ganz  besonders  2Seit9chr.  f.  d.  Gymnasialwesen  1884. 


134 


Dr.  Friedrich  Falbreebt. 


Ziel:  Wie  die  Athener  mit  deu  Persern  zum  ersteumale 
auf  heimatlichem  Boden  zusammengeriethen. 

Analyse:  In  lebhaftem  Wechselgespriiche  zwischen  Lehrer  und 
SchttleiB. 

I.  Dieses  Ziuammentreffen  wird  natürlich  feindlich  gewesen 
80in?  —  Woraus  schließt  ihr  dies?  —  Ans  den  bisherigen  Er- 
eignissen. —  Aufzählen! 

Es  kommt  niin  unter  8teti|rer  Anleitung^  des  Lehrers  Folj^enfles  zn-^tande : 

1.  Die  lonier  (kurze  Wiederholung  der  geographischen  und 
politischen  Verhältnisse  Eleinasiens!),  deren  Stammesbrüder 
ja  die  Athener  bind,  ertrugen  in  ihrem  FVeiheiinHme^)  nur 
tmwiiiiff  die  persisehe  Oberhoheit  nnd  hatten  sieh  Ton  Ansta- 
goras  auch  sofort  zu  dem  Aufittande  bewegen  lassen,  der  so 
unglücklich  verlief  (500  —494).  Herod.  V,  23— VI,  42. 

2.  Dabei  hatten  ihnen  die  Athener  mit  20  Schiffen  (und  die 
Eretrier  mit  o)  Efeholfen.  „Diese  Schiffe  waren  der  Anfang 
des  Unheils  für  Hellenen  und  Barbaren  (vyr'j.:  ai  vä^;  ^fz/vi 
xaxü)v  s^svovTo  "EXXr^oi  ts  xai  ßapßdfrorat).''  lierod.  V,  U7,  Ende. 

3.  Im  Gegensatze  zu  den  meisten  griechischen  Staaten  hatten 
die  Awener  und  Spartaner  die  Aufforderung,  Erde  und 
Wasser  su  irahen,  empört  vurüekffevn^ten,  ja  sogar  zur 
Frerelthat  des  Gesandtenmordes  sich  hinreißen  lassen.  Es 
steht  wenigstens  fest,  dass  die  Gesandten  zu  Sparta  in  einen 
Brunnen  geworfen  wurden;  hinsichtlich  der  Athener  ist  die 
Überlieferung  allerdings  zweifelhaft  Was  kann  man  jeden- 
falls daraus  schliefen?  —  dass  diese  lieiden  gröllten  lielleni- 
sehen  Staaten  (im  Gegensatze  zu  den  meisten  Inseln  und 
vielen  festländischen  Staaten)*)  von  vornherein  jede  yütliche 
Verhandlung  mii  dem  Feinde  beHimnU  %urüekwie*en. 

4.  Auch  hatten  sie  die  unglttekliehen  Eretrier  wUerMi%i,  (Hdt. 
VI,  100.) 

Allt"  (Ii  •  V  Vrrfnlle  sind  dem  S<"h  il<M-  ,\m  dem  Geschichtsunterrichte 
mehr  miiiUer  bekannt,  und  ihre  Zusamuientäsijung  bildet  jetzt  eine  an- 
regende Wiederholung  und  Überleitung  sn  dem  angekfindigten  nenen 
l^iema. 

II.  Fällt  euch  nicht  nnf,  dass  es  nur:  „die  Athener"  heißt? 

W^as  mag  der  Grund  sein 

1.  Ihnen  galt  ja  nebst  den  Euböern  (^wemgstens  dem  Vor- 
wande  nach)  der  Zug  der  Perser. 

2.  Sie  waren  die  Tyrannenhaster  xor'  kiop]'^.  HippiasI  (vgl. 
Herodot  V,  55 — 6ö  Uber  diesen).  Aber  die  Bpartaner  hatten 
doeh  auch  von  vomherein  jedes  EiuTernehmen  mit  den  Per- 
sem surückgewiesen!  Was  ist  also  zu  Terwundem?  —  Dass 


^)  Hinweise  psychologischer  und  ethischer  Natur  sind  fett  und  acbief 

gedruckt.  Ich  glaube  hier  der  An%v»'i^iui<,'  Zillers  (Allg.  Päd.,  S  256)  ent- 
gegeuzukommen :  „Die  nv  thodische  Behandlung  mnss  nllordinps  lien  luhalt 
solcher  Aussprüche  (ethit^cher  und  usjchologischer  Art,  wie  ich  nie  im 
Systeme  gebe,)  aaTermerkt  aehon  in  die  TontUBgehende  Besprechoxig  . .  Ter- 
webt  haljen"  .... 

=«)  Vgl.  Herod,  VI.  49. 


.  kjui^uo  i.y  Google 


Die  Schlacht  bei  Marathon. 


135 


nieht  aneli  ihr  Name  genannt  wurde.  —  Wir  werden  sehen, 
waram!  (zugl.  Analyse  zu  o.  105  nnd  100). 

III.  Mit  den  Persern. 

1.  Die  ünterstütsong,  welche  Athen  nnd  Eretria  den  loniem 

geleistet  hatten,  gab  dem  Könige  Dareus  einen  willkommenen 
Anlaxit  zum  An^rnffe  ;inf  Griechenland,  nach  dessen  Besitz 
ihn  schon  hinge  gvluxten  mochte.  Zugleich  Ivoimte  fr  durch 
jene  W'rletzurnj  des  }  ölkerrerhte*  wirklich  erhiih  rt  .nein, 

2.  Dieser  zweite  Feldzug  der  Perser  unter  Datis  und  Arta- 
phemes  war  also  besonders  gegen  Athen  gerichtet  und  yer- 
folgte  zugleich  den  Zweck,  dem  herrschsüchtigen  Hippias 
wieder  zur  Herrschaft  zn  yerhelfen  und  so  Athen  zn  einem 
Vasallen  Staate  der  Perser  zu  machen,  wie  ja  Dareus  auch 
die  griechischen  Tyrannen  Kleinasiens  zu  seinen  Vasallen 
gemacht  hatte.  (Com.  Nepos.  Milt.) 

3.  Die  Perser  steuerten  von  lonien  aus  westwärts,  eroberten 
Naxos  und  iiahnien  Eretria  durch  Verrath>  (Hdt.  VI,  *.H5.  101.) 

IV.  Wohin  iialjeu  sich  nun  die  P.  von  Euböa  aus  ge- 
wandt? Karte!  —  Über  den  Euripus  nach  Attika.  —  Welcher 
bekannte  Ort  fallt  euch  dort  in  die  Aug»n?  —  Marathon. 
Diesen  Ort^)  wählten  die  Perser  auf  Anralnen  des  Hippias  zur 
Landung.  \on  dem  Terrain  sagt  Herodot  VI,  102:  «od  T|V 
Maf/xO^üDV  £r:'.rY/"=ÖTaTOv  ywoiov  zf^r,  'Arrixf,'-  ivvtfflOofltU  Aber  wie 
heißt  68  doch  bei  Corn.  Nepos!  Datis  e.tui  locum  noit  iteqnvm 
videbat  sui/t  .  .  üud  darin  hattf»  er  recht.  Denn  das  Terrain 
war  für  die  Ailiener  weit  günstiger:  fi)  sie  standen  hüber,  in 
Front  und  Flauken  gedeckt;  h)  die  persische  Reiterei  war  theils 
durch  Sumpf,  theils  durch  Baumwuchs  (Nepos:  arborum  cultu) 
behindert 

Nach  diesen  einleitenden  Betrachtonpen,  die  das  Interesse 
der  Schuler  in  hohem  Grade  erregten,  gieng  ich  zur  Lectfire, 
zunächst  des  Capitels  109,  Uber. 

3»  Stunde. 

Cap.  101t. 

Ziel:  Sehen  ^vir,  wie  sich  Miltiades  im  Kriegsrathe  benaliiu. 

An  diene  bei  ^geschlossenen  iiüchern  vorgenonunene  Aufstellung 
de«  Zieles  »chlie(3t  Hieb  die 

Sachliche  Analyse,  welche  hier,  als  bei  einem  Capitel,  aus  dem 
Bich  etbii^ch  WertvoUeR  gewinnen  läsvt,  auf  den  (sittlich-. religiösen) 
Conceutrationsstoff  Bezug  nimmt. 

L  Wenn  wir  die  aus  Cornelius  Kepos,  Milt.  4,  5  bekannte 
Stärke  der  gegneriBchen  Heere  in  Betracht  ziehen,  was  ^It 
uns  anf?  —  Das  Missverh&ltnis  zwischen  der  ungeheuren 
Menge  der  Perser  und  dem  kleinen  Griechenhäuflein.  —  Welcher 
ungünstige  Umstand  kam  noch  hinzn?  —  Dass  die  Spartaner 
die  Athener  thatsächiich  im  Stiche  gelassen  hatten.  —  Welche 


>)  Nähere»  nach  Scbeindler.<  <V)mnientar. 

^)  Den  Schülern  wird  empfohlen ,  sich  die  Biographie  des  Miltiades 
wieder  einmal  darcbsolesen. 


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186  Dr.  Friedrich  Falbrecht. 

Stim?ming  wird  sich  demnach  wohl  der  athenischen  Anführer 
bemächtigt  haben?  —  Gedrückte  VenoMeiL  —  Also  Kampf- 
lust? —  Nein,  Abneigung  genren  eiTiPn  Kampf. 

IT.  Wer  von  den  zehn  atlieuischen  Feldherren  wurde  nament- 
lich angeführt  l-'  —  Miltiades. 

Der  Lehrer  liest  nun  die  c.  103  und  104  vor,  in  welchen  Herodot 
die  besondere  Aufmerksamkeit  des  Lesers  ;iut       gelenkt  hatte.*) 

Dürfen  wir  ihm  demnach  hier  Muthloxigkeit  zutrauen?  — 
Wohl  nicht,  sondern  thatkräftiges  Eintreten  für  ffrn  Kampf. 

III.  Welches  Mittel  wird  M.  /unächst  angeweiidei  IiuIm  u, 
um  den  Beschluss  der  Schlacht  durchzusetzen?  Die  Gewiniiuiig 
der  Majorität.  —  Wodurch  wohl?  —  Durch  eine  lieäe.  Es  folgt  die 

Sprachlicho  Analyse. 

Was  heißt:  Mit  jem.  kämpfen?  *Mdx«^C  tivu<)  —  Wenn 
nun  ao{ißdiXXstv  statt  jl.  anznwenden  ist,  was  beifit:  sich  mit  dem 

Mederheere  schlagen?  —  T3|j.ßaXX£'.v  tf^  wv  MiJ$(t)v  otpar.ä.  , — 
Xoqfx^^**^*  Bedeutung  und  Formen!  Ebenso  von  '*':raaytu,  nifftin, 
9.?;:2(o.  —  Dieses  aufs  Vorhergehende  bp/ogiMi'-'  —  O'ko':. 
Aufs  Folgende?  —  oo£.  —  "II/oj:  zweifache  liedeutung!  —  Oiö; 
TS  si{jLt:  Bedeutung  und  Erklärung!  —  Bücher  aufschlagen! 
Synthese. 

1.  Abnshnittwetiet  Lesen  mit  wenigen  nachhelfenden  und  verbessemden 

Beuierkunji^en  des  Lehrers. 

2.  Aufschreiben  unbekjinnter  (nener)  Voeabeln  und  Wendungen.^) 
Solche  i^hraaen,  die  der  Schwer  ihren  Bestaudtheilen  noch  kennt,  aber  als 
ganse  nicht  entsprechend  abersetzt  hat,  sind  der  folgenden  sprachliehen 
Ausfeilung  zuzuweisen.  In  diese  gehören  vorderhand  auch  noch  stilisti' 
sehe  Bemcrknnfren,  welche  einst woili"!!  bfilruifi'j'  ilnvrh/unohnien,  vom 
Lehrer  aber  uicliUdciitoweniger  genau  zu  vermerken  hind,  da  sie  die 
Onrnd lagen  für  später  zu  gewinnende  stilistische  Systeme  bilden. 

a)  O'V/.  Eiv  dissuadere.  —  <|*T]^t$o^poc  (selten)  seine  Stimme 
abgebend,  stimmend.  —  o  x(»a{i.o;  Bohne;  Bohnenlos.  — 
&|j.ri']/T/fo;  zusammenstimmend;  6.  tiv.  das  gleiche  Stimm- 
recht habend  mit  einem.  —  htm  t»  siuv  etw.  beruht 
auf  mir.  —  y.izj.wn/ji^^  zum  Sclaven  luaehen,  unterjochen. 
—  ^wj[i.ö^uvo^  3  das  Audeuken  erhaltend.  —  £*;  oG  (Humer 
66  00  ta  Howta)  seitdem,  ex  quo,  —  oiroxoirroi  sich  darunter 
buchen,  sich  unterwerfen.  —  dlSoxTa*  (welche  Form  des 
bekannten  es  ist  beschlossen,  ausgemacht,  be- 

schlossene Thatsache.  —  zb  xOpo;  (im  Att.  nicht  häufig) 
Hauptsache,  auf  der  alles  beruht,  Kraft,  Macht;  ■/..  r.vo^ 
Entscheidung  über  etwas.  —  aa^stw  durchsclHltteln,  vr- 
wirreu,  aufregen.  —  [x-i/a^o)  sich  med.  betragen,  es  mit  den 
M.  halten.  —  oat>pö;  3  zerrieben,  morsch;  faul,  schlecht 


^)  Das  Vorlesen  durch  den  Lehrer  dUrfte  gerade  im  Anfange 
besondern  gute  Dienste  leisten ,  da  sich  der  Schiller  ent  tantKeh  an  den 

ihm  ungewohnten  Dialect  gewöhnen  muss.  (An  dieser  Stelle  bekommt 
der  SchiiU  r  zugb-ich  einen  Begrifl"  von  <l»»n  (ifffVfiSfoneK  H»  rodots.) 

*i  Die  mit  ."^ternehen  versehenen  Voeabeln  oder  Redewendungen 
finden  später  bei  den  Scripta  s.  8.  149  f.  Verwendung. 

3)  Vgl.  Scheindler,  Comm.,  S.  83  ff. 


Die  Scbkcbt  bei  MarAtboo. 


137 


—  oaö-pöv  ZL  e^Y'l-peta»  jtoi  mir  kommt  ein  schlechter  Ge- 
danke in  den  Sinn.  —  ttetec^pot  3  einiffe^  etliehe  »  hwi.  — 
aptk»  (att.  apxiM)  anfnangen;  *ifi^cfflSm,  Ix  ttvoc  von  einem 
od.  etw.  abhangen,  auf  e.  beruhen.  —  *Ttpoaxi^r({Li  wört- 
lich? —  Dazu,  daransetzen,  also  medJ  —  Sich  (5^)  hinzu- 
fügen; —  demnach  ff^  7V(iVj.if]  T.yj'jv.\>=z\}'y.'.?  —  Sich  jem. 
Meiuuug  hinzufügen  =  8.  anschließen,  beiptiichten.  (Nepos: 
>id  hoc  conailium  cum  pUrique  acceciereiU,)  —  qlkq^ksmuü 
iibrathen. 

6)  Vom  Attischen  abweichende  Formen; 

MaJnz%  licotsSyto,  icoXuiiy,  xcb^  (zweimal),  (ov  (zweimal), 

£Ö'/T(i)v,  Twv.  (Daneben  die  attischen  Foruiea  schreiben!) 

Diese  von  mir  hier  ein^'ert-ilite  li  i  a  1  o c t i S(  h  o  Synthese  «oll  den 
im  weiteren  Verlaufe  zu  ^'ewinneii'len  Diiiiei  tsystemen  (s.  Seite  HC)  vor- 
bauen. Wir  haben  oh  y.i  mit  einem  Schrittsteller  zu  thun,  deaten  Dialect 
vom  attischen  abweicht.  Dif  m  r  ,1,-  n-  i  iiische  Dialect  ntin  mu88  einer- 
aeits  in  seinen  wichtigsten  Erhciieiuuugalormen  vom  Schüler  gelernt  werden, 
darf  aber  afideneita  niemals  praktisch  verwendet  werden,  wenn  andere 
Gewandtheit  im  Attischen  als  höchstes  Ziel  der  formellen  Ausbildung 
bestehen  bleiben  und  die  in  den  untoren  Chiosen  {jewonnene  Vertraut- 
heit mit  attischen  Formen  durch  die  Leetüre  llerodots  (wie  Homers) 
nicht  ad  absurdum  gelilhrt  werden  soll.  Es  muss  also  der  Gegensats 
zwischen  den  beiden  Idiomen,  wie  mterliiuipt  in  allem  Sprachlichen, 
dem  Schüler  zum  klaren  Bewusstsein  gebracht  werden  —  und  dies  be- 
zweckt die  Anstellung  eines  dialectiscnen  Systems.  Es  wÄre  nun  ebenso 
zwecklos  als  zeitraubend,  jede  einzelne  abweichende  Form  aufschreiben  zu 
lassen,  da  der  Schüler  ja  die  Mehrzahl  ?chon  hei  Homer  kennen  ge- 
lernt hat.  Für  zahlreiche  Wortioniien  dürfte  er  wohl  sofort  nach  einer 
(mit  Hilfe  des  Lehrers)  mündlich  vorgenommenen  Association  das  System 
aufhnden,  wie:  1-  tritt  an  die  Stelle  von  '/.;  2  die  Cnntractinn  unter- 
bleibt oft;  3.  dat.  pl.  -o;3t  statt  -0;^  u.  s.  w.  Dagegen  würde  ich  die  auch  lui 
Folgenden  von  mir  anfgescluriebenen  Formen  einstweilen  noeli  Teraeich- 
nen  la^en,  da  sie  (auch  bei  Homer)  nicht  SD  tcharf  ins  Ange  fallen  nnd 
wohl  Kchon  vergessen  sein  dürften. 

i.  Stande. 

Ich  habe  hier  zunächst  ein  sprach  1  iches  Ziel  zu  geben,  etwa:  Wir 
wollen  nun  einig^i  gewandter  übersetzen  und  die  neulich  gegebene  Über- 
setzung rechtfertigen.  Vorhergieng  Abfragen  von  VocalM  ln.  Wiederholung 
der  ersten  rohen  Übersetzung  «.  a  d.  Ausfeilen  der  Schülerüber- 
setzimg: Toirjt  6s 'AdTjvatüJV  nxo'yxy^'^ol'Ji  sy'Ivovto  ^i'/i  o?«  ^xö'j.at  die 
Feldherren  der  Athener  aber  waren  getheilt  in  ihren  Meinungen 
(att.  ^Qiimi^oi'.).  —  O^L-foo;?  —  Zu  wenige.  —  £u{ißd^s»?  — 
Um  sicli  sehlagen  zu  können.  —  Ttai  und  unter  ihnen,  in  hisqu«. 

'ö«  &  ^ytoL  ÄY^vovto.  Beachte  die  episehe  Breite!  —  Ivtxa 
siegte.  Ist  dies  genau?  —  Nein,  denn  eigentlich  waren  von 
den  10  Feldherren  für,  5  gegen  den  Kampf.  Insofern  aber 
dies  zur  Folge  luitte,  dass  der  l»e.scliliiss,  nicht  zu  schlagen, 
zustande  kam,  kann  H.  sacren  zvixa:  wir  weivb-n  es  als  Impf, 
de  coli,  übersetzen:  Die  Olierhand  zu  behalten  .srlüen  (ein 
Schüler  übersetzte  auch  gut:  drohte);  lat.  cum  in  eo  es.ut,  nt  .  .  . 
vinceref.  Wie  lautet  das  entsprechende  Particip  dazu?  —  *Nt%Äv. 
—  *UyBi[jfAvr&y'Cm\Lim  sagtH.,  also  ist  auch  er  der  Meinung, 
dass  diese  Zagfiaftiykeit  verwerflich  sei.  —  Betrachtet  den 


138 


Dr.  Friedrich  Falbrucht. 


8atz  voa  iv^aOra  .  .  .  bis  .  .  .  Iaeys  idos;  übersetzt  ihn  wörtlich; 
was  stellt  sieh  henus  ?  —  Dass  er  ohne  grobe  Verstöße  gegeu 
unsere  Spraehe  niebt  aneb  nur  annähernd  sa  fibersetsen  ist.  — 
Woher  kommt  dies  ?  —  Durch  das  lange  Einschiebsel  yon  i]v  fäp 

(s.  Scheindler)  .  .  .  bis  .  .  .  'A'fi^vaio;. 

Wie  lautet  der  Hauptsatz?  —  i'AH-'iZi  —  xf/^;  'jJrj/^  iAv>OiV 
rA£7=  ri'-vs.  —  Wie  iienut  man  solche  eingeschobene  Öatzffheder 
mit  einem  griech.  ^?  —  Parenthese,  —  Was  bezweckt  sie 
hier?  —  Die  Anitsstelhmcf  des  Polemarelien,  seinen  Einfluss 
und  den  Namen  des  damaligen  Puiemarchen  dem  Leser  bekannt 

Btt  maehen.  —  «dXai  vordem.  Zu  Her.«  Zeit  war  der  P. 
nur  mehr  preuior  ptr^-grinut.  Man  rieht  hier,  daas  sachliche  ErOrte- 
miigen  xuweUen  mr  Erlangung  einer  guten  Übersetzung  voriireg  genommen 
werden  mClsaen.  —  Wie  werden  wir  diesen  Satz  übersetzen?  — 
Getheilt:  So  giengen  also  die  Meinungen  auseinander,  und  sehen 
drohte  die  schlechtere  die  Oberhand  zu  gewinnen.  Nun  hatte 
derjenige,  welcher  durch  das  Bohnenlos  zum  P.  der  A.  erwählt 
trar,  die  elfte  Stimme  (att.  *T7iv  ev^sxdtrriv  'j^7/fov  ^s'.v),  denn  vor- 
dem hatten  die  Ath.  dem  P.  das  gleiche  Stimmrecht  gegeben 
wie  den  Strategen;  es  war  aber  damals  P.  K.  ans  A.  Zu  diesem 
nun  gieng  M.  und  hielt  folgende  Rede.  —  Merke  xoiyi'savra  auf 
öot  bezogen!  —  tiviij{&(kRiva  der  pl.  von  einem  einzigen  Gegen- 
stande! Wie  werden  wir  es  übersetzen?  —  Oder  dir  ein  Denk- 
mal stiften  willst  .  .  —  Ir  r.  -z.  av»>.  ,3iov  über  das  ganze  Leben  der 
Mensehen  hin,  für  ewige  Zeiten.  —  sc  oG  r/'Svovro  seit  ihrem  Be- 
stehen; wir  besser:  seit  Athen  besteht.  —  viv  Sr//&jj.a.i  'if^x^wv 
ich  gehe,  um  zu  sagen,  vgl.  laudatum  iri  (Scheinaler,  Anh.  llj 
ich  will  sagen  {je  wns  dtre).  ^  Wie  habt  ihr  tiby  xsXeodv- 

xm  übersetst:  indem  die  einen  rathen.  —  Täw  61  oo  

zu  erganzen?  —  xeXcodvToiv.  —  D.ro'j.ai  (att.  ^ictCia)  hoffen  von 
unangenehmen  Dingen;  auch  im  Deutschen?  —  Sich  nichts 
Gutes  hoffen.  Wir  haben  heuer  ein  schlechtes  Weinjahr 
zu  hoffen.  —  Beachte  TZ^jbA  —  O^eäv  la  ha  Vs[xö'/to)v  wenn  die 
Götter  das  Gleiche  gewähren:  wem?  —  Beiden  Parteien.  — 
D.  h.?  —  Wenn  sie  Keine  Partei  ergreifen.  —  Lat. ?  —  A^tquis 
dfiis,  —  Deutseh  werden  wir  aber  doch  den  »Sinn  hineinlegen 
dürfen:  Mit  Hilfe  der  Götter.  Wie  sagt  Xenoph.  fast  im  selben 
Sinne?  —  *abnf  xai^  —  x&y  $7«»  raix0jtia  «fadabv  xm 

ttYad&v.  7.  r^d)  xat^s^a  Attraction! 
5.  Musterlibersetzung. 

Diese  durften  mf^inf  Schüler  an fanjr''  mitstenographieren.  Ith  schließe 
hier  gleich  die  sprachliche  Association  an,  um  das  Sprachliche  ohue 
Unterbrechung  abzuthun. 

III.  Sprachliche  Association. 
^VIlI■(lt'  niändlich  vorgalominen. 
Wendungen: 
1.  Uber  Krieg  und  Uneinigkeit: 

67'lvovTO  di'/jy.  OLi  7vcb{i.ou  inter  se  dissentiehant  (ducaa), 
ocpatt^      M-!^^cav  ^sojißoXstv  manum  cum  Mtdis  eoMertre, 
ffsfi(7svi§9d^t      ao[x[WKr^  pugnä  vincen. 


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IKe  Sehkuslit  bei  Marathon. 


139 


%  Über  Mrtclit: 

£v  Goi  azz'.  nl(it  per  U.. 

0^  avTjXsi  (singulär). 
sl?  rj^  TE'lvsi  ad  te  pertinet. 

Ich  stelle  hinter  die  griechJache  immer  gleich  die  lateinische  Wen- 
dunjj.  weil  ich  diest'r  Verbindunj^^  von  Liiteinischem  und  Griechiachem  nicht 

f erne  entratben  möchte.   Auch  hier  muss  wohl  beständiger  Hinwei«  auf 
an  attischen  Sprachgebrauch  rtattfiDden.^) 

Nun  kolireti  wir  sar  Stufe  der  Syntheiie  zurSck,  die  wir  aus  dem  oben 
angegebenen  Grnnde  einen  Auprenbliek  verlaasen  rnnsst^n.  umi  Hctxpu  sie 
in  der  sachlichen  Vertiefung  ioit,  welche  womöglich,  aber  uiu  uuf* 
dringlich,  den  Concentrationsfragen  vorarl^eitet.  Jetzt  kann  ethische  As«oc.  % 
un  l  (  tlij.svlies  SyNtern,  fnlpen  und  ich  lasse  sie  auch  hior  eintn^ten,  da  die 
Gelegenheit  dazu  günstig  ist.  ^jie  muss  aber  meines  Erachtens  nicht 
nnbeungt  hier  erfolgen,  sondern  kann  ancb  erat  bei  dem  endgiltigen  Ab* 
flchlusM  dieser  Stufe  am  Schlüsse  dieser  (Unter)eiBheit  atattfladen.  Ks  er- 
folgt nun  die  sachliche  Yertiefnng. 
5.  Staude. 

II.  Die  Synthese  (Fortsetzung). 

 6.  Sehen  wir,  was  wir  wo»  e.  109  lernen,  and  suchen 

wir  Überaehniten  zu  den  einzelnen  Absclinitten. 

1 .  Satz:  MeinnngSTerscliiedenheit  der  athenischen  Feldherren. 
Was  für  einen  Grand  fQhrt  die  gegen  den  Kampf  stimmende 

Partei  an?  —  Die  fferinge  Anzahl  der  Griechen  gegenüber  dem 
Persrrheere.  —  Nacti  N<^pos,  Milt.  waren  es?  —  lO.üOOGr.  gegen 
2W.W0  Mann  Fulivolk  und  10.(X)U  Rpit.*r.  -—  Fällt  euch 
■da  nichts  auf?  —  Die  ungeheure  Verschiedenheit  in  der  Zaiil 
der  Streitkräfte.  —  Dieser  Bericht  des  Com.  Nepos  ist  auch 
wirklich  sehr  übertrieben.  Herodot  selbst  nennt  das  Perser- 
heer  mC^  otpai^y  soXXdv  te  xcd  so  koimaa^Awt  (Yl^  95).  Man 
<larf  sich  das  ZahlenTcrhältnis  ungefähr  so  Torstellen,  dass  etwa 
^0.000  Mann  Perser  gegen  13.000  Griechen  standen.  Es  wird 
■dadurch  den  Grieeheni  TOr  allen  den  Athenern,  nichts  von  ihrem 
Verdienste  genommen.  —  Mi^dwv  oft  bei  Her.  statt  lispofiiv. 
Wieso 

2.  Satz:  M.  wendet  üieh  an  den  Polemarchen  K. 

Die  11.  Stimme»  welche  in  diesem  Falle  entscheidend 
war,  hatte  der  Pol,  Zu  welcher  Obrigkeit  gehörte  er?  —  Zu 
^en  Archonten  (9  seit  682).  —  Ihre  Namenl  —  Der  P.  stand 
Also  urspränglien  (t6  «o^aidv)  an  der  Spitze  des  Heeres;  weiß 
einer,  welchen  Wirkungskreis  er  später  hatte?  —  Die  Juris- 
-dietion  über  die  Fremden  und  Metöken  und  einige  sacrale  Be- 
fugnisse. —  Also  dein  Kriegswesen  ganz  fernstehende!  —  Wie 
gieng  seine  Wahl  vor  sich?  —  Durch  das  Bohnenlos!  —  Er- 

^)  Zum  äpiauh liehen  Systeme  bin  ich  Ueshalb  hier  noch  nicht 
ühe^^angoit  weil  es  noch  zu  mager  anafiüleo  würde,  etwa,  wie  fiolgt: 

1.  3'j|ißd>//.s'.v  f.vi  manum  covfsn'crc  ann  alo. 
ntfriYivts&ai  (xivöi)  Tivi  (a/w;  ala  re  vincere. 

2.  ffv  «vt  v.  iowv  M  per  alm  8tat 

-Tj'vs:  t:  £:•:  Tiva  alqud  nd  alm  pei'iinet. 
YjptiQt«i  tt  tx  ttvof  pendet  ald  ex  alo. 


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140 


Dr.  Friedrich  Falbreciit 


klSren!  [Unterschied  von  afz/ai  xXYjf>ü>TO'l  (die  9  Aj*c honten)  und 
ysLpo'ovrjTOt  (die  10  Strategen) !]  —  ' A^iSvaio?  Karte ! 

3.  Satz:  Des  E.  entscheideiide  Stellung. 
KnedUitehaß  oder  F)reiheii  wmHeüas  liegt  also  H  Meiner 

Hand.  —  Ist  aber  durch  seine  Stimmenabgabe  auch  wirklich  der 
Sieg  schon  entsehieden?  —  Naeb  der  vwtersickiUehen  Meinung 
des  Miltiades  allerdings. 

4.  Siitz:  Die  Folgen  der  Uiiterwerftnip^  und  des  Sieges. 
Ist  es  wahr,  dass  die  Atheuer  jetzt  iu  der  höchsten  (refahr 

sind?  —  .Ja,  denn  wir  haben  gesellen,  dass  ein  großer  Gegen- 
satz zwischen  Abend-  und  Morgenland  bestand,  der  jetzt  aus- 
getragen werden  sollte.  (Darin  bestand  ja  H.8  Auf^be,  wie 
er  selbst  am  Anfange  seines  Gesebicbtswerkes  sagt,  die  Kämpfe 
zwischen  Hellenen  und  Barbaren  zu  schildern.)  Wieder  ein  Punkt 
für  die  allmählich  nit  h  aufbauende  Charakteristik  dea  Schriftstellers,  wozu 
dem  Lehrer  die  Werke  von  Dahlmann,  A.  Bauer,  Büdinger,  Kirchhotf, 
Gomperz  u.  a.  als  Grundhige  dienen  mögen.  —  Warum  hatten  die  A. 

Hippias  SU  fürchten?  —  (Schon  erw&hnt.) 

ö.  bis  8.  Satz:  Warum  die  A.,  um  zu  siegen,  sofort  kämpfen 
mflssen. 

Damit  kein  Umschwung  der  Gemüther  zugunsten  der  P. 

eintrete.  Es  raag  wohl  auch  in  Athen  selbst  eine  perser- 
freundliche  Partei  (die  des  Hippias)  gegeben  haben.  Aus 
welchem  Werke  schließt  ihr  dies?  —  Aus  ji.sw4«t6p<Mai.  —  Wir 
werden  sehen,  wie  rerhf  M.  hafte  (c.  115). 

9.  Satz  bis  Ende:  Nochmalige  eindringliche  Vorstellung  der 
Folgen. 

9.  Satz:  Alles  hän^  jetzt  von  Eall.  ab. 

10.  Satz:  Wenn  wir  uns  gleich  schlagen,  ist  Hellas  frei. 
11*  Satz:  Wenn  nicht,  ist  Athen  verloren. 

Concentrationsfragen  psycludogischer  und  ethischer  Art: 
Wir  wollen  die  von  H.  vorgefühi-ten  Personen  beurtheilen! 

a)  Die  Obersten  der  A.:  Es  herrseht  keine  einträchtige  Meinung 
unter  ihnen;  ist  der  (irund  der  vom  Kampfe  Al)rathenden 
giltigf  —  Er  kann  es  sein,  denn  ein  derartiger  Einwand 
kann  aus  kluger  strategischer  Vherzeugting  hervorgehen. 
—  Welcher  Beweggruna  wird  aber  wohl  noch  mitgewirkt 
haben?  —  Fktrekt,  also  ein  verwerflicher, 

h)  ümso  höher  erheben  sich  in  unseren  Augen  die  fünf  ande- 
ren Feldherren,  unter  ihnen  besonders 

e)  Miltiades.  —  Warum  besonders?  —  Weil  er  allein  das 
richtige  Mittel  fand,  der  besseren  Meinung  zum  Sie^e  zu 
verhelfen.  Er  wandte  sich  an  K.,  der  die  entscheiaende 
Stimme  hatte.  —  Also?  —  Planmäßig  es  Vorgehen  —  Wo- 
durch sucht  er  K.  zu  gewinnen?  —  Durch  die  Macht  des 
Warfes.  -  Was  zeigt  sich  in  dieser  Rede?  —  1.  Berech^ 
nende  lilugheit.  Er  wendet  sich  an  den  Ehrgeiz  des  P.  K. 
2.  Richtige  Erkenntnis  und  Beurtheilung:  A,  der  gegen- 
wärtigen Lage,  denn  in  der  That  bot  sich  den  Athenern 


Die  Schlacht  bei  Marathon. 


141 


kein  besserer  Kampfplatz  als  der  bei  Mar.,  wo  die  P.  eine 
ungünstige  Stellung  einnahmen;  B.  derZakunft,  also  weite 

Voraussiclit.  C.  Er  kennt  auch  den  WankelmiUh  der  Ath. 

3.  Zuventicht,  aber  auch  sofort  der  Gedanke  an  die  Götter» 

4.  Eine  glühende  VaterlatuUliebe:  Athen  soll  die  erste  Stadt 

von  Hellas  werden I 
Es  folgt  nun  (9.)  die  Überschrift. 

In  die-e  soll  der  Schüler,  wie  schon  bemerkt,  wenn  auch  noch  so 
Irarx,  sein  Urtbeil  Aber  die  handelnden  Personen  einflecbten. 

Miltiades  sucht  durch  eine  wohlbeyründete  Rede  die  Stimme 
des  Polemarchen  K.  für  den  Knmpf  zu  gewinnen. 

Nach  der  Sj^nthese,  die  naturgeiuivb  den  größten  Kaum  eingenommen 
hat,  folgt  hier  die  an  die  ethischen  Concentrationsfiragen  «ich  ansäiließende 
ethische  Association  und  im  weiteren  Verlaufe  das  ethische  System.  Es 
mag  vielleicht  manchem  scheinen,  als  ob  hier  das  Guten  zuviel  gethau  wäre, 
aber  ich  gebe  Folgeudes  bedenken:  1.  Kininit  sich  die  S<tche  im  Drucke 
doch  anders  aus  als  im  lebendigen  Schulverkehre;  2.  wollen  ja  die  vor- 
liegenden Au^ffihrungen  k»^in  todtt  s  Schema  bieten,  vielmehr  wird  sich 
der  L'mfung  gerade  dieser  Partien  nach  dem  jeweiligen  Bedürfnisse, 
anoh  nach       Temponunente  des  Lehrers,  Tenefaieden  gestalten  mflssen. 

6.  Stande» 

III.  Ethische  Association  nnd  lY.  Ethisches  System. 
1.  Vergegenwärtigen  wir  uns  die  Lage  der  Ath.  im  Angesichte 

des  Erbfeindes: 

A.  Der  Ort  ist  für  die  Perser  ungünstirr. 

H.  Die  Masse  des  Volkes  ist  noch  patriotisch  gesinnt. 

C.  Doch  ist  wit'  II  siüdeutet  und  wir  bald  sehen  werden) 
ein  CiUM  liwuiii;  der  Gemüther  durch  die  Wülilarbeit 
peiseriieundliclier  Leule  zu   beliircliteii.    ^Auch  Eretria 

war  ja  durch  solchen  Venrath  gofulleu.)  Nehmen  wir 
dazu,  was  uns  Gorn.  Kep.  Milt.  4  fin.  ausdrücklich  sagt: 

D.  dass  die  Ath.  umso  unerschrockener  in  den  Kampf  gehen 
würden,  je  mehr  sie  sähen,  dass  man  auf  ihre  Tapfer- 
keit große  Stücke  setze,  und 

E.  dass  ein  Angriff  einer  so  kleinen  Schar  die  Perser  ge- 
radezu sojjar  verblüffen  müsse. 

Was  foltrt  aus  alledem?  —  Dnss  Ort  und  Zeit  zur  Entschei- 
dung driiügea;  dass  jetzt  allein,  und  vielleicht  nie  wieder,  der 
Augenhlick,  Athen  zu  retten,  da  sei.  —  Aher  während  ein  Theil 
der  Feldherren  in  Verkennung  der  wahren  Sachlage  die  Ent- 
scheidung hinausschieben  will,  der  andere  nicht  weiß,  wie 
eich  helfen,  versteht  es  M.  allein,  den  Augenhlick  zu  erfassen 
und  den  Zufall  wirksam  auszubeuten. 

Kommt  nicht  auch  Teil  in  eine  ähnliche  Lage?  —  Bei 
der  Überfahrt  u-m-\\  Küssniu  lif .  Gefesselt  —  ohne  Aussicht  auf 
lletturjg;  -  losgebunden  —  liudet  er  sofort  das  rechte  Mittel: 
ein  kühner  Sprung  macht  ihn  frei. 

Wie  wahr  ist  demnach  Schillers  Wort: 

Den  Zutuli  gibt  die  Vorsehung; 

Zum  Zwecke  muss  ihn  der  Mensch  gestalten. 

(Don  Cftrlo«  HI,  9.) 


142 


Dr.  Fiiedrieh  Falbrecht. 


2.  Um  seiueu  Zweck  zu  erreielieii,  wählt  M.  das  einzig  mög- 
liehe Mittel.  Mit  Grflnden  sucht  er  den  K.,  den  wir  m 

einen  klugen  Mann  kennen  gelernt  haben,  zu  seiner  Meinung 
zu  bewegen.  Ahnlieh  benahm  sich  Cäsar.  Wann?  —  Als  er 
die  rpbellierenden  boidaten  durch  diis  eine  Wort  Qinn'fejt 
bändigte  (Suet.  Caes.  70).  —  Bonifaz  an  der  Thor-Üiche  bei 
Geismar ! 

So  bewahrheiten  sieh  Goethes  Woite: 

Ein  Mann,  der  recht  su  wirken  denkt, 
Muss  anf  das  beste  Werkzeug  halten. 

fFaust,  VorsjMel  auf  dem  Theater.) 
£ine  grammatisciie  ^ntheae  wurde  deshalb  hier  nicht  angestellt, 
weil  dieses,  wie  auch  die  folgenden  Capitei  fast  gar  kein  Material  daf&r 

bieten.  Was  allenfalls  spiltcr  in  ein  System  gebracht  werden  könnte,  hat 
der  Lehrer  ohiuhin  an  Ort  und  Stelle  betont  und  für  sich  aufge7eirhnet. 

Die  nun  folgenden  Capitei  beluuidle  ich  nach  der  kürzeren  Methode 
(Menge.  Jahrbn(m  für  wiaiensi  haftlit  Ii.-  Pädagogik  1887,  S.  175),  ohne 
entscheiden  zu  wollen,  ob  man  hier  In'n'its  ticn  kürzeren  VVe^  einsohlaj^en 
dflrfe.  Eü  wird  vorau^esetzt,  der  Schüler  habe  sich  zuhause  mit  Hilfe 
eines  (vom  Lehrer  emptohfenen)  Commentars  vorbereitet. Am  Schlu8»e 
der  vorausgehenden  Stunde  war  Aufstellung  des  Zieles  und  (sach* 
liehe)  Anal  vs«'  (zur  Wecknng  des  Interesses)  erledigt  und  das  Capitei  zur 
Piaparati«>ii  auigegeben  worden. 

Das  Ziel  lautete:  Welchen  Erfolg  die  Rede  des  M.  hatte. 
Analyse  (aueh  für  110  und  III):  1.  Wenn  K.  ein  einsichtiger 

Mann  ist,  dürfen  wir  an  einem  günstigen  Erfolge  wohl  nittht 
zweifeln.  2.  Welche  Stellung  wird  M.  nun  eingenommen  haben? 
Die  huebste  Vertranensstelle,  die  er  aach  klug  ausnützen  wird. 
7.  Stiiiid«'. 

Ziel:  Die  näcLste  Folge  von  Miltindes*  Einschreiten. 

.  .  .  Der  Schüler  trägt  zunächst  seine  Gesam ni tauff as- 
sung  (1)  vom  Inhalte  des  Capitels  vor.  Es  folgt  die  U her- 
setzung (2),  welche  etwa  folgendermaOen  ausf&lU: 

Nachdem  aber  die  Stimme  des  Polemarehen  dazu  gekommen 
war.  wurde  beschlossen,  zu  kämpfen.*)  Hierauf  aber  übergaben 
die  Feldherren,  deren  Meinung  es  war,  zu  kämpfen,  wie  eines 
jeden  von  ihnen  Tagesfünriin^  war,  dem  M.  Dieser 
nahm  sie  zwar  an.  lieferte  aber  nicht  früher  eine  Schlacht, 
als  bis  seine  Führerschaft  da  war. 

3.  Die  Schüler  rechtfertigen  ihre  Überset/.unn;.  veranlas.st  durch 
Fragen  des  Lehrers.  *  Wie  habt  ihr  das  l'tep.  aufgelöst  — 
Mit  nachdem.  —  Seine  Bedeutunj^?  —  CausaL  —  6X6x*)pe»to; 
Plusqupf.?  —  Es  war  und  blieb  beschlossen.  —  *Wie  habt 
ihr  oExöaEvo;  übersetzt?  —  Durch  einen  selbständigen  Satz. 

4.  Dialectische  Synthese. 


1)  Ich  habe  die  Commenturc  von  Abicht,  Stein,  Scheindler  und  die 
einschln^M^-m  rJc-chulif -wt-rkc  :in.-bef"ondere  Busolt)  beniU/t  und  die  Text- 
aus^be  von  Holder  %ur  i Grundlage  genommen.  Von  durchgängigen  Citaten 
durfte  und  muaate  wohl  abseeehen  werden. 

<)  Die  gesperrt  gedrudtten  Worte  sind  noch  später  anssnfeileii. 


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Die  Schlacht  bei  Marathon. 


143 


5.  Ausfeilen. 

. . .  wurde  der  Kampf  zum  Bescbliim  erhoben;  ...  »ber: 
nicht  nothwendi^^  zu  Qberetzen!  :  ....  deren  Meinung  dahin 

fteng;  ....  sowie  die  Reihenfolge  im  Tagesbefehle  ui  sie 
f\ra;  ....  ließ  sich  aber  durchaus  nicht  früher  in  eine 
Schlacht  ein,  »la  bis  er  seibat  den  ihm  zukommenden  Ober» 
befehl  hatte. 

6.  Musterübersetzung 

7.  Zu  besprechen  iüt  hier  höchstens:  ::f#'jiavöia  jedes  nach  regel- 
mäßigen Zeitabschnitten  wechselnde  Amt,  hier  Fübrunff  des 
Oberbefehls,  welche  bei  den  Strategen  jeden  Tag  wechselt. 

8.  Ethische  und  psychologische  Concentrationsfragen. 

A,  Wieder  M.  im  Mittelpunkte.  Lohn  seines  energischen 
Vorfi^ehens?  —  Das  unbedingte  Vertrauen  seiner  Ge- 
sinnungsgenossen (twv  "fj  'pm\vr^  iz'y-  Tj'j.fiaXXi'.v  . 

B.  K.  hat  ein  offene»  Ohr  für  des  M.  (inlnde  und  gibt  so 
eigentlich  den  Äitsxvhlay  zum  Kampfe. 

9. Inhult.sangabe:  M.  als  Vertraueimmann  der  Athener. 

Cap.  III. 

Ziel:  Welche  Maßregeln  M.  als  oberster  Kriegsherr  traf. 

Synthese:  1.  Die  Schfller  geben  ihre  Gesam  mtau  ff  assuug: 
Da  man  die  Fronte  dem  des  persischen  Heeres  C^!^ieh  macht, 
stehen  die  Griechen  im  Mitteltreflfen  nur  dünn.  2.  Übersetzung: 
Sobald  aber  die  Reihe  an  ihn  kam.  da  stellten  .sich  die  Athener 
so  zum  Kampfe  auf:  den  rechten  Flügel  führte  der  P.  K.,  denn 
das  Gesetz  verhielt  sich  damals  so  bei  den  Athenern,  dass 
der  P.  den  rechten  Flügel  halxMi  solle.  Als  dieser  aber  führte, 
folgten  die  Phylen,  wie  sie  gezählt  wurden,  sich  aneinander 
anschließend;  zuletzt  wurden  die  PI.  aufgestellt,  welche  den 
linken  Flügel  hatten;  denn  seit  dieser  Scnlaeht  fleht  der  ath. 
Herold,  wenn  die  Ath.  die  Opfer  hinaufführen  zu  den  alle 
fUnf  Jahre  geschehenden  Festzfigen  für  sie,  indem  er  zugleich 
den  A.  und  rl.  den  Segen  wünscht.  Als  sich  aber  damals  die 
A.  bei  M.  aufstellten,  jjeschah  Folgendes:  Das  Heer  war 
in  der  Hreite  gleich  aufgestellt  wie  das  medisehe.  und  zwar 
wurde  das  Centrum  wejiiLr»'  lieilieH  hoch  aufgestellt  —  und 
dort  war  das  Heer  am  schwtichsten  —  die  beiden  Flügel  aber 
waren  stark  au  Menge. 

Nun  wird  die  firklftrung  Dnd  Ansfeilung  dieser  roben  Obersetsmig 
aufgegelu-n. 

8.  Stunde. 

Ziel:  Es  gilt  nun,  unsere  übersetzuuu:  zu  begründen  und 
für  einzelnes  feinere  Redewendungen  zu  tiud'  ii 

 '6.  Bemerkungen  des  Lehrers:  Ihf/./jXxh;  was 

istSubj.?  \\r/iziY(j.r^.  —  Was  habt  ihr  mit  zum  Kampfe  über- 
setzt? —  12;  Ti^otX&vcs;  (Tom  Lehrer  anzumerken!).  —  Beachte 
die  Stellung  xepoc  tö  de^tov.  —  tivo??  —  Schließe  mich 

an  etw.  an.  —  '0  yö(io<  l/st      6  v.  eottv.  —  TeXstttalot  im  D.  ein 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


144 


Dr.  Friedrich  Falbrecht. 


Adverb!  —  Die  Stellung  Ton  IlXacot^c!  —  Fdp?  —  BeffrOndet 
den  Yorsch webenden  Gedanken:  Die  Platfter  baben  wirklieb  an 
dieser  Seblacbt  eineu  bedeutenden  Antheil  genommen,  und  dies 
wurde  auch  Ton  den  Athenern  anerkannt,  denn  ....  —  Wozu 

gehört  TXi?  ■ —  7a\  xaTSoystsr'..  Wir  linniolien  p«?  nicht  zu  üh^r- 
setzeu,  —  HoT.a;  avaYsiv:  Warum  hinaufführen  [\\'\v:  begehen)? 

—  Weil  die  heiligen  Orte  gewöhnlich  höher  lagen  (Akropolis). 

—  To  arf-atörsSov  s^taooiisvov ?  —  Wurde  in  gleicher  Breite  auf- 

festellt  wie  das  medische  (in  der  Fronte);  tö  arparö^-sdov  selbst 
at  kein  Präd.,  sondern  erst  die  beiden  darin  entbaltenen  Tbeile 
TO  tj.lv  ^3ov  —  t6  $1  xipo^.  —  Ein  deutoebes  Wort  f&r  Centram? 

—  Mitteltreffen.  —  'Eiri  tdliac  dXCfoic;  mit  welchem  Casus  habt 
ibr  in  dieser  Bedeutung  int  zu  verbinden?  —  *Mit  dem  Genit. 

4.  Dialectische  Formen. 

5.  Ausfeilen. 

.  .  .  folgendermaßen,  . .  .  denn  das  war  damals  herkömm- 
lich bei  den  Atli  .      .  .  —  Unter  seiner  Führung  nun,  

...  in  ihrer  Ordnung  (welche  alljährlich  cliirch  das  Los  neu 
bestimmt  wurde)  sich  aneinander  anschließend.  —  Und  seit 
jener  Schlacht  lieht  denn  auch  der  athenische  Herold,  wenn 
die  Athener  bei  den  croßen  FestzUgeu,  welche  sie  alle  4  Jahre 
feiern,  die  Opfer  darbringen,  zugleich  für  die  Atb.  und  PI. 
um  den  Segen  (ra  aYaddt»  welche  in  der  Gebetsformel  enthalten 
sind).  —  X*yojv  abondant.  —  Bei  der  damaligen  Aufstellung  der 
Ath.  bei  M.  aber  wurde  folgende  Einrichtung  getroffen  .  .  —  Die 
Fronte  des  Heeres  wurde  in  gleicher  Lauge  wie  die  des  med. 
Heeres  aufgestellt  .  .  ...  dagegen  waren  die  beiden  Flügel 
stärker  in  den  Reihen. 

(I.  Musterüberselzung. 

7.  Abfragen  des  Inhalts: 

1.  Aufstellung  zur  Schlacht,  2.  den  rechten  Flügel  be- 
fehligt nach  (lern  Gesetze  K.,  3.  duraui  folgen  die  10  Phyku 
und  endlich  die  Platäer,  4.  deren  Auszeichnung,  5.  die  (mit  der 
persischen  gleich  breite)  Fronte  ist  schwach  besetzt,  die  Flügel 
ziemlich  stark. 

8.  Besinnung  über  den  Inhalt. 

Töte?  —  Zu  jeuer  Zeit,  da  der  P.  noch  das  königliche 
Ebrenrecht  der  Führung  des  rechten  Flügels  hatte.  —  ta; 

r7vr;,"\'>'.a;  td;  sv  -fp:  zi'/zirr^y.^y.  Yivo[jivar?  —  ac.  Die  großen 
Panathenäen.  Sie  waren  penteteriscli ,  d.  Ii.  sie  wurden  alle 
4  Jahre  gefeiert.  Kurze  Beschreibung  derselben  (durch  den 
Lehrer),  s^ivsto  -oiövvs  r  kann  zweierlei  bedeuten:  1.  Eine 
durch  das  Terrain  gebotene  Muli  rege  1.  2.  Es  ergab  sich  diese 
Contiguration  yielleicbt  erst  zufalHff  beim  Angriffe;  wir  werden 
wohl  darin  eine  klu^e  Maßregel  des  Miftiades  erkennen; 
wo/u?  —  Um  nicht  von  den  P.  überflügelt  zu  werden  (in  den 
Flanken  war  er  ja  durch  die  Höhenzüge  des  Thaies,  in  dem 


Die  Schlacht  bei  Marathon.  145 

er  stand,  gesichert),  mnsste  er  dem  Perserheere  eine  gleichweit 

ausgedehnte  Fronte  entgegenstellen.  —  Was  war  wieder  die  Folge 
davon?  —  Dass  du  athen.  Mitteltreffen  sehr  schwach  in  der 

Tiefe  war. 

Nun  wii'd  eint'  Kartenskizze  au  die  Tafel  gezeichnet. 
9.  Überschritt:  Aufstellung  der  Athener  (und  Platäer)  zur 
Schlacht. 

Die  Stnnde  naht  ihrem  Ende.  Ich  gebe  noch  rasch  das  Ziel  itUr 
Gap.  112. 

Ziel  (f.  c.  1 12):  Wie  die  Athener  auf  die  Perser  eindrangen.*) 
9.  Staude. 

 III.  Sprachliche  (und  zwar  phraseologische)  Asso- 

eiation  (für  c.  III  und  112). 

Lehrer:  Wir  wollen  uns  nun,  ehe  wir  uns  weiter  iu  den 
Inhalt  des  von  Herodot  Überlieferten  Tertiefen,  ein  weui^  mit 
bloß  sprachlichen  Dingen  beschäftigen,  nnd  zwar  zuerst  Wen- 
dungen aus  dem  Gebiete  des  Militärischen  zusammenstellen:*) 
ou(i|ioXy]y  (att.  {i.ayr/>)  izruisxa  proelium  iniit. 
S'/3!v  tg  os^.ov  dextrum  coiiiu  ohtinere. 

zfj  'jrjOarörrsoov  Sino'juisvov  exevcUit»  fronte  ae^uatus. 
eviv-ro  kzi  zaiiasi  öXi^a^,  besser:  s.  hti  to^so»  OAtvcov  pauco»  ordines 

hfihcbal. 
sppcuio  zhu^^ii  nunwo  valeOnt. 

IV.  Sprach!,  (phraseol.)  System, 
fidcvijy  iroesiodoti  (Herod.  liebt  dieses  Verb  besonders!  Scheindler, 
Anh.)  proelium  inire;  dazu  aus  109:  oi^diXXscv  Ttvi  manum 
conserere  cum  alo, 
t6  ds^iov  x^fya;  r/eiv  dextrvm  cotmu  obtinere» 
I|'-'5o0v  TO  OTparö;rsoov  exereitnm  aequare. 
ktii  tpiü>v  rym  iriplici  ordine  proßrisci.^) 

Getreu  Ueni  Grumi^iataie,  diu^  der  Lehrer  jedes  Flätzchen  seiner  Leetüre 
für  iri^end  einen  genan  erwogenen  Zweck  ansbenieii  solle,  werden  wir  hier 
zur  Jiösun^  einer  weiter(  tt  rinollon  Frage  zu  gclnngen  ^-nrhcn.  nämlii  h 
auch  noch  zur  Gewinnung  dialectischer Systeme.  Es  ^verden  nun  die 
auf  den  einzelnen  Synthesestafen  besprochenen  oder  notierten  Ergebmtse 
(eigentl.  selbst  schon  Syi^t^mei  assocüert  and  ans  ihnen  der  ll.)  äatz  ge- 
wonnen; „Herodot  /,*  i<rt  grote  rbfreinstimmung  in  der  Sprache  mit  liomcr." 
Einstweilen  sind  näraiieh  (mit  Benützung?  der  Formen  etwa  von  c.  102  an, 
anf  die  der  Lehrer  hinwies,)  noch  folgende  Resultate  gefunden  worden: 
1.  si  i'isilit'int  statt  o')  statt  t>,  2.  der  gen.  i>l.  der  f.  i-t  -su>v,  3.  die 
i-Stümme  behalten  ihr  t  in  allen  Casus  bei  iimmer  ein  Beispiel!)  u.  a.  m., 
Über  deren  flüchtigere  oder  eingehendere  Besprechung  das  jeweilige  Be- 
dürfnis entscheidet.  Nun  sagt  der  Lehrer:  , Schreibt  mir  jetzt  solche  Fcrin.  n 
anf.  ilie  ihr  auch  bei  Homer  noch  nicht  gefnntlen  habt!"  Geschieht.  \sm 
folgt  daraus  Satz  II:  Herodot  hat  aber  auch  manche  ihm  eigen- 


^)  Ich  meine,  die  Analyse  könne  hier  so^ar  ffwuz  wi-gfallen.  da  jasosa* 
.«ti^oTi  j«  il,'s  rapitt^'l  -t'Ibst  orhon  Aiiuiysf  (It-s  folgend'Mi  ist.  Pfswci-f^n 
glaube  ich  mich  nicht  im  Widerspruche  zu  Zillers  Ausführungen,  Alig  Piid., 
.S.  284  f..  zn  befinden. 

^)  Diese  Stunde  ist  also  bloß  sprachlichen  Zwecken  gewidmet. 

^)  Diese  Wendungen  werden  von  den  Schülern  in  das  dazu  bf^timmte 
Merkheft  (sprachliche  Systemheftj  eingetragen.  Später  treten  neue  Kate- 
gorien ein,  wie  „Machtt  «Ämter",  «Gerichtswesen"  n.  a.  s.  S.  189,  Anm. 
„Osten.  UUtelachule".  XIL  Jahrg.  10 


^  kj  i^uo  i.y  Google 


14(i  Dr.  Friedrich  Falbrecht. 

thfimliche  Formen,  welche  nun  Ayst^^matiseh  zusaniniengefas^t  werden. 
MehifTf  Formen,  die  zu  f^ering  an  Zahl  sind,  bleiben,  der  Krg-äiijsiing 
harrend,  noch  auf  der  Ötufe  der  äjntbe«e  oder  Association.  Die  dialecti- 
»chen  Formen  in  ein  System  sn  bringen,  halte  ich  fOr  nnumgänglich  nOthig, 
soll  der  Schüler  auch  hier  einen  klaren  Überblick  gewinnen.  Zudem  «ind 
fli»'  aufgestellten  Sy^enie  ganz  einfach  und  ihre  schrittweise  erfolgende 
Ergilnzung  leicht.  Von  nun  an  hat  der  Lehrer  schon  bekannte  lierodot. 
(bäew.  hom.)  Formen  nnr  hie  und  da  mit  attischen  vergleichen  zu  lanen, 
um  8ich  zu  i)ber/.engon.  nb  weh  die  SchCUer  des  Unterschiedes  dieser  Formen 
auch  immer  bewuHät  üeien. 

IIL  Sprach!,  und  zwar  dialectologische  Association  (von 
c.  102  an;  neuer,  auch  bei  Homer  noch  nicht  gefundener 
Formen. 

A.  aiRxö(uvov.  -oc  statt  att.  a^txdjuvo^. 


B,  osxöasvo«;  Ss^ötASVO^. 

Raum! 

D.  d>v  ouv. 
Raum! 

£.  sfMitavijiTj  (zweimai)  icpnrocvsia. 

F»  zwn6  (zweimal)  larnd. 

hamof}  (dreimal)  hpyy/y. 


TV.  bpraehl.  (dialectol.)  Sy.-^teia. 

1.  Die  Aspiration  unterbleibt,  z.  Ii.: 
ainxd|uyo;  st.  «^.xö^uvo«;. 

2.  TjC  steht  für  st. 

«pOT«vr/lr^  st.  rf/^TOvsta. 

3.  o»o  erscheint  für  asi. 

£(«)')TO'J  für  ^a'HOU, 

10.  htuude« 

Cap.  112. 

1  (resammtauffassung,  etwa:  Die  Athener  stürmen 

im  Liuif.schrittf'  iiuf  die  Perser  ein.  Diese  halten  sie  für  ver- 
rückt. Die  Athener  aber  beweisen  Unerschrockeuheit.  Sie  haben 
es  hier  zuerst  mit  M^dt  rii  zu  thun. 

2.  Übersetzung,  beiläulig  so:  Als  ihnen  die  Schlacht- 
ordnung aufgestellt  war  and  die  Opfer  günstig  ausfielen,  da 
stürmten  die  Athener,  nachdem  sie  losgelassen  worden 
waren,  im  Laufschritte  gegen  die  Barbaren.  Es  betrug  aber 
(h  l  Zwischenraum  zwischen  ihnen  nicht  weniger  als  8  Stadien. 
Ak  aber  die  Perser  sie  im  Laufe  anrücken  sahen,  rüsteten  sie 


Die  Schlacht  bei  Marathon. 


147 


sich  zu  ihrem  Eiup tauge  imd  legteu  den  Atheueru  \\  ahosiuu 
bei,  und  zwftr  ganz  und  gar  Terderbliehen,  als  tie  sahen,  wie 
wenige  sie  seien  und  diese  im  Laufe  herandrängten,  während 
ihnen  weder  Reiterei  noch  Schützen  sngebote  standen.  Das 
wähnten  also  nun  die  Barbaren.  Nachdem  aber  die  Athener  ins- 
geeamnit  mit  den  Persern  handgemein  geworden  waren,  kämpften 
sie  rühmenswert.  Denn  zuerst  von  allen  Hellenen,  die  wir 
kennen,  wandten  sie  den  Laufschritt  gegen  die  Feinde  un, 
zuerst  ertiii£^en  sie  den  Anblick  der  raedischen  Kleidniig,  als 
sie  sie  sahen,  und  die  damit  gekleideten  Mäuuer.  Bis  dabin 
war  den  Hellenen  auch  nur  der  Name  der  Meder  eiu  Schrecken 
2tt  hören. 

*d,  Fragen  des  Lehrers:  a^i  dut^ootto?  —  Unpersönlich. 

—  axsidipvv  Ton  ^'f'lTjtu;  —  wieso  loslassen?  Sie  standen  bis- 
her hinter  mnem  Verhaue  und  erhielten  nun  den  Befehl,  los- 
zustOrmen  wie  in  der  Rennbahn.  „Als  ihnen  der  Befehl  zum 

Anstürme  gegeben  war,**  —  A{>o|j.{p  lat.  abl.  modi:  curtu,  — 
*lsvxo  schon  bei  Homer:  eilen,  stieben.  —  *fhav  5s  ....  to 
rjLETar/p.'.ov  ....  Subj.?  —  jisTott/fj, ;  das  Verb  ist  also  im 
Numerus  f^^  ^ogen  zum?  —  Näherstehenden  TVädicat.  —  Wir: 
Es  betrug  ;ü)er  der  Zwischenr:unn  zwischen  ihnen  nicht  weniger 
als  S  Stadien.  —  Wie  habt  ilir  oj;  diiöiLiw.  übersetzt?  —  Zum 
Kmptauge.  —  Hatten  wir  schon  Ähnhches?  —  Ja:  w';  oujjLSa/.iovrs;. 

—  *Koit  to'itw?  und  zwar  et  eoa.  —  ijnco;  (r^)?  —  UolleetiT: 
Reiterei;  —  att.  gewöhnlieh:  to  kictxöv.  —  Tö^eoft«  heiOt  eigent- 
lich: Bogen.  Ihr  habt  übersetzt:  Bogenschfltzen.  —  Wie  nennt 
mau  diesen  Tropus?  —  Metonymie.  —  W O-y^vatot  ^6  Ggs  zu?  — 
Zum  vorausgehenden  Tai)!«  jÄ^v  vov  ot  |3af>,3a(>ot  xateixa^ov.  — 
zavro)v,  Twv?  —  st.  ra'/T(ov,  om:  .  .  —  Wieder?  —  Attraetion.  — 
ivir/ovro  ^owvr^r?  —  8ie  hielten  den  Anblirk  nielit  aus  (Lehrer 
anmerken,  weun  er  das  Part,  praed.  noch  nicht  durchgenommen 
hatlj.  —  ia^r^as'/O');  =  y,Ti)'Y;'j.?>0'j':  =  vestia)  (R^dupl,  unter- 
bleibt). —  tc  Mt^W/  wieder  statt?  —  ilspfOcbv. 

4-  Ausfj'ilen. 

Als  sie  in  Schlachtordtiuug  aufgestellt  waren  .  .  —  ziehen  sie 
des  Wahnsinus,  der  iliaeu  sicher  zum  Verderben  gereichen 
werde  . .  —  ohne  dass  ihnen  . .  —  Bis  dahin  war  selbst  der  Name 
der  Med.  ein  Sehrecken  für  hellenische  Ohren. 

5.  Musterübersetzung. 

IL  Stande. 

6.  Vertiefung  (sachlich). 

1.  Die  A.  stürmen  im  Laufschritte  gegen  die  P.  Vor  Beginn 
einer  Schlacht  schlössen  die  Alten  aus  dem  Oj>fer  auf 
den  Erfolg.  8  Stadien  c.  l^j^hm.  Dazu  brauchten  sie  etwa 
10  Minuten.  —  Wo  stehen  die  Athener?  —  Nach  c.  l{)>i. 
SV  Wyf/J.i'j'  im  Hernkleion.  Dieses  lag  in  dem  Seiten- 

thale  von  Avloua,  da»  üieh  au  die  Ebene  von  Marathon  an- 
schloss.   Die  Fronte  der  Athener  war  nach  NO.  gerichtet 

10» 


148 


Dr.  Friedrich  Faibrecbt. 


2.  Die  Perser  halten  sie  für  Terrttelct. 

Warum?  —  Weil  sie  a)  in  so  kiemer  Zahl,  h)  im  Lauf- 
schritte, wobei  sie  leicht  in  Unordnung  gerathen  konuteu, 
c)  ohne  Reit,  und  Bogensch,  anstürmten.  —  Was  zeigt  dies? 

—  Dass  die  P.  (Yw  taktisch  liluf/c  Maßregel  des  M.  nicht 
verstandeu.  Denn  eben  damit  die  hellen.  Truppen  dem  Pfeil- 
hsgel  von  Seite  der  P.  weniger  lang  ausgesetzt  seien ,  was 
bei  deren  Uberzahl  doppelt  gefährlich  war,  und  damit  die 
den  Gr.  so  gef&hrHche  p.  Reiterei  nieht  zor  Entwieklang 
gelangen  kdnne,  endlieh  um  die  a.  Hopliten  so  schnell  au 
niciglich  in  das  Handgemenge  zu  bringen,  in  dem  sie  den 
Persern  weit  überlegen  waren,  wurde  3er  Laufschritt  an- 
geordnet. Diese  Art  des  Angriffes  musste  denn  auch  die  P. 
verblüffen. 

3.  VnersrhrorkenhvU  der  A. 

Sie  lassen  sich  durch  den  ihnen  luigewohnteu  Anblick  des 
Feindes  nicht  eiusehüchtern.  iSeheu  wir  nun  zu,  was  ihnen 
H.  sonst  noch  nachrOhmt:  Ä.  Sie  wandten  zuerst  den  Lauf- 
schritt an.  B.  Sie  hielten  zuerst  den  Medem  stand«  wie 
noch  keine  Hellenen.  Womit  stimmt  dies  nicht?  —  Es 
hatten  ja  doch  die  lonier  schon  rühmlich  gegen  die  F. 
gekämpft!  —  Richtig!  Ich  will  euch  aus  H.  selbst  einige 
Stellen  vorlesen:')  T,  160  (von  den  loniern);  V,  2  ivon  den 
Perinthiern),  102,  112  (von  den  loniern),  .  .  .  VI,  28  tf.  i  von 
den  Thaten  der  lonier).  Was  folgt  hieraus y  —  Dass  liero- 
dots  Worte  hier  unrichtig  sind.     -  Wie  mag  das  kommen? 

—  In  seiner  Torliehe  für  Athen  Tergisst  er  für  den  Augen- 
blick ganz  der  Verdienste  anderer  Griechen.  Und  Athen 
war  ja  damals  der  Vorort  griechischer  Gesittung,  (Wieder 
ein  Beitrag  zur  Charakteristik  Herodots!) 

7.  Psychologisch-ethische  Vertiefung. 

1.  Miltiades,  der  hier  die  Maßregeln  trifft,  beweist  Feld^ 
herrnkldgheitj  denn  er  weiß  A.  die  beste  Stellung,  B.  die 
passendste  Anghlfsweise  zu  tiuden. 

2.  Unter  solch  zielbcwusftter  Führung  nun  finden  auch  die 
Athener  all  ihren  Mulh^  ihre  angestammte  Tapferkeit 
wieder.  Einiy  um  ihren  Tührer  geschart,  tcanken  sie  nicht 
vor  der  furchtbaren  Ütferzahl  des  Feindes.*) 

8.  Überschrift:  Die  Athener  stürmen  im  Laufschritte  m/i- 
ernchroeken  auf  die  Perser  ein. 

III.  Sprachl.  Association  (Phrasen). 


')  H  ilifii  i\'w  hnlpr  ;nich  jene  Hücher  in  ihrem  Besitte,  60  ziehe  ich 
genieiiHchiiftliclie  extemporierte  Obersetzung  vor. 

-I  Es  hiingt  von  der  Kigenart  des  Lehrers  und  der  Schüler  ab,  ob 
diese  Partien  mit  mehr  oder  minder  ixrodten  Worten  behiiudelt  AverJen. 
Ich  kann  mir  denken ,  dass  oft  ein  einaigea  wohlan^jebrachteü  Wort  des 
Tjehrers  alle  Wirkung  erzielen  kann.  Hier  war  es  eben  wieder  um  Exenipli- 
ficatton  XU  thiin. 


Die  Schlacht  bei  Marathon. 


149 


Über  Krieg  (Forts^'tzuug): 
^pöiicf)  TsvTo  ciirsu  appru^jniquabaiU. 

irap60X6odCoyro  wc  ds^^tuvot  a<l  «o«  aedpiendaa  se  expediehant, 

Sic  X^%f^  '(^^  '^^'-^  ß'  ''i^'**^  ctf*'^  harharis  conservernnt. 

IV.  Sprachl.  System  (im  Att.  gebräaclilicher  Phrasen), 
5(iöjt({)  liTS'.jJLt  roö^  tiva  CMTÄff  aggredior  ahn. 
xapaaxsoaCojtai  ü>;  zry.rpuyj  ri  expedio  me.  nd  ald  perßciendum. 
sie  '/sip'Otc  E-'J'-  ''-v.  mfiuHiii  comero  cum  ulo. 

Hieiau  bchlielie  ich  zwei  Scripta.  Das  eiue  variiert  den- 
selben Stoff  (also  III.  Stafe)f  das  andere  behandelt  einen  ähn- 
lichen Stoff  (Xeno^h.  anab.  ,111.  Anfang),  gehört  also  anf  die 
y.  Stufe.  Da  es  bei  nns  in  Österreich  keine  Extemporalia  dieser 
Art  gibt,  können  beide  vielleicht  als  Compositionen  verwendet 
werden;  drei  deutsch -griechisehe  sind  ja  in  Sexta  geblieben« 

T. 

1.  f*Da»  die  Feldherren  der  A.  getheilter  Ansicht  waren, 
ob  mau  sich  schlagen  solle  oder  nicht,  und  i)ereits  die  schlechtere 
Meinung  den  Sieg  davontragen  sollte,  begab  sich  M.  zum  P.  E. 
(*Qnd)  nielt  tiplgende  Ansprache  [an  ihn]: 

2.  Von  dir  hangt  es,  (*da)  du  die  11.  Stimme  hast,  jetzt 
ab,  C^'ob)  du  Ath.  in  Knechtschaft  bringen  oder  Ton  der 
Knechtschaft  der  P.  befraien  [willst]. 

0.  Frei  wird  A.  sein,  wenn  wir  sofort  pinp  Rclilricbt  liefern, 
ehe  noch  die  Athener  durch  einen  Aui'ruhr  verwirrt  werden 

4.  Die  Richtigkeit  dieser  Rede  erkennend  ()caTa(j^v&dva»), 
schloss  sich  K.  der  Meiuuug  des  M.  an. 

5.  Nachdem  nun  besehlossen  irar  (oö^av),  sich  zu  schlafen, 
flberlieOen  die  Feldherren,  (*welehe)  zum  *  Kampfe  geratnen 

hatten,  dem  M.  ihr  Commundo;  er  aber  ließ  sich  nicht  früher  in 
eine  Schlacht  ein,  als  bis  die  Beihe  des  Oberbefehls  an  ihn  kam. 

G.  Da  wurden  die  Hellenen  auf  folgende  Weise  aufgestellt: 
Den  rechten  Flügel  hatte  K.,  den  linken  dip  Ath.  und  PI.  inne. 

7.  (*Da)  das  Heer  der  A.  dem  der  P.  in  der  Fronte  ({xsTwUTj^öv^ 
gleich  gemacht  worden  war,  Stauden  die  A.  im  Mitteltreffen  [nur] 
wenige  Reihen  hoch. 

1.  Täv  ofpatifjfuv  tÄv  *Ad7jyaf«y  *^wi'JTÄvt«v,  ic^pov  *a':>jj,- 

sXdft)v  TTfvö;  KaXX{;i.a/ov       iEoXi|Mtpx^  "^^^ 

*3lplv  xai  TO'):;  'Ad^r^vaiou';  oiiost  x'.vl  EV.irXYirtS'j^ott. 


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150  Dr.  Friedrich  Falbrecht 

*r7jv  auTwv  rpuiavslav  MiXtidto-j]  TcaplSoo^v,  0  Ä'o&  irj>ÖTe(iOv  j*.^xv;v 

6.  Tdis  S'ot"mi2ysc  *fc»o£  i-ay^jqiv  tfe  tisv  oiliw  xipa;  KoXXt- 

7.  *'l*);iaü)v>s{a7];      ;jJt8»STjOov  t*^  tcibv  'Aihjvatcov  orpatidtc  t§ 

II. 

1.  Als  nach  der  Schlacht  bei  Kuuaxa  die  Anführer  der 
Gr.  ums  Leben  gekommen  waren,  befanden  sich  diese  in  der 
größten  Gefahr,  seit  sie  naeh  Asien  gekommen  waren. 

2.  Denn  die  Entfernong  Ton  Griiechenland  betrug  niehi 
weniger  als  10.000  Stadien,  und  rings  (xOxXoc)  umschlossen 
(«•pißaXXo|jLat)  sie  Feinde. 

.1  Da  rief  Xen.  suis  A.  die  Lochagen  zusammen  (und)  sprach: 
^Die  Feinde  haben  uns  nielit  elier  offen  df^n  Krieg  erklärt« 
(;röXsjxov  sxcpot'lvto  u,'>ö;  r.va),  als  bis  sie  ihre  Angeiegeuheiten  wühl 
instand  gesetzt  hatten  (Trofoar/.sna^ou.ai). 

4.  Es  bleibt  uns  jetzt  nur  die  Wahl  (onrdpvci) ,  uns  ent- 
weder den  F.  zu  ergeben  (zaf/a^{^(o[j.i)  oder  aun  rtthmliehste 
zu  kämpfen. 

5.  Denn  wenn  wir  in  die  Gewalt  des  Perserkoni^s  kommen 

werden  (fix\f0^i  hd  ttvt),  was,  glaubt  ihr,  werden  wir  von  dem 
leiden,  (der)  seinen  eigenen  Bruder  verstümmelt  hui  f^v^zTjfyöw)? 
Wenn  wir  aber  wacker  kämpfen,  werden  wir  mit  Hilfe  der 
Götter  die  Feinde,  (dai  sie  auch  feige  sind,  besiegen. 

6.  Von  euch  nun,  ihr  Feldherren,  hängt  es  jetzt  ab,  ob  wir 
uns  ergeben  oder  kämpfen  werden;  bedenket,  dass  dies  Brauch 
bei  unseren  Vorfahren  (:rf^ÖYovoi)  war,  nieht  zu  weiehen  {a'^T/juarAbi^ 
sondern  zu  kämpfen  mit  den  Feinden,  und  zwar  den  furcht- 
barsten!" 

OLZöikoveo,  (H  ""EXXijvsc  *ipoB»  sv      |UYI<3T<|»  xiySt»v<|>,  ^44  ou  sie  ^ 

*i.  To  '(ä[j  7.7,0  ir^i  l'jj.'yAoz  oidaTT^aa  oüx  SAaTtov  f^v  ir^  {U>(>toi 

Ol  ^roAiyiiot  o'j  rpÖT£(iov  ;rp6?  r^jid«;  tov  köXsjjlov  £4d'fT,vav,  *<:plv  ti 

4.  **r)ta{>-/£i  o5y  vöv  iljfilv  ^  '"icapadt^dvat  i^ji&c  ot&to&c  T|  (id^sa^at 

5.  Fl     '(ä^j  kzi  ßaatXsi  ^Yevijod^^,  zi  oVsad-s  '"jrsiaea^t 

9tt»(fcei>a.  ;r£f/.7£VTf]aöjj.sv^a  *oüv  toi;  O-so':?  twv  IUf>^{bv  *5=tX(bv  *^,/Ttt)v. 

6.  '^jiÄv  O'jv,  (I)  OTpaTTjVOi,  vöv  *r^^Jzr^xail,  ;:öts(>ov  t^jj^;  a'jTOf>i 
r«o'3f/^^^)^oasv    {jLayo''>ii.6v)'a '  iv/osi'^t^s  Ss.  oti  *0')T(o;  a£l6  vÖ{j.o;  sr/£  TOi; 

to6cote  SsivocdroKc* 


Die  Sehlaebt  bei  Mamthon. 


151 


Vi.  Stunde. 

Cap.  113. 

Ziel:  Was  uns  Herodot  über  den  Ausfall  der  Sehlacht  bei 
Marathon  iiiittheilt. 

Da  di€»  scbon  taa  der  Oeachicbte  im  allgemeinen  bekannt  ist,  entfiel 
aach  hier  die  Analyse. 

Gesammtauf fassuQg,  beiläufig:  Die  Griechen  siegen  zwar 
gleich  anfangs  anf  beiden  Flüceln,  haben  aber  im  Mitteltreflfen 
einen  harten  Stand.  Doch  geuugt  es  ihnen,  die  Perser  in  die 
Flucht  zu  werfen. 

Ubersetzang:  Während  sie  nun  bei  M.  kämpi'leUf  ver- 
strich viele  Zeit.  Und  in  der  Mitte  des  Heere«  siefften  die 
Barbaren,  wo  die  Perser  selbst  und  die  Saker  aufgestellt  waren. 
Dort  nun  siebten  die  Barbaren,  und  dnrebbrecliend  ver- 
folgten sie  bis  ins  Binnenland;  an  beiden  Flügeln  aber 
siegten  die  Athener  und  die  Platäer.  Die  Sieger  aber  ließen  den 
geschlagenen  Flügel  derBarbru  pii  fliehen,  gegen  diejenigen  aber, 
welche  das  Mitteltreflen  tlurchbruehen  hatten,  kämpften  sie, 
nachdem  sie  ihre  beiden  Flügel  zusammeusezogen  hatten,  und 
es  siegten  die  A.  Den  fliehenden  F.  folgten  sie,  indem  sie 
sie  niederhieben,  bis  dass  sie  ans  Meer  gekommen  Feuer  ver- 
langten und  die  Schiffe  erreichten. 

2,  Fragen  des  Lehrers  zur  Gontrole:  Ma/opiSvittv?  —  Wäh- 
rend des  Kampfes  —  zu  ergänzen?  —  Etwa  otft^ocipwv.  —  To  piv 
pi^oGv  im  Mitteltreffen,  Ace.  des  Bezuges.  —  Tfj*,  att.?  —  'Iii.  — 
'KTJTayy.To  =  Trr^*j]iivo'.  ypy.v.  —  Kata  local.  —  Beaelite  die 
epische  Breite  i?i  der  Wiederholung  fzweimal).  —  To  ok  vcipa^; 
Casus?  —  Wieder  Arr.  des  Bezuges.  —  "K;  rrjv  jtsaoY'Dt'.^v;  was 
ist  gemeint?  —  Landeinwärts.  —  Beachte  ro  tstpau-ij.ivov  twv 
^ap^dpCDv!  —  'li)a»v;  att.?  —  Iv.o».  —  Beachte  die  bezeichueude 
Stellung  des  Satzes  «od  Iviiuw  'Adugvo^m.  —  bnka^ff&^mm  sachten 
zu  fassen  (ef.  109  ivtxai). 

3.  Ausfeilnng:  Der  Kampf  ....  dauerte  lange  Zeit. 

.  .  .  .  und  nachdem  sie  durchgebrochen  waren,  verfolgten  sie 
die  Geschlagenen  landeinwärts.  —  ...  Da  nun  die  Perser  flohen, 
da  hieben  (die  Griechen)  auf  sie  ein  und  verfolgten  sie,  bis  sie 

ans  Meer  kamen  Dort  verlangten  sie  und  legten 

Hand  an  die  Schitl'e. 

5.  M  List  er  Übersetzung. 

6.  Herausarbeiten  des  Inhalts. 

A.  Der  Kampf  dauert  lange.  B.  Im  Mitteltreffen  siegen 
die  Barbaren  (Perser  und  Baker).  C,  An  beiden  Flüeeln  aber 

die  vereinigten  Athener  und  Platäer,  die  dann  auch  aas  persi- 
sche  Centrum  bewältigen.    D,  Die  Verfolgung  bis  zu  den 

Schiffen. 

13.  Stande. 

7.  Sachliche  Vertiefung. 

 Die  Sakfr.  ein  den  P.  unterthaner  Volksstamm, 

n.  ö.  in  der  heutigen  iiu-gisensteppe  zuhause,  vortretfliche  Reiter 


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152 


Dr.  Priedricb  Falbr6eht. 


und  Bogenscluitztni  und  als  solche  deu  Griechen  besonders  ge- 
fähilich.  ~  D;is8  die  P.  im  Mitteltreffen  siegen  wurden, 
war  vurauszuseheu,  denn  a)  dort  waren  die  Reihen  dünn, 
b)  aueh  waren  die  athenischen  Uoplitenf  welche  dort  anter 
Themieiokles  ünd  Aristides  standen,  diireh  den  Lauf  aus  der 
Ordntuig  gerathen,  c)  und  ihnen  gegenüber  standen  die  Kern* 
trappen  der  P.  und  S.,  tUchtige  Krieger,  in  großer  Menge.  — 
Ans  Meer  gelangt,  machen  sie  sich  nun  auch  an  die  Schiffe. 

—  Wann  fand  die  Schlacht  statt?  —  490.  —  In  einem  der 

letzten  Souimermouate. 

Ich  ließ  nun  Cap.  114—117  cursorisch  l^n,  nachdem  ich  iu  kurzen 
Worten  das  Ziel  gegeben  hatte. 

14.  Stunde. 

8.  Coneentrationsf ragen  ethischer  Art  (über  e.  113 

bis  117). 

A.  Die  Athener  und  Platäer.  Ernste  Lage:  der  Feind 
fast  vor  Athen.  Es  gilt,  alle  Kräfte  nufiubieten.  —  Kühn 
stürzen  sif  auch  in  den  gefährlichen  Kampf,  wobei  eine  Reihe 
von  Heldenthatcn  vollführt  wurde.  B.  Ihre  Tapferkeit  wird 
weise  gelenkt  durch  AI.  C.  Die  Perser  spotten^  im  I  erlrauen 
auf  ihre  Vber%aMy  deB  kleinen,  verblendeten  (!)  Häufleins. 

9.  Überschrift:  Die  Athener  besiesen  dnreh  ihre  außer' 
ordentliche  Tapferkeit  die  Perser  beilf. 

III.  Eth.  Association  und  IT.  Eth.  System  (Aber  die 
ganze  methodische  Einheit). 

1.  Tapferkeit  gegen  Maxxe;  kluae  Lenkung.   Kennt  ihr 

ein  Beispiel  aus  unserer  vaterländischen  Geschichte,  wo  ein 
kleines  Häuflein  sich  einer  Unmas.'je  Feinde  tapfer  erwehrte? 

—  Der  Kampf  der  Wiener  gegen  die  Türken  1083.  Auch  sie 
Terrichteten  Wuntier  von  Tapferkeit  und  Toilcsverarlilung, 
auch  dort  eioe  kleine  ?5char  entschlossener  Leute  eiuer  Un- 
masse von  Feinden  gegenüber,  auch  dort  ein  weiser,  selbst  in 
Rath  and  That  vorangehender  Führer^  Graf  Guido  Ton  Starhem- 
berg! 

Und  wenn  ihr  euch  nur  selbst  vertraut, 
Vertrauen  euch  die  andern  Seeleu. 

(Goethe,  Fan^t  Studierzimmer.) 

2.  TK'ir«'us  hatte  den  Eroberungszug  gegen  (iriech«Miland 
im  Verl niuen  auf  seine  große  Heeresraenge  untei  iiouuneu, 
aber  die  Athener^  als  Werkzeug  der  Vorsehung,  besiegen  sie. 
Sie  konnten  also  sagen,  wie  Schiller  es  in  an&er  Denkweise 
ausdrOckt: 

.Es  leben  Gotter,  die  den  Hochmuth  rächen!" 

(W.  T.  4.  8.) 

3.  Die  Ath.  kämpfen  um  ihr  Vaterland. 

Vergleichet  das  Verhalten  der  Deutschen  in  den  Frei- 
heitskriegen: Deutschland  seufzt  unter  Tyranueujoch,  die 
deutsche  Sitte  ist  dem  Intergangfe  nahe,  da  rafl't  sich  das 
deutsche  Volk  zum  heiligen  Entscheiduugskampfe  auf,  und  iu 


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Die  Seblnobl  bei  Marathon. 


1&3 


blutigen  Schlachten  ward  die  Freiheit  erruncr^Mi .  Wiiudfii  tuuI 
Thränen  waren  die  Saat,  aus  welcher  Deutsehiaud  neu  erbiiilitel 
"Wie  wahr  ist  demnach,  was  Schiller  sagt: 

Was  ist  unschuldig,  heilig,  menschlich,  gut, 
Wenn  es  der  Kampf  nicht  ist  ums  Vaterland! 

i  Juug^frau  V.  Orl.  II,  10.) 

4.  Großes,  Erhabenes  haben  die  Ath.  in  jenem  Eiampfe  ge- 
leistet! In  ihrem  begeisterten  Freiheitsdrange  haben  sie  einen 
Sieg  erstritten,  dessen  Folgen  uiclit  nur  für  sie,  sondern  txurh  für 
uns,  für  die  gani^e  Menschheit  unberechenbar  sind.  Die  griechi- 
sche Cultur,  welche  ein  Gemeingut  der  Menschheit  geworden 
ist,  wäre  in  ihrer  ersten  Entfaltung  erstickt,  eine  Despoteu- 
BerrsebKft  an  Stelle  des  freiheitUehen  Athen  gesetzt  worden! 

Die  große  Noth,  in  der  die  Grieelien  damals  schwebten, 
hat  Hdt.  selbst  mit  folgenden  Worten  gekennzeichnet.  (Er 
spricht  vom  Erdbeben  in  Delos,  w  elches  der  Gott  als  Zeichen 
des  kommenden  Unheils  den  Menschen  gesandt  hat,  nnd  dann 
>^agt  er  (VI,  ySj:  kid  '(äp  Aapstoo  .  .  xat  Esf4"<'>  .  vo'.'  '  V^rot^^p^sw, 
Tvtov  TOt)tsti)v  iirs4*?)?  fS'i^dwv,  ^Y^/sio  Tz}AiA  staxd  E/j.doi  ^  sirl 
elxoit  ÄXXac  7svsac  tac  Aotpstou  Y«vo|iiva^,  td  [ilv  olkq  t«äv 
IIspaefDv  aot-^  fsvöjiLsva  

Ähnlich  waren  die  Wiener  1683  ein  Bollwerk  chrMlicher 
Gesittung  gegen  den  Islam. 

Solange  uensehen  leben,  wird  der  Bnhm  solcher  Groß- 
thaten,  mögen  sie  nun  von  einzelnen  oder  von  ganzen  Nationen 
ausgehen,  Degeistert  weiter  erzählt  werden,  denn  dies  sind 
wahrlich  ^pLvr^uö'TJva  xbv  ämtyra  dvdpt»fffi»v  ßiov",  und  wie  Cicero 
sagt  (Brut.  LXXXTV: 

jfHanor  e,st  praemium  viriutis.^  —  — 

Das  wissenschaftliche  System  ist:  Die  Schlacht  bei 
Marathon  4ÜÜ  in  ihrem  Verlaufe  und  Ergebnisse  gemäß  der 
dnreh  die  gegebenen  ndthigen  Erl&nteruugen  modificierten  Dar^ 
Stellung  mrodots. 

V.  Function. 

1.  Ethischer  Art. 

Deutsche  Aufsätze  (natürlich  vom  Fachlehrer  des  Deutschen 

zu  stellen): 

1.  Nur  in  der  eigenen  Kraft  ruht  das  Schicksal  einer  Nation. 

<HoItke.) 

2.  Det  Mannes  Tagend  erprobt  allein  üio  Stunde  l  i  (  .  f vi  : 

(Schiller,  2daria  Ötuart,  1,  7.) 
3.  Säume  nicht,  dich  zu  erdreisten, 
Wenn  die  Menge  /.iiudernd  achweift; 
Alles  kann  der  Kdle  leisten, 
Der  veiöteht  und  rasch  ergreift. 

(Qoethe,  Faust,  II,  1,  Anmuthige  Gegend) 

2.  Wissenschaftliche  Function. 

1.  Es  ist  der  Gang  der  Sehlacht  zu  schildern. 

2.  Zeichnet  den  Pinn  der  Srhlnflit! 

3.  Die  staut1ir]it'n  Euiiii'htuiigen  Athoiif?  um  490. 

4.  Vergleich  zwischen  dem  Berichte  des    epoä  und  dem  Herodots. 


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154     Dr.  Friedrich  Falbrecht  Die  Schlacht  bei  MaratboD. 


Ich  denke  mit  der  hier  vorgelegten,  ohne  besondere  Abwei- 
chung deu  vou  mir  iu  der  Schule  beobachteten  Giiug  wiedergeben- 
deu  Präparation  die  Zweckmäßigkeit  dieser  Methode  —  hoÖeutlieh 
aller  mein  Fach  limaiis  —  aoch  memeneitB  dmetbui  m  haben. 
Emwättde  und  Ancniffe  hat  sie  genug  Uber  aien  ergehen  lassen 
müssen.^)  Über  Einzelheiten  wird  mau  auch  jetzt  noch  ge- 
theUter  Meinung  sein  können,')  ja  ich  selbst  habe  mich,  auf 
dem  Boden  Zillers  stehend,  nicht  selten,  sei's  wissentlich,  sei's 
vielleicht  auch  imbewusät,  von  den  Andeutungen  des  Meister» 
entfernt  oder  bin  —  da  allerdings  aus  bestimmten  CTründen  — 
von  Menges  Vorgänge  abgewichen.  Viele  werden  sich  vielleicht 
an  den  nach  Schablone  riechenden  Termmi  stoßen:  VVahriich, 
anf  diese  kommt*8  nieht  an! 

Ziller  wollte  ja  nnr  den  seelengemäßen  Gang  in  seinen 
Hauptstnfen  darlegen,  nnd  dafftr  müssen  wir  ihm  dankbar  sein. 
Zillers  Unterrichtsgang  kann,  weil  eben  der  Natur  und  Be- 
thäti^pn^  der  Psyche  gemäß  eingerichtet,  Anspruch  auf  All- 
gememgiltigkeit  erheben.  Denen  aber,  welche  clit^  Schwierig- 
keiten dieser  Methode  für  den  Lehre  r  betonen,  rufe  ich  zu: 


')  Viele  8ind  angefiihrt  und  wiiierlegt  bei  Wiget,  S.  74,  Menge, 
Jahrb.  XXVII,  S.  234  f. 

^)  ßesoncleis  in  ikr  Synthese  wird  vielleicht  von  manchen  öae  noch 
größere  Beschränkung  verlangt  werden. 


Dr.  S.  Spitser.  Die  lai  u.  griecb.  Bautarbeiten  iiu  Cntergyianasium«  lod 


Die  lateinischen  und  o-riechischeu  Haus- 
arbeiten im  Untergymnasium. 

Vortrag  von  Dr.  S.  Spitzer,  Radants,  gehalten  im  Vereine  ,|Bukowiner 
MitfeeUchole"  in  Csernowitz  am  18.  December  1S97. 

Die  Frage  der  Nothwendigkeit  der  Httusarbeiten  und  im 
besondem  der  lateiniflchen  und  griechischen  Hausarbeiten  ist 
früher  häufig  erörtert  worden.  Der  Ministe rialerlass  Tom 
30.  September  1891,  durch  den  diese  für  das  Oberg^HEnnasium 

aufgehoben  wurden,  hat  hier  entsoheidend  eingegriffen,  und  nur 
wenige  Philoloo;en  dürften  den  ehemaligen  Zustund  zurücksehneu. 
Aber  leider  ist  die  früher  so  r»'ge  Discussion  damit  auch  nahezu 
verstummt  —  mit  einer  später  zu  berührenden  Ausnahme.  Und 
doch  wäre  es  gerade  jetzt,  wo  die  Auflassung  für  die  oberen 
Ciassen  sich  bereits  bewährt  hat,  nnr  naturgemäß,  in  Erwägung 
zu  ziehen,  ob  sieht  auch  für  das  Untergymnasium  dieselbe 
Bestimmung  sich  empfehlen  würde. 

Ein  kurzer  Rückblick  auf  den  Stand  der  Frage  dürfte  nicht 
überflüssig  sein.  Schon  1851  hat  Graumanu  in  der  Zeitsehr.  f.  d. 
öst.  (lymii.  (Die  Correctnr  der  häuslichen  sclirifrlichf  ii  Sdiüler- 
arbeiteu,  S.  76Ö  H.)  auf  die  beiden  SchwiiideiniethudHu  auf- 
merksatn  gemacht,  durch  die  der  Zweck  der  Hausarbeiten 
zunichte  gemacht  und  eine  richtige  Beurtheiluug  der  Schüler- 
leistangen vereitelt  wird:  die  Sehfller  sehreiben  von  einzelnen 
Mitschfilem  oder  ^ar  nur  von  einem  ab,  oder  aber  der  Lehrer 
corriffiert  das  geistige  Productdes  Hauslehrers.  Diese  Missbräuche 
gesteht  auch  Scheindler  (Mittelschule  lU,  89  ff. :  Sind  die  Haus* 
arbeiten  der  Schüler  zu  censieren?)  zu;  aber  er  meint,  sie 
lieHeji  sich  unschwer  bekämpfen.  Die  Mittel.  w»»lehe  er  hiefür 
emptiehlt.  sind:  1.  Die  Überfühnitig  diireh  sorgfältige  Correctnr; 
2.  die  1  bpr/.eugung  bei  der  Küekgube;  ',>.  die  Nothwendigkeit  der 
Verwendung  gelegentlich  gemachter  Bemerkungen  des  Lehrers, 
so  dass  nur  durch  die  Kenntnis  der  Intentionen  desselben  die 
Hausarbeit  „in  der  Regel"  glttckeu  kann.  Lindner  meint  (ebenda 
S.  307 ff.)  dagegen  mit  Reeht,  dass  man  nicht  bei  allen  eine  der- 
artige Probe  machen  kann,  und  dass  die  Betreffenden  auch  durch 
das  Einlernen  der  abgeschriebenen  Übersetzung  sich  schützen 
würden.  In  der  Zeitsehr.  f  d.  öst.  Gymn.  hat  Scheindler  f  1884, 
S.  380  ff.)  die  Nothwendigkeit  der  Hausarbeiten  in  eificni  Auf- 
satze betont,  mit  dem  sich  die  Kedaction  freilieh  (vgl.  die  Note 
dazu)  nicht  identiiiciert  hat.  Er  begründete  diese  Nothwendig- 
keit zunächst  durch  die  mangelhafte  Eiuriclitung  der  übungs- 


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Dr.  S.  Spitzer. 


büeher,  dereu  Sätze  immer  nur  eine  eiuziffe  ßegel  illustrieren. 
Aber  selbst  wenn  diese  auch  Ideale  der  Vollendung  dar- 
stellten« wären  doch  die  Hausarbeiten  unentbehrlich,  weil  sie 
allein  eine  Anpassung  der  Aufgaben  an  die  individuellen  Be- 
dürfnisse der  ulasse  herbeiführen  kcumteu.  Diese  Auffassang 
entspricht  derjenigen,  wie  sie  in  den  Instructionen  (p.  10) 
zum  Ausdriu'ke  f^elangt.  Da  wird  betont,  dass  die  Pensa  im 
Gegeiisatzt'  zu  den  Compositioneu  auf  ältere  und  umfang- 
reichere Partien  Bedacht  nehmen  und  besonders  die  Theile 
berücksichtigen  sollen,  deren  Wiederholung  sich  als  ein  Be- 
dürfnis der  Glasse  herausgestellt  hat.  Die  Missbranche  soUeu 
nur  dazu  auffordern,  ihnen  zu  steuern,  sprechen  aber  nicht 
für  eine  Abschaffung  der  Pensa.  Ähnlich  ist  der  Standpunkt 
der  „Weisungen''  (p.  45),  die  mehr  auf  den  Gegensatz  von 
Präparationen  und  Hausarbeiten  aufmerksam  machen  und  als 
charakteristisches  Kennzeichen  der  letzteren  neben  der  VVieder- 
liolung  älterer  Partien  Beschränkung  auf  Hauptpunkte  her- 
vorheben Trotzdem  hat  der  1.  Mittelsehultag  sich  für  einen 
lediglich  facultativeu  Charakter  der  lateinischen  und  griechi 
sehen  Pensa  erklärt;  die  Ojmnasialseetion  des  IT.  Mittäsehnl* 
tages,  der  1892  —  also  wreits  naeh  dem  letzten  Brlasse  — 
abgehalten  worden  ist,  hat  sieb  für  ihre  gänzliche  Auflassung 
ausgesprochen.  Die  Gründe  dieser  Stellungnahme  sind  theil? 
in  der  Unmöglichkeit  einer  wirksamen  Controle,  theils  in  der 
Zwecklosigk^•ir  dn-  Hausarbeiten  gelegen,  wie  z.  B.  bei  der 
letzteren  (ielegenheit  Lampel  erklärt  hat,  es  sei  ihm  nicht  ge- 
lungen, zu  erfahren,  was  durch  die  Hausarbeiten  erreicht 
worden  ist. 

Der  Wert  der  häuslicheu  Arbeiten  und  ihre  Bedeuiunsc 
auch  für  den  lateinischen  und  griechischen  Unterricht  ist  bei 
uns  nie  verkannt  worden.  Mag  man  auch  immer  mehr  das 
Hauptgewicht  auf  die  Arbeit  in  der  Schule  selbst  legen,  würde 

man  doch  diese  Ergänzung  schwerlich  missen  wollen.  Der 
radieale  Standpinikt.  den  Schiller  in  der  Berliner  Schulconferenz 
vom  Jahre  vertreten  hat  (Verhandlungen  über  Frafjen 

des  hüiieren  Unterrichtes,  Berlin  iJ^yi.  S.  425  und  .^48>,  dürfte 
in  österreichischen  Mittelschulkreisen  wenige  Anhänger  zählen. 
£r  beantragt  —  und  hat  dies  auch  au  seiner  berühmten  Anstalt 
dttrchgeftthrt  —  nicht  nur  die  Auflassung  der  Hausarbeiten 
aus  den  Fremdsprachen  im  engeren  Sinne,  sondern  der  häns* 
lieben  schriftlichen  Übungen  Überhaupt  und  will  sie  durch 
Schularbeiten  und  Anschreiben  an  die  Tafel  ersetzt  wissen. 
Soweit  ist  meines  Wissens  keiner  unserer  Schulmänner  gegan- 
gen, wobei  natürlich  der  Volksschulunterricht  auÜer  Betracht 
bleibt.  (Hier  hat  allerdings  Otto  I.eißner  im  Dittes'schen  Päd- 
agogium VIT,  HH»  fl*.  einen  äliiiliehen  Standpunkt  vertreten.) 
Aber  mau  kann  die  Befestigung  des  Wissens  und  Könnens 
durch  die  häuslichen  Übungen  sowie  ihren  Einfloss  auf  die 
Entwicklung  der  Selbstthätigkeit  anerkennen  und  dabei  doch 


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Die  lateiniücfaen  nncl  griechischen  Hausivrbeiteu  im  UotergyniDasiutu.  15  < 

« 

die  Notbwendi^keit  der  eigenUielieii  ^Hausarbeiten",  wenigstens 
für  das  Lateiniaehe  und  OrieeliiBebe,  in  Abrede  stellen.  Sie 
sind  in  ihrer  gegenwartigen  Gestalt  ein  eigenartiges  Zwitter- 
ding.  Dies  beweist  schon  die  Unklarheit  über  ihre  Oensier- 
barKeit,  die  sich  auch  in  dem  widerspruchsvollen  Charakter 
der  iniitlielien  Verrügunpron  ansspriclit.  So  führt  der  Ministerial- 
erlass  vom  2.  Mai  ibSl  unter  den  ..Änderungen  ....  des 
Lehrplaues  bezüglich  der  schriftlichen  Aufgaben,  welche  der 
Correctur  und  Censur  unterliegen"  auch  die  in  der  Zahl  der 
Pensa  an.  Dagegen  beißt  es  iu  den  Weisungen  S.  45:  ^Es 
versteht  sieb  tob  selbst,  dass  ein  sicberes  und  auf  die  Scbluss- 
cla8si6catio&  Einfluss  nebmendes  Urtbeil  ....  nur  auf  jene 
schriftlichen  Arbeiten  gegründet  werden  kann,  welche  sie 
selbständig,  d.  h.  ohne  fremde  Hilfe  oder  be^^onderes  Hilfsmittel 
angefertigt  haben."  Der  Arbeitsfleiß  und  die  newisseuhaftig- 
keit  in  der  lientttzung  der  Hilfsmittel  soll  iineb  den  Instructionen 
fp.  10)  vor  allem  aus  den  Hausarbeiten  ertiichtlich  werden. 
Nun  beides  können  ja  die  Priiparatioueu  mindestens  ebenso 
gut  an  lien  Tag  legen.    Zur  Hervorhebung  des  au  zweiter 

Stelle  genannten  Umstendes  hat  übrigens  wohl  die  Analogie 
der  wissensehafÜicben  Hausarbeiten  der  Lebramtocandidaten 
ein  weni^  beigetragen;  für  die  lateinischen  und  griechischen 
Hausarbeiten,  die  ja  jetzt  nur  im  Untergymnasiam  yerfertigt 
werden,  ist  er  ziemlich  bedeutungslos. 

Die  Daseinsberechticfiiurr  der  Hau^sarbeiten  —  wir  denken 
natürlich  immer  nur  an  die  allolassiselieii  Sjiracben  —  bernlit 
also  ausschließlieh  auf  der  Annahme,  dass  sie  allein  imstande 
sind,  zwei,  allerdings  sehr  wichtige,  Zwecke  zu  ertidleix: 
die  Wiederholung  älterer  Partien  und  die  Befriedigung  der 
speciellen  Glassenbedürfnisse.  Die  Weisunffen  leugnen  (S.  44 j 
die  Möglichkeit,  den  ersteren  Zweck  dunui  die  Präparationen 
zu  erreichen.  Nun  ist  es  ja  doch  nicht  geradezu  ausgeschlossen, 
dass  man  selbst  von  der  Secunda  (in  der  Prima  gibt  es  in 
unseren  Gegenständen  keine  Hausarbeiten^  aber  jedenfalls  von 
der  Tertia  an  von  Zeit  zu  Zeit  /.nsanimenhängende  Stücke  über- 
.setzen  lässt,  die  eine  ältere  Partie  behandeln;  die  rbunes- 
bücher  enthalten  da  eine  große  Au^wiiiil.  Aber  vor  allem  wird 
doch  der  Lehrer  die  Gelegenheit  nie  versäumen,  in  den  Schul 
arbeiten  immer  und  immer  wieder  die  wichtigsten  Formen  und 
Constructionen  einzuprägen.  Dieses  Bestreben  muss  durchaus 
nicht  zu  ungeheuerlichen  Dictaten  mit  gesuchten  und  geschraub- 
ten Wendungen  führen.  Im  Gegentheile.  man  wird  schon  durch 
die  Natur  der  Sache  dahin  gebracht.  Der  Lehrer  braiu  ht  doch 
weder  sich  noch  die  Sobüler  übermiU^i«;  '/u  quälen .  um.  wenn 
er  etwa  speciell  den  (Jebraurh  des  Gerundiums  einzuüben  hat, 
in  den  betreüeuden  Sätzen  auch  die  eonsfrutio  trhiporum  zur 
Anwendung  kommen  zu  lassen.  Lud  ähnlieh  verhält  es  sich 
mit  dem  zweiten  Zwecke.  Überall  werden  die  Schulaufgaben 
so  gestellt,  dass  sie  auf  die  Eigenart  der  Classe  zugeschnitten  sind. 


158  Dr.  S.  Spitzer. 

Es  versäumt  wohl  da  schwerlicli  jemftnd,  in  den  Crompositionen 
immer  wieder  das  eiuzuübeii,  was  die  raündlicheu  Prüfangen 

uud  die  früheren  Arbeiten  als  der  Einiibiiug  bedürftig  erwiesen 
hal)en.  Die  Scliüler  babeu  Lieblingstehler,  welche  die  Tendenz 
fortwährender  \\  iederholung  in  sich  tragen  und  nur  durch  un- 
ermüdliche Correctur  niülisam  ausgerottet  werden  kfinnen.  Beide 
Zwecke  also  laüsen  sich  durch  Präparationen  uder  Schularbeiten 
erreiehen,  und  es  bedarf  dasa  nicht  einer  eigenen  dritten  Kate- 
gorie. Von  den  Missbränchen  2a  sprechen,  ist  da  nicht  mehr 
ndthig;  sie  sind  an  den  oben  angeführten  Stellen  richtig  her- 
\  i  genoben  worden.  Die  Schüler  werden  demoralisiert,  für  den 
Lehrer  ist  die  Correctur  eine  nutzlose  Qual  und  Zeitverschwen- 
dung. Übrigens  hat  der  Ministerialerlass  vom  30.  September 
18tn  diesen  Gedanken  in  sehr  zutreft'ender  Weise  ausgeführt, 
um  die  AbschaÜuug  der  Hausarbeiten  fius  Latein  uud  Grieehi^ich 
für  das  Obergymnasium  zu  begründen.  Ls  tragt  i>ich  nun, 
warum  sie  für  das  Uutergymuasium  aufrecht  geblieben  sind. 
Eine  herafene  Interpretation  liefert  uns  wohl  eine  Stelle  in 
dem  Aufsätze  Huemers,  der  die  Bedeutung  des  Erlasses  aus- 
einandersetzt (Zeitschr.  f.  d.  dst  Gymn.  S.  1029  ff.): 
,^Demnach  wurde  auch  an  dem  propädeutischen  grammatikali- 
schen Unterrichte  im  Unter^ymnasinra  und  dem  damit  ver- 
bundenen Auffr;'^'^  nwesen  nielit  im  mindesten  gerüttelt.''  Nun 
werden  wir  aber  die  Hausarbeiten  aus  den  bereits  entwii-kelten 
üiundeu  weder  für  ein  passendes  noch  für  ein  unentbehrliches 
Mittel  dieser  —  sicherlich  höchst  nothwendigen  —  grammuLi- 
sehen  Übung  ansehen  können. 

Die  lateinischen  und  griechischen  Hausarbeiten  sind  im 
Gegentheile  für  das  TJntergymnasium  noch  weniger  geeignet 
als  für  das  Obergjmnasium.  Hier  kann  man  wenigstens  Alil- 
derungsj":!  ündo  anführen.  Es  könnte  geltend  gemacht  werden, 
da.ss  für  umfangreicher»'  und  stilistisch  schwierigere  Arbeiten 
das  ZeitausraaÜ  der  Couipusitiouen  nnznreiciiend  wäre.  Für  die 
unteren  Classen  fällt  aber  ein  derartiges  J'iMl'  iikeu  hinweg.  So 
hauen  bich  denn  auch  m  der  Discussiun  des  L  Mittelschul- 
taffes  einige  f&r  Auflassung  am  üntergymnasium,  aber  Bei- 
behaltung am  Obergymnasium  ausgesprochen.  In  den  „Gesichts- 
punkten'^ der  neuen  preußischen  Lehrplane  heißt  es  S.  65: 
„Demgemäß  sind  die  Hausarbeiten  als  eine  wesentliche  Ergän- 
zung des  Schulunterrichtes  besonders  für  die  mittleren  und 
oberen  Classen  zu  erachten.''  Für  die  untersten  zwei  Classen 
wird  die  Hesehränknng  auf  l\einselii-ifteti  fMii|d"idih'n  Die  Lehr- 
pläue  sellist  weichen  allerdings  :iut"  die.^rni  liebiete  von  den 
unsrigea  nicht  erheblich  ab.  In  Bayern  dagegen  sind  die  Haus- 
arbeiten aufgehoben. 

Auch  bei  uns  wäre  die  folgerechte  Fortführung  dessen, 
was  man  im  Jahre  1891  begonnen  hat,  wohl  an  der  SSeit.  Xach 
einem  äußeren  Ersätze  braucht  man  sich  da  nicht  umzusehen; 
der  Lehrstoff  würde  nur  leichter  bewältigt  und  —  was  wich- 


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Die  lateinischen  und  griechischen  Hausarbeiten  im  Untergymnai^iutu.  159 

tiger  ist  —  die  Lekranfgabe  besser  erledigt  werden.  Mit  Ver- 
gnügen würden  gewiss  die  Lehrer  des  Lateinischen  und  Grie- 
chischen, wenn  man  ihnen  diese  lästige  und  fruchtlose  Arbeit 

abnähme,  auf  ^federen  (bereits  angedeuteten)  Wegen  noch 
rüstiger  den  Zielen  zustreben,  die  bei  der  Einführung  der  Haus* 
arbeiten  vorgeschwebt  haben. 


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160 


Dr.  Franz  Spengler. 


Adalbert  Stifter,  als  Erzieher. 

Vortrag  von  Prof.  Dr.  Franz  Spengler,  Wien,  gehalten  am  22.  Janaar  ISdti. 

In  weni^eu  Tagen  werden  dreißig  Jahre  verflossen  seuit 
seitdem  A.  Stifter  dahingegan^n  ist.  Dieses  Datum  ist  von  ganz 
besonderer  Bedeutuog,  da  seine  Werke  von  diesem  Zeitpunkte 
ab  für  den  buchhändlerischen  Verkehr  frei  werden.  Neue  und 
billige  Ausgaben  werden  an  verschiedenen  Orten  vorhet-  itet, 
und  es  ist  zu  erwarten,  ös^s  die  Bekanntschaft  mit  den  Werken 
des  Dichters  wieder  weitere  Kreise  gewinnen  werde.  Auch  die 
Schule  wird  sich  voraussichtlich  mit  Stifter  eingehender  zu  be- 
schäftigen haben,  als  dies  bis  jetzt  geschehen  ist.  Diese  Um- 
stände haben  mich  veranlasst,  auch  in  unserem  Vereine  einige 
Worte  über  den  Dichter  zu  sprechen,  dem  ich  von  Jugend  an 
manche  weihevolle  Stande  verdanke.  Möge  die  Vorliebe  ^  den 
heimischen  Dichter  es  entschuldigen,  wenn  ich  in  meinen  Aus- 
führniigpii  hie  und  da  nhpv  den  Kähmen  dessen  hinausgehe, 
was  durch  den  Titel  meintä  Vortrages  angekündigt  ist! 

.  Wilkt  den  Dichter  dn  verstehen, 
Miuat  in  Dichten  Lande  gehen. 

Dieses  oftcitierte  Wort  hat  für  Adalbert  Stifter  ^anz  be- 
•  sondere  Bedeutung.  Das  ürtheil  ttber  den  Dichter  schwankt 
hin  und  her.  £s  gibt  wenige,  die  nicht  den  „Hnehwald"  oder 
den  ^Abdias"  gelesen  haben,  aber  es  gibt  viele,  die  darüber 
nicht  hinan8n:ekommen  sind,  und  denen  die  eigenartigsten  seiner 
Diclituugen  verschlossen  blieben.  Solilagworte  helfen  dazu,  den 
Dicliter  abzunrtlieilen,  und  auch  Le>siiiirs  ^Luokotfri"  wird  herhei- 
geaogen,  das  Verdienst  des  malenden  Dichters  zu  schmälern.  Aber 
seine  Landsleute  im  böhmischen  Walde  oder  andere,  die  Wander- 
lust desselben  Weges  trieb,  sie  schenken  ihm  ihre  volle  Liebe. 

Es  ist  kein  ffroßer  Bezirk,  in  dem  Stifter  heimisch  ist. 
Wenn  man  eine  der  Hohen  des  Waldes  erklimmt,  kann  man 
sein  Reich  fast  überschauen.  Wer  die  braunen  (Quellen  und 
Bäche,  die  im  Böhnicrwalde  bertrab  rauschen,  zu  ihrem  Ur- 
sprünge vert^Sc^t,  w^r  l)rtMvt'ssel  oder  Soliöiiiii^er  di»'  Blicke 
schweifen  läüst  uIm  r  Herg  und  iiuil,  W  nld  uiul  Wiese  wen  lii/iein 
ins  büluulsche  Land  und  gegen  Mittag  bis  an  die  fernen  Alpeu- 
berge,  überschaut  überall  des  Dichters  grundeigenen  Boden. 
Und  wie  seine  Lebenspfade  ihn  weiter  hinausfuirten  in  das 
ebene  Land,  wo  die  Donau  dahinwallt,  von  Passau  bis  Linz  und 
von  Linz  bis  W'ien,  so  erweitert  sich  sein  Reich,  aber  es  ist 
dasselbe  gelobte  Land,  das  er  als  Knabe  \  on  den  Gipfeln  seiner 
W  aldberge  mit  ahnender  Seele  geschaut  hat.  Auch  die  Wunder- 


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Adalbert  Stifter,  als  £rzieher. 


weit  der  Alpen  hat  sich  ihm  oft  erschlossen,  doch  nur  in  ihren 
Vorberffeu,  tief  ist  er  nirgends  eingedrungen,  von  einer  Studenten- 
fahrt abgesehen,  die  ihn  nach  Heiligenblnt  und  an  den  Faß 

des  Großglockners  brachte.  Von  Linz  führte  ihn  sein  Weg  immer 
wieder  nach  Gmunden  au  die  Gestade  des  Traunsees  und  das 
Thal  der  grüuon  Traun  entlang  nach  Ischl  und  an  den  Hall- 
stUtter  Spp.  Das  Et  bernthal  und  der  Waldbachstrub,  der  aus  den 
Eisfeldern  des  Dachsteins  herabrauseht.  und  weiter  hinauf  die 
Halden  der  Oehsenwies.  das  öde  ^\  ildkar  und  die  Schneeflächen 
des  Karlseisfeldes  mögen  die  Wunder  weit  abschließen,  in  die 
uns  der  Dichter  immer  und  immer  wieder  zu  geleite u  pflegt. 
Gelegentlieh  weüt  er  bei  einem  Gastfreunde  an  der  ungarischen 
Grenze.  Im  Westen  kam  er  bis  München  und  Nürnberg.  Das 
Meer  hat  Stifter  nur  einmal  erblickt,  als  er  Triest  besuchte, 
zu  der  oft  geplanten  und  ersehnten  Reise  nach  Italien  ist  es 
nie  wkommen.  W^enn  der  Dichter  die  Wüsten  Afrikas  schildert 
und  an  den  Ufern  des  Gardasees  ebenso  heimisch  /.u  sein  scheiut 
wie  an  den  Gestaden  des  Gmundner  Sees,  so  hat  ihn  doch  nur 
die  dichterische  Intuition  geleitet.  Wer  den  „Witiko"  gelesen  hat, 
weiß,  dass  dessen  Fahrten  und  Züge  im  wesentlichen  Stifters 
eigenen  Reisewegen  entsprechen.  Aber  seine  Heimat  ist  der 
böhmisch-bayrische  Wald  geblieben,  dessen  schwermüthig  schönes 
Bild  er  im  Herzen  trug  seit  der  Zeit,  als  es  ihm  ,,gegönnt 
war,  dort  zu  wandeln  und  einen  Theil  jenes  Doppeltraumes  dort 
zu  träumen,  den  Her  Himmel  jedem  M»'!iv;elien  einmal  und  ge- 
wöhnlich vereint  gibt,  den  Traum  der  Jugend  und  den  der  ersten 
Liebe."    An  den  Fuß  des  Dreisessels  hat  es  ihn  immer  wieder 

fezugen,  dort  hat  er  wieder  geweilt  als  Greis,  als  holzschuh- 
ewaffneter  Siedler  in  den  Lakerhäusern  gehaust  und  dort  auch 
die  Keime  der  Krankheit  geholt,  die  seinem  friedlichen  Leben 
ein  sanftes  Ende  bereitete. 

So  ist  Stifter  aufgewachsen  am  Waldessäume,  Unterricht 
nicht  nur  in  der  Schule  empfangend,  sondern  flberall  in  Wald 
und  Wiese,  in  Feld  und  Busch,  wo  seinem  wundernden  Auge 
sich  die  Herrlichkeit  der  Gotteswelt  wies.  Das  Unglück  dos 
Vaters  entschied  sein  Schicksal.  Kremsmüuister  ward  die  Anstalt, 
wo  er  regelmäßigen  Unterricht  erhielt.  Es  ist  nicht  meine  Sache, 
die  Wirkungsweise  geistlicher  Schulen  iu  Üäteneich  zu  schildern; 
für  Stifters  Eigenart  scheint  sie  in  vieler  Hinsicht  bestimmend 
gewesen  zu  sem.  Dem  Walde  entrdckt,  war  er  hier  den  Alpen 
näher.  Schon  hier  bat  Stifter  seine  pädagogischen  Schwingen 

geregt.  Der  fähige  Schüler  wurde  dazu  ausersehen,  jüngeren 
enossen  nls  Vorspann  zu  dienen,  und  erwarb  sich  so  das  Ge- 
schick, das  ihn  später  befähigte,  jahrelang  als  Hauslehrer  sein 
Dasein  zu  fristen. 

Wie  sein  ..Witiko"'  donauiiut'wärts  fährt,  um  den  Hof  der 
Babeuberger  zu  besuchen,  so  ist  er  selbst  in  Wien  angelangt,  um 
den  Universitatsstudien  zu  obliegen.  Er  hat  seine  Ankunft  und  die 
ersten  Tage  selbst  in  launiger  Weise  geschildert.  1826  hat  Stifter 

.»Ostcrr.  UUtelwliiil«".  XII*  Jabirg.  XI 


Iü2 


Dr.  Franz  Spengler. 


die  Universität  bezogeii,  iiu  Juüi  1850  wurde  ihm  die  luspection 
der  Volksschulen  in  Oberösterreich  anvertraut.  In  dieser  ganzen 
Zeit  hat  er  sein  Brot  durch  das  Ertheilen  von  PriratlectioDeii 
gefunden,  in  den  späteren  Jahren  kam  allerdings  noeh  der  Ertrag 

seiner  Schriften  hinzu.  Der  einzige  Vortheil,  den  dieser  blutige 
Dienst  dem  jungen  Manne  brachte,  war  der  Eintritt  in  Yornehme 

Häuser,  der  dem  Dichter  wertvolle  Bekanntschaften  vermittelte 
imd  seiner  Bildung  einen  gewissen  äufUM-en  SclilitV  gül).  Hier 
lernte  er  die  Behaglichkeit  des  Lebensgeuusses  kennen,  die  er 
im  ..Nachpommer"  in  breiter  Bequemlichkeit  ansei luuuleilegt. 
Das  Elend  des  llausslehrerthums  hat  Stifter  beredt  geschildert 
in  der  zweiten  Fassung  der  ,^ Mappe",  die  biographisches  Material 
in  Fülle  enthält.  Wenn  er  neben  den  Rechtsstudien  sein  Haupt- 
interesse den  Naturwissensehaften  zuwendet,  so  dürfte  dadurch 
auch  die  Hauptrichtung  seiner  pädagogischen  Thätigkeit  gekeun* 
zeichnet  sein.  Daneben  mochte  es  ja  vorkommen,  dass  er  junge 
Miidchen  in  die  Literatur  und  Ästhetik  einführte.  Er  selbst  Imt 
in  seinen  Werken  wiederholt  Erinnerungen  au  diese  Thätigkeit 
niedergelegt,  in  den  „Feldblumen"  und  namentlich  im  „Nach- 
soimuer".  wo  der  alte  Freiherr  von  lliesach  die  wis.sensehaftliche 
Ausbildung  seines  Sohnes  selbst  in  Händen  hat.  Über  Stifters 
Eigenart  äs  Hauslehrer  unterrichtet  Emerich  Ranzoni  in  einem 
Aufsatze,  den  er  seinem  Lehrer  gewidmet  hat.  (Adalbert  Stifter. 
Ein  Beitrag  zur  persönlichen  Charakteristik  des  Dichters.  Gon- 
cordiukalender  f,  d.  J  18(3'J,  p.  209  ff. )  Er  preist  die  anregende 
Art  des  Lehrers,  seine  Schüler  zu  fes.seln,  bei  dem  Gegenstande 
festzuhalten,  das  Zerstrente  ihre??  Wissens  zu  ordnen  und  schlielJ- 
lieh  in  abgerundeter  Darstellung  das  also  Gewonnene  zu  ver- 
einigen. Auch  die  Unterrichtsstunde,  die  in  dem  genannten  Auf- 
satze vorgeführt  wird,  hat  Naturwissenschaftliches  zum  Gegen- 
stände, die  Erklärung  meteorologischer  Erscheinungen,  ein 
Lieblingsthema,  das  auch  in  Stifters  Schriften  immer  wieder- 
kehrt. Man  erinnert  sich  an  den  „Abdias",  die  breiten  Erörte- 
rungen im  Nachsommer",  seine  Schilderungen  der  Wiener 
Wetterverhältnisse  und  nicht  zuletzt  au  die  Wiuterbriefe  aus 
tircli^^f'hlfig 

Vj<  Ut  gleichwohl  bezeichnend,  da.ss  Stifter  diese  auf- 
reibende Thätigkeit  jedem  festen,  geregelten  Berufe,  der  ihm 
frühzeitig  lläude  und  Füße  gebunden  hätte,  vorzog.  Wir  wissen, 
dass  es  ihm  leicht  geworden  wäre,  eine  gesicherte  Anstellung 
zu  finden.  Aber  Stifter  wich  aus,  solange  er  es  Termochte.  Die 
Ferien  brachten  den  Studenten  immer  wieder  in  die  Heimat, 
über  ein  Liebesverhältnis,  das  das  Empfindungsleben  des  Jüng- 
lings ins  Wallen  brachte,  haben  wir  erst  in  neuester  Zeit  durch 
Johann  Amman  Aufklärung  erhalten,  über  sein  Nerhnltnis  zu 
i'aiinl  (iiripf'l  Ein  seltsura^«'^  Verhiiltnis!  Ein  junges  Fried- 
berger  M;oi<  li  i.  di  ren  Cit  ^flNelnift  er  in  den  Ferien  schöne 
Stunden  verdanuL.  schenkt  ihm  ihr  ilerz.  Nach  AVien  zurück- 
gekehrt, kann  er  gleichwohl  zu  keinem  Entschlüsse  gelangen. 


Adalbert  iStifter,  als  Erzieber.  163 

Er  sebreibt  die  tonderbaretexi  Liebeebriefe.  Er  qaält  sie,  er 
will  TOD  ibr  das  Wort  baben,  dass  alles  wieder  aus  sei,  er  will 
es  aber  selbst  nicht  aussprechen  und  offenbart  so  ein  räthsel- 

haftes  und  fahriges  Wesen.  Und  dieses  grausame  Spiel  wieder- 
holt sich.  Er  hat  die  Wahl  zwischen  der  Kunst  und  der  Ehe. 
Die  Eltern  Fanui'^.  l»r:ivo  Lt^ute,  wollen  Ton  einem  Verkehre 
nichts  wissen,  elie  Mifter  nicht  begründete  Aussicliten  auf  eine 
gesicherte  Leln-nsstelhmg  nachweisen  kann.  Aber  J^tit'ter  zieht 
es  vor,  zur  Forti»etzung  der  Prüfung,  die  er  zumiheil  ab- 
gtlogt  und  trefinich  bestanden  hat,  nicht  zu  erscheinen.  Die 
F^olge  ist  ein  Auseinandergeben.  Fannis  Oefttbl  scheint  freilich 
nicht  tief  gegangen  zu  sein,  denn  sie  schenkt  ihre  Neigung 
bald  einein  anderen  Manne. 

Den  Dichter  wühlt  es  viel  tiefer  auf.  Und  doch  geht  der- 
selbe Mann,  dessen  Briefe  an  Freunde  noch  von  leidenscliaft- 
lichfMi  Ergieliungeu  der  Reue  und  erneuten  Hoilnung  über- 
quellen, bald  darauf  die  Ehe  mit  Amalie  Mohaupt  ein.  Was 
ihn  da/.u  bewog,  ist  ganz  unklar.  Eine  Vernunftehe  kann  man 
es  nicht  nennen,  wenn  mau  von  dem  Elende  des  jungen  Haus- 
standes liest.  Aber  Liebe  war  es  noch  weniger,  denn  seine 
Gedanken  weilen  auch  zu  dieser  Zeit  bei  Fanni.  Amalie  Mo- 
haupt erscheint  nach  den  neuesten  Veröffentlichungen  in  ihren 
Briefen  aus  der  ersten  Zeit  als  ein  gemüthloses  und  ungebil- 
detes Wesen  Was  sie  an  der  iSeite  des  Dichters  geworden  ist, 
zi'igeti  die  Briefe,  die  dfr  Greis  n}i  die  Gattin  geschrieben  hnt. 
d«?n'n  Innigkeit  der  Iiilniinst  eini's  jngendiichen  Verehrers)  alle 
Elire  geniueht  hätte.  Allerdings,  so  ersehien  sie  dem  Dichter,  und 
k>tifter  war  stets  eine  enthusiastische  Natur,  die  den  Maßstnb  der 
kühlen  Erwäguug  und  Beurtheilung  nur  zu  oft  aus  den  Händen 
verlor;  zumal  seit  er  aus  dem  Kunst-  und  Gesellschaftsleben 
Wiens  in  die  engen  Verhältnisse  «1er  Provinzstadt  versetzt  wurde. 

Stifters  Ernennung  zum  Schulrathe  hat  dem  Dichter  nicht 
zum  Heile  gereicht,  so  schön  der  Gedanke  gewesen  ist,  eiueu 
durch  (üp  Kunst  geadelten  Mniin  auf  einen  Aufsiehtspn-sfpn  v.n 
berufen  und  damit  sowohl  der  »Schule  als  dem  Manne  st  lli^t  zu 
dienen.  Uber  Stüters  Tliätigkeit  ist  wenig  zu  sagen.  Befriedi- 
gung hat  sie  ihm  keinen  Augenblick  gewährt,  und  seine  dich- 
terische Schaffenskraft  ist  durch  sie  völlig  lahm  gelegt  worden. 
Es  klingt  traurig,  wenn  wir  den  Dichter  über  seine  Zeiteinthei- 
lung  berichten  liören  und  erfahren,  dass  er  sich  täglich  des 
Morgens  eine  halbe  Stunde  Tor  dem  Beginne  der  Amtsstunden 
im  Bureau  alwperrt,  um  zu  —  dichten.  Lästige  Amtsreisen 
zersplitteni  seine  Znit.  und  so  klingt  denn  der  Ruf  nach  Kuhe 
immer  fMndriiifrlicher  aus  seinen  Briefen.  M:in  kann  iii-^lich 
b*  liiiupteu .  vom  Tage  seines  AnU!<:ini  rittes  hatte  Stifter  keine 
andere  »Sehnsucht  als  die,  wieder  in  den  Ruhestand  zu  treten. 
Als  dieser  Wunsch  in  hochherziger  Weise  erfüllt  wurde,  war 
es  zu  spät.  Stifters  physische  Kraft  war  gebrochen,  er  gieng 
bald  darauf  zur  ewigen  Ruhe  ein. 


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164 


Dr.  Franx  Spengler. 


Die  Aiifsiitze  üijer  Schule  und  Sehulbildunff  aus  dem  Jahre 
1849.  die  in  .stiiieu  „Vermischten  Schriften"  (II.  p.  2'2i)  ff.)  zu 
findeu  sind,  zeigen,  dass  Stifter  bich  schon  irüher  mit  seiner 
Aufgabe  vertraut  zu  maehen  gesuclit  hatte.  Es  sind  pu^mlire 
Attseinandersetzungeu  Ober  die  Aufgaben  der  Scbnle  und  die 
Pflichten  des  Staates.  So  arm,  so  dUi^tig,  so  unausgestaltet  ist 
der  Mensch,  und  dennoch  ist  er  das  erste  und  herrlichste  der 
sichtbaren  Geschöpfe  Gottes.  Nur  er  hat  eine  Geschichte,  sein 
Ziel  ist  fortschreitende  Vervollkommnung.  In  naiver  Weise 
schildert  er  die  Culturfort^^chritte  der  Menscliheit,  deren  Auf- 
gabe es  sei,  zu  lernen.  Zunächst  ist  daa  Leben  selbst  die  vor- 
züglichste Schule.  Kein  einziges  Lernen  ist  schwieriger  als  das, 
die  Freuden,  die  Gott  in  die  Welt  gelegt  hat,  reobt  zu  genießen. 
Weil  der  Mensch  nicht  alles  in  der  Schule  des  Lebens  lernen 
kann  oder  zur  Erlernung  große  Umwege  brauchen  würde,  so 
sind  für  ihn  die  eigentlichen  Schulen  nothwendig.  Die  einfachste 
und  wahrscheinlich  auch  älteste  Schule  dieser  Art  ist  die  Fa- 
milie. Er  schildert  mm  die  Pflichten  der  Eltern  und  den  Segen 
der  häuslichen  ErzieluiiiLj.  Deshalb  ist  der  Stand  der  Ehe  ein 
heiliger  Stand.  Deshalb  sorj^e  der  Staat  dafür,  dass  wir  rechte 
Väter  und  Mütter  erhalten.  Der  Bilduugsuünister  im  Staate 
muss  nicht  sowohl  ein  Fachmann  sein,  sondern  er  soll  der 
Beste,  Weiseste  und  Menschenliebendste  im  ganzen  Umfange 
des  Reiches  sein.  Leider  ist  die  Familienschäe  zumeist  nicht 
in  den  richtigen  Händen.  Dafür  hat  die  eigentliche  Schule  umso 

frößere  Aufgaben.  Jeder  vorzügliche  Staat,  vom  Alterthume 
is  zu  unseren  Zeiten,  und  jeder  vorzügliche  Mensch,  der  in 
einem  Staute  lebte  uiul  ihn  leitete,  hat  eintxe.-^eheii,  dass  Linter- 
rieht  und  Erziehung  die  einzige  nieiiseh liehe  Ixrundlage  des 
Staates  und  die  einzige  Stufe  zum  Glücke  und  zur  Vollkommen- 
heit des  menschhchen  Geschlechtes  ist.  Am  liebsten  verweilt 
er  bei  der  LandschulCi  d.  i.  der  Volksschule,  die  ihm  die  wich- 
tigste Schule  ist,  weil  sie  den  größten  Wirkungskreis  hat.  Er- 
ziehung zur  Tugend  und  Kechtschaffenheit  durch  Männer,  die 
solche  Eigenschaften  selbst  besitzen,  ist  ihr  Ziel.  Daneben  soll 
sie  den  allgemeinsten  Bedürfnissen  dienen,  denn  mit  dem 
Schreiben,  Lesen  und  Rechnen  allein  sei  es  nicht  g^ethan.  wenn 
es  sich  nicht  auf  einen  gewissen  Erfahrungskreis  gründe.  Sogar 
geWLsse  Kenntnisse  ül)cr  die  Einrichtung  des  Staates  soll  die 
Volksschule  vcjmittelu.  Denn  unserer  Zeit,  wo  selbst  die 
untersten  Stände  in  die  Lage  kommen  können,  auf  den  Staat 
einzuwirken,  zum  Beispiel  durch  Wahlen  und  dergleichen,  und 
wo,  wie  klein  auch  die  Einwirkung  des  Einzelnen  sei,  diese 
doch  durch  die  Menge  unabsehlicli  wichtig  wird,  ist  es  eine 
unausweichliche  Nothwendigkeit ,  dass  jeder  Kenntnis  von 
Staatsdingen  habe,  die  ihn  zum  wirkenden  oder  auch  nur  zum 
einsichtsvollen  Bürger  dieses  Staat e.-i  mache.'*  Er  verspricht, 
diesen  Gedanken  bei  anderer  Gelegenheit  näher  zu  erörtern, 
wie  er  überhaupt  den  Kopf  voller  Pläne  hat,  die  alle  auf  seine 


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Adalbert  Stifter,  ah  Erzieher. 


165 


künftige  Stellung  Be/iig  hnben.  Aber  (1<m-  frisclie  Eifer  erlahmte 
bald,  und  der  Dieliter  sah  seine  llort'nuiig.  wie  er  als  Schrift- 
steller seine  höchste  Aufgabe  darin  erblickte,  auf  das  Volk  ver- 
edelnd und  erziehend  zu  wirken,  so  auch  als  Schulrath  eine 
auf  die  Bedürfnisse  des  Volkes  segensreich  einwirkende  Thätig- 
keit  entfalten  zu  können,  enttäuscht 

Viel  Interesse  zeigte  er  für  die  GrrQndung  der  Realschule 
in  Linz.  Er  yereinigte  sich  mit  Joh.  Apren t,  einem  seiner 
Linzer  Freunde  und  Berufsgenossen ,  zur  Herausgabe  eines 
deutschen  Lesebuches.  Ich  habe  es  nicht  zu  Gesicht  bekommen. 
Soviel  aus  Stifters  Brief^'u  hervorgeht,  suchten  die  Herausgeber 
den  Lesestoff  so  wenig  als  möglich  zu  zerstückeln»  und  boten 
in  umfangreichen  und  nir»glicbst  vollständigen  Stücken  clas«ji- 
sche  Muster  antiker  und  moderner  Kunst,  Das  Buch  durch- 
zusetzen, ist  dem  Dichter  nicht  gelungen;  wie  es  scheint,  stieß 
er  dabei  mehr  auf  den  Widerstand  der  Lehrerschaft,  die  aus- 

Setretene  Bahnen  nicht  zu  verlassen  gewillt  war,  als  auf  den 
er  vorgesetzten  Behörden. 

Auch  der  „Zeitschrift  für  die  österreichischen  Gymnasien" 
hat  er  in  ihren  ersten  Jahr^rängeu  ^»'inen  Namen  geliehen, 
ohne  ntih,  wie  ich  glaube,  merklich  um  ihre  Interessen  zu 
kümmern. 

Wichtiger  als  Stifters  persönliche  Thätigkeit  erscheint  der 
hohe  erziehende  Wert  seiner  Schriften.  Religion  und  Kunst 
sind  ihm  enge  yerbündet.  Sie  verfolgen  dieseloen  Ziele.  „Der 
Mensch  sei  nicht  zuerst  der  menschlichen  Gesellschaft  wegen 
da,  sondern  seiner  selbst  willen.  Und  wenn  jeder  seiner  selbst 
willen  auf  die  beste  Art  da  sei,  so  sei  er  es  auch  für  die 
menschliche  Gesellschaft.'"  Die.se  Wort«  lesen  wir  im  ,.Nach- 
sommer".  Und  an  anderer  Stelle:  ..Gott  hat  uns  auch  nicht 
bei  unseren  Handlungen  den  Nutzen  als  Zweck  vorgezeichuet, 
weder  den  Nutzeu  für  uns  noch  für  andere,  sondern  er  hat 
der  Ausübung  der  Tugend  einen  eigenen  Heiz  und  eine  eigene 
Schönheit  gegeben,  welchen  Dingen  die  edlen  Oemfilther  nach- 
strehen.  Wer  Gutes  thut,  weil  das  Gegentheil  der  mensch- 
lichen Gesellschaft  schädlich  ist,  der  steht  auf  der  Leiter  der 
sittlichen  We.^  ii  schon  ziemlich  tief.  Dieser  müsste  zur  Sünde 
greifen,  sobald  «ie  dem  menschlichen  Geschlechte  oder  ib in  Nutzen 
bringt.''  Diese  Grundsätze  bestimmen  auch  den  A\  irkuugs- 
kreis  den  Dichters.  Darum  hat  er  nicht  das  Laster  .^:it irisch 
ausgemalt,  sondern  die  Tugend  in  ihrem  „reizenden"  (n  wande. 
Seine  Dichtung  trägt  einen  idyllischen  Charakter,  es  sind  gute 
Menschen  in  einer  guten  Welt,  die  er  uns  vorführt^  und  wenn 
sie  jemals  den  StUrmen  der  Welt  und  der  Leidenschaft  aus- 
esetzt  waren,  so  schildert  er  uns  nur  die  Ruhe,  die  auf  den 
türm  gefolgt  ist.  Auch  die  Liebe  ist  ihm  zumeist  keine  Leiden- 
schaft, sondern  ein  stilles  Werben,  das  der  Entfaltung  ent- 
gegenharrt. Das  Verhältnis  der  Ehegatten .  überlianpt  das 
Fumilieniebeu  hat  er  mit  Vorliebe  zur  Darstellung  gebracht. 


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16G 


Dr.  Franz  äpengler. 


Der  Ur^roßfater«  der  Großvater,  die  Großmutter,  in  ihrem 
Verbältnuae  zu  den  Enkelkindern  patriarebalisehe  Gestalten, 
schreiten  ehrwQrdiff  durch  seine  Geschichten. 

Auch  das  Proolem,  deun  von  eiuem  solchen  kanu  nach 
der  Art,  wie  es  Stifter  behaudelt  hat«  die  Kede  sein,  auch  das 
Problom  der  kinderlosen  Ehe  liat  er  zum  Gegenstande  der 
Dielituiig  gemacht  im  Waldgiiiiger".  Der  Held  ist  der  Kuge 
und  Dürftigkeit  eines  prutestautiselien  Pfarrhauses  eutsprosseu. 
Seine  Ehe  mit  Ctuoua  bleibt  kiuderlüs.  Die  protestautisclie 
Kirche  ermögliclit  die  Scheidung.  Die  Frau  macht  selbst  den 
Vorschlag:  „Was  wir  auch  durch  unsere  Verbindung  erreichten, 
was  wir  uns  auch  gegenseitig  gegeben  haben,  ein  Zweck,  ein 
hauptsächlich  ]  ist  nicht  erreicht  worden. Die  Gatten  gehen 
auseinander.  Er  heiratet  wieder,  zwei  Knaben  werden  ihm  vom 
Schicksale  gegönnt.  Sie  geht  einsam  durch  die  Welt.  Als  er 
sie  zufällig  begegnet,  antwortet  sie  auf  die  Frage  des  Mannes, 
ob  sie  wieder  vermählt  sei:  .. leli  liahe  es  nieiit  vermocht.'^  In 
diesen  Wortuu  gipfelt  <lie  ganze  Erzülilung.  Auch  er  findet 
das  Glück  nicht,  das  er  ersehnt  hat.  Die  Kinder  werden  grob 
und  gehen  in  die  Welt.  Im  hohen  Alter,  da  sdn  Weib  ge- 
storben ist,  hätte  er  gerne  Corona  aufgesucht,  allein  er  schämte 
sich.  So  wird  er  der  einsame  Waldgänger,  der  sein  Herz  an 
den  Hegerbuben  hängt,  ihn  auf  seinen  Wanderungen  mit  sich 
führt,  ihn  schreiben  und  lesen  lehrt  und  endlich  in  die  Welt 
hinausschickt.  Hierauf  ist  auch  der  Waldgänger  für  immer 
aus  der  Gegend  weggegangen. 

Auch  die  Ehe  des  i)iciiteis  mit  Amalie  Mohaupt  ist  kinder- 
los geblieben;  so  scheint  diese  Erziililuiig  zum  eigenen  Truste 
gescnrieben;  denn  dass  er  den  Mangel  schmerzlich  empfand, 
ist  bekannt,  auch  dass  er  ihn  durcli  die  Annahme  fremder 
Kinder  und  Hausgenossen  zu  ersetzen  suchte,  wobei  er  freilich 
Bitteres  erfahren  musste. 

Alle  Erzählungen,  die  in  den  Jahren  1843 — 53  getrennt 
erschienen  und  später  als  „l-?nnte  Steine"  gesammelt  wurden, 
sind  als  Kiiidererzähluugen  ge(hic]it.  iiirlit  als  Er/.;ililungen  für 
Kinder,  wühl  aber  uIü  Erzählungen,  die  von  Kindern  handeln. 
Allerdings  hat  der  Dichter,  dem  es  um  eine  Zusummenfassuug 
bereits  vorhandener  Erzählungen  unter  einem  Gesammttitel  zu 
thun  war,  diesen  Gedanken  nicht  ganz  durchgeführt.  Die  erste 
Erzählung  „Granit"  führt  in  des  Dichters  Heimat  und  Jugend. 
Das  Abenteuer  mit  dem  Pechbrenner  und  die  Fürsorge  des 
Großvaters  für  den  Enkel  ist  nur  der  Rahmen  für  die  Erzählung 
von  den  beiden  Kindern,  die  zur  Pestzeit  im  Walde  hausen 
Das  Gerrenstück  dazu  bildet  der  ^Bergkrystall*',  dessen  Eut- 
stehung<gesrhiehte  durch  Fr.  Simony  (vgl.  E.  Kuh,  ^Zwei  Dichter 
Österreichs",  p.  ff.)  in  liebenswürdiger  Weise  erzählt  worden 
ist,  eine  der  schönsten  Blüten  Stifter'scher  Kunst.  Öannah  und 
Konrad  yerfehlen  auf  dem  Heimwege  über  den  Hals  die 
Richtung  und  yerbringen  die  heilige  Kacht  in  den  Eisfeldern 


Adalbert  Stifter,  ak  Erzieher. 


1Ü7 


des  Gletschers.  Es  ist  schwer,  die  Enähluiiff  zo  locaUsieren. 
Stifter  hat  nicht  immer  wirkUehe  Landschaften  geschildert, 
auch  sind  die  Ortsnamen  zumeist  erfanden.  Mir  scheint  es 
unzweifelhaft,  dass  er  in  diesem  Falle  an  Heiligenhlut  nnd 

den  GroUglockuer  gedacht,  tlies  aber  mit  Erzählungen  Simonys 
und  eigenen  Anschauungen  vom  I ^.u  listeinf^letscher  zu  einem 
Phantasiebiliie  vereinigt  hat.  Auch  der  ^Kalkstein"  ist  ein  echter 
..Stifter".  Der  Erzähler  ist  bloß  der  Zuschauer,  der  mit  der 
Handluug  in  losem  Zusamiueuhauge  äteht,  eine  Technik,  die 
in  Tielen  Erzählungen  Stifters  wiederkehrt.  Hier  ist  es  der 
lugeniettr,  in  der  „Brigitta"  und  in  den  „Beiden  Schwestern'' 
der  Gastfreund.  Zuerst  wird  der  Zustand  des  Pfarrers  in 
ganzer  Breite  auseinandergelegt.  Diesem  entspricht  genau  die 
Schilderung  der  Gerrend.  Darauf  folgt  die  Erklärung  des  Zu- 
staudes  durch  die  Erzählung  des  Vorlebens:  eine  Jugendliebe, 
so  zart  wie  em  ilaueli,  in  rührnnde  Verbin<lunt;  ixel)nu-ht  mit 
der  Vorliebe  des  Pfarrers  für  kostbare  Lein»  invaselie.  Aus  dem 
ßlätterwerke  der  Li/:aüluug  bricht  dann  zum  Schlüsse  die 
Blume:  der  Pfarrer  spai-t  wie  ein  Geizhals,  lebt  wie  ein  Heiliger 
und  hinterlässt  ein  Testament  fUr  die  Sehulkinder.  Im  Mittel- 
punkte der  Erzählung  steht  die  ehrwürdige  Figur  des  Pfarrers, 
der  die  Sehulkinder  durch  den  augeschwollenen  Bach  führt. 

Am  wenigsten  scheinen  die  beiden  anderen  Erzählungen 
in  dtMi  liahmeu  der  Kindererzählungen  zn  passen.  „Turmalin," 
eine  chmkle  Gesi-hichte,  wie  sie  der  Dichter  sell)st  nennt,  zälilt 
mit  dem  „Alten  Siegel",  das  einer  anderen  Sammlung  angehört, 
trotz  mancher  Vorzüge  nach  meinem  Gefühle  zu  den  unerquick- 
lichsten Schöpfungen  des  Dichters.  In  beiden  Erzählungen 
handelt  es  sich  um  Ehebruch.  Leidensehaften  darzustel&n, 
die  zum  Verbrechen  fQhren,  die  das  Innerste  aufwühlen,  ist 
nicht  StlfttMrj  Sache.  Schon  die  Wahl  des  Motivs  befremdet 
jedeu,  der  die  Keuschheit  der  Stifter^schen  Muse  kennt.  Freilich 
(f(^ht  der  Dichter  mit  der  zartesten  Hand  über  das  Geheimnis 
hinwe«^,  in  der  zweiten  Erzählung  erfährt  der  überraschte 
Leser  erst  zum  Schlüsse,  was  sieh  ereignet  Imt.  lu  der 
Kiudererzählung  aber  war  es  ihm  \vied«'r  um  ein  pädagogisches 
Problem  zu  thun.  Er  deckt  die  Folgen  auf,  die  jeder  Anschlag 
auf  die  Heiligkeit  der  Ehe  mit  sieh  bringt.  Er  zeigt,  was  aus 
dem  Kinde  der  beiden  Eheleute  wird,  dessen  unschuldsvoUes 
Dasein  ihnen  zur  Zeit  des  ehelichen  Friedens  ein  hohes  Glück 
war,  „dessen  Wiege  sie  umstanden,  die  winzigen  rotheu  Lippen, 
die  rosigen  Wangen  und  geschlosseneu  Äuglein  betrachtend", 
nachdem  die  Mutter  den  Frieden  der  Ehe  tjebroehen  hat.  Sie 
verschwindet  spurlos  und  stölit  den  ^T^tten  ins  Elend,  dessen 
exeentriseh»'  Eigenschaften  sich  zum  \\  uhnAinue  ausbilden. 
Xacli  Jahren  lüftet  sich  der  Schleier.  Der  Vater,  der  in  einer 
Kellerwohnung  ein  Asyl  gefunden,  bricht  den  Hals,  das  rosige 
Kind  aber,  das  zum  Mädchen  herangewachsen  ist,  ist  physisch 
und  geistig  Töllig  verkümmert. 


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168 


Dr,  Franz  Öpengler. 


Auch  die  letzte  der  Erzählangen  ^Bergmüch''  gebort  nicht 
zu  Stifters  eigenartigen  Erzählungen,  yielleieht  hat  er  dafQr 
eine  literarische  Quelle  benützt.  Als  Eindererzählung  erweist 
sie  sieh  mir  durch  den  Umstand,  dass  der  alte  Junggeselle 
und  Schlossherr  die  Kinder  seines  Verwalters  wie  die  seinen 
betraclitct  und  für  sie  sorgt. 

Die  Erzählung  ^Katzensilbcr"  hat  der  Dichter  als  Märchen 
hezeichnet,  aber  gerade  sie  seheint  auf  sclimerzliche  Erlebnisse 
des  Dichters  zurückzugehen.  Stüter  hatte  die  Nichte  seiner 
Frau  ins  Haus  genommen.  Schon  ihr  Eintritt  in  seine  Fa- 
milie war  ein  onneilTerkQndender,  da  das  Kind,  wenn  ich  nicht 
irre,  anf  der  Reise  nach  Linz  Ton  einem  Hunde  gebissen  wurde. 
Auf  dem  Äliiddien  lastete  die  Vererbung,  es  war  ein  wildes 
Ding,  an  dem  alle  Erziehungskünste  verloren  schienen.  Wieder- 
holt bereitete  sio  Stifter  scliwere  Sorgen.  Im  December  ISnl 
schreibt  Stifter  an  seinen  Verleger  und  Freund  Gustav  Heckenast: 
y.Meiu  Ziehtöchterlein  ist  in  meiner  Ab\v»»senheit  auf  einer  Anits- 
excursion  von  Hause  verloren  gegangen,  und  ich  habe  sie  noch 
nicht.  Sie  ist  jetzt  11  Jahre  alt.  Wegen  ihrer  früheren  Ver- 
wahrlosung und  ihrem  Hange  zur  Ungebundenheit  war  nebst 
der  Abstammung  Ton  ihrem  Vater,  der  in  seiner  Kindheit  und 
Jugend  dreimal  durchgieng,  wohl  etwas  Ähnliches  zu  erwarten.'* 
Es  ist  dassen)e  Mädclien.  das  dem  Dichter  sieben  Jahre  später, 
als  ihre  Entwicklung  durch  die  Liebe  und  Sorgfalt  der  PHege- 
»'Itern  auf  das  günstigste  fortgeschritten  zu  sein  schien,  das  herbe 
A\  eh  bereit»'te,  ilirem  jungen  Leben  in  der  Donau  **m  Ende 
zu  machen.  Auf  dem  Zettel,  den  sie  zurückließ,  standen  die 
Worte:  „Ich  gehe  zur  Mutter."  Konnte  der  Dichter  auch  den 
tragischen  Ausgang  nicht  Torans  wissen,  so  sagte  ihm  doch 
eine  Ahnung,  wie  es  mit  dem  Kinde  beschaffen  sei.  Dieses 
eigenartige  Mädchen,  das  der  Erziehungskunst  des  Dichters  so 
schwierige  Probleme  bot,  hat  der  Di<3iter  im  ,.Katzensilber" 
geschildert.  Ein  anderer  Stoff,  den  er  in  der  weitverbreiteten 
Sage  von  den  Wildfrauen  vorfand  (H.  Noe  erzählt  si*»  in  seinem 
„Deutschen  Alpenbuche"  1.  p.  444ff. ).  kam  ihm  entgegen,  und 
so  entstand  das  Märchen,  das  durch  die  B«^ziehung  auf 
des  Dichters  Leben  erst  seine  rechte  Beleuchtung  erhält. 
Anch  eine  Schöpfun^r  unserer  Tage,  Gerhard  Hauptmanns 
„Rautendelein'',  scheint  dieser  Sippe  der  Wildfräulein  an- 
zugehören. 

Linter  den  Erzählungen  der  ..Studien^  behandelt  der 
.Waldbrunnen"  einen  ganz  ähnlichen  Vorwurf,  nur  ist  die 
Losung  eine  andere.  Auch  hier  steht  ein  eig»'nartiges  Mädclien, 
ein  Kind  des  Waldes,  durch  Mangel  an  Er/irhung  vcrwihU'rt. 
stiirrig  in  (h'r  Srliul»*,  an  dem  die  pädagogische  Kraft  des 
Lehrers  »Tlalimt,  aber  die  entgegenkommende  Liebe  eines  alten 
Mannes  Wunder  wirkt,  im  Mittenpunkte  der  Erzählung.  In  der 
.Brigitta"  führt  die  liebe  znm  Kinde  und  der  Sehnsuchtslaut 
des  Gatten,  das  verscherzte  und  lang  entbehrte  Glttck  des 


Adalbert  i^tifter,  ab  Erxieher. 


109 


Vaters  ineder  sa  yerkoston,  die  Gatten  nach  jahrelanger 
Trennung  wieder  zusammen. 

Eine  anspruchslose  Erzählung  ^Zwei  Witwen^  dient  aus- 
schließlich pädagogischen  Zwecken,  indem  sie  in  eontrastieren- 
der  Weise  den  Segen  der  guten  und  den  Fluch  der  schlechten 
Erziphunp^  an  finpm  Gpschwisterpnarf^  anschaulich  macht.  Sie 
erinnert  iu  der  Einfalt  ihrer  Erfindung  an  die  pädacrof^schen 
Tendenzdruineu  und  Kinderspiegel  des  XVI.  Jahrhunderts. 

Stifters  eigenthümlichstes,  von  seinen  Verehrern  hochge« 
sch&tztes,  von  dem  großen  Theile  der  Leser  wenig  Bekanntes 
Werk  ist  der  „Nachsommer".  Es  würde  sich  Terlonnen,  die 
Urtheile  zusammensnstellen,  die  Ober  dieses  Back  gef&Ut  worden 
sind.  Wie  hoch  es  der  Dichter  sell)st  stellte,  ist  aus  seinen 
Briefen  bekannt.  Man  kennt  das  hämische  Wort  Hebbels,  der 
demjenigen  die  polnische  Krone  yerspricht,  der  das  Werk  zu 
£nde  lesen  könne. 

Emil  Kuh.  der  iu  der  ersten  Fassung  seiner  Aufsätze  fast 
nur  Worte  de»  Tadels  über  die  lehrhafte  Breite  und  uuerträg- 
Uche  Weitschweifigkeit  des  Buches  hat,  urtheilt  einige  Jahre 
später  wie  folgt:  „Einmal  tapfer  mitgegangen  nnd  die  Ein- 
förmigkeit des  Weges  in  den  Kauf  ffenommen,  werden  wir  im 
.Nachsommer'  Freuden  erfahren,  we  rche  wir  sonst  nirgends 

fenießen,  und  eine  heitere  Bequemlichkeit  empfinden,  die  uns 
ein  anderes  Buch  bereiten  kann."  Und  selbst  in  den  lehr- 
haften Partien  des  „Nachsommei^s"  findet  er  Stellen  „von  der 
dnrehsichtiijen  Klarheit  antiker  Schriftsteller''.  Man  sieht,  von 
der  Verwerfung  zur  IJberschwenglichkeit  ist  nur  ein  Schritt. 
Vielleicht  liegt  das  richtige  Lrtheil  iu  der  Mitte. 

Emil  Kuh  hat  es  anen  unternommen,  nach  den  Yorbildem 
auszuspähen,  denen  Stifter  im  ^«Nachsommer''  gefolgt  ist.  Er  er- 
kennt, dass  er  ein  Roman  im  Sinne  der  ,,Lehijahre",  der  „Wahl- 
rerwandtschaften",  des  ^Don  Quixote"  u.  s.  w.  nicht  ist,  ebenso* 
wenig  ein  psychologischer  und  selbstbiographischer  Roman  wie 
der,.  Anton  Reiser"  oder  der  „GrüTU'  llfMurich".  Auch  mit  der  Lehr- 
liafti^^keit  der  „\\'aiii.hTjahre'^  zeigt  der  „Nachsommer"  nicht  die 
mindeste  Ähnlichkeit.  Aber  dass  diese  Altersproduction  (ioetlu's 
unserem  Dichter  vorschwebte,  scheint  ihm  sicher.  Em  uiuierer 
(H.  Möbius)  hat  in  der  „Sächsischen  Schalzeitung"  ans  d.  J.  1871 
Nr.  42  eine  P»»Il.le  i^Winshen  Bonne«!.  „^V  und  Stiften 
^Naehsommer^  gezogen.  Dieser  letzte  Vergleich  ist  abzulehnen. 
Die  pädagogische  Tendenz  sollte  nach  Stifters  Äußerungen  über- 
haupt nicht  in  den  Vordergrund  treten.  ^Die  zwei  jungen  Leute 
sind  weitaus  nicht  die  Hauptsache.^  sa^^i  er  selbst,  ..sind  eine 
heitere  Aii-.s<^]imückun^  des  VV'rrkes,  sein  iürust  und  sein  Schwer- 
punkt muss  irgendwo  anders  liegen.^ 

Man  hat  Stifter  oftmals  anderen  Die  hier  n  gegenübergestellt, 
zunächst  Jean  Paul,  dann  all  den  Schildercru  des  Volkslebens, 
etwa  Jeremias  Gotthelf,  man  hat  an  die  Diehter  erinnert,  in 
deren  Leben  zwei  Künste  um  die  Herrschaft  ringen,  an  Edmond 


170 


Töpfer,  an  Tliackeray,  auf  Goethe  natürlich  nicht  zu  yergessen. 
Aber  die  Parallele  mit  Gottfried  Keller  liegt  sehr  nahe,  SQuäehst 
was  die  äußeren  Verhältnisse  anbelangt.  Auch  Keller  war  Maler 
wie  Stifter,  auch  bei  ihm  ist  die  Dichtkunst  ziemlich  spät  iu 
ihre  Kerbte  getreten.  ^^  Keller  im  „Grünen  Heinrich"  die 
Studien  des  jungen  Mau  i  s.  das  Ivingen  nach  einem  Ziele  der 
Kunst,  dem  schließlich  die  iijutsagung  folgte  so  hat  auch  Stifter 
die  eigenen,  auf  die  bildende  Kunst  gerichteten  Bestrebungen 
immer  wieder  dargestellt.  Schon  im  „Condor'^  ist  der  Held  ein 
Maler,  nnd  aueb  der  Dichter  malt  darin  eine  Mondlandschaft, 
wobei  ihn  der  Blick  des  Künstlers  geleitet  hat.  Der  Held  der 
„Feldblumen"  ist  ein  Maler,  dessen  Studien  uns  vorgeführt 
werden.  Und  noch  in  den  ,.Nachkommenschaften"  wird  die 
Selbstquälerei  (h^>  Malers  vorgeführt,  der  unermüdlich  Bilder 
malt  und  wieder  verbrennt,  bis  sein  Sebieksal  eine  andere 
Wendung  nimmt.  Auch  der  jugendliche  Freund  des  alten  Frei- 
herrn von  lliesach  ^eht  iu  die  Berge,  um  zu  malen.  Die  Er- 
zählung „Drei  Schmiede  ihres  Glücks"  erinnert  durch  den  Titel 
an  Kelters  „Schmied  seines  Schicksals'*,  dieselbe  Erzählung  aber 
auch  durch  das  Motiv  an  Kellers  „Geisterseher'^  in  den  Züricher 
Novellen.  Keller  hat  es  allerdings  humoristisch  gewendet. 

Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  in  diesem  Falle  für  beide 
die  Benützung  einer  franr.ösischen  '}nf'llp  vorliegt.  Die  i^ituati()n 
des  Schläl'erjs  ist  in  beiden  Erzählungen  eine  ähnliche.  Es  ver- 
lohnt f>ich  übrigens,  dem  Motive  nachzugehen.  Am  grausigsten  hat 
es  Grillparzer  in  der  „Ahnfrau"  verwertet.  Hier  umarmt  Jaromir 
wirklich  das  nächtliche  Gespenst  der  Ahnfrau,  die  er  für  Bertha 
hält.  Auch  an  eine  Erzählung  Otto  Ludwigs  kann  man  erinnern. 
Ich  meine  die  Jugendarbeit  des  Dichters  ,,Maria",  die  iu  den 
Gesammelten  Werken,  2.  Band,  p.  539  ff.,  zu  finden  ist.  Hier 
allerdings  handelt  es  sich  um  kein  Nachtgospenst,  aber  um  das 
gespensti-clie  Treiben  der  Nachtwandlerin,  ganz  wie  in  Stifters 
Er/älilimg.  Die  Wefidnng,  die  Otto  Ludwig  dem  Motive  gegeben 
hat.  kann  hingegen  wieder  an  Heinrich  von  Kleists  „Martiuise 
von  0.'^  erinnern.  Auch  in  seiner  Sprache  erinnert  zuweilen  Stifter 
an  Gottfried  Keller.  Man  beachte  etwa  folgende  Stelle  im  „Grünen 
Heinrich^.  Die  Schulmeisterstochter  Anna  ist  gestorben,  Heinrich 
halt  die  Todtenwache:  „Es  war  so  stfll,  dass  ich  durch  die  Stille 
hindurch  glaubte,  das  Rauschen  der  Ewigkeit  zu  hören/  In  den 
»Feldblumen''  heißt  es:  ^Ea  gibt  eine  Stille  —  kennst  du  sie  — 
in  der  man  meint,  man  müsse  die  einzelnen  Minuten  hören, 
wie  sie  in  deri  Oeean  der  Ewigke  it  liinuntertropfen.'"  Ich  kenne 
die  Unterscliieae  sehr  wohl,  die  den  derberen  und  tüchtigeren, 
dem  Leben  zugewandten  Dichter  der  „Laute  von  Seldwyla'' 
von  dem  zarten  und  verscbamteu,  welttiüchtigen  Dichter  des 
Böhmerwaldes  entfernen.  Keller  selbst  hat  Stifter  nicht  zu 
strenge  beurtheilt,  wenn  er  Kuh  Überschätzung  des  Dichters 
vorwirft  und  von  diesem  sagt:  „Seine  Schranke  lag  wohl  in 
dem  Stück  Philister,  das  in  ihm  war."  Aber  es  scheint  mir  trotz- 


Adalbert  Stifki-,  aU  Erzieher. 


171 


dem  kaum  zu  bezweifeln,  doss  Adalbert  Stifter  auf  dem  Wege, 
der  Ton  Goethes  „Wilhelm  Meister'^  zu  Kellers  „Grttnem  Heinrich'' 
führt,  eine  Etappe  bedeutet. 

Von  Jean  Paul  hat  Stifter  viel  gelernt.  In  den  frühesten 
Jugend briefen  bis  zu  denen  des  spätesten  Alters  wiiiHuelt  es 
Ton  Jean  Paurscheii  Citatim.  Ab^r  es  ist  mehr  der  Ästhetiker 
nnd  Pädagop.  als  der  Dicliter.  der  Ilm  anzieht.  Wer  Stift' rs 
tiicliterische  Sprache  ajüilysu-reii  Avill,  \vird  übrißfens  den  Spuren 
Jeaa  i'aulä  auch  in  den  Werken  nachgehen  müssen. 

Hührend  ist  das  Verhältnis  Stifters  zu  Goethe.  Otto  Lud- 
wig sagt  irgendwo:  „Klarheit  ist  das  GrundbedOrfnis  meiner 
Seele."  In  Stifters  Briefen  kann  man  zwanzig  Stellen  auffinden, 
die  denselben  Gedanken  aussprechen.  Für  Stifter  aber  ist  Goethe 
die  Sonne  der  Klarheit,  was  er  an  ihm  bewundert,  ist  die  schöne 
Ruhe,  der  Einklang  mit  sich  selbst.  Goethe  ist  Stifters  Jung- 
brniineu;  niclit  (Um-  jnntr»^  Goethe,  mit  dem  er  sieh  nicht  ver- 
wandt fühlt,  zu  1  liier  Zeit,  aber  der  gereifte  und  alternde 
Goethe,  Der  ..  VViilieliu  Mei:iter''  ist  seine  Hausbibel.  Schiller.«  philo- 
fcophische  und  i  hetorische  W  eise  behagt  ihm  nicht.  „Ich  hin  kein 
Goethe,"  versichert  er  immer  wieder,  ;,aber  ich  gehöre  zu  seinen 
Verwandten.''  In  Karlsbad  geht  er  den  Spuren  des  Dichters 
nachf  nach  Italien  geht  seine  Sehnsucht  nicht  zuletzt  aus  dem 
Grunde,  weil  Goethe  dort  gewandelt.  Für  den  ^Naehsommer'* 
hat  er  nur  den  Wunsch,  wenn  doch  Goethe  das  Buch  gelesen 
hätte.  Den  Homer  liest  er  wie  Goethe,  honiprische  Einfalt 
will  er  nachahmen  und  erzielen,  und  —  es  klingt  fast  komisch 
—  sogar  ein  Drama  „Nausikaa'^  will  er  diehteii.  Natalie  ist 
ein  Liebliugsuame  Stifters,  und  als  die  Mutter  dem  jungen 
Gustav  mit  besonderer  W'eihe  ein  Geschenk  überreicht,  so  ist 
dies  eine  von  ihr  selbst  langjährig  benutzte  Ausgabe  Ton 
Goethes  Werken.  Dass  Stifter  in  seinem  „Nachsommer^  das 
Ideal  des  „Wilhelm  Meister'*  Torgesehwebt ,  darüber  kann 
niemand  im  Zweifel  sein. 

Freilieh  wird  rann  zunächst  kaum  zugeben,  dass  der  ..Nach- 
sommer** überhaupt  ein  Roman  ist:  denn  er  ent))ehrt  der  Hand- 
lung. Dafür  spricht  ül)rigeii.>^  sehon  die  Entstehung;  wer  Stifters 
liriele  kennt,  weil],  dass  es  sich  ursprünglich  um  eine  Erzählung 
handelte,  die  ganz  in  dem  Sinne  gedacht  war  wie  die  meisten 
anderen  Erzählungen,  die  wir  als  besonders  charakteristische 
Producte  der  Stifter*8chen  Muse  bezeichnet  haben.  Ein  alter 
Hofmeister  hat  in  der  Jugend  durch  seine  eigene  Energielosig- 
keit und  durch  den  störrigen  Sinn  der  Geliebten  das  Glück 
der  Liebe  verscherzt.  Die  Erzählung  hätte  den  Herbst  des 
Nfannes  geschildert  und  als  Erklärung  seines  Zustandes  die 
Gesehiclite  jener  Jugendliebe  eingefloehten,  ganz  so  wie  im 
.,\Valdg!ing»'r''  oder  im  ..Kalkstein"  und  anderen  Erzählungen, 
die  wir  kennen.  Wie  so  oft  dem  Dichter  seine  Gestalten  über 
den  Kähmen  hinauswuchsen«  so  geschah  es  auch  hier.  So  hat 
er  zunächst  in  der  Gestalt  des  Hofmeisters  sich  selbst  geschil- 


172 


Dr.  Frans  Spengler. 


dert ,  uudere  Anregungen  kamen  hinzu  und  es  wurde  ein 
drdib&ndigeB  Bneli  daraus,  ein  Roman  aber  ist  es  nicht  ge- 
worden. 

Der  Inhalt 'des  Boches  ist  bald  erzählt.  Der  Sohn  eines 
begüterten  Kaufmantie«;  Bndet  auf  seinen  Wandernngen  im 
oberösterrpicbisrlit'u  Hügellande  —  dass  der  Dicliter  jene  Ge- 
genden, die  ihm  durch  seine  Inspectionsreisen  l)es()ii(lor??  tpt- 
traut  waren,  im  Sinne  hat,  ist  außer  jcdom  ZweilVl  —  im 
Asperuhofe  Schutz  vor  einem  drohenden  Gewitter.  Der  liesitzfM- 
des  musterhaft  bewirtschaftete u  Auwesens  mit  dem  schuiuekeu 
rosenbedeekten  Wohnbanse  ist  der  Preiherr  von  Riesaeh,  der 
ehemals  hohe  Staatsamter  bekleidet  hat  und  nun  in  stiller 
Zurückgezogenheit  seinen  Nachsommer  feiert.  In  seinem  Hause 
wächst  Gustav,  der  Sohn  einer  befreundeten  Dame,  unter  seiner 
Aufsicht  und  Erziehung  heran.  Der  Kaufraannssohn  findet  die 
Freundscliaft  des  alten  Mannes,  und  seine  Besuche  im  Aspern- 
hofe  werden  nun  alle  Jahre  im  Sotmner  nach  der  liosenblüie 
wiederlioll.  Bei  dieser  Geleu,  uii»>it  lernt  er  aucli  Gustavs 
Schwester  Natalie  kenueu  und  gewinnt  sie  zur  Gaiiiu.  Gustav 
nnd  Natalie  aber  sind  die  Kinder  jener  Mathüde,  die  der  Frei- 
herr vor  Jahren  selbst  flieht  hat,  ohne  das  Ziel  seiner  Ver- 
einiguni:  mit  ihr  zu  erreichen. 

Der  Freiberr  ist  Stifter  selbst.  In  seiner  Liebesgeschichte 
hat  er  die  Erinnerung  an  Fanni  Greipel  niedergelegt,  jenes 
Mädcben.  das  er  durcb  sein  unverantwortliches  Benehmen  von 
Bich  ent lernt  hatte.  Auch  der  alle  l'reiherr  hat  sein  .Tucrt^nd- 
gUu'k  vrrseherzt  nnd  ist  iu  späteren  Jahren  eine  Eue  ein- 
gegangen, die  nur  auf  gegenseitiger  Achtung  berubte.  Selbst 
in  der  zweiten  Fassuug  der  „Mappe"  bat  Stifter,  obwohl  in 
kühlerer  Weise,  noch  Erinnerungen  an  jene  Fanni  niedergelegt. 
Dass  ein  anderes  Verhältnis  des  ehemaligen  Hofmeisters  zu 
einer  seiner  Schülerinnen,  wie  Kuh  meint,  der  schönen  Er- 
zählung zugrunde  liege,  ist  aus  den  spärlichen  Andeutungen 
der  Briefe  kanra  zu  erweisen  Auf  den  alten  Freiherrn  über- 
triit^t  bLitler  alle  seine  Xeirrini'j-fM .  denen  er  in  seiner  Linzer 
Abn;eschiedenheit  oblag  oder  lieuen  er  sich  «gewidmet  liiitte, 
wenn  ihm  der  erträumte  Nachsommer  zutheil  r^eworden  wäre. 
Wie  der  Freiherr  von  Riesach  pflegte  Stifter  sein  Gärtchen, 
wie  dieser  gieng  er  allerlei  Liebhabereien  nach,  wie  er  suchte 
er  nach  Alterthümern  nnd  Ennstschätzen  in  den  Kirchen  Ober- 
österreichs und  trug  altes  Geräthe  zusammen,  um  ihm  neuen 
Glanz  zu  .verleihen  und  sein  Haus  damit  zu  schmQcken.  wie  er 
liebte  er  es,  ein  gutes  Bild  zu  erwerben  und  auf  die  Staffelei  zu 
stellen,  um  e«;  mit  i^einen  Freunden  lieliernll  7.n  betrachten,  wie  er 
lieb  er  sriiif  Hüte  rrerne  jüngeren  Schiit/Jingen.  wie  er  dachte 
er  über  Ei/,iehuug  und  Luterricbt.  Die  Bücher,  die  in  der 
Bibliothek  des  Freiherrn  stehen,  sind  auch  die  Lieblingsbücher 
des  Dichters,  und  selbst  seiner  Vorliebe  für  Cacteen  hat  er  ein 
Denkmal  gestiftet  in  dem  Certm  j»er»viami8f  der  auf  dem 


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Adalbert  Stifter,  aU  Erzieher. 


173 


Aapernhofe  die  ersten  wanderroUen  Blfiten  tragt,  an  dem  Tage^ 

als  das  junge  Paar  vor  den  Altar  tritt. 

So  entoält  denn  das  Buch  eine  Fülle  lehrhafter  Excurse 
über  die  verschiedensten  Dinge  in  Kunst  und  Leben,  die  den 
Dichter  selbst  interessiert  haben.  Er  unterrichtet  uns  über  die 
Pflege  der  Gälten,  die  Heh:indUiug  der  Obstbäume,  über  Bieueu- 
zuclit  und  Ausiedluug  der  Singvögel,  durchaus  Dingt*,  die  wohl 
auch  zu  jenen  Bedürfnissen  gehören,  denen  der  Landöchullehrer 
seine  Aufmerksamkeit  zu  widmen  hat  Dazu  aber  kommen  Be- 
trachtungen über  das  Kunstgewerbe«  die  antike  und  mittelalter- 
liche Kunst,  über  Erziehung  und  Uber  den  Beruf  des  Staats- 
dieuers.  Da  der  alte  Freiherr  seinen  Ziehsohn  Gustav  selbst  unter- 
richtet, haben  wir  reichlich  Gelegenheit,  auch  Stifters  Ansichten 
über  Erziehung  und  Unterricht  kennen  zu  lernen.  Man  kann 
daraus  niuiicli^'«  lernen,  obwohl  Stifter,  wie  es  seiner  eigenen 
Erfahrung  entsprach,  hauptsächlich  den  Privatunterricht  im 
Sinne  hatte. 

Damit  aber  ist  die  Bildungsgeschichte  eines  jungen  Mannes 
verknüpft,  dem  wie  so  manchem  anderen  derStifter*sehenHeldent 
die  die  Güte  des  Dichters  in  der  Regel  mit  reichen  Erbtanten 
oder  -Onkeln  ausstattet,  das  beneidenswerte  Geschick  zutheil 
geworden  ist,  sein  Leben  ganz  und  ungehindert  der  harmoni- 
schen Ansbildung  seiner  Kräfte  zu  widmen,  der  dmcli  die  Welt 
schweift  wie  jener  Wilhelm  Meister,  nur  etwas  zi^^HM'wusster, 
denn  seine  Seliritte  sind  von  frühester  Jugend  an  gelenkt-,  und 
als  die  Sorgfalt  des  Vaters  nicht  mehr  ausreicht,  tritt  die  Er- 
fahrung des  alten  Freundes  schützend  an  seine  Seite. 

Auch  in  der  Erziehungsgeschichte  dieses  jungen  Mannes 
hat  der  Dichter  Erinnerungen  an  die  eigene  Jugend  nieder- 

gelegt.  Er  schildert  zunächst  seine  Erziehung  im  Eltern- 
ause.  Neben  dem  Unterrichte  wird  großes  Gewicht  auf 
die  Ausbildung  des  Körpers  gelegt.  Der  Knabe  ist  ein 
Schwininier  und  Turner  und  schweift  frühzeitig  als  Wanderer 
in  den  Bergen  und  Thälern  des  W  ienerwaldes  umber.  Aueh 
die  häu«Heben  Arbeiten  der  Schwester  wt-rdt'n  gt'sehikb-rt. 
Über    die    Erziehung    des    Mädchens,    das    nicht    nur  eiue 

tüchliffe  Hausfrau,  sondern  auch  die  gebildete  Gefahrtin 
des  Mannes  werden  soll,  hat  Stifter  auch  in  den  „Feld- 
blumen" schöne  Worte  gesprochen.  Unter  den  Wissenschaften 

bevorzugt  er  die  Mathematik,  sie  sei  die  schwerste  und  herr- 
lichste Wissenschaft,  die  Grundlage  zu  allen  übrigen,  in  ihr 
sei  alles  wahr,  und  was  mau  aus  ihr  habe,  sei  ein  bleibendes 
Besitzthum  für  das  ganze  Leben.  Heranwachsend  überlässt  ihm 
der  Vater  die  Verwaltung  seines  <'i  ei  l»ti'n  Vermötrens  und  gönnt 
ihm  frühzeitig  Aufenthalt  auf  dem  Lande.  Briefe,  die  er  an 
die  Eltern  sc&eibt,  geben  ihm  Gelegenheit,  sich  in  Schilderungen 
der  Natur  zu  üben.  Er  schärft  seme  Beobachtungsgabe  durch 
genaue  Betrachtung  aller  Dinge,  zunächst  der  Bodenerzeugnisse, 
danu  der  Gegenstände  des  Gewerbfleißes.   Dies  führt  ihn  auf 


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174 


Dr.  Frans  Spengler. 


<li.>  Natursjeschichte:  Pflanzenkunde  und  Mineralogie.  80  wird 
ihm  die  Uiuffebuug  der  grolieu  Stadt,  die  Stifter  selbst  uuer- 
mOdlich  darcostreift  bat,  immer  vertrauter.  Der  Ausblick  von 
den  Basteien,  der  ihm  in  der  Feme  das  gewaltige  MassiT  des 
Sehneebergs  weist,  lenkt  seine  Aufmerksamkeit  auf  die  Alpen- 
-weit  Der  Anblick  eines  todten  Uirsc  luvs  führt  ihn  auf  die  Be- 
obachtung der  Thierwelt,  und  endlich  schreitet  er  —  man  sieht, 
wie  planmäßig  —  zum  Studium  der  Laudseluift  in  ihrer  groß- 
artigen Ersc]i»'iiiuug  weiter.  Nun  wird  er  niu-li  Zeichner  und 
Maler,  wieder  von  den  Elementen,  der  Auffassung  der  Pflanzen- 
form, zu  größeren  Naturgebilden  aufsteigend.  So  ausgerüstet 
tritt  er  nun  in  die  wissenschaftliche  Forschung  ein,  die  die 
Bildung  der  Erdoberfläche  zum  Gegenstande  hat.  Es  ist  gar 
kein  Zweifel,  dass  der  Dichter  hier,  seinen  eigenen  Erfahrungs« 
kreis  überschreitend,  die  Thätigkeit  des  unlängst  dahingeschie- 
denen Freundes,  Prof.  Friedrich  Simony,  und  dessen  Studien 
im  Dachsteingebiete  im  Sinne  hat.  Dessen  Gletseherstudien.  die 
Messungen  des  Hallstätter  Sees,  einen  Winterhesuch  auf  dem 
(ner<eli«*r  hat  der  Dichter  wohl  naeh  Erzählungen  des  Freutules 
gesciiildert,  der  schon  einmal  für  die  Erzählung  „BergkrvstalP 
die  Anregung  gegeben  hatte.  Es  ist  nur  autfallend,  das.s  nie- 
mand, auch  Kuh  nicht,  auf  dieseu  Zusammenhang  aufmerksam 
gemacht  hat.  Simonjs  Bescheidenheit  ließ  ihn  darüber  schweigen, 
obwohl  er,  wie  der  Schluss  seines  Briefes  an  Kuh  beweist,  noch 
manches  zu  erzählen  hatte.  In  dem  Hause  des  Freiherrn,  in 
das  ihn  der  Zufall  führte,  findet  der  Jüngling  reiche  Belehrung, 
er  lernt  vor  allem  Kunstwerke  betrachten,  auch  für  das  Leben 
gibt  ihm  der  alte  Freiherr  manchen  Rath,  uiul  so  fiiulet  >ein 
Streben  nach  liildung  und  Kenntnis  in  diesem  Hause  einen 
■vorläufigen  Abschluss. 

„Ich  hoffe,  ddss  die  Keife  des  Mannes  und  der  weitere 
Blick  in  diesem  Werke  ist,"  säet  Stifter  selbst,  „uebst  der 
Ruhe,  der  Heiterkeit  und  der  Innigkeit  der  Kunst,  welche 
breite  Theile  des  menschlichen  Lebens  umfasst.  In  der  Form 
habe  ich  die  Einfachheit  der  Antike  vor  mir  gehabt/  ,.E8 
sollte  etwas  Grolieres  und  Heiteres  sein,  als  das  unerquickliche 
Volk  des  Tnges."  Dass  jene  Heiterkeit  und  Ruhe  aus  dem 
]Vii-'li»'  zu  uns  spricht.  y.>'\ix\ .  das«?  dem  Dichter  seine  Absicht 
gelungen  ist,  Grülie  allerdings  wird  man  darin  nicht  suchen. 
Es  sind  die  Bnkenntnisse  eines  schlichten  Mannes,  der  auf  ein 
stilles,  der  Kujist  gewidmetes  Leben  /.urückblickte,  aber  aui  li 
auf  diesem  Gebiete  über  gewisse  Grenzen  nicht  hinauskam. 
Was  sollte  auch  der  Dichter  zu  bekennen  haben,  der  in  der 
Welt  und  auch  in  seinem  Inneren  so  wenig  erlebt  hatte.  ^Das 
Kleine  ist  mir  groO.^  Wie  oft  hat  Stifter  diesen  Satz  wieder- 
holt, und  er  bietet  allerdings  die  beste  Erklärung  fUr  Stifters 
Eigenart. 

Die'ce«^  Streben  nach  der  Kiiifalt  der  Antike  liut  Stifters 
spateren  Arbeiten  nicht  zum  Heile  gereicht.  Was  in  der  ersten 


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Adalbert  Stifter,  als  £rsieber.  175 

Fftssung  der  ^Mappe  ",  die  zu  den  sehöne»ten  Stücken  der 
p Studien"  zählt,  wirklich  noch  schön«  Ruhe  ist,  wii*d  in  der 
zweiten  F&ssnnf^  zu  trostloser  Einförmigkeit.  Um  das  rohige, 
der  täglichen  Erfüllung  schwerer  Pflichten  gewidmete  Lehen 
des  Arztes  zu  schildern,  führt  er  uns  in  die  Hütten  und  Häuser 
sein«']-  sämmtlichen  Patienten  und  unterrichtet  uns  über  ihre 
Krankheitsgeschichten  und  die  Heiiwege,  die  vom  Ar/te  ge- 
funden werden.  Auch  im  ..Witiko''  erzeugt  dieses  Streben, 
die  \N  eise  des  homerischen  Stiles  nachzuahmen,  ermüdende 
Langeweile.  Man  rechne  nach,  an  wie  viel  Srelleu  des  Buches 
erzählt  wird,  wie  Witiko  sein  Pferd  ver&orgt.  Auch  im 
„Nachsommer^  macht  uns  die  ^Einfalt*'  des  Dichters  zuweilen 
lächeln.  Als  der  Jüngling  hereits  fünf  Sommer  im  Hause  des 
Freiherrn  zugebracht  hat  und  der  Verlobte  Nataliens  geworden 
ist,  bemerkt  dieser  gelegentlich:  „Ihr  werdet  wohl  wissen, 
dass  ich  der  Freiherr  von  Riesach  bin" 

So  zeigt  sich  bei  Stifter  die  merkwürdige  Erscheinung, 
das?  er  von  dem  Augenblicke  nn.  wo  er  der  eigenthümliehen 
\  orzüge  seiner  Dichtuiififeii  iiine  wurde  und  darauf  ausgieng, 
durch  Vertiefung  in  jene  Muster,  die  diese  \'urzüge  in  classi- 
scher  Weise  an  sich  tragen,  selbst  höhere  Ziele  zu  erringen, 
der  Naivität  des  Schaffens  verlustig  wurde  und  nichts  mehr 
hervorgebracht  hat,  was  sich  seinen  ersten  Schöpfungen  würdig 
anreihen  ließe. 

Doch  mit  solchen  Worten  wollen  wir  von  dem  Dichter 
nicht  scheiden,  der  in  guten  Tagen  soviel  Schönes  geschaffen 

hat.  Stifters  großer  Zeitgenosse  Grillparzer  ist  nun  aucii  unserer 
Jujjend  vertrauter  ffeworden.  Mncht<'n  docli  diese  Worte  dazu 
beiti  Hi^t'ii ,  auch  dem  Dichter  de?»  liuhmei  widdes  neue  P'reunde 
zu  gewinnen,  das  meiste,  was  er  geschrieben  hat.  ist  geradezu 
für  die  Jugend  geschrieben;  seine  Liebe  zu  dem  schönen  Lande, 
in  dem  er  lebte,  und  die  sittliche  Reinheit,  die  jede  Zeile  seiner 
Bücher  athmet,  lassen  den  Wunsch  begreiflieh  erscheinen,  dass 
unsere  Jugend  sich  ihn  immer  mehr  zueigen  mache,  und  dass 
auch  der  Unterricht  nicht  zurückbleibe,  dazu  die  nöthige  An- 
regung  zu  bieten. 

Wir  stehen  an  der  Schwelle  eines  neuen  Jahrhundert-^. 
Die  grolle  Zeit  Goethes  und  Schillers  rückt  iiiiniei-  weiter  in 
die  Vergangenheit.  Die  Literatur  unserer  Tiii^e.  (leren  Kinfluss 
auch  auf  unsere  Jutrend  d^  iu  ;iiü'meiks;imcu  ßeubachtcr  nicht 
entgeht,  stellt  sich  iiunier  mehr  in  den  Dienst  der  Sehlagworte 
und  der  Tendenzen.  Stifter  selbst  hat  sieh  mehr  als  einmal 
den  Vorwurf  machen  lassen  müssen,  dass  er  in  der  Abgeschieden- 
lieit  seiner  Wälder  und  stillen  Thäler  den  großen  Fragen  der 
Zeit  fem  geblieben  ist.  Wir  wollen  unsere  Jugend  keineswegs 
heranziehen  zur  Mattherzigkeit .  aber  davor  möcliten  wir  sie 
l>e\v:ihren,  d:Hs  sie.  uii<:erer  /iirht  entwachsen,  dem  sugge«;tiven 
EmäuF'^e  der  Sciilagworif  iiiiLifw  apiuitt,  und  sorglos  preisgegeben 
sei.    Deshalb  führen  wir  sie  gerne  in  derartige  stille  Winkel, 


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176 


Dr.  Franz  Spengler.  Adalbert  Stifter,  als  Erzieher. 


WO  der  Lärm  des  Ta^^eB  yerhallt,  aber  das,  was  ewiff  wahr  und 
schön  nnd  gut  ist,  eine  lieberoUe  und  begeisterte  Pflege  findet. 

A.  Sti&r  gleicht  nicht  dem  Strome,  dem  die  Brüder  von 
den  Bergen  jauchzend  zueilen,  aber  er  gleicht  dem  erfrischeu- 
deu  Waldbaelie,  der  uns  von  den  Wundern  der  Eiswelt  erzählt 
und  nach  kurzer  Wanderung  durch  Waldesdunkel  sicli  im 
stillen  Bergsee  verliert,  an  dessen  Ufern  wir  nielit  dauernd 
weilen,  zu  dem  wir  aber  iuiraer  wieder  gerne  flüchten,  wenn 
die  Hilze  des  Tages  uns  iimaui>ti'eibt  in  die  Einäumkeit  der 
Berge. 

Aber  Stifter  ist  auch  ein  österreichischer  Dichter,  der 
österreichische  Geistesrichtunff  und  Gemfithstiefe  in  eigenartiger 
Weise  ausprägt.  Auch  Ton  uim  gelten  die  Worte  Grillparzers: 

Hast  du  voin  Kahlenberg  das  Land  dir  rinKs  be^h'n, 

80  wir<t  du,  was  ich  schrieb,  nnd  was  ich  bin,  ver.steh'n. 

Auch  deshalb  sei  er  unserer  Jugend  wärmstens  empfohlen, 
damit  er  sein  Theil  dazu  beitrage,  sie  zu  befestigen  in  der 
Liebe  zu  unserer  schönen  Heimat,  unserem  alten,  ehrwürdigen 
Osterreich. 


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Jos.  Puchs.  Roms  Strategie  Sil  Beginn  dessweiten  pantschen  Krieges.  177 


Roms  Strategie  zu  Beg^inn  des  zweiten 

puni sehen  Krieges. 

Vortrag  von  Jos.  FuehS,  gehailtt  n  im  Vorcine  «.Mittelschole"  in  Wien  am 

10.  Kein  nur  löÜ». 

Unter  den  kriegerischen  Actionen»  welche  die  antike  Welt 
erschüttert  haben,  ist  der  zweite  puiiische  KrieiJ  oine  der  be- 
deutsamsten. Er  erweckt  zniiärhst  fins  Iritt^i-fsse  des  ^Jilitiir«; 
nicht  nur  dass  er  wie  wenig»'  Kriege  die  schwierigftteji  i'robieme 
der  SStrategie  löst  und  die  feinsten  Künste  der  Taktik  in  ihm 
die  Meisterschaft  des  Künstlers  bekunden,  er  zeigt  auch  wie 
kein  zweiter  Krieg  die  Bedeutung  der  leitenden  PerBönKchkeit 
und  weist  zugleich  auf  die  Grenzen  ihrer  Kraft  hin.  Auch 
Alexander,  Cäsar  und  Napoleon  haben  ihre  Welt  in  Athem  ge- 
setzt; aber  sie  kämpft*  h  wie  Alexander  gegen  eiii  morsches 
Reich,  gegen  einen  Koloss  auf  tlionernen  P'üilen,  oder  gegen 
ein  iibsterbeiides  System,  wie  Cäsar  und  Napolr-oii;  iimi  die 
Mittel  zu  diesem  Kampfe  fand  Alexander  Torbereitet  durch 
meinen  großen  Vater,  den  anderen  aber  er^chlu.ss  die  Begeisterung 
für  die  junge  Freiheit  die  verborgensten  Schätze  und  fiiiirte 
Tauseude  freudiger  Kik  g<  r  zu,  über  welche  sie  kraft  ihrer 
amtlichen  Stellung  uneingeschrankt  geboten.  Anders  die  kar- 
thagisehen  Führer.  Mehr  geduldet  von  der  Behörde  als  bestellt, 
sammeln  sie  nach  der  gänzlichen  Erschöpfung  des  eigenen 
Landes  die  Mittel  zur  künftigen  Erhebung  in  der  Fremde,  in 
einem  vergessenen  Winkel  Europas  machen  sie  in  der  kurzen 
Spanne  Zeit  von  'ü  fahren  ans  Feinden  rnterthanen,  fesseln 
sie  durcii  nie  kargende  Entlohuuncr  der  Ai-beit  und  diireli  den 
Zauber  <ler  Persöulicidieit  an  sich  und  büiigeji  dadurcli  den  ge- 
meinen Vortheil  der  Masse,  welche  nicht  die  Vaterlandsliebe 
gegen  Korn  in  Bewegung  setzen,  nicht  die  Liebe  zur  Freiheit 
entflammen  kann,  mit  ihren  politischen  Zielen  in  Einklang;  in 
fieberhafter  Eile  YoUendet  der  Sohn  nach  dem  frühzeitigen 
Tode  des  Vaters  das  seltene  Werk,  gewinnt  in  kühnem  Sprunge 
den  italischen  Boden,  eröffnet  mit  einem  Häuflein  nackter  und 
abcfezehrter  (testalten  den  Krif^ij  nicht  ffesren  ein  morsehes  Reich, 
sondern  gegen  lin  kraftstrotzendes  Volk,  zertrümmert  seine 
Heere  in  mörderischen  Schlachten,  reiljt  ►'Siück  um  Stück  aus 
einem  festgefügten  Staatskörper,  der  Name  Roms  scheint  ver- 
nichtet —  da  versiegt  der  seichte  Quell,  aus  dem  er  die  Mittel 
zum  Kampfe  schöpfte;  sein  Flug  vermag  die  Landslente  nicht 
fortzureißen,  in  der  selbstgesehaffenen  Basis  —  in  Spanien  — 
fehlen  die  moralischen  Potenzen,  das  Unglück  des  Gegners 
aber  weckt  dessen  Kraft,  und  die  Zähigkeit  eines  ausdauernden 

..österr.  HHtolMlittte".  XII.  Jahrft.  19 


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178 


Jos.  Fuchs. 


Volkes  triumphiert  über  tli"  TColossalität  des  Genies:  wohl  hält 
er  sich  noch  einige  Zeit  dureii  «einen  an  Anskiint't.siuitlehi  nie 
verlegenen  Geist  in  den  Eingeweiden  Italiens,  aber  bald  stößt 
ihn  der  gesunde  Organismus  des»  römischen  Volkes  wie  einen 
Fremdkörper  ab.  Aber  froh  dieses  Krieges  kann  der  Militär 
nicht  weraen;  sosehr  ihn  ein  Feldherr  hegeistern  muss^  der 
bescheidene  Mittel  zu  so  imponierendem  Werte  zu  steigern 
wusste,  so  groß  muss  sein  Bedauern  sein,  dass  die  Ge- 
sehichtsehreibuug  nicht  imstande  ist,  den  urröchlichen  Zu- 
sammenhang der  Erscheinungen  zu  erklären  und  ihm  damit 
eine  Quelle  strategischer  und  taktischer  Erkenntnis  zu  eröffnen; 
die  Linie,  weleh»'  vom  Plane  zur  Ausführung,  von  dieser  zur  end- 
lichen Eutr,cheuiuug  führt,  ist  in  ihrem  Anfange  verstümmelt, 
in  der  Folge  vielfach  durchbrochen;  er  sieht  nur  den  Schluss 
der  einzelnen  Acte,  der  Verlauf  des  Schauspieles  ist  seinem 
Auge  entrückt,  er  kann  das  Genie  des  Künstlers  ahnen,  seine 
Schöpfung  nicht  sehen. 

Nicht  geringer  ist  das  Interesse,  welches  die  Schale  an 
diesem  Kriege  nimmt.  Zunächst  um  seiner  selbst  willen. 
Denn  keine  der  gi  nOen  Völkeraetionen  ist  wie  er  imstande,  die 
Phantasie  des  jug.'iiiÜirlien  Cieistes  mit  efller  Flanimo  vn  niüireii, 
au  dem  hohen  Beispiele  eines  auf  sich  seilest  gesleiiien  CnMstes 
die  schlummernde  Energie  zu  wecken,  iin  der  zähen  Ausduuer 
eines  nie  verzagenden  Volkes  verwandte  Gefühle  reifen  zu 
lassen  und  in  die  jugendliche  Seele  den  fruchtbaren  Keim 
einer  hohen  Lehre  zu  legen,  der  Lehre,  dass  die  kriegerische 
Leistungsfähigkeit  eines  Volkes  ihre  Wutzeln  hat  in  der  sitt- 
lichen Kraft,  eine  Lehre,  welche  ebenso  trostbringend  ist,  weil 
sie  das  Schicksal  der  Völker  vom  Zufalle  loslöst  und  in  ihre 
eigenen  Hände  legt,  wie  sie  sittlich  ist,  da  sie  zur  Arbeit  hinleitet. 
Zweitens  wegen  des  Geschichtschreibers  Liviiis.  Seine  Liebe  zur 
Wahrheit,  sein  glühender  Patriotismus  und  die  volle  Beherr- 
schung der  Sprache  umi  ihrer  Mittel  der  Darstellung  haben 
die  Unterrichl^verwaltungen  aller  Staaten  veranlasst,  ihn  in 
die  Hände  der  Jugend  zu  legen.  Aber  diese  Vorzttge  haben 
eine  wesentliche  Entwertung  erfahren  durch  die  Resultate  der 
Forschung,  welche  seit  Jahrhunderten  mit  immer  zunehmender 
Vehemenz  und  Sicherheit  dem  römischen  Autor  geringes  Ver- 
stand iiis  für  militärische  Fragen  vonvirft  und  das  \^rtrauen 
in  seine  Glaubwürdigkeit  arg  erschüttert  hat;  diese  Gering- 
schätzung des  Autors  ist  schon  zum  Gemeingute  der  Philologie 
und  llistorik  geworden;  mau  kann  jahrelang  stöbern,  ehe  man 
eme  Stimme  für  den  Verurtheilten  hndet,  es  ist  die  Stimme 
eines  Zurückgebliebenen,  Unb^reifKchen,  der  einer  ernsten 
Beachtung  nicht  wert  ist.  Daher  kann  auch  die  Schule  dieses 
Autors  und  dieses  Krieges  nicht  froh  werden;  denn  wenn  die 
Lectttre  mehr  sein  soll  als  ein  Spiel  mit  tönenden  Worten, 
wenn  die  Schule  mehr  bieten  will  als  die  Entwirrung  des 
grammatischen  Geheges,  wenn  vielmehr  nach  der  Überwindung 


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RomB  Strategie  tu  Beginn  de»  zweiten  punischen  Krieges.  179 


der  ersten  Seliu  ieriirkeiteii  der  Vorm  die  Träger  der  Cieschiehte 
in  den  Vordergrund  treten  und  der  Seliiiler  iu  deren  geistige 
Werkstatt  eingeführt  werden  soll,  damit  an  ihrer  Weise  zu 
deukeu  der  jugendliche  Geist  sich  befruchte,  au  ihrer  W^eise 
kraftvoll  7.u  handeln  die  schlummernde  Thatkraft  sieh  rege, 
so  ist  ein  Antor  wertlos,  dem  auf  Sehritt  und  Tritt  geringes 
Verständnis  der  Materie  vorgeworfen  wird«  der  den  von  den 
Quellen  gebotenen  Stoff  nicht  zu  sichten  verstehe,  der  die  poli- 
tischen Fragen  verwirre  und  militärische  Probleme,  die  den 
größten  Theil  der  Leetüre  bilden,  nicht  zu  lösen  die  Kraft  hat; 
und  die  Lectüre  eines  solchen  Autors  ist  nicht  nur  wertlos, 
sie  ist  eine  Getahr,  da  sie  einem  ])edeuiilichen  Culte  der  Form 
früliiit  und  die  Gedankenschulung  im  Keime  erstickt,  und  man 
kann  es  denen  nicht  verdenken ,  welche  fragen,  warum  man 
die  gleißende  Schale  mit  dem  hohlen  Inhalte  noch  länger  in 
den  Händen  der  Jugend  lasse. 

Ehe  man  aher  mit  einstimmt  in  I  n  allgemeinen  Chor  der 
Verkleinerung,  geziemt  es  sieh,  die  Berechtigung  zu  prüfen,  mit 
welcher  die  Forschung  dieses  wegwerfende  nnd  veniiehtende 
I  rtlieil  iil>»'r  den  römischen  Autor  fällt.  Hier  darr  zunächst 
eine  allgemeine  Erwägung  Raum  finden.  Das  Alterthum  hat  die 
Civil-  und  Militärverwaltimg  nicht  getrennt  die  Vorbereitung 
ftir  den  öffentlichen  Dienst  und  die  Ausübung  desselben  umlasste 
beide,  nnd  die  alljährlich  geführten  Kriege  haben  nicht  nur  in 
den  leitenden  Kreisen  eine  Summe  von  Erfahrungen  groUgezo^en, 
welche  die  Lehren  der  Theorie  theils  ergänzten,  theils  berich- 
tigten, auch  in  den  breiten  Schichten  des  Volkes  entwickelten 
die  jährlichen  Kämpfe  einen  instiuctiven  Blick  für  die  Forde- 
rungen des  Krieges.  Ganz  anders  heute.  Der  bürgeiliehe  nnd 
militärische  Beruf  liegen  w»'ital)  voneinander  getrennt;  Kriege 
werd^'n  selten  geführt,  der  letzte,  welcher  die  ganze  Armee 
bciciiaftigte,  liegt  fast  ein  Alenschenalter  hinter  uns;  die  bürjjer- 
Hche  Erziehung  vermittelt  den  genauen  Einblick  in  die  Kriegs- 
geschichte, von  dem  demnach  allein  die  Kenntnis  der  Natur 
des  Krieges  abhän|^,  gar  nicht;  innerhalb  des  militärischen 
Berufes  gewinnt  sie  nur  der,  wel -lier  nach  den  Mühen  des 
Tages  Selbstverleugnung  genug  besitzt,  i^af  die  Annehmlich- 
keiten der  Erholung  zu  verzichten  und  die  Heschwernis.9e  eines 
intensiven  Studiunis  zu  wählen.  Wie  kommt  es  nun,  so  darf  man 
tragen,  dass  das  römische  Publicum  mit  seiner  unleugbar  har- 
nu)nischen  Erziehung  kein  Wort  des  Tadels  gefunden,  unsere 
Zeit  aber  mit  ihrer  einseitigen  Bildung  auf  dem  ihr  fremden 
Gebiete  nur  ein  ürtheil  toU  Spott  und  £u>hn  ausgesprochen  hat? 

Diese  Frage  an  einem  concreten  Falle  zu  beleuchten,  sei 
es  gestattet,  aus  der  Flut  Ton  Aiü^lagen,  welche  die  Forschung 
gegen  den  römischen  Autor  erhoben  hat,  eine  herauszuheben, 
die  erste  der  Zeit  und  Bedeutung  nach  in  diesem  Kriege,  die 
Vorwürfe  nämlich,  welche  sich  ge^en  den  strategischen  Aufbau 
deä  Krieges  richten.  Der  römische  benat,  welcher  die  Grundzüge 

12» 

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180 


Jo«.  Facha. 


des  Pi:in»'ö  te.ststelite,  habe  die  Absichten  liaiinibal.s.  da  dieser 
in  Spanien  von  Sieg  zn  Sieg  eilte,  uicht  begriffen,  ans  .seiner 
Biiudiieit  und  Luthiitigkeil  sei  er  erst  herausgetreten,  als  die 
beste  Zeit  des  Handelns  schon  Terstriehen  war;  statt  eine  kräftige 
OffensiTe  zu  ergreifen,  wie  es  die  Art  seiner  Väter  war,  habe 
ihm  eine  schwächliche  und  unentschiedene  Defensive  beliebt; 
der  römische  üeschichtschreiber  habe  beide  nicht  begriffen,  den 
Senat  uicht  und  Hannibal  nicht;  wiewohl  er.  geraume  Zeit  nach 
den  Ereignissen  schreibend,  (-Gelegenheit  und  Muße  genug  gehabt 
hätte,  den  Knoten  zu  entwirren,  habe  er  die  KlarhHit  nicht  ix*'- 
fördert,  und  hätten  wir  uicht  den  grieehisch«'ii  Autor,  Polytjiu^ 
den  Strategen,  so  wäre  es  um  unsere  Kunde  vou  diesem  Kriege 
sehlecht  bestellt. 

Diese  Anklagen  bedürfen  der  Beleuchtung. 

Die  erste  Frage,  welche  im  Angesichte  eines  Krieges  die 
leitenden  Factoren  beschäftigt,  ist  die  Fraee  nach  dem  Ope- 
rationsziele; unter  dem  Operationsziele  Terstelit  man  jenes  feind- 
liche Objeci,  dessen  Gewinn  den  Krieg  entscheidet,  es  sei  ein 
wichtiges  Stück  des  feiudlichen  Gebietes  od<M'  <Mnp  pnlitischc 
oder  militärisehe  r»»ntrnle  oder  die  feindliche  )•  ddai  luec  oder 
eine  Coiubiiiation  hievon;  die  Linie,  welche  zu  diest  in  Objecte 
führt,  ist  die  Operatiouslinie.  Die  Wahl  des  Operution.szieles 
nun  und  im  Zusammenhange  damit  der  Operationslinie,  sowie 
die  Vertheilung  der  Streitkräfte  auf  derselben  ist  vielleicht  die 
schwierigste  und  zugleich  die  wichtigste  Aufgabe  der  Strategie; 
die  schwierigste,  weil  ihre  Lösung  nicht  nuj  die  genaue  Kennt- 
nis der  beiderseitigen  Kampfmittel,  der  fremden  wie  der  eige- 
nen, der  physischen  wie  moralischen  Seite  nach,  sondf*rn  auch 
einen  Hlick  in  du'  S^^le  des  (tefVfi.Tv  /ur  Vornns'^otziinti*  h:if. 
denn  die  wahrschLinliche  Taktik  des  liej^uers.  wt  lriie  bei  der 
Construction  des  Planes  uicht  ganz  ohne  B'nicksichtiguug 
bleiben  darf,  resultiert  aus  seineu  Mitteln  und  seinem  Charakter; 
die  wichtigste  Aufgabe,  weil  sie  den  Verlauf  des  ganzen  Feld- 
zuges beherrscht  und  unglflcklich  gelöst  nie  oder  nur  mit  un- 

feheuern  Opfern  an  Gut  und  Blut  wieder  gutgemacht  werden 
ann;  denn  einmal  in  eine  falsche  Richtung  geworfen,  können 
Truppen  und  Heeresanstalten  nur  mit  einem  schweren  Verlust»* 
an  Zeit  eine  andere  Direction  erhalten,  ein  Zeitverlust,  der  iu 
der  Regel  auch  den  Verlust  des  Krieges  bedeutet. 

Zwei  Heispinh»  nKtnt  n  die  Bedeutung  der  Operationslmie 
verauschauiieheji.  Aji  unserem  eigenen  Leibe  haben  wir  sie 
schmerzlich  erfahren. 

Als  Österreich  im  Jahre  180ä  den  Krieg  gegen  Napoleon 
beschloBS  —  S^gen  den  Vyillen  des  Erzherzogs  Karl,  welcher 
die  geringe  Vorbereitung  Österreichs  wohl  kannte  und  wenig- 
stens um  den  Aufschub  eines  Jahres  bat,  auf  Drängen  Eng- 
lands, dessen  Geld  uns  imponierte,  weil  wir  selbst  nie  eines 
zur  lecliten  Zeit  liesurien  —  battn  iiiun  dif»  Absicht,  NapolfM>ns 
Machtgebiet  au  den  beiden  otteueu,  durch  die  Alpen  getreuuteii 


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Koius  Strategie  zu  Beginn  des  zweiten  puiiiscbeu  Kriege)«.  181 


Linien,  am  Inn  und  am  Mincio,  anzugreifen,  demgemäß  die 
Hauptmacht  uuter  Erzherzog  Karl  nach  Italien  zu  schicken, 

den  kleineren  Rest  unter  General  Mack  über  den  Inn  vorzu- 
schieben, um  Bayern  der  IVanzö^äischen  Allianz  zu  entreil^en, 
dann  die  Russen,  dif  indes  noeii  an  der  Reichsgrenzo  staudeii, 
zu  «»rwarten  und  eudlich  zu  gleicher  Zeit  mit  der  Foaimee, 
die  inzwischen  Raum  gewonnen  haben  musste,  deu  concentri- 
ßcheu  Angi  iü  gegen  Frankreich  zu  Tollenden.  Napoleon,  welcher 
den  größten  Theil  seiner  Kraft  im  Lager  zu  Boulogne  vereinigt 
hatte,  Überschaute  die  Lage  mit  raschem  Blicke :  er  erkannte,  dass 
sich  die  verbündeten  Gegner  freiwillig  in  das  Verhältnis  der  drei 
Curiatier  gesetzt  hatten,  und  er  beeilte  sich  auch,  die  Situation 
nach  dem  antikpu  Muster  auszunützen.  Wiewohl  an  Streitkräften 
Nap(»lMon  \soit  übcrlcgeM.  warfii  dif  \  (*rl)iindeten  iii  drei  weit 
\on  einander  entieiiit<^  Gruppen  gespalten:  voran  der  unge- 
duldige Mark,  weit  rückwärts  die  Russen,  weit  abseits  in  Italien 
Erzherzog  Karl.  General  Mack  vervollständigte  die  Situation» 
indem  er  unter  dem  Schlagworte  der  OflensiYe  nicht  bloß  bis  an 
den  Lech,  sondern  sogar  bis  an  die  Hier  vorrückte,  und  wurde 
in  Ulm  eingeschlossen,  ehe  die  Russen  ihn  befreien  konnten;  diese 
wurden  geschlagen,  ehe  noch  Erzherzog  Karl  anrücken  konnte; 
denn  als  die  Entscheidung  bei  Austerlitz  fiel,  stand  er,  wiewohl 
er  durch  den  schönen  Schlag  bei  Galdiero  Massena  von  sich 
RbETPschüttelt  hnttp,  noch  tief  in  Ungarn,  vier  Märsche  hinter 
Körmend.  So  war  iler  beste  Theil  der  Kraft  in  eine  falsche 
Richtung  geworfen,  der  Rest  war  zersplittert  und  gab  dem 
Gegner  freie  Balm  ins  Herz  des  Reiches. 

Eine  bessere  Wahl  der  Operationslinie  zeig^  Athen  im 
zweiten  Perserkriege.  Als  die  Athener  nach  der  Schlacht  bei 
Marathon  in  Erwartung  der  uugelieiiren  Massen,  mit  welchen 
die  Perser  das  Abendland  zu  überschwemmen  drohten,  vor  der 
Wahl  standen,  ilirr  Land-  oder  ihre  Seemacht  uufzugestalten,  da 
sie  für  die  gleichzeitige  Entwicklun«/  Ix-idcr  /n  si-!nv:tcli  wMvrn. 
da  wiesen  wohl  die  Erfahruii;4eii  der  Ift/tcn  \  c» uaiigenneit 
deutlich  auf  die  Fortentwicklung  des  iiopliteuheercs  luu,  da 
dieses  bei  Marathon  seine  Überlegenheit  über  das  Perserheer 
in  glänzender  Weise  bekundet  hatte,  während  die  griechische 
Flotte  bei  der  Insel  Lade  hatte  den  Kürzeren  ziehen  müssen; 
aber  die  Erfahrungen  der  jüngsten  Vergangenheit,  so  wertvoll 
sie  sind,  dürfen  nicht  die  einzigen  Rathgeber  sein:  vielmehr 
will  der  kommende  Krieg  nach  seinen  wahrscheinlichen  Be- 
dingnncTPU  gemeff^en  worden,  und  diese  ersehloss  Themistokles. 
Em  i^roCe«?  Landlieer.  <las  sich  von  Asien  nach  Kuropa  wälze 
und  bei  seiner  GrüÜe  unniügUeh  die  liediuguugen  seiner  Exi- 
stenz auf  dem  Wege  linde,  könne  ohne  eine  grolle  Traus- 
port- und  diese  deckende  Kriegsflotte  nicht  gedacht  werden; 
je  größer  das  Landheer  sei,  umso  großer  sei  seine  Abhängigkeit 
von  der  begleitenden  Flotte;  suchten  nun  die  Athener  ihre 
Kraft  im  Hoplitenheere,  so  ist  im  Falle  eines  Sieges  die  Flotte 


* 


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182 


Jos.  Fuchs. 


nicht  berührt,  es  ist  bloß  eine  Hälfte  der  Arbeit  gethan,  die 
Operationen  zur  Seo  boten  aber  den  zweifachen  Vortheil,  dass 

die  gri^ßere  Beweglichkeit  der  Flott«'  im  Falle  einer  Niederlage 
vor  öclaverei  und  völliger  Veruichtiiii!j:  >phüt/tH.  ein  Sieg  aber 
zugleifb  auch  die  Kraft  des  feintUicheu  Lauülieeres  läbmte. 
Die  Zähigkeit,  mit  WfKlit  r  Themistokles  seine  Idee  zum  Siege 
führte,  hat  Griecheulaud  und  die  abendländische  Cultur  gerettet. 

Vor  diese  ernste  Frage.  Tor  die  Wahl  des  Operationszieles 
und  die  Yertheilung  der  Streitkräfte  auf  der  Operattonslinie, 
sah  sich  Rom  von  dem  Augenblicke  au  gestellt^  als  es  sich  klar 
wurde,  dass  die  Absichten  Hannibals  über  Spanien  hinausgiengen, 
es  sei  ror  oder  während  der  Belagerung  Sagiints  oder  nach 
dem  F'alle  desselben.  Korn  liatte  7unächst  die  VV'ahl  der  Offen- 
sive oder  Defensive:  im  Kall»'  der  Offen>^ive  musste  es  zwei 
möglifiie  Operatiousziele  ms  Auge  fassen,  Karthago  und  Spanien. 

Karthago  war  durch  seine  Lage  auf  einer  Halbinsel,  durch 
seine  ungewöhnlich  hohen  und  breiten  Mauern  und  durch  die 
stete  Kürsorge  der  Bürger  für  seine  Armierung  eine  Festung 
und  ein  Waffenplatz  ersten  Ranges.  Die  festen  Plätze  des  Alter- 
thumes  haben  immer  eine  grcUiere  Widerstandsfähig^keit  gezeigt 
als  die  der  heutigen  Zeit:  nicht  nur  dass  die  A\  äffen techmk 
noch  nicht  imstande  war,  Werke,  an  denen  Jahrhunderte  ge- 
arbeitet hatten,  in  Monafm  nd.T  ijar  Woclien  zu  vernichten, 
das  traurige  lios.  das  jimIci-  t'iii<'ejiommeneu  Stadl  harrte,  stei- 
gerte die  Tapferkeit  und  Zähigkeit  der  V^rtheidiger  zu  einem 
Grade,  der  noch  heute  unser  gerechtfertigt rs  Stuuneii  hervor- 
ruft; nur  eine  Einschließung  und  langwierige  Belagerung  konnte 
zum  Besitze  eines  so  günstig  gelegenen  und  trefflich  armierten 
Platzes  führen,  eine  Arbeit,  welche  —  nach  den  Erfahrungen 
des  dritten  punischen  Krieges  —  mehr  als  drei  und  vier  con- 
sulai  ische  Heere  erheischte  und  eine  iStörung  von  einer  anderen 
iSeite  nicht  vertnicr. 

Das  zweit»'  Operiitionsziel  war  dif  spanisrle'  Fe]dnrni(»e. 
Diese  war  aus  den  Trümmern  des  ^icilischi-n  iieercs  hervor- 
gegangen und  ergänzte  sich  aus  Afrika  und  den  eroberten 
Läuderu  Spaniens.  Weniger  durch  das  Band  der  Untertbaueii- 
treue  als  durch  reichliche  Entlohnung  der  kriegerischen  Arbeit 
zusammengehalten  T  hatte  sie  den  Keim  der  Auflösung  in  sich 
bei  seh  wacher  Leitung,  konnte  aber  ein  furchtbares  Werkzeug 
in  der  Hand  »  inns  Mannes  werden,  der  es  verstand,  die  rohen 
Instiuett*  zn  zügeln,  mit  der  Kühnheit  und  dem  Wagemuthe 
df»s  AVH-nteurers  die  Zucht  de«  Soldaten  zu  venMnirr<m  und  (h*n 
<;t'in"ineti  Vorthcil  d*'r  Mass»'  uiii  seinen  politiNclirn  Zirlt-n  in 
Einklang  zu  bringitn.  Einen  genauen  lUick  in  das  üeiüge  ilieser 
Armee  hatten  die  Körner  bei  der  großen  Eniternnng  und  der 
Mangelhaftigkeit  der  damaligen  Berichterstattung  g<  mHss  nicht 
gethan,  aber  das  rasche  Wachsthum  der  karthagischen  Macht 
in  Spanien  ließ  ihre  feste  Organisation  ahnen,  der  schnelle  Fort^ 
gang  der  Belagerung  einer  der  stärksten  Festungen  musste  die 


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Roma  Strategie  su  Beginn  des  iweiten  panischen  Krieges.  183 

Gewissheit  geben,  dass  auch  zwei  eonsnlarisehe  Heere  nicht 
imstande  wären,  diese  Armee  zu  biudeu  uder  gar  zu  bezwingen; 
kurz,  Koin  war  für  den  gleichzeitigen  offensiven  Vorstoß  gegen 
Karthago  und  Suauieii  viel  /.n  schwach,  auch  weuu  es  gleich 
im  Anfange  des  Krieges  eine  ungewöhnliebet  mit  seiner  Heeres- 
organisation  kaum  ▼erträglielie  Anstrengung  gemacht  hätte. 

Konnte  aber  die  Bezwingung  des  Gegners  nicht  in  zwei 
gleichzeitigen  Stößen  erfolgen  und  ransste  sie  in  zwei  aufein- 
anderfolgende Actionen  zerlegt  werden,  so  war  es  wiederum 
ansgesdilossen,  dass  Karthago  das  erste  ( )})eration8zipl  sei.  weil 
die  B»'<lr(»liung  dieses  Platzes  mit  der  gan/«'n  Macht  entweder 
das  eigene  Land  bloßstellte  oder  «las  freie  und  bewegliche 
Element,  die  spanische  Armee  zum  v>i  hutze  des  bedrohten  Kar- 
thago herbeirief  und  damit  die  beabsichtigte  und  nothwendige 
Theünng  der  Arbeit  wieder  aufhob.  Es  blieb  demnach,  wenn 
Rom  der  drohenden  punischen  Gefahr  durch  eine  kräftige 
Oöensive  begegnen  wollte»  nur  übrig,  dass  es  sich  mit  unge- 
theilter  Kraft  auf  Spanien  werfe;  die  Wahrscheinlichkeit  aber 
zu  messen,  mit  welcher  liom  auf  einen  günstigen  Ausgang 
dieser  ungetheilten  Action  gegen  Spanien  rechnen  konnte»  ist 
nicht  schwer. 

Horn  iiob  ini  .l:ihre  ^2\H  sieben  Legionen  aus  und  vertheilte 
diese  Macht  so  aui  die  drei  Kriegsschauplätze,  dass  die  beiden 
Consuln  Sempronius  und  Scipio  zusammen  50.000  Mann  In- 
fanterie nnd  Cavallerie  erhielten  und  der  Rest  den  Prätoren  am 
Po  zugewiesen  wurde.  Nehmen  wir  nun  an,  Rom  hätte  diese 
Rüstungen  schon  ein  oder  zwei  Jahre  frtther  ins  Werk  gesetzt 
und  hätte  die  gesammte  gegen  Karthago  und  Hannibai  ver- 
fügbare Macht,  also  r>(J. OOn  Mann,  nach  Spanien  geworfen; 
gehpH  wir.  um  den  Fall  recht  grell  zu  beleuchten,  noeh  einen 
SchritT  weir<*i-  und  nehmen  wir  an,  Rom  hätte  die  doppelte 
Anstrengung  geiuacht  nnd  wäre  in  der  aullergew(»linlichen 
Stärke  von  lUO.UUO  Mann  in  Spanien  aufgetreten;  nehmen  wir 
endlich  an,  Rom  hätte  diese  Macht  durch  die  Saguntiner 
oder  ein  Jahr  später  durch  die  nordspanischen  Cantone  auf 
13U.0(J<)  Mann  streitbarer  Truppen  erhöht,  unter  welchen  Be* 
dingungen  hätten  sie  in  Spanien  kämpfen  müssen  oder  wie 
groB  war  die  Wahrscheinlichkeit  des  Erfolges?  Auf  der  römi- 
schen Seite  eine  Truppe,  welche  wohl  kräftig  nnd  voll  natür- 
lichen Muthes  war.  von  der  aber  kaum  ein  Vierthe-il  vor  dem 
Feinde  gedient  hatte  und,  vom  Pfluge  geholt,  dieser  über- 
seeischen Expeiliiion  kaum  das  nöthige  Verständnis  entgegen- 
brachte, befehligt  von  Consuln,  welche,  wenn  vereint,  die 
Führung  dieser  für  Rom  unerhörten  Massen  nicht  geübt  hatten, 
wenn  getheilt  auftretend,  die  schwierige  Cooperation  noch 
weniger  verstanden  und  dem  Feinde  leichte  Gelegenheit  zu 
Theilerfolgen  gaben,  auf  fremdem,  durch  das  feindliche  Gebiet 
eng  begrenztem  Terrain,  gestützt  auf  eine  einzige  Festung  oder 
ein  wenig  verlässliches  Land,  mit  den  Subsidien  der  Heimat 


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184 


Jos.  Fnch». 


nur  durch  das  unzuverlässicrt».  durch  oinige  Monate  des  Jahre» 
gänzt!<*h  (j'^'^'hloiisenp  Meer  verbunden  —  dort  vin  der  Zahl 
nacli  j^leicli  starkes  Heer  von  Veteranen,  dem  drr  Kritju;  Heruf 
war.  mit  Land  uud  Leuten  vertraut,  unter  einem  Führer,  wel- 
clier,  in  die  Geheimnisse  der  Kriegskunst  von  seinem  genialen 
Vater  eingeweiht,  alle  Zweige  des  Dienstes  bis  zur  Führung 
der  Masse  gefibt  und  sein  Land  zu  einer  großen  Rüstkammer 
des  Krieges  gemacht  hatte:  wenn  es  wahr  ist,  was  Napoleon 
einst  gesagt  hat,  dass  die  Schlachten  schon  vor  dem  ersten 
Schusse  entschieden  sind,  das  heißt,  dass  jedes  Heer  die  Be- 
dinguncren  des  Siet^es  oder  dor  NitMlerlag»'  in  sich  tvn^e.  und  hs 
ist  wahr,  so  kann  über  Schicksal  der  Ihmikt  in  Spauien 
nicht  mehr  gezweifelt  wridcii.  Wem  diese  Erwägungen  nicht 
genügen,  den  dai  l  nmii  aut  den  festen  Boden  der  Erfahrung  ver- 
weisen; wenn  Haunibal  bei  Oaunä,  um  von  der  Trebia  und  dem 
Trasimenischen  See  zu  schweigen,  als  seine  Truppe  schon  viel- 
fach mit  den  minderwertigen  keltischen  Elementen  versetzt  war, 
duirli  die  treflfliche  Organisation  der  Armee  und  seine  taktisch*? 
Meisterschaft  die  doppelte  Zahl  des  Gegners  nicht  bloß  besiegt, 
sondern  vernichtet  hat.  .so  wird  man  sich  kaum  der  Über- 
treibung schuldig  machen  mit  der  BeliMiiptun»^.  ob  die  I\'f«mer 
">()  «  n  odfr  1(M).(M)()  Mann  sturk  in  Spanien  autgoircten  wären. 
k«iii  einziger  Manu  hätte  den  Boden  dieses  Landes  lebend 
verlassen. 

Nach  diesen  Darlegungen  kann  es  kaum  einem  Zweifel  mehr 
unterliegen,  dass  Rom  für  die  Offensive  viel  zu  schwach  war, 
und  fragen  wir  nun  die  Autoren,  welche  über  die  Anschauungen 
der  leitenden  Kreise  berichten,  zunäeh.st  den  vielgeschniähten 
Livius.  so  erhalten  wir  XXI.  (>,  0  ein  klares  und  sprechendes 
Bild  (li'r  Situation.  Der  Srnat  war  in  seineu  Anschauunirf^n 
über  (b'ii  sn-aii-Lrisclicii  Aufbau  des  Krieges  gethcilt.  wie  es  nur 
natürlich  ist  in  einer  Frage,  in  weleher  nicht  bloli  die  damals 
erschwerte  Kenntnis  der  gegnerij>chen  Machtmittel,  sondern  auch 
d^  Verständnis  für  die  feinsten  Imponderabilien  maßgebend 
ist;  drei  Parteien  kamen  noch  während  der  Belagerung  Sagunts 
im  Senate  zum  Worte:  die  eine  wollte  Karthago  und  Spanien 
zu  Wasser  und  zu  Lande  angreifen,  sie  wölke  also  eine  vier- 
fache Operationslinie  —  es  waren  dies  die  Chauvinisten,  weiche 
nur  das  siegende  Rom  des  ersten  punischen  Krieges  vor  Augen 
hatten  und  vergali^Mi.  da.'^s  der  kommende  Krieg  fjeänderte  Be- 
dinofungen  des  Kamjdes  bringen  könne;  die  Verständigeren 
wullirii  die  uliensive  Kraft  nach  einem  Punkte,  Spanien,  con- 
ceutnereir.  die  dritte  Partei  wollte  warten,  sie  wollte  die  Offen- 
sive nicht,  sie  war  die  allein  sehende.  Die  moderne  Geschicht- 
schreibung steht  im  Banne  der  beiden  ersten  Anschauungen, 
sie  wird  ihre  Meinung  ändern  müssen.  Freilich  wenn  wir  den 
griechischen  Autor  fragen,  Poljbius  den  Strategen,  so  müssen 
wir  auf  eine  genaue  Orientierung  verzichten:  nur  III.  lö,  12 
legt  er  der  Gesandtschaft  in  Spanien  Worte  in  den  Mund,  welche 


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Koma  Strategie  xu  B(»giiiii  de*  xweitcn  puniscben  Kriege«»  185 


die  ÄusehauuDg  der  zweiten  Partei  ausdrücken  und  die  Offensive 
nach  äpanien  verlaiigen.  Ich  will  nicht  annehmeu,  dass  e»  des 

Polybius  eigene  Meinung  ist:  denn  sie  ist  unrirhtif^. 

WtMif!  jtlt'  i-  (lit>  Rönit-r  die  Ottensivf*  verwarten  niid  sicli 
für  die  DfU'u.sivc  eulscliifdeD,  so  lausütrn  sie  vt)U  »It'rseiix'n  auch 
positive  Vortheile  erwarten.  Dies  scheint  allerdings  autfallend 
IUI  Augesichte  der  Wertschätzung,  welche  die  Offensive  in  der 
Kriegsgeschiclite  von  Homer  an  bis  auf  den  heutigen  Tag  ge- 
nießt und  mit  Recht  genießt,  denn  ihre  Vortheile  sind  in  die 
Augen  springend.  Die  Offensive  sucht  den  (logner  aui\  um 
ihn  zu  schlagen,  sie  ist  es,  die  den  Krieg  beginnt;  sie  geht 
demnach  hervor  aus  dem  Gefühle  der  Vorbereitung  und  dem 
Hewusj^tsein  der  Kraft;  indem  sie  ferner  da.s  Heer  in  Bewegung 
setzt,  den  Feind  aufzusuchen,  erhöht  sie  nicht  nur  die  lebendig*' 
Kraft  desselben,  sondern  erlndit  Jiiich  in  jedem  einzelnen  Manne 
die  Zuversicht  und  deji  Mulh,  du  jeder  ein/*eliie  Mann  in  der 
Vorwärtsbewegung  den  Ausdruck  der  fStärke  empUndet;  kurz, 
die  Offensive  geht  hervor  aus  der  Stärke  und  erzeugt  wiederum 
Starke;  kein  Wunder,  wenn  es  die  angelegentliche  Sorge  jeder 
Militärrerwaltung  ist,  den  ofifeusiven  Trieb  auch  im  geringsten 
Manne  großzuziehen.  Die  Defensive  dagegen  hat  die  gegen- 
theiligen  Eigenschaften:  sie  wartet  den  Gegner  ab,  dieses  Zu- 
warten ist  das  Eingeständnis  der  Schwäche,  wenigstens  der 
momentanen  Schwäche,  und  wirkt  ];ilinien<l  auf  alle  Glieder  des 
Heeres.  Aber  <l;e  ()ttV»nsive  hat  auch  üiieu  wunden  Punkt.  Indem 
sie  den  Feind  aufsucht,  entfernt  sie  sieh  von  der  Basis,  der 
Quelle  ihrer  Kraft,  verringert  also  mit  jedem  Tage  die  leichte 
Möglichkeit  eines  raschen  Ersatzes  der  Abgänge.  Noch  mehr. 
Das  Wesen  der  Offensive  ist  die  Bewegung,  die  Bewegung  gegen 
den  Feind,  jede  Bewegung  ist  Arbeit.  Arbeit  aber  verbraucht 
Kraft,  und  dieser  Kräfteverbrauch  äußert  sich  in  der  Ab- 
brüeklung  durch  die  Mamden.  Kranken.  Todten,  durch  Ab- 
nützung  des  Materials,  endlicli  m  der  Nothwendij^keit.  die  bereits 
zurüekmdpfjte  Linie,  die  Commuiiicationslinie,  zu  i?i(']iern,  um  den 
Zusammenhang  mit  der  Basis,  der  Quelle  der  Kraft,  nicht  zu 
verlieren;  je  weiter  nun  die  OÜensive  geht,  das  heißt,  je  größer 
die  Strecke  ist  bis  zum  Zusammenstoße  mit  dem  defensiven  Gegner, 
umso  größer  ist  die  Einbuße  an  Kraft;  es  muss  also  bei  fort- 
gesetzter Ofl'ensive  einen  Punkt  geben,  auf  welchem  sie  cul- 
miniert,  über  den  sie  nicht  hinausgehen  kann,  ohne  die  Eig- 
nung zui*  taktischen  Entscheidung  zu  verlieren.  Dieser  Punkt 
war  für  Napoleon  im  .Talire  1^1).")  Austerlitz.  iwiy  Moskau ;  im 
er.sten  F;ille  gaij  ihm  der  banguinismus  des  rus.si^ehen  Kaisers 
noch  di<'  (ielegenlieit  eines  Sieges,  im  zweiten  mussie  er  ohne 
Entscheidung  umkehren,  trotzdem  er  den  Feldzug  mit  einer 
halben  Million  Streitern  eröffnet  hatte. 

Wenn  nun  die  Stärke  der  Offensive  mit  der  zunehmenden 
Entfernung  abnimmt,  ihre  Schwäche  mit  der  Entfernung  wächst 
und  wachsen  kann  bis  zur  Auflösung,  so  wäre  es  ein  Fehler 


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186 


Jos.  Fachs. 


der  römischen  Oberleitung  gewesen,  einen  Voriheil  nicht  zu 
benützen,  der  ihr  durch  die  Lag»'  j 'LT^^ben  war;  denn  Neu- 

Karthago  ist  vom  Her7:f»n  Ttalien«!  auf  dem  Landwege,  anf  welchem 
d'o  Köim-r  Huiinibal  »*r\varten  nuissten  und  ti-otz  jiHhi-  Protest«' 
der  <  M'scliichtschreihinio-.  wie  ihro  Taktik  und  ihr<'  Autoren 
zeigen,  wirklieii  erwartet. 'u.  weit  über  2UIM) /.-»//  eutferut.  eine 
Strecke,  die  auch  bei  günstiger  Terraingestaltung  den  Stand 
einer  Truppe  erbeblieh  Termiudem  muss,  hier  aber  durch  die 
Mangelhaftigkeit  der  Straßen,  dnreh  den  Übergang  über  reißende 
Ströme  mit  den  Mitteln  des  Augenblicks,  durch  die  Kämpfe 
am  £bro  und  in  Gallien,  durch  den  Übergang  über  Hochgebirge, 
welche  zu  allen  Zeiten  der  geturchtete  Boden  der  Heere  waren, 
die  Operationstahiijkoit  vernieliten  musste.  Die  römische  Ober- 
h*itun<r  hätte  daher  im  An^csii  hte  dieser  unLreiu'uern  Strecke 
und  ilirer  zersetzenden  iikung  nur  die  l>e(|ueine  Aufgabe  ge- 
habt, ruhig  in  der  Heimat  zu  bleiben  und  den  Process  des 
Kräfteverbrauches  beim  Gegner  nicht  zu  stören,  wenn  es  anf 
dem  weiten  Wege  nicht  einen  Punkt  gegeben  hatte,  welcher 
dem  Gegner  für  die  verbrauchten  Kräfte  Ersatz  bot  —  Ober- 
italien: daher  musste  ihm  Rom  vor  der  Vereinigung  mit  den 
Kelten  Oberitaliens  entgegentreten,  auf  einem  Punkte  also,  anf 
welchem  er  wohl  durch  die  Reibungen  des  Marsches  seine  Furcht- 
l):irkeit  eingehüllt,  Erholunij  und  Ersatz  a))er  noch  nicht  ge- 
funden iiatte.  Da  sich  unmittelbar  hinter  den  Kelten  Oberitalit^ns 
die  Alpen  erheben  und  diesen  aut  der  westlichen  Seite  wiederum 
ein  Fluss  vorliegt,  beide  aber,  Gebirge  und  Fluss.  ein  neues 
und  wesentliches  Moment  in  die  Vertheidiguug  bringen,  so 
scheint  es  geboten,  deren  Bedeutung  für  die  Vertneidigung  mit 
einigen  Woiten  zu  streifen. 

Das  hohe  Gebirge  und  der  große  Fluss,  nicht  als  Kriegs- 
schauplatz, sondern  als  strategische  Barrieren  betrachtet,  sind 
Hindernisse  der  Heweuune:.  welche  mw  auf  einifjen  von  der 
Natiir  vnrm»zei<'hneten  Punkt'-n  überschritten  werden  können: 
es  ist  nun  dei-  Gedanke  naiieiirurnd,  diese  von  der  Natur  ül^rit;- 
gelassenen  Lücken  zu  schlielieu,  djis  heilJt  die  l*ässe  und  die 
möglichen  Übergänge  des  Flusses  zu  besetzen  und  damit  dem 
Angreifer  einen  festen  und  dauernden  Riegel  vorzuschieben. 
Sosehr  sich  dieser  Gedanke  dem  ersten  Blicke  einschmeichelt, 
sosehr  er  in  Laienkreisen  durchwegs  überaeugte  Anhänger  be- 
sitzt und  selljst  eine  Zeitlang  die  Signatur  des  Krieges  wurde, 
so  liat  er  doch  nur  beschränkte  Geltung  und  ist  nur  durch- 
führbar bei  einer  bescheidenen  Ausdehnung  des  Hindernisses: 
eine  weitere  KrstreckunL''  des<ell)fji  aber  zersplittert  die  'rru|ij>e 
des  V'ertiitidiLi'Ts.  raubt  iiir  zunial  tiu  Gebirge  diiü  uv»lhweudigeü 
Zusammeuhunir  uini  iribt  dem  vorurtheilsh>sen  Anureifer  Anlass 
zum  gewaltsamen  Durclibruche  mit  der  an  einer  Stelle  massieHen 
Kraft,  während  die  geringe  Ansdehnutig  der  Vertheidigungs- 
linie  wiederum  zur  Umgehung  einlädt:  so  hat  Napoleon  im 
Jahre  1796  die  Linie  der  Österreicher  und  Sardinier,  die  sich 


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Roms  Strai^e  sa  Beginn  dea  vweiten  punischen  Krieges.  187 


von  der  Bocchetta  westwärts  erstreckte,  mit  einem  kräftigen 
Stoße  in  der  liiehtung  gegen  Tnrin  durcbbroclien,  damit  dieses 
gewonnen  nnd  die  (Österreicher  zum  Rückzüge  hinter  den  Po 
gezwungen;  so  hat  Napoleon  denselben  Gegner,  als  dieser  am 
Mincio  seine  Macht  an  die  Ubergnngspunkte  zienilicli  gleich- 
mäßig vertheilte  und  am  Flusse  kleben  blieb,  durch  den  mas- 
sierten AngiiÜ  bei  Valeggio  geuöthigt,  die  Vertheidiguug  des 
Mincio  aufzageben  nnd  sieb  nach  Tirol  zurückzazieheu.  Ss 
bleiben  demnach  nnr  zwei  Falle  Qbrig,  entweder  der  Verthei- 
diger  hält  sich  iu  entsprechender,  durch  die  Verhältnisse  ab- 
gestufter Entfernung  vom  Flusse  oder  Gebirge  und  nimmt  die 
Gelegenheit  wahr,  den  Gegner  in  seinen  Theilen  zu  schlagen, 
wenn  er  gHOu'ilt  liervorbriclit.  weiin  er  nher  einen  Übergang 
versnrlit.  ihn  vor  der  völligen  Entwicklung  zu  veni-rhten;  selbst 
dieser  Fall  ist  in  der  Kriegsgeschichte  selten,  an  d-  n  Fingern 
einer  Hand  kann  man  die  Beispiele  dieser  gl uok liehen  Ver- 
theidiguug eines  Flusses  zählen,  sie  sind  freilich  glänzend;  so 
hat  Erzherzog  Karl  Napoleon  bei  Aspern  auf  die  Lobau  zurück- 
geworfen«  so  hat  Erzherzog  Albrecht  die  Italiener  bei  Custozza 
trotz  ihrer  mehrfachen  Überlegenheit  durch  kluge  Ausnützung 
von  Fluss  und  Festung  geschlagen,  bevor  sie  sich  auf  dem 
linken  Ffer  entwickeln  konnten,  lu  den  weitaus  meisten  Fällen 
aber  geiit  der  Vertheidiger  über  Flu-^s  und  Gebirge  hinans, 
sichert  den  Kiickzng  dnrcli  Brückeukojife  nnd  Spcrrforts  und 
Blicht  die  takti>eli»'  Fiit^ehfidung  auf  deiu  jenseitigen  Ufer;  da- 
bei hat  er  deu  V  <»rtheil.  im  FaUe  des  Sieges  an  der  wirksamen 
Verfolgung  des  Gegners  nicht  gehindert  zu  sein,  im  Falle  der 
Niederlage  aber  das  Hindernis  zwischen  sich  und  den  nach- 
drängenden Feind  legen  zu  können. 

\ On  diesen  beiden  Arten,  Fluss  und  Gebirge  für  die  Ver- 
theidigiin<j^  auszonützen,  gebürt  iu  dem  vorliegenden  Falle  im 
Hinblicke  auf  die  zersetzende  Wirkung  der  damaligen  Alpen  der 
ersten,  wenn  auch  selteneren  Art  nnbedinixt  der  V'orrantj;  der 
Vertheidiger,  welcher  zwisch- u  Turin  und  Ivrca  stand,  hatte 
leichte  Gelegeuheit.  die  Auflösung  des  durch  den  Ubtirgaug 
erschöpften  Gegm  rs  zu  voUeuden.  Aber  (üese  Art  der  Verthei- 
diguug hatte  den  Tollen  Besitz  der  Poebene  zur  Voraussetzung, 
diese  Voraussetzung  war  bis  dahin  noch  nicht  vorhanden.  Dies 
war  einerseits  für  Hannibal  der  Orund,  noch  im  Jahre  218  den 
Marsch  gegen  Italien  zu  beginnen,  wiewohl  Spanien  nicht  voll- 
ständig pacificiert  war,  anderseits  war  es  für  Scipio  die  Auf- 
forderung, die  Vertheidigung  Italiens  vor  die  Alpen  an  die 
Khoue  zu  verleL'^t  n.  df^nn  dahin  zog  er  —  trotz,  aller  Proteste 
der  Gesciiichtsturschung  —  nach  dem  Zeugnisse  der  Quellen  und 
den  Forderungen  des  militärischen  Denkens,  welches  die  Ver- 
theidigung Italiens  vor  oder  hinter  den  Alpen,  an  der  Rhone 
oder  an  der  Sesia,  verlangte ;  diese  empfahl  sich  durch  die  zer- 
setzende Wirkunff  der  Alpen  auf  den  Gegner,  wurde  aber  be* 
einträchtigt  durch  ^e  unsichere  Haltung  der  Insubrer,  jene 


188  Jos.  Fuchs.  Roms  Strategie  zu  Beginn  des  iweiten  puni^hen  Krieges. 

empfahl  sieh  durch  die  Basierung  auf  das  reiche  und  unbedingt 
verlässUche  Ma^silia,  fand  aber  einen  stärkeren  Gegner;  wenn 
bcipio  nun  in  der  Abwägung  dieser  Momente  zu  dem  Resultate 
kam.  die  Verthf^idiguiis;  ;ui  die  Rhone  zu  verlegen,  so  unter- 
srhiit/,te  er  auch  hier  noch  iiuuuibal;  denn  nur  die  Ablehnuncr  des 
Kampfes  durch  diesen  bat  dem  Römer  die  Niederlage  in  üuUiea 
erspart.  Alle  anderen  Muünahmen  Scipios  sind  die  richtige  Fol- 
gerung aus  der  freilich  dureh  die  InitiatiTe  Haunibals  zum  Nach- 
theile  der  Römer  Tersehobenen  Situation;  nothf^edrungen  musste 
er  jetzt  thun,  was  er  im  Misstrauen  gegen  die  Kelten  gerne  ver- 
mieden hätte;  da  er  ferner  am  Po  mindestens  zwei  Legionen 
wusste,  mit  denen  er  sich  schon  an  der  Rbone  dem  Gegner 
gewachsen  fühlte  so  durfte  oder  vielmehr  iniisste  er  im  Inte« 
resse  der  driii<j:end  (Gebotenen  Eile  nllein  dahin  abgehen,  freilich 
war  es  nur  r-iuiische  Schnelligkeit,  und  er  traf  den  Gegner 
nach  der  Erholung. 

Nach  diesen  Darlegungen  darf  mau  demnach  kurz  resü- 
mierend behaupten,  die  Geschichtsforschung  thut  unrecht,  den 
Römern  die  Wahl  der  Defensive  vorzuwerfen,  denn  die  Offensive 
war  in  diesem  Falle  gleich  der  Selbstvernichtung  und  die  De- 
fensive allein  bot  die  Möglichkeit  des  Erfolges;  der  un^rlück- 
liche  Ausgang  derselben  rechtfertigt  das  abweisende  Urtheil 
der  Forschung  noch  nicht,  oder  man  c^leirht  dem,  welch»'r  die 
Uhr  vernichtet,  weil  ein  Uiidchen  den  l)ienst  versagt.  Der 
Feliler  lag  zunächst  in  der  rüniischen  Pt)litik.  welche  es  verab- 
säumt hatte,  die  Vertheidigungsfühigkeit  Italiens  durch  die 
rechtzeitige  Eroberung  der  roebeue  auszugestalten;  der  zweite 
Fehler  ist  die  Unterschätzunff  der  Kraft  des  Angreifers  an  der 
Rhone  und  der  dadurch  bedingte  Vorstoß  Scipios  an  diesen 
FlusB,  der  wiederum  das  verspätete  Eintreffen  am  OstfulJe  der 
Alpen  verschuldete.  Unberechtigt  ist  der  Vorwurf,  dass  Scipio 
jenseits  des  Po  und  Tessin  den  Kampf  aufnahm;  denn  schon 
ans  diesem  Beispiele  hätte  die  Forsehnnjr  entnehmen  küinien, 
das^  diese  Ausnützuug  des  Flusses  ein  un<;lückl.ich  kämptt-ndes 
Heer  vor  der  Katastrophe  der  Verniehtuiiu;  bewahrt,  rnrceht 
thut  endlich  die  Geschichtsforschung  dem  römischen  Autor; 
denn  dieser  zeichnet  die  Strategie  Roms  und  Bcipios  klar  und 
deutlich;  ihn  trifft  hier  wie  anderwärts  der  Vorwurf  geringen 
militärischen  Verständnisses  nicht 


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Vereinsnachrichten. 


A,  Sitzungsberichte  des  Vereines  „Mittelschule"  in  Wien. 

(Mitgtjtbeilt  vom  Schi ilH uhrer  l'rof.  Dr.  Karl  Wotke.) 

Zweiter  Yereinsabend. 

<8.  Januar  1898.) 

Der  Obmann  Prof.  Peter  Maresch  erOfFnet  die  Sitxung  und  ertheilt 
znnllcbKt  Herrn  Prof.  Andreas  Simeon  er  (Znaim)  das  Wort  su  seinem 
Vortraf^e: 

,,Ein  Besuch  eines  Gymnasiums  in  Athen'*. 

Nach  Itblialteui  BeifsiÜe  tler  Wr^sanimlung  dankt  der  Ulun  inn  im 
isiimen  des  Vereines  dem  Vortragenden  für  seine  interessante  und  liunior- 
voUe  Schilderung. 

Dann  theilt  der  Obmann  mit,  da»  der  neue  Auescbuss  sich  constiiuiert 
und  Herrn  Prof.  Arthur  Lankmayr  zum  ObmannstelUertreter,  Herrn  Prof. 
Dr.  Anton  Frank  «um  erstent  Herrn  Prof.  Dr.  Karl  Wotke  sam  zweiten 
Schriftführer  und  Herrn  Prof.  Guido  Alth  zum  Ciu^der  gewählt  haWe, 
und  spricht  dem  alten  Aus.schu>«se  für  seine  gewissenhafte  Pflichterfüllung 
und  inf<beson<lere  den  bfidon  «scheidenden  Keilav  teiirfn  Tfi^rrn  l'rof.  Feodor 
Hoppe  und  Herrn  Prof.  (it  iui,'  Schlegi  lür  :hr'  lanirjilhri«re  und  von 
allen  Seiten  rühmlichst  anerkannte  Tbätigkeit  im  Dienste  der  Zeitschrift 
den  wärmsten  Dank  um. 

Es  folgt  nun  die  Anj^abe  der  Gründe,  welche  den  Ausschuß  bewogen 
haben,  seine  Wirksamkeit  mit  folgender  Zuschrift  an  eine  bestimmte  An* 
sabl  von  Mittelschullehrkörpem  zu  beginnen: 
„Verehrte  StandesgenoH^en ! 

.,Die  Wiener  ,Mittel8cbule'  ist  in  ein  neues  Vereinajahr  getreten,  und 
der  in  der  letzten  Jahrn-'versnminhinc:  gewählte  An^schuss  hat  untei-  keinps- 
wegs  gün^titren  Au--'irhti^ii  die  Leitung  ül»ernonimen.  Wenn  wir  die  liiat- 
sachen  Rntf.i.-M  ii,  wie  sie  s])i'\  In  n,  der  schwache  Brauch  der  Vereinsabende 
und  der  Austritt  vieler  Mitglieder  la.'ssen  auf  ein  inuKen  in  der  Wert- 
schätzung der  Tereinsziele  achließen.  Und  doch  rufen  dieselben  heute 
mehr  denn  je  tum  Zusammenschlüsse  und  zur  willenskrftftigen 
Bethätigung.  Was  die  «Mittelschule*  seit  ihrem  Bestände  für  die  Ver* 
tretnng  unserer  Anliegen  in  gesellschaftlicher,  erziehlicher  und  wissen- 
Bchaftlicher  Beziehung  geleistet  hat,  miige  hier  nicht  dargelegt  werden. 
Das  Gute  zu  erhalten«  um  es  zum  Besseren  zu  (Bhren«  wer  sollte  auch 


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190  VereiiunachriGhtan. 

dietje»  Ztt'l  nicht  erreichen  wollenV  Und  nur  im  gemeinsamen  Streben 
ist  e«  SQ  erarbeiten.  Dem  yerdeawecke  su  dienen,  wurde  die  Vereint« 
zeitocbrift  ins  Leben  gernfen.  Ihr  Fortbestehen  ist  bei  den  sinkenden  Ein- 
nahmen bereits  in  Frage  gestellt.  Mit  dieser  offenen  Erklftrong  wendet 
sich  der  Ausschuss  an  Euch,  verehrte  Standesj^tMiossen ,  in  vorurtVieil^iloser 
Würdigung  der  obwaltenden  Umstände  die  Mitgliedschaft  anmelden  zu 
wollen  und  in  den  bethtMÜtjten  Kitiseii  Mit^'lieder  zu  gewinnen.  Findet 
der  Verein  auf  dieser  Stute  wieder  Halt  und  Boiieu ,  sn  darf  e?  der  Aua- 
schufis  iils  ein  Vertrauen  betrachten,  welches  der  ^uten  .^acbe  entgegen- 
gebracht wird.  Auch  unserem  Ötande  thut  eine  Stelle  iioth,  welche  die 
Wünsche  und  Anregungen  der  Einzelnen  msammenfasst  und  in  sachgemäßer 
Erörterung  zn  einer  gedeihlichen  LOsung  wendet.  Damit  dies  mOglich 
werde,  bedarf  der  Verein  der  werkthfttigen  Unterstütanng  aller  Standes- 
genossen.  Der  Ansschnss  der  «Mittelschule*  in  Wien.  Jannar  1898." 

Hierauf  berichtet  der  Obmann,  dass  sowohl  der  alte  Ausschuss  zu 
Ende  des  Vereinsjahres  als  auch  der  neue  gleich  nach  «einer  Constituierung 
ühor  die  Schritte  bcrathen  hätten,  welche  in  Betreff  der  GehaltsretjiilH'rnngs- 
fra:;e  zu  unternehmen  seien.  Der  sehnsuchtsvollst  erwartete  eiste  Januar 
IbUh  habe  allen  Staatsbeamten  eine  bittere  Enttäuschung'  i:ebmcht.  Eine- 
atattliche  Menge  von  liöflichen  und  nicht  gerade  höflichen  Schreiben,  an 
die  Vereinslettung  lege  Zeugnis  ab  von  der  gedrückten  Stimmung,  die  sich 
der  Mittelschttllehrer  bemftchtigt  habe.  Es  müsse  baldigst  eine  energische 
That  geschehen.  Doch  die  Mittelachulvereine  allein  warden  sich  vergebens 
bemühen;  ein  Erfolg  sei  nur  an  erhoffen,  wenn  sich  alle  Staatsbeamten- 
▼ereine  zusammenschlössen. 

Der  Obmann  meldet,  dass  Herr  Landes-Schulinspector  I)r.  A.  Scheind- 
1er  mit  dem  Ausdrucke  des  ergebensten  Dankes  für  di»»  Wahl  zum  Obmanne 
ciet  Archäologischen  Commistfion  sich  bereit  erklärt  habe,  die  Stelle  anzu> 
nehmen. 

Dann  berichtet  der  Obmann,  laut  Vereinsberfchlusses  vom  11.  December 
1897  habe  er  am  88.  December  mit  den  beiden  Schrifbf&hrern  (den  Froff. 
Frank  nnd  Wotke)  bei  8r.  Bxcellena  dem  Herrn  Sectionschef  Ritter  v. 
Härtel  yorgesprochen,  um  ihm  im  Namen  des  Vereines  in  ehrfnrchtiTollster 
Weise  die  herzlichsten  Grlückwünscbe  zu  seiner  jilngsten  Allerhöchsten  Aus- 
zeichnung darsubringen.  Die  Deputation  sei  in  liebenswürdigster  Weise 
empfangen  worden.  Se.  Excellenz  habe  sein  wärmstes  Interesse  für  da«  tie- 
(Icilu'n  des  Vereines  auegesprochen  und  danke  dem  Vereine  aufs  wtu:m«te 
für  die  Glückwünsche 

Als  neue  Mitglieder  weiden  augemeldet  die  Herren  Dr.  Friedrich 
Marx,  k.  k.  o.  ö.  Universitätsprofessor  in  Wien,  Dr.  Konrad  Zindler, 
PrivatdocMit  an  der  technischen  Hochschule,  Leopold  Eysert,  Direetor 
am  3.  Gymnasium  im  II.  Beairke»  Gjmn.  Dir.  Langer,  Prof.  Dr.  Daurer 
(dem  k.  k.  Minirterium  fftr  Cultns  und  Unterricht  zur  Dienstleistung  an- 
gewiesen), Josef  Hickl,  Suppleiit  am  Theresianum,  und  Gustav  Leupold, 
Snpplent  am  Gymnasium  im  III.  Bezirke. 

Zum  Schlüsse  verliest  der  Obmann  den  Bericht  der  Cassorevisoren 
(der  Herren  l'iüti'.  Ober  mann  und  Neumann^  Diese  haben  die  Ciuse- 
und  Vermöf^en«<gebaruTii;  tiir  rielitij;  befunden.  Es  wird  dem  Cossier  Herrn 
Prof.  Guido  v.  Alth  der  innigste  Dank  ausgesprochen. 


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VereiiiBDiftchrichten. 


191 


Dritter  Terelnsabend* 

{22.  Januar  18H8.^ 
her  Obmann  erötinet  »lieSiUuug  und  Ije^m'iabl  iicnni  HotVath  M.  Kitler 
V.  Wretscbko.  Nachdem  er  berichtet  hatte,  dass  alle  Mitteliichul vereine, 
nicht  allein  die  deutacben,  eondern  anch  die  Maviachen,  sich  iq  einem  ein- 
heitlichen Vorgehen  in  der  GebaltsfraKe  verbunden  hätten  —  ee  eei  jeder 
Verein  dem  anderen  auf  halbem  Wege  entgegengekommen  —  und  dan 
die  Antwort  der  Staatsbeamtenvereine  noch  aiisstäodig  sei,  ertheilt  er  dem 
Herrn  Prof.  Dr.  Frans  Spengler  das  Wort  zu  eeinem  angekündigten 
Vortrage: 

„Adalbert  Stifter  als  Erzieher"  S. 
Der  Vortragende  schlipßt  mit  reichem  Hfifall«*,  wnrauf  ihm  der  Ob- 
mann im  Namen  de»  Vert'iu»'»>  für  den  ao  herrlichfu,  aiirej^ungbVoH'  ii  und 
von  patriotischem  Geiste  durchwehten  Vortrag  auf»  herzlichste  dankt. 

Vierter  Vereinsabend, 

(19.  Kebroar  1H08.) 

Der  Obmann  eröffnet  die  Sitzung  und  begrüßt  den  Herrn  Vicepräsi- 
denti-n  dp<!  nipdr'n'lstfrrüichischt'n  [j:ini1t'-j,schulr;ith<'s  St'ctii»n>chof  Dr.  Erich 
Woit,  Herrn  Honrath  Hi  Karl  Schenk!,  Herrn  Univ.  Frot.  Dr.  Friedrich 
Marx  und  zahheichü  p.  t  Giist»' 

Dann  theilt  er  mit,  das«*  iu  der  GehaliAitgulierungsfrage  eine  Einigung 
swischen  den  MitteUcbnl  vereinen  und  den  Staatsbeamtenvereinen  ganz 
Österreichs  mit  leichter  Mflhe  imstande  gekommen  sei.  fii  habe  eine  Dele* 
gtertensitknng  der  Staatsbeamten-  nnd  der  Mittelsehnlvereine  Wiens  statt* 
geftinden,  in  der  den  Verein  der  Obmann,  der  Obmannstellvertreter  nnd 
der  erste  Schriftführer  vertreten  hätten.  In  dieser  Sitsnng"  seien  folgende 
Beschlüsse  gefasst  worden: 

1.  Es  «»n'en  von  jedom  Vercinp  und  von  mHiT'lTcb^t  vielen  Beamten-  und 
Lehrkörpern  iVtitioiicn  an  da.-^  l>c'trpttV>nde  iieasortmiuiaterium  oder  an 
das  Ministerrathspräsidium  zu  richten; 

2.  jeder  Verein  möge  möglichst  viele  Ueicharathsabgeoidnete  für  die  Sache 
gewinnen ; 

3.  sollten  diese  beiden  Schritte  fruchtlos  bleiben,  so  sei  in  Wien  ein  Staats- 
beamtentag absnhalten,  bei  dem  alle  Vereine  vertreten  sein  sollen* 

Dann  gibt  der  Obmann  im  Namen  des  Ausschnases  folgende  Er- 
klärung ab: 

^Der  .^u-'-chn«^  t\ps  Veioiius  .Mittelschule*  hiit  mit  Befreni(b'n  von 
einem  aiionyiiH-n  Art:k*'l  Kenntnis  bekoinmpn.  der  in  (Irr  .I3e;uuten/.eitun^. 
Zeitüi  liritt  tles  Kr^ieu  aligeraeineii  licaintonvt.'ieiues  der  üsieirt'icliisch-iin'^iin- 
üchen  Mouarcliie'  vom  20.  Januar  iu  Nr.  2  des  29.  Jahrgangeä  (1098)  Seite  22  tt. 
enthalten  ki. 

„In  diesem  Artikel  wird  die  frühere  Vereinsleitnng  unter  Anführung 
von  einigen  wohl  auf  ungenauen  Informationen  beruhenden  unwahren 
Behauptungen  angegriffen,  die  wir«  eingedenk  der  im  Interesse  des  Vereines 

sowie  auch  der  Gesammtheit  der  MitteUchullehrer  unermüdlich  zielbewussten 
Thfttigkeit  des  Auaschusses,  richtigzustellen  uns  verpflichtet  fühlen.  Wir 


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192 


Vereinanachricbten. 


4 


erklären  nh  Uurchaus  unwahr,  (las«»  (Mo  Anfiifiibo  d»»^  Vprpinf?',  .dio  >t;inilt'->- 
intereasen  ins  Auge  zw  fiisscn*.  imintr  inelir  veruachlas.sigt  wuiue.  Wahr 
ist  etj  vielmehr,  diiss  der  frühere  Aus-ichuss  die  Pflej?e  der  Stundesintereftsen 
atetü  mit  Ernst  und  in  wQrdiger  Form  vertrat,  wio  dies  die  Berichte  Ober 
die  abgehaltenen  gemeinftatnen  SibsiinKcn  der  hiesigen  Vereine  sowie  die 
Petitionen  beweisen,  welche  in  unserem  Vereinsorgune  abgedruckt  sind. 
Wir  sehen  da  iku  ]i  ab  von  den  einschlätjigen  Benithunijf^n  und  Vorarbeiten 
für  den  V  I.  und  besonders  tQr  den  V.  deutsch-diiterreicbiteben  Mittelschulo 
ta^,  bei  denen  gleichfalls  unsere  Vereinsleitnng  in  hervorragender  Weise 
thätig  war 

„Vollstiindio;  unwahr  ist  ff^rner.  liiv-s  di.- uliHgaiorische  Zuei'k*'iinuni: 
der  VII.  Kan<jsclas.se  unti  die  Err»'ieinin<^  den  Höchstjjehaltes  in  d<'r-eiben 
und  aniieres  zu  wenig  oder  j^ur  nicht  berfihrt  wurde.  Wahr  ist.  vielmehr, 
da»  die  Frage  der  gesetxiicb  su  normierenden  Zuerkennung  der  VII.  Rangs* 
clasae  fHr  die  Mittelschalprofessoren  und  der  VL  f&r  die  Directoren  auf 
Initiative  des  Vereinsaosscbusses  in  der  gemeinsamen  Sitsong  vom  25.  Januar 
18ö6  eingehend  erörtert  wurde,  wofür  das  I  Heft  des  Jahrgun«,'es  l&M)  den 
Beweis  erbringt,  und  die  Verleihung  des  Höchstgehaltes  der  Vil.  Rang»- 
ilnfTse  in  dor  «^niiifinsamcn  Sjtznnj^  vom  Ib.  April  IHftn  vcrlang^t  wnrdo.  wntTir 
der  Beleg  im  11.  Hefte  des  Jaiurganges  1896  zu  finden  ist.  Ihu--  li'-r  \ Cicin 
.Mittelschule'  für  die  Gleichstellung  der  Gehalte  aller  Profe^suien  ul.  i. 
der  in  Wien  und  der  Provinz)  eintrat,  ist  ein  merkwürdiger  Vorwurf 
in  einem  Organe  für  die  Gesammtinteressen  der  Beamten  aller 
Classen,  sumal  da  doch  allgemein  bekannt  ist,  dass  sowohl  bei  den  Mittel* 
schaltagen  als  auch  gans  besonders  in  der  gemeinsamen  Sitanng  vom 
18.  April  1896  nicht  bloß  einstimmig  diese  Forderung  von  den  Anwesenden 
aufge^tciU,  Nondern  sogar  dius  Princip  vertreten  wurde,  lieber  gemeinsam  bloß 
1.3^)0  fl.  als  Grundgebalt  /n  verlangen,  als  ein^i  das  Ansehen  unseres  ganzen 
Stande.^  srh'idif^'enden  Zweitheilung  (von  1200  tl  imd  11<H)  W.)  ztr/.ustinimen. 
.la  wir  iiuts.sen  erklären,  dsuss  eine  Parallelaction  der  Wiener,  um  (»ine 
Katscliädigung  zu  erstreben,  als  ein  Wortbruch  hätte  erscheinen  kunneu, 
weil  eine  solche  Action  in  Jenem  Stadium  die  Erlangung  der  Hauptsache 
entschieden  gefährdet,  wenn  nicht  unmöglich  gemacht  hatte. 

«Wir  erkl&ren  hiemit,  dass  der  frflhere  Aunchuss  in  ungerechtfertigter 
Weise  angegriffen  worde." 

Hierauf  ertheilt  der  Obmann  das  Wort  Herrn  Prof.  Josef  Puchs 
f Winnfn--X«*us(adt')  zu  »einem  aTi:.,'-kündi!j:t«'n  Vorfrage: 

„Roms  Strategie  zu  Beginn  des  zweiten  punischen  Krieges"  (S.  177). 

Much  dem  Endf»  dt>s  Vortrages  erschell  lebhafter  Heifall,  der  Vor- 
trag**nd»'  wird  aubenimu  von  vielen  bcirii,,  Kwun-clit.  Der  Obmann  dankt 
im  2>>amen  des  Vereines  dem  Vortiiigemieu  m  den  w.uuisten  Worten  für 
die  höchst  interessanten  Auf«chlü&<<e  und  Anregungen  auf  dem  Gebiete  der 
Strategie  und  der  Livius-Interpretation. 

l^  üiiitei*  Vereiiibubeud. 
(12.  Marx  lädH.) 

Per  Obmann  eröffnet  die  Sitsung  und  berichtet  Ober  die  Besehlflsae, 
weiche  in  der  vorher  abgehaltenen  gemeinsamen  Ansschuessitanng  der 


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Vereinanachrichten. 


193 


, Mittelschule",  der  «Kealschule"  und  des  Supplentenvereines  gefas8t  worden 
üddL  Sie  betreffen  dit  ungereditfertigtea  Angriffe  der  Abgeordneten  Gre- 
gOTig  tind  Stiirm  im  niederOeterreichwehen  Landtage  gegen  die  Mittel- 
«cfanllebrer  Wient  und  die  Mittelsehiillebrer  an  den  niederSaterreichiechen 
Landeaanstaiten  und  die  von  der  «Wage"  einberufene  «MltteUcbnl- 
enquete".  Der  Obmann  liest,  oft  dorch  Heiterkeitsausbrüche  der  Versamm- 
lung unterbrochen,  aus  dem  stenographischen  Landtagssitzungfiprotokolle 
vom  17.  Februar  —  das  ihm  erst  vor  einij^en  Tagon  zugestellt  werden  konnte 
—  die  Keden  der  beiden  Abgeordneten  vor  und  knilpl't  darun  im  Nimien 
der  drei  Vereine  eine  entschiedene  Verwahrung  und  betont  die  traurige 
Th.itäüche,  da^  der  eine  der  beiden  Abgeordneten  (Sturm)  ein  Staades- 
genoase  «et.  ScblieOlicb  bemerkt  der  Obmann»  er  spreebe  im  Sinne  der  über- 
wiegenden  Mehrheit  der  Colinen,  wenn  er  erklSre,  die  drei  Vereine  hielten 
CS  oater  ihrer  Würde,  weiter  gegen  jene  Angriffe  Stellung  an  nehmen. 
Zu  diesem  Vorgehen  fühle  er  sich  umso  mehr  verpflichtet,  weil  ja  auch  die 
vorgesetzten  Behörden  dnrch  vollständige  Ignorierung  diis  gleiche  Urtheil 
gefällt  hiltten.  In  Bezug  auf  die  -«ogenjinnte  MitteUchulenquete  sei  be- 
uchlosM'n  woriien.  zur  ^eeignet-'n  Zeit  Öteliung  zu  n.dmien;  dann  werde 
sich  auch  die  Art  der  Stt'llun<;nahine  von  selbst  er^^euen.  Ein  Mitglied 
des  Ausschusses  erklärte  sich  bereit,  das  Uei'erat  y.u  übernehmen. 

Hierauf  verlieft  der  Obmann  eine  Einladung  zur  Theilnahme  an  der 
Ehrung  des  Herrn  Univ.  Prof.  Dr.  Max  Bfidinger,  der  am  L  April  «einen 
70.  Geburtstag  leiere.  Der  Obmann  wird  beauftragt^  ein  Beglückwünachungs* 
achreiben  abanienden. 

Dann  wird  Herrn  Prof.  Dr.  Karl  Haas  das  Wort  ertheilt  au  seinem 
angekündigten  Vortrage: 

,,Die  Mathematik  der  alten  Ägypter",  n 

Nach  dem  lebhaften  Beifatb^  der  Versammlung  dankt  der  Obmann 
aufs  herzlioh«ite  dem  Vortragenden  für  seine  so  interessanten  und  trotz  des 
anscheinend  ^iirrnicn  Stotfes  so  lichtvollen  Aiibführnngen,  welche  auch  die 
Philologen  unt^-r  den  Zuhörern  gefesselt  und  angeregt  hätten. 

Seehster  Yereinsabeitd. 

(2G.  -Marz  1808.) 

Der  Obiimnn  ei  ütiaet  die  Sitzung  und  begrüßt  aufs  wärmste  den  Herrn 
Vicepräsidenten  des  niederösterreichischen  Lande^tschulrathes  Sectionsohef 
Dr.  Erich  Wolf  nnd  Herrn  Hofrath  Dr.  Karl  Scbenkl  und  die  Herren 
p.  t.  Oiste. 

Als  neue  Mitglieder  werden  angemeldet  Herr  Gottfried  Vogrins, 
k.  k.  Professor  am  Qyionasium  in  Villacb,  und  Herr  Dr.  Augost  Barkart, 

k.  k.  Professor  am  Gymnasium  im  Vf.  Bezirke  Wien«. 

Hierauf  hält  der  Obmann  folg*»nde  >'chlusgrede: 

,Die  heutige  S!t7:ung  dürfte  in  di«^seni  Schuljahre  die  letzte  sein.  Es 
sind  allerdings  noch  zwei  Vortra;,'*- -}  angemeldet,  aber  diese  konnten  erst 
nach  Ostern  gehalten  werden,  zu  einer  Zeit,  in  der  ein  größerer  Besuch 


')  I>«'i  Vortrag  folgt  im  nBcbBt«>n  H«'ft««. 

»)  \V«'g«'n  »>eh«nllicher  .SchlieCuii«  «1' i  Uiiiv*  r^it-it  imi^«'*tea  «W«I  Sitxiingen  eotlall«». 
Daraus  erklärt  Mch,  dasi  nur  »«cb»  Vcniusabeudt-  »tatUanden.         Di«  Rcdactlon. 
..Üsa-rr.  Mittelschale".  XII.  Jabt«.  IS 


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194 


Vereimmuchricliteii. 


nicht  mehr  zu  erwarten  ist.  Vielleicht  konitnt  et  noch  im  Frühjahre  zu 
«iii6r  gemeinmmen  Sittmng  der  «Mittelsebule*  and  der  »Reatiebale*.  Denn 
wir  wollen  gef^en  die  aogenannte  Mitt«]«chnlenqa£te  Stellang  nehmen. 
Wir  and  dies  ont  «elbrt  and  der  Öffentlichkeit  sehnldig. 

«Dft  also  die  heutii;e  Sitzung;  die  letzte  ist,  mOchte  ich  gern  den 
Herren  tarn  Al>^chiede  einige  Gedanken  mitgelien,  die  wert  sind,  in  den 
langen  Mittelscliulvert^in-ffrien  gründlich  erwn::pn  r.n  weni^n 

.Der  allseitige  h'-ilv  Wiinsrh.  da^n  da««  <  iehalt?reguli''rnn;:-gt»cf'tz  Immi-t 
endlich  in  Kruft  trete,  hat.  wi**  ich  sscuoii  in  tniheren  Sitzui^g»*u  erwähute, 
alle  MitteltichuKeieute.  nicht  nui  die  denUcuen.  »oiuiern  aueii  die  slavi^hen, 
geeinigt.  Meine  üetren,  erhalten  wir  dieuas  Eisen  warm  und  taaien  wir 
das  Feuer  nicht  erlÖRchen!  Bei  Gelegenheit,  and  diese  wird  oft  kommen^ 
läwt  Bich  daran«  manch  nfitsliches  Oerftth  «chroieden.  An«  dem  lebhaften 
Briefwechsel  habe  ich  ersehen,  das«  e«  gar  keine  Schwierigkeit  bietet,  dieee 
Einigkeit  in  Slandestragen  und  anderen  Fragen  gemeinsamer  Natur  zn  be* 
wahren  und  /.n  festigen.  Meine  Herren,  wir  müssen  noch  viel  thun.  um 
unserem  heiligen  Stnri'lp  fhi<  An--^]i»  n  zn  erringen,  dew  ihm  sein^^r  -o  wert- 
vollen Arl»e!t^»leistun;,'  iiiich  gebiirt.  in  diesem  Streben,  m  (ÜH-rm  Kampfe 
mflwRf-n  wir  allo  ein*-  l'halanx  bilden  vom  I>aTide9-Schulinspector  bis  asum 
Suppienten  herab.  Man  sagt:  Wenn  einmal  ein  i^andes-Schulinspector  aus- 
gezeichnet wird,  so  werden  wir  Professoren  mitgeehrt.  Richtig.  Ich  füge 
aber  hinan:  Wenn  wir  Mittelscfanllehrer  an  Bedeutung  und  Würde  ge- 
winnen, so  werden  die  Voi^esetaten  mitemporgehoben.  Wenn  s.  ß.  die 
älteren  Professoren  die  VII.  Bauguclasse  erreichen,  so  muss  ea  dann  Directoren 
der  VI.  und  InF])«  ('tnren  der  V.  KangHcIasse  geben.  Warum  soll  nur  unser 
Stand  mit  der  VI.  Kangsclasse  abschlietjen?  Doch  genug.  Kurz,  durch  fest- 
ge8chlo8>iene  Eini;:l((  it  krmnfn  wir  mit  der  Zeit  noch  viel  für  die  Hebung 
unseres  Stande**:  erreiclu  ii  'ind  w  ii  j.'rlioben.  so  werden  auch  die  Schulen 
gehobi  u  lind  mit  den  Schulen  aueli  der  Staat. 

„Als  weitere«  glückliche»  h>eignis  muss  ich  bezeichnen,  dass  die  Aus- 
sehfisse  der  beiden  Wiener  Vereine  ,Mitte]schule'  nnd  «Realschule*  sich 
heaer  enger  aneinandeigeechlofesen  haben,  so  das«  sogar  schon  die  Frage 
der  Verschmelzung  in  einen  großen  Verein  ernstlich  aufgeworfen  wurde. 
Wenn  es  anf  die  beiden  Obmftnner  and  wohl  aach  aof  die  Auascbfisie 
allein  ankäme,  so  kannte  dieoes  grobe  und  nützliche  Werk  sofort  in  An- 
griff genommen  werden.  Meine  heutige  Aufgabe  ist  es,  dafür  Stimmung 
zu  machen  Meine  H'-rrcn.  denken  Sie  sich  die  beiden  Wiener  ^littelschul- 
vereine  in  einen  \  erem  verschmolzen!  lia>  <rii\H'  fsnen  Verein  von  weni«?- 
stens  600  Mitgliedern  und  mit  einer  jähriiclu  n  lunnahme  von  niindesteus 
1200  ü.  Die  Localfrage,  die  unseren  Verein  in  Irühereu  Jahicu  bosehr  ge- 
schädigt hat,  ließe  sich  in  glücklicher  Wei^  lösen.  Dieser  große  Verein 
mOsste  «ich  in  Sectionen  theilen,  in  eine  altphilologische,  neupbilologisehe, 
germanistische,  historische,  mathematische,  natorwiasenschaftliche  nnd  philo- 
sophische. Was  könnten  die  einzelnen  Sectionen  in  wissenschaftlicher  und 
fachpädagogi scher  Hinsicht  leisten!  Wan  für  Erfolge  erst  würde  der  ^noOe 
Verein  als  Ganses  in  allgpmein  pädagogischen  Fragen  und  in  Standesfragen 
erzielen! 

„Ein  ncntr,  frischer  Geist  würde  »la«  Mittelsrhnl\v(^«en  in  Wien 
durchwehen.  Diese  Errungenschaft  kilme  nicht  nur  den  Wiener  MiltelschuJ- 


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Vereinsnachnchten. 


195 


lehiern  zugute,  sondern  würde  auch  die  Grobstadt  Wien  als  geistiges 
-Cent  1  um  heben. 

«Noch  ein  drittes  Ereigni«  uius«  ich  erwfthnen.  In  der  Conferenz  mit 
-den  Yertretem  der  Staatabeatnt«n  Wiens  wurde  von  diesen  der  Umataiid 
mit  Freuden  b^praßt,  daas  rieh  endlich  fUle  Staatsbeamteii  Wteus,  d.  i.  die 
Beamten  in  engeren  Sinne  und  die  Mittelachullehrer»  rar  Forderung  der 

.gemeinsrnnen  Interessen  zusiimmengefunden  haben.  Dabei  wurde  die  »chOne 
Frage  betont,  ob  nicht  diese  Kinigkeit  weiter  ausgebaut  und  in  wirtschaft- 
licher i^eziehung  verwertet  werden  könnte.  Der  Lebeiitikaniiii  in  der 
theureu  Großstadt  ist  schwer  und  drückt  manchen  gewisjscn haften  Beamten 
nieder.  Wirtschattiiche  Selbsthilfe,  die  eben  nur  einer  groütn  Mas«*»  möj^- 
lich  ist,  könnte  diesen  Kampf  sehr  erleichtern.  .So  könnten  mit  der  Zeit 
eigene  Wobnfa&uter  fSr  Staatabeamte,  eine»  nach  dem  anderen  gebaut  und 
andere  höchst  nfltxliehe  Einrichtungen  geschaffen  werden. 

«Ich  wQneobe,  dass  diese  drei  SamenkOmchen  in  fruchtbares  Erdreich 
fallen  und  aus  ihnen  drei  mftchtige  Bftuve  emporwachsen  mOgen  —  su 
unserem  Schutz  und  Schirm  gegen  Hitze,  Sturm  und  Begen!" 

Es  ertheilt  dann  der  Obmann  düs  Wort  Herrn  Univ.  Prof.  Dr.  Fried- 
rich M;ir>;  7M  «?eineni  nnf7pknn'1ii'*''n  Vortraj?»^: 
„Die  neueren  Forschungen  über  die  Lebensschicksale  und  die 
bürgerliche  Stellung  des  Dichters  Plautus**. 

Unter  raut$cbeudeni  Beifalle  der  sehr  zubi reich  besuchten  Versamm- 
lung «chloss  der  Vortragende,  worauf  ihm  der  Obmann  im  Namen  des 
Vereines  für  den  tiefwiasenschaftlichen  und  h($chst  anregenden  Vortrag 
sowie  far  die  hohe  Ehre  und  die  so  liebenswfirdige  Bereitwilligkeit  ehr- 
erbietigst den  herzlichsten  Dank  ausspricht. 

Mit  dem  Wunsche,  dasn  allen  nach  den  Ferien  ein  fröhliches  Wieder- 
sehen beschieden  sein  mfige»  schließt  der  Obmann  die  8itznng. 


Sitzungsberichte  des  Vereines  „Deutsohe  Mittelschule" 

in  Pragf. 

(Mitgetheilt  vom  Obmanne  Prof.  Ant.  Mtchalitschke.) 

Dritte  yereiusversauiiiüuug. 
{12,  Januar  1890.) 

Nach  längerer  Pause,  welche  die  bekannten  Vorgänge  im  Gefolge 
hatten,  fanden  sich  die  Mit^'lieiler  orst  am  12.  Januar  wieder  zusammen. 
Der  Obmann  eröffn»'t<^  die  i^itznT;^.'  mir  dem  Ansdrüfki^  der  nnfrichti'r^tfn 
Wünsche  für  das  VVoiii  der  Mitglieder,  wie  für  das  Gedeihen  des  Vereines 
im  neuen  Jahre. 

Die  ersten  Decembertage  des  verflossenen  Jahres  brachten  in  all  die 
Aufregungen  hinan  die  Nachricht  von  der  Allerhöchsten  Ausseich- 
nung  eines  um  das  Wesen  des  heutigen  Gymnasiums  hochTerdienten 
Schulmannes,  der  auch  als  akademischer  Lehrer  zahlreichen  Yereins- 
mitgliedern  nalie  «tfdit.  Der  Obmann  hat  im  Namen  des  Vereine»  am 
2.  December  Sr.  Excellenz  dem  Herrn  k.  und  k.  wirkli«  li<-n  Gehei- 
•men  Rathe»  Sectionschef  Dr.  Wilhelm  Bitter  t.  Härtel  den  Aus- 

13* 


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190 


Vereinanaehricbten. 


druck  d'T  t'igei'cn-^tt  n  Glückwünsche  und  der  auhichtii^on  Fi^uxle  au  deii* 
Allerhöchsten  Acte  der  Auszeichnung  telejfraphisch  übermittelt. 

Nachdem  noch  der  Obmann  den  Beitritt  des  Herrn  k.  k.  Landes» 
Sehiilinapectors  R.  Chr.  Riedl  der  VerBammlang  zur  Kenntnis  gebradit,. 
ertheilte  er  dem  Herrn  Regierangaxathe  Dir.  Dr.  L.  Chevalier  das  Wort 
zu  seineia  Vortrage: 

„J.  6.  V.  Herder  in  seinem  VerhAltnisse  zur  neueren  Germanistik» 
Ästhetik  und  zur  geoflnntpbiseh'historischen  Wissenschaft". 

Der  Vortragende  wies  vornehmlich  auf  Grund  df»r  Sui)lian'8cben 
Herder- Ausgabe  nafli,  da<?8  J.  GotttViod  v.  Herder  in  verscbiedenen  Wi^ssenß- 
ge^'it'ten  g^nindlegendf  Anschauaugen  und  Fingerzeige  j^ffje'bcn  hal»'.  Nicht 
blob  diiH  pädagogische  üebiet  hat  duich  ihn  reiche  Aureguu^jen  erfahren  ;^ 
auch  auf  dem  Gebiete  der  Geographie  und  der  Geschichte  sind  ioine 
Anachanni^pen  von  Karl  Bitter,  Rätsel  und  La mp recht  gewSrdigt  und 
durchgeführt  worden.  Vor  allem  aber  ist  er  der  Begrfinder  der  6ernia> 
nistik  in  der  Ansdehanngt  wie  der  jetcige  Begriff  dieser  Wissenschalt  sie 
ver:*teht,  insofern  ntich  die  Volkskunde  in  ihren  Bmioh  gehOrt.  Ebenso 
hat  Herder  für  die  Ästhetik  maßgebende,  mit  den  neueren  Darstellungen 
üherein<'timmende  Urtheile  aufgestellt.  Dor  Vortrai^cndp  wies  dies  durch 
Citate  aus  Herder!^  Werken  ein<^ehpnd  nach  und  ?a^}<j;*i^  .  wie  durch  di»^ 
beiden  Grimm,  durch  I  hland  Herders  Gedanken  wHitei>;etiihrt  werden. 
Audi  im  Betriebe  der  claH-sischen  Philologie  sind  Uerdeiö  Anschauungen 
sowohl  im  Betriebe  der  Wissenschaft  selbst,  als  auch  beim  Unterrichte 
wieder  aar  Geltung  gekomm«».  Die  vergleichende  Sprachwisaenaebafb  ver- 
dankt ihm  wichtige  Winke.  Julias  Hart  and  Baumgartner  haben  auf 
Herders  sahireiche  Anl&ufe,  eine  bestimmte  Entwicklung  der  Weltliteratur 
nachzuweisen,  aufmerksam  gemacht.  Ebenso  hat  Disscl hof  in  seinem  Werke 
„Die  classische  Poesie"  Herders  Oedanken,  das»  die  Poesie  wie  die  Kelif^ion 
in  den  tiefsten  Tiefen  der  menschlichen  Natur  wnr/elt,  ein<,'ehend  ^'e- 
würdiirt.  Bedeutende  Gelehrte  erkennen  Herders  Führerschaft  in  den 
geniinniea  Wi&^ensgebieten  mit  vollem  Ucchto  au,  wie  das  auch  jungst 
Paul  in  seiner  Münchener  Rede  bezüglich  der  Germanistik  gethan  hat. 

Den  Worten  des  immer  gern  gehörten  Redners  folgte  lebhafter  Bei- 
lall.  Der  Obmann  fügte  dem  Danke  f&r  die  fesselnden,  tempetamentvoU 
cum  Auadrucke  gebrachten  Auaftthrungen  dea  Vortragenden  den  Wnnscb 
bei»  der  Verein  möge  noch  oft  Gelegenheit  haben,  einen  Blick  in  die 
Resultate  der  Arbeiten  dieser  geistigen  Werkstätte,  in  der  nie  gefeiert  wird, 
thun  zu  dürfen  und  den  Herrn  U^ierungsrath  als  Vortragenden  zu  hören. 
Der  abermalige  Beifall  der  Anwesenden  bewies  die  allseitige  Zustimmung 
zu  diesem  Wunsche. 

Nach  der  Erledif^un^;.  lieziehungsweise  Zuweisung  mehrerer  Standes- 
fragen  an  den  Ausschuss,  wobei  die  Herren  Regierunj^sräthe  Dr.  Hackspiel 
und  Dr.  Chevalier  und  Prof.  ^uaißer  die  schwebenden  Fragen  ein- 
gehender Erörterung  unteraogen,  sehlosa  der  Obmann  die  Sitcnng. 

Vierte  YereinäTersauimlung* 

(29.  Januar  1898.) 
Für  diese  Versammlung  hatte  der  Vorstand  des  physikalischen 
Institutes  der  deutschen  Universität,  der  Herr  k.  k.  o.  ö.  Prof. 


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Vereiiiiioucbrichten. 


197 


Dr.  Lecher  in  entgegeDkommendcter  Weite  den  HOrtaal  «eines  Inatitates 

«ar  Terfiigung  gestellt.  Der  Obmann  hieß  die  Anwesenden,  vor  allem  die 
Herren  k.  k.  LandeS'Schulinapectoren  Kloueek,  Dr.  Mubr  und 
Dr.  Txijtotz,  sowie  die  «ahlreicb  or^ichieTieneTi  Mitglieder  des  „Deutacli.  n 
jiäclaa^Of^isc  heil  \'ereine8"  herzlichst  willkouuuen  und  ertbeüte  hierauf 
üerrii  Prof.  Schicht  das  Wort  zu  s^'ineni  Vortrage: 

„Die  Hertz'schen  Wellen  und  die  drahtlose  Telegraphle". 

Nacb  einigen  einleitenden  historischen  Bemerkungen  erläuterte  der 
Vortragende  das  Wesen  der  elektrischen  Oscillationen«  welche  hei  der  Ent- 
ladnnff  von  Ijeydener  Flaschen  oder  offenen  Indnctionsspulen  anftreten, 
und  führte  die  elektrische  Besonana  (Syntoni)  nadi  Lodge  an  swei  ahge- 
stimmten  Leyden^  r  Flaschen  vor.  Nachdem  die  Fortleitung  und  endliche 
For^flansnngegesch windigkeit  der  elektrischen  Schwingungen  in  Drähten 
an  einem  Hertz'schen  Nebenkrei^ii^  demonstriert  worden  war,  wurden  die 
stehenden  elektrischr-n  Wellen  an  e^ir^ni  f^'^-  lipr'schen  ."Systeme  vorgeführt. 
Sodann  wurde  die  Austueitung  der  eiektn.schen  Wellen  im  Lufträume  uud 
der  Nachweis  derselben  uiiiteUt  einei»  Hesonators  von  Hertz  erklärt.  Hierauf 
iivurde  daa  Princip  des  Brantz  sehen  Coberers  besprochen  uud  an  einem 
Eisenschranben^Coherer  mit  elektrischer  Klingel  demonstriert.  Ein  solcher 
Ooherer  diente  dann  anm  Anzeigen  der  elektrodyaamisehen  Wellen  bei 
der  VorfÜhrnng  der  classischen  Herts*schen  Spiegelversncfae.  Es 
-wurde  die  geradlinige  Ausbreitung,  Polarisation,  Reflexion  und  Interferenz 
<ler  elektrischen  Wellen,  die  Durchlässigkeit  von  Isolatoren  und  Undurch- 
lässigkeit  von  Leitern  gejjen  di»  selbe  gezeij^t  nnd  die  Brechung  in  Prismen 
und  Linsen,  .«owie  die  t'beieinslimmung  d>'r  FortpHan/untrsL'eschwindig'keit 
der  elektrischen  Welleu  mit  der  der  Lichtwelleii  hervorgehoben.  Auch  die 
große  Bedeutung  dieser  Hertz'schen  Versuche  für  die  elektrouiagnetiscbe 
Lichttheorie  von  Maxwell,  wie  überhaupt  für  die  ganze  Faraday-Max- 
'weirsebe  Theorie  der  Elektricit&t  wurde  gehörend  betont  Nun  wurde  die 
-drahtlose  Telegraphie  mit  einem  Righi-Scuder  als  Zeichengeber  und  einem 
Empfiuigsapparate  nach  Marco ni •Spieß  ▼ofgefQhrt.  Zum  Schlüsse  wurde 
«och  die  praktische  Verwendbarkeit  der  Er6ndung  ausführlich  erörtert. 

Das  Interesse,  das  ja  der  sachliche  Inhalt  des  Vortrages  schon  für 
sich  hatte,  der  die  grofnirtigen  Verbuche  und  Erpt'bnisse  der  Forschung 
jener  Männer  reproducierte,  welche  unter  den  Pfadfindern  und  den  Führern 
zu  den  Höhen  ni('n«chliclien  Wissens  unci  Könnens  stehen,  wurde  voll  l'e- 
friedigt  durch  die  vollendete  Form  des  Vortrage^}  und  die  elegante  Aus- 
führung der  Experimente.  Dem  allseitigen  Danke,  der  sich  in  ungetheiltem 
Beifalle  kundgab,  verlieh  der  Obmann  in  den  Worten  Ausdruck,  mit  denen 
•er  unter  Hinweis  auf  die  Dankespflicht  des  Vereines  dem  Yorstande  des 
Institutes t  Herrn  Prof.  Dr.  Lecher,  gegentiber  die  Versammlung  schloas. 

Ffilille  YereinsTeTsammliiiig. 

(23.  Februar  18Ö8.) 

In  der  Vereinsversani nihuii,'.  die  am  'J.'j.  Februar  im  6anlen?aa!e  des 
^Deutschen  llau»e^"  statltaud,  ülienniUeite  der  Obmann  zunücu;>t  den 
Mitgliedern  den  Dank  des  Henu  Hegierungsratbes  Dir.  W.  Smetaczek 
för  die  Gittckwfiasche,  die  diesem  vom  Vereine  anlSsdich  der  ihm  zutheil 


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198 


Vereinanachrichton. 


gewordenen  Allerhöchsten  Auszeichnung  aiugesprochen  worden  waren^ 
und  welchem  der  Obiniiiiiii  namena  der  Versiim malten  dem  anweeendea 
Herrn  Re^'erunpf^rathe  f^pgenfiber  nochmals  Ausdruck  verlieh. 

R«»i  der  hierauf  vorffenomiu'Mieii  \Vahl  des  V^ertreters  des  Vereines 
im  Ju«,'eiulspielaussehu88e  wvmle  über  Antrag  des  Prof.  M.  Strach 
der  Ob  manu  de?«  Vereines  und  bitiherige  Obmann  des  Jugendi»piei  -  Aus- 
schueeea  einatimmig  gewühlt.  Dieser  erklärte  nun,  den  Ausschuss  demnächst 
zur  Coliatitiiiemng  und  Inangriffnabme  der  Arbeit  einladen  tu  uilUmn.  an 
der  maocbe  neue  binaukomintt  da  fBr  einzelne  Anstalten  der  Spielbetrieb 
auf  ihren  besQffUchen  Plfttsen  unmöglich  geworden. 

Ein  vorläufiger  Bericht  über  die  Thntigkeit  des  Ansäcbusres  in  der' 
von  Iglau  aus  angeregten  Action  bezüglich  der  von  den  Zeitverhältniaaen 
80  gebieterisch  (;oforderten .  von  d^r  TjPsjjHlative  langst  beschlossenen,  von 
doY  Kxccutive  abt'r  noch  imuier  nicht  durrhi:fl"ü}iitf>n  nclmlt^remiliei  utii,' 
winde  übor  Antrag'  des  Piof.  Fm.  Müller  ohne  Debatte  zur  Kenntnis 
genommen  und  je<ler  weitere  Schritt  mit  dem  Auadrucke  des  Ver- 
tranena  dem  Ermessen  des  Auaachoases  anheimge^tellt. 

Hierauf  erhielt  Prof.  Dr.  S.  Lederer  das  Wort  zu  einem  Torlmge: 
„Das  Skioptlkon  und  seine  Verwendung  für  den  Unterrleht  in 
den  elassisehen  Spraehen,  der  Geographie  und  OeaeUehte,  der 

Naturgeschichte,  Physik  ete/*. 

Nachdem  er  die  Zuhörer  über  die  Be«chaftung  uml  Verwendung,  und 
Prof.  J.  Schicht  über  die  zur  Verffl^jung  stehenden  Lichtquellen,  insbe-ion- 
dere  Obei  Er/.en^rnng  und  Verwendunr;  dea  Acetylengases  inforniiert  hatten, 
führte  ielzttner  einige  physikalis»  h.'  Vernuehe  und  mikro-Kupisi  he  Präparate 
in  Protection  vor.  Ersterer  brachte  eine  Reihe  von  photographischen  Ab- 
bildungen antiker  Knnftwerke  und  von  LandachafUbildern  roitteUt  eines 
vom  Mechaniker  der  deutschen  techniachen  Hochschule,  Herrn  Kettner, 
ausgefQhrten  und- bedienten,  vom  Herrn  Regierungsrathe  Dir.  Dr.  L.  Che- 
valier zur  VerfDgung  gestellten  Skioptikons  zur  Anschauung. 

Die  besonders  zahlreich  erschienenen  Mitglieder  verfolgten  die  Vor^ 
fiihrung  mit  Interesse  und  gelangten  zur  Überzeugung,  dass  unter  gewissen 
Umstünden  und  nach  Eifullnng  mancher  Vorbedingungen  das  Skioptikon 
sich  sehr  wohl  eignet,  den  Unterricht  in  manchem  Gebiete  mit  Vortheil  zu 
begleiten. 

Sechste  Yereinsversaiumlung. 

(9.  mn  1898.) 

Diese  Versammlung,  zu  der  Vertreter  s&mmtlicher  Pmger  Anstalten 
erschienen  waren,  war  der  Berathung  Aber  die  wesentlichsten  Punkte  einer 
„Instruction  für  die  Terantwortlichen  Aufseher"  etc.  (Rrlaaa  des 
hohen  Ministerium»  für  Cuitus  und  Unterricht  ddo.  17.  December  1897, 

Z.  2ü7Uj)  gewidmet.  Unter  lebhafter  Betheiligung  der  Anwesenden  wurde 
eine  derartige  „Instruction"  t'ornniliert ,  in^soweit  sich  Punkte  aufstellen 
In««  n.  tiie  allgemein  den  Fordei unt,"  n  bfidtT  Kat»'gorien  von  Mittflschulen 
entiprecben.  Das  F'r^ebnis  der  Berathung,  bei  der  Herr  Prof.  Kd  Müller 
die  Functionen  des  Schriftführers  veraah,  —  eine  Skizze  einer  in  14  l'unkte 
snsammengefasaten  Instruction  —  ist  am  16.  Märs  TOm  Vereinaobmanne- 
den  Directionen  der  Staats-  und  der  Cömmunalmitteischulen  Böhmens 


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Vereinsnachricbten. 


199 


stigeflcbickt  worden.  Der  VerMintnlanff  brachte  der  Obmann  snr  Kemitnia, 
daas  Herr  Dir.  Hergel  (Avmg)  ebenfalls  eine  von  tbxn  TerfiMite  Inetruction 
den  Lehrkörpern  zur  Verfügung  stellen  wertl*'. 

Die  auf  Grund  früherer  VereinsbeachlQsge  abf^ef  isste  Petition  hat  der 
Ausschuss  bereits  an  das  hohe  k.  k.  Ministerium  für  Cultas  und  Unterricht 
geleitet. 

Siebeute  Vereinsversammluiig« 

(23.  Märs  1898.) 

In  der  sablreieh  besavhten  V^raammlnng  aiellte  der  Obmann  den 
Anwesenden  den  Qaat  des  Vereinest  Herrn  Dr.  Egon  R.  Oppolser,  vor 
und  ertheilte  ihm  das  Wort  la  einem  in  liebenswürdiger  Weise  augesngten 
Vortrage: 

„Über  die  Bewegung  des  Sonneiisystems  im  Räume**. 

Erst  durch  das  Copernikaniäche  Sy4em  und  <lurch  die  Entdeckun»» 
der  Higenbewei^ung  der  Fixsterne  —  führte  d»'r  Hediier  aus  -  -  war  ein 
Ejiil»liek  in  die  Welt  *ier  Fixsterne  «gewonnen.  Die  um  die  Sonne  krei- 
sende Eide  hol  eiäl  eine  geniigend  große  Basi»  in  dem  Durehine''ser  ihrer 
Bahn,  so  daas  in  unserem  Jahrhunderte  die  Entfernung  der  Fixsterne  messbar 
wurde.  Durch  die  Entdeckung  der  Eigenbewegungen  war  nnwiderl^lich 
geieigt,  daas  die  Fixsterne  keine  «stellae  fixae'  seien,  sondern  dasa  sie 
ebenso  eine  Bewegung  im  Räume  haben  wie  die  Planeten,  die  nur  infolge 
ihrer  großen  Entfernung  so  gering  erscheint,  dasH  sie  erst  nach  grOßeren 
Zeitr&uroen  merkbar  wird.  Hat  der  uns  nftchste  Fixstern,  die  Sonne,  auch 
eine  eigene  Bewej,'nnrj.  so  uiCIwti  die  wahrgenommenen  Eigenbewegunpt^n 
der  Fixsterne  zuiuiheil  auf  Reclimiii«,'  unserer  eigenen  Bewegung  im  Haunie, 
zunitheil  auf  Kechnung  der  wirklichen  Eigen bewe^unpen  der  Fixsterne 
gesjetzt  werden.  Es  ersteht  nun  die  Aufgabe,  dieJse  Bewegungen  zu 
trennen,  und  dien  ist  nur  möglich,  wenn  wir  die  Bewegung  des  Sonnen- 
systems nach  Riebtang  und  Geschwind^keit  bestimmen.  Dabei  tritt  die 
Forderung  auf,  ein  Ooordinatensystem  festxalegen,  aof  welches  wir  die 
Bew^^ng  bexiehen  können,  nnd  dann  ein  absolutes  Maß  fdr  die  Ge- 
schwindigkeit zu  gewinnen.  Dius  erste  ist  in  der  Ekliptik  und  im  Frühlings- 
punkte,  dieses  dadurch  gefunden,  das»  man  die  Geschwindigkeit  auf  den 
Äther  bezieht,  analo«?  der  Bestimmunir  der  Fnhrj:^pschwindi^ifkeit  zur  See 
durch  Au--\vrrfen  des  Logs.  Der  Vortragende  erliiuterte  nun.  cla.s-s  die  durch 
die  fuit^th reitende  Bewegung  der  Sonne  bewirkte  Annäherung  au  die  Fix- 
bteme  erst  nach  Jahrhunderten  luerkbar  werden  kann,  ebenso  der  durcb 
diese  Annäherung  bewirkte  Hell igkeit^u wachs.  Dagegen  gibt  die  Beobach- 
tung der  Etgenbewegung  der  Sterne  Ober  die  Richtung  unserer  Bewegung 
sehr  genauen  AuftdÜuas,  während  f&r  die  Messung  der  Geschwindigkeit 
erst  daa  in  Prag  von  Doppler  um  die  Mitte  unseres  Jahrhunderts  auf- 
gestellte Prineip  die  Schwierigkeiten  behoben  hat.  Nachdem  der  Vor- 
tragende die  verschiedenen  Methoden  in  der  Erforschung  der  Bewegung 
unseres  Sonnen^v-'^tenis  dem  We«en  nach  erläutert  und  sie  gegen  einander 
abgewogen  liittt*,  gab  er  das  He>ultat:  wir  nähern  uns  dem  Sternbiide 
des  Herknb's  mit  einer  Geschwiiuü^'keit  von  1  —  2  Meilen  pro  Secunde. 
Dieses  Dahineilen  im  Weltenraume  brauche  uns  nicht  zu  Leunruhigen, 
weil  die  Menschheit  nicht  mehr  ist,  bis  wir  dorthin  gelangen.  Oberhaupt 


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200 


Vereinsnachrichten. 


ilt  ein  ZusaiDmeiifttoO  zweier  Fixsterne  hfichsi  anwahrscheinlich  und  darfte 
in  hundert  Millionen  Jahren  vielleicht  einmal  vorkommen.  Auch  die  Cber- 
legunf(f  ÜMB  es  sicherlich  ebenso  viele  dunkle,  erloschene,  daher  unsichtbare 
Fixsterne  gibt,  braucht  uns  keine  Befürchtiinprnn  ein7nflr>ßen .  ■weil  :iuch 
diese  sicherlich  den  Weltenrantn  sehr  spärlich  t'rfiiilcn  Etwas  anderes 
bieten  die  zahlreichen  Nebel,  die  rrrnß»»  Räume  eitüllen.  Vor  allem  hat 
hier  die  l'hotoj^mphie  nachgewiesen,  diu^  fast  in  allen  Hegionen  des  Weltall;* 
dieee  großen  Neljelmaasen  so  finden  sind.  Aber  es  gibt  natürlich  auch  nn- 
eichtbiire,  nicht  mehr  leuchtende  Nebel,  und  in  einen  tolehen  hiaeinsu- 
f^rathen,  emcheint  nicht  ala  unwahrscheinlich.  Ee  i»t  ja  schon  in  histori- 
scher Zeit  manch  ein  so|;enannter  «neuer  Stern"  anfj^etaucht,  der  wieder 
▼enchwonden  ist.  Dieser  ist  eben  durch  einen  Nebel  hindurchget^an^^ea, 
der  auf  seiner  Oberfläcli*'  «  inen  Weltenbrand  hervorgerufen.  Keine  Wissen- 
schaft kann  hier  jetnals  etwas  prophezeien,  jede  Stunde  kann  uns  diesen 
Weltuntergang  bringen,  umi  es  bleibt  uns  nur  übrig  zu  hoffen,  dass 
uns  dm  Schicksal  noch  lange  unsere  Heise  im  Weltall  unbehindert  tort- 
setzen iä»st. 

Dem  Vortrage,  der  in  geistvoller  Durcharbeitung  das  Ringen  um 
freien  Ausblick  in  das  Gewoge  im  unendlichen  Baume  Ton  den  hohen 
Warten  aus,  die  der  Menschengeist  erklommen,  in  fesselnder  Form  vor- 
fahrte, folfften  die  Zuhdrer  mit  gespannter  Aufmerksamkeit.  Reicher  Bei- 
fall drückte  dem  Vortragraden  den  Dank  aus,  welchen  der  Obmann  noch 
in  herzlichen  Worten  au&sprach.  —  Mit  den  aufrichtigsten  Glückwünschen 
und  flem  .Xn^tlrucke  der  Hotlnunfr  auf  frohes  Wiedpisehon  nach  Ostern 
8chlo«  der  uitmann  die  siebente  periodische  Versammlung  des  laufenden 
Vereinsjabreb. 


C.  Sitzungsberichte  des  Vereines  „Die  Realsohule"  in  Wien. 

(Mitgetheilt  vom  Schriftführer  Prof.  R.  Dundacxek.) 

Erste  YollTersammlmig  1897/^« 

(20.  November  1897.) 

bei  Oom.innstellvertn*ter  l*rof.  Glö>er  «ttithu't  die  ^itziini;  mit  der 
Begrüßung  der  Anwesenden,  insbesondere  des  Hei  in  k.  k.  öectionschefs 
Dr.  Erich  Wolf  und  schlägt  vor,  von  einei-  VerlMung  des  umfangreiehen 
Protokollee  der  Jahresversammlung  vom  l(>.  October  absusehen,  da  dieses 
durch  die  von  derselben  Versammlung  betrauten  Proft  AI  sc  her  und 
POlsl  beglaubigt  wurde  und  im  Vereinsoigane  «österreichische  Mittel- 
»diuie"  bereits  abgedruckt  ist.  (Angenommen.) 

Der  \'or.sitzende  geht  sodann  xum  »weiten  Funkte  der  Tagesordnung 
(Wahl  des  Obmannes^  nher 

Prof.  Üaurer  habe  an  den  Vorstund  tle»  Vereines  «Die  Realschule" 
am  2b.  October  ein  Schreiben  gerichtet  (dasj?elbe  wird  verle.*en),  warin 
jener  anzeigt,  dnss  er  zufolge  Erlasses  Sr.  Escellenz  des  Herrn  Mini-iterii 
vom  S2.  October  1897  von  seiner  Lehrstelle  enthoben  und  sur  zeitweiligen 
Dienstleistung  im  Ministerium  für  Cultus  und  Unterricht  tnn&chst  auf  die 


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Vereinsnuchrichteu.  201 

Iraner  eines  Jahres  einberufen  worden  tei.  Er  bittet  darin  den  Antichn», 
%m  Eenntni»  zu  nehmen,  daia  er  seine  Obmannstelle  niederl^. 

Prof.  Glöser  bedauert  diesen  jähen  Wechsel  in  der  Obmannachaft 
und  spricht  dem  Scheidenden  für  die  thatkräftige  Führung  der  Verein«- 
geschäfte  in  warmen  Worten  den  Dunk  an<.  f Lobhaft Beifall.)  Der 
Vereinsausscbu>s  habe  sich  in  Heiner  letzten  8itz\inf,'  ent^ehifden .  der 
Versammlung  die  Wahl  des  Herrn  l'rotessors  an  der  Staat«reaUchulö  im 
XVIII.  Bezirke,  Franz  Haluxchka,  eine»  laugjährigen,  arbeitsfreudigen 
Mitgliedes  des  Vereines,  Yonnsehlagen. 

Nach  einer  korsen  Unterbrechnng  der  Sitsun^  behnft  Stimmenabgabe 
und  Zfthlnng  fibernimmt  Prof.  Halnschka,  ron  den  Anwesenden  mit 
allen  gegen  eine  Stimme  sam  Obmanne  gewfthlt,  den  Vorsits.  Er  dankt 
fClr  die  ihm  erwiesene  Ehre  und  erklärt,  die  Wahl  anzunehmen.  Gestützt 
aof  die  bewährton  Hilfskräfte  des  Aaschusses,  wolle  er  im  Sinne  seiner 
Vorgänger  nach  bestem  Wissen  und  Gewissen  weiter  wirken  nnd  den 
Versuch  ni:t(hen,  auch  die  f»esellige  Vereini«?imf2r  der  Coliegen  zu  fördern. 
Zum  ibehiusse  seiner  beifiiili^  antj^enommenen  Rede  meldet  er  den  Beitritt 
des  Herrn  k.  k.  Landes-Schulinspectorä  d.  ti.  Dr.  igna/.  .Mache  an  und 
fordert  bn  diesem  Anlsswo  die  Anwesenden  aof,  unablä^äig  auf  die  Ver- 
mehrung der  Mitgliedersabl  des  Vereines  hinwirken  xu  wollen. 

Hierauf  «hielt  Frof.  Frans  Sehiffner  das  Wort  su  smnem  Vortrage: 

„Über  PoFtaehrlttA  auf  dem  Gebiete  der  Photographie'*. 

Er  spracli  zunächst  Ober  die  Wandlung,  welche  im  Äußeren  der 
photographischen  Bilder  vorsichgegangen  ist,  und  zeigte  zahlreiche 
eigene  Aufnahmen  und  solche  von  Mitgliedern  des  Camera- Clnb?  vor: 
Albumindrucke.  .Vristo-  und  t'elloidincopien,  Platinbilder,  verschieden  y^e- 
tonte  Photo^raitiiien  auf  Mattpapieren  und  entwukcite  Uopien,  scharfe 
Aufnahmen,  endlich  mit  der  I^ocbcamera  und  dem  Monokel  herge^itellte 
monochrome  nnd  polychrome  Gommidmoke.  Letstere  ffthrten  ihn  auf  die 
Photographie  in  natfirlichen  Farben.  An  das  Lippmann*sche  Verihhren 
anknflpfend,  gieng  er  auf  die  Forschungen  von  Wiener  Aber,  erwähnte 
die  von  Ditmar  hergestellten  Bilder  und  ersfthlte  dann,  wie  Chosaange 
unlängst  die  Gelehrten  getäuscht,  indem  sich  dessen  Erfindung  als  ein 
Colorier verfahren  entpuppte,  das  jetzt  unter  dem  Namen  Uadiotint  au.s- 
geüV»t  wird.  Er  verweilte  dann  län^jere  Zeit  bei  den  Aufnahmen  unt 
orthochromatischen  Platten,  die  als  (Jrundla^e  für  den  Dreif tri>cndrnck 
dienen,  und  erklärte,  wie  mit  Hüte  solcher  Neijative  die  tarbigen  (iummi- 
drucke  angefertigt  wurden,  die  Dr.  Henneberg  und  Prof.  Walzek  in 
Hamburg  ausgestellt  hatten. 

Solche  worden  der  Versammlung  gezeigt  und  alsdann  noch  das  Ver- 
fahren von  Jolj  und  Dr.  Seile  erklärt. 

Der  Vortragende  gieng  dann  auf  die  neuesten  Entdeckungen  über 
und  entwickelte  die  Unterschiede  zwischen  den  Kathodenstrahlen  Ton 
Lenarnd,  den  X-Strahlen  von  Röntgen  und  den  Kanalstrahlen  von  Gold- 
stein, gab  Krkliiruji^en  über  divs  „schwanke  Facht"  von  l>r.  Le  Bon.  die 
Wirkung  von  Metalldämpten,  von  rrnn.>traliien  und  den  Entladuogsstrahlen 
von  E.  Wiedemann.  endlich  der  Kii ferst rahlen. 

Von  den  künstlichen  Lichtquellen  wurden  das  Magnesiumlicht,  das 
Acetjlen  und  das  Hydro^Press-Gaslicht  besprochen.  Bezüglich  der  Objecti?e 


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202 


VereinänachricbtoD. 


wurde  des  aaiigmatischen  Corrüctors  von  Dali  mejrer  gedacht»  die  Zu^inmaB-' 
Setzung?  des  Planars  erklärt  und  dewen  Vonflge  an  vorgelegten  Probe- 
bildern hervorj^ehoben.  Zum  Schln*?9e  wnrdp  noch  ein  Teleobjectiv  von 
Zeiß  vorgelegt,  fiullich  jjezpi?t,  wie  die  n<'iv  Klapp-ranient  von  \{.  l>echiier 
zu  handhaben  ist  und  wie  die  damit  heigestelUen  Autiiuinuen  mit  Hilfe 
eines  dazu  passenden  VergrößerungsapjMuates  auf  das  Format  Ib  ^24  ge- 
bracht werden  können. 

Prof.  Schiffner  entsQndete  sunt  Schinne  eine  BHUlichtfolle  von 
Schwurt«,  wie  eolche  zu  Momentanfnahmen  im  Dunklen  verwendet 
werden. 

Der  Obmann  dankt  dem  Vortragenden  fiir  seine  inbaltareichen« 
interessanten  Ausfuhrungen  und  achließt,  nachdem  die  Tagesordnung  er- 
schöpft ist  und  sich  niemand  zum  Worte  meidet,  die  Sit/.un^'-. 

Mit  Be7,ug  auf  die  Henierkunof  im  vierten  Heft»'  (lies.t'r  Zeitschrift 
(X I.  .billig mi^.  1H97.  S.  I'-Mi  wird  uaciwtehend  der  (iedankengang  des  vom 
Herrn  o.  ü.  Prof.  Emauufl  Czuber: 

„Ober  einige  Resultate  der  modernen  Messkunst** 
in  der  JabresverMiaimlang  de«  Vereine«  «Die  Kealachale"  am  16.  October 
1897  gehaltenen  Vortrages  wiedergegeben. 

Der  Vortrag  verfolgte  den  Zweck,  an  einer  groCen  Operation  des 
Königl.  preußischen  Geod;1tischen  Instituts  den  heute  in  der  bfiheren  Mesa- 
kunst  erzielten  Grad  der  Genauigkeit  zu  demonstrieren,  üm  die  mit- 
zut  heilen  den  lu'snltitt»  zu  vullein  Verötandnisse  zu  bnni»en,  nohicktf  der 
Vortrauendt'  eine  kurze  Darlegung  des  Wesens  fincr  Triani^iilifrung  voraus 
und  besprach  insbesondere  die  seit  Prof  Schwerd  Ln-iUite  Methode,  aus 
einer  relativ  kleinen,  ma  j^rol-er  Schärfe  gemessenen  Busis  mittelst  einer 
Kleintriangnlierung,  eines  nogenannten  Basisnetzes,  eine  große  Basis  ab- 
zuleiten, auf  welche  sich  die  Haupttriangnliemng  zu  stQtaen  bat 

Bis  in  die  Siebsiger-Jabre  galt  als  vollkommenster  Apparat  für  die 
Sleasung  einer  Basis  derjenige,  welchen  Hessel  für  seine  1894  ausgef&hrte 
UstpreuOische  Gradmessung  hat  anfertigen  lassen;  mit  diesem  Apparate  sind 
seither  viele  wichtige  Grundlinien  in  Mitteleuropa  gemessen  worden.  Der 
Apparat  befsteht  in  der  Hauptsache  aus  mehreren  fjleichen  Messstangen 
von  2  loi-en  Län»:»',  jede  aus  einem  Eisen-  und  einem  Zinkstabe  7,n*tammen- 
jje«etzt  und  >o  ein  iMetallthermonieter  biiiiend,  diw  iu  jeder  I^a^re  die  innere 
Temperatur  der  Stange  zu  bestimmen  gestattet.  Die  durch  die  Meibsstange 
dargestellte  Länge  befindet  sieh  »wischen  deren  keilförmigen  Enden;  beim 
Messen  werden  die  Stangen  suooessive  aneinandergereiht,  aber  nicht  sur 
Berührung  gebracht;  die  kleinen  Zwischenräume  werden  mit  fein  getheilten 
Glaskeilen  gemessen. 

Nach  Begründung  der  Fluropälsehen  Oradmessnng.  die  .sich  später  zu 
der  gegenwärtigen  Internationalen  Erdmessung  erweitert  hat,  stellte  sich 
das  Bedürfnis  nach  einem  mit  rillen  Mitteln  der  PriiciHionsniechanik  her- 
gestellten Basismejsfäapi  ar.it.'  umsomehr  heraus,  ais  die  l  ntersuchungen 
General  Baeyers,  des  Begründei-s  der  lnt<»rnationalen  Krdmessung  wie 
auch  des  Geodätischen  Instituts,  gewisse  iJedt  uken  gegen  den  Bessel'schen 
Apparat  wachgerufen  hatten.  Auf  Grund  der  Berathungen  einer  specielleo 
Commission  warde  denn  auch  die  Herstellung  eines  solchen  Apparates 
beschlossen  und  der  berfifamten  Mechanikerwerkstätte  der  QebrQder 


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VereinsnaciuichWu. 


203 


Bi-unaer  in  Paris  im  Jahre  1876  flberti'ag«»,  und  twar  aof  Rechnung  de« 
Qeodfttuchen  Instituts. 

Der  im  Jahre  1878  fertiggestellte  Apparat  behält  dus  Princip  de« 
BimetalliginuA  bei:  Es  ist  nur  eine  Messstange  von  Am  lÄnge  vorhanden; 
dieselbe  besteht  aus  zwei  gleichdimensionicrten  Stäben,  der  eine  aus 
Messing,  der  andere  ans  einer  Plafinindinnilewiprun'^;  beule  sind  in  der 
Mitte  fest  verbunden  und  lauien  im  übrigen  auf  Köllen,  die  von  einer 
eisernen  Bank  getragen  werden.  Die  Messätange  ist  ein  sogeuanuter 
Striehmafistab,  d.  h,  die  durch  sie  definkrie  Läufe  Mt  «wischen  zwei 
.strichen  auf  der  oberen  Fläche  enthalten.  Die  Platinstange  ist  der  gansen 
Länge  nach  in  Centimeter  getheilt;  die  letzten  Sem  zn  beiden  Enden  beider 
Stangen  sind  in  O  l  mm  getheilt. 

Eine  der  wichtigsten  Voruntersuchungen,  welchen  der  Apparat  unter* 
zogen  werden  musate,  war  die  Vergleichung  der  Messstange  mit  dem 
Kormalmcter.  d.  i.  mit  jenem  Meterstabe,  welcher  gegenwärti«;  die  <M  iind- 
lai^  des  internationalen  metrischen  Maßsystems  bildet,  und  die  Lnter- 
suehüDg  ihres  Verhaltens  bei  Änderungen  tler  Teut)>eratur.  Dip«ie  überaus 
subtilen  Arbeiten  sind  zweimal,  in  den  Jahren  1891  und  1^9 i,  in  dem 
Bureau  international  des  poide  et  mesnrea  m  Breteuil  bei  Paris 
ausgeführt  worden,  wo  auch  das  Nornwlmeter  aufbewnhrt  wird.  Es  ist 
Ton  Interesse,  die  Resultate  derselben  zu  erfahren,  weil  sie  charakteristisch 
sind  für  die  Schärfe,  mit  welcher  derlei  Bestimmungen  heutzutage  voll- 
zogen  werden  können;  diese  Resultate  finden  ihren  Ausdruck  in  zwei 
Gleichungspaaren.  Es  ergaben  sich  nämlich  für  die  Länge  P  der  Platin- 
und  die  Länge  M  der  Mes»ing»tßnge  bei  der  Temperatur  T  (in  Celsius- 
gradeuj  die  Ausdrücke: 

Im  Jahre 

P  =  4  000  300171  ( 1  +  0  000  008  GIM  T  -f  0  000  UOO  000  25  7  -), 
M  =  4  000  U9m  (1  4-  O  OCO  018  04«  T  +  0  000 000  005  99  2'-). 

Im  Jahre  1893: 

7»  4  000  2[nin  (1  4-  0  Of  f)  OOS  (1114  T  -f  O'OOO  COO  000  25  7*-  '. 
M  =  4  000  133 >«  ( 1  4-  0  000  018  04G  T  -f  0  OOn  f  00  005  99  T-). 

Das  Princip  der  Messung  mit  dem  Brun ner'schen  Apparate  besteht 
darin,  dass  an  der  naho  horizontal  und  in  der  Flucht  der  zu  messenden 
Basis  aufgelegten  MeA«stange  die  Entfernung'  di  r  \  eitiralen  optiseht*n  Ach«en 
zweier  vorher  in  der»»'liMii  Flucht  aut;;e^tellt('n  Mikroskope  \.uiit  Mikro- 
meterschraube) gemessen  wiid.  Niiehdem  dies  geschehen  ist,  bleibt  dns 
vordere  Mikroskop  fest  stehen  und  wird  das  andere  um  die  doppelte  Länge 
der  Messstange  vorgetragen,  diese  selbst  um  ihre  eigene  Länge  vorgeechoben 
und  der  frflhere  Vorgang  wiederholt;  dies  geschieht  längs  derganaen  Basis. 
Zur  Einstellung  der  Messstange  und  der  Mikroskope  in  die  Flucht  der 
Basis  dienen  eigene  Ei nfluchtun^sfern röhre,  zur  Einstellung  der  Mikro»kop- 
achsen  auf  die  Endpunkte  der  Basis  und  etwa  festgelegte  Zwischenpnnkte 
besondere  Ablothungsfernrohre.  In  jeder  Lage  der  Messstange  erfolgt  auch 
die  mikroskopi.-^che  Messung  des  Längenunterschiedes  der  beiden  Metall- 
.stäbc  behufs  Bestimmung  der  inneren  Temperatur  und  mittelst  eines  sehr 
feinen  .Setzniveaus  die  mikrometrische  Bestimmung  der  Neigung  gegen 
den  Horizont. 


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204 


V  ere  ins  uac  h  r  ic  h  t  e  u 


Die  große  Operation  des  Geodätiwlieii  Institata,  von  der  eingwigt  die 
Bede  war  und  deren  Resultate  nun  mit^etheilt  werden  sollen,  bestand 
darin,  dass  drei  Grundlinien,  welche  in  früherer  Zeit  mit  dem  6 es s er- 
sehen Apparate  genip?spn  -worden  waren,  nunmehr  mit  ilem  l?rnnner'- 
Bchen  Apparate  naolitjPiuosstMi  wmdHn.  Hio-i  hatto  zunächst  den  Zweck,  die 
Leistun<jsfähi^keit  de»  letzteren  Apparates  zu  erjaoben,  aber  auch  die  V.-r- 
Ifisslichkeit  des  ersteren  zu  prüfen.  Jede  der  nachbenannten  Uit*i  i^uuiid- 
linien  wurde  zweimal,  je  einmal  in  jeder  lUchtung,  ^emesuen.  Die  Er- 
gebnisse nnd  nachstehend  tabellarisch  »ManiniengeBtellt. 


A.  Die  Grundlinie  bei  Strehlen. 
J.  Me&iiUDg  durch  General  Baeyer  mit  dem  BesäeTächen  Apparate  1854 

II.  Messong  durch  das  Geodätische  Institut  mit  dem  Brnnner*- 
schen  Apparate  1879: 

Erste  Messung   2762  588.40  „ 

Zweite  Hesrang  37tS2*&8L94  , 

Arithmetisches  Mittel   2762*685.17^ 

Mittlerer  I  t  hlMr  des  arithmetistchen  Mittel:i  =  -  \"Jt-i2  mtu  «=■  -«fo-j/iTiTiA' 
der  Länge. 

B.  Die  Grundlinie  bei  Berlin. 

L  Messung  durch  General  Baeyer  mit  dem  Besse  rächen  Apparate  1Ö4G 

2d36  392.0  m 

II.  Me.ssunjjdnrc  h  d.is  <  iooiiütische  Institut  mit  dem  Brun  ner'- 
sehen  Apitaratc  löbU: 

Krst.'  Messunjt   233<)-3I»5.r2 

Zweite  Messung  t>33(i-38**.(>6  , 

Arithmetische«  Mittel   2336-392.39  , 

Mittlerer  Fehler  des  arithmetischen  Mittels      t  1067  WM»  "=  qqq" 
der  Länge.  * 
C.  Die  Grundlinie  bei  Bonn. 

I.  Messung  durch  die  Königliche  Landesaufnahme  mit  dem  Besserschen 
Apparate  1892    2512*961.24  m 

II.  Messung  durch  das  Geodätische  Institut  mit  dem  B  ru  n  n  e  r  • 
sehen  Apparate  1892: 

Erste  Messung   2512  972.49 

Zweite  Messung  2512'966.62tt 

Arithmetisches  Mittel  ^12'969«65« 

Mittlerer  Fehler  des  arithmetischen  Mittels  —  -r  0*724  nttn  —  « 

o,47U.UUU 

der  Liinge. 

Diese  Zahlen  siiiil  f;r>\vi«*  <^Afi«jni't .  für  die  hentiirnn  L'^'^tungen  der 
Feinmechanik  und  der  BeoüacbtungtikunU  Bewunderung  einzutlüüeu. 


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VereiDsnachrichteD* 


205 


Zweite  Yollversamiiilang  18Ui,9b. 
U5.  JaatiAr  vm,) 

Auf  der  Tagesordnung  itaod  der  Vortrag  de«  Herrn  k.  und  k.  Ober^ 
lientenanta  Franz  Hiaterstoißer,  Cotnuandaaten  der  uiUitär-aSronanti> 
sehen  Anstalt  in  Wien: 

„Über  wissenschaftliche  Ballonfahrten". 

Während  man  ant'an^^s  skh  Bescheiden  nni^^te.  die  Messungen  der 
Temperatur  und  dea  Lufklrueke-i  in  staiil»pi füüten  Städten  vorzunt  hinrn, 
ist  es  den  Anregungen  Hanns  und  Bc/.ülJs  ^u  danken,  dass  allmiihlich 
Ob^^ervatuiieu  m  hüchgelegeneu  Orten ,  ja  auf  Berge^gipfeln  erbaut  und 
eiogerichtet  worden.  Diese  liefern  nun  allerdings  einwandfreiere  Daten; 
man  hat  es  indessen  gewagt»  derartige  Aufxeichnungen  aus  noch  höheren 
Lufbschiehten  herabxuholen,  welche  Aufgabe  die  Ballons  fibemonimen 
haben. 

Der  Vortragende  erläutert  nun  an  den  an«ge?tellten  Objecten  die 
Ausrüstung  eines  Ballons  und  schildert  in  fesselnder  Weise  den  Verlaut 
Mint>r  normalen  Freifahrt.  Überraschend  wirkte  die  Mittheilung,  da«s  man 
hogiii'  unbemannte  Ballons  mit  Kegistrierapparat^n  ffir  Luftdruck  und 
Wilrrae  in  di»-  Lütte  entsendete,  welche  an»  Hüh»-Ti  bis  zu  2.ö.000w  sehr 
niedrige  Tempeiaturen  ( —  25*^  R.)  verzeichneten.  —  Uu)  Querschnitte  durch 
die  Atmosphäre  zu  erlangen,  wurden  am  Ii.  November  1896  Simultan* 
fahrten  von  verschiedenen  Auffabrtspuukten  gleichseitig  unternommen. 
Redner  bespricht  sodann  ausführlich  deren  Verlauf  und  fosst  die  wichtigsten 
wissenschaftlichen  Ergebnisse  zusammen. 

1.  Bis  zu  einer  Höhe  von  4000 m  nimmt  die  Temperatur  mit  je  100  ifl 
um  0  5'*,  in  höheren  L.ij^en  um  1*^  ab. 

2.  Temperatur  umi  Kenolitigkeit,  trockene  und  feuchte  Luftscbithteu 
wechseln  oit  initeinantitT  ab. 

3.  Im  Inneren  der  W  olke  sinkt  die  Temperatur,  erreicht  in  ihrem  oberen 
Theile  den  tieftten  Stand  und  steigt  Über  der  Wolke,  welche  die  Wärme 
reflectierti  raseli  wieder. 

4.  Die  Ötratoswolken  erweisen  sich  als  lose  Gebilde,  welche  auf  kurse 
Entfernungen  die  Sicht  nicht  behindern.  Die  Cumuluswolken  reichen 
oft  in  ganz  unglaubliche  liehen.  Die  Cirrhuswolken,  welche  man  frQher 
für  Eisnadeln  hielt,  machen  den  Eindruck  eines  Schneegestöbers. 

5.  Der  Wind  weht  an  d*»r  Erdoberfläche  vom  Maxinnnn  r.tim  Minimum, 
wechselt  jedoch  in  einer  Höhe  von  1100  — loOO///  die  Hii  htung,  indem 
er  vom  Minimum  zum  Maximum  spiralföruiif?  zurückkehrt. 

0.  An  optischen  Erscheinungen  kommen  vor:  Aureulen,  Luftt^piegelungen, 
farbige  Schatten,  Nebensonnen  und  Sonnenhöfe. 

7.  Von  Prof.  £rk  und  Hauptmann  v.  Rosenberg  in  Manchen  wurde  etwas 
sehr  Merkwürdiges  beobachtet. 

Bei  Fahrten  über  den  Wolken  kann  man  auf  der  Wolkendecke 
die  Flttssl&ufe  wahrnehmen,  deren  Bett  etwa  30— 50fii  in  der  Wolke 
versenkt  erscheint,  so  dass  sich  sogar  die  Neb^iflQsse,  Abzweigung^, 
Mrindunn^t  n  u.  s.  w.  genau  unterscheiden  lassen,  was  fOr  die  Orientierung 

-t'lir  wichtig'  int. 

Das  Potentialgefälle  der  Elektricität  nimmt  mit  der  Höhe  ab. 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


206 


Veretnsnacbrichten. 


Der  Vortragende  schlieft  mit  der  Bcmerkuug,  Uass  durch  Siiuultan- 
fiüiiteii  nodi  yiele  andere  Fragen  gelöst  werden  dürften;  er  ffSbe  ikh  der 
Hoffiiung  bin,  auch  Wien  werde  künftig  nicht  nnrertreten  bleiben. 
Viribus  müis  exetisiar! 

Die  YereinsmitgUeder  nnd  sahireiche  GSste,  welche  dem  Vortrage 
beiwohnten,  spendeten  diesen  interessanten  AustAhrangen  reichen  Beifall. 


Z>.  Sitzungsberichte  des  Vereines  „Mittelsehule  für  Ober- 
österreioh  und  Salzburg^  in  Linz". 

(Mitgetheilt  von  dem  Obmanne  Prof.  Dr.  Ad.  Horii&kaJ 
Erste  yereinsTorsamiiiluug^. 

(Linz,  den  19.  März  1898.) 

Anwesend  '20  Mitglieder,  darunter  Herr  Landes-Schulinspector  Eduard 
Scbwamiuel,  die  Directoren  Rudolf  Pindter,  Johann  Degn  nnd 
Johann  Habe  nicht  nnd  ans  FreistutU  Prof.  .1.  Zatininüilpr. 

Der  Oliiiiiiiin  Dr.  Ad.  Horcicka  tnütVnet  die  iSit/.nnf^  mit  dt-r  He- 
griil.niucj  der  er.-ichitnieuen  Mitglieder.  Er  theilt  mit,  welche  Sihritte  im 
Sinne  der  mit  der  Mittelschule  iu  hhn  kartellierten  Vereine  unteiiiommen 
wnrden,  nm  dahin  «u  wirken,  dass  endlich  die  sosehr  gewQniehte  Oelutlts- 
regnliemng  ins  Leben  trete.  Ferner  wurde  die  heurige  Wanderversammlang 
f&r  den  5.  Juni  in  Freistadt  bestimnit,  wo  der  Verein  von  Seite  des 
Lehrkörpers  des  Gymnasiums  die  freundlichste  Aufnahme  finden  wird* 
Zwei  Professoren  des  Gymnasixnns  in  Freista4lt  haben  sich  in  suvorkommender 
Weise  bereit  erklärt,  die  Vorträge  bei  dieser  Festversammlung  zu  über- 
nehmen. Neu  eingetreten  sind  als  Mitgliedert  V.  Dr.  Laarenz  PrölJ, 
Johann  ilätele  (Gyinnusiuni  in  Linzi  und  1'.  Tliiemo  Schwarz  (Gym- 
nasium in  Kremsmün>t-'i).  Die  anderen  Mitiheilungcu  des  (  »bniannes  be- 
trafen Angelegenheiten  ganz  interner  Art.  Sodann  hielt  Piof.  Franz 
Lehn  er  des  StaatsKymnasiams  in  Lins  den  Vortrag  über  seine  Studienreise: 
mVod  Ancona  Uber  Tenii,  Aquila,  Solmona  und  Foggla  naeta  Neapel". 

Bedner  schilderte  in  Kürie  Land  und  Leute  in  den  Abruissen,  soweit 
er  sie  während  seines  mehrtägigen  Aufenthaltes  kennen  lernte.  In  form- 
vollendetem Vortrage  verstand  der  für  die  Naturschönheiten  des  italienischen 
Gebirgslandes  und  für  die  Denkmäler  römischer  Baukunst  }iO(>hbe^ei?terte 
Redner  die  Anfmerksamkeit  der  Zuhörer  zu  fes-seln.  Viele  tretl'liche  Fboto- 
grajdjieu  dienten  zur  Veransthaulichung  des  Oe«agten.  Am  ein^rehendsten 
verweilte  er  bei  Solmona  und  Aquila.  di  n  ln'iden  llauptoitcn  dieser  Ge- 
gend. Ganz  besonders  erregt  Aquila  unsere  Autinerksamkcit,  eine  Gründung 
des  hohenstaufisehen  Kaisers  Friedrich  IL,  das  sich  infolge  dessen  auch  von 
den  anderen  Städten  in  Anlege  u.  s.  w.  wesentlidi  unterscheidet.  Auf  den 
mit  großem  Beifalle  aufgenommenen  Vortrag  folgte  die  Fortsetcnng  der 
Discussion  über  den  Hntwurf  einer  Dienstpragraatik  fQr  die  Osterreichischen 
k.  k.  Gymnasien  nnd  Realschulen  auf  Grund  des  von  dem  Vereine  «Mittel- 
echule"  in  Wien  vorj»e1f^'ten  Vorschlages,  welche  bis  Hauptstück  IV  inclusive 
gedieh.  Die  Debatte,  welche  fich  insbesondere  nn  da?«  Hanptstück  V  knüpfte, 
war  eine  sehr  iebhatte  und  anregende.  Die  Berichterstattung  übernahm  in 


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VereinüDachrichten. 


207 


Yertretmii;  des  erkrankten  Referenten  Herr  Prof.  Horis  Bock  (Reniflchnle 
in  Linz).  Es  worde  nach  den  in  der  Versammlung  gen^ebenen  Anr^ngen 
bescbtOBSen,  eine  vollständige  Umarbeitung  des  V.  Huuptstucke^  vor- 
7tin(^hT))en,  womit  snnftcbst  der  für  diesen  Zweck  eingesetste  Sonderausscbnss 
betraut  wurde. 

Zweite  YereittSYersammiuiig. 

(Lins,  den  80.  April  1898.) 

Anwesend  84  Hitglieder»  darunter  Herr  Landes-Schalinspector  Eduard 
Schwamm el,  Stattbaltereiratb  Dr.  Eduard  Mag n er,  die  Directoren 
Audolf  Pindter,  Johann  Degn  und  Johann  Habenicht;  ferner  die 
Froff.  J.  Zfiunmüller  aus  Freistadt  und  Dr.  Weiß  aus  Gmnnden. 

Vor  Enirtnung  der  Sitzung  widmete  der  Obmnnn  dem  verstorbenen 
Ehrennutfjliede  dos  Yoreines  Prof.  G»'nanrk,  Direetor  der  Staats- Hand- 
•werk<'rsohult'  in  Linz,  einen  einenden .  warm  <'!i;|!fniuienon  Nnehrnf .  da 
derselhe  stet»  mit  allen  Kiiitten  tiir  die  Int»'re.>sen  des  \'ereines  nnd  >les 
Standes  eingetreten  ist.  Sein  haupttiät bliche«  Verdienst  war  die  genaue 
Ausrechnuug  der  Erhöhung  der  Witwen-  und  WaiseubeKflge  für  die  Hinter- 
bliebenen der  k.  k.  Staatsbeamten  bei  Einsablnng  ron  8%  des  systemi- 
«iert«n  Gebaltes  aller  Beamten,  weiche  nach  seinen  Vorschlagen  auch 
thatsächlicb  übernommen  wurde,  wobei  jedoch  vom  Staate  als  die 
nonn.ile  Basis  angenommen  wurden.  Leider  hat  ihn  eine  langandanemde 
schwere  Krankheit  gehindert,  sich  an  den  Sitzungen  des  Vereines  in  den 
letzten  Jahren  zu  bethjiti<ren,  wiewohl  er  trot/dem  allen  Fragen,  welclie 
8taTitl*'sinttM-t-s»-n  betrafen,  mit  i,nübter  Thei Inahme  folgte.  Die  .\nwes,.,i(len 
ehrten  das  .Andeniccn  an  den  \'»n-l)lirlienen  ilurch  Erhebung,'  von  den  >itzen. 

Der  Obmann  theilte  dann  mit,  dass  Dr.  Phil.  Johann  Zöchbauer 
(C!ollegium  Petrinum  in  Urfahr)  als  neues  Mitglied  beigetreten  ist,  dasä 
alle  Vorbereitung«»  {Ar  die  Wanderrersammlung  m  Freistadt  für  den  6.  Juni 
getroffen  seien  und  dass  der  Aosschuss  beschlossen  habe,  in  der  nächsten 
2ett  mit  den  Vereinsmitgliedem  einige  neue  Unternehmungen  in  Lins  sn 
besichtigen.  So  wurde  für  den  4.  Mai  d.  J.  die  Besichtigung  des  neuen 
•Schlachthofes  nnd  der  Anhige  des  Elektricitiitswerkes  in  Linz-lrtahr  in 
Aussicht  genommen  nnd  tliatsäehlirh  auch  nu-^^enihrt.  E«?  betlieili:.,'ten  >^ich 
-H  Alltsrliofler.  L)ie  Fiihrunfj  im  neuen  Sclihu  lithofe  übernahm  in  seht  zu- 
vorkomuiemler  W»'ise  der  sLüdtische  Ingenieur  Herr  .Tulius  Biow«ki,  im 
Elektricitätswerke  der  betriebnleiter  Herr  Franz  SsLheinig.  Beide  Herren 
haben  «ich  die  größte  Mühe  gegeben,  die  Einrichtungen  dieser  ganz  modern 
angelegten  Werke  eingehendst  sn  erklfiren,  wofflr  wir  uns  erlauben,  ihnen 
an  dieser  Stelle  den  wohlverdienten  Dank  aussusprecben.  Der  Ansschuss 
-wird  nicht  ermangeln,  da  das  Interesse  an  dieser  Besichtigung  so  rege  war, 
auch  in  Zukunft  gemeinsame  Ausflfige  ähnlicher  Art  zu  unternehmen,  da 
diese  nicht  bloß  zur  Belehrung  dienen,  sondern  auch  den  Sinn  lür  ooHegiales 
Zusammenwirken  Vieleben  und  stärken 

Daran  kniiplu-  .sieh  der  Heri'  lit  über  den  Verlauf  und  die  Tli.ttiirkeit 
des  V.  Tages  der  dentschen  HiHtonkcr  in  Xiiinberg,  der  in  der  Woche 
nach  Ostern  (13.  bis  IG.  Aprilj  abgebalitn  wurde.  Leider  konnte  der  Ob- 
mann, der  demselben  beiwohnte,  nur  in  ganz  knapper  Form  über  die 


I 


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I 


20S 


Vereimnaciirkhteu. 


wicbtigsten  Fragen,  welebe  in  Nfirnberg  erörtert  worden,  Mittheilung- 
machen  und  über  die  hütM  intereesanten  Vortrflge,  welche  üaeellwt  ge- 
halten wnrdmi,  nur  mit  wenigen  Worten  Erwähnung  thun,  wiewohl  die* 
aelben  Ar  einen  weiteren  Kreis  als  den  engerer  Fucbgenossen  gehalten 
wurden  und  Fragen  iUli,'emeinen  Intereases  berührten.  Schade,  daas  es  die 
Kürze  der  7j'\^  nicht  zuließ,  sich  mit  einig^en  Punkten  ausführlicher  za 
bes^chäftig-en.  Vit'llt'icht  er*^il)t  sieh  im  Herbste  ilie  Gelej»enh»'it,  einen  otl*^r 
den  anderen  Funkt  zum  Gegenstande  einer  weiteren  Errirterung  zu  luachen» 
weil  namentlich  die  Fragen  über  die  moderne  Geschicht^chreibung  und 
Geechichtefotvehung,  inabeeondere  über  die  hiebei  Terwendete  Methode  der 
S^stiker  und  NationalOkonomen  die  Aufmerkaamkeit  der  Zuhörer  gana 
beeondera  anregten.  Die  eigentliche  Aufgabe  des  Abends  füllte  die  weitere 
Herathung  über  einen  Entwurf  der  Dienstpragmatik  fSr  die  LehrerHchaft 
der  k.  k.  Staatsgymnasien  und  Bealschuien,  welche  schon  mehrere  Abende 
in  Anspruch  nahm  und  endlich  in  einer  alle  Theile  befriedigenden  Wei?e 
gelöst  wurde,  l^ie  Herichterstattnnt^'  iilM'rnahm  auch  diesmal  we^en  ün- 
pässlichkeit  des  IJeterenten  Herr  Prot.  Moriz  Bock.  Dem  Sonderuus,schu88e, 
der  neuerdingi»  zur  Berathuug  dieser  .Standesfrage  eine  Sitzung  gehalten, 
lag  diesmal  die  Arbeit  eines  für  organisatorische  Fragen  sehr  veranlagten, 
auf  theoretischem  und  praktischem  Gebiete  erprobten  Ftsobmaanea  vor. 
der  mit  viel  Flnß  und  Aufopferung  der  ihm  übrigen  Zeit  die  voUstftadige 
Umarbeitung  des  Wiener  Entwurfes  vornahm,  und  swar  nach  einheitlicheui 
Principe,  vom  modernen  Standpunkte,  inabesondere  in  Betreff  der  Stellung 
der  Sapplenten ;  diese  Vorlage  wurde  nach  eingehender  Discusaion  im  Sonder->> 
au.s5ichuüse  der  Vereinsversammlung  xnr  Annahme  ohne  weitere  Änderung 
empfohlen. 

Herr  Prof.  Bock  brachte  Uie«ielbe  Punkt  fiii  l'unkt  langsam  zur  Ver- 
lesung, und  nachdem  in  der  sich  anpchlieüenden  Debatte  über  einzelne 
Pnnkte,  welche  manchem  Mitgliede  unklar  zu  sein  schienen,  die  gewünschte 
AufklftruDg  gegeben  wurde,  nahm  die  Versammlung  einstimmig  den 
neuen  Entwurf  an,  der  als  die  Willensmeinung  des  Vereines  nach  Wien 
inr  weiteren  Berathuug  vonulegen  sei.  Da  derselbe  von  der  Wiener  Voi^ 
läge  vielfach  abweicht  und  dieser  gegenüber  große  Vorzüge  aufweist, 
wurde  über  Anregung  des  Herrn  Prof.  Sauer  der  Antrag  einstimmig  an- 
genommen, dass  derselbe  wörtlich  in  den  Mittle-iiuTT^en  abzudrucken  sei, 
damit  er  auf  die-»*^  Weise  den  übrii^en  Si  hwe.stervrrpinen  wie  auch  alten, 
die  an  der  Lö.«ung  die^ser  ^tandesfrage  ein  Intere^e  i!^eigeo,  leicht  siigäng' 
lieh  sei.  Derselbe  lautet: 

Bntwupf  einer  DlenstpFagmatik  fOr  das  Lehrpersonale  der  Mi9T» 
reiehisehen  Staatsgymnasien  und  Staatsrealsehulen. 

I.  Von  den  Erfordernissen  sur  Anstellung  als  Direetor  und 
Lehrer  an  Staatsmittelsehulen. 

§  1.  Zur  ersten  Anstellung  als  Direetor  oder  wirklicher  Lehrer  an 
einer  Staatnmittelschule  wird  gefordert: 

1.  die  österreichische  Staatsbürgerschaft; 

2.  physische  EiL'nunir  imd  t^in  Alter  von  nicht  mehr  aU  40  Jahren.  Unter 
berück8ichtigungäwürdi<^'en  [  mstäuden  kann  bezüglich  dieser  Altei*»» 
grenze  Nacb^icht  ertheilt  werden; 


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VeyeinUBcbrichfeeii. 


3.  die  durch  die  Prufungsvorschrift  verlangte  Lebrbefähigung,  bei  Religious- 
lebrern  der  KAchweit  der  mit  Erfolg  bettandoieii  MaturitStaprÜfang 
und  der  LebrbeflUiigiiiig  von  Seite  der  Oberkircbenbehörde; 

4.  der  Nacbweia  des  au  einer  Staatsaiittelaebnle  sarflckgelegteB  Probe« 
jahres.  Dieser  kann  bei  einer  mindestens  einjährigen  Dienstleistung? 
als  Sapplent  an  einem  Gjnmnasium  oder  an  einer  Kealscbnle  nach  Er- 
worbnnff  der  Lehiltefiihiirnrit;  oder  hc\  einer  mehrjährigen  befriedigen- 
den Dienstleistung  im  Xiebramte  überhaupt  erlassen  werden. 

II.  Von  der  Besetsang  der  Dienstposten  eines  Directors  oder 

wirklieben  Lebrers. 

§  2.  FQr  jede  an  ein»  Sfcaatnniitelschule  erledigte  Directors-  oder 
Lebrerateile  wird  Ton  dem  Landesscbnlrathe  ein  Omen»  ao^gesebrieben, 
der  bei  Lebrstellen  die  dm  PrOfbogsvorscbriften  entqtreebende  Facb- 
grappe  m  beseicbnen  bat,  aas  welcher  die  Bewerber  die  LebrbeAÜiigang 

aacbsnweisen  haben. 

Zur  Einbringung  der  Gesuche  wird  eine  Frist  Ton  mindestens  vier 
Wochen  gewährt.  .Te«!*^-^  vor  Ablauf  des  Bewoibungstermines  hei  der  vor- 
gesetzten Direetion,  »'vontuell  von  Tandidaten,  die  nicht  im  ötl'en fliehen 
Dienste  stehen,  bei  dem  Landes-schulrathe,  der  die  Aii?«chreib«np  vertwi- 
lasst  hat.  eingetroffene  Ge&uch  iüt  als  rechueitig  eingebracht  aazusehen 
and  in  den  Besetxun^stvct  auAnineboiea. 

Die  Oesucbe  sind  mit  den  LebrbefILbigungs-  nnd  Verwendongs- 
sengnissen  des  Oandidaien  su  verseben,  denen  die  Direction  die  Qnali- 
ficationttabelle  beifügt.  Es  bleibt  dem  Bewerber  aabeimgestellt,  sonstige 
einen  Vorzug  begründende  Beilagen  anzufOgen. 

§  3.  B  i  Krstattvmg  von  Vorschlägen  zur  Besetzung  von  Dienstplätzen 
und  bei  Verleihung  derselben  sind  die  im  6tFentli<4ien  Schuldienste  er- 
wori>enen  Verdienste  maßgebend.  Bei  Neuernenniin^^  von  wirklichen 
Lehrern  ist  auf  die  xeit  Erwerbung  der  Ansteilungstähigkeit  zurückgei^jte 
Diensii&eit  gebürend  Rücksicht  zu  nehmen. 

§  4.  Die  Erledigung  der  Competenzg^acbe  dnreh  die  EnAnnong 
eines  Bewerben  erfolgt  derart,  dass  der  Nenemannte  Iftngsteos  mit  Beginn 
des  nenen  Semesters  die  ibm  mliebene  Stelle  antreten  kann. 

§  5.  Jeder  nenemannte  wirkliebe  Gymnasial«  oder  Bealscknllehiar 
erbftlt  den  Titel  , Professor*. 

§  6.  Jeder  neuernannte  Direetor  oder  wirkUebe  Lefarer  einer  ßtnat» 
mittelschule  ist  tax  beeiden. 

§7.  Der  Tausch  von  DienstplStxen  kann  in  berücksichtigungswürdigen 
Fällen  nach  Anhihung  der  LHüdes-^chnlräthe  durch  das  L'oterrichtsmini- 
sterium  gestattet  werden.  Die  bctrettenden  Lehrpertionen  haben  keinen 
Anspruch  auf  Ersatz  der  Übersiedlungskostea. 

§  8.  Bei  Versetsnngen,  welche  das  Untertioktaministerinm  ans  Diensles- 
rOcksiehten  vornimmt,  gebArt  den  Lehrpevsonen  der  Enata  der  über» 
siedliingskoaten  naeb  den  hierfiber  geltenden  Bestimmnngen. 

§  9.  Wird  eine  Lebraiütalt  aufgelassen,  so  werden  Direetor  nnd 
Lehrer  von  amtswegen  und  gegen  Vergütung  der  Übersied lungskoeten  an 
andere  Staatsmittelsehnlen  versetit  oder  denselben  xur  Dienstleistung  sn- 
gewiesen. 

„ö»U'rr.  MitU'l»cliuk     XII.  Jahrg.  14 


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210 


Vereinsnachrichteu. 


I  10.  Der  freiwillige  Amtritt  ana  dem  Lehntande  kann  in  der 
Begel  aur  mit  Schlan  eines  Semester«  erfolgen.  Zar  Fortfahranff  det  Titeb 
(Director.  Profeesor)  bedarf  es  der  Oenehmigoniiir  des  k.  k.  Unterrichts- 
ministerium r«. 

§  11.  Die  Veraetsonif  von  Lehrpersonen  in  den  dauemdm  Eaheetand 

erfolgt : 

1.  über  Ansuchen  den  Hot  reifenden  bei  nachgewiesener  physiacher  oder 
geistiger  DieustunfUhigkeit; 

2.  von  amtswegen,  wenn  ein  Director  oder  Profei^aor  das  70.  Lebenyahr 
zurückgelegt  hat  oder  nach  Vollendung  des  65.  Lebensjahres  den  An- 
fordemngen  des  Amtes  nicht  mehr  Töllig  zu  genfigen  Termag,  in  beiden 
FtUlen  nnter  Gewfthrung  des  gaaaen  Gehaltes  als  Pendonsbesug; 

8.  im  Disei|dinarwege. 

§  12.  Bei  Benie88Qng  der  Pensionsbezüge  nach  den  hierflber  gelten- 
den T^psf  tzliehen  Bestimmungen  werden  im  Sinne  des  Gesetzes  vom  9.  April 
1Ö70  je  drei  im  .MittelschttUehramte  Toilständig  zurückgelegte  Dienstjahre 
als  vier  gerechnet. 

§  r^.  Dpmgf'mÄß  beginnt  die  l'ensionstahi(»keit  für  Mitj^lieder  des 
Mittelschuik'iu'Ntandet«  mit  dem  Tage  der  Vollendung  des  achten  anrechen» 
baren  Dienstjahree. 

Rnhegenüsse  nnd  Abfertigungen  dod  durch  die  Bestimmungen  der 
§§  1  bis  8  des  Geseties  vom  14.  Mai  1896  im  Znsammenhalte  mit  §  1.  Ab- 
sata  V,  des  OesetMS  vom  9.  April  1870  Ober  die  Pensionsbehandlang  des 
Lehrpersonales  an  Staatsenstalten  geregelt. 

III.  Von  den  provisorischen  Lehrern  und  Sup]tlenten. 

§  14  Die  Verwendung  von  provisorischen  Lehrern  und  .Supplenten 
findet  nur  statt,  um  einem  vorübergeliemlen  Bedürfnisse  des  ünterrichtü- 
betriebes  (Urlaub  oder  Erkrankung  einet>  Lehrers,  Errichtung  von  Parallel- 
classen)  abanhelfen.  Lehrstellen,  welche  dnrch  fünf  Jahre  von  Sapplenten 
oder  provisorischen  Lehrern  versehen  wurden,  sind  mit  wirkUchen  Lehrern 
extra  statom  m  besetaen. 

§  15.  Für  die  Bestellung  von  provisorischen  Lehrern  und  Supplenten 
an  Mittelsohnlen  gelten  im  allgemeinen  die  im  $  1  an^C^^ol^^'^ 
dttrnngen. 

§  16.  i^obald  ein  Mittelschul-Lehrumtacandidat  die  Anstellungsfahijj- 
keit  erworb«  n  Ir.it.  wird  er  ül)er  sein  .Ansuchen  in  ein  nach  den  Priilungs- 
gruppen  un«l  innerhalb  derselben  nacli  dem  Zeitpunkte  der  Anmeldung  ge- 
ordnetes Veizeichniti  aufgenommen,  welchem  im  k.  k.  Ministerium  für  Cultus 
und  Unterricht  gelifihrt  wunL 

Die  Anfhahme  kann  bei  einem  notorisch  nngfinstigen  Ergebnisse  des 
Probejahres  aeitweilig  verweigert  werden. 

§  17.  Die  k.  k.  Landesschulräthe  haben  längstens  Ii  Tage  nach 
Bcbliiss  doH  .Schuljahres  an  das  k.  k.  Ministeriinn  ffkr  Cnltos  und  Unterricht 
unter  Vorlage  der  Referate  der  Mittelscbuldirectionen  zu  berichten: 

a)  weiche  bisher  in  Verwendiintj  gestandene  Supplenten  oder  provisorische 
Lehrer  im  niichsten  Schuljahre  an  der  betreöenden  Anstalt  verbleiben; 

b)  welche  bisher  verwendete  provisorische  Lehrer  und  Supplenten  vom 
nächsten  Schuljahre  an  den  Auätalteu  de^  Landes  disponibel  werden; 


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Yeremmacbricbten. 


211 


c)  für  welche  Stellen  Uie  Ernennuog  VOn  Supplenten  für  dos  nächate 
Schuljahr  uothwendig  ist. 

Auf  Gnmd  dieser  Beriehte  verfu)^  das  k.  k.  Ministerium  über  dis* 
ponible  {woviionsdie  Lehrer  nnd  Sapplenten  nnd  ernennt  imdi  Bedarf 
neue  lAngstent  bia  Ende  Angiirt  eine»  jeden  Jahres,  wobei  die  Reihenfolge 
der  Vormerkongen  innerhalb  einer  Fachgruppe  einmhalten  eein  wird. 

§  18.  Wird  wfthrend  des  Schuljahres  durch  eine  vom  Miaieteriuni 
verf&gte  Emennang  zum  wirklichen  Lehrer  oder  am  irgendeinem  anderen 
Gmnde  an  einer  Anstalt  eine  Stippliernng  nothwendi^,  «o  wird  in  ^^leicher 
Weise  voui  k.  k.  Ministerium  fiir  die  Bestellung  eines  provisorischen  Lehrers 
oder  Supplenten  Sorge  getra^jen. 

§  19.  Ergibt  sich  zu  Beginn  des  Schuljahres  die  Nothweudigkeit, 
snr  Vorsehung  des  Unterrichtes  an  nicht  vorhergesehenen  Parallelclassen 
Lehrkrftfte  m  bestellen,  so  haben  die  Direotionen  eheniflglichst»  läugätens 
sogleich  nach  Sehlo»  der  Aufnabme,  an  den  k.  k.  Landesachnlrath  an  be* 
riditen*  der  mit  aller  Beacbleunigang  die  Berufung  der  erforderlichen 
Lehrpersonen  veranlassen  wird. 

§  20.  In  allen  Fallen,  in  welchen  die  Nothwendigkeit  zur  Bestellung  • 
snppHert'n'ltT  Lehrkräfte  durch  lilngere  Zeit  vorausgesehen  werden  kann, 
wird  auf  rocht^eitige  Ernennung  derKpllipn  bedacht  zu  nehmen  sein.  ' 

§  21.  Die  Zuweisung  von  Lehrkratten  zur  Supplierung  an  eine  An- 
stalt erstreckt  sich  in  der  Regel  aut  mindestens  ein  Semester.  Voraus- 
gesetxt,  daas  nicht  beaondere  Momente,  xumaJ  Verschulden  des  Supplenten, 
eine  Auanahme  rechtfertigen,  endet  der  Subatitutionaauftrag  erat  mit 
Semeaterachlnaa. 

Toraoasichtlicb  eine  kürzere  Zdt  dauernde  Supplieruagen  werden, 
womöglich,  Too  Mitgliedern  des  Lehrkörpers  besorgt;  ist  jedoch  für  eine  , 
solche  ausnahmsweise  die  Berufung  einer  Lehrkraft  nothwendig,  so  kann  |  /  V 
die  Bestellung  nur  mit  Zustimmung  des  betretenden  Candidaten  erfolpren.  I  ♦ 

§  22.  Sn]))>lenten,  welche  nach  Erwerbung  der  Anstellungsföhigkeit 
durch  zwei  Jahre  an  Mittelschulen  mit  gutem  Erfolge  gedient  haben,  erhalten, 
wenn  sie  im  Staatsdienste  stehen,  den  Charakter  und  die  Hechte  von 
Staatsbeamten  mit  dem  Titel  und  den  Bezügen  von  proriaoriachen  Lehrern 
(§  8  des  Gehaltageaetses),  nftmlich  120011.  Gehalt  und  die  ActtTit&tasulage 
der  IX.  Bangaclaaie. 

Alt  solche  kffnnen  aie  ohne  ihr  Verlangen  oder  Veraohulden  nicht 
mehr  entlaaaen  werden. 

Die  von  einem  Mitgliede  des  Lehrstandes  in  der  Eigenschaft  eines 
provisorischen  Lehrers  zurückgelegtH  Dienstzeit  wird  bei  der  Ernennung 
7A\m  wirklichen  Lehrer  für  die  Berechnung  von  Quinquennalzulagen  voll  . 
eingezählt. 

Die  Dienstzeit,  welche  ein  Mitglied  deei  Lehrstaudes  nach  erlangter 
AnatellungaflUiigkeit,  sei  es  als  proviaoriacher  Lehrer  oder  ala  Supplent,  an 
einer  vom  Staate  oder  aber  bei  dem  Bestände  der  Reciprodtftt  an  einer 
von  Gemeinde  oder  Land  erhaltenen  Offentli<dien  Mitteladiole  oder  Lehrer- 
bildungsanstalt bis  zu  seiner  definiUven  Anatellung  zurückgelegt  hat,  wird 
aeinetieit  für  die  Penaionsbemeasung  eingerechnet,  auch  wenn  der  Be> 
treffende  mit  einer  geringeren  als  der  vollen  wöchentlichen  Stundenzahl 

betraut  war.  Eine  ohne  Verschulden  des  Betreffenden  eingetretene  Dienstes- 

14* 


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212 


V  ereiiuimcbricbteo. 


unterbrechunff  hebt  den  Anspruch  auf  Änrechnunjf  der  tactischen  Dienst- 
zeit nicht  auf. 

§  S3.  Bei  Beneteiing  von  SnpplenteiMtellen  an  Mittelteholea  werden 
nmlleltBi  die  Terfagfaaren  proviaoriachen  Lehrer  der  enteprechenden  Fach* 
grnppe  berflckächtigt.  Sie  m Oasen  sieb  jeder  Tom  k.  k.  Ifiniiiterjaiii  muh 
Bedarf  angeordneten  Versetzung  fBgen;  nach  Mdgliehkeit  nnd  fvir  die 
Daner  des  Bedarfes  sind  sie  an  der  Anttaltf  an  der  sie  dienen,  zu  beiaasen. 

§  24.  Findet  >ic'b  fnr  einpn  provisonschen  T-ohrri  V»Mn  vacantor 
Posten,  80  ist  er  unter  BeiassxTTi^'-  s»'iner  Bezüge  einer  Anstalt,  am  besten 
jener  Anstalt,  an  der  er  i^uletzt  ^'edit  nt  hat,  zur  Dien-^Hfi^tuntir  zuzuweiflen. 

§  25.  Steht  kein  für  die  betreffende  Fachgruj>j<t'  Utl.tlngttjr  provi- 
äoritieher  I^ehrer  zur  Verfügung,  so  sind  die  sich  ergebenden  Supplenten- 
■tellen  mit  anatollnngafthigen  Lehramtseandidaten  in  hesetae«;  aneh  in 
diesen  RLllen  ist  nach  dem  Zeitpunkte  der  Erwerbong  der  Anatellnngs- 
flibigkeit  nnd  der  Vormerkang  vorangehen. 

§  26.  Nur  im  Falle,  dass  anstellungsföbige  Lehrperaonen  der  en^ 
/  sprechenden  Fachgruppe  nicht  zur  Verfüj;rung  stehen,  können  solche 
ohne  FrobejHbr  oder  auch  ohne  LehrbeRlhifrun^  über  Vorschlag  der 
Direetion  vom  k  k.  Landesschulrathe  in  Verwendung?  genommen  werden: 
letztere  aber  sind  längstens  nach  Ablauf  von  rwoi  .lahien  zu  entlassen,  wenn 
sie  bis  dahin  die  Lehrbeföbiguug  nicht  erwori>en  haben. 

§  27.  Auf  die  an  Staatsmittelschulen  bestellten  proTisorischeu  Lehrer 
und  Supplenten  finden  die  in  dieser  Dienstpragmatik  fSr  wirkliche  Lehrer 
festgestellten  Bestimmungen  Qber  Pflichten  nnd  Obliegenheiten  sinngemäß 
Anw^dung. 

§  88.    Proriaerisehe  Lehrer  nnd  Snpplentm  sind  ananah  mslos  in 

beeiden. 

20     Die  Bezöge  der  Supplenten.  welche  nicht  StaAt>*!beamte  sind, 
/  bestimmt      \i  des  Oehaltsj?esotzes    Für  die  rechtzeitige  Anweisung  der- 
selben haben  die  riande.sscliull>ehörden  ^orge  zu  tragen. 
^         Nach  Möglichkeit  iat  dieaen  Supplenten  das  volle  wdchentlicbe 
.  Stundenausmaß  zuzuwenden. 

§  90.  Provisorische  Lehrer  nnd  Supplenten,  welche  snr  Tersebang 
einer  yacanten  Stelle  berufen  werden,  haben  Ihr  sich  Ansprach  auf  den 
Ersata  der  ihnen  durch  die  Übersiedlung  erwachseneu  Beiaekoaten. 

§  81.  Supplenten,  welche  nicht  Staatsbeamte  sind,  erhalten  im  Falle 
der  Dienätunfähigkeit  infolge  einer  Erkrankung  ihre  Beaflge  noch  durch 
drei  Monate  fort.  Jede  weiterp^ehenfb«  Beruclv.-.iohtif^'ung  bedarf  der  Ge- 
nehmigung des  Ministeriums  iür  Cultua  und  Unterricht. 

IV.  Von  den  Amtspflichten  und  AmtsTerrichtungen  der 
Lehrpereonen  an  Staatamittelschnlen. 

I§  89.  Die  Lehrperaonen  haben  alles  au  vermeiden,  waa  din  Achtung 
▼er  dem  Stande,  dem  sie  angehören,  nnd  daa  Vertrauen,  das  ihr  Beruf 
I  fordert,  zu  schJUligen  geeignet  wire. 

Sie  haben  die  Verpflichtung,  mit  E^fer  und  ernstem  Streben  die  Auf- 
gaben der  Schule  in  Bezug  auf  Unterricht  und  Erziehung  wahrzunehmen 
and  alles  zu  thnn.  um  seli)st  mit  Rrfol«»  an  der  Lö^unf,'  die.ser  Aufgaben 
au  arbeiten,  im  harmonischen  Zusammenwirken  mit  den  übrigen  Lehrern 


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\r«reiiinia«hrichteii. 


213 


der  Anstalt  den  Ruf  demlben  zu  begründen  und  zu  erliülteu  un<l  ,da^  Ziel 
aller  Jugendbildang*  «i  emiclieQ»  die  ihaun  anvertrMite  Jagend  sn  „ge- 
bildeten edlen  Charakteren*  henunnaiefaen. 

Ihren  Vorgeaetsten  haben  eie  stete  mit  gebdrender  Achtang  ra  be* 
gegnen  und  deren  dienstlichen  Anforderungen  willig  Folge  zu  leisten. 

§  33.  Kein  Lehrer  darf  einer  geheimen  GeHelhchaft  oder  einem  aos- 
Iftndii^hen  politischen  Vereine  als  Mit;;lied  angehören. 

34.  Jede  Lehrperson  ist  verpHichtet.  über  amtlich«'  Angelegen- 
heiten, welchia  entweder  ihrer  Natur  iiiich  oder  infolge  besonderen  behörd- 
lichen Auftrages  geheimzuhalten  find,  gegen  jedermann,  der  nicht  zur 
EIntgegennahue  eine»  amtlichen  Berichtes  befugt  ist,  Verschwiegenheit  zu 
beobaehten. 

§  85.  Im  dienttlicben  Verkehre  mit  den  Parteien  ist  frenndliehee 
Entgegenkommen  mit  Anstand  ond  Emst  an  Terbinden. 

Die  Annahme  von  Geschenken  und  Begünstigungen  jeder  Art  ist, 
da  sie  die  Aratsthätigkeit  beeinflussen  können,  unbedingt  verboten. 

Die  Anordnungen  über  das  Halten  von  Koststudenten  und  fiber  die 
Ertheilung  eines  Privatanterriebtes  an  Zöglinge  der  Anstalt  sind  genau  su 

befolgen. 

§  cJti.  Jedei  Lolnpfrson  winl  die  freie  Ausübung  uutl  der  üenuss 
aller  staatsbürgerlichen  Hechte  gewährleistet.  Die  Ausübung  eines  Ab- 
geordnetenmandatet  neht  weder  den  Yerlwt  der  Lehrbeftbigung  noch 
der  mit  der  amtlichen  Stellung  des  Lehrers  Terbnadenen  Rechte  und  An* 
•prQche  nach  sich. 

Die  Rücksicht  anf  seine  amtliche  Stellung  verbietet  dem  Lehrer,  j  ^ 
sich  an  politischen  Agitationen  was  immer  fftr  einer  Art  activ  tu  be- 1  • 
tbeiligcn. 

37.  Über  da^«  amtliche  Wirken  iirul  ii5»*'r  <lif">  tjeHaimiitt'  Haltung 
eines  jeden  Mitgliedes  Ue-*  Lrlirkürpei!»  wird  von  ut m  Director  eine  yuali* 
ficationstabellp  «geführt,  welche  nach  bet-timmten  Voikommni!»6en  zu  er- 
gänzen und  nach  Al*iauf  von  je  drei  Jahren  zu  erneuern  ist.  Über  münd- 
liches Ansuchen  wird  es  jedem  Mitgliede  des  Lehrkörpers  gestattet,  in  diese 
QualificationstabeHe  Einsicht  sn  nehmen. 

Jedem  Competensgesnche  wird  ?on  der  Direetion  eine  Abschrift  dieser 
QualificationstabeHe  beigegeben. 

Die  gleichen  Bestimmungen  gelten  für  die  QualificatiorstabeUen 
der  I>ucctoren,  die  von  dem  betrett'enden  k.  k.  Landes" Schulinspector  au 
führen  sind. 

§  38.  Jeder  Lehrer  ist  zur  (  luMnuhrjie  und  Vfrspjmn^'  der  ihm  zu- 
gewiesenen Lehrstunden  innerhalb  de»»  gesetzlichen  .Vlaximuius  vcrpUichtet. 
Fühlt  er  sich  durch  die  ihm  auferlegte  Lehraufgabe  oder  eine  andere  Ver- 
pflichtung beschwert,  lo  steht  es  ihm  au.  seinen  Bedenken  und  Wflnschen 
im  Conferenzprotokolle  Ausdruck  sn  geben  und  die  Entscheidung  des  k.  k. 
Landesschnlrathes  anaurufen. 

§  ;ilt     Im  Falle  eines  unvorhergesehenen  vorübergehenden  Bedarfes! 
oder  bei  swiogenden  Verhältnissen  kann  jede  Lehrkraft  au  einer  über  das  * 
Maximum  hinniHfjehenden  Lehrverpflichtung  herangezogen  werden,  für  ^ 
welche  .M>  hrl.  i-.tun<,'  Itei  einer  zwei  Monate  übersteigenden  Dauer  die  im  | 
Gehaitsgejfetze  festgestellte  Keuiuneration  geleistet  wird. 


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214 


V^ereinsnachrichten. 


§  40.  Wenn  die  Betorgang  der  Bibliothetcugeicb&fle  die  Zeit  und 
Ufibewaltong  einer  Lehrkraft  in  aiiiiBedehntei&  Meße  in  Anaprnoh  nimmi, 
so  kann  dieser  vorübergehend  eine  Erm&ßigong  der  Lehrverpflicbtnng  ge- 
währt werden. 

5j  41    Nt'benbeschaftipnngfT).  ä'm  cK  ni  Anstand^  und  der  Wurdo  oines 
Mittt  l-chullchieis  widpr^rreiteu  oder  ihrer  Natur  nach  die  Erfüllung  seines 
iDieiJiste.-i  beeiiit liiciitii^fii.  sind  untormift. 

§  42.  Zur  vorüberKehenden  oder  diiuernden  Verwendung  von  Lehr- 
kräften der  Staatsmittelscholen  an  anderen  im  Scbulorte  oder  in  deawn 
Umgebung  befindlichen  Lehranstalten  ist  die  Genehmigung  des  k.  k.  Landes- 
schnlrathes  erforderlich. 

§  48.  Sowie  die  Mitglieder  des  Lehrkörpers  dem  Director,  soll  auch 
dieser  ersteren  vertrauenerweckend  ent>;ogenkommen,  ihr  Ansehen  im  Ver- 
kehre mit  dem  Publicuui  und  mit  iicbttlern  wahren  nnd  sie  nöthigenfaUs 
mit  seiner  Autorität  unterstützen. 

V.  Von  der  L' r  la  u  Vis.' r  t  Ii   1 1  u  n  ^  au  iiC  iirj'«- iso  ti  en. 

§  44.  Eh  Mf'ht  den  Mitglied» m  iles  Lehrstandes  der  Mittelschulen, 
soweit  9ie  nicht  durch  besondere  Verpflichtungen  gebunden  sind,  frei,  die 
gesetslichen  Feriabeiien  gegen  bloße  Hetdang  beim  Direetor  sur  Ent- 
fernung rom  Orte  ihrer  Lehramtsthätigkeit  in  benütien.  D«r  Director  aber 
bedarf  fSr  einen  Ferialnrlaub  der  Oenebmignng  des  k.  k*  Landesschnl- 
rathes,  die  nnr  ertheilt  werden  kann,  wenn  für  die  Erledigung  dringender 
Angelegenheiten  durch  Mitglieder  des  Lehrstandes  Vor>orge  getroffen  wird. 

§  45.  Wilhrend  der  Dauer  eines  Semesters  bedürfen  die  Mitglieder 
de*ä  Lehrpprs'onale?  zu  jodfr  Entfemunpr  vnjii  Orte  ihrer  Ijehramt«thiltigkeir, 
durch  du'  i'ine  L  ntcrbr.'cliiin^  des  Tut crnrlitcs  odtT  -«onst  eine  Störung 
in  dl«  geregelten  Verhiilinissen  der  Lehran)>taU  eintreten  kann,  eines 
Urlaube«. 

Urlaub  fQr  einen  Zeitraum  von  höchstens  acht  Tagen  ist  beim  Director 
nachzusuchen*  der  ihn  nach  seinem  Ermessen  gewähren  oder  verweigern 
kann.  Ist  der  Grund,  auf  den  hin  ein  Lehrer  Urlaub  erhält,  nicht  gans  un- 
abhängig von  der  eig<*nen  EntschlieEung,  so  hat  dieser  sich  auvor  der  Bereit- 
willigkeit von  Col lehren  zu  geeigneter  Supplierung  zu  versichern  und  dies 
dem  Director  mitzutheilen. 

Die  Ertheilntig  eine-s  üriaubea,  welcher  acht  Tapfp  überschreitet,  aber 
höchstens  einen  Monat  dauert,  liejjt  in  df^r  H»'tu<;nis  des  Landessehulrathes, 
die  Gewährung  eines  längeren  Urlaubes  aber  M.'ibt  der  Entscheidung  des 
Ministeriums  vorbehalten  j  i«  beiden  Fällen  ist  ein  Gesuch  sammt  den  er- 
forderlichen Beilagen  dem  Director  mr  Begutachtung  und  Beförderung  an 
die  Behörde  sn  übergeben. 

Wird  ein  im  Prafnngsstadium  befindlicher  Lehrer  von  der  Prüfung»- 
couinn.säion  zur  Fortsetzung  der  Prüfung  vorgeladen,  so  ^ wird^  ihm  der 
Director  oder  der  k.  k.  Landesschulrath  den  erforderlichen  Urlaub  gewähren. 
För  die  erforderlichen  J^uj)piierungen  hat  der  Director  zu  sorgen. 

Urlniib  an  Directoren  während  des  Schuljahres  kann  nur  vom  k.  k. 
Land  esse  hu  Irathe,  eventuell  vom  k.  k.  .\I)ni'«terium  gewährt  werden. 

4<>.  Wird  ein  Lehrer  oder  Director  infolge  seiner  Verwendung  als 
Besirks-Jfchuliuspector  oder  zur  Ausübung  de.-»  Mandates  als  .Abgeordneter 


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Verejnsnachricbten. 


215 


den  iieiilisr.iliies  lieurUubt,  so  Ut  tteine  Stelle  durch  einen  wirklichen  Lehrer 
extra  stütuui  zu  versehen. 

'§  47.  Jeder  wirkHcbe  oder  proviaorisebe  Lehrer  liai  im  Palle  der 
Erkrankung  und  der  nftchgewifsenen  Dienttaafthiffkeit  ünapnich  anf  einen 
Urlaub  längsten«  bis  xar  Dauer  eine«  Jahres,  Ist  derselbe  nach  dieser  Zeit     t^  -'  - 
noeh  nicht  diensfcf&hiff,  so  winl  er,  fallii  er  überhaupt  penaionstähig  ist, ' 
in  den  zeitlichen,  und  wenn  eine  dauernde  Diensfcunföhigkeit  constatiert 
wird,  in  den  bleibenden  Ruhestand  verst  tzf. 
"V  §  48.    Quieseierte  fjphrpr  sinil  bP7n<^Ii<-li  ihrer  Wiederactivi*»riinf^  und 

Anrechnung  der  Dienstzeit  nach  den  für  Ötaatabeamte  geltenden  Normen 
tu  behandeln. 

Wird  ein  quiescierter  Lehrer  binnen  drei  Jahren  nicht  wieder  an- 
gestellt, so  ist  er  in  den  bleibenden  Ruhestand  su  venetaen. 

§  49.  Der  Antritt  eines  neuen,  nicht  dem  Bereiehe  des  Öffentlichen 
Dienstes  angehOrigen  Dienstpostens  kann  in  d«r  Regel  nur  mit  Schlnss 

eines  Senie-sters  erfolgen;  übtr  ein  motivierte«  G^uch  um  unverzflgliche 
Enthebung  oder  um  Beurlaubung  behnfe  Antrittes  eines  neuen  Dienstpostens 
entüchetdet  das  k.  k.  Ministerium. 

VL  Von  der  Ansflbung  der  Disciplinargewatt  über  Lehrpersonen. 

§  50.  Bis  sum  Zustandekommen  eines  Oeaetses  fiber  die  Disciplinar- 
behandlung  Ton  Lehrpersonen  an  Hittelscfaulea  finden  die  f&r  Staatsbeamte 
geltenden  Normen  aoch  auf  das  Staatslehrpersonale  sinngemäß  Anwendung. 

Mit  allgeiueiner  'Spannung  wurden  noch  üuui  Schlüsse  der  Sitzuni,' 
die  Mittheilungen  des  Herrn  LandeH-Schulinspectors  Eduard  Schwammei 
entgegengenommen,  welcher  die  ihm  im  letzten  Augenblicke  zugekommene 
wesentliche  Änderung  des  Realschuiptanes  (vom  tSd.  April  1^18)  mittheilte. 


£.  Siuungsberichie  aes  Vereines  „Bukowiner  Mitiel- 

schule"  in  Czernowilz. 

(Mitgetheilt  vom  SchriflfQhrer  Ttof,  Jos.  Bittner.) 
Achtuudvierzigste  Tereitisversammluug. 

(18  December  1ÖU7.J 
Anweiend  2ii  Mitglieder. 

Der  Obmann  Prof.  Dr.  Polastrhck  begrüßt  die  Verjüitinnelten  und 
besonders  die  Landes-Schuliuspectoren  Dr.  Vyalouzil  und  Dr.  Tuuilirz, 
die  Directoren  Scbulrath  Klauser,  Mandycsewski  und  Faustmann, 
den  Vertreter  des  Radautser  Gymnasiums  Dr.  Spttser  und  die  sum 
erstenmale  erschienenen  Mitglieder  Prof.  Loebl,  den  wirklichen  Lehrer 
und  Architekten  Dell. 

Der  Obmann  erwähnt,  dass  der  unerbittliche  i'od  bereits  zum  zweiten' 
male  in  diesem  Vereinsjahre  in  unserer  Mitte  erschienen  ist  und  «lich  ein 
liebe«  Mitj^lie«!  niTiPres  Vereines,  den  l*rore--or  am  hiesigen  Obenjymnasitim 
Euöebiua  Iwauowicz  nach  hinger  Kr.inkh-'it  uii  1.5.  d.  M.  ir*'iiolt  h.a. 
Er  hebt  die  großen  Verdienste  lie-i  Verstorbenen  um  die  Neuordnung  der 


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316 


Yereinsnachi'ichten. 


GymnaNiallnbliotbek,  seine  Liebenswürdigkeit  im  Umgange  mit  anderen 
und  «eine  Bescheidenheit  hervor,  glaubt  aber  von  der  Darlegung  «eines 

Lebensganges  absehen  zu  können .  d.i  deifielbe  erst  vor  wenigen  Stnndon 
von  berufener  Soito  darir»'<tf^lU  wurde  und  uuch  Gegenstand  eineä  Nekrol(^es 
im  diesjährij^en  Pro^ninnne  der  Anstalt  sein  wird. 

Die  Versauimiung  gibt  ihrer  Trauer  durch  Erheben  von  ihrem  Sitze 
Ausdruck. 

Prof.  Dr.  Spitser  bJUt  dann  «einen  mit  Bei&ll  aufgenommenen 
yortttff: 

oDI«  latainiMhen  nnd  grleehiaeheii  HausarMten  tan  0nter- 

gymnasium*'  (i^.  155). 
woflir  ihm  der  Obmann  im  Namen  des  Vereines  den  besten  Dank  ausspricht. 

Vor  Eröffnung  der  Debatte  regt  der  Obmann  an,  es  m^f^e  «tjcli  diese 
nicht  bloß  anfdaM  vom  HetVrenten  behandelte  I  bema  beschränken,  soii  lern 
weiter  ausgleiten  und  aiicli  <lie  übrigen  schritt  lieben  Arbeiten,  lie,->ün*ler8 
in  den  zwei  unteren  Chisseu  des  G^  uinasium.-*,  in  ihren  Kreiü  ziehen. 

Zur  Begründung  führt  er  an,  er  habe  bereits  dieses  Ansuchen,  aber 
ohne  Erfolgt  an  den  Referenten  gestellt;  denn  nicht  blofi  durch  die 
Correctoren  der  Hanaarbeiten  werde  der  Philologe  Übermftßig  belantet, 
sondern  es  sei  anch  die  Zahl  der  Schnlarbeiten,  besonders  in  der  Secnnda, 
eine  su  «^roße. 

Ein  Blick  in  die  ('laasenkataloge,  namentlich  überfiUlter  Anstalten, 
zeige  uns  in  dt-r  Rubrik  für  mündliche  Tiei>tnngen  in  einf^r  Conierenz- 
periode  liäufi<^  nur  eine  Note,  wiihrend  in  der  für  schriftliche  Leistungen 
drei  Iti.s  vier  stünden.  .Sollen  nun  diese  Noten  nach  den  bestehenden 
Normen  als  gleichwertig  gelten,  ao  werde  die  Schlussnote  für  den  Schüler 
häufig  sehr  ungünstig  ausfallen;  denn  es  sei  ja  bekannt,  dass  da^  Ergebnis 
der  schrifbliehen  Arbeiten,  deren  Ausfall  nicht  bloß  von  dem  Fleiße  und 
dem  Talente  des  Schülers  abhftnge,  nngfinstiger  sei  als  das  der  mflndlichen 
Prftfungen. 

Zunächst  erklärt  der  Landes- Schul inspector  Dr.  Tumlirz,  der  An- 
trag  des  Eleferenten,  es  haben  die  lateinischen  und  griechischen 
Hausarbeiten  auch  am  T  n t  e r;^y  ni  nn« i n m  KU  entfallen,  werde 
an  ma(>gel)ender  Stelle  keinen  Anklang  tinden. 

Uio  H;! iisaufß'al)en  iu  den  untpren  Clas^-en  seien  nothwendig:  denn 
wenn  auch  m  (lem  iielerale  daraut  hingewiesen  werde,  dass  der  vou  den 
Instructionen  den  Hausarbeiten  zugewiesene  Zweck  auch  durch  die  Piü* 
parationen  erreicht  werden  kOnne,  so  sei  doch  su  bedenken,  dass  sich  die 
Prftparationen  auf  einen  kleinen  Kreis  von  Segeln  werden  beschränken 
mttssen,  während  in  den  Hausarbeiten  größere,  susammenhängende  Partien 
Bur  Einöbnng  gelangen  sollen.  Ebenso  dienen  auch  die  Hausarbeiten  als 
Ergänsnng  der  Corapoeitioneo,  indem  diese  vernünftigerweise  den  in  der 
letzten  Zeit  durchgenommenen  Lehrstoff  enthalten  werd<»n.  die  noth- 
wendige  Zusammen fassun^r  des  grammatischen  Materiales  aber  Gegenstand 
der  Uau8aufgttb«»n  sein  müsse 

Freilich  nuisse  dei  Lfhrer,  sollen  die  Uausaut>{aben  ihren  Zweck 
ganz  erfüllen,  die  gemachten  Verstöße  zusammenstellen  und  diese  dann 
in  der  Ciasse  besprechen;  dasu  fehle  ihm  aber  in  (iberflillten  Claesen 
die  Zeit. 


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Vereinniilchrichteii. 


217 


Fmgen  kOnne  man.  ob  die  Haudarbeiteii  von  dem  Lehrer  unbedingt 
einer  Uueliehen  Correotar  nntenogen  weiden  mOaeen. 

Und  da  «ei  allerdüifls  nicht  zu  verkennen,  dam  die  Correetur  all  er 
•cbrilUichen  Arbeiten  durch  den  Lehrer,  inubeeondere  in  so  uberfQllten 
CbHBen,  wie  sie  in  derfinkowinu  liestelK^n.  eine  gewaltige  Behistunt? 
mit  nervenzerrüttender  Arl»eit  bedeutet,  wie  «ie  nicht  leicht 
ein  anderer  Beruf  zu  leisten  hat.  Kine  wesentliche  Krleii  litetun'; 
wäre  es  nnzweifelhaft,  wenn  l)ei  den  latei  nischen  und  griechischen 
Hausarbeiten,  wie  c-s  schon  jetzt  bei  den  lateinischen  hiluslichen  Cber- 
setzungsaufgabeu  in  lier  1.  Clause  der  Fall  ist,  an  Stelle  der  Correetur 
dnreh  den  Lehrer  die  Ciaseeacorreetnr  traten  könnte. 

Prof.  Dr.  Pawlitechek  bemerkt,  dane  ee  für  den  in  den  unteren 
Claawn  beeclAftigten  Philologen  acbon  eine  bedratende  Enttaslong  wäre, 
wenn  er  von  der  Correetur  der  Hawarbeiten  enthoben  würde. 

Prof.  lioel)!  wendet  n'ich  gegen  die  Bemerkungen  des  Keferenten 
Aber  das  Verhältnis  der  Arljeiten  an  den  Gymnasien  Deutschlands  zu  den 
Arbeiten  an  österrei einsehen  (iyinnn^ion.  fjiht  genaue  stati.-*ti'(}te  Daten 
Aber  die  Anzahl  der  Arbeiten  au  den  unteren  ('lassen  der  preubischen 
Gymnasien  und  lährt  fort:  „Wenn  wir  schon  in  den  unteren  Classen, 
namentlich  in  der  II.  bis  IV.  Classe  weniger  schriftliche  lateinische  Übungen 
als  in  PreaOen  haben,  so  weiehen  die  Verfa&ltnieBe  in  den  oberen  Ciaseen 
noch  mehr  ab.  Während  bei  uns  in  der  V.  bis  VIII.  ClasNe  keine  Hans- 
arbeiten  und  nur  je  eine  Schularbeit  monatlieh  gefordert  wird,  ist  in  den 
obersten  Cla-ssen  Preußens  seit  1891  nebst  den  regelmäßigen  sechswOchent» 
liehen  Herttberftbersetzungen  alle  Ii  Tage  ein  Scriptum,  abwechselnd  als 
Sehul-  und  Hausarbeit. 

„Daraus  ersehen  wir  1.  dass  wir  hinsieht lif  h  der  Zahl  der  Scripta 
im  allgemeinen  und  der  Hausarbeiten  im  besoniieren  weit  hinter  Preußen 
zurückstehen  uml  'J,  d^a  der  bewährte  Grundsatz.  Haunarbeiten  zu  geben, 
in  Preußen  bis  zur  obersten  Classe  consequent  festgehalten  ist,  während 
derselbe  bei  uns  seit  dem  hohen  Ministerialerlasse  vom  Jahre  1887  sum- 
theil  modificiert,  sumtheil  gaas  aulgegeben  wurde.* 

Schulrath  Klaueer  bemerkt  dem  Obmanne  gegenfiber,  es  «ei  bei  der 
großen  Antahl  der  Lehrstunden  nicht  nothwendig,  dass  in  einer  Conferent* 
Periode  nur  eine  Note  über  mündliche  Leistungen  vorkomme,  es  könne 
bei  .s,  lieziehnnijsweise  (j  wnehontlichen  Stunden  auch  in  nberfüllten  Clausen 
jeder  Schüler  in  einer  ( 'onb'renzporiode  wenijf'^ten.-'  zweinia!  ;.ut'o;eiiif'en 
werden,  worauf  der  Dbniann  erwidert,  seine  Hehaujitung^  entspreche  den 
Tbatsachen.  wenn  er  auch  den  cra^esten  Fall  hervorgehoben  habe. 

Prof.  Saxl  tritt  für  Beibehaltung  der  Hausarbeiten  ein  und  betont, 
dass  man  besonder«  in  der  Bukowina  bei  der  großen  Anahl  rumänischer, 
mthenischer  und  polnischer  Schiller  jede  Gelegenheit  mit  Freuden  er- 
greifen mQsse,  die  einen  in  den  Stand  setse,  die  SprachTerschiedenheiten 
klar  zu  machen.  Speciell  kOnne  man  in  der  III.  und  IV.  Classe  in  den 
Hausarbeiten  auf  die  stilistischen  Verschiedenheiten  beider  Sprachen  hin- 
weisen. 

Dir.  Faii-^tinann  bemerkt,  auch  er  habe  sich  die  t*ber7:en£;ung  ver- 
schallt, dm^  du-  (  orrectnrarbpit,  wie  rjie  jetzt  von  dem  Piiilolotjcen  verlangt 
wird,  geisttüdtend  wirken  müsse.    fc>  wäre  zu  überlegen,  ob  nicht  auch 


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218 


VerdiunaGhricbteii. 


abge^iehen  von  den  Hautfurbeiien  die  Zahl  der  Schularbeiten,  besonders  in 
der  L  und  II.  Cla^^se,  verringert  werden  könne,  ohne  daas  dadurch  der 
Zweck  dpr  Arlioit  beeinträchtipft  wcrdo.  Hauptzweck  der  Arbeit  ist  doch 
zunächst  die  Information  des  Ij<*hrer>i.  ol>  hich  die  Schüler  den  f.t  V:r^'toff 
so  iin^^eeif^net  haben,  dti->  sie  selb^tündii,'  über  denselben  Tert'ügen  können, 
und  nur  Nebeneweck  die  Belehrung  des  Schülers. 

Auch  bemerkt  er  dem  Obmanne  gegenüber,  das  angeblich  ungünstige 
Resultat  der  acbrifUicben  Arbeiten  kOsne  dadurch  verbeMert  werden,  daat 
man  leichtere  Arbeiten  gebe  und  sich  anf  das  in  der  letsten  Zeit  durch* 
genommene  Spiachmateiial  besehrftake. 

Ihm  gegenüber  bemerkt  der  Obmann,  dass  das  sogenannte  Arbeitä- 
fieber  auf  manchen  Schüler  so  lähmend  wirke,  da»  er  nicht  mehr  ruhig 
arbeiten  könne,  und  macht  weiter  auf  die  Forderung^  aufmerksam,  das** 
im  !>p^t^c•ht'n  die  Lectiire  den  Mittelpunkt  bilde,  wofür  aber  infol>,'e  der 
grof.Nen  Zahl  der  Arbeiten  höchstens  IV»  Stunden  übrigblieben,  was  er 
uueh  »tutlMtifich  nachweie>t. 

Prof.  RomanoTsky  wUnacht,  da  die  Verhältnisse  an  d^  Realschule 
bei  monatlich  18  Lehrstnaden  für  Fraaiteisch,  9  oder  10  Stunden  für  Eng- 
lisch und  dem  Fortbestehen  der  Haasarbeiten  auch  in  den  oberen  Classen, 
die  lumtheil  freie  AnMtie  seien,  ndi  noch  ungünstiger  gestalten  als 
am  Gymnasium,  es  mOge  anch  die  Realschule  bei  dieser  Action  berück- 
sichtigt werden. 

Dagegen  «{»rechen  der  (Obmann  und  in  der  weiteren  Debatte  Lnnde«- 
Schulinspector  l)r.  lumlirz,  Dir.  iMand  yczewski  und  1  >r.  Kum  p  dafür, 
dass  die  rliiiUaijiäjc'  an  der  Healsciuile  aus  dem  llahmen  der  heutigen 
Dii^usäiou  ausgeschieden  bleiben  »ollteu,  und  es  möge  etwa  Prof.  Roiua- 
novsky  selbst  nächstens  einen  mit  statistischem  Ifaleiiale  belegten  Vortea^ 
halten,  aus  dem  man  erkennen  könne,  was  Schiller  und  Lehrer  in  den 
modernen  Sprachen  sn  leisten  hätten.  Auch  wflnscht  Dir.  Handycaewslri. 
der  Referent  inQ^  auch  die  Abrigen  Oegenstände  und  anderes,  s.  B.  den 
Arbeitskalender  u.  s.  w.  in  sein  Keferat  einbeziehen. 

Nach  Prof.  Wotta,  der  sein  Uffrenulen  darüber  auaspricht,  dass  tiir 
Arbeiten,  für  die  *j  Stunde  bestimmt  ist,  eiiii?e.standenermaßen  '"':4.  ja 
ganze  Jjtunden  verwendet  werden,  woraus  sich  von  selbst  das  ungünstige 
Resultat  ergibt,  indem  der  Schüler  bei  der  mündlichfn  Prüfung  an  dem 
Lehrer  einen  Halt  tind^t.  dagegen  bei  der  schriftlichen  Arbeit  auf  sich 
selbst  angewiesen  ist,  ergreift  nochmals  Landes-Schulinspector  Dr.  Tnmlira 
das  Wort,  führt  die  früher  ausgesprochenen  Oedanken  weiter  aus  und  er- 
klärt dann,  die  Arbeiten  mOgen  von  mäßigem  Umfange  sein;  in  der  untersten 
Classe  genügen  etwa  5  bis  6  kleine  Öätse,  so  dass  auf  die  Ausarbeitnog^ 
eine'^  jeden  Satzes  5  Minuten  kämen  und  zur  Durchsicht  noch  einige 
Minuten  übrigblieben. 

Zur  Hegründtin«r  weist  er  auf  die  schriftliche  AlHturitätsprttftinf*  bin 
bei  der  zur  t  liMr>etzmit,'  vnn  30  bis  32  Druckzeilen  H  Stumlen  if*'w;ihrt 
werdeu.  Mit  lieiufung  uul  die  mündliche  Maf uritäts|nüfung,  bei  der  auf 
die  Prüfung  eines  Schülers  aus  einem  Gegenstände  auch  nicht  mehr  als 
etwa  10  Minuten  verwendet  werden  hfinnen,  wünscht  er,  dass  in  jeder 
Stunde  möglichst  viele  Schüler  xur  Prüfung  herangezogen  werden,  schon 
damit  sie  genSthigt  seien,  sich  immer  ▼orsubereiten.   Endlich  erklärt  er. 


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Vereinsnachrichten. 


219 


der  hohe  MinisterialerlaM,  in  dem  die  gleiehmftflige  Berficknchtigung  der 
mandlichen  und  achrifUichen  Leisiungeii  gefordert  wird,  kdniie  nicht  den 
Sinn  haben,  daas  das  arithmetigehe  Mittel  ans  den  Noten  za  riehen  sei, 

und  schon  vor  dem  Datum  die»eH  Erlasses  seien  die  meisten  Lehrer  so  vor^ 
gegangen ,  daes  sie  der  durchschnittlichen  Leistung  im  Mündlichen  die  im 
Schriftlichpn  ^egrenOherstellten. 

In  der  folgentlen  Specialdebatte  legte  Landes-Schulinspector  Dr.  Tum- 
lir^  entgegen  dem  Anti'<i<,'e  Dr.  Spitzers  auf  vollständige  Autlassung 
der  Hausarbeiten  folgenden  Antiu^if  zur  Beachlussfassung  vor: 

Die  «Bukowiner  Mittelschule*  erklärt  es  fflr  wftnschens- 
wert,  dass  sur  Entlastung  der  philologischen  Lehrer  die 
schriftlichen  Hausaufgaben,  deren  specifischen  Wert  die 
Mittelschule  anerkennt,  am  Untergymnasium  nicht  der  häus- 
lichen Correctur  durch  den  Lehrer  unterzogen  werden  müssen. 

Prof.  Wolf  bcantra<:t,  da>o<  der  Zwischensatz  „deren  specifischen 
Wert  die  Mittelschult'  anerkeTmt"  woggelassen  werde,  da  die  Hans- 
anf<;abcn  zu  leicht  den  ächüler  mm  Versuche,  den  Lehrer  su  täuschen, 
veninla»Jien. 

Prof.  Dr.  Spitzer  lääst  sich  durch  die  Ausführungen  des  Herrn 
Landes-Schniinspectors  Dr.  Tnmlirs  bestimmen,  sich  seinem  Antrage  an> 
suschließen  mit  der  7on  Prof.  Wolf  beantragten  Modification.  DafSr  be> 
antragt  er  als  Nachsäte:  Dabei  verkennt  der  Verein  nicht  die  Bedeutung 
(\>"<  Zweckes,  der  ihnen  in  den  Instructionen  und  Weisungen  sugesehrieben 
wird. 

T?t'i  der  Abstimmung  wird  dtn-  Antrag  des  Landen -SchuHnspertor«: 
Dr.  Tumlirz  DoNt  einstimmig  angenommen,  der  Antrag  Spitzer  mitbin 
abgelehnt. 

Beim  dritten  Punkte  der  Tagesordnung:  „Antnlge  und  Anfragen" 
stellt  Dir.  M  andjcsewski  an  den  Obmann  die  Frage,  ob  der  Verein 
SU  den  in  jüngster  Zeit  erfolgtm  Peraonalverflndernngen  in  der  obersten 
UnterrichtsbehOrde  Stellung  genommen  habe. 

Auf  die  verneinende  Antwort  des  Obmannes  und  das  Venprecben 
desselben,  die  Vereinsleitung  werde  sich  allenfalls  mit  den  andert  ii  Si  hwester- 
vereinen  in  Verbindung  setzen,  nimmt  die  Versammlung  ein<tin)Hii^  den 
Antr.ifj:  des  Herrn  Landes-Schulinspectors  Dr.  Tumlirz  an:  Du*  Vcrpin"- 
leitun^  werde  Ueauftragt,  Se.  Excellpnz  den  Herrn  Secttonschet  Dr.  Wil- 
helm Hilter  v.  Härtel  im  NniiH'n  des  Vereines  xur  Verh'ihuni;  der 
Geheiuuatliäwürde  zu  beglückwüntjcbeu  und  deui^eiben  gleichzeitig  den 
ergebensten  Dank  auszusprechen  für  daa,  was  Se.  Excellens  für  die  öster- 
reichische Mittelschule  und  speeiell  f&r  das  Gymnasium  Verdienstvolles 
geleistet  hat. 

Ebenso  werde  die  Vereinsleitung  beauftragt,  dem  Herrn  Hofrathe 
M.  Ritter  t,  Wretschko  im  Namen  des  Vereines  anlässlich  seines 
Scheidens  aus  dem  activen  Dienste  den  Dank  für  die  Verdienste  aua- 
zuspreclion,  die  er  sich  um  den  Auabau  der  österreichischen  Realschule 
erworben  hat. 


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230  Vereinraachriehten. 

Nennandf  ierzigste  YereinsTersammlaiig* 

(15.  Jannar  1898.) 

Anwesend  waren  21  Mitglieder,  liurunter  Uei  Lande!t-Schulin«»pector 
Dr.  Vyslouzil  und  die  Directoren  Schulrath  Klauser,  Mandyczewski 
und  Faust  mann. 

Nach  Begrüßung  der  Eraehwnenen  ertheilte  der  Obmann  Prof.  Dr.  Po- 
laaehek  dem  Gymnaiiallehrer  Com  ei  Jasknltki  au  dem  angekündigten 
Vortrage: 

„Über  d«n  Einfluss  der  ästhetischen  Anschauungen  Kants  auf 

Herder"  <S.  323) 

das  Wort. 

Nach  BfL-ndigung  desselben  dankt*»  der  oijinann  im  Namen  de.s 
Vereine»  im  den  gediegenen  Vortrag  und  gieng  dann  über  zu  den  Mit- 
theilungen des  Vorstandes. 

Zunfichat  gab  er  bekannt,  da«  er  in  Ausführung  des  Beitchlusaes  in 
der  48.  Vereinsrersaromlung  ein  BeglflckwCInschnngNchreiben  an  Seine 
Ezcellena  den  Herrn  Sectionsehef  Wilhelm  Ritter  t.  Härtel  und  den 
Herrn  Ministerialroth  M.  Ritter  v.  Wretschko  gerichtet  habe,  und  diis« 
von  dem  ersteren  auch  bereits  ein  in  schmeichelhaften  Worten  abgeiaasfe« 
Dankfichreiben  ein<jelanfen  sei.  das  er  nun  zur  V('rle<<nrür  '  raclitp. 

„In  so  vorantwnitungsvolier  Stellung, "  heibt  es  dort  unter  amlerem, 
p bleibt  iiuiiier  ein  Trost  und  eine  Erniuthigung,  das  Vertraut-n  j»'ner 
zu  geniebeu.  welchen  zunächst  nur  allein  ein  Urtheil  über  Bestrebungen 
und  Leistungen  auf  dem  Gebiete  des  Unterrichtes  zusteht." 

Femer  verlas  der  Obmann  eine  ZiischrÜl  des  Vereines  «MittelM:bule 
fOat  OberOsterreich  und  Salaburg",  in  welcher  von  dem  am  S.  April 
1897  in  Lina  gefassten  Beschlüsse  (Tgl.  «Üsterr.  Hittelsch."  XI.  Jahrg.. 
IV.  Heft,  S.  395)  Hittheilung  gemacht  und  unser  Verein  um  Anachlusa 
gebeten  wird. 

Die  darauf  folgende  nn])atte,  nn  der  sich  besjonders  Landen -Sehn  1- 
inspectnr  Dr.  Vy  =  lnnzil.  1 'ir.  M  a  n  »I  yc/e  \v  sk  i  und  l'rof.  Dr.  Fe  rk  in  a  n  n 
betheiligten,  er^a)'.  d  i'^««  d;e  Ver«;uuuiiung  mit  dem  Antrage  im  Prim  ipe 
einverstanden  ist.  man  aber  dem  Obmanne  überliisst,  den  Schwe-ster- 
Terein  in  Linz  aufmerksam  zu  machen,  dasj  der  letzte  Absatz  in  der  an 
das  hohe  k.  k.  Ministerium  su  richtenden  Petition  entweder  ganz  weg- 
fSallen  solle  (Antrag  Vysloujfcil)  oder  wenigstens  eine  entsprechende  Modi- 
fication  erfahren  mllsste. 

Entschieden  sprach  man  sich  dafilr  aus,  dass  der  marktschreierische 
Gebrauch  des  Profe-^worstitels  auf  Placaten  u.  s.  w.  von  herumziehenden 
Künstlern  u.  dgl.  verboten  werden  solle. 

Im  Hinlaufe  V>efindft  ^ich  t>rnei,  so  berichtete  der  Obmann,  »'in  vom 
Masristra(-iiirt'ct<n-  .loset  Wiedmann  verfusster  Entwurf  einer  Wahl- 
ordnung für  «lie  liandesliauptstadt  Czernowitz.  in  deren  1  und  10  eine 
Hintansetzung  der  Mittelschul lehrer  gegenüber  den  Volksschullebrern  und 
den  tibrigen  Staatsbeamten  zutage  tritt. 

Nach  einer  ziemlich  lebhaften  Debatte  wurde  der  Antrag  des  Dir.  Fau  st- 
mann  sum  Beschlüsse  erhoben:  Es  m/Sge  der  Obmann  im  Namen  des 
Vereines  allen  Vereinsmitgliedem ,  die  Gemeinderftthe  sind,  eindringlich 


Vereinenachricbteii. 


221 


ao6  Herz  It^geu,  Ijei  der  Berathung  über  diese  Wahlordnung  entschieden  t'ilr 
das  Interette  des  Mittekchullehrstanded  einzutreten. 

Eine  Iftngei«  Debatte  entwickelte  sich  anlMich  der  MtttheilunK  einei- 
Zeitangnaohricht  fiber  die  in  Wien  abgehaltene  Bealachulenqoftte. 

Dir.  Faust  mann  vaehte  siinSchst  Erwfthnnng  von  den  Vorwarfe, 
der  gegen  die  Realschule  eiiioben  werde,  doss  sie  die  oiatheinatiBeh-aatur- 
wiisenflchaftiichen  Fllcher  su  stark  im  Verhältnisse  zu  den  Spraohiftchem 
und  der  Geschichte  be^orzupe,  und  ea  wäre  immerhin  interessant,  zu  unter* 
suchen,  oh  «ii^'ser  Vorwurf  ein  berechtigter  ist  oder  nicht,  nn<1  im  ersteren 
Faliti  isollte  der  Verein  dahin  trachten,  diu>ä  das  richtige  Veriialtnit  zwischen 
die&en  beiden  Gnippen  hertjestellt  weide. 

Dir.  Mandyczewfiki  gab  einen  iiiurzen  Abriää  der  Entstehung  der 
Realschule  und  der  dadnreh  bedingten  Organisatiott  derselben  und  der 
Qesetsgebnng  Ton  Seite  der  Landtage. 

Man  wird  aueh  jelat,  so  meinfte  er,  von  Seite  des  hohen  Ministeriums 
nur  soviel  ändern,  als  im  Rahmen  der  bestehenden  Organisation  ndglieh 
ist  Es  handelt  sich  bei  den  Vonichlägen  der  Regierung,  wie  sie  den  Land- 
tagen zugehen,  nach  den  Zeitungsberichten  meistens  darum,  dasa  die 
RoHr^inn- lehre  auch  in  der  Oberrealschule  flberall  in  den  Lehrplan  <iuf- 
i;enoiuuien  werde,  femer  den  niathematisch-Diiturwissenscbaftüchen  Filcliern 
einige  Lehrstnnden  genommen  und  den  Sprachfächern,  der  Geographie, 
Geschichte  und  der  Keligion  zugewiesen  werden. 

Bei  uns  in  der  Bukowina  handelt  es  sich  nach  einem  im  Vorjahre 
gefiusten  Landtagsbeschlnsse  um  EinfQhrung  der  Landessprachen  in  die 
Reibe  der  obligaten  Gegenstände. 

Dieses  ist  aber  nach  einem  von  der  hohen  Regierung  vom  Lehr* 
kurper  abverlangten  (;  it;irhtf'n  nicht  anders  möglich,  als  dass  das  Eng- 
lische wieder  am  dem  Lehrplane  ausgeschieden  werde,  da  die  Schüler  in 
einzelnen  Classen  ohnehin  schon  mit  UnterricbtsstUDden  (bis  34  in  der 
Wocbe^i  überlastet  sind. 

Auch  Landes- SchnHnsj)ector  Dr.  Vyslonzil  maclite  Andeutuni,'en 
über  die  Veränderungen  im  Lehrplane  der  liealsehule  anderer  Krouläuder. 

Prof.  Dr.  Perkmann  sprach  «ein  Bedauern  darüber  aus.  dass  das 
Englische  wieder  aus  dem  Lehrplane  der  Realschule  sehwinden  solle,  und 
regte  die  Bildung  eines  Comit^  an,  das  diese  ganze  Frage  an  studieren 
und  im  Vereine  Bericht  zn  erstatten  hätte,  sog  aber  sp&ter  auf  die  Be- 
merkung, dass  wir  damit  po»t  festum  kftmen,  seinen  Antrag  zurück. 

Im  weiteren  Verlaufe  der  Debatte  erj^rifT  Dir.  Mandyczewski  noch- 
malsi  da>!  Wort  und  ;^ab  Auf?iehluss  über  die  Voifj^etschichte  und  den  gegen- 
wUriigen  Stand  der  Kraj,'e  der  Kinführung  der  LandesHpracheu  (Ruthenisch  und 
Uuinäniäch)  iu  den  Kreis  der  ol)ligaten  Gegenstände  an  der  ReuUchule  und 
regte  an,  es  möge  sich  un;>er  Obmann  an  den  Obmann  der  „Realschule" 
in  Wien  wenden  und  es  diesem  Vereine  «Is  dem  officiellen  Vertreter  der 
Realschulen  Österreichs  Qberlassen,  ob  und  welche  Schritte  in  der  An- 
gelegenheit der  Reform  der  Bealschale  an  machen  wären. 

Auf  die  Bemerkung  eines  Vorredners,  dass  wir  mit  der  Besprechung 
dieser  Angelegenheit  erst  poxt  fesium  kämen,  erklärte  Dir.  Faustmann, 
die  Sache  an  und  für  sich  verdiene  unabhängig  von  dem  etwaif^en  Erfolge 
eine  Besprechung;  da  er  sich  aber  von  der  Tb&tigkeit  eines  ComiU^s  nicht 


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222 


Verein«oftcbricbton, 


viel  verspricht,  so  regte  er  an,  es  möge  ein  Fachmann,  am  besten  von  der 
Bettlichule  selbst,  die  Fräse  «tadieren  und  uns  in  einer  Veraammlunfir 
darQber  Aufklärung  versclu^a. 

Hierauf  berichtete  der  Obmann  über  den  Empfang  bei  dem  neu* 
ernannten  Herrn  k.  k.  Landespräsidenten  Freiherrn  t.  Bonrgnignon. 
Er  habe  sich  mit  dem  Schriftführer  Prof.  Bittner  zu  dem  Herrn  Landee- 
Präsidenten  begeben,  um  ihn  im  Namen  des  Vereines  zu  begrüßen  und 
ihn  zu  bitten,  er  möge  dem  Vereine,  der  sich  mit  den  ^?Pi*ammten  wiasen- 
achaftlichon  \ind  pädagogischen  Fragen,  der  >chnlge8Ptzgei)iini^  und  den 
Jstandeüintert'aüiju  der  Mit^^lieder  befasse,  gütige  ^^»r(ierun^^  zutheil  werden 
lassen.  Der  Herr  Lande^prüdident  versprach,  der  ausgesprochenen  Bitte 
gern  nach  Erilten  tu  willfahren,  nnd  dankte  in  firenndtichen  Worten  fUr 
den  Willkommenagmß. 

Endlich  machte  der  Obmann  die  Vemmmlung  anfmerkiam,  da»  ee 
am  Piatie  wäre,  die  nächste  (50.)  Versammlnng  sn  einer  Fettvetwammlnng 
zu  gestalten.  Man  einigte  sich  dahin,  dass  man  die  Art  nnd  Weise  der 
Dorchfftbrung  dem  VereinmuMchusse  Oberlassen  solle. 


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Miscellen. 


über  den  Einfluss  der  ästhetischen  An- 
schauungen Kants  auf  Herder. 

(Aiusog  ai»  eiii«iD  in  der-^Bokowiner  Mitteltchnle"  am  15.  Januar  1896 
g«halteii«i  Vortrage  Ton  Cornelius  JasknlskL) 

^Ali  ich,  wo  man  nichte  denkt,  —  nichts  fQhlk, 

Einst  Ketten  trag,  durchnagt  von  Stanb  und  Schweiß, 

Seufst*  ich.  denn  singt  ein  Sclave  wohl! 

Da  kam  ApoU.  der  Gott: 

Die  IVv^e!  weg!  mein  Erdenblick 

Ward  hoch  —  Er  gab  mir  Kant!" 
In  diesen  Zeilen,  welche  sich  in  Herders  Natlilis-^*'  als  Fragment 
einos  Gedichtes  vorfanden.^)  fühlen  wir  den  freudigen  Herzschlag,  den 
H.3  brüst  bewegte  zu  einer  Zeit,  da  die  Unj<unst  des  Sihicksals  sein 
jugendliches  Genie  zu  ewiger  Vergessenheit  und  KuhmIosi>^'keit  verdammen 
SU  wollen  schien,  wa  einer  Zeit,  da  ans  den  Banden  ^'eiueinster  All» 
tSglichkeit  errettete  Seele  sich  jauchsend  an  den  lichten  Regionen  des 
GetBtes  emporhob,  um  hier  dem  großen  Genius  Kants  sn  begegnen.  Kant 
ist  H.  der  Inbegriff  alles  Wertvollen  und  Bedeutenden,  dus  er  mit  der 
Erinnerung  an  die  Königsberger  Studienseit  verknüpft.  Er  ist  ihm  „das 
leuchtende  Meteor,  das  mit  seinem  Glänze  alle  Gestirne  des  Cielehrtfn- 
binnuels  überstrahlt";  und  diesem  Gedanken  leiht  er  wohl  selbst  Aufdruck, 
wenn  er  ihn  im  oben  angeführten  Fragmente  aU  das  ^herrlichste  Geschenk 
Apollos  bezeichnet. 

Im  literarischen  Zirkel  des  Kanter'echen  Buchladens,  wo  H.  sich  f3r 
den  Kaufmamustand  vorbereitete,  war  &nt  auf  die  außerordentlicben 
Geistesanlagen  des  Jünglings  aufmerkBam  geworden;  und  nunmehr  erbot 
er  sich,  ihn  alle  seine  Vorlesungen  in  der  Logik,  Metaphysik,  Moral, 
Mathematik  nnd  phjsiKhen  Geographie  unentgeltlich  hören  zu  lassen.*) 
Mit  besonderer  Liebe  und  Achtung  hieng  damals  H.  an  seinem  Meister 
mit  wahrer  Be^eisterunf^  lauschte  er  dessen  Ynrtr3,^en,  die,  weit  entfernt 
vom  trockenen,  nüchternen,  farblosen  Katiieder-tilf .  sich  l^esomlers  durch 
gefallii^e  Form  und  «i^eistreicben  und  unterhah' n  i<  n  Tou  auszeichneten. 
Als  Kant  eines  Morgens,  wo  er  gewöhnlich  mit  voiTsügiicher  Geistea- 
erhebung  und  Begeisterung  sprach,  sich  über  Zeit  und  Ewigkeit  mit 


')  LB.  I,  1,  187. 

*;  LB.  I,  I,  las. 


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224 


kQhnen  HypotbfMen  ausließ,  entflammte  er  B.s  Gemütli  derart,  dan  der- 
selbe, als  er  nachbanae  kam*  des  Lehrers  Ideen  in  Verne  kleidete.  Ho 
berichtet  Eji  Studiengenosse,  Kriegsnith  Bock.^)  Ähnliches  er^lt  auch 

Wilpert,  gleichfalls  ein  Commilitone  des  Dichters.  Beidf  bezeugen,  daw 
H.  im  CoUegium  Kants  jedes  Wort  de»  großen  Philosophen  mit  der  ge- 
spanntesten Aiifinpi-ksanikoit  vpifolj^tf?  nm\  r.nhause  Oedanken  und  Aus- 
druck orcinete,  thu^s  er  dann  in  Mußestunden  sich  mit  seinen  (ieno^sen 
darüber  gerne  unterhielt.  —  wiis  die  noch  erhaltenen  Notateuhefte  H.s 
vollkommen  bestätigen.-)  Als  ein  weiterer  Bewets  iür  die  dem  großen 
Meister  gezollte  Verehrung  möge  die  Schluaaitrophe  des  H/sehen  Gedichtes 
, Vonreit,  Gegenwart  und  Nachwelt"^  dienen,  wo  er  mit  pathetischem 
Schwnnge  den  einstigen  Ruhm  Kants  ▼erkundet: 

,,Wenn  Zeit!  einst  naeh  zertrümmertem  All 
Du  deiner  Brust  tief  deinen  Liebling  eingräbst, 
Dann  mit  den  Phönixschwingen  dir  ein  Feuer  anfachst, 
So  brenne,  der  Ewi^^^keit  Nacht  nnttberglänxbar  an  leuchten. 
Auch  dein  Num»-.  Kant!" 
Dass  Kant  daher  auf  den  strebsamen  Jungfer,  zumal  im  Stadium  der 
grüßten  huiptauglichkeit,  einen  bedeutenden  Eintluss  üben  musste,  iat  von 
Tomherein  klar.  Gesteht  doeh  H.  selbst  in  einem  Briefe  an  Eiebhorn,^) 
dass  ihm  durch  Kant  die  Philosophie  das  «Lieblingsfeld*  seiner  Jugend 
wurde,  und  in  einem  Briefe  an  Scheffner^)  beseichnet  er  Kant  als  den- 
jenigen, von  dem  er  ^in  die  Rousseauiana  und  Humiana  eingeweiht*  wurde. 

Diesen  Etnfluss  in  seinem  ganzen  Umfange  darzustellen,  wäre  eine 
ebenso  interessante  wie  lohnende  Arbeit,  die  auch  zum  größten  Theile 
bereits  auso-efiihrt  ist.  Wie  weit  sich  derselbe  aber  auf  dem  (tebiete  der 
ästhetischen  Forsclninj,'  erstreckt,  ist  meines  Wissens  bisher  noch  <^ar  nicht 
oder  nur  in  sehr  geringem  Maße  f»'st<re:;tellt  IHe  folgeiui.  u  Austiiliningen 
mögen  als  bescheidener  Beitrag  zur  Lösung  dieser  Frage  angesehen  werden. 

Ich  glaube  aber  nicht  fehlzugehen,  wenn  ich  H.s  eigene  Ansiditen 
Aber  Ersiehung  und  Beeinflussung  jugendlicher  Geister  durch  andere 
Talente  zum  Ausgangspunkte  meiner  Untersuchung  mache.  In  der  Ab- 
bandlung  „Die  Hosaiache  Scliüpfnngsgeschichte:  keine  Offen Vtarung  über 
den  Hergang  der  Schöpfung"*^)  äußert  sich  H.  an  einer  Stelle')  folgender- 
maßen: .,Gewiso  nicht  bloß  Was,  sondern  Wie  wir  in  der  .Tnpend  dfnkfn 
lernen,  ist  Erzielnini»  Nicht  Materialien  allein,  sondern  die  Methode,  in 
der  man  sie  zuei-st  gelernt  hat  —  das  wird  Denkart,  das  wird  innere 
Mechanik  der  Seele!"  Ganz  ähnlich  heißt  es  an  einer  Stelle  der  Denk- 
schrift auf  Baumgarten,  Heilm.  und  Abbt:^)  «Daher  hören  wir  so  gerne 
Erfinder  und  Denker  und  Originalköpfe  von  der  Methode  reden,  in  der  sie 
denken,  sollten  sie  uns  audi  nur  Embryonen  von  Begriffen  und 
nnansgebildete,  halbentworfene  Gedanken  liefern." 


')  LH.  I,  1,  i;«. 

LB.  II,  1,  133—137. 
*)  LB.  I,  1,  198. 

*f  Voti   ui.l  ;in  H.,  hüuUvr,  <  IF 
*;  23.  S€pt«iuüer^24.  Ucui^wr  U'Ai,  LB.  I,  2,  193. 
LB.  I.  3s.  416—542. 

')  f<.  ö:ji. 

LB.  1,  3  a,  27ü-:Mü. 


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Miscellen. 


225 


In  diesen  Sätzen  liegt  eigentlich  bereits  in  allgemeinster  Fassung 
die  Antwort  auf  die  toq  una  zu  behandelnde  Fmge,  wie  wir  denn  auch 
im  Folgenden  sehen  werden. 

Kant  selbst  hat  es  in  den  Jahren  176d— 1766,  die  H.s  Studienxeit 
umfiisBen.  anf  dem  Gebiete  der  ftsthetischen  Forsehnng  noch  an  keinem 
Sväteme  gebracht,  sondern  er  stellt  nur  in  empirischer  Weise  Beobachtungen, 
P>fahrungen  nus  dem  ästhetischen  Leben  zusammen.  In  seinem  iUthetischen 
Erstlingswerke:  . Ik'oliachtuiipi'ün  über  das  OL'fnh]  df's  Schönen  iinii  Er- 
h^Hpnon"  kann  nur  von  einer  Methodf,  aber  von  keint'm  wisscnscbat't- 
lichen  Sv-iti'Tiie  dl«»  Rfnlc  sein.  Nicht  s]>e(  ul:itive  .^ondtTTi  daS  Ge- 

fühl von  der  Schönheit  und  Würde  der  menschlichen  Natur  sind 
Grnndlage  meiner  Forschungen.  Gerade  das  Ssthetiscbe  Hauptwerk  Kants 
«Die  Kritik  der  ftsthetischen  Urtheilskraft",  in  welchem  Kant  im  Gegen- 
sätze snr  Torkritiechen  Philosophie  ein  vollstiUidiges  Sjstem  bietet»  hat  in 
Werken  nicht  die  geringste  Spar  hinterlassen.  War  er  doch  gerade 
der  heftigste  Gegner  der  kritischen  Philosophie.  So  käme  daher  im  großen 
und  ganzen  ausschließlich  das  obgenannte  ästhetische  Erstlingswerk  Kants, 
<lit*  .I'cobachtunjren",  bni  nn^oror  T'iitfr-uchung  in  Betracht.  Aber  auch 
hier  war  es  vor  allem  und  hauptsächlich  ' 

I.  die  philosophische  Methode  Kants, 

die  H.s  ästhetische  »Studien  am  meisten  beeinflussle.  Das  Lob,  das  H.  der- 
selben spendet,  zieht  sich  durch  eine  lange  Heihe  von  Stellen,  angefangen 
von  den  Fi a<^inonten ,  Skizzen,  Entwürff^n  u.  s.  w,  des  Jahres  1766  weiter 
hinauf  ois  zur  „Kalli^^one",  die  zur  Genüi,'e  beweisen,  welchen  Wert  H. 
ant  die  „Melliode  Kants",  wie  er  sie  p:»^le^'ent Iii h  nennt,  legte.  In  der 
Kecension  der  Kanti!^chen  Schritt  „liäuaie  eines  Geistersehers  erläutert 
durch  Trilume  eines  Metaphysikers"  lobt  er  des  Verfassers  „glücklichen 
analytischen  Weg",  immer  av^poieov  su  philosophieren.  Don  Menschen 
anm  Mittelpunkte  der  Philosophie  im  machen,  dos  war  der  Weg,  den  H. 
in  den  „l'rftumen"  von  Kant  bereits  Torgeseichnet  land.  Derselben  Methode 
redet  er  das  Wort  insbesondere  an  einer  beaeichnenden  Stelle  der  „Denk- 
schrift auf  Baumgarten  n.  s.  w.":*)  „Ich  stelle  mir  vor,  dass  ich  durch 
diese  Schrift  mit  Menschen  «preehe.  die  aljer  ein  solches  Gefiihl  der 
Men-ichliclikeit  haben  wie  ich;  und  welche  Fhilosojdiie,  nn'in  Leser,  wird 
dir  arii^t'iit  luner  «ein.  die  in  der  Welt  umherirrt  nnd  sich  vergisst  oder  die 
Freundin  deiner  Natur,  und,  mit  einem  Briten  zu  reden,  die  Haus- 
philosophie deines  Hersens?  Was  wird  dir  also  für  eine  Theorie  der 
Wissenschaft  des  Schönen  gefälliger  sein,  als  die  deine 
Empfindungen  hervorsulocken  weiß  und  in  einer  Art  Gesprftch 
mit  deinem  Herzen  mit  dir  wetteifert  und  alles,  was  sie  dir  TOraeigt,  aus 
dir  selbst  entwandt  hat?" 

H.  empfiehlt  hier  also  ganz  ausdrücklich  die  Methode  Kant.s,  xvt' 
aviVpiurov  zu  philosophieren,  für  die  Ästhetik.  —  Hatte  doch  Kant  sell>at 
in  seinen  ^Beobachtungen  über  da?»  Gefühl  des  Schönen  und  lühabenen", 
wie  schon  der  Titel  ^'agt,  da>  blol.*.'  (iclViiil  als  Quelle  der  Hrtaliruni.r  wnd 
des  ästhetiüchen  Wissens  angesehen  und  den  Menschen  zum  Mittelpunkte 


«)  SWS.  1,  125-190,  8.  129. 

LB.  I,  IIa,  :ii5. 

.,0»terr.  Mittelnchule".  XII.  Jatirg.  15 


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226 


Miacelifn. 


der  Beobachtung  gemacht.  Spricht  doch  Kant  darin  bald  „von  den  Bigen- 

Schäften  des  Erhabenen  und  SchOnen  aui  Menschen  überhaupt",  bald  „von 
dem  Unterschiede  des  Erhabenen  und  Schönen  in  •It  iii  Gegenverhältniase 
beyder  Geschlechti  r",  bald  «von  dt_ni  Xationalunterschieden,  insoffrn  sie  auf 
dem  unterRchiedlichon  Gefühle  «1"-^  Kihabeuen  und  Schönen  beruhen"  u.  s.  f.^) 
Di»»ser  „menschlichen  i^hilu-iophie"  ist  H.  zeitlebens  treu  geblieben;  in 
ihren  Dienst  hat  er  alle  seine  Kräfte  gestellt;  und  wenn  er  im  Gegensatze 
zu  den  „Spitzfindigkeiten"  der  deductivent  kritischen  „Modepbilosophie" 
der  späteren  Zeit  fKr  eine  Philosophie  „dee  gesunden  MenschenTeratandes* 
und  des  menschlichen  Hertens  mit  der  ganzen  Fenerkrafb  seiner  über- 
lengnng  nnd  Begeisterung  «ntrat  und  diesen  gesunden  Mensofaenverstand 
und  Geschmack  im  V^olke  fand,  »o  hat  die  „menschliche  Philosophie" 
Kants  für  H.  insofern  große  Bedeutung,  als  er  dadurch  auf  einen  Boden 
gestellt  wurde,  in  dem  er  am  tiefsten  Wurzel  fassen  konnte  und  fasste. 
als  hier  schon  das  l'rüf,'iamm  seiner  pe.sininiten  Lebenethlitij^keit  vor- 
gezeichnet,  das  Ziel  seiner  Lebensaufgabe  gesteckt  war.  H.b  ei«^ene  geniale 
Kraft  quillt  ja  auch  mehr  aus  dem  Gefühle,  als  aus  dem  klaren,  durch- 
dringend scharfen  Verstände  eines  Leming.  Wenn  H.s  größtes  Verdienst, 
wenigHtens  meiner  Ansicht  nach,  darin  besteht,  daas  er  den  k(M- 
lichen  Schatz  des  dem  Volke  innewohnenden  gesunden  GefQhls  und 
MenscfaenTerstandes,  der  echten,  lauteren,  rein  menschlichen  Empfindung 
aufdeckte,  verwertete  und  zur  Verwertung  aneiferte,  so  hat  Kant  daran 
keinen  geringeren  Antheil  als  den,  H.  den  Fundort  diese«  Schatzes  g^eigi 
zu  haben.  —  Wie  vielfache  Anregunij  H.  tlureh  Kants  „men>'ch!iohe  Philo* 
Sophie"  gleich  im  Jahre  170t3,  dem  Kr-^cheinunti-jalire  der  Fieobiichtnnfrf'n''. 
erhalten  hatte,  beweisen  eine  Keihe  von  Fragmenten,  Pi.lnen  \i.  <.  w..  die 
beinahe  t-iunmtlich  in  das  Gebiet  derselben  schlagen,  so  i.  Ii.  das  Friigiiient: 
„Wie  die  Philosophie  fUr  das  Volk  nutzbar  zu  machen  sei",';  „Wie  kann 
die  Philosophie  zum  Besten  des  Volks  seinen  Geschmack  verüsinem?*^)  u.  a. 

Aber  auch  die  analjtisch-empiriscKe  Methode  überhaupt  kann  H.  im 
Hinblicke  auf  Kant  nicht  beredt  genug  loben.  Die  Anzahl  der  Belegstellen 
dafür  ist  Legion.  In  einem  Fragmente  einer  Abhandlung  Ober  die  Ode*) 
l&sst  er  die  Ästhetik  sich  mit  den  feinsten  „Erfahrungen  der  Empfin- 
dung" VjeHchäfti^'en,  deren  Knäuel  aucli  schwerer  zu  entwickeln  wäre  nh 
.Tiielir  :n)t:ebaute  metapliysi.sehe  Het,'ritle".  Als  i'inzig  und  allein  zulässige 
.Mt'iiiuiie  der  A.^thetik  eni|ifiehlt  er  „slrengf  .-V  n a  1  y si s",^)  deren  Haupt- 
auj^'ennierk  darin  bestünde,  „die  Phänomene  und  Daten  iies  Schönen  zu 
sammeln,  zu  ordnen  und  auf  ihre  L'rsprünglichkeit  zurückzuführen".  Dem 
Preise»  der  Besprechung  und  Erklärung  dieser  Metbode  widmet  H.  in  den 
„Literaturfragmenten*  ganze  Abschnitte.*) 

25  Jahre  nach  dem  Erscheinen  der  „Beobachtungen"  trat  Kants 
„Kritik  der  Urtheilskraft"  zutage.  Innerhalb  dieses  Zeitraumes  hatte  al>er 
Kant  den  Boden  der  inductiren,  analytischen  Ästhetik  längst  verlassen 

')  S.  i»,  47,  Hl. 

>)  LB.  I,  3a,  317. 

^  II..  I.  :>.A,  J.-.! . 

*i  i.H.  I.  t;n. 

»I  Krit.  Wiild.  SWS    IV.  Jl.  V,. 

*)  Vgl.  Fragm.  IH,  4,  iii:},  lo6,  Uts,  u;»,  117.  I.B.  1,  ita.  S>.  ».1,  ?A,  iU,  ir,  V.n\,  21«», 
ai2.  ?W6.  22,  91.  Vi,  m  II.  a. 


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Miflcellen. 


227 


und  aich  der  deductiven,  kritischen  Philosophie  zugewandt,  während  H.  mit 
derselben  leidenschaftlichen  Überzeugung  wie  in  den  Jünglingsyahren  an 
<lfr  ersterPTi  festhielt.  Mit  einer  üppigen,  blühondon  Phanta^^ir»  begabt, 
wiche  (lio  Kuhe  iil>stiactcr  Hpeculation  stört,  voll  Leidenschaft  und  Empfin- 
dung, sichaudeit  er  zurück  vor  den  leeren,  fiirlilosen  Scbattenbegritfen  der 
Trans8cendeutiil])hih:»süphie;  und  so  konnte  er  auch  nur  an  einer  Ästhetik 
der  Empfindung  und  des  QefübU  Oefallen  finden,  die  als  eine  !>eincr 
Lieblingabetch&ftigungen  im  innigsten  Bunde  mit  dem  Haaptaiele  Heines 
Lebens:  der  geistigen  Ausbildung  und  Yeredlong  der  Menschheit,  —  ihn 
durchs  ganze  Leben  begleitete.  So  war  es  hauptsächlich  das  «Wie",  die 
Metbode  Kantischer  Ästhetik,  die,  wie  oben  angedenteti  H.  am  meisten 
beeinflusste. 

II.  Kants  ^Beobiichtungen". 
Aber  auch  das  „Wa-s"  sollte  zur  Geltung  kommen.  Nur  aua  der 
maßlosen  Verehrung,  welche  U.  Kant  in  seiner  Jugend  entgegenbrachte, 
erklärt  es  sich,  daas  ein  sonst  unberOhmtes  Werkchen  des  ietiteren,  dem 
Kant  selbst  später  einen  geringen  Wert  beilegte,  so  gans  imm  Eigenthume 
des  jungen  Philosophen  wurde,  dass  der  Gedankeninbalt  desselben  gewisser- 
maßen den  geistigen  Luftkreis  bildete,  in  dem  H.  lebte  und  welite,  dass 
er  in  den  nächsten  drei  Jahren  nach  dem  Eriicheinen  der  Kantischen  Schrift 
(1766  —  176111  fortwährend  Gedanken  aus  dem  unerschöpflichen  Rorne  der- 
selbon  holte,  zuletzt  iiuch  nicht  Ab^ätand  ruihin,  Kant  Hchon  danial«  neben 
die  beileutetulstcn  Ästhetiker  wie  l'auwgarteu,  Winkelmann,  Sulzer  n.  a. 
zu  stellen,0  ihn  unter  den  „besten  .Schriftstellern"  dieser  Art  zu  neuueu. 
In  stolzem  Tone  weist  H.  auf  Kants  Heubachtungen"  an  einer  Stelle  der 
,Krit.  WtUd.*  hin:*)  .  .  .  Darf  ich  hier  einen  Ausgang  nehmen,  nm 
einen  Philosophen  über  das  Große  und  Erhabene  sn  nennen,  der  in  diesen 
letsten  Gattungen  insonderheit  sehr  lesenswQrdig  ist.  Kant,  ganx  ein 
gesellschaftlicher  Beobachter  und  dtr  gebildete  Philosoph  nimmt 
iu  seiner  Abbandlnn;^  vom  Schönen  und  Erhabenen  auch  insonderheit  die 
bibl'same  Natur  des  Menschen,  die  p'VJellsch.iftHche  Seite  nn«;erer  Nntnr. 
in  ihren  feinsten  Farben  und  Sohattierun^'en  zum  Felde  seiner  lieobuch- 
tiinc^en.  Das  Große  und  Schöne  aui  Mensclien  und  int  nsc  hlichen  Charakteren 
und  Temperamenten  und  Ge.-ichlechtatrieben  und  Tugenden  und  endlich 
Nationalcharakteren ;  das  ist  seine  Welt,  wo  er  bis  auf  die  feinsten  NOancen 

fein  bemerkt  gam  ein  Philosoph  des  Erhabenen  und  SchOnen, 

der  Humanitftt  Wie  kommt  es,  dass  diese  kleine  Schrift 

von  so  reichem  Inhalte  weniger  bekannt  und  angemeldet  ist. 

als  sie  es  verdiente?"  Ja  in  einem  Briefe  an  Kant  selbst^) 

hotl't  er,  das.s  dieser  auf  dem  Gebiete  der  Moral  ein  ebenso  bedeutendos 
Werk  «chaften  werde,  wie  er  es  ,.zur  Culttir  de-i  Jahrhunderts"  gethan  in 
dem.  _waH  schön  und  erhaben"  ist.  Diese  Stt-llen  nitii^t-n  hinreichen,  um 
die  Annahme  der  vielen  im  Folgenden  zu  erwahnencien  BeeinHussungon 
zu  stützen. 

1.  Das  Jahr  1766. 
Schon  in  den  zahlreichen  Anf^tzen,  Entwürfen,  Plänen  und  Frag- 
menten des  Jahres  1766  ist  der  Einfluss  der  Kantischen  Schrift  bemerkbar. 

')  sw-.  I.  17.1.  Krit.  Wald.  SWS.  IV,  168. 

>j  SWS.  IV.  175. 
»)  LB.  J,  '2,  29y. 

lö» 


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Miscellen. 


Im  Anfange  derselben  spricht  Kant  von  der  Verflchiedenheit  der  Empfin» 
düngen  des  „Vergnügens  und  des  Verdrussc»"'  und  führt  sie  nicht  auf  die 
Beschaflenheit  der  Dinge,  ulso  eine  objective  Ur^cbe.  sondern  auf  ein 
jedem  Menschen  eigenes  Gefühl,  mit  Lust  oder  Unlust  gerührt  zu  werden, 
zurück  und  wei^t  auf  den  reichen  ^'orrath  hin,  den  ,.das  Feld  der  Be- 
obachtungen «lii'st'r  t5e!^iiudtnheiten  uienschlicher  Natur"  verlrersre.  H,  suchte 
ihn  zutage  zu  ITiniern.  l'utor  allen  Arbeiten  jenes  .hilues  nehmen  iiie 
ästhetischen  den  eiste«  l'lalz  ein;  so  die  Themen;  „Uber  die  Veränderung 
des  Gesehmacltet  und  der  Grnikhfttte  bei  Katiiraen  bloß  durch  die  Zeit- 
folge",^)  »Wie  weit  sich  der  Geschmack  der  V51ker  verftndert",  »Von 
der  Verschiedenheit  des  Geschmackes  und  der  Denkart  unter  Men- 
schen",') »Von  der  Veränderung  des  Geschmackes  der  Nationen  durch 
die  Folge  der  Zeitalter". ^)  —  Sämmtliche  theils  nur  entworfene,  theil.s  aua- 
geführte Aufsätze  streifen  aber  an  keine  geringere  Frage  als  die.  ob  die 
einander  widersprechenden  Gefichniacksarten  ver»*chiedener  Menschen  und 
Nationen  docli  welchen  geuieinsanjen  Berührungspunkt  haben;  ihre  Be- 
antwortung und  die  Zweifel  über  die  Moi,'lichkt;it  iloröeJbcn  übetiäsat  er 
anderen  und  begnügt  sich  damit,  na<:h  Art  der  Kanti»chen  „Beobachtungen** 
nur  „Materialien"  xn  sammeln.  Allerdings  geht  er  auch  schon  daran,  die 
Ursachen  dieser  Verschiedenheiten  des  Geschmackes  ans  der  „Verschieden- 
heit der  Bildung  des  KQrpers,  besiehungsweise  der  Beschaffenheit  der 
Sinnesorgane  bei  den  einseinen  VOlkem*  ZU  wklftren,  kommt  aber  darin 
nicht  weit  und  liefert  so  nur  Anlange,  aber  wenigstens  den  Gedanken 
einer  naturwissenschaftlichen,  auf  physischer  Grundlage  ruhenden  Ästhetik. 

In  einem  anderen  Fragmente  „Vom  gothischeu  Geschmack"^)  unter- 
niumit  er  es,  die  W.iiulliinrren  desselben  von  dm  iUtPstcn  Zeiten  her  zu 
verfol^'en  und  dieselben  aus  jtnütischeu  und  socialen  Verhiiltni.ssen  zu.  er- 
klären: klare  Umrisse  für  eine  Geschichte  des  ^gothlschen  Geschmackes'", 
wie  sie  später  von  den  Romantikem  Tenmcht  wurde.  Die  aus  der  Ver- 
schiedenheit der  Nationalcharaktere  sich  ergebende  Verschiedenheit  des 
Geschmackes  ist  auch  Gegenstand  eines  Fragments  über  die  Ode,^)  worin 
H.  im  AnscbluMse  an  Kant  dem  Deutschen  in  sittlicher  Beziehung  die 
Mitte  zwischen  <len  KngUindern  und  Franzosen  einräumt^)  und  demgemäß 
auch  für  di*^  deut-;ch-'  Ode  einen  bestimmten  Charakter  beansprucht.  Die 
Kantische  Kintheiinn^'  des- <  ic^chinackes  in  dnn  Arten bf'ir,.(_rni't  uji-  in  IT.k 
Aufsjitze:  ,.ii>t  die  bchöuheit  des  Kr'r]iL.'rr-  ein  15üte  von  der  ^cnr>ii}i*Mt  (Jer 
Seele?",'*]  was  sich  sogar  durch  würtliclie  Anklänge  beweisen  läs>t.  Ganz 
unter  dem  frischen  Eindrucke  der  „Beobachtungen"  und  zwar  des  Uapitels 
„Von  den  Nationalcharakteren,  insofern  sie  auf  dem  unterschiedlichen  Ge- 
fühle des  Erhabenen  und  iSchÜnen  beruhen"  ist  das  Fragment  „Betrach- 
tungen über  das  verschiedene  Urtheii  der  menschlichen  Schönheit**^)  ver- 
fusst.   Aber  außer  diesen  mehr  principiellen  Fragen  begegnet  uns  auch 

•)  LB.  I.  2,  195. 

*>  LH.  I,  .;h.  187. 

»)  lu.  b.  lyi. 

«)  LB.  I.  8a,  205. 

*J  I.B.  ].  :5a. 

')   F.l.fll-iO  Lb.  1.  itU,   18.  ."5\V^5.  1,  l>>b. 

■)  S.  ifl. 

•>  ÖW.-^.  J,  51. 

T  LB.  I,  :^n,  ?»— $. 


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Miscellen. 


229 


in  einzelnpn  Gedanken  und  .\npr>r'!in<:en  Kantisciv.'r  Einfluss.  —  litM'adezu 
überrttscli.'iid  i'^t  die  i'liereiu'^tiininuni;  mit  Kant  in  dem  Fr.i^niente  oiner 
Unterüuciiung,  „diuss  und  wie  die  Ptulosophie  fiir  da-»  Volk  nüt/.Uir  zu 
machen  sei".')  Wie  Kant-j  geht  auch  U.  hier  von  der  Ansicht  aus^  da«« 
die  weiblich«  finiebung  vor  allem  die  Ausbildung  dea  feinen  «iitlicb* 
schönen  Oefflhls  bexwecken  müsse,  wogegen  beim  Manne  mehr  auf  die 
Übung  des  Verstandes  und  Gedächtnisses  Gewicht  za  legen  sei,  indem  er 
das  Wesen  des  Weibe»  unter  dem  Begriffe  des  Schönen,  das  dea  Mannes 
unter  dem  des  Erhabenen  —  ganz  wie  Kant  fasst.  Dm»  aus  Goethe« 
„Dichtung  und  Wahrheit"  bekannte  Urtheil  H  b  ttber  Ovids  Metainorphoi'en,^) 
sowie  die  abfallif^o  Betirthoihint^  der  geistigen  Eigenschaften  d^^r  Neger*) 
erinnern  lebhaft  an  Kant,  desgleichen  die  Ansiclit  If (]n^'^  di«-  Sch«inheit 
ein  Begriff  sei,  der  sich  sehr  oft  bis  in  den  Gpsrhleclitertrieb  verliere.-"') 

Aus  diesen  wie  aus  vielen  anderen  Entlehnungen,  deren  Beweis  ich 
wegen  Zeitmangela  schuldig  bleiben  ntvss,  ergibt  sieb  sunftchst  die  l*hat- 
aache,  dass  H.  durch  Kants  ^Beobachtungen"  gleich  im  Jahre  ihres  Er» 
scheinens  su  bestftndigem  Schaffen  auf  dem  Gebiete  der  ästhetischen 
Fori^chung  angeregt  wurde,  daas  er  in  diesem  BOchlein  eine  unerschöpf- 
liche Fund-;iube  von  Ideen  entdeckte,  die  ihn  zu  weiterer  Ausfiihrung 
reizten.  Beiiiiilie  in  keinem  einzigen  I'lane,  den  H.  damals  fasste,  unter- 
ließ er  es,  jene  Schrift  Kants  wie  einen  guten  Freund  /nrathe  zu  ziehen. 
t>ocli  von  tJer  bedeutendsten  Wirkung  war  der  Kintln.-<  de-selliea  in.-ut'ern, 
als  H.s  Blick  .schon  frühaeitig  auf  die  verjjchiedenen  Nationen  und  die 
Verschiedenheiten  im  Geschmacke  derselben  gelenkt  wurde,  was  ihn  weiter- 
hin sur  Vergleichung  jener  Gcschmacksnnterschiede,  also  sur  Idee  einer 
▼ergleicbenden,  inductiven  Ästhetik  fObrte. 

t>.  Die  Jahre  1767— 17G9. 

In  den  „Lit^ratnrfrni^un  iiten"  und  „Kritischen  Witldern",  die  in  die.^e 
Zeit  fallen,  beschiänkt  .-»ich  der  Einfliua  Kants  auf  Entlehnung  einzelner 
Gedanken,  Definitionen  u.  ä. 

Itas  schon  oben  erwähnte  Urtheil  über  die  Deutschen  wird  hier  durch 
die  Behauptung  ergänzt,  dasa  dns  Genie  derselben  sich  mehr  »auf  die 
britiache  Seite  neige" Die  Neigung  des  Deutschen  snr  Pracht,  Cere- 
monien,  Titeln,  äußeren  Auszeichnungen  u.  s.  w.  wird  der  ^Lustigkeit",  dem 
Sinne  für  das  Moralisch-.Schöne,  dem  feinen  Tone  des  Fransosen  gegenüber^ 
gestellt,  beide.^  im  Hinblieke  auf  Kant/*) 

Was  H  im  zweiten  Stücke  der  FraLTtnertt^aninihtn^  über  di^n  Zn- 
samnienhanr:  zwi-chen  .Sitten  und  Geschmack  eines  Volke,  au^tiilirf .  ver- 
rüth  deutlicl»  KunÜK'hen  Einfluss.  Mit  Anlehnung  an  den  bei  Kant"/  vor- 
kommenden Excurs  über  die  Veränderung  des  Geschmackes  der  Menschen 
in  rerschiedenen  Zeitaltern  und  bei  verschiedenen  Völkern  verfolgt  er  die 
Wandlungen  dieser  „Proteasfignr"  in  stetem  Hinblicke  auf  den  ursächlichen 

•)  LB.  I,  3«,  _x^7  — m 

»)  l.n.  I,  :{a,  1»«). 
')  I,  18. 

^ws.  I,  fjß).  KkQl,  s.  m 
*J  Ii,  254. 
')  8.  CS. 
•)  S.  l«7. 


■ 


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230 


Miseellen. 


Zusiimuienhan^  mit  den  politischen  nnd  sociulfn  Bewegungen  bis  auf  seine 
Zeit  Tn  deinsfllten  Stucke  Klsst  H.  :ilu-r  auch  <lie  Anffoiderung  ergehen, 
sich  nach  ilen  N;itionii11if»d»^rn  unizu-elion.  und  crötiiu't  so  selbst  die  l'er- 
spoctivo  seiner  ht'rvotr;iLjen(lst«^n  kiint'tii^>'n  Thätigkeil.  Der  J^chluKs.  (la>- 
H.  zu  diesem  /ukuntLaprogranime  seines  Wirkens  eben  durch  das  von  Ka.ui 
angeregte  Studium  des  Znsammenhanges  zwischen  Geschmack  und  Sitte 
der  VSlker  und  der  Venchiedenheit  ihrer  poetiadien  Schöpfungen  geleitet 
wurde,  liegt  gar  m  nahe.  Doch  wir  wollen  ihn  vorderhand  nicht  ziehen. 

Das  oben  bereits  erwähnte  Urtbeil  Kante  Aber  die  weiblichen  Philo- 
soiihinnen  behandelt  H.  wieder,  nnd  diesmal  bedeutend  ausführlicher  im 
fünften  Stücke  der  dritten  Sammlung  der  „Fragmente".  Auch  hier  neht 
er  das  Ziel  der  Frau**nbilflnrf»  in  der  Erwockung  von  Empfindunj^en. 

Noch  einige  Geüiinkenfaden ,  wie  z.  B.  dip  Unterscheidung,  welrhe 
H.  zwi-chen  EnthuMiasteii  und  Fanatikern  niaeht,^)  leiten  zu  Kant  hinülM'r. 

Iht  hciion  die  Anjuihl  der  von  Kant  entlehnten  Gedanken  in  den 
n Fragmenten"  geringer,  ist  dies  erst  redit  der  Fall  in  den  , Kritischen 
W&ldern**.  Hit  voller  Bettimmtheit  läset  sich  mit  Anraahme  des  weit- 
läufigen  Excnrses  Ober  die  „Schamhaftigkett"  im  »weiten  Wäldchen,  wo 
sich  selbst  auf  Kant  beruft,  Kantischer  EinfluRs  beinahe  nirgend« 
feststellen.  Aus  Kantischen  Definitionen  sehen  wir  H.  Pfeile  schmieden, 
mit  denen  er  den  ohnehin  von  Leasing  arg  mitgenommenen  Prof.  Klotz 
weiter  verfniprt.  Indem  fr,  von  der  Kantischen  Theorie  der  „hülfoleistenden 
Triebe"  aa-igehend.  die  falsche  Auffassung  Klotzens  von  der  Schamhaftigkeit 
berichligt,  schlä^'t  er  auch  dessen  Behauptung,  dass  Vergil  schamhafter 
wäre  als  Homer,  nieder.  Auch  zu  der  im  vierten  ^Kritischen  Wäldchen*" 
gegen  Klottens  Freund  und  Pkirteigänger  Riedel,  den  V^aseer  der  „Theorie 
der  schOnen  Kanste*  gerichteten  kritischen  Bombe  hat  Kantiaches  Oe* 
dankenmetall  das  Material  geliefert  Schon  gegen  die  nngenfigende  In* 
duction  Uiedels  muss  er  als  Schüler  Kants  entschieden  Front  machen.  Ja 
er  erklärt  sich  überhaupt  gegen  alle  deductive  Ästhetik.  Da  das  Cienie 
nicht  nach  Kegeln  schatte,  oder  solche  wf'nicp=*tens  nicht  im  Augenblicke 
dos  Schatten.«  dem  Künstler  vorschweben,  aruierj^eits  aber  solche  dent 
unbegabten  Dichterlinge  nichts  nützten,  verwirft  er  überhaupt  ästhetische 
Regeln.  „Beobachtungen  sollen  sie  sein,  au t  klärende  ent- 
wickelnde Philosophie  für  Philosophen,  nicht  für  Dichter- 
linge» nicht  für  selbstherrschende  Geniee'"^) 

Hat  sich  also  H.  früher  schon  fUr  eine  vergleichende «  indactive 
Ästhetik  ausgesprochen,  lehnt  er  hier  entschieden  jede  deductive.  geaets- 
geberische  Ästhetik  ab.  Nachdem  er  so  die  Grundpfeiler  des  Riedel Vchen 
."Systems  erschüttert,  vernichtet  er  wieder  vom  Gesichtspunkte  Kantischer 
Ästhetik  dessen  Theorie  von  den  drei  Grnndkraften  für  das  r.iite.  Wahre 
und  .'"^chöne.  H.  verwirft  ein  Grnndgofühl  des  Schönen,  denizufol^o  man 
ohne  Urtheil  gezwungen  wäre,  etwas  für  schön  r.u  erklären,  wuh  zu  allen 
Zeiten  und  überall  gleiche  Wirkungen  hervorbringen  müsste.  Aber  be- 
weiset nicht",  fährt  er  fort,  »selbst  dieser  Proteus  von  Geschmack,  der 

sich  unter  allen  Himmelntriehen  neu  verwandelt,  mit  der  Ur> 

saehe  der  Verwandlung,  da«  alle  Schönheit  nur  Eins  eei  ?* 

'J  b\V.>.  1,  524. 
»)  BWS.  IV,  19. 


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Miaeellen. 


231 


AläM)  trotz  Uer  ven>chiedensten  Geschmacksarten  ulier  Völker  und  Zeiten 
<)<i6h  eine  gemeinaame  Ursache  des  Schönen:  dag  will  aagen:  H. 
glaubt  Mk  die  MOj^lichlteit  einer  Tergleiohenden  Xsthetik  auf  inductirer 
Grandlage:  ein  Gedanke,  dessen  YerwirVlichnng  bis  heute  nicht  erfolgt 
ist.  Die  ganze  Stelle  stimmt  aber  mit  dem  Schlosse  der  Kantischen  ,Be- 
obachtungen"  theilweise  sogar  im  Wortlaute  überein. 

Doch  von  sonstiger  Entlehnung  minder  wichtiger,  einzelner  Gedanken 
ah«x(»«ehen,  lässt  sich  «1er  Einfluss  Kant<?  in  den  Jahren  17G7— 17C9  in 
folijendcn  Worten  y.nsaiiinifnfti^sen:  Die  beinahe  schülerhafte  Art  d>-v  Knt- 
k-linuu^  oin/.f'lnor  Gedanken  dauert  fort,  w^nn  aucli  beltener  auftretend. 
Am  den  vereinzelt  erscheinenden  aathetischeu  Wahrheiten  wäre  wohl  eine 
gelinge  Aosbente  ftlr  ein  ftsthettsches  System  zu  machen.  Aber  ein  solches 
strebt  H.  anch  gar  nicht  an,  sondern  er  stellt  —  nnd  darin  gipfelt  der 
Einflnss  Kants  in  jener  Zeit  —  auf  Grund  der  Kantiachen  Methode  die 
Forderung  einer  dem  Geschmacke  verschiedener  VOlker  und  Zeiten  Rechnung 
tragenden,  v  i  i;]  eichenden  Ästhetik  auf  empirischer  Grundlage, 
die  also  Beobachtungen  machen.  Daten  <:nnimpln,  erkiftren  und  erst  dann 
m^Sglicherweise  Grundsätze  abstrahieren  sollte. 

8.  Die  Jahre  1769—1800. 

Merkwürdigerweise  ▼«rlieren  sich,  die  analytisch-empirische  Methode 
Kants  ausgenommen,  die  Spuren  des  Kantischen  Einflusses  in  der  Folge- 
zeit immer  mehr.  Ein  leider  beinahe  ganz  verloren  gegangener  Brief- 
wechsel mit  Kant  liür<j-t  auch  jetzt  noch  für  freundschaftliche  Beziehungen 
zwischen  H  nnd  tleui  noch  immer  verehrten  Meister.  Eine  Kritik  des 
jungen  H.  über  Kants  „Beobachtungen"  in  einem  noch  erhaltenen  Briefe 
an  denselben  beweist  die  Selbständigkeit  H.8,  der  vom  „Nachbeten  und 
Nachtreten"  weit  entfernt  war.  Ein  Brief  an  Lavater  aus  der  BUckeburger 
Zeit,  sowie  der  gegen  die  s(^enannte  «Modephilosophie*  gerichtete  Auf- 
satx  ans  dem  Jahre  1776 leugen  für  ein  nngetrfibtes  Verh&ltnis  zu  Kant. 
Aber  schon  im  Jahre  1^  kam  es  zu  einem  Zwiste,  da  Kant  den  ersten 
Theil  der  , Ideen"  ungünstig  recensiert  hatte.  Die  stete,  innner  weiter  um- 
sichgreifende  Vergötterung  der  kritischen  Philosophie  reizte  H.  zu  jenen 
bekannten,  von  Bitterkeit  und  Eigensinn  nicht  freizusprechenden  Streit- 
schriften „Metakritik'  und  „ Kalli'^one"  ilTlH)  und  1780).  In  der  Vorrede 
zur  letzteren  wird  Kant  gegenüber  dem  Manne  von  „dialektischem  Witz", 
„politischen  sowohl  als  wissenschaftlichen  Scharfsinn"  und  ^ bestrickender 
Redegewalt"*  sogar  ungerecht.^)  Der  Bruch  war  unheilbar.  H.  m ernte  Kant 
untreu  werden,  weil  dieser  sich  selbst  untreu  geworden  war.  In  glOhendsteni 
Zorne,  in  flammender  Entrflstnng  Viber  den  Termeintlichen  Unfhg  der 
Tri) nssoendental Philosophie  ist  beinahe  die  ganze  „Kalligone"  geschrieben. 
Widerspruch  auf  W^iderspruch  gegen  Kant  begegnet  von  Anfang  bis  su 
Ende.  Von  einem  Einflüsse  Kant^^  kann  weiter  k' in'^  Hrde  sein. 

Worin  besteht  nun  im  allgemeinsten  Sinne  (iieser  Kinflu«'.'^?  Der 
Ästhetiker  H.  ist  es  vor  allem,  der  denselben  erführt,  uijer  ni(  ht 
.•iowohl  duieli  Aneignung  von  einzelnen  ästhetischen  Wahrheiten,  sondern 
der  analytisch-empirischen  Methode,  die  Kant  in  seinen  „Beobachtungen" 

'^  Suphan,  Z.  f.  d.  Ph.  IV,  287. 
>)  SWH.  2Ü,  12. 


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232 


Misoellen. 


angewendet  hsA.  Sein  ganses  Leben  hält  H.  bei  teinen  fiathetiedien 
ForMbungen  an  deiaelben  fest,  indem  et  schon  im  Eracheinung^ahre  der 
«Beobachtungen**  su  einer  Menge  von  (j;roßai-tig  angelegten  Plänen  nnd 
Entwürfen  angeregt  wird,  die  alle  auf  den  Gedanken  einer  naturwissen- 
schaftlichen, empirisch-analytischen  Ästhetik  hinauslaufen,  zu 
der  H,  «selbst  unschätzbares  Material  liefert.  Wenn  er  aber  zu  keiiiPtn 
Sy>teaie  i,'elanp^te,  so  war  dies  entweder  nacli  dem  damaligen  Stande  der 
Miitur Wissenschaften  nicht  luüglich  oder  er  lietertt-  iiulirect  den  Bewei-* 
von  der  Unmöglichkeit  eines  solchen  oder  uunUej»tens  von  dem  Unwerte 
eines  dednctiven  Systems  der  Ästhetik,  eine  Wahrheit,  deren  Er- 
kenntnis ich  höher  stelle  als  vielleicht  die  Snmme  aller  sonstigen  positiven 
ftsthetischen  Maximen,  die  er  von  Kant  entlehnte. 

Aber  nicht  nur  der  Ästhetiker  H.  wird  durch  Kants  Einfluss  be- 
stimmt, sondern  nicht  minder  der  Philosoph  überhaupt*  H.  rühnito. 
wie  wir  oben  sahen,  jederzeit  die  Methode  Kants,  xat'  aAHiuj:o'/  zu  phiio- 
soidiieren.  den  Menschen  zum  Mittelpunkte  der  Phtlowphie  zu  mach«'n. 
Diese  ,Menschheit<»philosü]diie''  trat  ihm  sclinn  in  Kants  Schrift  ,.Träuine 
eines  Geistersehers",  dann  iu  deü^en  „ Beobachtungen"  entgegen  und  lenkte 
schon  frühzeitig  seinen  Blick  auf  den  großen  Schauplatz  der  Entwicklung 
des  menschlichen  Geisteslebens  von  den  Ältesten  Zeiten  an.  Kant  f&hrte 
H.  auf  die  Hohe  dar  Menschheitsphilosophie  und  zeigte  ihm  von  dort  den 
Menschen  in  seinen  mannigfachsten  Gestalten.  Er  deutete  anf  das  bunte 
Gewirr  der  verschiedenen  Volker,  die  doch  alle  ein  Band  vereinige.  Das 
reifste  philosophische  Werk  E  ^.  die  „Ideen  zm  Piiilosophie  der  Geschichte 
der  Menschheit",  dem  schon  frühzeitig,  im  Jahre  1774,  die  Schrift  „Au.  h 
eine  Philosophie  zur  Geschichte  der  Bildung  der  Men^eliheit"  vorher- 
gegangen war,  hat  ja  zum  Zwecke  die  Darlegung  des  Entwicklungsgänge* 
der  menschlichen  Cultur  bei  allen  Völkern.  Die  Betrachtung  dieser  P'r- 
scheinungen  ist  H.  das  erhabenste  Ziel  seines  Forschen^  gewesen,  sie  hat 
in  ihm  auch  jenen  kosmopolitischen  Geist  erweckt«  den  er  selbst  neben 
Lessing  seinem  Jahrhunderte  aufprSgte,  die  deutsche  Nation  ftlr  das  Beste 
der  Cultur  und  Eigenart  aller  Völker  empf&nglieh  machend. 

Bei  der  innigen  Wechselbeziehung,  in  d»'r  Poesie  und  Charakter 
eines  Volkes  zu  einander  stehen,  mosste  H.,  der  selbst  als  beste  Quelle 
zur  Erforschung  des  Nationalcharakters  die  Poe.«ie  nngibt.  naturgemäß 
auch  auf  das  mit  dem  Volkeliede  leider  noeli  immer  olt  ve rw(!oh-eite 
Nati on a  1 1  i im!  kommen.  Der  Beschäftigung  mit  diesem  ist  H.s  hervor- 
ragt'nd^te  literarische  Leistung,  die  J^ammluug  der  sogenannten  Volks- 
lieder'', entwachsen.  Und  dazu  soll  auch  Kant  die  Anregung  gegeben 
haben?  ...  Ich  glaube  wohl. 

Wenn  man  das  ausf&brliche  Capitel  der  Kantisehen  ,»Beobacbtungen" 
Aber  die  Nationalcharaktere  liest  und  dann  verfolgt»  wie  Blick  gerade 
in  dem  Erscheinung-^jahre  dieser  Schrift  seines  so  hochverehrten  Lehrers 
(1706)  beständig  auf  Eigenartigkeiten,  Bräuchen,  Sitten  verschiedener 
Völker  gerichtet  ist,  wie  rr  bald  die  men«ehli<'he  Schönheit  bei  ver- 
schiedenen Völkern  betrachtete^  l)ald  in  einer  Abhandlnng  üb(>r  die  <  Hie 
die  Bedingungen  zur  Entwicklung  dieser  Dichtungsart  bei  allen  Völkern 


LB.  I,  3a,  3. 


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Miscellen. 


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aufzusuchen  bemüht  ist,')  wie  er  in  seirn  in  Fragmente  der  Geschichte  der 
DlchlkuM^t  die  nothwendige  Forderung  autstellt,  dass  man  vor  allem 
anderen  in  jedem  Volke  selbst  den  Samen  snclien  mass»  der  die  Wissen- 
.  Schäften  und  KOnste  hat  hervorbringen  m^n,*)  wie  er  in  mehreren  Ent- 
würfen dieses  Jahres  sich  um  den  Geschmack  verschiedener  Völker  in- 
te^e^i8iort,<}  wie  er  so^ir  selbst  gelegentlich  zugibt^)  dass  er  seinen 
Geschmack  „aui»  mehr  als  einer  Nation,  Zeit  und  Sprache  selbttt  za 
bilden  gesiuht  hiihe",  —  wenn  man  dns  alles  in  Betracht  zieht,  so 
wird  man  wolil  nicht  umhin  können,  anzunehmf^n,  Inss  H.  durch  Kant.H 
Scbrilt  >ih()n  in  früher  Zeit,  also  wslhrend  des  Tiii^'a^r  Aufenthaltes,  zum 
Hauptprobleme  sseines  Lebens»,  der  Krfoi^cluinf,'  def<  (Jhai-.iktt'rs  veivcliiedener 
Nationen  und  dadurch  indirect  xuui  NatiomiUiede  getührt  wurde. 

Aber  auf  allen  drei  Gebieten,  Ästhetik,  Geschichts- 
philosopbie  und  Literaturgeschichte  gipfelt  der  Einfluss  der 
ästhetischen  Anschauungen  Kants  auf  H.  nicht  so  in  der  Ent- 
lehnung von  einseinen  wissenschaftlichen  Wahrheiten,  wie 
in  der  Anregung,  dem  Anstoße. 

Abkürzungen: 

M.  <»  Herder. 

LB.  =  Joh.  G.  Herders  Lebensbild  (herausgegeben  von  seinem  Sohne). 
SWS.      Herders  sBmmtiiche  Werke,  herausgegeben  von  Suphan. 


Die  G^mnasialarchäolog  ie  auf  dem  Dresdener 

Phüoiogentage  (1897). 

Bericht,  vorgetragen  von  Dir.  Dr.  J«  Loos  in  der  JahresTereammlnng  des 
Vereines  „Mittelschule"  in  Wien  am  11.  December  1897. 

1.  über  Einladung  des  kaiserlich  deutschen  archäologischen  Institutes 
wurden  unter  dem  Vorsitze  Conses  zwei  Sitzungen  zur  Erörterung  folgen- 
der zwei  Fragen  abgehalten: 

aj  Wie  weit  soll  auf  der  Universität  für  eine  Schulung  des  künftigen 
Mittelschullehrers  in  Archiinlofji»»  vorffo-ori^t  w^nlfn? 

bj  Wio  jioU  dieser  Umstand  in  den  Priliungisverordnungen  zur  Geltung 
konunen V 

2.  Die  Discusüion  dieser  Fragen  bildete  eigentlich  nur  die  Fortsetzung 
der  Berathtingen,  die  auf  mehreren  frnberen  Versammlungen  (in  .München, 
Wien  und  KOln)  stattgefunden  hatten. 

3.  Einigermaßen  vorbereitet  waren  diese  Besprechungen  doch  durch 
den  Umstand,  dass  die  einzelnen  Rejrierungen  ersucht  worden  waren,  Ver- 
treter 7.U  senden,  welche  darüber  zu  berichten  haben  würden,  was  in  den 
einzelnen  Staaten  mittlerweile  geschehen  war,  um  die  archäologischen 
fttudion  m  Ansehen  zu  lirintren,  be/.iehung8^v>»i-('  inif  w»  lrhen  Mitteln  der 
betretiende  Ötuat  diese  Studien  xu  unterstützen  beitrei»t  war. 

1  I.B.  I.  >A. 
h  Lb.  l,  aa,  ill. 
>l  LB.  I,  3k,  lf}7,  191,  190,  205. 
«)  LB.  I,  Sa,  m 


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234 


Miscellen. 


4.  Da  entwickelte  sich  denn  ein  reclit  interessantes  Bild  >?leich  txi 
Anfang  der  ersten  Sitzung,  als  über  Einladung  Conzes  die  einzelnen 
Regiernngnvertretei',  dieser  die»,  jener  daa  berichtete,  jeder  von  ihnen  mit 
einem  gewissen  patriotischen  Stolxe. 

5.  Davon  nnr  einige  Beispiele!  Zuerst  erhielt  der  Bayer  das  Wort, 
fiector  Arnold  hob  mit  großer  Genufrthnung  hervor,  dass  dort  Archäologie 
bereits  Prüfungsgegenstund  sei.  Kr  berichtet  ferner  über  Studienreisen, 
über  die  archäoiojfuicben  Uuterweimingen  Fartwänglers,  sseigt  Diapositive 

11.  8.  \v. 

Dann  Österreich:  Liindps-Schulin}*|i<'<  tov  lir.  5)cheindler  citiert 
Uen  auf  Archäologie  bezüglichcu  Passus  der  neuen  Prüfungsordnung  und 
berichtet,  was  durch  Yorle.'<ungen ,  SeminarttbangeUf  Staatsstipendien  itir 
Stadienreisen  hier  geschehen  ist:  verglast  auch  nicht  des  Niemann'schen 
Parthenonmodells  und  der  Hoppe'sch^  Bilder. 

Hessen:  Oberschnirath  Soldan  berichtet  von  archllologischen  An> 
^chaunngs-  oder  Wandercursen  (begonnen  mit  der  Berichtigung  und 
Krläuterung  der  Sammlungen  in  Würzburg,  abschlief^end  in  Mainz).  Studien- 
reisen Tiai  Ii  Italien,  Erweiterung"  des  pädagogischen  Seminars  (!|  in  Gießen 
und  Darm.-^ratlt  (in  GioTHTi  liun  ii  acht  Tairp  einen  ('ih-ni. 

Hadcn:  <  »berschulntth  Wen  dt  berichtet  über  Studienreisen  nach 
Italien  (vgl.  human.  Gymnasium). 

Die  Vertreter  von  Württemberg,  Braunsch weig,  Weimar  und 
selbst  von  Berlin  wissen  nicht  viel  von  concreten  Veranstaltungen  zu  be- 
richten, sind  a]ber  gleicherweise  erfUUt  von  Wertschätrang  f&r  die  archfto- 
logischen  Studien,  und  da  gerade  sie  davon  sprechen,  wie  man  die  archfto* 
lojvischen  Studien  fordern  könne,  hat  sich  unter  der  Hand,  vielleicht  nicht 
zum  Nutzen  der  Sache  die  Berichterstattung  in  eine  Discussion  der 
von  Oon/e  anfsyeworfeiicn  Fragen  verwandelt.  So  hattf  si  hon  an  die'tem 
Nachnuttaye  iler  A  ii  Ii  a  i  t'-rhe  Hpiriernny*svertreter  Oberschulrath  Krü^'er 
versiucht.  zwei  ']'lie>cn  zu  loruiuheren,  »iie  jedoch  evi^i  de«-  and»'rn  Tages  in 
nioditicieiter  Form  vorgetnigen  wurden.  Ober-chulrath  Gcutz  aus  Berlin 
*prach  schon  an  diesem  Nachmittage  aus,  das.s  er  große  persönliche  Be- 
denken h&tte,  wenn  die  Arcb&ologie  zu  einem  Prfifungs&che  würde:  man 
kdnne  nicht  von  jedem  verlangen,  doss  er  sich  voll  und  ganz  der  Archäo- 
lojE^e  zuwende:  es  müsse  immer  individuelle  Begabung  hinzukommen.  Im 
selben  Sinne  sprach  sich  Wendt  ans,  man  solle  nur  junge  Leute,  die 
besonderes  Talent  zur  Archäologie  hätten,  sich  hiefSr  qualificieren  lassen. 
Einer  eigenen  Prüfung  bedürfe  es  hiezu  nicht. 

Anderen  Taije«  «teilte  dann  Krnp-er  foliroTifle  zwei  The^jen  auf:  1.  Auf 
der  l'iiivfr>it;it  goll  dun  li  Vorlc.**un<:en  iitid  l  lMingen  sfiteni-  der  Docenten 
für  eine  archäologische  Ausbildung  der  Candiiluten  gesorgt  werden.  2.  Der 
künftige  Lehrer  soll  sich  auf  der  Universität  neben  einem  ausreichenden 
Maße  mythologisch-archäologischer  Kenntnisse  auch  die  Grundzüge  archäo- 
logischer Hermeneutik  zneigen  machen. 

In  diesen  beiden  Thesen  war  nnn  allerdings  zunächst  gar  keine  Rede 
von  einer  Constatierung  dieser  Kenntnis.se  durch  eine  Prttfung.  aber  es 
sah  doch  so  auB,  als  wenn  die  Archäologie  in  einer  Art  von  Zwange  oUegien 
angeeignet  werden  *r>!lte.  De.shalb  ergriff  der  Berliner  Schnlrath  < I  c n t  z 
und  nach  ihm  der  sächsische  Begierungävertreter  Gebeimrath  Vogl  datt 


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Mitcellen. 


235 


Wort,  iini  dar/.utluui,  da«««  ihr*»  Refrieningen  vor  allem  ror  einer  Ersrhwerun^r 
(UT  l'rüfiinjf  in  philol'-Ki^"  Facultas  durch  Eiutühiuiij;  (.Ut  Arrhiiol' »üfie 
iil^i  l'i üluiiiTfgegen.stan»!  zui iickschreckeu  würden:  eine  solche  Erschwerung 
verbiete  die  Lehrernoth  und  die  ganze  Zeitlage. 

Andere  wieder  hoben  hervor*  daas  eine  solche  PrQfung  mehr  auf  ein 
änßerlicbes  Aolemea  hinanplanfen  wflrde,  auf  ein  mecbaniaches  Einprägen 
des  WiteensstoffeN  n.  dgl.  m. 

Dazwischen  durch  traten  die  Docenten  fDr  Archäologie  Studniczka. 
Förster  undReisch  für  obligate  Collegien  und  für  die  Prüfang»  namentlich 
Stndniczkn.  ein,  mit  d.T  H.  t^ründung,  das«  sich  ohne  einen  gewissen  Zwang 
nichts  Kerbte*«  werde  in  Archäologie  lei«ten  !a«^en 

Von  x.wni  anderen  Professoren,  Kekule  und  iiubert,  waren  biienivhe 
Gutachten  eingclauten;  keiner  von  ihnen  hält  die  Priifung  aus  Archäologie 
für  noth wendig,  Koberfc  —  zum  Erstaunen  aller  —  auch  Feriencurse  und 
Studienreisen  nicht:  er  halte  alle  diese  Dinge  fllr  schädlich,  da  sie  bei  der 
Fftlle  des  Materials  nur  zn  einem  oberflächlichen  Dilettantismus  fahren. 

Conze  hatte  nunmehr  ans  der  Diecossion  erkannt,  daas  weder  durch- 
wegs in  den  Kreisen  der  Docenten  noch  auch  besonders  in  denen  der 
Schulmänner,  worunter  ja  auch  Schul  Verwaltungsbeamte  waren,  die  Neigung 
fiir  die  Einfuhrung  der  Archaolog-ie  ;ils  Pi-nfungstfegenstand  bestehe,  und 
schlug  daher  folgende  vier  Thesen  /ur  Annahme  vor: 

1.  In  jedem  Semefäfer  sollte  an  der  Universität  für  eine  cursorische  Leetüre 
von  Biidwfrkeii  gcj^orgt  werden. 

2.  Jeder  künftige  philologische  Lehrer  sollte  diese  Vorlesungen  —  wöchent- 
lich eine  Stunde  —  durch  die  ganze  Üniversitfttszeit  hindurch  besuchen. 

8.  In  der  Prfifungsordnnng  m5ge  wenigstens  soweit  auf  die  ZngehQrigkeit 
der  Archäologie  zur  Philologie  Rücksicht  genommen  werden,  dass  die 
Voraussetzung  ausgesprochen  werden  könne,  es  habe  sich  ein  jeder 
künftige  philologische  Lehrer  auf  der  Universität  mit  den  Elementen 
der  Arrhrmlogie  vertraut  gemacht:  den  Fortgeschritteneren  in  der  Ar- 
chäologie möge  Gelegenheit  gegeben  werden,  in  der  Stiuktsjirüfung  diese 
ihre  archäoloj^isrh«-  IJildung  zur  (Geltung  zu  bringen. 

4  Es  mögen  noch  mehr  als  Vii^her  von  den  Regierungen  pecuniäre  Uut*  r- 
stutzungen  für  Studienreisen  geboten  werden,  damit  auch  minder  be- 
mittelte Bewerber  Gelegenheit  f&r  ausreichende  archäologische  Studien 
finden. 

Diese  Thesen  wurden  einstimmig  angenommen;  d^  Vertreter  der 

bnyrischen  Regierung  hatte  nicht  mitgestimmt,  da  fQr  ihn  die  Berathung, 
wie  ich  frfiher  sagte,  gegenstandslos  war. 

Mir  «eheint.  i]nfi9  der  Inhalt  diP!«er  The-en  die  riehtipre  Mitte  dar-telle 
zwischen  zu  .starker  Betonung,  wie  sie  in  den»  Hufe  nach  der  Prüfung'  an- 
der Archäologie  liegt,  und  zu  optimi.sti.«eher  Auffassung  der  ganzen  Frage. 
Den  Optimisten,  die  da  ghiuben,  es  werdeu  die  Studierenden  die  Denkmäler- 
kunde, weil  sie  ja  doch  in  der  Philologie  in  ihrem  wdteren  Sinne  als 
Alterthumskuttde  eingeschlossen  ist,  als  etwas  Selbstverständliches  betreiben, 
^b  Prof.  Studniczka  deutlich  zn  verstehen,  dass  die  Erfahrung  datf  Oegen- 
theil  lehre.  Seine  archäologischen  Vorlesungen  seien  zumeist  vonMedicinem, 
Juristen,  Neuphilologen  u.  a.  besucht,  gerade  aber  nicht  von  denen,  die 
doch  durch  ihr  Studium  zunächst  darauf  hingewiesen  seien,  nämlich  von  den 


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1 


III 


236 


Altphilologen.  nn  nun  .tuch  anderswo,  wu;  z.  B.  in  Wien,  die  Ding© 
in  dieser  Bezieiiuug  >,Miiii>tigt'r  liegen,  so  meine  ich  doch  auch,  das^  man 
mit  dem  spontanen  BildangsbeclOlfoiaw  des  kUnftagen  Philologen  allein 
nicht  wird  rechnen  kOnnen»  ich  meine  aber  aach  nichtt  dam  gerade  das 
Examen  als  der  beste  Ansporn  f&r  diese  Studien  betrachtet  werden  kann. 
Einer  gewissen  Nöthigung  für  dieeen  Betrieb  wird  es  immer  bedfirfen.  Die 
kommt  aber,  wie  ich  glaube,  von  verschiedenen  Seiten  zugleich.  Die 
jüngeren  der  Candidaten  haben  (Lü  h  wohl  7in!i*»i*<t  hon  pinen  derartigen 
philologischen  und  Instorischen  Lntenicht  gt-no-ot  n .  in  wcl«  lu  iii  arrhUo- 
logische  AnschHUungHmittcl  mit  verwendet  wordt-a  .sind,  gut  mlw  m  hlecht, 
je  nach  den»  Lehrci ,  der  den  Unterricht  leitete.  So  oder  ho  werden  si© 
aUo  wohl  die  Nöthigung  empÜnden,  sich  mit  diesem  wichtigen  Vehikel 
für  die  Erkltrung  der  Autoren  u.  s.  w.  vertraut  ta  machen.  Auf  der 
anderen  Seite  aber  stellt  ja  doch  die  neue  Prfifungsordnung  gans  deutlich 
die  Nothwendigkeit  vor  Augen,  data  sich  der  Gandidat  während  seiner 
Unirer.xitatsstudien  mit  Archäologie  zu  be.schäftigen  habe. 

In  die.Hem  Zusaammenhaage  möchte  ich  darauf  hinweisen«  das»  in  der 
Pädagogischen  Section  noch  zweimal  eine  Äußerung  gethan  wurde,  die 
den  bi<li*'riL"'n  Anf-;tcllungen  /.u  \vi<lr»r«prfrhf»n  *-rh''int  K«  gpschah  die.s 
Jieiteii^  rU'>  /iLt^uicr  Gynin.  Dii-.  Sct-ü^er,  der  in  si'iiinii  \"i)itrcige  «Die 
Aufgiibtu  de.i  griechischen  Unienieiites  in  der  Gegenwart"  den  Aus.spruch 
that:  „Die  grammatische  Arbeit  ist  auch  jetzt  noch  der  Jugend  heilsam; 
im  allgemeinen  wird  die  Oruromatik  jetat  ungeschickter  betrieben  als 
die  Leetüre.  Wohl  müssen  auch  die  sachlichen  Schätze  gehoben  werden, 
aber  leider  weixlen  heute  die  Realien  tu  einem  £r8atsmittel  f&r  jene 
Lehrer,  welche  eine  bessere  Kost  nicht  zu  geben  vermögen.  Durch  Übertlus.s 
▼on  Bildern  und  sonstigen  Anschauungsmitteln  wird  die  Einbildungskraft 
mehr  gehemmt  als  geweckt."  In  einenv  anderen  Vortrage,  den  Prof.  Kichter 
über  die  Gpldfragp  in  fh'r  Piidaar^^ik  hielt,  wird  datiir  plaidiert.  dass  die 
Sammlungen  von  ailerh  iiid  Anschauungsmitteln  eingew-hrankt  wenien  .sollen. 
Wir  geräthen  nomt  in  einen  i  1 1  u.str ierten  Unterricht  liinein,  der  die 
Zer>>treuung  lurdere,  der  Anschauungsunterricht  arte  in  Bilderbegaffen  aus. 

Diese  Sätze  enthalten  Wahres  und  Falsches  zugleich.  Falsches,  weil  es 
gar  nicht  wahr  ist,  dass  eine  ordentliche  sachliche,  auf  Denkmäler  gest&txte 
Erklärung  etwas  so  Einfoches  ist.  Der  Vortragende  hat  außerdem  das  Ver- 
stiindni.s  das  dem  Schüler  aus  einer  solchen  ICrkläning  entspringt,  viel  zu 
tief  bewertet.  Er  hält  oHenbar  die  .sachliche  Erklärung  f&v  ein  KubekisRon» 
auf  dem  man  sich  von  den  grammatischen  Strapazen  au.sruhen  kann. 

VV";Uir  ist  aber  gewi*s  Hf'hanjitnn^''.  da*».«  auch  hier  da=!  (  bermaB 
Von  .^1  hinifii  ist.  Es  stumi'tt  au.  zti-treut  aber  auch,  wt*nn  in.iit  die  \n- 
i!ichauung>jb<'helfe  das  ganze  .Jahr  hindurch  in  den  Classenzimmern  und  auf 
den  tiängeu  hängen  lä.sst. 

Ich  möchte  da  noch  einen  Gedanken  zum  Ausdrucke  bringen: 
1.  Archäologischer  Anschauungsunterricht  als  eigene  Dieciplin  ist  un* 
statthaft. 

2-  NVif?  Ijei  der  Cla^^sikerlectttre  Ad  fonies!  so  auch  bei  den  Denkmälern. 
Wo  es  Uiögiich  ist,  mehr  als  das  Bil«l  (Abgüsse,  Originale)  zu  sehen, 
solle  man  dazu  tlihren.   Das  äkioptikon  bildet  das  Zwischenstadium. 


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Mii»ceUeii. 


237 


Nachtrag  zum  Artikel  „Jubiläen  des  Jahres 

1898". 

(Ei'schieiieti  im  I  Hefte  des  laafenden  Jahre«,  8.  88  ff.) 

Ala  der  genannt»'  Aitikel  Knde  Januar  1.  J.  abgosch losten  und  zum 
Drucke  oingesundt  wuiile,  war  das  „Jahrbuch"  von  Divis  und  Neubuuci 
lür  lb*.)7,08  noch  nicht  cm  schienen  und  ich  auf  Da-tjcnbachers  bekannten 
Kalender  und  mein  Ged&chtnia  angewiesen.  Au»  dem  im  Februar  er- 
ffchienenen  «Jahrbuch"  ersah  ich  und  von  den  betreffenden  Stadl-,  be- 
ziehungsweise OrdensTOratehung»!  erhielt  ich  die  lieatätignng,  dass  die 
Gymnas«  11  in  Korneuburg  und  Gablonx  a.  d.  N.  im  laufenden  Schuljahre 
noch  nicht,  da^  Je^uitengyninasium  auf  dem  Freinberge  bei  Linz  nicht 
mehr  bestehen.  Da  die  Correctur  des  Aufssatze^j  von  der  Hedaction  selbst 
l>esorgt  wurde,  konnte  ich  diese  Daten  nicht  mehr  richtigstellen.  Überdit«^ 
haben  .seither  das  Collfi^ium  l'etrinum  in  Li  lahr  und  das  Privatgy mnasium 
in  Mährisch-Obtruu  diu»  ÜtientlKhkeitsrecht  erhalten.  Danach  ist  die  Ta- 
belle auf  S.  U2  folgendermaßen  abzuändern: 

Osterreich  u.  d.  E.  2b  Gymnasien  mit  Offentlichkeitsrecht,  0  ohne  diese«; 
y       o.  d.  E.  6        ,         «  ,  0    n  p 

Böhmen  56        „  ,  ,  2„„ 

Mähren  .  .  .  .    2f)        „  .  „  1    .  . 

Es  gibt  also  derzeit  in  Österreich  195  Gymnamen  mit  dem  üüent- 
lichkeit-! »  chte,  Ji  und  zwar  lauter  geistliche  (Duppnu  und  Mariaschein  in 
Böhmen  und  Kreinsier  in  Mähren)  ohne  die-es  /u  den  combimerten 
Gymna*<ien  (Cilli  und  Trient;  ist  uoi  ii  hinzuzutiigen  das  Gyiuna-iuin  in 
Koloiuea  (polnisch)  mit  seibatandigen  rulheniachen  Parallelcla^^!>cu.  l"iu  dii.-> 
kommende  Schuljahr  sollen,  soweit  es  bis  jetzt  bekannt  geworden.  Gym- 
nasien in  Eorneuburg,  Gablona  und  Lundenburg  xur  ErdShung  gelangen. 

Die  Reihe  der  Unterrichtaminiater  ist  auf  S.  91  mit  Folgendem  su 
erg&nxen:  Hinister  Graf  Bailtet  de  Latour  schied  am  b.  März  lb88  von 
seinem  Posten,  ihm  folgte  Arthur  Graf  Bylandt-Rheidt,  bis  dahin  Ackerbau- 
minister  des  Ministeriums  Gaut.sch.  als  Minister  für  Cultus  und  Unterricht 
des  Ministeriums  Thun.  Unter  den  letzten  drei  Unterrichtsministern  wurde 
ein  nenrr  „Normallehrplan  für  die  Reabchulen"  au^earbeitet,  der  Ende 
April  Ihi^ö  zur  Veriitientlichung  gelangte. 

Marburg,  Ende  Mui  lä'Jb.  Jos.  Hölzer. 


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Literarische  Rundschau 


O&kiiv  Jäger:  Lehrkimst  und  Lehrhandwerk.  Wiesbaden  1Ö97.  H.  iV-^ 
m.  -  6  U.  60  Pf. 

Da«  Werk  zerfallt  in  drei  Theile  nud  einen  Anhang.  Der  L  und 

tler  III.  Theil  behandelt  die  ünterrichtsertheilung  in  den  einzelnen  Gegen- 
stunden au  dr-n  »Jyninasien  Deutschlands  und  zwar  von  Sexta  bis  Unter- 
8etunda.  bezielmngsweise  iu  den  drei  oberen  (^»jiunasialLlassen.  Der  ein- 
;;e8uhobene  II.  Theil  enthält  «Erörterungen  einiger  wichtigeren  pädagogi» 

iichen  üfgrifte" 

Für  uuü  können  hier  natürlich  2unächät  nur  die  nligeweinen  Gesicht»* 
punkte,  von  denen  aus  .die  Lehrknnat"  und  »das  Lehrhandwerk"  beleuchtet 

wird,  von  Interesse  sein,       diiss  wir  aus  jenem  nicht  unbeträchtlichen 

Thrilt'.  wf'lcher  den  .sj»eciellen  l-phrplan  th-r  Schulen  in  Deutsi'hl.md  einer 
Kraik  unterzieht,  nur  das  in  jener  HinsiciiL  Kiniiclilu.s?ige  berücksichtigen 
wollen. 

hi''  auT^eroi il'-tit Hill  wi'rtvnih'.  klare  und  synipailil.srhe  Krörtortnii,»- 
«iblreii  her  wichtjj^ur  ^ädagogis>cher  Fvag»  u  wird  leider  mannigfach  getrübt 
durch  eine  nicht  tmuter  leidetischaftelose  Polemik  gegen  die  neuere  Päda- 
gogik, wobei  mitunter  die  Sache  gar  zu>ehr  außeracht  gelassen,  aber  umso 
erbitterter  gegen  einzeln»'  X u<\viii  der  notieren  Ki' litung  losgesohlairen. 

mitunter  auch  idoL>  ein  reiner  \Vortkanii)t  getührt  wird.-j  So  kommt  e*. 
doss  man  nach  beendigtem  Studium  des  Buchet  die  Überzeugung  von  der 
Siliönheit  und  Hoheit  iles  Ijehrberut'e.s  nicht  ;_'f-.viiuit.  wie  sie  zu  Ht  giiin  des 
Werkes  hervorgehoben  und  .späterhin  de.**  näheren  begründet  int  iS.  818  f.), 
weil  dieser  Beruf  nach  der  Schilderung  des  Verfa-tsers  einem  ilurch  eine 
Menge  von  Einzelheiten  in  der  modernen  Praxis  ganz  und  gar  verleidet 
werden  könnte  Die.s  und  noch  eine  andere  Behauptung,  dass  nrimlith  die 
moderne  i'äUagogik  ein  mehr  auf  Öchein  und  Wortschwall  beruhendes 
vergängliches  Phantom  sei,  so  dass  der  angehende  Lehrer  der  Ansicht  hin« 
neigen  könnte,  es  sei  besser,  die  pädagogischen  Schriften  der  neueren  Zeit 
nicht  zu  lesen,  als  sich  durch  dieselben  ohne  AutoritätxSglauben)  hindurch- 
zuarbeiten und  so  geläuterte  An.ichauungen  über  den  erfolgreichsten  Unter- 
richksbetrieb  zueigen  zu  machen.  >ii-\\t  die  Erreichung  des  ursprünglichen 
Zweckes  dieser  „Sem  i  na  rvnrträi,'»'"  recht  in  Frage,  da  so  ninnchfi- junge 
Lehrer  dieses  Buch  mit  der  falschen  Beruhigung  aus  der  Hand  le^en  dürtte, 
die  eigene  Individualität,  auf  die  nicht  selten  viel  gesQndifft  wird,  sei  ein 
besserer  FQhrer  als  eindringliches  Studium.^)  Diese  Qefi^r  scheint  mir 

')  Wenn  je.  R  Sjinnn  in  Haun)<  ii«(en*  IIuixUmk-Ii  i1>t  Kr/.i<  |iiings-  tirnJ  Unlerrichtslt'hro 
für  hi>h'  i<'  h  il.  11  Ih  •  1.  a  id  Maiii<-iiititik,  S.  :!ti  «a^t :  .,Ii«  r  I^'hi»  r  nni.'«s,  f\w  er  «Ii«? 
Chi*-»'  ij<  tiitr.  K*'uuii  wi.>.!..  n,  wvUb**  truRe  **r  woJcLcm  .Schttler  iünt  MinuU;i)  vor  SchluM 
v.>rl<  i;t.  nur  «Innn  bat  pr  jen«*  (larDberstohcnde  .Sicbi^rbeit,  di<>  dem  Lehrer  und  Leiter  der 

Cla»'^'-  >;''/i«'iiit."" 

'i  <i-  h<'  /..  B,  den  AbMbnJtt  ..Sohnl«-  im«l  Klt>  riihniiM'"    S.  .T»tl  ff.  ii.  k.i. 

»I  235:  „Der  Lebrer  nuil  di««  und  da»  tbun,  «In  wb  jedi>r  jedes  nur  m>  obne« 
weiietK  Auf  glHcbe  und  auf  riehtiiie  Alt  msebeii  kOnnt«»,  als  ob,  votnusgeteUt,  daH  er  nur 
die  fbr  Ihn  xareehtKemaebie  rpchte  Methode  halie,  Monvr  r^cbrer.  eine  neue  AiMfabe  des 
i*»r*rt/MViivdcr9toii«cb«*ii  sfchMl**.  n»is  den  Scbttlrrn  und  mit  d«»n  f*chOlprn  all«»»  machen  könne, 
ChanikttT.  IiirlivjiluulilUt.  «e  -iiiniun;.  ratrintisiimt-  >n-li  ^'(•wi>>«'rniati»'ii  xüflilr-n 

S.  l»r.';  ,,1.»  ifi  « iu»'  >>< mah"  unvciscliamt  zu  iu-iiiien<li-  rürderung  ik's  päiljigugi»ch(.*u 
l'hari^iii^iniiK,  tvt  verlangen,  tinvn  jv<le  Stunde,  auch  jede  Oescbicbtratnnde  ein  «Kunatwerk* 
Win  jkjU»'," 


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Literariacbe  Uundaduku. 


239 


aber  uugleich  gröber  zu  sein,  al-s  dass  die  Individualität  des  Lehrers,  deren 
Bethätigung  ein  erfolgreicher  Unterricht  f^ewiss  nicht  entrathen  kann^ 
durch  unvernünftijrf'  und  von  leitender  .Stelle  auch  gar  nicht  heabsichtigte 
kleinliche  und  pedantische  Einschriinkung  zum  Nachtbeile  der  Unterrichts- 
freade und  des  UnterrichtnerfolgeB  eine  bedaueriMweite  Embaße  erlitte. 

Gewiss  könnte  man  manchen  Krlass  entbehreiif  sieharHclt  erscheint 
manche  Directorialwei*»nnff  allzustren^,  -aber  ebenso  gewiss  winl  d»'r  an- 
gehende Lehrer  —  zuiual  bei  (»einer  jetzigen  pädagogischen  Vorbildung  — 
einer  kurzgefassten,  fiber  alle  wichtigen  Punkte  des  Unterrichtet  und  der 
Krziehung  orientierenden  Hodegetik  mehr  Dank  wisisen  alx  einem  Buche, 
d.is  ihm  das  im  Laienpublicuni  vielfach  verbreitete  Urtheii  zu  bestätigen 
.scheint,  unser  höherer  Unterricht  weise  soviel  Mängel  auf,  unsere  neuere 
Pädagogik  versteige  sich  %n  so  absurden  iMnirt  n.  dass  e.s  da.s  Beste  sei,  in 
dt-r  Praxis  d»'n  Kinpebiint,'en  der  ei^jenen  Individualität  zu  feieren,  in  (h'e 
Theorie  aber  gar  nicht  erst  einzudrinj^en  zu  versuchen,  sondern  sich  ihr 
;^egenüber  als  einem  heillosen,  unentwirrbaren  Wimale  kflhl  nnd  tbeil- 
nahmslos  zu  verhalten.  Ja,  er  wird  zum  Schlüsse  nicht  wis-sen.  ist  er  ein 
.lün^'er  jener  hohen  Kunst,  der  die  Wissenschaft  aller  W'issensv'haften, 
die  i'iiilosojjhie  als  d.is  Streben  nacli  Wahrheit  auf  Schritt  und  i'ritt  treu 
helfend  und  berathend.  tiihrcnd  und  leitend  zur  Seite  steht,  oder  bloli  ein 
gewöhnlicher  ^Hand  werker",  ein  i Schul- 1 Meister,  der  es  mit  nichts  Edlerem 
zu  thun  hat.  als  mit  ^nächüler-;Alateriar,  das  nicht  nur  wie  ein  anderer 
Stoff  sprOde  und  unbieijsam  ist,  sondern  anch  ganz  besondere  «Arbeit" 
erfordert  ob  seiner  heftigsten  Widerstandskraft,  der  Dummheit  (s.  S.  146). 

Das  ein.seiti^e  nnd  daher  verfehlte  Hauptstreben  des  Vertassers  geht 
dahin,  zu  zeigen,  diUM  die  sogenannte  «alte  Methode''  wohl  schon  alles  ge* 
kannt  und  beachtet  habe,  was  die  ^didaktischen  Weltweisen"  der  Jeütieit 
als  Krniniienschiiften  der  neueren  Päd.iL,'(iM-j)<  t'eiern.  dass  sie  sich  aber  nur 
ferngehalten  habe  von  so  hochtrabenden  Öchia^woi  tern  und  von  so  stolzer, 
ttbernebender  Eedeweise  wie  die  moderne  Pädagogik.  Dieser  mitunter  ge- 
radezu höhnische  Ton.  in  wrlr'nem  die  gegenwärtigen  Bestrebongen  herab- 
gespt/.t  werden.')  berührt  selitst  dort  unangenehm,  wo  man  in  sachlicher 
Beziehung  keine  Veranlassung  hat  zu  widersprechen.  So  ist  der  Verfas.ser 
gewiss  mit  Recht  ein  Gegner  pedantischen  Scheroatisierens  (s.  S.  16* 
b9,  1*28),  eines  Canons  der  auswendig  /.u  lernenden  Gedichte  (S.  83!, 
einer  Verballhornung  der  (.»edichte  durch  Text-  oder  Interpunctions— 
änderungen  (S.  128),-')  zu  eingehender   Biographien.  Inhaltsan- 

äaben.  Dispositionen  i.lJispositionsiuikrolftj/ie"!)  und  Erkläruniren. ') 
ie  genulezu  bis  zur  Lächerlichkeit  führen  krmnen.*)  er  betont  mit  Hecht 
den  Wert  der  Anleitung  zu  selbständiger  Arbeit,  die  von  dem< 
ächOler  ffuhanse  geleistet  werden  mnss  {S.  80  f.,  150,  178),  ohne  dass  bie- 
bei  die  überbürdungsfrage  aufgerollt  werden  dürfe,^j  er  befürwortet 
die  nicht  gjir  so  nutzlose  .Arbeit  mit  dem  Wcirterbuehe'"')  und  verwirft 
damit  den  (Gebrauch  gedruckter  Präparationeu ,  er  warnt  vor  peinlich 
ins  Detail  gehender  Vorbereitung  des  Lehrers  für  die  einzelnen 


')  S.  "250  (öhor  «li<-  Piiik- Istnif«'/ :  .,I>if  Thfori«.'  wird  <  s  wohl  im  allg»>nii-in('n  n<K'h  .in« 
malivuller  Wei»*»'  /ulu^si  n  -i.  winl  in  ilin-r  nioUt-n  Weise  «'iwa  «  ine  The»«;  aufst<'lii-n.  ,Eb- 
ist  xutä.o<«iK,  <Ia>^!4  Im-I  gri)li<T  l'iwrt  ein  KuiirsUtckcben  von  bOchatenii  O'Bem  Dicke  mit  dem 
RQcken  «l<-s  Schülers  ra»rh  in  so  nahe  Berßbrung  gebntcbt  wird,  das«  ein  itarkes,  über  nscli 
TorQberK*'bcnde8  rnluat|t(*fQbl  erviifft  wird.'" 

aiich  8.  Mti  Ober  die  wiltkBrlichen  Ob«r«ehrirten  ni  den  HoriKiscben  Oedieht^n ! 
')  S.  174:  „Mnn  muw  bei  der  liiTtüre  nirbl  allos  >{l''i<'l>»"Hüii,'  «•rklttr»'n  woll.  ii :" 
•)  8.  127:  .  .  .  „es  war  ein  groOor  PUdagoj;,  ih  r       .Schillers  Kraiiicheu  t-f»  nicht  lassen 
konnte,  an  dem 

I'ntl  in  rti-<'i<hiii^  Kit'litfiiliiiin 
Tiiil  »1  iiiit  tiiiiiiiii'  iii  Si  IkhiiI'  i  "  in 
«lic  ll<'ni<-rkun^^  /ii  niachci).  ila>-- ili<'>*'r  l- U'hi>  in  W'alii  li'  it  iiiiil  h<'Ut''  nur  aii'*  >'iii 

kttninicrlichen  l-  irht«'n  he!«i.  ||.- :  «lafiii  war  «t  ja  «••jli.  i  dort  k.""W<'H»  n." 

^:  s.  _N :  „Was  die  UaiuMufgaben  bvtriflt,  ao  wird  davwu  vieKacb  in  einer  Weise 
t;*'r<-<l>  ( ,  n\y  oh  unsere  Sexten  aus  lauter  schwindsikditigen  nnd  nervenkranken  Knaben 
bestünden." 

*)  S.  140:  „Wer  Wissenschaft  erringen  will,  (»egelxrt  ein  köstliches  Ding,  das  wie  alle» 
Wertvolle  auf  dieser  Weil  nicht  umsonst  an  haWn  ist,  sondern  unter  and«rem  auch  tinige 
pbysisdie  Unbequemlichkeiten,  schwere  BBcher  tragen,  UeruBsklettem  in  Bibtlotbeken  u.  s.  w. 
und  so  auch  dieses  Lexikonwalzen  fUr  den  Tertianer  mit  sich  bringen  kann." 


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240 


Literarische  Kiiiidt»chau. 


Unterrichtsstunden^)  und  beleuchtet  d^n  wahren  Wert  der  im  voraus 
detailliert  au.sgeurbeiteten  ^Lehrproben"  («Sellistbe^iH.  -t  lun^sliterntw"! 
iS.  106.  103'.  öchlieblich  fordert  er  ein  woitrre^  Fehl  tin  dip  Entfaltung 
der  Individualität  den  Lehrers,-;  das  niciit  durch  au  /ahlreiche  Be- 
stiintnunp^en  und  Erlftne  in  unertriij^lieher  und  unersprießlicher  Weise 
eingeengt  werden  sollte,  wobei  er  sieh  allerdinj?«  insofern  wider-prioht. 
al-<  f'r  die  einzige  Möglichkeit,  welche  ."«olche  Knunci»tion«^n  fih  oin^n 
tu  inen  Vorjfang  bieten,  indem  die  dort  aufgestellten  Korderungvii  h,tntig 
durch  ein  „gelegentlich'',  «in  der  Regel",  , möglichst",  „oder"  u.  s  w.  ate 
nicht  ganz  .stricto  lie/.eichnet  werden,  mit  .<charfem  Spotte  bekämpft. 

Zu  weit  geht  der  Verfasser,  wenn  er  pede  Vorprüparatiuu,  ^die 
jüngste  Ausgeburt  didaktiflcher  überweisheit**,  verwirft  (8.  91,  4021.  Denn 
sowie  eine  zu  eingehende  Vorpräparation.  wozu  die  ünterricht.satunde  a>>er 
auch  nirht  au8lanj,'en  dnrt'to,  den  Schüh  r  ?»''quem  und  un'.plb>t.indig  nuicht. 
ebenso  gewiss  vernujg  eine  Vorpräparation  im  richtig**n  Ausmaße  dem 
guten  Schttler  die  Freude  an  der  Muslicfaen  Vorbereitung  zu  erhöhen,  den 
»  Ii  wachen  Schttler  aber  geradesu  vom  Gebrauche  unerlaubter  Hilfsmittel 
n>  »zuhalten. 

Die  geschmähte  Privatlecifire  soll  sich  allerdings  nur  in  mäßigen 
Grenzen  iMwegen.  nie  darf  8ie  dem  Schüler  einen  berechti^n  Grund  zur 

Klugf*  übf»r  t  hfrliürdnng  bieten,  '.indcr-eit-j  aber  wird  sie  gewiv«  dem 
geweckten  Schüler  einen  Ertiatz  bieten  für  den  Verlust,  den  er  durch 
langsameres  Fortschreiten  in  der  SchuUectttre.  geboten  durch  die  Rflck- 
sichtnahmo  auf  die  minder  beanlagten  Schüler,  nothwendigerweiwe  beim 
Mjissenunterrichte  erleiden  muast.  Sie  bietet,  in  solcher  Weise  mit  geschickter 
Uand  geleitet,  gerade  Gelegenheit /.iir  individuellen  Uehandlung  der 
Schfiler.  die  der  Verfasser  allerdings  beim  Ma^senunterrichte  für  ganz 
au«ijf'-<  lilu-sLMi  liält.-'i  die  Ol  al'fr  mi^t'\vn->t  ilnch  in  einem  gewissen  Grade 
zugibt,  sowohl  dort,  wo  er  über  die  deutschen  Arbeiten,^)  als  auch  dort, 
wo  er  Aber  die  Art  und  das  Maß  der  «weise  geregelten  häuslichen  Lectüre** 
spricht  (S.  804),  und  in  gewisser  Üeziehung  ger.idrzu  fordert.-') 

in  gleic  h  zweideutiger  Wei«e  s]>richt  d»n-  V-  i  tit-s.M  über  da.««  Si  hl:tg- 
wort  ^Conccntration  des  Tu tci  rieh t ch".  wenn  er  einmal  behau}>iet, 
nicht  der  Unterricht  in  der  deutschen  Sprache,  sondern  der  Schüler  müsse 
im  Mittelpunkte  dfs  T'nterrichtes  stehen,  anderseits  aber  an  vicK  n  St- llen 
äich  bemüht,  zu  zeigen,  wie  weit  eine  solche  Ck>ucetttration  mit  Hückäicht 
auf  die  einzelnen  Disciplinen  darchfiBhrbnr  sei. 

Auch  bezüglich  der  statarischen  und  cursorischen  Lectüre  be- 
steht meines  Krachtens  kein  wepentlichor  T'nter>*  liied  zwischen  der  Anwirbt 
dci  Verfassers  und  der  der  gegen wiirt igen  Neuerer;  stellen  doch  beide  hie- 


■i  S.  BO:  „Moltko  hnt  fOr  den  Kii«'^  mit  Hoh'ucbtrndpiu  Kecht  darauf  hingeiHetea, 

dn«^'  d«'r  ,Kri*'«!'plim*  nur  <  in  (.'mUci«  Voililiifi««''«  iiitlit  all«',  ja  niclit  viflp  EinzellRMten 
itu  voraus  fixi<Ti>ii  k'Uiiic  »md  /war  aus  d«'in  «'iiifiu  iumi  (iruiidc,  »<  il  d<  r  F<  iiid  auch  handle, 
vielleicht  aufh  ••in' n  ri.m  Imho:   so  i<<t  ex  auch  hi'  i 

8,  :!'.•:  ,.I><'iii  witkli  lu  ll  Li'lin-r.  zu  di'sx-u  U'irktuiikfit  «Imt  K'di'Tt.  ila*«  jjtit  vor- 
liff-ilrt,  Htf\<*  »achlieh  um  ^•■rri>i«t  i^t,  kumincn  iu  dor  Stunde  M-ll>>t  die  l»f>l«-n  <o-daiik'n. 
I»>'nn  «T  IM  hier,  »obald  lt  til'vr  dif  Öchwicrigkfitvn  und  AntP^Uichkeiicii  diT  Aufüiip-  hiuaii» 
i>t.  in  drr  allerproductlTaten  StlmtniitiK  etuer  productivcren  ala  xamviftt  auf  avlnem  Studkr» 
nmnuT." 

*)  M«  ho  Anni<-rkung  ;i;  S.  Hlö:  ..Ih-r  I>'luvr  di'*  I'culsolu-n  in  l'rinui  uiu««  oder  *oIlt*» 
9vln^  vigvuv  Art,  seinen  eigenen  liei»!,  »eine  ei^^ue  IndividiuilitiU  liabeu  und  niii»!i  sie 
geltend  machen  dürfen." 

*)  S.  8ü2:  „Vflr  mSMen  hier  «Idkrum  mit  einer  hoffmigen  lM>ra<K>  neiutviüieher 
FSdaROgilt  abrccbneD,  welche  von  Lehrer  Individuelle  Befaandltin^  di  r  Sch&ler,  Be- 
rOck«*i('htijjiinK  d«  r  Individuulit.'it.  v<  ilan«t  und  darin  naii'irlich  alU-  in  ihr«-  Kind«T  und  dewn 
IndividiKll»'  I  naitcn  v<  rli<  l>t<>ji  ICItorn,  kein«;  ganz  ^:<  rini.'»'  Zahl,  r.\\  Iiiiniic»g<-no««en  hat." 

'1  >.  l'i'J:  .,y.H  j^ihi  «.iih  im  d*•u^^<ll»■n  Aufsatz  hüufiK  t-in  Stück  vi»n  individu»'ll<»ni 
Ia-Im  ii  dt.'s  SrhUit  n».  von  individu»litüt,  sehr  »«.Ih  n  Originalität,  und  dainul  mu»i»  der  L<-hrvr 
uin^o  iH'^i.  riuvr  actii>-n,  ala  dem  Schuluatcnriclit  faat  naturgemüS  elno  gewlaae  Kleicbinachende 
T<-nd<  riz  inin'wohnt  " 

V  >.  •)  Maßt  dor  \'<Tfa«»'  r  hin>>iohtli('h  di  «  Au^r^^f<•n^  d4T  Sohrd<'r:  ..Nicht  du  —  du — 
du.  dtT  !  «ils;i'n<l<-.  d'T  K<>l;;«-iul'' ;  «Ii'-  iauic  N*-nnun^  d<-!t  Nnni<-nH  ütit  vim-  rlfktri^ii'n-nde 
Wirkulli;  aid  die  Kr\»ai-li«''n<-n,  k;f»rh»<  i^i-  auf  n<Miiij;ilirt^;'-  Kindfr:  sii-  tQld>-n  sich,  idiilo- 
tMuphiiHÜ  au!«K<-drarkt,  hiv  frKn>ifi«n  Mcb  damit  in  ibr«*r  Indiridualitttt,  und  dieser  Segritf  der 
Individualität,  den  wir  nur  nicht  Qberti«ilH-n  dürfen,  i»t  fOr  den  lehrenden  Enrieher  acbon 
bii>r,  ja  hier  >iei  den  Eieatanem  gana  liesonden,  heaehtenaweri." 


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Literarische  Rundschau. 


241 


lür  aU  obeiüteu  Grundsatz  auf:  CursoiiHch.  wenn  möglich,  statariach,  wenn 
nQthig! 

Da^'scllte  gilt  vom  Turnen  und  von  den  .Tu  ;^'f' ii  dsyii  f;  1  e  n  ,  wenn 
umu  von  den  Übertreibungen  einzelner,  für  welche  doch  die  vernünliige 
Mebrbeit  nieht  Terantwortlich  greraacht  werden  kann,  absieht.  Allerdings 
«cheint  mir  d»  r  Yerfa^er  gerade  auf  diesem  Gebiete  nicht  oehr  orientiert 
zu  sein  (rt.  S.  276  ff  .  vgl.  S.  40).  

Der  ironisch-sarkastische  Ton,  d^r  vieltach  angeschhigen  wird,  verräth 
eine  große  Erbitterung  gegen  das  gegenwärtige  f^hulwesen,  «die  Secbs- 
interes-f-nfheone"  und  „den  pädacojj^ischen  Pharisaismus",  und  dessen  Ver- 
treter und  Träger,  sowohl  gegen  die  ^ullwi.ssenden  oder  alles- besser- wissen- 
den" Directoren  und  gegen  die  mit  verschiedenen,  nicht  geradezu  schmeichel- 
haften Attributen  bedachten  Schulräthe,  Geheimen  >ehulr!ithe  und  wirk- 
lichen Geheiiin'ii  Sc-luiliilthf ,  als  auch  gepfn  <lie  Universität.sprnfoä^Koren 
(S.  304)  und  gegen  die  mit  „Khinoceroshaut"  bekleideten  „modernen  Scribler", 
wie  man  die«  in  einem  znn&cbst  doch  für  Lehramtscandidaten  bestimmten 
Buche  nicht  ei'warten  wurde.  Daher  ist  der  (te.sammteindruck  des  Werkes, 
wiownhl  V9  im  einzelnen  des  Wertvollen  genug  enthält,  der  einer  Tendonz- 
schril  t,  j<egt'n  IVi  thes  ^S.  24  f.,  Iä2)  und  andere,  die  voll  SelbsttiuHchungen, 
Kün.stelei  und  Aufgeblasenheit  als  Adepten  und  Propheten,  mitunter  auch 
als  falsche,  trotz  Wissenschafts-  und  ^V^  Itverbes  rnn-^skleid  nichts  anderes 
sind  als  .ordinäre  reber,  Ordens-,  Titel-,  Geld-  und  Stellungsjätfer" 
(S.  260). 

Aussig.    Dr.  G.  HevffeL 

Dr.  J.  Kubik:  Realerklärung  und  Anschauungsunterrielit  bei  der 
Leetflre  des  Tacitus.  iiölder.  Wien  1897. 

Zweck  der  vorliegenden,  mit  großem  Fleiße  durchgeführten  Abband* 
lung  ist,  die  Realien  und  Anschauungsmittel,  insoweit  sie  fifr  die  geiesenaten 

Partien  des  Tacitus^)  zu  verwerten  wilrnn  --n  ;,ni;tn"'n/nstellen.  Die  An* 
Ordnung  des  Materiales  richtet  sich  nach  toigenUen  Gesichtspunkten:  Topo- 
graphisches, Kriegswesen.  öflFentlicbes  l^ben,  Privatleben,  Sacrales,  dffent- 
liehe  Spiele,  Portraits.  Wo  sich  Gelegenheit  bietet,  auf  Stellen  früher  ge- 
lesener Autoren  7nrückzn<;reifpn.  ver.siiumt  sie  K.  nicht;  insbe«?ond(»re  wird 
Cicero  berücksichtigt,  für  desssen  Lectürc  K  schon  dieselbe  Aufgabe  trefflich 
gelöst  hat.  Wer  da  weiß,  wie  schwer  ein  Gymnasialiehrcr  einer  Provinz- 
-tailt  literarische  Behelfe  sich  zu  vei  s»  liaffiu  vermag,  wird  der  K.'schen 
Arbeit  umso  größere  Anerkennung  zoUen  müssen.  Der  Verfasser  be- 
herrscht vollkommen  das  einschlägige  Material  und  hat  es  mit  außer- 
ordentlicher  Akril)ie  an  rechter  Stelle  verwendet.  Wir  woll<  n  ihm  daraus 
keinen  Vorwurf  nuK  lit^n  .  da.-'S  *m-  manchnml  '»ogar  niphr  «rfhott  n.  al>;  für 
die  bcbule  nöthig  sein  dürfte,  sondern  denken,  ilass  der  pädagogische  Takt 
des  Lehrers  aus  der  reichen  Ffille  des  Gebotenen  zu  wählen  wissen  wird. 
So  \verd»'n  vielleicht  inanchf  Hinweise  auf  Sueton.  S(ral)0  und  andere  nii  lit 
in  der  .>chule  gelesenen  Autoren  dnn  i^chülern  vorenthalten  werden  können. 
Da.«.«»  K.  aurh  die  Inschriften  »ui  passender  Stelle  und  in  maßvoller  Weise 
verwertete,  mU8ste  umso  lebhafteren  Beifall  beim  Referenten  erwecken, 
als  er  «elbfit  ffir  di*^  K|ii<^ra]'bik  al-^  Hilfsmittel  llc•^  «•]a.'<-isfht'n  CntPi ricnte.H 
einzutreten  versuchte  in  seinem  Autsatze  „Epigraphik  im  Dienste  des  Gyni- 
nasialnnterrichtes"  (Zeitschr.  f.  6.  G.,  1»97,  Heft  12).  Vielleicht  hätte  es 
sich  empfohlen,  au8nahm.'9los  den  herangezogenen  Inschriften  eine  kurz«; 
Notiz  über  d^n  Fundort  und  Inhalt  beizufügen,  .lenen  Collegen,  die  -ich 
nicht  mit  Epigraph) k  befassen  oder  denen  die  entsprechenden  epi|i^iaiihi- 
schen  Behelfe  nicht  leicht  zugänglich  sind,  wäre  ein  solcher  Zusatz  sicherlich 
willkomninn.  ^^^vt^r^M^tI^„'  fTir  derartige  Notizen  w"u<'  «lic  kurz»-  Inh;ilt-^- 
angabe  des  monumentum  Ancvranum  i>S.  12).  Als  einen  weiteren  Vorzug 
der  K.Vben  Arbeit  hebe  ich  herror,  dass  er  fQr  die  leichtere  Krfiusung 
antiker  Verhältnisse  bisweilen  den  Pinsel  in  den  Farbentopf  der  Gegen- 

n  Annnl.  I,  II,  III.  IV,  V,  XIV,  \V;  HIst.  I,  in,  1-.^,  IV,  12-37,  51-79,  85  u.  8*.;. 
V.  14.  26. 

..OsUrr.  Mitu^Uchiil«".  XII.  Jabrg.  ]Q 


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«  « 


242  Literarische  BoDdachnu. 

wart  taucht  (vgl,  S.  20,  38,  37,  öl).  Allerdings  bezweifle  ich.  daas  durch 
die  Anmerktttiiir  1  &•  17:  »Die  antike  Tuba  glich  im  Tone  mehr  dem  ftrin« 
Hdien  Signalhornt^  der  deutschen  Armee"  einem  firterreschiaehen  Gymnasial* 
scbfiler  besondere  AutklÄrung  luthcil  wird. 

Ks  Arbeit,  deren  Abscnln«  eine  sehr  praktisch  ansjelc^te  Übersicht 
der  besproehenen  Localitäten  und  Realien  bildet,  können  wir  jedem  Col- 
li ^rm  iinfs  wiir^n-fr»  empfohlen  Wir  sprechen  schon  heute  die  Cberzen- 
guu>;  äUH,  dass  auch  die  tur  Horaz  in  AuMicht  gestellte  Arbeit  mit  Freude 
b(^r&ßt  werden  wird. 

L.  Mayr:  X'/v.t«)/  r.'Vi.:'.  Die  Stadt  der  Grazien.  Griechiseh  mitdeatscher 

Cbersetziin;^'.   lira/.,  «'ie.shir,  lö97. 

Ein  Loblied  auf  da»  reizende  Grax  in  —  hüiueriAcber  Spraebel  Doch 
nicht  nur  Brosamm  vom  reichen  Mahle  Homers,  auch  eigene  echt  poetische 
Gedanken  widmet  M.  der  Verherrlichung  der  .Murstadt.  B<'wuriderun?<- 
wnrdif?  ist  das  Geschick,  mit  dem  M.  die  neuesten  Culturerzcugnisse  in 
ein  antikes  Gewand  zu  hQllen  versteht  Man  lese  die  famosen  Verse  über 
das  Badfabren: 

fji  t>a'jjJ.a3tov  9r.A,pi'.  anhov:  z•.'^r^ft^^^• 

Wie  treffend  preist  M.  die  Wohlthat  des  Telephons  mit  den  Worten: 

Gans  im  homeriaehen  ueiste  ist  die  bekannte  [jurlochaffaire  gehalten. 
Jono  siehen  Männer  werden  von  der  listigen  Kirke  acht  anj^.stvril !>>  Tilge 
und  dächte  iu  der  Uühle  zurückbehalten,  denn  .bütien  sollt  ihr  den  frevel, 
hier  schmachtend  im  Dunkel  der  Gtotte".  Dann  enisehwaiid  Kirke,  oj>yt{ 
«u;  avonoe.a  oünT'xto.  ^rado  SO  wie  Athene  sieh  den  Blicken  Telemachs 
entzieht.  Tnd  erst  Evarr^  rfdvYj  poSodd»t>>Xo«  -ij»«,  entließ  sie  die  Wdnen* 
den,  toi     sx,'.f.uYov  ainüv  oAsO-pov. 

Auch  köstlicher  Hnraor  würzt  Mayra  Dichtung.  Im  alten  Laadhanse 
6      Y****!?        L'ntergeschoße)  ist  ein  berühmter  Weinkeller: 
Toö  0£  -tov  nükXtk  Mal  anf»  xoYjOT)tvov  T/.'i'^v 
avopsc  x:xiiY|töTtf  o  Y^P  J^^''-*»  'ivoj^t  äs^sf 
ico'/./.o'j^  '5''  si'x'.TO':  -,'5  lÄfii  ^ptvaj  4^A,')iKv  «(vo{ 

Ein  Meiäterütiick  der  humoristischen  Ader  ist  die  Kun^t,  mit  der  Muyr 
sogar  die  frischesten  Leberwfirste  in  eine  altclassische  Haat  steckt  und 
geradein  appetitlich  dem  Leser  vor-etzt: 

fjin/.c'.'x  y.v'TYj-  ts  x'xl  y^tt'/to;  y^o:  y'^'«'****** 

Doch  genug  der  IVoben!  Referent  hat  Mayrs  Dichtung  mit  umso 
größerem  Vergnügen  gelesen,  als  er  sich  bei  dieser  Lectfire  an  die  ihm 

unvergessliche  Zeit  seiner  Lehrthätigkeit  in  Graz  von  neuem  lebhaft  erinnerte. 
Doch  wird  jedem  Philologen  diesen  moderne  Zeitgemälde  Freude  bereiten, 
denn  der  Maler  ist  zum  alten  Homer  in  die  ^^chule  gegangen  und  „Home- 
ride TO  sein,  wenn  auch  als  letzter,  ist  schön". 

Dr.  (i.  Kri(graeber:  Elemente  der  historischen  Laut-  und  Formen- 
lehre des  Französischen.  Guertner,  Berlin  löi^f). 

Die  Schüler  hören  zwar  wohl  öfters,  dasH  die  franaüsijiche  Sprache 
eine  Tochter  der  lateinischen  sei,  allein  der  Beweis  hiefur  wird  ihnen 
selten  und  in  sehr  verdOnnter  Form  erbracht   Wenn  nur  ein  Mangel  an 


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Literariache  Hniulaeliaa. 


243 


einem  praktUcbea  Büchlein,  welches  die  für  diesen  Beweis  nöthigen  Be- 
lege geflammeU  enth&lt,  manchen  Lehrer  abhält,  diese  Pflicht"  ta  erffttlen» 
so  greife  er  zu  Erzgraebers  Büchlein.  Es  wird  ihm  ein  so  reiches  Material 
liefern,  dass  er  es  nicht  volUtändig  beim  Schul nnterriehte  wird  vprwerten 
können;  vielmehr  wird  er  eine  weise  Auswabi  tieüeo  müssen.  Allein 
umso  wflnecbenswerter  wftre  es,  da«  anch  wirklich  von  der  mit  großem 
Fleiße  nnd  im  Sinno  dor  ihm:i  t  -n  Forschnnn-pn  vorlassten  Arbeit  beim 
t'ranacösiscben  Schulunterrichte  Gt:brauch  gemacht  werde.  —  S.  36  fiel  mir 
der  Acmdrock  auf:  „die  satsnnbetonten  Personalpronomina"  fUr  den  gcläuß« 
geren  „die  tmverbnndenen  Pei*sonalpronomina"  (I*!^*  P>  absolus).  Druck  und 
Aii^><tattiinp  sind  tudellos.  r>n^  Bru  hlt^'in  sei  den  am  Gymnasium  Französisch 
unterrichtenden  Col legen  ab  willkommener  Unterrichtsbebelf  empfohlen. 

Dr,  E.  Koschwitis,  Professor  an  der  Universität  Marburg:  Anleitung 
zum  Studium  der  französischen  Philologie  fOr  Studierende, 
Lehrer  und  Lehrerinnen.  Elwert'scher  Verlag,  Marburg  18^7. 

Wer  dch  dem  Stndinm  der  frantOsischen  Sprache  widmet,  um  die 

LehrbefJihigung  in  diesem  Gegenstande  sei  es  als  Haupt-,  sei  es  als  Neben- 
fach zu  erlangen,  wird  an  dem  Btirhf»  von  K.  einen  höchst  willkommenen 
und  sehr  zufälligen  Führer  finiien.  Sobald  der  Jünger  der  luuüernen  Phi- 
lologie diese  Anleitung  sorgfältig  durcbgelt^Hen  nnd  sich  im  wesentlichen 
eingcprä'^t  hat,  kann  er  wähmid  (ier  Universität'^^tnrlif'ji  nn»I  auch  währ«'nd 
seiner  spätereu  Lehrthätigkeit  nicht  einen  Augenblick  im  Zweifel  sein, 
welchen  Weg  seine  fransOrisehen  Stndteii  ejnsascblagen  haben. 

Die  Disposition  des  K.'schen  Buches  ist  durch  die  Natar  der  fran- 
zösischen  Sprache  al'^  oiner  Ipbenden  tregeben.  Ihr  Studium  muss  im  Gppen- 
satze  zu  einer  aitciius.-^ischeu  S^)rache  nicht  nur  auf  einer  wiiwenschaftlichen, 
sondern  anch  auf  einer  praktischen  Basis  aufgebaut  sein.  Daher  widmet 
K.  im  »M'sten  Abschnitte  8.3  -771  (Mntjjplunub'  Ii'-tr  ir  btuiigen  dem  i>vakti- 
dchen.  im  zweiten  i'heile  78  —  13:5)  dem  wissenschiiftiichen  Studium  des 
Französischen;  der  Anhang  enthält  besonders  Belehrungen  für  diejenigen, 
welche  Französisch  als  Nebenfach  wählen  wollen. 

Da^  ]n aktische  Studium  vnxi^s  zunächst  inten-^iv  im  Inlande  boti  ieben 
wertien,  um  mit  entsprechendem  geistigen  Rüstzeuge  eine  Studienreise 
nach  dem  Ausland«  antreten  nnd  ▼ollanf  ansnHtsen  sn  können.  Mit  Recht 
fordert  K..  d.iss  bpi  VeilRihunj»  von  Ueisostipendien  die  in  iler  Kleinstadt 
wirkenden  liehrer  die  erste  Berücksichtigung  linden  sollen,  halten  ja  doch 
die  in  der  Großstadt  angestellten  Collegen  eher  Geles?enheit,  ao'^av  mit 
Nationalfranzosen  zu  verkehren. 

I)iLs.s  K.  in  (lif  Hnsprcchung  eine«  Aufenthalte.-;  in  Paris  auch  Be- 
lehrung**n  über  Sitten  und  Gebräuche  der  französischen  Gesellschaft  ein- 
streut (S.  56),  kann  manchem  eine  Verlegenheit  ersparen.  Sein  Urtheil 
über  di»'  französische  Gesellschaft  vertheilt  in  unparteiischer  Weise  Licht 
und  Schatten.  Unter  den  zu  bn>;iichenden  Theatern  wird  aufs  Odeontheater 
verwieRcn.  weil  hier  ,dem  ueufranzösischen  und  dem  ainländischen  Drama 
Berücksichtigung  zutheil  wird  und  den  Vorttellnngen  vom  -  i  Ii  verständigen 
gehaltene  Fjnh'itunijen  und  Krläuteinniren  voranfxeht'n".  Nicht  nur  für 
die  Studierenden,  sondern  für  jeden  modernen  Philologen  bietet  sich  eine 
bequeme  Gelegenheit,  im  schriftlichen  Gebrauche  des  FranzjJsiscTfen  sich 
zu  vervollkommnen  mit  Hilfe  des  Lombard'schen  Bureau  de  correspondance 
internationah».  Gegen  einen  Jahresbeitrag  von  9  fr.  wird  n»an  Mitglied 
und  Kann  mit  den  anderen  Bundesgenossen  nach  Wahl  in  brieflichen  Ver- 
kehr treten.  Anmeldungen  nimmt  Dr.  E.  Lombard,  Paris,  me  Denfert- 
Rochereau  77.  enti^errnn 

Der  sweite,  wichtigste  Theii  des  Buches  entwirft  einen  sehr  aus- 
führlichen Studienplan  nnd  stellt  in  sehr  praktischer  Weise  die  empfehlens- 
wertesten  literarischen  Bebelfe  zusammen.  Wohl  wird  ein  Prüfungacandidat 
nicht  allen  Anfbrdernni»en  nachkommen  können,  die  K.  in  diesem  Theile 
seines  vortreft  liehen  Buches  aufstellt,  aber  er  wird  unter  K.8  Führung  im 
Labyrinthe  der  französischen  Literatur  sich  zurechtfinden.  Denn  K.  ericmcbtei 
alle  Winkel  derselben  mit  der  hellen  Fackel  seiner  Gelehrsamkeit  Mancher 

16* 

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244 


Literarüche  Rundacbau, 


Jünger  der  cLiÄsischen  Philolo^^ie  dürfte  euch  nach  einer  so  >feiliegeiien  An- 
leitung? .sehnen. 

I>a  das  K.'si.'h»'  Ruch  rrinviss  Ijald  eine  iieui'  Auflage  erleben  wird, 
möchte  ich  die  DrucklVlilcr.  die  mir  aufutieben.  erwähnen.  Es  «oll  lauten 
S.  26:  „Sarcey",  S.  5.'>:  „Seiuegestaden";  einige  Zeilen  tiefer:  ^citiert",  5^.  61: 
«unmittelbar  voram",  S.  lOB,  Z.  5  «oll  nur  einmal  „von"  «tehen. 

Ef^er.  Dr.  Simon, 


0.  Langer:  Deutsche  Dictierstoffe  in  Aulsatztorm.  Zweite,  verbe^^iert^ 
und  vermehrte  Aufla«^.  Wien  und  Prag,  Verlag  von  F.  Tempaky,  IH^ti. 
Preis  gebunden  f»5  kr. 

Die  deutschen  Dirticrstoff*'  in  AtifMitzronn  von  0.  Langer  erscheinen 
liier  in  sweiter  Auflage:  sie  ist  nothweudig  geworden,  weil  das  Büchlein 
echon  nach  dem  kurzen  Zeiträume  von  vier  Jahren  gänzlich  vergriffen  war. 
Da8  ist  ein  Beweis  für  die  freundliche  Anfnahme,  die  dasselbe  in  allen 
betheiligten  Kreisen  gefunden  hat.  \uu\  zwar  mit  volloru  Kechte.  l>»'nn  in 
mehr  als  einer  Beziehung  Qbertritit  das  Langer 'sctie  Buch  alle  ähnlichen 
Dictierbilcher,  auch  die  von  Kleinschmidl  und  Kriebel,  die  rieb  ein  fthn- 
lichos  2iel  gesetzt  haben,  nicht  aungenommen  W:is  das  Buch  so  brauchbar 
für  die  Schule  macht,  ist  die  strenge  Beobachtung  der  Forderungen,  da^Ji 
jedes  Stückchen  ein  in  sich  abge8chlo*ienes  Ganze  biete,  dem  Inhalte  nach 
den  geistigen  Horizont  der  Schüler  in  den  zwei  unter?<ten  Chissen  nicht 
übersteige,  die  einzuübenden  Wörter  nicht  aufdringlich  uml  wumn^dit  ii 
in  Gesellschaii  mit  anderen  bringe,  denen  die  einzuübende  Eigenthümiicb- 
keit  nicht  anhaftet,  dabei  keine  stilistischen  Hftrten  biete  und  doch  bequem 
in  einer  halben  Stunde  vom  Lehrer  absolviert  werden  könne.  War  deshalb 
das  Buch  bereits  in  der  ersten  Anflajje  von  der  Schulwelt  mit  Freiid.>n 
begrübt  worden,  so  ist  es  nunmehr  in  zweiter  gewiss  nur  noch  br.Juciiburer 
geworden.  Langer  hat  nämlich  nach  Ausscheidung  von  vier  Nummern 
das  I^u(  h  um  weittTt'  Sl  I)i(  t  ici  ^lod'-'  vt  i  nndirt.  Dieselben  entsprechen 
fast  durchaus  all  den  oben  ^e^teiiten  Anforderungen;  recht  pas.«eude  Stotie 
haben  dem  Verfasser  hiebei  die  Sa^n*  und  Mftrchenbücher  von  Zöhrer 
und  Krahm  geliefert.  Besonders  vermehrt  erscheint  der  i'v>i>'  Tb»  il.  so  der 
Abschnitt  über  ii,  ö.  V  durch  vier,  der  über  die  .S-i,,iutf  durch  at^bt,  über 
g  und  k,  <ler  bisher  nur  ein  einziges  Stück  bot,  durch  vier  neue  Nummern 
u.  e.  w.  Von  den  nen  aufgenommenen  Stücken  scheinen  mir  nur  Nr.  IIB 
(über  <Y,  ö,  ii)  wogen  dor  vielrn  Fr.  iudworte  l'räfVft.  Departement.  Pla- 
tane, Secretär;,  l^r.  150  (über  b  und  u)  wegen  der  zahlreichen,  dem  Schüler 
meist  unbekannten  Begritfe,  wie:  Baken,  Brackwasser.  Pascher,  Schmuggler, 
Baggwmaschine,  Frise,  weniger  geeignet.  Nr.  171,  ^Frau  Gode",  nach 
Frahm.  ..nentsehe  Sagen*"  or/äblt,  ist  in  der  Faesunfif  des  Langer'schen 
Buches  wohl  nicht  verständlich. 

Neu  i»t  ferner  eine  dem  Bnehe  angehftnfrte  Anleitunjr  xur  richtigen 
Schreibung  und  Zeiehensetzung.  in  welcher  zu  don  betreffenden  ftegeln 
die  wichtigsten  Wörter,  die  in  den  Dictierstotion  enthalten  .sind,  zusammen- 
gestellt wurden.  Uiedurch  ist  das  Buch  zum  Privat-  und  Schulgebrauche 
jedenfalls  geeigneter  geworden. 

Die  V  ergleichnnix  der  Ti  xte  der  beibehaltenen  Stücke  der  ei'sten  Auf- 
lage mit  jenen  der  zweiten  ergab  nur  geringe  Veränderungen;  es  sind  theiis 
orthographische  Besserungen  l^die  KfiKte  des  .Adriatischen  Meeres*  statt 
.adriati,schen"  i^Nr.  Ii),  .,auf  Allerhöchsten  Befehl"  «-tutt  .allerhöchsten" 

(Nr.  7),  „Mit  lauter  stimme  gebot  er:  .Niederlegen I"  und  las  Kind 

legte  sich  platt  nieder"  statt:  „.Niederlegen!'  Und  da;,  Kiud  u.  s.  w." 
(Nr.  45  ],  theils  stilistische;  80  heißt  e«  jetxt:  „das  an  der  schrotfen  Kfisto 
des  Adriatischen  Meeres  gelegene  Lu^tschlfss'  Miranuir"  iNr.  14)  ?tatt: 
„Aliramar,  ein  kaiserliches  Lustschiotis  an  der  schroilen  Küste  des  adriati- 
schen Meeres",  „wenn  die  Brise  ani^chwillt*  statt  „aufschwillt**  (ibid.),  „dieser 
Koloss  erreicht  mitunter  eine  Länge  von  18  Metern"  Nr.  Itj)  statt:  ,die 
Lange  dieses  Kolosses  erreicht  mitunter  18  Meter".   Die  Unklarheit  der 


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Literariacbe  Randachau. 


245 


Besiehnng  des  Pronomens  ^ihren"  (Weideplätsen)  in  Nr.  18  der  ersten  Auf- 
lage (*»  24)  ist  behoben,  das  sinnstürende  ^zwur**  in  Nr.  142  der  ersten  Auf- 
lage (=  194)  verschwunden  Wün^schenswert  wRre  es  {jewesen .  in  Nr. 
("=  69  der  ersten  Auflage)  dm  erzählende  Imperfectum  durchweg  beizu- 
behalten; das  Praesens  hiKtoricum,  das  dort  plötzlich  auftritt,  scheint  mir 
nichf  i  ni  Platze;  auch  der  Satz:  «Ich  schAme  mich"  entbehrt  daseibat  der 
Begründung. 

Die  Druckle^nui<(  ist  mit  peinlicher  Sorgfalt  flberwacht  worden, 
wenigaten^  ist  mir  bei  der  Dorchsicht  auch  nicht  ein  einziges  topographi- 
sches Vergehen  aufgestoßen.  Druck  und  Aiis-stattnnfr  lassen  nichts  zu 
wünschen  übrig,  i^oniit  kann  denn  da^  Büchlein  allen  Fachgenossen 
wftrmstens  empfohlen  werden. 

Dr.  Th.  Matthias^:  Kleiner  Wegweiser  durch  die  Schwankungen 
und  Schwierigkeiten  des  deutschen  Sprachgebrauchs.  Für  öster- 
reichische Schulen  bearbeitet  von  Dr.  M.  Manlik.  L^pzig,  Fr.  Brand* 

stetter,  1898.  Preis  geb.  2  Kronen. 

Mntthian'  Buch  ^Sprachleben  und  Sprachschäden "  enthält  eine  solche 
Fülle  von  IieoV>achtungen  über  die  zahlreichen  Krankheitserscheinungen, 
die  besonder»  in  letzter  Zeit  an  dem  herrlichen  Baue  unserer  deutschen 
Sprache  ihre  zersetzende  Kraft  immer  mehr  und  mehr  fiihlliiii  machen, 

Sibt  zugleich  io  treü'liche  Winke,  wo  und  wie  man  zu  deren  Bekümpiuug 
ie  Hel^l  anzusetzen  habe,  dasa  so  mancher  Lehrer  bedauert  haben  wird, 
da«8  es  direct  nur  ihm ,  den  Schülern  nur  indirect  zugute  kommen  .solle; 
denn  ffh-  '^'chült  r  ist  Buch  nicht  fTPschriehen.  Wo  aber  sähe  man  lieber 
ein  ähiilKheä  Buch  al>»  in  den  Hunden  unserer  Jugend,  die  ja  TOr  allem 
eines  Berathers  und  Warners  bei  den  zahlreichen  drohenden  Gefahren  be» 
darf?  Wohl  i.st  es  richtl','',  da*<8  'liest-  .sclnvicrif,'»'  .Auf^'atx'  /.n  erftlllen  zu- 
nächst Pflicht  des  Lehrers  ist,  und  er  wird  ihr  sowohl  durch  lebendigen 
mflndlichen  Unterricht,  als  auch  dnrch  Besprechung  der  Fehler  bei  der 
BQckgabe  der  schriftlichen  Arbeiten  gerecht  zu  werden  stets  bemüht  .sein. 
Aber  wo  bleibt  der  Herather.  wenn  ner  Schüler  seine  hän>lir}ien  Arbeiten 
niederzuschreiben  hat,  wenn  er  vergeblich  in  seiner  Schulgrnmmatik  Auf- 
schlnss  fiber  stilistische  Bedenken  sucht ,  die  ihm  wfthrend  des  Schreibens 
aufs^ti-'^'t'u?  I'iunni  ist  von  FachtniiniitM n  wiederholt  die  Fordernnp  er- 
hoben worden,  man  möge  sich  nicht  mit  gelegentlichen  Bemerkungen  bei 
der  Leetüre  oder  bei  der  Rückgabe  der  Aufsätze  begnügen ,  da  ohne  Ein- 
sicht in  den  Zusammenhang  der  stilistischen  Regeln  die  Bekämpfung  von 
V«'rstöBen  daircfren  fniclitlo^  f<ei.  Man  kann  daher  Matthias,  welcher 
im  Jalire  1896  einen  für  die  Schule  bestimmten  Auszug  ans  seinem  gröberen 
Werke  unter  dem  Titel  «Kleiner  Wegweiser*  n.  s.  w.  erscheinen  ließ,  und 
Manlik,  der  sich  (ler  Mühe  unterzog,  den.selben  durch  Einführung  unserer 
Orthnfn-a]>hie  und  Änderung  von  Benennnngen  zum  Zwecke  der  Cberein- 
stimnmng  mit  un.seren  Schulgrammatiken  tiir  österreichische  Schulen  brauch* 
bar  zu  ma(  iieii.  hiefür  nur  dankbar  sein. 

Das  Büchlein  behandelt  in  übersichtlicher  Darstellunir  Wortbiegung, 
Wortfügung,  Wortableitung  und  Satzfüguug;  die  Beispiele  sind,  wie  be- 
greiflich ist,  ftut  durchweg  aus  dem  grßOeren  Werlte  herfibergenommen. 
Am  au.stührlichsten  ist  diis  Capitel  „Satzfügung**  behandelt,  und  dieser 
Theil  ist  auch  der  weitaus  wertvollste;  hier  wird  vor  allem  der  Abschnitt 
über  die  Zeiten  und  Aussageweise  vorzügliche  Dienste  leisten.  Aber  auch 
der  erste  Theil,  die  Wortbiegong,  ist  trefflich  behandelt:  richtig  wird 
unter  anderem  hier  hervorgehoben,  ila'^s  der  honte  s^inz  besonders  ge- 
fährdete ('usus  der  vierte  sei,  weil  der  übertritt  aus  der  schwachen  in  die 
starke  Biegung  gewöhnlich  vom  Acc.  Sing,  ausgeht.  Dass  gelegentlich 
die  eine  oder  andere  Aufstellung  nicht  ganz  mit  den  Lehren  unserer 
Schulgranitnat iken  nbereinstiinnit.  ist  natürlich.  So  «ei  heispiel^weise  nur 
auf  die  abweichende  l>ehnition  der  schwachen  und  gemischten  Biegung 
oder  die  Aufstellung  des  §  9  (.,In  Verbindung  mit  Beiwörtern  heißt  es  ge- 
wissenhafter: .des  nördli(  hen  Böhmens',  wenngleich  sich  auch  V)esonders  in 
der  letzten  Zeit  Formen  wie:  .des  nördlichen  Russland'  eingebürgert  haben'*), 


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246 


Literarücbe  Rundschau. 


▼«rglichen  mit  %  Hl  der  WillomitnrVheD  Chraoirofttik'  (^die  Oit«naineii 

und  siiclilichen  Liindernaiiieu  mit  dem  Artikel  nehim-n  keine  Flexion  an; 
z  H  Die  Fruchtbarkeit  de«  südlichen  Mähren"*),  hingewiesen.  Im  ganzen 
uikI  groben  ist  da«  Buch  «ehr  gewissenhaft  gearbeitet,  die  Kegeln  sind 
leicht  verständlich,  die  Beispiele  passend  gewählt.  Im  einzelnen  sei  nur 
Folgendes  /u  beniorken  erlaiiitt :  §  20.  4  heißt  es:  ^, derer*  steht  nur  betont 
vor  einem  Adelsnamen  oder  ^=  dierjenigen)  vor  einem  Genitiv;  z.  B.:  Dm 
Geaehlecht  derer  von  Holtke;  fast  lAmiiitliche  große  Gescbichtwi^ireiber 
Deutschlands  und  ein  Theil  derer  des  Auslands  "  Man  vermisst  hier,  ge- 
rade weil  man  es  mit  einem  Schnlbiiche  zn  thun  hat,  unp^orn  die  Be- 
merkung, die  Matthias  in  seinem  grübereu  Werke  uicht  übergangen  liat. 
dass  am  häufigsten  die  Form  öderer"  hin-  oder  zurückweisend  auf  einen 
Relativsatz  verwendet  wird  In  dem  alphabetischen  Verzeichnisse  jener 
Verba,  die  in  der  Bildung  einzelner,  bauptmcblicb  der  Staium>Forroen 
schwanlren,  wflrde  man  auch  ^winken*  nicht  ungern  sehen;  ob  man  ^ge- 
▼inkt"  oder  „gewunken"  sage,  hat  s(  hon  manchem  Schüler  Kopfzerbrechen 
verur«acht  Es  ist  ferner  eine  bekannte  Thatsache,  da.^s  die  Auslassung 
der  Hilfezeitwörter  „ist,  sind,  war,  hatte"*  im  Nebensatze  gerade  von 
den  SchQlem  alt  etwa»  besonders  Elegantes  und  Nachahmenswertefl  an- 
ge^eben  wird.  Aus  dii  ^i  tn  Grunde  wäre  in  §  28,  4  die  AufTiihrnng  von 
Beispielen  verfehlter  Füguugen  im  Vergleiche  mit  anderen,  in  denen  die 
Weglassun^  der  Hilfszeitwörter  nur  durch  den  Wohlkhuig  unbeschadet  der 
Deutlichkeit  gerechtfertigt  erscheint,  wunaehenawerter  gewesen  als  die 
genaue  Bespreclumg  der  fehlerhaften  \Vegla»«iing  von  ..worden"  im  Haupt - 
Satze-,  denn  die»  hört  und  \i&it  man  in  Ü8terreichi?>chen  Gegenden  un- 
Terhftliniiimäßig  seltener.  Schließlich  sei  bemerkt,  da»  die  Kflirung:  »Ffir 
dem  Zu^iininienhange  ganz  fremde  Angaben  ist  eine  Mittelwortfügung  ein 
gleich  unzulässiges  Mittel  wie  die  Apposition"  (."5.  112,  §  69,  V.  3}  nicht 
jedem  :5chüler  sofort  ver-tilndlich  sein  wird. 

Der  Druck  ist  sehr  sorgfältig,  die  Aus.stattung  tadellos;  dabei  ist  der 
Preis  so  niedrig.  da.Hs  die  Anschatl'ung  des  Bttchleius  auch  weniger  be- 
mittelten Schülern  leicht  möglich  sein  wird. 

Wien.  Z>r.  Kari  Vriiiz. 


Dr.  Th.  Matthias:  Kleiner  Wegrwelsep  doreli  die  Sehwaakungen 

und  Schwierigkeiten  des  deutschen  Sprachgebrauchs»  FOr  öster- 
reichische Schulen  bearbeitet  von  Dr.  M.  Maniik.  Leipzig,  Brand- 

atetter,  1898. 

Unsere  deutschen  Grammatiker  befusaen  sich  zu  wenig  mit  dem 
ff^enwärtigen  Spracbgebrauche;  f&r  sie  gilt  nur  Goethes  und  Schillers 

Sprachbraucb. 

Seit  den  Ulauijikera  hat  sich  die  Sprache  aber  sehr  verändert;  die 
Veränderungen  festzustelleo,  das  Richtige  aus  dem  Schwankenden  heiau»- 
suheben,  die  (rrenzen  zwischen  dem  oberdeutschen,  mitteldeutschen  und 
norddeuts«  )i«>T)  < )  Sprachbrauche  genauer  zu  betimmen,  ist  offenbar  die  Ab- 
sicht des  \ friasisers. 

Er  bespricht  die  Wortbiegung.  Wortfügung.  Wortbildung  und  Sats- 
bilduni;  in  lf>2  Seiten  in  knapper  Form;  zahlreiche  Hei^piele  ans  den 
Werken  hervormgender  Dichter  unserer  Zeit  wie  ü.  Kellers,  F-  Meters 
und  besonders  Jensens  dienen  zur  Erläuterung  der  Regeln,  machen  aber 
auch  auf  manche  verfehlte  Anwendung  aufmerksam.^  Von  österreichisehen 
Autoren  ist  Hamerlin«^  wiederholt  angeführt.  Der  Übungsnatz  Seite  28,  9; 
„Die  Ueichen  sind  meist  sehr  verderbt"  sollte  wegbleiben. 

Sehr  gut  ist  die  Darstellung  des  Fürwortes  und  des  Zeitwortes;  f&r 
die  Wahl  der  iVispiele  sei  besonders  nuf     27,  1  verwit  wen. 

bei  der  Erwähnung  der  Bindewörter  ^  54  muss  man  hinzutiigeu,  dass 
die  Conjunction  „nachdem"  nicht  causal.  wie  jetzt  im  Amtsstile,  gebraucht 
werden  soll. 


■)  Vgl.  Seit«  63,  4. 


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Literarische  Bundackau. 


247 


Der  4.  Äbwhmtt  Aber  die  SaisfQgung  kt  der  beste;  diete  Beband- 

lung  der  Syntax  entspricht  einem  drin^'enden  Bedürfnisse.  Wir  mochten 
noch  die  Bemerkungen  über  die  Wortstellunt^  §  U4  ~  dieser  Abschnitt 
wird  in  anderen  Lehrbüchern  sehr  kurz,  iibgethan  —  über  Einfachheit 
des  Ausdruck»,  Bilderschinuck  der  Hede,  Bild  und  Vergleich 
hervorheben;  sie  können  im  Unterrichte  auf  der  Oberstufe  treffUcbe  Dienste 
leisten. 

Der  Stil  des  Werkchens  sollte  ▼erstSndlicher  sein;  fiills  eine  eweite 

Auflage  erscheint,  müssen  aucli  die  österreichischen  Eigenthümlichkeiten 
im  Geschlechte,  in  der  Biegung,  in  den  Vorwörtern  aost'tlErlicher  behandelt 
werden. 

Einigt"  kleinere  Versehen  ffegen  unsere  Rechts*  Ii reibung  sind  trot« 
aller  Sorgfalt  unterlaufen:  >eite  89,  4  a  soll  es  Thon  heißen,  niiht  T  ni. 

Dm  Büchlein  verdient  eine  weitere  Verbreitung;  vorzüglich  möge 
man  es  Sehfllem  der  oberen  Glossen  unserer  Mittelschulen  zur  Anschaffung 
empfehlen;  der  geringe  Preis  —  gebunden  2  Kronen  —  ist  gewiss  kein 
Hindernis. 

Stockerau.    Adolf  Schneider. 

Uejrl:  Voikssagen,  Bräuche  und  Meinungen  aus  Tirol.  Bhxen,  Buch- 
handlung des  katholiseh-poUtischen  Pressvereines,  1897.  848  SS.  4  Ü. 

Eine  schöne  Gabe,  die  sieb  wflrdig  un  die  bekannten  Arbeiten  ss.  B. 

von  Aljienhur^'  und  Zinj^n-rle  anreiht.  Wenn  nur  nicht  diu;  8pri<hwort 
hier  zutritit:  jis^'*  ^'.^i' v  ar,  /  ///v.öv.  Die  Sugen  sind  in  folgender  Ordnung 
aufgeführt:  I.  Obcriunth.il  und  Außerfern  (S.  11-41,  58  Nummern). 
iL  Unterinn-  und  nördliches  VVipthal  (S.  42—112,  79  Nummern). 

III.  Oberp-'  und  niittlcn  s  Kisaekthnl         113-195,  99  Nnmmorn). 

IV.  Unteres  Eisackgebiet,  rechtes  Ufer  (Ö.  196—322,  138  Nuramern). 

V.  Unteres  Eisackgebiet,  linkes  Ufer  (S.  823—441,  188  Nummern). 

VI.  Deutsches  Etschlund  und  italienischer  Lundestheil  (S.  442  bis 
54S.  118  Nummern).  VH.  Pn^terthal  'S.  549— 6»0.  159  Nnmmcrnl 
Vlll.  (Salzburg  {S.  681  — 1»95,  20  Nummern/.  Dann  folgen  einige  Nach- 
träge »am  ünterin  ntbale  und  Etschlande  (S.  696—705).  Anmer- 
kungen zu  den  Volkssagen  (726  —  748),  Bräuche  nnd  Meinunf^en 
(751  — 815>,  Zusätze  zu  den  Volkssagcn,  (^uellenverzeicbnis  fUr  die  Volks- 
sagen und  Ortfregister. 

Wie  Miaii  sieht,  ist  SQdtirol  Am  stärksten  vertreten,  was  natürlich 
ist,  weil  diijJt  ll  st  Jic  Wiege  unsere«  VerfaR*<erp  gestanden.  An)  späriich.*iten 
fließen  die  »Quellen  über  Pusterthal.  Du  gibt  es  noch  reiche  Nachlese^  für 
einen  eifrigen  Sammler.  An  der  Form  der  Darstellung  ist  im  allgemeinen 
nicht  viel  auszuset/en.  Ilio  und  da  hättr  ninc  l'rzjhlnnjj  wohl  etwas  un- 
sanfter eingerenkt  werden  sollen.  .\uch  gegen  die  eingestreuten  Erzählungen 
in  mundartigeni  Gewände  habe  ich  nichts  einzuwenden,  wohl  aber,  dass 
dem  Leser  durch  Hpnuhliche  Erklärungen  viel  zu  wenig  oder  eigentlich 
gar  nicht  narh^^fehoifen  wird  Diefor  Mnnj^el  wird  avirli  die  Vt-rbrcittinj^ 
des  Buches  im  Auslande  wesentlich  beeintlussen.  Oder  hat  der  Herr  Ver- 
fiuser  die  Arbeit  bloO  för  die  Tiroler  geliefert?  Allein  ich  bin  überzeugt» 
da.>:s  auch  in  Tirol  wt*ni;^t'  I.cntf  ^n'ht.  dt-nf^n  alh-  Ansdnlcki'.  dir  in  iltMii 
Buche  vorkommen,  bekannt  oder  auch  nur  verständlich  sind.  Ich  hal>e 
mir,  abgesehen  von  den  Stücken  in  mundartlicher  Form,  eine  große  Zahl 
solcher  Ausdrücke  angestrichen,  die  ein  Auswärtiger  gar  nicht  verstehen 
kann.  Viele  davon  sind  auch  t)Hi  Schnpfnml  St'hnif'Mer  nirht  verzeichnet 
Der  Herr  Verfasser  hätte  gewiss  der  Verbreitung  des  Buches  bedeutenden 
Vorschub  geleistet,  wenn  er  entweder  in  Fußnoten  oder  in  einem  ange- 
iugten  kleinen  Idiotikon  dem  Leser  djis  Verständnis  hätte  erleichtern  wollen. 
Letzteres  wäre  auch  nachträglich  noch  möglich  und  ich  möchte  dringend 
dazu  rathen. 

Auf  Einselbeiten  will  ich  nicht  eingehen.  Bei  S.  781,  94  konnte  ich 

nicht  er.snhnn.  woher  dieser  Braneh  ftainint.  Dies  zu  wi.<«sen  wäi»*  für  mich 
deswegen  wichtig,  weil  ich  dem  Ausdrucke  „auf  Ehren  liegen"  eine  andere 


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248 


Liierariacbe  Uimdschau. 


Dc'ütunjj  pregelu  n  h;ilip  (Zf itselirift  tur  österreichische  Volkskunde  III,  331). 
Dpi  Preist  des  lim  lies  in\  im  Vei  hiilt  iii.--r  zum  l*mtauf?e  nicht  zu  hoch.  ilV. 
sich  die  LectUre  eines  derartigen  buches  auch  iUr  die  studierende  Jugend 
eignet?  Der  Herr  VerfasBer  scheint  (S.  ä)  es  xu  gUnben,  ich  kann  ihm 
nicht  ohneweiten  beiatimmen. 

Wien.    Dr.  Val.  HitUner, 

Im  Verlage  der  F.  I.  Ebenhöch'schen  lluchhandiung  i  Heinrich  Korb)  iu 
Linx  ist  das  sechste  Bftndchen  der  ErzählungrsscfirlfteD  zur  HdbuniT 

der  Vaterlandsliebe  von  Prof.  Dr.  Robert  \Veiß»'nhofer  ei.^diienen. 
Ejj  hat  den  Titel:  Edelweifv  Miln-hfn  und  Sagen  aus  den  niederruster- 
reiclmchen  Bergen.  Mit  eiueut  Titelbilde  und  dem  Porträte  des  Ver- 
fassers. 8^,  162  8.  Preis  geb.  60  kr. 

Der  VertiLsser  hat  im  Vergleiche  xu  den  früheren  fünf  Händchen  neue 
Wege  betreten;  dorm  das  vorliegende  sechste  \<\ .  wie  schon  an-  dem 
Titel  ersichtlich,  eine  Sanunluug  von  Sagen  und  Maiclieu.  bie  umfasst 
sieben  Abtheilungen  (I.  Erdgeister,  II.  Wassergeister,  III.  Feuergeiater, 
IV.  Lurti,'ei-ti  r  \'  l'iest-ii.  Zwerfre  niid  .\lraunen.  VI.  Sagenhafte  Frauen- 
ge-ütalten,  V'll.  iJageiihatte  i'hiere)  von  ungleichem  Umfange;  am  reichsten 
sind  die  I.  und  II.  Abtheilung,  denen  auch,  vras  poetiscben  Gehalt  an« 
belangt,  die  Palme  gebiirt.  Da»  Büchlein  ist,  wie  in  der  Einleitung  be- 
merkt wird.  nu<«  diiu  Vorrathe  von  ethnof^ray>hischen  Notizen  geschöpft, 
den  der  Vcrliwser  im  Laufe  der  Jahre  angesanmielt  hat;  die  Stoti'e  sind 
Torwiegend  der  elementaren  Welt  entnoninien.  Die  Sagen  und  ^hlrchen 
erbringen  noufnlini^s  den  Beweis,  welche  Fülle  von  zarter  und  lieblicher 
Poesie  in  unserem  Volke  schlummert.  Wenn  daher  diese.s  ^Edelweili" 
aus  den  niederösterreichisthen  Hergen  das  lebhafte  lutere.s.se  für  diese  nur 
an  wenig  bekannte  Hethätigiing  der  Volksseele  erregen  muss,  so  scheint 
es-  ;in<f''r-iM't.<  in  iltT  Tliat  j^t't'i^,MH't.  wi--  Verfn«spr  wnnsfht.  anf  fite  vater- 
ländische Jugend  unterhaltend  und  beiehrend  einzuwirken,  und  die  Lieoe 
zum  deutseben  Volksthnme  za  wecken  und  m  fördern.  Wir  haben  das 
Hüchlein  mit  wirklichem  Genu.s^ie  yelesen,  und  glauben,  es  zur  Leetüte 
für  die  Jugend  bestens  enijifehlen  zu  können.  Das  ^>eii:^egebene  sehr  ge- 
lungene Hildnis  des  Verfassers  dürfte  seinen  jungen  Freunden  sehr  will- 
kommen sein. 

Wien.  Dr.  Ideffer. 

Unter  Habsburgs  Krlegsbanner.  Feldsugserlebnune  au^t  der  Feder 

von  Mitkäm])fern  und  Au»,'«  n/eugen  gesammelt  und  heiau.sgegeben  von 
Fr.  Deitl.  Viceconsul  I  Hand.  —  Sechstes  Tau.send.  —  E.  Piersons 
Verlag.    Dresden,  Wien,  Leipzig  232  +  VIII  SS.  Kl.  8".  Preis 

broschiert  1  fl. 

Es  int  vor  allem  ein  löbliches,  wegen  »einer  patriotischen  Tendenz 
aller  Förd.  i  imj^  würdiges  rnternehmen,  mit  dem  hier  an  das  österreichische 
Lesepublicum  heraugetret^iu  wird.  Der  Autor  will  nämlich  bei  hinreichen- 
dem Stoffe  etwa  jedes  Quartal  ein  l^ndchen  erscheinen  lassen .  was  umso 
freudiger  zu  begrüf:«  ii  wäre,  als  die  in  unserem  Falle  zur  Verwirkliehung 
gelwngende  Idee,  Erzählungen  von  Augenzeugen  und  Theilnehmern  an 
Kriegsafl'aireii  zu  bringen,  als  eine  gesunde  und  gelungene  zu  bezeichnen 
ist.  Denn  erstlich  bringt  der  Leser  einer  Erzählung  von  Selbsterlebtem 
gröf-^eres  Intf  '.  f'P''e  ent'^'f^jr^n  und  dann  trägt  eine  soklu'  rihiilirli  dem  Romane 
in  Briefform,  wie  sie  etwa  Goethe  in  „Freuden  und  Leiden  des  jun^n 
Werther»"  gewühlt  bat.  sogar  dramatisches  Ciepräge  an  sich.  Indem  weiter 
die  einzelnen  Erzählungen  kurz  und  interessant  sind  —  meist  füllen  sie 
ein  jiiuir  und  nur  vereinzelt  l.*)  —  30  Seiten  — ,  so  droht  «lurchan«  ni'  ht  die 
Gefahr,  dass  die  Jugend,  welche  ohnehin  kriegerischen  Erzälilungen  mit 
VergnögMH  lauscht  und  solcher  Leetüre  gerne  obliegt,  ihrer  gar  über- 
drüssig werden  liTinnte,  zumal  für  «lie  Abweehslun;:  g^cnt5;,'i»nd  gesorgt  ist 
und  in  dieser  Hinsicht  nicht  einmal  an  dem  chronologischen  Faden  der 
Kriegaereignisse  der  Jahre  imnd,  1859. 1864, 1866. 1878, 1882  -  die  beiden 


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LiterariKcbe  HuncUchau. 


249 


letzten  Daten  b«treffiBn^  daa  OccupatioDsgebiet  —  festgehalten  worde.  Wir 
zweifeln  schließUck  nkht  C^^Ult  unsere  Mittelschuljugend  an  der 

Leetüre  dieser  m  scheinen,  interessanten  und  lehrreichen  Erzählungen 
besonderen  Gefallen  tindeu  werde,  nur  glauben  wir,  ^ium  die  wohl  gewandt 
und  hnmOTToU  geachriebene  Erxählana;  .Zwei  Missverständniase",  SS.  207 
bia  217,  nach  ihrem  Inhalte  för  die  UntierBtufe  nicht  geeignet  idt. 

Bielitx.    S.  Garge. 

Dr.  Eroannel  Witlacxil:  Der  Ohterrtcht  dep  Matupgesehiehte  an 

der  Volks-  und  Bürgerschule.  Eine  Methodik  dieses  l  nterri  ht**»  auf 
moderner  ^inindlsiire  ><\  Seiten  Hroschiert  40  kr  Wien  1897.  Alfred  HiUder. 

Der  Verfaitöer  legt  uns  hier  eine  bis  iu  die  kleinste  Einzelheit  aus- 
gearbeitete Methodik  dee  naturgesehtchtUdieti  Cnterriehtea  in  der  Voll»' 

und  Bürgerschule  vor.  Er  fQhrt  uns  vor,  nicht  nur  was,  sondern  auch 
wie  es  Hilf  dies»»r  8tufe  j^eniacht  werden  mus.s.  um  das  vortuest  er  kti^  Ziel 
nicht  biob  iluberüch  zu  erreichen,  sonJern  gefestigte,  naturwiswenschiiliuehe 
Kenntnisse  zu  vermitteln.  Der  Concentration  int  überall  und  bei  jeder  Ge- 
lei^enlit  it  ;^'eli''ri<4:f  Bt-.iehtung  j^eschi-nkt  'lunz  einverstanden  rfin'l  wir  mit 
dem  Verfuaser,  wenn  er  z.  B.  aul  die  iiuliere  Form  der  Mineralien  wenig  Wert 
legt.  Besonders  lesenswert  erschienen  uns  die  Capitel  über  das  Lehrverfahren. 
Aber  Lehr- und  Hilfsmittel  beim  naturgeschichtlichen  Unterrichte  In  allen 
Bemerknnj^en  erkennt  man  df»n  erfahrenen  Schuliii.i nn.  Anfängern  iiu  Berufe 
kiuin  diese  Öchrift  auf  das  wärmste  empfohlen  werden. 

H.  Peter.s;  Bilder  aus  der  Mineralogie  und  Geologie.  Ein  Hand'mrh 
für  Lehrer  und  Lernende  und  ein  Lesebuch  für  Naturfreunde.  Mit  106 
Abbildungen  im  Texte.  242  Seiten.  Broschiert  2  M.  80  Pf,  elegant  gebunden 
8  M.  60  Pf.  Kiei  und  Leipsig.  Lipsius  und  Tischer«  1898. 

Der  Verfiisser  hält  voll  und  ganz,  was  er  auf  dem  Titelblatte  ver- 
spricht Dil«  Buch  wird  bald  ein  unentbehrliche?!  Nnt  hi-chlaj^elnich  für  die 
Lelirer  der  Naturgeschichte  und  der  (ieo^ruphic  und  vln  äuberst  anziehend 
geschriebene.s  Lesebuch  für  fjebildete  Laien  sein.  Auf  dem  mineralogischen 
Unterrichte  ruht»'  bisher  der  l"l>i.  ii  der  Ode  und  Langeweile,  und  die  Ur- 
«acbeu  hievon  waren  mannigfache.  \^or  allem  muss  anders  unterrichtet 
werden  als  bisher  und  es  mOi^n  auch  die  Tiehrbflcher  anders  als  bisher 
Terfii.sst  sein.  Mit  Benützung  des  vorliegenden  Leithidens  wird  der  Lehrer 
»«iclu  rliLli  (bis  lebendi^frfte  Interesse  bei  den  Srhiil-n'n  erregen,  und  die 
Freude  am  Unterrichten  divaeA  nur  scheinbar  trockenen  Gegenstandes  wird 
plötzlich  aufleben.  Die  Mineralogie  ist  nur  scheinbar  trocken;  sie  ist  es 
wirklii  h.  wenn  sie  cranz  lo?*;r<  i"st  ist  von  den  anderen  ünterrichtsHichern, 
zu  denen  zahllose  Fäden  hinleiten.  Zur  Chemie,  (»eometrie,  (ieoieraphie, 
Physik,  Botanik  und  Zoolotfie  bestehen  innige  Beziehungen.  Wir  sind 
Überzeugt,  das«  die.sf.s  Buch  we.sentlich  dazu  beitragen  witd,  den  minera- 
logischrii  riitrrricbt  in  >jünstij,'>ter  W'eise  zu  beeintlus-^pn. 

Im  einzelnen  ist  fa.st  uichtn  zu  bemerken.  Die  .Abbildungen  sind 
▼orzfiglich.  Nur  die  Figur  98.  eine  freilich  ziemlich  schwierige  Darstellung 
eines  Ki.s Sturzes,  ist  für  den  >chüler  vielleicht  unverständlich. 

Einem  Le.ser  aus  Österreich  mu!<s  beim  Lesen  des  vierten  Uapitels. 
welches  vom  Feldspute  handelt,  auffallen,  da.xs  unter  den  Sitzen  der  Pur- 
zel hinindustrie  Sevres  und  Limoj^es.  die  ja  ganz  mit  Recht  hervorgehoben 
sind,  genannt  sind.  >l.i^'*  ^'en  Karlsbad  und  Umgebung  mit  alter  und  den 
Weltmarkt  weitbehernjchender  luduütrie  nicht. 

Papier,  Druck  und  Ausstattung  sind  mustergiltig. 

Wien.    Dr,  F,  Tsehernich. 

Frey  tags  Sammlung  französiscüer  und  englischer  Sehrittsteller. 
Eugene  Bambert,  Le»  Ceritea  du  vallon  de  Guewroz,  Im  Bat^&ire  de 
Fostunen. 

Zut-i  .«schweizerische  Novellen  mit  Einleitunj?,  illustrierten  Anmer- 
kungen und  Wörterverzeichnis.  Die  Ausstattung  ist  vorzüglich.  Ist  es  über- 


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250 


Literariscbe  Rundschau. 


baupt  etaptelilenswert,  Schülern  der  französischen  Sprache  schweizerische 
Sachen  in  die  Hand  zn  ^»eben  mit  solch  localer  Färbmii?  und  mit  .-fo  vielfn 
ProTincialtjjuien  wie  cabri,  par/'aire,  renouveau^  la  put^tiK,  dnx  fins  tie, 
de  soir^i  die  noch  dazu  nicht  gekennzeichnet  sindV  Was  den  Inhalt 
betrifft,  so  ist  <lie  erste  Novrlle  die  Krzicluiiifr'^sreachichte  eines  Flfißcrsohnes. 
der  den  Tod  tindet  durch  dieaeibe  Hakenstange,  welche  den  Tod  seines 
Vaierci  verursacht  hat,  die  zweite  Novelle  ist  eine  regelrechte  Liebes- 
geschieht«:  ein  schönes  aber  atolzes  Mädchen,  dius  die  Werbungen  aller 
jungen  MSnner  «chnodo  abgewiesen  hat,  verliebt  sich  })lf5tzlich  in  einen 
Sergeanten  der  französischen  Schweizer  Garde  zur  Zeit  der  Revolution,  wobei 
die  pompdw  üniform  eine  große  Bolle  spielt,  int«reanert  mch  heftig  f^r 
sein  Geschit  k  Ixn  dem  großen  Umstürze  und  wirbt  «<o  ener^^isch  um  ihn, 
dass  er  endlich  sich  herbeilil^st,  ihr  Bräutigam  zu  werden.  —  Beide  Novell>»n 
sind  reizend  geschrieben  und  für  Erwachsene  lesenswert,  ob  aber  just  für 
die  Schule  zu  empfehlen,  das  ist  denn  doch  sehr  fraglich. 

Wien.    E.  FekhÜnger. 


E  M    l    Grimdriss  der  Naturlehre  für  die  unteren  Classen  der 

Mittelschuien.  Ausgabe  für  Gynina«ien  Henrheitet  von  Dr.  Kurl 
Hubnrt.  l'iofe&jor  am  k.  k.  Stiuits^ijiunasiuüi  in  Liuz.  Mit  326  Ab- 
bilduDiri  ii.  Dritte,  verbesserte  .\uflage.  180:5.  Wien  and  Prag,  F.  Tempsky, 
189«  Treis  geheftet  95  kr.,  gebunden  1  tt.  20  kr. 

Die  Vorzüge  der  Mach'schen  Naturlehre  als  eines  ganz  eiprenartig  an- 

S legten  Lehrbuches  sind  erst  vor  kurzem  in  diesen  Mittheiluugen^;  an- 
nlieh  einer  Beeprecbnng  der  zweiten,  Terbeaeerten  Auflage  (Ausgabe  für 
Realschulen'  einq-i-hnnd  hervnrj;ehol>en  worden  und  lä.'jst  sich  dem  dusflli^t 
Gesagten  nichl.s  wesentlich  Neues  hinzufügen.  Das  Erscheinen  einer  dritten 
Auflage  der  Ausgabe  für  (»ymnasien  zeigt  neuerdings,  dass  dm  Buch  viele 
Freunde  gefunden  hat.  Die  sorgfältig  aufgenommenen  Verbesserungen  be- 
ziehen sich  theil!?  auf  den  Text,  theils  atif'die  Fii^iiren.  welch»'  gröGtentheih 
schematisch  und  durchweg»  sehr  klar  gehalten  aind  und  gerade  dadurch 
auch  ftlr  den  Schüler  einen  erhöhten  Wert  haben.  Die  Ansstattung  des 
Buches  ist  eine  Tortreffliche. 

Wien.    Dr,  Georg  Wof/ner, 


Schulbibliothek  französischer  und  englischer  Prosaschriften  aus 
der  neueren  Zeit.  Herausgegeben  von  L.  Bah  Isen  und  J.  Uengesbach. 

Engliiiche  Schriften  27.  Bändchen:  The  Countiee  of  England  geb. 

1  M.  eo  Pf.  und  i>8.  Händ.  li.  n:  DkkeMT  Christmas  Card  geh.  1  M.40Pf. 
nebst  Wörterbuch  jjeh  l'<>  I'f 

Abgesehen  (iiuon,  da*«»  Uic  Daüdchen  der  genannteu  ."Seliulbil»liotii<-k 
sich  durch  einemu«tergjltige  Ausstattung  auszeichnen  undandere Sammlungen 
—  di*'  Tein]isk v'sflit'  a!lerding.s  nicht  -  iln:  h  (iif'iße  der  Buchstaben  und 
Weiüe  de«  l^apier^  UbcrtreÜ'en ,  ^ind  sie  desiialb  beachten«wert,  weil  sie 
deutschen  Schfllern  auch  solche  Werke  zugänglich  machen,  die  in  anderen 
Ausgaben  wenig  oder  noch  gar  nicht  vertreten  sind. 

Zu  diesen  neuen  Krscheinuni^^'n  gehört  Ch.  M.  Masons  ,fThe  Couuties 
ef  t^Ufflatui'",  ausgewählt  und  efkliirt  von  0.  Badke,  eine  aU  Claswen- 
leetQre  fÄr  die  mittlere.  aU  Hauslectäre  für  die  obere  Stufe  des  Unter- 
richtes geeirrnete,  Geographie,  Gei^chichte,  Landwirtschaft,  (iartenhau  und 
Industrie  gleichmäbig  b«rück>iichtigende  Dari^tellung  der  englischen  (.«raf- 
schaften.  Mag  dns  Buch  auch  der  Vollständigkeit  halber  manche  einander 
älinliche  Ab^sätze  enthalten,  die  bei  fortlaufendem  Lesen  ermfldcn, 
80  bietet  ea  «loch  eine  reiche  Fnlle  von  interessanten  Einzelheiten  und  pine 
vorzügliche  Unterlage  tiir  Sprechübungen.  Die  Aumeikungen  am  Schlu!>se 
sind  fast  ausschließlich  tacbliche;  bie  und  da  w&re  auch  eine  sprachliche 
wünschenswert,  x.  B.  rfeite  58  bei  merrte  meit  (veraltete  Form),  Seite  1»7 


}  .\tl.  Jahrgang,  I.  IMi,  S.  IIa. 


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Literarische  Eondachau. 


251 


low  fever  (scbleichenclM  Fieber).  Bei  den  Ciiaten  Seite  64  ,  75,  140,  148 
h&tte  in  den  Anmerkungen  deren  Quelle  angegeben  werden  sollen. 

I>ip  von  Th.  Hegener.  Professor  in  Brüssel,  bcsors,'te  Ausgabe  von 
l>ickeu4t'  Vhristnms  Car<d  ist  uiit  einer  englisch  geschriebenen  Ein- 
leitang  und  englischen  Anmerkungen  versehen  und  fHr  vorgeschrittenere 
Schüler  (,.fhe  innre  proficient  Student s  of  Englhh"  besiiinint  und  ancfi  -ji^- 
eignet.  Es  ist  lobend  hervorzuheben,  dass  üegener  durch  seine  ^^Analytical 
Introduction"  und  y^Explcmatory  NoM*  da«  gründliche  Verständnis  des 
Gedankengangs  dieser  geniüthvollen  Weih  nach  ts|^eschichte  nnbahnt  und 
be^»ondeie8  Gewicht  «lie  psychologische  Entwicklun«;  K-^'t.  In  dieser 
Beziehung  kann  sich  wohl  kerne  andere  Au^abe  mit  der  üegeners  messen. 
Aach  die  sprachlichen  Anmerknngen  sind  fast  durchwegs  entspreehend,  doch 
wird  man  finden,  diias  manche  leichtverständliche  Ausdrücke,  z.  B.  fdlter 
S.  3Jl,  Z.  28,  lough  5i),  4  erklärt  sind,  wiilirend  andere  ebenso  schwierige  oder 
schwierigere  Siell<»n  fehlen,  z.  B.  19.  Vi  (wir  hatten  nie  einen  Zwist,  der 
von  mir  ausgieng),  das  Wortspiel  29,7,  look  11  einmal  —  erwarten, 
einmal  =  Sorge  tragen.  Im  einzelnen  wäre  lieziit^lich  d»'r  Notes  nooli  Fol- 
gendes zu  bemerken:  Zu  13, 17  the  country's  dorn  for  künnte  noch  gesetzt 
w«rden:  es  ist  ums  Vaterland  geschehen :  zu  14,  83:  die  angehäuften 
Beiwörter  lassen  immerhin  eine  Übersetzung  ins  Deutsche  zu,  wie  die 
Tempskysche  Ausgabe  zeigt;  15,  „It'st  nuts  tn  him"  heißt  nicht:  das 
ist  seine  Sache,  sondern:  das  ist  ihm  gerade  rtchi ;  15,  29  bleak  entspricht 
nur  etymolo^ri^h  bleich,  heißt  aber  hier  unfreundlich,  frostig;  26,  15 
spUnter  bnr  —  Ortscheid  oder  F^jiri'nj'v.'nL'f :  fipi  29,  ir>  sollte  mit  einigen 
Worten  auf  den  Gebrauch  der  iodteubinut;  hingewi^en  sein;  42,  32 
crisp  =  resch,  dann  krftftig,  anregend;  49,  2ö  /t%e  fiffy  stomach  achu 
=■  Gass  einem  Hören  und  Sehen  veigfieng;  tiO,  34  ihrer  harrte  ein  schweres 
Stück  Arbeit  :  52,  4  small  matter  Kleinigkeit;  bei  55,  3ö  wäre  es  lehr- 
reicher gewesen,  die  Schlussverse  de«  Gedichtes  anzuführen:  llie  caUÜs  €ire 
grazino  JTteir  heads  never  rnutingn  There  are  forty  f$eding  like  one; 
64.  4  könnte  beigefiigt  sein,  da^><  das  Küssen  unter  dem  Mistelzw(/ii,'e  in 
der  guten  Gesellschaft;  veraltet  ut;  64,  22  anzuführen ,  da«»  to  a  futh 
scherzhafte  Nachbildung  von  to  a  man  ist;  66.  17  wäre  zu  sa^en,  dass 
hier  eine  Anspielung  auf  die  Bemilhungen  mancher  Eiferer  vorliegt,  auch 
die  BA(l<stuben  am  Sonntage  zu  schließen:  in  der  X"t»'  /.n  tjH,  27  <>r 
dreitsinaker's  zu  streichen,  da  millincr  nicht  —  ärensmakerj  ü9,  14 
rampant  hier  (mit  Anlehnung  an  romp)  in  tollem  Laufe,  ausgelassen; 
Note  70,  14  wärp  nach  noic  einzufügen  in  Europe:  8*J .  24  zu  erkliiren: 
he  wordd  not  have  buried  his  last  kindnesses  with  Martey,  Iiis  lasf 
frieud.  —  Der  iJruck  ist  äsehr  sorgtältig:  49,  2  i>l  der  iieislricl»  zu 
streichen,  54,  24  hut  statt  buthy  76,  5  fUr-bvoted^  in  der  Note  zu  13.  5 
registers  zu  setzen.  Im  pfanren  jrenomtnpn  ist  die  Hegener'scb'^  A-i'-<;abe 
besonders  für  Fortgeschrittenere  zu  empfehlen,  die  den  geistigen  uud  Ge* 
mQths*  Inhalt  von  Chriatm<u  Cwol  vollkommen  wfirdigen  und  genieß«i 
wollen. 

Lina  a.  d.  D.    0,  Langer, 


Programme. 

Dr.  Ferd.  Bronner:  Gedanken  über  den  Lehrplan  der  Osterreichi- 
schen Gymnasien  und  Realschulen.  (Healschulprogramu  Jägemdorf 

1Ö97,  S.  35.) 

Der  Verfasser  schreibt  die  geringen  dauernden  Erfolge  des  Unter- 
richtes in  den  altcla^sischen  Sprachen  hauptsiichlich  der  gegenwärtigen 
Auswahl  und  Aufeinanderfolge  der  lateinischen  und  grieehischen  Schul- 
autoren zu  und  tritt  daher  unter  Detonunj,'  des  höheren  Hildungswertes 
des  Griechischen  f&r  eine  intensivere  Behandlung  (38  Wochenstnnden) 
,],V-^t'-  ( leppn^^tande«  und  zwar  an  erster  Stelle  (schon  von  Prima  an),  da- 
gegen ttir  eine  tiestringierung  der  Stunden  in  dem  Lateinunterrichte  iSO 


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262 


Literarische  Kuadscbau. 


Wochenstanden),  der  erst  in  der  III.  dorne  einzafietten  b&tte.  ein  Die 

8o  gewonnene  Zeit  hätte  zunflchst  dem  obligaten  Unterrichte  in  <I^^r 
französischen  Sprache  (von  Quartn  ani.  aher  auch  dem  im  Uater- 
gymnasium  obligaten  Zeichenunterrichte  zugute  zu  kommen. 

An  >lies('  Hauptgedanken  reiht  sich  die  Erledigung  zahlreicher  ilaniit  in 
notliwnuli^'t'niZu'jnmmfTibanp'r'  «tchoiulcn  Nebenfragfn,  unter  »li'iu'ii  ilie  wich- 
tigste die  der  Auswah  1  und  Hcihentolge  der  aUclassi-schen  Autoren 
ist.  IniGriechischen  hfttten  zu  folgen  auf  denV^mmatikalischenUnterrielit 
in  Prima  und  Secunda  in  der  Tertia  (4  St  i  Xenophon.  Qniirf  i  4  St  ^ 
Herndftt.  s|niter  Piutarch.  »Quinta  (3  St.)  Homer,  Sexta  (8  St.;  Homer, 
im  Ii.  >timeflter  .statt  de»"  vierten  (Grammatik-) Stunde  Xenophon  (Memo- 
rabiliens  Septima  (4  St.)  Demosthenet,  Plato  (Apologie).  Octava  (4  St.) 
Sophokles  (2  Dramen):  «elb.stärdip»^  ( Jri\ininntikstmidt»n  hfttten  von  der 
Septima  (eigentlich  wohl  vom  Ii.  Semester  der  Sexta!)  zu  eutfalleu.  Im 
Latein  wäre  nach  dem  Elementamnterriclite  in  der  III.  nnd  IV.  Classe 
in  Quinta  (8  St.l  /u  beginnen  mit  Caesar  (bell.  gall.).  dem  dann  Orid 
(Fasti)  folgte.   In  Sexta  (3  St  i  wäre  /n  le.sen  Oae.«>ar  (bell.  cjv.>.  Cif'ero 
(1.  catilin.  Rede),  Ovid  Fiisti),  in  Septima  (4  St  )  Salln.st  (bell.  Juguith.), 
Cicero  (eine  politische  Schrift  .  in  Octava  (4  8t.)  Tacitus  (Germania), 
Cicero  (oinf  rhotniisrhi-  Srln-ift)  nnd  Hora/.    Mit  noch  weiterfr  Kinschrän- 
kung  der  Cicero-Lectüre  könnte  eventuell  in  den  zwei  obersten  Ciassen  auch 
Livius  (die  Verfiusungskftmpfe '  gelesen  werden,  dem  sonst  nnr  inderF(»in 
eines  Lesebuches  (in  guter  deutscher  Übersetzung)  im  Ueschichtsunterrichte 
ein  Platz  eingeräumt  wird. 

Andere  i'unkte,  die  in  der  Arbeit  berührt  werden,  sind  nebst  einer 
flfiehtigen  Erwähnung  der  realistischen  Di.^ciplinen  (insbesondere  der  Geo- 
grapliie  und  der  Naturgcgchif  ht>v  am  Gymnsisium  der  gegv'iiwai  tiir"  Lehr- 
j)lan  unserer  Realschulen,  die  Vertheilunjj  der  Lehrfikher  nach  Prüfungs- 
grupj)en,  der  Mangel  an  Zeichenlehrern,  die  Kinführuug  einer  dritten  obli- 
gaten Turn-  (beziehungsweise  SpieWSlunde,  der  Unterricht  in  der  ^KOrper- 
hygiinio",  in  dvr  „Hürgerkundt'"  n.  n  m. 

.Man  »ieht,  dasa  die  ertK^höpfende  Behandlung  dieHan  Themivs  im  Um- 
fange einer  Programmarbeit  unmöglich  ist.  denn  nebst  dem  vorübergebend 
Angedeuteten  ist  manches  —  otienbar  nothgedrungen  —  ganz  übergange  n, 
was  nicht  übergangen  werden  darf  Al>er  schon  der  Umstand,  daiis  der 
gewiegte  Gymnasialpädagog  Dir.  Dr.  Loos  diesen»  (leisteskinde  Pathe  .Htaud. 
genügt,  die  Arbeit  al.«  eine  solche  erscheinen  zu  la.ssen,  die  nicht  mit  Gleich- 
giltigkeit  ülicrsi'ln-n  werden  darf:  iU>erdies  berührt  auili  ang-ciicliiu  der 
bescheidene  Ton  der  Diirstellung  und  die  warme  Hinjjiabe  an  die  Sache 
selbst.  Einer  Verwirklichung  win)  aber  der  Seite  84  aufgestellte  Ijefarplan 
wohl  schwerlich  entgegensehen  dürfen,  da,  wie  schon  oben  erwähnt,  wichtige 
Punkte  übergangen  wurden  Denn  es  wäre  doch  sehr  zu  wünschen,  dass 
bei  einer  8o  durchgreiteiideii  Änderung  des  Lehrplaues.  wie  sie  in  diesien 
^Gedanken"  vorbereitet  wird,  das  Schematisieren,  welche-«  auch  hier  noch 
viel  zu  viel  in  den  VnriU  rgrund  tritt.  —  was  ffh  »»in*  ti  Krfolg  könnte  man 
sich  /.  B.  von  einer  Zeichenstunde  wöchentlich  in  der  «Quarta  verj^prechen  V  — 
«nrückgedrängt  werde,  abgesehen  von  allem  anderen,  zunächst  durch  die 
Erw&^ng,  dass  die  Entwicklungsstufen  unserer  (^ymnasialschüler  ~  vom 
10.  bn  7\im  IS.  Lebensjahre  ^  **(dtnn  in  der  Zuwei^'ung  d^r  wöchentlichen 
StuntleuÄiihl  und  der  einzelnen  Disciplinen,  nicht  minder  aber  in  der  Be- 
handlungsart des  I/ehrstoffes  eine  Dreithcilung  gebieterisch  fordern,  welche 
sich  Laut  das  10  bi^  14.  (I.  bis  IV.  Clas.se  i.  11,  auf  das  15.  und  Ifi  iV.  und 
VI.  Cla.s.se»  und  III.  auf  das  17.  und  lö.  Lebensjahr  (VII.  und  VIll.  Classe)  zu 
erstrecken  hätte.  Ja,  ich  glaube,  man  wird  naturgemäb  selb.-<t  für  das 
Winter-  und  Sommerseuester  verschiedene  -Stundenpläne  schaffen  müssen. 
Vii'lbrcht  i>t  t";  mir  vergönnt,  niirli  hierüber  sjtiitor  pinnial  an  anderer 
Stelle  nufituurlicher  ausi^usprechen  und  vertttändlicher  zu  machen. 

Aber  auch  im  einzelnen  wird  sich  der  Verfiisser  auf  manchen  nicht 
ganz  zu  unt<  i-<  hätzenden  Einspruch  gegen  seine  Vorschläge  gefasst  machen 
müssen.  Livius  nur  l>edingungsw«'ist'  nl^  Schulautor  gelten  zu  lasspn.  wird 
bei  den  Conservativen  auf  nicht  geringeren  Widerspruch  stoßen,  wie  die 


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Litemrinche  RnndBcbua. 


253 


Aui$ächlieDung  der  griechiHohen  Lyriker,  deren  Be«icutung  in  iler  Arbeil 
selbst  anwkannt  wird,  bei  den  Neuerern. 

Mehr  noch  zu  bfkliij^'cn  alier  wäre  es  wohl.  \\>  nn  Huripides  bei  einer 
solchen  Bevorzugung  des  Giiecbii^-hen,  wie  lie  in  den  N'orschiiigen  gediu-ht 
ist.  in  der  Schollectare  keinen  Plate  filinde.  Da»*  an  die  CMmr-Lectüre,  wenn 
der  rnterricht  in  Latein  mit  der  Tertia  beginne,  ei  st  in  der  Quinta  heran- 
getreten wür<le.  wfirde  i<  h  sehr  bedauern,  da  i' h  (  hon  bei  dem  gepf  n- 
wärtigen  Unterrichtsbetriebe  die  te^te  Überzeugung  habe,  luuu  könnte 
dieselbe,  ohne  den  Schülern  Bnviel  soxumnthen,  mindestenii  in  der  Tertia^ 
wenn  nicht  schon  im  II.  Scimster  d.  r  Secunda,  beginnen.  Die  hohe  Bevor- 
zugtinjr  des  Französischen  vor  dem  Hnglischen.  <li  -s»'n  gar  keine  Krwäh- 
nung  gr.-,chieht,  scheint  nicht  sosehr  auf  L'berzeu^'  ui^  zu  beruhen,  als  viel- 
mehr einem  aus  früheren  VerhältnL^sen  entsprungenen  realistischen  Zuge 
unserer  Zeit  concediert  zu  werden.  tU'r  ;iV>pr  gar  bald  «ler  rifhfif^'^.'n  Kr- 
kenntnifi  dca  höheren  Werte»  der  englischen  :<prache  weichen  diulie. 
Abitnrienten  der  Realechnlen  ohne  Kenntnisse  in  der  lateinischen  nne 
griechischen  Sprache  —  wenigstens  wird  eine  diesbezügliche  Forderand 
nirgends  auagesprnchen  —  die  Berechtigung  zu  geben,  die  medicinisclig 
und  philosophische  Facultüt  als  ordentliche  Hörer  besuchen  zu  dürfen,  wird 
wähl  selbst  bei  Schaffung  einer  VKI.  Realscbulclasee  nicht  angehen. 

Aussig.    Dr.  G.  Hergtl. 

Sewera:  Zur  Formenlehpe  der  griechischen  Schulgrammatik 

(Schlus!^).  (Jahresbericht  des  k.  k.  Staatsgyiuiia-nniis  in  Ried  IhHT.  "iO.S??.} 

r)en  ersten  Theil  der  vorliegenden  Arbeit;  Zu  den  Verballormen  der 
grit  i  hi.schen  Schnlgrummatik,  Frogi-amm  von  Ried  1896,  habe  ich  in  dieser 
Zeit-t  lii ift  X.  Vil  f.  besprnrhpn.  IMe>oin  ersten  Tlieile  ist  nun  dii^  statisti- 
sche Behandlung  de«  übrigen  Theiles  der  griechischen  Formenlehre,  des 
Notuens,  mit  Ans^chluss  der  Präpositionen  und  Conjnnctionen  gefolgt. 

Zunächst  unterscheidet  sicn  dieser  Theil  von  dorn  früheren  darin, 
da.s.s  nicht  alle  SteUen  nominatim  ausgeführt  sind,  sondern  häutig  bloß  ge- 
sagt wild:  „oft''  =  an  mindestens  iXi  'Stellen,  oder:  „an  8,  10,  16  u.  s.  w. 
stellen".  Dadurch  wird  die  Controle  freilieh  sehr  emcbwert.  Meine  Samm- 
iunjg'en  stimmen  oft  nicht  nüt  den  .^ni^alM  H  d-'s  Herrn  C<>lle>,'en  S. ,  ohne 
dass  ich  immer  angeben  könnte,  auf  weicher  öeite  der  Fehler  steckt.  Aber 
auch  äonst  hat  dies  Verfahren  etwas  Missiiches  und  schmälert  das  Ver- 
dienstliche einer  so  mühganui   Ai  i>eit.    Wenn  es  s.  B.  bloß  heißt:  „oti" 
oder:  ,rtn  so  und  «o  viel  ^i.  iltjr.  so  ist  es  keineswegs  gleichgiltig,  wo 
diese  .Stellen  stehen,    ich  will  dies  an  ein  ^aar  Beispielen  zeigen.  Unter 
den  Femintnis  der  O-Stämme  ist  anch  ««/i6>>9t>7  mit  ^oft*  venseichnet. 
Wenn  man  aber  weiß,  diiss  y.iKVi^rr.  ein  dichteri^^chos  Wort  ist,  also  nur 
bei  Homer  und  8op])'>'  les  voikommt,  wird  man  zugeben  müssen,  dass 
dies  ..«dt"  die  Aufnatnue  des  Wortes  in  eine  attische  Formenlehre  nicht 
begiündt'l.  Hin  anderen  Beispiel.  fAxyir.hi  soll  vieraehnnial  vorkommen.  Mag 
st'iii.  ilh  b.LiM'  mir  nirht  ■»>  vi.»!»'  "^teilen  aufgezeichnet,  weil  icli  'U-n  Kreis 
der  Beobachtung  mit  UUcksicbt  auf  das  laudiautige  Bedürfnis  etwas  enger 
gezogen  habe.  Wenn  man  von  Xen.  mem.  III.  11,  B  (nicht  bei  Sehen  kl 
und  Lindner)  und  IM.ito  Phaedon  66''  (wo  das  Genus  gar  nicht  erkennbar! 
al»sieht,  tretfen  »iiese  ."^trllen  ntir  II<  rodot  und  zwar  zunächst  d  e  Partie 
über  iiie  Kampfe  bei  den  Ihermopylen  und  den  Vcrrath  des  K|>hialtes. 
Für  ilen  Betrieb  des  Unterrichtes,  und  das  ist  doch  die  Hauptsache,  kouimr 
es  fast  gleich  riueni  einmaligen  Vorkommen.    Wt-nn  also  der  .Schüler 
das  Wort  zum  Zwecke  der  Übersetzung  dieser  Partie  merkt,  dann  auch 
wieder  vergisst.  so  ist  daran  s^ar  nichts  gelegen,  weil  er  es  nie  mehr 
braucht.    Außerdem  steht  das  Wort  j^anz  isoliert  da  und  ist  etymologisch 
ilunkel  ulie  Etymologie  bei  Prellwitz  Et.  Wb.  d.  gr  Spr  3«  ist  höchstens 
möglich,  wahrscheinlich  aber  nicht),  was  alles  uj  du*  Wagschale  tallt. 

Anch  Honst  entscheidet  nicht  immer  die  Anzaiil  von  stellen,  und 
es  hat  die  Formenstatistik  oft  um  einen  relativen  Wert.  Es  ist  vielmehr 
jeder  Fall  für  sich  zu  betrachten,  und  es  sind  neben  der  Häufigkeit  des 


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254 


Literarische  Hundscbau. 


Vorkommen»  auch  alle  anderen  Umstände  zu  beräckriichti^en ,  wenn  d« 
«ich  darttm  bandelt,  ob  ein  Wort  oder  eine  Form  in  die  Schulgramniatik 
aiif>,M»noromen  werden  f^oll  oder  nicht.    Auch  hiefür  ein  paar  Bewi)ielp 

l-j»  ist  Kwar  richtig,  dass  vom  att.  iizzoiy*  nur  die  Homerischen 
uneontrahierten  Formen  fttr  die  SchuUecidre  in  ßetraeht  kommen.  Ga 
hieße  jedoch  über  das  Ziel  hinausschießen,  wollte  man  daraos  sofort  den 
ächluss  ziehen,  da«  Wort  mü^sp  nm  eint»r  Schnlj?riinimiitik  entfernt  werden. 
Wie  man  sonst  Farauiguiata  (huchtleciu  rt  ohne  Hücksicht  darauf,  oh  alle 
Formen  überhaupt  bele^  sind,  ^eschwei^e  denn  in  der  Schultet türe.  eo 
braucht  eine  systematiRch  rxn<,'ejegte  Grammatik  unbedingt  ein  P.tr  liirma 
der  Neutra  der  contrabierten  subAtantivischen  O- Stamme,  an  das  sich  ilie 
Adjectiva  anschließen  kSnnen.  Die  Aufnahme  des  Wortes  o3to6v  kann 
aber  auch  keinerlei  Belastunj^  der  Schfiler  bedeuten.  Wenn  sie  ö-:oöv 
decliuieren  lernen ,  hmuchen  sie  eben  y  vnoöv  nicht  mehr  lernen.  Das 
Wort  ö—o'jv  muss  der  Schüler  lernen.  Es  ist  ein  gerut^ingriechisches 
Wort,  kommt  bei  den  besten  attischen  ProttaschriftsteUern  und  Dichtem 
ebenso  vor  wie  in  der  ionischen  Pros^i  nn  !  ^"1  Homer  (nach  «lern  In-lex 
von  (ie bring  au  46  Stellen  .  Dazu  kommt  noch  der  wichtige  Umstand, 
dass  das  Wort  einen  bedeutenden  Verwand tenkieis  bat  (ostpvvov^  o:)tp«xtop.ö^. 
03Tp«xt4«v,  o^Tosov  =  hit.  ostrntm  —  Auster,  lafc.  «w  n.  s.  w.;  vgl.  Pott 
Wzlwb.  IV.  24.'))  nn«l  (la.«?"»  es  zur  Bildung  eine  Masü»p  von  termini  technici 
verwi^ndet  worden  ist,  die  nmn  am  volUtändi^sien  bei  Sanders  (Krerod- 
wOrterbuch  11*.  146)  verseicbnet  findet.  Alle  diese  Umstftnde  sprechen  dafür, 
dass  man  öoroöv  aus  der  SchulijrununiJtik  nirht  entfernon  darf. 

Als  zweites  Beispiel  wähle  ich  öoo'j;.  Der  Herr  College  S.  sagt  darüber 
Folgendes  (S.  2):  „Dieses  Wort  lernt  der  Schüler  vor  allem  nur  au«  Homer 
kennen,  außer  Hom»'r  hat  es  nur  noch  Herodot  und  zwar  zweimal  den  gen. 
pl.  VI,  107.  zweimal  cU-n  acc.  pl.  IX.  H3;  iler  letztere  Casus  kommt  ferner 
noch  Mem.  I  4,  6,  der  dat.  sing.  K.  11  '6,  \)  vor;  und  doch  plagt  sich  so 
mancher  Sebfller  bei  Erlernung  der  Formenlehre  der  attisenen  Sprache 
mit  diesem  Worte  ab  Will  man  nicht  ganz  die  Wörter  auf '^'C.  o/to.; 
fallen  lassen,  so  wilre  es  angezeigt,  dem  .Schüler  partic.  als  Beispiel  zu 
geben,  obwohl  auch  diese  in  manchen  Formen  selten  sind."  Soweit  Herr 
College  Sewera.  Das  ist  allerdings  starker  Tabak,  fch  kann  nicht  umhin, 
mit  einer  äbnliohf^n  l'rise  aufzuwarten:  Ich  müsste  e-«  al^  eine  prtda<;oi,'is<  he 
Taktlot-igkeit  bezeichnen,  wenn  ein  tiraramatiker  das  Wort  aus  der  attischen 
Formenlehre  entfernen  sollte.  Bis  jetst  bat  dies  meines  Wissens  niemand 
gethan,  auch  Kaegi  nicht,  der  doch  in  der  Verminderung  des  Lernstoffes 
nach  meiner  Üborzengnng  bereit"*  zn  weit  gefranj^en  ist.  Znnitch.<it  musa 
ich  richtigstellen,  ütiss  unser  Wort  bei  Herodot  dem  Schüler  niclit  bloß 
an  vier  Stellen  begegnen  kann,  sondern  es  steht  noch  VI,  107  zweimal  der 
Nominativ,  nach  meiner  A\isrfalM'  unrh  1,  '.VJ  der  den.  Singul.  Bei  Homer 
erscheint  das  Wort  (nach  Ue bring)  an  b7  Stellen.  Es  gibt  im  gesammten 
griechischen  Wortscfaahte  kaum  ein  zweites  Wort,  das  sprachgeschichtlich 
so  interessant  hi  und  dem  Schüler  eher  vorgeführt  zu  werden  verdient, 
ö^o'j;  ist  nämlich  ein  .Aori^tparticipium  zu  so«»  Prell  witz  218)  und  als 
«solches  wie  geschatfen  zu  einem  subst.  Paradigma,  an  das  sich  die  Partic. 
auf  -o'j;  Ton  selbst  anschließen.  Wenn  einem  Schfiler  Plage  machen 
>o]ltt'  —  ich  habe  die^e  Broltaohtuiitr  wrilirciul  niciufr  laii^n  Praxi.s  nie 
gemacht  — ,  so  soll  man  ihn  nur  rechtzeitig  mit  dem  Leisten  oder  der 
Nadel  vertraut  machen,  zum  Studium  tau»t  er  nicht  Nebenbei  erwähnen 
will  ich  nur  den  großen  Verwandtenkreis  unseres  Wortes  (man  vergl.  den 
ausführlichen  ArtiTcel  bei  Pott  WzKvfi  IV.  ?S7ff^  und  die  zahlreichen 
termini  technici,  die  mit  ioovi-  gebildet  sind  (Sanders  II-,  183).  Welcher 
Lehrer  dee  Deutschen  wird  nicht  bei  passender  Gelegenheit  auf  das  Trifo- 
lium  ooovt-,  dent-,  zan(t)-  aufmerksam  machen?  Zumal  du-  meisten  Schüler 
die  alte,  noch  im  Dialecte  erhaltene  Form  ran/,  zUndr  kennen. 

Wenn  ich  Herrn  Collegen  S.  recht  verstehe,  d.  h.  wenn  er  sich 
nicht  etwa  undeutlich  ausgedrückt  hat.  hätte  er  nichts  dagegen,  daas  die 
Wörter  auf  -övto:..  al-o  am  ii  die  Participien.  ganz  fallen  gelassen 

werden.    Da  über  das  Vorkommen  der  Participien  auf  -o-j;,  -övto;  bei  S. 


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Litcmrwcfa«  Rundscbau.  255 

keine  spcciellcn  Angaben  zu  tinden  sind,  will  ich  im  Folgenden  selber 
meine  Aufveichnungen  vorleiren.  wodurch  sich  die  obige  Fraise  wohl  USaen 

wird.  Ii  h  b(  >chränke  mich  für  Xenophon  A.  =  Anabasts,  C.  —  Cj'rop,. 
m.  =  iiifMuorabilia^  nnf  die  Chrestomathien  von  Sc  henk  1  und  Lindner, 
ferner  auf  das  Stück  aus  der  Anaba^i-i  in  uieiueiu  Ü Inm^-^lnicho.  für  Her o- 
dot  i—  Ht.)  ant' meine  Auf*j?abe,  für  Demoathenes  I  I  VI.  VIJI.  IX, 
Sophoclea  mit  Aii.s->(  IiUh-;  iler  Trach.,  Plato  Ap.,  Kr  .  Kp..  La.,  Lg..  '  'li;\t  Tii 
i'rot.,  Gorg.,  Fbacdo ;  Uomer  i  =  U.^  gans.  Da  ich  die  nachstehenden 
Angaben  nicht  mehr  flberprfift  habe,  ist  es  leicht  möglich,  daas  noch  eine 
oder  die  andere  Stelle  fehlt. 

o:5oy;  C.  VIII,  7,  11.  Ht.  III.  42.  VIII,  5.  Ai  JUii!   El.  30.  OC.  1287. 

H.  I,  im.  'XTJ^  Ht.  ÜL  m.  O'.o-  C.  VIII.  3,  1.  juta-  (Jorg.  520  C.  —  ooo; 
A.  IIL  2,  4.  C.  I,  4,  25.  VII,  4,  1.  Ht.  IX,  91.  D.  VIII,  62.  Phaed.  88  Ä. 
OC.  855.  OK.  1038.  1143.  Ph.  972.  ivc:-  Ant.  1067.  »tto-  Oorg.  471  B. 

C.  VlU,  3.  8.  ica&«^  C.  VII,  1,  16.  D.  VI.  13.  VIII,  63.  Kpo-  A.  I,  3,  6.  Ai. 
868.  Ant.  Fb.  911.  —  diXoö«  Ht  I,  91.  Ai.  316.  Ant.  496.  00.  547.  764. 
Ph.  1337.  -  p.tori:  Prot.  351  ß.  Phaed.  95  C.  -  A.  II.  3,  19.  C.  VII, 

I,  36.  Ht.  VII,  194.  IX,  47;  89.  Prot.  310  B.  Ei.  731.  OR.  1177  iva-  A. 
1,  6.  4,  III,  1,  ö.  —  ^of>3a  H.  0  369.  npo-  Ai.  1267.  Ant.  46.  El.  368.  — 
A/ oOtja  Ht.  VI,  9ö.  H.  B  874.  A  891.  IV  816.  -  T^oöa«  Oorg  464  C.  — 
S'.'^övTo;  m.  1.  2,  in.  II  390.  —  y"^'^"^'''-  H.  to  340.  -  oioo^rr^t  GR 
1081.  —  dÄOMtic  D.  IX,  62.  -  ?6vt'.  t'h.  668.  —  f '^>'J^fl-  H.  t  250. 
4  206.  —  3tJowta  D.  IV,  24.  VI,  23.  Ep.  14  K  Ätro-  C.  f,  2,  7.  Phaed.  98 
A.  i;:t-  C.  I,  6,  1.  -  oö/T'z.  anc-  D  VI,  22.  «v-  OK.  66.  «po-  A.  I.  3,  5. 
Ai.  1014.  —  -iU/Ta  A.  IV,  4,  19.  m.  II.  3,  10.  Ei  12.^.  —  V'ovt'/.  •ttr'x-  Ht. 
1,  86.  -  otoövti;  Ht  III,  42.  D.  VIII,  28;  ^.  La.  187  D.  Prot.  34»  A.  H. 
X  117.  V  878.  41».  Gorg.  519  C.  —  «ovtt?  A.  IV,  4  15;  7,  27.  C.  VIII,  2, 
20;  5,  23.  Ht.  VII,  138.  D.  II.  29.  Ch.  172  D.  H.  e  38,  'l  U\.  A.  299. 
jxrca-  Kr.  51  C.  not^oi-  A.  III,  1.  28.  C  VIT,  1,  42  -oo-  A.  II.  5,  39.  C  VII, 
1,  42.  Ht.  VI.  49.  —  ■fvovts':  Ht.  VIH,  3;  4.  IX.  17.  xato-  Ht.  VI.  97. 
fiexo-  A.  II,  6.  3.  3'>Y-  Ht.  I,  89.  —  ^'.oövtuiv  C.  VIII.  7.  11.  Ht.  VII,  145. 

D.  IV,  12.  —  ov.Tuiv  Ht.  VII,  132.  -  S'.^övxa;  A.  IV.  .5,  8.  Ap.  20  A. 
•  Rjio-  Ht,  IX,  60.  —  oivia^  Ht.  VI,  94.  VIII.  lOÜ.  ««po-  A.  II,  1.  8.  D.  I,  6. 

—  Tv6vt«t  La.  178  B.  —  Ht.  V,  106.  —  AX^vt»  H.  B  487. 

Aus  diesen  Daten  kann  sich  jeder  selbst  ein  ürtheil  bilden. 

Über  die  Frage,  o^>  eine  wesentliche  Kihzunj^  ilcr  f»'rie(  lii.schen 
Formenlehre  möglich  sei  oder  nicht,  iiabe  «cii  mich  bereite  im  Jaluj^ang«?  X, 
S.  100  ff.  dieser  Zeitschrift  au.*igesprochen  und  sie  im  verneinenden  Sinne 
beantwortet.  K}i  >i'}ie  auch  h-  utn  krinen  Grund,  die.sen  >tati<lpankt  auf- 
zugeben. Was  bedeutet  denn  der  Abstrich  von  ein  paar  Wörtern  oder 
Formen?  Was  meine  Grammatik  betriflt.  kann  es  rieh  um  ein  Mehr 
nicht  handeln. 

Noch  etwas!  Ich  biitte  an  der  Stelle  dp!=i  Herrn  Collef^en  S,  die*ie 
Arbeit  nicht  in  Programmen  verüHentlicht,  wo  «le  so  gut  wie  vergraben 
ist.  Er  wäre  dann  beim  zweiten  Theile  auch  nicht  an  einen  bestimmten 
Kaum  <»^ebiinden  gewesen  Der  Druck  ist  <^ut  überwacht  worden,  ein  paar 
Druckfehler  ttind  als  solche  sofort  erkenntlich,  opeutv  und  xsp^tjiv  auf  S.  11 
sind  vielleicht  keine  Druckfehler. 

Wien.  Dr.  Val,  Bintner. 


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25Ü  Eine  Bitte.  —  Mittheilung.  —  Vll.  dentsch-österr.  Mittelscbultag. 


Eine  Bitte. 

In«loni  ich  mich  mit  dem  Gedanken  trajye.  ein  Verzeichnis  der 
literarischen  Abbandhingen  der  an  den  ö^^terreichischen  Mittelschulen 
wirkenden  Lehrkräfte  tn  veröffentlichen,  erlanbe  ich  mir  an  die  Herren 

DirectortTi .  Professoren  und  Suppionton  -U'r  einzelnen  fVv!nna-;ien  und 
Realschulen  die  höfliche  Bitte  zu  richten,  mir  die  litel  ihrer  bixher  er- 
schienenen Arbeiten  unter  Hinzufügung  des  Verhiges,  beziehungsweise  der 
betreftenden  Zeitschrift  und  der  .Tahrei>zahl  gefälligst  zu  übersenden.  Die 
Voi tli'"»!!!'  fines  9olch*»n  N;irh<ehl;iijft)u.hes-.  \vol(»he<'  ein  bpr»'iUt's  /ou<»ni!* 
für  (iie  literari^he  Thätigkeit  österreichischer  Mittelschullehrer  liefern 
wQrde.  ddrften  von  selbst  einleuchten.  Den  einzelnen  Herren  dflrfte  die 
Erfüllung  m«iner  I'itto  nicht  viel  Zeit  rauben,  würdr'  mich  aber  zu 
be.^^onderem  Danke  verpflichti'n.  In  der  festen  Zuversicht  aut  allseitige 
freundliche  Unter^stützung  ersuche  ich  um  recht  baldige  gütige  über- 
•endtiDg  der  erbetenen  Notixen. 

Dr   Jftknh  SimnjK 
wirklicher  (Gymnasiallehrer  in  tüger. 


Mittheilung*. 


Die  , Gesellschaft  zur  F(>rderung  deutscher  Wissenschaft,  Kunst  und 
Literatur  in  Böhmen*  bereitet  die  Herau.sgabe  der  überriebt  Ober  die 

Leistungen  der  Deutsch' •  'Innen  auf  diesen  Gebieten  für  die  .Fahre  1895. 
Isr'Ci  Kiu!  lSt(7  vor.  Im  Intt'reajje  der  so  wünschenswerten  VoUständicrkfnt 
der  Angaben  crgt'ht  an  alle  aus  Böhmen  «tammenden  oder  in  Böhaien 
lebenden,  fachwi.ssensichaftlich  oder  schriftstellerisch  thätigen  Deutschen 
(z.  Pi  auf  <]>»m  Gebiete  <i<'i  .Iiiris|)rudenz,  .Mi'<li(in.  der  humanisti<th»'n 
und  realistischen,  sowie  der  techni.<4chen  Disciplinen  u.  8.  w.)  das  höfliche 
Eifnichen.  fall»  sie  mit  ihren  Arbeiten  in  den  frQheren  Jahrgängen  noch 
nicht  vertreten  waren,  die  Anffaben  über  ihre  von  189.')  bis  IbDT  fallenden 
schiiftstollerischen  Leistungen  möglichst  bald  an  >\\c  Kan/lei  der  (Je<ell- 
lichafl  Pra<r.  L  Uutfga^e,  Palais  Clam-Gallas)  einzusenden  und  auch  die 
Bekanntgai3e  des  Geburtsorte«,  Geburtsjahres,  des  derseitigen  Anfenthalt»- 
ortes  und  der  Berufsatellnng  anzuachlieiUen. 


VII.  deutsch-Österreichischer  Mittelschultag. 

Wien.  Ostern  1899. 

Die  Einladungen  zu  dem  VII.  deutsch -Österreichischen  Mittelschai" 
tage  werden  im  Herbste  versendet 

Die  Anmeldung  von  Themen  ist  nach  den  Feiien  erwünscht. 

Der  Geschäftsfahrer: 
Feodor  Hoppe,, 

III.,  MQfixgaMe  3. 


V«'rantworilicher  R«Mlact<'ur:  Prof.  Peter  Maresch  in  Wivn. 
K,  u.  K.  HufbuchclruckiTiii  Jus.  Ffichtinger!«  Krlwn,  Linz. 


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enn  Dich,  o  Herr,  die  weihevollste  Stunde 
Im  Kreise  Deines  treuen  Volks  begrüßt, 
Beim  heil'gen  Klang  aus  erzner  Glocken  Munde 
Dein  Leben  traumhaft  Dir  vorüberfließt, 
So  blick  getrost  hinaus  nach  allen  Landen, 
Denn,  was  Du  fühlst,  o  Herr,  es  wird  verstanden. 

Es  gibt  auf  Erden  kein  glückselig  Thüle, 

Viel  Stunden  Leids  für  jede  Stunde  Glücks  I 

Was  ist  das  Leben?  Eine  Sorgenschule. 

Was  ist  der  flfensch?  Ein  Dulder  des  Geschicks. 

Du  aber  hast  in  Deinen  Erdentagen 

Das  tiefste  Weh  mit  hohem  Muth  ertragen. 


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Und  sieh,  o  Herr,  Dem  Leiden  wird  zum  Segen  t 

Auf  Deinem  Throne  stehst  Du  nicht  allein, 

Dean  alle  Herzen  schlagen  Dir  entgegen, 

Nicht  Herrscher  nur,  Du  weißt  ein  Mensch  zu  sein. 

Für  jedes  Leid  empfindest  Du  Erbarmen, 

Nach  Jesu  Wort  hist  Du  ein  Fürst  der  Armen. 

Was  Gottes  Rathschluss  Liebstes  Dir  genommen, 

Aus  bessern  Wdten  blickts  auf  Dich  herab, 

All  unsre  Herzen  sind  zu  Dir  gekommen, 

Die  Liebe  einer  Welt  besiegt  das  Grab. 

Zur  Siegeskrone  wird  der  Kranz  der  Schmerzen, 

Und  wer  ein  Mensch  ist,  huldigt  Dir  von  Herzen. 

Darum  vernimm  den  Liebesschwur  der  Treuen, 
Der  Gottes  Segen  auf  Dich  niederfieht, 
Lass  Dich  die  hohe  Sendung  nicht  gereuen, 
Die  Liebe  Deines  Volks  ist  ein  Gebet. 

Und  dies  Gebet,  o  Kaiser,  lass  Dir*s  schwören. 
Und  dies  Gebet  wird  Gott  im  Himmel  hören! 

Trtokz  Keim. 


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Vorträge  und  Abhandlungen 


Die  Mathematik  der  alten  Ägypter. 

Vortrag,  gehalten  in  der  Sthnnir  der  yMittelBchnle**  vom  19.  März  1888 

▼on  Prof.  Dr.  Karl  Haas. 

Die  Mathematik  der  Ägypter  p;»*no>s  bei  den  Völkern  des 
Alterthuuis  eines  hohen  Rufes.  Das  iiedüifuis,  die  Grenzen  der 
Ländereien,  welche  durch  die  Nililberschwemmungen  oft  ver- 
wischt wurden,  wiederherzustellen,  soll  in  ihrem  Lande  zur 
ErfinduDg  der  Geometrie  geführt  haben.')  Griechische  Philo- 
sophen und  Mathematiker  pilgerten  nach  Ägypten,  um  an 
dieser  Stätte  uralter  Weisheit  ihr  Wissen  za  erwoitein  und  zu 
Tertiefen.  So  Anaxagoras;  Demokrit,  welcher  nach  Diodor*)  fütif 
Jahre  in  Ägypten  verweilte  und  von  sich  rühmte,  dass  ihn  in 
geometrischen  Construetionen  nicht  einmal  die  Harpenoda]>ten 
des  Nillandes  übertrollcu  liätten:  Euduxus  und  riaton,  deren 
AVobnhäuser  in  Ilieropolis  noch  zu  Strabons*)  Zeit  den  Fremden 
gezeigt  worden  sein  sollen;  Thaies,  von  dem  Hieronymus  Ton 
Khodus,^)  ein  Schüler  des  Aristoteles,  erzählt,  er  habe  die  Pyra- 
miden mit  Hilfe  ihres  Schattens  gemessen,  und  endlich  Pytha- 
groras,  welchen  nach  Antiphon^)  der  Tyrann  Polykrates  von 
8amos  an  den  König  Amasis  empfohlen  haben  soll. 

Hei  nllen  Freunden  der  Alterthumswissenschaft  sowie  der 
Geschiflite  der  Mathematik  nmsste  deshalb  die  Kunde  von  der 
Auffindung  mathematischer  Schriften  dt*r  alten  Ägypter  das 
gröOte  Interesse  erregen.  Von  derartigen  Funden  ist  der  be- 
kannteste der  Papyrus  ßhiud,  den  Prof.  Eisenlohr")  1877  über- 
setzt und  erklärt  hat;  zwei  mathematische  Papyri  wurden  ferner 
Ton  Flinders  Petrie^)  lb89  und  1891  aufgefunden;  ein  mathe* 
matischer  Papyrus,  über  dessen  Inhalt  aber  nicht  eimna]  Aii> 
<deutungen  bekannt  geworden  sind,  gehört  Herrn  Goienischeff 

»)  Herodot  II.  109  und  DioJor  I.  81. 

«)  Diodor  I.  98. 

^)  Strabo  XVII.  1. 

^)  DiogeneH  Lacrtius  I.  27. 

^)  Porphyriu.«!.  De  vita  Pytha^jora?  7  und  Diqjjenes  Lagrtius  VJII.  8. 
*')  Ein  niatheniatisi  i)t  >  Fiandbiich  der  alten  Ägypter,  übersetzt  und 
^erklärt  von  Prof.  I>r.  Au;,'.  Ki^mlohr. 

'}  W,  M.  Flinders  Petrie,  lllahim,  Kahun  und  Gurob.    London  1891. 


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260 


Dr.  Karl  Haa& 


dem  Couservator  der  kaiserlichen  Sammlung  iu  der  Eremitage 
za  St.  Peteisbnrg.  Ferner  besitzt  noeh  das  ägyptische  Musettm 
in  Berlin  unbedeutende  Papymsreste  mit  Oleichungen. 

Die  Grundlage  für  meinen  Vortrag  ist  der  Papyrus  Rhiud 
in  der  erwähnten  Ausgabe;  bezüglich  einzelner  Fliieheuberech- 
uungen  wurde  auch  die  Schenkungsurkunde  von  Edfu  ^)  heran- 
gezogen. Eine  Hanptquelle  Rind  auch  Gantors  Vorlesungen  über 
die  Geschichte  der  Mathematik. 

Der  Titel  des  Papyrus  Rhind  gibt  Versprethunnron,  deren 
Erfüllung  wohl  nie  einem  Sterblichen  gelingen  wird.  Er  hiutet: 

„Vorschrift  zu  gelangen  zur  Kenntnis  aller  dunklen  Dinge, 
.  .  .  aller  Geheimnisse,  welche  in  den  Gegenständen  enthalten 
sind.  Yerfasst  wurde  dieses  Buch  im  Jahre  33*  Mesori')  Tag  . . . 
unter  dem  König  von  Ober-  und  Unterägypten  Ra-ä-us,  Leben 
gebend,  nach  dem  Vorbild  von  alten  Schriften,  die  verfertigt 
wurden  in  den  Zeiten  des  Könic^  [Ra-en-m]at  durch  den 
Schreiber  Ahmes,  verfasst  diese  Schritt." 

Ra-ä-us  ist  der  HykRoskönig  Apepa,')  der  Apophis  der 
Grieelien,  der  in  die  Zeit  /.wischen  2000— 17Ü0  v.  Chr.  zu 
setzen  ist.  Der  König  Ka-en-mat,  während  dessen  Kegieruug 
jene  alten  Schriften  abgefasst  wurden,  aus  denen  dann  Ahmes 
den  Papyrus  Rhind  compilierte,  war  der  König  Amenemhat  (II. 
(XII.  Dynastie),  welcher  der  Träger  der  Beinamen  Petesuchet 
(Gabe  der  Suchet),  Aasuchet  (Sprössling  der  Suchet)  und  Sa- 
suchet  (Sohn  der  Suchet)  gewesen  sein  soll.  Wäre  diese  An- 
nahme gesichprt.  so  hätten  wir  in  diesem  Könige  den  Oesetz- 
geber AsvL-lüs  des  Herodot,**)  den  Petesuehis  des  Plinius,-')  den 
Erbauer  des  großartijgren  Tempelpalastes  in  der  Nähe  des  Sees 
Möris,  welcher  den  Namen  Lope-ro-hunt  (Tempel  am  Eingange 
des  Sees)  trug,  was  später  in  Labyrinth  verderbt  wurde;  end- 
lieh den  Sasychis  des  Diodor,'')  den  Erfinder  der  Geometrie» 
Er  regierte  nach  Lepsius  2221 — 2179  t.  Chr.,  nach  Lauth 
2425 — 2385  v.  Chr.  Auch  die  von  Flinders  Petrie  aufgefundenen 
mathematischen  Papyri  entstammen  den  Zeiten  der  Xll.  Dynastie. 

Eine  Bereicherung  unserer  mathematischen  Kenntnisse  ist 
von  diesen  altehrwürdigen  Urkunden  menf^ehlichen  Wissens 
allerdings  niclit  zu  erwarten;  umso  grölier  wird  das  cultur- 
hi^^toi  isene  und  orkenutuistheoretische  Interesse  sein,  das  sie  in 
uns  wachrufen.  Sie  zeigen  uns  den  menschlichen  Geist,  vor- 
sichtig tastend  und  mit  dem  Aufgebote  seiner  ganzen  Kraft. 
Probleme  lösen,  die  wir  heutzutage  als  alltägliche  und  selhst- 


^)  K.  Lepsius.  Über  eine  hieroglyphische  Inschrift  am  Tempel  von 
Edfu.  Abb.  d.  BerL  Ak.  1856. 

-)  Monaten. nne. 

^)  Nach  einem  Holzfmgniente  des  Borl.  äg.  Mu8eaiii&  Briefliche  Mit- 
theilang  des  Dr.  Ludwig  Stern  an  Prof.  Cantor. 
•*)  Herodot  IL  m. 

Plinnis  Hist.  nat.  XXXVL  13. 
S  Diodor  L  94. 


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Die  Mathematik  der  alten  Ägypter. 


2G1 


yerständliche  Dinge  hiiiuehiueu.  Auch  eiu  pädagogisches  lute- 
resse  werden  wir  diesen  »Iten  Sehriften  zugestehen  müssen.  Wie 
der  Embryo  in  seiner  Entwicklung  eine  abgekfirzte  Chronik 
der  Stammesgeschiehte  liefert,  so  macht  der  Seist  des  Lernen- 
den heute  auf  seinem  Werdegänge  Stufen  der  Entwicklung 
durch,  welche  vor  Tausenden  von  Jahren  Höhepunkte  der 
menschlichen  Cultur  markiert  haben. 

Interessant  sind  schon  die  ver^chi'Hlfn^'n  Methoden,  welche 
die  Ägypter  angewendet  haben,  um  die  Zaiileu  tluich  die  Schrift 
auszudrücken.  Die  primitivste  und  wahrsclieinlich  avich  die 
älteste  Methode  ist  die,  welche  zur  Bezeichuuug  eiuer  hestimmteu 
Zahl  Yon  Gegenständen  das  Wortbild  für  den  Gegenstand  ent- 
sprechend oft  wiederholt.  So  wird  der  Begriff  „neun  Götter" 
auf  einem  Denkmale  von  Karnak  dadurch  ausgedrückt,  dass 
die  Hieroglyphe  für  Gott  neunmal  nacheinander  erscheint.  Eine 
zweite  ebenfalls  sehr  ursprüngliche  Methode  ist  die  Angabe 
der  Ziilil  durch  Abbildung  einer  (land,  respective  zweier  Hände 
mit  der  entsprecliende?!  Anzahl  von  ausgestreckten  Fino;ern. 
Dabei  wird  die  Zählung  —  wie  heute  noch  bei  einzelnen 
Negei-stämmen  geschielit  —  mit  dem  kleinen  Finger  der  liuken 
Haud  begonnen,  schreitet  successive  bis  zum  Daumen  dieser 
Hand  Tor  und  wird  dann  rom  Daumen  der  rechten  Hand  aus 
fortgesetzt.  Eine  dritte  fflr  die  Kenntnis  der  Zahlwörter 
sehr  wichtige  Methode  ist  die  Ausschreibung  der  Zahl  in  Buch* 
Stäben.  Endlich  haben  wir  noch  die  ziffermäßige  Darstellung 
der  Zahl  nach  dekadischem  System^  mit  besonderen  Zeiclien 
für  die  Potenzen  von  10  bis  zu  1()0(J(KMM)  inclusive.  Die  Zahlen 
von  1—9  werden  durch  Striche  ausgedrückt,  die  Zeliner  durch 
einen  nach  nuten  offenen  Bogen,  die  Hunderter  durch  ein 
Zeichen,  das  einem  eingerollten  1  urukruuLwedel  ähnlich  sieht, 

U.  8.  W. 

Die  Addition  wurde  durch  zwei  in  der  Richtung  von  rechts 
nach  links  fortschreitende  Beine  angezeigt,  die  Snbtraction 
durch  zwei  in  entgegengesetzter  Richtung  sich  bewegende  Füße. 
Auch  für  die  Differenz  war  ein  besonderes  Zeichen  vorhanden. 

Die  Multij)lication  wird  durch  fortgesetzte  Verdoppelungen 
und  Addition  d'M-  betreffenden  Piodncte  ausgeführt.  )iöÜl><7 
führt  der  Ägypter  in  folgender  W  eise  aus: 

1  X  2801  ....  2801 
2x2801  ....  or,02 
4x2801   ....  112U4 

7  X  2ÖÜ1   ...  "196Ö7 

Wie  lange  derartige  primitive  Methoden  sich  erhalten, 
maff  der  Umstand  bezeugen,  dass  diese  Multiplicationsmethode 

(neben  einer  der  unsrigen  ähnlic]ien.  die  Kenntnis  des  Einmal- 
eins voraussetzenden  Methode)  in  iiriechenland  zur  Zeit  Piatons  ^) 

^)  Auüauge  eineä  Scholiastea  zum  Charmides  des  Tlatoo. 


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202 


Dr.  Karl  Haas. 


noch  üblich  war.  Mutatis  mutandis  wird  übrigens  diese  alte 
Rechnangsweise  selbst  jetzt  noch  in  der  sogenannten  welschen 
Praktik  angewendet. 

Die  Division  wird  entweder  ilireet  ausgeführt  oder  der 
Divisor  wird  solange  multipliciert  (respeetive  dividiert),  bis  der 
Dividend  als  Product  (respective  Summe  der  Producte)  zum 

Vorscheine  kommt. 


Die  Division  70  :  93^  z.  B.  führt  der  Agjpter  aus,  wie 
folgt: 


Technische  Ausdrücke  snul  bereits  vorhanden.  So  ht-ißt 
die  Ansführnng  einer  Keehiiiuig  smot,  das  Kesultat  cheperf, 
die  Probe  sapi,  der  Kest  uta  oder  tet. 

Wir  wenden  uns  nun  zur  Bruchrechnung.  Der  Ägypter 
kennt  mit  Ausnahme  von  |  nur  ätammbrüche,  d.  i.  Brüche  mit 
dem  Zähler  1,  nnd  drückte  alle  anderen  Brüche  durch  solche 
Ton  einander  yersehiedene  Stammbrüche  aus.  Das  hängt 
wahrscheinlich  mit  seiner  Art,  sprachlich  den  Bruch  zu  be- 
zeichnen, zusammen.  Der  reciproke  Wert  einer  ganzen  Zahl 
wird  dureli  Voransetzung  des  Wörtehens  ro  ausgedrückt.  So 
heißt  z.  B.  met  zehn,  ro  nict  ein  Zehntel;  paut  iiHun.  ro  paut 
ein  Neuntel.  Paut  ro  met  würde  nicht  bedeuieu,  sondern 
9iV,-  der  liierati.sehen  Schrift  wird  der  Stnmmbrach  bezeich- 
net, indem  über  den  Nenner  desselben  ein  l^unkt  gesetzt  wird. 
Auch  die  Syrer  ^)  drückten  alle  Brüche  durch  Stammbrüche 
aus  und  schrieben  nur  die  Zahl  des  Nenners,  während  ein  von 
links  nach  rechts  geneigtes  Strichelchen  die  Zahl  als  Stamm- 
bruch kenntlich  machte.  In  ähnlicher  Weise  schrieben  bekannt- 
lich auch  die  Griechen  il  rf  Stammbrüche,  nur  dass  sie  zwei 
solche  Striehelchen  und  in  entgegengesetzter  Kichtung  geführt 
verwendeten;  so  hndeutete  /..  H.  o"  J.  Selbst  Heron  raaehte 
noch  von  den  Statumbrücheu  ausgedehnten  Gebrauch,  obwohl 
er  bereits  andere  Brüche  darstellen  konnte. 

Brüche  mit  einem  anderen  Zähler  als  1  konnten  von  den 
Ägyptern  wohl  gedacht,  aber  nicht  geschrieben  oder  gesprochen 
werden.  Sie  mussten  erst  in  (von  einander  verschiedene)  Scamm- 
brüche  zerlegt  werden.  Daher  nimmt  den  vordersten  Platz  im 
Rechenbuche  des  Ahmes  eine  Tabelle  ein,  welche  lehrt,  wie 
Brüche,  deren  Zähler  2,  deren  Nenner  eine  ungerade  Zahl  ist, 
in  Stammbrüche  zerlegt  werden.  Auf  Grund  einer  sn]i  heii 
Tabelle  konnten  dann  auch  i^rüche  mit  größerem  Nenner  als 
2  in  Stammbrüche  zerlegt  werden. 


)  Merjc,  Gramuiatica  Syriuca. 


2  +  4  70 


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Die  Mathematik  der  alten  Ägypter.  263 

VVusste  mau  z.  B.,  dass  5  =  1  -{-  j'gi  so  ergab  sich  von  selbst 

7  —  4  ^  7  '  a 

*  =  i  -4-  y 

7  '  14 

6          1  J.  1  1 

■7  —  2  1"  7  14 

7  'j    '     4         11    '  28 

Die  Aufgabe  Z  in  Stamuibrüche  zu  zerlegen,  formuliert 
der  Ägypter  so:  „Theile  *i  durch  7."  Er  fragt  nun  zunächal: 
Womit  mubs  ieli  7  multipliciereu,  um  2  zu  erhalten?  In  iigyp- 
tischer  Ilechuuugsart  ist  nun: 

Auf  2  fehlt  nun  nur  noch  4 ;  zu  1^  ]  muss  also  noch  einf 
Zahl  genommen  werden,  die  mit  7  raultipliciert  |  gibt.  Diese 
Zahl  ist  3>g.  Die  Lösung  des  obigen  Problems  ist  damit  ge- 
funden, 

2  i 

7  —  4  ä 

Theile  2  dureh  17  wird  in  analoger  Weise  folgendermaßen 
gerechnet: 

Mit  der  Multiplicati(»u  mit  y'.,  sind  wir  (l»*r  Lösung  schon 
ziemlich  uaiif.   Wir  haben  nur  noch  j  auf  ^  und  ,\  auf  ^  zu 
erganzen.   Also  zu  ^'^  noch  Zahlen  zuzufügen,  die  mit  17 
miiltipliciert  |,  respeetive  |  geben.  Diese  Zahlen  sind  aber 
und        Also  ist 

2  _  1    1  1 

17         I_'    31  G8 

Bei  der  Betrachtung  der  Tabell»'  des  Ahmes,  die  von  ? 
bis  reicht,  d rätigen  sieh  sofort  folgende  Bemerkuiignn  auf: 
1.  Die  Zerlegung  m  Stammbruchf  ist  uuf  verschieden«'  Art 
möglich.  2.  Vortheillmft  ist  Zerlegung  in  Stammbriielie  mit 
geradem  Xeuuer,  weil  bei  nochmaliger  Verdoppelung  eines 
solchen  Braches  sofort  ein  Stammbrueh  erhalten  wurd.^)  3.  Zeigt 
uns  die  häufige  Kürzung  der  geraden  Nenner  durch  2,  dass 
Ahmes  bereits  die  Theilbarkeitsregel  bezüglich  2  kannte. 

i>  Im  Folgendeu  sollen  nach  dem  Vorgange  von  Ki^cnlohr  uw\  Ciiitor 
die  Pluszeichen  Kwischen  den  einzelnen  Brüchen  der  Kürze  Ijuiber  weg- 
bleiben. 

-)  So  iat  ».  B.     -i  4  +  ^  +  ^4  (^5^  ist  in  der  Tabelle  des  Ahme« 

enthalten). 


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264 


Di:  Karl  Haas. 


Allgemeine  Regeln  für  die  Zerlegung  eines  Bruches  in 
StammbrUcbe  finden  sicli  zuerst  im  Reelienbnelie  Ton  Achminif 
einem  griechisch  abgefassten  Papyrus,  der  bei  Acbmim  in  einem 
koptischen  Grabe  gefunden  wurde  und  aus  dem  sechsten  bis 

neunten  Jahrhunderte  u.  Chr.  stammt.  Namentlich  ist 'daraus 
das  \^erfahren  für  den  Fall  hervorzuheben,  wo  der  Nenner  ein 
Froduct  von  i^wei  Factoren  ist. 

speciell  wenn  8=2 

PI 


Boznr^licli  cinor  Primzahl  p  hat  Lenardo  von  Pisa  in 
seinem  über  abaci  zuerst  die  einfache  Kegel  gegeben 

2    1     _^  l  

-p-  1    ,  i 

was  z.  B.  für  '5  sofort  die  oben  viel  mühsamer  geiundeue  Zer- 
legung gibt. 

Als  eine  Anwendung  der  erwähnten  Tabelle  werden  im 
Papyrus  Rhind  Vertheilungen  von  Broten  unter  10  Personen 

vorgenommen.  Für  uns  ist  das  Problem  außerordentlich  einfach. 
Bei  einer  Vertheilung  von  9  Broten  erhält  eine  Person  y(< 
eines  Brotes.  Der  Ägypter  gibt  als  Auflösung  l  ohne 
writer  anzudeuten,  wie  er  das  Resultat  erhalten  hat,  und  macht 
dann  die  Prob<\  indem  er  das  !?psultat  successive  verdojipt  lt, 
vervierfacht,  verudit facht  und  endlich  durch  Addition  des  Zwei- 
fachen und  Achtfachen  das  Zehnfache,  nämlich  y  Brote  er- 
hält. (Vielleicht  wurden  zunächst  |  zehnmal  geuommen,  was  6| 
gibt.  Zu  9  fehlen  da  noch  2^  Nun  ist  ^,  x  10  »  2,     X 10 » i.) 

Die  additive,  respective  multiplieative  Er^nzung  einer 
Bruchsumme  zu  einer  bestimmten  Zahl  Übt  der  Ägypter  in  der 
sogenannten  Sequem-  oder  Ergäuzungsrechnun^.  Das  Verfahren 
besteht  dabei  wesentlich  in  der  Zurückführung  der  Stammbrüche 
auf  einen  gemoinsani<Mi  Nenner,  die  durch  rothe  Schrift  be- 
sonders als  Hilfsreclnumrr  hervoiirdiobrn  wird.  Dabei  können 
auch  Geueralneniicr  «genommen  werden,  in  denen  die  gegebeneu 
Nenner  nicht  eine  ^auze  Anzahl  Male  enthalten  sind.*) 

Als  Beispiel  sei  die  Ergänzung  von  ]  l  4'^  auf  1 

angefahrt 


Ähnlich  isi  ea  dem  Römer  peläufiger,  vou  anderthall»  Zwölfteln 
als  von  einem  Achtel  zu  «prechen,  weil  er  Z"  ii  b*  ii  f  Vr  ""d  für  die 
Hiilfto  von  besitzt,  aber  nicht  fftr  ^.  Vergleiche  Cantor,  Geschieht« 
der  Mathematik  I.  490. 


-  4-  ' 


2  ' 


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Die  Uatbematik  der  alten  Ägypter.  265 

Die  >ifiH.iiit.eniiuiig  bei  Ahmes  führt  iin  11  |,  n  \  l .  41, 
1^,  1,  zusaiumeu  4  woraus  soluiL  eihellt,  duäs  alles  auf 
den  Nenner  45  gebracht  wurde. 

Auf  ^  den  4>.  Theil  von  m  fehlt  nun  noch  der  45.  Theil 
yon  Gl  5  und  |.  Nmi  ist  der  45.  Theil  Ton  5:^,  der 
45.  Theil  Ton  :  Um  also  die  obige  Bruchsumme  auf  f 
zu  ergänzen,  ist  ^  -^^  nothwendig,  um  sie  auf  1  zu  ergänzen 

Für  die  Multiplication  von  Brüchen  mit  Brüchen,  z.  B. 

ü  X  fli  3  I  X  i»  1^2  X  j,  ist  eine  eigene  Tabelle,  vor- 

haudeu. 

Fürs  praktische  Leben  berechnet  sind  die  Theil uugsaufgabeu 
und  eine  Reihe  von  Aufgaben/  die  wir  mit  Hilfe  der  Kegel- 
detri  oder  mit  Hilfe  der  Schlussrechnung  lösen  würden. 

Von  den  Theilungsaufgaben  seien  folgende  hervorgehoben: 

100  Maß  G<'tnM(]f  si)l!(  n  so  an  4  Aufseher  vertheilt  werden, 
duss  der  erste  den  Antheil  für  12,  der  zweite  den  Antheil  für 
8,  (hr  dritt'»  fleu  Antheil  fUr  G,  der  vierte  den  Antheil  für 
4  Arbeiter  erhält. 

100  Brote  sind  so  an  10  Personen  zu  vertheileu,  dass 
3  Personen  doppelte  Ration  erhalten. 

700  Brote  sind  au  4  Personen  im  Verhältnisse  ^  :  i  :  4  :  i 
zu  vertheilen;  3.^4 

Von  den  Schlossrechnungen  will  ich  erwähnen:  Es  ist  der 
jährliche  Fettertrag  ü  geben.  Es  soll  der  Fettertrag  für  einen 

Tag  (das  Jahr  zu  Tagen)  angegeben  werden. 

Aus  ;]\  Bescha  (Maß)  Mehl  werden  80  Brote  gemacht. 
Wie  viel  Bint.'  werden  aus  1  Mali  gemacht  und  wie  viel  Mehl 
enthält  1  Brot? 

Für  die  Zulil  der  Broto,  die  aus  1  Bescha  Mehl  bereitet  wird, 
findet  sich  ein  eigener  tecliLiischer  Ausdruck,  das  Wort  Pefsu. 

Neben  Berechnuogen  des  Pefsu  für  Brot  findet  sich  auch 
eine  Berechnung  des  Pefsu  für  Bier,  d.  h.  der  Biermeuge,  die 
aus  1  Bescha  Malz  hergestellt  wird.') 

Auch  Unirechnungen  von  Bier  in  Brot  (und  umgekehrt) 
finden  sich.  Solche  Keelmungen  ergaben  sich,  wenn  Natural- 
leistungen in  Brot  dun  Ii  X;iturallei>;tnnf^en  in  Bier  und  vice 
versa  ersetzt  weiden  sollten,  ein  bei  Opferrecbnungen  nicht 
seltener  Fall, 

Die  Ägypter  kannten  bereits  Gleit- Innigen  ersten  Grades 
mit  einer  Unbekannten.  Sie  nannten  sie  liau-Uechuungen,  weil 
die  Unbekannte  Hau,  d.  i.  Haufe  ffenannt  wurde.  Die  im  Papyrus 
vorkommenden  Gleichungen  sind  meist  sehr  einfacher  Natur. 
(In  moderner  Schreibweise.) 

x-f  *=19;  x-l  ".--IG;  x -f- y  =  15;  x -|- ^  21 


1)  Eisenlohr  hat  die  Berechnuiig  des  Pefsii  auch  fQr  bayriaches  Bier 

diircli{fef  ührt  und  ist  zu  ilem  Kwultate  i^ekonunen,  dass  diia  bayrisehe  Bier 
fast  denselben  Pef«iu  besitzt  ali  das  ägyptische. 


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266 


Dr.  Karl  Haas. 


Hat  der  Ägypter  die  Aufgabe,  der  Hau  uud  sein  Siebentel 
macheu  zusammen  11),  so  sagt  er,  der  siebeute  Theil  von  8  Hau 
ist  19,  und  fragt  nun  zunächst,  womit  moss  Ö  multipliciert 
werden,  um  19  zu  erhalten. 

«  X  2  ....  16 
d        ,  ,  •  ,  2 

Mithin  8x21  J  =  19 

Nim  wird  2|  ^  noch  mit  7  muitipliciert  uud  so  der  Hau 

16j  gefuiidfii. 

Die  Au\vt  nduii<rt'ii  der  Gleichungen  be/.iehen  ii  nieist 
auf  Getreidemaiie,  juil  Ausnahme  der  ^Vorschrift  zu  berechnen 
die  Arbeiten  des  Hirten'^,  welche  Aufnahme  in  die  bekannte 
Beispielsammluug  von  Ed.  Heiß  gefunden  hat. 

Die  höehste  Entwieklungsstufe  erreicht  die  Arithmetik  der 
Ägypterin  denBeispielenflber Progressi  neu.  Zwei  arithmetische 
Progressionen  und  eine  geometrische  Progression.)  Die  Durch* 
führung  derselben  ist  so  interessant,  da^s  eine  eingehendere 
Besprechung  derselben  £ri\>tattet  sein  dürfte. 

10  Mali  Gttit'id«'  sind  so  unter  10  Personen  zu  verthcilen, 
dass  jede  folgende  Person  um  l  Mall  weniger  erhält.  Ahmes 
^ibt  nun  folgende  Kegel:  Nimm  das  arithmetische  Mittel,  das 
ist  I;  vermindere  die  Zahl  der  Personen  um  1,  gibt  U;  nimm 
die  Hälfte  des  Unterschiedes  das  ist  nimm  das  neun- 
mal und  lege  es  zum  arithmetischen  Mittel.  So  erhalt  er  das 
Anfangsglied.  Die  Vorschrift  des  Ahmes  ist  offenbar  nichts 
anderes  als  die  in  Worten  ausgesprochene  Formel 

a-=^  +     (n-  1) 

worin  a  das  Anfang^ijlied,  d  die  (negative)  Diflferenz,  ii  di»'  Zahl 
der  Glieder  und  s  deren  Summe  ist.  Eine  Ableitung  d^r  Formel, 
eine  Erklärung,  warum  auf  diese  Weise  das  Kesultat  ei  halteu 
wird,  findet  sich  nicht.  Alles  das  ersetzen  die  stereotyp  wieder- 
kehrenden Worte:  „Mache,  wie  geschieht!" 

Noch  interessanter  gestaltet  sich  die  L6snng  der  zweiten 
Aufgabe : 

Brote  100  an  Personen  5.   •}  von  den  3  oberen  das  der 

2  unteren.    Was  ist  dor  Unterschied? 

Ahmes  ixiht  sofort,  ohne  zu  sagen,  wie  er  dazu  frelanct  ist, 
als  Unterschied  5^  an.  Als  letztes  Glied  nimmt  er  1  an  uud 
erhält  die  Heihe 

2a  -f  17^-  +  12  -f  ^2      1  =  60 

Das  ist  zu  wenig.  100  ist  |mal  60.  Wenn  wir  also  jedes  Glied 
^mal  nehmen,  erhalten  wir  die  richtigen  Zahlen 

38j  29^  20  lOf  l  1| 


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Die  Mathematik  der  allen  Ägypter.  267 

■was  zusaiumeji  100  gibt.  Almit  s  weil)  also,  dass  der  Unterschied 
zweier  Theile  das  y  fache  des  letzten  Gliedes  ist.  Er  macht 
xunächrt  die  sehr  einfache  Annahme,  dass  das  letzte  Glied  1 
sei;  diese  Annahme  stellt  sich  als  falsch  heraus  und  wird  dann 
entsprechend  verbessert.  Wir  haben  hier  das  erstemal,  soweit 
wir  die  Geschichte  der  Mathematik  kennen,  die  Methode  des 
falschen  Ansatzes. 

Die  Aulgabe  aus  der  Lehre  von  den  geometrischen  Pro- 
gressionen ist  bei  Ahmes  sehr  lakonisch  abgefasst.  Sie  lautet: 

uat  sutek  an  (Bild)  7 

(Eine  Leiter.)  mau*  (Katze)  49 

2801  pennu  (Maus)  343 

5602  beti  (Gerste)  2401 

11204  beseha  (Maß)  10807 

1Ü007  (temt)  Summe  lUü07 

Eisenlohr  bemerkt  hiezu,  das  Beispiel  sei  von  «mz  be- 
sonderem Werte,  weil  aus  ihm  ersichtlich  sei,  dass  die  alten 
Ägypter  nicht  nur  den  Begriff  der  Potenz  kannten,  sondern 
sogar  filr  die  einzelnen  Potenzen  typische  Nameu  (Bild,  Katze. 
Maus,  Gerst«*,  das  Oetreideman  Bescha)  besaßen. 

lnzwiscli«*n  ist  ein  ^t'hv  ähuliclies.  nur  in  anderer  Einkleidung 
gestelltes  Problem  aus  dem  über  abiici  des  Lenardo  von  Pisa 
(1202)  bekannt  geworden,  das  aui'  die  Aui'^alie  des  Ahmes  ein 
neues  Licht  wim.  Zum  besseren  Verstiina&isse  sei  bemerkt» 
dass  Lenardo  in  seiner  Jugend  gründlichen  systematischen 
Unterricht  in  der  Mathematik  erhielt  und  auf  seinen  Reisen  in 
Italien,  in  der  Provence,  in  Griechenland,  in  Syrien  und 
Ägypten  reichlich  Gelegenheit  suchte  und  fand,  seine  Kennt- 
nisse zu  erweitern  und  zu  vertiefen.  In  seinem  für  die  Geschichte 
der  Mathematik  hochwichtigen  Buche  lautet  die  Aufgabe  folgen- 
dermaßen : 

Sieben  alte  Weiber  gehen  nach  Uom,  jede  hat  7  Maulesel, 
jeder  Maulesel  trägt  7  backe,  jeder  back  enthält  7  Brote,  in 
jedem  Brote  stecken  7  Messer  und  jedes  dieser  Messer  hat 
7  Scheiden.  Wie  groß  ist  die  Gesammtzahl  aller  dieser  Dinge? 

Es  ist  unschwer,  in  dieser  Aufgabe  ein  Pendant  zur  Auf- 
gabe des  Ahmes  zu  erkennen.  Überdies  finden  sich  bei  Ahmes 
"wie  bei  Lenardo  dieselben  zwei  Arten  der  Lösung,  eine  durch 
directe  Addition  der  Potenzen  von  7,  die  andere  mit  Hilfe  der 

Summenformel  s     a  ^^  ^i «  Ahmes  stillschweigend  Tor- 

ausgesetzt  wird.  Der  Sinn  des  Progressionsexempels  des  alt: 
ägyptischen  Kechenbuches  ist  also  wahrscheinlich  folgender- 
Sieben  Personen  haben  je  7  Katzen,  jede  dieser  Katzen  fängt 
7  Mäuse,  jede  dieser  Mäuse  hätte  7  Gerstenähren  verzehrt,  jede 
Gerstenähre  bringt  7  Besi  lia  Gerste  hervor.  W^ie  vi»  !  machen 
alle  diese  Dinge  zusammen?  Sutek  ist  wohl  der  terminus  tech- 


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2G8 


Dr.  Karl  Haas. 


ilicus  für  eiue  geometrische  Progression.  Der  Vergleich  mit  der 
Aufgabe  des  Lenardo  läast  uns  die  iShe  Lebenskraft  solcher 
Probleme  bewandern.  Denn  zwisebea  Ahmes  und  Lenardo  liegt 
ein  Zeitraum  von  8()0()  .Iah reu 

Der  geometrische  Theil  beschränkt  sicli  im  wesenilicben 
auf  rechnende  Aufgaben.  Zunächst  wird  die  Berechnung  der 
Rechtecke  in  der  noch  üblichen  Art  gelehrt.  Gleichschenklige 
Dreiecke  werden  annäherungsweise  nach  der  Formel  i  b  s  be- 
rechnet, worin  b  die  Basis,  s  der  Schenkel  ist.  Der  Vergleich 

mit  der  genauen  Formel  V  1  —  4 l^^sst  sofort  erkennen,  dass 
diese  Formel  umso  berechtigter  ist,  je  kleiner  b  im  Vergleiche 
zu  s  ist.  Nach  derselben  Methode  wird  uoeh  In  der  Schenkungs- 
urkunde von  Edi'u  (^237  v.  Ciir.)  ein  f^leichsehenkliges  Dreieck 
berechnet.  Auch  Heron,  der  bereits  (lie  genaue  Formel  kennt, 
wendet  noch  mitunter  diese  Näherungamethode  au.  Ja  sie  findet 
sich  selbst  noch  im  Sammelwerke  Gerberts  (des  nacbmaligeu 
Papstes  Sylvester  II.,  1000  d,  Chr.). 

Von  der  Formel  |  b  s  fQr  das  gleicbsebenklige  Dreieck 
ausgehend,  gelangt  man  für  das  gleichschenklige  Trapez  zur 
Formel  ^  (a  +  b)  c,  worin  a  und  b  die  Parallelseiteu,  c  die  Scbräg- 

seite  bedeutet.  Die  genaue  Formel  ist  i  (a  +  b)  c  1  —  r*^] " 
Die  Näherun^formel  nähert  sich  deiii  genauen  Werte  umso 
mehr,  je  geringer  die  Differenz  der  Parallelseiteu  ist  und  je 
größer  die  Sebrägseite  wird.  Denselben  Schluss  kann  man  un- 
mittelbar aus  der  Betrachtung  der  Figur  ziehen,  die  sieh  umso 

nähert,  je  geringer  die  Differenz  der  Parallelseiten  im  Vergleiche 
zur  Schrägseite  wird.  Auch  diese  XUherung.>foi*mel  findet  sick 
in  der  Schenkungsurkunde  Ton  £dftt,  some  im  Sammelwerke 

Gerberts. 

Die  Kreisriäehe  wir  ]  »  iin  ni  Quadrate  gleichgesetzt,  dessen 
Seite  §  des  Durchmessers  ijetiugt.   Es  wird  also 

Mithin        ^  ==(';;) -^a-Ku  .  .  . 

Bedenkt  man.  dass  in  der  Bibel  der  Umfang  des  ehernen 
Meeres,  das  10  Ellen  Durchmesser  hatte,  mit  ))0  Ellen  ange- 
geben wird.')  dass  sowohl  in  den  (,'ulvasütras  der  Inder 
in  dem  Teheuu  pci  der  Chinesen  r  =  *i  genummen  wird,  dass 
endlieh  selbst  Heron,  der  berciu  den  Aiehimedischen  Wert 
kennt,  oti  noch  ic  —  3  setzt,  so  wird  mau  die  Genauigkeit  des 
ägyptischen  Wertes  mit  Rücksicht  auf  sein  Alter  bewundern 
müssen.  Nach  der  angeführten  Methode  wird  in  Aufgabe  48 
auch  die  Gonstruction  der  Quadratur  des  Zirkels  rorge* 
iiommeu. 

I.  Könige  7,  23  uiul  II.  Chronik  4,  2. 


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Die  Mathematik  der  alten  A^pter. 


26D 


Auch  eine  Theilungsauigübi'  coiistiuctiver  Natur  fiudet  sich 
bereits  im  Papyrus  Rhmd.  (  Aufgabe  53.)  Sie  bezieht  sieb  auf 
die  TbeiluDg  eines  gleicbsebenkligeii  Dreieckes  durch  Gerade, 
welche  parallel  zur  oasis  gezogen  sind.  Leider  ist  der  Text 

gerade  an  dieser  interessanten  Stelle  so  verdorben,  dass  der 
inn  ders»'!^ 'Ti  sich  nicht  mehr  ermitteln  lässtJ) 

Ein  Tkeil  der  stpreometrisclien  AufLj;:ibtMi  des  Papyrus  be- 
tritii  flas  VoliiTuon  von  Fruchtspeiehern  nn  l  die  Menge  des 
auigt'spf'ieherten  Getreides,  für  welch  letztere  immer  nur  ^'g 
des  Volunieiis  angenommen  wird.  Das  Volumen  wird  berechnet»  . 
indem  die  obere  Grundtläche  (in  einigen  Aufgaben  ein  Kreis, 
in  anderen  ein  Quadrat)  mit  dem  Anderthalbncben  der  Höbe 
multipliciert  wird. 

Macht  man  mit  £isenlohr  die  Annahme,  dass  der  Frucht- 
speicher die  Gestalt  eines  Kegelstumpfes,  respectiye  eines  quadra- 
tischen Pyramidalstumpfes  gehabt  habe  (was  mit  einzelnen 
Abbildungen  übereinstimmt  ,  so  wäre  die  Formel  für  die  ]?e- 
reclmung  des  Volumens  des  Fniehtspeichers  richtig,  wenn  der 
Bnrehmesser  der  unteren  Busis  sich  zu  dem  der  oberen  wie 
l'4;3ti5..  :  1  verhält  oder,  was  (nahezu)  dasselbe  ist,  wenn  die 
untere  Basis  das  Doppelte  der  oberen  beträgt.  Bemerkenswert 
ist,  dass  Ahmes  auch  Inversionen  dieser  Aufgabe  bringt. 

Bei  der  Wichtigkeit  und  Bedeutung  der  Pyramidenbauten 
fOr  den  alten  Ägypter  sind  Aufgaben  über  deren  Dimensionen 
geradezu  mit  Sicherheit  zu  erwarten.  Diese  betreffen  nament- 
lich Verhältnisse  der  Dimensionen  der  Pyramide,  die  wir  in 
der  heutigen  Spruche  der  Mathematik  als  gonioraetrische  Func- 
tionen der  \\  inkel  der  Pyramide  bezeichnen  würden.  Die  Grund- 
fläche der  betretienden  Pyramide  ist  stets  ein  Quadrat.  Gegeben 
sind  der  Uchatebt  (Suchen  der  Fußsohle)  und  der  pir-em-us*) 
(Herau.-i^ehen  aus  der  Säge).  Gesucht  wird  der  Quotient  des 
halben  Uchatebts  durch  den  Piremus,  der  sogenannte  Seqt. 

Was  diese  Worte  im  geometrischen  Sinne  bedeuten,  hat 
Eisenlohr  durch  die  scharfsinnige  Hypothese  herausgebracht, 
dass  Ahmes  wohl  an  Pyramiden  gedacht  liabe,  die  den  Bauten 
des  Cheops  Chephren  und  Mykerinos  ähnlieli  waren.  Die  Zahlen, 
welche  Alimes  für  den  ob  rv-iUmt  Mi  '^mtif üfr  ii  findet,  schwanken 
um  den  Wert  O'Tö.  Deiüselben  Werte  nähern  wir  uns,  wenn 
Avir  bei  deu  oberwiihnten  fjroßen  Pyramiden  die  halbe  Diacronale 
der  Grundfläche  durch  die  Seitenkante  der  Pyramide  dividieren. 
Der  gesuchte  Quotient  ist  also  nichts  anderes  als  der  cosinus 
des  Neigungswinkels  der  Seitenkante  (ge^en  die  Grundfläche). 
Auch  zu  dieser  Aufgabe  gibt  Ahmes  wieaer  Inyersionen. 

Merkwürdigerweise  wird  der  Quotient,  respectire  der  Ex- 
ponent des  Verhältnisses  zweier  Strecken  bei  Ahmes  selber 

^)  Die  Aufgubeu  54  imd  5o.  die  von  Cantor  im  Zii^auinienhange  mit 
t)5  genannt  werden,  sind  rein  aritlimetischer  Natur. 

^)  Von  diesem  Ansilrm  ke  dürfte  das  i^a  iccliix  Ii»;  Wort  Ti'iy/'v.:,  d.i.* 
jedenfalls  aus  dem  Ägyptischen  stammt,  nach  Eiäcniohr  abzuleiten  sein. 


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270 


I}r.  Karl  Uaas. 


wieder  a)8  Strecke  aufgefasst,  eine  Auffassunfi^,  die  unserem 
feiner  aoBgebildeten  mathematischen  Geftthle  durchans  wider* 
streitet. 

Nach  meiuer  Ansieht  ist  der  Papyrus  Rhiud  eine  Beispiel- 
sammlnnp;  für  Tiaudwirte  zu  praktischen  Zwecken  bostinirat. 
Daraut  wrist  vor  allem  der  ideeukreis  hin.  in  welchem  sich 
die  Aufgaben  be\vo<jen.  Die  Theilungsauf^aben  beziehen  sich 
auf  Brot  und  Getreide,  selbst  die  eingekleideten  Gleichungen 
betreffen  Getreidemaße  und  Viehherden.  Die  einzige  Aufgabe 
aus  der  Lehre  von  den  geometrischen  Pj-ogressionen  soll  offen- 
bar dem  Landwirte  die  vVichtigkeit  der  Katzen  für  eine  gute 
Ernte  zu  Gemüthe  fahren.  Ferner  bebandeln  die  Rechnungen 
die  Anzahl  der  Brote,  die  nu<^  einer  gegebenen  Men^je  Mehl 
gebacken  werden,  die  Zahl  dt  r  Krüge  Hier»  die  aus  einer  be- 
stininiteii  Meii<:fe  Malz  gebraut  w.'rdeii.  die  Fnttermens^en  für 
eineu  Gellügelhof.  für  verschietiene  Arteji  <iänse.  für  einen 
Ochsenstall.  Aiieli  du-  i^eometrischen  Auff;al)en  beziehen  sieh, 
wenn  wir  von  den  ryiaiuideu  absehen,  auf  Gegenstände  des 
landwirtschaftlichen  Interesses.  Sie  betreffen  die  Berechnung 
der  Fläche  von  Feldern  und  des  Volomens  von  Frachtspeichern, 
sowie  die  Menge  des  aufgespeicherten  Getreides.  Auch  die 
Aufforderung  am  Schlüsse  des  Papyrus,  den  Sonnenj^ott  Ka  um 
Wärme,  Wind  und  hohen  Wasserstand  zu  bitten,  ist  wohl  an 
einen  Landwirt  gericlitet. 

Din  AtnvpisnTig;on  zur  Ausreclinung  werden  in  lakonischer 
Kürze  gegeben,  die  nur  zu  oft  die  Deutlichkeit  bi»eiiitriii-litigt ; 
sie  sind  apodiktisch,  ohne  Begründung.  Kam  nicht  das  erläu- 
ternde Wort  des  Lehrers  hinzu,  so  hatte  der  Schüler  keine  Ein- 
sicht in  die  Motive  seiner  Berechnung;  die  Verificierung  der 
Lösung  bot  dafttr  keine  ausreichende  Entschädigung.  Ich  mdchte 
fast  behaupten,  dass  der  Papyrus  dem  Schüler  gar  nicht  in  die 
Hand  <r»'p  l)en  wurde,  sondern  nur  für  den  Lehrer  .«ielbst  bestimmt 
war.  Die  Notierung  der  Aufgaben  ist  nämlicli  häutig  so  kurz 
und  mangelhaft,  das«?  sich  ein  Seliüler  wohl  kaum  zurecht- 
gefiiiKb-n  hätte,  Avohl  aber  der  Lehrer,  dem  die  Aufgabe  ja 
schon  bekannt  war 

Das  mathemaiisclie  Wissen  der  Ägypter  ist  waiirscheiulieh 
weit  über  das  hinausgegangen,  was  uns  diese  Sammlnng  bietet. 
So  werden  beispielsweise  bei  den  Aufgaben  aus  den  Progres- 
sionen offenbar  Formeln  benützt,  die  schon  bedeutende  theore- 
tische Kenntnisse  voraussetzen.  Auch  halte  ich  es  nicht  ftlr 
unwahrscheinlich,  dass  zur  Zeit  des  Ahmes  schon  genauere 
Me  thoden  für  die  Berechnung  des  gleichschenkli|^en  Dreiecke.s 
und  Trapezes,  vielleicht  J^ogar  aiuli  für  den  Kreis  bekannt 
waren,  als  sie  unser  Papyrus  bietet.  Für  praktische  Zwecke, 
namentlich  für  Landwirte,  mochten  die  Näheruugsformeln 
gerade  gut  genug  sein. 

Zum  Schlüsse  seien  mir  noch  einige  Bemerkungen  über 
die  Verwendung  der  Aufgaben  des  Papyrus  bei  unserem  Unter- 


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Die  Mathematik  der  alten  Ägypter. 


271 


richte  gestattet.  Icli  mOsste  kein  Schulmeister  sein,  wenn  ich 
nicht  uinvillkttrlich  zu  solchen  Gedanken  angeregt  worden  wäre. 

Bs  kdnn<  u  ein /.»'Ine  Beispiele  der  Zerlegung  in  Stanim- 
brüche  vorgelegt  werden  mit  der  Aufforderung,  ihre  Kichti^< 

keit  7.U  prüfen.  Man  mag  auch  zur  Znilf^cf'inir  von  Brüchen  in 
SbimiiibnK-he  schreiten,  wobei  mau  sich  uatürlich  auf  einfache 
Fälie  beselnänken  wird. 

Mau  führe  Zerieguugeu  wie 

2        \    t   i      -*       ^a^'  -   

vor  und  rege  die  Schüler  zur  Auffindung  des  Gesetzes  an, 
welches  diese  Zerlegungen  beherrscht. 

In  ähnlicher  Weise  kann  man  Fälle  wie 

2    ,  1^ 

15       1"«  20 

behandeln. 

Man  gohf^  njich  Beginn  der  Lehre  von  den  Gl«'i(;huji(;en 
einzelne  Hau-Uechnungen  des  Papyrus  mit  Hinweis  auf  deren 
ehrwürdiges  Alter.  Die  Tbeilungs-  uud  die  licgeldetri-Aufgahen 
-  des  Papyrus  werden  in  ihrer  al&rthQmlichen  j&kleidttng  gewiss 
ebenso  interessieren  wie  die  besprochenen  Aufgaben  aus  der 
Lehre  von  den  Progressionen. 

Unterschiede,  welche  sich  aus  der  angenäherten  Methode 
der  Ägypter  und  aus  der  genauen  Formel  für  das  n;loiehscbenk- 
lige  Dreieck  und  das  jjb'ichschonklige  Trapez  (Mgeben.  werden 
gewiss  das  lebhafte  Intert'ssi'  d'.'s  Schülers  wachrufen.  Man  frage 
auch,  wovon  der  Grad  der  Genauigkeit  bei  der  Näheruugs- 
niethode  al)hängt. 

Man  theile  die  Methode  der  Ägypter  ftir  die  Quadratur 
des  Kreises  mit  und  fordere  die  Schüler  auf,  den  Wert  von  n 
zu  berechnen,  der  hier  zugrunde  gelegt  wird.  Man  lasse  die 
Schiller  selbst  ableiten,  für  Avelches  Verhältnis  zwischen  dem 
Radius  der  unteren  und  dem  der  oberen  Grundfläche  die  ägyp- 
tische Formel  für  das  \"«>hnnen  von  Fruehtspeichern  riohtig 
wird.  Hei  (b'n  Seqt- Ant'£;"aben  wird  es  sich  enipfelibiU,  von  den 
Dinieuaiüuen  der  Pyraniidi'u  dt's('heops  (  hephren  und  Mykerinos^j 
auszugehen,  weil  diese  dem  historischeu  Interesse  des  Schülers 
näher  liegen  als  die  Beispiele,  welche  Ahmes  bringt. 


^)  Siehe  EiseDlobr,  Comtnentar,  Seite  139. 


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Dr.  S.  Spitzer. 


Das  gegenwärtige  ClassiAcationsverfahren. 

Vortrag»  gehalten  ia  Hadants  atn  18.  Juni  von  Dr.  S.  SpitzeP. 

Der  heutige  Vortrag  hat  eine  kleine  Vorgeschichte.  lu 
der  Torjährigeu  Radautzer  Versanunlaiiff  habe  ich  mir  deo  An- 
trag zu  stellen  erlaubt,  dass  wir  die  Einrichtung  der  Classen- 
kataloge  einer  Prüfunpr  unterziehen  und  zu  diesem  Zwecke  einen 
Ausschuss  einsetzen.  Es  ist  auch  in  diesem  Sinne  entschieden, 
aher  der  Gegenstand  der  Prüfung  erweitert  und  auf  die  Frage 
der  Sflir«Mbrf<'schäfte  ausgedehnt  worden.  Ich  pflauhe,  nicht 
zum  \  »)rt heile  für  die  Sache.  Die  Ber:it lnin«ieii  des  Ausschusses 
haben  /.u  keinem  prakiisehen  lie.sultate  geführt,  wenn  ich  auch 
zugestehen  muss,  duss  sich  die  Disjcuission  anregend  und  lelir- 
reich  gestaltet  hat.  So  ist  es  denn  zu  der  —  ursprünglich 
Tom  Herrn  Obmanne  beantragten  —  Form  des  Vortrages  ge- 
kommen, die  Ihnen  Gelegenheit  hieten  soll,  sich  über  die  Sache 
zu  äullern.  Wie  sclion  der  Titel  andentet,  ist  es  natürlich 
nicht  meine  Absicht«  mich  über  das  ganze  weite  Gebiet  der 
Classification  zu  verbreiten,  sondern  nur  dasjenige  darin  zu 
beriiliren.  was  für  die  jetzige  Praxis  von  unmittelbarerer  He- 
deutnni^  ist.  Der  geschichtliche  Kückblick  wird  sich  auf  das 
alleriiulierste  Mall  beschränken. 

Mit  einer  Philosophie  der  Classification  möchte  ich  Sie  ge- 
wiss nicht  behelligen;  doch  ist  es  uieht  Oberflüssig,  da  zwei 
Zwecke  zu  sondern,  weil  deren  Vermengung  einigen  Schaden 
gestiftet  hat.  Zunächst  besitzt  ja  die  Beurtheihing  der  Schüler* 
leistungen  an  und  für  .sich  einen  gewissen  Wert;  und  zwar  — 
nach  der  richtigen  Ausführung  der  Weisungen  (p.  12  ff.»  — 
für  die  Sehüler  selbst,  für  ihre  Eltern  und  auch  für  uns,  durch 
die  Nntliweiidifrkpit .  in   die  sie  uns  verset/t,   in  gemessenen 
Zeiträumen  ein  aljschlieliendes  klares  ürtheil  über  ilire  Leistungs- 
fähigkeit zu  fallen.    Aber  daneben  hat  die  Classification  auch 
eine  andere  Bedeutung.  Sie  dient  den  Bedürfnissen  des  Tages, 
als  unentbehrliches  Mittel  der  Anregung  und  Bewahrung  des 
Lerneifers  hat  sie  die  Maschine  im  Gange  zu  erhalten.  Früher, 
vor  den  neuen  Schuleinrichtungen  haben  ja  die  Seraestral- 
prttfungen  bei  uns  bestanden.    An  Stelle  der  mechanischen, 
rein  gedächtnismiiÜigen  Bewältigung  des  Stoffes,  wie  sie  diese 
gefördert  haben,  soll  min  seither  eine  rationellere  Aneignung 
durch  das  regehnähige  Erlernen  der  Lectionen  erfolgen,  uud 
diesem  Zwecke  wird  zum  großen  Theile  die  Classification  dienst- 
bar gemacht.    Solange  wir  eben  nicht  ideale  Schüler  haben, 
die  aus  reinem  Wissensdurstc  lernen,  können  wir  dieser  gröberen 
Triebfedern  der  Furcht  und  der  Hoffnung  schwer  entrathen. 


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Das  ge^ienw&rtige  CUunfieatioiuTerfahreii. 


273 


Nennen  wir  nun  die  eine  Art  die  Seliliissr l;issiHcation, 
die  andere  die  lautende  Glassiticatiou,  so  kann  muu  nur  sagen, 
dass  sie  beide  orsprQiiglieli  dnreb  Normen  wenig  oder  gar 
nicht  eingeschränkt  waren.  Hinsichtlich  der  Schlossnoten  war 
4er  Spielraum  eher  ein  zu  weiter.  Die  Bezeichnungsweise  war 
ganz  und  gar  dem  Belieben  der  Lehrer  anheimgestellt,  und  es 
herrschte  da  —  in  diesem  Falle  ist  es  ganz  begreiflich  — 
große  Rathlosigkeit,  die  in  den  Spalten  df»r  ..Zeitschr.  f.  d. 
österr.  Gymn  "  beredten  Ausdruck  findet.  Namentlich  war  das 
«in  Ubelstaud,  dass  dieselbe  Bezeichnung  au  der  einen  Anstalt 
diese,  an  der  andern  eine  verschiedene  Bedeutung  hatte.  Da 
kam  die  Verordnung  des  Staatsministeriums  vom  3.  März 
1866  gewiss  nur  gelegen,  welche  die  uns  geläufige  Scala 
festsetäe.  Über  £e  Einseinoten  und  ihr  Verhältnis  zum 
Schlussurtheile  finden  wir  im  Organisationsentwnrfe  nichts  be- 
stimmt: wenig  auch  in  den  Anhängen  zu  diesem,  aus  denen 
die  Instructionen  hervorgegangen  sind.  Hervorzuheben  wäre 
die  Bemerkung  de?  Anhanges  'Nr.  XII  (p.  186).  die  davor  warnt, 
das  Ürtheil  „uur  einer  oder  einigen  Sehlus.sleistungen"  zu 
entnehmen.  Sie  kelnt  ofieubar  gegen  die  Senie.stralprüfungen 
oder  ein  ähnliches  Verfahren  ihre  Spitze.  Aber  auch  die 
Weisungen  —  in  der  Gestalt,  die  sie  vor  der  neuesten  Auf- 
lage darbieten  —  enthalten  wenige  Bestimmungen  dart&ber 
(namentlich  p.  12  ff.,  neueste  Aufl.).  Sie  gehen  von  dem  zu- 
treffenden Grundsatze  aus,  dass  sich  das  Urtheil  im  Laufe  des 
Unterrichtes  allmählich  bilden  und  berichtigen  soll,  und  be- 
tonen im  Hinblicke  darauf  die  Noth wendigkeit,  sich  mit  einem 
klaren  und  verstündl!ch»»n  Vortrage  nicht  zu  begnügen,  sondern 
sich  jederzeit  die  Lberzeuguii^  7,u  verschaftV>n.  wie  die  Schüler 
den  AVisseusstoff  sich  anfreeignei  lieben.  Diu  Weisungen  meinen, 
dass  dann  der  Lehrer  ;,über  die  Aufzeichnung  (^des  Schluss- 
urtheiles)  weder  in  Verlegenheit  sein,  noch  dazu  eines  be- 
deutenden Zeitaufwandes  bedttrfen"  werde.  Nach  dieser  Fassung 
scheinen  hier  Einzelaufzeichnungen  kaum  vorausgesetzt  zu  sein, 
jedenfalls  werden  sie  nicht  obligatorisch  gemacht.  Die  Existenz 
des  Handkataloges,  der  thatsächlich  wohl  allgemein  in  Geltung 
stand,  wird  an  einer  anderen  Stelle  (jetzt  p.  4.'5i  angedeiit*^t. 
wo  das  Prüfungsverfahren  überhaupt  besprochen  und  dafür 
u.  a.  der  Vorgang  empfohlen  wird,  dass  man  die  Fragen  an 
die  ganze  Classe  richtet,  aber  vorzugsweise  jedesmal  einzelne 
Schüler  heranzieht.  Für  diesen  Fall  wQrde  der  Einwand  ent- 
fallen, dass  der  Lehrer  „ffir  seinen  Handkataloe  (jetzt  ,Classen- 
katalog*^  keine  feste  Fortgan^snote  gewinnen  könne".  In  den 
Instructionen  für  den  Unterricht  in  der  Mathematik  hingegen 
wird  sogar  der  Handkatalog  als  entbehrlich  bezeichnet.  Denn 
es  wird  dort  (]).  177)  gesagt,  dass  der  Lehrer,  wenn  er  in 
jeder  Stunde  eindringliclie  Wiederholungen  vornimmt,  ein 
richtiges  Urtheil  gleichzeitig  gewinnt,  ,.so  dass  er  für  die 
Zwecke  der  Censur  eigentlicher  Examinatorien  füglich  entbehren 

„österr.  MUtelschale".  XII.  Jabrg.  1^ 


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274 


Dr,  S.  Spitzer. 


kann.''    Leider  hat  —  nebenbei  gesagt  —  diese  Bemerkung' 

angesichts  der  obligatorisclien  EinfUhrong  der  Classeukataloge 
jetzt  lediglich  akadeniisdie  Ikdi'utung.  Oberhaupt  behandeln 
die  lustruetionen  das  Prüteu  nicht  als  selbstäudigen  Vorgang, 
souderu  fast  durchwegs  nur  im  Zusaninienliange  mit  dem  Unter- 
richte. Für  Mathematik  und  (icscliichtf*  /..  B.  erfolgt  diese  Be- 
handlung im  Anschlüsse  an  die  Bespre(  liuiig  der  Wiederholungen, 
für  Latein  und  (iriechibch  dort,  wo  von  der  Autorenlectüre  die 
Bede  ist  Nur  in  den  Instractionen  für  den  Physikunterrichi 
ist  dem  Frttfen  ein  eigener  kleiner  Abschnitt  gewidmet. 

Dies  ist  der  Stand  der  Sache  bis  zum  Jahre  1887.  Da^ 
tritt  durch  den  Ministerialerlass  vom  2.  Mai,  der  den  Classen- 
katalog  einführt,  ein  Wendepunkt  ein.  In  der  Einleitung  wird 
darauf  hingewiesen,  dass  die  Beni tlieilung  oft  nicht  auf  ge- 
nügender Grundlage  erfolgt,  da  sie  aut  einer  z«  geringen  Zahl 
mündlicher  Nuten  fußt,  und  dass  überhaupt  die  schriftlichen 
Leistungen  zusehr  über  die  mündlichen  gestellt  würden.  Dem- 
gemäß wird  die  gleiche  Berücksichtigung  beider  angeordnet 
und  bestimmt,  dass  jeder  Schfiler  mindestens  vier-  oder  fünf- 
mal im  Semester  zu  prüfen  ist.  Dann  fährt  der  Erlass  fort: 
^Damit  aber  die  Leistungen  ganzer  Classen  sowie  der  einzelnen 
Schüler  aus  allen  Unterrichtsfachern  leichter  in  Evidenz  ge- 
halten und  rascher  überblickt  werden,  damit  der  Director  der 
Lehranstalt,  der  Claj^senvorstand  und  die  übrigen  Lehrer  einer 
Cla«?se  jederzeit  über  die  Zahl  und  über  den  Erfolg  der  ein- 
zelneu Prüfungen  unterrichtet  seien,  ordne  ich  die  Einfühi'ung 
zweckmäßig  eingerichteter  Classenkataloge  an.^  Es  wird  her- 
nach die  sofortige  Eintragung  der  Noten  von  Ta^  /ai  T;ig  leat- 
gesetzt  und  die  auf  Verlangen  zu  erfolgende  Mittheilung  der- 
selben an  die  Eltern  oder  deren  Stellyertreter.  Darauf  heißt 
es  V  '  it  r:  ,,Es  ist  zu  erwarten,  dass  durch  diese  Einrichtung 
auch  der  Verkehr  zwischen  Schule  und  Haus  sich  leichter, 
reger  und  vertrauensvoller  gestalten,  und  dass  beiderpraktisehen 
Durchführung  mehrere  Zweige  der  Amtsführung  (z.  B.  das 
(Jonferenzwesen )  in  vorlheilhafter  Weise  vereinfacht  werden." 

Drei  Zwecke  also  sind  es,  die  vornehmlich  durch  die  Ein- 
fühi'ung der  Classenkataloge  erreicht  worden  sollen:  1.  die 
Eridenzhaltung  der  Schttlerleistungen ,  2.  die  Verdn&ehung 
des  Conferenzwesens  und  S.  ein  gedeihlicher  Einfluss  auf  das 
Verhältnis  zwischen  Schule  und  Haus.  Prüfen  wir  nun  in 
Kurze,  ob  und  inwieweit  diese  Zwecke  thatsrichlich  erfüllt 
werden.  Zunächst  die  Evidenzhaltung.  Wenn  der  Fachlehrer 
seine  Note  einträgt  und  »  r  sieht  daneben  die  Noten  der  ( 'ollegen, 
so  kann  eine  derartige  \  ergleiehung  unter  Umständen  ganz 
interessant  und  lehrreich  sein.  Die  Wichtigkeit  einer  gewibseu 
Übersicht  über  die  Schülerleiatungen  für  die  Classenvorstände 
und  Directoren  dürfte  auch  nicht  in  Abrede  gestellt  werden. 
Die  Frage  ist  nur,  ob  eine  derartige  Obersieht  wirklich  von  Tag 
zu  Tag,  für  den  Director  Ton  Woche  zu  Woche  (Weisungen 


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Das  gögenwilrtige  Clasuficationsverfabren. 


275 


p.  73)  noihwendig  ist,  und  ob  da  niebt  die  frühere  Einncbtung 
genügt  hat,  bei  der  die  Übersicht  Daeb  Ablauf  einer  Conferenz- 
periode  ermöglicht  war  —  zum  mindesten  nach  der  negativen, 
an  vielen  Anstalten  auch  nach  der  positiven  Seite  der  Schüler- 
leistungen.  Ich  würde  keinen  Anstand  nehmen,  die  Frage  im 
eouservativen  oder,  wenn  iSie  wollen,  im  rcactionären  Sinne  zu 
beautworteii,  zugunsten  des  vormaligen  Zustandes.  Der  zweite 
Zweck  ist  die  Vereint':u*)nuig  des  Conferen/wesens.  Nim,  der 
praktische  Vorgang  ist  ja  meistens  der,  dass  man  die  Tadlungen 
und  Mahnungen  bei  den  Schülernamen  in  einem  Bogen  nach 
wie  vor  einzeichnet«  aber  sie  gleichzeitig  auch  im  Glassen- 
kataloge  vermerkt.  Wieso  eine  derartige  doppelte  Eintragung 
eine  Yereinfachung  bedeuten  soll,  ist  niclit  gerade  einleuchtend;  ' 
wo  die  Bogen  wegfallen,  da  kommt  nur  die  Sache  dem  früheren 
VerfM^M-en  gegenüber  auf  dasselbe  hertms  Um  aber  die  Über- 
zeugung zu  gewinnen,  dass  der  Schüler  nicht  entsproelu'ii  ]iat, 
dazu  braucht  man  ileu  Classenkatalog  nicht:  die  bat  man  uhue- 
hin,  oder  es  verschatft  sie  der  Handkatalog  ebensogut.  Und 
nun  der  dritte  Zweck:  die  wohlthätige  Einwirkung  auf  die 
Beziehungen  zwischen  Schule  nnd  Hans.  Der  Veäehr  soll 
sieh  nach  der  Intention  des  Erlasses  leichter  gestalten.  Insofern 
da  daran  gedacht  ist,  dass  er  so  bequemer  wird,  mag  es  damit 
seine  Kichtigkeit  haben.  Es  ist  das  eine  sehr  einfache  Sache, 
wenn  der  Classenvorstand  bloß  den  Katalog  aufzuschlagen  und 
auf  die  Noten  hinzuweisen  braucht;  und  zur  Noth  lässt  sieh 
dies  in  seiner  Abwesenheit  auch  von  anderer  Seite  besorgen. 
Allenliiigs  wäre  eine  derartige  Auskunft  dort,  wo  positive 
Censuren  bestanden  haben,  auch  früher  möglich  gewesen,  nur 
von  Conferenz  zu  Conferenz.  Ob  der  Verkehr  regt  i  geworden 
ist,  darüber  dürften  die  Erfahrungen  an  den  verschiedenen 
Anstalten  verschiedene  sein.  Aber  selbst  wo  dies  der  Fall  ist 
—  namentlich  in  den  größeren  Städten  — ,  hat,  fürchte  ich, 
die  Intensität  des  Verkehrs  unter  der  Extensität  gt^litten. 
Man  hört  oder  sieht  sich  die  Noten  an,  nnd  damit  ist  in  der 
Regel  der  Wissbegierde  Genüge  geschehen;  was  die  Haupt- 
sache wäre,  der  Austausch  der  Meinungen  über  die  Eigen- 
art des  Schülers  unterbleibt  jetzt  meistens.  Außerdem  kommen 
die  Angehörigen  auch  deshalb  häutiger,  weil  sich  die  Schüler 
über  einzelne  Noten  größere  Sicherheit  verschaffen  wollen, 
manchmal  aus  Ehrgeiz,  häufiger  aus  Specnlationssucht.  Ver- 
trauensvoller hat  sich  wohl  der  Verkehr  schwerlich  gestaltet. 
Die  ganze  Einrichtung  der  Classenkataloge  steht  ja  wohl  ein 
wenig  unter  dem  Zeichen  des  Misstrauens;  und  bei  Gelegenheit 
des  letzten  Mittelschultages  bat  Dr.  Pommer  unter  lebhafter 
Zustimmung  der  Anwesenden  drastisch  ges(  hi1d»*rt,  wie  die 
Eltern  mit  dem  Stifte  hinter  den  armen  Scbulnieistcrn  hinter- 
her sind,  um  ihnen  etwas  am  Zeuge  zu  ilickeu.  So  ist  dies  zum 
mindesten  in  den  größeren  Orten  der  Fall.  Die  Verordnung 
denkt  wohl  daran,  dass  die  Angehörigen  die  Beurtheilung  für 

18» 


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276 


Dr.  S.  Spitzer. 


eine  gerechtere  halten  werden,  weil  sie  gleichsam  auf  Grund 
einer  ncheren  Aetenlage  erfolg.  Aber  die  Erfahrung  sprieht 
kaum  dafür.  Wo  wir  frfiher  Vertrauen  gefuuden  haben,  da 
iflt  es  gebliebf^ü:  lie  Zweifelsucht  der  Misstrauischen  dagegen 
wird  durch  jede  Einzelnot''  fi  isch  genährt.  Die  hohe  Bedeutung 
der  Elternrechte  ist  ja  durchnns  nicht  zu  verkennen.  Wir 
Nvissen  sehr  wolil,  diiss  da  schwerwiegende  materielle  Inte- 
ressen in  Betracht  kommen  und  Interessen  höherer  Art,  dass 
wir  oft  in  die  peinliche  Noth wendigkeit  versetzt  werden,  mit 
wichtigen  wirtschaftlichen  Erwägungen  und  den  begreiflicheu 
Empfindungen  des  Eltemstolzes  un<f  der  Elternliebe  in  Wider- 
streit zu  gerathen.  Aber  die  höchste  Würdigung  des  Rechtes 
auf  Auskunft  schließt  noch  immer  den  Zweifel  daran  nicht 
aus,  ob  gerade  diese  Form  seiner  Ausübnog  eine  glückliche 
ist.  Mir  scheint  hier  eine  unangebrachte  Anwendung  des 
sollst  so  berechtigten  Grundsatzes  der  Öffentlichkeit  vorzuliegen. 
Em  seltsamer  Widerspruch  bleibt  es  immerliin,  dass  bri  der 
Beurtlieilung  von  Knaben  oder  doch  ganz  jungen  Leuten  nieht 
nur  selbstverständlicherweise  die  Schlussresultate,  sondern  auch 
alle  dafür  in  Betracht  kommenden  Emzulmomeute  uuter  das 
▼olle  Lieht  der  Öffentlichkeit  gerückt  werden,  die  Qualification 
gereifter  Männer  hingegen  im  geheimen  erfolgt.  So  seheint 
es  mir  denn,  als  würden  die  drei  genannten  Zwecke  durch  die 
Olassenkataloge  zum  geringsten  Theile  erreicht,  und  man  kann 
daher  ihre  Notb wendigkeit  nicht  anerkennen;  die  älteren  Ein- 
richtungen genügen  meines  Erachtens  im  großen  und  rrrmzen. 

Aber  auch  empfindliche  Nachtheile  hat  diese  Einrichtung 
im  Gefolg«».  Vor  allem  widerspricht  das  Vertahreu,  welches 
sie  bedingt,  dem  Wesen  der  Classification.  Die  einzelneu 
Noten  nebeneinandergestellt  geben  in  ihrer  Gesammtheit  — 
selbst  wenn  wir  an  keinen  bloßen  rohen  Durchschnitt  denken 
—  durchaus  nicht  ein  zutreffendes  Bild  von  der  Leistungs- 
fähigkeit des  Schülers.  Hier  erfolgt  eben  die  anfangs  berührte 
V^ermengun^  zweier  ganz  verschiedener  Zwecke  der  Classi* 
fication.  Die  Einzelnote  (wir  sprechen  zunächst  von  den 
mündlichen)  besagt  in  erster  Linie,  wie  die  fiPrtion  beherrscht 
wird.  Gewiss  wird  man  durch  Verstandesfrageu,  durch  das 
Variieren  von  Sätzen  u,  dgl  dem  Prüflinge  auf  den  Zahn 
fühlen;  aber  es  kauu  darauf  naturgemäß  nicht  das  Haupt- 
gewicht gele^  werden.  Wenn  der  Schüler  die  Lection  schlecht 
CNder  mangelhaft  durchgearbeitet  hat,  muss  ich  ihn  schon 
wegen  der  moralischen  Einwirkung  auf  die  Classe  durch  eine 
ungünstige  Note  bestrafen,  auch  wenn  er  dabei ,  was  durch- 
aus nicht  ausgeschlossen  ist.  ein  gewisses  Verständnis  zeigt. 
Und  umgekehrt  muss  die  tleiilige  und  gewissenhafte  Tages- 
arbeit auch  bei  schwächerem  Verstündnisse  belohnt  werden. 
Die  Einzelnoten  haben  eben  zunächst  andere  Zwecke  zu  er- 
füllen, als  dass  sie  sich  zur  ausschlielilicheu  Grundlage  der 
Beurtheiluug  eigneten.    Für  diese  kommt  vor  allem  der  all- 


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Das  gegenwärtige  CUasificationsTer&bren. 


277 


gemeine  Eindruck  in  Betracht,  der  sich  durch  sorgfältige  Be- 
obachtungen allmählich  entwickelt.  Es  spielen  da  gewisse 
Imponderabilien  mit,  die  deb  nicbt  so  bnchatabenmäßig  fest- 
legen lassen.   Oft  ivirft  die  kurze  Beantwortung  oder  die 

Nichtbeantwortnng  einer  kleinen  Bankfrage,  die  niemand  dureb 
eine  Note  kennzeichnen  wird,  ein  scbärferes  Streiflicht  auf 
das  ganze  KönTien  als  alle  Eintragungen.  Und  wenn  ich  bei- 
spielsweise in  der  ultcliissischen  Leetüre  weiter  gehe,  als  ich 
aufgegeben  habe,  und  aus  dem  Stpcrreif  ii])ers»'tz«'ii  lasse,  lässt 
sich  nach  den  geltenden  Bestimm uageii  da  .schwer  eine  Note 
geben,  aber  für  das  Urtheil  über  die  Leiütuugüfühigkeit  ist  es 
gewiss  Yon  Bedeutung.  Man  kann  auch  nicht  gut  den  ver- 
scbiedenen  Wert  der  Einzelnoten  je  nacb  der  Ausdehnung  und 
Bedeutung  der  Lection  durch  Sternchen  und  zugehörige  lange 
Anmerkungen  hervorheben.  Dann  'verkümmert  noch  die  Spe- 
culation,  wie  sie  der  Prüfzwai^^  zeitigt,  die  Bedeutung  der 
Einzflnotf.  Dif*  Schüler  wissen  ganz  genau,  dass  jeder  einzelne 
in  der  Confereiizperiode  mind«'stPiis  einmal  zur  förmlichen 
Prüfung  gelangen  muss,  und  können  sich  in  stärker  besuchten 
Classen  so  den  Zeitpunkt  so  ziemlich  ausrechnen.  Und  selbst 
wenn  man  den  wohlbekannten  Kuustgriü'  des  wiederholien 
Aufruf ens  anwendet,  es  nOtzt  nicht  viel,  weil  der  jugendliehe 
Leichtsinn  die  geringe  Wahrscheinlichkeit  schon  wagt;  selten 
macht  man  bei  derartigen  Überraschungen  eine  freudige  Wahr* 
nehmung.  Verschärft  wird  das  Übel  noch,  wenn  verschiedene 
Seiten  des  Lehrgegenstandes  zu  berücksichtigen  sind.  Hat  man 
zum  Beispiel  das  Griechische  in  der  V.  im  zweiten  Soraesrf»r 
zu  lehren  und  will  begreiflicherweise  den  einzelnen  aus  Homer, 
Xenophon  und  der  Grammatik  prüfen,  dann  gewinnt  der  Schüler 
noch  mehr  Aiiliaitspunkte  für  seinen  Calcul.  Dann  aber  noch 
ein  weiteres  Moment.  Das  Ui-theil  soll  sich,  auch  nach  den 
Weisungen,  im  Laufe  des  Unterrichtes  unter  Umständen  be- 
richtigen. Es  kann  leicht  geschehen,  dass  ich  erst  tief  im 
Semester  drin  den  richtigen  Standpunkt  für  die  Beurtheilung 
gewinne;  auch  bei  den  schriftlichen  Leistungen  erkennt  man 
oft  erst  spiHf>r  die  Ehrlichkeit  oder  Unehrlichkeit  der  Arbeits- 
weise. Nur  hat  man  aber  die  Wnffen  gegen  si^h  selbst  ge- 
schmiedet: man  ist  durch  das  bereits  vorln  ;j;Lude  —  wenn 
auch  den  Thatsachen  nicht  entsprechende  —  otenmat^rial  ge- 
bunden. Der  Grundfehler  der  durch  den  Classeukatalog  be- 
dingten Beurtheilung  liegt  darin,  dasa  dasjenige,  was  in  erster 
Linie  in  Betracht  kommt,  das  OesammtgefQhl,  der  allgemeine 
Eindruck,  in  den  Hintergrund  gedrangt  wird,  während  die 
Einzelnoten,  die  nur  zur  Ergänzung  dieses  Eindruckes  und  als 
Gedächtnishilfe  dienen  sollten,  in  den  Vordergrund  rücken. 
Kurz,  die  Reurf heilungsweise  wird  eine  allzu  äullcrliche.  Und 
ich  fürchte,  wir  entheben  uns  so  immer  mehr  der  allerdings 
nicht  leichten  Aufgabe,  über  die  Leistungsfähigkeit  des  »Schülers 
stets  von  neuem  uns  Rechenschaft  zu  geben,  und  warten  bis 


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278 


Dr.  8.  Spitser. 


zum  SemeKtersehliiPse,  um  aus  den  eingetrageneu  Noten  das 
ziffernmäßige  Resultat  zu  zieheu.  Wer  übrigens  auf  die  Noten 
mehr  Gewicht  legt  —  und  in  eiuzehieii  Gegenständen  ist  es 
ja  begreif  Hefa  — ,  bat  dies  frttber  auf  Grand  des  Handkataloges 
ebensogut  thun  können;  nur  lassen  sich  jetzt  die  anderen  (doch 
jedenfalls  niebt  zn  unterschätzenden)  Faetoren  schwer  weiterhin 
in  Ilechnuog  ziehen. 

Aber  wo  bleibt  die  Cmitrole?  Nun,  flas  ist  ein  sohr 
wichtiges  Moment.  Die  Control»'  \<f  nothwendig  uutl  nns  allen 
ganz  gesund.  Aber  auf  diesem  Ciehiete.  auf  dem  Gebiete  der 
ClassiHeation  wird  sie  in  den  meisten  Füllen  fruchtlos  oder 
schädlich  seiü,  weil  diese  Gewisseubsacbe  ist.  Die  Einführung 
des  Glassenkatalug^'s  hat  aber  thatröcblich  dazu  Veranlassung 
geboten,  das  wichtige  Recht  auf  selbständige  Beurtheilung  der 
Schüler  zu  Terkümmem.  Damit  Sie  mir,  meine  Herren,  keine 
Übertreibung  yorwerfen,  erlaube  ich  mir,  Ihnen  den  Erlass  des 
Bukowiner  Eandesschnlrathes  an  die  Mittelschuldirectionen  vom 
IG.  November  Isiii'  vorzulesen.  Unter  l^erufiiiif^  auf  den 
Ministeriulerlas.s  vom  '.]\.  OctuhtM'  desselben  .lalires,  durch 
weleheu  der  Landes.sehnlr:ith  auffiel  ordert  wird,  darauf  zu  sehen. 
da»s  ,,jederzeit  der  den  Nunueu  etit. -sprechende  Maßstab  au  die 
Schülerleistungen  gelegt  werde^,  eriolgt  wieder  die  Aufforderung 
au  die  Directionen,  „die  Classenkataloge  regelmüOig  ssu  re- 
vidieren und  darauf  zu  achten,  dass  die  in  die  Semestrai- 
zeugnisse einzutragenden  Noten  auch  thatsächlich 
den  Sehttlerleistungen  entsprechen.^  Was  bedeutet  diese 
Bestimmung  anderes,  als  da*?«;  vom  Director  verlanrrt  wird,  er 
solle  prüfen,  ob  die  eingetragenen  Ein/elnoten  das  vom  Lehrer 
bezeichnete  Endresultat  crgeljeii,  und  eventuell  Einsprache  er- 
heben. Das  Recht  auf  selbständige  Classitication  ist  durch 
die  früheren  Verorduuugeu  zwar  nicht  mit  wünschenswerter 
Klarheit  festgestellt,  weil  es  fQr  selbstTerst&ndlich  gegolten  bat, 
aber  doch  offenbar  vorausgesetzt.  Der  Organisationsentwurf 
besagt  nur  7G,  2):  »Das  Semestraizeugnis  enthält  .  .  .  . 
ferner  das  Urtheil  der  einzelnen  Lehrer  über  Fortschritte 
und  Leistungen  in  den  einzelnen  Lehr^egenständen  Aber 
auf  diese  Worte  berufen  sich  zwei  Ministerialverorduungeu 
fsif  gehen  zwa''  direct  die  Hfalschulen  an,  aber  mittelbar, 
da  sie  den  gememsanien  O.  E.  hetieÜ'eu,  auch  die  Gymnasien), 
vom  20.  Juni  1853  und  vom  5.  September  ISoG,  welche  deutlich 
die  Bestimmung  der  Endnote  als  ausschließliches  Recht  des 
Fachlehrers  anerkennen  —  hier  im  Gegensätze  zur  Gonferenz. 
Jetzt  aber,  sehen  wir,  ist  in  dieses  wichtige  Recht  Bresche  ge- 
schlagen. AVir  werden  sicherlich  nicht  so  Terblendet  sein,  um 
die  Möglichkeit  zu  verkennen,  dass  es  unter  den  Mittelschul- 
lehrern  wenig  vertrauenswürdige  Elemente  geben  könnte,  die 
ohne  Conlrolo  aus  mangelnder  Gewissenhaftigkeit  oder  geradezu 
unehrenhaiteu  Beweggründen  ungerecht  classiheieren  würden. 
Aber  es  heilit  doch  das  Kind  mit  dem  Bade  ausschütten,  wenn 


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Das  gegenwftrtige  GInssificatioMverfiihreB. 


279 


man  wogen  der  entfernten  Mögliehkeit  der  Ansselireitungen, 
im  Hinblicke  jiiif  einzelne  Uncrerechte  die  ganze  Lehrerschaft 
leiden  lässt.  Und  gegen  diese  ist  das  Schutzmittel  auch  nicht 
wirksam.  Wer  sich  kein  Gewissen  daraus  macht,  die  End- 
note willkürlich  festzustellen,  der  wird  sich  noch  weniger 
scheuen,  mit  den  Einzelnoten  so  manipidieren,  dm  das 
gewQDselite  Scblussresnltat  zum  Vorsehein  kommt.  Ja,  ich 
weiß  nicht,  ob  nicht  auch  wirklich  gewissenhafte  Lehrer  durch 
die  Verkehrtheit  des  Verfahrens  auf  denselben  Weg  gedrängt 
werden.  Sie  sehen  im  Laufe  des  Semesters,  dass  die  Noten 
nicht  dasjenige  Resnltnt  erflehen  wurden,  welches  ilmen  richtig 
f?clieint.  und  si»^  ir<-])>^ii  di.«  weiteren  Noten  nicht  ganz  dem 
Sachverhalte  eiil -pi  f  i  hend.  um  lieber  im  einzelnen  incorrect, 
uls  im  großen  ungerecht  zu  sein.  Die  richtige  Einsicht  mag 
sieh  ja  durch  alle  Schranken  hindurch  Balm  brechen;  aber 
selbst  wenn  die  FSAh  von  Gewissensconflicten  vereinzelt  sein 
sollten,  so  ist  doch  jeder  einzelne  höchst  bedauerlich. 

Wie  steht  es  nun  mit  der  Einrichtung  der  Classenkataloge 
im  Auslände?  £s  ist  schwer,  darüber  erschöpfende  Auskunit 
sich  7A\  verschaffen,  weil  eben  diese  Einrichtung  interner 
Natur  ist  oder  soin  sollte  lauch  bei  uns  war  sie  ja  schon  vor 
dem  Jalire  iShT  an  einzelnen  Anstalten,  z.  B.  am  Theresianum, 
vorhanden).  In  Deutschland,  dessen  Beispiel  wir  zu  folgen 
pflegen,  scheint  es  nichts  Derarti^eti  zu  geben.  In  Bayern 
existiert  wohl  eine  Art  von  Gharakteristikenbuch,  wie  es  im 
Jahre  1850  auch  die  damalige  Landesschulbehdrde  fflr  Steier- 
mark, Kärnten  und  Erain  geplant  hat,  in  welchem  von  Zeit  za 
Zeit  die  Schülerindividaalitat  ausführlich  gekennzeichnet  wird 
und  worin  auch  die  Eltern  Einsicht  nehmen  können;  aber  dieses 
1^.ti('h  lässt  sich  mit  nnserm  Classenkataloge  nicht  gut  ver- 
^Irichen.  Sehen  wir.  wie  es  in  PreuHen  damit  bestellt  ist.  Ich 
k  inn  es  mir  nicht  versagen,  Ihnen  da  eine  ^^telle  aus  dem 
Martiniak^scheu    Vortrage  Wochen   Hospitierung  an 

Berliner  Gymnasien"  (Graz,  Innerösterreichische  Mittelschule, 
10.  October  1891)  Torzulesen.  Sie  ist  an  und  fUr  sich  in- 
teressant und  stellt  meines  Wissens  neben  der  Pommer'schen 
die  einzige  öffentliche  Äußerung  über  die  Classenkataloge  dar,  so- 
viel auch  schon  im  Privatkreise  darüber  raisonniert  worden  ist. 
„Man  prüft  ganz  bedeutend  weniger  als  bei  uns.  Dies,  meine 
Herren,  brachte  mir  mit  umso  größerer  Klarheit  vor  Augen, 
wie  sehr  unser  Unterricht  durch  den  Prützwang  leidet,  ins- 
besondere seit  der  Einführung  der  Classenkataloge,  Der  un- 
geheure Zeitverlust  alleiu  gibt  schon  zu  denken.  Noch  viel  tieler 
aber  greift  der  Umstand,  dass  durch  den  Prüfzwang  —  sagen 
wir  es  deutlich  heraus  —  das  im  Publicum  bei  uns  überhau{)t 
viel  stärker  als  in  PreuBen  herrschende  Misstrauen  gegen  die 
Lehrer  gewissermaOen  officiell  bestätigt  wurde;  und  das  ist  ein 
Übel,  welches,  wie  Sie  nur  zu  gut  wissen,  auf  Angehörige, 
Schüler  und  auch  auf  uns  Lehrer  recht  ungünstig  einwirkt. 


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280 


Br.  S.  Spitzer. 


Draußen  hörte  ich  noch  die  schöne,  wohlthaende  Äußerong' 
mehrerer  Lehrer,  als  ich  sie  fragte,  wo  sie  denn  ihre  Noten  am 
Schlüsse  hernähmen,  dazu  böten  die  schriftlichen  Arbeiten  An» 
haltspnnkte,  im  übrigen  aber  gebe  man  eben  die  Noten  nach 
seiner  besten  Überzeugung,  nach  dem  Gesammteind rucke,  den 
man  vom  Schüler  gewonnen  habe,  nach  dem  Gefühle.  Meine 
Mittheilungen  über  das  Prüfen  und  ü!)er  die  Einrichtung  des 
Classenkataloges  wurden  mit  d<M!i  hüch.sten  Erstaunen,  ja  an- 
fangs geradezu  ungläubig  nutViMionioien."  Man  muss  weit 
nach  dem  »Süden  reisen,  um  eine  uimliche  Einrichtung  anzu- 
treffen. &  findet  sieh  in  einem  Lande,  das  allerdings  andere 
Buhmestitel  aufzuweisen  hat,  in  Griechenland.  Nun,  iSa.  glaube» 
das  Vertrauen,  das  man  —  ich  will  nicht  von  Deutschland 
reden;  möglich,  dass  dort  die  Lehrerschaft  auf  einer  höheren 
Stufe  steht  —  das  man  aber  auch  sonst  überall,  vom  mis8> 
trauischen  Griechenland  abgesehen,  den  Miftolschiillehrern  ent- 
gegenbringt, das  man  uns  früher  entgegeugebru'  ht  hat  und 
noch  ietzt  den  VolksschuUehrerii  zollt,  das  würden  wir  auch, 
weiterhin  verdienen. 

Der  Classenkatalog  scheint  also  nicht  nothwendig  und 
zieht  viele  Nachtheile  nach  sich.  Dennoch  erhebe  ich  nicht 
den  Schreckensmf:  Fort  mit  dem  Glassenkataloge!  Denn  die 
Re.^olution,  die  ich  beantragen  will,  soll  nicht  persönlichen 
Empfindungen  Ausdruck  verleihen;  sie  soll  Ton  vereinswegen 
gefasst  werden.  Wir  wollen  dabei  immer  das  Erreichbare 
anstreben  und  \ins  dns  Bestehende  üiTiglichst  nnschlielieu. 
So  morlifp  ich  ihnen  denn  eine  ModiticaLiuu  der  jetzigen  Form 
des  Classenkataloges  vorschlaf?*^n.  Sie  wird  Ihnen  vielleicht  auf 
den  ersten  Blick  nach  dem  inuclitigeu  KreiÜen  von  vorliia  ein 
lächerliches  Mäuschen  scheinen;  aber  ich  glaube,  dass  sie 
dennoch  vieler  Schattenseiten  der  Einrichtung  entbehrt  und 
dabei  manche  ihrer  Vortheile  mit  herübemimmt.  Ich  denke, 
das  Beste  wäre,  wir  würden  die  positiven  Censuren,  wie  sie 
früher  an  einigen  Anstalten  bestanden  haben,  im  Rahmen  des 
Classenkataloges  wieder  ins  Leben  rufen.  Der  Lehrer  hätte 
also,  ohne  die  lästigen Einzfleintraf^niirfeii  vornehmen  zu  müssen, 
bloß  am  Schlüsse  der  Conterenzperiode  sein  Urtheil  über  die 
Leistungskraft  des  Schülers  —  womöglich  nach  der  mundiichen 
und  schriftlichen  Seite  speciliciert  —  durch  eine  Note  aus- 
zudrücken. Sie  sollte  sich  aber  auf  den  ganzen  bis  dahin  ver- 
flossenen Zeitraum  beziehen,  also  beispielsweise  nach  Ablauf 
der  zweiten  Gonferenzperiode  besagen,  wie  sich  der  Calcul  bis 
dahin  überhaupt  stellt,  nicht  bloß  in  dieser  Periode  selbst;  es 
wäre  dies  wohl  lehrreicher.  Diese  Noten  wären  den  Angehörigen 
auf  Verlangen  mitzutheilen:  falls  sie  ungünstiger  Natur  sein 
sollten,  hätte  diese  Mittheilun^'  imch  ohne  diese«  von  amts- 
wegen  zu  erfolgen.    Ich  erlaube  mir  also  zu  beantragen: 

„Die  ,Bukowiner  Mittelschule'  spricht  sich  für  eine  der- 
artige Modification  der  gegenwärtigen  Einrichtung  des  Glossen- 


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Oaa  g^genwArtige  OUMnficaÜoiuver&breB. 


281 


kaiaiüges  aus,  dass  der  Fachlehrer  lediglich  dazu  verhalten 
werde,  am  Eude  jeder  Conferenzperiode  seinem  (Jrtheile  über 
dasjenige,  was  der  Schüler  bis  dahin  geleistet  hat,  durch  eine 
29ote  Ansdroek  zu  yerleUien.  Wo  sehriiUiehe  Leistaxigen  an- 
geordnet sind,  hat  er  sie  dnreb  eine  besondere  Note  za  kenn- 
zeichnen.  Diese  Noten  sind  den  Eltern  oder  deren  Stellver- 
tretern auf  Verlangen  mitsatheilen;  sind  sie  angfinstiger  Natur^ 
hat  die  Mittheilung  von  amtswegeu  zu  erfolgen.*^ 

Ich  glaube,  meine  HeriPii,  Sie  würden  durch  die  An- 
nahme dieser  Resolution  nirgends  verletzen  und  so  die  Vereins- 
interessen gefährden  und  dabei  doch  der  Uberzeugung  von  der 
Ket'ormbedQrttigkeit  einer  wichtigen  Schuleinrichtung  oÜ'eueik 
Ausdruck  geben. 


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282 


Josef  Wotta. 


Über  SehüleraussehließuBgen. 

Vortrag  Yon  Prof.  JOMf  Wotta,  gehalten  im  Vereine  „Bukowiner  Mittel- 
schnle*  in  Csernowits  am  S8.  April  1898. 

Meine  Herren! 

lü  den  Mittelschulvereinen  werden  außer  Staudesfragen 
and  wissenscbafÜichen  Vorträgen  auch  pädagogisch-didaktisehe 
Fragen  sehr  häufig  erörtert,  denn  diese  sind  in  erster  Reihe 
geeiguetf  ftUe  Vereinsmitglieder  in  hohem  Grade  zu  interessieren, 
weil  sie  jedem  Mitglied e  die  erwünschte  Gelegenheit  bieten, 
bei  den  Debatten  seine  Meinung  za  suißern,  in  welcher  Weise 
der  eine  und  der  andere  Lehrer  das  Wohl  der  studierenden 
Jugend  nach  seinem  besten  Wissen  <:^etr»rdert  wissen  wollte; 
denn  es  ist,  man  kunn  sagen,  in  der  Natur  der  Lelirer  gelegen, 
nicht  blol]  um  das  ^Vohl  des  eigenen  Ichs,  Huudern  mit  ebenso 
grolJem  Interesse  auch  um  das  Wohl  ihrer  Schüler  zu  sorgen. 

Wer  einmal  nach  reiflieher  Überlegung  sich  dem  Lehrer- 
stande widmet,  der  thut  es  nnr  infolge  einer  besonderen  Vor- 
liebe für  diesen  Stand,  er  fühlt  in  sich  die  s(^genannte  Yocation 
zum  Lehrer  und  kümmert  sich  nicht  um  die  Klagen,  die  man 
heutzutage  so  oft  zu  hören  bekommt,  dass  die  Menschen  keine 
höheren  Ideale  haben  und  nur  dem  Materialismus  huldigen. 
W^ir  können  mit  großer  Freude  constatieren,  dass  die  meisten 
Mitglieder  des  Lehrerstandes  noch  ideal  angelegt  sind.  Die 
Ideale  sind  gleichsam  Schwingen  des  suchenden  und  strebenden 
Geistes,  auf  welchen  sich  der  Lehrer  über  das  Alltägliche  zu 
erheben  yermag.  Diese  Ideale  yerleihen  ihm  jene  edle  Be- 
geisterung, welche  für  jeden  selbstlosen  Erzieher  der  Mensehen 
noth wendig  ist;  denn  ein  Lehrer  ohne  Be «reiste rung  für  seinen 
hohen  Beruf  und  ohne  Interesse  für  das  Wohl  der  Kinder,  die 
er  zu  l)ilden  hat  und  die  er  erst  7,u  Menschen  erziehen  soll, 
sinkt  zu  einem  gew'ihnliohen  Taglöliner,  dem  es  nnr  darum 
zu  thun  ist,  dass  die  Unterrichtsstunde  zu  Ende  geht  und  er 
am  1.  jeden  Monats  sein  Gehalt  bekitmnit. 

Nicht  die  bessere  oder  schlechtere  Besoldung,  sondern  die 
heilige  Begeisterung  für  unseren  schönen  Beruf  befähigt  uns, 
den  männlichen  Geist  herabzubeu^en  zur  Kinderwelt,  uns  liebe- 
ToU  selbstTergessen  zu  Tersenken  in  die  kindliche  Ajischauungs-, 
Denk-  und  Stimmungssphäre,  um  die  geistigen  und  sittücnen, 
Kräfte,  die  in  der  Tiefe  der  Kinderseele  gebunden  liegen,  zu 
befreien.  Die  Begeisterung  für  den  Erzieherberuf  verleiht  uns 
jenen  Grad  von  (xeduld,  welcher  nothwendig  ist,  das  Streben 
und  die  Freudigkeit  in  unserem  Schüler  zu  wecken,  ein  Ideal 
sich  selbst  zu  gestalten,  dem  mögliehst  nachzustreben,  das  nach. 


•Digitized  by  Google 


Ober  Schflleransschließniiffen. 


283 


Kräften  möcrlicbst  aaszugestalteu  als  Zweck  uüd  Ziel  seiues 
Lebens  ersrlieiut. 

Es  ist  daher  selbstverständlich,  dass  es  uns  auch  daran 
lie^t,  dass  mogliclist  alle  uns  zur  Erziehung  und  zam  Uutei*- 
mhte  anvertraoten  Kinder  das  angestrebte  Ziel  erreichen,  und 
dass  es  jeden  von  uns  immer  schmerzlich  beiührt,  wenn  der 
eine  oder  der  andere  von  unseren  Schülern  infolge  gewisser 
Vergehen  Tom  ]3esuche  des  öffentlichen  Schulunterrichtes  aus- 
geschlossen werden  muss.  Es  dürfte  wohl  aus  diesem  Grunde 
violon  ^^)llo^•Hn  die  Thfitsache  aii{'n;*'fallen  sein,  dass  hei  jed^r 
ordcntiiciitMi  Monatscunferenz  der  Lehrkörper  unserer  Mittrd- 
Kclnih'n  unter  den  holien  Erliisspii,  die  den  Cotiferenzmitgliedern 
zur  KuuuLuis  gebracht  werden,  sich  stets  verhältnismäßig  viele 
vorfinden,  durch  welche  Bchmerausschlleßungen  Yerschiedener 
Schulkategorien  bekanntgegeben  werden. 

Wenn  ich  es  unternommen  habe,  über  SchÜleransschließun- 
gen  aus  unseren  Mittelschulen  einige  Betrachtungen  anzustellen, 
so  muss  ich  gleich  hier  m  rken,  dass  es  durchaus  nicht  meine 
Absicht  ist,  etwa  eine  Kritik  üht'r  die  vollzoL'on»Mi  Rcliüler- 
ausschließuugen  zu  üben,  sondern  ich  will  nur  die  Aufmerk- 
samkeit der  geehrten  Collegen  auf  diesen,  wie  ich  glaube, 
nicht  unwichtigen  Gegenstand  gelenkt  haben. 

Ich  habe  auf  Grund  genauer  Verzeichnisse  die  in  den 
letzten  zehn  Jahren,  d.  i.  seit  dem  Jahre  1888  bis  inclusive 
1897  bekannt  gewordenen  Schülerausschließungen  aus  allen 
Öffentlichen  Schulen  gezählt  und  habe  gefunden,  dass  während 
des  genannten  Zeitraumes  im  ganzen  6Ü4  Schiller  vom  öffent- 
liehen  Selmlunterrichte  ausgeschlossen  wurden.  Es  entfallen 
sonjtt  im  ] )nr*dischnitte  für  diesen  Zeitraum  Schüler- 
ausseiiiiebunu;en  per  Jahr.  Auf  die  einzelii'Mi  Jalire  vertheilen  sich 
diese  Fälle  ziemlich  veischit-den;  so  wurden  beispielsweise  im 


aus  allen  Schulen  ausgeschlossen.  Dass  die  Zahl  der  Loeal- 
ausschließungen  eine  bedeutend  größere  sein  wird,  durfte  kein 
Zweifel  obwalten.  Nachdem  die  Zahl  der  Ausschließungen  eine 
so  große  ist,  so  bin  ich  der  Ansicht,  dass  diese  Angelegenheit 
wohl  weii  sein  dürfte,  in  den  Mittelschulvereinen  seitens  der 
Lehrer  besprochen  zu  werden:  denn  es  darf  niis  doeli  nieht  gleich- 
giltif^  sein.  Avenn  jährlieh  ül>f'r  00  junge  Leute,  zu  welrhen 
iu  der  Keifel  {gerade  uielit  die  jreistioc  Ijeschränktesten  rr*^b*>i"t:n, 
des  Rechtes  verlustig  erklärt  werden,  an  einer  öffentlichen  Lehr- 
anstalt studieren  zu  dürfen.  Man  muss  sieh  nur  in  die  Lage 
der  bedauernswerten  Eltern  solcher  Schüler  versetssen,  um  die 
ganze  Schwere  eines  derartigen  Unglücksfalles  begreifen  zu 
können.  Was  können  die  Eltern  mit  einem  16-»  17jährigen 
oder  noch  älteren  Sohne  beginnen,  der  bis  zu  seiner  Aus- 
schließung nichts  anderes  gelernt  hat.  außer  das,  was  die  be- 
treffende Lehranstalt,  dif»  f»r  besucht  hatte,  von  ilini  gefordert 
hat.    Man  wird  wohl  zugeben  müssen,  dass  in  der  Hegel  der 


Jahre  1895  sogar  9.ö  Schuler 


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2ö4 


Joaef  Wotta. 


lüßeie  Theil  der  von  dieser  Strafe  Ereilten  für  ihr  ganzes 
eben  nnglüeklieh  bleibt. 

Darauf  könnte  mir  wohl  erwidert  werden,  dass  der  junce 
Mensch  es  nicht  anders  haben  wollte,  denn  er  habe  sein  Schick- 
sal selbst  verschnldet  ond  müsse  daher  auch  die  natürlichen 
Folgen  tragen  u.  s.  w.  Mir  fällt  es  auch  nicht  ein,  darüber 
Worte  zu  verlieren,  wenn  einen  unverbesserlichen  Thuniclitfjut 
die  verdiente  Strafe  trifft;  denn  es  ist  gnnz  in  der  Ordaiiiig, 
dass  jeder  Schüler,  der  die  Schulgesetze  nicht  befolgt,  sich  den 
Anordnungen  der  Lehrer  nicht  fügen  will,  gestraft  werden 
muss.  „Strafen,"  sagt  Goethe,  „heißt  dem  JüngUiig  wohl  thun, 
dass  der  Mann  uns  danke."  Durch  jede  Strafe  sucht  der  £r^ 
zieher  ein  unangenehmes  Gef&hl  tu  erregen,  um  die  Maeht 
des  Bösen  in  und  außer  dem  Kinde  zu  schwachen  und  dem 
Guten  zum  Siege  zu  verhelfen.  Diesterweg  sagt  in  seinem 
Aufssitze  „Was  fordert  die  Zeit  in  Betreff  der  Scliulzueht?"  aus 
dem  .hilire  1830:  „Wer  den  Kespect  und  Gehorcmn  f(en;on  die 
(conereten)  Personen,  durch  welche  die  Gesetze  sind  und 
lebendig  werden,  in  seinem  Geniüthe  vertilgt  hat,  für  den  ist  es 
nur  ein  Schritt  zur  L'bertreLung  der  Gesetze.  Das  Gesetz  muss, 
wie  der  das  Gesetz  ausfahrende  Beamte  eine  Autorität  sein. 

„Die  Achtung  gesen  die  Gesetze,  sowie  gegen  den  Gehor- 
sam muss  der  Mensch  lernen.  Der  heranwachsende  Mensch,  das 
Kind,  muss  daher  in  der  Achtung  gegen  die  Gesetze  erzogen 
werden." 

Man  kann  getrost  behaupten,  dass  solange  es  Schüler 
geben  wird,  sohmt^e  werden  die  Lehrer  gezwungen  sein,  Straten 
zu  dictiereu,  nur  ist  dabei  wohl  zu  berücksichtigen,  dass  die 
Strafe  dem  jeweiligen  Vergehen,  das  ein  Schüler  begangen  bat, 
dann  dem  Alter  und  der  Indindualitüt  des  Schülers  entsprechend 
sei;  denn  ein  Missgriff  in  diesem  Punkte  kann  sehr  leicht  dem 
Schaler  zum  Verderben  gereichen.  „Das  Kind  wird  mehr  ge* 
zttchtigt,  der  Knabe  mehr  beschämt,  der  angehende  Jflnghng 
mehr  ermahnt  und  zurechtgewiesen.^  (Kruse.) 

Es  ist  selbstverständlicn,  da.ss  Schüler  aus  der  Schule  ent- 
fernt werden  müs.sen,  wonn  deren  weiteres  Verbleiben  in  der 
Anstalt  für  die  übrigen  i^ehüler  eine  Gefahr  brächte.  Der  Aus- 
sehlnss  eines  Schülers  aus  einer  Anstalt  oder  gar  aus  allen  An- 
stalten gehört  wohl  zu  den  iuirtesteu  Strafen,  die  einen  jungen 
Menschen  treffen,  kann;  die  allerhärteste  Strafe  hat,  wie  oben 
angegeben  wurde,  in  jedem  der  zehn  letztvergangenen  Jahre 
durchschnittlich  Ober  60  Schüler  getroffen,  und  zwar  mit  Recht, 
denn  sonst  wären  sie  TOn  den  betreffenden  Lehrkörpern  zum 
Ausschlüsse  nicht  beantragt,  oder  aber  der  beantragte  Ausschlusa 
wäre  von  den  hohen  St  hnlbehörden  nicht  bestätigt  worden. 

Bis  vor  1:iir7*'r  Zeit  wurde  in  jedem  hohen  Erlasse,  durch 
welchen  die  Aussciiließuug  ein»'s  Schülers  publiciert  wurde,  auch 
der  Grund  angesehen,  weshail»  dieser  oder  jener  Schüler  aus- 
geschlossen wurde;  in  letzter  Zeit  werden  diese  Gründe  nicbt 


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Übor  SchOlerausschUeßaiigeik. 


285 


mehr  uu^egeben.  Mögen  nun  die  Grunde  welcher  Art  auch 
immer  sein,  so  dürfte  es  unter  den  zur  Ausschließung  bean- 
tra^n  auch  manche  Falle  geben,  welche  bei  wohlwoUenaer  und 
mhiffer  Behandlung  seitens  des  betreffenden  Lehrers  h&tten 

wohl  Tcriiindert  werden  können.  Ich  sage  absichtlich  seitens 
des  betreffenden  Lehrers,  weil  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  ge- 
wöhnliel)  -/nerst  ein  Lehrer  über  diesen  oder  jenen  Schüler 
Klage  fuhrt,  denselben  mahnt,  tadelt,  einsperren  lässt  und  auf 
diese  Weise  die  Aufmerksamkeit  des  Lehrkörpers  auf  den 
*,Tavigenichts"  lenkt,  wodurch  erst  eine  Erbitterung  in  dem 
Schüler  hervurgerufen  wird,  die  ihn  sodann  iiir  jeden  wohl- 
gemeinten Rath  blind  und  taub  macht.  Schließlich  bleibt  dem 
Lehrkörper  kein  anderes  Mittel  flbrig,  als  den  Widerspenstigen, 
Kecken  and  Nachlässigen  zum  Ausschlüsse  aus  der  Anstalt  zu 
beantragen.  Ich  bin  der  Ansicht,  dass  bei  taktvoller  Behand- 
lung der  Schüler  der  Ungehorsam,  die  Keckheit,  Widerspenstig- 
keit nüd  manche  andere  Untugenden  äußerst  selten  jenen  Orad 
anurliiiiiMi  würden,  dass  man  die  jungen  Leute  desliulb  /um 
Ausschlüsse  beantragen  müsste.  Der  Lehrer  muss  seine  »Schüler, 
wenn  er  sie  ganz  gerecht  beurtheilen  will,  uach  allen  Hichtun- 
j^eu  genau  kennen  lernen,  er  muss  die  geistige  und  körperliche 
Beschaffenheit  eines  jeden  Schülers  kennen  und  die  einzelnen 
Individualitäten  ffenau  berücksichtigen. 

Am  besten  lernen  wir  unsere  Schüler  kennen  und  behan- 
deln, wenn  wir  uns  selbst  genau  studieren.  „Willst  du  andere 
verstehen,  blick'  in  dein  eigenes  Herz."  Jeder  von  uns,  der  zu 
gewissen  Zeiten  im  Jahre  geistig  übermäßig  angestn^ngt  zu 
arbeiten  genöthigt  ist,  wirdf  an  sieh  selbst  die  Beobachtung 
gemacht  haben,  dass  die  geistige  Ermüdung  sein  ganzes  Naturell 
in  hohem  Grade  nachtheilig  beeiuÜusst.  Ich  habe  iu  dieser 
Hinsicht  an  mir  selbst  und  an  meinen  Schülern  seit  yielen 
Jahren  Beobachtungen  gemacht*  An  unserer  Anstalt  findet 
jedes  zweite  Jahr  eine  doppelte  Reifeprüfung,  d.  i.  an  der 
männlichen  und  weiblichen  Anstalt  statt.  Die  Prüfungen 
dauern  10  bis  14  Tage,  dabei  wird  täglich  acht  bis  neun 
Stunden  geprüft,  und  diejenigen  Mitglieder  unsere^  Lehr- 
k<"irpers,  welche  an  beiden  Anstalten  in  den  vierten  Jalngangen 
beschäftigt  sind,  müssen  während  der  ganzen  Prüfungszeit  bei 
der  Prüfung  /.ugegen  sein,  um  aus  einem,  zwei,  eventuell  auch 
mehr  Gegenständen  70,  80,  sogar  bis  über  100  Candidaten  zu 
prüfen.  Diese  Arbeit  gehört  zu  den  anstrengendsten,  die  ich 
kenne;  denn  bei  der  Prüfung  muss  der  Lehrer  stets  den  ganzen 
Lehrstoff,  über  den  er  seine  Schüler  zu  prüfen  hat,  vor  seinem 
geistigen  Auge  haben,  um  aus  demselben  jedem  Schüler  solche 
Fragen  zu  stellen,  aus  denen  die  Commission  die  Überzeugung 
gewinnen  soll,  ob  und  in  welchem  Grade  der  Candidat  geistig 
reif  ist,  der  Examinator  muss  dabei  die  Individualität  des  Can- 
didaten soweit  berücksichtigen,  dass  demselben,  der  aus  zehn  und 
mehr  Gegenständen  innerhalb  vier  bis  fünf  Stunden  geprüft  wird, 


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2ÖG  Josef  Wotta. 

kein  Unrecbt  widerfahrt.   Diese  geistige  Anstrengung  bringt 

einen  so  hohen  Grud  körperliclier  und  geistiger  Abspannung 
und  Reizbarkeit  mit  sich,  dass  mau  förmlieb  menschenscheu 

wird  nnd  zufrieden  ist,  wenn  man  abends  weder  körperlich 
noch  geistig  etwas  tbuu  mnss.  Ganz  dieselben  Erscheinungen 
bemerkt  man  an  doiijeiiigeu  JSehiUeru,  die  erst  am  10.,  11.  oder 
noch  späteren  Tagen  au  die  Reihe  zur  Prüfung  kommen.  Die 

feistige  Überanstrengung  erzeugt  beim  Lehrer  und 
ei  den  Schülern  einen  hohen  Grad  von  Reisbarkeit. 
Seit  vielen  Jahren  wird  in  Lehrerversammlungeu  über  die 
geistige  Überbürdung  der  Schüler  gesprochen  und  debattiert, 
und  fast  immer  heißt  es:  „Unsere  Gymnasialschüler  sind  über^ 
bürdet."  Bei  der  am  28.  und  29.  Deceniber  1897  in  Wien  (im 
Unterrifhtsministerinm)  abgeliaUenen  Enquete  betreffend  die 
Realschulen  ist  die  Frage,  ob  eine  U b^'rbürdmig  der  Keidschule 
vorlianden  sei  und  in  welclieu  Uielituiigeu  sie  sich  üuüert,  da- 
hin beantwortet  wcjrden,  dass  eine  solche  Überbürdung  that- 
siichlich  bestehe.  Ganz  dasselbe  kann  mau  über  die  Lehrer- 
bildungRanstalten  sagen,  auch  hier  ist  die  Jugend  infolge  des 
Vielerlei  des  Lehrstoffes  und  der  großen  Stundenzahl  (7  an 
jedem  Wochentage)  iu  hohem  Grade  überbürdet. 

Eine  Überbürdung  der  Schüler  ist  somit  vorhanden,  dies 
sehen  die  Lehrer  ein,  dies  wissen  die  Schulbehördeu,  darüber 
klagen  die  Eltern,  darunter  leidet  die  Jugend,  und  trotzdem 
kann  man  kein  geeignetes  Mittel  gegen  die.se  Zeitkrankheit 
linden,  weil  einerseits  die  Aniorderungeu,  die  der  Ötaat  an 
.seine  Beamten  stellt,  von  Jahr  zu  Jahr  größer  werden,  und 
weil  anderseits  die  materialistische  Zeitströmung  es  mit  sich 
bringt,  dass  die  Eltern  sich  nicht  mehr  damit  begnügen,  was  ihre 
Kiu&r  in  der  Schule  lernen,  sondern  die  Kinder  werden  ver- 
halten, noch  außerhalb  der  Schule  Musik,  moderne  Sprachen  etc, 
zu  studieren,  damit  sie  allseitig  gebildet  und  recht  bald  eine 
gut  dotierte  Anstellung  erhalten:  denn  hohe  sociale  Stellung 
und  materieller  Besitz  sind  die  Ideale,  nach  deiuMi  lieutz.utage 
so  oft  gestrebt  wird.  Die  Folge  der  Überbürdung  i>t,  dass  die 
Schuljugend  ihr  Gehirn  und  damit  ihr  ganzes  Nervensystem 
über  das  Muli  des  Norrnuiun  anstrengt.  Nun  wissen  wir  aus 
Erfahrung,  dass  in  einem  jeden  Organe,  welches  über  GebQr 
angesti*ei^  wird,  sich  eine  Ermüdung  einstellt.  Die  Jugend 
muss,  falls  sie  in  der  Schule  vorwärts  kommen  will,  ihr  Gehirn 
mehrere  Jahre  hintereinander  übermäßig  anstrengen,  die  Folge 
davon  ist  die  geistige  Ermüdung,  die  sich  auch  auf  den  Körper 
ausdehnt. 

Die  Physiologen  haben  nachgewiesen,  dass  bei  jeder  Ge- 
hirnermüdung der  Puls  schwach,  der  Kopf  heiß,  die  Füße  kalt 
und  die  Augen  und  \V  angen  geröthet  werden.  Diese  Erscheinungen 
werden  dadurch  veranlasst,  dass  die  Contraction  der  Blutgefäße  au 
der  Körperoberflache  infolge  übermäßiger  Gehirnarbeit  schwächer 
wird,  dafür  sendet  der  Organismus  mehr  Blut  zum  Gehirne,  um 


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über  SchOJeraiuBehließungeii. 


287 


die  durch  geistige  Arbeit  verbrauchten  Uehirnbestandtlieile  so- 
fort zu  ersetzeil,  weshalb  der  Blutandrang  zum  Gehirne  so  groß 
wird,  dass  bei  manchen  Personen  Ohrensausen,  bei  anderen 
Schwindelanfälle  und  selbst  Brbreelieii  u.  s.  w.  sieh  einstellen. 
Lehrer,  welehe  ihre  Sehüler  bei  schriftlichen  Schularbeiten 
genan  beobachten,  werden  ähnliche  Wahrnehmungen  gemacht 
haben.  Werden  die  Schüler  z.  B.  in  der  ersten  und  zweiten 
Unterrichtsstunde  geistig  recht  angestrengt,  so  kann  es  vor- 
kommen, dass  in  der  dritten  Unterriclit^^tunde  der  Schüler  X 
oder  \  trotz  des  interessanten  Unterrichtes  etwas  unanfmerk- 
sani  wird,  was  manchen  Lelirer  veranlassen  kann,  bei  der  Con- 
fereuz  über  Theilnahmslosigkeit,  Uiiautmerksamkeit  u.  s.  w.  der 
betreffenden  Schüler  zu  klagen,  dieselben  zu  mahnen  oder  zu 
tadeln.  Sollte  sich  ähnliches  Vergehen  bei  denselben  Schalem 
wiederholen,  so  könnten  sich  daraas  böse  Folgen  fQr  dieselben 
ergeben,  obwohl,  streng  genommen,  die  Siäüler  unschuldig 
sind,  da  sie  dafür  absolut  nichts  können,  wenn  ihr  Gehirn  ver- 
haltnismäßig  schnell  müde  wird. 

Es  wird  mancher  Lehrer  an  sich  die  Beobachtung  gemacht 
haben,  dass,  falls  er  vormittags  zwei  bis  drei  Stunden  intensiv 
geistig  beschäftigt  war  und  nachmittags  schon  um  2  Uhr  wieder 
in  die  Schulzimmerluit  hinein  muss,  er  sich  sehi-  anstrengen 
muss,  um  mit  voller  Aufmerksamkeit  den  Unterricht  zu  er- 
theilen;  oft  befallt  eine  auffallende  Müdigkeit  unseren  Körper 
und  wir  yermögen  kaum  das  Gähnen  zu  unterdrücken.  Man 
hat  constatiert,  dass  nach  jeder  verhaltnismäDig  stärkeren 
körperlichen  oder  geistigen  Anstrengung  sich  der  Schlaf  ein- 
stellt, während  eine  Übermüdung  die  Schlaflosigkeit  zur  Folge 
hat.  Die  Ermüdung  wird  von  den  Physiologen  als  eine  Art 
Vergiftung  aufgefasst,  wodurch  nach  Mosso  die  Zusammen- 
setzung des  Blutes  und  die  Lebensvorgänge  verändert  werden. 
Die  betreö'ende  Person  merkt  diese  Veränderung  nur  an  dem 
Geföhle  der  Erschöpfung. 

Betrachten  wir  einen  zweiten  Fall,  der  auch  in  mancher 
Schule  Torkommen  dflrfte.  Jede  ffrÖßere  Ermüdung  des  Gehirnes 
macht  uns  für  längere  oder  kürzere  Zeit  für  eine  weitere 
geistige  Arbeit  untauglich;  das  Gedächtnis  versagt  uns  den 
Dienst.  Versuchen  wir  in  diesem  Zustande  etwas  zu  lesen,  so 
fassen  wir  den  Inhalt  des  Gelesenen  nicht  auf,  die  Gedanken 
bleiben  nicht  haften,  Erinnerungsbilder  längst  vergangener 
Zeiten  tauchen  auf,  lassen  sich  nicht  zurückdrängen  und  stören 
die  Association  des  neuen  Stoffes.  Wir  suchen  uns  zur  Auf- 
merksamkeit zu  zwingen,  um  das  Gelesene  zu  verstehen,  wir 
lesen  denselben  Absatz  zwei-  und  dreimal  durch.  Doch  Ter- 
gebliche  Mühe.  Das  Gedächtnis  vermag  keine  neuen  Vorstel- 
lungen aufzunehmen.  Schließlich  legen  wir  das  Buch  beiseite 
una  versuchen  etwas  zu  schreiben,  aber  auch  hier  will  es  nicht 
besser  vonstatten  gehen.  Erst  können  wir  den  rechten  Anfang 
nicht  finden,  dann  wollen  sich  die  Gedanken  nicht  einstellen. 


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28Ö 


Jo«ef  Wotia. 


ilie  wir  so  oft  uus  zurecht  selegt  habeu,  eudlich  geliugt  es 
uns  naeh  länffmm  Qaälen  &B  Gehirnes,  einm  Sätte  meder- 
sasehrelbeii.  mim  Darchlesen  des  Niedergescnriebenen  finden 
mir  zu  uuserer  Yerwandenmg,  dass  wir  im  Concepte  ganze  Sfttxe 

mid  Satztheile  ansgelassen  haben,  nnd  dass  sich  sogar  ortho- 
graphische und  grammatikalische  Fehler  im  Niedergeschriebenen 
vorfinden.  Ist  es  daher  zu  wundern,  wenn  die  Schüler  in  der 
dritten  oder  vierten  Unterrichtsstunde  in  einer  Schularbeit 
Fehler  begeben,  die  der  Lehrer  in  seiner  Entrüstung  über  die 
grenzenlose  Unautnierksamkeit  dieses  oder  jenes  Schülers  auf- 
gebracht, drei-  und  viermal  unterstreicht,  dann  die  Fehler 
nicht  mehr  zahlt,  sondern,  wie  man  za  sagen  pflegt,  anf  einer 
goldenen  Wase  wägt  und  schon  bei  yerlältnismäig  wenigen 
Fehlern  die  Note  „nicht  genfigend"  schreibt? 

Man  will  die  Beobachtung  gemacht  haben,  dass  unter  den 
I^ehrpersonen  die  verdrießlichsten  und  reizbarsten  Menschen  zu 
finden  sind,  und  dass  die  Lehrer  gerade  diejenigen  Väter  sind, 
die  «ich  am  wenigsten  darum  interessieren,  ob  ihre  eigenen 
Kinder  die  für  die  Schule  nothweudigen  Aufgaben  u.  s.  w. 
tagtäglich  iu  Ordnuug  haben.  Obwohl  ich  diese  Behauptung 
nicht  ohneweiters  unterschreiben  möchte,  so  moss  ich  doch 
zugeben,  dass  an  der  Sache  etwas  Wahres  ist.  Der  Grund 
dieser,  man  könnte  sagen,  sonderbaren  Erscheinung  lässt  sich 
leiclit  erklären.  Der  Gexichtsbeamte,  der  Advocat  u.  s.  w.  be- 
schäftigen sich  in  oder  außer  dem  Hause  je  nach  ihrem  Stande 
mit  verschiedenen  Dingen,  kehren  sie  nach  der  Tagesarbeit 
in  ihren  Familienkrpi'>^  zurück,  so  rinden  sie  in  der  Beschäfti- 
gung mit  deu  eigenen  Kindern  eine  angenehme  Erholung. 
Der  Lehrer  korarat  abends  nachhause  ganz  müde,  abgespannt 
und  soll,  wenn  er  beispielsweise  vormittags  drei  bis  vier  und 
nachmittags  zwei  Stunden  unterrichtet  hat,  wobei  er  seine 
Aufmerksamkeit  Tielfach  theilen  muss,  indem  er  beständig  zu 
sprechen,  mit  seinem  Blicke  50,  60  und  mehr  Schüler  zu 
überwachen,  hier  zu  prüfen,  da  zu  erklären  und  dort  zu 
mahnen  hat,  mit  Freude  an  den  Unterricht  seiner  Kinder  denken. 
Muss  er  aber  trotzdem  seinen  Kindern  bei  der  Vorbereitung 
helfen,  so  bietet  ihm  diese  Beschäftigung  keine  Erholung,  son- 
<lern  nur  eine  weitere  geistige  Anstrengung,  durch  welche  der 
brad  der  geistigen  Ermüdung  nur  noch  gesteigert  wird. 

Der  berühmte  Physiolog  Mosso  hat  durch  Experimente 
nachgewiesen,  dass  eine  jede  weitere  Anstrengung  des  bereits 
ermOdeten  menschlichen  Organismus  einen  be&utend  größeren 
Schaden  zufügt,  als  wenn  man  dieselbe  Arbeit  bei  ausgeruhtem 
Organismus  TollfÜhrt.  Sind  wir  genöthigt,  unser  Gehirn,  wenn 
dasselbe  schon  ermüdet  ist,  durch  andere  Arbeit  noch  weiter 
aii/ustr^iimMi,  so  schädigen  wir  das  Gehirn  «nmmt  dem  ganzen 
^Nervensysteme  in  hohem  Grade.  Die  erste  Folge  einer  Über- 
anstrengung des  Gehirnes  ist  eine  Störunjz;  der  Bluteirculatiou. 
Ist  aber  das  Blut  im  Körper  ungleichmäßig  vertheilt,  so  be- 


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über  SchülerausschließujigeD. 


289 


kommen  auch  die  Verdaaimgeorgaiie  zu  wenig  Blat  und  kdimeii 
deshalb  die  Nahrungsmittel,  die  dem  Körper  zugefährt  werden« 

nicht  gehörig  ausnützen,  das  Blut  bat  somit  nicht  diejenigen 
Bestandtheile  in  entsprechender  Menge,  welche  aar  xiehtigen 
£rnähruDg  des  Körpers  im  ganzen  und  des  Nervensystems  im 
besonderen  nothwendig  sind.  Daraus  rosultiprt  {iio  Schwächung 
des  Nervensystems;  geschwächtes  Nerveusy.siem  ist  stets  mit 
Reizbarkeit  des  Temperamentes  verbunden,  und  deshalb  ist  die 
jetzige  (leueratiuu  sosehr  reizbar,  dass  selbst  ergraute  Manuer 
oft  w  egüu  einer  geringfügigen  Sache  in  Streit,  Hader  und  That- 
liehkeiton  gerathen.  in  der  geistigen  ErmOdung  und  in  der 
Reizbarkeit  des  Nerrensystems  ist  auch  der  Grund  zu  suchen, 
warum  die  heutige  Jugend  sogar  auf  dem  Turn-  und  Spiel- 
platze nicht  zu  jeuer  lebensfrohen  Stimmung  kommen  kann, 
welche  man  bei  jungen  Leuten  so  gerne  sieht.  Mit  dieser 
Zeitkraukheit  dürften  auch  die  häutigen  SchülerselbstmordM  in 
einigem  Zusammenhange  stehen;  wie  oft  liest  man  iu  den 
Zeitungen,  eine  nichtgeuügende  Note  war  die  Ursache  des 
Selbstmordes  dieses  oder  jenes  Schülers  gewesen. 

Wenn  wir  gewissenhaft  sind,  so  werden  wir  zugeben 
mfissen,  dass  auch  manche  Lehrer  von  der  Zeitkrankheit  „Ner* 
vositäf^  nicht  ganz  frei  sind,  dass  sie  in  ihrer  empfindlichen 
Reizbarkeit  manchesmal,  ohne  dass  sie  etwas  dafür  können,  ge- 
wisse Vergehen  der  Schüler  schärfer  beurtheilen,  als  dies  noth- 
wendig  ist.  Will  es  der  /iif':ill,  dass  ein  nervöser  Lehrer  niit 
einem  nervr»s  lieanlagten  iSchüier  zusammenstößt,  so  kann  mau 
fast  mit  Hicherheit  erwarten,  dass  auch  aus  einer  verhältuismäliig 
geringfügigeu  Suche  ein  schwerer  Disciplinariall  wird. 

Schwere  Disciplinarfälle,  d.  b.  locale  und  allgemeine  Aus- 
schließungen Ton  Schülern  aus  unseren  Mittelschulen  kommen 
meiner  Ansicht  nach  Terhältnismäßig  zu  häufig  Tor,  insbesondere 
wenn  man  erwägt,  dass  die  Kinder  zum  Besuche  einer  Mittel- 
schule nicht  gezwungen  werden,  wie  dies  in  den  Volksschulen 
der  ^'all  ist,  und  wo  manclie  Kinder  mit  Absiclit  ein  solches 
Benehmen  an  den  Tag  legen,  damit  man  sie  aus  der  Schule 
entferne.  Bei  den  MiUelschülern  verhält  sich  die  Sache  ganz 
anders;  obwohl  das  Studium  an  einer  Mittelschule  mit  großen 
luateriellen  Opfern  verbunden  ist,  so  wenden  die  Eltern  das 
Äußerste  an,  wenn  es  sich  darum  handelt,  ihren  Söhnen  die 
Wohlthaten  einer  lüttelsebulbildung  zu  ermöglichen;  die  Schüler 
zeigen  in  den  meisten  Fallen  ein  erfreuliches  Streben,  den  An- 
forderungen zu  enis{)rechen. 

Schüler,  welche  keine  Eignung  zum  Studium  an  den  Mittel- 
schulen haben,  fallen  von  selbst  ab,  auch  dürften  Ansschliefiungen 
wegen  Unfähigkeit  und  Mangel  an  Fleiß  sehr  selten  vorkommen. 

Icii  verniutlie  daher,  da.ss  für  manche  Schülerausschlielluniren 
die  erste  veranlassende  Ursache  in  der  geistigen  Ermüdung 
und  der  daraus  resultierenden  nervösen  Reizbarkeit  eines  Theiles 
der  Schuljugend  und  mancher  Lehrer  zu  suchen  ist. 

„Oiterr.  UlUelichttia*'.  XIL  J»btg.  19 


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290 


Josef  Wotta. 


Man  könnte  darauf  erwidern,  dass  der  Lehrer  für  das 
Wesen  seiner  Gemüthsart  mrhf  verantwortlich  gemacht  werden 
köiim',  weil  dieselbe  von  der  Beächaü'euheit  des  Nervensystems, 
und  die  lieschatieuheit  des  letzteren  von  Geburt,  von  der  Er- 
nährung^, Erziehung  und  von  vielen  anderen  Factoreu  abhängig  ist. 
Dieser  Einwand  ist  ganz  richtig,  aber  man  muss  ihn  dann  auch 
für  die  Sehuli ugend  gelten  lassen.  Ein  Gläck  für  die  Menschheit 
ist  es,  dass  die  nervöse  Ermüdung  auf  versehiedene  Menschen 
verschieden  einwirkt,  es  verhält  sich  damit  ebenso  wie  mit 
manchen  anderen  Krankheiten.  Mosso  sagt  in  seinem  Werke 
„Die  Ermüdung" :  „Wenn  sich  mehrere  Menschen  unter  denselben 
Umständen  derselben  niedrigen  Temperatur  aussetzen,  kann 
es  vorkommen,  dass  der  eine  »Miie  Lungenentzündung,  der 
zweite  Starrkrampf,  ein  dritter  UcbichtslUhmung,  ein  vierter 
Rheumatismus,  ein  fünfter  Darmentzündung,  ein  sechster 
eine  einfache  Erk&ltuug,  ein  siebenter  eine  Hautkrankheit 
und  alle  Übrigen  nichts  davontragen." 

Für  die  meisten  Schülerausschließongen  dürfte  jedenfalls 
die  Ursache  in  den  schlechten  Wohnungs Verhältnissen,  im  Um- 
gange mit  verkommenen  Personen  und  in  einer  unpassenden 
Leetüre  zu  suchen  sein,  also  lauter  Faetoren,  welche  durch  die 
Schule  niemals  ganz  s;iniert  werdoii  kr>nn(Mi  Man  muss  somit 
darauf  gefasst  sein,  dass  ►Scluileiausscbiieliunji^en  auch  in  Zu- 
kunft vorkommen  werden;  nichtsdestoweniger  soll  von  der 
Schule  alles  versucht  werden,  was  in  dieser  Richtung  auch 
nur  einen  geringen  Erfolg  verspricht. 

Ich  glaube  daher,  dass  mancher  Disciplinarfall  fremildert 
oder  gar  nicht  vorkommen  würde,  wenn  man  den  Unterricht  mehr 
^hygienisch''  gestalten  wollte,  d.  h.  wenn  man  beim  Unterrichte 
die  sogenannte  „geistige  Hygiene"  beachten  würde;  denn  dadurch 
würde  man  manchem  Übel  vorbeutr^n.  dessen  H'^ilung  später 
nur  auf  operativem  Wege  durchgefüliit  werden  kann. 

80  wie  es  für  einen  denkenden  Ar/.t  viel  leichter  ist,  einer 
Erkrankung  deb  Körpers  vorzubeugen,  als  die  Krankheit,  wenn 
sie  den  canzen  Organismus  vergi&t  hat,  zu  beheben,  so  wird 
auch  jeder  Lehrer  bessere  Ensiehungserfolge  erzielen,  wenn 
er  all  dasjenige  von  seinen  Schillern  fernzuhalten  versteht, 
worauf  eine  Strafe  folgen  muss,  und  nicht  erst  den  Schüler 
die  böse  That  begehen  lässt,  um  den  Sünder  durch  Bestrafen 
zu  bessern.  Pestalozzi  sagt:  ,.Die  wahre  Erziehung  hat  haupt- 
sächlich Hindernisse  uus  dem  Wege  zu.  räumen;  sie  hat  mehr 
negativ  als  positiv  zu  wirken." 

Man  denke  nur,  welche  Pein  es  für  viele  Schüler  ist,  weuu 
die  Stuiuh»  eines  sogenannten  „strengen  Professors"  herannaht. 
Der  Gegenstand  ist  oft  Nebensache,  das  Naturell,  die  Laune,  die 
Reizbarkeit  des  Lehrers,  dann  die  Art  und  Weise  der  Behand* 
lung  der  Schüler  seitens  des  Lehrers  ist  das  ausschlaggebende 
Moment,  welches  den  Schülern  Lust  und  Li*  '  oder  Unlust 
und  Widerwillen  für  einen  Gegenstand  verursacht. 


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über  Schöleraasscbliebuogen. 


291 


Ist  ein  Schüler  ängstlicher  Natur,  und  macht  ihm  dieser 
oder  jener  Geeenstand  besondere  Schwierigkeiten,  so  vermag 
er,  wenn  er  sich  für  die  Leetion  auch  leidlich  Torbereitet  hat, 

selten  zu  entsprechen;  denn  die  Angst  lähmt  seine  Denkkraft, 
benimmt  ihm  die  Fähigkeit,  laut  und  deutlich  zu  sprechen, 

macht  ihn  am  ganzen  Körper  zittern,  schwächt  die  Schärfe 
des  Auges  und  des  Ohres;  der  Schüler  überhört  dif»  Frage, 
oder  er  hört  sie  falsch,  d.  h.  er  verstellt  sie  nicht  ganz  ricliili^, 
er  sieht  die  Ziffern  auf  der  Tafel  undeutlich,  er  hat  die  Jahres- 
zahl vergessen;  die  lieproduction  der  Vorstellungen  stockt. 
Schließlich  wird  er,  weu  er  keine  oder  eine  falsche  Antwort 
gibt,  in  die  Bank  geschickt,  erhält  eine  schlechte  Note  und 
wird  wegen  Unfleißes  gemahnt  oder  gar  getadelt. 

Versucht  dann  ein  Schüler,  wenn  er  in  der  Bank  sich  er- 
holt hat,  etwa  den  Grund  anzugeben,  warum  er  diese  oder 
jene  Frage  nicht  beantwortet  hat,  oder  ersucht  er  den  Lehrer, 
dieser  möge  ihn  bald  wiederprüfen,  so  wird  er  oft  wegen  Störung 
des  üiiterrielites  oder  wegen  Keckheit  u.  dgl.  gerügt  u.  s.  w. 
Solche  Fälle  kommen  oft  vor. 

Die  Forderungen  der  geistigen  Hygiene  sollen  besun- 
ders  bei  der  Anfertigung  der  Stnndeneintheilung  beobachtet 
werden.  Vor  allem  sollen  die  Unterriehtsgegensände  für  die 
einzelnen  Tage,  dann  für  Vormittag  und  Naclmiittag  derart 
gruppiert  werden,  dass  dar:uis  nach  keiner  Kichtung  cioe 
auffallende  Überbürdung  der  Schüler  erfolge.  Die  Stnnden- 
eintheilung soll  in  erster  Linie  di»^  Gesundheit  der  Schüler 
und  <'rst  in  zweiter  Linie  die  separaten  Wünsche  des  Lehrers 
bei  ia  ksichtigen.  Ein  großer  Übelstaud  unserer  Schulverhältnisse 
liegt  auch  darin,  dass  Schüler,  die  bis  12  oder  gar  bis  1  Uhr 
in  der  Schule  sind,  schon  um  2,  bezüglich  3  Uhr  nachmittags 
wieder  in  der  Schule  sein  mfissen.  Das  Übel  wird  anch  dadurcn 
nicht  gemildert,  wenn  nachmittags,  unmittelbar  nach  dem 
£ssen,  die  Turnstunde  angesetzt  wird.  Wird  nämlich  der  Körper 
oder  der  Geist,  bevor  die  aufgenommene  Nahrung  halbwegs 
verdaut  werden  konnte,  zusehr  in  Anspruch  genommen,  so 
leidet  darunter  der  Verdauungsvorgang  in  auffallender  Weise. 

Wird  man  bei  der  Erziehung  und  dem  Unterrichte  sich 
stets  danach  richten,  dass  man  als  Pfleger  des  Geistes  uud 
der  Seele  einen  sich  caLwickeluden  Organismus  vor  sich  hat, 
der  sich  nur  von  innen  nach  außen  entwickelt,  der  selbst 
der  Gewalt  der  unabänderlichen  Naturgesetze  unterworfen  ist, 
den  der  Lehrer  nur  zu  modificieren,  den  Verhältnissen  anzupassen, 
aber  niemals  ganz  neuzugestalten  vermag,  so  werden  auch  manche 
Härten,  die  jetzt  noch  beim  Unierrichte  vorkommen,  entfallen, 
und  in  demselben  Grade  werden  auch  viele  Klagen  der  Schüler 
und  der  Lehrer  verschwinden. 

Die  Psychologie  lehrt,  dass  die  Seele  >  Menschen  eine 
Fülle  verschiedener  Anlagen  und  FähigkeitLii  besitzt,  und  dass 
die  Entwicklung   der   letzteren   von  den  auf  den  Menschen 

19» 


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292 


Josef  Wotta.   Über  Schülerausschliebuogeu. 


einfrirkenden  VerhÜtiinBen  abhängt  Weil  diese  Anlagen  und 
Fahigkeiteii  bei  jedem  Menschen  venchieden  siod,  und  weil 
auch  yersehiedene  Verhältnisse  die  einzelnen  Menschen  be- 
einflussen, so  müssen  auch  die  Menschen  venchieden  geartet 

sein;  diese  Verschiedeiilieiteii  muss  der  Lehrer  an  seinen  Schülern, 
soweit  als  es  der  Unterricht  erlaubt,  berücksichtigen,  d.  h. 
er  muss  auf  die  Individualität  des  Schülers  bedacht  sein. 
Schließlich  wird  ein  Lehrer,  dem  es  darau  liegt,  seinen  Schüler 
zu  bessern  und  nicht  bloß  zu  strafen,  nicht  bei  den  wahr- 
genommenen Symptomen  stehen  bleiben  t  das  in  Erscheinung 
tretende  Leiden  an  sich  betrachten  und  heilen  wollen,  sondern 
er  wird  die  veranlassende  Ursache  dieses  Übels  zu  entdecken 
trachten,  um  den  jungen  Menschen  zu  retten,  ihn  den  £ltem 
und  der  menschlichen  Gesellschaft  zu  erhalten.  In  solchen 
FiiHeTi  wird  man  sich  um  die  LectUre  des  Schülers,  um  seinen 
Lmgaug  auüerhalb  der  Schule  und  um  die  Wohnungsverhält- 
nisse,  unter  welchen  iler  junge  Mensch  lebt,  erkundigen  müssen. 

Was  die  Controle  der  Wohuungsverhältnisse  der  Schüler, 
die  nicht  bei  ihren  Eltern  wohnen,  anbelangt,  so  fordert  der 
hohe  lÜnisterialerlass  vom  U.December  1897,  Z.  26715,  wdcher 
auf  Orund  der  Uber  die  Wohuungsverhältnisse  der  Schüler  an 
das  hohe  k.  k.  Ministerium  für  Cultus  und  Unterricht  erstatteten 
Berichte  erflossen  ist,  die  Lehrkörper  auf,  dieselbe  streng  zu 
handhaben. 

Dl»*  Forderungen,  welche  ich  anfGrund  meiner  Betrachtungen 
zu  stellen  mir  erlaube,  sind:  Möglichste  Berücksichtigung 
der  Individualität  des  Schülers:  Vermeidung  der 
geistigen  Überbürduug  der  Schuljugend,  soweit  es- 
die  Verhältnisse  gestatten,  und  besondere  Beachtung 
einer  geistigen  Hygiene  beim  Unterrichte  in  der  Schule 
und  bei  der  Beschäftigung  der  Schüler  durch  die  Haus- 
arbeiten. 

Tritt  zu  diesen  Forderungen  noch  eine  wohlwollende  Be- 
handlung der  Schüler  seitens  der  Lehrer  hinzu,  ,,Der  Lehrer 
muss  ein  V  aterherz  und  nicht  ein  Tyrannenherz  haben"  (Francke ), 
so  kunnen  wir  hüllen.  <l:is.-,  die  Zahl  der  schweren  Straffälle- 
in  mancher  Schule  tibnehmeu  wird.  Jean  Bapt.  de  La  Salle 
sagt:  „Wenn  man  will,  dass  eine  Schule  wohlgeordnet  sei,  80> 
mttssen  die  Strafen  in  derselben  selten  sein.  Die  Lehrer  mOssea 
die  feste  Überzeugung  haben ,  dass  die  Autorität  einer  Schule- 
viel  mehr  durch  die  Energie  des  Charakters,  durch  Festigkeit, 
durch  Ernst  und  Stillschweigen  erworben  und  aufrecht  erhalten, 
wird  als  durch  Schläge  und  Härte. ^ 

Sollte  es  mir  geliin^'""ii  sein,  dun-li  ?neine  BetrachtuTip:r»!i 
die  Aufmerksamkeit  der  l^t  ln  crwelt  aut  den  vuu  mir  besprochen* -il 
Gegenstand  gelenkt  vm  haben,  so  l)in  ich  überzeugt,  dass  aucli^ 
die  günstigen  Folgen  nicht  ausbleiben  werden. 


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Dr.  Rudolf  Ldkn er.  Über  d.  AnsmaG  d.  oorrectnrpfliclit  Arbeiten  etc.  293 

Über  das  Ausmafi  der  eorrecturpfliehtigen 
Arbeiten  aus  Deutseh  an  Gymnasien. 

Dr.  Rudolf  UVlineF* 

Es  ist  eine  yerbreitete  imd  berechtigte  Klage  der  Ger- 
manisten, dass  sie  an  stark  besnehten  Anstalten  ibrer  Gorreetur- 

pflicht  schwer  und  nur  unter  Opfern  genügen  können.  Inwieweit 
hiebei  auch  lateinische  und  griechische  Arbeiten  mitspielen, 

bleibe  diesmal  unerörtert.  Dagegen  möge  untersucht  werden, 
ob  nielit  die  P'ordf^ninj:(en  des  Lelir])lanes,  beziehungsweise  der 
Instructionen  hiusiciitiich  der  Correctur  aus  Deutsch  als  Unter- 
richtssprache überhaupt  zu  hoch  gegritVen  sind  und  speeiell 
dem  Vertreter  dieses  Faches  eine  oft  unerträgliche  Last  auf- 
bürden. 

Die  Anzahl  der  zn  eorrigierenden  und  zu  censierenden 

Arbeiten  von  T  bis  VIII  ist  bekannt.  Sie  beträgt  (kurz  ge- 
sprochen) für  I  und  (annähernd)  II  wöchentlich  eine;  von  III 
bis  inclusive  V  zwei  im  Monat,  von  VI  bis  VIII  alle  drei  Wochen 
eine  Aufgabe.  An  sich  und  jede  Ciasse  für  sieh  genommen, 
könnte  ja  dieses  Ausmali  nicht  gerade  exorbitant  erscheiii*^ii. 
Aber  jeder  Lehrer  weif^,  was  sich  in  der  Praxis  für  erdrück »^nde 
Combinationen  ergeben  können.  Kein  Zweifel.  Lehrer  und 
Schüler  sind  hier  durch  das  herrschende  starre  System,  durch  die 
geringe  Freiheit  der  Bewegung,  welche  uns  in*  solchen  Fi-agen 
gelassen  ist,  stark  beengt.  Denn  nicht  nnr  Zeit  und  Kraft  des 
Lehrers  kann  hiebei  über  Qebür  in  Anspruch  genommen  und 
dadurch  anderen,  wichtigeren  Lehr-  und  Erziäungsauf^aben 
entzogen  werden,  auch  die  allseitige  Ausnützung  der  Unter- 
richtszeit muss.  wie  leicht  einzusehen,  unter  diesen  häufigen 
Arbeitsterraineu  besonders  in  stark  besuchten  (jlassen  leiden. 
Denn  jede  Arbeit  (auf  der  untersten  wie  obersten  Stufe),  die 
nicht  nur  pro  forma  gegeben  wird,  sondern  wohl  vorbereitet 
aus  der  gesammten  Ünterrichtsthätiffkeit  hervorwachsen  und 
die  Ausbildung  der  Schüler  fördern  soU,  muss  vor  ihrer  Stellung 
und  bei  ihrer  Bückgabe  mit  einem  gebürenden  Zeitaufwande 
besprochen  werden.  Bei  der  beschränkten  Stundenzahl  für 
Deutsch  ist  es  aber  unvermeidhch,  dass  infolge  dessen  den 
anderen  Zweigen  desselben  Faches  (Leetüre,  Redeübungen, 
Grammatik  n  n.)  allzuviel  Zeit  und  InteresK*»  entzogen  wird, 
und  nur  bedeutende  Lehrerfahruug  und  genügen  Inr  Schutz  vor 
pedantischer  Übertreibung  und  einsichtslosem  Z\\  ;iiige  kann  hier 
die  Härten  der  Vorschrift  einigermaßen  imdcrii.  Doch  gerade 
für  gewissenhafte,  ängstliche  rfaturen  kann  dies  eine  Quelle 
seelischen  D.rttckeB  werden,  der  leicht  zu  yermeiden  wäre. 

Dass  die  Zahl  der  Arbeiten  in  jedem  Gegenstande  herab- 
gesetzt werden  kann,  haben  wir  selbst  wiederholt  erlebt.  Im 
Jahre  1884  z.  ß.  beim  Erscheinen  der  neuen  Instructionen 
wurde  die  Zahl  der  deutschen  Aufsätze  Ton  der  VI.  bis  VIII. 


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294  Dr.  Rudolf  Löhner.  Über  d.  AaamaO  d.  correcturpflicht  Arbeiten  etc' 

gegen  früher  herabgeniiudert.  Man  gehe  noch  einen  Schritt 
weiter,  und  eiue  von  vielen  ersehnte  Erleichterung  ist  gewonnen: 
mau  gestatte  wenigstens  Ton  der  III.  an  (und  vor  allem  in 
der  meist  aberittllten  Qainta!)  diese  dreiwöehentlicheu 
Termine.  Ich  erinnere  daran,  dass  der  III.  Mittelschnitag  für 
die  III.  und  IV.  Classe  eine  älinliche  Herabsetzung  der  s^rift- 
liehen  Arbeiten  beantragte,  —  leider  ohne  Erfolg. 

Für  die  VIT.  und  VIII.  wäre  dann  ein  gediegener  Aufsatz 
monatlich  gerade  entsprechend. 

In  der  I.  verlangt  mau  allwöchentlich,  m  der  II.  alle  zehn 
Tage  eine  Arbeit!  Steht  diese  Uumeuefe  von  Dictaten  und  Auf- 
sätzcheu  in  einem  Verhältnisse  zum  Zeitverluste,  den  sie  in  und 
außer  derSehnle  kosten,  und  som  Erfolge?  Auch  hier  wäre 
eine  Herabmindern  ng  der  Correcturpflicht  auf  die 
Hälfte  dringend  geboten  und  wfirde  von  Germanisten  und 
Philologen  als  eine  v^rahre  Erlösung  1h  grüßt  werden.  Auch  die 
Forderungen  einer  bestimmten  Abfolge  der  Arbeiten  (z.  B.  ab- 
wechselnd Schul-  und  Hausaufgaben)  und  unverbrüchlicher 
Termin»'  's.  ArlitMtskiilender)  sollten  gemildert  und  in  der  Praxis 
mehr  dem  Ermessen  des  dafür  verautwortUcheu  Lehrers  über- 
lassen werden. 

Man  wende  mir  nicht  ein,  dass  dies  ja  ohnehin  geschehe. 
Es  kann  gesehehen,  aber  wie  viele  Factoren  haben  da  mitzu- 
sprechen,, und  —  i,der  Buchstabe  tödtet''  bekanntlieh  nur 

zu  OÜ, 

Sollten  aber  die  wenigen  Glücklichen,  die  entweder  über 
eine  außerordentliche  Arbeitskraft  verfügen  oder  an  schwach 
besuchten  Anstalten  wirken,  diese  Forderungen  nach  Herab- 
nniid'  nmg  der  Correcf iirpflirlit  belächeln  oder  wohl  gar  mit 
metiiodiseh«  n  (?)  (tegeugründen  bekämpfen,  so  mnriit'  mau 
wenigstens  die.s  Zugeständnis  von  Fall  zu  Fall.  Es  nitige  in 
einer  kurzen  Verordnung  klar  ausgesprochen  werden,  dass  der 
Deutsehlehrer  im  Einvernehmen  mit  dem  Director  auch  unter 
die  Zahl  der  bisher  fixierten  Arbeiten  herabgehen  könne,  nur 
mOssten  sich  die  Zahlen  in  dem  frtther  von  mir  Torgeschlagenen 
Ausmalte  bewegen,  wenn  eine  nennenswerte  Erleiiäterung  ein- 
treten soll. 

Man  fürchte  nicht,  dass  durch  solche  Einschränkungen 
das  schriftliche  Lehrziel  weniger  erreicht  werde  als  früher. 
Was  quantitativ  und  extensiv  verloren  gienae,  würde  qualitativ 
und  intensiv  gewonnen  werden.  Die  Fähigkeit,  sich  correct 
und  gewandt  auszudrücken,  hängt  ferner  nicht  allein  von 
solchen  schriftlichen  Übungen  ab,  ja  es  gibt  namhafte  Schul- 
männer (s.  Hildebrand),  die  von  diesen  ^papierenen"  Übungen 
herzlich  wenig  hslten.  Nun,  schriftliche  Arbeiten  gehören 
natürlich  zum  Ganzen,  sollen  aber  immer  in  ihrer  dienenden 
Stellung  Terharren.  Ein  Ubermaß  jedoch,  eine  allzu  starke 
Betonung  ihrer  Häufigkeit  zttchtet  nur  das  verrufene  „Tinten- 
Deutsch". 


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Anton  MicbsHtschke.  Caelo»TeUarioni. 


295 


Caelo-Tellurium 
(zusammenlegbare  Sphäre) 

zur  Darstellung  der  täglicheu  und  jährlichen  Erscheinungen 
Tom  anthropocentrischen,  Tom  geocentriachen  and  Tom  hei  110-* 

ceotrischen  Standpunkte  aus. 

Von  Anton  Michalitsclike. 

(Abs  einem  Vortrufife.  sj^'liiiHen  im  Vereine  ^Deutsche  Mittelschule** 
in  Frag  am  24.  März  1Ö»7}  Önt  M.  XI,  pag.  179.) 

Man  raüsste  sich  großen  Zwang  anthun,  einmal  begonnen, 
einzuhalten  im  Anführen  tob  Worten,  welche  die  Überzeugung 

von  Männ^pr?-!  der  Wissenschaft  wie  die  anerkaniiter  Sehul- 
lüäuiier  von  dem  hohen  Werte  ausdrücken,  welelier  der  Hi  ni  uiels- 
kunile  als  Zweig  menschliehen  Wissens  und  Lernens  zukommt. 
Es  sprechen  Männer,  die  nicht  nur  das  in  schönen  und  be- 
zeichueudeu  Worten  ausgedrückt  haben,  was  jeder,  den  in 
heutiger  Zeit  auch  nur  ein  Schimmer  von  Idealismus  noch  auf 
seinen  Schwingen  tri&gt,  oft  und  oft  gedacht,  sondern  uns  auch 
in  Werken,  welche,  yon  dieser  Auffassung  geii-agen,  in  dem 
Gebiete  dieser  Wissensehaft  sel})st  in  anziehendster  Form  Auf- 
klärung und  Belehrung  verschaffen  —  in  einer  Form,  in  der 
auch  jener  formale  Gehalt  dieses  Unterrichtszweiges  voll  und 
ganz  zum  Durchbruche  kommt,  auf  den  jene  Männer  hin- 
weisen. 

Es  soll  hier  nicht  über  die  Principien,  die  Methoden  oder 
die  Aufgaben  der  Astronomie  als  Wissenschaft,  ihren  Wert  als 
Glied  in  der  Kette  menschlichen  Wissens  überhaupt  gesprochen 
werden,  ja  es  ist  anderseits  auch  gar  nicht  nöthig,  hier  die 

Stellung  der  Astronomie  als  Disciplin  im  Rahmen  des  Unter- 
richtes und  der  Erziehung  zu  beleuchten  oder  zu  vertheidigen. 

In  unseren  Lelirplänen  und  den  weiteren  Durchführnngs- 
vorschrifteu  finden  wir  die  Bedentin^g"  unerkannt  utui  auch  die 
Wege  angedeutet,  auf  denen  dem  Ziele  zugesteuert  werden 
kann,  den  muterialeu  wie  den  formalen  Gewinn  zu  heben,  den 
diese  Wissenschaft  der  Erziehung  und  dem  ÜJiterrichto  in 
die  Hand  gibt. 

Allerdings:  je  erhabener  der  Gegenstand  ist,  je  höher  die 
Lehren  den  Blick  zu  richten  verlangen,  je  mehr  Interesse  er 
beansprucht,  wenn  auch  Stoff  und  Fragen  selbst  durch  ihr 
eigenes  Wesen  immer  weiter  gehendes  Interesse  erregen,  desto 
mehr  gehört  nur  der  ganze  Idealismus  eines  Schulmeisters  dazu, 


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296 


Anton  ]klicbalitachke. 


ein  solches  Wisseusgebiet  zum  .Schulgegenstande  /.u  mucheu  — 
in  einer  Zeit,  in  der  Interesselosigkeit  gegen  alles  zu  herrschen 
scheint,  was  nicht  im  AugenblicKO  Gewinn  oder  Sinnengenuss 
erkennen  lässt,  Wolil  trdstet  Diesterweg:  ^Wo  das  Interesse 
für  dieses  Wissen  nieht  gefunden  wird,  da  ist  es  nicht  mehr 
vorhanden,  war  also  da,  entspricht  der  Natur,  ist  leicht  zu  er> 
wecken.  Nur  der  von  den  Soigen  des  Lebens  ganz  erfüllte, 
unter  den  irdiscIiHii  Lasten  erliegende,  oder  auch  der  von  den 
Leidenschaften  pinz  unterjochte  Mensfli  ist  für  oin  so  reines, 
an  und  für  sich  schon  veredelndes  \\  isseii  unempfänglich." 
Anderseits  ist  ja  der  (iegeustaud  auch  so  dankbar  für  seine 
Aufnahme  unter  die  Unterrichtszweige,  indem  er  nicht  nur  mit 
den  anderen,  sondern  anch  vielfach  für  sie  wirkt. 

'  „Die  Kenntnis  der  Sterne,"  sagt  Dr.  Kühner,  „dient  zu- 
nächst zur  Befriedigung  eines  der  ersten,  natürlichsten  und 
reinsten  Bedürfnisse  des  Gefühls.  Dieses  wird  bald  zur  An- 
regung für  den  Verstand,  zur  Quelle  reiferen  Nachdenkens. 
An  din  Stelle  des  träumerischen  und  nbergläubischen  Betrach- 
teus  tritt  die  Selbstthätigkeit  der  Sinne  und  des  Geistes. 
Dies  bewalirt  vor  dem  Grundfeinde  aller  Cileiste??rh:itigkeit,  der 
Gewöhnung,  <la.s  Nächstliegende  nicht  zu  sehn  —  das  Er- 
habenste zu  sehn,  ohne  es  zu  empfinden  —  das  Unerklärte  zu 
betrachten,  ohne  es  erklären  zu  wollen.  Aus  der  Kenntnis  der 
Sterne  resultiert  zugleich  ein  hoher  sittlicher  Ernst." 

Prof.  Dr.  Will  mann  spricht  sich  über  die  Verknüpfung, 
^welehe  die  mathematische  oder  astronomische  Geographie,  die 
sich,  wenn  sie  nicht  sachwidrig  verkürzt- wird,  zur  Himraels- 
kunde  erweitert,  zwischen  verschiedenen  Wissensgebieten  stiftet", 
aus  und  sarft  u.  a.:  „Die  Hiunnelserscheinungi'n  sind  ein  an- 
ziehendes Object  der  A nschauuug,  ihre  Veränderlichkeit  fordert 
die  Beobachtung  heraus;  die  zumtheil  engen  Grenzen  ihrer 
Veränderungen  lassen  unschwer  bestimmte  Ergehnisse  gewinnen 
und  gestatten  eine  exacte  Fassung  nnd  die  Mziernnir  im  Bilde 
und  in  sonstieen  Veranschanlichungsmitteln;  die  Erscheinungen 
des  heimatlichen  Himmels  lassen  sich  mit  denen  anderer  Ge- 

f enden  vergleichen  und  zwar  mit  der  vollen  Genauigkeit,  welche 
as  Messen  und  Zählen  rrewährt;  die  (unhide  des  Unterschiedes 
k'">?m*'n  angegeben,  die  Hericlite  an  ihnen  geprüft  werden;  es 
lasst  sieh  l)ereelmeu,  welche  Erscheinungen  zu  bestimmter  Zeit 
an  bestimmten  Orten  sich  zeigen  müssen,  an  Orten,  welche  der 
Berechnende  voraussichtlich  niemals,  und  au  anderen, 
welche  kein  Fuß  je  betreten  wird.  Damit  wird  die  Trag- 
weite der  Mathematik  schlagender,  als  in  irgend  einem  Gebiete 
erprobt;  nnd  diese  bringt  eine  Fülle  von  Aufgaben,  Ort,  Zeit, 
I'ewegung  betreffend,  mit  sich.  Die  Anwendung  der  Himmels- 
kuude  auf  die  Zeitbestiinraungen  begründet  die  Kalender- 
lehre, in  weleher  sich  das  culturgeschichtliche  Interesse  mit 
dem  weltkuudlichen  vereinigt  und  die  vermöge  der  Bedeutung 
der  Jahreseiutbeiluug  für  den  Cultus  ein  Bindeglied  zwischen 


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Caelo-Tellnrium. 


297 


Astronomie  und  KplifTiuus1»'hrt»  »larsf-ollt     Z^vischeu  den  letzt- 

f genannten  Gebieten  aber  besteht  zugieich  ein  älteres  und  inner- 
icheres  Verhältnis:  .Der  Lauf  der  Sterne,  wie  er  in  des  Jahres 
Umkreis  imd  wie  er  immerdar  in  stauueuswerter,  last  uuglaub- 
lieher  Regelmälii^keit  stattfindet,  bezeugt,  daai  hier  eine  gött- 
liche Kraft  und  Vernunft  waltet;  und  der  muas  jeder  Smpfin- 
dung  bar  sein,  welcher  dieser  Gottesmacht  nicht  inue  wird.'^'M 
Damit  nun  im  Unterrichte  sowohl  für  die  Himmelskunde, 
als  auch  durch  sie  alles  geleistet  werde,  was  herauszuheben 
möglich  ist,  ist  die  Frag»^  nach  dem  „W;is  und  Wieviel^  und 
dem  ..Wie",  die  Frage  nach  der  Auswahl  des  btolTes  und  der 
Method»'  zu  erwägen. 

Gebieterisch  gefordert  ist  eine  große  Beschränkung;  umso 
glücklicher  muss  der  Griß  sein,  der  das  Zweckmäßigste  erfasst. 

Die  Methode  wird  Ton  der  Überzeugung  geleitet  sein  müssen, 
dass  die  fiimmelskunde  ein  Zweig  der  Naturwissenschaften  ist. 
Als  solcher  Terlangt  sie  einen  Unterricht,  der  nicht  realistisch 
und  naturalistisch  genug  —  in  der  Worte  bester  Bedeutung 
—  sein  kann;  hier  führt  gerade  die  Realistik  auf  höhere  Stand- 
punkte in  Welt-  und  Lebensanschaunng. 

Findet  nun  der  Lehrer  einerseits  verlässliche  Wegweiser 
im  Aufl)au  und  in  der  Methode  des  Unterrichtes  in  der  Himraels- 
kunde,^j  so  tritt  dann  anderseits  die  Rücksicht  auf  die  zur 
Verfügung  stehende  Zeit  und  die  Flaggen,  unter  welchen  die 
Bruebstflcke  aus  diesem  Gebiete  im  LehrpTane  segeln,  gebieterisch 
auf  den  Plan. 

Die  Himmelskunde  ist  aber  auch  als  Zweig  der  Natur- 
wissenseliaft  geradezu  eine  Wissenschaft  des  Fortschrittes.  Wenn 
nun  auch  der  elementare  Unterricht  nichts  zu  thun  hat  mit 
jeder  n«'uen  Ansiciit  dder  neu  auftauehendeu  Hypothese,  so  wird 
die  Kenntnis  von  fim  rrsclilos^enen  That^achen  dem  Unterrichte 
gewiss  eine  F}iri)ung  geben  können,  die  ihn  nur  ftirdert.  Hierin 
können  den  Lehrer  wohl  Werke  auf  der  Höhe  halten,  welche 
in  mund-  und  handgerechter  Form  über  Ergebnisse  der  For- 
schung wie  Uber  Unterrichtsbetrieb  berichten.')  Sehr  zweck- 
mäßig freilich  wäre  es,  dass  der  Lehrer  Gelegenheit  finde, 
sich  nach  yielen  Richtungen  hin  in  diesem  Gebiete  durch  den 
Besuch  Ton  Sternwarten,  den  Aufenthalt  auf  Schiffen  vertraut 
7.11  machen  Doch  dazu  jjehört  Zeit  und  Geld  —  und  beides 
liat  der  Lehrer  zumeist  nicht  sonderlich  zur  Verfügung. 


^)  Will  mann:  Didaktik  als  Bildiingelehre  II,  p.  15$, 

2)  Für  tlas  .sjjpciplle  TtpLiot  ?<eien  nur  j^fenannt:  Littro  w  „Die  Wnnder 
des  Himmels";  Mädler  „Populäre  Astronomie";  Diestorwejf  „ropuläre 
Himtnelflkonde'*;  Heckenha.vn  ^Method.  Lehrbuch  f.  d.  ersten  Unterricht 
in  der  astrr»rioii)  Geographie";  in  Ii  I  i l;t i-^t hi^r  Hinsicht  führt  den  Lehrer 
auf  diesem  wie  auf  den  anHeren  Gcl>ieten  des  Unterrichtes  Prof.  Dr.  O.  Wili- 
manns  „Didaktik  als  Bildung-slehre'*. 

3)  Unter  anderen  seien  srenannt  die  Zeitschrift  «Himmel  und  Krde", 
Berlin,  und  die  «Zeitschrift  f.  d.  phjs.  n.  ehem.  Unterricht",  Berlin. 


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2U8  Anton  Michalitschke. 

Ein  ratioueller  Unterricht  in  der  Himnielskuii<lp  wird  sicix 

an  Hilfsmittel  halten,  die  einerseits  der  Lehrer  nüthig  hat   

aui  die  bereits  hier  hingewiesen  und  über  die  Heckenhayji 
ausführlich  beriehtet  — ,  anderseits  solehe,  welche  dem  Unter- 
richte theils  als  BlÜttel  für  die  Gewinnung  und  Ansammlung 
des  Beobachtungsmateriales,  theils  als  Mittel  der  Veranscbau- 
licbung,  als  Modelle,  dienen. 

In  Bezug  auf  den  ersten  Punkt  könnte  nur  eine  im  Ver- 
gleiche zum  gpfjenwärtigen  Stande  sehr  weitgelvride  Ausgestal- 
tung der  Verliältnisse  öfVentlicher  J^chulen  Mittel  und  Wec^e 
schaifeu,  dass  diesem  Unterrichtszweige  ein  Boden  erst«'he. 
Treten  einst  nn  die  Stelle  von  Höfen,  in  die  nur  eiuaud  im 
Jahre  der  Sonnenstrahl  dringt,  freie,  der  Schule  gehörige  Plätze, 
so  ist  nicht  nur  fttr  die  Pflege  der  körperlichen  Ubunsen  Raum 
gewonnen,  sondern  es  wird  auch  manch  anderer  Zweig  des 
Unterrichtes  die  Fesseln  abstreifen,  die  ihm  die  Mauern  des 
Schulzimmers  anlegen,  und  münche  praktische  Bethätigun^  kann 
dann  einmal  von  diesen  Plätzen  aus  Eingang  finden  in  den 
Kähmen  der  öffentlichen  Erziehung. 

Vera?»schuuli('hung8niittel  gibt  es  jedentalls  smch  auf  <h>sem 
Gebiete  unzählige.  Machen  sie  Anspruch,  als  Kunstwerke  der 
Technik  zu  gelten,  so  sind  sie  wolil  wert,  in  Museen  oder  Biblio- 
theken angestaunt  zu  werden,  allgemeines  Verständnis  werden 
sie  aber  weniger  yermitteln,  und  für  den  Schulgebrauch  wird 
man  sie  überhaupt  nicht  heranziehen. 

Wohl  bleibt  unter  allen  Umstanden  die  eigene  Beobach* 
tung  am  ersten  und  letzten  Anschauungsmittel,  an  der 
Natur  selbst,  das  Wesentliche  in  der  lebensvollen  Welt,  und 
irgend  ein  Apparat  kann  und  soll  sie  nicht  ersetzen;  aber 
er  wird  sie  anregen  und  lenken,  das  Gesellen»*  der  Auffassung 
zuführen.  Ohne  durch  Überfülle  ubzuleuk<M  n  ii  dem,  was  zu 
beobachten  ist,  soll  der  Apparat  nur  ^auf  das  hinweisen,  worauf 
in  der  wirkliehen  Welt  zu  schauen  ist,  er  soll  umgekehrt 
auch  dazu  dienen,  den  Beweis  zu  liefern,  dass  der  Schfier  die 
Bewegung  Ycrstanden  hat,"  dass  er  die  Größen,  die  er  nennt, 
mit  denen  er  rechnet,  in  ihren  Beziehungen  zu  einander  zu 
deuten  und  die  zusammenwirkenden  Thatsachen,  welche  den 
Zeitenlauf  registrieren,  anzugeben  weil5.  Der  Apparat  soll  den 
Lernenden  durch  nicht  misszuverstehende  räumliche  Anschauung 
mit  den  das  Alltagsleben  des  Menschen  und  der  Menschheit 
regelnden  N  orgäugen  im  Weltenraunie,  wie  sie  ihm  von  dem 
stolzen  und  doch  so  engen  anthropocentrischen  Staudpunkte 
aus  erscheinen,  vertraut  machen;  er  soll  ihn  dann  hinausftthren 
um  den  ganzen  Erdball  und  ihm  yon  verschiedenen  Punkten 
seiner  zunächst  noch  ruhig  im  Mittelpunkte  der  kreisenden 
Welt  schwebenden,  dann  rotierenden  Erde  Ausblicke  gewähren 
und  ihn  endlich  vom  geocentrischen  auf  den  helioeeutrischea 
Standpunkt  stellen,  von  dem  aus  er  seiue  Erde  dahineilen  sieht 
in  die  Jahrtausende  hinein,  die  Änderungen  mit  sich  bringen, 


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Caelo-Telluriim). 


299 


welche  er  im  Apparate  heute  schon  dem  Weltengebäude  auf- 
zwingen kann. 


Abbildung  i.  Polhöhe  75'». 


iSonne  (23*/,*'  Dech'n )  circumpolar.  Scheitelkreis,  Dilmmerungskrei». 
MichalitHchke:  „Caelo-Tflluriuni". 

Das  Lehrmittel,  auf  welches  hier  hingewiesen  werden  soll^ 
ist  ein  Apparat,  der  vollständig  zerlegbar  im  Verlaufe  des  Unter- 
richtes dem  Fortschreiten  von  Stufe  zu  .Stufe  entsprechend  auf- 
gebaut und  allmählich  vervollständigt  wird.  Für  einmaligen  Ge- 


300 


Anton  Michalitnchke. 


bnuR-li,  zu  dem  er  aus  dorn  Cabinette  hervorgeholt  wird,  um  ein 
Schaui»piel  abzugeben,  ist  er  nicht  gedacht.  Er  soll  beständig 
den  Unterricht  begleiten;  der  Lehrer  demonstriert  und  Ter- 
arbeitet  daran  den  Stoff  der  Beobachtung  oder  der  Darbietung, 
der  Schüler  reproduciert  an  der  Hand  des  Apparates.  Dass 
auch  hiebei  der  gleichzeitige  Gebrauch  von  Zeichnungen,  sowohl 
vorgelegter  als  auch  von  den  Schülern  selbst  ausgeführter,  von 
Sternkarten  u.  a,  w.  vorausgesetzt  wird,  ist  nicht  erst  hervor- 
zuheben. 

Eine  ausführliche  Beschreibung  wie  auch  Gebrauchsanleitun|^ 
liegt  dem  Apparate  bei;  sie  macht  den  Lehrer  rasch  mit  dem- 
selben vertraut.^)  Hier  seien  nur  noch  die  beigegebenen  Ab*- 
bildungen  durch  einige  Worte  erläutert. 

Abbildung  1  zei^  den  Apparat,  bereits  mit  den  Wende- 
kreisen und  der  Ekliptik  versehen,  für  einen  Horizont  unter 
lb\  Polhöhe  eingestellt.  Die  Sonne  ist  in  23'/,^  nördl.  Decli- 
nation  in  der  oberen  r'nlmination.  Bei  der  Drehung  der  äußeren 
Sphftn'  ('Stundenkreis  un*l  Ekliptik  mit  den  Koluren)  besehreibt 
die  l^jüuue  den  nürdln  In  a  Wendekreis,  in  (ieni  sie  circumpolar 
ist.  Sie  bleibt  dies,  solange  die  Declination  nicht  kleiner  als 
die  Äquatorhöhe  (9U^— 75"=  lö"^  ist.  Anderseits  ist  zu  demon- 
strieren, dass  die  Sonne  nicht  über  den  Hori9(ont  kommt,  so- 
lange die  südliche  Declination  mehr  als  die  Äquatorhdhe  be- 
trägt. Der  Beginn  und  das  Ende  dieser  Perioden  ist  ungefähr 
an  der  Ekliptik,  genauer  aus  Tabellen  zu  entnehmen.  Die 
Ekliptik  schneidet  den  Stundeukreis  immer  im  Mittelpunkte  der 
Sonneuschei!>e  Der  Dämmerungskreis  gestattet  im  Vereine  mit 
der  Theiluug  am  Äquator  (sowie  an  den  Wendekreisen)  den 
Eintntt  der  Morgen-,  beziehungsweise  das  Ende  der  Abeud- 
diininierung  oder  auch  den  Eintritt  der  ^hellen  Nächte"  ab- 
zulesen. Der  im  Scheitelpunkte  (Zenith)  befestigte  Quadrant 
gibt  mit  der  Theilung  am  Horizontringe  die  Horizontcoordinaten 
(Azimuth-Hdhe>. 

Bei  der  im  Bilde  bezeichneten  Elemmung  steht  die  Erde 
still  und  der  Himmel  dreht  sich  von  Ost  nacli  West;  wird  die 
untere  Klemme  in  Thätigkeit  gesetzt,  so  wird  der  Himmel  fest- 
gehalten und  die  Erde  wird  in  westöstlicher  Kichtuug  ge- 
dreht») 

Abbildung  2  stellt  eine  Moudestinsternis  im  Frühliuge 
dar.  Die  Sonne  ist  im  Frühlingspunkte  in  0"  Declination  im 
Westpunkte  eines  Horizontes  unter  bi)^  Polhöhe.  Der  Mond 
ist  im  absteigenden  Knoten  seiner  Bahn,  der  sieh  gerade 
im  Herbstpunkte  befindet.   Der  Mond  wird  nngeföhr  in  der 


1)  ^Beschreibung  und  GebrauchHanleitung  des  Ciielo-Telluriums"  von 
Prof.  Ant.  MichalitHchke.  Mit  Abbildungen  und  Fignrentafel  und  einem 
Nachtrag.  Trag  1808. 

-)  Hut  man,  wie  im  Bilde,  die  Erdkugel  telblt  bereits  angebracht,  so 
nr^ibt  sicli  (Ihi-  Tut ••r>ohi<'(l  /wischen  wahrem  und  echeinbarem  Horiaonte, 
die  zuvor  in  einen  zuäuuinientieleo. 


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Caelo-Telluriuin. 


301 


Höhe  der  Frühlingssonne  culminieren.  Die  Klemmung  ist  so 
angebracht,  dass  der  Himmel  festgehalten  ist.  Der  „Orion", 
der  „große  Bär"  uud  die  „Cassiopeia"  vermitteln  die  Orien- 


Abbildung  a.  Polhöhe  50". 


Mondesfinsternis  im  FiTihlinge. 
Michalitfichke:  „Caelo-Telluriuin". 


tierung  am  Sternenhimmel  der  Jahreszeit.  Die  Horizontscheibe 
ist  entfernt. 

Abbildung  3  zeigt  den  Apparat  auf  den  heliocentrischen 
Standpunkt  eingestellt.    Die  Kugel  in  der  Mitte  der  Sphäre 


302 


Anton  M iclialitschke. 


hat  die  Rolle  der  Souue  übernommen,  während  die  Erde  in  der 
Ekliptik  geführt  wird,  wobei  das  Gelenk  die  Parallelstellung 
der  beiden  Achsen  gestattet.    Die  Erdkugel  ist  um  ihre  Achse 


Abbildung  3.  Heliocentrlsch. 


Erde  in  der  Ekliptik  in  der  Winterwende. 
Michalitschke:  „Caelo-Tellurium". 


drehbar.  Die  Stelle  der  Sommer- Sonnenwende  ergibt  sich  als 
AViuter-Erdwende  in  der  Ekliptik.  Au  Stelle  des  Ab-  und  Auf- 
steigens der  Erde  in  der  schräg  stehenden  Ekliptik  kann  das 


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Caelo-Tellurium.  303 

Kraisen  in  horizontaler  Bahn  mit  schräg  stehender  Achse 

treten.') 

Die  Eiustellung  auf  die  Pole  der  Ekliptik  ergibt  dann  ein- 
fach die  Dai*stellung  der  Präeession  and  der  Änderungen,  welche 
diese  in  den  Himmelscoordinaten  nnd  im  Sternenhimmel  der 
Jahreszeiten  zur  Folge  hat. 

^)  Die  „ZcitHübrift  f.  d.  pbjr«.  u.  ehem.  Unterricht"  bringt  zwei  Ab- 
hildanffen  des  Apparates  in  einüiduter  Zaaammeiiwtzung  und  io  Diu^ 
Stellung  einer  SonncnfinsteraU  ini  Herbste, 


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804 


Max  Guttttanii. 


Vom  9.  Deutsehen  Turnfeste  in  Hamburg. 

(2a.  bia  27.  Juli  1698.) 

Seit  den  Sechziger- Jabreu  bilden  die  TuriLTereine  Deatscli- 
lands  uud  Deatseh-Österreiclifi  die  Deutsche  Turuerschaftw 
Aus  bescheidenen  Anfängen  hat  sie  sich  unter  der  Leituug 
opfV»rfreudig»'r  Männer  bis  zu  f)000  Vereinen  mit  circa  GOU.OtKJ 
Mitgliedern  ejitwickelt.  Sie  hat  sich  zur  Aufgabe  die  Pflege 
Deutscher  Turnkunst  mit  Ausschluss  puliiiseher  Tendenzen  ge- 
macht. Mit  der  Zeit  hat  die  Deutsehe  Turuers>chaft  immer 
mehr  im  Volke  Wurzel  gefasst,  aber  auch  die  Anerkennung 
der  allerhdchsten  Kreise  gefunden,  wie  das  die  Feste  in  Dresden 
1884  und  Manchen  1889  bewiesen  haben. 

Von  allen  bisherigen  Festen  war  jedoch  das  in  Hamburg 
abgehaltene  das  bedeutendste.  27.000  Turner  traten  die  weit« 
Wanderung  nach  der  größten  Hafenstadt  des  Coutiiientes  an 
und  wurden  dort  aufs  herzlichste  aufgenommen.  Etwa  30  Aus- 
schüsse luiben  seit  Jahresfrist  an  den  Vorbereitungen  gearbeitet, 
deren  Mühe  dureh  das  vollständige  Gelinj^en  des  Festes  belohnt 
wurde.  Audi  das  Wetter,  das  uuiujigä  regnerisch  war,  hat 
sich  von  Tag  zu  Tag  günstiger  gestaltet  und  war  an  den  beiden 
letzten  Tagen  selten  schön.  Aber  misstrauisch  bleibt  der  Ham- 
burger auch  dem  schonen  WV>tter  gegenüber;  denn  selbst  an 
heiteren  Tagen  geht  der  Hamburger  nicht  ohne  Regen- 
schirm aus. 

Dem  glänzende?)  nußeren  Verlaufe  entsprachen  auch  die 
turnerischen  VorfüliruiiL;i'n  Die  von  7500  Turnern  ausgeführten 
Eiseustabübungen  sind  zur  allgemeinen  Zufriedeuneit  aus- 
gefallen. Zugleich  war  das  die  grölke  Zahl  Turuer,  welche  zu 
gemeinschaftlichen  Übungen  angetreten  sind;  denn  diesem  Feste 
zunächst  kommt  das  in  Dresden  stattgefundene,  wo  von 
20.000  Turnern  3500  die  Freiübungen  mitgemacht  haben.  Es 
scheint  auch,  dass  dem  Männertumen  die  Übungen  mit  Be- 
lastung besser  entsprechen  und  mehr  Anklang  finden  als  die 
ohne  Belastung. 

Den  wichtigsten  turnerischen  Theil  bildete  der  Wettkampf 
in  sechs  Übungsarten .  fler  als  moderner  ^echskampf  dem 
antiken  Pentathlon  vuUkommen  «'ntsjjricbt.  Doch  besteht 
noch  ein  Unterschied  zwischen  beiden,  der  uui>  nicht  ohne  Be- 
deutung zn  nein  scheint.  Die  deutsche  Art  des  Wettkampfes 
hat  den  Ringkampf  ausgeschieden,  die  einzige  Übungsgattung, 
welche  an  den  wirklichen  Kampf  erinnert,  leicht  zu  rohen  Aus- 
schreitungen Anlass  gibt  und  thatsächlich  durch  den  Übergang 


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Vom  9.  Deutschen  Turnfeste  in  Hamburg. 


305 


zum  Fanstkampfe  im  Pankration  zum  Unterganffe  der  groß- 
artigen Olympischen  Spiele  beigetragen  hat.  Indem  die  dentaehe 
Turnknnst  toh  dem  Ringkampfe  absieht,  hat  de  der  modernen 
Kampfart  die  formale,  also  die  ideale  Seite  gerettet.  Diesen 
Fehlbetrag  hat  sie  aber  durch  reichliche  andere  Mittel  ersetzt, 
welche  den  Alten  eben  nicht  bekannt  waren.  Übrigens  findet 
auch   auf  deutschen  Turnfesten  ein  Ringkampf,   aber  ab- 

fesondert  von  dem  Seciiskampfe  statt.  Aus  diesem  als  Sieger 
ervor/.ugehen,  ist  der  sehnlichste  Wunsch  jedes  Turners.  In 
Hamburg  sind  circa  1300  Turner  zum  Wettkampfe  angetreten, 
woTon  106  den  aehfiehten  Eich^kianz  mit  sehwarz-roth-goldenem 
Bande  errungen  haben,  darunter  befinden  sieh  fOnf  Österreicher. 

Neben  dem  Turnen  der  Männer  ist  die  Jugend  von  Harn* 
})urg  und  Altona  beiderlei  Geschlechts  rühmli(  h  l; ervorgetreten. 
£s  bot  doch  einen  herrlichen  Anblick,  als  4500  Knaben  in 
lic]itcrra\H*n  Leinenhosen,  rothen  Flanellhemdeii,  rrmuen  Kappen 
unter  musikalischer  Begleitung  verschieden Irummler-  und 
Pfeifercorps  aufmarscliierten.  Größter  Beliebtheit  erfreut  sieh 
bei  diesen,  wie  auch  bei  den  Musikkapellen  der  Torgauer-Marscli. 
Die  Knaben  recrutierteu  sich  aus  den  Volks-  und  Mittelschulen 
beider  festgebenden  Städte.  Sie  führten  zuerst  FreiQbnngen 
ans  nnd  dann  ein  Bieffentnmen  an  den  versehiedensten  &e- 
räthen,  wobei  sich  ein  frisches  Bild  jugendlichen  Lebens  und 
Treibens  entfaltete.  Erregten  schon  die  Leistungen  der  Knaben 
das  Erstaunen  der  Zuschauer,  so  musste  man  vollends  verwun- 
dert sein  über  die  T.f^istuugen  der  900  Mädchen  und  Frauen. 
Mit  Ausnahme  weniger  Übungen  bekam  man  da  alle  Übungen 
des  Miumertuniens  zu  sehen  Besonders  zu  betonen  wären  die 
Seh wuiigü bangen  am  Reck,  die  Sprünge  über  das  Pferd.  Leb- 
haften Beifall  fanden  die  rhythmisch  ausgeführten  Keulen- 
übnn|^en  mancher  ^btheilangen.  Im  ganzen  scheinen  uns  die 
Darbietungen  der  Damen  zu  weitgehend  zu  sein. 

Über  alles  Lob  erhaben  müssen  die  VorfUhrungen  der 
Jugendspiele  von  jun|^  und  alt  auffefiihrt  werden.  Unter 
der  umsicntigen  und  emsigen  Leitung  des  Herrn  Dr.  Schnell, 
Gymnasiallehrers  in  Altona,  bekam  man  die  verschiedensten 
Spiele  zu  sehen.  Zu  den  interessantesten  gehörten  ein  Wett- 
spiel im  Faustball  zwischen  Hamburger  Damen  und  dem 
Akademischen  Turnvereine  Berlin,  wobei  erstere  siegten!, 
dann  Fußball  zwischen  Breslau — München,  Altona  und  Deutsch- 
österreichischem  Turnvereine  Wien  u.  v.  a. 

Auch  in  künstlerischer  Beziehung  waren  verschiedene  Ge- 
nüsse geboten.  Malerei,  Decoration,  Baukunst  und  die  dar- 
stellenaen  Künste,  sowie  Gesang  trugen  das  Beste  2U  dem  reizen* 
den  Verlaufe  des  Festes  bei. 

Fi  neu  selten  schönen  Abschluss  der  Hamburcrcr  Festtage 
bildeten   die  Tum  fahrten    nach  Helgoland,    Loiidou,  Kiel, 
Düppeler  Schanzen.  Kopenhagen.    Die  Verkehrsmittel  hatten 
einen  ganz  außerordentlichen  Andrang  zu  bewältigen,  und  hat 
MOttefT.  MUtolMbttle*'.  XII.  JtHug.  20 


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306   Max  Guttmana.    Vom  9.  DeuUchen  luruieäte  lu  Hamburg. 

der  Tumiahrten-AassehDSs  mit  bewunderungswarcUger  Geduld 
alle  erwünschten  Autkflnfte  ertheilt. 

Das  9.  Deutsche  Turnfest  in  Hamburg  mit  seinem  groß- 
artigen Verlaufe,   seiner  Bethoilipfung,    Hpr  Bofhiitigung  der 

Massen  bei  dvn  Vorffihninj^en  selbst  ist  uiclit  nur  dns  schönste 
bisher  stattgeluudeue  Turnlest,  sondern  kann  auch  als  ein  Volks- 
fest im  besten  Sinne  des  Wortes  bezeichnet  werden. 

Wien,  October  1898.  Max  Gutlmann. 


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Vereinsnachrichten 


A.  Sitzungsbericht  des  Vereines  „Mittelschule"  in  Wien« 

(MitfitetheiU  rom  Mxitmhrer  Prof.  Dr.  Karl  Wotke.) 

Jaliresvert^aiiiml  ang. 

(12.  November  1898.) 

Der  Obmann  Prof.  Peter  Maresch  erOffnel  die  Sitmng  und  begrOBt 
4iie  Versammlimj?  mit  den  herzlichsten  Worten. 

Dann  erstattet  er  den  angekündigten  Bericht  über  die  Trauter- 
Ic  u  nd  gebu  n  der  acht  M  i  1 1  e  1  sch  u  1  ve  re  i  ne  Oaterreichs  an  las  s- 
lich  de»  Uinscheideiis  ihrer  Majestät  der  Kaiserin  und  leitet  ihn 
mit  folgende»  Worten  ein: 

„Ale  die  nitodieraehniettemde  Tranerlrande  Ton  dem  plOtsliclieB  Hin- 
«cbeideii  Ihrer  Majee^t  aneerer  alWerehrten  K«lMrill  BUsab0lh  mit 
Windeseile  dnrch  alle  Qaae  nnaerea  groBen,  «ehUnen  Vaterlandes,  von  Stadt 
«tt  Stadt,  von  Dorf  zn  Dorf  bi«  in  die  entlegensten  Hatten  drang,  da  wurden 
nnch  wir  Mittelschullehrer,  zu  deren  heiligen  Benißipflichten  auch  die  hohe 
Aufgabe  der  patriotischen  Ei-ziehnn'^  gehört,  von  tiefitem  ^^chmerze  und 
unsäglicher  Trauer  erfüllt.  D»»nri  wie  die  uns  anvertrauN  sLu  ii*  t m  !«■  Jugend, 
-90  waren  ja  nneh  wir,  die  wir  ihren  Idealismus  nähren  uti  l  ji Hegen,  in 
dem  henrigeu  Jahre,  dem  .Jubeljahre',  deaaen  Aulat»  ho  selten  in  der  Ge- 
«ebielife  der  eiaielnen  Staaten  wiederkehrt,  von  betonderer  Begeisterung 
-für  ttnaeren  Kaiser  und  unser  Vaterland  entflammt  nnd  von  der  festliehsten 
Stimmung  emporgehoben,  tfan  stelle  sieh  den  Frohsinn  einer  Kindersdiar 
*TOr,  die  einem  eigenartigen,  noeb  nicht  erlebten  Festtage  ihrer  Eltern  ent^ 
gegensiebt.  PlSttiieh  wird  durch  die  rauhe  Hand  des  Schicksals  diese  so 
freudige  Hoffnung  zerstört,  die  geliebte  Mutter  hat  der  unbarmherzige  Tod 
entrissen.  Nicht  anders  wurden  wir  und  unsere  studierende  Ju^i^end  und 
•mit  uns  beiden  zugleich  auch  die  übrit^en  f'nterthanen  des  Keiches,  nicht 
anders  wurden  die  verschiedensprachigeii  Volker  des  Reiche«,  die  g>'rade 
die  dynastische  Treue  fest  zusammenkittet,  durch  deu  unerwarteten  Tod 
Ihrer  Migest&t  der  Kaiserin,  der  Landesmntter,  anft  tieftte  erschfittert  Fflr 
4inseren  Stand  aber  hat  dieser  Sehmers  noch  einen  besonders  bitteren  Stachel 
Unser  Stand,  der  anf  den  sonnigen  Böhen  des  Idealismas  wirkt  und 
strebt  und  dem  Wahren,  Schönen  und  Guten  seine  beste  Kraft  widmet, 
fnhlte  sich  zu  unserer  erhabenen  Kaiserin  mächtig  hingezogen,  zu  jener 
stillen  Dulderin,  die,  unbekflraraert  um  das  politische  Parteigetriebe,  ihr 
.höchstes  Glück  in  der  Erxiehuag  ihrer  Kinder,  in  der  Förderung  gemein* 

80» 

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308 


Yerelnsnachnchteo. 


nfitsiger  Ziele,  im  ttillen  Wohltimn  «ad  in  ihrem  lebhaften  Interesse  für 
die  Kunst,  namentlich  die  Dichtung,  niohte  nnd  find.  Und  diew  engel- 
hafte Frau  monte  dorch  den  Hordstahl  eines  entmenschten  Bnben  sterben  — 
jünser  armer  Kiuser!  Unser  vtelgepHlfter  Kaiser!'  jammerten  auch  wir 

ans  dem  tiefsten  Grunde  des  Herzens. 

„Zu  Beginn  des  Schuljahres  standen  Lehrer  und  SchQler  ganz  im 
Banno  des  entsetzlichen  Ereignisses.  Nruh  dem  Tranergottesdienstc  rer- 
einigte in  jeder  Lehrtinstalt  der  entspretlicnd  gezierte  Fe^tsaal  den  Lehr- 
körper und  die  Schüler;  da.  lauschte  dann  jeder  mit  g'espannter  Aufmerk- 
aamkeit  und  mit  tiefer  Rflhrung  den  warm  empfundenen  Worten  de» 
INreetors  oder  eines  Frotoors  über  das  Leben  nnd  Steihen  unserer  edlen 
Kaiserin.  Auch  die  erste  Cooferenz  begann  im  Zeichen  der  Trauer  mit 
einer  würdevollen  Beileidsknndgebiing. 

aDoeh  damit  war  unseren  dynastischen  und  patriotischen  GelÜhlen 
nicht  genügegeleistet.  Aufgabe  und  Pflicht  der  Mittelscbulvereine  als  der 
öffentlichen  Vertreter  des  Mittelpchnllehrstandes  war  es,  den  Äusdmck  der 
tiefsten  Trauer  und  dos  innigsten  Beileirics  anläsalich  des  Hinscheiden.* 
Ihrer  Majestät  der  Kaiserin  und  die  Versicherung  der  nnwandelbaren  Liebe 
und  Treue  gegen  Kaiser  und  Vaterland  su  den  Stufen  iles  Allerhöchsten 
Thrones  gelangen  zu  lassen,  damit  unser  allgeliebter  Kaiser  in  den  Un- 
glfickstagen  audi  in  dem  Gedanken  Trost  finde,  dass  die  ttudierende  Jugend, 
die  kOnftigen  Diener  des  Staates  mid  Fahrer  des  Volkes,  echt  dynastisch 
und  patriotisch  gesinnten  Mftnnem  anvertraut  ist.  Es  galt  xu  «eigen,  das» 
diese  Gesinnung  alle  Mittelschulprofessoren  des  ganzen  weiten  Österreich 
beseele.  Rasdi  verständigten  sich  die  Obmänner  der  drei  Wiener  Mittel- 
scbulvereine. wenige  Tage  darauf  langte  die  Zustimmung  der  übrigen  fünf 
Mittelschulvereine  ein.  Am  20.  Septpmhf^r  wnrdt^n  die  Obuiiinner  der  drei 
Wiener  Mitt€lf«chulvereine  von  Sr.  Exeellenz  dem  Herrn  ünterriehts- 
minister  Grafen  B j lündt-Rheidt  empfangen;  ich  trug  die  eben  an- 
gedeutete Bitte  im  Namen  der  acht  Mittelscbulvereine  Oäterreichs  vor^ 
worauf  der  Obmann  der  ,Bea1sohnle'  Prof.  Frans  Halnsohka  folgende» 
von  ihm  verfasste  (hier  etwas  gekamte)  Schreiben  flberreichte: 
„,Euere  Excellena! 

,„Die  in  Ehrfurcht  unterseichneten  Vereine  erlauben  sich,  Eurer 
Excellenz  die  ergebene  Bitte  zu  unterbreiten,  unsere  tiefe  Trauer  und 
herrinnige  Theilnahnie  nnlüsslich  des  tragisehen,  die  f^anze  civilisierte  Welt 
erschütternden  Ablebens  ihrer  Majestät  der  Kaiserin  an  den  Stufen 
des  Allerhöchsten  Throne«  niederzulegen. 

„,Duä  Wort  vertagt,  um  den  Verlust  ganz  in  sich  zu  fa^eu,  den 
Se.  Majestftt  unser  allergnädigstw  Kaiser  und  mit  Ihm  Seine  Völker  er-, 
litten  haben,  l^ef  erschüttert  stehen  wir  vor  der  sterblichen  Hülle  der 
hohen  Frau,  die  mit  der  Wflrde  der  H^jestftt  die  Hilde  des  Henens  tu. 
verbinden  wusste.  Die  Spuren  Ihres  Erdenwallmis  sind  Wohlthaten  und 
Segen:  Sie  weben  einen  unrerwelklichen  Kranz  von  Liebe  und  Dankbar- 
keit  um  das  geheiligte  Andenken  der  erhabenen  Todten,  die  im  Leben  die^ 
treaeste  Gefährtin  und  festeste  Stöt7.c  Sr.  Majestät  gewesen  ist. 

„,In  Liebe  und  Treue  nahen  in  diesen  Tagen  der  Trauer  die  Völker 
ihrem  Herrscher:  mögen  diese  Gefühle  auch  zum  Trost«  werden  über  den 
unermebälichen  Verluijt.  Wir  aber  geloben  aul^  neue,  treu  zu  >Sr.  Majestät 


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Vereinsnacbrichten. 

r 

XU  halten  nod  mit  gaacer  Seele  und  Kraft  dahin  w  wirken,  anf  da»  die 
nnaerer  Obhnt  anTertrante  Jagmd  in  Wissen  nnd  Geaittang  erstarke,  ein 
ÜBster  Hort  des  Staates  nnd  eine  raTerUsniie  SUItce  des  Thrones  werde. 

Verein  «Mittelschule»  in  Wien, 
Verein  «Die  Realschale»  in  Wien, 

Snpplentenverein  in  Wien, 

Verein  «üeut«ohp  Mittplschule»  in  Prag, 

Verein  «Mittelschule  tür  Oberoaterreich  und  Salzbui^  in  Linz», 
Verein  «Bukowiner  Mittelschule»  in  Cs^rnowitz, 
Ustfedni  spolek  cesk^cb  professorA  ▼  Praxe, 
Towanjffcwo  nancsycieli  ssköl  wyzszych  we  Lwowie.* 

,8e.  Eicellens  der  Herr  Minister  Terqirach  frenndlichst,  die  vorgetragene 
Bitte  an  erfttllen,  nnd  forderte  die  Abordnung  auf,  sttnen  Dank  nnd  seine 
Anerkennung  für  diese  gemeinsame  patriotische  und  dynastisehe  Kund* 
gebung  den  einzelnen  Vereinen  kundzugeben.  Er  sei  von  der  Vaterlands* 
lie1)e  <1er  Mittelschiilprofe^'^oren  und  ihrer  ^ewi^^enhuften  Pflichterftilhing 
:r,ich  in  der  patriotischen  Rrziehun«^  überzeugt  und  kenne  auch  die  Schwierig- 
keit des  Berufes.  Es  könne  fialier  die  Schuld  nicht  die  Mittelschulprofessoren, 
sondern  nur  das  Elternhaus  treffen,  wenn  trotzdem  es  vorkomnie,  dass 
Mittelschüler  sich  wider  das  Qesets  an  politischen  Parteikundgebongen 
durch  ünterschriften  betheiiigen.  In  dieser  Hinsieht  wende  er  neb  be* 
sonders  an  die  Professoren  dentseher  Mittelschulen,  weiter  ein  redit  wach- 
sames Auge  so  haben." 

2.  Der  Obmenn  gedenkt  dann  der  fün f7i|):jahrigen  Regierung 
Sr.  Majestät  unseres  Kaisers  in  folgenden  Worten: 

„Am  2.  December  sind  50  Jahre  verflossen,  seitdem  unser  allgeliebter 
Kaiser  den  Thron  seiner  Väter  be.stie<^en  hat. 

„Dieses  festlichen  Taftes  in  entsprechender  Weise  zu  gedenken,  wäre 
eigentlich  die  Aufgabe  der  uächäten  Sitzung.  Aber  das  vierte  Uei't  des 
heurigen  Jahrganges  unserer  Zeitschrift  erscheint  in  der  ersten  Hälfte  des 
December  und  wird  auch  noch  den  Bericht  fiber  die  heutige  Sitsung  ent- 
baltoi.  Der  Bericht  üher  die  n&ehste  Sitsung  aber  kann  erst  in  dem 
ersten  Hefte  des  nächsten  Jahrganges  erscheinen ,  welches  erst  im  Februar 
oder  Milrz  zur  Ausgabe  gelangen  wird.  Ans  diesem  Grunde  rein  äußerer 
Natur  fühle  ich  mich  verpflichtet,  unseren  patriotischen  nnd  dynastischen 
Uef&hlen  schon  heute  Ausdruck  7\\  leihen. 

„Wenn  »*in  edler,  von  seinen  Unterthanen  innigst  geliebter  Monarch, 
wie  m  nn»ti  Kaiser  ist,  fünfzig  Jahre  regiert,  so  kann  die«  dem  Reiche  nur 
zum  vollsten  Segen  gereichen.  Ein  noch  so  bündiger  Vortrag  über  da^  segens- 
reiche Walten  unseres  Kaisen  würde  mehr  als  einen  Sitcnngsabend  ansfttllen, 
selbst  wenn  wir  uns  hanptsicUieh  auf  die  hohe  Entwicklung  des  (toter- 
Teichischoi  Schulwesens  beschränkten,  dessen  Einrichtungen  mit  ihren  Er- 
folgen die  Bewunderung  aller  Culturstaaten  ttregen.  Wir  hätten  also  alte 
Ursache  zu  einem  festlichen  Jabel,  zu  einem  aus  tiefster  Brust  ertönenden 
Jubel  Aber  diese  *?o  freudige  Festesstimmung  wird  gedämpft  und  nieder- 
geilrückt  durch  die  tiefe  Trauer,  wolche  die  flerron  aller  Ünterthanen  er- 
füllt. Ich  bin  nicht  iuiytande  —  ich  bekenne  es  oüen  —  diesen  gemischten 
(»efühlen  einen  würdigi-n  Ausdruck  zu  leiben.  Darum  habe  ich  einen 
Dichter  gebeten,  umäeren  verehrten  Collegen  Franz  Keim,  in  einem 


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Vereimnachriebteii. 


schlichten  und  doch  würdevollen  Gedichte  seiner  Mn««^  alle» 
das  zu  sagen  und  aller  Welt  tn  verkünden,  was  unsere  Herzea 
so  tief  bewegt.  Er  kam  in  liebenawürdigriter  Weise  meiner  Bitte  nach. 
Folgendes  Gedicht  wird  dad  erste  Blatt  des  wiertea  liefbes  deä  heurigeiL 
Jahrganges  tiMen."  Der  Obmaim  trflgl  das  Gedifdit  vor  und  knQpft  daran 
folgende  Worte: 

,80  laait  nns  denn  das  heiße  Gebet  snm  Himmel  lendea:  Gott 
trOtte  unseren  sebwergeprflfien  Kaiser,  Gott  segne  unseren 
edlen  Kaiser,  Gott  erhalte  unseren  Tielgeliebtea  Kaiser  tum 
Heile  unseres  schSnen  Vaterlandes!" 


Hierauf  .stellt  der  Obmann  den  Antrag,  die  löbliche  Verkam wluug- 
möge  ihm  gestatten,  seinen  Becbensebafbiberiebt  ent  während  des  Scra> 
tininms  an  halten.  Von  dem  üblichen  Vortrage  habe  er  diesmal  absehen 
mOnen,  weil  bei  der  reichen  Tagetordnung  fAr  diesen  die  Zeit  nidit  aus- 
reiche. Denn  um  9  Uhr  mfisse  nach  der  Hausordnung  die  Sitsnng  ge- 
schlossen werden.   (Der  Antrag  wird  einstimmig  gutgeheißen.) 

3.  Bericht  des  Cassier«;.  Der  Caasier  Herr  Prof.  Guido  V.  Altk 
erstattet  folgenden  Rocbenschaftsbericht: 

Casse-Ausweis  far  das  Vereinsjahr  1897^98. 
Einnahmen: 

Cassestand  vom  Vorjahre   46  fl.  76  kr. 

Spareinlage  bei  der  1.  ^^sterrpsohisrhon  Sparca^sc  684  ,  09  , 

beim   allgemeinen   österreichischen  Beamten« 

vereine   16  ,   50  « 

Zinsen  der  S^iareinlagen   20  .,  2d  „ 

MitgUedsheitrüge  Ifir  1897/98    548  ,  - 

Baekst&ndige  Mitgliedsbeiträge   24,—  « 

Für  gemeinsame  Auhagen  im  Vorjahre  vom  Vereine  „Die  Real- 
schule" rflckvergfltet   14  ^  20  ^ 

Summe  der  Einnahmen  .  1359  fl.  83  kr. 

An  liüUiers  Vorlag  für  die  Zeitschrift  .»Mittelschule"    .  .  .  430  11.  —  kr. 

Saalbedien iing   25  ,  —  , 

Druckküsten   bl  ^  dii  n 

RedacUons»  und  Verwaltungaausk^en   67  ^  70  . 

Summe  der  Ausgaben  .  574  t\.  1)2  kr. 

Der  VermOgenastand  betrügt  somit   785  8.  81  kr. 

Derselbe  besteht  aus: 
1.  Spareinlage  bei  der  I.  Österreichische  Sparcasse   .  .  .  798  fl.  70  kr. 
8.        «        beim  allgemeinen  Osterreichischen  Beamten- 
vereine   18  ,  17  , 

3.  Barbetrag   ^  44  , 

Wie  oben  .  785  8.  31  kr. 


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Ternmiudiricliten. 


311 


Mit4»lieclerbewegull^'  im  Jahre  1897/96: 
Zu  Anfang         325  Mitglieder 
Ausgetreten        46  « 
Neu  eingetreten  16  « 

ZvL  Ende  296       «        (Datou  haben  etngesahlt:  874.) 

Der  Obmann  sprififat  im  Namen  des  Vereines  dem  Cassier  Herrn 
Prof.  Guido  V.  Alth  den  wärrosten  Dank  für  seine  io  eifrige  nnd  große 
Mühewaltung  an«.    (Lebhafter  Beifall.) 

4.  Hierauf  folsjt  die  Wahl  <ler  Casset  e  visoren  Es  werden  wie 
in  den  früheren  Jahren  die  Herren  Proff.  Neumanu  und  Obermann 
g«?wälilt, 

5.  Der  Obmann  theilt  mit,  dass  nach  den  Statuten  vier  Ausschuiiü- 
mitfflieder  dnrch  das  Lot  anwniiefaeiden  bnben.  Die  AnMehiunnitgUeder 
Herr  Prof.  Dr.  Jnlius  SchOnacb  nnd  Herr  Prof.  Arthur  Lankxnayr 
hätten  erklärt,  eine  Wiederwabi  nicht  mehr  ansunehmen.  Für  den  definiiiT 
gewordenen  Herrn  Collc^'en  Dr.  Gustav  KTait><chek  habe  der  Supplent^- 
verein  Herrn  Collegen  Karl  Hehl  empfohlen,  fis  habe  somit  nur  ein  Aus- 
8cbti!^mitg1ic-d  durch  das  Los  ansxuscheiden.  —  Das  lios  trifft  Herrn  Prof. 
Dr.  Josef  Kohin. 

Es  lindet  nun  die  Wahl  des  Obmannes  und  von  vier  Ausschuss- 
mitgliedern statt. 

G.  Während  des  Scrutiniums  hält  der  Obmann  folgenden 

BeefaMiflehaftslieriehtt 
«Das  Terfloisene  Vereinsjabr  ist  wobl  an  den  besonders  denkwürdigen 
kn  lählen.  Denn  in  dasMlbe  ftUt  das  bedeutende  ISreignis  der  AllerhOch' 

sten  Sanction  des  Gehaltsregutifrungsgesetzes.  Wonach  wirnns 
seit  Jahren  sosehr  gedehnt  haben,  das  ist  MidUch  in  Erfüllung  gegfln<^en; 
was  rlt'n  bisherifren  Mittelschultap^en  ein  eij^enartij^fes  Gei)r:i<^o  verliehen  liat., 
nnd  '.vaa  unseren  Verein  nnd  die  mit  uns  kartellierten  Vereine  besonders  in 
«b  71  Irtiten  zw»M  Jaliien  viel  ^'escbädigt  hat,  da-s  i«f  endlich  ver»»cb wunden, 
l  nd  dieses  Ereignis  kam,  obwohl  es  heuer,  in  dtin  Jubiläumsjahre,  fast 
mit  Sicherheit  erwartet  wurde,  doch  überraschend.  Denn  nach  den  schweren 
Enttftnschiingen  am  1.  Januar,  am  1.  Jnlt  und  am  18.  August  trtetete  man 
sich  mit  dem  Gedanken,  dass  der  2.  December  der  beißersehnte  GlOckstag 
für  die  Staatebeamten  Oaterreicbs  sein  werde«  Als  aber  die  k.  k.  «Wiener 
Zeitung*  die  freudige  Nachricht  schon  am  80.  September  brachte,  da  erscholl 
es  wie  ans  einem  Munde  durch  ganz  Österreich:  ,Das  verdanken  wir 
nur  der  Uochherzigkeit  nnd  dem  Edelsinne  unsere«  gelieV)ten 
Kaisers,  d'-v  nicht  gewartet  hat.  l)is  die  hohe  Regiemng  die  schwierig»» 
finanzielle  Deckiinj;  erreicht  hat.'  Daher  entbrannte  unter  den  Betheiligtcn 
die  Begeisterung  für  unseren  Kui^ier  in  bellen  Fiamiuen.  Allgemein  wurde 
der  lebhafte  Wunsch  laut,  durch  eine  gemeinsame  Dankeskundgebun^ 
das  edle  Hers  unseres  schwergeprüften  Honarchen  eu  erfreuen.  Bäsch  hatten 
sich  die  Staatsbeamten-  und  Mittelschulvereine  verständigt,  bald  darauf 
erschien  eine  Deputation  bei  8r.  Excellens  dem  Herrn  Ministerpräsidenten, 
um  ihm  die  ehrfurchtsvollste  Bitte  vorsntragen,  er  möge  im  Nnmen  aller 
Staatsbeamten  und  Staatslehrpersonen  den  unterthänig^ten  und  herzlichsten 
Dank  für  diese  Wohlthat  Sr.  Majestät  dem  Kaiser  übermitteln.  Gleichzeitig 
aber  fassten  die  Obmänner  der  drei  Wiener  Mittelschulvereine,  gestuUt 


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312 


Verdnmachriditeii. 


auf  den  Auftrag  aller  flbrigen  Mittelschulvereine  östoiroich?,  ne  bei  einer 
Holchen  Kundgebung  zu  vertreten,  den  BescbluN,  außerdem  eine  eigene 
Dankeskuntlgt'Utinq'  :m  Se.  Majcstrit  den  Kaiser  z\i  veranlassen,  zumal  da 
im  (TehiiHsretrulieruügsgesetaie  fV^c  Mittelschullrhrer  eine  !>esondere  Stellung" 
finnebmen.  Am  15.  October  wuidcn  die  Obmänner  der  drei  Wiener  Mittel- 
t^chulvcreine  von  Sr.  Excellenz  Herrn  Minisier  ürafen  Byhindt- 
Rheidt  empfangen.  Der  Sprecher  der  Abordnung  war  diesmal  der  Oltnianu 
der  «RealachuleS  da  et  bei  der  Trauerkimdgebung  der  Obnuum  der  «Mittel- 
schule' gewesen  war, 

„Der  Obmami  der  «Healschnle*  brachte  im  Namen  aller  acht  Mittel- 
bchulvereine  in  wohlgewählten  und  gefiShl vollen  Worten  den  inni^^sten 
Dank  des  ganzen  Mittelschullehrstandeszum  Auedrucke  und  batSe.Ezcellenz, 
diesen  Drink  zu  den  Stufen  d<'s  Allerhöchsten  Thrones  p^elanj^en  zu  lns>K*n. 
AVie  bei  der  ersten  Audienz,  so  wurde  auch  jetzt  die  so  seltene  Geieg^en- 
heit  nicht  versäumt,  die  unwundelbaie  Liebe  und  Treue  des  ^littelschul- 
lehrstandes  gegen  Küiäer  und  V^aterland  zu  bctouen,  jenes  Standen,  der 
«ine  Bo  wichtige  und  hohe  Aufgabe  im  Staate  zu  erfüllen  habe.  Se.  Ex- 
eellens  ctab  das  freundlichste  Versprechen,  den  Dank  und  dea 
Ausdrack  der  dynastischen  und  patriotischen  Gesinnong  Seiner 
Majestftt  dem  Kaiser  aar  Allerhöchsten  Kenntnis  so  bringen. 
Darauf  ergriff  ich  das  Wort,  wies  auf  einige  allgemein  gefasste  Paragraphen 
des  Gehaltsregulierung^esetzes  hin,  besondei-s  auf  die  §§  6  und  10,  und 
bat  um  «'ine  höchatwohlwollende  Darchfnhrung  derselben.    Se.  Exeellenz 
nahm  die  eingehende  Heg^ründung  der  Bitte  wohlgeneigt  auf  und  betont»' 
in  seiner  ziemlich  liinj^en  Erwiderunj?,  dass  er  e«  für  ein  Gebot  der  aus- 
gleichenden Gerechtigkeit  halte,  einen  Theil  der  zurückgeieijteu 
Supplenteiyahre  im  Sinne  des  9  10  in  die  Qninquennien  eintoieehiien. 
Denn  es  gebe  nicht  wenige  Professoren,  welche  ohne  eigenes  Verschulden, 
lediglich  infolge  ungünstiger  VerhUtnisse  acht,  sdin,  ja  sogar  noch  mehr 
Jahre  als  Snpplenten  hfttten  dienen  mflssen,  während  andere  durch  ein 
günstigeres  Geschick  in  noch  jungen  Jahren  definitiv  angestellt  worden 
seien.    Die  Landesachulbehurden  seien  mit  den  Vorarbeiten  bereits  he- 
m  h',\Ü'irr\ :  aber  erst  nach  Beendifjunj?  derselben  werde  sich  der  jj^^crechte 
Schlüssel  für  die  Durchftihrung  finden  lassen.  Üa<,'eg€n  äußerte  .sich  Se.  Ex- 
cellenz  über  die  Uetönlerang  älterer  IVofessoren  in  die  VII.  und  älterer 
Dircctoren  in  die  VI.  Uaugsclaiise  und  über  eine  Entschädigung  der  Wiener 
Professoren,  die  in  Rttcksicbt  auf  die  alhm  hohe  Thenerong  in  Wien  im 
Vergleiche  xu  ihren  Collegen  auf  dem  Lande  im  Nachtheile  sind,  nicht 
gans  im  Sinne  der  vorgetragenen  Bitte.  In  Besag  auf  die  Beförderung  in 
die  VII.  und  VI.  Bangsolasse  sprach  Se.  Exoellent  den  Grondsats  au», 
da^s  beide  Beförderungen  nur  aU  Auszeichnung  gelten  und  mir  wissen- 
schaftlicli  oder  pädagogiscli  hervorragende  Lehrkräfte  ohne  Bevorzuj^ung 
irf^end  »'Ines  Dienstortes  betreten  werdeti:  iu  Bezu«?  auf  den  zweiten  Punkt 
wie«  iSe.  Excellenz  auf  die  Staatsbeamten  hin,  von  denen  ja  auch  die  in 
Wien  unge^iteliten  keinen  entsprechenden  finanziellen  Vortheil  genössen.  — 
Nach  dieiicn  Worten  wurde  die  Abordnung  huldvollst  entlassen. 

»Diese  begab  sich  dann  zum  Herrn  Hofratbe  Dr.  Joh.  Hnemer  und 
Ton  hier  sum  Herrn  Vicepräsidenten  des  niederösterreichiscben 
Landesschulrathes  Sectionschef  Dr.  Erich  Wolf.  Beiden  Herren 


Veralnmaelirieliteii. 


313 


tia:-  wimlo  der  innijfste  Dank  für  ihre  Mitwirkung  bei  der  Scliöpfuncr  des  Gehalts- 

reguliei ungsgesetzes  in  ehrlurchtsvollster  Weise  ausgesprochen,  und  beide 

Ii.  L  wurden  um  ihr  ferneres  Wohlwollen  be&onders  bei  der  Ourchfühi  ung  des 

Geseties  gebeten.  HieiMif  fptaclieii  wir  bei  den  Httren  Landes-Schul* 

lir^>  inepeeioren  Dr.  Aug.  Scheindler,  Dr.  Stephan  Kapp  und  Dr.  Ferd. 

ici:-  Maurer  vor  nnd  baten  ne  um  die  größte  Milde  bei  der  Eraiattnng  der 

Vorech  lüge  fiir  die  Einrechnung  der  Supplentenjahre  in  die  Quinqnennien 

.1'^  und  für  die  Befördenmg  in  die  höheren  Rangselaisen.  Von  allen  den  ge- 


nannten Herren  wurden  wir  freundlichst  empfangen  nnd  erhielten  von  ihnen 
i;:;.  in  den  wärmsten  Worten  die  Versicherung,  dass  von  ihrer  Seite  aus  das  Mög- 

lichste ge.^clu'hcn  werde.  Mit  stol/.er  I^f^friedigung  thoile  ich  hier  die  Be- 
huiijjiiing  des  Herrn  Hofrathea  Dr.  Joli.  H  nein  er  mit,  dass  unsere  Vereine 
selbst  sehr  viel  zu  einer  günstigeren  Gestaltung  des  Gehaltsgesetzes 
tifilg«tragen  bfttten.  Wae  insbeeondere  unseren  Teifeln  betriltt,  ao  ist  ja 
allbekannt,  dass  mein  Voigftnger  Prof.  Fe odo r  B  op  pe  entweder  aHein  oder 
^  mit  einer  Deputation  viele  Qftnge  im  Intereme  anterei  Oefaaltigeaetsea 

getban  bat.  Ich  freue  mich,  ihm  bei  dieser  Gelegenheit  öffentlich  den 
^.  wärmsten  Dank  aussprechen  zu  können.    Ebenso  theile  ich  mit  stolzer 

Freu(ie  das  Geständnis  des  Herrn  V'icepriisidenten  Dr.  Erich  Wolf  mit, 
dans  er  -ownhl  w  ihrnnd  seiner  Wirksamkeit  im  Ministerium  als  auch  jetzt 
,  in  der  niedert  -ti n  uchischen  Statthalterei  den  Mittelschullehrstand  hoch- 

^  schätzen  gelernt  habe.    Unser  Beruf  sei  sehr  schwierig  und  erfordere  die 

^  ernsteste  Pflichterftillung;  diese  sei  aber  in  reichlichstem  Maße  vorhanden. 

Der  Herr  ViceptSndeat  sowie  die  drei  genannten  Herren  Landes- Scbul- 
inipectoren  betonten  in  ihrer  Erwiderung,  dass  an  den.  Wiener  Mittelschulen 
eine  stattliebe  Reibe  Älterer  hoebverdienter  Professoren  wirke,  welche  die 
Beförderung  in  die  VII.  Rangsciassc  vollauf  verdiene. 

«Bei  Herrn  Hofrath  Dr.  Joh.  Huemer  und  Herrn  Section.srut h 
Dr.  V.  Wiener,  unseren  beiden  Referenten  im  Ministerium,  hatte  ich  auch 
allein  mehrere  Tage  früher  vorp:p«|trochen,  beide  Herren  von  den  gerechten 
Wünschen  der  Mittelschulprofessoren  unterrichtet  und  um  gnädige  Berück- 
sichtigung derselben  gebeten.  Beide  Herren  offenbarten  in  ihrer  Antwort 
das  größte  Wohlwollen.  Herr  Hofrath  Dr.  Joh.  Huemer  legte  dar,  dass 
gerade  die  allgem^e  Fassung  der  §§  6  und  10  fllr  uns  recht  günstig  seL 
So  sei  es  jetxt  und  m  Zukunft  von  Fall  sn  Fall  mOglich,  selbst  weitgehende 
billige  Wflasdie  an  erflllien.  Doch  mOssten,  fuhr  er  in  seiner  TOn  uns  ge- 
sehätzten Aufrichtigkeit  fort,  für  die  Gegenwart  etwaige  finaniielle 
Schwierigkeiten  ins  Auge  gefitsst  werden,  weldie  vielleicht  manches  ver- 
hindern wurden,  was  er  und  wir  anstrebten. 

„Vor  einigen  Tagen  bep:;!^i  ich  mirh  im   Auftra<?e  vieler  Coliegen 
4  wieder  ins  .Ministerium  zu  unseren  beiden  Herren  Heferenten,  Herrn  Lnndes- 

j  Schulinspector  Dr.  Aug.  Schetndler  traf  ich  auf  dem   Wege  dahin. 

'  Ich  sollte  mich  über  die  Wahrheit  des  GerQchtes  erkundigen,  dass  maß- 

gcbentoi  Ortes  der  Beschlnss  gefasst  worden  sei,  die  an  Privatmittet- 
schulen  und  an  Stiftfgjninasien  sugebracbten  Supplentenjahre  weder  in 
die  Pension  noch  in  die  Quinquennien  einturechnea.  Ich  erfahr,  dass  diese 
Gefahr  wirklich  bestehe,  aber  ein  endgiltiges  Urtheil  darüber  noch  nicht 
gef&llt  sei.  Erst  mOssten  die  Yorscklige  dar  einseinen  Landesschulräthe 
alle  eingelaufen  und  eine  Übersicht  gewonnen  sein,  dann  erst  kOnne  ein 

I 

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VereiDsaachricbten. 


gerechter  und  billiger  Schlflasel  gefunden  weiden.  Ich  glaube,  da«  es  ge« 
Ungen  wird,  die  erwfthnte  Gefiüir  ta.  beseitigen. 

,ilni  gansen  habe  ich  den  Sndrnek  gewonnen,  daas  nneere  vor* 
gesetsten  Behörden  den  besten  Willen  haben,  die  allgemein  gefasston 
Paragraphen  des  Gebaltsgeaetzes  in  höchst  milder  Weise  (lurchznfnhren. 
Mdge  es  unseren  Gruinern  und  Frennilen  maßgebondcn  Ortes  {i;^elingen, 
etwaige  finanzielle  Bedenken  zu  entkrä('tf>n  und  \insereni  Stande  die  wohl- 
verdiente Würdigung  und  Forderung'  zutheü  werden  zu  lassen I 

^Von  vielen  Seiten  bin  ich  aufgefordert  worden,  der  Missstimmung 
hier  Auadruck  %i\  geben,  welche  durch  den  §  3  des  Gehnltsgesetzes  fdr 
die  Qewerbesebiilen  hervorgerufen  worden  lat.  Dieter  Paragraph  lautet:  »Der 
•yttemmftßige  Stammgehalt  betrttgt  ftkr  Lehrer  in  der  IX.  Bangaelasae  1400  8« 
nnd  IDr  jene  in  der  VKL  BangMlane  180O  fL*  Bi  itt  ein  Gebot  der 
Gereehti^keit.  dam  Proro.s.soren  an  Sehnlen,  die  zwischen  der  Volks-  und 
Bürgerschule  und  der  Hochschule  liegen,  in  Besag  auf  Gehalt  nnd 
Ranjj  gleich  l>ehiindelt  werden.  Dabei  setze  ich  voraus,  dnss  mit  verdienten 
Ausnahmen  nur  jene  I,>>hrcr  Professoren  werden,  welche  eine  Mittel-  und 
Hochschule  absolviert  haben. 

^Meine  Herren!  Ich  filhle  mich  verpflichtet,  noch  eine  zweite  Miss- 
stimmung zu  erwähnen.  Bei  den  jetzigen  Verhältniasen  kommt  jeder 
absolvierte  Jorist,  wetoheni  Staatsdienstsweige  er  sich  immer  widmet, 
bei  snfriedenstellender  Berafserftlllang  schließlich  in  die  VII.  Bangseiasse, 
bei  herrorrageader  Berufterfilllnng  leicht  in  die  VI.  und  sogar  in  die 
Y.  Rangsclasse.  ßine  ganz  andere  Hochachtung  genießt  deshalb  ein  solcher 
Staatsbetunter  schon  in  jungen  Jahren  in  den  Augen  der  Bevdlkemn?. 
Benöthigen  wir  fiir  Tin<?pren  Beruf  nicht  die  gleiche  Hochachtung  dt^r  B<'- 
völkerungV  ht  unsere  Bildung  geringer  und  unsere  Arbeitsleiatung  tilr 
den  Staat  tninderwertig? 

^Genug  darüber!  Die««  Klagen  betreffen  hauptäachlich  die  Vergangen- 
heit, die  Gegenwart  und  eine  wohl  nur  mehr  knrse  Zokunfc.  In  jüngster 
iZeit  worden  schon  mehrere  actire  Lattdes*Sehaliniqpectoren  mit  dem  Titel 
und  Charakter  eines  Hofrathes  awgeseidiaet.  Nach  dem  bereits  in  Darch- 
iühmng  begrid'enen  Gehaltsregnliomngsgesettt  werden  wir  nach  lOjäh- 
riger  definitiver  Dienstzeit,  die  durch  Einrechnung  von  1  — H  Supplenten« 
jähren  noch  verkürzt  wird,  in  die  VIII.  Rangsclasse  befördert  werden.  In 
wenigen  Monaten  werden  eine  stattliche  lieihe  nlterer  Professoren  in  die 
VII.  und  einige  ältere  I)!rf'ctor*^n  in  die  VI.  Kangsclüsise  erhoben  worden.  Mit 
dem  innigsten  i)aiikk-  begruben  wir  die&e  Veränderungen  in  unserem  Stande. 
Aber  damit  sei  nicht  ges^sigt,  dtiss  wir  von  nun  an  die  Hündo  ruhig  in 
den  Schoß  legen  sollen,  sondern  ich  wiederhole  meine  Woi-te  ans  der 
heurigen  Scblnisrede:  «Wir  m Assen  noch  viel  thnn,  nm  unserem  heiligen 
Stande  das  Ansehen  sn  erringen,  das  ihm  seiner  so  wertvollen  Arbeitsleistung 
nach  geburt.  In  diesem  Streben,  in  diesem  Kampfe  mflssen  wir  alle  eine 
Phalanx  bilden  vom  Landes- Schul inspector  bis  zum  Snpplenti^'n  herab.' 
Meine  Herren!  Nur  Einigkeit  macht  stark.  Wir  müssen  daher  danach 
tracliten,  in  xin.Herem  heiligen  Stande  einen  frischen  und  thatkrät^igen 
Standesgeist  zu  erzifhen.  der  einerseit-;  alle  in  gleicher  Weise  beseelt  und 
uns  so  der  Ullentliclikeit  gegenüber  wirklich  als  eine  festgeschlo&sene  und 
einige  Phalanx  hinstellt,  anderseits  unter  un.s  mit  schürten  und  strengen 


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Vereinoiachiricbteii. 


3i5 


Au^i'n  claiübei'  waohl".  dass  sowohl  im  coUejiymlen  Verkehre  als  auch  iin 
Schulieben  uU  auch  nach  auben  bin  <Jie  Standetsehre  bewahrt  und  hoch- 
gehalten  werde.  Erreichen  wir  diätes  Ziel,  und  es  ist  wa  erreichen,  dann 
wird  nm  die  Hocbachtnng  von  hoch  ond  niedrig  toa  selbst  kommen  nad 
mit  ihr  Tiele  Vortbeil«.  Zn  dieser  Arbelt  sind  snnAefast  die  einseinen 
Ldirkikper  nnd  die  Mittelicbulreieinn  bemfen.  leb  habe  mich,  seitdem 
ich  die  Ehre  habe,  nn  der  Spitze  des  Vereines  sn  stehen,  nach  Kräften 
bemüht,  die  fünf  kiirtelliorten  Vereine  inniger  an  einander  zu  fesseln  und 
weiter  die  drei  ribrrt,'(n  Mittelschnl vereine  (Vaterreichs,  den  Siipph^nten- 
verein,  den  Verein  der  czecbiscben  Profeissoren  und  den  Verein  der  Lrin  r 
der  höheren  polnischen  Schulen  fHr  eine  kräftige  Mitwirkung  zu  gewinnen, 
so  oft  eä  gilt,  gemeinsame  Inteie«8on  zu  vertreten.  So  giengen  während 
des  Winters  nnd  im  Frühjahre,  als  yqh  allen  Seiten  Schritte  nntemommen 
wurden,  dess  das  Oehaltsgesets  endlich  in  Kraft  geietst  werde,  die  ge- 
nannten acht  Vereine  geschlossen  ?or  nnd  erweckten  dadurch  die  Be* 
wnndernng  der  StaatsbeamtenTermne.  Ebenso  flbermitlelte,  wie  ich  bereits 
ausführlich  »»rwähnt  habe,  Se.  Gxcellenz  der  Herr  UnterrichtsminiKter  Graf 
Bylandt- Rheidt  auf  unsere  Bitte  zweimal  eine  Kundgebung  sämmt- 
lichfr  Mittolsrhnl  v^TPine  Sr.  Majestät  dpm  Kai«wr.  Diese  Gemein- 
samkeit hat  jedenfalls  .-im n  nmchti^eron  Eindruck  hervorgerufen,  als  der 
gewesen  w.ire,  wenn  w  u  getrennt  p^^^hundelt  hätten. 

^Äiu  mnigaien  hat  äich  das  Veih.Utni.s  zwii^chen  den  Vereinen  ,Mittel- 
schule*  nnd  ^Realschule'  in  Wien  gestaltet.  Beide  Vereine  mnssten  ja 
in  dem  beorigen  Jahre  wiederholt  gemeinsame  Schritte  nntemehmen,  so 
dasA  die  beiden  Obmftnner  immer  und  immer  wieder  Gelegenheit  hatten, 
den  gewaltigen  Vortbeil  su  erkennen,  welchen  ein  enger  Änetnanderschlaas 
gewilhrt.  Mein  Pinn,  beide  Vereine  in  einen  xn  verschmelzen  und  den 
neuen  großen  Verein  in  Sectionen  zu  theilen,  ist  zwar  vorderhand  ge- 
scheitert, ich  billige  die  Gr(\nde  des  Au'?schusse8  der  , Realschule'  vollständi$r; 
aber  dahin  haben  sii-h  beide  Ausschüsse  geeinigt,  dass  von  nun  an  Vor- 
trfls'e.  die  allgemeines  Interesse  erregen,  in  gemeinsamen  Sitzungen 
gehalten  werden  sollen.  Das  ibt  jedenfalls  ein  Fortschritt." 

Der  Obmann  verliest  nun  ein  oflßcielles  Schreiben,  welches  ihm  der 
Obmann  der  ,Bealsdhu1e'  Prof.  Frans  Halnschka  geschickt  hat,  nnd  das 
diesen  Pnnkt  behandelt  E<  ist  in  warm  freundschaftlichem  Tone  gehalten 
nnd  legt  Zeugnis  ab  von  dem  innigen  Verhältnisse  der  swei  Sohwestervereine. 
Wegen  Raummangels  mögen  nur  folgende  Stellen  nnfgenommen  werden: 
„.  .  .  Mögen  wir  auch  sonst  in  allen  Punkten  einig  sein,  ein  Moment 
lieget  7wis(  }ipn  nn«,  das  die  Schließung  des  Bundes  wenigstens  für  die  Dauer 
der  i<»-genwai  tigen  Generation  illusoriscli  macht,  das  sind  die  divergierenden 
Interessen  der  beiden  Schulinstitntionen .  die  wir  vertreten:  Während  da» 
Ojmnaiiium  bestrebt  «ein  muas,  seine  historischen  Vorrechte  zu  wahren, 
kftmpft  die  Realschole  nnabttssig  gegen  diese  Vorrechte  an  nnd  trachtet, 
in  ihrem  inneren  und  äußeren  Werte  dem  Klteren  Gjmnasinm  gleiehsu- 
kommen.  Ob  dieser  Gegensatz  je  sehwinden  und  der  Zeitpunkt  kommen  wird» 
wo  die  beiden  Schulen  gleichwertige  Früchte  hervorbringen  und  denigemftß 
auch  gleich  bewertet  werden,  wer  vermag  dm  jetzt  zu  sagen?  Aber  zu  er- 
warten und  zu  wünschen  wilre  es,  da-n  bei  der  Richtung,  welche  die  Fort- 
entwicklung dieser  Schulen  genommen  hat,  die  gegensätalichen  Elemente 


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316 


Vereinsaachrichten. 


derselben  immer  mehr  surtlekgedrftngt  and  die  lebten  Ziele  einsader 

immer  näher  gerQekt  werden. 

„Sosehr  ich  nun  auch  bedauere,  dass  ich  Deinem  ersten  Toraclitege 
nicht  beipflichten  konnte,  ebensosehr  bin  ich  erfreut,  Deiner  neuerltclien 
Anregnnjr  Tinstimroen  zu  können,  der  Anrei^ung  nämlich,  för  den  Fall, 
als  dio  in  einem  d<>r  beiden  Vereine  zur  Behandlung  oder  zum  Vortrage 
gelangenden  Themen  die  Intere^isensphäien  beider  Vereine  berühren,  gc- 
nieinaame  Ver^mmlnngen  abzuhaken.  Und  »o  bitte  icli  Dich  denn,  die 
Erklärung  entgegeosonebmen,  dam  der  Verein  »Eealachnle*  jedesmal,  m>  oft 
dieser  Fall  eintreten  sollte,  «ich  geehrt  ftthlen  wird,  die  Mitglieder  der 
tMittelsehnle'  in  seiner  Mitte  willkommen  heiOen  sa  dQrfen.  Es  erf&llt  mich 
dies  mit  besonderer  Freude,  du  ich  darin  nicht  allein  ein  Mittel  erblicke, 
den  Genieingeist  in  unserem  Stande  zu  fördern,  sondern  auch  ein  Palliatir, 
das  Erbüljel  zu  beseitigten,  das  der  Annäherung  der  beiden  ScbulpiUtungen 
hindernd  im  Wef^  steht:  die  Verkennung  der  Ziele  einersei t>-,  (^<'nen  die.-e 
.Sehulkurptrorien  zustreben,  und  der  Mittel  anderseits,  die  zu  diesen  Zielen 
hintiiinen  sollen.  Durch  das  persönliche  iSähertreten  der  Mitglieder  beider 
Vereine  wird  ein  Meinungmustaui>ch  herbeigeführt,  der  zur  Klärung  der 
Ansichten  und  snr  gegenseitigen  Wertsch&tsQDg  der  Schulen  und  ihrer 
Vertreter  und  dadurch  indirect  sur  Forderung  der  beiden  Institutionen 
wesentlich  beitragen  whrd  .  . 

Der  Obmann  fthrt  dann  fort:  ,EbeD«o  muss  ich  zu  unserer  Freude 
riibmen  l  rrwähnen,  dass  der  Supplentenverein  sich  an  die  .Mittelschule* 
und  die  ,Ueulschule'  innif^er  ang'e«:chlo-wen  hiit.  —  Wenn  also  das  Hefühl 
der  Zusamniengebörigkeit  unter  un«j  Mittel8chnl]irofe«soren  immer  weiter  und 
tiefer  Wurzel  gefasst  hat  und  wir  alle  als  eine  geschlossene  von  gleieheni 
Geist«  durtiidrungene  Massie  auftreten  können,  dann  wird  vuis  zu  unserem 

Segeu  vielem  gelingen,  dann  werden  sich  manche  WQnsche  verwirk- 
U^en,  Ton  dmn  MUlnng  wir  jetzt  nur  trftimwii  dflrfan.  So  ist  es 

jelst  nur  ein  frommer  Woaseh,  dam  alle  Professoren  im  dritten  Decenninm 
ihres  Wirkens  sehon  bei  ZUfMedener  Dienstleistung  die  VIL,  eine  bestimmte 

Anzahl  von  Directoren  die  VI.  und  eine  bestimmte  Anzahl  von  Landes- 
Scholinspectoren  die  V.  Rangsolasse  erreichen  und  unser  Referent  im  Unter» 

richtsroinisterium  immer  an?  unserem  Stande  entnommen  und  wirklicher 
Hofrath  «»m  Ferm  r  i^t  ps  ein  frounner  Wunsch,  dass  den  Professoren  in 
ihrem  Alter  nicht  derselbe  anstreni^ende  Dienst  wie  in  ihren  junpfn  Jahren 
aufgebürdet  werde.  Freilich  je  älter,  desto  tüchtiger  und  erfahrener  winl 
der  Lehrer ;  von  diesem  Standpunkte  aus  könnten  ihm  nicht  genug  Stunden 
gegeben  werden.  Aber  mit  der  Zunahme  des  Alters  lassen  die  physischen 
nnd  geistigen  Krftfte  nach»  das  Gedfichtnis  wird  schwftcber,  die  Vorbereitung 
daher  größer,  die  Sehkraft  verliert  ihre  Scblrfe,  das  Gorrigiefen  wird  daher 
mühevoller  und  erfordert  mehr  Zeit,  die  Stimmuskeln  und  die  Lunge  er- 
müden früher  u.  8.  f .  Schade,  dass  ein  Scbntaverein  hiefHr  sich  nicht 
gründen  lilsst! 

..Meine  Herren,  warten  wir  ab.  wie  die  hohe  Regierung  unser  Gehalts- 
regulierungsgesetz durchführen  werde!  Jetzt  wäre  es  voreilig,  unstatthaft, 
ja  schädlich,  mit  Bitten,  Anträgen  und  Vorschlägen  an  das  hohe  Ministerium 
heranzutreten.  Von  demselben  Gedanken  ließ  sich  das  Vorbereitungscomit€ 
des  nftchsten  Mittelschnltages  leiten  und  Tenchob  ihn  daher  nm  ein  Jahr. 


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Tereiiiniaehriehtes. 


317 


„Ebenso  luflssen  wir  die  Berathungen  über  die  Dienstpragmatik 
vorderliaiid  tmterbieelien. 

,Der  OeatmlTerein  owehucher  Profenoren  in  Pnip  ttellt  an  unseren 
Verein  die  Anfimge,  ob  wir  geneigt  -wftren»  gemeinnm  eine  Action  ein- 
suleiten  1.  betreflb  Ansprachsberechtigung  der  Profeesoren  auf  die  ,Ebren- 
medaille  fQr  40.jährige  treue  Dienste*  scbon  mit  30,  eventuell  35  Dienst- 
jahren, 2.  behufs  Honoriernn*^  der  Programmaufsätze  und  3.  behufs  Zu- 
erkennuny  der  gesetzmäßigen  r^iätfn  an  l'iotessoren  bei  Schülerausflügen. " 

(Der  Obmann  wird  durch  emstiuimigen  Bescbluss  aufgefordert,  an 
der  Torgeüchlagenen  Action  tbeilzunehmen.) 

^In  der  Jabresversammlung  vom  11.  December  1897  legte  der  gans^ 
Ansachoei  «eine  Stellen  nieder.  Von  den  alten  AmseboMnutKliedem  er* 
klirten  aicb  nur  die  ProE  Guido  Altb  und  Peter  Mareteh  und 
Dir.  Dr.  Isidor  Knkntseh  bereit^  eine  etwaige  Wiederwahl  ansanebmen. 
Es  wurde  dann  zum  Obmanne  Prof.  Peter  Mareech  gewählt.  Nach  der 
gleichzeitig  erfolgten  Neuwahl  des  Ausschusses  conatitnierte  sich  dieser 
derart,  dass  er  aus  den  Herren  Prof.  Arthur  Lankmnyr  als  dem  Obmann- 
stellvertreter, Prot'.  Dr.  .Antnn  Frank  als  (\^^}^^  ersten  Schriftführer,  Prof. 
Dr.  Karl  Wotke  aln  dem  zweiten  iSchriftlührcr ,  Prof.  Guido  v.  Alth 
als  dem  Cassier  und  ferner  den  Herren  Prof.  Josef  Aschaupr,  Prof. 
Dr.  Josef  Kohni,  Supplent  Dr.  Gustav  Kraitschek,  Dir.  Dr.  Isidor 
Kukntseb,  Prot  Dr.  Julius  ScbOnacb  und  Prot  Dr.  Andreas 
Washietl  bestand. 

«Wegen  bebOrdlicherSchließnng  der  ünivecaiUli  mosrten  sweiSitsungen 
entfallen,  so  dass  nur  sechs  Vereinsabende  staitfondw.  Am  enten  Abende 
hielt  während  des  Scrutiniums  Herr  Dir.  Dr.  .Tosef  Loos  einen  Oberaus 
anregenden  und  fesselnden  Vortrag  über  .Die  Pädaj^ogik  auf  dem  Philo- 
loge ncon  grosse  in  Dresden'.  Am  zweiten  Vereint'abt:'ndo  folgte  der  inte- 
ressante und  humorvolle  Vortiaj?  des  Herrn  Prof.  Andreas  Simeoner 
(Znuiui)  mit  dem  Titel:  ,Ein  Besuch  eines  Gymnasiums  in  Athen'.  Den 
dritten  Vereinsabend  füllte  Herr  Prof.  Dr.  Franz  Spengler  mit  seinem 
henrliebent  anregnngsvoUen  und  von  patriotischem  Geiste  durchwebten 
Vortrage  Uber  »Adalbert  Stifter  als  Ecsieber'  aua  Am  riertenVereinsabende 
fesselte  lebhaft  die  große  ZnbOrecscbar  Herr  Prof.  Josef  Fuchs  (Wiener^ 
Neustadt)  durch  seinen  besondern  fnr  die  Livius-Interpretation  höchst  wich- 
tigen Vortrag:  ,Roms  Strategie  zn  Beginn  des  zweiten  pnnischen  Kriegest 
Am  fTinften  V(^rein<!abende  hielt  Herr  Prof.  Dr.  Karl  Haas  einen  sehr 
intereasanton  und  trotz  dp'?  sprriden  Stoffes  liberans  lichtvollen  Vortrag 
über  ,Die  Mathematik  der  ult^n  Ägypter'.  Die  Reihe  der  Vortragenden 
scbloss  der  Herr  o.  C.  Univ.  Prof.  Dr.  Friedrich  Marx,  welcher  am 
sechsten  und  letzten  Vereinsabende  in  tiefwissenscbaftlicber  und  bOchst 
anregender  Weise  41«  neueren  Forschungen  Aber  die  LebensMhicksale  und 
die  bflrgerliebe  Stellung  des  Dichters  Plantus*  bebandelte  und  unter  ransohen- 
dem  Bei&lle  der  sahlreicb  besuchten  Tenammlung  sehlose. 

^Leider  fehlte  im  verflossenen  Vereinsjahre  ein  Vortrag  pädagogisch- 
didaktischen Inhalts  mit  der  dazu  gehörigen  Debatte.  Vielleicht  wird  das  nene 
Verein.^jahr  wenigstens  einmal  einen  allgemein  od<»r  viele  interessierenden 
Stoff  püdaf»ogi9ch-didaktisch''*n  fnhalt.s  zn  einer  ref?»'n  Debatte  bieten.  Aller- 
dings sind  bis  jetzt  nur  wiääenschaftliche  Vorträge  augemeldet. 


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318 


VecoinsnacliriGhteii. 


^Line  hüchst  angenehme  Ttiicht  erfOlle  ich»  wenn  ich  mir  erlaube, 
dem  Herrn  Vicepräsidenten  des  niederösterreicbischeii  LandeMohalrathes 
SeetioDMbef  Dr.  Erich  Wolf,  Herrn  Hofmth  Dr.  Matthias  Ritter 
Wretsehho,  HenmHofeBth  Dr.  Karl  Schon  kl,  Herrn  Hofrath  Dr.  Johann 
Huemer,  Herrn  ünir.  Proü  Dr.  Friedrich  Marz  nnd  den  Herren  Landet* 
Schulinspectoren  Dr.  Karl  Ferd.  Knminer,  Stephan  Kapp  und  Dr.  Auj^. 
Scheindler  für  ihren  häufigen  uns  ehrenden  Besuch  der  VereinRabende 
UDMren  herzlichsten  Dank  zum  Au'^lrncke  zu  bringen. 

„Peinlich  f]\]\t  mir  die  Mittheilun^,  dass  die  schon  in  dm-  .Tiihre«- 
versammlung  vom  11  [>fc»M)il)pr  1H97  erwiihnteu  V orberei tunj^en  nx  einer 
Ehrung  des  uui  das  Mit  teiHciiulwe^en  iioch verdienten  Hofrathe«  Dr.  Matthias 
Ritter  ?.  Wretschko  noch  immer  nicht  ▼ollendet  sind.  Es  haben  sich 
wktkt  9tkmmmt^tSkm  etgehaa,  deren  Oberwindnog  viele  Monate  be- 
aatpmchte.  Doch  dOrfte  in  ntthinan  ünAiB  daa  Oomittf  in  der  glQck' 
liehen  Lage  atiim  dM  Ehrengeschenk  ra  flberreiehen. 

„Dem  um  fünften  Voreinsabende  gefassten  Beschluate,  an  dien  ■■n 
Univ.  Prof.  Dr.  Max  Büdinger  zu  seinem  70.  Geburtstage,  den  er  am 
1.  April  feierte,  im  'N'iiTiit'n  «Ip*  Vereines  ein  Hfi^lückwünschunp^steleürnimm 
abzusenden,  bin  ich  tifCreu  narh.'pkouinn  ii  f^miii-*^  Ta^c  darauf  erhielt  ich 
ein  sehr  herzliches  Dankschreiben,  in  welchem  der  verehrte  Jubilar  auch 
der  Hutinung  Ausdruck  leiht,  dasä  unser  , Verein  »eine  segensreiche  Wirk- 
samkeit noch  durch  fiele  Jahre  bewähren  mdge'. 

„Herr  Hofirath  Dr.  Otto  Benndorf,  nuser  hodiverdkrtes  Mitglied, 
eandte  mir  |iaf  meine  Gratulation  la  seiner  neuen  Wirkeamkeitam  86.  Sep- 
tember aue  Aquil^  folgendeeSchreiben :  ,Ffir  den  freundlichen  Glftckwunsch, 
durch  den  Sie  mich  im  Namen  der  <Mittel8chale>  zu  erfreuen  die  GOte 
hatten,  sagt  Ihnen  anfiriehtigen  Dank  in  ▼onOgUcber  Hochech&tsung  Otto 
Benndorf.' 

„Eine  Zierde  der  Wiener  Universität,  der  hftchberühmte  Prot.  Hof- 
rath Dr.  Robert  v.  Zimmermann,  der  sich  auch  durch  seine  Herzens- 
güte bei  üeinen  zahlreichen  Schülern  ein  freundlichee«  Andenken  ge^iichert 
hat,  wurde  uns  au  Ende  der  Ferien  durch  den  Tod  entrimen.  Da  ihn  nicht 
wenige  Mitglieder  des  Vereines  als  ihren  Lehrer  oder  Bsaminator  sohfttsen 
gelernt  haben,  fühlte  ich  mich  verpflichtet,  seiner  Fhiu  Gemahlin  ein 
Beileidsschreiben  im  Namen  des  Vereines  so  senden. 

, Wahre  und  aufrichtige  Befriedigung  erfüllte  uns  Mittelechullehrer, 
als  die  k.  k. ,  Wiener  Zeitung'  die  Allerhöchste  Auszeichnung  unseres  hoch- 
verehrten und  allbelipbten  "Referenten  im  Unterrichtamini'^terium  ,  des 
jeUigen  Herrn  Hotratheä  Dr.  Johann  Huemer  braobie  K>-  gibt  gewiss 
niemanden  unter  uns  drei-  bis  viertausend  Mittt-lsdiuilehrern.  der  nicht 
deiütiea  jSumen  mit  dem  GefQhle  des  Stolzes  und  der  Uochiichtung  aus- 
eprichtw  Wer  aber  nur  einmal  mit  ihm  in  Berfihrong  gekommen  ist.  der  ist 
▼on  dem  Zauber  seiner  Persönlichkeit  gelhagen.  Jed«r  von  uns  ist  gans 
libeneugt,  dass  wir  in  ihm  einen  aufrichtigen  und  wahren  Freund  unseres 
Stande«,  einen  gründlichen  Kenner  unserer  Leiden  und  Freuden  und  einen 
eegensreichen  FOrderer  des  Mittelschulwesens  besitzen.  Es  war  daher  Ar 
mich  und  den  Obmann  der  , Realschule*  ein  höchst  angenehmer  Gang,  um 
dem  Herrn  Hofrathe  Dr.  Johann  Huemer  im  Nam^n  der  beiden  Vereine 
die  herzlichsten  Glückwünsche  darzubringen  und  ihn  zu  bitten,  auch  femer- 


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VerelDsnacbricbten. 


319 


hin  Mine  tbatkrBftige  Untenitllsnnfif  den  beidim  Vereinen  nngedeiben  sn 
laMW.  Seine  beiebeidene  Antwort  war  der  Aoadnick  dea  Wunsches,  seine 
Auszeichnung  unter  recht  viele  Terdienst?oUe  Mitglieder  nnierce  Standes 
tbeilen  zu  dürfen. 

„Ebenso  wnrHo  mit  innijjer  Freude  die  Allerhöchste  Auszeichntmjj 
des  Herrn  r.iinde.s-Schuiin.sj)ectors  P.  Hobcrt  Riedl  auff^enommen.  Denn 
er  ist  uef  erste  active  Lan  les-Schiilinspector  außerhalb  des  Miniateriums, 
der  den  Titel  und  Gbarnkter  eines  Hoirathes  erhalten  hat.  Wir  finden  in 
dieser  Auszeicbanng  einen  Beweis,  dass  unser  Stand  an  Achtung  und  Wert- 
schfttzung  gewonnen  bat.  Höge  diese  Ansieiciinttng  nur  Hebung  unsere« 
Standes  nicbt  yereinxelt  bleiben!  Die  vielen  Verehrer  des  um  das  Gedeihen 
des  Mittelschulwesens  Mährens  und  BShmens  hodiverdienten  Herrn  Hof- 
latbes  Kübert  Riedl  haben  seine  Auszeichnung  mit  besonderer  Genug- 
thuung  begrüßt.  Der  Verein  , Mittelschule*  in  Wieu  kennt  den  Uenm 
Hofrath  Robert  Kicdl  als  »»infM  seiner  ilUesten  Mitglieder  und  als  ehe- 
inalif»es  eit'i  ige>j  Ausschus.siiiitgiied.  Darum  fühit4?n  ir  um  angenehm  ver- 
pflichtet, ihm  im  Namen  des  Vereine.^  ein  BegKirkwuuf^v hung^schreiben 
2U  senden,  das  vor  einigen  Tagen  abgegangen  ii^t.  Heute  erhielt  ich  ein 
in  den  w&rinsten  Worten  abgefnsstes  Dankschreiben. 

,Das  bochlöbJiche  Deeanat  der  philosophischen  Faonitftt  hat  uns 
anch  för  das  heurige  Jahr  die  nnentgeltlkhe  Bentttsnng  dieses  Saales  in 
gnftdigeter  Weise  bewilligt.  Idi  erlaube  mir,  im  Namen  des  Vereines  fUr 
diese  Güte  ehrerbietigst  den  wSrmsten  Dank  auszusprechen, 

„Für  die  würdige  Ausstattung  der  einzelnen  Hefte  unserer  Zeitschrift 
verdient  der  Herl*  Verlier  Alfred  H&lder  wiederum  wie  aUjährUch  den 
besten  Dank. 

^Zuu)  Schlüsse  habe  ich  noch  den  Mitarbeitern  an  unserer  Zeit- 
schrift, besonders  den  kartellierten  Vereinen  für  ihre  oplerwillige 
Untecettttnung  nnseren  henliebsten  Dank  sun  Ansdrocke  in  bringen.  Ich 
sdiließc  meinen  Bechensehaftsbericbt." 

Der  Ohmaan  verkündet  nun  des  Beeultat  der  Wahl.  Zum  Obmanne 
wurde  Prof.  Peter  Maresch  wtodetgewftblt,  su  Ausschus^n  it^^Iiedern 
wurden  (an  Stelle  der  vier  oben  genannten  Herren)  Supplent  Karl  Hehl, 
Prof.  Feodor  Hoppe,  Prof.  Dr.  Josef  Kohm  und  Prof.  Dr.  Paul  Lieger 
gewählt. 

Der  Obmann  Prof.  Peter  Maresch  dankt  auf-*  herzlichste  für  das 
geschenkte  Vertrauen  un«i  erklärt,  von  nun  au  auf  der  eingeschlagenen 
Bahn  umso  eifriger  weiter  wirken  zu. wollen,  nachdem  er  sich  die  Zu- 
friedenheit des  Vereines  und  der  kartellierten  Vereine  erworben  habe. 
Freilieh  erfordere  diese  Vertrauensctelle  viele  kostbare  Zeit;  auch  sei  es 
schwer,  es  allen  recht  m  tbnn. 

Hierauf  meldet  der  Obmann  folgende  neue  Mitglieder  an:  Herrn 
Karl  Hehl,  Supplenten  am  k.  k.  StaatqQrmnasium  im  VI.  Bezirke 
Wiens,  Dr.  Friedrich  Oatächa,  Supplenten  am  k.  k.  Stnat.sgymnasium 
im  III.  Hezirke  Wien.s,  Dr.  Paul  Lieger,  Professor  am  k.  k.  Gymnasium 
der  ."!?chotten  in  Wien,  Dr.  Franz  Greise,  Profe:ssor  am  k.  k.  Gymnasium 
der  Schotten  in  Wien,  Dr.  i-  erd.  Fried.  Z inner,  Supplenten  am  k.  k. 
Staatagymnasiuui  im  III.  Bestrke  und  an  der  k.  k.  Realschule  im  II.  Be- 
rirke  Wiens»  Emil  Schreiber,  Supplenten  am  k.  k.  Gymgmstum  im  III.  Be- 


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320 


Veieinsoachhcbten. 


lirke  Wieiu,  Dr.  Joaef  Mesk,  Supplenten  am  L  Steat^tnnHium  im 
II.  Besirke  Wiens,  und  Dr.  Arthur  Sie  in,  Snpplenten  am  Frans'Joaefii- 
Gymnaainm  in  Wien. 

Hierauf  meldet  sich  Prof.  Dr.  Karl  Wot  ke  zum  Worte  und  spricht 
im  Namen  des  Ausschusses  und  des  ganzen  Vereine»  dem  Obmanne  für 
seine  uu'iiievolte  und  verdienstreicho  'l'häügkeit  in  I&ngerer  Rede  den 
innigsten  Dunk  an«.    (Lebhafter  Beifall.) 

Der  Obmann  knüptt  an  die  Worte  des  Vorredners  an  nnd  spricht 
seinem  Hedactionscollegen,  dem  ersten  Schriftführer  Prof.  Dr.  Anton 
Frank  im  eigenen  Kamen  und  in  dem  des  Vereines  in  sehr  warmen 
Worten  den  inaigeten  Dank  fQr  seine  so  eifrige  und  anerkennungswerte 
Mflhewaltnng  im  Dienste  der  Zeitacfarift  aus.  (Lebhailer  Bei&ll.) 

Zoleirt  ergriff  ProC  Dr.  Frank  das  Wort  Er  erlaube  nch«  einige 
Bemerkungen  an  die  Berichte  anzuschließen.  Soweit  die  Ziffer  das  Bar- 
vermögen des  Vereines  ausdrückt,  gibt  sie  wohl  «inen  erfreulicben  Abschlusg 
des  Vereinsjahres,  allein  steht  ihr  ein  Abf^ill  von  30  Vereinsmitgliedern 
gegenüber,  und  dip"^  i^t  >iei  der  ohnehin  geringen  .Mitgliederanzahl  ein 
sehr  bedeutendes  i'rotent.  Was  einen  je<len  drängt,  der  eü  mit  dem  Ver- 
einsziele ehrlich  meint,  sei  auch  hier  in  öffentlicher  Versammlung  vor  der 
Öffentlichkeit  ausgesprochen.  Ob  die  Überzeugung,  unser  Verein  sei  für 
unser  Staadesleben  flberllflssig,  jene  Herren  Oollegen  mm  Ab&Ue  befragen 
hat,  oder  ob  wir  hierin  ein  Urtbeil  Aber  die  Leitung  der  „Mittelschule* 
sehen,  kann  ja  keinem  EinsichtiTollen  unklar  sein.  Wir  brauchen  nur 
die  Augen  offen  zu  halten,  um  zu  sehen,  wie  sich  die  Stände  und  Gruppen 
zusammenschließen,  um  die  wirtschaftliche  und  sociale  Stellang  ihrer  Mit« 
f^lieder  ni  wahren  T'nd  an  uns  allein  sollte  nicht  dies  Bedürfnis  heran- 
kouiiiieny  Wenn  nun  in  liein  Vereine  .'^elbst  und  außerhalb  desselben  die 
Stimmen  laut  werden  ,  da^s  iler  Vorstand  die  „Mittelschule"  zu  der  .Stufe 
ausnütze,  um  sich  zu  erheben,  und  der  Verein  nicht  wert  sei,  gehalten  zu 
werden,  so  verdiente  es  die  gute  Sache,  die  jeden  unseres  Standes  gleich 
berfihrt,  an  sich  und  f&r  sich,  dass  einem  offenen  Worte  auch  der  rechte 
Nachdruck  gegeben  wird;  dann  wird  eher  das  Vereinssiel  gefunden  und 
behalten  werden,  als  wenn  man  sich  mit  der  besseren  Aniricfat  in  den 
Schmollwinkel  stellt.  Niemand  wird  aber  auch  behaupten  k^'tnnen,  dast 
in  der  Gehaltsfrage  die  „Mittelschule"  und  für  dieselbe  der  Vorstand  seine 
Pflicht  nicht  gethan  hiittf.  f-'reilich,  wenn  hinter  dem  Vorstiinde  der  Wille 
\ind  Wnn^cli  von  i^o  vielen  Hunderten  s?tOnde,  als  wir  eben  alle  zusammen 
tuid,  (iann  wäre  für  jeden  Theil  und  jede  Seite  auch  am  be.>>t<?n  gesorgt. 
Man  verkennt  nicht  den  Wert  und  die  Bedeutung  der  Arbeit,  welche 
gerade  wir  Mittelschallehrer  f&r  Staat  und  Qesellschalt  leisten.  Daas  dem 
MittelsehuUehrer  bei  der  Bildung,  die  ihn  ausseichnei«  die  persOnlidie 
Wertschfttsung  at^ieage  und  die  fiinsicfat,  dass  nur  im  Zuaunmenschlusse 
die  Werte  und  Krftfte  wachsen,  kOnnea  wir  fflglich  nicht  voraussetaen. 
Ks  scheint  nur  der  Wille  zu  mangeln,  der  uns  zusammenbindet  zum  starken 
Vereine.  Diese  Erkenntnis  und  die  daraus  quellende  Bethätigung  ist  auch 
Idealismus,  von  dem  wir  ho  oft  reden  und  reden  hören,  und  zwar  gesunder 
Idcali-mnR.  der  nicht  hohl  it?  nnd  nicht  dürre  wird,  da  er  aeina  Wurzeln 
in  gut'„'n  Boden  senkt.  Gewinnen  wir  einen  solchen  Idealismu.^.  so  dürfte 
auch  der  Verzagtheit  und  dem  Missmuthe,  die  nuu  auch  m  unseren  Reihen 


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Vereiiunticlirichten. 


821 


uni<^f>}ii»n .    It  r  verlegt  wenlen.    Dann  mag  sich  für  unn  alles  am 

besten  L'fstiüten.  (Allgemeiner  B»»ifall.) 

liieirtut"  wird  die  Sitzung  tfe^chlosnen. 


B.  SiLzungsbeiiciiL  des  Vereines  „Deutsehe  MiUelsehule' 

in  Prag. 

(Mitgetheilt  vom  Obmanne  Prof.  Ant  Micbalitschke.) 

Achte  periodisehe  Yersammluug. 

(20.  April  181>8.) 

In  der  sehr  zahlreich  besuchten  Vemimnilung  besprach  Prof.  Ad.  Gott- 
wald mehrere 

••Interessante  zooloslsehe  Fragen  aus  der  Sehule**. 

H&lt  man  die  Thatnache  föst  Tor  Aufpen,  Ahrte  der  Redner  aus»  da« 
Wftchsthura,  Lebhaftigkeit  und  Neugierde  natürliche  Eigenflchaßen  der 

.Tugend  bind,  so  erklärt  sich  auch  der  Umstand ,  daM  die  ZOglinge  einer 
Mittelschule  an  den  Naturhistoriker  am  hänfigaten  verschiedene  Anfragen 
stellen,  voran^j^ecctzt .  (la->  fr  dm)  Ciitcrrieht  lebendig  zu  gestalten  weiß, 
und  dass  er  «ich  nicliL  auf  den  Stinidiui rikt  des  im}}  wf  längere  stellt. 
Diese  Fragen  haben  oft  ein  ganz  bi  sondere^  p.Uliis^  i;,Msehe.s  wie  didaktisches 
Interesse,  Der  Redner  fiihrt  nun  aus  seiner  Praxis  einige  tiolcher  Fragen 
tind  deren  Deantwortang  vor.  1.  Der  Kall  der  Katae.  Wird  in  der 
Prima  gefragt,  ob  die  V^tze  immer  auf  die  Beine  fiUlt,  so  kann  diese 
Frage  tooi  Lehrer  nur  b^aht  werden.  Wird  aber  die  Frage  gestellt: 
Warum  f&Ht  die  Katxe  immer  auf  die  Beine?,  so  rouse  man  den  Parvisten 
mit  der  Beantwortung  auf  die  Vi,  Chw-se  verweisen,  nachdem  er  zum  Ver- 
ständnisse derselben  etwas  Physik  und  Anatomie  wissen  mus.s.  Der  V'or- 
tra'jonrle  weist  an  einigen  Experimenten  nach,  dass  Körper,  wpnn  sie  frei 
fallen,  ihr  Oewi»'ht  verüoien  in  dem  Sinne,  diu»s  ihr  Druck  iiiit  die  Unter- 
lage aufliüit.  Dieses  vorausgesetzt,  erklärt  sich  nun  der  Fall  tier  Katze 
durch  den  Umstand,  das»  ihre  Mu-skeln  unabhängig  von  dem  beim  Jitehen 
auf  dem  Boden  wirkenden  normalen  Drucke  werden,  dieselben  können  sich 
freier  bewegen  und  den  Körper  im  Valien  so  drehen,  dass  die  Beine  nach 
unten  kommen.  Eigene  Experimente,  welche  der  Tortragende  1^74 ~7G 
vorgenommen  hat,  wie  die  erst  neulich  von  der  französischen  Akademie 
1893  angestellten  und  mit  Momentphotographie  festgehaltenen  Versuche 
bestätigen  das.  —  2.  Daran  anschließend,  läsest  sich  die  Frage  über  die 
Seekrankheit  l'^irht  in  dor  V!  Tinste  erledigen.  r>er  Vortragende  findet 
—  nach  Anführut  die«lit»ziigiiciier  persönlich  angestellt»»r  Versiudie  und 
aus  eigener  Kviahrung  b(M  dem  großen  Sturm**  im  November  1878  im 
Adriatischen  Meere  —  das  Wesen  in  den  verschiedenen  V^erschiebungen 
der  Muskeln,  infolge  der  unregelmäßigen  Bewegung,  dem  momentanen 
Nachlassen  des  Druckes  in  den  GefHQen,  der  sich  sofort  wieder  geltend 
macht,  wodurch  die  Empfindungsnerven  etc.,  endlich  der  nervus  vagu9 
gereiat  wird,  welcher  die  bekannt-  ii  Ri heinungen  auslGst.  Der  Vortragende 
führt  auch  »  init^e  Mittel  gegen  die  Seekrankheit  an,  wie  solche  von  ver- 
schiedenen >  iten  empfohlen  werden.  —  3.  Die  Frage,  was  sind  Brief- 

„ÜBi«  rr,  MitUlscbul«'".  XII.  Jahrg.  21 


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Vereinsnachrichten. 


tauben,  wird  zunächst  für  die  II.  Classe  erledigt,  iruloni  der  \  ortras^eiule 
dm  Wesen  der  Briefiaubenpost  eingebend  darlegt,  tieiieude  Beispiele  aus 
der  Geschichte  vorführt,  ihre  Bedeutang  im  deatiach-fraiiiOaiwhen  Kriege 
1870—71  beleuchtet  und  ihren  gegenwärtigen  großen  Aafdchwnng  in  den 
meisten  Staaten  hervorhebt.  Im  Obergymnariam  dagegen  kann  man  auf 
eine  tiefere  Behandlung  eingehen.    Der  Unterschied  zwischen  der  Orts- 
kenntnis der  Tbtere,  als  einer  objectiven  Eif?enschaft.  erworben  durch  cUvs 
Zusammenwirlcen  aller  fünf  Sinne,  und  dem  Orientierungsvermögen  als 
einer  snbipctivpn  Ki«jf'n<?cbaft,  wolohe  erst  wirksam  wird,  wenn  die  nndcreu 
fünl  Simir  (l;is  Thier  iui  iStiche  isissen,  wird  miautert.  »SitÄ  desselben  s^intl 
die  haib/.u keltörmigen  Canäle.    Hedner  fiihrt  Beispiele  an  und  geht  nun 
aur  Besprechung  von  bewegliehen  Taubenschlägen,  wie  solche  in  Frankreich 
Verwendung  finden.  Das  Oesetz  lautet:  Die  Tanbe  vermag  den  einmal 
durchgemachten  Weg  in  entgegengesetzter  Richtung  wieder  auradcsalegen. 
Nur  die  Liebe  snm  traoten  Heim  leitet  das  Thier.  —  Daran  anschließend, 
erläutert  der  Redner,  daas  und  in  welcher  Weise  auch  Bienen  in  Frank* 
reich  als  Briefboten  verwendet  werden.  —  4.  Eine  etwas  heikle  frage, 
welche  dem  Sprecher  bisher  dreimal  —  nur  von  Vorzugsscbülcrn    -  i:estellt 
wurde,  lautet:  Was  ist  Parthcnopenesis?  Diese  Frage  hat  er  ihrt  in  St-Oipr 
erst  immer  nacli  der  fohriillichon  Maturitätsprüfung  beantwortet;  die 
Gründe  für  diesen  Aufschub  gibt  er  an.    Als  typisches  Beispiel  zur  Klar- 
legung wählte  der  Vortragende  immer  die  Biene,  erläuterte  die  ganz 
eigenthQmUchen  und  wunderlichen  Vorgänge  in  diesem  Thierstaate  und 
hob  den  Unterschied  der  Begriffe,  welche  man  im  wissenschaftlichen  und 
im  gewöhnlichen  Gebrauche  mit  diesem  Worte  verbindet»  deutlich  hervor* 
Wenn  sich  also  der  Mittel.«chulprofessor  weder  auf  den  Stand])unkt  les 
Gelehrten  noch  den  des  bloßen  Einpaukers  stellt,  sondern  auf  den  des 
Frzichers,  m  kann  er  zu  geeigneter  Zeit  vioie.-;  leisten,  d.is  Wis«?en  der 
Zugliiiu'«*  nicht  mir  erweitern,  son<leni  dte«ellion  zum  selbstiiadigen  Denken 
und  Vergleichen  auiegen  helfen,  süuiit   zu  ihrer  Zufriedenheit,  ihrem 
Glücke  beitragen.  —  Der  Redner  schlot«  mit  dem  Spruche:  ^.i-V/io;  erä, 
qiii  poiuU  rerum  cognoactrt  eausas^  seine  äußerst  intercsaanten  Aus- 
f&hrungen,  die  hauptdlchlich  Tom  bienenwissenschafllichen  Staadpnnkte 
aus  den  Zuhörern  vielfach  gnna  Neues  boten.  Die  Bigenartigkeit  des 
vollständig  freien  Vortrage<^  machte  den  Abend  ZU  einem  genussreichen. 
Allseitiger  Beifall  und  herzlicher  Dank,  den  der  Obmann  namens  der  Ver- 
sammelten aussprach,  wurden  dem  Redner  zuth»  il  —  Nachdem  der  Obmann 
dem  Wunsche  Ausdruck  verliehen  hatte,  die  Mitglieder  inöf^en  nach  glück- 
lich beendetem  Schnljnhre  in  den  Ferien  die  jeden)  so  luiihii;"'  Krbolung 
finden  und  nachiiei  zu  erneuter  Vereinsthätigkeil  zuj-ammeutieten,  schlo&j* 
er  die  letzte  periodische  Vereinsversammlung  des  laufenden  Schulj^ihres. 


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Vereinx^uuchrichten. 


C*.  Sitzungsberichte  des  Vereines  „Die  Realschule"  in  Wien. 

(Mitgetheilt  vom  ScbriftfUhrer  Prof.  B.  Daudaczek.) 

Britte  YoUTersammlaiig. 

(19.  Februar  1S98.: 

Per  Obmann  Prof.  F.  UHluschku  begriUSt  die  Ver>*iumuiunür,  ins- 
besondere deu  Herrn  k  k.  Landes-Schulinspectcr  Dr.  J.  Huemer,  uud  hält 
sodann  seinen  angekündigten  Vortrag: 

^,über  eine  eventuelle  Reduetlon  des  Lelmtoffes  der  darstellenden 

Geometrie'*. 

In  der  Einleitung  verweist  der  Vortrug*  n  lr  auf  die  Schritte,  die  vor 
einigen  Jahren  in  Betreff  der  Lehrstoffrednction  in  der  Mathematik  und  in 
der  darstellenden  Geometrie  unternomnipn  word-n  waren:  orinnf^rt  5ns- 
besondero  an  den  Vortrag  des  Prof.  J.  Moixner  vom  .Niarz  lö^ö:  ^Die 
tlarstrlk-mic  tlHoiut'trie  als  ünterr-clit-'^n-^Tii-tand  an  der  Realschule", 
welcher  eine  Eiitla«(ung  des  Ltiiiototiea  /.um  Zwecke  hatte.  Es  entstehe 
nun  die  Frage,  ob  die  fortgesetzten  Streichungen  bei  den  reuliütiächen 
Fftchem  nicht  eine  Verschiebung  de»  Fundamentes  der  Realschule  zur 
Folge  haben  werden.  Ohne  jedoch  dieser  Frage  nähersutreten,  die  nur 
angeregt  wei'den  sollte«  geht  nun  der  Vortragende  zu  seinem  eigentlichen 
Thema  Aber  und  bespricht  zunächst  die  Lehre  von  den  Durchdringungen, 
<lie  so  viele  wertvolle  Hildungseleiuente  enthalte,  dns$  sie  als  unentbehrlich 
bezeichnet  werden  mÜ8.Hf.  I>och  könne  man  slrh  hier  auf  die  einfachen 
Körper:  Pyramide.  Pri.^Jiiia.  Ki"Tel  und  ("vliiKlcr  beschränken  und  die  all- 
gemeinen, wie  auch  die  icgt'imäbiL(«'n  l'olveuer,  mit  Au.^nahuic  des  W  iutels 
uud  des  Tetraeders,  fallen  lassen.  Es  sei  nicht  möglich,  die  Rotations- 
flächen zweiter  Ordnung  in  wQnschenswerter  Weise  in  behandeln,  da  hiezu 
die  EenntnuMe  der  Schüler  Uber  die  Kegelachnitte  nicht  ausreichen.  Man 
könne  daher  recht  wohl  anf  dieses  Capitel  verzichten,  wenn  man  die  Kugel 
zum  Repräsentanten  der  Rotationsflächen  wählt  und  an  dieser  die  in  Be- 
tracht kommenden  Conatructionen ,  wie  ebene  Schnitte  und  Parallel- 
beleuchtung nach  allgemeinen  Gesetzen  durchführt.  Dagegen  sei  die  Per- 
spfctivf  fin  so  h'-rvormi^endes  Hihhin^^niitte]  und  eine  «o  «rhöne  An- 
wcndung  den  vorlici;:»  htjnden  Leiirstotlet^,  da--  ilur  Au-schlit-lHiii;,'  aus  dem 
Lehrplane  einer  üeiab-etzung  des  Bildungsniveaus  der  liealscliulen  gleich- 
käme. Mit  Rücksicht  hierauf,  sowie  in  der  Erwägung,  dass  dieses  Capitel 
^usjenigo,  was  im  Freihandzeichnen  über  per.spectivische  Abbildung  gelehrt 
wird,  begrQnden  und  verallgemeinen  soll,  spricht  sich  der  Vortragende 
fUr  die  Beibehaltung  desselben  aus.  Schließlich  hält  Prof.  Haluschka 
eine  Hcrabminderung  des  bisherigen  Stundenausmaßes  —  drei  Stunden 
wöchentlich  —  ohne  Gefährdung  des  Unterrichtszieles,  besonders  im  con- 
struetiven  Zeichnen,  nicht  für  zulässig  und  stellt  folgenden  ßesolutions- 
antnig: 

„Der  Verein  ,Die  Realschule"  erachtet  es  als  wünschens- 
wert, aus  dem  Lehrstoffe  der  darstellenden  Geometrie  die 
Durchdringungen  allgemeiner  Polyeder,  wie  auch  die  Rota- 
tionsflächen zweiter  Ordnung  mit  Ausnahme  der  Kugel  ans- 


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324 


Vereinsnachrichten . 


zuscheiüen,  hingegen  die  Central projection  beizubehalten. 
Die  wöchentliche  Stnndensahl  bleibe  anverändert." 

Diese  Rewlutioii  wird  Oegenttand  einer  lebhaften  Eri^rterung. 

Regierungiu-ath  Prof.  Kick  wQrdigt  die  Bedeutnog  der  darstellenden 

Geometrie  sowohl  hinsichtlich  der  ihr  innewohnenden  Bildnngüeleineiite 

als  auch  in  Betreff  des  pasitiven  Wissens,  das  sie  vermittelt  und  zum  un» 
entbf'lirlichen  (lrund<'tein  fiir  die  höheren  Studien  an  der  technischen  Hoeh- 
ächule  macht.  >ie  weckt  die  Vorsteilung.Hkraft  und  entwirkelt  «i>  wie 
kein  anderer  Gegenstand,  und  ist  daher  schon  um  diesem  Grunde  beruten, 
eine  fiihrende  Kolle  in  dem  Lehr])lane  der  Reubchuie  zu  spielen.  Sie 
rOstet  aber  auch  den  Scbnter  mit  jenen  KenntniKsen  nnd  Fähigkeiten  aas, 
die  für  den  rationellen  Unterriebtsbetrieb  an  der  Hochschale  nnerlftsslidi 
sind,  und  dieses  Itfonient  moss  gans  besonders  hervorgehoben  werden.  Es 
kommt  fibrigens  beim  Techniker  nicht  sosehr  das  Bildun^moment  in 
Betracht,  e^  handelt  sich  vielmehr  um  die  grfindllche  DurchQbong  der 
Elemente  dieser  Wi.ssenschaft  und  die  Aneignung  einer  gewissen  manuellen 
Fortij^koit  im  Construiereu  wie  auch  einer  Sicherheit  im  Vorstellen,  die  ihn 
betVihi^'t,  von  vornherein  zu  erkennen,  ob  das  Ergebnis  seiner  Confti  uction 
möglich  oder  wubricheinlich  ist.  i]i>  niup.s  darum  auf  den  geometrischen 
Drill  mehr  Gewicht  gelegt  werden,  ah  dies  bisher  der  Fall  war,  und  dazu 
ist  ein  gewisses  Zeitausmaß  erforderlich,  das  in  frQheren  Jahren  bedeatend 
grOOer  war  als  jetst;  dasselbe  ist  nunmehr  auf  ein  Minininm  herabge* 
sanken  und  vertrSgt  eine  weitergehende  Beduction  nicht  mehr.  Redner 
wflnucht  daher,  da^  der  dritte  Punkt  der  beantragten  Resolution  kräftiger 
betont  und  mit  Entschie<]onheit  ausgesprochen  werde,  daas  man  sich  gegen 
jede  Keduction  des  der  darstellenden  Geometrie  xugeviesenen  Stunden^ 
aus  mu  Ii  es  verwahren  n!Ü«He. 

Prof.  .M  l  ixner  erklärt  sich  mit  dem  Vorredner  «iiirch.ius  i-ines  .'Muufs; 
auch  mit  dt  iii  Vortragentlen  sei  er  in  Betr*  If  der  Durchdringungen  ein- 
verstanden. Wiui  jedoch  die  Perspective  anhingt,  stehe  er  auf  demselben 
Standpunkte  wie  vor  drei  Jahren,  indem  er  dieselbe  im  Lehrplune  der  dar« 
stellenden  Geometrie  für  entbehrlich  halte  und  sie  als  eigentliche  Dom&ne 
des  Preihandseichnens  betrachte.  Dagegen  mfichte  er  die  Hotationsflftcben 
nicht  ganz  fallen  lassen.  Wohl  könnte  von  den  besonderen  Kotationsfl.ichen 
zweiter  Ordnung  abge.sehen  werden,  dafür  aber  wäre  die  allgemeine  Kota- 
tionsflächo  einzusetzen.  I)er  Misfere  wegen  d«^^  jroringen  StuiuhmanpraaGes 
im  allgemeinen  nei  nicht  anders  beizukniniDcn ,  als  durch  Kinfiihrung 
einer  VIII.  Chissse.  Dann  werden  auch  die  liealschüler  jene  Kechte  be- 
kommen, welche  luan  ihnen  gegenwärtig  noch  vorenthält.  Was  soll  aber 
mit  der  beantragten  Resolution  geschehen?  Der  Verein  habe,  als  «s  sich 
nm  die  ReducUon  des  LehretoiFes  der  Mathematik  in  der  VI.  Cloa^e 
handelte,  am  9.  December  1891  dem  Ministerium  ein  ansfahrtiches  Memo- 
randum unterbreitet,  ohne  dass  diesbezQglich  auch  nur  eine  Erledigung  er« 
flössen  wäre.  Redner  tiirchtet,  dsM  der  heutigen  Resolution  dsusselbe  Schick- 
sal bevorstehe.  .Soviel  sei  jedoch  gewiss,  dass  an  den  drei  Stunden  für  die 
darstellondp  ''f^ometrio  nii  lit  ifcrnttr'It  wptilon  düife.  Zur  Entlastun)^  de'* 
nnit'tngreuln'n  Materials  .  brn  die  tntternuwg  der  Perspective  anj«  ihnv 

Lehrplane  iicttragen,  da  dieselbe  ja  ohnehin  auch  im  Ert  ihandzeiciien- 
unterrichtc  behandelt  werde. 


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Vereinsnachiichten. 


325 


l'i-Af.  Hai  Usch  ka  dankt  dem  Herrn  Kegit'niiig.-rathe  Kick  fih*  dessen 
Austüiuuugen,  welche  für  den  Verein  von  umso  gröberen»  Werte  sind, 
als  hier  einmal  ein  Vertreter  der  technischen  Hochachale  gesprochen  hat. 
Ei  gehöre  der  Fall  leider  zu  den  Seltenheiten,  daae  ein  erfahrener  Mann 
ftir  die  reaHntisehen  Gegenstände  eintritt.  Die  darstellende  Geometrie  sei 
das  Stiefkind  nnter  den  Unterrichtsfächern  der  Realschule.  Gegen  die 
Bemerkungen  des  Hputi  Prof,  Meixner  wendet  Redner  ein,  dass  die  Per- 
spective im  Freihandzeichnen  nur  in  ihren  Ergebnissen  iin  besonderen  Bei- 
spielen gelehrt  werde,  während  der  darBtellondon  Gonmetrif'  die  Atiffjabp 
zutiille,  diese  Lehren  zu  begründen.  Der  .^chüler  (lürt»'  niclit  mit  lialltcm 
Wissen  aus  der  Schule  entlassen  werdon,  umsoweniger,  alst  die  Zu- 
samuienl'a«sung  und  Begründung  desjeuigeu,  wa«  doa  Freihandzeichuen 
darbietet,  als  eine  ebenso  interessante  als  leiehtfimlicbfl  Anwendung  der 
orthogonalen  Projectionsmethode  erscheint.  SelbstTerstftndlich  wird  man 
sich  dabei  auf  die  Dnrehschnittsmethode  beschränken  müssen.  Wenn 
Prof.  Meixner  sustimmt,  die  Hotationsflächen  zweiter  Ordnung  fallen  zu 
la.*ssen,  dann  könne  die  Kugel  sehr  wohl  an  di<>  Stelle  der  allgemeinen 
Rotationsfläclit  ri  tr.  fon:  man  brauche  nur  die  Kn^el  t  V)enso  all^^'emein  zw 
behandeln.  lä-  bitti  t  zum  Srhlits^e.  der  He$olation  zuzustimmen  und  den 
Zuäatzantrag  d«'s  !'n>f  Kick  an/.unphmen. 

Prof.  Hein  erklärt,  diuss  iiu  Zeichenunterrichte  die  !'<  r>)n  <  live  wohl 
auch  in  Betracht  komme,  es  sei  jedoch  im  Rahmen  dieser  Di^ciplin  nicht 
mOglicfa,  sich  mit  dem  constructi?en  Zeichnen  an  beschäftigen.  Der  Frei- 
handzeichoer  habe  es  mit  Formen  su  thun.  Es  werde  allerdings  der  Per> 
spectire  vorgebaut,  aber  die  wissenschaftliche  Begründung  gehöre  in  die 
darirtelb'nde  Geometrie. 

liegierungsrath  Kick  spricht  für  die  Beibehaltung  der  Grandgesetxe 
der  Per>iit'(  tivp. 

Prot.  Meixner  «teilt  den  Antrag,  in  die  Resolution  einen  vierten 
Punkt  aufzunehmen,  dii^s  die  verschiedenen  Scliwierigkeiten  nach  der  An- 
(»icht  des  Vereines  nur  durch  Errichtung  einer  VI  Ii.  Cia«><e  behoben  werden 
kOonen. 

Die  Proff.  GlOser  nnd  Halaschka  machen  diesbezQglich  verschie- 
dene Bedenken  geltend.  Jener  fürchtet,  dass  durch  Einführung  eines  achten 
Jahres  die  Freqneninffer  der  Realschulen  eine  Einbuße  erleiden  würde: 
dieser  findet  den  Antrag  außer  wesentlichem  Zusammenhange  mit  dem 
Herathungsgegenstande  und  wegen  der  Ungunst  der  Verbältnisse  nicht 
wohl  angebracht. 

Hierauf  wird  die  Resolution   mit   dem   Znsnt7.in trage  Kicks  ein- 
i^timuiig,  der  Antrag  .Meixner  }>cr  maiora  angenommen, 
ifonach  lautet  der  Beschluss: 

„Der  Verein  ,Die  Realschule*  erachtet  es  als  wünschens- 
wert, aus  dem  Lehrstoffe  der  darstellenden  Geometrie  die 
Durchdringungen  allgemeiner  Polyeder,  wie  auch  die  Rota- 
tionsflächen zweiter  Ordnung  mit  Ausnahme  der  Kugel  aus- 
zuscheiden, hingegen  die  Centralprojection  wie  bisher  beiaa- 
behalten.  An  dem  gegenwärtigen  Stundenausmaße  ist  un- 
l'fdingt  fest'/nhaltf>n;  j^'fgen  eine  H  f»rab  m  i  n  d  e  r  n  n  ^  desselben 
niuss  der  Verein  die  entschiedenste  Verwahrung  einlegen.  Zur 


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326 


Vereinniachrichten. 


BehebunfiT  aller  Schwierigkoiien  des  Kealschul unterrichte» 
empfiehlt  sich  als  geeignetttes  Mittel  die  Einführuiifit  einer 
VIll.  Clause." 

Endlich  wird  über  Antracf  d-'^'^  Prof.  Haliischlfa  besrhiosspn.  die 
Resolut icm  luit  einem  passenden  Motiv enberichte  dem  hohen  Minwterium 
zu  unterbreiten. 

Dieser  Antrag  wird  einstimmig  angenouimen. 

Yieite  TollTersammlang« 

(10.  Mars  1898  ) 

Der  Obmann  Prof.  F.  Hnluschka  begrüßt  die  VVri^.immlunjj,  ins- 
besondere den  Herrn  k.  k.  Landes- Schul insiiector  St.  Kapp,  und  macht 
nachstehende  Mittheilungen: 

Die  Vertreter  der  kartellierten  Wiener  Mittelachnlvereine  haben  in 
gemeinsamer  Sitaung  und  im  Einvernehmen  mit  dem  Ansachuaae  des  8taata> 
heamtenTereines  in  Wien  mit  Bexug  auf  das  bekannte  Bundschreiben  de» 
Lehrkörpers  des  Stiiatsorymnaäiums  in  Iglau  beschlossen,  an  das  hohe  k.  k. 
Unterrichtsministerium  eine  Petitinn  zn  richten,  da^.selbe  wolle  in  An> 
erkennunp  der  Unzulängliciikcit  der  (ierzeitigen  Gehaltsbezu/ire  dt  r  staat- 
lichen MittolMdniUehrer  dalmi  wiikon,  dass  den  berPÜ«;  von  lieiden  Ilfnispra 
des  huhen  Ucii  lisrathps  iini^'cnotiunenen  Gesetzen  über  die  iuni:  d»  r 
Bezüge  des  Stautslflirjjcr.suiiules  die  Allerliöchste  Sanction  zutheil  wt'ide.  In 
jener  Sitzung  wurde  der  weitere  Boschluss  gefiiast,  falls  die  Petition  (  welche 
dem  hohen  Ministerium  bereits  Qberreicht  wurde)  ohne  Erfolg  bleiben 
sollte«  einen  fOr  diesen  Fall  in  Aussicht  genommenen  Delegiertentag  der 
Beamten  «a  beschicken,  um  bei  dieser  Gelegenheit  die  WQnscbe  der  Pro- 
feswren  noch  einmal  nachdrücklich  zum  Ausdrucke  zu  brin^n-n. 

Der  Obmann  erinnert  sodann  die  Versammlung  an  die  Rede  eine« 
Abgeordnt'tt'n,  der  in  dr-r  Sitzung'  niodr-röst.M  reirliisohon  Landt  icrr»-  nin 
19.  Februar  1898  gi'i,'t'ii  den  Mittei.Hchuliehrstand  nii'iinilitit  icriian'  Vor- 
^vul•fe  erhoben  hat,  die  in  ihrer  Allgemeinheit  durchaus  unbegründet  sind. 
Der  Gegenstand  kam  in  der  erwähnten  gemeinsamen  Ausschu^saitznug 
zur  Sprache  und  hat  zu  folgendem  Beschlüsse  gef&hrt;  ,In  Erwägung,  daas 
jenem  Herrn  zuviel  Ehre  geschähe,  wenn  man  seinen  Angriffen  gegen 
unseren  Stand  durch  ^e  öffentliche  Abwehr  b^^egnen  würde;  in  fernerer 
Erwftgung,  doss  die  berufenen  Vertreter  unseres  Standes  es  nicht  der  Muhe 
wert  erachteten,  diesen  Angriffen  sofort  an  Ort  und  Stelle  entgt^gen- 
zutreten,  noch  sonstige  Consequenzen  daraus  zu  ziehen,  und  dadurch  be- 
kmidften.  dass  sie  denf^elbcn  keinen  Ernst  boime««on.  vprziehtpn  die  lii('>ig**n 
Vereine  der  Mittelschulb  hi  i  r  diiranf.  sregen  die  erhobenen  Beschuldi^Mnigi'u 
Stellung  zu  nehmen,  und  btsdiiünken  sich  darauf,  in  der  Vollven*ammiung 
der  einzelnen  Vereine  durch  den  Obmann  die  gedachten  ungerechtfertigten, 
jeder  thatsächlichen  Grundlage  entbehrenden,  unwürdigen  Angriffe  auf 
das  entschiedenste  zurfickzu weisen." 

Nachdem  diese  Erklärung  von  der  Versammlung  mit  zustimmendem 
Beifalle  zur  Kenntnis  genommen  worden  war,  ertheilteder  Vorsitzende  dem 
Herrn  Prof.  Alois  Seeger  das  Wort  zu  seinem  Vortrage: 


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Vereinsnacbrichten. 


'621 


„Zur  Spreehfertigkeit  der  neusprachllelieii  Lehrer  und  motl- 
Ylerter  Antrag  zur  Erriehtung  staatlich  subventionierter  Spreeh- 

zirkel".!) 

Der  Obmann  dankt  dem  Vortragenden  für  die  wertvolle n  Anregungen, 
wün:3cht  ,  ihis»  sie  auf  fruchtbaren  Boden  fallen  möchten  and  eröffnet  die 
Debatte  über  ffM  ^'ende  K  e  s o  1  n  t  i  n  n : 

«T^er  \'*'rt'in  .1  >ie  Henlsrlml«''  in  Wien  halt  e-^  im  Intero^^^'e  de^  Unter- 
richtes lür  sehr  wüiJficUen»\veit ,  dass  den  neu-sprachiicheu  Lehrern 
neben  den  bisher  gewährten  Staatsunterstützun^jen  zum  lie- 
sacke  des  Auslandes  auch  im  Anstellungsorte  behufs  Errich* 
tnng  von  engen  Conversationszirkeln  (mit  nnr  xwei  bis  drei 
Theilnebmern),  deren  jeder  unter  der  Leitung  eines  gebildeten 
und  berufenen  NationaWertreter«  der  jeweiligen  Fremde 
spräche  steht,  und  deren  Zweck  es  ist,  durch  Con ?ersaiion8* 
Übungen  die  .Spreehfertigkeit  der  Theilnehmer  xu  bewahren 
und  zu  verTollkommnen,  staatliche  Subventionen  bewilligt 
werden/ 

Prof.  Adolf  Becht«rl  hält  die  VorHchläpre.  insofern  «ich  diese  auf 
die  Kthaitung  der  Sprechfertigkeit  beziehen,  für  durchtüiirbar.  Kr  gibt 
zu,  dass  die  Feriencune  an  Übelstftnden  und  Schwächen  leiden»  doch  werde 
davon  nar  der  Anfänger  betroffen ;  fUr  den  reifen  Lehrer  seien  diese  Curse 
ein  ausgexeichnetes  Mittel,  seine  Sprechfertigkeit  «u  festigen.  Man  finde 
in  Genf  und  liau^anne  reichlich  Gelegenheit,  mit  gebildeten  Franzosen  und 
auch  in  DamengescUschaft  ausschlicblich  französisch  zu  sprechen.  Gegen 
die  Resolution  habe  er  nur  ein  bedenken:  die  Unterrichts  Verwaltung 
pfle'^'o  niimlich  nur  solche  Institutionen  zu  siibvi^ntionieren,  welche  '»ereits 
iK-t.iipn  und  ihre  Lfhon^fühi^^ktir  nachg'"\vif>en  haben.  Ob  das  Mini- 
Hleriiim  auf  da«  vom  Vui trageiuit  n  vorgeschUigene  Mittel  eingrheu  werde, 
sei  «chou  aus  diesem  Grunde  fraglich.  Man  rollte  daher  znerst  probeweise 
einen  oder  mehrere  Sprechzirkel  gründen  und  dann  erst  an  die  Unterrichts- 
verwaltuuff  herantreten. 

Landes-Schulinspector  Kapp  ist  mit  dem  Inhalte' des  Vortrage»  nach 
jeder  Uichtnng  einverstanden.  Prof.  Seeger  scheine  jedoch  die  Ferialcurse 
bezüglich  ihres  Wertes  fÖr  die  praktische  Vervollkommnung  etwas  niedrig 
zu  ta.xieren.  Hei  den  eigentlichen  Vortragen  seien  die  Thr-ünehmer  nilcr- 
dinff^  7.11111  Theile  jiassiv.    Wer  jedoch  in  der  Wahl  'ler  Pension 

einigerinul.M  ii  \<>m  (iliicko  bfi^'iinstigt  ist,  könne  in  Genf  odw  Lausanne 
ungefähr  das  erreichen,  wu6  i'iof.  Seeger  erreicht  wissen  wiii.  Wa^  die 
Befürchtao};  des  Prof.  Bechtel  anlangt,  ao  glaube  er,  dass  man  in  dieser 
Hinsicht  nicht  allzn  ängstlich  zu  sein  brauche.  Die  Unterrichtsverwaltung 
werde  den  Mittekchullehrem  gewiss  nicht  zumuthen,  auf  eigene  Kosten 
Sprechzirkel  zu  errichten,  um  erst  deren  Existenzberechtigung  zu  erweisen. 
Redner  wisse  zwar  nicht,  wie  sich  da<i  Ministerium  zu  dem  Vorschlage 
Seegers  stellen  werde,  aber  ganz  au.ssichtslos  sei  dieser  und  die  He.solution 
nicht,  W'dil  werde  sich  iHt.'  nnrrhftihnin;^  f>twns  «i-hwifM  ig  gestalt<^n :  dmn 
ganz  ohne  Coutrole  werde  die  Behörde  eine  Subvention  kaum  bowilHgeu. 


*)  Der  Wortlaut  Jlv«»«  Vortnigra  i*t  in  d*>r  ,,S!«it«chrirt  för  da»  Roalwhalwpann" 

XXIII.  JahrKiiMiT.  1>      *>.  H  f' ,  S.  <tm  1:'  n.  m  iiiui  wiikU'  in  Somlrnilxli lirk-  ii  xu 

Piiiig^t'iu  1.  J.  üi-iu  Vlil.  iill^<  iiieiiteu  deuusvbeii  N<'iiiihilulu){>'uUigt>  in  Wien  voq{t>l)-gt. 


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328 


Vereinnucbrichten. 


Der  Verein  »oUte  sich  also  in  der  Action  durch  solche  Bedenken  nicht 
abhalten  lassen,  umsonreniger,  als  die  Kosten  nicht  gar  so  bedeutend  »ein 
fli  Hb^n  Eh  sei  in  Wion  nicht  schwer,  gebildete  Frunzos*en  7.n  c^ewinnen, 
du'  LTt  iiogt  wiucii .  <^>-'^f'n  eine  angemesspne  Entschädiguny  zwei  bi*  drei 
Jj'tundon  in  angenehmer  Uebcilachaft  Couvemition  zu  pflegen. 

Prof.  Dr.  Leo  Kellner  knüpft  an  tUe  letzte  Bemerkung  an  und 
meint,  da»  es,  wenigsten»  in  Wien,  schwwer  &Uen  dftrflet  för  die  eng- 
lische Converaation  einen  gebildeten  EnglBnder  «u  finden.  Diese  seien  in 
fixen,  gut  bezahlten  Stellongen.  Er  empfehle  daher,  die  Resoiation  dahin 
SU  ergänzen,  dass  neben  Englftndem  auch  Englfinderinnen  fftr  die  gedachten 
Sprechzirkel  im  Auge  zu  fassen  seien. 

I'rof.  .Seeger  bffoiit,  es  sei  nicht  seine  Ab<«icht  gewesen,  die  Ferial- 
curse  herabzu8e('/'MT.  Ki  wim'fhr»  mir,  (l;i?>  neben  diesen  die  projectierten 
Spr«'«-hzirkel  nh  tieiie  Sjuih  liiiliuii<,'stV)nH  ('iii<.?eführt  werden,  und  zwar  schon 
UtN-li.ilu,  weil  die  iUtcteii  Leliitr  bcsondei»  aus  Fannlieurücksicliten  schwerer 
zu  bewegen  sind,  an  den  Ferialcursen  theilzunehmen.  Es  seien  aber  noch 
verschiedene  andere  triftige  Gründe  maßgebend,  die  man  wohl  berflck- 
sichtigon  mflsse.  Dose  man  im  Auslände  sehr  dem  Zufalle  ausgeliefert 
ist  und  das  geeignete  milieu  nicht  immer  trifft,  h&lt  Seeger  aufrecht. 
Die  vorgeschlagenen  Sprechtirkd  wfirden  sich  seiner  Ansicht  nach  be« 
wahren;  es  geltf,  wie  schon  erwähnt,  auch  unbeweglicheren  Elementen 
die  Möglichkeit  zu  bieten,  ihre  praktischen  Kenntnisse  aufzufrischen,  und 
zwar  »nf  (MHP  Art.  die  den  inei«t''n  Collegen  gut  zusage. 

Der  Ülniuuin  brin^'t  tlu-  voriTPKchlagene  He^«olution  zur  A ij-tiuimung. 
Dioelbe  wird  mit  Stiuniieneinlieliigkeit  angenommen  uiiu  der  Ausschus» 
ermilchtigt,  für  eine  entsprechende  Form  des  Motivenbenchtes  bebuf«  Vor- 
lüge an  das  hohe  k.  k.  Ministerium  vonusorgen. 


D.  Sitzungsberioht  des  Vereines  „Hittelsehule  für  Ober- 
österreich und  Salzburg  in  Linz". 

(Mitgetheilt  vom  SchriftfQhrer  Snpplenten  V.  Reif.) 
I> ritte  Yereinsversammlung. 

iLinz.  l'i.  Nov.miiImt  1SH8.) 

Der  Vorsitzende.  Ubiuannstellvertreter  l'jol.  Julius  Gärtner,  erklart 
die  Sitzung  für  erötfnet  und  gedenkt  in  tiefempfundenen  Worten  des  er- 
schQtlemden  Ereignisses,  das  unseren  Kaiser  und  unser  Vaterland  auf» 
tiefste  getroffen  hat,  des  Dahinscheidens  unserer  geliebten  Landesniutter. 
(Die  Anwescndi^n  erheben  sich  von  den  Sitzen.)  Hierauf  berichtet  er  fiber 
die  Schritte,  welche  der  Verein  sowohl  selbst  als  auch  in  Verbindung  mit 
den  übrigen  Mittel?chui vereinen  anläs.slich  dieses  erschütternden  Trauer- 
falle.s  unternoninien  hat.  um  den  Au^sdruck  tiefgefiihlten  Schmerzes  au  die 
."stufen  des  Allorb'<ch-tr  n  Tliroiifs  fji'l;ini^«'-n  /n  ln***en. 

Hierauf  begri  lM  «Ii  i  A  '  r-it  /ciul«'  die  iiuber.-^t  zaliireich  erschienenen  Älit- 
glieder,  besonders  den  Heiin  Linuk.^  Scbulinspector  Eduard  Schwammel, 
Stntthaltereirath  Dr.Eduurd  Magner,  die Directoren Schulrath  Christoph 
Würfl.  Budolf  Pindter.  Johann  Habenicht  und  Johann  Degn; 
ferner  die  Proff.  Dr.  Adalbert  Horcicka,  Dr.  Julius  Mayer,  der,  von 


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VereiDaniicbrichten. 


329 


Oluütx  nach  Freistadt  versetzt,  dem  Vereine  wieder  beigetreten  ist,  und 
die  neu  eintretenden  Mitglieder  Dr.  Hermann  Gräber  (Madcbenlyceum), 
Dr.  AUred  Haekel  (Renlschule)  und  Alois  Pedoth  (Oyrnnanum). 

Der  Vomitsende  berichtet  sodann  Ober  die  Schritte,  welche  der  Aus- 

schuKä  anlilsälich  der  Sanctioniprung  der  Gebaltsgesetze  gothan  bat,  um  den 
Dank  des  Vereines  zum  Ausdrucke  zu  bringen,  und  bringt  einige  geschätl- 
liehe  Ansi-f^lpf^f^nhoiten  zur  Kenntnii^  dfv  Mitglieder.  I'iinn  ertheilt  er  dem 
hi^herigen  Obinanne  }':  t  l'r  Adalbert  Horcii-ku,  der  die  Reise  aus 
Wien  nicht  ge!^(  lu  ut  hat.  um  wn  dieser  Sitzung  theilzunehmen,  da«  Wort. 

Prof.  Dr.  Horc  ii  ka  gedenkt  mit  warmen  Worten  der  schönen  Tage, 
die  er  in  Linz  verlebt  habe,  nameutUcb  der  Zeit,  in  der  er  Obmann  des 
Vereines  war.  Er  dankt  den  Mitgliedern  fiir  das  Vertrauen,  das  sie  ihm 
jederzeit  geschenkt  hätten,  und  fOr  die  werkthätigpe  UnterstOlzang  bei  der 
Verwaltung  seines  mßhe vollen  Amtes.  Wenn  er  jetzt  auch  als  Obmann 
de.s  Vereines  Abschied  nehmen  miUse,  m  werde  er  doch  jede  Gelegenheit 
benützen,  um  an  den  Sitzungen  des  Vereines  tbeilzunehmen  und  inmitten 
feiner  FteTinde  und  gewesenen  Coller^on  oinif^'o  f r'ihlicin'  Stumicn  zu  ver- 
1<  Iji  n.  Er  bittet  die  Anwesenden,  auch  ihrersciU  ihn  iu  gutem  Angedenken 
zu  bewahren. 

Der  Obmannstellvertreter  spricht  im  Namen  de.s  Vereines  dem 
«obeidenden  Obmanne  den  besten  Dank  für  seine  geschickte  und  erfolg- 
reiche Leitung  des  Vereines  aus  und  knüpft  daran  den  Ausdruck  seiner 
Freude,  dass  Collega  Dr.  Hor6i£ka  so  sehr  an  unserem  Vereine  b&nge, 
wie  seine  heutige  Anwesenheit  beweise. 

Hierauf  hillt  Dr.  Alfred  Hackcl  (Realschule  Lhu.)  seinen  Vortrag: 
„Die  Besiedltmgsverhftltnisse  des  Mahlviertels'*. 

Dr.  Hiickol  ijibt  zunächst  eine  kurze  Chai .iktei:>t)k  lier  Weltlage 
und  df-r  Landesnatur  dief«e«  Thr-ilej?  von  Ohern>ten  eich .  (ier  sein  engeres 
8tiiilii'iiu'*'h;et  darstellt.  Der  ht-uti'^e  /ustiind  tiiT  1  >«'->iL'(rmni;  lä.s>t  sich  alü 
ditä  Prodiict  des  Zusammenwirkeiiä  natüi liditn  und  his.ton8clier  .Momente 
nachweisen.  Das  MGhlviertel  vrofasst  einen  großen  Theil^der  plateauartigen 
Abdachung  des  böhmischen  Massivs,  weldie,  in  ihren  höher  gelegenen 
Theilen  sanft  geneigt,  angesichts  der  Donau  mit  einem  Steilabfalle  abbricht. 
Diese  Abdachung  zerfilllt  durch  zwei  nord-sftdlich  TCrlaufende  tektonische 
Senken  in  drei  Theile:  Pas.«auerwald.  Linzer wald  und  Greinerwald. 

Die  klimatischen  Verhältnisse  des  Miihlviertels  zeigen  infolge  des  be- 
fitändi^en  Anstei!ien.s  des  Land^«  vnn  dei-  Duimu  Ims  iUht  WOOm  Mperes- 
liölir  eine  sehr  regelmnfjige  Abnahme  der  .luhrestemperatur  mit  der  Höhe. 
Hand  in  Hand  damit  geht  eine  Verminderung  <\**r  Acker-  und  eine  \'er- 
gröüerung  der  Waldfläche,  sowie  auch  eine  ziemlich  regelmäßige  Abnalime 
^er  BeTÖlkerungsdichte  von  Höhenstufe  zu  Höhenstufe.  Die  Abweichungen 
von  der  Hegel  erklären  sich  theils  durch  Etgenthumlichkeiten  in  der  Boden- 
gestaltung,  tbeils  aber  aus  historischen  Momenten. 

Die  Anfänge  der  Besiedlung  des  Mahlviertels  seigen  sich,  den  nns 
«rbaltenen  urkundlichen  Nachrichten  zufolge,  in  der  Karolingerzeit,  und 
«war  in  den  Donauebenen  und  im  Gullneukirchener  Becken.  Nach  dem 
Un<rnrn'^tnnne  knüi.ftf»  sich  »'ine  neue  Colonisierung,  welche  zumeist  von 
Ansiedlern  bayrisciien  btummes  ausgieng,  an  der  aber  niieh  Franken  in 
größerer  Zahl   theiinahmen,  an  die  Ue^te  der  untergegangenen  karo- 


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380 


Vereinsnachricht«!!. 


lingifcDen  Cultiir  an     ]  -  r  AiiNtof»  zum  L'rof>en.  fliichvnhaft  sich  au— 

breitenden  Besie<.iiiaji;~wt  rke  uienij  aber  zu  Aiii.tug  de?  XI.  Jahrhundert* 
von  Pa.'^iu  auü,  de<isen  iJi:^cböl'e  das  l^nd  von  der  lU  bU  zur  großen  MObl 
tin<l  yom  Inn  bis  zum  Salletiralde  im  Verlaufe  ron  etwa  zwei  Jahrhonderteii 
coloDi«ierten.  Uie  Besiedlung  der  örtlichen  Hälfte  des  Mflhiviertels  gteng' 
▼on  d^T  Ostmark  aus.  und  nach  den  uns  erhaltenen  orkandlichen  Nach* 
richten  scheint  (i.-  Li barmachnng  im  Laufe  des  XII.  Jahrhunderts  bis  etwa 
zur  HOhenschichtenlinie  von  700  m  gediehen  m  sein.  Die  auf  der  Hube 
deü  Plateaus  gelegenen  •)rte.  von  denen  wir  nrkundüoli''  Kuchrichten  be- 
'ii»?.en.  wenien  ei>t  in»  Laufe  des  X III.  Jahriuinilerts  *:^enannr.  ATsrH>rd*»m 
w<'i-<en  auch  die  Ortsnamen  die.ser  letzten  Siedluni^speriod.-  mif  den  zahl- 
reichen Enciunpen  auf  ^-«chlag"  und  .,reit"'.  welche  sich  iui  Bereiche  der 
Siedlung  des  XII.  Jahrhundert«»  iluGer$t  selten  vorfinden,  auf  eine  neue 
Welle  der  Colonisation  hin,  welche  wahrecheinticb  nach  einer  Knhepause 
den  Rand  des  alten  Nordwaldes  ergriff. 

Die  Unterschiede  in  der  Zeit  der  Colontoierung  und  in  der  Herkunft 
der  .Xnsiedler  spiegeln  sich  in  den  Siedlungs-  und  Hau-ifornien  wietler.  In 
den  Donau' I  rrt  n  tu;  ]  im  GallneukircUener  Becken  findet  sich  die  "^ieJ- 
luni,";form  der  Hautend  'rfer;  das  von  l'avsau  aus  colonisierte  Land  von  der 
Uz  bis  zur  t,'roben  Mrüil  und  xMlifh  der  Donau  vom  Inn  bis  zum  >n  !»^r- 
w.ilde  ist  lies.int  mit  Hauscr^rii|>j«.'n  (Weilern';  das  übrij^e  L:ind  von  vier 
groben  Mühl  ostwärts  bis  zum  Lsper  und  nordwUrts  bis  etwa  zur  iiuhen- 
schichtenlittie  von  700  m  i^t  ganz  von  Einzelhöfen  eingenommen,  wilhrend 
auf  den  Höhen  des  Plateaus  sich  langgestreckte  Waldhaufendörfer  dahin* 
ziehen.  Jede  dieser  Siedlungsarten  halt  nueh  ihre  charakteristisehe  Hansform: 
die  Haorendörfpr  den  grollen,  weitläufigen  Vierkant,  die  EinzeWedhing 
d»-n  kleineren  Vierkant,  die  Passauer  Weilersiedlung  das  flachjjiebelige 
Alpenbaus,  die  Waldhaufensiedlung  das  sogenannt.-  fränkische  Gehöfte. 

Die  strer?  von  pinander  sich  sondernd*»n  »i'-liif  te  der  Siedlungsforni'-n 
tstf'llen  aueh  (i.  Ki.  r,.  , .«rschi«^'!' ii.*;-  Itf^wTikerung.sdichte  dar ;  im  allgenitMii'^n 
wohn*'n  iiu  Keteiciie  der  Hauienuüi ler  über  KX).  im  Bereiche  der  Pa»sauer 
Weilersiedluug  über  TO,  in  dem  der  Einzelsiedlung  über  50,  in  dem  der 
Waldhaufensiedlung  über  60  ISnwohner  auf  dem  km^. 

Der  äußerst  interessante  und  gelungene  Vortrag  wnrde  durch  eine 
große  Zühl  von  Karten  und  Ansichte»,  die  der  Vortragende  mit  großer 
.S*»rgfalt  angefertigt  hatte,  aufs  beste  unt'M>tützt  und  fand  den  ungetheilten 
Bfif.iU  aller  .\nwesenden.  Der  Vorsitzende  dankte  im  Namen  des  Vereine» 
dem  Vortragenden  in  herzlichen  Worten. 

Die  Ausffibningen  des  V  ort  rage  n  d  ^»n .  die  bei  der  .Au*il-'lniunir  des 
b».'handelten  (»t-^'-  n-tandes  nicht  auf  jedes  Detail  eingeh>'n  konnten,  gaben 
reichen  >tott"  zu  aureg-nder  Meinungsäußerung.  Namentlich  wurden  die 
Orts-  und  Flurnamen,  die  dialecti-'chen  Unterschiede  in  der  Sprache  ver- 
schiedener Gegenden,  die  einen  sicheren  Schiusa  auf  die  Herkunft  der  ur- 
sprünglichen Anniedlei'  gestatten,  die  Rettte  slavischer  .\nsiedlnngen.  die 
Unterschiede  im  Menschenschlage,  die  ßestedlungsverhäUnis«e  vemchiedener 
Tingt-nden  und  Ähnliches  von  den  Proti'.  Dr.  PrÖli.  Dr.  Hor£i(ka» 
Dir.  Pindf'^r  und  Dr.  Mayer  einvreht»nd  besprochen. 

Hierauf  Jichto^is  der  Vorsitzende  die  Versammlung. 


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VereinaDachrichten . 


331 


E,  Sitzungsberichte  des  Vereines  „Bukowiner  Mittel- 
schule" in  Czernowitz. 

(Jlitgetheilt  vfmi  Si-tinftfühiei*  Prof.  Joa.  Bittuer.) 

FAnfzigste  (Fest-)  YereinsTersammlmig. 

(5.  Marz  1808.) 

Anwesend  waren  45  Mitfftieder,  darunter  al«  Vertreter  des  Herrn 
k.  k.  Landespnlsidenten ,  der  infolge  dienstlicher  Anwesenheit  in  Wien 
an  dem  ])er9onricheu  Erscheinen  verhindert  war,  der  k.  k.  Landeoregierunga* 
rath  Baron  Schwind. 

J>er  OHmann ,  Prof,  Dr.  Pola-chek.  begrüGte  dio  Anwo-ionf^^n. 
namentiich  .Kn  Herrn  Tiandesrii^i'  riiiiLjsrath  Daron  Schwinit,  den  Il»rni 
Landes-Schuliut>i><  ' tor  l'r.  Tuuilii^,  die  Sthulriithe  Isopescul  und 
Klau^jer,  die  Directuren  Rouistorfer,  Mandyczewski  und  Puust- 
mann. 

Hierauf  widmete  Schulrath  Klauser  dem  am  27.  Februar  d.  J.  ver- 
storbenen  Mitgliede  und  pensionierten  Gymn.  Dir.,  Schul  rath  Stephan 
Wolf  einen  tief  empfundenen  Nachruf,  den  er  nach  einjijelK'nder  Würdi- 
^unf?  der  Verdienste  deswelben  um  die  Schule  und  die  Wissenschaft  mit 
d<;n  Worten  schloss:  , Schulrath  Stephan  Wolf  gehört  zu  den  wenigen 
Schulmännern,  denen  von  iliren  J^chülern  und  Frotinden  eine  Vrrohniti*^ 
entL:ejT*'Tiir<'''ra<  lif  wird,  die  über  das  Grab  hinausreicht.  Mit  Stolz  können 
wir  Hemeii  Naiuuu  nennen:  denn  er  war  unser  und  wird  auch  stets  iu 
unserer  Erinnerung  bleiben.  Khre  seinem  Andenken!" 

Die  Versammlung  erhob  sich  sum  Zeichen  der  Trauer  und  der 
Theilnahme  an  dem  erlittenen  Verluste. 

Der  Obmann  erstattete  hierauf  Bericht  über  die  Th&tigkeit  des 
Au.><schu88es  seit  der  letzten  Sitaung  und  Uber  den  ziemlich  umfangreichen 
Einlau  f. 

Der  Obnmnn  hielt  hif  rauf  einen  Rfn  kl.lick  über  die  Thätigkeit  des 
Vereines  .seit  ?^ciner  Gründung,'  im  l"ei»ruur  i^Si-i. 

Aus  deujsell>en  .soll  nur  hervorgehoben  werden,  da-.s  dir  \  >  r-  ni  dio 
stattliche  Zahl  von  132  Mitgliedern  zählt,  welche  mit  wenigen  Au»nuhnicu 
dem  MittelschuUehrstande  der  Bukowina  angehören.  Der  Verein  habe, 
so  fiihr  der  Berichterstatter  fort,  im  Verlaufe  dieser  fünf  Jahre  eine  ehren- 
volle Stellung  erkämpft,  die  nur  durch  emsige  Thätigkeit  erhalten  werden 
könne.  Er  schloes  mit  dem  Wunsche,  es  mdgen  alle,  welche  noch  aid^er* 
halb  des  Vereines  stehen,  kommen  und  mitarbeiten  an  einem  Werke, 
welches  den  Namen  der  Hnkowina  weit  über  die  schwarzgelben  Grenz- 
ptUble  bckainif  ^^ftiiacht  hat. 

Es  folgte  hit  r.mt  ein  höchst  interessanter  Vortrag  des  Architekten 
Prof.  Dell  über  die  ehemalige  Ilömerstadt: 

„Carnuntum". 

Der  Vortragende,  der  sich  an  den  Ausgrabungen  persönlich  betheiligt 
und  schon  mehrere  beachtenswerte  Schriften  Ober  dieselben  verfasst  und 
herausgegeben  hat,  entwarf  an  der  Hand  von  Skizzen,  Photographien 
und  Bildern  der  Versammlung  ein  deutliches  Bild  von  dieser  alten  Cultur- 
Stätte,  wofar  ihm  df^e  reichen  Beifall  als  Dank  zollte. 


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332 


Vereimnaebrichten. 


l'.i  liitf  Z«^il  nuteidesseu  weit  vorj?ern<  kt  war,  musj^te  ei«  zweiter 
von  Prof.  Wotta  angekttndisfter  Yortra<r  „über  Schflleramachliefiuagen'' 
Ton  der  Tajiresordnung  abgesetzt  w^den. 

Der  Landes-Sehnlinspector  Dr.  TuniUrz  dankte  im  Namen  der  An* 

wesenilen  denjeni<;en ,  welche  den  Verein  gegrQndet  and  anf  die  jetiige 
Höhe  gebracht  haben,  besonders  dem  ersten  Obinanne,  dem  jetzi>?en  Gymn. 
Dir.  Vincenz  Fan  st  mann  und  den»  jetzigen  Obmanne  Dr.  Polaschek, 
aber  nicht  niirulfn'  ihiT'ii  '^tellvr-rtret-rn  und  >hm  .\msrhmmü^^]\'-\eYn. 

Nacijdeui  die  Vei*auaiiUiu<;  'lun  u  l.iiitf  Zarule  ihre  Zu>t imniuii;^'  y.n 
dit'>fn  Wetten  gegeben  hatte,  tiunkte  Dir.  Fau^tnianu  für  ilie  Wurlc 
der  Anerkennung  und  fügte  den  innigsten  Dank  hinzu  für  die 
niannifffache  Anr^^gung  und  Forderung,  die  der  Verein  zu  seinem  Besten 
von  Seite  der  hohen  Regierung  ond  besonders  von  Seite  des  Herrn  Landee- 
Schnlinspectora  Dr.  Tumlirs  emplangen  bat. 

Nach  Besprechung  mehrerer  Angelegenheiten  localer  Na;nr  gedachte 
der  Obmann,  während  sich  die  Versannulung  erb in  einer  längeren» 
schwungvollen,  von  p;itriütischeni  (ieiste  getragenen  Kede  des  Allerhüch.*^ten 
Sciiirnier.^  der  Schule,  un^^rt^^  al!r'r::n''H]itr-ti^n  Kais^-rs  Franz  .Toj-ef  und 
Inachti'  auf  Se.  Majestät  ein  dreimaliges  ^liocU"  aus,  in  dm  die  ganze 
Versa niniaing  begeistert  einst inunte. 

Die  dadurch  erregte  festliche  Stimmung  durchwehte  auch  die  darauf- 
folgende gesellige  Zusammenkunft. 

Nach  dem  „ortlo  cantteorumf  orationunit  aHarum  artium  bonorum* 
wechselten  in  mannigfacher  Folge  Lieder,  Reden  u.  a.,  was  bei  der  nn- 
gewnhnlith  zahlreichen  Tafelrunde  ili.-  animierte^te  Stimmung  erregte. 
Mit  vielem  Beifalle  wuiden  die  eingelaufenen  Telegramme,  daninter  des 
Khrenuiitgliedes  Herrn  St.itthaltereirathes  Dr.  Ed.  Magner  aus  Linz 
und  n'»;:r'!fMingsschreil'en  von  den  Schwesterverfin«  n  Mittelschule  und 
lieal.-«  liiile  in  Wien  und  in  Linz  von  der  Ver.i.imiulujig  aufgenommen. 

Lin  Aufzug  aujj  deu)  Begrrd.>ungssehreiben  des  Oljmannes  der  ^.Keal- 
schule"  in  Wien  möge  anch  hier  seinen  Platz  finden.  Prof.  Halnschka 
schreibt  unter  anderem: 

^Ihr  Verein  hat  in  Ehren  seine  statutarische  Aufgabe  allezeit  und 
unentwegt  erfüllt;  die  Interessen  der  Schulen  sowohl,  deren  Namen  er 
zu  dem  seinigen  gemacht«  nicht  minder  aber  auch  die  Interessen  der 
Vertreter  derseil;en  hat  er  stets  wacker  vei fochten,  indem  er  bald  einer 
gogchf  nrii  Anregung  tJefolgsehatt  leistete.  I>ald  sei*  -t  r.I-  Ruf.  !-  im  Strf'ite 
die  Initi.it IV-'  crgritl  uuil  die  Kü>tnng  geistiger  Watleu  anlegte  stum  Schutze 
und  .^^ehirrne  der  in  Ubhut  ül»ernonimenen  t^iitor 

..Möge  es  denn  dem  hoehvei einten  VereiiiL  vt  ig»>nnt  .-eni.  wie  bisher 
auch  tttrderMn  zu  wirken,  möge  er  in  unvergänglicher  Jugend  wachseBf 
erstarken  und  blühen  zum  Gedeihen  der  Schule,  zum  Wohle  unseres  Standes, 
zum  Huhme  des  Vnterlandes!  Heil  ihm  und  Heil  Euch,  wackere  Genossen 
im  fernen  Osten,  die  Ihr  in  Treue  uns  verbunden  seid  durch  die  gleichen 
Ziele,  die  gleiciien  Freuden  und  Leiden,  die  in  den  Kran/  unserer  ewigen 
Ideale  unentwirrb.ir  mitvortloeiiteti  »ind!"  :  L  inganh.iitender  Beifall.) 

In  dem  Toa^te.  den  deroluuann  naeh  dem  ersten  canfuft  confhedeva- 
tii'ftls-  tftrosoiiifs  ibunde>iieii  au>l>rachte.  l»egn"il>te  er  die  /ablreiche  Ver- 
sammlung, dankte  d«  r  hohen  Regierung  für  die  Fönierung.  die  sie  dem 


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Yer«*in8nacbricbteii. 


Vereine  sU'ts  ungfileihen  ließ,  uutl  besonder*  dem  auwesendeu  Liuules- 
SchuHnspeetor  Dr.  Tuiulirs  für  die  grollen  Verdienst«,  die  er  sich  durch 
die  roge  ThStigkeit  in  den  VereinsirerBanimlDngen,  wie  auch  durch  Unter- 
Btütsung  der  fieatrebungen  des  Vereine»,  die  auf  Besaerang  der  Stande«- 
TerbftUnia^e  hinzielen,  seit  einer  Reihe  von  Jahren  erworben  hat. 

Lande« -Sehulinspector  Hr.  Tumlirs  dankte  in  lan>?erer,  an  vielen 
.Stellen  mit  reichem  BeifnlL*  uit'kfenonimener  Kede  für  die  anerkennenden 
Worte  de>  Obm.innesi  mid  tühitf  unter  anderem  nn-,  ihx^<  füp  hoh»^  IJ»'- 
gierung  den  Be-^t i '  bungeu  ile-*  Vereines  wohlwollend  gegeaüber.-^tehe.  W  .t-^ 
seine  persönliche  Stellung  anbelangt,  sei  nein  iStrebeu  seit  mehr  als  zehn 
Jahren  vorzugsweise  darauf  gerichtet  gewesen,  soviel  er  könne,  dem  .Mittel- 
schuUebrstande  die  gehörende  Aehtnng  und  Beachtung  in  der  öffent* 
Uchkeit  zu  erringen. 

Denn  es  habe  in  der  früheren  Zeit,  von  den  F&nfziger>  bis  zu  den 
Siebziger- Jahren,  der  Lehrerstand  und  mithin  auch  der  Mittelschullehrstand 
nicht  die  ihm  zukommende  Stellung  eingenommen;  in  mancher  Be/.iehung 
freiÜ'  h  (lui'  h  'lu'  St  Imlil  vieler  Mitglie(l»  r.  denen  die  Sorge  um  den  Nebon- 
erwerb  näher  zu  herzen  gieng  al?«  tVv"  <ler  wi-isenschaftlichen  Fortbiiviuug. 

8'i  wurde  auch  der  Mittelschullehrer  in  der  ofi'entlichen  Meinung 
im  allgenieuien  unterschätzt  und  minder  bewertet,  aU  er  es  verdiente. 
Dieser  Stimmung  sei  es  zuzuschreiben,  wenn  im  Jahre  1878  die  Zuer« 
kennung  der  Tin.  Rangiclasse  ein  einen  Gymnasial'  oder  Realschnlprofessor 
noch  als  eine  ganz  besondere  nur  durch  auGerordentliche  Leitungen 
zu  erlangende  Auszeichnung  angesehen  wurde. 

Diese  Ansicht  l)esitehe  heute  nicht  mehr.  —  Wie  'las  gekommen  sei? 
.\uf  g.inz  natürlichem  Wege.  In  den  V'erhandlungen  der  -M i tt e  1  sc h u  1- 
ver»'inc.  die  durch  di»^  Zeitung  Mitt<^»lsrhn!«»  ^vfM♦^Ten  Kreisen  Iickannt 
wunlen,  insbesondere  ai/ei  in  den  Verhandlungen  lU  r  M  i  t  tel  sc h  u  1 1  a  ge 
habe  sich  gezeigt,  welch  reicher  Schatz  des  Wissens  und  welche  gereifte 
Erfahrung  dem  .Mittelschullehrstunde  eigen  sei. 

Dadurch  sei  das  Ansehen  des  Lehrerstandes  an  maßgebender  Stelle 
gehoben  worden,  was  leider  nicht  immer  gewQrdigt  und  doch  von  noch 
größerer  und  dauernderer  Bedeutung  sei  als  die  Besserung  der  materiellen 
Luge  der  Lehrer,  die  ja  nicht  fQr  sie  allein,  sondern  fQr  die  gesammte 
Beamtenschaft  in  .Aussicht  genommen  ist. 

Mit  dem  Wiinsehe.  es  m5gen  die  Mittelschulvcreine  ül/crhaupt  iind 
die  „Bnknwiner  M ittelsrbnl»'"  insbesondere  dif  r>rrnn:jim>^  SrAUung  audi 
fernerhin  bewahren,  sciiloss  Dr.  Tumlirz  seine  U"de  und  eriiob  diU(  ♦jIus 
aul  das  Uedeihen  der  Mittelschule 

Nach  Ab:dngun>^'  eines  zweiten  Chorliedes  sprach  Prof.  C.  Kozak  den 
Toast  auf  die  Directoren,  gedachte,  indem  er  die  Hindernisse  besprach, 
die  der  Gründung  der  „ Mittelschule^  entgegenstanden,  rUhoiend  der 
Thätigkeit  der  Directoren  im  allgemeinen  und  des  damaligen  Directors 
des  Czernowitzer  Obergymnasiums  Dr.  K.  Tuuilirz  im  besonderen. 

Hierauf  begrübte  der  Olnnann  die  Vertreter  der  Staat  '  •■rbeschule, 
den  Herrn  Dir.  Karl  liomstorfer.  der  .«ich  durch  seine  .\ii*eiten  unver- 
g  i iiL.'-l n  tie  Verdienste  'im  <\u>  engere  Heimat  erworben  h:it  un.l  der  trotz 
der  vi-  len  .Arbeit,  die  in  Henif  ihm  auferlegt,  es  sich  ni*'ht  n<dunen  lieb, 
»ow(dil  an  der  restvcr-^auuiilting  als  auch  au  der  geselligen  L nterii.iit ung 


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334 


VereinsDachrichten. 


theilzunehinen,  uiul  den  Architekten  Josef  Dell,  der  den  Verein  durch 
«einen  L'^f ilii-n'Hiien  Vortnig  in  der  hpnti2"en  Festsitzung  zum  besonderen 
Danke  verptiichtet  hat.  Der  Ohaiann  >t  lilo^-  mit  dem  Wunsche,  ea  mi>gen 
tlie  Mitglieder  des  Lehrkörpers  an  »ier  iStaatsgewerbeM*huie,  wenn  auch 
die  „Mittelschule"  zuuitheil  andere  Zwecke  verfolgt  als  sie,  das  einigende 
Bund,  die  .Tugendemebung,  feathalten  und  recht  zahlreich  an  den  Ver> 
sammlnoffen  der  ^Mittelschule*  tbeil nehmen  und  durch  regen  Meinung«- 
Austausch  Anregungen  geben  und  empfangen. 

Dir.  Horn.«? torfer  dankte  dem  Vorredner  und  der  Versammlung  fDr 
die  schmeichelhaften  Worte  der  Anerkennung,  protestierte  unter  Ohorufe 
der  Versammlung,  das.s  man  ihm  besondere  Verdienste  zu.schreibe,  gab  ais 
Grund,  das*  er  und  srino  cnirpron  Staiidesgcnoasen  seltener,  als-  fler  Verein 
es  durcli  den  .Mund  tu-  i  >liiu;inni'-  wünschte,  an  den  Sitznng^en  tlu'ilnehmen. 
an,  dasif  in  den  Ik'r.ahunjj't  u  vi*'itaoh  Stotfe  behandelt  werden,  die  ihnen 
ferner  lägen;  doch  komme  er,  fuhr  er  fort,  so  oft  es  die  Berufsarbeiten 
ihm  gestatten,  gern  in  die  Versammlungen,  da  er  «ich  hier  wie  in  seinem 
Lehrkörper  zuhause  f&hle.  Auf  die  bedauernde  Bemerkung  des  Landes- 
Schulinspectors  Dr.  Tum  Urs,  daas  es  in  Österreich  noch  keine  Directoren- 
tage  gebe,  surückgreifend,  bemerkte  der  Redner,  dass  es  auch  dazu  wahr- 
scheinlich noch  kommen  werde,  da  Tor  zwei  Jahren  liereita  der  An&ng 
hiemit  gemacht  Murd^.  indejn  die  Gcwerbeschuldirectoren  zu  einer  ge- 
meinsamen Beratliun;^  /.u-ii  inn,fiiberijfen  w^ird<*n. 

Ferner  sprach  (i vmna.-.i.illehrer  Jaskul.ski  noch  einen  Toast  auf 
den  Obmann,  dessen  Schüler  er  war,  und  pries  ihn  in  demselben  al:! 
Lehrer,  der  es  versteht,  anregend  auf  seine  Schüler  zu  wirken;  endlich 
brachte  noch  Dr.  Perkraann  unter  Hinweis  darauf«  dass  an  dieser 
Tafelrunde  fast  aUe  Nationen  und  Confessionen  Österreichs  friedlich 
beisammensitzen,  einen  Toast  aus  auf  die  Eintracht  unter  den 
Standesgenoasen  und  beantragte,  dem  Obmannstellvertreter  in  Radautz 
Prof.  üstyanowicz,  der  sich  einer  gefährlichen  Operation  in  Wien  unter- 
7,if'heii  nnis^tp.  7iini  Of^Hntrcn  <lcn>!fdben  die  Glückwünsche  seiner  CoUegeo 
auf  telegraphisciiem  Wege  liek.iuntzugeben. 

Da  aber  mit  Rücksicht  aiii  den  Patienten  von  die.sem  Vorgange  ab- 
gerathen  wurde,  übernahm  es  der  Obmajiu,  demselben  auf  schriltlichem 
Wege  die  Gefilhle  der  Freude  Ober  das  Gelingen  der  Operation  von  Seite 
der  VereinsmitgUeder  zum  Ausdrucke  zu  bringen. 

Nach  Worten  des  Dankes  von  Seite  des  Architekten  Dell  scbloss 
der  ofScielle  Theil  des  Programmes.  Dir.  Faust  mann  übernahm  das 
Präsidium  der  Exkneipe  und  verstand  es  im  Vereine  mit  dem  Redacteur 
der  Knoipzeitung  Prof.  W'otta  und  dem  Sängerquartette,  beziehungs- 
wei.se  Sextette,  dif»  < »«^«"^n-ehnft  in  die  heiterste  Stimmung  tn  versetzen,  so 
ilo^s  tiaui  erst  lange  nach  .Mitternacht  au  ein  Auseinandergehen  dachte. 

Eiuttudfftnfzigste  YereinsTersaimiilaiig. 

(23.  April  im.) 

Anwesend  36  Mitglieder,  darunter  die  Landes-Scbulinspeetoren 

Dr.  Vyslouiil  und  Dr.  Tum  Ii rz  und  die  Directoren  Schulrath  Klauser, 
Mandyczewski  und  Uomstorfer. 


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Nach  Begrüßung  der  Anwesenden  und  Miitheilungen  geschUftUchen 
Inhaltes  ertbeüte  der  Obmann  Prof.  Dr.  Pala^chek  das  Wort  dem  Profe^ior 
an  der  k.  k.  Lebrerbiidungoanstnlt  Josef  Wotta  zn  dem  angekfludigten 
Vortrage: 

„Über  Schülerausschließungen"  .S  '2&2,. 

Der  V  ortraj^enilo  iripn<^  von  'lor  beti  ai)onden  That»  ic!:»'  au«.  (las.H  die 
Zahl  der  allgemeinfii  An--Lliltebunsen  in  der  leisten  /.fit  eine  un;;felieuer 
groüe  Höhe  eneiciil  hat,  schioss  daraus,  dasj^  die  Zaiil  der  loeul  am- 
ge8chlo*senPn  Scbäier  eine  noch  höhere  sein  müi^ie,  und  möchte  nun  die 
Frage  anregen ,  welche  prophylaktischen  Maßregeln  zu  ergreifen  wären» 
damit  sich  die  Zahl  dieser  Ausschließungen  vermindere. 

Reicher  Beifall  zeigte,  dass  der  Vortragende  eine  Saite  angeschlagen 
habe,  die  auch  in  dem  Herzen  der  Collej^en  voll  wiedertönt. 

Nach  dem  Danke,  den  der  Obmann  dem  Vortragenden  aussprach, 
folgte  eine  lebhafte  Debatte. 

Aus  derselben  möir'^n  folgende  Beuierkun^^en  liervorgehoben  werden: 

l'rof.  Dr.  Pevkm.inu  wünsciit  ein^n  >tatiHti>>ciien  Nachwei?«  über  die 
Gründe  der  Ausschliel-ntngeu  und  beantragt,  es  möge  der  Het'erent  oder 
jemand  anderer  sich,  da  die  Gründe  der  Auaichlieüungen  seit  einiger  Zeit 
nicht  mehr  bekanntgegeben  werden,  nach  denselben  auf  privatem  Wege 
erkundigen  und  darauf  fußend  die  entsprechenden  Antrilge  behufs  Hint^ 
■anbaltung  der  su  zahlreichen  Ausschließungen  stellen. 

Es  dürfte  sich  nach  den  bisherigen  Erfahrungen  aus  den  an/u^tellenden 
Untersuchungen  ergeben,  dass  die  mei>«ten  allgemeinen  .\us.schliel.>ungen 
wi'gen  grober  UnsittlichkfMt.  D!»'bstahls  und  in  i  nlifi^ch  autgeregten  Zeiten 
wegen  Theilnahuje  an  |>uiitiöcijen  Demonstrationen  ertt>]i.'''n,  wogegen  der 
loeale  Autischlusss  in  der  Regel  die  Folge  von  grober  Heniti  lu  *ein  dürfte. 
Der  Orund  derselben  wird  dann  zu  .suciien  sein  in  der  nervösen  Über- 
reizung bei  Schalern  und  Lehrern,  und  swar  bei  einem  Theile  der  ersteren 
entstammend  aus  dem  Gefilhle  des  Gedrficktseinü»  bei  einem  anderen,  den 
Wohlhabenden,  aus  der  Einbildung,  da.w  sie  mit  ihrem  Gelde  alles  erreichen 
können,  so  dass  sie  gar  keine  Autorität,  daher  auch  nicht  die  des  Lehrers 
anerkennen  wollen. 

Willirend  Prof.  Dr.  Kump  sich  den  Au->fiihrungeii  Dr.  Perkmanns 
anschli«'('t  und  nicht  die  F'rregun.r  des  Leiirers  als  Hauptgrund  der  -/nh!- 
reiciieu  loculen  Auv<chH»-l>uii'j''ii  '_-•(•. t.  ti  lassen  will,  da  ja  nicht  der  ein- 
zelne Lehrer,  .sondern  die  i  onitnen/:  dieselben  beim  Landes.^chuirailie  be- 
antragt, erklärt  sich  Prof.  Dr.  Frank  gegen  den  Antrag,  da  der  Vor- 
tragende nach  seiner  Meinung  nicht  Normen  aufstellen,  sondern  nur  uns 
alle  zur  SelbstprÜfnng  auffordern  wollte,  ob  nicht  in  manchem  Falle  durch 
ein  entsprechendes  Benehmen  von  Seite  des  Lehrers  dem  Schttler  gegen- 
über grobe  Renitenz  vermieden  werden  konnte. 

Landes -Schulinspector  Dr.  Tumlirs  bemerkt,  allgemeine  Aus- 
schließungen .sind  ihrem  Wesen  nach  weniger  als  i^tr.if",  denn  al.-^  pro- 
phylaktische Maün  gel  zu  betrachten.  Wenn  sich  ein  Srhtiier  grol»er  Un- 
bittlichkeit  oder  eines  Diebstahle*  schuldig  macht,  so  muüs  er  im  Interesse 
der  anderen  ifchüler  aus  der  Schule  eatferni  werden.  Das*  in  der  letzten 
Zeit  die  GrQnde  der  Ausschließung  nicht  angegeben  werden,  bat  »einen 
Grund  darin,  dass  man  den  Schüler  nicht  für  alle  Zeiten  brandniarkon  will. 


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Vereiusnachi'ichten. 


Bedaaerlich  ist  es,  dass  so  viele  AtM^chließangen  vorkomiuen.  Aber 

iin*ere  nervflae  Jugend  ist  sehr  leicht  zut;Hnglich  für  unsittliche  Gedanken 
und  Handlungen,  und  die  Aaßenwelt,  besonders  der  Buchhandel  sorgt  daftir 
ans  pecuniären  nrniidon,  <!a-5s  tinsittliohf»  odrr  w^miIl'-^tis  die  ün^ittHcbkeit 
fördernde  Sclint'tcn  unter  der  Juu'end  verbreitet  werden. 

Die  Folgen  eines  solchen  Tieihen-;  konimon  in  klpsneren  Orten  leichter 
als  in  giöbeien  au  das  Tageslicht,  und  so  tinden  wir,  da**  Ausschließungea 
all<;emeiner  Natur  in  kleineren  Orten  relativ  häufiger  «ind. 

Da  die  allgemeinen  AnsBchließangen  durch  die  Thataachen  begründet 
sein  müssen,  so  kann  man  bei  einer  etwa  anrastellenden  Statistik  von 
diesen  absehen  und  sich  nur  auf  die  localen  AusscblieOnngen  beschrftnken. 

Ebenso  könnte  man  absehen  von  den  Fällen  localer  Ausschließung», 
die  bedingt  sind  durch  habituellen  ünfleiG,  durch  geringe  sittliche  Fehler 
nnd  Diebstahl  von  Bürhorn  und  von  anderen  SchnlroquIHten.  und  bei  der 
Knif»e.  vrie  kann  tier  Lehrer  durch  sein  Verhalten  beitragen,  da's  dir»  Zahl 
der  ioculen  AuaschlielMiiifren  vorrinsfort  werde,  nur  die  Fälle  berücksichtigen, 
in  denen  Henitenz  die  L  rsuciie  der  Ausschließung  ist. 

,Wenn  aUo/  so  schloss  der  Redner,  „dem  Antrage  Dr.  Perkmann» 
entsprechend,  statistische  Daten  aufgestellt  werden  sollen,  so  werden  sich 
die  daraus  abzuleitenden  Rathschlttge  prophylaktischer  Natur  auf  einen 
sehr  engen  Kreis  beschränken  kOnnen.  Wichtig  ist«  daM  diese  härte<>t^ 
Strafe  nicht  allzu  oll  verhänj^t  werde,  da  der  Lehrkörper  damit  sich  das 
Zeugnis  ausstellt,  dass  seine  Macht  über  den  Schüler  zu  Ende  ist  und  nur 
(Inn  h  Kntfernung  desselben  aus  der  Schule  eine  Hemcdur  geschalien 
werden  kann." 

Im  Schlu?wworte  beirurrktf*  Prot.  .lo.»iet  Wotta,  er  sei  weit  davon 
entfernt,  den  CoUegen  Belehrun;4ea  geben  zu  wollen.  Er  habe  diesen 
Punkt  des  Schullebens  aufgegrißen,  weil  seines  Wissens  darüber  keine 
Literatur  besteht,  und  er  wünsche,  dass  diese  Frage  nicht  nur  in  nnserem 
Vereine,  sondern  auch  in  weiteren  Kreisen  der  Lehrerwelt  snr  Behandinn}; 
und  Besprechung  koniuie. 

ZweiundfAnfzi^st«  YereinsTersaniiiilaiig. 

(•21.  .Mui  1«H8.) 

Anwesend  '22  Mitjjlieder,  darunter  die  Directoren  bchulratli  Klauser 
und  Maudy cze wsk i. 

DerObmann  theilt  mit.,  dass  derDirectorstellvertreter  des  Musikvereines, 
der  Musiklehrer  Hans  Horner,  dem  Vereine  als  Mitglied  beif^etreten  ist. 

Hierauf  hielt  der  Gymn.  Prof.  Karl  Wolf  seinen  Vortrag  über; 
„Mnemoteehnisehes  im  deutschen  Unterrtehte**. 

Der  Vort Tilgende  sprach  zunächst  im  allgemeinen  über  den  Wert 
der  Mnemotechnik  im  L'ntorrichte  und  wählte  zur  Veranschaulichung  dessen, 
wie  er  e^!  al>  und  tu  niaehe.  die  i'artie  der  starken  Verha  in  der  deutschen 
Grammatik.  Die  ueimi"  i-r  i^o  vor,  da«s  t-r  au.n  den  in  der  (irammntik  an- 
geführten Verben  Ei zählunf^en  .'■Hlbst  zusammenstelle  oder  sie  auch  theil- 
weise  durch  die  Schüler  anfertigen  lasse. 

Der  Vortrag,  theilweise  sehr  launig  gehalten,  machte  einen  trefflichen 
Eindruck  auf  die  Zuhörer. 


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Vereinsnadiricbteii. 


In  seiner  Danksagung  hob  der  Obmann  hervor,  wie  aehr  es  wünschens- 
wert wäre,  dan  gerade  die  älteren  Lehrer  ao  manches  ans  ihrer  Unterriehta» 
praxis  der  Allgemeinheit  zum  besten  geben  mochten.  Da  wftre  ein  wahrer 
Schate  tn  beben.  Die  kleine  Probe  von  heute  werde  gewiaa  manchen 

Lehrer  zw  ähnlichen  KimstgrilTen  auch  anf^ anderen  !•  i  ton  anoifem. 
In  merito  mögen  awar  die  Ausführungen  so  manchem  Widerf^jit m.he  be- 
gesrnf^n,  allein  nn/.weifelhuft  hsltte  eine  solche  Behnndinng  der  starken 
Verba  iür  niehr-^priu  hiart-  Anstalten  l  inon  unleugbaren  Wort. 

In  der  darautTolgendnn,  st4illenwei.so  sehr  erregten  Debatte  wurde  <lie 
Frage  nach  der  Zweckmäßigkeit  solcher  Arbeiten  nach  allen  Seiten  besprochen. 

Die  meisten  ttednei*  anerkannten  das  Geschick,  mit  dem  Prof.  Wolf 
nicht  nnr  die  Paradigmen  der  dent^ben  ablautenden  Verben,  sondern 
anch  die  einseinen  Terba  einer  jeden  Clasae  in  einer  ErdUilung  unter* 
aabringen  verstand,  stellten  sich  aber  größtontheils  auf  einen  dem  Stand- 
punkte Wolfs  entgegengesetzton  Standpunkt,  nämlich  das»  di«;  Ablaut- 
reihen, die  nebenbei  bemerkt  nicht  in  allen  Grammatiken  gleich  be- 
handelt werden,  überhaupt  nicht  zu  lernen  ^otcn.  sond*nn  diese  Partie  der 
deutschen  Grammatik  n>ehr  '/Mtn  Niir  lisehlHgen  bestimmt  sei. 

Prof.  Dr.  Per k mann  erklärt,  tür  ihn  habe  es  mehr  Wert,  wenn 
die  Schüler  gleich  und  ähnlich  lautende  Verbalformen  unterscheiden 
k&inen,  i.  B.  von  bitten,  bieten,  beten  n.  s.  w.,  da  ja  die  ablautenden 
starken  Verba  den  Sehtllem  bei  der  Aufnahmsprflfung  in  die  L  Classe 
bekannt  ^in  sollen. 

Gymnasiallehrer  Jaskulski  begnügt  mch  damit,  wenn  die  SchOler 
die  Verba  richtig  conjugieren,  und  sieht  von  den  Ablautreihen  ganz  ab. 

AndiMc  IL-rn^n,  wie  Dr.  Herzog  aus  Radaut^  und  Dr.  Kump  It'-hnen 
sich  mt'hr  der  .Vn-iicht  Wolfs  zu,  und  letzterer  will  solelie  AriM'it»ii  von 
dem  liehrer  ini  Vereine  mit  den  Schülern  wenigstens  zur  Hclt-lning  des 
Unterrichtes  durchgeführt  wisi^en,  während  ein  Auswendiglernen  dieser 
Eraählnngen  behufs  Fänprägung  der  Verba  jeder  einzelnen  Glawe  auch 
fQr  die  vorgeschritteneren  Schüler  mit  verhältnisroftßig  au  großen  Schwierig- 
keiten verbunden  wftre. 

Nach  dem  Schluasworte  Wolfs  wird  die  Debatte  über  den  Antrag 
des  I'rof.  Dr.  Heraog  (vgl  „österr.  Mittelsch.",  XL,  S.  B66  ff.  und  415) 
fortgesetzt. 

Dr.  Herzog  fasst  seinen  am  1.  Juni  1897  in  ßadautz  gehaltenen  Vor^ 
trag  kurz  zusammen. 

Dr.  Runip  beantragt,  da  in  liiulantz  zu  wenig  FachcoUegen  zugegen 
waren,  die  Lrötfnuug  der  Generaldebatte. 

Nach  eittselnen  Bemerkungen  des  Obmannes  und  der  Proff.  Dr.  Frank 
und  Kosak  wird  der  Antrag  trotz  der  Befürwortung  von  Seite  des  Prof. 
Norbert  Schwaiger  von  der  Versammlung  aus  vereinstechnischen 
Gründen  abgelehnt,  worauf  die  Specialdebatte  beginnt. 

Zur  11.  These  (cf.  XI.  .lahrg.  S.  375)  wünscht  Prof.  Norbert  Schwaiger 
einen  Zu^jitz  „bei  mehr  als  4Ö  Schülern"  (andere  Stimmen  verlanijen  die 
Zahl  und  begründet  »liesen  Antrag  damit,  das^s  die  < 'nrrecturarbeit 
bei  einer  größeren  Sohülerzahl  eine  übermäf.Mg  große  ist,  während  .«ie  in 
Clas-sen  mit  geringerer  Schüleranwvhl  die  Leistungj^tähigkeit  des  Lehrers 
nicht  übersteigt. 

„Oatorr.  Mittplschnlc".  XII.  Jnhrg.  ^ 


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338 


Vereinsnachricbteu. 


Dir,  Mandyczewski  würde  die  gleiche  Fordernng  auch  für  die 
Mathematiker  und  Neuphilologen  an  der  Kealachnle  erheben  und  wQnieht, 

68  möge  dem  Director  ^e^tuttet  werden,  mit  itflcksicht  auf  die  Correctur- 
arbeit  und  die  Schiilerziihl  den  einscelnen  Herren  swei  bis  drei  Stunden 
▼On  dem  jresetzlichen  Maxinmm  rn  eriasüon. 

Prot  hr.  I*e rlc in a  11  II  liui't  'int'-r  Zustiuuimn^'  zu  den  Aii«führuDfjen 
df^  \'(>n t.-<ln*'is  die  hohe  liedeuliui^  <irs  deut&eh'.'n  Aiils-iUe^.  tiir  das  ganze 
Leben  hervor  und  verlanjjt  deuieutspiccheud  auch  für  den  Fachlehrer  die 
für  die  sorgfaltige  Corructur  derselben  nothwendige  Zeit. 

BealBchnllehrer  Naitasi  stimmt  der  These  II  zu,  wQnscht  aber  fSr 
die  Neuphilologen  an  der  Ilealtchule  eine  gleiche  Behandlung,  während 
Dir.  Mandycsewski  den  Antrag  auf  Vertagung  der  Abatimmung  stellt  mit 
der  Be(;ründung,  dass  es  uns  doch  darum  handle,  der  hohen  Regierung  positive 
Vorscbiüge  mit  Berücksichtigung  aller  einschlägigen  Verhältnisse  zu  stellen. 

l)r.  Herze«;  hat  g^rrrin  den  Vertagungsanti-ag  nichts  einzuwenden 
lind  begrübt  frondi^-  den  Antrup'  ds^«  I>ir  ^!  a n d  v  rzow sk i,  das?^  dem 
Ermessen  des  Direetor»  anlieiuige^lelll  weiden  »oii,  die  Lehrverptiichtuug 
nach  den  localen  Verhältnissen  individuell  Icützuaetzen. 

Der  Yertagungoautrag  Mandyczewski  wird  hierauf  angenommen. 

Zu  These  III  ergreift  Dr.  Rnnip  das  Wort  aU  längerer  Rede,  in 
welcher  er  sich  gegen  da«  Detail  der  Voraehlftge  Dr.  Herzogs  wendet 

Dir.  Mandyczewski  macht  unter  Zustimmung  der  Versammlung 
darauf  aufmerksam,  das«,  wenn  wir  auch  noch  angeben  wollten,  was  gelesen 
werden  soll,  wir  zur  Berathunji?  mehrere  Vereinsabende  bedürften  und  eine 
Einigmitr  unter  den  Fitchcollfc^en  dcrh  noch  nicht  erzielt  werden  könnte. 

Iii  dem  Schlusiworle  weiulet  »ich  Dr.  Herzog  gegen  Dr.  Rumj) 
und  erklärt  insbv'sondere,  dass  er  bei  seinen  Vorschlägen  durchau»  nicht 
daran  gedacht  habe,  duaa  allcä  gelesen  werden  mü^äc,  sondern  daas  man 
aus  diesem  eine  Auswahl  treffe  und  dann  ganze  Werke,  nicht  Bruch' 
stücke  lese.  So  genügen  z.  B.  zwei  Dramen,  die  anderen  mdgen  der 
Frivatlectüre  Überlassen  bleiben. 

Tli<'-e  III  wird  hierauf  angenommen. 

Zu  These  IV  bemerkt  Dr.  Perkmann,  das^  sich  auch  der  jetzige 
Lehrplan  nicht  ganz  auf  den  literarhistori.sclien  Standpunkt  stellt,  indem 
Hamburgische  L>ramatur{;ie  und  l<aokoon  in  die  VIH  ('Iü^sp  verlegt  ist. 

Dir.  Mandyczewski  hebt  hervor,  das.-j  die  Leetüre  uie  Hauptssache 
und  die  Liieraturgescuiclite  die  Nelten->ache  lür  die  Schule  sein  solle,  stellt 
dann  mit  Rücksicht  auf  die  vorgerückte  Stunde  einen  Vertagungsantrag. 
(Angoiiomroen.) 

Dr.  Herzog  ladet  zum  zahlreichen  Besuche  der  nächsten  Versamm- 
lang in  Radauts  ein. 

Dreiundfänfzigste  YereinsrersammlDiig. 

(Mitgetheilt  vom  Vereinsmitgliede  Prof.  Dr.  Herzog.) 

(Radaiitz,  am  11.  Juni  1898.) 

Anwesend  19  Mitglieder,  darunter  7  aus  Czernowitz. 
Obmannstell Vertreter  Prof.  Ustyanowicz  eröffnet  die  Sitzung  und 
begrüßt  die  Mitglieder  aus  Czernowitz,  insbesondere  den  nach  schwerer 


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4 


Vereiutmaciiriehtea.  339 

Krankheit  zum  erstenmale  wieder  erschienenen  Prof.  N.  Scbwttif^er. 
Hierauf  Übergibt  er  den  Vor«its  an  den  Obmann  des  Vereines  Prof. 
Dr.  Polaschek,  der  den  Dank  ftir  die  BegrQßung  und  seine  lebhafte 
Freude  äußert,  den  Senior  der  Radantxer  Anstalt  Prof.  Ustyanowicz 
xmch  <;t'iVibrIicher  Krankheit  wieder  an  seinem  Platze  zu  sehen  und  ihm 
hier  baldige  vollständige  lienesung  wünschen  7u  können. 

1.  Hierauf  erstattet  der  Oluuann  Bericiit  fiber  die  Thiiti<rkcit  dea 
Vereinsvor'^tnndf**:  l'nscr  Ein?i»'hreiteu  um  Eriiiäl>i,t,'iiii(r  dor  T>fhrvf rptlic  htung 
für  moderne  Fhiloiogen  au  tien  l^ealschulen  hat  Krlblg  gehabt,  d;i  da.-*  eben 
^anctiouierie  Realschulgesetz  fUr  die  Bukowina  die  Bestimunuj^'  enthält, 
da»  die  Philologen  an  Realschulen  nur  ta  17  Stunden  verpflichtet  sind. 
Der  Reichsrathsabgeordnete  fQr  Gsernowits  Dr.  Straucher  hat  im  Reichs- 
rathe  eine  dringende  Interpellation  in  Sachen  der  GehaltBregnlierung  ein- 
ge}>racht.  Ich  bitte  um  die  Erlaubnis,  ihm  im  Namen  des  Vereines  den 
Dank  des  Vereines  für  seine  Vertretung  unserer  Interessen  auszusprechen. 
Da  -ich  keine  Stimme  dapregen  erhebt,  betrachte  ich  meinen  Antrag  ab 
angenommen.  i/ut»timmung.) 

2.  Hier-tnf  erj,^?!^  Prof.  Dr  S.  Spitzer  das  Wort  zu  ^»•iiit'ui  Vortrj^j^: 
,,Über  das  gegenwarLigti  Ciassiücationsverlahren"  272), 

•dem  «nstimmiger  Beifall  folgt. 

Der  Obmann  spricht  dem  Vortragenden  den  Dank  des  Vereines  aus 
und  eröffnet  die  Debatte,  indem  er  auf  den  in  der  Praxis  vorgekommenen 
Fall  hinweist,  dassein  Director  erklärte,  die  Unterschrift  auf  dem  Zeugnisse 
zu  vorweigern,  wenn  die  Schlnssnote  nicht  mit  den  Eintragungen  im 
Kataloge  stimme.  P>s  gebe  übrigens  auch  Anstalten,  welche  den  Eltern 
nicht  blof>  Tadel  und  MabtiTingen,  .sondern  nach  Abiauf  des  halben  Semesters 
vollständige  Classiticatinnt  n  l^t'kannt*^^■iM'n. 

l'rof.  Dr.  Perkmaiiii  &uuuut  dem  Vortra'^e  im  ganzen  lu'i.  mf>chte 
jedoch  in  Anbetracht  des  Umstaudes,  dix^s  die  Aufhebung  der  Kataloge 
nicht  viel  Aussicht  habe  durchsudringen,  vorschlagen,  die  Classenkataloge 
mögen  bestehen  bleiben,  es  werde  jedoch  ausdrücklich  anerkannt,  dass  die 
Eintragungen  darin  fSr  die  Schlussnoten  keine  entscheidende  Geltung 
haben,  sondern  diese  dem  gewissenhaften  Ermessen  des  Lehrers  überlassen 
bleiVien  sollen.  Er  regt  den  Gedanken  an,  dieses  für  die  Erziehung  so 
bedeutsame  Thema  auf  d»'in  niUli^ten  MittelschuItaL't*  zu  besprechen. 

l)r.  Polaschek  stimmt  der  letzteren  Anregung  zu,  macht  ab<»r  auf 
den  Widerspruch  aufuierkiiam,  der  in  Dr.  Perkmanns  Antrage  ent- 
iialten  sei. 

Prof.  Ustyanowicz  fahrt  Beispiele  aus  dem  älteren  Classifications- 
Terfahren  an,  aus  denen  man  erkennt,  wie  trotz  des  Fehlens  der  Kataloge 
ein  richtiges  Urtbeil  über  die  Kenntnisse  und  Ffthigkeiten  der  Schüler 
gefilUt  werden  konnte. 

Prof.  N.  Schwaiger  hebt  die  Vorzttge  des  Vortrages  namentlich  in 
formeller  Hinsicht  liervor  und  wünscht,  dass  auch  in  Zukunft  die  Referate 
in  freiem  Vortrage  gehalten  werden  mö^en  In  meritorischer  Beziehung 
ist  er  iiTit  der  Tendenz  des  Voi tra„'enden  einverstanden,  da  die  Kataloge 
nicht  nur  die  L»'ijirr.  soniltnu  auch  die  Schüler  mit  Sciireibereien  über- 
laden; denn  auch  die  Schüler  lühren  Classenkataloge.  Zur  Controle.  die 
jeder,  der  Lehrer  vielleicht  mehr  als  jeder  andere,  nöthig  habe,  zur  Regelung 

22* 


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340 


Vereinsnachrichten. 


des  Vortrags-  und  PrOfungsweseiM  reichten  die  monatlichen  Cenanren  voll- 
kommen  hin,  dieee  seien  aber  bei  Aberfllllten  Clawen  dringend  nothwendii;.. 
Redner  wendet  sich  gegen  den  Vorechlag  des  Prof.  Dr.  Per  km  an  n,  der 
wenig  Aussicht  habe  durchzadringen,  weil  er  eine  halbe  Maßre^^cl  enthalte. 

Dr.  Pola.->cIiek  ineint«  es  wftrs  wichtig,  festzustellen,  wie  sich  schrift- 
liche unil  inüiKlliihc  Leistnnf^n  etwa  in  dem  Fallf  /n  oinander  verhalten 
sollten,  wenn  in  überfüllten  (Bussen  einer  mündlichen  drei  bis  vier  schrift* 
liehe  Noten  in  der  Cont'erenzperioile  «gegenüberstehen. 

Dr.  Fe rk manu  sucht  den  Einwurf  zu  widerlegen,  dass  in  »einem 
Vorschlage  ein  Widerspruch  enthalten  sei.  Das  Schlu^urtheil  sei  die 
Besnltierende  ans  mehreren  Componenten,  die  einxelnen  Leistungen  nur 
eine  Gomponente.  Der  Gesammteindmck  ergebe  sich  ans  dem  Vergleiche 
sftmmtlicher  SuitdartheUe,  aber  der  Lehrer  solle  dnrch  einzelne  Wahr- 
nehmungen nie  in  der  Beurtheilung  gelMinden  sein. 

Prof.  Schwaiger  macht  darauf  aufmerksam,  dass  mitunter  schmerz- 
liche Enttäuschungen  eni«<t<»hcn  könnten,  wenn  die  EinTielurtheile  den 
Parteien  mitgetheilt  würden,  das  ächluasurtheil  aber  nicht  damit  über- 
einstimme. 

Prot.  Uötyanowicz  erklart  die  ClasseukuLaioge  für  einen  Heiam- 
sdinh  der  selbetftndigen  und  nnparteüsclMn  Beurtheilung  der  Schüler  und 
stellt  den  Resolntionsantnig,  die  Versammlung  mSge  aussprechen,  dass  die 
Beseitigung  der  Classenkataloge  wflnschenswert  sei. 

Prof.  Kobjlansky  nnterstOtzt  diesen  Antrag  auf  Orund  seiner  Er> 
fahrungen  an  galizischen  Gymnasien,  insbesondere  mit  BOcksicht  auf  die 
Controle  durch  Hauslehrer. 

Prof.  E.  V.  Tarnowiecki  hebt  hervor,  dass  die  Absicht  der  Classen- 
katalo'^e .  den  Verkehr  mit  den  Eltern  zu  erleichtern.  i;ur  vmvoilständig 
eneiehl  weide;  denn  um  genaue  Auskunft  über  die  Ächwüehen  und  Mängel 
des  Schülers  zu  erhalten,  müsse  man  sich  doch  immer  an  die  Fachlehrer 
wenden.  Die  Kataloge  seien  unnüts,  der  Antrag  des  Prof.  üstyanowics 
wAre  ansunehmen. 

Prof.  Kobylansky  fragt,  wozu  die  durch  den  Organisationsentworf 
festgestellten  Versetzungsprüfungen  dienten,  wenn  das  Scblnssnrtheil  nach 
dem  Kataloge  schon  feststeht. 

Prof.  Dr.  Polasche k  warnt  davor,  einen  Be^ehlnss  7.n  provooieren. 
der  keine  Aussicht  anf  Verwirklichun^j;^  habe.  Die  Eltern  haben  ja  ein 
gewig.ses  Recht  anf  Au>kujdi,  und  gibt  immerhin  im  Lehrsbinde  — 
gewiss  selir  selten  —  Kleaiente,  denen  gegenüber  die  Controle,  wie  sie 
die  Classenkataloge  bieten,  angebracht  ist.  Er  empfiehlt  einen  solchen 
Antrag,  der  schon  in  dieser  Versammlung  mit  Stimmeneinheit  angenommen 
werden  könnte. 

Nachdem  der  Antrag  anf  Schlnss  der  Debatte  angenommen  worden, 
halt  Dr.  Spitser  da«  .^chlusswort.  Er  dankt  d**!-  Versammlung  für  das 
rege  lntere.s.so  und  polemisiert  gegen  die  radicalen  Vorschläge  auf  Be- 
seitigung der  Katalonrp  an<'  denselben  Ornnflen  wie  der  Vorsitzende  und 
mit  Hinweis  auf  die  Instructionen,  die  vorsclr.  eÜNii .  da«;^  das  Urtheil  des 
Lehrers  sich  im  Verlrmfe  des  L'nterrichtes  berichtigen  solle.  Dif*  .Anleitung 
des  i>r.  i' er k  mann  möchte  der  Vortragende  als  Zusatzantrag  zu  dem 
seinigen  formuliert  wissen. 


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Vereinsnachrichten. 


341 


Dr.  Polascbek:  Es  Ueffen  nnnmebr  drei  Anträge  vor;  der  weitest- 
^hende  ist  der  Antrag  Prof.  TJ^tyanowics,  der  auf  Beseitigung  der 
Claraenkataloge  and  Rttckkebr  zur  alten  Praxit  absielt,  der  «weite  iet  der 
-des  Bericbterstatter»,  zn  welcbein  ab  dritter  der  Znaatatantrag  Dr.  Perk- 

niann  vorlie<^t:  ^Ks  emheint  wunt^chenswertt  daes  im  Sinne  der  Weisungen 
für  dns  b^chluasurtheil  über  die  SchüIerleiRtungen  nicht  nur  die  ini  Kataloge 
eingetraponfn  Noten,  sondern  der  riesanimtnindrnck  maßgebend  sei." 

NaclMlriii  Prof-  Üst  Viinow  ic/  winen  Antrat,'  an^  d  -n  von  l>r.  Pola- 
re Ix- k  und  l»r.  Spitzer  an'^jot'iihrtf'n  (Iri'mcU'n  zurück^'«  /  »k'<"u,  wird  der 
Antrug  Dr.  Spitzer  luit  deiu  Zu.»  at  zun  trage  Dr.  Perkniann  einstimmig 
angenommen. 

Da  snm  3.  Punkte  der  Tageeordnang  (Anträge  and  Anfragen  der 
Mitglieder)  niemand  das  Wort  ergreift,  schreitet  der  Vortitsende  mm 

Schlüsse  der  Sitzung,  zugleich  der  letzton  im  Vereinsjabre.  Er  wirft  einen 
Blick  auf  divs  abgelaufene  Vereins^jahr,  dankt  den  Mitgliedern  für  ihre 
rege  Betheiligung  an  den  Arl>eiten  des  Vereines  und  bittet  sie,  auch 
fernerhin  den>  Vereine  an  ihren  wissenRchaftlichen  Forschungen  uad 
pädagogi-<(  In-n  Krtahrun<,'t'n  Antheil  zu  gewiihrrn,  damit  der  Verein  bleibe, 
wa-s  er  bi^ihtr  gewesea,  ein  getreues  Abbiki  des  gesammten  Mittelschul- 
lehrütandes  in  der  Bukowina,  in  dem  es  keinen  Untei-schied  der  Nationalität 
nnd  Confession  gebe.  (Bei&ll.)  Mit  dem  Wnnsche:  Fr^thlicbe  Ferien!  gieng 
^ie  Versammlung  auseinander. 


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t 


Literarische  Rundschau. 


Freytags  Sammlung  französischer  und  engiiscber  Schriftsteller. 
Störte»  flrom  JBngltsh  History,    Herausgegeben  von  3.  Babe.  — 

A.  Trollope,  Drei  Erzählungen.  Herausgeben  von  L>r.  J.  Ellinger.  — 
Mrs.  Craik,  Carlo  Mimii,  Uemasgegeben  von  Gr.  Opitz.  —  Wieo  und  Frag, 

F.  Tempaky,  1897/98. 

Das  erste  dieser  Bündchen  gibt  in  30  kurzen  Capiteln,  die  den 
Wr  1,  n  von  Freeman.  («reen,  Church  n.  a.  entnoutmen  sind,  einfach 
und  klar  entworfene  Bilder  d^r  wichtip;t»^n  Epochen  und  der  entscheiden* 
den  Wendepunkte  der  englischen  (ieschiehte.  Iti  Aijbilduugeu,  zumeist 
gelungene  Portraits  von  Herrschern  und  nationalen  GrtVßen  (die  vielleicht 
not  Ii  dui(h  das  eine  oder  andere  Bild,  etwa  von  Crom  well,  Xtl-on  etc. 
vermehrt  werden  könnten)  und  Ansichten  historisch  bedeutender  Ürtlich- 
keiten  und  (lebäude  illustrieren  den  Text  und  die  Anmerkunj^en.  Drei 
Kftrtchen  orientieren  über  die  Toposjranhie.  Eine  (leider  niciit  englisch 
geschriebene)  Einleitung  gibt  einen  überi«lii  k  üImm-  die  Entwicklungsphasen 
des  britischen  Reiches  und  bildet  so  den  verbindenden  Text  zu  den  loüe 
aneinander  gereihten  Oeschichtsbildern. 

Die  Anmerkungen  sind  nach  Capiteln  gesondert.  In  jcdt  in  f'ij.it,  ! 
bringt  der  Herausgebf-r  zuerst  die  Aussprache  der  darin  vorkommenden 
Eigennamen  und.  wtiin  uuthi^'.  die  Stammtafeln  der  Dyna.stien.  Die  Be- 
merkun;.,'(Mi  zum  Text  machen  den  Eindruck  der  Fidle  bei  weiser  Spai'sam- 
keit  im  Ausdruck.  Pas  r;inc«a7-  hat  .iiif  z.ihlr'Mclif  Sfii  Ii|.roben  kaum  ver- 
sagt, ausgestattet,  iiildet  diis  Bündchen,  trot/deiu  es  nur  Auäschuitte 
ans  der  englischen  Geschichte  geben  will,  ein  wohlgernndetes  Ganzes  und 
übermittelt  in  leichtfasslicher.  ansprechender  Form  jene  populiii-sten 
historischen  Kenntnisse,  die  jedes  englische  Buch  bei  seinem  Leser 
voraussetzt. 

Die  *Dre»  Erzlihhinpen*  aus  Trollope' s  Taleif  of  All  Counfriex  sind 
vom  HoninsifTeber  sorgfäHii,»'  nnspewälilt.  mit  ausreichend»'!!  bio;.'r.i]']iisi  hen 
Nachrichten  über  den  Autor  eingeleitet,  vortredüch  commentiert  und  mit 
einem  fast  einwandfreien  Glossar  versehen.   Sie  sind  recht  gnte  Beispiele 

für  Trollopes  schlichten,  trenhtMy.i^'en  Kr/nlslerton ,  der  doch  manchmal 
der  «satirischen  '^']iit/CTi  nicht  eiitlM'hrt,  und  lu-si'n  lM'(]arioi*ii.  da*'*  (\<'V  einst 
so  belielite  Autor  allmählich  iiinter  ileu  Aleistern  der  oiv-ählendeu  Prosa 
xarficktritt. 

r>ie  beidoii  r-rst.-'n  rie-'^  hicliten ,  Cfnrqf  Walker  <tf  ■'^iff-  nnd  77/e 
O'Conors  of  Castle  Conorf  sind  von  einem  hübschen,  leichten  Humor 
erfttllt  und  charakterineren  Oberaus  glücklich  den  Dflnkel  des  Londoner 
Citymenschen  und  die  rauhe  Jägernatur  des  gastlichen  irischen  Laudedel- 
manns.  Die  letzte  Erzählnn^^,  Rpfurning  Home,  sticht  in  ihrem  tr:iiri««  hen 
Emst  lebhaft  von  den  beiden  andern  ab.  Sie  gibt  ein  Bild  der  Kiinipfe 
und  Gefahren,  denen  sich  die  Pionniere  der  englischen  Colonisation  mit 
80  viel  Math  und  ScH'-f verlfMi^jmiiiLr  unterziehen,  und  zei;:t.  wir'  di^  nncro- 
faenren  colonialen  Erfolge  der  Nation  nicht  selten  mit  herben  persönlichen 
Verlusten  und  blutigen  Thraueu  erkauft  werden  mössen. 

Auch  bei  dieser  Ausgabe  sind  die  Anmerkungen  lobend  zu  erwähnen; 
nachahmenswert  i-t  der  Vorgang:.  Kiliut»  rungen  von  R'^nli-Mi  womöglich 
in  englischer  Sprache  (,wie  hier  nach  Webst^n  zu  geben.  Die  eingestreuten 


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Literariache  KunU^chau. 


343 


1>raci?!en  syntaktischen  Benjerkiin<fen  sind  gründlichen  Lehern  gewi^->  will- 
commen  und  zoigen.  dass  d^r  St^mdpunkt,  die  Anmerkniigen  von  Grammatik 
völliir  fV'  i/iili.ittfii.  nicht  der  rin/ii,'  vfi-fcrlithMr»'  ivt. 

Die  im  tülgenden  angotiihrten  Kinzeiheiten  wollen  nur  bencheidenö 
Vorecbläge  für  eine  npätere  Auflage  sein.  82,  20  not  largfly  made  verlangt 
eine  Glwsierung;  in  33,  31  he  left  me  to  write  lie^'t  kaum  eine  Auf- 
forderung: 34.  14  y  iL'as  rery  pnrticular  in  underscoring  scheint  mir  mit 
,ich  dachte  ganz  besionders  daran  zu  unterstreiehen"  etwas  umständlich 
fibereetst,  «ich  nnteratrich  ganz  besonders*  würde  genügen:  bei  34.  '.^7  the 
most  nj)pr'n'i'if  prai^sr  rrluch  .  .  .  wäre  :iuf  don  syntaktischen  Vetstoß 
autmerksum  zu  machen;  tfifh  'glatt,  fließend  genügt  nicht  zur  Wiedergäbe 
vön  *In  ienr  said  /,  qiihly.  35.  30;  für  52,  \t  [ht  has  got  .  .  .]  «one 
ofhers  left  fehlt  im  (llossar  die  Bedeutung  „übriff";  die  Anmerkung  zu 
55,  3  {war  =  was)  wäre  «chon  bei  53.  au  machen;  4ö,  29  ochone  ver- 
mi.s.Ht  man  die  .Au'isprachebezeichaung. 

Druckfehler  fielen  mir  auf  16,  1  consideralfiß  (statt  «),  51,  25  thö 
und  67.  !5  hat 

In  Cola  Alonti  erzählt  Mra.  Craik  die  Oe.*obichte  eines  italieniachen 
Knaben,  der  in  einer  englischen  Schule  erlogen  wird,  anfänglich  mit  dem 
Vonirtheil  der  Kameraden  und  seinem  eigenen  leidenschaftlichen  Tempe- 
rament zu  kämpfen  hat,  aber  s(bli^«fdifh  sich  IndiMirschen  lernt  utid  die 
Zuneigung  ««einer  Umgebung  g(?winnt.  Kin  Ziiiall  enihüllL  jw  in  Maltfrtaient. 
Er  geht  nach  London  and  hat  nach  langem  Ringen  nnd  Entbehren  die 
(f(  nnr::thuung,  sein  erstes  Bild  in  die  Ausstellung  der  Academj  auf- 
genommen y.n  sehen. 

Das  (ian/f*  ist  eine  etwas  tantenhafte  NRchnbmung  berühmter 
englischer  Schulgeschichten,  derZweik.iiii]>f  zwischen  M'Kaye  und  Woodhouse 
ein  niatfrr  A'.]J;if<'  h  d>  r  Si  f»ne  zwis.  h-n  (  uff  und  Dobbin  in  Vonify  luür. 
Immerbin  kann  man  Jjchniern  eujptenlen,  aus  dem  Buche  etwa«  über 
englisches  Schulleben  zu  erfahren  nnd  die  get^unde  Lebens*  und  Welt- 
anschauung, die  sich  darin  aiisspricht,  auf  sich  wirken  zu  hv^>t  ti 

Die  .\nmorkungen  sind  im  allgomciuen  »orglVihig  und  klar  ;,"  hi.sst, 
die  Realien  gut  interpretiert.  Hie  und  da  werden  schwierigeie  oder 
idiomatische  Stellen,  in  der  Hegel  zutreflend.  übersetzt.  Ausnnhmen  finde 
ich  imr  :in  zwei  Stellen,  wo  der  Herau8l^eber  kühne  nbor  Aus- 
drücke ujetaphoriiich  fjus«t  und  ihnen  einen  wohl  verwandten,  aber  nicht 
den  l^bsichtigten  Sinn  unterlegt.  Bo  ist  37,  10  Hi»  .  .  ejfes  ttefmed 
fdirly  (hmciiiff  hi  his  head  wiiklich  gemeint:  „Die  Augen  schienen  il.m 
im  Kopf  zu  tanzen  {niclit  zu  funkeln t"  und  G2,  21  Siynnr  del  Monti; 
yniL  ihusit  alfow  me  h)  i-f/'resh  iny  tonynf  by  the  lonff-dtsusttd  Italian 
will  der  Engländer  wirklich  Migen,  d:iss  ihm  die  weich-  it  il ionische  Arti- 
culation  ilic  Zum:'-  <  rfri>che  ijürht  ..nhr  erquicke"»  d.  h.  dass  er  das 

Ualieni.sche  selOst  gern  spreche  nicht  Idob  höre. 

Die  Anmerkungen  könnten  übrigens  ohne  Schaden  vennehrt  werden, 
da  ja  die^e  .Ausgaben  nicht  allein  für  die  Schullectüre  bcstinnut  sind, 
{•ondern  auch  die  Privatlectüre  des  SchülHrü  anbahnen  und  fiirdern  .sollen. 
An  manchen  Stellen  dürfte  der  Jugendliche  Leser  sich  Vergehens  nach 
Hilfe  uuisehen.  So  hält  Referent  eine  Erklärung  der  folgenden  Stellen  für 
nöthig:  6,  3'i  [hc'  fonkt  il  irlnif  lir  t/vj.v  —  n  jhif  f)nftf  fad;  S.  15  die  Phnise 
to  aet  me  to  rights  agnin;  S,  l'J  to  be  made  a  ^uol  of;  37,  21  Gttd  will 
be  9ure  to  $end\  45  die  Capitetüberschrift  Befftnning  the  World;  53,  2 
eomehntr  ornther:  69,  82  he.  had  n  heap  of  th^m  (sketches)  on  his  hands; 
70.  10  he  nf  the  nire.  gotnl^  ^lyty  fnce.  Auch  wiivp  liie  tind  da  eine  gram- 
uiaii.«cfie  Ben»erkung  wohl  angebracht.  et\v;t:  1'/.  27  tlie.  youiifi  ftock 
were  ranged;  89,  9  money  whieh  neither  of  u<t  hare  got;  in  der  An- 
merkung zu  44,  10  wäre  des  synonymen  by  au  gedenken,  das  8$,  26  vor» 
kommt. 

Auch  dHS  Olossnr  würe  mancher  Besserung  fähig:  11,  7  he  alwaya 
do^s  his  h'ttefft  qttickly  das  (Uo^sar  gibt  nur  letter  =  linchstabe.  Brief'; 
zu  ix.  l**  n  s'ifi^ress  o)i  sufffVoiwe  findet  man  nur  siiff'eynvce  -  Leiden, 
Schmerz;  f>ir  iquable,  2ü,  2U  tritlt  die  Uedeutung  „gleichmübig"  nicht  zu; 


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344 


Literariücbe  Kundschau. 


28,  8  sinqle-viinded .  inihmiitahle  pefuntTanßt  heißt  sitifilc-minded 
wf'lor  ^redlich"  iioi-h  _arglo-".  sondern  „gerade  nnf  s.-iii  Ziel  lixgtditMul 
(Flügel  II,  1290''  oben)",  ziclbewusat;  für  the  best- lern inied  hoy  in  the 
sehool  29.  23  findet  man  im  Gloassr  nur  tempered  ge<<tiinuit,  gelaunt; 
sueeeed  erscheint  im  Glomr  nur  unter  der  Bedeutung  „^^elingen,  glücken** 
—  wie  übersetzt  »Uinn  der  Schüler  34,  10  fliP  )v.<^^'^•(^^/^•^<f '.StärkungsniittoD 
ifucceededt  —  humihux  51,  7  fehlt  im  Glostau.  Nüihdeni  Ö7,  27  gesagt 
worden  ist,  nwn  stelle  sieh  einen  Kunstjfinger  wifh  long  hair  and  mmed 
down  cof/ars  vor.  iit  jfW  ts  «^s'  i  von  <*<'!. i  Monti:  G o od  ■  Jonking  young 
ma»t  äark  ÄaiV,  dose  and  cuiiy  .  .  .  Der  Schüler  liudet  unter  dose:  eog» 
genau,  streng,  eingeen^^t,  drfickend,  aber  nicht  das  hier  gemeinte  cii>te 
eut  hair  kurz  geschnitten;  26,  4  the  wU  of  the  school  ist  nicht  «Witt* 
bold,  Sj»aesm!u  lier''  f-^  fraf!\  sondern:  witziger  Konf. 

Drucktehler  sind  zu  berichtigen:  4.  8  Alle,  20,  18  afta^noon^  23,  23 
Btudy,  fcdmgit^  27. 8  twülighi,  2b,  5  fehlt  die  Zeilensählung,  80,  4  fonndn 
51.  1  jüumejf'»^  67,  10  merriiy,  77,  29  weil -night ^  pieee  Anmerkung 
zu  91,  20. 

Görz.    Dr.  Arthur  Urandeis. 

B  u  d  o  1  f  L  e  h  tu  H  n  n :  Der  Deutsche  Unterricht.  Kine  Methodik  fttr  höhere 

I.t'liiaiistalt'i)  Zweite,  durchgesehene  und  erweiterte  A  T*"!nf;o  XIX 
und  4tiÖ  ^6.  itebunden  9  Mark.  Herlin,  Weidiuann'sche  Buclihaiidluug. 

Dieses  für  die  Methodik  des  deutscheu  Unterrichtes  vielfach  grund- 
legende Bnch.  das  im  Jahre  1890  znm  erstennuile  herausgegeben  wnrde, 
hüt  >i<  Ii  i  a-<  Ii  all'^^i-inf'ines  Ansehen  erworben.  Die  2.  Auflni,'*^  \^\.  •jr^'t'nüber 
der  trüberen  durch  Zusätze  erweitert.  Dem  Untorrichtsbetriebe  in  den 
unteren  Classen.  dem  Aufsatzwesen ,  dem  nihd.  l'nterrichte  wurden  n.  a. 
solche  Erweiterungen  zutheil.  (iroGentheils  neu  int  auch  das  l^lusswort 
über  die  Stellnni,''  dos  deutschen  Unterrichtes  im  Lehi  jilanp  unserer  höheren 
Schulen.  Mit  Kecht  erklärt  der  verdiente  Verfastter  au.sdrücklich,  da*»  es 
nicht  in  setnem  Plane  lag,  das  Buch  etwa  nach  den  bisher  erschienenen 
uiutlichen  Lehrplänen  voll<fändig  umzuarbeiten.  Dies  würde  /n  rinom 
Autgeben  der  perwnlichen  Üb<'rzeugungen  des  Autors,  zu  gewis-sen  Ein- 
seitigkeiten geführt  und  diis  Werk  zu  einer  bloßen  Erläuterungsschrift 
herabgedrückt  haben.  Dn^s  es  auch  un.seren  heimischen  Bestrebungen  (be- 
sonders' auf  df tn  fiphiete  der  Pro]iäd»Mif ik'f  ^ferecht  wird,  nrag  obt'Jifall<5 
aU  ertreuiichea  Moment  hervorgehoben  werden.  So  wöge  denn  das  Buch 
nach  wie  vor  dem  angehenden  Lehrer  ein  treuer  Rathgeber  und  Weg« 
weiter,  dem  erfahrenen  ein  aufmunternder,  sur  Besonnenheit  und  Kritik 
mabneoder  i«'reuud  sein. 

FFOytftgS  Schulausgaben.  Shakespeare,  König  Lear.  Herausgegeben 
von  Dr.  Ernst  Kegel.  Geb.  70  Pf.  127  SS.  Leipzig,  G.  Freytsig.  1898. 

Mit  Kecht  haben  die  Freyta^Vichen  „Schulau-sgaben"  auch  Shakespeare 
in  ihr  Programm  aufgenommen,  denn  der  Deutsch-Unterricht  in  Vll  uud 
VIII  erfordert  wiederholt  Kücksi«  hhiahme  and  Verweisung  auf  den  groGen 
Briten.  I  n*!  je  wi-nii;!  r  leider  (Jic  Zfit  ^'tst.ittft .  in  nn^frcn  Uyinnasien 
selbst  auf  diese  Dramen  emzugehen,  desto  wünschenswerter  ist  es,  die 
^Studierenden  auf  so  sorgfUltig  gearbeitete  Schulausgaben  zur  Erweiterung 
und  Erleichterung  der  Privat lectüre  verweisen  zu  können.  All  dies  gilt 
auch  von  dieser  neuestt^n  Kr.scheinunsr.  dorn  König  Lear.  DIp  .Ausgjibe  geht 
im  allgemeinen  zurück  autden  Text  der  deut>i.hen.Sli.-Gesellschall,  gediegene 
Hitismittel  wurden  bei  der  Einleitung  und  bei  den  Anmerkungen  benützt. 
Letztere  gehen  nicht  liber  elementare  HedürfniH.-«e  hinaus,  eher  kdnnte 
dies  von  den  ersten  zwei  Seiten  der  Einleitung  behauptet  werden. 

G.  T.schache:  Themata  ZU  deutschen  Aufsätzen  in  Dispositionen  und 
.\u.'«ifiihrungen.  Für  oImm--»  <"|:iK«;,>n  hr.herer  Lehran.'^talten.  N»'l>st  ITÖ 
t  bungsaufguben  aus  S(  lmi]trograninien.  5.  Auflage.  Preis  M.  2  70.  VIll 
und  216  8§.  Breslau  1Ö97.  J.  U.  Kerns  Verlag  (Mai  Maller). 


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Uteriiruche  liundschau. 


345 


Der  iinf  dem  Gel)iete  der  AuisaUliteratur  bekannte  Verfa.*iser  hat 
biet  eines  seiner  verbreitet«!!  Bücher  in  5.  Auflage  herausgegeben.  Au«p 
w.ihl  niKi  A  iiordrurng  der  165  Thomon  «ind  im  wesentlichen  gleich  ;7e- 
blieben,  neu  !«ind  die  oben  erwähnten  Programoa-Thenmta.  Viele  Wissens- 
gebiete  andDarstellungsformeti  nnd  rerireten.  literarische  and  philosophische 
Thecitn  11  her  wiegen.  D<'i  lebendigen  GiMfonwart  entstammende  Aufgaben 
sind  nur  spürürh  vertreten.  Manche  Austuhrung  lehnt  «ich  an  eine  aus- 
drücklich geiiiiunte  Quelle  an.  In  der  Behandlungswei.se  ist  wenig  Charak- 
teristisches 7A\  bemerken,  die  Sprache  int  den  stoftlich  verschiedenen 
Themen  mö^^Iicli-t  .mcopnsst .  mehrfarh  wohl  absichtlich  ^'edrän^'t.  Der 
Öelbätthätigkeit  des  bchüiers  scheint  im  allgemeinen  zu  wenig  zugemuthet 
«u  werden,  auch  ftethi  manches  Thema  augenscheinlich  Aber  den  Ideen- 
und  Erfahrungskrein  der  Jugend  hinaua.  Endlich  sei  noch  bemerkt,  dass 
das  Buch  in  jeder  Beziehung  einen  streng  norddeutschen  Charakter  trägt. 

Heinrich  Herb:  Mein  Vaterland,  mein  Österreich.  Sammlung'  öster- 
reichisch-patriotischer  C'Itiitt'  und  Dichtungen.  154  Seiten.  ßO  kreuzer. 
Wien  1898.  Vrrhi-  von  LenpoM  VV'eiß. 

Zu  den  patriotischen  Üpenden.  die  dun  Jubiläumsjahr  bnichte,  ge- 
hört auch  vorliegende  Sammlung.  Es  kann  nicht  geleugnet  werden,  dass 
viel  Schnnes.  'Wiirdi^^'t's  in  dieser  Arilin »l(i;^'i<'  vcrt'iniirt  i>f  uiul  d;i>-s  die 
edle  Tendenz  auch  den  Wert  der  kleinsten  liabe  erhöht.  (Ueichwohl  hätt« 
der  Herausgeber  eine  größere  Sichtung  TOmehmen  kGnnen ,  da  bei  Weg- 
fall  des  Unbedeutenden  die  Perlen  mit  umso  grdßerem  Glänze  hervorge» 
treten  wären.  Auch  die  Anordnung  ist  nicht  einwandfrei,  l^'ie  drei 
Oiu|men  (1.  Herrscher  und  Land;  II.  Krieg,  Kuhm  und  Tapferkeit; 
III.  Friede  und  Segen)  und  die  rein  »Iphabetische  Reihenfolge  innerhalb 
jcrlcr  rirnpjif  vereinigten  inhaltlich  und  zeitlich  oft  recht  het 'ro;,»^ene 
Dichtungen,  abgesehen  von  dem  Übelstande,  dais  da.sselbe  Gedicht  ja  Ge- 
danken aller  drei  Kategorien  enthalten  kann.  Die  ^Anmerkungen"  wüiii»chte 
ich  reichlicher.  S.  92»  Z.  1  r.  o.  ist  ein  Druckfehler  zu  berichtigen. 

Wien.    Dr.  Rudolf  Ufkner. 


Prot.  A.  Micha! itschkc:  Eine  Dreitheilung  des  Winkels*  (Separat- 
abdruck aus  „Techni!#che  Blätter",  1897,  III.) 

Die  Arbeit  liefert  einen  interessanten  Beitmg  tn  diesem  Probleme, 

welches  den  menschlichen  Geist  schon  seit  den  ältesten  Zeiten  bes«;häftigt. 
Da  eine  Lösung  der  Aufgabe  nur  mit  Zirkel  und  Lineal  brkanntlich  aus- 
ge.schlossen  ist,  muss  muu  schon  von  einer  eleganten  lUin  htTdiruug  der- 
selben sprechen,  w^nn  sie  mit  Hilf.-  .'incr  Ciu  vt'  gelingt,  'l  r*  n  Punkte 
sich  in  einfacher  Weise  geotnetri>c!i .  iils  Si  lmitt»*  gerader  Linien  mit 
Dreisen,  ergeben.  Dieser  Forderung  w«rd  der  vorliegende  Aufsatz  in  voUem 
Maße  gerecht,  indem  hei  der  Oonstruction  eine  höchst  einlach  zu  zeichnende 
Piuscarsche  Curve  in  Verwendung  kommt,  mit  welchen  < Gebilden  nich  der 
Verfa-sser  eingehend  bei  einer  früheren  Geleprenheit  (T.  Rl.  1*^96.  Michalit«^chke: 
Paijcar.sche  Curven  »U  Bahncurveu  und  als  Hodograptieri  erster  und  zweiter 
Ordnung I  beschäftigt  hatte. 

Da  s'ch  eine  Constru(  fion  nicht  mehr  wesentlich  von  den  iU>li' hen 
geometrischen  Cont»tructiouen  unterscheidet,  wenn  man  i\x  ihrer  Durch- 
fQhrunff  ein  eigenes  mechanisches  Hilfsmittel  angeben  liann.  so  beschreibt 
der  Verfiisser  mehrere  einfache  Vorriehtnngen ,  mechanische  Dreitheiler, 
welche  in  bequemer  Form  die  Theorie  in  Praxis  umsetzen. 

Prag.    Dr.  J'itsdt. 


Hans  Sommert:  OpuiidzOge  der  deutschen  Poetik  für  den  Sehul- 
und  Selbstunterrieht.  6.  Auflage.  Wien  1898.  Verlag  von  Hermann 

und  Altniann. 

Der  vorliegende  gediegene  Lehrl»ehelf,  welcher  vornehmlich  den  Be- 
dürfnissen der  Lehrerbildungsanstalten  angepaüst  ist.  erscheint  hier  in 


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346 


Literarische  Kitndschaa. 


sechster  Auflf^je.  Es  ist  dem  Vertasser  gelungen,  das  Büchlein  durch  fort- 
gesetste  Verbmening«ii  cind  Ergftnsnnireti  sn  einer  tauglichen  Vorschule 

für  ein  einziehendes  Studium  der  deutschten  Dichtkunst  /n  pestiilten.  Der 
Beweis  für  die  Brauchbarkeit  desselben  ist  längst  erbracht,  und  es  erscheint 
die  Hoffnung  berechtigt:  das  Werkchen  werde  nicht  bloß  den  eroberte» 
Boden  behaupten,  sondern  auch  »einen  Wirkungskreis  erweitern 

Form.  Ausstattung.  Druck  mi'!  Preis  {geb.  1  t1  )  entsprochen  voll- 
kommen, im  einzelnen  i^t  Folgendes  zu  bemerken:  Die  Einleitung  —  ein 
keineswegs  leichtes  Ckpitel  —  enthält  sehr  instractive  und  doch  angenehm 
zu  lesciidr  „Erörterungen",  wodurch  der  Schüler  über  den  Bei^riH"  uii  l  <1 1-* 
Wesen  der  Po('sie  belehrt  und  mit  «iehtigen  ästhetischen  Grundgesetzen 
bekannt  geu»atht  wii-d.  Das  Mateiiüi,  welches  ich  seinerzeit  als  junger 
Lehrer  auit  umfangreichen  Werken  för  den  ünterrichtszweck  mühsam  herbei- 
schafi'en  inus<?te,  liegt  nun  n]^  c^omünzto-?  Gold  in  d^r  Ilaiiil  de.-  Schülers. 
Möchte  er  es  doch  nutzen  I  Poetische  c'itate  bilden  eine  angenehme  Zu- 
gabe und  willkommene  Abwechslung. 

Leicht  fa.s»lieh  und  ffiinz  entsprechend  ist  auch  der  Abschnitt  über 
die  Lehre  vom  Vors-.  Strophcnbau  und  vom  Rtntno.  Per  Verfa-^er  hat 
mit  Recht  mei^t  luu  sulciie  Beispiele  gewählt,  die  -ich  in  den  gebräuch- 
lichen Lerebüchern  vorfinden,  oder  dem  Schüler  aus  der  PrivatlectQre 
i>fk;innt  sein  sollten.  .Xna^'f-nehin  hat  mich  lici-ilhrt,  dass  nn  .\nbfini2r(» 
nur  einige  Tropen  und  Figuren  aufgenommen  worden  sind,  weil  seit  deut 
Erscheinen  TOn  Gerbers  Buche  »Die  Sprache  als  Kunst"  die^r  Tbeil  der 
Poetik,  wie  mich  dünkt,  hie  und  da  mit  allsu  peinlicher  Ornndlichkeit 
betiichon  7.n  werden  iiflo^^'^t»*. 

Mit  der  liinthtilung  iler  poetischen  Erzeugnisse  in  vier  Gattungen 
bin  ich  ganz  einverstanden,  denn  die  Ausschaltuns  der  Didaktik  und  Kin- 
reihung  ihrer  Arten  je  nach  iiin-r  Natur  in  die  Epi':  l'-r  Lyrik  iMwcivf. 
sich  beim  praktischen  Inturhchte,  wie  vielfnch  zugeütauden  wird,  mitunter 
recht  missfich.  Nur  h&tte  xeh  es  Mme  gesehen,  wenn  die  Fabel,  ParabeU 
Allegorie  und  Paramythie  thatriLchlich  2ur  didaktischen,  nicht  zur  epischen 
Poesie  geschlagen  worden  war»».  —  Die  an  passpndnn  Stf^Uen  eingefügten 
schematischen  Übersichtstabelien  der  Strophentormen  und  poetischen 
Gattungen  »ind  im  ganzen  brauchbar,  weniger  allerdings  die  Viehoff*sche 
Eintlicilung  der  Poesie  (S.  HG).  —  Di*'  Lit»'ratnr  der  Sagen!«-animlt;ng"on 
könnte  betrachtlich  eingeschränkt  werden;  dagegen  vermisse  ich  die  genaue 
Anführung  der  sch5nsten  biblischen  Parabeln.  Anderseits  hat  es  mich 
üljerraacht,  den  ^.Zauberlehrling"  unter  den  Parabeln  zu  finden,  während 
dasselbe  Gedieht  8.  99  den  Balladen  zugezählt  wird.  (  berhaupt  sind  einige 
Literaturbelege  insbesondere  im  Capitel  Roman  und  Novelle  nach  meinem 
DafQrhalten  nicht  immer  ganz  zutreffend ;  den  Verfasser  dürften  jedoch,  wie  ich 
vermuthn.  bei  der  .Auswahl  Krwägungen  erziehlicher  Natur  fj' loitr-t  habini. 
—  Ferner  hätte  ich  gewünscht,  dms  das  Wesen  der  Komanze  und  Ballade 
ändert«,  nämlich  durch  ein»'  ^^enane  Distinction  beider  Begrift'e  verdeutlicht 
worden  warn,  in  der  Weise  etwa,  wie  dies  Adolf  Hechelmann  in  einem 
älter»'n  ahrr  ^iratichharcn  l'rii<^ratnmaiifsat7e  angedeutet  hat  '.fahn»shf»richt 
den  Gymnasiums  zu  War  bürg  IbTö  und  1H79).  —  Einen  besonders  wertvollen 
Abschnitt  bilden  die  Erörterungen  Ober  die  dramatische  Poesie.  Der  Ver- 
fa^-cr  h.if  den  Schlüssel  iur  das  Verstiimlnis  des  Dramjus,  nämlich  den 
Autüau  der  Handlung,  die  aristotelische  zjz-olz:-:  tJjv  rp'xYjiäuuv,  an  Schiller* 
„Wilhelm  'relP  veranschaulicht.  Es  wfirde  sich  jedoch  empfehlen,  in  der 
nächsten  Auflage  außerdem  noch  die  Hauptpunkte  des  dramatischen  Auf- 
barifs  in  anderen  an  unseren  Schulen  gelesenen  Stücken  ganz  kurz  an- 
zumerken, ü.  Unbescheid,  „Beitrag  zur  Behandlung  der  dramatischetk 
Lectfire",  gibt  in  dieser  Hinsicht,  wie  bekannt,  die  trefflichsten  Winke. 

Ich  n<'!iiiit'  keinen  .\nstand.  Sommert«  I'oetik  auch  als  Hilfsbuch  für 
üymnasiiusten  und  Realschüler  b('st«»ns  zu  empfehlen,  weil  es  strebsame- 
Schüler  zur  Leetüre  der  schönen  Literatur  aurn^t.  insbesondere  aber  weil 
es  get'ignet  scheint,  bei  der  jetzigen  Schiilergeneration  die  Leeefreude  — 
ich  meine  die  Freude  an  den  Werken  unserer  Classiker wiederzubeleben. 

Wien.  B.  Dundatsxk, 


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Literarische  Rundschau.  347 

Dr.  Hugo  Kenkner:  Arithmetische  Aufgaben.  Ausgabe  D  Vor- 
nehmlich für  den  Gebrauch  in  Öda^sigen  höheren  untl  mittleren  Lehr- 
austalten  sowie  in  Semin.aren  und  gewerblichen  F.i«  h>ehulen.  ver- 
besserte Autlage.    Otto  Salle.  H^rlin  18'J8.  S.    1  .M.  60  J'f. 

Das  vorliegende  Burh.  AiX<  zugleich  l.ehrhuch  und  Aufg^iibensiimmlung 
ist»  umfas^it  das  Rechneu  tuil  absoluten  ganzen  und  imt  algebraischea 
Zahlen,  die  allgemeinen  Eigenschulten  der  Zahlen  bezüglich  ihrer  Pactoren, 
da?  Kechnen  mit  l.ro'^liorn'ii  /ahlcn.  .-infache  lineare  Gleichungen  mit 
einer  Unbekannten  und  l'roportionen,  Potenzen  and  Wurzeln,  Gleichungen 
des  ersten  und  de«  «weiten  Grades  mit  einer  und  mehreren  UnlMkannten. 
Logarithmen,  arithmetische  und  geometrische  Reiben  und  endlich  Zinses- 
xins-  und  Rentenrechnungen. 

\\m  bei  Durchsicht  dieses  Buches  zunächst  vortheil haft  in  die  .Xugen 
springt,  ist  die  übersichtliche.  pla.stische  Anordnung  des  Lehr-  und  übun^ 
Stoffes,  welch?^  nino  ra.-clu'  Oi  ifiiti>>i  uni,''  Itpiiu  ru-briun-hf  des  Biii  Ii.'-  -t- 
uiögitcbt  und  daher  als  ein  bedeutender  Vorzug  desselben  bezeichnet  werden 
mu«s.  Der  Übnngsstoff  ist  ein  reichhaltiger  und  greift  die  Anff^aben  xum 
großen  Theile  ans  verschiedenen  Gebieten  der  Geometrie.  Physik  und 
Chemie  heraus,  wodurch  sich  da^  liuch,  wie  der  Verra««!er  selbst  bemerkt, 
als  ein  Beitrag  zur  Concentralioa  des  Unterrichtes  dai'stellt.  Es 
ist  zweifellos,  dass  Aufsahen  der  angedeuteten  Art  das  Interciue  der  Scbttler 
lebhitf't  arHT'ijnn  nnd  dass  ^1."  Vn-i  rirliti^'fr  Verwendung  auch  zur  Unter» 
Stützung  der  anderen  Unterrichte  beitragen. 

Tn  dem  eigentlichen  Lehrtexte  geht  der  Verfiksser  bei  Entwicklung 
der  liegein  von  besonderen  Zahlen  aus  und  tiberträgt  die  so  gewonnenen 
Sätze  dann  auch  auf  allgemeine  Zahlen  —  ein  Vorgang,  der  wohl  keinen 
„Beweis",  f^ontiern  nur  eine  Krläuterung  darstellt,  der  aber  mit  Hinsicht 
auf  die  BeRÜmmung  des  Buches  gebilligt  werden  kann.  Auffallend  iHt  es. 
<la>-  der  l't'i,'ritr  ^^'ieichnaniige  Zahlen"  vermieden  und  die  Addition  und 
fcubtraction  solcher  Zahlen  durch  „Absondern  des  gemeinsamen  Ftvciors'' 
erklärt  wird.  Da  doch  dem  Schüler  diis  Rechnen  mit  benannten  Zahlen 
(*.  B.  5  fl.  +  7  fl.  —  8  fl.  oder  8  w  -\-  Um  —  \)  m  etc  )  gellm!  -  <ein 
muss.  so  wäre  es  einfacher,  sinngettiäPtn  und  vor  allem  der  «[illt"  it-n  Dm.  Vi- 
führung  Ssolcher  Rechnungen  eutaprechender,  wenn  man  von  vorneherem 
die  Hegel  fHr  die  Addition  und  i^ubtraction  gleichnamiger  Zahlen  in  der 
üblicl:t'ii  Fnrni  riiif>t'"'|]tr'. 

Der  .Ausdruck  „Kl.  gem.  Dividend"  scheint  uhr  dus  Wesen  der 
Sache  weniger  scharf  zu  bezeichnen  als  die  Bezeichnung  „Kl.  gem.  Viel- 
faches", für  welche  er  gewählt  ist. 

Bei  der  Mnltiidic  ation  und  Division  der  Hrurli«'  wird  ztierr-t  die  be- 
treffende Uperaiiou  zwischen  zwei  Brüchen,  dann  erst  (als  besonderer 
Fall)  zwischen  einem  Bruche  und  einer  ganzen  Zahl  behandelt  —  ein  Vor« 
■A'.w^'j:.  der  gerade  mit  der  in  diesem  Buche  zutage  tretenden  Systematik 
nicht  übereinxtinunt. 

In  den  eisten  Capiteln  der  „Gleichungen"  tritt  eine  zu  weit  gehende 
Zergliederung  des  Stoffes  auf,  z.  B.:  1.  die  l'nbekannte  ist  .Summand  einer 
Summe;  ti.  (lie  Unbekannte  ist  Minuend  einer  Di tf-  if  11/ ;  •?  <!!.>  Unbr^kannte 
ist  Subtrahend  einer  Differenz  u.a.  f.  Die  fiir  jeden  solchen  Fall  zusannnen- 
gestFllten  Beispielgruppen  leiden  infolge  dessen  an  su  großer  Gleich* 
niäßigkeit.  Die  l'roportionen  sind  an  die  einfacheren  Formen  der 
linearen  Gleichungen  angeschlossen,  wofür  sich  manche  gute  Gründe  vor- 
bringen lassen. 

Aus  den  Gleichungen  mit  3  Unbekannten  hat  der  Verfftsier  die  ver- 
fehlten Üeispiele  .'J.  4,  II  und  'J4  der  ersten  .\uflage  ausgemerzt. 

In  den»  Capitel  „Logarithmen"  werden  die  Hauptsätze  eigentlich 
zweimal  nach  einander  entwickelt:  zuerst  fdr  Brigg  r<che.  dann  iftr  be- 
liebitre  I-ogarithmen.  Da  auf  letztere  berechtigterweisM  ohn«dnn  nicht 
näher  eingegangen  wird,  so  wäre  »^s  vortheilhafter,  den  §  M  mit  den  vor- 
hergehenden Paragraphen  zusauiaienzu/.ielu-n. 

Alles  in  all- m  ijenommen,  dürfte  sich  diis  Buch  an  solchen  Lehr- 
anstalten, nach  deren  Lehrplänen  es  eingerichtet  ist,  als  ein  sehr  brauch- 


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348 


Literarische  RuntLschau. 


barer  Uiiterri«ht«belie)f  ffir  Lehrer  und  Sehfller  erweisen.   Et  bietet  aber 

auch  Lehrern  nmlerei  An.-ta!teu  insbesondere  in  den  >()i.'en;inntt'ii  Text- 
unffjfaben  ein  interensante««  und  vielseitige«  Übungsmatenai  und  kann  da- 
her auch  in  dieser  Richtung  ciupfohlen  werden.  Die  äußere  Ausstattuiig 
des  Bliche«  ist  vonQglich,  der  Preis  (1  M.  6d  Pf.)  ein  niedriger.   — a— . 


Abhandlung-en  zur  Oesundheitslehre  der  Seele  und  der  Nerven. 
1.  Arbeit  und  Wille,  ein  Capite)  klinischer  Fsvchoiogie  zur  Grund- 
legung der  Psychohygiene  von  ür.  E.  Hallervorden,  Privatdocent  in 
Königsberg.  Heft  1.  Wiirzburg,  A.  Stuber«  Verlag  (C.  Kabitzsch),  1896. 

Im  ^Pro'iM'ot"  f;n;>t  ib-r  Vprta«'pr:  .Dif'  I^ropchüre  .Arbfit  und  Willf*. 
als  erster  einer  Reihe  noch  folgender  Aulsätze  des  Verfa«8ers,  gilt  der  von 
ihm  auf  klinische  Psychologie,  ulso  auf  Seelenlehre  nach  dem 
Leben  und  für  das  Leben,  zu  begründenden  Seelengo. Wundheit s- 
lehre.  Psychnh ygiene.  Die  seit  vielen  .TihrPii  vorbereitete  Disciplin 
verspricht  einen  ebent^o  tiefgreifenden  Ijnflu&i»  auf  alle  Gebiete  des  Men- 
schenlebens« wie  xio  und  weil  sie  boi  universalster  Auffassung,  auf  den 
Forderungen  der  Sittlichkeit  ful"« ml.  (bis  Stihlium  an»  (iclnhrtenstuben  ins 
Leben  zurückführt  ...  In  der  ersten  Broschüre  ^ibt  der  Verfa«ier  eine 
Einleitung,  respective  Vorstufe  fßr  die  Püychohygiene.  femer  eine  über- 
sieht im  allgemeinen,  er  zeigt  dem  Arzte,  wie  gerade  dieser  sich  zum 
Hyrricnikor  der  Seele  auszubilden  haV>e.  zoi^jt  die  moralische  Basis  und  bietet 
ein  ri('grdninj.  Arbeit  und  Wille  sind  li.uin  moralisch  wie  psychologisch 
die  Angelpunkte  der  langentbebrten  A\'is^i  ii<Lhaft  .  . 

Der  Verfasser  knüpft  an  Kräpelin  (dem  «las  Heft  anrli  gewidmet  i^^t) 
an,  glaubt  aber  ^behaupten  zu  dürfen,  eu  werde  erst  mit  dieser  Arbeit  und 
Ton  mir  die  Psychologie  end^ütig  au«  den  Hörsälen  der  Philosophen,  wie 
au-)  den  Laboratorien  der  Phy^io!ot:fn  hervorgeholt  und  auf  ein  freies 
Gebiet,  d.  h.  i-fbon  geführt,  auf  welchem  dor  Arzt.  d.  h.  der  Psychiater 
sie  allen  Fakultäten  und  psycbologi-schen  Berufen  am  lebenden  normalen 
Uenschen  demonstrieren  und  al^o  wirklich  zur  einheitlichen  Nntsan Wen- 
dung fürs  Leben  hel  l  ichten  kann  .  j.  t/t  1<»  nnr  n  wir  nur  metapbysi.sche 
oder  theorettttche  oder  Laboratorium^p^ychologie,  Gattungspsychologie«  kurz 
Psychologie  der  Seele.  Eine  Psychologie  des  lebenden  Menschen  haben  wir 
nicht...*  Trot«  diest^r  Erklärung  verlangt  der  Verfa.sser:  wird  genaue 
Anfiinnfsp  inclusive  Erblichkeit.  kör])er!i(  iit  r  Znstand.  Stiitns  de«  Koi'lVs.  des 
Merveiisy>teu)s,  der  Psyche  [aho  dociilj  nacii  allen  Kichtungen  aufgenom- 
men .  «Selbstverbtandlich  oind  erkenntnistheoretisehe.  psychologische 
nn<]  indix  iilui-llo  Grenzen  der  Forschung  dabei  gOMUi  lrrt  hervorzuhf  Hen, 
—  Wir  haben  als  (bixi  nsiand  theoretische  und  angewandte  P.xycbologie 
Tereinigt  vor  uns,  vereiuigt  im  und  durch  das  Individuum,  den  einzelnen 
tranzen  .Menschen  und  seine  Seele  [also  doch!]  nach  allen  Besonder- 
heiten ..." 

„Die  ungewandte  Psychologie  ist  nicht  nur  Wissenschaft,  sondern  auch 
Kunst.  Chirurgen,  innere  .VIediciner  können,  Psychiater  (Pädagogen.  Seel- 
sorger u.  f.)  müssen  od«'r  sollten  Künstler  sein  .  .  Diese  Begabnnü:.  der 
musikalischen  sehr  analog,  braucht  selbstverständlich  nicht  die  hohen  J^tufen 
der  Künstlersohaft,  etwa  eines  (iuddon,  Pestalozzi  u.  8.  f.  zu  erreichen,  muss 
aber  .selbst  in  niederen  Gniden  die  gleiche  präcise  Gewähr  bieten,  wie  das 
mii^ik.tl iM  ]i.<  niii  Als  Irrenarzt  oi  kf  iint  n»an  früh  die  zienilieli  st  hrnffe 
Kl  litt  /wischen  zwei  Clatusen  von  .Menschen,  den  psychologisch  beiehrbaren 
nn  i  ]>  ychologisch  unbelehrbaren  . . „Die  Erfahrung  zeigt,  dass  in  der 
Begebung  der  jxychologische  Hlick  häufig  durchaus  getrennt  ist  von  dem 
jjsyobologiseben  Takt,  die  psychologische  Heurtheilung  von  der  psychologi- 
sclien  Einwirkung.  .Meui-chen,  welche  niemals  das  geringste  Beurtiieilungs- 
vern)ögen  erlangen,  besitzen  dennoch  bisweilen  die  (»abe,  taktvoll  und 
berzlif  li  .ir.f  Kranke,  auf  leidgetr<  ifVeiw  C^r-uinle,  auf  .schwer  lenki-are  Kinder 
etc.  einzuwirken.  Umgekehrt  ermangeln  gute  psychologische  Beurtheiler 
dieses  Taktes  oft  und  lernen  ihn  niemals ..." 


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Literariache  Bundachan. 


34D 


„Die  klinische  Pi^ycholo^^ie  is-t  eifj^entlich  itnmer  (li<^  Psychalnrr;.*  von 
zwei  Personen  .  .  ."  (S.  14.)  Es  ist  .in  die  p^ychologi-^cho  Eiir.viiUung  .ils 
Arzt,  Richter,  Lehrer  u.  f.  immer  tlie  pmze  PerRönlichkeit  des  Wirkenden 
t'inzu-f»tzi»n  .  .  fS.  \')  \  I)ie><p-  persünlu-he  Verhiiltni-s  .(h-fiokt  <ich  in  vi**l<Tlfi 
Formen  aus,  welche  dem  irremu-zte  [nur  diesem  VJ  geliiulig  sind.  Z.  B,  ge- 
visse  Lehrer  yerm5j?en  mit  gewiwen,  sogar  begaben  Schülern  nichts  an- 
zufangen, welche  doch  bei  anderen  Lehrern  desaelben  Faches  spielend  vor- 
wärts kommen  ..."  (S.  10.)  —  ~ 

Soviel  /ur  Charakterisierung  dea  Standpunkte*«,  auf  welchem  der  Vei- 
fii.sser  steht,  und  von  welchem  aus  er  nicht  nur  in  die  Entwicklnn^  der 
Wissenschaft  einziij,n('ifon.  r^ondorn  sie  n.-tt  zu  schatten  hoft'f.  .\n8ilt7<"'  zur 
Kinl«t.sun>r  des  Versprechens  werden  gemacht  in  30  Thesen  35— 3^).  Eier 
einige  von  ihnen: 

„1.  Diejenige  Thiitigkeit,  welche  der  persönlichen  Anlagen-  und  In- 
tere.ssenrichtung  entspricht,  ist  bjgienisch  als  Beruf  der  Person  erforderlich. 
(S.  35.) 

.2.  Diese  Th&tigkeit  gewährt  zwei  Stufen  von  Lust: 

„rt)  die  sinnliche,  dt'>  I'etliärio'nnr^-^i^t'fnhls. 

die  höhere,  nach  geistiger  Keitung,  des  ertiiüten  Pflicbtgefüliiea,  der 
Arbeit,  die  zugleich  frei  gewählt  sein  mus8. 

«8.  Die  Tb&tigkeit,  wenn  sie  ans  freier  W'ahl.  also  der  Anlagen-  nnd 
IntorpH^»>nnchtung  gemäß,  herrorgeht,  entspringt  aus  Lust,  aus  fiethätignngs» 

lust  und  aus  dem  Triebe  dazu- 

.4.  Arbeit,  wenn  sie  dem  Individuum  an^^epasst,  d.  h.  frei  gewählt 

wird,  ist  also  ursprüngliche  Lu.st.  Deuientgo^'on  wirkt  Arbeit  aus  äul.>erem 
oder  Selhstzwang.  sclb.st  au.s  moralischem  Zwang  allein  hervorgehend,  dann 
ersclu'ipfend,  wenn  sie  nicht  individuellem  Trieb  ents))richt- 

„5.  Immerhin  ist  Pflichtgefühl  auch  bei  solcher  .Arbeit  bisweilen  ein 
Erleir htprung!»mittel.  Der  ^-ittlirlie  Will.^  also,  aber  auch  anderweitig  unter- 
stützende, selbst  un.sittliche  Motive  gewähren  Erleichterung  für  den  Wiilen 
und  bei  der  Aosfiihrung. 

»13.  Das  Hecht  auf  Arbeit  mns-s  man,  wenn  man  e.s  überhaupt  gelten 
lius.st.  übersetzen  in  das  Recht  auf  dir-  josiinrlheitsniäßige  Arbeit,  d.  n.  da« 
Recht  auf  die  durch  individuelle  Aniagou  gebotene  Arbeit;  diese  erhöht 
zugleich  in  ihrer  Summe  das  Votkscapita)  um  unglaubliche  Schätze  direct.** 

Mag  der  T.'  -or  an  fli^^^fn  Beispielen  sf'lb-t  pn* scheiden,  inwieweit  sie 
Neues  uus.<agen  .  und  inwieweit  da^  Neu«  auf  Kechnung  epeciell  irren- 
ärztlicher Forschung  kommt.  In  die  bekannte  specififich  physiologische 
Vorstellungs-  und  Au.stlrucksweise  gefasst  sind  verhältniK«nU.Mg  wenige  der 
30  Thesen;  z.  H.  26:  „Nach  der  Sen.sitivitiitstheorie,  weich»-  alle  gei.^tigt'n 
Vorgänge  auf  Empfindung  intercentraler  EnergieübtTtragungcn  zurückführt, 
empfinden  w  i  i- (Sen  Energieabfluvs  aus  den  .-ogenanntcn  motorischen  Zellen 
'I  i'  Hiriiiiii'!  -  (iiii'  li  M'i)~itiv.»  Si'itenwege  als  Willkür  oder  Wille,  eine 
suecitiijcbe  Euiptindung  . . .  Der  Theorie  nach  muäs  auch  alle  nicht  motorische 
Willkür,  %.  B.  Nachdenken,  mit  EnerKieabflnss  aus  den  motorischen  Rinden- 
zellen, entsprechend  der  sensitiven  Empfindung,  physiologisch  verbunden 
sein;  muss  aus  motorischen  Centren  Energie  in  sensorische  uml  bcnsii)le 
Rindenzellen  unterstützend,  reizend,  hemmend,  direct  oder  indirect  al>- 
strömen."  —  27.  «Die  (ültigkeit  des  Mayerschcn  Ges<  tzes  \  on  Erhaltnng  der 
Kraft  auf  seelische  und  gemischte,  -(^-lisch-körperliche  \'ori,'iinir(^  y.w  )>rin- 
cipieller  Verallgemeinerung  zu  bringen,  ist  nur  auf  Urund  und  unter 
Voraussetzung  der  Sensitivitätstheorie  möglich:  beide  fordern  einander  als 
nothwendig  in  ihrer  Anwendung  auf  Gehirn  oder  .'^eele  .  . 

Einijre  der  letzten  Eormulierungon  berühren  sidi  mir  (l,»ui  Probleme 
der  Begriffe  ^.psychische  Arbeit"  uml  „psychische  Eacrgie".  Doch 
konnte  Referent  nicht  Knden,  diuss  diese  Probleme  nach  der  psychologischen 
Seite  h:n  diu-.  ]!  il.i-  vorliegende  Heft  schon  eine  Woit-  t  1  üdiing  -  i fahren 
haben.  Indes  sagte  der  Verfasser  selb.^ät;  „Details  in  den  folgenden  Ab- 
handlungen!" (S.  39.)  wird  also  nach  der  theoretischen  Seite  hin  ganz 
von  den  folgenden  Heften  abhängen,  ob  und  wie  viel  Wert  dem  vorliegenden 
Programme  zuzusprechen  ist.   Nach  der  praktischen  Seite  fugt  der  Ver- 


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Liteturuche  Kandschau. 


fasser  boi:  „Wie  d^m  auch  rei,  was  die  Theorie  betrifft:  therapeutisch  schien 
mir  Ermüdung  Huiu-  /u  erfordern;  daher  haiie  ich  seit  Jahren  derartigen 
Patienten  ruhige,  last  platte  Kiickenla^'e.  die,  wie  man  annimmt,  dfni 
Miukelüyätem  die  meiste  Kuhe  schatt't»  für  5 — 10  Alinuten  und  zwar  mit 
geirti^r  Ruhe,  höchstens  bei  heiterer  Unterhaltung,  ca.  Ö-~1S  mal  w&hrend 
der  Ar'>t':T-/<'it  eines  Taije<  wledciholt .  verordnet.  T^:*^  wcniiri-ii.  welche 
dieber  Verordnung  nachkanit  n,  haben  mir  stet«  Dank  dalür  gewusst;  indes 
von  zehn  Patienten  betoigtc  es  einer.  Und  seit  Jahren  halt«  ich  diese 
llflaßnahme  fllr  ein  psychofaygienisc-hes  Erfordernis,  um  Schlimmerem  vor« 
ziibt^ui^en  .  .  .*  „Schon  vor  mehr  als  100  Jalnon  hat  Kant  das  Sj)a7ipren- 
gehen  nur  iTnter  der  Bedingung  aU  Erfrischung  bezeichnet,  da.sä  es  nicht 
wider  Willen,  nicht  ohne  die  dem  Subject  angemessene  geistige  Erholung 
unternommen  würdr-:  doiin  olnie geislige  AMriAuiiiX  l)lrilit  t>iiie  \>]olu'  Mu>- 
kelanstrengung.  eine  öteigerung  der  schon  voriiandenen  Ermüdung."  (S.  40.) 
Dass  hier  zum  Schlüsse  der  Verfasser  doch  wieder  einen  Philosoplien  citiert, 
mag  dem  Nicht-l'ljy>i'>Iogen  Muth  zur  Vermuthung  machen,  mau  könne 
für  die  Hygiene  der  Arln'it  und  <]<■-  WillfiiN  Sinn.  Yei->täiidn:s  und  Takt 
haben,  uucli  ohne  moderner  Psychiater  zu  sein.  Keferent  muäs  gerade  vom 
Standpankte  dieser  SSeitschrift  betonen,  dass  z.  B.  der  Lehrer  als  solcher 
in  seinei  .pädagogischen  Klinik",  nämlich  dem  Schulzimmer,  nicht  erst  in 
dem  Krankensaale  des  Irrenhausp^.  genug  <Tclog<^nheit  hat,  mit  Wahrheiten 
wie  die  folgenden  vertraut  zu  ^ein:  ^Ihv  Einiüdbarke)t  z.  Ii.  ist  bei  der 
einen  Ver.suchsanordnung  gro(.>,  bei  der  anderen  gering.  Rechnung»iiufgabent 
Worte  lernen  u  s.  f.  ^siud  nicht  geeignete  Methoden,  um  !jplb*t  in  bf-den- 
tendeu  und  vielüeitigen  Heihen  von  Ergebnisiien  a)  psychologiäch  einen 
Schlnss  auf  allgemeine  .geistige*  Ermfldbarkett  tazolassen,  denn  eine  Seele 
umfaü.st  zu  groGe  Gebiete,  deren  charakteristische  Seiten  bequemer  die 
Klinik,  diw  Leben  bloßlegt,  h)  pj^ychohygienist  h  i^ine  Basi«  für  Vorschriften 
zu  Schäften,  die  klinisch  nicht  scnon  geschatt'en  wäre  oder  geschaft'en  werden 
könnte.  Ermüdbarkeit  ohne  einschränkenden  Zusatz  ist  normal  überhaupt 
keine  Einheit,  nur  in  annrmalnn  oder  in  Krankin-itsrillf^n  Freiiich  findet 
man  bt>i  einem  so  vorsichtigen  und  uachdenkuchen  Experimentator  wie 
Krä|)elin  die  Variabilit&t  nicnt  nur  beachtet,  sondern  sogar  die  Variations- 
breite ausdrücklich  als  Untersuchungsgegenstand.  Aber  nicht  findet  man 
das  Nächstli^'gf'nde,  wa«  Klinik  lolirt:  dass  Ditien^nzen  nach  der  Begabungs- 
richtung und  interessenriclitung  auch  bitferenzeu  der  Ermüdung  in  gleicher 
Richtung  mit  sich  führen  .  . 

Sollte  wpnn  dit'ser  Vorwurf  schon  g'^gen  dr-n  vom  Vi  ifajiser  ver- 
ehrten Kräpeim  berechtigt  ist,  heute  noch  Lehrer  geben,  denen  .Be- 
gabungsrichtung, Interessenrichtung''  ihrer  SchOler  überhaupt  entgehen 
können?  Für  d-  n  Referenten  bleibt  es  also  vorläufig  auch  angesichts  des 
wohl'jpm'''int('ii  Pioiframmes  —  bis  die  atigok  find  igten  späteren  Heft--  der 
jungen  ZeiUcLritt  uder  Heibe  von  Aufsätzen  ihn  eines  Bes«eren  belehren 
—  bei  dem  au  der  Spitze  des  vorliegenden  Jahrganges  der  ^.Mittelschnle" 
dargf  b  .rtcn  Verhaltnisse  pädagogischer  Psychologie  und  pädagogischer 
Nervenphysiologie. 

Wien.    A.  Hö/'ler. 

HansHartl:  1.  AufgabensammlungT  aus  der  Arithmetik  und  Al- 

g^ebra.  P'ür  den  Untirri<  htsgebrauch  und  für  das  Selbststudium.  UBvpaig 

und  w;-n  t^^'S,  i)..,,fi,.ko     VvU  (.r.'bunden  1  fl.  SO  kr. 

Retiiitinergfcbiusse  der  Autgaben.    Ebendaselbst.   Preis  unge- 
bunden 1  fl.  20  kr. 

Die  vorliegende  Aufgabenj^auimlung  —  mit  dem  hohen  Ministeriftl* 
Erla«*«»'  vom  28.  April  ISf'S.  7.  9b^0,  zum  Unterrichtsgebrauche  an  Mittel- 
schulen mit  deutiicher  Liilerrichtüsprache  allgemein  zugelassen  —  ist  ent- 
standen durch  eine  gänzliche  Umarbeitung  und  Nengestaltnng  der  von 
demselben  Verfa>-er  im  .Tahre  1S!*4  für  den  liebrauch  an  höheren  Gewerbe- 
schulen und  für  doä  Selbststudium  herausgegebenen  Aufgabensammlung 
ans  der  Arithmetik  und  Algebra.  Sie  ist  in  ihrem  neuen  Gewände  sowohl 


4 

J 

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Literarische  itandachau. 


351 


lieuj  inliiiite  als  der  Methode  nach  den»  Lehiplane  filr  den  Uatciriuht  in 
iler  Arithmetik  und  Al>(ebra  an  Mittelschulen  vollständig  angepasst  und 
hrinjit  d<"Ti  f'lainr's-t  li!"  in  tief  Anordiinii^'.  da-><  »ie  den  p&dagOf^cii-didakti' 
sehen  Antordcruugen  der  iui^tructionen  enu^pricht. 

Die  Sftiuinlun^  enthält  gegen  6000  Beispiele  nnd  Anff^ben;  in  der 
TPbat  aber  ist  ihre  Z.ihl  weit  gröüer,  da  nicht  selten  unter  einem  Numero 
mehrere  Zahienbeispiele  beisammen  stehen.  Sie  biet*?t  somit  Wwer  Hoich- 
haltigkeit  wegen  dem  strj'bsamen  Schüler  Gelegenheit,  seinen  Fleib  la 
bethätigen.  den  Lehrer  aber  setzt  sie  in  den  Stand,  längere  Zeit  mit  dem 
übun^'^^t^n"'  zu  weelisrlii  Den  nn  ist.n  Ai>-(linitteu  gehen  auf  (Mnen 
üyäteinatisciien  Aufbau  der  Begritfe,  Formeln  und  Lebriiätze  der  Arithiuetik 
und  Algebm  abzielende  themretiache  Pituren  Torntis,  die  wissenscfaaftlicheu 
wie  djiiaktiwdieil  Prinoipien  in  gleicher  Weise  Rechnung  tragen,  doch  i>t 
den  Aiitlr.iben  w*>it  mfhv  Kaum  gesi>endet  ilifs^'n  thr'Oit'ti-clicn  Fraijen. 
Die  Formeln  sind  den  Aufgabcngr Uppen,  an  denen  sie  zur  Anwendung 
f^elangen.  in  fetten  Lettern  vorangesetzt.  Die  Aufgaben  —  durchaus  me- 
thodisch  g<*ordnet  —  sind  derart,  dass  bei  ihrer  Lösung  nicht  iill/.n  große 
Zahlen  ?orkouimen,  und  dass  sie  möglichst  einfache  Resultate  ergeben. 
Auch  ist  bei  der  Zusammenstellung  der  Aufgaben  sorgsau»  darauf  geachtet, 
dass  der  bereits  behandelte  Lehrstoff  immer  wieder  herangezogen  und  der 
Sch;i!<T  «huUiri  li  yr^zwuniren  werde,  sich  stots  die  rJeMiiniiithcit  des  Ge- 
lernten gegenwärtig  zu  halten.  Dieken  iiesonderen  Zweck  verfolgen  auch 
die  d«*n  einzelnen  Abschnitten  als  «Übungen'  beigefRgten  Wiedeniolongs- 
aufgaben.  Die  nur  durch  Kunstgriffe  lösbaren  Gleichungen  finden  mit 
Keeht  weniger  Berücksichtigung,  als  dies  in  anderen  Aufgaben.sammlungen 
der  Fall  ist.  Auf  guten  Wortlaut  der  Aufgaben  wird  strenge  gesehen. 
Koch  verdient  ausdrücklich  hervorgehoben  tu  werden,  dass  der  Verfasser 
sich  ernsHii  l;  briunlit.  interfHsjinte  Daten  aus  anderen  Wissenszweigen  in 
der  Aufgabenstellung  zu  verwerten. 

Ein  besonderes  Heft  bringt  die  Reebenergebnisse  aller  Aufgaben.  Die 
gleiche  .Sorgfalt,  die  der  Verfasser  der  Aufgabensammlung  selbst  angedeihen 
li<'b,  hat  er  auch  den  Auflösungen  zugewendet.  Die  Resultate,  deren  Ein- 
farhheit  dem  Lehrer  wie  dem  Schüler  gleich  willkommen  .sein  dürfte,  er- 
möglichen e«i  dem  Schüler,  die  Kichtigkeit  der  gefundenen  Lösungen  sofort 
selb:?t  zu  prüfen.  Gewährt  ihm  auch  die  Kenntnis  der  K--^ultate  die  wünsclu-ns- 
werte  Beruhigung  über  den  Erfolg  «einer  Arbeit,  so  nimmt  sie  ihm  bei 
der  Natur  der  vorgelegten  Aufgaben  die  Denkarbeit  doeh  keineswegs  ab. 

Die  Ausstattung  des  Buches  i.«»t  eine  vorzügliche.  Trotz  der  Häufung 
von  Formeln  und  Zahlen  sind  Druckfehler  selten.  Das  tiefere  Verständnis 
einztdiu'r  Aufgaben  wird  diuLh  19  in  den  Text  gedruckte,  sauber  ausge- 
fährre  Figuren  gefördert.  Hinsichtlich  der  Orthographie  und  Abbreviatur 
der  Malüx-n^nnunirTi  sind  di^  tr^'^'^tzlirli'^n  \'or-rlirift 'Mi  bi-lolirf 

Möge  die  treilliche  Aufgabensammlung  des  rührigen  Verfassers  ailseit« 
jene  Beachtung  und  Aufnahme  finden,  die  sie  verdient! 

Reichottberg.  Prof.  Gustav  Effenbergs» 


Wandkarte  der  Planigloben,  bearbeitet  von  V.  v.  Haardt.  Orohydro- 
giaphisclie  Ausgabe  in  acht  Blatt  mit  zwei  Nebenkarten:  a)  die  Nord- 
poiarländer,  b)  die  Südpolarregionen.   Wien.  Gd.  HölzeL 

Die  mit  ^Toßer  Sorgfalt.  Klarheit  und  Überaichtlirhkeit  ausgeführte 
Karte  dürfte  namentlich  df>njenigen  Anstalten  zu  emptV'hlcn  >»:'in.  dif>  den 
Kozenn  schen  .Atlas  in  seiner  Neubearbeitung  eingeführt  haben,  da  die  Art 
der  Dar.stellung  hier  wie  dort  gleich  ist.  Die  Höheustufen  von  Ober  800, 
.M)!»,  *,*(>()()  und  ■\<>0(\r)i  ~ind  ihin  h  verschiedene  Schattierungen  von  Hrmin 
bezeichnet .  Tietland  in  der  üblichen  Weise  durch  helleres,  Depressionen 
durch  dunkleres  Grün.  Meerestiefen  bt«  2(M>4fi  durch  helleres,  größere  durch 
tieferes  Blau.  Die  Zeichnung  der  ;  irge  ist  in  vereinf.u  hter  Si  iiraffen- 
manier  gf halten,  die  wichtig.sttn  l.i  ln  bungen  sind  nur  durch  die  Höhen- 
Ziihieu  bezeichnet.  Es  hätte  sich  uelieicht  emplohlen,  wenigstens  die  An- 


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Literarische  Rand«chaa. 


fanp^buohstaben  der  Bertrnamen  beizuseti:»fn.  Die  politischen  Grenzen  sintl 
durch  rothe  Linien.  <ler  Colonialbesitz  durch  Beidriick  anirej^eben.  Detail 
i^t  in  ;r ;  1 .  ii  hcniit-ni  M.if>o  vnrhnndpn.  ohne  dir  Karte  (»(»♦'rfiilU  warr», 
die  Ai  Wu  der  ubjecte  sind  durch  den  —  durch we/<  «charf  und  deutlich, 
aufgeführten  —  l>rnck  geschieden.  Die  Haoptkarte  ist  im  mittlereii  Maß- 
stäbe 1  : '..^OJ 100  000  gphalt<»n.  so  dass  sie  einem  Globus  von  (»37  cm  Durch- 
nies.ser  entspricht  Auf  den  Nebenkarten  fin«len  «ich  die  Hpisnrnuten  einiger 
der  wichtij^steu  Poiurexpeditionen  j^owie  An^^ben  üoer  die  Kisverhältnisse 
(Tundra.  Oreoze  de»  Packeises  und  de«  Treibeises,  tnotlmiaßlicbe  Grenze 
des  rericletscherten  Landes  n.  s.  w.). 

Schulwandkarte  von  Palästina  für  den  Unterricht  in  der  bibli.schen 
Oeachichte  des  alten  und  nenen  Testamentes.   Nach  den  neuen  Pablt- 

cationen  des  deutschen  PalHstin  i vri (>itie<  und  der  englischnn  Palästina- 
Dresel  1  sc  hat't  bearbeitet  von  \  .  v.  Haardt.  Wien.  Ed.  Holzel.  Ausgabe 
tür  Mittelschulen  und  theolovrische  Lehranstalten.  Sechs  Blatt.  1  :  200.000. 

Die  Karte  ist  eine  sorgfältige  Neubearbeitung  der  bekannten  im 

gleichen  Verlage  erschienenen  PaliLstinakarte.  "^ic  weist  in  Hezuj  auf  die 
technische  Aii^ttihrung  die  gleichen  Vorzii}:ro  auf  wie  die  oben  besprochene 
Planigloucnkui te.  ist  in  der  gleichen  Muuiei"  gt-hulteu  und  nach  denselben 
GrunilKitzen  gearbeitet,  selbstverständlich  mit  den  -Xbwcichungen,  die  <ler 
verschiedene  MaLv^taV»  i>cilint:t.  Hl*'  'I'c i  j  aindar^tclIunLr  durch  .Scli;af!'cn  i>f 
plastisch,  im  einzelnen  bei  aller  durch  den  Zweck  als  Wandkarte  gebotenen 
Derbheit  der  Ausführanff  hinreichend  genau,  so  dass  man  anch  Reiserouten 
entsprechend  verfolgen  kann.  Der  Hauptkaitc,  die  das  Gebiet  vom  31"  — 
aiV^fjO'  n.  B.  und  05'  ö.  L.  von  Greenwich  nmfasst.  >ind  zwei 

Nebenkarten  beigcg»'ben :  a)  Ethnographische  Karte  für  die  Zeit  der  Entste- 
hung' Ics  Königthum.s  nebst  einer  Übersidit  der  Stämme  Israels  (1 : 1.000.000|, 
h)  .I'-rusili'in  im  Mar*>tal>f'  1  :  7*,'fi".  r)ifscr  U-tztcre  Carton  weist  gfg'-nülH-'r 
der  früheren  Aufla^je  vielfache  Ergänzungen  und  Verbesserungen  auf,  so 
dass  man  nunmehr  nichts  Wichtiges  vermiftteD  dürfte,  und  erhöht  so  die 
Brauchbarkeit  der  Karte. 

Uölzels  Wandbilder  für  den  Anschauuni^s-  und  Sprachunterricht. 
Blatt  XU.  Prag.  Farbendruck  nach  dem  Originalaquarell  von  Ludwig 
Hans  Fischer.  140.  93.  Auf  starketa  Papier  mit  Ösen  und  SchntsroUe. 

ti.  H.~. 

Das  Bild  ertiUlt  zunächst  die  wichtigste  Forderung,  die  man  an  ein 
derartiges  rnterrichtsmittel  stellen  muss:  es  bietet  das  Charakteristische 
der  Lage  und  l»aulichen  Hesehatfenheit  der  Stadt.  Dies  wird  schon  durch 
die  glückli'  lu'  Wahl  von  Standort  und  Z»Mt  «b  ,  .Vufnahme  bewirkt.  Wir 
befinden  uns  lu  ilen  i»päten  Nachmittagsstunden  eines  sonnigen  Herbsttage» 
auf  dem  Abbange  des  Laurenziberges.  Unmittelbar  unter  unserem  Stand- 
üite.  der  ziemlich  nahe  dem  rechten  Hände  des  Bildes  zu  denken  i>f .  er- 
blicken wir  die  Häu.sergrupi)en  der  Prager  Kleinseite,  die  SchüizeninseU 
die  .Moldau  und  ganz  am  Hantle,  noch  am  linken  Moldauufer,  die  erat«^ 
Häuser  von  J<michov.  .lenseits  der  BrAcke  dringt  der  Blick  in  die  Kerdi- 
nandsstrabe,  .in  deren  Kok«*  uns  der  imposante  Bau  de-  i  />'clii-cben  Nalii'iial- 
theaters  ttuflallt.  Weiterhin  dehnt  sich  die  Häuscrmasse  der  Prager  Neu- 
stadt ans,  überragt  von  dem  mächtigen,  ku}^|)elgekr9nten  Bau  des  bShmi- 
echen  .Museums,  und  darüber  hinaus  sieht  man  die  Bau!ichkeit*?n  in 
Königliche  Weinberge  sich  Id:^  zu  dnn  Höhen  erstrecken  .  iHe  das  Bild  im 
Hintcignindc  a(»schließen.  Kechti  vom  Mandorte  -  dotli  ich  verfalle  in 
eine  HeschreiViung  und  Erläuterung  de«  Bildes,  und  die  hat  ja  Friedrich 
Umlauft  im  lM'gieitend"n  'l'e^t''  in  aneikennenswerter  Wci-^o  gegeben, 
freilich  nicht  ohne  Irrthüiuer  in  Einzelheiten.  So  existiert  z.  Ii,  das 
Aujezder  Thor  schon  seit  acht  oder  zehn  Jahren  nicht  mehr,  der  Baudi" 
garten  liegt  nicht  auf  dem  Belvedere.  sondern  bedockt  nur  de.«en  Nord- 
aldiaiig  und  mit  meiner  Hauptmasse  die  n-'rdi'ch  bis  zur  Moldau  vorgelagerte 
Niederung  u.  ä.  —  Genug  daran,  der  .MoldauÜuss  mit  seiner  chaiakteristi- 


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Literarische  Bundschau. 


ä53 


sehen  Krümmung,  seinen  Brtlcken,  —  besonders  schön  tritt  die  Karlsbrücke 
mit  ihren  Thörmen  und  FiV'iuen  hervor  —  die  Kirchen  und  Paläste  der 
Klcin«(^it(\  nbi*rr:iyt  von  dfiii  mäditit;'^!!  Ilradschin  mit  dem  Vf'itsdnnip.  die 
grünen  Hänge  und  die  weite  HochÜäcbe  des  Btjlvedere«,  die  nördlich  und 
nordfietlieh  der  Moldan  gelegenen  HöhenzOge,  die  Troja,  Koblitz  etc.  tn^en, 
der  ZizkaberfT;^,  kurz  alle  be/eichnemlen  Eifrt'nthnmlichkeiten  de«  unver^leich- 
iich  schönen  Stadtbildes  sind  trettlich  wiedergn$;(;l)t'n.  Als  Gemälde  be- 
trachtet, erlreut  Fischers  Werk  durch  die  Kun.st,  mit  der  all  die  vielen 
deutlich  erkeiiiibar<m  Gimelheiten,  nicht  Sttm  mindesten  infolge  der  fi^ünBiigcn 
Beleuchtungsverhältnisse,  zu  einem  stimmunffsvollen  Gesaniuit^il  l*'  vereinigt 
Rind.  Die  Ausführung  seitens  der  Verlagshandlung  entspncht  bei  aller 
durch  den  Gegenstand  nnd  Zweck  de«  Bildes  bedingten  Derbheit  der 
Manier  den  du  ich  das  Interesse  auch  an  der  ästhetischen  Eiviehnng  der 
Jagend  gebotenen  Rücksichten. 

Gindelys  Lehrbuch  der  allgemeinen  Geschichte  für  die  oberen 
Classen  der  Gymnasien,  bearbeitet  von  Dr.  F.      Mayer.  1.  Bd.: 

Das  Alterthum.    Mit  94  Abbildungen.    Neunte  verbesserte  Anfhige. 

1  Ü.  •,>5  kr.  (1  fl.  50  kr.  geb.).  Wien  1896. 

Bei  einem  Schnlbuchf,  das  in  neunter  Auflage  or«eheint,  ist  eine 
au-sführliche  Kritik  Fieunduu  und  Gegnern  gegenüber  gleich  i'diprflüssig, 
und  der  Berichterstatter  wird  sich  darauf  be.>>chrrinken  dilrten,  die 'Hiiitif,''keit 
des  1  bornrboif (TS  im  iilli^fciiicinen  knr?.  zu  charakti^ri^irrrn  und  sein  l.'ctheil 
durch  Anlührung  einiger  wichtigerer  Änderungen  zu  begründen.  i>ie  gründ- 
liche Sachkenntnis  und  Oevissenhaftigkeit  Mayers  ist  auch  dieser  Neu- 
bearbeitung des  Gind»'ly'scii»  ii  Lehrbuches  zugute  gekomraen.  Alte  Irr- 
thüuior  wurden  beseitigt,  die  Krp^ebni^sp  neuerer  Forf'f  hiin^'en  geziemend 
berücksichtigt,  die  Darstellung  stellenweise  gekürzt  und  durch  größere  und 
geringere  Änderungen  in  der  Anordnung  des  Stoffes  und  in  sprachlicher 
Beziehnnj,"-  verbessort.  Zunächst  sind  die  Kartpn  wnf»<»ebliebpn.  und  der  Um- 
fang deh  Buches  erscheint  schon  äußerlich  ein  wenig,  vermindert  (313  S. 
geiren  3-.'3),  was  zumtheil  auf  bloß  typographische  Änderungen  snrüdi- 
zuführen  ist,  durch  die  das  Buch  übrigens  auch  sonst  zu  seinem  Vortheile 
ninijf'stultet  worden  ist.  Dif»  Bilderauswahl  ist  im  ganz^'n  die  fjleielio  ge- 
büeufu,  docli  wurde  uunierhin  die  zu  kleine  Iflfeconstruction  der  Akropolis 
von  Athen  durch  ein  Vollbild  ersetzt,  ebenso  die  Olympias.  Die  Stelle  der 
SfaTne  <les  .Ttippiter  Verospi  nimmt  ein  großes  Bild  des  Kopfes  oin.  die  der 
gegenwärtigen  Ansicht  des  Forun«  Traiuni  eine  Keconstruction ,  vom  Co- 
losiseum  wurde  eine  andere  Ansicht  gewühlt,  anderes  verkleinert  (ji-^'eben. 
Der  Lehrtext  zeigt  an  zahlreichen  »stellen  die  bes.sernde  Hand.  8o  bringt 
gleich  der  Anfang,'  eine  Tfiersicht  der  prähistorischr'n  Zeit,  die  Definition 
der  Geschichte  ist  berichtigt,  die  Stellung  der  Ka-s-sen  (noch  die  allerdings 
bequeme  Blumenbach'sche  Theorie!)  kurs  gekennzeichnet.  In  der  ägypti- 
schen Geschiehte  sind  die  Zeitani^iiben  n.ieh  I>nncker  diiirh  die  nardi  Meyers 
G.  d.  A.  ersetzt,  bei  der  Darstellung  der  religiösen  V  erhültnisse  die  falsche 
Lehre  TOm  ursprünglichen  .Monothetsmus  heaeiti^  und  auch  anderes  richtig- 
gestellt. In  gleicher  Weise  sind  hei  der  Geschichte  der  übrigen  orientali 
sehen  Völker  Berirhtif?ungpn  vorgenommen  worden:  einzelnes  ist  geschickt 
gekürzt,  2G  der  alten  Aut  lage,  »Die  ältesten  Bewohner",  hat  als  §  25  unter 
der  Überschrift  „Die  ältesten  Bewohner.  Die  troiemis^e  und  mykent9che 
Ci'fhirepoche'^  die  nollnvendiLre  Lri  iindlii  lio,  die  Ergebni.«K''  der  .•\\i-;,nabtin;:en 
verwertende  Umarbeitung  gefunden;  in  ^  1*7.,  (ift»»)  »Stiuiten  der  mythi- 
schen (mykenischen)  Zeit"  ist  die  Anordnung;  geändert,  der  troische  Sagen- 
kreis eingefügt  worden.  2b  und  sind  in  *J7.,  unter  dem  Titel  ^Die 
Waiiib?rungen  der  einzelnen  Stämme  und  ihre  Folgen"  zusammen ^■e7nLrnn. 
die  alterte  Geschichte  Spartas  ist  gründlich  in  modernem  Sinne  U-  B.  liykurg!) 
umgestaltet  worden.  Für  die  älteste  attische  Geschichte  wurde  des  Aristo- 
tel»  s  \\ iVT//'<:<t»v  Tkf/t.'.zv.u.  herangezogen,  Klei.sthenes'  Verhältnis  zu  Delphi 
und  Sparta  deutlicher  charakterisiert.  Die  Bezeichnung  mykoni^-che  /«»it 
f  wird  freilicn  nicht  conse4uent  beibehalten  (S.  7b:  PeUisgerzeitj.    Bei  der 

„ÖBt«rr.  Mitcelmbule".  XII.  Jahr«.  23 


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354 


Literarische  Runducliau. 


Dantellung  des  Theaterbauea  konnten  die  D0rpfeld*9cben  Untersuchungen 

noch  nicht  vcrwoitot  werden.  Unter  den  Ursachen  des  pelojwnnesischen 
Kripj^cs  vennis,s<'  ich  auch  in  der  Neubearheitnno'  den  Hinweis  auf  die 
ökonomischen  Verhältnisse,  die  Handelsrivstlitüt,  die  die  Korinther  ver- 
anlasste. Sparta  zum  Kriege  zu  drängen;  gebessert  ist  dieser  Abschnitt 
durcli  Streichung  leerer  Wf»itc.  An  sonstigen  Neuerunfren  mJ^clite  ich  im 
Bereiche  der  griechischen  Geschichte  noch  hervorheben:  die  bessere  und 
klarere  Encfthlung  des  Zuges  der  Zehntausend  und  d«r  Kämpfe  iwischen 
Sparta  und  Theben,  die  Erwähnung  der  Flottenriistung  im  böotischen  nnd 
korinthischen  Kriege  und  in  §  60  des  Pythens  von  Massilia.  Ungern  ver- 
misse ich  die  8.  gebotene  Erwähnung  des  Unterganges  der  zur  Unter- 
stützung dos  Iniiros  ausgesandten  Flotte,  und  zwar  wegen  der  Analogie 
mit  der  sicilischen  Expedition.  An  §  f-O.,  (Sc hlc  ht  von  Mantineia)  schließt 
sich  die  Darstellung  der  Leistungen  der  Griechen  in  Kunst  und  Wissen- 
schaft seit  dem  Ende  des  5.  Jahrhunderts,  vfthrend  §  528  «der  Bundes- 
genossen und  der  heilige  Krieg*  in  9  besser  in  die  Geschichte  Philipps  II. 
eingefügt  ist. 

Auch  die  Bchumilung  der  römischen  Geschichte  lässt  fast  Seite  für 
Seite  die  sorgfUltige  Nacharbeit  Mayere  erkennen.  Mit  Redit  hat  der  Be- 
arbeiter Conjecturalpolitik  und  Conjeetnralstratejii''  r.r^  t  ;i nsohlicß.'inh'i- 
Kritik  aus  dem  Schulbuche  verwiesen,  so  die  Erörterung,  ob  üannibal  nicht 
Eur  See  hfttte  in  Italien  einfallen  «ollen.  Das  wird  wohl  ein  Uannibal 
besser  verstanden  haben  aU  ein  Schulmeister  des  19.  Jahrhunderts.  Ähnlich 
ist  die  Erörterung  dessen,  w;i<  Cäsar  vielleicht  geleistet  hiltte.  wenn  er 
nicht  ermordet  worden  wäre,  durch  eine  ausführliche  iiehandlung  seiner 
wirklichen  Th&tigkeit  ersetzt  und  die  yerfeUte  Beartheilung  der  BrnOhnng 
der  Senatnrcir/.ahl  <;etil;rt.  Beseitifijt  ist  die  .schul meisteriitle  Kritik  der 
Kriegsfuhruug  des  Brutus  und  C:usäius,  gekürzt  die  der  Princip;its\ erfassung. 
—  Bei  der  Besprechung  der  Servianischen  Verfassung^  ist  in  der  Anmerkung 
fiiiiges  Nöthipe  über  die  römischen  Währunfi^sverhältnisse  gegeben,  dagegen 
die  Liindhufenhypothcse  fiilien  gel'<iss»on.  In  der  Geschichte  des  Jahres  5flö 
wird  dem  Volke  und  seiner  tftimmung  der  gebürende  Antheil  an  der  Kata- 
strophe von  CannA  zugewiesen.  Die  Krie^  des  Augustus  nnd  die  StAdte- 
grttndungen  auf  österreichischem  Boden  sind  mit  Rocht  ausführlicher  be- 
bandelt und  S.  177  die  Bedeutung  Aquilejas  richtifjer  gewürdigt  als  in  8. 
Die  Kürzungen  (Krieg  ^'tgen  Autiochus,  Politik  Philipps  III.,  Kriege  in 
Spanien,  Verhältnisse  Judäas  snr  Zeit  des  Pompeius,  Kämpfe  nach  der 
Thronentsagung  Diocletians  n.  n.  m.)  sind  zu  bini<^'en  Manche  Unistili- 
sierungen  sind  zugleich  auch  sachliche  Verbesserungen,  so,  wenn  ö:  «als 
ihm  (Antonius)  jedoch  fillschlich  die  Nachricht  fiberbracht  wurde.  Cleopatra 
habe  sich  u.  s.  w."  in  0  in  der  Form  erscheint:  ,als  ihm  jedoch  Cleopatra 
die  Nachricht  überbringen  ließ  ..."  Da  und  dort  ?ind  die  Änderungen 
nicht  ganz  geglückt.  Wenn  es  8  von  Julians  des  Apostaten  Versuch,  das 
Heidenthura  wiederzubeleben,  heißt:  ,ein  Unternehmen,  dessen  Thorheit 
der  Verkommenheit  des  Ueidenthums  gleichkam",  so  ist  diese  Wendung 
.ja  etwas  geschmacklos;  das  dafür  eingesetzte:  „e.  ü.,  das  nicht  gelingen 
konnte,*  ist  aber  su  fhrblos,  nnd  die  ürsache  des  Misslingens  (sitüiche  rait- 
artung  des  Heidenthums,  innere  Kraft  des  Christenthums)  hätte  wohl  an- 
gegeben werden  sollen  S:  „dann  lockte  er  (Hannibar;  das  römische  Herr 
unter  dem  Consul  Flammius  in  einen  EngpathS  aui  See  Tra^imenus  und 
schlug  es  bis  zur  Vernichtung**  i.st  sachgemäßer  als  0:  „dann  verlockte  er 
den  Consul  Flaminius  am  See  Trasimenus  zu  einer  Schlacht"  u.  s.  w.  Denn 
einmal  am  Trasimenus,  konnte  sich  Flaminius  dem  Kampfe  gar  nicht  mehr 
entsiehen.  Aus  einer  Reihe  anderer  Bedenken,  die  zum  großen  Theile  8 
und  9  in  gleicher  Weise  gelten,  führe  ich  an:  Zu  einer  verfehlten  Beur- 
theilung  führt  die  Charakterisierung  der  Wirkung  des  Edictalrechtes  der 
Beamten  durch  diu  Worte:  „8o  kehrte  die  Willkür  der  Beamten  später 
wieder  zurück".  „Sie  (die  Gensoren)  vergaben  die  Stellen  im  Senate  nnd 
in  der  Kitter^chatt"  führt  direct  zu  einer  falsoheu  Vorstellung.  fBes^ier: 
stellten  die  Senatoren-  und  lÜtterlisten  auf.;  Die  Wiedergabe  des  BegriHe^ 
capitis  diminmiia  durch:  «Entti^nng  der  staatsbürgerlichen  Rechte''  geht 


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Liierariscbe  Kund9cbaa. 


355 


va  weit.  §  116  itt  der  Begriff  des  Principiitet  nnseiMii  erklftrt  (Vorstimm* 

n-clit  im  Senate!'  Sprachlich  bedenklich  ist  el>endort:  den  Prlifedf!. 
§  \2t  fohlt  (iie  Erklärung,  was  das  rtiniivohe  Zehentland  eigentlich  war. 
Die  Vergittung  des  Germanicus  auf  Anstiften  de«  Tiberius  erscheint  noch 
immer  alü  fireschichtlicbe Thatmche ;  auch  vermisse  ich  ein  Wort  über  den 
Ursprung  i?f»r  Majestätsprocesse.  Der  Tadel  des  Tacitus  betreffs  der  Spiel- 
und  Trunksucht  der  Germanen  ist  durch  die  Worte:  , Freude  an  der  Ge- 
nellig^keit'  (8*»9)  denn  doch  etwns  za  nitde  wiedergef^eben. 

In  der  chronologischen  Ge«eh:chtstafel  sind  natürlich  die  schon  bei 
der  Textbesprechnnf?  erwähnten  Änderungen  folgerichtig  bciltebiilten ;  dem- 
gemäß 8;  1104  Wanderung  der  Dotier  =  Ii ;  1(J(KJ  Wanderungen  griechischer 
Stimme.  8;  850—775  Lykurg  ist  in  9  ebenso  verschwunden  wie  die  vOUii;  « 
v.''  rr]n-f>n  Zahlen  der  römischen  KTmigjigeschichte  u.  a.  m.  Hegen:  Um 
400  Antitophanes  möchte  ich  einwenden,  daaa  die  politisch  bedeutsamen 
Hauptwerke  diese«  Dichtem  swiachen  490  und  ilO  fkllen.  Die  Erlftute* 
Tungen  zur  Kun^t-  und  Culturgeschichte  des  Alterthums  weisen  die  den 
Änderungen  des  Huupttextes  entsnrechenden  Umgestaltungen  auf.  So  kann  ' 
denn  die  neunte  Auflage  mit  liecbt  als  eine  verbesserte  bezeichnet  werden 
nnd  sei  allen  bisherigen  Freunden  det  Gindelj'achen  Lehrbuches  betten« 
empfohlen. 

Prag.    Dr.  Ludwig  Singer. 


Tke  Criekei  on  the  Mmrih  von  CKarte$  IHetoM«  Für  den  Schal- 
gebrauch herausgegeben  von  Prof.  Dr.  Hans  Heim.  Wien  nnd  Prag, 

F.  Temp^ky,  18*^8 

Bereits  im  verÜoHsenen  Jahre  wurde  von  dem  Unterzeichneten  die 
von  demtelben  Herausgeber  besorgte  Schulausgabe  von  iJickenJi'  Chriitmat 
Carol  in  günstigstem  Sinne  besprochen,  und  auch  die  obige  Publication 
wird  ohne  Zweifel  von  den  FachcoUegen  als  eine  willkommene  ErKcheinung 
begrübt  werden.  Kin^^eleitet  wird  üie  mit  einer  knappen,  aber  das  Wesent- 
liche enthaltenden  Biographie  dei  Dichters  sowie  mit  Bemerkungen  Ober 
Ent=tehnn<r  nnd  Sprache  des  vorliegenden  Weihnachtsmärchens,  mit  näheren 
Angaben  über  die  darin  eingeflochtenen  Hochzeitsbräuche,  endlich  mit  dem 
Hinweis  auf  den  dieser  Erzählung  zugrunde  gelegten  Text,  sowie  Er- 
wähnung einiger  Qewfthnmänner,  deren  Blitthei hingen  verwertet  wurden. 
Tnter  den  vorangeganjrenen  Comnient-it'.ren  wird  besonders  Hoppe  genannt, 
der  leider  zu  trüb  verstorbene  Verlader  des  (in  2.  Auflage  fragmentarisch 
erBchtenenen)  engltschen  Supplement- Lexikons.  Wenn  Hoppes  Au<^be, 
wie  nicht  anders  zu  erwarten,  gediegen  ist,  so  weist  doch  die  von  Heim 
manche  Verbesserungen  und  neue  Erläuterungen  auf.  Allerdings  berichtigt 
Heim  an  einer  Stelle  10,  13  Hoppe  gegenüber  etwas,  was  bei  diesem  sich 
nicht  tindet.  , Johns  Witz,"  heißt  es  am  erwähnten  Orte,  „bezieht  sich  auf 
die  früher  übliche  Subtractior  !  »rmel  (nicht  Addition,  wie  mW  lfr>ppe 
manche  Herausjjeber  meinen)."  Jtlit  Hoppe?  Gewisa  nicht.  Vgl.  A.  Hoppe  sehe 
Ausgabe  (Berlin,  Langenscheidt,  1878)  7,  81.  ..Die  Phrase  ist  vom  Sub- 
triiliieren  genommen. "  In  27,  27  nimmt  Dickens  diis  W<jrt  bull-headed 
wohl  nicht  als  Synomym  von  clumsy,  da  er  sonnt  nicht  looking  hinzu- 
gefügt hätte.  Bei  der  Lbersetzung  „plump"  gienge  übrigens  dan  iiieichnis 
mit  dem  bull'head  verloren.  :?omit  wäre  zu  übersetzen:  stierkopfartig, 
«tierköpfig  aussehend.  Wie  bei  comhirf  (34,  15)  auf  die  verschiedene 
Accentuierung  von  vb.  und  sb.  aufmerksam  gemacht  wurde,  wäre  daA 
gleiche  aaeh  bei  o<mv«r«e  (89, 15)  nicht  nberflüssig  gewesen.  Für  mocterofo 
l3r>,  :*2)  als  adj.  und  als  vb.  fand  sich  eine  Analogie  bei  esHmate  (39,  32) 
als  sb.  und  vh.  Da.<?s  die  Bemerkung  Heini.<<  40,  4,  die  Nohih'/y  bilde  einen 
geschlossenen  Stand,  nicht  zutritlt,  erhellt  aus  tlhcotts  Kn<?liitid  i  i.ondon,  Chap- 
man  and  Hall)  p.  316  ff.,  woselbst  es,  an  das  Citat  aus  Macaulay  anschließend 
(Hist.  of  Engl.  L  37.  Taochnit/,  Ed.  i.  auf  p.  317  hei(.>t:  llenc/t  In  ihh  cnuntry 
<ftere  was  never  egtablished  a  barrier  btiween  the  patrician  and  plebeian 
MC^ioRjr  of  tk€  eommunity,  such  an  iha^  uMdi  gretc  up  and  sUU  in  sonte 

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856 


LiterarUche  ßuncUchau. 


meomre  exitta  on  the  Continent  WHh  Ihe  exception  of  fhe  peertt  them' 

sclrfif,  trhose  prir?'I(;/fs  hehmg  to  them  as  hereditnrif  ffijiafatont  and 
cmmciUora  of  ihe  Crmrn,  fhe  secovd  has  ahrnys  been  in  all  subslantiaf 
ihings  on  an  equality  irilh  the  first.  And  eoen  an  regctrd»  metely 
honarnry  distinctions.  the  line  whieh  Mparates-  them  V.«  sh'ght  and 
evanescent.  liehceen  the  son  of  ihe  ffounrjt*r  fon  of  the  gi'eafesi  ditke  in 
the  land  and  the  son  of  a  sucoessful  iraäer  no  titular  distinction  tchat- 
tver  ig  reeogtdted.  In  the  fohah  af  the  three  kinffdam»  there  are  only 
Kij-fcfu  or  sevenfeen  huudiwjl  pt-rsuns,  from  fhe  premifr  peer  to  th(  Ju- 
nior haronet,  v'ho  orf^  in  possession  of  hereditary  dignities:  white 
atyroad,  on  the  contrari/,  ,/oreiffn  connts  and  barofis"  —  to  use  a 
familiär  phraae  —  are  numbered  nai  by  hundred^^  but  by  hundredn 
of  Uwnsand.s. 

In  der  Annicrkun|^  zu  üiei*er  Stelle  führt  Escott  nach  Angabe  deA 
irländiftclien  Wappenkönig»  ( UfHer  Kittg-of'Arme)  die  Zahl  d«r  mit  flber- 

tragbareni  Adelstitel  veisehcnen  P^r-wnen  in  GroGbritanniiMi  uml  Trl.\n«i 
mit  1630  an.  doch  sind  nach  derselben  Quelle  etwa  2(M».ÜOO  vorhanden, 
die  in  dem  continentalen  Sinne  des  Wortes  Adelijje  würen.  Es  ist  ferner 
nieht  einzu.sohen,  warum  es,  wie  Heim  meint,  nicht  einen  niederen  Adel 
in  nn'änroni  S'iniiP  <»f'ben  soll,  da  ja  der  Titel  Sir  mit  dem  Naohworto  Haroivt 
erblich  ist  und  schon  der  persönliche  Titel  Sir  aU  Standeserhühung,  wenig- 
stem sicberlich  in  unserem  Sinne,  gilt,  wie  auch  der  Ansdrack  tobetenighted 
(f^gerittert*  werden)  beweist. 

40,  in  just  so  many  mfkhte  ich  stiitt  mit  «entsprechenrl  viele"  mit 
„lauter"  übersetzen,  ganz  analog  dem  französischen  autant  de  vgl.  la  plume 
aoec  hl  (/iicUe  on  ecrit  et  Innere  du  navire^  le  fnsÜ  du  soldat  aussi  hien 
que  le  bin  in  de  Vtirlistr  »  f  Ir  risfjuu  du  sridpfeiir  ftont  aufntif  d'objeis 
fabfiqut»  avec  le  fer.  L>i«-  Beistpiele,  welche  üoppe  34,  24  zu  dieser  Stelle 
dtiert,  uro  seine  Behauptung,  es  ließe  sich  so  mtmy  und  so  mn«h  in 
Vergleichen  nicht  übersetzen,  sind  nichts  weniger  als  beweiskräftig,  so 
die  Stell«;  in  Christmas  Carol:  Allei/s  and  archfrar/<f  like  so  many  cesspooh, 
disgorged  their  offences  of  smell;  übersetze:  Gässchen  und  überwölbt»* 
Thorwege  strOmten,  als  waren  sie  lauter  Senkgruben,  ihre  widerlichen 
norrichf  nus*.  1)(  sfjIeiLluMi  dii'  andere  Stelle:  ihe  criftp  Irm-"^  of  holly^ 
mistletoe^  and  ivy  refiecUd  back  the  Ught  as  if  so  many  iiltie  mirror* 
had  been  seatUfrn  Uunre.  Die  frischen  Bfütter  von  Stechpalme,  Mistel  und 
Epheu  warfen  dos  Licht  zurück,  als  ob  lauter  kleine  Spiegel  dort  verstreut 
lagen.  41,  2H  a  four-pair  front  kann  hior  keinpswoir-  mh>  Voiderzimmer 
im  vierten  Stocke  bedeuten,  wa^  aus  dem  g-anzen  Zusauiiuonhanne  und  be- 
sonders aus  dem  nebenstehenden  Genitiv  of  a  deeideredüe  family  monsiim 
crhf'llt.  KfMcnsent  zweifelt  übrigens  sehr,  ob  ronm  in  solchen  Fallon 
wegbleiljen  kann.  Der  Ausdruck  Londoner  «Oberbürgermeister''  ist  irre- 
führend, weil  man  daraus  auf  das  Vorhandensein  eines  «weiten  BOrger» 
meisters  schließen  konnte  ÜV^Tdies  wäre  dabei  in  Erinnerung  zu  bringen, 
das»  der  I>ord  Mayor  nur  Hilrgermeister  der  Londoner  City  und  nicht  des 
ganzen  Stadtgebietes  von  London  ist  (L«rrd  Mayor  of  the  City  of  Jj/ndon). 
Dass  die  Orthographie  honor  statt  konour,  wie  sa  49,  27  bemerkt  wird, 
immer  ni«>hr  in  Kn<;lan(l  inn>irh<^reife,  hatBecensent  aus  GrseQgninen  der 
Praise  nicht  entnobmen  können. 

Schließlich  noch  ein  Wort  d«^^  Lobes  fUr  die  schöne  Ausstattung  des 
Buches,  den  fehlerfreien  Teit  und  die  das  Verständnis  fSrdemden  lllu* 
strationen. 

Prag.    Gustav  Reiniger. 

Otto  Willniann;  Geschichte  des  Idealismus,  in  dreiBänden,  ilLBand: 
Per  Idealismus  der  Keuieit  Brannschweig  1897.  8<».  961  $. 

Auf  die  beiden  ersten  Bände  des  vorliegenden  Werke«  habe  ich  im 
IX.  .TahrqTinijp  dio«or  Zeitschritt  S.  214  ff.  und  im  XI.  S.  ViO  ff.  hingewiesen. 
Nun  liegt  das  ganze  Werk  abgeschlossen  vor,  und  es  möge  mir  gestattet 
sein,  auch  von  dem  reichen  Inhalte  des  letsten  Bandes  hier  einiges  mit* 


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Liteiturisclie  Kund^ichau. 


357 


zutheilc'it.  um  eiiii-  Vorsstellun^'  zu  ^oben.  was  das  Buch  enthält,  uml  da- 
dnreh  anxuregen,  es  zu  lesen  odw  vielmehr  zu  studieren,  denn  einfaches 
Lfsen  f^pniii^t  da  niiht.  IiIh  I hir-tdlunj^  ist  freilich  auch  in  dio^eni  Bande 
Hlles  Lobes  wert,  der  ungeheure  6to1i  ist  klar  und  übersichtlich  diäponiert, 
durch  VenrdtQngen  nach  vor>  und  rOckwfirts,  auch  durch  wteaerholte 
Hervorhebang  der  wichtif^sten  Gesichtspunkte.  Zusainmenfassunsren  der  ge- 
wonnenen Resultate,  Vorblicke  und  Überblicke  über  prößcif»  Gebiete  ist 
dem  Verständnisse  zuhilfe  gekommen:  alle  Vorzüge,  die  ich  au  den  ersten 
Bftnden  gerühmt  habe,  gelten  auch  hier,  nber  auch  hier  ist  der  ^UnfS  auf 
große  Strecken  a^-trnct  und  —  wideinpriclit  oft  so  sehr  den  hiui^obrachtcn 
landläufigen  Urlbeilon  und  Wertschätzungen  der  besprochenen  Männer  und 
Meinungen  und  ZettstrSmungen .  dtum  ein  Wiederieam  und  Benunen  und 
Nachprüfen  fortgesetzt  erforderlich  Und  das  Buch  will  ein  lotcheB  Nach- 
prüfen; eü  will  vorgefasste  Meinungen  und  falsche,  wenn  auch  weit  yer- 
breitete  L'rtheile  beseitigen  und  berichtigen. 

Wer  den  Bnnd  in  die  Hand  nimmt,  muM  fentbalten,  dam  das  Wort 
Idealismus  nicht  in  dem  gewöhnlichen  Sinne  gebraucht  ist,  wie  da«»  schon 
gleich  zu  Anfang  des  Werkes  erklärt  wurde.  Idealismus  bezeichnet  ja 
geradeKU  Ehitgegengesetztes  (S.  ?ü9ff.),  und  dait  ist  ro  gekommen,  weil  das 
sugrunde  liegende  Wort  Idee  einen  starhen  Bedeutungswechsel  durch- 
gemacht hat.  Bei  Plato  bezeichnet  es  die  Wesenheit  der  Dinge,  ist  als 
deren  Vorbild  gedacht;  die  großen  (jcholastiker  wenden  das  Wort  zur  Be- 
seichnung  der  göttlichen  G^anken  an,  aber  auch  im  anbjectiv^-noenseh- 
liehfn  Sinne,  indem  auch  beim  Künstler  von  idea,  ideare^  ideatum  die 
Uede  ist:  bei  den  Nominalisten  bereitet  sich  die  öubjectivierung  dieser 
Begrifi'e  vor,  und  die  neuere  Zeit  gebraucht  dann  irfca,  »dec.  Idee  in  der 
Bedeutung  von  Vonitellung,  und  von  da  geht  dann  die  Verwirrung  im 
Oebrfinch»^  der  alten  Tennini  weiter.  Bei  W.  ist  an  der  ursprünglichen 
Bedeutung  festgehalten,  idealistaus  ist  ^ene  Denkricbtungi  bei  weicher 
mittet«  der  idealen  Principien:  der  Idee,  des  Maßeti,  der  Form,  de»  Zweckes, 
des  (tesetzes.  das  Vorliilltnis  des  Göttlichen  zum  Endlichen,  de^  Seins  zum 
Erkennen,  der  natürlichen  zur  sittlichen  Welt  bestimmt  wird"  (S.  :iOB). 
I'ythagoras,  I'lato.  Aristoteles  sind  Vertreter  dieses  Idealismus  im  Alter- 
thnme;  die  christliche  Speculation  hat  diese  Lehre  aufgenommen  und  fort- 
geführt: bezeichnen  jene  ijiofien  Philosophen  den  Höhe]tunkt  des  Idealismus 
in  der  Ueidenwelt,  so  Augustinus  und  die  Uauptvertreter  des  scholastischen 
Realismus,  Thoniofl  v.  Aquin  suhOehst,  im  christlichen  Mittelalter.  In  der 
Neuzeit  müs^'en  demnach  als  Vertreter  iles  Tdealismu«  jene  Denker  be- 
zeichnet werden,  welche,  an  diese  anschließend,  das  Erbe  der  antik-christ- 
lichen, auf  jene  idealen  IVincipien  geb.iute  Philosophie  fortführen.  Sollen 
auch  andere  Gedankengebilde.  die  .sich  von  der  philo-^ophi.^chen  überliefe- 
rnnjT  entfV^men  oder  gar  mit  aller  Tradition  brechen,  den.selben  Namen 
führen  wie  jene,  dann  kann  nur  die  eine  Kichtung  den  Flamen  mit  Kecht 
ftihren  und  einem  echten  Idealismus  muss  ein  unechter  entgegengestellt 
werden. 

Im  Lnnfe  der  Zeiten  drän^ifte  der  unechte  den  echten  in  den  Hinter- 
grund, dann  zeigten  sieh  nach  der  weitesten  Abirrun«.'  wieder  Wendungen, 
die  zum  echten  xurückleiten.  Damit  i^t  für  die  Gesehiehte  des  Idealismus 
die  Gliederung  gerrebcn .  wie  sie  die  HauptHl>^chnitte  ■!  -  vorliegenden 
Bttcb^  bezeichnen,  nämlich  1.  die  Vertreter  des  Idealismus  tier  Uenai«sance, 
9.  der  unechte  Idealismus  (Deseartes.  Leibniz.  Sj^inoza,  die  englischen  Philo» 
sophen,  die  Führer  der  Aufklärung),  3.  die  Subjectivierung  des  Idealen 
durch  Kants  Autonomismus.  In  diesem  liegt  ,der  Gegenpol  gegen  den 
Thomismus".  Die  folgenden  Abschnitte  beschäftigen  sich  mit  der  Wieder- 
gewinnung der  idealen  Principien,  xind  zwar  weist  der  4.  die  Anfänge 
dazu  auf,  die  sich  in  den  verschiedenen  .Systemen  nwd  liichtuniien  der 
neueren  Zeit  zeigen;  der  5.  behandelt  «das  historische  l'rincip  als  Weg- 
weiser xuro  echten  Idealismus",  der  6.  ist  ,.Die  Erneuerung  des  Idealismus** 
libencbrieben:  er  leitet  mit  Aussichten  und  Forderungen  in  die  Zukunft 
über.  —  Wenn  der  I.  Band  die  Begründung  und  Ausbildung  des  idealismu*« 
»childerte,  der  11.  die  Uöhepankte  in  der  Wrbindung  der  antiken  mit  den 


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358 


Literarische  Rundschau. 


christlichen  Anschauungen  aufwies,  lehrt  der  III.  Band,  wie  ^la-s  Instorische 
Vorstrmdnis  für  die  £ntwicklang  dieser  Philosophie  sich  allmählich  erachlow 

und  wirkte. 

DafUr  i«t  gleich  der  erste  Absciinitt  von  besonderem  Inter'^^so.  In  clor 
Geschichte  der  I'hilosopliie  wird  die  Zeit  vom  letzten  Viertel  des  X\r.  bis 
zum  ersten  Viertel  des  X Vi I.  Jahrhunderts  gewöhnlich  als  Übergangszeit, 
die  keioe  bleibenden  Leiitnngen  beryorirebracht  babe,  abgethan.  W.  zeigt, 
dass  diese  Periode  auch  für  die  Philosophie  Leistungen  von  nachhaltiger 
Wirkung  aufweist  nnd  dass  man  dieser  ganzen  Zeit  nicht  gerecht  wird, 
wenn  man  nur  mit  intereiwc  für  die  neologidchen  KrÄcheiuungen  heran- 
tritt und  die  ..aeibstfindigen**.  weil  ihres  Standpunkte»  sicheren  Vertreter 
der  phifm^ophin  pfrfmnis  nicht  windiiit  Das  Andringen  und  Eindringen 
antiker  Elemente  seit  dem  XV.  Jahrhunderte  äul>ert  sich  da  in  verschiedener 
Richtung,  tia  findet  eine  Erneuerung  pythagoreischer  und  platonischer 
Anschauungen  statt:  Nikolaus  v.  Cusa  ragt  hier  bedeutencf  hervor;  Mar- 
silius  ricinus,  Johannes  Pions  u.  a.  Duhamel  kann  als  Vertreter  augus ti- 
nischer DenkrichtUDg  genauui  werden,  dem  sieh  dann  viele  anschlot^n: 
der  christliche  Aristotelismus«  dessen  Kern  der  Thomismus  bildet,  wirkt 
fort  vom  Mittehilter  zur  Neuzeit.  Also  die  alten  j^roßen  Namen  bezeichnen 
uns  wieder  die  verschiedenen  Wege,  die  die  Spcculation  betritt,  nur  dass 
jetzt  auch  historische  Orientierung  gesucht  wird.  ,,Da«  Mittelalter  hatte 
eine  historische  Gesinnung,  aber  keine  historische  Bildung,"  nicht  zuviel 
Tradition,  wie  man  gewöhnlich  meint,  sondern  gerade  zu  wenig  S'  14). 
Die  Denk-  und  Forschungsweise  der  Henaissance  erneuert  nicht  bloß  den 
Idealifimus  der  Alten  und  der  Kirchenväter«  sie  erf^nzt  auch  den  Realinnus 
der  SchoIa-^tiVer.  Gehen  die  Strtbnngen  auch  auseinander,  indem  man  auf 
verschiedenen  W^egen  die  Wahrheit  zu  erreichen  sucht,  innerhalb  des  Kreises 
der  Vertreter  des  Idealismus  herrscht  doch  ^die  gemeinsame  Überzeugung, 
dass  es  dieselbe  Wahrheit  ist,  die  vor  alters  gesucht  wurde,  der  nun  mit 
neuen  Hilfsmitteln  nachzus^inren  ist;  dif'^^'lbe  zugleich,  auf  welche  der 
Glaube  und  die  Vernunft.  Theologie  und  Philosophie  hingeordnet  sind,  und 
dass  der  heraosgearbeitete  Wahrheit§*  und  Weisheitsgehalt  den  Probierstein 
fttr  di*^  andrängenden  neuen  Erscheinungen  zu  bild' n  habe"  (^.  IHK 

Der  Idealiiimus  gibt  denn  auch  den  Maßstab  tur  die  Bestimmung  des 
Werte»  der  speculativen  Neubildungen  der  folgenden  Zeit;  Je  n&ber  sie  ihm 
blieben,  umso  jfftrderlicher  sind  sie  der  gesunden  Speculation«  je  weiter  sie  nch 
davon  entfernen,  umso  mehr  werden  sie  von  den  Zeit^trömnngen  mitgerissen, 
verarmen  an  Wahrheitsgehalt  und  kehren  sich  schlieblich  gegen  die 
Wahrheit  „.fenes  Nahebleiben  gilt  von  den  hervorragendsten  unter  den 
neueren  V'pnkern,  Desc.artes  und  r>eibniz,  am  meisten;*  auch  ihre  Philo- 
sophie ist  S^nkretismu«.  geht  aus  auf  Bindung  von  Unvereinbarem,  aber  sie 
halten  fest  an  der  Einheit  der  Wahrheit.  Bei  anderen  Philosophen  zeigt 
sich  der  Irrthum  von  der  doppelten  Wahrheit  im  Widerspruche  zwischen 
Lehre  und  Leben  oder  ein  völliges  Hrerh<'n  mit  der  antik-christlichen  Tra- 
dition und  Verfallen  in  die  dem  Idealismus  eutifegengesetzten  Denkrichtungen, 
den  Nominalismus  (in  extremster  Form  bei  mbbe»)  und  Monismus  (Spinoza). 
Locke  gibt  das  Forschen  nach  den  Principien  der  Dinge  ganz  preis.  ;inrf 
die  damit  gegebene  Verflachnng  der  Philosophie  greift  weiter  um  sich  in 
der  Aufklärung  und  dem  Naturalismus  des  XVllI.  Jahrhundertn-  Die  ganze 
Entwicklung  oder  Abwicklung  dieser  bpeculation  ist  begleitet  vom  Skep- 
tici^mus,  ein  Beweis,  dass  sich  das  Gefühl  der  l'nsicherheit  nicht  unter- 
drücken ließ.  —  Die  einzelnen  Hiebtungen  werden  eingehend  besprochen; 
der  Kaum  gestattet  nicht,  hier  auch  nar  einiges  näher  aussufQhren,  obschon 
so  vieles  auch  für  „Nicht-Philosophen"  so  interessant  ist.  Beisjiielsweise 
führe  ich  an  die  Aufhellung  der  Wechselwirkung  zwischen  Philosophie 
und  Mathematik  und  Astronomie  S.  4.")  ^.  90  Ö.  Beslrebungen  der  Art, 
wie  sie  im  Dr.  Faust  verewigt  sind,  erscheinen  als  »verwilderter  Plato- 
niMuns"  S.  91.  Die  Vernachlässigung  d«  r  Fthik  in  der  neueren  Philosophie 
führt  zum  Cultus  des  Staatsidols  eineiäeit»,  zum  radicalen  Autonomismus 
anderseits;  «man  muss  gestehen,  dass  Socialismus  und  Anarchismus  von 
weither  durch  die  Philosophie  vorbereitet  sind";  awenn  irgendwo,  so  ver* 


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Literarische  Kunduchau. 


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räth  sich  die  l  uechtheit  des  Idealismus  der  Neuzeit  an  den  monströsen 
Consequenzen,  zu  denen  er  auf  dem  praktischen  Gebiete  geftShrt  hat."  S.  224. 
S.  575  ff  —  Die  3charf:<te  Verurthelhin^  erfährt  SpinoJia  (J?  06  .  Naeli  d*T 
WiA  unbedingten  Bewunderung,  die  sein  Sjätem  im  vorigen  Jahrhunderte 
gefunden  hatte,  baben  Herbart.  Trendelenbur^,  Thomas,  Überwe^j,  Vol- 
kelt u.  a.  den  „bU^ndenden  Schein  einigermaßen  sentreut":  W.  setzt  diese 
Kritik  fort  und  dtckt  vücksiclit>!o.s  alle  Schwächen  und  Vcrkehrtlu'itGn  in 
diei^em  Denkgebiide  aui.  Bei  bpmoza  ^ist  alles  Mache,  erzwungen,  auf  dcheiu 
angelegt,  unsolid"  (S.  88i);  was  ihn^ca  einer  historischen  OrSße  hat  herauf- 
schrauben  la^ssen,  sind  seine  Angriffe  auf  die  Reli^-ion"  (S.  285);  der  Spinc- 
zismus  ^schneidet  der  Wissenschaft  die  ijehnen  durch"  ('S.  305),  er  ist  auch 
„der  Tod  aller  Moral"  (S.  308).  ^Der  Wissenschaft  borgt  er  nur  die  Larve  ub; 
unter  der  mathematischen  Methode  verbirgt  sich  die  Willkür,  die  von  dem 
tcndfn7.in>i(n  «  harakter  seines  Philosophicrens  und  seiner  lückenhaften 
Vorbildung  herrührt"  (S.  34ü).  —  Auch  Kant  erscheint  im  Uchte  de* 
echten  Idealismus  total  anders,  als  man  in  den  landlinfiffen  Bachem  zu 
lesen  gewohnt  i>t.  Diis  Oesaninitmtlieil  üljer  ihn  ist  S.  527  ff.  zusammen- 
gefasst:  ,  Kanin  Gröüe  besteht  darin,  dass  er  sich  an  die  großen  Probleme 
wagte  .  .  .  Der  Wert  der  Vernunftkritik  besteht  darin,  dass  sie  ein  Object 
der  Kritik  ist,  an  dem  diese  mehr  lernen  kann,  als  an  minder  verfehlten 
Formen  des  unechten  Idealismusi  Sie  ist  der  apajron-ische  Beweis  für  die 
liicbiigkeit  der  idealen  Welterkiärung:  sie  führt  die  Leugner  der  intelli- 
giblen  Principii  n  ad  absurdum  .  .  Bei  den  Nachfolgern  Kants  werden 
seine  Irrthüiuer  tbeils  gesteigert,  theil>  al-'  Stamm  zur  Aufpfropfung  anderer 
Elemente  verwendet.  Seue  und  al>er  ni'ue  VerMUch»'  werden  unternommen, 
jeder  Philosoph  glaubt  endgilti;;  der  Speculation  aulzuhelfen,  und  doch 
ergeben  sich  nur  ,.Pnvat8jstem  ihrer  Urheber";  was  der  eine  baut,  reißt 
der  andere  ein,  die  Ermüduni;  ist  beider  T  nbn  f>^.  530  ff.).  Man  nennt 
die^eH  überhitzte  Treiben  die  Blütezeit  der  deut^^chen  Philosophie.  Die 
Blfiten  waren  nur  meitrb  taub,  kaum  hie  nnd  da  erschdnt  ein  Fracht' 
ansut'.,  in  dem  sich  in  dem  Streben,  über  Kant  hinauszukommen,  eine 
Keaction  frejjen  sfine  Trrthnmer  geltend  macht.  Ansit/e  zur  Wiedfr- 
gewmnuni^  idealer  l'rincipien  sich  zeigen.  Ist  es  auch  abinnialsi  ein  unechter 
Idealismus,  so  hat  er  doch  die  grr.l.^ten  Verirrungen  hinter  sich  (S.  534).  — 
Man  siebt,  liandelt  sich  in  I  i  Geschichte  des  Idealismus  nicht 
um  einfache  Gruppierung  und  Darstellung  dessen,  was  da  war,  der  Mei- 
nnngen  und  Systeme,  die  aufgestellt  und  der  Menschheit  Torgetragen 
wurden.  Es  handelt  sich  überall  um  wahr  und  falsch,  was  verfehlt  ist 
und  was  recht  gethan.  Der  Idealismus  bietet  den  festen  Grund  zu  solchem 
Unternehmen,  und  er  ^'ibt  das  Maß.  —  „Oft  adelt  er,  was  uns  gemein 
erschien.  Und  da>i  (ieschatzte  wird  vor  ihm  zu  nichts." 

Wie  er.schrinen  da  unsere  Ciassiker?  A\>  Vertreter  des  Idealismus 
müssen  ja  auch  die  Dichter  eine  Stelle  in  »einer  Geschichte  haben.  \V.  er- 
örtert ihre  Stellung  und  einstelne  ihrer  Werke  an  verschiedenen  Stellen. 
„Goethes  ,Faust'  ist  die  ausgereifte  poetische  Frucht  des  unechten  Idealismus, 
wie  er  .sich  von  so  weither  vorbereitet  hatte"  (S.  372):  die  Art  und  Weise, 
wie  Goethe  Faust  gerettet  werden  lässt,  begründet  dieses  Uttheii.  Aber 
„der  echte  Dichter  kann  dem  Unechten  beirrender  Zeitbestrebnngen  nie 
ganz  verfallen"  iS  ß09).  „Die  Musen  wurden  die  Bundesf^enoasen  dt-r 
edleren  Geister  gegen  die  verflachenden  nn<l  untergrabenden  Zeitbestre- 
bungen" (S,  608).  Hamann  hat  den  Zeitgeno?üen  gegenüber  so  vielfach 
richtig  geurtheilt  (S.  610  ff..  614,  617  ff.);  von  ihm  sind  Herder  und  Goethe 
angeregt:  mischt  sich  auch  ein  rationalistisches  Element  ein,  „in  der  Dürre 


erfrischender  Regen"  (S.  61S).  Goethe  zeigt  Verständnis  Phttos:  seine  Idee 

der  Urpflanze  , beruhte  auf  einer  platoni^^chen  Intuition"  (S.  646  ö".).  Goethe 
b^ichnet  auch  „einen  überraschenden  Fortnchritt  in  Annäherung  an  die 
aristotelische  Denkweise".  „Mehr  ahnend  als  specnlativ  denkend  erobert 
der  Dichter  das  wieder,  was  die  Philosophen  verloren  hatten"  (S.  662—67. 
Das  Verhältnis  Goethes  zu  Kant  S  iV22  ff.).  Von  Schiller  les*'n  wir  S.  (52.")  ff.: 
«Näher  betrachtet  i^^t  die  Abhängigkeit  Schillers  von  Kant  eine  ziemlich 


der  Aufklärung  wirken 


Dichter  doch  wie  ein 


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aco 


Literarische  üundächau. 


ji^mfre  und  sein  geiunder  Sinn  machte  sich  von  den  Verkehrtheiten  de« 

Ki  itici*Tmis  .^nziisn^n'n  in  aller  Stille  los  .  .  .  Ohne  dass  er  es  beabsichti^'te. 
nehmen  die  BestiiuinuD^en ,  die  bei  Kant  einen  subjectiven  6inn  haben, 
bei  ihm  einen  objectiven  an  .  .  (S.  625).  Le»iing4  Zurückgreifen  auf 
die  Poetik  und  Ethik  dm  Aristoteltft  wird  bei  der  Darstellung  der  Er- 
nf»neriing  aristotelischer  Anschauungen  angeführt;  freilich  hh'  n  Lei'sing 
unbekannt  mit  der  Principieolehre  des  Aristoteles,  wie  seine  buaderbare 
Erkl&ranf;  des  „allgemeinen  Charakters"  beweist  (S.  661).  Es  eingibt  sich 
da  ein  Beitra<;  zur  Krklilrung  einer  Stelle  bei  Lessing,  und  so  will  ich  in 
dem  Zusammenhange  die  „Goethephilologen''  auf  S.  787  ft".  aufraerksan» 
machen,  wo  die  rühmliche  schriftstellerische  Thätigkeit  Pleisings  („Harzreise 
im  Winter")  ausführlich  «^cwürdiffk  ist.  —  Leider  hat  W.  seinem  Werke 
keinen  Inlf^x,  weder  der  i'ersonen  noch  der  Suchen,  beigegeben:  di'!  In- 
haltsverzeichniK  gibt  bloÜ  die  Überschriften,  nicht,  wie  bei  der  Uidaktik. 
anch  die  genauere  Gliederung  der  einseinen  Paragraphen  an. 

Die  trefflichen  überklebten  über  dlo  historischen  Forschungen  auf 
verschiedenen  Gebieten  in  unserem  Jahrhunderte  möchte  ich  znni  Schhi«?e 
noch  hervorheben.  Diese  Forschungen  setzten  fort,  was  in  der  Zeit  der 
Renaissance  begonnen  wurde,  sie  fAhrten  zur  klaren  Erkenntnis,  diese 
Krkenntni-  führt  zur  Ernetiernnc^  dr>s  eichten  Idealismus.  Die  letzten  Ab- 
schnitte des  buches  legen  dessen  Wichtigkeit  für  Wissenschaft  und  Leben 
dar:  „Die  idealen  Principien  als  Lebensnerv  der  Wissenschaft"  und  „Die 
idealen  Principien  uU  sociale  Bindegewaiten".  Wie  das  6.  734  angeführte 
Zeu*;nis  Ilioring^  ausdrücklich  beweist,  ist  die  idealistische  Philo«;ophie  viel 
7.11  Wfni>,*  bekannt.  Gelingt  es  dem  Buche  W.s,  in  weitesten  Kveisen  Kin- 
•lan;,'  zu  finden  und  wahrhaft  aufklärentl  zu  wirken,  dann  ist  damit  der 
Ideali-nius  gelordert,  mit  der  Frinr^chunf,'  und  Darstellung  der  Geschielite 
desselben  ist  eine  sociale  Arbeit  gethan  —  gewiss  der  schönste  Erfolg,  den 
man  dem  Buche  wOnscben  kann. 

Prag.    Dr.  IT.  Toisdier, 

P.  Tn-r,  i  1- i  II .  nii  .  1  !  iles  fie.il;^-',  :i i im. -iunis  K,.^ n i Ii--' :  Vierstellige 
logn^nthmische  und  gonioinetrische  Tafein  nebst  den  noUiigen 
Hillbtatein.  iiraunschweig,  Vieweg  u.  Üoha,  lÖOü.  (72  S.)  l'reis: 
60  Pfennige. 

Das  vorliegende  Büchlein  enthJilt  auf  den  ereten  19  Seiten  vierstellig 
die  Mantissen  der  Bdgg'schen  Logarithmen  von  1  bis  10  0(K>;  nrif  den 
beiden  folgenden  Seiten  «ireistellig  die  Werte  von  sin  und  tg,  beziehungs- 
weii*e  CO«  und  coig  der  Winkel  von  0*^  bis  90*)  von  20sn90'  vorschreitend; 
auf  je  zwei  weiteren  Seiten  die  vierstelligen  Logarithmen  von  f(j,  ro.?. 
coiy  der  Winkel  von  0"Ü'  bis  0**  10'  vorschreiteud  von  Secunde  zu  Secunde, 
dieselben  Zahlen  fQr  die  Winkel  von  OO 10'  bis  O^^  60'  von  10  zu  lO''  und  die 
Tonl'>0*0"bis  lOGO'  O"  von  3C  zu  '60"  vorschidtend ;  die  nächsten  3G  Seiten 
nehmen  dip  viei-stelli^en  L-^ynrithmen  der  ^niometrisehen  Functionen  der 
Winkel  von      bis  40*^  ein,  voi-schreitend  von  Minute  zu  Minute. 

An  «Hilfstafeln"  folgen  hierauf:  1.  eine  Sterblichkeitstafel  beginnend 
mit  lO.OOf)  gleichzeitig  Geborenen  und  bis  zu  *len  lOOjährigeu  reichend; 
2.  eine  Tafel  der  Bogen  des  Einheitskreises  für  Lentriwinkel  von  Grad  zu 
Grad  und  für  den  ersten  Grad  von  Minute  zu  Minute  in  vierstelligen 
De(  iiuaibnieli' I) :  3.  eine  vier.stellige  Tafel  der  Quadrat-  und  Cubikiahlen, 
der  i^'u.iJmt-  um)  Cuhikwur/fln  :  4.  iMiie  T;itVI  der  bis  10.  Potenzen  von 
2  bis  »i;  5.  eine  Tafei  der  Binomiaicoetticienten  und  Factoriellen  bis  10  j 
ti.  Aui'sinsungsfactoren  {2,  3,  8^/4,  .  .  .  5^)  mit  ihren  vierstelligen  L<Hta- 
rithmon  Srhlief  lii  h  folgen  in  vier  kleinen  Tafeln  astronomische  und  ideo- 
graphische Daten,  in  zwei  Täfelchen  einige  Ge.^chtiindigkeiten  und  speci- 
fische  Gewichte  und  in  awei»Mi  die  Zahl  n  und  die  häufigst  gebrauchten 
aliquoten  Theile  und  Vielfachen  davon,  Potenzen  und  V^urzefn  und  den 
dem  Halbmesser  gleichen  Bogen  in  Gra<Ii-n,  Minuten  und  Sfeunden. 

Das  Aufschi^en  von  Logarithmen  gelingt  mit  möglichst  wenig  Neben- 
rechnung sicher  und  leicht;  die  ichGne  t^pcgi aithische  Ausstattung  macht 


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Idterariscbe  Eandacbao. 


das  Aufsiuchen  von  Logiirithiut  n  auch  physisch  nicht  uDatreogend.  Die  Aus- 
wahl der  Hilfetiifelii  ist  für  den  Gebrauch  des  Werkehens  «n  der  Mittel» 
schale  svreckm&ßig;  Tielleicht  bOtte  noch  eine  fUr  Verucherangsreelmimgai 

beqneme  TabeUe  der  Zahlen  Q»  ->  ^  und    —  Q.  +    +  +  Q.»  Auf- 

nahme finden  sollen. 

Die  Gcnaiii^kt  it,  wi  N  he  mit  vior.stelllgfn  Lo^^^arithmen  sich  erreichen 
VÄmt,  ist  wohl  Hlr  viele  Angaben  der  iMittelschule  hinreichend;  ob  aber 
der  geringe  Mehranfwand  an  Arbeit,  welchen  die  Rechnung  mit  f&nf* 
atelligen  Tafeln  erfordert,  aus  GrQnden  weiterer  Verwendbarkeit  einerteita, 
nns  didaktischen  Gründen  andor^oits;  nicht  doch  in  den  Kauf  genommen 
zu  werden  verdient,  möge  hier  dahitiff^tellt  bleiben. 

Wegen  ihrer  besonderen  HandüchkeH  und  Übersichtlichkeit  aber 
werden  die  in  Kede  stehenden  Tafeln  wohl  auch  außerhalb  der  Schule 
ihre  i  reunde  finden. 

Wien.    Dr,  Eduard  Maifi, 


Programm. 

Prof.  Dr.  S.  Oppenheim:  Zur  Lehf«  TOn  dw  Centralbowegung  In 
el^entarer  Darstellung.  (Aus  dem  Programme  des  k.  k.  Staati- 

Obergymnasiums  in  Aman  1897.  24  S  ) 

Die  Bedeutung  der  Kepler'selien  Gesetze,  sowie  Newtons  Leistung 
bei  Constatierung  des  Gravitation.sgesetses  kann  nicht  erfosst  werden,  wenn 
nicht  auch  der  ganze  mathematische  Gedankengang  geläufig  geworden  ist. 
Der  physikalische  Unterricht  soll  aber  gewis?  nicht  darauf  verzichten,  diese 
epochalen  wissenscbaftlicbon  Ereignisse  der  Jugend  vorzuführen,  und  bedarf 
daher  einer  Methode  der  Darstellung  des  Oegemtavdes,  welche  dem  geistigen 
Niveau  der  Schill  er  ans^epasst  i.st. 

Das  Gymnasium  behandelt  die  Gravitationsmechanik  in  der  VII.  Ciasse. 
in  welcher  auch  die  analytische  Geometrie  vorgenommen  wird;  die  Real- 
schule hat  in  der  VI.  Classe  Mechanik,  analytische  Geometrie  aber  erst  in 
der  VII.  Classp.  An  Realschulfn  ist  somit  ein*^  Entwicklung  des  Gravitations- 
gesetzes aus  den  ivepler'schen  Sätzen  auf  analytischem  Wege  ausgeschloss^en; 
es  kj(nttte  erst  —  und  das  wftre  allerdings  sehr  sweckmftßig  —  gelegent- 
lich der  Wiederholung  in  der  Mathematik  auch  ein  analytischer  Weij  »re- 
zeigt werden.  Im  Gymnasium  müsste  alier  zur  Zeit,  als  die  Physik  bis  zur 
Gravitationslehre  gediehen  ist,  die  analytische  Geometrie  der  Kegelschnitta- 
Unien  wenigstens  im  Ciange  sein,  was  kaum  durchi'ührliar  scheint,  so  dass 
in  unserer  Mittelschule^  fürs  erste  ein  synthetisrher  We<^  der  A'tleitung  des 
Newton  sehen  Gesetzes  aus  den  Kepler'«chen  Gesetzen  unvermeidlich  er- 
scheint. 

Referent  liat  einen  solchen  seinerzeit')  anffegeben  und  gezeigt,  das> 
sofjar  die  'rrifjonoiuctrie,  die  an  der  Keaischule  in  der  VI.  Classe  bej^innt 
und  oft  nicht  weit  genug  vorgenommen  ist,  wenn  der  Physiker  die  Centrai- 
beweguttgen  bespricht,  für  den  in  Rede  stehenden  Zweck  entbehrlich  ist. 

Die  vorliegende  Abhandlung  zeigt  einen  analytischen  We^^,  der  sehr 
hübsch  uod  als  Übungsstolf  im  wiederholenden  mathematischen  Unter- 
richte sehr  SU  empfehlen  nt.  Daas  der  Mathemataknnterricht  den  physi- 
kalischen unterstützen  soll,  bedarf  keines  Beweises;  in  unserem  Falle  erhält 
er  aber  zugleich  von  der  Physik  einen  trefflichen  f ibungsstotf,  der  mehr 
Interesse  bietet  als  manchem  Beispiel,  das  iilier  die  Schulstunde  hinaus 
keinen  Wert  hat. 

Nach  Definition  der  physikalischen  Bef^ritie  Geschwindij^keit  (u,  v), 
Beschleunigung,  Kraft  und  deren  Componenten  und  nach  Fassung  derselben 
in  die  Sprache  der  Analysis  wird  der  Flftchensats:  c  «  x  t  —  y  u  und 
hierauf  das  Yerh&ltnis  der  Gesofawindigkeitscomponenten  t  :  u  für  ti^nd 


')  Zeitsch.  (.  d.  Koal9c))ulwe9en,  Jahrg.  1S91. 
„Olterr.  Mlt(«lichate»\  ZII.  Jahrg.  21 


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362  Literarisclie  Randachan.  —  Abormalif^e  Bitte. 

ein  Bahnelemerjt  ahijeleitet.  Lot/.tt're«  ergibt  -^ich  sowohl  aus  dm  Mitt«  !- 
punktagleichung  der  gegebenen  Kegelschnittsiinie  aU  auch  aua  ir<;en  l 
einer  anderen  Gleichung  derselben.  Aus  der  Brennpuuktsgleichung: 
y'  —  —  2p  t  X  —  (l  —  »»)  X*  +  p«  beispielsweise  m: 

=•  —  ä—  9  m,  ▼  =  m  n. 

Aus  den  Geschwindigkeitscomponenten  u  und  v  werden  die  Be- 
«ichleunigungMomponenten  durch  «ne  etwas  längere  aber  principiell  ein- 
facbe  fiechannir  sefanden  und  xwar: 

^  st  " 
 3t   0-  y  


C  ^  TO 

und  daraus  die  Centraikratt  in  der  Form;  ^  ^         •  j:^.  Die  Auswertung 


der  Große  \*  ^       ftthrt  dann  m  bekannter  Weise  auf  das  dritte 

P 

Kepler'sche  Gesetz,  welches  diefle  Größe  als  eine  für  alle  rianeten  con- 
stante  erklärt 

Her  Vorf;xis«^r  hat  sich  nicht  mit  dieser  für  die  Mittelschule  aus- 
reichenden betnichtung  begnügt,  sondern  er  bat  in  dankenswerter  Weise 
auch  das  allgemeine  Bertrand*sehe  Problem:  ^weldie  ▼erschiedenen  Orte 

kann  der  anziehende  Korper  innerhalb  eines  Kegelschnittes  einnehmen, 
wofern  das  \Virkiing«g&set2  der  anziehemlen  Kralt  einer  jjewissen  be- 
RChränkenden  Bedingung  unterworfen  wird:  so  z.  i*>.  der,  da«*  »ie  nur  vom 
Leitstrahle  r  als  dem  Abstände  des  angesogenen  v«ni  anziehenden  Korper 
nnd  nicht  anch  von  den  Coordinaten  x  und  y  al>han^'i<;  sei"  in  nber-^icht- 
licher  und  leichtfasslicber  Weise  vorgeführt.  Dazu  hat  er  noch  den  Beweis 
eingeschaltet,  dass  die  Geschwindigkeit  der  umlanfendoi  MasM  an  jeder 
Stelle  der  Dahn  der  Länge  der  Normale  umgekehrt  proportional  ist, 
weicht'  man  vom  l 'entralkörpor  auf  die  augenblickliche  Bewejrunj^richtung' 
der  Masse  ziehen  kann.  Ferner  ergibt  sich  als  hübsches  Nebenproduct 
der  Satz,  dass  das  Verhältnis  der  Geschwindigkeitscomponenten  in  jedem 
Bahnpunkte  mit  der  Kiohtnngscorf't-inten  der  Tangente  an  jenem  Punkt 
identisch  ist,  d.  b.  umgekehrt,  dat«H  die  Bewegung  in  jenem  Augenblicke 
in  der  Richtung  der  Tangente  Torsicl^seht 

Die  Abhandlung,  die  ebenso  originell  als  didaktisch  wichtig  ist,  wird 
jeder  niit  Vergnügen  lesen. 

Wien.  Mcäß, 


Abermalige  Bitte. 

Im  Jüngsten  Hefte  der  «Mittelschule"  (S.  256)  ersuchte  ich  nro  ge- 
fällige tTbereendnng  des  Verseichnisses  der  literarischen 
Arbeiten  seiteng  der  an  den  österreichischen  Mittelschulen 
angestellten  Lehrkräfte.  Wohl  wurde  von  vielen  Herren  diese  Bitte 
in  collegialster  Weise  erflillt;  allein  es  dflrfte  jene  Bitte  doch  noch  manchem 
entgangen  sein,  und  daher  bin  ich  «*o  frei,  dieselbe  nochmals  dringend  und 
höflichst  zu  wiederholen.  Gerne  möchte  ich  daj)  geplante  ^Uepertorium  der 
literarischen  Arbeiten  im  österreichischen  Mittelschulwesen"  bis  zum  näch- 
sten Mittelschulta^  fertig  vorlegen  und  bitte  daher  bis  längstens  Mitte 
.T n  n  u  n r  da»  Vcneichnis  SO  flbenenden.  Schon  heute  dankt  für  die  BrfftUaog 
seiner  Bitte 

Dt*  «71  Sinum 
(Eger,  Oymnaeinm). 


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Inhaltsverzeichnis. 


Vorträge  und  Abhandlungen. 


Faihrceht  Friedrich,  Dr..  Die  Schlacht  bei  Marathon   129 

Fuchs  Josof,  Roms  Strategie  zu  Beginn  des  zweiten  punigchen 

t^i'i^?^^»'^  ■   •   •   ■   •   •   •   •   -   •   •   •  ■ 

<»uttnii*nn  Mftx,  Vom  U.  Deutschen  Turnfe-st;'  in  Hamburg     .   .   .   .  :j04 

Haas  Karl,  Dr..  Die  Mathematik  der  alten  Ayypter  .  .   '2b9 

Hüfler  Aloi.s,  L>r.,  Wie  soll  der  })sycholo^i.sche  Unterricht  an  Mittel- 

«ciiulon  und  wie  soll  die  pädagogische  Psychologie  y.u  den  t'o.sta- 

iaton  der  modernen  Gehirn])hy'iiolQgie  Stellung  nehmen?  ....  1 

Keim  Franz,  ünserm  Kaiser  zur  Jubelfeier   257 

Löhner  Rndoif,  Dr..  Lber  das  Au.smaß  correcturpflichtiger  Arbeiten 

an.s  Deut^sch  an  Gynina-sien   293 

MIchalltschte  Anton,  ('aelo-Tellurium  .  .  •  •  •  •  •   295 

KomanoTsky  A.,  über  die  Beobachtung  in  der  Schule    M 

Spengrler  Franz,  Dr.,  Adalbert  Stifter  als  Erzieher   IGO 

Spitzer  8.9  Dr.,  Die  lateinischen  und  griechischen  Hausarbeiten  im 

Cnterprynma.'jium   155 

—  Das  gegenwärtige  Classificationsverfahren   272 

Witasek  Stephan,  Dr-,  Über  psychologische  SchuWersuche   18 

Wotta  Josef,  Über  Schülerausschließnngen   282 


Vereinsnachrichten. 

A.  Sitzungsberichte  des  Vereines  ^Mittelschule'*  in  Wien  .  44,  189,  307 
JJ.  Sit7Aingsbericht€  des  Vereines  „Deutsche  Mittelschule"  in  Frag 

50,  195,  321 

C.  Sitzungsberichte  des  yereines  Die  Realschole"  in  Wien  .  .  200.  323 
1).  Sitzungsberichte  des  Vereines  „Mittelschule  für  Oberösterrcich  und 

Salzburg  in  Linz"  7(V2(Hj,  328 

E.  Sitzungsberichte  des  Vereines  „Bnkowiner  Mittelschule"  in  Czer- 
nowitz  ■   77.  215.  331 

F.  XVI.  Protokoll  der  Archäologischen  Conimission  für  die  öster- 
reichischen Gymnasien   84 


Hiscellen. 

Uolzer  Josef,  Jubiläen  des  Jahres  1898    88 

—  Nachtrag  zum  Artikel  «Jubiläen  des  Jahres  1898"  237 

Jasknlski  Corn.,  Über  den  Einfluss  der  ästhetischen  Anschauungen 

Kant^  auf  Herder   .  223 

L00.S  J.,  Dr.,  Die  Gymnasialarchäologie  auf  dem  Dresdener  Philo- 
logentage (1H97)  23a 


364 


Inhaltsverzeichnis. 


Literarische  Rundschau. 


Bahlseu  L.  und  Heugesbach  J.,  Schulbibliothek  französischer  und 
englischer  Prosaschriften:  Boeiisel  0.  und  FIck  W.,  Sammlung 
englischer  Gedichte  (Würzner)  103 

—  Schulbibliothek  französischer  und  englischer  Prosa^cbriften  aus 

der  neueren  Zeit  (Langer)  250 

Bley  Frang»  botanisches  Bilderbuch  für  jung  und  alt  CX'schernich)  .  117 

Bttjtlniann  und  Wairner,  Das  alt.-  Kom  (Hö"k)      .  .    99 

Dettl  Fr.,  Unter  Hubsburgs  Kriegsbanner  (Gorge)  .  .  '■  ■  ■  248 
Dickens  Charles^  The  Cricket  on  the  Hearfh.    Herausgegeben  von 

Dr.  H.  Heim  (Reiniger)  355 

Dlttuiar,  Studien  zur  lateinischen  Aloduslehre  (.Hintner)  101 

Erzgnieber  G.,  Dr..  Elemente  der  historischen  Laut-  und  l-ormen- 

lehre  des  Französischen  (Simon)  242 

FeHner  St.,  Die  Homerische  Flora  (Hintneri   9i* 

Fenkner  Hugo,  Arithmetische  Aufgaben   347 

Frey  tag    G.j    Reichsrathswahlkarte    aller  Curjen  von  Österreich 

(Singer)  112 

Frey  tags    Sammlung    franzosischer    und    englischer  SchriftMeller 

(Ullrich)   ~~  lOG 

—  Sammlung  frair^ösigcher  und  tiigli.scher  .Schriftsteller  (Feioli- 
tinger)  ..............  'H^ 

—  Sammhint^  tranx.ü.>iM,'lier  und  engli^rhfT  Schriftsteller  (Brandeisl  ■  343 

—  Schiilnusgabcn,  Slmkespeare,  Krmis  Leai  (L'-hner)  .  .  .  .  344 
Fritsch  K.,  Dr.,  Excursionsflora  für  Österreich  (mit  Au8.*4chiu>.s  \on 

Galizien.  Bukowina  und  Dalmatien)  (Scholz)  118 

Gindelys  Lehrbuch  der  allgemeinen  Geschichte  für  die  oberen  Classen 

der  Gymnasien  (Singer)  353 

Haardt  V.,  Wan»lkarte  der  Planigloben  (Singer)  351 

—  Schulwandkiute  von  Palästina  (Singer)  352 

Hagen  Louise  und  Beyer  Anna,  Wie  UUst  sich  die  Erziehung  der 

weiblichen  Jugend  in  den  höheren  Berufsclassen  unseres  Volkes 
vom  15.  bis  zum  20.  Lebensjahre  am  zweckmäßigsten  gestalten? 

(Hintner)   98 

Hallervorden  E.,  Abhandlungen  zur  Ge^'undheit'^lebre  der  Seele  und 

Nerven  (Höfler)  .  .  .  .  348 

Hart!   H.,   Aufgabensammlung  aus  der  Arithmetik  und  Algebra 

(KtlVnl)erger)   .  .  350 

Herl)  H,,  Mein  Vaterland,  mein  Österreich  (t^öbner)  .  345 

HevL  Volkssagen,  Brüuche  und  Meinungon  aus  Tirol  (Hintnet)  247 
Holzels  Wandbilder  für  den   Anüchauungs-  und   St>racUuuten aht 

(Sinijer)    •  •   •  •   ■   •   •   •   •  /      •   •      ■   -   •   •  •  il<>'  352 

JHger  ^^^'kar,  Lehrkun.st  und  Lchrhandwoi  k  i  H<'r«,M'1)    .  .   .      .   .  .  '^38 

Januyclike  Hans,  Dua  Princip  der  Erhaltung  der  Energie  und  seine 

Anwendung  in  der  Naturlohre  (Daurer)  . 
Kloinpaul  Rud.,   l)iis  Fremdwort  im  Dfut.^clun:  Meriiiger  Und., 
Inilogt'rnianisclie  S))racliwisspnscliaft :   Detter  Fcrd.«  Deutsclu-s 

Wr<rtfrbuch  ilIintiUTi  102 

Koch  John,  Dr.,  t'raktisclu'?;  ElrMiirntai buch  zur  Kiifrnung  der  eng- 
lischon  S]naf  hf  für  Fortbildung«- und  Fachschulen  wie  zum  Selbst- 
studium (Ut'inigtfr)  ■  105 

—  Praktisches  Eleutentarbuch  zur  Erlernung  der  englischen  Sprache 
für  Foitljildungs-  und  Fachscliulen  wi»^  zum  Sclb.ststudium ;  Prakti- 
sclu'M  Klementarbuch  zur  Erlernung  der  französischen  Sprache  etc. 
(Ullricii)   108 

Körner  Franz,  lit.-hiUucli  dt-r  i'iiysik  für  den  Geinaucti  an  böb<'ren 

(icwerbt^^chulen  (Kessler  IIG 

Koschwitz  F.,  Dr..  Anleitung  zum  Studiuni  der  französischen  Philologie 

für  Studiorrndc,  Lehrer  und  Lehrerinnen  (Simon)   •  243 

Kozenn  B.«  Geographischer  Atlas  für  Mittelschulen  (Singer)   ....  110 


InhaltsverzeicliDis.  365 

Kreibig  Jos»  Clem.,  Dr .  Die  Aufmerksamkeit  als  Willenserscbeinang 

(^pengler)    ■  •  '    •  "  9r> 

KuMt  J»»  Dr.,  I>*'aU'tklärung  und  Anschauungsunterricht  bei  der 

Lectflre  des  Tacitus  (strobl)  100 

—  Realerklärung  und  Anscbauiingsuntenicht  bei  der  Leetüre  des 
Tucitus  (Simon)  241 

Langl  J.,  Dildci-  /ur  Ge>(lncht('  (>inf,^n-)    ■   ■  ■  

Lehmann  Rudolf)  Der  Deutsche  Unterriebt  (Löbner)  '.  33? 

Mach  E.,  (^rundriss  der  Naturlebre  für  die  unteren  Clas?en  der  Mittel- 
schulen (Zabradnioek)  113 

—  Grundries  der  Naturlehre  für  die  unteren  Clasaen  der  Mittelschulen 
(Wagner)  250 

Matthias  Th.)  Dr.,  Kleiner  Wegweiser  durch  die  Schwankungen  und 

Schwierigkeiten  des  deutschen  Sprachgebrauchs  (Prinz)  24f> 

—  Kleiner  Wegweiser  durch  die  Schwankungen  und  Schwierigkeiten 

des  deutschen  Sprachgebrauchs  (Schneider)   240 

Mayr  L.,  Xao'.Tmv  :to>.'.;.  Die  Stadt  der  Grazien  (Simon)   242 

Michalltschke  A»,  Eine  Dreitheilun<r  des  Winkels  (Pitsch)   345 

Moser  Justus,  Patrioti.sche  i'luintivsien  <Sin«er)  .  .  .  .  '   112" 

Peters  H.<  Bilder  aus  der  Min»'ral()«^iL' und  Gfolof^if  (Tschernich)  .  .  249 
R<3s>sler  Kich.,  Dr.,  Die  verbreitetBten  >^chin<'tterlin'^t'  I »f iit.^chlaiüls 

i'-choi/)   119 

Schmid  H.  S.,  Kunst-Stil-Unter.-icheiduni?  (Bück)   99 

Schmid  >Vilh.,  Der  Atticismus  in  seinen  Hauptvertretern  von  Dionysius 

von  Haltkarnnss  bis  auf  den  zweiten  Philostratns  fFIintner)  ...  98 

Sommert  H.^  Grundzüge  der  deutschen  Poetik  (DuuUaczek)  ....  345 
Trentleiu  P.,  Vierstellige  logarithmische  und  goniometrische  Tafeln 

nebst  den  nöthigen  Hilfstafeln  (Maiß)   .JÜO 

Tschache  G..»  Themata  zu  deutschen  Aufsätzen  (Löhner)   344 

y agner  Fnin»  v.,  Dr..  Thierkunde  (Kail)  .  .  ■  .  .  .  .  .....  120 

IVeinbera:  Alexander^  l'nsere  Lebonsmittel  uml  deren  Vf^iiiUsclnin^^ 

I  Tschernicl))  ...    117 

Weißenhofor  Robert,  Dr..  Krziihliiiitrssthfifton  zur  ]IeI)nn£7  der  V^ter- 

"Wilke  Edmund,  Dr.,  London  Walks  in  fhe  MefropoHs  of  Eu</Ianil 

tveinif^er I                                                              .   .   105 

Wnimann^Otto,  (leschichte  des  Idealismus.  3.  Band  (Toischer)  .   .   .  35^ 

Witlacil  Emannel,  Dr..  I'ratcrbuch  iVieltorQ  .         .  ......  12Ö 

—  Der  Unterricht  der  Naturgeschichte  an  der  Vulks-  und  Bürger- 
schule  (l'sL'hernich)                                                                     .  249 

>Yün>cht'  Otto,  Dr.,  Die  verbreitetsten  Pflanzen  Deut-aehlands  (Schol/J  118 

—  Die  verbreitetaten  Pilze  Deutschlands  (Scholz)  119 


Progframme. 

Bronner  Ferd.,  Dr.,  Gedanken  über  den  Lehrplan  der  österreichischen 

Gymnasien  und  Kealscbulen  (Hergel)  251 

Itnmbncu  V.,  Romanische  Übersetzung  des  iV.  Gesanges  aus  Virgils 

Aeneide  mit  lieilieh;iltung  des  Qriginalmetrnms  (Koczyn^kij  .  .  121 
Gr/aiiowski  B.,  J}-^c~  <>  ukfadrie  nioiry  Demosteneaa:  -zy- 

3t:-v./o-^  (X\ III)  iKoczynskii    .   .   .   .      .   ...  ■   ■  ■   ■  j21 

Kieronski  L.,  Eti/ka  n-  fiyigedt/ncfi  Soj'okl(\Ka  (Koczynski)  ...  122 

Rucera  Kd.,  Direitor.  Aus  dem  rraunilebt-n  iZ;ihradm'''ek)  172 

Oppenheim  S.,  r>r..  Zur  Lehre  der  Ccntralheweyunt^  iti  elementarer 

Diir.-^tellun}^  j.MaiÜ)  .  „  •  •.  •  .•  ■  ■  .  •  •  -  •  •  •  •  •..  • 
Schmid  D.,  Dr.,  Der  deutsche  Unterricht  an  der  Realschule  und  die 

neueren  Sytraohen,  mit  .stetem  Hiiil<licke  auf  das  Gymnasium  und 

dio  elRKsischen  Sprachen  (Loebl) 
Scholz  Eduard,      liliis^el  zur  Bestimmung  der  mitteleuropäischen 

Farnptlanzeu  i  Vieltort'j   .  122 

,,Ost<  rr.  MitK  lHchiilo",  XII.  Jnlirg.  25 


366  Inhaltsverzeichnis. 

S<mU» 

Sewera,  Zur  Formenlehre  der  jfriechiscben  Schulj^rammati 

k  (Hintner)  •253 

Wujrner  Josef,    TcxtproVic   zu    t'iiifr    liitrinisclu'u  Sclu;l^'i;uutuiitik 

(Loebl)  

 124 

Simon  J.,  Dr.,  Eine  Bitte  2545.  862 

VII.  deutsch-listerreichischer  Mitlelschuitai;  

 256 

riir  kUo  Schriftleit^ln^  vcninlwortlicb  Prüf.  P.  Haresch  in  Wien. 
K.  u.  K.  Hofl>iichdruck«'roi  Jos,  IVichtingor«  Erl>en,  Linz. 


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