MONATSHEFTE
FÜR POLITIK UND
WEHRMACHT
[AUCH ORGAN DER
GESELLSCHAFT...
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JalirtiLclier
deutsche Armee und Marine
Verantwortlich geleitet
von
E. Sclinaekenburg
Obentlieutenant a. D.
Siebenundneunzigster Baud.
Okiober bis Deoomber 1806.
itr i <t
B£RLIN W.8.
Verlag von A. Bat Ii«
Mohr«n-StrMa« 10.
1895.
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Inhalts- Verzeichnifs.
^o.g88. Heftl. Oktober. a.it«
I. Der Parteig^gcr Friedrich von Hellwig und seine Streifzüge.
im kriegsgcschichtlichen Zusammenhange betracht-et. Ein Beitrag
zur Geschichte des kleineu Krieges iu den Jahren 1792 — 1814.
Von Hans Fabricius, Qberstlieutenant a.D. (Fortsetzung) . 1
II. Die Operationen mit Massenheeren in den Kämpfen zu Anfang
und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Von Maschke,
Oberst z. D 16
III. Leboeuf und die französische Mobilmachung 1870. (Nach den
Akten der „Enqufite parlamentaire sur les actes du gouvernc-
ment de la defense nationale") 46
IV. Die österreidiischo Artilloric in den lctzt4?n 45 Jahren. Von
A. Dittrich, k. k Landwehrhauptmann 59
V. Von den ökonomischen Schwierigkeiten in den europftischcu
Staaten beim Ausbruche des Krieges 80
VI. Die Psychologie in der miUtärischen Erziehung. Kurz dargestellt
von Dr Paur, Oberstabsarzt im K. B. Inf.- Regt. „Prinz Leopold*^ 98
VU. Militärisches aus Rufsland . . . . , , . . . . . . ^ . 1Ö5
VIII. Umschau in der Militär-Litteratur:
I. Ausländische Zeitschriften 109
II. Rilcher 118
IIL Seewesen . , . . . . . . . . . . . . . . . l2fi
IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangeoen Bücher 128
Wo. 290. Heft 2. Xorember.
IX. Der Parteigänger Friedrich von Hellwig und seine Streifzüge,
im kriegsgeschiclithchen Zusammenhange betrachtet. Ein Beitrag
zur Geschichte des kleinen Krieges in den Jahren 1792 — 1814.
Von Hans Fabricius, OberstUeutenant a. D. (Fortsetzung) . 131
X. Die Operationen mit Massenheeren in den Kämpfen zu Anfang
und in der zweiten Hitlftc des 19. Jahrhunderts. Von Masch ke,
Oberst z. D. (Fortsetzung) 147
XI. Die üsterreichi.sche Artillerie in den letzten 45 Jahren. Von
A. Dittrich, k. k. Landwehrhauptmann. (Schlufs) 160
XJI. Die Küsten und Häfen des Russischen Reiches in Europa und
tlem Kaukasus mit Rdcksicht auf die Landen- Vertoi<Ugung. Von
von Zepelin, Generalmajor a. D 184
XIII. Von den ökonomischen Schwierigkeiten in den europäischen
Staaten beim Ausbruche des Krieges. (Schlufs) 209
XIV. Gambetta in den Wolken 216
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XV. Soldatenleben im 30jfthrigen Kriege. Von J. Baumann, Haupt-
mann. 4. Malefitz-Gericht und das Recht der langen Spiefse . 219
XVT. MilitAri.sches aus Riifsland 226
XVII. Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen 231
XVIII. Ilmschau in der Militär-Litteratur:
L AtiKlftndi.sc hp Zeitsrhriften . . . . . . . . . . . 233
IT. Rnrhpr 240
IIL Se ewe sen . , . . . i , ■. ^ . . . . . . 250.
rV. Verzeichnife der zur Besprechung eingegangenen Bacher 255
Ho. 2»1. Heft 8. Decembcr.
IX. Die Stärke des preufsischen Heeres bei Ausbruch des sieben-
jährigen Krieges. Von Max immich 267
XX. Die Operationen mit Masscnheeren in den Kämpfen zu Anfang
und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Von Masch ke.
Oberst z. D. (Schlufs) 269
XXI. Die Küsten und Häfen de.s Russischen Reiches in Europa und
dem Kaukasus mit Rflcksicht auf die Landes- Verteidigung. Von
von Zepclin, Generalmajor a.D. (Schlufs) 293
XXII. Die diesjährigen englischen Flottenmanöver und allerhand vom
naodemen Flottendienst. Von v. Klein, Korv.-Kapitän a.D. . 323
XXIII. über die Haltung Bernadotte's im Feldzuge 1814 335
XXIV. Soldatenleben im 30jährigen Kriege. Von J. Baumann, Haupt-
mann. 5 Der Trnfs X»
XXV. Militärisches aus Rufsland . . , , . . 343
XXVI. Kleine heeresgcschichtliche Mitteilungen 347
XXVII. Umschau auf militärtechnischem Gebiet Von Joseph Schott,
Major a. D 349
XXVTIT. Umschau in der Militär-T.itteratur:
L Aii.sländischc Zeitschriften 361
II. Rnrher . . . .'^fifl
in. Seewesen 380
IV. Verzeichnifis der zur Besprechung eingegangenen BQcher 382
Nachtrag zu dem Aufsatz S. 257 : Die Stärke des preufsischen Heeres bei
Ausbruch des siebenjährigen Krieges 384
I
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L
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig
und seine Streifzüge,
im knegogeBohiohtliohen Zngamwiwihaage l>etraehtet.
Ein Beitrag sor Oeadadite des Uegneii Kii^ in dem Jahren 1792
bis 18U.
Haas Fabrieliu» Oberstlieutenant a. D.
OPOTtietKimg*).
rinfter Absckoitt
Vom 4. Oktober bis zum Ende des Feldzuges 1818.
1. Bis nach der Schlacht bei Leipzig.
Den schriftlichen Abmachungen entsprechend war der iux)npriii2
nach Blücher's Elbüberganfj; gezwungen, gleichfalls den Strom 7m über-
schreiten. Dies vollzog sich am 4. seitens Wintzingerode s bei Aken,
seitens der Schweden bei Hoslau; die \'()rhut der letzteren ging bis
Raguhn, die der Russen bis Göthen — Kasaken bis Jefsnitz und
Zörbig — vor. Ney. der nur das 7. Korps zur Hand hatte, erkannte
jeden Widerstand tur unnütz und ging, um nicht von Blücher im
Rücken gefafst zu werden, nach Delitzsch, nachdem er das bei Warteu-
hurg geschlagene 4. Korps bei Raguhn aufgenommen hatte. Am 5.
vereinigte er seine Korps östlicfa Delitzsch und auf der Strabe nach
Eflenbnrg bis Lnckewehna. Bei letzterer Stadt und Düben i?ar
Mamont mit dem 6. Korps und 1. Reiter-Korps eingetrofien. Napoleon
hatte nach Blttoher's Elbübeigaog sofort den Entschluls gefialst, sich
mit der Hauptarmee auf ihn und den Kronprinzen zu werfen, und
dazu die Garde und das 11. Korps auf Heiften, das 3. nach Torgau
marschiren lassen. Während am 6. Marraont zwischen Taucha und
Eilraburg stehen blieb, schob Ney seine übrigen Korps bis halbwegs
gegen Würzen vor; die Division Dombrowski rückte von Bitterfeld
nach Delitzsch, um Ncy's Abmarsch so lange als möglich zu decken.
Inzwischen war aucli Bülow am bei Roslau über die Elbe
gegangen und hatte halbwegs zwischen Dessau und Zörbig bei üins-
<^ Si«he das Januar- Ua Septemberliflft 1896.
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I
2 Der Parteigänger Friedrich voa Hellwig etc.
dorf (Borstell b«i Jelsnits) ein Lager besogen; Tauentziea lagerte bei
PdtnitZi Hirscfafeld blieb bei Boslan zur Deoknng des BrOokenkopft,
Wobeaer zva Beobacbtnng vor Toigau, die Riusen und Schweden bei
Aken und Deeean. So trat irieder eine mehrtägige Ri]be[»anee ein,
wählend welcher nur die leichten Truppen bis ztir Saale streiften;
Orurk ging bis Zörhirr und schob Kasaken-Regimenter nach Lands-
berg und Delitzsch. Uell?rig hatte mit seinem Streif korps an der
Spitze des 3. Armeekorps am 5. bei Roslau die Elbe überschritten,
und nach einer Besichtij^mg durcli den Kronprinzen von Preufsen
bei Dessau ein Biwak bezogen; noch au domaelben Tage wurde er
nach Radegast vorgeschoben und entsandte 1 Ufüzier mit 30 Pferden
nach Zörbig zur Beobachtung der Strafsen nach Halle und Leipzig
Unter Zurücklassung seiner Fufsjägcr marschirte er am 6. nach Gr.-
Kyhua (zwischen Landsberg und Delitzsch), ging aber bald, weil die
vorliegende reine Ebene ihm gegen einen Überfall gar keine Sicherheit
gewäbie, bis ZschemitB aorfick und beobachtete yon da ein Lager
▼on 1000 Mann In&nteiie nnd Reiterei (zn DombrowaM gehörig) in
der Nähe von Delitssdi an der Strasse nach Bitterfeld, sowie feind-
liche Kräfte in der Stadt selbst^ welche Yedetten nnweit Kyhna vor-
geschoben hatten. Nach Anasagen der Landeseinwohner xSge sieh
der Fdnd ganz nach Eilenbnrg, aber anch in Skendits ständm
2000 riogner.
Am 7. beaufb»gte 'BfUow Hellwig über Gr.-Lissa auf Wolteritz
und gegen Leiprig soweit als möglicii vorzugehen, da der Feind
Deützsch verlassen habe -) und Boretells Vorhut nach dort vorgerückt
sei. Hellwig war aber, da am Morgen die Stadt noch besetzt war,
sie links lassend, nni Ii (Jlesien (1 Meile nördlich Schkeuditz) vorgegangen
und meldete von dort um 7 Abends wiederholt, dafs der Feind nach
der Gegend von Eilenburg marschire, wo Napoleon anscheinend seine
Ariuce zu versammeln beabsichtige; von ihrer Stiirke und Stellung
im Einzelnen habe Uellwig noch nichts in Erfahrung bringen können.
Er wolle einige Stunden bei Glesien rohen nnd gegen Murgen einen
Zug nach Leipzig vornehmen, welches nach allen Nachrichten sehr
schwach besetzt sein sollte.
Die russischen Vor^ppen Woron«)w*s waren am 7. nach Sylbita
(Straise Bemburg — Halle) vorgerfickt und hatten zur Sicherung der
Rechten Wettin, Halle nnd Merseburg durch leichte Truppen besetzt.
Von Orurk's Reiterei war die Brigade Melnikow über Halle nach
Schkeuditz, Kasaken- Brigade Staal nach Badefelde^ das Regiment
Kr. A. TU. S. 54. Valentini's Tagebuch, Bl. 98. — ^) Dombrowski war in
der Nacht 1 Uhr, von Kasakeo bis Taucha verfolgt, abmarschirt.
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Der Parteigänger Friedrich vou Hellwlg etc.
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Bychalow von der Division BorateU und die Schwadron Barnekow
Ton Toük's Vuriuit Über Ddändi nwsh Wiederitzsch gegangen
Die HaaptkrSfte der Russen und Schweden lagerten bei Badegast;
sQdlioh ZOrhig waren zor Beobachtung der Stralsen nach Halle und
Leipadg Abteilnngen nach Oppin und Qneta TOigeBchoben; Borstell
hatte Bitterfeld besetzt und seine Sjntien gegm Delitzsch vorgetrieben;
Bülow nnd Tanentzien waren bei Hinsdorf nnd Pötnitz geblieben.
Napoleon hatte an diesem Tage die von ihm herbeSgeföhrten Korps
mit denen Ney's zwischen P^ilenburg und Warzen vereuiigt.
Nachdem Staal in Iladefeld eingerückt war, hatte sich Prendei
am 8. rechts nach Schkeuditz und Melnikow nach Merseburg ge-
wandt. Hellwi^ mufste also zwischen diesen und den Truppen in
Wiederitzsch, zu denen wahrscheinlich noch das Kasaken - Regiment
Bebrcjcw gestolsen war, von Glesien aus die Lücke schHefsen. Alle
diese letztgenannten Truppen, sowie die Brigade Staal waren mehr
oder weniger an den im Laufe des 8. bei Lindenthal und Wiederitzsch
sich abspielenden Reitcrgefechten beteiligt.
Alts Uelhvig m der Frühe mit seinen Schwadronen von Glesien
auf Leipzig vorritt, bemerkte er hinter dem Dorfe Liudenthal einen
Pulk Kasaken von etwa 300 Pferden, welcher mit fieindlichen Reitern
nmherplänkelte; da Hellwig noch nicht gesehen worden war, stellte
er zunächst seine Schwadronen hinter dem Dorfe verdeckt auf und
erkannte» persönlich vorreitend, gegenüber wenigstens 8 faindliche
Beiter-Begimenter, Kürassiere und Dragoner, welche im langsamen
Yonücken begriflSan waren. Er beediloJs etwas gegen sie zu nnter-
nehmen: bei ihrer Überlegonheit aber sollte eine Kriegslist mithellen.
Er begab sich zu dem kommandirenden KasakenfUhrer, um ihm seinen
Plan mitzuteilen; letzterer sollte durch langsames Zurückweichen
unter fortgesetztem Necken die feindUchen Regimenter am Dorfe
Lindenthal vorbeizulocken suchen, worauf er selbst gegen ihre Flanke
aus seiner verdeckten Aufstellung vorzubrechen gedachte. Der Feind
gin^ aber nicht gänzUch in die Falle, sondern rückte nur nnt einem
Regimcnte südwestlich vom Dorfe auf ungefähr 1000 Schritt an das-
selbe, von den beiden andern mit einem Abstand von ein i)aar
hundert Schritten als Staffel gefül<it. heran Da sich keine bessere
Gelegenheit bot, wagte Hellwig trotz der bedeutenden Überlegenheit
einen Anigri£f. Nachdem er die langsam zurückweichenden Kasaken
an sich ▼orbeigelassen hatte, gelang es ihm, sich unbemerkt aus
seinem Hinterhalte zu entwickeln, und nun stürzte er sioih unter den
Augen des für seine Person inzwischen bei den Kasaken eingetroffenen
*) Qa. n. S.137.
1»
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4 l>er Parteiganger iTriedricli von Hcllwig etc.
Generals Grafen Orurk in Marschmarsch gegen die linke Flanke des
dea Tordefsten fbindfidien Kegimenta, rollte ea anf, warf es anf die
beiden rückwärts stehenden, wekhe dadurch in Unordnung kamen,
Btttizte aioh, aelbat geadiloasen bleibend, anf den wirren HanfiBn nnd
warf ihn in ToUer Ffancht, ihm durch Säbel und Lame empfindüche
Veilnste beibringend, eine halbe Stunde weit bis Tor die Thore von
Leipog zurück. Da er seinen Husaren schon vor dem Angriff be-
fohlen hatte, geschlossen 7.vi bleiben 'und sich nicht mit Gefangen^
nähme von Mann und Pferd auüsuhalten, bis Alles beendet wäre, so
machte er verhältnifsmäfsig nur wenig Gefangene') (17 Mann und
einige 30 Pferde), während die Kasaken, welche sich der Verfolgung
angeschlossen hatten, zerstreut fechtend eine nel gröisere Zahl ein-
brachten.
An der Vorstadt von Leipzig wurde der Verfol^'uiiij; ein Ziel ge-
setzt, indem ein lebhaftes Infanteriefeuer aus der Umfassung Husaren
und Kasaken begrüfste und Hellwig zum Rückzug nötigte, welcher
in voller Ordnung bis hinter Lindenthal erfolgte, trotzdem er SEWar
heftig, doch mit wenig Wirkung von Batterien jenseitB der Pleiiae
beschossen wurde. Er hatte im Gänsen nur wenige leicht Verwundete.
Um Mittag rückten starke feindliche Str^fkrftfte, die in einer
Meldung des Majors Tbttmen aus Delitmeh an General Borstell
auf 6—8000 Mann aller Waffen mit sahlreichen Geschützen geschätzt
wurden, — ee war eine In&nterie-Division Mannont*s mit 4 Reiter'
Begunentem, die feststellen sollte, in welcher Stärke der Feind vor
Leipzig stände — auf den Strafsen nach Landsberg, und Delitesch
gehen die russisdum und preufsischen Vortnippen vor, welche sie
über Lindenthal und Gr.- und Kl. -Wiederitzsch zurückdrängte. Erst
um 3 Uiir Nachmittages wurde das Feuern eingestellt, die Franzosen
schickten sich an, auf die Stadt zurückzugehen, gefolgt von den
Kasaken, die ihre alte Vorpostenstellung wieder einzunehmen trachteten.
Nach einer anderen Meldung sollen auch 2 Schwadronen des ost-
preulsischen National-Kavallerie-Regimcnts an diesem Tage zur Stelle
gewesen sein; dassellie ist von der Hollwi'j'sfhen Infanterie dnraus zu
soliliefsen, dafs für dieses Gefecht eiu Ofiizier (Lt. v. Plotlio) und ein
Oberjäger derselben mit dem Eisernen Kreuz belohnt wurden, eine
Auszeichnung, die auch d«n Pr.-Lt Warkotach, 1 Uo&. und
1 Gemeinen der Husaren zuerkannt wurde. SämmtUchen Offizieren
der Hellwig'schen IVuppe wurde auf Empfelilung des Grafen Orork
nach nochmaliger Eingabe ihres Führers für das Gefecht der russische
') In einem Privatbri«fe Uber diesen Angriff heilst es: „Denn die Kassken
stachen Alles ab.**
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Der Parteigänger Friedrich von HeQwig ete.
5
WlAdkur-Orden 4. Klasse variiehen«). Hellwig rOokte Ifir die Nacht
wieder in sein Biwak bei Glesien snräek, wo er am 9. blieb.
Während Napoleon in den nSofastan Tagen seinen Yorstois gegen
Blficher auf Dttben ausftthrte, setzte Hellwig seine Beobachtnngsn
gegen Leipzig fort. Die greise Nflhe des Feindes, der sich doch
bedeutend stärker gezeigt hatte, als angenommen worden war, nötigte
CT wiederholtem Stdlungs Wechsel. Aui 10. mulste Hellwig auf Bülow's
Befehl bis Gollma vor Landsberg zurückgehen, während dieser von
Minsdorf nadi Radegast ') vorrückte und jenem die unmittelbare
Sichcninij der nach Leipzig fiihrenden Strafso übertrug. Von dort
aus meldete Hellwig in der Frühe des nächsten Morgens mit voller
Bestimmtheit, dafe die verbündete Ilauptarmce Altenburg und Gera
besetzt htätten, ferner dafs Marschall Augereau mit 25000 Mann
am 10. durch Lützen marschirt sei und am 11.*) in Leipzig ein-
treffen werde. Aul Befehl Bülow's marschirte Hellwig un letzterem
Tage — während die Schlesische Armee die Saale bei Halle über-
sdiiitt nnd die mssisehe Vorhnt unter Wonnoow nach Eisleben
marsehirte — nach Mersebnig, um, nahe der Verbindnngslinie der
französischen Armee stehend, die Vorgänge bei Leipzig bis zum 14.
weiter m beobachten. Die Versammlung der sämmthVhen französischen
Streitkräfte um diese Stadt lieJs die Parteigänger an dieser Stelle
nicht XU einer geeigneten Thätigkeit kommen. Um so mehr hoffte
Hellwig, nachdem an der nahe bevorstehenden Entscheidungssdilacht
nicht mehr zu zweifeln war, nach derselben im Bücken des Gegners
auf Erfolge. Durch den Manch auf Freiburg am 15. kam er in
unmittelbarste Nähe einer seiner Toraussichtlichen Rückzngslinien und
setzte längs derselben am 16. seinen Weg über Laucha und Bibra
nach Rastenburg fort.
In Neuhausen machte er am folgenden Vormittag einen Frühstücks-
halt, um einen Kundschafter abzuwarten, den er früher in die Gegend
von Erfurt zur Erforschung der in und bei der Festung stehenden
Truppen abgesandt hatte. Derselbe traf um Mittag ein und brachte
*) Graf Lippe schreibt Seite 174 (Anmerkung), ilafs ein Veteran der
Heüwig'scben Husaren, Lt. a. D. Praedel, mitgeteilt habe: „Sieben Mal hieben
'mir «in, der dberlegene Feind wurde aber jede« Mal geworfen. Der rmaisehe
General, welcher dies gesehen, erklArte, er hätte schon manchem Kavallerie-
gefecht in *;ehr vcrsrhiedonen Gegenden und untor verschiedenen Umständen
beigewohnt, aber noch nie dergleichen gesehen. Er werde bei seinem Kaiser
AmuiehauDgUk erbittmi, damit jeder in denselben ein Andenken an diesen
Tag sehe.** Die Gemeinen, welchen 3 Orden für jede Schwadron in Acusicht
gestellt waren, gingen leer aus -) Vaud. 13. p. 201 gicbt 10000 Mami na.
— •) Nip. III. S. eö7. — Thataächlich am 12. Vaud. 12. p. 199.
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6 Der Parteigänger Friedrich von Hellwig ete.
die Nachridit, dafo etwa zwei polxdsohe Ulanen-Begimeiiter anfeerlialb
der Stadt in den nmliegenden DStkm imteig^bracht wären and sich
ganz eoigloB, wie im tiefoten FVieden, benähmen. Nur in dem am
nächsten gelegenen Dorf und Schlola Vippach stände eine Schwadron
anf Vorposten, welche Feldwaohen ausgesetzt hätte, aher garnicht
an eine mögliche Annäherung des Feindes dächte; im Gegenteil
hätten die polnischen Offiziere für den Abend einen Ball im Schlosse
in Aussicht genommen. Hätte Hellwig, — der, von der Aufstellung
der Vorposten genau unterrichtet, sofort beschlossen hatte, die
Schwadron in Schlofs Vippach zu iibertallcTi - bis zur Dunkelheit
gewartet, so würde ihm wohl ein noch besserer Fang zu Teil ge-
worden sein. Die Zeit bis zum Abend war aber noch so lange, dafs
er befürchten mufste, der Gegner könnte bis dahin von seiner Nahe
unterrichtet werdeu und der ganze Streich mifslingen. Es dürstete
ihn aber, nach 6em langen Zeitraum der für Parteigängererfolge un-
günstigen Verhältnisse wieder einmal nach einem echten, rechten
Hnsarenstreich! Er besohlolk daher den Oberüidl am hellen Tage
sofort - ausznfiihren, nachdem er sich gegen gute Bezahlnng eines
saveilässigeni mit Weg und Steg durchaus rertranten Fahrers vor*
siohert hatte.
Znnäehat ging er in der Richtung auf SGmmerda los. Anf dem
dorthin hielt die Vorhut einen Bauern an, welcher eine yieo
qpännige Kutsche fuhr und auf Befragen aussagte, er sollte von
Sömmerda einige Damen zu einem Ball abholen, den die polnischen
Offiziere auf Schloss Vippach am heutigen Abend zu geben beabsichtigten;
in Vippach selbst ständen 3 Offiziere 52 Pferde. Hellwig liefs den
Wagen nach Sömmerda weiter fahren und schickte gleichzeitig, seinem
früheren Beschlufs gemäfs, eben dahin seine Tnfanterio nebst Gepäck,
Handpferden u. s. w., um ihm zur Aufnahme und zum Rückhalt zu
dienen, für den Fall, dal» er durch die in anderen umliegenden Ort-
schaften befindlichen feindlichen Schwadronen in Verlegenheit kummen
sollte. Sie sollte die Tliore besetzen und Niemand aus der Stadt
lassen. Dann wurde Hellwig in dem von zahlreichen Falten und
Thälem durohschnitteaen Gelände unbemerkt bte nahe an die Vor-
posten geiährt. Um möglichst wenig auch den Bewohnern aufeufallen,
hatte er die Form des Friedensmarsches gewählt und sogar die
Lanzenflaggen aufrollen lassen, um die preufsischen Farben nicht zn
zeigen. Um sein Vorhaben gegen etwa Ton Erfurt kommende Femde
mfigUehst zn dchem, jedenfolls davon rechtzeitig unterrichtet zu
werden, und um die Fliehenden abzufangen, hatte Uellwig die Vor-
sicht gebraucht, eine Schwadron um das Dorf in dessen Rücken zu
schicken. Es war gerade 3 Uhr Nachmittags, als er wie eine Winds-
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Der Fartelganger VMM Yoa Hellwig etc.
7
braut ans seiner Deoknng gegen die Ulanen-VedetAen anstürmte, sie
ebenso irie die Feldwaefaen über den Haufim varf^ someist gefisoigen
nahm and mit den wenigen, die entkamen und Lärm machten, zu-
gleich ins Dorf drang, während auch die herumgeschickte Schwadron
fliren Posten bereits eingenommen hatte. Nur ein Offizier, der soeben
erst zum Balle angekommen, noch zu Pferde safs, entkam, Alles
übrige wurde trotz hartnäckiger Gegenwehr, namentlich mit Kara-
binern aus den Häusern und Ställen, ym Cicfangenen gemacht. Hell-
wig nahm 3 Oftizierc 7Ü Ulanen gefangen und erbeutete 80 l'fcrde. Von
seiner Truppe erhielt nur ein Unteroftizier, Schubert, der Schwadron
VVitüwskv einen Schufs durch den Arm. Aber das Feuer hatte die
in den Naehbardürtern liegenden Schwadronen lebendig gemacht, von
allen Seiten sah Hellwig Unterstützung herannahen. Es war keine
Zeit zu verlieren, um die Beute in Sicherheit zu bringen. Doch ehe
die Gegner, ungewils über die Stärke der Preulsen, versanmielt waren,
hatte Hellwig schon einen solchen Vorsprung gewonnen, dals er,
nur in weiter Feme yon Patrouillen ?eifolgt, Sömmerda eireiehen
konnte.
In Folge der aulserordentlich soiileefaten, ebenso wie die Aoker
grandiosen Wege waren Hann und Rolii so ermüdet, dals Hettwig,
zumal die Nacht ausnahmsweise finster war, besohlols, bis zum
folgenden Morgen in der Stadt zu bleiben, wenn er auch bei seiner
Kenntnifs der Charaktereigenschaften der Polen annehmen konnte,
dafs sie ihn während der Nacht versuchen würden zu überfallen, um
sich zu rächen und ihm den Raub wieder abzunehmen. In Vor-
aussicht dieser Möglichkeit hatte er aber gerade Sömmerda zum
Rückhalt gewählt, welches ringsum mit hohen, nur durch vier Thoro
zugänglichen Mauern umschlossen war. Während er seine Schwadronen
auf dem Marktplätze absitzen und sich erfrischen iiefs, traf er die
erforderlichen Sicherheitsmafsregeln. Eine Husaren-Feldwache unter
Lt. V. Zawadzky wurde mit vorgeschobener Vedette an der StraXiae
nach Schlols Vii>pach aufgestellt; die Thore, mit Ausnahme des nadi
Vippaoh fiihrenden, wurden geschlossen und durch in einander ge-
&hrene Wagen verrammelt, sowie jedes mit 10 Fufsjägem, die nach
WeUsensee flQirende Unstmtbrfieke, Über die er zurückzugehen ge-
dachte, mit 40 Jägern besetzt. Allen wurde die gro&te Aufinerksamkeit
und Wachsamkeit anbefohlen. Greise Besorgnisse hegte Hellwig nicht,
denn von Infanterie hatte er nichts zu befürchten; er wuiste, dals in
der Nähe keine lag und von Erfurt her konnte bei den grundlosen
Wegen selbst auf Wagen keine herangeschafft werden, ab^sehen von
der weiten Entfernung.
Hellwig hatte sich nicht getäuscht: eine Stunde vor Tagesanbruch
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Der PArtdgftoger Frfedrich von HeUwIg ete.
("., /) Uhr) wurde von der Feldwache das Anrücken von Reiterei ge-
meldet, zugleich ertönten die Signalschüsse der Vedctten. Der er-
haltenen Weisung tolgend zog sich die Feldwache sofort auf die Stadt
zurück, von den Ulanen, die vom Vorhandensein von Infanterie nichts
ahnten, in dichter Schaar so heftig verfolgt, dafs sie mit den Husaren
gleichzeitig ins Ihor eindrangen, hier aber nach kurzer Verwirrung
der Ful'öjäger in Folge der grofsen Überlegenheit der Eindringenden
duroh cUe Geistesgegenwart des Tambours Tonille, geiumnt Köhler,
der selbst ein Oewehr ergriff und die Weichenden zum Stehen brachte»
dennalsen mit Feuer ilberschttttet wurden, dais die Reihe, entmutigt
sn werden, an sie kam, indem sie die Stftike der Hellwig'schen
In&nlerie weit übersehätsten und zurückwichen. Aber nur kurze
Zeit: schnell wandten sie sich dem nächsten Thore zu und suchten
hier den Eingang zu erzwingen; aber ebenso schnell war auch Köhler
innerhalb der Stadt mit einigen Leuten dahin geeilt, um die dortige
Wache zu unterstützen. Auch hier wurde der Angriff abgewiesen,
in gleicher Weise bei den letzten Thoren, so dafs die Ulanen von
weiteren Versuchen abstanden und, mehrere Pferde auf dem Platze
liegen lassend, abzogen. Ilelhvi'/s gedeckt stehende .liiger hatten
fast keine Verluste Köhler erhielt für sein treä'liches Benehmen
das Eiserne Kreuz.
Als der anbrechende Tag erkennen liefs, dafs die Gegend vom
Feinde frei sei, zog Hellwig seine Schwadronen durch die Infanterie-
Stellung an der Unstrut - Brücke hindm-ch und trat den Marsch liber
Weifsensee, von wo aus er seine Gefangenen unter Führung eines
Offiziers an Cteneral Bülow zurücksandte, nach Tennstedt an und
hiwakirte hier in der Nacht zum 19. Am letzteren Tage rückte er
nadi Langensalza, um die Bückzugslinie der FVaazosen über Erfurt
und Eisenach von da aus unsicher zu machen. Hier aber erfahr er,
dafs das Eiohsfeld noch zu stark Ton feindlichen Kräften besetzt sei,
um mit Aussicht auf Erfolg dort etwas zu unternehmen. Darum traf
es sich günstig, dafs am 20. der mit den Gefangenen abgeschickte
Offizier Hellwig den Befehl Bülow's brachte, das Halberstädtische zu
gewinnen zu suchen, um dort dem Unwesen der Franaoeen ein Ende
zu machen. Nach der Besiegung Napoleon's bei Lapzig mulste dafiir
gesorgt werden, dais im Bücken Buhe einträte.
2. Ton der SeUaelit bef Leipzig bis zum Abmarseli nach Holland.
Es lag nach der Schlacht bei Leipzig zunächst im Plane Kaiser
Alexanders, dafs die Nord- Armee den gegen den Rhein zurückgehenden
Nach einem in IL N. befindüchen Privatbriefp liattc seine Frlih\ache
7 tote und 2 verw undete Pferde, an Mannschaften I Busar und 2 Fui^ilUior
Terwundet. * '
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Der ButeigSQger Friedlich von Heilwig eto.
9
Napoleon in der Richtung geradeaus folgen sollte. Der Kronprinz
Ton Schweden, welchem in Anbetracht seiner politiaohea Neben-
absichten ein Krieg auf französischem lioden, vor allem seine persön-
liche Teilnahme daran, im höchsten Grade ungelegen war, betonte
die Notwendigkeit, gefjcn die Nicdcrolbo vorzugehen, um zunächst
Davoust niederzuschlagen und eine Vereinigung der rückwärtigen
französischen Festungsbesatzungen im Rücken der Verbündeten zu
verbnidern; diese Aufgabe würde der Nord- Armee obliegen, welclie
gleichzeitig mit einem Teile Holland erobern und nach schleuniger
Erledigung ihrer Aufgaben immer noch rechtzeitig am lUiein eintreffen
könnte. "W'älirend über diese Fragen verliandelt wurde, liatte sie sich,
der Schlesischen Armee folgend, mit gebülirender Langsamkeit in
Bewegung geaetat und am 1. November Göttingen, das Koips
Wlntaingerode Kassel erreicht. Als des Eionprinaen Plan gebilligt
wurde, wandte er sich mit 7000 Russen Tom Koips des letzteren nnter
Woronaow und seinen Schweden nach Norden gegen Hannover und
Holstein, liela Bennigsen, Tauentsiett u. A. gegen Dresden und die
Elbe zurück und zweigte Wintzingwode gegen Bremen, Bülow gegen
West&len ab, wobei er aber fortwährend yersudite, die beiden letzteren
möglichst an sich heranzuhalten und ihnen auf die eine oder die
andere Weise wieder Truppr ri zu entziehen. Erst am 19. November
erteilte er Bülow, der wiederholt um Entlassung aus dem Befehls-
bereich der Nord - Armee eingekommen war, die Firlaubnifs, an den
Rhein nach Wesel vorzugehen und Wintzingerode'a Vortruppeu, gegen
Deventer in Holland zu stofsen.
In Ausführung seines Auftrages, nach dem Halberstädtischen zu
rücken, begab sich Hellwig am 21. nach Sondershausen, wo der Fürst,
der ihn mit grofser Auszeichnung empfing, ihm zu Fhren folgenden
Tags eine Sauhatz veranstaltete, bei der (> Sauen gejagt und vom
Major abgefangen wurden. Am 23. traf er in Nordbausen ein. In
der dortigen Gegend trieben noch zahlreiohe kleinere franzSsisohe,
sowie wes^hSlisdhe Tmppenkörper ihr Unwesen , nahmen alle öfient-
lichen Kassen in Beschlag, trieben rttcksichtBlos alle rückständigen
Gelder ein und legten dem Lande schwere Auflagen jeder Art au^
deren -Verweigerung sie mit Gewaltthaten ahndeten. Hellwig beschlofb,
hier zunächst Ordnung zu schafiTen; es gelang ihm auch bald, nachdem
er einzelne der feindlichen Abteilungoi aufgehoben hatte, die Gegend
vollständig von solchen zu reinigen.
Das Eintreffen der Siegesnachricht von Leipzig begeisterte ihn
zu dem Plane, sich der Hauptstadt Westphalens, Cassels, durch einen
Hanflstroicli zu bemächtigen, xmd die zahlreichen dort in den üefäng-
msseu schmachtenden Opfer polizeilicher WiUkühr zu beireien. Um
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10
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
die Berölkening zur Teilnabme an diesem Werke anzoBtadielo, ezliefe
er in Überaus kernigen, liegeistemden Worten einen „Anfintf an meine
Deutschen Brüder^'), der mit den Worten schlolk: „Wer aber rarüok-
Ueibi in dem Augenblicke, wo es Germaniens Fireiheit gilt, der bleibe
daheim: sein Name ist SdiwSohling; sein Leos ist Schande; — ein
Deutscher ist er nicht!"
Dieser Aufruf führte Hellwig starken Zulauf an Freiwilligen zu.
Aber zu der Ausführung des Handstreichs auf Cassel kam es nicht;
denn die Folgen der Leipziger Sehlacht machten sich bald geltend;
Hellwig erfuhr, dafs die Franzosen die Hauptstadt des Westphalen-
reiches geräumt hatten, und beschlofs nun seinem Auftrage gemäfs
weiter zu handeln, um so mein- als alle feindlichen Truppen vom
Eichsfelde aus sich dem Rückzüge nach Frankreich schleunigst an-
geschlossen hatten. Am 27. ging sein Marsch durch den Harz; der
bclineebedc'cktc Brocken blieb links liegen, über den Mägdesprung
ging es nach Blankenburg, wo Hellwig von der Bürgerschaft mit
grölstem Jubel empfangen, um 7 Uhr Abends in die festUdi erleuchtete
Stadt einzog. Trotzdem er am folgenden Tage verschiedene Unord-
nungen in der Biirgerschafit, die eine Folge des plQtzUolien Umschwungs
im UnterthanenTerbande waren, beseitigen mnftte, wurde er doch
Abends auf einem veranstalteten greisen BaUe^ namenttioh von Seiten
der BVauen, hoch gefeiert
Ein wahrer Triumphzug war am 29. der Marsch nach Halber-
stadt, von wo berittene Bürger schon bis Blankenburg entgegen-
gekommen warm; je näher der Stadt, umsomehr wuchs der Zulauf
von Männern und Frauen, die Hellwig jubelnd mit Zuruf und Lorbeer-
kränzen begrüfsten. Von den Wällen dröhnten kleine Kanonen und
knatterten die Gewehre der Bürger, als um die Mittagsstunde der
Einzug durcli das als Ehrenpforte geschmückte .lohaniiisthor erfolgte.
Unter Bhimenregen und Auszeichnungen aller Art wurde der Rath-
hausplatz erreicht, wo aufmarschirt und mit gnifster Feierhchkeit
der preufsische Adler am Rathhauso enipurgehübon und angeheftet
wurde, unter dem Kufe: „Es lebe der König von Preufsen, unser all-
geliebter Landesvater Friedrich Wilhelm hoch!^ Durch die ganze
Stadt pflanzte sich dann der angeetimmte Gioral: Nun danket Alle
Gott! fort Abendmnsik, Fackelzug, Beleuchtung, Gastmähler, BäUe,
Festlichkeiten aller Art, Gedichte und Beden ~ in buntem Wechsel
folgten an diesem und den folgenden Tagen die Hellwig und seinen
Mannen daigebrachtm Ehrungen. Am meisten rührte ihn die Auf-
merksamkeit der Stadt, welche zu dem von ihr gegebenen Balle von
*) Abgedmckt bei G. L. S.175 Anm. 1.
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Der Ikrteigäuger FriüUricii vuu Ueilwig etc.
11
400 Personen seinen alten Vater und seine Schwester von Braun-
sehweig hatte herüberkommen lassen.
Aber es blieb ihm auch hier nicht erspart, die Ehrenbezeugungen
der Bürger, ebenso irie in Blankenburg, zum Teil mit Strenge zu
vergolten. Der plötzliche Umschlag der Verhältnisse führte auch hier
mehrfach zu Ausschreitungen schlimmster Art: die Bürger wollten
den Anordnungen der ihnen au^eswungenen westphälisohen Beamten
sich nicht mehr fügen; da aber Hellwig niclit berechti<;t war, andere
Behörden einzusetzen, so blieb ihm nichts übrig, als das Ansehen der
Beamten zu stützen und sie vor Mifshandlungen zu schützen, wenn-
gleich ihm oft die Klagen der Bewohner der Stadt und Umgegend
nur zu begründet erschienen. Zur Beruhigung der Gemüter erlicfs er
einen Aufruf, in welchem er die ]?cvr)lkerung zur Ruhe und zum Ge-
horsam für die Übergan üjszoit ermahnte und zu ersprielslichem Zu-
sammenwirken aufforderte.
Unter dem 1. November erteilte der Kronprinz von Schweden
direkt Hellwig den Befehl, bis auf weiteres die Gegend zwischen
iialberstadt und Brauiisehweig zu halten, um über jede Bewegung
des Prinzen von Eckmühl jenem nach llaimover Meldung zu er-
BtattenO» I^r Aufenthalt in Halbeistadt dehnte sieh auf Wodien
aus: Hellwig hatte den Befehl erhalten, so lange dort zu bleiben,
bis eine regehrechte EinsoUiefsung Magdeburgs durch ein Belagonings-
korps erfolgt sei und bis dahin die Gegend bis zur Festung vor
ÜberfilUen und Auflagen seitens der Besatzung zu schützen. Er
suchte dies durch unausgesetztes Absenden starker Streifparteien zu
erreichen, welche bis an die Glacis Yorsprengten , die Besatzung
beobachteten, die von ihr vorgeschickten Streifen auflioben und ihnen
die etwa schon von den Ortschaften erhobenen Gelder oder Ver-
pflegungsgegenstände wieder abnahmen. Durch ein gutes Kimd-
schaftenvesen erfuhr er meist rechtzeitig, wann Veranlassung zum
Eingreifen war. welches meistens erfolgreich ablief. Besonders zeichnete
sich dabei Lieutennnt v. ZnwadxUy von den freiwilligen Reitenden
Jägcni durch entschlossenes Henelimen aus. Einmal, am 0. November
stiefs er bei einer solchen Gelegenheit mit 5 Jägern und 20 llu.saren')
in der Gegend zwischen Egeln und Atzendorf auf eine französische
Schwadron von 1)0 bis 100 Pferden, welche er trotz ihrer grolsen
Überlegenheit angriff und ihr nicht blofs das zusammengetriebene
Vieh wieder abnahm, sondern taush 10 — 12 Mann niedermachte und
30 Mann mit 20 Pferden gefangen nahm*). Der Emzug der Sieger
V) Original des Befehls in H. X. — ^} Mauv. S. m. Nach Priv. T. mit
40 Pferden; dieses giebt die GofangencD auf Ib Maaa und 17 Pferde an. —
") KriegsUgebuch BL lü.
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12 ^ Parteigänger Friedrich von Hell«% ete.
mit den Gefangenen in Halbentadt, geschali unter dem Jubel der
BeTölkemng.
Einen groisen Emflufs hatten Hellwig's Streifen auf die Magde-
burger Besatzung dadurch, dafe deren deutsche Bestandteile in hohem
Mafse zur Fahnenfluclit veranlafst wurden; t»äglich trafen Überläufer
in grofser Zahl in Halberstiidt ein, am 12. November allein an
300 Mann mit Offizieren und Unteroffizieren, welche nebst anderen
500 am Tage vorher gleichzeitig beim Scluinzarbeiten davongegangen
waren. Nacli ihren Aussagen sollte die 1^'estung schlecht mit Lebens-
mitteln versehen sein Tmd die Besatzung kaum noch 1000 Franzosen
betragen. Die Zunahme der Fahnenflucht veranlafste schliefslicli den
Gouverneur, den Rest der deutschen Offiziere und Maunschaftcn frei-
willig fortzusciiickcn i).
Auf Unternehmungen vorstehender Art beschrankte sich llcUwig's
kriegerlsohe Thfttigkeii in diesem Zeitraum; er befand aoh im
Rücken der eigenen Heere im befreundeten Lande; er war bis auf
TOterea an einen bestimmten Punkt gebunden und genoia einer ver-
hgltniftmäfirigen Rube^ die dem recht heruntergekommenen Zustande
der Pferde und der Bekleidung seiner IVuppe sehr zu Gute kam.
Vor allem aber gewählte diese Uuise Hellwig die för die Zukunft
Ausschlag gebende Mi^lichkeit, sein Korps in einer Weise zu ver-
stärken, wie es ihm schon lange vorgeschwebt hatte. Sein Aufruf
aus Nordhausen verschaffte ihm reichen Zuflufs von Freiwilligen aus
allen Ständen, z. T. aus den besten FamiUen des Landes; die Wohl-
habenden traten, sich selbst mit Pferd, Bewaffnung und Bekleidung
ausrüstend, in die Schwadron der Reitenden Jäger, die Unbemittelten
gingen zur Infanterie, welche bereits in Nordhausen eine Verstärkung
von 100 Mann durch westphälische Soldaten und FreiwiUige erhalten
hatte, durch die die 1, Kompagnie ihre volle Stärke von 200 Mann
erreichte: vom 29. Oktober ah meldeten sich in Halberstadt so Wele
Freiwilhge, dai's Hauptmann Kühlburger mit Ililfc einer Anzahl
früherer westphälischcr Offiziere eine 2. Kompagnie zu 200 Mann
▼ollständig aufstellen und Hptm. Eamlah mit Bildung emer 3. Kom.*
pagnie beginnen konnte. Die ganze In&nterie wurde in Halberstadt
mit der früher beschriebenen Uniform gleicfamäfsig bekleidet; ihre
Stärke wird am 25. November auf 400 Mann angegeben*). Dazu trat
•) Gr. L. S.175.
-) Kr. A. 1. E. 97 in v. Gorikuud „HlÄtorische Nachrichten" u. s. w. Bl. 3.
Im Priv. T. berechnet HelKvig seine Reiterei ztuammen auf OOO Pferde, seine
Infanterie siuunmen auf 700 Mboh, wobei er die Sollstärke von 200 lümn fiir
die Kompagnie, die sich erst spater orfflllte, zu Grunde gelegt haben mng. Gr.
L. giebt die Stftrke nach Kapporteu von Ende November an: Die Keiterei zum
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Der PflLTteig&nger Friedrich von Heilwig etc.
13
die Abteilnnp; der gelernten Büchsenjiigcr, welche hekaimtlich am
Ende des WalYen Stillstandes 80 Mann zählte und nun durch Zuzug
Yon im Harz erzogenen freiwilligen Forstbeamten auf 100 Mann ver-
II ut i.ii * -
In Halbdrstodt traf andi Bittmeuter t. Bonutädt mit der
3. HnaarBMdiwadron ein, nachdem er ihre Anstellung in Berlin ans
Übeiläufem, Ge&ngenen deutschen StammeB, FMwilligen, darunter
einer Anzahl wohlhabender und gebildeter junger Leute YoUendet
und aie duoh Beutepferde beritten gemacht hatte. Die Stftrke der
freiwilligen Jägerschwadron Termehrte sich auf 160 Pferde. So ver^
fügte Heilwig für die Fortsetzung des Krieges über 3 Schwadionen
Husaren, l Reitende Jäger, 3 Kompagnien leichter Infanterie, genannt
nJäger*^, und einer Abteilung „Bttchaenjäger^.
3. Marsch nach Holland bis zum Jahresschlufs 1H13.
Seitdem Bülow mit der Nord-Armee den Vormarsch in nöi (Uk her
Richtung angetreten, hatte Heilwig voui Kronprinzen von Schweden
direkte Befehle empfangen und muste dnraus entnehmen, dafs er ihm
unmittelbar unterstellt sei. Als daher im letzten Drittcil des Xo-
vemher tlie Division Seilitz zur P^inschhelsung von Magdeburg eintraf,
meldete er darüber dem Kronprinzen und erhielt am 24. von ihm
den Befehl, sidi ihm in Holstein wieder anznschlie&en 0. Karl
Johann versuohte auf diese Weise, ebenso wie er es mit der zulötet
dem Grafen Tauentzien unterstellten Division Thtimen madite, das
Heilwig*8che Korps dem Gtoneral Bttlow wieder zu entziehen. Letzterer
aber war eine Perednüdikeit, welche sich derartige ungerechtfertigte
Anforderungen nicht gefallen liefe, sondern in so nachdrfickUcher
Weise die Wiederüberweisnng der ihm yon Seiten des Königs von
Preufsen unterstellten Tnippenkörper verlangte, dafs der Kronprinz
dem General am 30. November schrieb, er habe dem M%jor Heilwig
den Befehl erteilt, zum 3. Armeekorps zu stolsen.
Dienst 9 OSz. C03 Mann, 4ä7 Pferde, darunter 133 Köpfe freiwilliger Jäger,
anfterdem 4 Glunirgen und 4 Fahnenschmiede ; die In&nterie: 11 0&., 663 Mann,
3 Chirorgen. S. 170. Aam.
*) Dieser Befehl laut<'ttv „Monsieur Major de Heilwig, j'ai roru la lettre
que vons m'avez adress^e de Halberstadt lo 17. 9^^*^. Vous alle?, rocovoir
l'ordre de vous porter sur l'Elbe aün de passer ce Üeuve avec les troupes (^ui
sollt destinöes k me Cooperation sur le Holstein et qui seien ks apiiarenees
aera de eowte duröe. Je ▼cos dirigerai ensoite snr la HoUande ainsi qoe voas
paraisscz Ic dösircr. Sur ce je pris Dien qoHl tous ait, monsieur le nugor, en
sa sainte et digne garde.
(sigu.) Charled Jean.
AUlzen, le 14. 9^ 1813.«* (Aus H. N.)
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14
Der Parteigäuger riedrich von Uellwig etc.
Dieser war in Begleitung seiner EVaUi die von BeiHn ssa ihm
nftch Halberstadt gekommen war, seiner Schwester Henriette nnd
seines Bruders August, mit seinem Korps am 24. November wieder
angebrochen, hatte auf braunschweigisdiem Boden bei Hessen über-
nachtet und am folgenden Tage, rou seinen Londslenten mit Jubel
empfiungen und mit Ge(li( hten angefeiert^ seinen Einzug in seine Vater-
stadt Braunschweig gehalten. Von hier marsehirte er am 80. ab, bis
Gifhorn, seinem ersten Marschquartior, von seinen Verwandten he-
gtet. Über Hankensbüttel (1. Drz.) erreichte er am 2. Dez. Clzen,
wo ihm am Rnhotaj^c durch einen Offizier des Kronprinzen nebst der
neuen Marschroute der Befehl übergeben wurde, wieder zu Bülow zu
stolsen, da erstcrer keiner weiteren Verstärkung bedürfte. —
Das 3. Armeekorps war, naclidem Bülow vom Hauptquartier die
Genehmigung zu einer Unternehmung gegen Holland erhalten hatte,
zu welcher ihm das Korps Wintzingerode's zugewiesen worden war,
von Ilaiuelii über Minden und Münster gegen die Yssel vorgegangen,
welche er aui 18. November nut seiner Spitze erreioht hatte. Bis
Ende dw Monats hatte Bülow die ganze Flulslinie mit ihren sXmmt-
lichen .festen Plätsen eingenommen, die Festung Amheim am Rhein
erstürmt und am 2. Dezember Utredht besetzt. Der französische Ober-
befehlshaber General Deca^n hatte die Scheide- und Maa»>Insehi auf-
gegeben, nur die imterhalb Antwerpens gelegenenFortsLillo und liefken-
hoek behauptet, dagegen die Festungsbesatzungen von Breda und
Bergen-op-Zoüm verstärkt. In weiterem Vordringen nahm Bfilow die
Waal-Iiinie aufser Gorkum und die Russen Breda, worauf sich die
Franzosen nach Antwerpen und Nvmwegen zurückzogen. Da die
Hauptmacht der Verbündeten am Rhein sicli vorläufig ganz ruhig ver-
lüelt, 80 be.schlofs Napoleon die Wiedereroherung von Holland. Aber
der V^ersuch einer Division junger Garde auf Hreda mifslang ebenso,
wie ein solcher Biilow's auf Herzogenbusch. Bergen -op- Zoom aber
wunli' VOM .s*MKi gelandeten Engländern eingeschlossen. Damit war
das Kiule des .Jahres ISIH herangekommen. —
Während dieser Zeit hatte Hollwig den Marscli auf das ihm an-
gegebene Ziel Doesborgh an der Yssel angetreten und war über Eschede
(4.), Celle (5.) und Burgdorf ((>.) nach Hannover marschirt, wo er am
7. beim Einrücken vom Herzog von Cumberland besichtigt und zur
Tafel befohlen wurde. Über Bad Nenndorf (9.) rückte er am 10., vom
Fürsten Lippe emp&ngen und bewirtet, nach Büökeburg und am 11.
über Minden nach Rehme, am 12. über Herford nach Bielefeld; von
da ging es über Harsewinkel (14.), Warendorf (15.), Telgte nach
Münster (IG.). Hellwig hatte wegen der unergründlichen Wege und
wegen der sehr weitläufigen Unterkunft seiner Truppen auf den einzeln
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Der Pttteigiiigvr Priedzioh von Hdlwig eto.
15
und weit aus einander gelegenen Bauerhöfen in den letzten Taften
nur kleine Märsche machen können, wenn er seine Truppen nicht ganz
verderben wollte. Auch mufste er aus diesem Grunde in Münster
zwei Kuhetage halten. Der über 4 Meilen grofso Marsch nach Stein-
fort am 19. nötigte ihm am 20. wiedfiiom etneii Euhetag abzuhalten,
am 21. gelangte er nach Ahaus, am 22. nach Winterswyk im Hot-
UlndiBchen nnd am 26. andlieh nach DoeBborgh, vro er nach der er-
haltenen Weisung auf weiteren Befehl zu warten hatte. Er meldete
sein Emtreffon nnd den Orond seines langsamen Hiarschirens sofort
an Balov, Ton dem er am 27. Befehl erhieli, seine Bichtang über
Bommel, sein Hauptquartier, zu nehmen und gleichzeitig aufgefordert
wurde, sich darüber ZU rechtfertigen, weshalb er mit Umgehung des
3. Armeekorps Ordensvorschläge unmittelbar an den König eingereicht
hätte. Hellwig berichtete an demselben Tage, ihn habe dazu seine
Zuteilung 7aiy schwedischen Armee veranlafst, in der Befürchtung,
seine Gesuche würden seitens des Kronprinzen gar keine Vertretung
finden; in seinem Truppenkorps habe das Gefühl der Zurücksetzung
in Beförderung und Auszeichnung Platz gegritien; man hätte ihm,
dem Führer, den Vorwurf gemacht, dafs er seine Untergebenen nicht
genügend vertreten habe; darum könne ihn eine Bestrafung in
ihren Augen nur rechtfertigen. Er knüpfte hieran nochmals die Bitte,
den von ihm scliou für WamMed, Apolda nnd Kl. -Priesnitz vor-
geschlagenen sehr ?erdienten Offizieren die gebührende Auszeichnung
nicht vorzuenthalten und fügte hinzu, „dais er die ErhSmng seiner
. Bitte stete so Terehren würde, als wenn der Gegenstand derselben
ihm persönlich bewilligt worden wftre i).*^
Am 28. übenduitt HeUwig bei Amheim den Rhein und nmr-
sohirte bis Randwyk, an 29. durdi Thiel nach Wagenoyen, am 30.
über die Waal, durch Bommel, wo er Bülow antraf, und dann über
die Maas nach Veen. Der General hatte ihm sofort den Befehl er-
teilt, nach einem Ruhetage über Heusden nach Tilburg zu marschiren,
* um am Neujahistage dem Feinde wieder gegenübexstehen zu können.
Er. A. m. D. M. Bl. 80.
(Fortsetnmg folgt)
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n.
Die Operationen mit Massenheeren in den Kämpfen zu
AiiiGuig und in der zweiten fiälfte des 19. Jahrhunderts.
HaseUke^ Ohom 2. D.
Der veränderte Charakter der Kriege der Neuzeit hat notwendig
auch andere strategische Hafimailmiea eifordedidi machen mfisBen,
wie aoldie vonuusiditlioh in den Kftmpfen der Zukonft ebenfiiilb in
Erscheinung treten werden.
Das Teraltete methodische Eiiegsrer&hien der letsten Jahrsehnte
des 18. Jahrhunderts war durch Bonaparte*s bdspielloses Glück und
durch seine rOcksicfatslose Kühnheit Aber den Haufen geworfen und
damit auch manche Macht ersten Ranges mit einem Schlage ver-
nichtet worden. Durch die hartnäckigen, lang andauernden Kämpfe
anf der Pyrenäen-Halbinsel, wurde dann aber der neue Kaiserstaat
Frankreich darüber belehrt, was die Wehrbarmachung einer ganzen
Nation und die Volkserhebung im Grofsen zu leisten vermögfMi. Rufs-
land liattc im Kriege von 1812 Napoleon <icgenüber bewiesen, dafs
ein iU'ich von grofsem Umfantje sich niclit erobern läfst, so lange
dasselbe sich niclit selbst niilL^^ebt, dals tlio Wahrscheinlichkeit des
erfolgreichen Widerstaiuks nic ht immer in dem Mafse abnehmen mufs,
als die angegnllene Macht Schlachten, Ilauptstädtf , Proviu/eu ver-
liert, sondern dala der Verteidiger oft mitten in seiuem Lande am
stärksten ist, während die Offensivkraft des Gegners sich schon er-
schöpft hat, und daJk dann der hisher auf die Verteidigung ange-
wiesene Teil seinerseits mit gewaltiger Kraft zum Angriff ühergehen *
kann. Preulsen endlich hatte 1813 das bedeutungsvolle Beispiel ge-
liefert, wie ein fast gänzlich zertrümmerter Staat in dw Vateilandfr'
liebe und Aufopferungs&higkeit seines Volkes das Mittel zu finden
vermodite, mit Hülfe der allgemeinen Wehrpflicht die kleine, schwache
Armee auf dem Wege auiserordentlicher Anstrengungen zu versechs-
fachen, und wie diese neugescbaffenen Schaaren von Vaterlands^
Verteidigern den Mangel einer gründlichen systematischen Ausbildung
durch den kriegerischen Geist zu ersetzen wufsten, der sie beseelte
Alle diese Fälle hatten erwiesen, vlncn wie gcwalti^'en Faktor in dem
Produkte von Staatskraft und iStreitmittelu das Uerz und die Ge-
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Die Opentioiieii mit Maaaeuheereu ete.
17
smuuiig der Bevölkerung bildet, und es war wohl selbstverständlich
und Pflicht der Regierungen, dafs sie nach dieser Erkenntnifs bestrebt
waren, in den späteren Kriegen die nenen gewaltigen Hülfsmittel
audi ToU und ganz znr Verwertung za bringen. Die Kümpfe, welche
jetzt mit der ganzen sdiweren Wucht der Kraft der Nationen ge-
ftihrt wurden, muisten aber notwendig nach anderen Grundsätzen ein-
gerichtet werden, als die früheren, wo allee nach dem Yerh8ltni& der
stehenden Heere zu einander berechnet wurde. Mit dem Wadisen der
Staaten und Völker nehmen auch die kriegerischen Kraftanstrongiingen
onen immer gewaltigeren Umfang an und vergröisero sich natoi^
gemäls die Heere in der Zahl an Streitern.
Die numerische Verstärkung der Stroitmassen hat also eine Ver-
änderung der Strategie bedingen müssen, ohne dafs dabei jedoch die
als wahr und unumstöfslich erkannten Grundsätze der Kriegskunst
berührt worden wären. Wo aber Veränderungen eintreten, da findet
sich auch bald das Vergleichen der neuen Verhältnisse und Zustände
mit den friilieren, es tauchen verschiedene Meinungen auf, es ent-
stehen Parteien. So hat sich denn auch in den letzten Jahrzehnten
eine junge strategische Schule herausgebildet, deren Anhänger
nameotUoh in den aulaerdeutschen ndUtiriadien Krmsen zu snchen
sind. Das A und 0 dieser Sdiule bildet die Anschauung, dafs seit
der Napoleonischen Epoche der strategische Geist im Niedergange
begriffen sei, dafii fast aUe Siege in unseren neuesten Bjiegsperioden
keineswegs das FM)dukt bedeutender strategischer Konzeption seien.
Diese Meinung wird namentlich vertreten und eingehend dargelegt,
durch ein Anfangs 1894 in Petersburg erschienenes Werk des russischen
Generalstabs-Hauptmanns Martinow, betitelt: „Strategie zur Zeit
Kapoleon I. und in unserer Zeit". Der österreichische Generalstabs-
Hauptmann Sarkotic hat in „Streffleur's österreichischer militärischer
Zeitschrift" einen dankenswerten Auszug aus dem erwähnten Werke
geliefert. Bemerkenswert ist, dafs Hauptmann Martinow seine Schrift
* unter BeüiüKe des „kriegs wissenschaftlichen Komitös" zu Petersburg
verfafst hat. Wir haben es also hier nicht etwa blol's mit dem Ge-
dankenergus.se eines nach dem Idealen strebenden jugendlichen (reistes
zu thun, sondern das Werk Martinow's vertritt jedenfalls die An-
schauungen des genannten „kriegswissenschaftlichen Komites**. Her-
Yorragende russische MiHtftr-Schriftsteller, wie Oeneral Dragomirow
und General Wojde, gehören jedoch, nach ihrrai Äußerungen zu
schlielhen, der jungen strategischen Schule nicht an. Hauptmann
Martinow geht von der Grundanschauung aus, dals die Feldzöge
Napoleon's uns als Ausdruck der vollkommensten kflnstlerischen
Sdiöpfongen auf dem Gebiete der Strategie erscheinen müssen, und
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18
Die Operatioueu mit IflBKaheereu etc.
stellt dabei die IVage, ob die gegenwärtige Strategie im Vergleicbe
ZQ der Napoleoiiifloheii eine b&bere Kunetstnfe rcpräsentire, oder ob
eie in dieser Beziebnng einen Sduitt nacb rOokwftrts gonacbt babe.
Die Losung dieser Frage will der mssiscbe Offizier anf Tbatsachen
aus der Eriegsgesebicbte grOnden und wäblt dazu als Gegenstand
der Betrachtung einerseits den Krieg von 1809, andererseits den
deutseben Feltl/cug gegen die Armeen des französischen Kaiserreichs
1870. Bezüglich des ersteren Beispiels spricht Hauptmann Martinow
die Meinung aus, dafs hier die Operation Napoleon's allen Prinzipien
der Wissenschaft entspricht und fast vollends dem theoretischen Ideal
gleichkommt. Diese Behauptung erfolj^reich zu beweisen, kann dem
russischen Offizier unmöglich gelingen. Schon die Sclilacht bei Asf)ern
und die wochenlange hülflose Lage der französischen Armee auf der
Insel Lobau gewähren uns von der betrefl'enden Operation Napoleon's
ein ganz anderes Bild, als sich Hauptmann Martinow davun zurecht
idealisirt hat. Betreffs des deutschen Feldzuges in Frankreich hebt
er aber bervor, dab Uber diesen die Meinungen der mssisohen Militär-
litteratur sieb in zwd feindliche Lager teilen. „Die Einen sehen in
diesem Kriege mn Mnsterpfrodnkt der strategischen Kunst, die .Ver-
körperung des Ideals der methodischen Strategie, die Anderen sind
wieder bereit, die Erfolge der Deutschen auf alle mögliche Art zu
erklaren, nur nicht durch die Kunst der Strategie, oder Verdienste
der Filhrung. Die erste Meinung gehört jener Periode an, in welcher
die glänzenden und unerwarteten Resultate der Deutschen die ganze
militärische Welt verblüfft hatten, die zweite hat sich erst in der
letzten Zeit als Reaktion der ersten und als Wiederhall jener all-
gemeinen antideutschen Rewe^ung, welche unser ganzes Fühlen uTid
Denken erfai'st hat, kunilgethau." So sagt Hauptmann Martinow. Er
hatte noch hinzufugen sollen, dals aus dieser antideutschen Gesinnung
auch der Kapoleons-Kultus der heutigen Zeit resultirt. Der rusbisehe
Ofüziüi- spriciit zwar dann die Ansicht aus, dafs beide vorbewegte
Meinungen zwei Extreme iu sich schliefsen und gleich unrichtig siud, •
ist andererseits aber doch der Überzeugung , dals der französisch-
deutsche Krieg nicht sls Muster der strategischen Kunst hingestellt
werden kann, weil in demselben eine Reihe von höchst wesentlichen
Abweichungen Tom Ideal der meihodisdien Strategie Torkftmen. In
einem Gefttble beabsichtigter ünparteilidikeit fligt Martinow noch
hinzu, dafs an diesen Abweichungen der Mehrzahl der Fälle nach die
Leitung der Armeen ganz und gar unschuldig wäre. Die Ab-
weichungen seien durch die allgemeinen Ursachen der neuartigen
strategischen Verhiiltnisse, durch den neuartigen Charakter der Strategie
zu erklären, welcher es unmöglich machte, in der Praxis das theo-
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Die Operationen mit Maasenheereo ete.
19
retiache Ideal in jener Beinhdt zu verwirklichen, wie es zu Napoleon's
Zeit der Fall gewesen sei Es ist hier nicht der Ort fllr eme ein-
gehende Besprechung der Schrift des Hauptmann Uartinow, doch
wird der vorliegende An&atE gelegentiioh auf einige der Behauptungen
des russischen Offiziers zurQckkommen müssen.
Kapoleon hat seine Feldhermlauf bahn 1796 in Italien an der
Spitze einer Armee von 30000 Mann angetreten. Als er auf der Höhe
seiner Macht stand, kommandirte er ein Heer von 100000 bis 200000
Mann und erst in den letzten Jahren seiner kriegerischen l'hätigkeit
sehen wir ilm über gröfsere, bis dahin in den Kriegen der europäischen
Staaten noch nicht dagewesene Heeresniassen gebieten. Nach Rufs-
land zog Naj)oleun iiiit fiOfXKH) Mann. Derselbe wollte den Krieg
dort in derselben Weise tühren und beendigen, wie er dies bisher
überall gethan hatte. Die feindhchen Streitkrätte schlagen, zer-
trüiumcni, die Hauptstadt erübern, die Regierung in den äufsersten
Winkel des Reiches zui"iickdriingeii und dann von dem bestürzten
Gegner eiligst den Frieden gewinnen; das war bis jetzt Napoleon's
Operationsplan in seinen Kriegen gewesen. Die ganze russische
Kriegsmacht an der westlichen Orenae des Reiches bestand bei Beginn
der Fdndseligkeiten aus etwa 180000 Mann, wehshe in drei Anneen,
am Niemen unter Barolay, im südlichen litthauen unter Bagration und
in Wolhynien unter Tormasow, angestellt waren. Rückzug in die
weite Wildnük des Innern, Ermüdung des Feindes durch den kleinen
Krieg, das war der von der Pleeresleitnng entworfene, wenn auch
nicht gleich Anfangs in voller Ausdehnung ausgeführte, so doch mit
dem Verlaufe des Krieges sich von selbst mehr und mehv entwickelnde
Uperationsplan. Das französische Heer und seine Rundesgenossen
gingen in vier Hauptgruppen vor. Während der linke Flügel unter
Macdonald gegen Riga und der rechte unter vSciiwarzenberg gegen
Tormasow operirten, rückte Napoleon uut der Hauptarmee von H750Ü0
Mann gegen Barclay und Bagration vor. Dieselbe brach dann am
16. JuU von Wilna auf und ging gegen Witebsk, also in der Richtung
iiut Moskau. \ ergebens versuchte Napoleon den überall zurück-
weichenden Feind zu erreichen. Wie Barclay und Bagration ddi aus
6fir Gegend von Wilna und Ton Woikowisk nach Drissa und Njes-
wisch zurückgezogen hatten, so waren sie jetst auf Witebsk und
Mohilew gewichen. Am 26. Juli gelangte Napoleon nach Witebsk und
setzte Yon dort erst nach dnem vieizehntägigen Halt den Marsch nach
Smoleosk fort Die Russen hatten auf ihrem Rückzüge nach Smolensk
nicht den kürzesten Weg dorthin eingeschlagen, weil sie wahrscheinlich
noch nicht ganz auber Zweifel waren, ob Napoleon sich nicht gegen
Petersburg wenden würde. Als indessen seine Marschrichtung un-
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Die Operationen mit KiimwiImwi-wh elo.
sweifelhaft war, beoUten ne sich, den Fraii208«ii dort sniTorzukommen.
Es gelang Barclay, sich mit Bagration zu vereiiiigeii, so dab die
Rnasen mit etwa 116000 Mann um Smolensk standen, als Napoleon
sich näherte. Die siegreiclic Schlacht bei Smolensk am 17. August
brachte den Franzosen nur den Besitz eines öden, mit grofsen Opfern
erkämpften Schlachtfeldes. Bei der Ankunft in Smolensk, also 52 Tage
nach dem Übcrgan<ie über den Niemen, hatte Napoleon's Ilauptarmee
bereits einen V^erlust von 105500 Mann zu verzeichnen. Napoleon
hatte seine Hauptkräfte in unerhörter Weise zu grofsen Massen auf
einer Strafse vereinigt, um so mit brutaler Gewalt vorwärts zu kommen.
In seinem Drange, Moskau zu erreichen, hatte er die einfachsten
Regeln der Kriegskunst aufser Acht gelassen. Die Folge davon war,
dafs das iibermüfsige Zusammendrängen der Massen einen unerhörten
Mangel veranlafste, dafe hierdurch unverhiLltDÜkmiUing bedeutende
Veiluste eintraten und die Bewegungen su einem admeckenartigen
Vorwärtskommen sich Terlangsamten. Unzweifelhaft hKtte Napoleon,
ohne eine Beeinträchtigung seiner Operation besoigen za brauchen,
in gröfserer Breite voigehen kennen, wozu es an Raum ketneswegs
mangelte. Von Smolensk setzten die Bussen ihren Rückzug unter
Nacbhutsgefechten bis Borodino fort, wo sie am 7. September in einer
hartnäckigen Sclilacht wieder Stand hidten. Der Kampf blieb ohne
eigentliche Entscheidung. Die Russen wurden zurückgedrängt, aber
nicht geschlagen. Die französische Hauptarmee hatte innerhalb
23 Tagen weitere 38000 Mann verloren gehabt, war demnach hei
Borodino nur noch 130000 Mann stark gewesen. Bei ihrem Einzug
in Moskau am 15. September zählte sie aber übeilinupt nur noch
90000 Mann. Ihr Gesammtverlust innerhalb 80 Tagen betrug 198000
Mann. Die Russen hatten Moskau preisgegeben und waren seitwärts
nach Kaluga ausgewichen. Napoleon war an seinem Zielpunkte an-
langt. Er hatte dui'ch diesen seinen Zug die ganze Welt in Be-
wunderung und Staunen versetzen wollen ; jetzt sidi er sich aber mit
dem Reste seiner einst so stolzen Armee, mit ersdidpften, halb ver-
hungerten liannschafiten und zu Orunde gerichteten Pferden, in einem
spitzen Keil 120 Meilen weit in RuTsland hineingetiieben, rechts seit-
wärts von sich eine femdliche Annee von 110000 Hann, um nsh
herum ein bewa&etes Volk, sowie neu gebildete Tmppenkörper, und
sich selbst genötigt, nach allen Richtungen hin Front zu machen.
Napoleon hatte sich durch seine krankhaft überreizte Einbildungskraft
täuschen lassen. Kr hatte auf die Schwäche der Regierung gerechnet,
die Grofsen des Reiches für geneigt zu einem Aufstande gehalten
und geglaubt, von Moskau aus auf St. Petersburg und ganz Rufsland
einen moralischen Druck ausüben, einfach den Frieden diktiren zu
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Die OperaÜonea mit Maagenheeren etc. 21
können. Mit seinen Friedensvorsclilätriu seitens der russischen Re-
gierung erat in klugw Weise hingehalten, dann ganz zurückgewiesen,
be&nd er sich in ▼erzveifelter Lage. Ohne Magazin, ohne hinreichende
Mnnitionsvorrftte» mit einer einzigen Yerbindnngaetrafee, vermochte er
in Hoekau nicht za. überwintern. Er sah sieh zum Rfickzuge ge-
zwangen nnd trat diesen am 12. Oktober an. Vergebens rersudite
er noch, südwürts g^gen Ealnga Torzndiingen, nm in noch unberQhrten
Landstrichen sichere Winterquartiere und die Verbindung mit Smolensk
zu finden. Eutusow setzte ihm mit der jetzt überlegenen rassischen
buptarmee einen unüberwindlichen Widerstand entgegen. 80 war
daan Napoleon genötig, seinen Bückzug über Smolensk durch die
früher von den eigenen Schaaren verwüsteten Gegenden auszuführen.
Bald wurden die Franzosen auf dejnsolben von den Russen eingeholt
und sahen sie sich auf allen Seiten von Feinden umringt. Als die
Überreste der französischen Armee sich im Januar 1813 hinter der
Weichbel endlich gesammelt hatten, zälilten dieselben nur noch 23000
Mann. Die Kontingente Österreichs und Preufsens betrugen aulserdeni
35000 Mami. Napoleon hatte also in Rufsland an Todten und Ge-
fangenen 552000 Mann zurückgelassen. Die Trümmer der fran-
zösischen Armee wurden von den Russen nodi bis an die Elbe
▼erfolgt.
Kapoleon war aber bereits Anfimg Dezember 1813 nach Frank-
reich vorausgeeilt» schon am 19. in Paris emgetroffm und betrieb
sofort die Bfldung eines neuen Massenheeres. Über eine halbe Million
Menschen wurde Än&ng 1813 wieder unter die Waffsn gerufen. Die
ansgehobenen Mannsdiaftdn wurden sofort nach dem Rhein dirigirt
und auf dem Marsche ausgerüstet und eingeübt. Napoleon bewährte
wieder seine Meisterschaft in der Schnelligkeit des Handelns und so
erreichte er es auch, dafs er noch rechtzeitig und mit Überlegenheit
wieder auf dem Kampfplatze erschien.
Die Schaaren, w^elche Napoleon nach dem voraussichtlichen Kriegs-
schauplätze, nach Sachsen in "Marsch gesetzt hatte, rückten zum Teil
auf der grofsen Stralsc über Mainz und Eisenach, zum Teil über
Würzburg vor, während die italienischen und süddeutschen Truppen
über Bainl)erg dirigirt wurden. Es waren dies insgesamnit etwas über
100000 Mann. Napoleon traf mit seinen llauptkräften am 25. April
in Erfurt ein. Der Vize -König von Italien stand mit etwas Uber
20000 Mann auf dem linken Elbufer bei Bemburg und Alsleben. Die
Feetungen Magdeburg und Wittenberg befanden sich in französisohoi
ffinden, Torgau war Ton den Sachsen besetzt An der Niederelbe
hatten die Generale Davoust und Vandamme die russischen Partei-
gänger auf das rechte FlulsufiBr zurückgedrängt. Von den preulösch-
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22 IHq Operationai mit Mnwwiheeren efec
nusiacfaeii Heeresabteilmigeii stand die Ton WittgeiiBtein mit dem
Korps Bülow und Borstell vor Magdeburg, mit einer gemischten Ab-
teilung unter Kleist vor Wittenberg und mit dem Rest, den preufsischcn
Truppen unter York, den russischen unter Berg, bei Kothen und
Dessau. Die schlesische Armee unter Blücher war seit 14. April um
Altenburg konzentrirt. Das russische Hauptheer befiEuid sich noch im
Anmärsche.
Napoleon, dem es darauf ankommen mufste, sein politisches Über-
gewicht in Europa aufrecht zu erhalten und sein durch die schmäh-
liche Niederlage in Rufsland gesunkenes Ansehen wieder herzMtcUen,
hatte in militärischer Hinsicht nur das eine Interesse, die verbündeten
Gegner anzugreifen, ehe sie ihre geflammten -Streitkräfte auf dem
KiiegasolianpIatM zur Verfügung hatten. Seine strategische Lage war
Ende April keineewegs eine nngitnstige. Die neu gebildete Armee
war zwar an Qualität den TVnppen der Gegner nicht ganz ebenbOrtigi
aber Napoleon durfte erwarten, mit seinen 120000 Mann nodk die
niimerisohe Überlegenhdt an der Elbe zu haben* Es mangelte ihm
allerdings an Ka?slleiie; er gebot nur über 5000 Pferde, während
er bei dem Ocf^cr eine sehr starke Reiterei zu gewärtigen hatte.
Napoleon mnüite demnach in Rücksicht auf die Beschaffenheit und
Zusammensetzung seiner Kräfte nach Möglichkeit die Ebene meiden.
Die Verhältnisse des Kriegstheaters begünstigten ihn in dieser Be-
ziehung aulserordentlich. Unzweifelhaft mufsten seine Operationen
zunächst gegen die Mittelelbe gerichtet sein. Das Auftreten hier ent-
setzte die Elbfestungen von selbst. Lehnte Napoleon dabei seinen
rechten Flügel an das noch neutrale Österrcicli, so hielt er hierdurch
diese Macht in Schach und nötigte andererseits die Gegner, sich
entweder in der kürzesten Linie zwischen Dresden und Warschau zu
konzentriren, oder erentnell in allen anderen getrennten* Stellungen
den Franzosen die VorteQe der Überlegenheit zu belassen. Von der
mittleree Saale nach der mittleren Elbe standen Kapoleon drei An-
maisehlinien zu Gebote. Die erste filhrte durch die grolsen Ebenen
Ton Leipzig, die zweite durch das Hügelland über Gera, Altenburg
und Nossen, die dritte am Fufse des Erzgebii^es über Clhemnitz und
Freiberg. Napoleon wählte die erste, also die ^r seine Armee wenigst
günstige Richtung. Er wollte nach Leipzig marschiren, um von dort
gegen Dresden vorzudringen und, wie er sich selbst in seinem Bulletin
ausdrückt, durch diese Hcwegungen einen grufsen entscheidenden Schlag
zu thiin. ^Vahrscheinhch hoÜte er auf die Armee von Wittgenstein
zu tretfen, ehe sie sich mit der Blüclier's, die noch bei Altenburg
vermutet werden mufste, vereinigen konnte. Vielleicht gedachte
Napoleon auch, den etwa in der Gegend von Altenbm^ schon vereinigten
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Di» OpmlioiiMi mll Minnhaoniu eto.
23
feindlieben Armeen alle Stradwn naoh der 'Elbe abmedmeideii. Die
ftanaOeiaoheii BIttter nannten dieaee ManOrer ein aablimea. Kiq[K>leon
wurde aber wihrend desselben von der vereinigfeen Armee dea Gegnera
Ton hinten angegriffen und entging sehr unverdieiiter Weise nnr dnndi
sein besonderes Glück der völligen Niederlage.
Auf Seite der Allürten hatte der preufsische Generalquartier^
meister Scharnhorst ursprünghch den Feldzugsplan dahin entworfen,
durch rasches Vordringen im Herzen Deutschlands sich neue Ver-
bündete gegen den Protektor des Rheinbundes zu verschaffen, dii's<\s
Vorhaben jedoch aufj^^ehen müssen. Auch die Absicht, der schwäclieren
Armee der VerbündetA^n wenigstens alle Vorteile des Geländes an der
Saale zu sichern, war vereitelt worden, indem Napoleon sicli bereits
hier festgesetzt und mit Eugen vereinigt hatte. In richtiger Be-
urteilung der Eigenart Napoleon's, der die Sicherheit stets von sich
Melk nnd nomer daa von Ölanz und Rohm nmstralilte Wagen Tonog,
mur Sohamhorafc dann an der Annahme gelangt, dar Gegner wttide
mehi die Biohtnng IMng^ dea Erzgebirges, sondern die über Alten-
böig einadilagen, und hatte demgenüUa db Aufttdlung der allürten
Armee beatimmt Als Napoleon aber am dO. April mit einer be-
deutenden Macht die Saale bei Weolaenfels Übersohritt und seine
Abaicht klar wurde, sich in die Ebene von Lei{)zig zu ziehen, da
wurde auf Seite der V^bündeten der Kntschlulis ge&fst, den Gegner
in der Ebene von Lützen so ansugreifen, dafs man selbst die Front
gegen den Weg von Leipzig nehmen, den Feind, wenn man ihn schlug,
von Weifsenfeis und Naumburg abdrängen und gegen die sumpfigen
Arme der vereinigten Pleil'se und Elster treiben wollte. Eugen stand
am L Mai mit zwei Korps auf der Strafse Merseburg- Leipzig und bei
Mark Rannstädt. Napoleon nahm also von Lützen bis zur bezeichneten
Strafse eine Linie von zwei Meilen Länge ein. Die preufsischo Armee
war am 1. Mai bei Rötha versammelt, Graf Wittgenstein stand bei
Zwenkau, während General Wintzingerode den Feind am Flofsgraben
beobMhtete und beadiüftigte. Daa Heer der YerbOndeten konnte
alao am 2. Mai bei Pegau in der Verlingerung der franaöaiaoben
Fronitiinie konaentrirt atehen. Der Gedanke zu der Schlacht war von
Sehamhorat auagegangen und bildete unbeatreitbar eine der aohönsten
strategiseben Kombinationen. Auch die Disposition für den Kampf
gehört wohl zu den vortrefflichsten aller Zeiten. Die Armeen der
Verbündeten gingen am 2. früh bei Pegau und Zwenkau über die
Elster. Napoleon hatte auch an diesem T^e noch keine Ahnung
davon, dafs die Streitkräfte des Gej^ners ihm so nahe in der rechten
Flanke standen. Kr setzte daher mit seinem Gros die BewcL^ung auf
Leipzig fort und lieijs nur das Korps Ney als Arrieregarde zurück,
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Die OpantioMii mit Mmiaenheerep eto.
weldies die Döifer Stafsiedel, G^a, Rahna^ Grofs- und Eldn^nchen
besetzt hielt. Napoleon wähnte Blücher noch immer hei Altenburg
und Wittgenstein bei Le^sig. Dieser Irrtiim erklärte sich einerseits
durch die fieberhafte Eile von Napolcon's Vordringen, andererseits
durch den Mangel an Kavallerie. Aber auch General Wittgenstein
war am Morgen des Schlachttages noch ohne Benachrichtigung davon,
dafs das Korps Ney mit 32000 Mann nur eine Meile von dem ver-
bündeten Heere entfernt stand. Als daher am 2. Mai der Plan
Scharnhorst's zur Aiisfiihnmiz kommen sollte, die rechte Flanke des
Feindes bei Lützen mit Ungestüm anzugreifen, war man sehr er-
staunt und überrascht, Grofs-Görschen und die Dörfer der Umhegend
von den Franzosen besetzt zu finden. Die Schlacht war von Scharn-
horst als grofser ( )ffensiv-Kampf geplant, durch das liartnilckigc Ge-
fecht um die genannten Dörfer, nahm sie für die Verbündeten jedoch
einen defensiven Charakter an. Napoleon gewann Zeit, seine Haupt-
kräfte nach dem bedrohten flflgel su. dirje^ren. Die AlHhrten ver-
moditen gegen den doppelt so starken Feind keine nachhaltigen Er-
folge zu erringen. Sie hatten etwa 38000 Mann Infeuiterie in's Ge-
fecht gebracht, Napoleon gegen 70000. Von den Verbündeten war
also immerhin ein groJser moralischer Sieg eiibchten worden. Napoleon
hatte sicherlich nicht verdient, so ungestraft ans der mifididien Lage
wieder heraussukommen, in die er sich übermütig gestürzt. Leicht-
sinnig hatte er sich in die grofsen Ebenen hineinhegebeni wo er
jedenfiüls seinen Untergang gefunden haben mülstei wenn an diesem
Tage ein SeitUitz, ein Blücher oder Murat die gewaltige Masse der
Yortreiflichen Reiterei der Verbündeten angeführt hätte, wehdie 25000
Pferde zählte.
Die Armee Napoleon's war übrigens tief erschüttert. Sie ging
am Abend des Schlachttages etwas zurück, besetzte erst am 3. Mittags
wieder die vielumstrittenen Ortschaften und trat erst am 4. die Be-
wegung an, um dem Gegner zu folgen. Für die Verbündeten lagen
nadi der Schlacht bei Lützen zwei Notwendigkeiten vor. Sie muTsten
zwischen Eönigstein und Torgau über die Elbe gehen und dann, wo
auch irgend wieder Fh>nt gemadit wurde, ihren linken Flügel durch
Anlehnung an die fisterreichische Grenze sichern. Auf eine Ver-
teidigungsstellnng an der Elbe wurde sehr richtig ▼on ▼omhereui
▼endditet.
Um diese ünfslinie mit Aussicht auf Erfolg behaupten zu können,
hätte man Herr der mittleren und niederen Oder sein müssen. Lag
es aber im Interesse der Verbündeten, zwischen Elbe und Oder noch
eine Schlacht anzunehmen, weil man dem Feinde das Terrain so ?iel
als mögli^ streitig machen und den Österr^chem, welohe noch in
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Die Optrationen mit MMMobeANn elc.
35
ihrem Enisdilusso schwankend waren, zeigen wollte, dala man fest
entschlossen sei, Alles für die Befreiung EuropaB aufzubieten, 80 war
die Gelegenheit für eine vorteilhafte Verteidignngs-Aufstellung nur an
zwei Punkten vorlianden, bei Bautzen, oder hinter dem Bober. Hier
fand man zum Schutze pegen eine strategische Umgehung des linken
Flügels Anlehnung an die österreichische Grcn/e und konnte die in
Aussicht stehenden Verstärkungen von etwa 22000 Mann an sich
ziehen. Im Hauptquartier der Verbündeten entschied man sich für
Bautzen, weil in dortiger Gegend eine Aufstellung gefunden werden
konnte, deren Front und Flanken durch Naturhindernisse derartig
verstärkt wurden, duis Napoleon .seine un Zahl überlegene Infanterie
nicht gegen einen Ponkt zu konzentriren, wenigstens nur aihnählig
ln*B Gefecht zu bringen Termochte und dadurch die Auaeicht blieb,
ihn teilweise zu schlagen.
Napoleon hatte nach der Schlacht bei Lützen mit GewiMeit
voraussehen können, dals der Rückzug der Verbündeten nadi dem
rechten Elbufer gehen würde. Sein früheres Operationsobjekt verlor
unter diesen Umständen die Wichtigkeit. Wollte er die eingetretenen
Veihältnisse richtig benutzen, so mulste er entweder mit allen Erftften
sich auf die Arrieregnrde des Gegners werfen, um so "riel Vorteile
als möglich aus dem feindliehen Rückzüge zu ziehen, oder er mufete
unter Benutzung der in seiner Gewalt befindlichen Elbübergänge so
schnell als möglich gegen die Verbindungslinie des Feindes vorgehen.
Die Verbündeten hatten etwa 15 Meilen bis zu ihren Elbübergangs-
punktcn zurückzulegen. Die Pleifse, das Schwarzwasser, die Tschoppe
und die beiden Mulden boten ihnen aber günstige Gelündeabschnitte
zur Deckung des Rückzuges dar. Auch wurde dieser durch eine
zahlreiche Kavallerie und Artillerie hinreichend gesichert. Es war
demnach iür Napoleon keine Aussicht vorhanden, dem zurückgehenden
Gegner einen wesentlichen Abbruch thun zu können, namentlich da
die Verfolgung bis zum zweiten Tage nach der Schlacht ausgesetzt
werden mulste. Napoleon beging also geradezu einen Fehler, wenn
er sich mit einer bedeutenden Macht gegen Dresden wendete. Er
bitte am 8. Mai bei Leqoig, am 4. bei Düben, am 5. bei Wittenberg
sein können, während eine zweite Kolonne vor Toigau erscheinen
mulste. Am 9. Mai konnte er zwisohen KIsterwerda und Dobrilugk
konzentrirt stehen. Dort fend er das Gelände, wie es für seine
Armee sich eignete, eine wasserreiche niedere Oop:end. wo die
Infanterie ohne Nachteil das Gefecht gegen die Kavallerie und
Artillerie annehmen konnte. Wenn er zwischen Sprcmberg und
Hoyerswerda vorrückte, so waren die Verbündeten voraussichtlich ge-
zwungen, Sachsen freiwillig aufzugeben. Napoleon scheint aber auch
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Die Operationen mit Maaaenheeren etc.
nach der Schlacht bd Lttteen irieder durch «eine lebhafte Embfldangs-
kraflt getäii8(dit worden za sein, wie dies &8t immer bei ihm der Fall
war, und glaubte jedenfiüls den Feind nicht mehr in dem Zustandet
am linken Oderufer noch eine Schlacht gegen ihn wagen zu können.
Er beging also den grolaen Fehler und teilte steh. Mit seinen Garden
und Tier Eoips folgte er der ▼erblindeten Aimeei wfthrend er Ney
nach Torgau entsendete, um unter Einverleibung der Sachsen das
7. Korps zu formiren. Von dort sollte Ney mit drei Korps nach
Berlin marechiren. Marschall Victor rückte mit einem Korps und
einer Kavallerie -Division auf Wittenberg. So befand sich denn
Napoleon in drei Gruppen von Dresden bis Wittenberg verteilt. Ney
und Victor zahlten zusammen 14 Divisionen, Napoleon bei Dresden hatte
deren 15. Wenn man in Erwägmig zieht, dafs die Armee derVorbündeten
jetzt 83000 Mann stark war und am 12. Mai Stellung bei Bautzen
nahm, um dort eine Schlacht zu liefern, erhellt so recht, wie sehr
Napoleon durch seine fehlerhaften Mafsnahmen seine Lage zu eigenen
Ungunsten verschoben hatte. Man mufs tsich fragen, was die 60000
Framosen in der Kichtung auf Berlin eigentlich gesollt haben, da
Napoleon wuMe, dafii dort kein Feind zu finden war. Biflow yei^
einigte am 19. Mai seine Hauptkrftfte mit 25000 Mann bei BarutL
General Pellet behauptet zwar in seinem im ^Speotateur militaire^i
Band I, erschienen Au&atee: „Des prindpales Operations de la cam-
pagne 1813^ dab es nicht die wahre Absicht Napoleon's gewesen
sei, Ney gegen Berlin zu entsenden, man muls doch aber annehmen,
dafs die Heeresabteilung, welche von LiSftzen über Eilenburg und
Wittenberg marschirte^ als nächsten Zweck wohl nicht haben konnte,
sich bei Bautzen einzufinden. Napoleon stand dann am 16. Mai mit
etwa 90000 Mann vor diesem Orte. Er sah ein, dafs er mit seinen
verfügbaren Kräften die bereits gleich starke Armee der Verbündeten
nicht angreifen konnte. Er hielt sich daher in einer verdeckten
Stellung hinter Förstchen zurück und sandte an Ney den Befehl ab,
den Marsch gegen Berlin aufzugeben und auf den rechten Flügel der
Verbündeten los zu rücken. Marscliall Ney mufste seinem früheren
Auftrage gemäis am 18. in Baruth und am 20. in Berlin sein. Vor
dem 23. konnte er also keinesfalls auf dem rechten Flügel der Ver-
biindeten eintreffen und Napoleon blieb in dieser ganzen Zeit ▼on
7 Tagen Yor Bautzen dem Angriff der AUürten anagesetzt. Sein altes
Glück begOnstigte ihn aber auch diesmal wieder in auflUliger Weise.
Dem Marschall Ney war durch seinen Genenüstabschef Jomini die
Teilung der Erftfte Napoleon's als ein so grolser FeUer dargestellt
worden, dafs er selbst gegen den Befehl, nach Berlin zu marschiren,
sich auf Bautzen wandte. So traf denn die neue Weisung Napoleon's
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Die Operutiüueu mit Mawiftn beeren etc.
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den Marschall bereits am 17. in Kalau an. Die Verbündeten waren
am 18. Hai voUatändig Aber die Teflung Napoleon's imtenichtet. Es
var also Idar, dafs sie angreifen mufsten, so lange der Feind noeh
getrennt war, wenn sie sich überhaupt siegreich ans ihrer Lage ziehen
wollten. Es standen ihnen hieifUr zwei Wego offen. Sie konnten am
19. entweder den eine Meile tot ihrer Front stehenden Napoleon an-
greifen, oder ndi gegen den üher Hoyerswerda heranrückenden Nqr
wenden. Letztere Operation hatte aUerdinp wenig Aussichten ftr
sidi. Der Abmarsch der verbündeten Armee mufstc von Napoleon
sehr bald entdeckt werden und es wäre höchstwahrscheinlich
nicht möglich gewesen, einen genügenden Vorsprung vor letzterem
zn gewinnen. Audi wies das Gelände zwischen Hoyerswerda
und Bautzen den Verbündeten für ein Gefecht sehr grofse Nachteile
auf und im Falle eines Mifsgeschickes war es zweifelhaft, ob man
Herr der Strafse Bautzen — Görlitz bleiben würde. Um so viirteil-
hafter mufste aber ein AntrrifT auf Napoleon selbst erscheinen. Gelang
es, diesen in das Deüle von Biscliollbwerda zu werfen, so konnte er
dort durch geringe Kräfte festgehalten werden, während die verbündete
Armee sidi dann gegen Ney wendete. Welche Gründe Ton dieser
Mafwnahme abgehalten haben, ist nicht bekannt geworden; jedenfalls
war mit dem Unterbleiben dar letzteren wieder einer der unverdienten
GlttokfifiUIe für Napoleon eingetreten. Anstatt Napoleon anzugreifen,
wurde am 18. General Barday mit 18000 Mann dem Marschall Ney
entgegengesandt. Es war dies eine halbe Maforcgel, die nur mehr
schaden als nutzen konnte. Die Armee-AbteQung Ney's vermochte
. durch dieselbe nicht wesentlich aufgehalten zu werden und den ver-
bfindeten Truppen wurden nur unnötige Verluste verursacht. Marschall
Ney mufste am 20. Abends auf dem rechten Flügel der Verbündeten
eintreffen. Ks wäre fiir diese am 20. noch Zeit irewesen, die Stellung
bei Bautzen zu verlassen. Sie konnten bis hinter die Neifse zurück-
gehen. Napoleon blieb dann nach dem Eintreten Ney 's mit seinen
grofsen imbehülflichen Massen auf den entasten Raum zusammen-
gedrängt. Folgte er den Verbündeten, so konnte er an allen natttr-
Uchen Iliiulernissen aufgehalten werden und Einbufse erleiden. Die
Alliirten hatten aber aus pohtischen Gründen beschlossen, den Kampf
anzonehmen, trotzdem die miKtSrisohen entschieden dagegen sprachen.
Am 20. standen die Verbündeten mit dem linken Flügel auf einem
kleinen Hfigel hinter Elein^enkowitz; die Fh>ntlinie lief Uber Groi^
Jenkowitz und Basohtttz auf Kreckwitz und von dort bis Niedez^^urke
an der Spree, wo sioh der rechte Flfigel etwas zurttckbog und, die
Spree vor skh, bis auf den Windmühlenberg von Glein zog. Vor der
Hauptfrout stand bei Bautzen General Miloradowitsch mit 10000 und
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Die OperatioiieQ mit MMsenhetran etc.
auf den Höhen bei Burg General Kleist mit 5000 Mann. Am 20.
gegen Mittag drängten die Franzosen Milorado\vnit8ch zor&ck und ging
Napoleon mit seinem reeliten Flügel Uber die Spiee. Dieser Angen-
blick wäre für die Alliirten günstig gewesen, um mit der ganzen
Armee gej^en die übergegangenen Teile des Feindes vorzurücken. Das
6., 11. und 12. französische Korp.s, zusammen etwa (iOOOO Mann,
konnten in der lür sie äufserst ungunstigen Lage, mit dem Rücken
an der Spree, von 70000 Mann der V^erbündeten angefallen werden.
Der Erfolg liätte ein entscheidender sein müssen. Die Alliirten er-
griffen aber spät Abends nur eine partielle Offensive, die von keinem
Belang sein konnte. Das 4. französische Korps und alle Truppen
Ney's, also mehr als 80000 Mann, befanden sich in der Nacht zum
21, noch auf dem linken Spreeu^, hatten sich jedoch der Fluls-
ilbergSnge bemächtigt. Die Lage der Verbündeten war thatsäofalich
am Abend des 20. eine sehr rnKsUche geworden. Die jetit Tereinigte
französische Armee mufete der alliirten um das Doppelte überlegen
sein, denn sie war nach der Schlacht bei Lfitien durch das Eintreflfon
des Korps Victor, des 1. und 2. Kavallerie- Korps, femer von ver-
schiedenen Transporten, sowie von dem wfirttemb^fgischen Kontingent
und durch die Neubildung des 7. Korps (Sachsen) wesentlich verstärkt
worden und zählte mindestens 1 60000 Mann. Es blieb den Allürten
eigentlich nur übrig, entweder den am 20. verabsäumten Angriff
zwischen Bautzen und dem Gebirgo am 21. mit Tagesanbruch zu ver-
suchen, oder sicli in der Nacht schon zurückzuziehen. Es geschah
aber keines von beiden und die Verbündeten mufsteu in Folge dessen
am 21. in die verzweifelte Lage geraten, dafs Napoleon ihren linken
Flügel in weiter Entfernung vom eigenthchen .\ngriffspunkte festhalten
und Marschall Ney währenddem mit 70000 Mann auf dem rechten
Flügel der Alliirten die Spree überschreiten, am rechten Thalrande
des Löbauer Wassers gegen Weifsenburg hin marschiren und auf diese
Weise die Terbündete Armee ToUständig umgehen konnte. Durch die
Fehler Napoleon*8 und N^*s wurden die Alliurten jedoch aus ihrer
gefiihrliehen Lage befreit Napoleon befiuid sich merkwürdigerweise
während der Schlacht bei seinem rechten FlOgel, wo absolut kmne
Entscheidung lag; denn dals die Allürten am 21. nicht mehr zur Oifen-
sive übergehen würden, war woU aus ihrem yorhergehenden Verhalten
SU ersehen gewesen. Napoleon gehörte zu seinem linken Flügel, um
hier die entscheidende Umgehungsbewegung zu überwachen. Ney
hatte aber seine Angabe völlig unrichtig anfgefafst und schliefslich
ganz aus dem Auge verloren. Anstatt zunächst durch Umgehung die
wichtigen strategischen Punkte in dos Feindes FUmke zu gewinnen,
griff er direkt dessen rechten Flügel an und klemmte sich dabei
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Die Opentionen mit MnmimhfKiiron etc.
29
zwischen die Spree, das Löbauer Wasser und die MalscLwitzer, some
P«tziger Teiche ein. Durch den unzeitigen Angriff auf Proititz zog
er die Resei-ven Blücher's auf sich, geriet dadui'ch in BedräDgiii£B|
rief deshalb das Korps Lauriston herboi und zog aucli dieses von der
Umgehungs-Hewef?ung ab, um es in einen zwccklnseu und zeitraubenden
Kampf zu verwickeln. Die Verbündeten gewannen währenddem Zeit,
sich gegeu die L berliü^elung zu sicliern. Napoleon selbst soll den
Marschall Ney auf l'reititz dirigirt haben. Letzterer hätte aber .sich
wenigstens sagen können, dafs Lauriston's Verfolgung des Korps
Barclay das Dorf Preititz vuii selbst in die Hände der Franzosen
bringen und dals die Abberufung Lauriston's von der für die Ver-
bündeten gefi&lirlichen Angrifbrichtuug ein acbwerer Fehler sein mulsto.
Die Sohlaoht wurde dann seitens der AUürten zu rechter Zeit ab-
gebroohenf denn das Zentrum unter Blücher stand, von drei Seiten
angegriffen, beraits einer Niederlage sehr nahe. Die französische
Armee hatte in dem Kampfe sehr bedeutende Verluste erlitten, aUein
nach Dresden waren 18000 Verwundete abgeführt worden. Napoleon >
hatte ebenso wie bei Ltttaen einen recht zweifelhaften Sieg errungen,
ohne Gefangene gemacht, oder ein GescbUtz erobert zu haben. Wenn
der Krieg für die Franzosen so fortging, gewannen sie zwar immer
mehr Gelände, entfernten sich aber auch täglich weiter von ihren
Hülfsquellen. Dabei schlug Napoleon siegreiche Schlachten, in denen
er gröfsere Verluste erlitt, als der Gegner und durch die er sich
jedesmal erheWich mehr schwächte, ohne Aussicht zu haben, den Ausfall
ferner decken zu können. Napoleon beland sich in verzweifelter
Stimmung und in der gröfstcn Aufregung. Wie gewöhnlich suchte
er die Schuld an den begangenen Fehlem bei Anderen. Er zeigte
die höchste Unzufriedenheit mit den Leistungen seiner höheren Generale,
warf ihnen vor, dafs sie von einer gewonnenen Schlacht keinen Vorteil
zu ziehen wüIsten, und kfindigte an, d&Is er sidi selbst an die Spitze
der ÄTantgarde setzen und ihnen zeigen werde, wie man einen ge-
schlagenen Feind durch eine energische Verfolgung vernichten müsse.
Der grolse Eroberer, dem bisher kein Mittel gewaltig und glänzend
genug ersdieinen konnte, gab jetzt das wunderbare Schauspid, dala
er, der Heerf&hrer, an Miloradowitsch, einem rossiscfaen Avantgarden-
General, seinen Meister finden muiste. Napoleon vermochte den sich
zurückziehenden Verbündeten nidits anzuhaben. Nachdem dann eine
seiner Divisionen unter seinen Augen bei Haynau arg mitgenommen
worden war, wurde Napoleon sehr vorsichtig. Sein Marsch auf
Liegnitz, sowie der auf Neumarkt glichen den bedächtigen Bewegungen
eines Daun.
Auf Seite der Verbündeten war noch vor dem Bückzuge von
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Die Operationen mit Kaatanheenii iAo.
Bautzen der Enteoliluia gefa&t worden, auf der greisen Stralse naeh
Breslau und Uber die Oder zurückzugehen. Politische Rücksichten,
die Hoffiiungen auf ein Bundnils mit Osterreush mulkten schon dafür
maßgebend sein, auiserdem erschien es auch zweckmäfsig, durch einen
Flankenmarsch der Verfolgxingsrichtung Napoleon's sich zu entziehen.
Der Marsch der Russen 1812 von Moskau nach Kaluga hatte ein
anregendes Beispiel dazu gegeben. Für die preufsist-he Armee blieb
unzweifelhaft dieser Marsch der einzige Ausweg, wenn sie nicht
Schlesien verlassen, also dasselbe aufgeben und mit den Russen nach
Polen sich zurückziehen wollte. Die Ln^re in Schlesien war aVier
ebenfalls eine sehr ungünstige. Die Herstellung der Festung Schweidnitz,
welche bereits 1812 angeordnet worden, war noch nielit erfolgt, die
schlesische Landwehr, welche über 40000 Mann stark sein sollte, war
noch mangelhaft organisirt, grülslenteils nur mit Lanzen, anstatt mit
Gewehren bewaffnet, noch gamicht eingeübt und irrte seit Eintritt
des Feindes in die schlesischen Grenawn {danloe umher. In der
ganzen Provinz bestand kein Magazin , auf das man bis zum Eintritt
der Ernte rechnen konnte, es fehlte den Preußen an Geld, an
Gewehren und Munition, selbst an Leder für die Fu&beikleidung.
Der innere Zustand der rassischen Amee war ebenialls höchst be-
denUieh. Die mitgefUhrte Munition war verbraucht und es war keine
Möglichkeit zum 1 jsatz vorhanden, der Nachschub fttr die Aiince
fand sich in keiner Weise vorgesehen. Der neu ernannte russische
Oberbefehlshaber Barclay verlangte eine secli.-^w flehentliche Ruhe für
seine Armee und wollte dieselbe behufs ihrer lletablirung nach Polen
zurückführen. Es wäre dies der Anfang vom Ende gewesen. Napoleon
würde diese Zeit haben benutzen können, um die prcufsische Armee
geradezu zu erdrücken und Schlesien vollständig zu ruiniren. Öster-
reich vermochte sich nur dann der AlUanz anzuschliefsen, wenn es
mit den Armeen derselben in Verbindung blieb, Napoleon sie also
nicht trennte. 1 rat aber letzteres ein, so wäre es jedenfalls zu einem
Wiedervorrückeu der Russen aus Polen überhaupt nicht mehr ge-
kommeo. Unter diesen ümatänden war demnach Är die Verbfindeten
ein seohswöchentlicher Waffenstillstand dringend efforderlich. Napoleon
hatte von allen diesen Verh<nissen keine Ahnung. Die Verbündeten
waren von Bautzen nach Görlitz und dann in zwei Kolonnen über
Naumburg a. 0., Dünzlau, Haynau und über Lauban, LGwenberg,
Goldberg, Striegau unter glänzenden Nachhutsgefechten nach dem
Lager von Pfiltzen bei Schweidnitz zurückgegangen. Dieser Marsch
auf Schweidnitz hatte Napoleon imponirt. Hätten die Verbündeten
eich auf Breslau zurückgezogen, Napoleon würde nimmermehr einen
Waffenstillstand abgeschlossen haben. Er hätte den Antrag, oder
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Die OperatknoD mit Mannheewa etc.
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sellMt nur die EinwilligaBg der AUürtea zu einem solchen als ein
Eingeetändnib angesehen^ dafe sie desselben dringend bedurften. In
dem Manche auf Schweidnitz glaubte aber Napoleon den Beweis zu
erblicken, dufs die Verbündeten fest gewillt seien, einen energischen
Widerstand fortzusetzen. Daasu kamen die Bewegungen Bülow's im
Rücken der Franzosen bis Hoyerswerda, die kühnen Unternehmungen
der Parteigänger der Alliirten am linken Elbufer, endlich die Stellung-
Österreichs, welche anfin^^ für die Franzosen gefiihrlich zu werden.
Alle diese \'erhiUtnissc zeigten Napoleon nur die Gefahren seiner
eigenen Lage. Dafs bei den Verbündeten ähnliche Umstünde obwalten
konnten, daran dachte er nicht und seldofs demnach am 4, Juni den
Waftenstillstand von Poischwitz ab Es sind in diesem Frühjahrs-
feldzuge von 1813 allerdingti noch keine Massenheere auf dem knegs-
schauplatze angetreten, dieselben waren erst noch in der Vorberdtung,
bezw. in der Yersaomilung und im Anmaieohe begrififon. Indessen
war eine eingehendere Betrachtung der kriegerisohen Begebenheiteil
yot dem Waffenstillstände wohl notwendig zum vollen Verständm&
der Eriegsl'ige» wie solche bis zum Wiederbeginn der Feindseligkeiten
sich entwickelt hatte. Auch liefert die besprochene Feldzugsperiode
einen sehr wesentlichen Beitrag zur Charakteristik Napoleon^s als Heer-
führer. Mit dem Abschlüsse des Waffenstillstandes hatte Napoleon
den gröfeten Fehler in seiner ganzen kriegerischen Laufbahn begangen.
Er hatte vorher bei Liegnitz den Fehlgriff gethan, dafs er seine
Armee abermals in drei Abteilungen trennte. Die Detachining eines
Korps von 30000 Mann über Neumarkt nach Breslau hatte ihm gar-
nichts nutzen können. Napoleon hätte vielmehr mit seinen gesammten
Streitkräften dem Gegner über .lauer nach Schweidnitz folgen und
dort eine Schlacht aufzwingen sollen. War die strategische Lage
Napoleon's auch eine schwierige, so mufste er sich docli .sagen, dafs
es für beregte Operation nur weniger Tage bedurft hätte, dafs seine
üumeribche Überlegenheit ihm die GewÜsheit gab, in einer neuen
Schlacht das Feld zu behaupten und dals die Folge davon der Rückzug
der Russen über die Oder, ihre Trennung von Österreich und die
Isolimng der pieulsischen Armee auf einem kleinen Baume, an einem
Endpunkte der Monarchie gewesen wäre. Durfte dann Kapoleon in
seiner strategischen Lage die Sache nicht bis aufs ftufierste treiben,
so war es noch immer Sisit, Unterhandlungen anzuknüpfen. Mit dem
Waffenstillstände von Poischwitz unterschrieb aber Napoleon in seiner
Ratlosigkeit geradezu sein Todesurteil.
Während der politischen Verhandlungen benutzten beide Teile
die Zeit der Waffenruhe dazu, sich möglichst zu verstärken. Die
Unterhandlungen zeigten wohl bald, da& sie zu keinem ^frieden führen
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32
Die Operatioiien mit Maasenheereu etc.
würden; Napoleou scheint sich aber doch bezüglich der Absichten^
welche Österreich gegen die Yerbfindeten hegte, sehr getftiudit zo
liaben, denn enden l&fiit >ieh die unrichtige Vwtoiluug seintt Stielt"
kräfte beim Ablauf des WaffenstUlstandea nicht erklären. Er wurde
dnidi dieselbe gleich in den ersten Tagen nach dem Wiederausbmch
der Feindseligkeiten völlig zur DeÜsnatTO Temrteilt. Sein Heer betrog
-jetzt 880000 Mann, einschlielslich 34000 Reiter, mit 1300 Geschützen.
Freniaen and Rulsland hatten sich durch die sdivedische, englische
und norddeutsche Allianz verstärkt. Die Oesammt-Streitkräfte be-
liefen sich jetzt nach Abrechnung der notwendigen Blokadetruppen
auf 370000 Mann, einschliefslich 85000 Reiter, mit 1070 Geschützen.
Aufserdeui stand noch in Polen eine Reserve-Annee von ')700() Mann
bereit. Napoleon mufste also erwarten, nach Ablauf des Waffenstill-
standes mindestens eine Armee von gleicher Stärke sich geixenübor
zu finden. Trat aber Österreich der Allianz bei, so sahen sich die
Franzosen einer Überlegenheit gegenüber, welche der Hälfte des
eigenen Heeres gleichkam. Dieser letztere Fall mufste doch unter
ulli ii IJuiständcn vüinehnihch von Nai)oleon in's Auge gefafst werden;
trat Uei-selbü nicht ein, so war der Übergang zu dem anderen weniger
schwierigen Fall um so leichter. Vor dem Waffenstillstande war die
Breite des Kri^gstheaters für Napoleon durch die Entfemimg^ von
Dresden bis zum Ausfluß der Oder bezeichnet gewesen, durch Öster-
reichs Beitritt zur Allianz muiste sie sich aber um das doppelte,
nSmlidi Ins zum' Adriatisehen Meere yergrölsem. Der ausspringende
Winkel, den Böhmen gegen Franken macht, lag dann ziemlidi in der
Hälfte der neuen Linie, in welcher die Verbündeten gegen Napoleon
auftraten. Waren vor dem WafTenstiUstande die Operationen für den
rechten Flügel der franzöeisdiai Armee durch die Strafse Mainz —
Dresden begrenzt gewesen , so wurde diese Begrenzung jetzt bis an
die Strafse Alessandria — Verona— Vicenza—Conegliano verlegt. Es
mufste also die lange Linie von der Ostsee bis zum Adriatisehen
Meere in Ikniacht gezogen werden, auf welcher die AUiirtcn ihre
Massen gegen den Rhein vorschieben konnten. Das Erzgebirge und
die Tiroler-, bezw. Steierischen Al])en bildeteu drei Abbchnitte. In
dem ersten davon, zwischen der Ostsee und dem Erzgebirge, besafs
Napoleon siimiutlichc i^'estungen der Elbe, Oder und Weichsel mit
Ausnahme von Graudenz und Thorn. Er fesselte durch diese Plätze
eine groise Zahl feindlicher Truppen, er konnte den Abschnitt sogar
auf eine gewisse Zeit ganz verlassen und sicher sein, ihn doch wieder
als sein halbes Eigentum wiederzufinden. Napoleon konnte nicht
wissen, ob die Hauptkräfte des Feindes im ersten Abschnitte, oder
zwischen dem Erzgebirge und den Alpen anzutreflEisn sein würden.
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Die Operationen mit Maaseuiieeren etc.
Warf er seine sämmtlicheu Kriiitu lu den ersten Abscluiitt, so lief er
demnach Ge&hr, vielleicht schon durch diese fehlerhafte Mal^nahme
sieh auf eine DefensiTe Terwiesen zu seihen, aus der er sich nur mit
Zeitferlust wieder firaimacfaen konnte. Die Feetungen Erfurt und
Wfiizliuig, welebe Napoleon im Heraen Deutschlands besals, standen
in zweoknüUsiger Verbindung mit seinen Rheinfeetungen, es war daher
strategiseh auch nicht ungünstig, wenn er den Eti^gsschauplatz mehr
nach dem Süden zu verrückte. Politisch brachte eine soldie stra-
tegische Mafsregol aufserdem den Vorteil, dafs Napoleon dadurch die
mächtigsten Rheinbuiulfürsten, die keineswegs wohl aus zärtlicher
Anhänglichke it zu ihm hielten und auf die der Beitritt Österreichs
zur Allianz eventuell einen grofsen Eindruck machen mufste, mehr
unter den Augen behielt. Aber nicht nur auf einen anderen Kriegs-
schauplatz, als den bisherigen, wurde Napoleon bei dem Beitritte
Österreichs zur Allianz durch die Natur der Verhältnisse gewiesen,
sondern diese mufsten ihn auch auffordern, in der kräftigsten OlTen-
sive sein Heil zu suchen, und eine solche konnte nur in dem zweiten
Abschnitt gegen den böhmischen Kessel gerichtet sein. Wenn
Napoleon wihrend der Waffenruhe unter dem Verwände von Ver-
pflegungsrücksichten seine in Schlesien und l&ngs der sächsischen
Grenze gegen Berlin auj^gefitellten Armee-Korps so weit suräckgezogen
h&tte, da& sie hdchstenB sechs Märsche Ton dem Funkte entfernt
standen, auf welchem sie in Böhmen eindringen sollten, so konnten
bei der sechstägigen Kündigungsfrist der Waffenruhe mit dem Ab-
laufe derselben 150000 Mann über Zittau und Rumbuig, 150000 Mann
über Petei-swnide und auf allen Gebirgsüberjg^ngen bis nach Karlsbad,
die 20000 Mann der Rf^sen-e unter Augereau von Würzbui^ über
Eger, das 0. Korps Wrede mit 25000 Mann Baiern über Waldmimrhen,
im Ganzen also 345UOU Mann in Böhmen einrücken. Am tünften
und sechsten Tage mufste dann die Ilauptannce bei Prag, eine Ab-
teilung von 50000 Mann aber an der oberen Mulde bei Teyn stehen.
Sämmthche Verbindungen zwischen der Elbe und Erfurt waren auf-
zugeben und dagegen solche über Eger und Buiuberg uach Würzburg
einzurichten. Wo es dann auch in Böhmen zur Schlacht kommen
mochte, durfte Napoleon immer sicher sein, da& die im ersten Ab-
sdinitte befindlichen Streitkräfte des Feindes nicht im Stande waren,
dabei mitzuwirken. Napoleon hätte den Vorteil der Initiative gehabt,
den Gegner unvorbereitet gefunden und dessen gewi& sein können,
dals vor 12 bis 14 Tagen die feindlichen Kräfte aus dem ersten Ab-
schnitte nicht heranzukommen vonnochten, und dafs so lange also
die in Böhmen stehenden Truppen der Verbündeten ihrem Scliicksale
fibeilassen blieben. Siegte Ni^leon in Böhmen, oder geUmg es ihm,
Jakrbidiw Sbr Ii« OmiMiM AiBM IB« HuIb». B4.9T. 1. 3
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34
Die Operationen mit Maasenheeren etc.
den Gegner von hier nach Mihren znrOokmdrfingen, so war dar
Feldzag entschieden. Schweriiöh Tennochten dann die Anneen der
Verbfindeten, bei den groben Rinmen, die sie sa dnrohmeeeen hatten,
sobald wieder zu einer solclien Voreinigung zu gelangen, d&b sie vor
Eintritt des Winters noch das französische Heer zum Rückzog ttber
den Rhein zwingen konnten. Wurde Napoleon aber in Böhmen ge-
schlagen, so stand er demnächst in Franken auf dem richtigen Punkte,
um von dort den Rückzug fortzusetzen, oder zu einer neuen Offensive
überzuf^ehcn. Napoleon, welchen die Welt als Feldherrn anstaunte,
that von dem allen, was er hätte thun sollen, Nichts, Er bheb bis
zum Ablaute des Waffenstillstandes längs der Demarkationshnie in
einem Halbkreise von Zittau, Goldberg, Liegnitz, mit dem linken
Flügel an Wittenberg stehen; das Hauptquartier war in Dresden, wo
auch die Garden sich befanden. Auf Seite der Verbündeten ilagcgeu
hfttte man die Situation richtig erfaJat nnd Alles wohl berechnet, was
der Gegner hätte thun können. Man bildete daher emfacfa drei
Armeen, die groD^ in Böhmen zu 230000 Hann, die scblesiache mit
100000 Mann nnd die Nord-Aimee hei Berlin mit 120000 Mann.
Zweckmälsiger wSre es vielleicht noch gewesen, die Annee in Sehlesifln
anf 200000 Mann zu bringen und bei Berlin nur ein kleines Ohser-
vations-Korpe zu belassen. Wenn Blücher mit 200000 Mann bereit
war, Napoleon fiber Zittau zu folgen, oder sich bei Dresden mit der
grolsen Armee zu vereinigen, so hätte dies den Erfolg des Krieges
in ganz anderer Weise gesichert, als wenn man dem Glück, oder dem
Zufall überlassen mufste, ob die Nord-Ainiec zu rechter Zeit an-
kommen und die Vereinigung mit den übrigen Armeen bewirken
werde. Die Rücksichten auf die nördhchen Verbündeten, die Si-bweden,
Hannoveraner u. s. w., liefsen aber eine solche Verteilung der Kriifte
nicht ürmöglichcn, wie heilsam sie auch für das Ganze gewesen wäre.
Dagegen beging Napoleon den grofsen Felder, dafs er am rechten
Elbnfer zwisoihen Wittenberg und Berlin eine Armee stehen lieüs und
diese Kri(fte also den gegen den Feind in Schlesieii und Böhmen auf-
gestellten Heecesabteilnngen entzog. Dadurch wurde für die Ver-
hündeten wieder der Nachteil ausgeglichen, welcher durch die Bück-
sichten anf die nördliche Koalition herbeigeführt worden. Ein Vor-
dringen der Nord-Armee Über die Elbe h&tte Napoleon niefat zu
fürchten brauchen, denn bei einem solchen Wagnifs dieses Gegners
würde er immer Zeit gehabt haben, ihn auf dem linken Elbufer mit
t^hormacht anzufallen. Napoleon Tersammelte beim Ausbruch der
Feindseligkeiten 150000 Mann am Bober zu einer Offensive in
Sthlcbicn ; 7(HKH) Mann waren ?.um Teil an der Elhe /urückgebliehen,
zum Teil auf dem Marsche in der Lausitz i das J^avallehe-Korps des
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Die Operadonem mit Maflaenheeren etc.
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Herzogs von Padua stand mit 8000 Pferden bei Leipzig iind 70000
liaun unter Oudtnot waren beitiiiiint, gegen Berlin und die Nord-
Armee woL operirea. Bawnet mit 90000 H«m bei Hamburg, Augereau
mit 20000 bei WOrsbnrg nnd Wrede mit 25000 Beiern gehörten ihrer
Entfemimg wegen eigentlich nicht sn der operirenden Armee.
Ondinot wurde auf admem Vormarsche g^gen Berlin, wShrend
er in der von BrQchen und Kanilen duroheohnittenen Gegend Ton
GroAbeeren in drei getrennten Eolomien vordrang, in einzehien eeiner
Korpe angegriffen. Bülow schlug am 23. August imt 30000 Mann
eine u n geflih r gleiche Zahl, aber derartig Temichtend, dafs die 70000
Mann starke französische Armee sich schleunigst auf Wittenbei^
zurUckzieheu mulste. Ein glänzendes taktisches und strategisohee
Resultat.
In Schlesien war Blücher der Übermacht Napnleon's bei Löwen-
berg ausgewichen, indem er hoÜ'te, den Gegner noch weiter in das
Land hineinzuziehen. Napoleon hatte aber am 23. früh die Nachricht
von dem Vorrücken der verbündeten grofsen Annoe auf Dresden er-
halten und eilte dorthin, während er MaciluiuilJ mit 70000 Mann
gegen Blücher surüdclieft. Sowie Blücher den Abmarsch Napoleon's
er&hreu, ging er sofort dem in vier Kolonnen weiter Tonrttekenden
Macdonald entgegen, fiel mit Überlegenheit ttber eine dieser Kolonne
ber und bradite dadurch am 26. August der Armee Maodonald's an
der Katebach eine so gewaltige Niederlage bei, dals dieselbe 30000
Mann einbfiJste.
Ondinot und Macdonald waren also geaddagen, siegte jetzt noch
die grofse Armee der Alliirten bei Dresden, so war wahrscheinlich
Napoleon's Schicksal in Deutschland entschieden. Doch das alte
Glück sollte ihm noch einmal zur Seite stehen. Napoleon hatte auf
seinem Marsche von Schlesien nach Dresden ROOOO Mann mitgeführt,
einschliefslich der Truppen bei Zittau und in der Lausitz, und war
in Gewaltmärschen zunächst nach Stulpe gegangen, das er am '25.
erreichte. Hier befand er sich in gleicher Entfernung von den Elb-
ühergängen Dresden und Königstein. Nachdem er jetzt die Lage der
Dinge übersehen hatte, entsendete er Vandanmie mit 50000 Mann in
den Rücken der Verbündeten gegen die Strafse Pirna — Töplitz und
wendete sich seihet mit 100000 Mann nadi Dresden. Die greise
Armee der Verbündeten hatte am 22. August die böhmische Grenze
in vielen Kolonnen zwischen Nollendorf und dem Blasberge über-
schritten. Sie hätte diese Bewegung eigentlich schon eine Woche
früher ausführen kOnnen. Vom 22. an machte dann der linke Flügel
eine Rechtsschwenkung gegen Dresden, bei welchem der recbte ab
FiTOt drei Tage lang imthätig Terharren mulste. Endlich rückte auch
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Die Operationen mit Ma—enheeren etc.
der rechte Flügel gegen Dresden vor, liefs dabei aber den Elbüber-
gang bei Königstein ganz aul'ser Acht, wo die Brücke unzerstört
blieb. Das befestigte Dresden war noch am '25. nur mit 30000 Mann
besetzt. Der Angriff dar Verbündeten erfolgte jedoch erst am 26., wo
Napoleon bereits eintraf und mit Erfolg in die Verteidigung eingriff.
Am 27. August ging Napoleon seinerseits sor Offensive über und
brachte dem Gegner einen Verlust Ton 30000. Mann bei. Auf die
Nachricht aber, dals Vandamme in der Richtung von Königstein
gegen Pirna vordringe und die Verbindung mit Böhmen bedrohe^
traten die Verbündeten dann in der Nacht zum 28. den Rückzug
an. F^creits an diesem Tage mufste sich General Osterraann
mit 15000 Mann auf der Strafee Pii-na - Teplit;? förmlich durch-
schlagen. General Barclay aber, welchem ebenfalls diese Chaussee
zugewiesen war, warf sich rechts in die Kolonnenwe^e , welche
für die österrciehist-hen Truppen bestimmt waren. Es wurden
hierdurch Unordnungen und Verwirrungen mancherlei Ai-t hervor-
gerufen. Das (ilück stand indessen diesmal der alliirten Armee zur
Seite. Napolioii. von den rnglücksfiillen in Schlesien und der Mark
unterriclitot, lut-lt plötzlicli in der Verfolgung inne und gab dadurch
der grofsen Armee in Böhmen Zeit und Gelegenheit, sieb aus ihrer
milslichen Lage herauszuziehen. Napoleon mulste sich auf die Nach-
richt von den Niederlagen Oudinot*s und Hacdonald*s allerdings wohl
die Frage vorlegen, ob es widitiger sei, die grofira Armee der Ver-
bündeten eneigisch zu verfolgen, oder einem der geschlagenen MarschiUe
SU Hülfe zu dien. Wenn er abw in Betracht zogt dals bei Eingang
der Unglücksbotschaft von Macdonald bereits vier Tage über die
Katastrophe hingegangen waren und dafs der Marschall noch ebenso
lai^e sich selbst überlassen bleiben mufste, ehe die Unterstützung
ihn erreichen kunnte, so mufste Napoleon sich doch sageUi dals dort
vor der Hand nicht viel mehr zu mnchen war. Ks kam auch gamieht
so sehr darauf nn. ob Macdonald schliefslich bei Dresden sich über
die Klhc ziehen mufste. Unbedingt gebot alter die Hegel der Kriegs-
kunst, die geschlagene grofse Armee der Verbündeten so lange zu
verfolgen, als sie nicht in der Lage war, einen neuen imd unüber-
windlichen Widerstand entgegen zu setzen. Als Napoleon sich aber
am 30. an der Spitze seiner Truppen auf dem Marsche gegen Peters-
walde be&nd und in der Richtung der Eingänge von Böhmen Kanonen-
donner vernahm, da lieik er sich ohne Weiteree einreden, dals das
Gefecht sich entferne, für die Franzosen also siegreidi sei, und gab
leichtsinnig die Verfolgung au^ ohne Nachricht von Vandamme ab-
zuwarten, und unbekümmert, was aus diesem seinem General werden
würde. So kam es denn, dals Vandamme, welcher am 30. vor Prieeten
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Die Operationen mit Masaenheereu etc.
37
bei Cidm gegen 45000 Mann unter Barclay im heftigsten Gefecht
stand, statt der firansOsischen Koips Mortier und St Cyr, pldtzlioh
das preiiiflische Eoipe Kleist in seinem Rttcken erscheinen sah und
dann ToUatlndig Temichtet wurde. Napoleon hatte seinen General
onfiuih im Stich gelassen. Er war noch vor Peterswalde umgekehrt
und nach der Lausitz abgerückt, während er Ney beauftragt hatte,
mit der yerstärkteu Armee -Abteilung Oudinot's einen neuen Angriff
auf Berlin zu unternehmen. Es war eigentümlich, dafs Napoleon mit
einer trewissen Leidenschaftlichkeit darauf bestand, gegen die Nord-
Armee einen Sieg zu erfechten. Ein Erfolg in der Mark \\'ürdc vor-
lautig doch gar keinen Vorteil für die gi'ofsen Operationen gebracht
haben. Die alte Erobernn^fssiiclit mufs Napoleon geradezu un-
widerstehhch zur Einnahme der feindlichen Hauptstadt getrieben liaben.
Die preufsischen Truppen der Nord -Armee standen südlich von
Jütorbogk. Ney drängte am 5. September die preufsischen Vor-
truppen bis hinter Zahna auf Jütorbogk zurück. In Folge der Vor-
wirtsbewegung der Franzosen war BfUow mit seinen Hauptkräften
in der Nacht zum 6. links marsohirt und stand am genanntem Tage
fiüh xwei Meilen metlich Jttterbogk bei Eckmannsdoif in der linken
Flanke des gegen ersteren Torrttckenden Ney. Der französische An-
griff anf Tauentzien's Korps bei Jiiterbogk führte dann am 6. Sep-
tember zu der Schlacht bei Dennewitz, in welcher Bfilow einen
^ftnzenden und entscheidenden Sieg erfocht. Die Franzosen erlitten
eine Eiubufse von 15000 Gefangenen allein und gingen in wilder
Flucht nach allen Richtungen hin zurück. Bülow liatte mit 50000
Mann den 70000 Mann starken Gegner bis zur Vernichtung gescliKigcn,
aber nicht die Erfolge waren es, die dem preufsischen Eührer den
Stempel der Griifse aufdrückten, sondern die Entschlüsse, welche er
in den wichtigsten Augenblicken fafste. Bülow hat sich in dieser
Schlacht geradezu als Meister gezeigt. Mit dem Schlage bei Denne-
witz endete wieder ein Abschnitt des Feldzuges. Die Verbündeten
beschlossen, sich erst durch die Reserve-Armee von 57000 Mann unter
Bennigsen zu verstärken, ehe sie zu einem allgemeinen Übergange
über die Elbe schritten. In Folge dessen trat ein rieizehnt&giger
Stillstand in den Operatbnen ein, so dalh wfthrend dieser Zeit nur
der kleine Krieg fortwährte. Napoleon blieb seiner fehlerhaften
Trennung in drei Armeen auch femer getreu, und war dadurch in
die Defensive zurückgeworfen. Dabei schlug er die taktischen Vor»
teile zu hoch an, welche ihm durch den Besitz der Elbe und der
Feetungen an diesem Strome gesichert schienen. Napoleon sah sich
jetzt durch die Verbündeten in einem Halbkreise umschlossen, der in
seiner Ausdehnung über 40 Meilen betrug. Die üauptarmee der
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DIb Onnriilioiifin uit Munnlieeran 6toi
AUiirton war von der Mthleauclieii durch unwegwine Gebirge gefcreimt.
Während die grade Entfernung ans dem Thal Ton Teplitz nach
Bautzen kaum 10 Meilen beträgt» hatte eine Armee, welche von
dem einen dieser Punkte nach dem anderen marschiren wollte» einen
Weg von beinahe 20 Meilen surückzulegen. Die Hauptmassen der
Nord-Armee waren von der schlesischen ebenfalls vnedor in einer
Entfernung von 25 Meilen aufgestellt. Diese Verhältnisse waren für
Napoleon also äufserst günstig. Er hatte die inneren, kürzeren Linien
für sich, vermochte sein Heer schnell zu konzentriren und über eine
der drei Armeen des Gegners herzufallen. Dabei konnte kein Zweifel
darüber bestehen, welche der feindlichen Ai meen das nächste Angriffs-
objekt sein mufste. Der Nord-Armee der Verbündeten lagen die
Festungen Wittenberg und Torgau, der schlesischen aber Dresden und
Konigstein gegenüber, vor beiden beüuid neb die Elbe, wdche nicht
ohne Obergange übenchritten werden konnte und deren Ufer anllaer-
dem nicht überall gestatteten, Brücken su schlagen. Die grolse Armee
dagegen stand in und hinter dem Erzgebirge. Napoleon konnte
-wissen, dals sie das Gebirge nur schwach Yerteidigen und die Schladit
dahinter annehmen würde. Es unterlag keinem Zweifel, dafs Napcdeon
sie zur Schlacht nötigen konnte. Denn wenn die verbündete gro&e
Armee gegen Prag hin ausweichen wollte, gab sie freiwillig auf, was
sie nur durch eine Schlacht verlieren durfte, nämlich ihre eigene
offensive Stellung und die der beiden anderen Heeresabteilungen. Zog
Napoleon die Reserven von Würzburg, die Armeen von Ney und
Macdonald am Fufse des Erzgebirges zusammen , wozu er vier
Tage brauchte, so verstärkte er seine Uuuptarmeu um mehr
als 100000 Mann und konnte am sechsten Oporationstage in dem
Thale von Teplitz zur Schlacht bereit stehen. Er wäre dann der
groJDsen Armee der Verbündeten überlegen gewesen; weder die
Nord-, nodi die s chl e s i B ch e Armee hätten rechtzeitig zur Mitwirkung
herankonunea können nnd, wenn Napoleon siegte, vennochte er mit
100000 Mann bald wieder bei Dresden zu erscheinen, während der
Beet seiner Armee den geedilagenen Feind Terfolgte. Anstatt an
solche grolse Mafsregeln zu denken, verbrachte aber Napoleon den
Monat September mit schwächlichen und gänzlich wirkungslosen Ver-
suchen bald gegen die schlssische» bald gegen die grolse Armee. Auf
Seite der Verbündeten dagegen wurde beschlossen, mit der durch
Bennigsen verstärkten Hau])tarmee das Erzgebirge zu überschreiten,
die schlesische aber reclits abmarschiren, in der Gegend von Witten-
berg gleichzeitig mit der Nord-Armee über die Ellje pehcn zu lassen
und dann mit diesen beiden Ileeresabteilunjzen t itu; reiuigung im
Rücken des Feindes zu bewirken. Diese Operation gehörte zu den
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Die Opentfoueo mit Miwiiwihotwii etc.
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schönsten Mafsregeln des ganzes FoldzugeB, sie war eine wahrhaft
künstlerische Kombination und wurde ebenso meisterhaft ausgeführt.
Napoleon aber, der schon lange nicht mehr gewöhnt war, sein eigenes
Handeln durcli fn inde Anordnungen irgendwie beeinflussen zu lassen,
wiegte sich noch iiamor in dem Gedanken der Unüberwindlichkeit
seiner Elblinie. Sd war denn durch IMücher's Thätigkeit sein Über-
gang über die Eibe bei Wartenburg bereits ausgeführt, ehe Napoleon
noch etwas that, was darauf schliefsen lassen konnte, dafs er über-
haupt schon l'ilücher's Abmarsch von Bautzen erfahren hatte. Am
9. Oktober war der Gebirgsübergang seitens der grofson Armee v<j11-
bracht und stand dieselbe mit ihren Hauptmassen bei Chemnitz,
w&hrend die Noid-Armee nnd die schlestsche sich bei Dttben und
JelsnÜB an der Mnide vei^inigt befanden. Über den Zweck dieser
BewQgimgen konnte Napoleon nicht Iftngor mehr im ünUaren bleiben.
Vier Marsohe trennten nur nodi die beiden Heeresgruppen der Ver-
bltndeten, Leqoig lag nngefiUir in der IGtta zwischen ihnen. In zwei
Tagen konnten sie idso dort vereinigt sein, wo sie ein yortreffliches,
für sie passendes Schlachtfeld fianden. Napoleon hätte jetzt doch sich
selbst Rechenschaft darüber geben sollen, ob er denn überhaupt nooh
die freie Wahl seiner Operation hatte, und ob die früher geschaffenen
Vorteile der Elblinie auch jetzt iiocli als solche fortdauerten. Er
hätte doch zu der Erkenntnil's kommen müssen, dafs oi- nicht mehr
die Begebenheiten beheri-sehte, dafs diese vielmelir seine Gebieter ge-
worden waren. Unter ähnlichen, allerdings kleineren und einfacheren
Verhältnissen war Napoleon 1796 vor Mantua zu dem Ent^cldufs ge-
kommen, Alles fahren zu hissen, was er durch Geduld und Zeit ge-
wonnen hatte, um die wichtigeren Zwecke zu erreichen. Hätte er
jetzt entsprechend gedacht, er würde Dresden, die übe imd aQe seine
Flioe der nidisten Zukunft aufgegeben haben und mit allen seinen
Streitkräften nach Leipzig geeilt sein, um Tor allen Dingen wieder
frei und sein eigener Herr zu werden. Den grolsen, gewaltigen Ver-
biltnissen war aber Napoleon jetzt nidit gewachsen, dazu reichte
seine Charakter- und Geisteestärke nidit mehr aus. Seine eitle Ein-
bildungskraft, die ihn so ofb schon getäuscht hatte, liefs ihn seine
htigo noch immer als eine glänzende ansehen und er hielt fest an
seiner Elblinie. Er liefs 30000 Mann unter St. Cyr bei Dresden
zurück, marschirte mit den llauptkräfben in der Richtun«:; auf Leipzig
ab und stand am 9. Oktober in vier Gruppen, bei Eilenburg, zwischen
Borna und Leipzig, bei Delitzsch und bei Naumburg. Noch hatte
Napoleon es also in seiner Gow^alt, am 10. Oktober das Heer bei
I-«eipzig zu versammeln und sich dadurch die \'erbindung mit dem
Rhein zu sichern, welche bereits durch die iUliirteu unterbrochen
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Die Opentfeneii mit M— emheeren etc.
werden konnte. Jedoch der grofse Irrtum, in dem Napoleon eigen-
sinnig sich fortbewegte , zog einen Fehler nach dem anderen nach
sich. Wolhe Napoleon Dresden nicht verlassen, so mufstc er mit der
Front naeli Westen die Elbe hinter sich behalten. Wäre genannter
Punkt aber von ihm aufgegeben worden, so hätte er sich an der
Suali. mit dem Riieken gegen Erfurt und den Rhein aufstellen können
Nichts vermochte ihn noch am 12. Oktober daran zu verhindern.
Auch lag es noch immer in seiner Gewalt, irgend eine andere
Stellung Bwiadien Leipzig und Naumburg zunfibmen. Napoleon jedoch
unterlielk beides und niemand wird die Ideen Terstehen kdnnen,
welche ihn m. seinen wnnderbaren Bewegungen vom 9. antrieben.
Das 7. nnd 11. Korps nebst dem 2. Eavallerie-Korps, znsammen etwa
35000 Hann, wurden gegen Wittenberg entsendet, 20000 Hfum auf
Dessau, 1500 nach Wartenburg. Das 7. Korps Beynier und das
2. KaTallerie-Eorps waren auf das linke Elbufer übergegangen und
trieben die schwachen feindlichen Blokadetruppen flufsab?rÄrt8 bis
Zerbst. Am 13. wurden alle diese französischen Abteilungen nach
Leipzig zusammengezogen, wohin aucli Na[)oleon am 14. mit den
Garden von Düben ausrückte. Man hatte wohl angenoumien, dafs
den Bewegungen vom 9. bis 13. die Absicht zu Grunde lag, die
schlesischc und Nord-Armee wieder zum Zurückgehen auf das rechte
Elbufer zu bewegen. Wenn Napoleon dies aber gewollt hätte, so
würde er doch nicht bestrebt gewesen sein, den Gegner hier von
seinen Brücken zu trennen. Die Mafsregeln Napoleon's vom 9. standen
TöDig mit dem in Widerspruch, was sein eigenes Interesse erheischte.
Durch den Angriff auf die £3bbräcicen im Rttcken der schlesischen
und Nordarmee wurden letztere gerade in die Notwendigkeit veisetzt,
das Elbufer zu verlassen und sich der Hanptarmee zu nfthem. Am
9. in Dttben hatte Napoleon noch die Wahl gehabt, am rechten oder
linken Muldeufer nach Jelsnitz, oder nach Bitterfeld zu marschiren.
Dort hätte er am 11. mit 120000 Mann stehen und der vereinigten
schlesischen und Nord-Armee, welche nicht mehr als 116000 Mann
zählte, eine Schlacht anbieten können. Wollte der Gegner ausweichen,
so konnte dies nur über die Elbbrücken bei Rofsla und Aaken,
oder durch einen Übergang über die Saale bei Bernburg bewirkt
werden. In beiden Fällen vermochte Napoleon sich dann mit
160000 Mann gegen die 140000 starke Hauptarmee der Ver-
bündeten zu wenden, und war dabei sicher, eine Schlacht schlagen
zu können, ohne Gefahr zu laufen, durch die anderen feindlichen
Armeen dabei belästigt zu werden. Welche Gründe Napoleon
gehabt, dieser unzweifelhaft zweckm&fidg gewesenen Operation die
Unternehmungen gegen die Brücken der Nord-Armee vorzuziehen, ist
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Die Operation»! mit ICaaeenheeren etc.
41
nicht bekannt geworden. Die fünf Ta^o vom 9. bis 14. Oktober
hatten der verbündeten Ilauptarmee Zeit gegeben, die Tiefe ihres
Anniarsclies z\i verringern, und der schlesisehcn, welrlie sic}\ bei der
Kordarmee vorbei auf deren rechten Flügel gezogt u liatte, iiüt der
Hauptarmee in Verbindung zu treten. Die Linie, welehe die Alliirtcn
von Aalen über Halle, Merseburg, Lützen, Zwentau und Rötha eiu-
nahmen, betrug 15 Meiieu. Sie iiatte den Nachteil, dafs sie zweimal
von der Elster und deren breiter Thalmündung durchschnitten wurde.
Die KrSfte der Verhünctoten winden also, ftm oder nahe vor Leipzig
immer in drei Teile getrennt, von denen ein jeder entweder eine
solche Stärke erhalten mulste, daih er selbstetändig die ScUacbt
mit Napoleon annehmen konnte, oder wemg^tois die Gelegenheit
haben mdste, dem EinselkampfiB ausEUweidien und ndi an einen
anderen Teil heranzuziehen. Das Heer der Verbündeten war aber
mit seinen 265000 Mann noch lange nicht stark genug, um mit jeder
seiner drei Armeen den 170000 Mann Napoleon's entgegentreten zu
können. Unter diesen Umständen fafete man denn auf Seite der
Alliirten den allein richtigen Entscblufs, mit der Hauptarmee südlich
von Leipzig zur Sehlacht heranzurücken, während die schlesischo und
Nord - Armee durch gleichzeitigen AngriiT einen Teil des feindUchen
Heeres beschäftigen sollten. Die \'erbündeten griften am IG. an. Sie
hatten an diesem Tage noch nicht 200000 Mann zur Verfügung, da
die Korps von Bennigsen und CoUoredo erst im Anmarsch waren und
der Kronprinz von Schweden die Nord - Armee noch zurückhielt. Li
Folge der fehlerhaften Anordnungen Schwarzenborg's hatte sidi der
Kampf bei der Hauptarmee sehr nngOnstig gestaltet und dieselbe war
einer TöUigen Niederlage nahe. Doch Blfifllier's energischer Angriff
und der blntige, aber entscheidende Sieg von Torkls Korps bei
H6ckeni wendeten scUiefiUdi das Waffenglttck zu Gunsten der Ver^
bilndeten. Am 17. wurde der Angriff nicht erneuert, weil die Ver-
bündeten ihre Verstärkungen abwarten wollten. Dafs aber auchNapoleon
in Unthätigkeit verblieb, mufs ihm als ein ungeheuerer Fehler zur
Last gelegt werden. Wahrscheinlich wartete er auf die Ankunft von
St. Cyr, den er von Dresden heranbeordert hatte. Die auf Ter-
schiedenen Wegen an diesen General abgesendeten Refehle waren
indessen von Kasaken - Patrouillen abgefangen worden. Unter allen
Umständen hätte aber Napoleon auch ohne St. Cyr am 17, zur
Offensive übergehen müssen, da an diesem Tage immerhin noch das
(ileichge wicht der Kräfte für ihn vorhanden war. Unbegreiflicher
Weise sah er aber ruhig zu, wie der Gegner 130000 Mann Ver-
stärkungen heranzog und die Fehler seiner Aufstellung verbesserte.
Und mit diesem Verhalten war Napoleon*8 Schicksal entschieden. Die
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0i8 OpwitioiMP mH IbHflDhwraD 0te>-
Konzentrirung der französischen Armee während der Nacht zum 18.
erleichterte noch den Verbündeten den Angriflf au diesem Tage. Eine
ganz wunderbare Mafsre^'cl Xapoloon's war aber die Entsendung des
Korps Bertraiid von Lindenau nach Weifsenfeis. Wollt« er die Ver-
bündeten dadurch verleiten, dem französischen Korps mit Massen
über die Elster zu folgen, so dafs Napoleon dann Gelegenheit erhielt,
den auf dem rechten Flufsufer verbleibenden Teil des Gegners ver-
einzelt zu schlagen, so war diese liureciiuung jedenfalls eine vollständig
verfehlte. Gedachte Napoleon aber durch die betrefifende Mafsnahme
Beinen Bückzug vonnbereiten, bezw. zn aebem, so war sie in sofern
eine veifrOhte und fehlerhafte, als. sie seine Krfifte für den Kampf
schwSehfce. Hatte Napoleon überhaupt schon den Bttdcnig in Aussicht
genommen, so durfte er es aber auch nicht mehr auf eine Ent-
schetdungssoblacht ankommen lassen. Die kriogerisdien Ereignisse am
18. waren nur die Folge der Begebenheiten der vorbeigegangenen
Tage. Auf französischer Seite wurde ein durch die Lage bedingter
Verzweiflungskampf geführt, auf der Seite der Verbündeten das Ziel
▼erfolgt, den Gegner gänzlich zu yemichten. Wenn dieser Endzweck
nicht vollständig erreicht wurde, so lag dies an der trotz aller An-
strengungen doch noch immer sich geltend machenden Unvollstäudigkeit
der Mafsretreln der Verbündeten gegenüber dorn umringten Gegner.
Man hatte verabsäumt, durch die ausgiebigste Verwendung der zur
Verfügung stehenden überlegenen Massen den Gegner völlig ein-
zuschhefsen. Durch die starke Besetzung des Defiles von Lindenau
wäre diea mn 18. noch erreicht worden. Denkt mau sich eiuen
Holtke als damaligen Strategen der Verbündeten, so wird man sich
sagen müssen, dals Napoleon durch einen soldien General bei Lupzig
unzweifelhaft zur Waffonstreckung geswungen worden wSre. An festem
Willen und Energie hat ee den Verbündeten vor Leipzig gewib nicht
gemangelt, das bewies der EntscMulb am 19., die Stadt mit Staim
SU nehmen, und die Auslllhrung dieses Aktes der Gewalt durch
Blücher. Es fehlte aber das grofse Genie, welches verstand, mit den
vorhandenen Massen an Streitkräften den höchsten erreichbaren Erfolg
zu erzielen. Daraus folgte auch die ungenügende Verfolgung des ab-
ziehenden Gegners und die Versäumnifs, ihn jetzt noch zu vernichten.
Allerdings hätte zunächst der Rückzug Napoleon's aus seiner
Stellung bei Lcijjzi:^', welcher in der Hauptsache in der Nacht zum
19. erfolgte, notwendig von den Vorposten der verbündeten Haupt-
armee rechtzeitig entdeckt werden müssen. War dieser aber fest-
gestellt, so mufste sofort die gesaninite Kavallerie und reitende Artillerie
aufbrechen und sieh einerseits westlich Pegau, andererseits Schkeuditz
gegenüber in zwei grofsen Massen formiren, um dem abziehenden
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Die OperatioMa mh Wiwwihearen eto.
43
Gegner mxk ansnliiliigen und als femerar behaxrlidier Begleiier nieht
▼on ibm abralasseii« Wurden lenier Ton der Torhsndeneii geweitigen
Beitennasse von vornherein 20000 Pferde dazu beBÜmmt^ den Fran-
zosen vorauszueilen, sich ihnen alltSc^ch vorzulegen, ihren Marsch
durch Ungangbarmachung von Wegen und Brücken aufzuhidten, die
Bevölkerung unter die Waflfen zu rufen, hätte Napoleon also auf
seinem Wege stets die feiiulliclic Kavallerie vor sich und zu Seiten,
die verfolgende' Infanterie auf den Fersen gehabt und schliefslich noch
Wrede in einer starken Stellung vorgefunden, er würde wahrscheinlich
nicht mehr über den Rhein gekommen seiU) der Feldzug von lbl4
wäre nicht mehr nötig gewesen.
Napoleon hatte in seinen l'iiilieren Kriegen, als der immer An-
gi'cifeudo, als der immer LIberlegeiie bich unüberwindlich zu machen
vermocht, so lange seine Gegner nicht dieselben Mittel in ihrer Oe-
irali Iwtten. Die Bestegtem waren aber durch die Er&hrungen be-
lehrt worden und es hatte sich in dem unterdrückten Europa ein
neues Kriegssystem gebildet, durch welches Kapoleon endlidi mit
seinen eigenen Waffen bekämpft werden muiste. Er achtete indessen
nicht darauf, er schAtste seine Gegner gering, traute ihnen weder
Einsidit, nodi Energie zu und so entstand denn, was die vorstehenden
Darstellungen wohl unbestreitbar erweisen dürften, dafs Napoleon
mehr Fehler beging, als alle seine Gegner und dafs diese seine eigenen
Fehler ihn hauptsächlich zu Grunde lichteten. Intweesant ist, wie
sich die junge strategische Schule die Eiidei^ebnisse des Feldzuges
von 1813 zu erklären scheint. Hauptmann Martinow sagt in seinem
bereits erwähnten Werke, Napoleon hätte seinerzeit eingesehen, dafs
er die neue grofse Armee von 1813 nicht nach den Prinzipien der
Vergangenheit führen könnte, und daher ein neues System der Armoe-
führung zu begründen gesucht. Ein grofser Teil der schöpferischen
Seite der Kunst wäre demnach den Unterkommandanten überlassen
worden. Der Oberbefehlshaber hätte nur die Grundidee für die
Operation entworfen und die üntnfGhret wSten dann über die all-
gemeine Lage auf dem gesammten Kriegstheater orientirt worden.
Hierauf hätten diese im Sinne der allgememen Idee die nächst zu
erreichenden Ziele selbst sn wählen gehabt, es wäre also die frohere
Einzelthätigkeit des HSehstkommandirenden auf dem schöpferischen
Gebiete der Strategie in bedeutendem Mafse durdi die Kollektiv-
thätigkeit der Unterfuhrer ersetzt worden. Der russische General-
stabsoffizier geht bei diesem seinem Raisonnement wohl von einer
irrtümlichen Voraussetzung aus. Er nennt die von Napoleon im
Feldzuge 1813 gehandliahte TToorosleitnntr einen neuen Versuch,
während sie doch durchaus keinen anderen Charakter trägt, als die
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44
Die OpenHonw mit MnwMpliaertii c4e.
FBlining des gesammten firftnzönsohen Heeres in den Torangegangenen
Kriegen ebenfalls gehabt hat. Wenn Napoleon un Herbstfeldzuge
1813 ein grofses Heer von 440000 Mann auf einem Krie^schaaplatze
vereinigt hattOi so war wohl sclbstvorständlich, dals er diese gewaltige
Truppenmasse in mehrere selbstständige Gruppen, in Heeresabteilungen
oder Armeen gliedern mufste. Er mutete dabei den Führern dieser
Gruppen auch nichtsAnderes undHöh(Mcs zu, wiez. B. 17*J6 von ihm selbst,
dem General Ronaparte, in Italien und von Moreau, sowie Jourdan in
Deutsehland als Arm«'c-Kimunandanteu verlangt worden war. Wie aber
die Voraussetzung Martiuow's eine irrtündiclic, so ist dies auch die Folge-
rung daraus. Der russiselie Offizier meint, dals dieser Versuch Napoleon's
mit einem vollen Mifserfolge geendet habe und dafs der Grund hierzu
sowohl von Napoleon selbst, wie auch später seitens der Kritik in
dem Mangel an Generalen mit weitem miUtärisdien Wissen gesehen
worden sei, denen ein selbstständigcs Kommando anTertoant werden
konnte.
Nicht Napoleon's angebliches nenes System der Anneeleitnng
hatte einen Mi&erfolg, oder Tiehnehr eine gSnzliche nnd ToUstindigste
Niederlage erlitten, sondern seine eigene im höchsten Grade mangel-
hafte Strategie. Napoleon hat allerdings seine höheren Generale als
die Urheber seines Mifsgeschickes angeklagt und seine Anhänger und
Bewunderer aller Zeiten haben ihm darin nachgesprochen, aber es
dürfte doch als erwiesen zu erachten sein, dafs mit dieser An-
schuldigung eine gewisse Ungerechtigkeit und seitens Napoleon's selbst
aufserdem noch eine hochgradige Undankbarkeit begangen wan den ist.
Das Unglück, geschlagen zu werden, kann bekanntlich jedem, auch
dem besten General zustofsen. Fs gab und giebt auch keinen
solchen, der nicht mal Fehler gemacht hatte. Napoleon besafs viele
gute, sogar vortreffliche Generale, wie Mortier, Marmout, Bertrand,
Horat Sowohl Maodonald aber, wie Ney und Oudinot hatten schon
früher ihre BefiUugung als selbststttndige Führer dargelegt nnd in ihrer
verdienstvollen Laufbahn sich wohl anoh ein erhebliches nulttftrisches
Wissen angeeignet Hauptmann Martinow spricht von halb gehüdeten
Marschällen. Die drei vorgenannten durften in ihrer wissenschaft-
lichen Bildung Napoleon senwt wohl nicht nadigestanden haben.
Ouduiot war Generalstabschef gewesen nnd die beiden anderen
Marschälle hatten als Gesandte in Dänemark nnd in der Schweiz
fungirt. Hauptmann Martinow führt dann weiter aus, wie nach seiner
Ansicht die Hauptursache von Napoleon's Mifserfolgen 1813 wohl in
den von diesem selbst hervorgerufenen Änderungen in der Strategie
der letzten Kriege gelegen, welclie Andern rr^en dem Geiste der Zeit
nicht entsprochen hätten. Du- grofscii Anm eii wären künstlich, im
Gegensatz zu den bestehenden strat^ischeu .Verhältnissen hervor-
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Die Operationen mit Maaaenheoren etc.
gerufen worden, die Art der Befelilsgebung hätte nicht den Begri£fen
jener Zeit und auch nklil den Ideen entaprodien, weblie Kapoleon
seLbet bis dahin in seiner Armee verbreitet gehabt» Die Bemühungen
des rofleisdhen Oeneralstabsofifiziers, Entschnldigungsgrfinde für das
Id^geecbick Napoleon*8 sn finden, m<)gen von vielen als sehr be-
rechtigt angesehen, die Sdüuislblgerungen in den betreffenden Aus-
ftihrongen kCnnen jedoch unmöglich als ganz logische anerkannt
werden. Die grofsen Ifassenbeerc Napoleon's speziell, sowohl von
18i2| wie von 1813, waren allerdings lediglich aus dem Ehrgeize
eines einzelnen ^lenschen und nicht in Folge einer durcli den all-
gemeinen Entwickclun<?sgang der Zivilisation vorgezeichneten Richtung
in der Krief^skunst, bezw. aus allgemeinen mächtigen Ursache!) hervor-
gegangen. Wohl aber ist letzteres bei den Anstrengungen der Russen
1812 und der Verbündeten 1818 insofern der Fall gewesen, als es
für die Völker galt, sich von der Knechtschaft eines verhafsten Usur-
pators zu befreien und das thcuerste Gnt der Nationen, die Freiheit
und Selbstständigkeit wieder zu gewinnen. Es kann daher niemand
sagen, da& auch auf dieser Seite die Massenheere künstlich entstanden
vttran, und die Behauptung des Hauptmann Martinow dürfte dem^
nach hdchstens eine einseitige Beweiskralt haben können. Die Art
der Befehlsgebung endlidi anlangend, ist vorher bereits nachgewiesen
worden, dats dieselbe schon früher bestanden hat^ dafs die Feldherm
der auf verschiedenen Kriegsschauplfttzen operirenden Armeen stets
andi nur Direktiven für ihr Verhalten empfangen haben, und wie
1813 nur der einzige Unterschied bestand, dafe mehrere Armeen auf
demselben engeren Kriegsschauplatze im gemeinsamen Streben nach
demselben grofsen Ziele handelnd auftraten. Es lag daher kein prin-
zipieller Grund vor, dafs das, was die Arnieerdhrer der Verbündeten
leisten konnten, nicht auch von den französischen Armee-Komman-
danten verlangt werden durfte. r)ie Ursache von Napoleon's Mifs-
gcschick lag lediglich darin, dafs er selbst den Anforderungen der
Strategie mit grofsen Massen nicht gewachsen war. Wie er 17VH> in
Italien als Armeeführer nicht verstanden hatte, ^.ein Wirken mit dem
gemeinsamen Streben der Armee in Deutschland nach gleichem Ziele
in rechtzeitigen Einklang zu bringen, so hatte er auch 1813 als
Heerfiihrer nidit vermocht, seine Armeen au einem gemeinsdiaftillohen
Handeln rechtzeitig su vereinigen. In dem ganzen langen und er-
eignisreichen Feldznge von 1813 hatte Napoleon nur eine einzige
richtig veranlagte und vortrefflich ausgeführte stratogische Operation
sn verzeichnen, nfimlich den Zug von Löwenberg nach Dresden vom
28. bis 26. August. (ScUnb folgt)
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n
Leboeuf und die französische Mobilmachung 1870.
(Nach den Akten der „Enquete parlamentairo sur les actes da gouvernement de
la defense nationale".)
„Figaro" hat in seiner Nummer vom 17. April 1895 einen Brief
des Herzof^s von Gramont nn oiiion Freund, d. d. Folkestone 21, 4.
1875 veröÖentlicLt, in welchem der Ilerzop; auf das Bestimmteste
ausspricht, dafs ein Vertrag zwischen Napoleon, Österreich und Italien
zu einer „Cooperation effective de leurs forres militaires" gegen
Preufsen-Deutschland vereinbart, die Epoche des Eintritts der Koope-
ration für die tnste Hälfte des September festgesetzt gewesen, der
Vortrag nur noch der Unterzeichnung bedurft habe und nur durch
die fransfifliBdieii Niederlagen im August Terliindert worden sei, dais
ans der „trait^ oonveiiu^ eine ntrait^ condu* vnrde. AhnKches deutete
Leboeuf an, indem er Tor der Kommission fOr die Enquete parlamentairo
— freiUeh ohne die beteiligten Staaten sn nennen, ansspradi, man
babe im Jnli 1870 die berechtigte Hoffirang gehabt, in einem Kampfe
gegen Deutschland nusht allein au stehen. Er weist auf diesen Umstand
hin sowohl dort, wo er von seinen Erklftrungen in dem Ministerkonseil
vom 6. Juli 1870 wie von seinen Äofserungen in der Kammer spricht,
wie dann, als er einen Teil der Verantwortung für den strategischen
Aufmarsch der Armeen und die folgenden Verschiebungen übernimmt.
Von seinen Sclniltern soll damit ohne Zweifel an Teil der Ver-
antwortung abgewälzt werden.
Die Erfindung des Schlagwortes „Nous sommes prßts" ist, wie
Thiers in seiner Erklärung und in der „Enquete parlamentairo" an-
giebt, Leboeuf mit Unrecht in die Schuhe geschoben worden. Dasselbe
stammt aus der NicFschen Zeit. Niel übernalmi von Randon im
Eriegsministerium keine beneidenswerte Erbschaft. Als er nun daran
ging, die Bespannung der Artillerie (die man, um die Höbe der Aus-
gaben für die menlüniaclie Expedition möglichst zu Tordeeken, nicht
in dem M abe wieder ersetst hatte, in welchen die in Pri?atbenutzung
gegebenen Pferde nach 7 Jahren Eigentum der Benutzer wurden),
nach und nach etwas zu ergänzen, CShassepots herzustellen, (nach
Thiers 700000 bis 800000, während das Dreiüsche nötig gewesen wftre,
wozu die Kammer aber die ^^ittel verweigerte), die Mitrailleuse ein-
zuführen — dabei aber die Feld-Artillerie in dem Zustande erkannter
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Leboeuf und die frauzöaiache Mobil marthnng 1870.
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Unterlegeiiheit gegenüber der preulsischeii belassend — als er die
btsttrke der In&nterie-Regjmeiiter anf 1100 bis 1200 Uatm erMelt,
endlich die nBasterd-Institation^ der garde mobile nationale sdraf und
damit den (Kadben erweckte, man habe eine sebr starke Armee —
da ersehallte ans den Reihen der Freunde NieTs das „MUr sind
bereif und unter Leboeuf klang es weiter. Damit eoU durchaus nicht
gesagt sein, dals Leboeuf das Wort nicht ausgesprocheUf das Gegenteil
sagt uns die Erklärung Thiers in der Enquete parlamentaire, das
beweist uns auch die Aussage Leboeuf 's selbst in derselben Kommission.
Als Thiers im April 1870 in der Kammer die Effektivstärke und das
Rekiiitcnkontingent verteidigte — welches die Kammer dann doch
durch das Gesetz vom 28. April um KKXX) Köpfe herabsetzto —
führte er als einen der Gründe für sein Votum auch an, dafs man
Infanterie-Regimenter von allerhöchstens 1200 Köpfen besitze — und
Leboeuf mufste dies zugeben. Wenige Tage nachher aber versicherte
derselbe Kriegsminister — von der llofpartei überredet, die ihrerseits
Ton der bouapartistischen Partei bearbeitet worden war — dafs man
bereit sei und braehte diese Überaeugung auch dem gern überzeugten
Kaiser Napoleon beL Man Tendcherte, heilst es in der Eridftrung Thiers*
weiter, da(s wir bereit seien, Preulsen dagegen nicht. Ich hatte die
Überaeugung, dafs man mit einem ausgeaddinet ausgestatteten Budget
in 14 Tagen nicht sdilagfertig sein konnte, ich wu&te^ dab man mit
einem schlecht dotirten Budget» mit ungenügendem, zum Teil durch
die mexikaniscfae Expedition ruinii-ten Material, und mit einem Krie^
minister I. Ordnung vielleicht in drei Monaten bereit sein konnte,
nimmermehr aber in 14 Tagen. Unsere Artillerie, der preufsischen
quantitativ und qualitativ unterlegen, konnte aus Mangel an Be-
spannung und Personal nicht mehr als zwei Geschütze auf 1000 Mann
liefern, die Jilitraillouse das Feldgescliütz nicht ersetzen. Unsere
Infanterie-Regimenter wiesen nur 1100 bis 1200 Mann Efiektivstärke
auf, die Friedenskadres waren zu wenig zahlreich, die garde mobile
nationale war kaum ausgebilikt und absolut nicht militärisch erzogen,
zum Rrofsen Teil ohne Bekleidung und Ausrüntung, die festen Plätze
konnte man weder als ausreichend armirt, noch als der Wirkung der
neuen Feucrwaflfen entsprediend eingerichtet bezeichnen. So die
Übetzeugung Thiers* der den Krieg zu Termaden bestrebt war, sich
hier aber weiter noch dahin ausspricht, dals man, wenn man nicht
20 Tage geschwankt und gezögert, die Heeresleitung Entschluls und
festen Willen geattgt, 30000 Mann in den Vogesen belassen, den Best
vm 220000 bis 250000 Mann auf Trier in Bewegung gesetzt hätte,
statt die Kräfte auf 50 Meilen, von der Schweiz bis Dicdenhofen zu
aerBplittem, das Blatt vielleicht an wenden vermochte. Bichtig —
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Leboeof und die ftanilMaelie Mobilmadning 1870.
aber aaioh meder ein Boweis dafiir, wie vfcmrr man in Wirklichkeit
seUagfertig gewesen — aei freilich, dais der Mangel an Entsohluls
zum Teil dem UmBtaade sngeschrieben werden müsse, dafs man erst
das eintreffen lassen wollte, was ao den sogenannten bereiten 250000
Mann noch gefehlt habe. —
Eine ähnliche Überzeutnin«^, wie Thiers, sprach auch der Eskadrons-
chef Jean Brunet in der Enquete- Kommission aus. Er zählte n. A.
auch eine Reihe von Operationsplänen auf, die er Napoleon und
nachher der Defense nationale zur Verfügung gestellt habe und gab
den Inhalt derselben, der manchen richtigen Gedanken, aber auch
viele Utopien brachte, wüeder. Bebonders scharf betonte er, dafs die Vor-
bereitung der Ausnutzung der Bahnlinien sowohl für dieOfifen^ve, wie för
die DefenaiTe, eine äo&erst mangelhafte und diee nm so unverantwort-
liobsr gewesen sei, als seine wiederholten Mahnungen und Memoires
an das Eriegsministerium, aus genauester persönlidier Kenntnilk die
Sorgfalt betont bitten, mit welcher man in Prenlsen die entsprechenden
Vorbereitongm getrc^Ssn habe. Hören wir jetzt, wie Leboeof die
Lage auffi^te. Er gab diese seine Anfibssong, nach seiner eigenen
Versicherung, vor der Enquete-Kommission in derselben Weise wieder,
wie er sie im Minister-Konseil am 6. Juli 1870 entwickelt hatte und
führte dabei offizielle Dokumente vor, die soweit sie das Personal
betrefifen, von Delbusquet, Chef der Rekrutirung, und Oberst
Härtung, Direktor der Personal-Abteilung im Kriegsministehum, unter-
zeichnet sind.
Am 1. Juli l'S70 sollten die für den Krieg verfügbaren, aus-
gebildeten Leute der aktiven Armee und der Reserve, nach Abzug
der non valeurs und der permanenten Mankos, betragen:
Stäbe 40U Köpfe
Ihfimterie 340084 „
Kavallerie 54471 ^
ArtiUerie 54861 „
Genie 10325 „
Thun 14752 „
Erankentrüger, Verwaltungs-Arbeiter . 14359 „
Im Ganzen 492585 Köpfe.
Rechnet man die „non raleurs oiganiques^ (gendarmerie d*^te, gen-
darmerie imperiale, Stäbe derPlätse, Offiziere hors cadres, Veteranen,
Schulen, Veterinäre, Remonte-Reitcr, Arbeiter, Kompagnien hors rang)
42987, die permanenten Mankos der Truppenteile (Strafsibteilungen,
Lazarethkranke, Detachirte, Verurteilte, Ärretirte) 2945G, die non
valeurs der Reserve (zu den Douaniers übergetretene, desertirte, aus-
gebliebene, nicht dienstfähige Leute) 2106, im Ganzen also 74546
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Leboeof and die ftintfloaehe HoUlmachiing 1870.
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hinzu, so kommt man auf 567131 Köpfe, die am 1. Juli ld70 im
aktiven Heer und in der Reserve ausgebildet vorhanden waren. Wie
hoch sieh die Reserve beziffern niufste, triebt Lcbocuf hier nicht aus-
drückHch an, wohl aber läfst sich dies aus einer späteren Bemerkung
schhefscn, die sich dort findet, wo T>ehoeuf von dem Inmai-sclisetzen
der Reservisten von den Departementshauptorten aus zu den Depots
spricht (wir kommen auf diese Frage noch eingehend zurück). Danach
hätte die Stammrolle der Reser>isten am I.Juli 1S7() 163020+10487,
im Ganzen also 173507 Mann aufgewiesen. — Die garde mobile na-
tioualu uiüfafste nach Leboeuf (ohne Jahrgang 1S69) 417366 Mann.
Die völlig organisirten, mit Cadres versehenen Teile im Norden und
Nordosten Franknicln schätzte Leboeuf auf 175000 Köpfe und glaubte
bestimmt 100000 'Mann Infanterie, 20000 Artillerie als TöUig aus-
gerüstet und bddeidet in Bedmnng stellen zu düifen.
Im Ministerkonseil vom 6. Juli meinte' Leboeuf^ da& man Air die
Feld-Annee L Urne zwar 350000 Mann annehmen könne, er aber
znnSchst nur 300000 in Ansats bringe. Selbst bei 350000 Blann aber
blieben, so gab Leboeuf nach dem offiziellen Auswos an, noch 142585
ausgebüdete liOute der aktiven Armee und Reserve in Frankreich und
Algier zurück. Zöge man das von 50000 für Algier — vielmehr, als
thatsächlich dort blieben — 6500 Mann für Civitä veccliiä (die aber
bald schon nach dem von Leboeuf entwickelten Vhno für das eine
in Lyon unter Palikao zu bildende Reserve-Korps in Betracht gezogen
wurden), Summe r)6r)00, ab, so blieben n(M'h S(;085 Mann, die durch
den Ende Juli disjionibkn Jahrgang 1869 um 75000 Mann, also auf
161085 Manu vermehrt wurden.
Von den 300000 Mann, die Leboeuf, wie bemerkt, von der aktiven
Armee in L Linie mobil machen will, hofft er in 14 Tagen 250000
Mann völUg organisirt und schlagbereit zu liaben, ^natürlich mit den
administrativen Lücken, die bei jeder Aniiec beim Kintritt in einen
Feldzug vorkommen und diu leicht zu schliefsen sind." Um 300000
Mann zu vereinigen, hält er nach seiner Erklärung im Ministerkonseil
Tom €. Juli, mindestens 3 Wochen erforderlich. Hier erfolgt auch der
Hinweis darauf, dals man im «TuH die Hofihung gehabt habe, nicht
allein zn stehen. Hier tritt auch Leboeuf den vielfodi erhobenen
Anschuldigungen, dals man nicht über gmOgende Vorr&te an Be-
kleidung und Ausrüstung verfügt habe, mit den Ziffern entgegen, die
er dem Kaiser damals gegeben. Danach blieben, nach ToUständiger
Ausrüstung und Bekleidung der Armee, in den Magazinen noch übrig
536510 Mäntel, 712227 Paar Hosen, 749648 Röcke, 703510 Feldmützen,
287544 Tornister, 2246417 Paar Stiefel und Schuhe (was die Enquete-
Kommission zunächst anzweifelt, Leboeuf aber mit dem Hinweis darauf
Jdiblehtr Ar DnftMka AnM ul HsiliM. Bd.97, 1. 4
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50
Ldboeof und die frmiSdwdie MobOmichung 1870,
aufrecht crliält, dafs die unerwartet schnelle Einschliefsung von Paris
daran gehindert habe, aus dem dortigen Zentral-Magazin die Vorräte
an Schuhzeug für die späteren Neuformationen in die Provinzen zu
senden). Am 1. Juli besafs man 750000 Zelte und einfache und
doppelte Lagerdeck- n fili 'jOiiOOO Mann.
Loboeuf koniiut dann auf den Reserve-Vorrat an Leuten:
4173G(; Mann garde mobile nationale, davon l"2()00ü völlig bekleidet
und ausgerüstet und sofort verwendbar, Jahrgang 1869, der Ende
Juli verftif^bar und 75000 Mann liefern sollte. Aulserdem hatte
Leboeui am 17. Juli 1870 ein Gesct?:, botreffend den freiwilligen Ein-
tritt auf KriegsJauer votiren lassen, das, nach seiner Angabe , von
der Deputirtenkammer mit wahrer Begeisterung aufgenommen wurde
und von dem sicfa einige Deputirte über 100000 Mann Tonprachen.
Leboeuf zieht nur die vom 19. Juli Ins 31. August Emgetretenen mit
28000 in Betracht und bemerkt» dab dieselben zum Teil sofort* zum
Teil nachTorheriger 14 tiigiger Ausbildung eingereiht werdenkonnt6n(den
Gesammtertrag des Gesetzes yom 17. Juli betreffend dieKriegsfirdwilligen
giebt uns ein offizielles, von A. Moret, Bekrutirungsabteilung des
Kriegsministeriums, nnterzeiobnetes und von General Ifaitin de
Palliares der Enquete-Kommission vorgelegtes Dokumoit, das die Ziffsr
der nach dem 1. Juli freiwillig auf Kriegsdaucr eingetretenen Leute mit
140514 für die aktive Armee uik171I)"2 für die garde mobile nationale,
total 147700 aufführt. Nach dem Sturz des 2. Kaiserreichs ist also
die 6 fache Zahl an Freiwilhgen zu verzeichnen, auch wohl wieder ein
Beweisstück dafür, wia sehr die Nation den Krieg bis dahin als die
^j>etito guerre de l'Erapereur'^ betrachtet hatte). Der Jahrgang 1870
wäre normal erst zum 1. Juli 1871 einzubeordern gewesen. Auf einen
Antrag von den Bänken der Deputirten aus wurde der Regierung
jedoch die Befugnifs erteilt, ihn zum 1. Januar 1871 einzuberufen.
Vor dem 1. Oktober konnten aber, das war vorauszusehen, die Aus-
hebungskoimuissionen mit diesem Jahrgang, von dem man 140000 Mann
für die Armee, 80000 für die garde mobile nationale erhoffte, (was, wie
der offizielle Nachweis des Kriegsministeriums von A. Moret beweist,
wegen Besetzung dw Ostd^Mkrtements durch den Gegner niofat voll er*
reicht wurde), nicht rechnen. In dem betreffonden llinisterkonseil wurde
auch die Frage der Yersdunelzung der Armee mit der garde mobile
nationale an^eworlen. Leboeuf sprach, wie er selbst angiebt, seine
Ansicht dahin aus, dafs man in der garde mobile nationale eine ganz
TOTzügliche Reserre an Leuten habe, eine Fusion derselben mit der
Armee aber wohl grolse' Aufregung hervorrufen werde — wie dies
später im Süden bei der Kinheordemng der garde mobile nationale
auch eintrat Leboeuf hatte, • nach seiner Erklärung, in Überein-
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LdNMnf nnd die franiSdiche Mobilmachung 1870.
51
stmmniDg mit den höheren Offizieren der mobflen Natunialg»rde auch
beschlossen, 18000 Mann der Pariser Bataillone in provifloriachen
Regimentern nach dem Lager von Chalons zn senden, um, nach be-
schleunigter Ausbildang, dort zum Korps Canrobert zn treten. Un-
regelmäfsigkeiten im administrativen Dienste liefsen dort bei ihnen
Indisziplin zu Tage traten, man dachte daran, sie auf die verschiedenen
Festungen zu verteilen, später gingen sie auf Drängen Trochu's
eigentlich nur mit erzwungener EHanbnifs Napoleon's nacli Pans. — Tn
Bezug auf Pferde war nia.n, nach Leboeuf, in einer guten Lage.
Durch Einreihung von 'iüOOO Pferden der Gendarmerie konnten die
Kriegseskadrons vor Ende Juli auf je 110 Pferde kommen. Für
Artillerie und Train hatte man bei den Landwirten eine Reserve von
rund 17{X)0 Pferden, die, regvonswcise verteilt, schon am 21. Juli,
weit früher als d'iv. Resenisten, bei den Truppenteilen eintrafen. In
allen Artillerie-Garnisonen wurden provisorische Rcmontedepotö er-
richtet und bald täglich 2000 Pferde angekauft. Stäbe und Truppen-
teile erwarben ftr Offiziere nnd Fahrzeuge Pferde freihändig.
Von dem. Bestand an Material für Feld-Artillerie entwirft
Leboeof, wieder anf Gmnd offizieller Dokumente, der Enqudte-
Kommission folgendes Bfld: 2607 gezogene Feld-Vierpf&nder, 2315
Laffeten nnd Protzen dieses Kalibers, 497 geteogene Feld-ZwSlfpfiinder,
644 Laffeten nnd 1244 Protzen dieses Kalibers, 192 Ifitraillensen,
192 Laffeten, 192 Protzen iiir dieselben. Der gezogene aohtpfiinder
war erst eben angenommen worden.
Die der Enquete-Kommission vorgelegten offiziellen Dokumente
aus dem Kriegsministerium lassen für den 1. Jnli 1B70 folgende Yer-
teilnng der Feldgeschütze auf die Truppen ezkennea:
Garde:
Zwttll^lllnder
60 Vurpftnder
12 ICtrsflleastiL
L Koips
12
n
H4
n
24
tl
n. „
12
n
tiO
n
18
n
IIL „
12
n
84
n
18
tl
IV. „
12
n
60
n
24
fl
12
1)
60
n
18
II
VI. „
12
n
102
n
6
VII. „
12
»
60
n
18
" (kam erst bei
tl 8«daBiiiB«tn«ht)
xn. „
» •
FddswOl^l
54
80 FddTierpd
18
tl
Kavalleriedivisioiieii
6
tl
Geoeralreserve
48
n
48
fl
160
»
702
tl
162
1* QmtaMM.
In Bezug anf Munition war man, nach Leboeuf, recht gut situirt.
Man hatte, einschlieTslioh Garde» 8 Korpeparks gebfldet nnd nadidem
diese, sowie die Batterien das ▼oigeschriebene Munxtionsqnantum er>
halten, verfögte man noch über einen Vorrat von 145488 Schuis.
4*
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52
Leboenf und die franzfidache Tffhhilinachmig 1870.
ChaaaepotB waren, nach den tod Leboeuf vorgelegten offiziellen Aus-
weisen, am 1. Juli 1870 1037555 fertig gestellt, 30000 an die Marine
abgeliefert, 1007555 in den Händen der Truppen, bezw. in den
Arsenalen. Man besais aufserdem 342115 in Hinterlader umgearbeitete
Gewehre. 1Sm;ooo gezogene Vorderlader, 113 Millionen Chassepota-
pationen, U5 Millionen Patronen für die umgeänderten Gewehre.
Was die Abwägung der beiderseitigen KrätV' anbetrifft, so be-
reclincto Lrlioeuf, trotz Stoffel's Mahnungen, das Maximum, das man
deutsche IM its an Linie und Landwehr zum Beginn des Krieges ein-
setzen könne, auf 570000 Mann und stx>llt<' diesen in seinem Calcul
gegenüber: 300(K)0 Mann der mobilen aktiven Armee, 267000 aus-
gebildete Leute, die zunächst im Innern uud Algier blieben, 75000
Rekruten des Jahrganges 1869, dann die Freiwilligen 28000 bis /.um
August, tiir die inaii Ijckleidung und Ausrüstung besafs, 120000 Mann
garde mobile nationale, die das Budget zu bekleiden erlaubt, 280000
Haim derselben Kategorie, die noch zu bekleiden blieben, wenn nicht
ein Spezialgesetz sie in die Armee einreihte, deren Magazine Leboenf
als gut versorgt bezeichnet
Von Interesse ist auch, wie der Marschau sich die Dauer der
Mobilmachung dachte. Er weist darauf hin, da& yob seinem Vor-
gSnger Niel Vorkehrungen getroffen wurden, um den Übergang
auf den Kriegsfols zu beschleunigen, die Formationsperiode der
Korps sollte nicht über 14 Tage dauern, an diese sich die Konzentrations^
periode anschlicfsen, die nach LeboeuTs Angabe am 4. August be-
gann, da die ^B'ormation der Korps zu dieser Zeit vorgeschritten**
war. Wohl bemerkt hütet sich Leboeuf vor der Enquete-Kommission
wohl zu behaupten, dafs sie beendet gewesen. Scharf betont ^\ird
von ihm, dafs er am l'i Juli die Erlaubnifs zur Abb ildung der
Mobilmachungsordre erbeten, aber dieselbe erst am 14. Abends er-
halten habe. Naeh den „auf Erfahrung beruhenden Caiculs" der
1. Direktion (Kekrutirungsabteiluiig) des Kriogsministeriums sollten
die Reserven und die 2. rititimi des Kontingents allerspätesttnis am
22. Juli die Departementshauptorte erreicht haben, am 24. in Marsch
gesetzt werden, am 26. in den Depots anlangen und auch die 2. Portion
bpäiesteus am 31. Juli in die immobil verschobenen Truppenteile ein-
gereiht sein. Das von der 1. Dii'ektion danach entworfene lablcau
weist folgende Daten anf :
1. Einberufongsbefehl in die Aktivität fSr die ) , _ ,
Leute der Beserve / ^^'^"^^
2. Empfimg des betreffenden Zirkulan durch \ _ «, den entfen-
die verschiedenen Mmtärbehöiden 1 * ^ *^ p-^-
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Leboeuf und die frauzoäiüche Mobilmachung 1870.
53
3. Kontrole, Einteilung und Äbsendung der Ein-
bernfiingaordNi fttr die Leute der Besenre und
die jungen Soldaten der 2. Portion an die
Gendarmerie-Brigaden
4. EäntrefEen dieeer Ordres bei den Gendannerie-
17. JuU.
18.
19.
20.
22.
23.
24.
n
n
von den pnlfeni»
tMtoD Ponktflo.
5. Aushändigung der Ordres an die Einberufenen
6. Fn^ii bis zum Abmarsch aus der Heimat
7. Zeit für die Reise in den Departementshaupt- ]
ort, Untersuchung, SchluTsappell /
8. Für alles Unvorhergesehene
9. Inmarschsetzen auf Eisenbahnen
10. Ankunft in den Depots behufs Bekleidung \
und Ausrüstung f
11. Verbleiben in den Depots ] 27.
12. Ankunft bei den aktiven Truppenteilen j 29.
13. Verbleiben in den Depots ) 29.
14. Ankunft bei den aktiven Truppen / 31.
Ein erster T'ehler iin Calcul ergab sich daduiu Ii. dafs eine Anzahl
von Departements die Reservisten und die 2. Portion später, als am
24. Juli instradirten, nunilicli am bis 28. Juli.
Am 18. Juli wurden in Marsch gesetzt 7889 Mann
fllr di«
die jant en Sol-
dalfD d«T J. I'ur-
tiou b«treff«nd.
1t
fl
f»
19.
20.
21.
22.
23.
24.
n
ff
n
ff
ff
ff
Tom 24. bis 28. Juli
7)
ff
ff
ff
ff
ff
ff
ff
ff
14331
25077
22537
43542
22629
5471
21484
n
ff
Im Ganzen 163020
Keservisten und
Leute der2.Portion,
d. h. 10487 weniger
als die StammroUoo
der Reserve am
1. JuU 1870 aus-
wiesen.
Leboeuf meint, dieses Defizit habe seine Gründe darin, dab 1. die
Beamten die Dringlichkeit der Lage nicht hinreichend erkannt hätten,
2. trotz bestimmtester Befehle Aufschub gewährt wurde, besonders
auch bei Verheirateten, 3. zu leicht Leute als nicht marsch- und diensir
fähig in Zivilkrankenhäuaer aufgenommoi wurden. Die Depots hatten
Befehl, die Reservisten in Verbänden zu je 100 unter einem Offizier
abzusenden bis die aktive Portion 2400 Köpfe zählte, es sollten aber
aueh tiir die 4, Bataillone, deren Aufstellung befohlen, altgedicnte
Leute designirt werden. Auch in den Do()ot8 kamen Verzögerungen
vor, gesteht Leboeuf Die Reservisten jedes Korps verteilten sich auf
alle Regionen Frankreichs, Nicht ahnend, wo die Truppenteile sich
gerade befanden, zu denen die einzelnen (niippen von Reservisten zu
dirigireu waren, zögerten die Depots mit der Äbsendung, wufsten zum
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54
Leboeuf und die frauzösitjcbe Mobilmachung 1870.
Teil axush nicht, was mit den Einbeoiderten anrofangeiL Die MeLdung
des Temtorialkommandanten yon HexseQIe an das KriogBmimsteriiun:
,i9000 Resemsten bier, weils nicht wohin mit ihnen, mn Luft zn
machen werde ich ae nach Algier schicken'* ist charakteristisdi genug.
Den abgesendeten Beserristen fehlten die nötigsten Ansrttstnngs-
gegenstände, den Divisionen und Korps zum Teil die Trains, Lasarethe^
das Vcrwaltongspersonal, Magazine waren im Voraus nicht angelegt,
die Truppen wurden auf die Festungen angewiesen, die sich in ver^
nachlässigtem Zustande befanden. Wer entsinnt sich nicht der
Meldung des Generalintendanten des III. Kor{)s: ^Ich habe weder
Krankenwärter, noch Krankenwa<jen, noch Yerwaltungsbeamte, noch
Feldbacköfen, noch Trains.^ Zweilbilos entsprach die Friedensvorbereitung
nicht den kriegerischen Projekten, das System dos Instradirens im-
mobiler Truppen in den Aufniarschraum brach total nieder.
Leboeuf hatte, wie oben bemerkt, im Ministerkonseil und Kammer
versichert, dafs man in 14 Tagen 250000, in 3 Wochen 300000 Mann
bereit haben werde und die organisirte garde mobile nationale im
Norden und Nordosten Frankreichs schleunigst mobil werden solle. —
Am 1. August betrug nach den dem grofsen Generalstabe zugegangenen
Berichten, die Effektivstärke der damals noch nicht in Gruppen ge-
gliederten Rheinarmee einschlielslicfa Ofifiaere, L Korps 41156, II. Korps
26684, nL Korps 37723, IV. Korps 28591, V. Koipe 25073, VI.
Korps (Ganrohert) 35419, VIL Korps 20341, Garde 21587, Kavallerie-
Beserre 5617, Artillerie -Reserve 1054, Qenie-Reserve 312, Ver-
waltongsdienst (grofses Hauptquartier) 209, im Ganzen 248171 Kdpfe.
Von dem I. Korps, das nach Stralshurg kam und ans Truppen
aus dem Eisais, der Franche Comte und Algier (bei Wörth waren
noch einige afrikanische Regimenter inkomplet) gebildet wurde,
finden wir auch eine Stftrkenach Weisung vom 1. August in den
Leboeuf sehen Erklärungen vor der Enqu&te- Kommission. Sie weist
bei den Infanterie -Regimentern Stärken von 865 bis 2391 Köpfen
(Leboeuf hatte den Durchschnitt am 1. August auf 1900 Köpfe an-
gegeben. Zu beachten ist freilich, dfifs das I. Korps \-inl afrikanische
Truppen enthielt), bei den Kavallerie -Regimentern von ()39 bis
499 Pferden auf. Spezialotats der übrigen Koi-ps für den 1. August
fiinden wir nicht in den Leboeuf sehen Angaben, was schon im In-
teresse des Vergleichs mit dem 12. bezw. 15. August, nach Eintreffen
der Kescrven, sehr zu bedauern ist. Leboeui lühi-t uns auch das
ni., IV., VII., II. Korps erst am 12. bezw. 13. August auf Beim
II. Korps können wir einige Schlüsse auf den Zuwachs an Stärke
nach dem Eintreffen der Reservisten ziehen. General Frossard be-
richtet in seinem Werke, daCs das IL Korps am 16. Jnli bei seinem
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Leboeuf und die französieche Mobilmachung 1870.
55
AbDumch Von CMIoiib pro Ihfonterie-Regiment im Durdischnitt
1860 Köpfe autwies. Ein genauer Etat vom 1. Ängust liegt nicht
vor, am 12. Anglist aber, naobdem das II. Korps am 2. nnd 6. bei
Saarbrücken nnd Spichem, 4164 0£Bziere und Leute ▼erloren, zählten
dielnfiuiterie-Begimenterl216 (BogiuientNr.76, das sehr starke Verluste
erlitten) bis 2120, im Dnichschnitt 1721 Mann. Das IV. Korps, in
Unonville aus Truppen von Metz, Thionville und den Plätzen des
Nordens formiert nnd mittelst der Bahn von Lille bequem zusammen-
gesogen, hatte bei den Infanterie-Regimentem im Durchschnitt 2102,
das in Mets aus pK izimcntem von Mets, Paris, Nancy formirt, 2158,
das V. war in Bitsch aus Truppen von Lyon, Grenoble, das VI. in
ChAlons aus Regimentern der Normandio, Bretagne und des Süd-
westens gebildet, das VII. in Beifort aus Regimentern der verschie-
denen Plätze des Südostens mit im Durchschnitt 2138 Köpfen. Nach
Leboeuf's, auf den mono fliehen Tabellen beruhenden Angaben waren
zur Rheinarmee bis zum 1. August 278882 Mann abgegangen und
sollten die Infanterie -Regimeuter im Durchschnitt IdöO Gewehre
zählen.
Nach Leboeufs Angaben blieben, nach Bildung der Rheinarmeo,
in Frankreich und Algier an Kadres: llal Infanterie-Kompagnien,
also der Bestand von 192 Bataillonen zu 6 Kompagnien, 107 Eska-
drons KaTsDerie, 10 Feldbatterien, 55 Fdsbatterien, die naeh dem
in der Organisation dieser Waffe Toigesehenen dedonblement eine
Anzahl yon Feldbatterien liefern konnten, endfidi 10 Depotbatterien.
Fttr die im Felde stehenden Truppen giebt Leboenf um diese Zeit
schfttsungsweise 290000 Köpfe an. Demnach hatten, nach den offi-
neilen Angaben, in Frankreich nnd Algier, ohne die garde mobile
nationale, noch 277131 Mann, nach Abzug der non Taleurs organiqueSi
des permanenten Defizits nnd der non valeuTS der Reserve noch mnd
202000 Mann tlir Neuformationen bezw. Ersatz vorhanden sein müssen,
lu dmen in der Zeit vom 8. bis 12. August die Rekruten des Jahr-
gangs 1^B9 mit 75000 Köpfen traten und wozu Leboeuf im August
auch noch 28000 Kriegsfreiwillige rechnet. Total wären, ohne garde
mobile nationale, also (!700(H) Mann unter den Waffen gewesen.
Läfst man den Rckmtonjahrgang 1869 und die Kriogsfroiwilhgen
aufser Betracht, so bleibt an ausgebildeten Leuten noch eine so be-
deutende Zahl übrig, dais man mit vollem Recht sagen darf, Frank-
reich habe bei wciicni nicht seine (icsammtzahl an geschultem Per-
sonal in I, Linie eingesetzt. Leboeuf weist dann darauf hin, dafs von
vornherein die Bildung eines Reserve -Korps in Lyon unter PaUkao
(der diesen Auftrag nur sehr widei wiUig üboniahm), mit d< n I'riippen
von Givit^ vecchia als Kern, 4 BataiUoneu und garde mobile uationalc,
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56
Leboeuf und die ftunriWuche MoWImarhnng 1870.
eines 2. in Toulouse unter Trocbu mit einer aktiven lofuiten»-
Division, einer Kavallerie - Brigade, 4. Bataillonen und garde mobile
nationale, endlich die Aufstellung eines Landungskorps für die bal-
tischen Küsten geplant wart dem u. A. eine Marine-Di\ision angehören
sollte, die aber später in Paris einen Teil des XII. Korps bildete.
Dem 1. Ojierationsplan entsprechend, nämlich dem Gedanken,
den Rhein baldigst zu übersehreiten und sieh zwischen die Heerteile
Nord- und Süddeutscblands zu werfen, hätte man die Hauptkräfte
im Elsafs versammeln müssen; die Ausnutzung der verfügbaren Bahn-
linien wies aber auf die Versammlung starker Knittc bei Metz hin
und diese sollten, uadi Tieboeufs Angabe, den schon im Elsafs ver-
sammelten folgen, wahrend Canrobert nach Lothringen zu rücken
und entweder bei Metz oder bei Nancy zur Deckung der rückwärtigen
Verbindungen Stellung zu nehmen hatte. Dieser Gedanke, sagt
Leboeuf, wurde aber wegen der mcht eintretenden Bondesgenossen-
schaft und ans anderen Gründen aufgegeben und die Garde, die bei
Nancy bleiben sollte, nach Metz dirigirt
Wenn Leboeuf angiebt, d&b in der ersten (FoimatLon8)-Periode
der Korps die Bahnlinien methodisch ausgenutzt wurden, so ist
man, nach den bekannten Vorkommnissen, wohl bOTechtigt, dies als
unrichtig zu bezeichnen. Leboeuf giebt dsan audi zu, dafe Störungen
und Häufungen auf den Bahnhöfen nicht vermieden worden wären.
Seine Erklärungen vor der Enquete -Kommission geben als Beispiel
die Leistungen der Ostbahngesellschaften. Vom IG. Juli ab liefen
auf den Bahnen dieser Gesellschaft in 22 Tiv^cn 1223 Züge, also rund
55 Züge täglich, und transportirteu HOOOdd Mann, 64700 Pferde,
()600 Geschütze und Fahrzeuge, 1400 VerpÜegungs- und Munitions-
wagen.
Eine Depesche vom 5. 1° A. übertrug Bazaine den Befehl
über das IL, III., IV. Korps, am 6. auch über die (rarden, die am
7. eintreffen sollten, für die militairischen Operationen, Mac Mahon
das Kommando über das L. V., VIT. Korps, mit dem G. war also
die Gliederunf]^ in .3 Armeen, eine mit dem Centrum in Metz, die
andere mit dem Cuntrum in Strafsburg, die Reserve Chalons voll-
zogen. Am 13. übertrug ein kaiserlicher Befehl Bazaine ausdrücklich
den Befehl über die Truppen bei Metz, einschliefslich Garde, während
Napoleon nach Ghälons eilte, um dort mit den Besten des L und V.,
dem Vn. Korps, den aus Paris und aus ander«i Teilen FrankreiGhs
heranziehenden . Truppen eine neue Armee zu bilden. Für dieeea
Zeitpunkt haben wir in den Beilagen zu den LeboeuTschen Er-
kUrungen die Stttrkerapporte einiger Koips einerseits, die Zusammoi-
Stellung der Streitkräfte Bazaine's durch den groften Generalstab
andererseäs. Beide decken sich nicht absolut
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Leboeuf und die ftuiOdfldie Uobilmaohang 1870.
57
Beiin m. Koips finden wir Kopfetärken der Inianterie-Regimenter
▼on 1674 . Ins 3234 Mann, Kavallerie - Regimenter Ton 521 bis
631 Pferden, die Resenre- Artillerie (Park und 8 Batterien) ist mit
2320 Mann und 2606 Pferden, das ganze Koips mit 163S OIßzieren,
45778 IVTann, 10331 Pferden verzeichnet. Das FV. Korps weist nach
dem Spezialrapport desselben bei den Infanterie -Regimentern Kopf-
stärken von 173f) bis 2293 Mann, Kavallerie-Regimenter mit 519 bis
652 Pferden» 6 Batterien Resenre-Artilierie und total 1271 Ofüzierei
33792 Mann, 6902 Pferde auf
Beim II. Korps finden wir (nach den Kämpfen des 2. und
6. August) Infanterie - Reoimenter mit Kopfstärken von 1173 bis
20r)0 Köpfen, Kavallerie - Regimenter mit 482 bis 617 Pferden,
6 Reserve-Batterien, total 948 Offiziere, 22965 Mann, 4914 Pferde.
Hier ii>t auch die bei Razaine's Armee vorhandene gemischte Brigade
Lapasset des V. Korps zu nennen, die eine bunte Mischung aus
Leuten der verschiedensten 'I'rupfienteile zeigt. Bei ihr werden auf-
geführt voll die Infanieiie-Ueguneuter 84 und 97 mit 1860 bezw.
2112 Mann, Teile der Linien-Regimenter 46 (334 Mann), 49 (409 Mann),
68 (203 Mann), 88 (345 Manu), des Jägerbataillons 14 (151 Mann),
die 3. Landers mit 398 Mann, 439 Pferden, Theile der 12. Ghasseurs
k cheval (94 Mann, 109 Pferde), 1 Batterie (140 Mann, 122 Pferde),
tndn d'equipage (181 Mann, 221 Pferde), total Brigade Lapasset
186 Offiziere, 6255 Mann, 962 Pferde! Soweit die vorhandenen
Spesdalrapporte der Korps vom 12. bezw. 13. Ängust. Die Znsammen-
stellnng der Streitioräfto Bazaine's, im Moment, in wetdiem er am
13. den Befehl über die Truppen nm Metz übernahm, wie sie der
grofse Generalstab gab, we^ folgende Zahlen auf (einschliefelicsh
Offiziere):
n. Koipe 25100 Mann 5000 Pferde
n
III. Jl . * « • .
48361
10331
IV. „
35003
»
6902
Vom V. Korps (Lapasset)
3470
1»
680
VI. Korps .....
38089
n
2469
Garde
21422
n
7129
Kavallerie-Reserve . .
4574
n
4266
Artillerie- „ . .
2001
n
2129
Genie- „ . .
G4.S
n
596
(deckt sich also bei
weitemmchtmit dem
SpezialFapport).
n
Im Ganzen 178688 Mann ;39502 Pferde.
Vergleicht mau diese Stärkeangabe mit derjenigen vom 1 . August,
indem man von der letzteren das I., V. (aufser BriL^adc Lapasset) und
VII. Korps abzieht, dagegen die Verluste in den Kait!i>Rii des 2. und
6. .Vugubt mit rund 5000 Mann hinzuzählt, so koumit muu zu dem
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58 Loboeuf und die französiacbe Mobilmachung 1870.
Ergebnüs, dals nach den offiziellen Angaben den Korps, die die
Amee Bazaine's am 13. Aüguet zaeammenfletiten, jtm 1. Ine
13. Anguet nur nutd 23000 Mann sogewaclieen viren. Die in dem
Befehl an die Depots festgesetzte Eopfstärke von 2400 Mann für die
Infanterie-Regimenter wurde nirgendwo erreioht und das ist um so
aufbUender) als man, nach den oben wiedergegebenen offiziellen Be-
riehten doch über zahlreiches ausgebildetes Personal im Innem verfögte.
Von Interesse sind audi die Stärke -Angaben, die dem General
Martin de Pallieres, Rekrutirungsabtheilung des Kriensministeriums,
A. Moret. unterzeichnet, gegeben und von diesem der Enquete-Kom-
mission vorgelegt wurden, zumal sie sich auch auf die späteren Phasen
des Krieges erstreckten und erkennen lassen, welche Anforderungen
die Defense nationale an die Wehrkraft stellte. Die Angaben untor-
Bcheidcn zwischen der Sollstärke des Heeres am I.Juli und dem, was
die Gesetze vom 17. 7. und 10. 8. zur Verfügung stellten:
Am 1. Juli:
Aktive Armee und Reserve (Offiziere eingeschlossen) 564748 Köpfe
Garde mobile nationale 420000 „
Zusammen 964748 Köpfe.
Nach dem 1. Juli:
Jahrgang IbÜÜ. Zur Armee 75000, zur garde mobile
nationale 145000 .... total 220000 „
„ 1870. Armee 141000 Rekruten, garde mobile
nationale 37207 total 178226 „
Kriegsfreiwillige (Gesetz vom 17. 7. 1870) 140519
0lr die Armee, 7192 für die garde mobile, total 147706 „
Ältere und jüngere Leute der 2. Portion, die durch
Gesetz vom 10. 8. 70 Überwiesen wurden . . 22600 „
Leute unter 35 Jahren, die nie gedient und keinen
Anspruch auf Dispensation hatten. (Einberufen
durch Gesets yom 10. 8. 1870) 177000 ^
Leute, die in die garde mobile nationale eingereiht
wurden (Gesetz vom 10. 8. 70), d. h. diejenigen,
die, unvcrheirathet oder Wittwer ohne Kinder,
sich mit den Jahrgängen 1865 und 1866 vom
Dienst losgekauft 14000 „
Zusammen mit oben 1814320 Köpfe.
Zieht man davon ab:
Garnison von Paris (UOOOO garde mobile, 150000
reguläre Armee, Marine, Forsthüter, Douaniers) 260000 n
die Armeen von Metz, Sedan, der verschiedenen Plat/e,
Tote, Vermüste total öOOOüO „
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Die österreiciusclie Artillerie iu den loteten 45 Jahren. 59
so blieben, als nur sehr wenig geschult oder ganz
unausgebildet, zur Verfügung der Defense natio-
nale nocli 1054320 Köpfe.
Wenn Thien, ah Prllsideiit der Republik, schon 1872 wieder
einnial in einer Bede aussprach, Frankreieh besitze schon jetsct wieder
die beste Armee und den intelligentesten Generalstab, so konnte man
damals Tersueht sein zn glauben, dais man, trots der Katastrophe,
in Frankrdch geneigt sei, die Ursadien des Mifsgeachickes nicht in
dem innersten Wesen des Volksgeistes, sondern in den Formen m
suchen, in d^n derselbe zu seiner Kraftän&emng berufen war. Die
fol^ronde Zeit — und schon das Rekrutirungsgesetz von 1872 einiger-
mafscn — haben diesen Glauben nicht bestätigt Von dem bitter
gehalsten Sieger hat man gelernt 18.
IV.
Die österreiddachd Artillerie in den letzten 46 Jahren.
Von
A. Dittrich^ k. k. Landwchrhauptmaim.
Die Stürme, welche die österreichische Monarchie in den Jahren
1848 und 1849 in ihren Grundfesten erschüttert hatten, waren glück-
lich niedergekämpft worden, was vor Allem der Tapferkeit der Armee
und dem Goscliick ihrer Führer zu danken war! Aber man hatte in
eben diesen Kiinipfen Gelc'jfcnheit t;eliabt. die zalilreichen Gebrechen
der Organisation dieser Armee zu erkennen und es erschien deshalb
die durchgreifende Lmt;estaltung des gesammten Heereswesens un-
ausweichlich. Auch jene Männer, welche jene Siege erfochten hatten,
zumal der Feldmarschall (iraf Radetzky, welcher schon seit 4<> Jahren
wiederholt seine warnende Stimme erhoben hatte, riefen nacli Ilo-
fbrmen.
So wurde denn gleich, nachdem der letzte EanonenschuÜs Terhallt
war, mit dem grofsen Werke begonnen und dasselbe, da die nttohst-
fi>lgenden Kriege die gehegten Erwartungen nicht erfiillten, immer
irieder Ton Neuem in Angriff genommen. Überdies zwangen die
steten Fortschritte der Waffenteehnik und die Ändemngen in den
äulsem und innem politischen Verhältnissen des Staates zur Ab-
weichung von dem eingeschlagenen Wege.
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60
Die öeteneidiiiobe Artülerie in dm UMaa 45 Jtluwk
Das Eriegqabr 1866 hatte eine neue Befonn, grölflor und bedeut-
samer als alle bisherigen, zur Folge. Das damals geschaffisne Werk
besteht in seinen Grundzügen noch jetzt und es dienten die seither
durchgefiihrten Änderungen, so bedeutend sie auch erscheinen mögen,
nur zu dessen weiteren Vervollständigung. Die Einführung der all-
gemeinen Wehrpflicht und die Konsequenzen derselben, die wieder-
holte Änderung der Bewaffnung und Ausrüstung, die dualistische Gre-
staltung der Monarchie, der grolso Fortschritt des Eisenbahnwesens
und so vieles Andere waren von dem mächtigsten Einflufs auf die
Gestaltung der Armee, so dafs dieselbe jetzt, von verschiedenen
neuerrichteten und vordem selbst dem Namen nach unbekannten
Truppengattungen abgesehen, in einer vollständig veränderten Gestalt
erscheint.
So grofs aber auch die Änderungen bei den Fufstruppen, der
Kavallerie und den andern kleineren Truppengattungen sind, so werden
sie doch von jenen überragt, welche die Artillerie in Bezug auf ihre
Organisation, Ausrüstung und besonders auf die Vermehrung ihres
Staniles in den letztverflosseneu 45 Jahren erfahren hat. Der Grund
hiervon liegt nun keineswegs darin, dafs die andern Waffengattungen
eine Vernachlässigung erlitten haben, sondern dafs die Artillerie bei
dem Beginn des Reformwerkes in mehi£scher Beziehung sich in einem
solchen Zustande befand, dals sie, wollte man die finanziellen Bück-
sichten nicht ganz bei Seite lassen, unmöglich mit einem Schlage die
gleichwertige Leistungsflhigkeit der andern Waffengattungen erhalten
konnte. Und als Dieses in mustergültiger Weise bewirkt worden
war, da vermochte die Standesvennehrung der Artillerie mit jener der
andern Truppen nicht gleichen Schritt zu halten und darum auch
den Anforderungen bezüglich des richtigen Stärkeverhältnisses dra
verschiedenen Waffengattungen untereinander nicht zu genügen.
Die Kavallerie war nach 1849 schrittweise vermehrt worden, und
erreichte 1859 ihren höchsten Stand, der 1860 nicht unbedeutend
vermindert wurde. Seit 1868 ist jedoch auf verschiedene "Weise,
namentlich durch die Aufstellung der Landwehr-Kavallerie das er-
f«trdorhche Stärkeverhiiltnils wieder erzielt worden. Bei der Infanterie
bei^iiiiiite man sich anfänglich mit einer entsprechendeien und gleich-
förmigeren Gliederung der Regimenter und Bataillone, seit 1868 ist
aber ihr Stand namentlich durch die Errichtung der Landwehren
nacli und nach verdrei-, ja vervierfaclit worden. Nunmehr hat auch
die Artillerie eine Stufe eiTeicht, dafs sie nicht nur hinsichtlich ihrer
Ausbildung und des Materials, sondern auch ihrer Zahl den an sie zu
stellenden Anforderungen entspricht.
^) SelbstventSndlich d«r im Kriege la emichende Stand.
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Die Österreichische Artillerie in den letzten 45 Jahreo.
61
Ein Bücfcblick auf den Zustand der öBterreicliiBchen Artillerie im
Jahre 1848 und anf ihre frühere Entwiekelong bis zu diesem Zeit-
punkte ist unerlalslich, yriJl man das richtig beurteilen, was seither
zu ihrer Hebung in jeder Hinsieht erforderlich war und seit 45 Jahren
auch wirklich geschah. Und die letzten zwei Drittel dieser
Periode stand die österreichische Artillerie unter der Leitung
des am 29. Juli J, auf so plötzliche und tragische Weise
aus dem Lehen geschiedenen Erzherzogs Wilhelm, der
übrigens schon früher einen mehr oder minder bedeutenden
Einflufs auf die Entwicklung der Waffn, der er sich ge-
widmet, genommen hatte! Er hinterliefs das Werk, welches er
begonnen und trotz aller Schwierigkeiten unverrückt und scluiftwoiso
weitergeführt hatte, nahezu vollondet, daher die vorliegende iSkizze
nicht uubcrorhtigt crsclieinen diiifto.
Acht (_ieiieral-Direktort'H oder liK^])ektoren standen seit 150 Jahren
au der Spitze der (österreichischen Artillerie, wenn man den nur kurze
Zeit mit der provisoriMchen Leitung betrauten F. M. L. v. Vernier
nicht mitzählt. Vier derselben vorbHeben fast gleich lange, nämlich
nahezu oder über dreifsig Jahre auf ilirem Posten und es bietet ihr
Wirken den Anhaltspunkt zur Bozeichnung der Abschnitte, in welche
die Geschichte der österreichisehen Artillerie seit der Mitte des vorigen
Jahrhunderts eingeteilt werden kann. Wohl kommen auch schon
früher Artillerie-Direktoren vor, so führte z..B. Montecuocoli neben
seinen andern auch diesen Titel, aber es kann eben nur von einem
Artilleriewesen in Österreich, nicht aber von einer öster-
reichischen Artillerie gesprochen werden, da die Artillerie kein
dnheitiidies Ganzes bildete, sondern teilweise von den Regiwungen
einzelner Provinzen, in vielen Städten von den Bürgern beigestellt,
oder fallweise auf Kricrrsdauer aufgenommen wurde und auch nach
dem droifsigjährigen Kriege immer nur einige Kompagnien „ständig bei-
behalten" wurden. Die Bespannung der Geschütze mufste im Kriegs-
falle von den Provinzen beigestellt werden. Von einer Gleichförmig-
keit des Materials war vollends gar keine Rede. Der alt^ingewurzelte
Zunftgeist war noch in voller Blüte und selbst der trrofse Prinz
Eugen konnte nur wenic; zur BesscruTi<^ dieser Zustände durchsetzen.
Nicht volle hundert l'eld^eschützc konnte man beim Beginne des
österreichischen Erbfolgekrieges den in Schlesien, Bölimen, Osterreich
und Italien stehenden Truppen beigeben und aurli diese Geschütze
konnten teilweise nur mit den nächstbesten Bauernpferden über-
nommen werden I
Doch schon in den ersten Jahren dieses Krieges übernahm zu-
^t ans eigenem Antriebe und provisorisch, seit 1746 aber nominell
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62
Dto MemichiBelie Aitilkrie io den kteten 46 Jaluon.
Filnt Wen/el Licclitonstein die Leitung der (jatemichiBcheii
ArtülAiiei als deren Begründer er mit Recht genannt werden dul
Er spendete aus Eigenem bedeutende Summen, da die Unteistützimg
des Staates nicht sofort und in au^ebiger Weise zu erlangen war,
um wenigstens für die erste Zeit den gröfsten Gebrechen abzuhelfen,
zugleich aber seinen '^rofsen Rcforniplaii anzubahnen. So jj;ründetc
der Fürst auf seinen ÜLiTschaften in Böhmen noch während des
Krieges eine eigene Artillerieschule und begann die grolsen Schiefs-
versiirlic l^ei Moldau und Tein, bei welchen das acht Jahre später ein-
geführte Liechtensteinische, durch besondere Einfachheit und
weglichkeit sich auszeichnende Oeschützsystem erprobt wurde.
Doch auch der Organisation des Personals und der Ausbildung
desselben wendete der Fürst seine Sorge zu. Denn schon 1757 er-
schien das, die teilweise schon durchgoführte neue Organisation be-
stätigende „Artülend-Reglemeiit^. Die ArtQIerie bestand aus 6 Bri-
gaden fiir den Feld- und Bdagenmgsdieiist, der Hausartilleiie (fOir
Festangen), der „Rofspartei*', veldbe die Bespannung bildete, dem
Zeogamt und dam I^oviaat' und ZaUamt, wekhe die heutige
Techniacfae ArtOlerie reiprSsentirteiL Wir finden also hier das eist
1850 wieder eingeführte Batterie^tem und die Befreiung des
Artillerieoffiziers von allen Adnumstrationssorgen. Für den Dienst in
dem Festungen und Depots und Laboratorien bestand ein Handlanger-
korps, welches im Kriege die Abgänge bei den Batterien ersetzen
mufste. Denn mit Ausnahme der freiwillig Eintretenden soUte im
Allgemeinen kein Mann unmittelbar zur Artillerie eingestellt werden,
sondern es muiste Jeder die militärische Ausbildung bei den Hand-
langem und wenn diese nidit ansrmchten, bei der InlDeuiterie erhalten
haben.
Für die Ausbildung der Artilleristen hatten die Schulen bei den
Kompairnien und Brigaden zu sorgen und der Offiziersnuchwuchs ^ang
aus einem eigenen ArtilJerie-Lyceum hervor, übrigens wufste der
Fürst mit richtigem Blick viele Männer aus den verschiedensten
T^ebensstellungen heranzuziehen und für den Dienst in der Artillerie,
deren Zierde sie später wurden, zu gewinnen und auszubilden.
Feldmarschall Fürst Liechtenstein starb 1772 und sein Nach-
folger, der Feldmarschall Fürst Kinsky folgte im Allgemeinen der
eingeschlagenen Richtung. Denn die Beformen, welche er gleich nach
seinem Amtsantritte durchführte, dürften teilweise schon von Liechten-
stein gcphmt worden s«n. Zuerst wurden die Brigaden m drei Re-
gimenter zu je 16 Kompagnien umgewandelt, was übrigens schon
1771 — also noch unter Liechtenstein — provisorisch geschehen
war. In Prag, Budweis und Wien, als den Staadorten der neaen
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Die (Mencichiieh» AitilM ia den letitoii 45 Jahna. 63
Regimenter wurden von diesen die sogenannten Stabeschulen (deren
Benennuiig sich bis 1850 eriuelt und welche mit hinreichenden Lehr-
mitteln und Kräften ausgestattet waren) errichtet. Dann wurde das
Zeugamt Ton der Roispartei, mit welcher es })isher in einer gewissen
Verbindung gewesen war, gänzlidi getrennt, später aber die Rofspartei
aufgelöst und die Bespannung von dem allgemeinen Armee-Fuhmesen
bei^( stellt. Eine Änderung, die gewils nicht im Sinne Liechtenstein's
gewesen wäre.
Auch das Material erfuhr einige Änderungen, indem die leicliten
Liechtensteinischen Drei- und Sechspfündcr (aufser diesen gab
es auch schwerere, nämlich die Regimentsstücke und Falkaunen) ab-
geschafft wurden. Die bedeutendste Neuerung aber war die Ein-
führuTig der sogenannten Kavalleriebattcrien, welche die reitenden
Batterien, gegen welche man in Österreich bis in die neueste Zeit
gestimmt war, ersetzen sollten und — unter den damaligen \'erhiilt-
nissen — auch wirklich genügen mochten und besonders — weniger
kosteten. Hehiere andere Änderungen, welche Kinsky ?orbereitet
hatte^ kamen unter diesem nicht mehr zur Ausführung, da er beim
Aushmdie des baynschen ürbfolgekrieges von seinem Posten zurücktrat.
F. Z.M. Frhr. Rouvroy, aus der Schule Liechtenstein's
herrorgegangen und ein ebenso tüchtiger AitiUerist ab tapferer
Soldat, trat nun an die Spitse, wiewohl er wfthrend der zehigährigen
Dauer seines Wirkens nicht die voUe Maditbefiignils eines General-
Direktors besessen zu haben und auch den Titel erst später erhalten
zu haben scheint. Er starb im Lager vor Belgrad in Folge einer im
TSrkenkriege erhaltenen schweren Wunde und der übeii^lsen An-
strengungen, iär schuf ein neues System der Belagerungsgeschütze
und liefe eiserne Geschütze fiir die Festungen giefsen. Das Artillerie-
Lyceum wurde aufgehoben und an seine Stelle trat das Bonibardierkorps,
welches aus den bei den Reirimcntern befindlichen Oberfeuerwerkern,
Feuerwerkern und Bombardieren vorerst in der Stärke von drei Kom-
pagnien forrairt wurde und bis zum Jahre 1850 bestand.
Es war „die Ptlanzschule der Artillerieoffiziere'^ und emo ganz merk-
würdige Institution. Selten hat eine Truppe sowohl in der Armee,
als noch mehr bei der Bevölkerung ein solches Ansehen genossen, als
das Bombardierkorps sich dessen erfreute. Man wufste, dals nur
gründliches Wissen, Tapferkeit und ausgezeichnetes Verhalten Anspruch
auf Beförderung gaben und dals, da der Grundsatz der Anoiennität
nicht strenge beobachtet wurde, besonderes Verdienst sich rasch Bahn
brechen konnte. So bradite es der berühmte Vega in dreizehn
Jahren vom ünterkaaonier bis zum M%jor und Ritter des Maria-
Theresienordens! Der Bombardier war j^Student und Soldat zu-
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»
64 1^ MendduMlie Artillerie in den letzten 45 Jehien.
I^eich''. Denn im Frieden borten die Bombardiere die Vbitrige ibier
Kluse imd im Kriege wurden sie den Batterien oder Belagenuig»'
Abteilungen zugeteilt. Die Oberfeuerwerker und Feuerwerker ver-
sahen dann gewöhnlich Offiziei sdienste. Docli wurde zuerst in solchem
Falle auf Jene, welche den Kurs bereits absolvirt hatten und auf die
oberen Jahrgänge gegrifien und nur zwei Mal, in den Jahren 1809
und 1813 wurden StämmtUche Lelirsäle geschlossen, weil fast alle An-
gehörigen des Bombardierkorps vor dem Feinde standen. Heutzutage
wäre das Bombardierkorps in seiner damaHgen und späteren Gestalt
schon wegen des langsam en V'orwärtskommens eine Unmöglichkeit.
Denn auch nach Absolviruiip; des anfiinglich vier, schhefsUch aber
sieben Jahre währenden Lehrkurses konnte — nach Mafs der offenen
Stellen — der Bombardier, der früher schon einige Zeit in einem
Artillerieregiment gedient haben mufste, zum Feuerwerker vorrücken,
worauf w ieder sechs und mehr Jahre bis zur Erlangung der üffiziers-
charge vergingen.
Der Stand der Artillerie war m dieser Zeit naoh dem Ange-
gebenen ein ziemücb geringer, doch war dieses nicbt so fÖblbar, weQ
noch die Rogimentsartillerie der Infanterie bestand und die eigentliche
Feldartillerie jene Batterien formirte, welche die Stelle der heutigen
KorpeartUlerie vertraten. Bei Belagerungen und in Festungen wurden
nebst dem H andlangerkorps auch Mannschaften der IniiEmterie zur
Aushilfe herangezogen.
Auf Bouvroy folgte der Feldmarschall Josef Graf CoUorado,
welcher über dreifsig Jahre bis zu seinem im hohen Greisenaltcr er-
folgten Tode auf diesem hohen Posten verblieb. Selten ist ein Mann
verschiedener beurteilt worden. Dennoch sind seine V' erdienste unbe-
streitbar und in gerechter Würdigung hat Kaiser Franz Josef sein
Andenken geehi-t, indem er einem Artiii erieregimente den Namen des
Feldmarschalls „für immerwährende Zeiten" verlieh, sowie es bezüg-
lich Liechtenstcin's, Kinsky's, liouvroy's und jüngst des Erz-
herzogs Wilhelm geschah. Man mufs die Zeit und die Verhältnisse
beachten, in der und unter denen Coliorado au der Spitze der
österreichischen Artillerie stand.
Nach einem schon öfter ausgesprochenen Satze war Liechten-
stein seiner Zeit imi ein halbes .lahrhundert vorangeeilt. Waren
auch manche Einrichtungen Liechtenstcin's beseitigt worden, so
hatle dennoch die ArtiDerie seither manche Fortschritte gemacht; sie
stand daher bei Coliorado* s Amtsantritte mindestens auf der Hohe
der Zeit und galt auch als eine der besten Artillerien in Europa.
Die Artillerie in der nun beginnenden Periode wenigstens auf diesem
Standpunkte zu erhalten* war an sich schon TerdienstrolL Denn al»*
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Die ÖBterreichiflche Artillerie ia den letzteu 45 Jahren.
65
bald begann der nahezu em Vierteljalirliundert währende, meist uu-
gLfiddi^ für Osterraicih yeriauftiide und difiMin die schwersten Opfer
auflegende Krieg, der das FioanzweBen des Staates und den Volks-
woblstand auf das Tiefte ersditttterte. Gleichwohl bew&hrte die
^toteneiGliische ÄrtQlerie in allen Kttmpfen dieser Zeit ihren alten Ruf.
Für die Organisation und ftlr die YeryoUkomntnung des Materials
geschab nicht so viel als unter den fir&heren Direktoren und konnte
unter den obwaltenden VerhSltnissen nicht viel geschehen. Letsteres
war gut und entsprach in der ersten Zeit roUkommen und da audi
in der Folge die österreiclusche Artillerie Dank ihrer guten Ausbildung
und FQhmng ihren alten Ruf behauptete, so konnte man leicht die
anderwärts gemachten, übrigens nicht sehr bedeutenden Fortschritte
übersehen. Obgleich Napoleon selbst Artillerist war, ging die tech-
nische Entwicklung seiner Artillerie nur langsam vorwärts und er
wirkte mehr durch die Art der Verw-enduntj seiner Artillerie. —
In dieser Beziehung gab es damals in Österreich Männer wie Fasching,
Reisner, Callot und hesonders Smola (bei Aspem), welcdie den
besten franzusiüchen Artilleriegcncralen nicht nachstanden. Eine
durchgreifende Umgestaltung des Materials, die übrigens damals noch
nicht so dringend war, hätte sich wegen der Finanzlage des Staates
verbuton. Die Versäumnisse hinsichtlich des Technischen der Artüierie .
fallen der folgenden Periode zur Last.
GewÜs bedurfte die Organisation der Artillerie einer Verbesserung,
aber CoUorado mochte ganz richtig erkennen, da&dieDurchföhmng
einer solchen Änderung während eines Krieges immer eine sehr ge-
wagte Sadie ist Und trat eine längere Waflbnruhe ein, so wurde
jeder derartige Vorschlag von dem Leiter der Finanzen entschieden
abgewiesen. Dennoch geschah so Manches. Nachdem schon frfiher
die Regimenter um je zwei Kompagnien verstärkt worden waren,
wurde 1802 nach Auflösung des Handlangerkorps und Abschaffung
der Hegimentsartillerie ein viertes Regiment errichtet und das Bom-
bardierkorps nach nnd nach auf fünf Kompagnien ^bracht und der
Stand der letzteren erhöht. Auch das Handlangcrkoips wurde später
neuerdings aufgestellt. Die sogenannte Hausartillerie wurde in eine
Gamisonsartillerie umgewandelt, welche nach den Provinzen in
Distrikte von verschiedener Stärke gegliedert, die Vorwahruiig und
Verwaltung des Materials und den Dienst in den Festungen be.'sorgte.
Die Artillerie wurde mithin erhcbHch vermehrt und sie moclite bei
dem damaligen Etat der Armee (320000 Mann im Jahre 1813)
genügen. Als nach der Entsetzung Napoleon's Österreich die
verlorenen Provin/en wiedererlangte, die österreichischen Staatsmänner
aber zur Wiederherötellung der Finanzen die grüfste Sparsamkeit
MnrtMar Ar OnWh« AmM ud Httiae. Sa.«l,l. 5
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66
Die Meffieaehiscbe Artillerie in den letsten 45 Jahren.
forderten, da gereichte es Gollorado zum liohen Verdienste, dals
nidit nur die beantragte ftUgBm^nft Reduktion auf die Artillerie keine
Anwendung fand, sondern sogar noch ein fünftes Artillerieregiment
(1810) errichtet wurde. Ein Jahr vorher waren die versuchsweiae
au^eetellten Baketenabt^ungen in das sogenannte Feuerwerkskorps
formirt und dieses dann mit der übrigen Artillerie vereinigt worden.
Diese Raketeiiabteilungen waren bis dahin dem Artillerie-Diroktor
niolit unterstellt gewesen und hatten auch eine eigene Acjjustirung
gehabt.
Dafs CoUorado an eine Änderung der Organisation niclit mehr
gehen mochte, war bei seinem hohen Alter und seiner Vorliebe für
die eingelebten Institutionen begreiflich. Als ein Beweis seiner An-
hänglichkeit an das Alte mag erwähnt worden, dafs er, als eine neue
Adjustirung eingeführt und die Abschafifung der Zöpfe anbefohlen
wurde, es sieh Ton dem Kaiser Franz als besondere Gnade erbat,
dais er seine bisherige Uniform nnd dbn Zopf auch femer tragen
dfirfe (das Gleiche that übrigens anch der Feldmarsdian Graf Zieh y-
Ferraris).
Desto mehr that jedoch Gollorado fUr den Unterricht, die Ans-
bfldnng und das materielle Wohlsem seiner Artilleristen. „Man darf*,
soll der Feldmarsdudl einst gesagt haben, „nicht darauf sieh ver^
lassen, immer geniale Menschen in ansreidiender Zahl zu haben,
sondern man mufs sich mit Talenten begnügen und nicht nui diese,
sondern auch die weniger Begabten so ausbilden, dafs sie ihren Platz
ausnilien.'' Und darnach handelte er. Pünktliche Pflichterfüllung,
stete Übung und vor Allem unablässiges Lernen wurde auch von dem
gemeinen Artilleristen verlangt, was zumal bei der damaligen langen
Dienstzeit des Mannos (Icbeiisliinglicli oder mindestens 14 .Talire)
schlicfslich doch zu guten lve>.ultaten fiihrcn niufste und einen vor-
trefflichen, freilich etwas j ci lautisch gearteten Koq^sgeist zur Folge
hatte. An der Aneionnität wurde nun strenge festgehalten und konnten
die Offiziere, auch wenn sie nicht mehr vollkommen dienstfähig waren,
bei den Regimentern, oder wenigstens in der Garnisonsartillerie ver-
bleiben. Bei der damaligen ohne Rücksicht auf die Dienstlänge fest-
gesetzten geringen Pension war diese Milde von grofbcin Werte und
das dadurch verlangsamte Ayancement erhielt durch die bisher nur
usuell bestandene, durch Gollorado aber gesetzlich festgestellte Be-
stimmung, dais die Artillerieoffiziere mit dem Charakter nnd der
Pension des fkEchsthöheren Grades in den Ruhestand traten, eine
müdemde Ausgleichung.
Gollorado war zugleüsh Grandprior des Malteserordens und er
Terwendete das ibm aus dieser Stellung erwaohsende grof^ Einkommen
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Die üiiterreichiscbe Artillerie in den letzten 46 Jthfen*
67
smn Besten seiner Waffe und der Ifitglieder derselben. Er unter-
stutzte imTandmldel in Geldverlegenlieit geratene Offizien und deren
limterbHebene Famifien, belohnte besondere Leistungen der Mann-
schaft mit Geldgeschenken, spendete fflr* Schnlzwocke nnd zu den
Sciuelsübnngen erhebliche Bdtiige, vermehrte den noch jetzt be-
stehenden Penaionsverein fOr Wittwen nnd Waisen der ArtiUeiie-
offiziere, die sogenannte „Gonfiratemität'', nnd stiftete zwei Fonds, ans
deren Zinsen die Löhnungen der IJnterkanoniere erhöht und die auf
seinen Antrag wieder eingeführten goldenen Huttressen der Untere
Offiziere und Bombardiere angeschafft werden sollten.
Nach dem Tode des Grafen Ccllorado trat Erzherzog Ludwig,
ein Bruder des Kaisers Franz an die Spitze der Artillerie. Dals nun
Letztere während der dreifsif^jährigen Amtswirksamkeit dieses Prinzen
fast ungeändert blieb und somit nicht vorwärts schritt, war nicht dem
Erzherzog, der gleich seinem Vorgänger es an Unterstützungen aus
eigenen Mitteln an Einzebie und das Gesammtwosen nicht fehlen
liefs, als den allgemeinen und besonderen Verhältnissen beizumessen.
Zuerst war es die noch immer bestehende Rücksichtsnaliine auf
die Finanzen des Staates, welche einem durchgreifenden Refonnwerke
entgegentrat und übte der in allen Zweigen der Staatsverwaltung
herrschende Geist, welcher mit Starrheit an dem Bestehenden fest-
hielt nnd allen Neuerungen abhold war, auch auf die Armee, und
somit andi auf die Artillerie seinen lihmeoden EKnflnls.
Dann wiegte man sich in den Traum des nunmehr eingetretenen
ewigen Friedens und hielt darum jede Mehrausgabe i&r das Kriegs-
wesen fiberfliissig. „Es ist das Unglfick Österreichs, da& man immer
nur an den Frieden und nie an den Krieg denkt und ffir diesen im
Frieden sich nicht Torbereitet.** Dieser Satz, welchen Radetzky
schon im Jahre 1809 niedergeschrieben hatte, war niemals zutreffsndör
als in der Periode bis zum Jahre 1848. EndUdi aber bestand die
Umgebung des Erzherzogs zumeist aus Männern „der alten Schule'*,
die an sich den Neuerungen nidit geneigt waren und es bei zu-
nehmendem Alter auch weniger sein konnten. Von diesen Herren
waren eifrige Befürwortungen einer Reform kaum zu erwarten und
wenn sie solehe Vorsrlil;if;;e fremacht hätten, so wiiren dieselben unter
den angeführten Vorhalf iii>si'M doch nicht l>eachtet worden.
So beschränkton sich dann die Änderungen und Verbcsserungen
dieser Epoche auf ein sehr bescheidenes Mafs. So erfolgte nach dem
Ableben des Kaisers Franz eine die ganze Armee umfassende
Änderung der — Adjustirung, welche in ziemlich eleganter, aber
nicht eben praktischer Weise durcligefiihrt wurde und — bedeutsam
genug — gerade der Artillerie ein minder modernes Aussehen ver-
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Die Oatemidiiaehe ArtOkri« in den ktetn 45 Jahna.
lieb. Zu eben dieser Zeit wurde der Erzherzog zur Teilnahme an
den Begierungsgeschiift' n an der Seite des Kaisers Ferdinand be-
rufen, was ihn natürlich hindern mufste, seine Obsorge, sowie bisher
ganz der Artillerie zu wilmen. Er wurde dann durch den hoch-
betagten F. Z. M. Grafen Koni gl vortreten. Von einschneidender
Wirkung war die 1H45 erfolgte Herabsetzung der Kapitulation von
14 auf 8 Jahre, was zunächst das Ausscheiden vieler altgedicnten
Soldaten zur Folge hatte, der Artillerie aber bei der Errichtung der
Landwehrbataillone sehr zum Vorteil war.
lu dieser seit nahezu einem halben Jahrliundcrt fast ungeänderten
Verfassung wurde die öatoii eichische Artillerie von dem Jahre 1848
angetroften. Sie war unbestreitbar in mehr als einer Hinsieht um
ebensoviel zui iickgcblieben, als sie einst ihrer Zeit vorausgeeilt war.
Material und Organisation waren in den Grundzügen dieselben ge-
blieben, mit denen sie 1792 in das Feld gerückt war. Nur der Staad
war wiederbolt etwas, aber doch, wie es sich bald zeigen sollte, nidit
genfigend eriiSbt worden. Es sei bier bemerkt, da& ein Jahr vorher
der Eintritt des Erzheraogs Wilhelm in den aktiTon BCilitärdieiist
mit der Übernahme des Kommandos der in Wien befindUchen Artülerie-
brigade stattgefunden hatte. Von einer Rinflnfsnabme auf die Ver>
hältm'sse der Artillerie konnte abgesehen von dem jugendlichen Alter
des Prinzen, der das 20. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, in
dieser Stellung schon dämm nicht die Bede sein, weil die Wiener
Brigade noch einem Divisionär untergeordnet war, was bei den andern
Brigaden nicht der Fall war. Aber der Erzherzog hatte genügende
Gelegenheit, die Artillerie und ihre Verhältnisse im Frieden und als
er 1848 zur Armee in Italien abging, auch im Kriege kennen SU
lernen und reiche Erfahrungen zu sammeln.
(ileich nach lieginn der Feindseligkeiten in Itahen und dem
Ausbruche der Unruhen in den meisten Provinzen (wo selbe noch
nicht ausgebrochen waren, waren sie mit Gewilsheit zu erwarten)
zeigte es sich, dafs auch die Zahl der Artillerie nicht genügte, zumal
der Stand der Infanterie durch Rekrutirung, Xeuerrichtungen, Auf-
gebote u. dgl. rasch und bedeutend vermehrt worden war. Durch
Zuteilung der körperlich minder taugUchen Mannschaften der Regimenter
ZU der Gamisomartinerie wurde diese etwas verstärkt und dann wurden
die ausgedienten landwehrpflichtigen Artilleristen,' die nach den U»*
herigen Bestimmungen der Infanterie bitten zugeteilt werden sollen,
einberufen und aus denselben fünf Landwehr-Artilleriebataillone formiit»
welche als Festungsbesatsungen, bei den Parkabteüungen und in
Laboratorien verwendet werden sollten, so dais die Feldartillerie fUr
den Dienst im Felde verfugbar wurde.
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Die österreichuche Artillerie in den letzton 45 Jaiiren. 69
Zugleich wurde die ZbU der Raketenbatterien vermehrt und der
Stand der Unteroffiziere dee Bombardierkorps erhöht. Dagegen wurde
das 5. Regiment in Ungarn durch Obertritt vieler Unteroffiziere und
Kanoniere zu den HonTeds (dieser Obertritt wurde von der damals
auch legitimen ungarischen Regierung auf jede Weise begünstigt) und
später durch die Entwaffnung und Intemirung mehrerer den Ober-
tritt verweigernden Kompagnien fast auf die Hälfte seines Standes
herabgebracht. Dazu kam noch, dafs eine bedeutünde Zahl von (meist
höheren) Offizieren, die sich den Anstrengungen eines Feldziiges nicht
gewachsen fühlten, in den Ruhestand trat und vide tüchtige jiingere
Offiziere, da auch bei anderen Trappen Mangel an Offizieren war,
sich zum Generalstabe, zum Geniekorps u. s. w. übersetzen liefsen,
wie auch viele Angchörii^o des Hombardierkorps bei der Infanterie
und Kavallerie als Offiziere auf^ennninien wurden. Aucli dieses liatte
einen üblen EinHul's. Die früher angegebenen Verstärkun<!;en f^'enüfrten
nicht und so kam es, dal's man zu den verschiedensten Auskuiifts-
raitteln schreiten mufste. f^o wurden in Siebenbürgen Batterien aus
Infanteriemannschaften foniiirt, in Temesvar Ulanen und die Mit-
glieder eines Muaikkorps zur Bedienung der Festungsgeschütze heran-
gezogen und der Aufiiahme von Freiwilligen die grüfsten Erleichterungen
gewährt. Auch die Artillerie der Militärgrenze, ein Überrest der einst
bestandenen Eegimentsartillerie, wurde aufgeboten und rückte mit
mehreren Batterien ins Feld, In den Lab<KratOfien aber wurden neben
den ArtiUeristen auch Weiber und Kinder besohftftigt.
Erzherzog Ludwig, weldier sidi nach der ,)Stunnpetition" im
Hai 1848 nach Innsbruck begeben hatte, kehrte nicht mehr auf seinen
Posten zurttck und so fibemahm, da die zunftdist hierzu bem&nen
Generale in den Buhestand traten, nach dem Oktober der F. M. L.
Fihr. T. Augustin prorisorisch die Leitung der Artillerie.
Trotz ihrer mifidichen Verhältnisse leistete dennoch diese Artillerie,
wo immer ihr Eingreifen gefordert wurde, das Möglichste. Sie that
es aber mit änfserster Aufbietung ihrer Kräfte und mit schweren
Opfern* In Ungarn hatte sie sozusagen gegen sich selbst gekämpft,
da das gesammte Material ihren Vorräten entnommen war und ein
guter Teil der Mannschaft vordem ihr angehört hatte, wogegen die
PiemonU^son über ein entschieden besseres Material verfugten. In
beiden Fällen war nur der besseren AushildTinir <lcs Personals und
dem dasselbe belebenden vortreffliehon (ii r->tr der Erfolg beizumessen.
Darauf allein aber konnte man sicli in emeni neuen Kriege nicht ver-
lassen. Mit einer Reform durfte also nicht länger gezögert werden.
Bald nach eingetretenom Frieden wurde der indessen zum Feld-
zeugmeister vorgerückte Frhr. v. Augustin definitiv zum General-
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70
IMb Ostemidkbdie AxtiUeiie ia dra Istiten. 46 JahraiL
Direktor enuumt und für denaelbeii, um die Bedentnng eeixier SteUung
bmoizuheben, eine eigene Unifonn angeordnet. Er entatammte dem
Generalstabe und hatte als Major die Raketen in Östeneich einge-
führt, sich auch seither auascfalie&Iich mit dem Raketenwesen be&lst
und sich um dessen Ver?oUkommnnng bedeutende Verdienste erworben,
daher es begreiflich war, wenn er demselben einen vielleicht aliaa-
hohen Wert beilegte. Auch stammte die Einführung der Perkussions-
zündung der Gewehre (der ZünderachUiaeer) von ihm. £r stand im
70. Lebensjahre.
An eine umfassende Änderung des Materials war vorläufig' nicht
zu denken, da hierfür noch nichts vorbereitet war und man die gänz-
liche Aufsergebrauchsetzung der bedeutenden Vorräte vermeiden wollte.
l\s lagen verschiedene Vorschläge vor, aber man hatt^' sicli noch für
kein System entschieden und es nuifste ein solches, wenn man eine
Wahl getrollen hatte, erst erprobt werden. Doch wurden einige mehr
oder minder bedeutende Verbesserungen der Geschütze und Fuhr-
werke angeordnet, die jedodi nur auf Neubeschaffuugeu Bezug hatten.
Dagegen wendete man sich um so eifriger der Oiganisation sn,
wae auch auf die VerhSltnisse des Personals ritekwirken mufoto.
Denn auch Letzteres bedurfte in mehrÜMsher Hinsicht einer Reform.
TrotB der Verkürzung der Dienstseit auf 8 Jahre waren Kanoniere
und Unteroffiziere von 20 und SOjähriger Dienstzeit keine Seltenheit.
Wohl hatte man die Ältesten der Ganusonsartillerie zugewiesen, dooh
konnten dieselben auch dort ihres Alters wegen nicht mehr genügen.
Zählten doch 20 hei der Geschützgieiserei Angestellte zusammen über
1000 Dienstjahre. Bei dem Offi/Üerskorps war es bis 1848 noch übler
gewesen. In der Regel zählten damals die Lieutenants über 30, die
Oberlieutenants über 40, die Hauptleute 50, die Stabsoffiziere 60 und
die Generale 70 bis 80 Lebensjahre. In den letzten zwei Jahren
hatten allerdings die zahlreichen durch Pensionirnng und Tod erfolgten
Abgänge eine merkliche Verjiingun^ herbeigeführt. Es war ein (»lück
gewesen, dafs nach der bislu rij^'eu Einrichtung die Batterie nicht von
Hauptleuteii, !>iindern von Oberlieutenants oder Lieutenants, ja selbst
von Oberfeuerwerkem geführt worden waren. Denn der an sich schwer
wiegende Übelstand, dafs die Bespannung der Batterien dem Fuhr-
wesen angehörte, hatte auch eine grofse Vemacldassigung der Reit-
kunst zur Folge. Wenige Offiziere kuimten gut, Meie garnicht reiten,
oder verlernten es, weil sie es in den höheren Graden nicht mehr
geafat hatten. Auch war zur weiteren Ausbildung der Offiziere keine
Gelegenheit gegeben und man forderte nicht den NaehweiB der Bo-
fthigung für eine höhere Charge, sondern befolgte in der Regel das
Prinzip der Andennit&t. Eneigisohe und fortschiittsfreandliche» oder
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Sie IMenvIcliiidit AifStkaS» in dm hMen 45 Jahren.
71
wenigstens agile Mfinner mu&ten daher besonders unter den höheren
Offizieren eine Seltenheit sein. Der gewohnte Pflichteifer konnte mit
dem physischen Vermögen nicht gleichen Schritt halten.
Die noch vor Beendigung des nngarisdien Krieges beschlossene
Umgestaltung der Artillerietruppe wurdo im Oktober 1849 genehmigt
und sollte binnen Jahresfrist durchgeführt werden. Die Details dieser
neuen Organisation konnten allerdings erst Anfang 1850 festp:cstellt
werden. Eben in diesem Oktober wurde Erzherzog Wilhelm als
Sektionsclief in die General- Direktion der Artillerie berufen. Fand
auch der Erzherzog den Entwurf in den Hauptz^veigen fertig vor, so
ist es doch möglich, dafs er bei der Durchführung seine Ansichten
geltend machon konnte und mindestens hatte er Gelegenheit, die Ver-
hältnisse und Persönhchkeiten der leitenden Artilloriebehürde kennen
zu 1( iTien und die Forderungen und Anschauungen der tüchtigsten
Ottiziere zu beurteilen.
Die gesammte Artillerie sollte nun aus der Feldartillerio und der
ZeugvorwuUung bestehen. Erstere gliederte sich in fünf Feldartillerie-
Regimeuter, das Ruketeurkorps, acht Festungsartilleriobataillone und
die Zeugartillerie. Die wichtigste Neuerung bestand darin, dals die
Batterien nicht mehr fallw^ mit dem einer Kompagnie entnommenen
Personal bemannt und von dem Fuhrwesen bespännt wurden, sondern
dafii die Kompagnie, die Batterie und die Bespannung einen integri-
renden Teil derselben bildete. Eine Zahl von tüchtigen Fnhrwesens-
ofifizieren' wurde zur rascheren Durchführung dieser Neuerung zur
Artillerie übersetzt.
Jedes Regiment bestand aoa 6 sechspfundigen Kavallerie-, 6 zwöl^
pfündigen und 12 sechspfündigen Fufsbatterien, im Ganzen also aus
24 Batterien und 6 Reservekompagnien. Die Nummern der Batterien
liefen dun^ die ganze Artillerie, so dafs die sechspfündigen Fufs-
batterien von 1 — 00, di ' andern von 1 — 30 zählten. Die Batterien
hatten nicht mehr 6, sondern 8 Geschütze, doch konnte im Frieden
der Stand auf 4 Geschütze vermindert werden. Auch bestand bei
jedem Regiment eine Repniontsschule, die bald darauf in eine Regi-
ments-Schulkompagnic umgewandelt \\airde. Die Resen-ekompagnion
waren für den Dienst bei den Parkabteilungen und in den Labora-
torien, dann zur Bedienung der im Kriegsfälle etwa errichteten Ge-
birgs- und Positiousbatterien bestimmt.
Das aus dem früheren Fpuerwerkskorj)S gebildete Raketeurkorps
hatte 15 Baitenen zu je 12 (kschülzen (Wurstwagen) und 2 lleserve-
kompagnien, dann eine eigene Korpsschule zur Ausbildung der Unter-
offiziere. Die 8 Feetungsbataülone waren für den Dienst in Festungen
und bei Belagerungen bestimmt und hatten je 6 Kompagnien. Drei
BataiUone waren als Besatsung der Küstenbefestigungen atationirt.
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72
Die OrterreicbiBche Artillerie in den letzten 46 Jahren.
Die Zeugsartillerio, aus dem früheren Feldzeugamt und dem Bert
der Garnisonsartillerie (die einen Teil ihres Personals an die Fo'^tungs-
bataillone abgab) fonnixt, hesorgte die Erzeugung des Artillerie-
materials und war in verschiedene Abteilungen (Gewehrfabrik, Ge-
schützgiefserei, Raketenfabrik u. s. w.) gegliedert. Die meisten der
gedachten Anstalten und Werkstätten kamen später in das Jamals
noch im Bau befindlirhe i^rofse Arsenal in Wien. Die Idee zur Er-
bauung dieses Arsenals, dessen Herstellung unter der Leitung der
Artillerie bewirkt wurde und eine Summe von über 12 Millionen Gulden
erforderte, stammte von dem F. Z. M. v. Augustin und dem damaligen
Gouverneur von Wien F. Z. M. v. Waiden nnd gereichte sowohl diesen
beiden Generalen zu grofscm Verdienste, als auch der Artillerie zum
besonderen Vorteil, da nun die bisher an vielen weit von einander
liegenden Orten und meist sehr ungenügend untergebrachtenWerkstätten
und liag^sine der Ärtfllone nmimelir an einem Platze, der tkk m
der Nihe swder Bahnhöfe befand, vereimgt wniden. Im EnegsfeUe
Warden Abtefluigen der Zeng^artillerie mobQ gemaeht nnd den Armeen
und Korps bdgegeben.
Die Zeagsverwaltang, weldier Offiziere, Unteroffiziere und Hand-
weiker der GamisonBartillerie zngewieeen wurden nnd die gleidi
letzterer in Distrikte eingeteilt war, bildete eine von der FeldartiUerie
ganz gesonderte Abteilung, welcher die Aufbewahrung und Verwaltung
des ArtiUwiemateriala oblag. Ihre Offiziere hatten sogar eine geson-
derte Rangstour. Doch erf uhr die Organisation sowohl dieser Branche
als der Zeugsartillerie in den nächsten Jahren wiedeiholte nnd sehr
bedeutende Änderungen.
Durch diese Einrichtungen war die Organisation der Artillerie
unstreitig verbessert und der Stand der letzteren erheblich vermehrt
worden. Dennoch waren mehrere grofse ['beistände zu tadeln. Nauient-
hch mul'stc die Gröfse der Artillerieregimenter als ein Nachteil be-
zeichnet werden. Zwar war jedes Regiment in drei Abteilungen zu
je 8 Batterien unter Führung eines Stabsoffiziers gegliedert und
wurde in der Regel eine solche Abteilung einem Armeekorps zuge-
wiesen. Da aber aus letzterer Ursache die Abteilungen sich häufig
in zwei bis drei, oft weit von einander entfernten Provinzen befanden
und dennoch in administratirer, dienstlicher und jeder anderen Be-
ziehung dem Regimentschef unterstanden, so l&lst eich leicht ermessen,
wie sehr der Dienstbetrieb yersogert nnd die einheitUche Ausbildung
erschwert wurde.
Die Festungsbataillone, von deren Mannaohaft eine weit riel-
eeitigere Ausbildung als bei den Begimentem gefordert wurde, be-
fanden sieh häufig nicht in der Lage, dieser Forderung zu entsprechen«
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Die (Seterreichieche Artillerie iu den letzten 45 Jahren. 73
Mehrere Bataillone, besonden die «n der Kfiste» waren in zahlreiche
Deteehements zerBjjitterti welche erst naeh Jahren gewechselt oder
mm Stabe dee Bataillons herangezogen wnrden, mn den Söhiels-
übnngen desselben beizuwohnen. Der Festnngskanonier lernte daher
auch nichts obgleich es Terlaogt wurde, mit allen Oeschützgattungen
ezeiziien, weil dieselben in dem kleinen Fort, wo er gamiaonirte,
eSsdbxh — nicht voriianden waren. Anoh mangdte es an vielen Orten
an geeigneten Schiefsplätzen und endlich waren die Bataillone bezüg-
lich der Ansbildnng des Unteroffiziersnachwuchses übler als die Re-
gimenter daran, zumal da sie sich ans allen Provinzen der Monarchie
ergänzten, so dafs oft in einer Kompagnie fast alle Nationalitäten
Österreichs zu finden waren. In mehreren Bataillonen waren Dienst
und Ausbildunf!; durch den in den ungesunden Garnisonen (z. B.
Mantua, Pcterwardein, Komom u. A.) gewöhnlich sehr hohen Kranken-
stand erschwert.
Auch das ünterrichtswesen mirde durchgreifend umgestaltet.
Zuerst galt es, die Artillerie mit der Reitkunst und dem Pferdewesen
überhaupt vertraut zu machen. In dieser Beziehunfr wurde das
Möglichste geleistet und in den folgenden Jahren vie lleicht über das
Ziel hinausgeschossen, da man anfing, die Tüchtigkeit «'ines Artillerie-
offiziers nur nach seiner Fertigkeit iiu Reiten und in der Pferde-
dressur zu beurteilen. Zuerst wurde in Wien ein provisorischer
Beitknn fär jüngere Offiziere errichtet, weldie dann als Reitlebrer
zu den Regimentern abgingen. In den Hanptorten der Armeekorps
wurden nun Artillerieequitationen geschaffen, welchen Offiziere, Unter-
offiziere und Pferde der Batterien des Korps zugewiesen wurden,
webhe nach beendetem Korse zu ihren Abtdhingen einrückten, um
daselbet in entsprediender Weise yerwendet zu werden. Auch in der
Hanptsohnle in Olmütz (von welcher später erwihnt werden wird)
bestand eine ähnliche Anstalt.
In Wien aber wurde eine Artillerie-Hauptequitation errichtet» in
welcher Offiziere, welche bereits eine Equitation durchgemacht hatten,
während eines zweijährigen Kurses im Reiten, Fahren, Voltigiren und
Veterinärwesen gründlichen Unterricht erhielten. Mit demselben Eifer,
mit dem früher die Mntliematik betrieben worden war, verlegten sich
nun die Artilleristen auch auf das hyppologische Fach.
Das Bombardierkorps, welches sich in seiner dernialigen Foini
überlebt hatte und seit Mitte 1H49 keinen Zuwachs, wohl aber viele
Abgiinge erfahren hatte und von W ien nach Olmütz versetzt worden
war, wurde daselbst aufgelöst und aus dessen Resten eine ^ Artillerie-
Hauptschule" mit erweitertem und entsprechenderem Lehrplane ge-
büdet. Später erhielt dieselbe den Namen „Artillerie-Akademie'^. Der
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74 Die MenoofainliA Artillerie- in am lita^
Lehrkurs währte vier Jahre, nach welcher Zeit die Schüler za
Lieutenants befördert wurden. Auch die Regimentsschulen erhielten
ein vermehrtes Lehrperson<al und wurde der Lehrplan ansehnlich er-
weitert. Die Schüler wurden nach zwei Jahren in die Akademie
tibersetzt oder zu Unteroffizieren im Regiment befördert, wo sie- später
auch den Oftiziersgrad erlangen konnten. Doch muiste, da die Zahl
der Schüler beschränkt war, ein grofser Teil des Unteroffiziersnach-
wuchses m dt-n Batterien herangebildet werden. Bei den Festungs-
bataillonen war dieses durchaus der Fall. Zur höheren Ausbildung
der jüngeren Offiziere sollte ein eigener zweijähriger Kurs gebildet
werden, doch trat derselbe erst mehrere Jahre später ins Leben.
Dieses war im Wesenüichen die erste seit 45 Jabren durdL-
gefilhrte Organisation der Artillerie^ bei welcher Erzherzog Wilhelm
jeden&IIs einen Anteil, soweit ee eben seine eingeengte Wirkungs-
sphäre gestattete, genommen hat. Sein EinBuis mn&te jedoch be-
deutend wachsen, als er zun Vorsitzenden bei den Beratungen des
an Stelle des 1853 aufgelösten Kziegsministeriums gesdiafifenen Armee-
Ober-Kommandos (unter Yoriftufiger Beibehaltung seiner SteQung in
der Arüllerie-IHrektion) ernannt wurde. Erst 1857 wurde der Erz-
herzog Chef der genannten obersten Müitiirbehörde.
Die Mängel der neuen Organisation traten jedoch bald zu Tsge
und forderten eine abermalige Umgestaltung, die um so rascher
durchgeführt wurde, als der ausgebrochene mssisch-tUrkische Krieg
ein Eingreifen der Österreichischen Heeresmacht in Aussicht stellte.
Diese Umgestaltung erfolgte auch im Laufe des Jahres 1854 und
war znt^leich mit einer MobümachuDg der gesaiiunten Artillerie ver*
bunden.
Aus den bestehenden Regimentern und 5 Festungsbataillonen
"wurden, der Zahl der Iiifanterie-Armeekoriis entsprechend, 12 Feld-
artillerie-Regimenter zu je 8 zwölfpfiiudigen und 4 sechspfiindigen
Fufs- und 5 Kavallerie-Batterien, dann 3 bis 5 Reservekompagnien
forrairt. Es gab auch einen erhöhten Iüiegsst;ind, bei dessen An-
nahme noch 1 Kavallerie- und 1 Ilaubitz-Batterie, dann eine Remonte-
Ergfinzungsabteilung au%estellt wurde, wogegen beün Friedensstande
nur fünf Batterien bespannt blieben. Das Raketenrkorps wurde in
ein Regiment zu 20 Batterien (auf dem erhöhten Kriegstand) und 3
Kompagnien umgestaltet xmd die in Venedig, Istrien und Dalmatien
befindlichen FestungsbataiDone wurden in ein Kflstenartillerie-Regiment
zusammengezogen. Der Stand der Artillerie wurde somit Ton 120
auf 168 Batterien erhöht, dagegen aber gab es so gut wie keine
FeetungsarliUerie , da die Kompagnien der Regimenter gegen früher
nur um 12 Termebrt worden waren und also höchstens diese iur den
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Die öetexreicbiache Artillerie iu deu letzten 45 Jaluen.
75
Festungs- und Belageruiigsdienst verfügbar blieben. Man hatte eben
vorerst die an den Grenzen aufzustellenden Armeen mit der genügenden
Artillerie TOrBehen wollen* Übrigens worden für den Dtemit In den
Wiener Magazinen und Laboratorien Arbeitskompagnien mit einenii
naioh dem jeweiligen Bedarfe wechselnden Stande errichtet.
Ein HauptTortefl war es, daSk die Regimenter ihren Ersatz nicht
mehr ans allen Teilen der Monarchie gleushm&isig zugewiesen erhielt»
sondern jedem Regiment ein besonderer höchstens zwei bis drei
Fkorinzen nmfiunender Ergftnzimgsbezirk angewiesen wurde und somit
die die Anslnldung so sehr erschwerende Vielsprachigkeit sich ver-
minderte. Es war dieses um so wichtiger, als die Zahl der alten
Kanoniere und Unteroffiziere seit Abschaffung der Landwehrver-
pHichtung (wodurch Viele zum längeren Verbleiben in der Artillerie
bewogen worden waren), fortwährend abnahm. Obgleich die Dienst-
▼erpflichtung nominell zehn Jahre (zwei davon in der Reserve) be-
trug, bheb die Mehrzahl der Mannschaft nur zwei bis drei Jaliro
präsent und muibte dann beurlaubt werden, wollte man bei dem
grofsen Unterschiede zwischen dem Friedens- und Kriegsstande letzteren
nicht zum gröfsten Teile aus ganz uuausgebildeten Leuten ergänzen.
Doch bestand noch immer der fünfte bis sechste Teil der meisten Bat-
terien oder Kompagnien aus Männern, welclie 4 und mehr Diens^ahre
vollstreckt hatten und daher ganz gut ausgebildet waren.
Auch das Unterrichtswesen wurde verbessert. Die Korpsequita-
tionen wurden den Regimentern zugewiesen, bestanden jedoch nur
während des Winten und Temchtete ihr Personal im Sommer den
Dienst bei ihren Batterien. Dagegen wurde die Hauptequitation in
Wien mit neuen Mitteln dotirt. Sie sollte nicht bloik Reiüehrer, son-
dern alle befiihigten jüngeren Offiziere der Artillerie zu Torzüglichen
Reitern heranbilden. Dagegen bestand bei der Akademie keine eigent-
liche Equitation, sondern es wurde nur den Sdiülem des letzten Jahr-
gimgee „Unterricht im Reiten** erteilt.
Die Regimen t ase hu len , welche schon in der letzten Zeit Schul-
kompagnien genannt wurden, wurden in ganz selbstständigc „ Artillerie-
Schulkompagnien" mit einem bedeutend verstärkten Lehrkörper um-
gesdiafifen. Die Lehrer und Schiller gehörten nic lit mehr dem streit-
baren Stande an. Letztere hiefsen nunmehr Znglmge und wirden
dieselben in dem Alter von 14 — IS Jahren aufgenommen und nach
Absolvirung des dreijährigen Lehrkurses als Unteroffiziere zu den Re-
gimentern eingeteilt. Sie konnten später auch Offiziere werden Da
diese Schulen den Bedarf an Unteroffizieren nicht decken konnten,
sondern vielmehr zur Ausbildung eines Offiziersnachwuchses bestimmt
waren, so wurden bei den iiegimentern wieder eigene Unteroffiziers-
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76 I^io öeterreichitche Artillerie in den letzten 45 Jahxm,
MldangMcbuleii emehtet, deren Penonal dem Stande der Regimenter
ugehdrto und die natarlich mit sebr bescheidenen Mitteb ausgeetsttet
waren. Der Schnlnnterricfat bei den Batterien nnd Kompagnien wnide
wSbrend des Winters mit Eifer betrieben, jedoch auf das Notwendigste
beschränkt. Man sah mehr anf praktische Einübmig, als auf die Er-
werbung eines doch nur unvoUständigen und dem Dienste des Mannes
femliegenden Wissens.
Dagegen wurde die von Ohnütz nach Weifskirchen verlegte Ap-
tülerieakademie wesentlich vervollkommnet, mit bedeutenden Lehr'
mittebl ausgestattet und ihr Lehrplan erweitert Die Zöglinge, vt^elche
eine genügende Vorbildung nachweisen mufsten, traten direkt aus dem
Zi\ilstande ein und es kam die ITborsetzung aus den Schulkompngnion
nur in seltenen Fällen vor. Nach absolvirtem vierjährigen Kurse
wurden die 7j-»^\in^Q als Ol'tizicio ausf^omustort. Zugleich wurde ein
zweijähriger „höherer Offizierskurs" zur weiteren Ausbildung befähigter
jüngerer Offiziere eingerichtet. Doch konnte der Abgang an Offizieren
von der Akademie nur zum geringen Teil gedeckt werden und man
mufste bei den späteren Mobilmachungen wiederholt Feuerwerker,
welche nur eine Regimentsschule durchgemacht hatten, zu Lieutenants
befördern. Akademie und Schulkompagnien unterstanden der über
sämmtUche Lehranstalten der Armee eingesetsten Abtolung des Armee-
Oberkommandos. In gewissem Sinne durfte audi das au eben dieser
Zeit geschaffene Artillerie-Eomite als Bildungsanstalt betrachtet werden.
Ein General oder Oberst war Prftses desselben. Es hatte sich mit
der Leitong artilleristiseher Versuche (hierfür hatte früher nur eine
&Uweise susammengesteUte Versuehskommission bestanden), mit der
Prüfung und Beurteilung der eingelaufenen Verbessemngsforschlfige
und der im In- und Aaslande gemachten Erfindungen, sowie der in
fremden Artillerien eingeführten Änderungen, Bearbeitung der artille-
ristischen Lehrbücher, sowie mit Vorschltfgen zur Vervollkommnung
des Artilleriowoscns zu befassen und sollten auch die einzelnen Mit-
glieder des Körnitz zu selbstständigen Studien und Forsehungen auf-
gemuntert werden.
An der Spitze der gesainnitni Artillerie stand wie bisher die
Generaldirekt ion, deren Personal schon 1850 nach Auflösung ihrer
Nebenbehörde, des Artillerie- Hauptzeugamtes, bedeutend vermehrt
worden war und jetzt abermals vermehrt wurde. Sie zerfiel in zwei
Departements, die sich in mehrere Abteilungen gliederten. An der
Spitze der Artillerie jeder der damals aufgestellten vier Armeen be-
fand sicii je ein (ieneral als FeldartiUeriedirektor und in den gröfseren
Provinzen waren Generale als Landesartilleriedirektoren angestellt.
Artilleriechef eines Armeekorps war gewöhnlich der Oberst oder Oberst-
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Die österreichüiche Artillerie in den letxten 45 Jahren. 77
Ueutonaat d«8 demselben zugeteilten Artilleriercgiments. Die audern
StaVsofifiziere kommandirteii die GesdiätK- lud HimitionsreserTen oder
die aus methreren Batterien foimirten leübetstäiidig detadurten Ab-
tdlnngen. Ein General war Direktor dea Araenala in Wien und ein
Oeneral oder Obervt ArkiUeriedief der deutachen Bimdesfestnngen.
Die Regimenter hatten Inhaber, welche jedooh nur geringe Macht*
befdgmflse beeassen. Die bei den Artilleriebehdrden und Anstalten
befindlichen Qfifiziere varen bisher in dem Stande eines Regiments
als Überzählig geführt worden. Dieselben wurden nunmehr dem neu-
errichteten Artilleriestabe zugewiesen. Derselbe bildete einen eigenen
Körper, der übrigens nach Bedarf durch proyisorisch allgeteilte Qffi-
siere yerstärkt werden konnte.
Aus der Zeugsartillerie und Zeugverwaltung wurde die Tech-
nische Artillerie gebildet. Dieselbe war in „Kommanden von
verschiedener Stärke geteilt und es fiel denselben die Erzeugung, .Auf-
bewahrung und Verwaltung des gesammten Artillerieniatcrials zu. Das
Personal bestand aus Offizieren, Mannschaft und Werkführern, welche
die ünitbrm und den Rang von Beamten besafsen. Zugleich wurde
die Bildung einer technischen Aitillerieschule zur gründlichen Heran-
bildung von Offiziersaspirauteii dieses Dienstzweiges, welche nach
melirjähriger Diensueit bereits einen Üuteroftiziersgrad erreicht hatten,
bflSchlosseQ, jedoch erst zwei Jahre später ausgeführt. Der Lehrkurs
wihrte zwei Jahre und erfolgte nach der Absolrirong die Beförderung
oder wenigstens die Vormerkung amn Offizier.
Indessen dachte man anch an die Verbesserung des Materials.
Vorl&nfig hatte man sich mit derVereinfiiehuig der Unlfaeren Gestalt
der neog^gossenen Geschfltse, einigen Ändenmgen an den Fahrwerken
und mit der Ansscheidnng des in den letzten Kriegen auch rielfadi
Terwendeten irregulären (ganz Teralteten und ausländischen) Materials
begnGgt. Nun aber wollte man nicbt nur ein neues Geschtttzsystem,
sondern audi ein neues Triebmittel einfuhren. Bereits 1846 hatte
man Versuche mit der Scbiefsbaumwolle VOTgenommen, dieselben aber
des erzielten ungünstigen Resultates wegen, bald auf<;egehen Jetzt
wurde die Sache wieder au^enommen und bald wurde die ^ Schiefs-
wolle", wie selbe nun genannt wurde^ so verbessert, dals ihrer Ein-
führung kein Ilindemifs entgegen zu stehen schien. Man ging mit
(vielleiclit zu grofsem) Kifer an die Sache und den 1854 in Galizien
aufgestellten Truppen konnten bereits einige „Schiefswoll-Batterien"
zugeteilt werden. Aber bald zeigten sich CTofse Klüngel (worunter
besonders die in kürzester Zeit orioljj;te Unbrauchbarwerdung der
Geschützrohre) und so stand man von der Sache wieder ab. Es
war nun Aufgabe des Komites, ein passendes Geschützs^stem zu
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78 INe MerrnehiMhe Artillerie in den letcten 46 Jahren.
8c1ia£FeiL Zuerst handelte es sich, da die Zeit m drüogen schien, um
die Feldartülene.
Das Feldgeschützqrstem ward in seinen Grnndsfigen dem in
Pzenisen schon seit langer Zttt eingef&hiien und erprobten Material
nachgebildet und schon 1855 konnte eine Batterie in Wien mit den
neuen Geschützen und Fuhrwerken ausgerüstet werden. So aus-
geseichnet das neue System, das den bezeichnenden Namen „Projekts-
material" erhielt, auch war, so gab es doch Stimmen, w^elche die
Beform als TCrspätet bezeichneten, da anderwärts bereits die Frage
der gezogenen Geschütze erörtert wurde und somit das neue Mft*4^T'ft^
fielleicht sehr bald veraltet sein könnte.
Bei dem Belagerungs- und Festuncrsfi^oscliütz, zu dem die Ent-
würfe in einer den Vcrhiiltmssen der österrcicliischen Artillerie an-
gepafstcn Weise vollendet wurden, dauerten die Versuche länger und
waren dieselben Endo 1858 nicht völlig beendet. Übrigens waren
damals auch bei den Regimentern durchschnittlich erst zwei Batterien
mit den neuen Geschützen ausgeriistet.
Der kränkliche und alterschwache Frh. v. Augustin wurde zu
eben dieser Zeit von seinem Posten enthoben und starb wenige
Monate darauf. An seine Stelle trat der F. 11 L. t. Hauslab. Er
entstammte dem Generalstabe, hatte aher schon 1848 die 'ArdUerie-
brigade des Erzherzogs Wilhelm übernommen, dann im ungarisohen
Kriege die Massenwirkung der Artillerie in der erfolgreiciisten Weise
zur Geltung gebracht und seither in Wien als Feldartilleriedirektor
der 1. Armee fiingirt. Er genoib wegen seines umfisrngreichen Maasens,
namentlich als Altertumsforscher und Orientalist auch in auCser^
militiiiisGhen Kreisen einen Ruf und nicht sein geringstes Verdienst
war es, dafs er der Lehrer des Erzherzogs Wilhelm gewesen war.
Gleichwohl mögen manche Artilleristen der „alten Schule'^ zu diesem
ihren neuen Chef nicht das volle Vertrauen gehabt haben, weil er
nicht vom Anfange an in der Artillerie gedient und weil er den noch
herrschenden Anschauungen entgegen frühzeitig sich — für die Ein-
führung der gezogenen Geschütze orklärt und aus eigenem Antriebe
bereits 1858 Versuche angestellt hatte.
Der Ausbruch des Krieges 185!» verzögerte zunächst die Durch-
fiihrung des angefangenen Werkes und der ungünstige Ausgang dieses
Kampfes, hatte das Bestreben, überall zu sparen, zur Folge, was der
Entwickelung der Armee nicht förderlich war. So wurde der Stand
der Regimenter, von welchen 9 für Infanteriekorps, 1 für Kavallerie-
divisionen und 2 für Reserven bestimmt wurden, auf nur 10 Batterien
herabgesetzt. Die Gattung der Letzteren war je nach der Bestiuunung
der Regimenter versdiieden. Die Indierigen Beserrekompagnien, welche
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Die östeireichiflche Artillerie in deu letzten 45 Jahren.
79
i&r die Terscbiedensten Dienstzweige bestimmt gewesen waren, wurden
mm in Festnngskompagnien und Reservekompagnien (für den Dienst
bei den verschiedenen Parkabteilangen) geschieden.
Anch das Baketeoiregiment wurde auf einen niederen Stand ge-
setzt und sollte dasselbe im Kriege aus 16 Batterien und 4 Kompagnien
bestehen und da im folgenden Jahre die Wurstwagen der Batterien
abgeeohafflt und blois die Munitionswagen beibehalten wurden, wurde
derliannschafts- und Pferdebestand dieser Truppe abermals bedeutend
vermindert. Das Küstenregiment blieb fast ungeftndert und die
technische ArtiUerie ^ihr durcli die Aufstellung von drei Aveitcren
Zeugskommaaden sogar eine Vermehrung. Doch war diese Oiganisation
von keinem langen Bestände.
Die P'jnfdhrung gezogener Geschütze licfs sich nicht länger ver-
schieben und um weni^'stens einige gezogene Rohre zu besitzen, wurden
vorläufig einige Sccbspfümlcr und mehrere eiserne Festung.>geschütze
nach dem System La llitte umgestaltet. Nächst v. Hauslab scheint
Erzherzog Wiliielm hierzu das Meiste beigetragen zu haben. Er
verbüeb zwar nach dem Feldzuge, an welchem er als Feldartillcrie-
direktor der ersten ,\rmee teilgenommen hatte, nur noch kurze Zeit
an der Spitze des Armee-Oberkommandos, da dieses nach Wieder-
einsetzung des Kriegsministeriums aufgehoben wurde, und ging hierauf
als Artilleriedirektor der Armee in Venetien dorthin ab, um später
den Posten eines Gouverneurs der Bundesfestung Mainz zu ttbei^
nehmen, aber es genügte diese Frist, um die Einführung der gezogenen
Geechütze wenigstens anzubahnen.
Indessen hatte der damalige Oberst v. Lenk, welcher sich un*
ablissig mit der SduebwoiDe be&lst hatte, dieselbe so weit vervoll-
kommnet, dals ihrer Verwendbari^eit kein Zweifel entgegenzusetzen
schien. Wieder ging man etwas zu rasch und sanguinisch vor und
in kurzer Zeit wurden bei 80 Batterien mit den neuen gezogmen
SehiefswollgeediÜtzen ausgerfistet. Das System, nach welchem Letztere
konstruirt waren, war ein vorzügliches, gleichwohl ist es fraglich, ob
der Erzherzog diese Eile gebilUgt hätte. Die Schiefswollc hatte im
artilleristischen Kreisen auch viele Gegner und das Auffliegen eines
grofsen Schiefswollmaga/ins Wien, das m<igHc]ienveisc durch
Selbstentzündung der Schicrswolle vcranlalst worden war, bot diesen
Gegnern die IIan<lhabe, um die abermalige Verwerfiing der ^chiefs-
wolle durchzusetzen. Nochmals tauchte letztere auf, als man sie 1864
bei den Vorderladunusgcwehren verwenden wollte.
F. M. L. V. Hauslab trat von dem Posten eines General-
Inspektors (dieser Titel war statt jenem eines General- Direktors ein-
geführt worden) zurück und wurde provisorisch durch den Feld-
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80
Die dsterreichische ArttUerie in den ietcten 45 JahniL
marachalllieutenant t. Vernier eraetet Man darf annehmen, da&
der LeteterOi der rieh Ungere Zeit in der nächgfeen Umgehung des
Enshenoge hefiinden hatte und deeeen Tollstes Vertrauen geoois, anch
mit diesem hei EmfQhmng des Jon dem Eomite entworfenen neuen
Systems im EmTomehmen handelte. Die Rohre dieses Systems waren
kürz, aus gewöhnlicher Bronze gegossen und mit Bogenziigen T«r-
sehon, während LafTeten und Fuhrwerke im Wesentlichen an das
Material der Projekthattcrien erinnerten. Es durfte als das beste
hisher geschaffene Vorderladersystem betrachtet worden und es wurde
seine Durchführung so beschleunigt, dais die öeterreiohische Artillerie
schon 1 80)4 in dem deutsch-dänischen Krieg mit den neuen Geschützen,
die sich hierbei auch sehr gut bewährten, auftreten konnte. Die ge-
änderte Ausrüstung bedingt« jedoch auch eine wenigstens teilweise
Änderung der Organisation der Iruppe. Doch wurde dieselbe nicht
sofort und gleichzeitig in allen Teilen durchgerührt. Seit fünfzehn
Jahren waren somit die Artillerietruppe und das Material
der Artillerie zum yierten Male ganz oder teilweise um-
gestaltet w urden und es begann nun eine neue p]poche, mächtiger
und folgenreicher, als es eine der früheren seit Liechtenstein's
Zeiten gewesen war!
(Schlab folgt)
T.
Von den Skonomisohen Schwierigkeiten
in den eui'opäischen Staaten beim Ausbruche des Krieges,
Bisher ist die Frage, welche ökonomischen und sozialen Sdiwittig-
keiten gleich vom ersten Tage der Mobilisation an auftreten würden,
noch nicht genügend berücksichtigt worden. Teilweise erklärt sidi
dies dadurch, dafs seit dem letzten Kriege die materiellen Existenz-
verhältnissc und die geistigen Strömungen der grofsen Masse so
schnell sicli geändert haben, dafs es scliwer lallt, sieli zu orientiren.
Es haben sich _ Veränderungen in diesci- kur/cn Zeit vollzogen, die
einschneidender sind, als es sonst die innerhalb eines ganzen Jahr-
hunderts vor sich gegangenen waren. Diese erstaunliche Beweglich-
keit des modernen Lebens ist bedingt gewesen durch eine Reihe von
Faktoren, deren Wirkung ungemein intensiv war: stets zunehmende
Verbreitung der Bildung, ihatigkeit der Assoziationen, Eiuliuls der
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Von den SkonomlHdica Bdurierl^^tdten etc.
81
neuen Verlrohrsmittel. Daher ist eine riditige Würdi^ng der Ver-
hältnisse nur möglich unter der Voraussetzung genauer Bekanntschaft
mit dem ganzen modernen, wirtschaftlichen und sozialen Leben. Unter
den heutigen Verhältnissen leben die Völker materioll und geistig
nicht nur ihr eigenes, sondern auch ein freirules Leben. Die geistigen
Erningenschaften, die wirtschaftlichen Fortschritte des einen Landes
spiegeln sich in dem Leben ander» Länder wieder; der Kreis gemein-
schaftlicher Interessen der Völker liat sich erweitert, und da die Be-
wegung noch immer im Wachsen ist und em inuiier schnelleres Tempo
annimmt, so wird es auch immer schwerer, die Folgen des Ausbruches
eines Krieges richtig vtjrauszusehon und zu ergründen.
Hierzu kommt noch, dafs in den letzten Jahrzehnten in der
Kzi^gakunsi so wichtige und die wirtsohafidichen Lebensersdieinungen
80 stark beeinflussende Verttndemngen vor sich gegangen sind, dafe
dieselben in ihrer Gesanuntheit den Charakter einer wahren ürnwllzung
haben. Die Elemente der Armee haben sieh ihrer Zusammensetnmg
nach wesentlich Teriindert. Noch in den lotsten Kriegen war das
VerhSttnilB der nnmerischen St&rke der Anneen in Eriegsseiten zu dem
Friedensetat wesentlich anders, als heute. Die Kriege wurden von
stehenden Heeren geführt, die aus Soldaten bestanden, welche eine
längere Dienstzeit schon hinter sich hatten.
In Zukunft wird der gröfste Teil der Heere aus Soldaten und
teilweise auch aus Offizieren bestehen, die noch unmittelbar vor Be-
g:inn des Krieges iliren friedlichen Besehäftisjfun^'on nach'j:ins:en. Unter
den Leuten der älteren Jahrgänge wcnlen sieh I'aniilicnvatcr Vtefindrn,
die aus ihren Geschäften gerissen wurden, ihre Familie, ihre Arbeit
haben verlassen müssen.
Der Krieg wird also in Bezug auf Stimmungen und geistige Ein-
flüsse gleich von Anbqjinn an viel stärker wirken, als dies früher der
Fall war.
Ganz selbstverständlich ist es audi, dala die grölsere numerische
StSrke der Heere in dieser Beziehung von stirkerer Wuekung sein
ma&» Je gr51W die Zahl der Einberufenen sein wird, desto gröfber
wird aueh die Zahl der aus der wirtschaftlichen Hasehine Heraus-
gerissenen sefai. Und je mehr man xn Befürchtungen Anlals haben
wkd, dab die Abweseuhdt des Einberuftoen kenie Torübergehende
sein wild, sondern in Folge von Verwundung, Krankheit und Tod zu
einer bleibenden werden kann, desto stärker werden auch jene Ein-
flüsse auf den geschäftlichen Betrieb sein.
Der Krieg ist in Folge der Vervollkommnung der Vernichtungs-
mittel furchtbarer geworden. In den letzten zwanzig Jahren ist die
Kraft des Gewehres mehr denn verzehnCiacht worden; die Geschütze
Jahrbaclier für die DeatMke Arae« ood MuriM. Bd. VI, L Q
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32 Vou den ökonomischcu iSchwierigkeiten «tc
wirken -i bis ö mal vci nichtender als 1870, iliic Treflfweite ist 27, mal
gestiegen, und endlich sind neue, mit Sprengstoffen geladene G680lloa86
von furchtbarer Wirkung erfunden worden.
Die Wahrscheinlichkeit spricht also daför, da& auch dieVeiltuie
unverhiltnilBmälaig grölser als in der Vergangenheit sein werden.
Einige MSitärachiiflsteUer sprechen aUerdings die Ansicht ana, dab
die grelaere SohielsecfaneUigkeit die Zahl der ihr Ziel TerfeUendeo,
aber nicht die Zahl der ihr Ziel treffianden Kugeln Termehfen wird,
dafo das Blutvergielaen sich Tenrnndem wird, weil ja der Ejonpf
zwischen den Gegnern auf grölseren Entfernungen vor sich gehen
wird, dafe Kavallerie- Attacken und Bajonettangriffs bei der jetzigen
Stärke des Feuers unwahrscheinUch werden dürften und dafs endlich
bei der jetzt nötig gewordenen gröfseren Zerstreuung der Truppen-
teile und deren Verschanzung den einzelnen Truppenteilen der Rückzug
leichter gemacht werden wird. Aber selbst, wenn wir alles, was noch
durchaus nicht bewiesen ist, zugeben wollten, so würde es doi h keinem
Zweifel unterliegen, dafs durch die Vergröfsening der licercsstärke
und durch die Vorvollkoramnung der Waffen die Drangsale und
Schrecken des Krieges in bedeutendem Grade venn<*hrt werden müssen.
Bis jetzt haben die Kriege mit nur sehr wenigen Ausnahmen ge-
zeigt, dafs die Zahl der im Kampfe verloren gehenden Leben blofs '4
des ganzen Verlustes beträgt und dals V6 derselben durch Krankheiten
und Strapazen zu Grunde gehen.
Je grölser nun die Massen und je weiter die EntÜBninngeii sind,
in welchen jene in Folge der heutigen Tragweite der neuen Gewehre
und Geschütee sich zu bewegen haben, desto anstreng^der werden
die Märsche sein, desto schwieriger werden die Unterbringung und
Ernährung dieser Massen werden, was die Sdirecknisse des Kiiftges
natflrlich nur noch steigern muls.
Ein Explosivgesdhois von heute kann mit einem Schlage hunderte
von Menschen zerschmettern und ist demnach mit früheren Artillerie-
Geschossen gamicht zu vergleichen. Ähnlich hat sich nun die Wir-
kung der kleinen Gewehre erhöht. — Der Pulverrauch wird zudem
die Schrecknisse der Schlachtfelder nicht mehr verhüllen, und es wird
wcL'en der Femwirkung des feindlichen Feuers und der für notwendig
erkannten Auflösung der geschlossenen Massen viel sclnvieri^er sein,
den Verwundeten Hülfe zu leisten. Welch' grofsen Eintluls aber auf
die Erkrankung des Menschen sein psychischer Zustand, seine Er-
nährung und das Mafs der Beschwerden haben, ist heute allgemein
bekannt. Die Wahrscheinlichkeit, im Kriege zu Grunde zu gehen, ist
also in Zukunft für den Einberufenen eine gröfsore, als dies in der
Vergangenheit der Fall war; diese Überzeugung ist heute in die
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Von den akonomlsehen Sdivrierlgkriten et».
83
Massen gedrungen, mit Ansnahnie vielleicht des Landvolkes in Kufs-
land und der Türkei, wo die Volksmassen noch zu wenig gebildet
aind und zu wenig Einbildungskraft besitzen.
Im Momente der Einstellunfj unter die Fahnen kann daher, wenn
nicht ausnahmsweise eine grofse Idee, wie im Jahre 1870 die Idee
der Schjülung der deutschen Einheit, die Massen beseelt, ein Unmuts-
gefühl sehr leicht die bejahrten Männer erfassen. Hierzu kommt nun
aber noch folgender Umstand.
Wenn man nach dem Eifer urteilte, mit dem beinahe alle kon-
tinentalen Staaten ihre Rüstungen yergrölsem, so mülste man glauben,
dab im EriegsiaUe bemahe die ganze waffianfilhige Be?51kenmg Kopf
fBr Kopf in die Aimee eingestellt zu werden bestimmt wftre. Ein-
geübt werden Millionen Ton Kriegern, allein fiJrtiscb dieselben ein-
snbemfen nnd mit Waffen und allem sonstigen Znbehdr zn Terseben,
wird Bchweriich ausführbar sebi. Dieser Umstand wird bei der Ein-
berufung einige Schwierigkeiten bereiten. — Die Fachleute behaupten,
dafs nicht in den Waffen der Sieg liegt, sondern in den Truppen,
und dafs nicht die grö£aere oder geringere technische Vollendung der
toten Werkzeuge, sondern der moralische Wert der Heere die Ent-
scheidung herbeiführen wird>).
Diese Ansicht niufs in den groftcn Mnssen wem^f Glauben finden.
Bei jeder neuen Forderung von Krediten für Umänderungen der Be-
waffnung wird die Wichtigkeit der VeränderunjL'en hers'orgehoben, es
wird demnach schwer möglich sein, bei der heutigen Zusammensetzung
der Heere Teile derselben mit minderwertiger Bewaünung in's Feld
zu führen.
Der Unterschied zwischen den neuen Kleinkalibergewehren und
den früheren Gewehren ist ein zu bedeutender, als dafs nicht die An-
sicht, dafs die mit Gewehren filteren Kalibers Yersehenen Trappen
den Sieg nur mit gröiseren Opfern erringen könnten, um sich greÜBU
soUte.
In den grdÜberen Staaten wird die Anzahl der neuen Kleinkaliber-
Gewehre nicht für Alle auareichen, und es müssen die Besenrotmppen
teilweis mit sciileehteren (aptirten) Gewehren und weniger tot-
Tollkoommeten anderen Hfilfemitteln bewaffiiet werden. Nun aber
würden mit soldien jedenfalls weniger zuverlfissigen Waffen gerade
Trappen versehen werden, die zum Kriege am wenigsten geneigt sein
werden. Es kann keinem Zweifel unterUegen, dafs die aus älteren
Leuten bestehenden Reserven viel gröfsere Ansprüche, was Bewaffnunfr
und Führung anbetrifft, als die jüngeren Jahrgänge machen werden
^) R. Wille. pÜber die Bowafhung der Feldartillerie."
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84
Von den ökonomiacben Bcfawierigkdten ete.
— ein Umstand, den man Inslier weniger su beachten Vranchte.
Anlserdem aber weiden andere EinflUaae auf die Schwierigkeit der
Etnberafang der Reserven einvirken.
Wir wollen hier auf diejenigen ökonomischen Einflüsse hinweisen,
welche in liochkultivirten Ländern entstehen würden, falls man raseh
und mit einem Male eine bedeutende Anzahl von Flaosvätem and
Arbeitern aus der komplizirten Maschine, welche die g^enwärtige
Gesellschaftsform darstellt, bei der Mobilisation herausreifsen würde.
I. Es bedarf keiner besonderen Untersuchungen, um einzuselien,
dals dort, wo die Einberufung einen gröfseren Prozentsatz der Be-
völkerung in Anspruch nimmt, welche zur Kategorie der mit Handel
und Industrie, sowie anderen lief in 's geaellschaftliche Leben ein-
greifenden Produktionszweigen bescliiiftigten Leute geliört, im Mobih-
sationsfalle sich gröfsere Schwierigkeiten ergeben müssen, und dafs
im Gegenteil dort, wo die Anzahl solcher Leute Lm Verhiiltiuis zur
Oesammtbevölkerujig geringer ist und die gesellschaftUcheu Verhält-
nisse einfacher nnd patriarchalischer sind, der Mediaaismas des ge-
sellschaftlichen Lebens eine geringere Erschfitterung erleiden wird.
Im Jahre 1884 kamen in den europäisc he n Staaten anf je 1000
Mann der Gesammtbeyölkemng, d. h. einsöhlielslich der Männer, Frauen,
Greise und Kinder, im Kriegsfälle 28,1 Soldaten im Heere zur Ver-
wendung; im Jahre 1891 wuchs diese Ziffer bis auf 46,3 auf Tausend,
d. h. in 17 Jahren um 18 Mann, was im VerlUUtmls zur Ziffer des
Jahres 1884 eine Vergrösserung um <')4% ausmacht.
Wenn man den Zahlenbestand der auf Kriegsfiiis gebrachten
Armeen mit der Ziffer der männlichen Bevölkerung vom 20. bis 50.
Jahre zusammenhält, so erhalten mt folgende Zahlen. Es ent-
fallen in
Laiidtruppe in
KriAgHlKllM*)
MSnnllohe BatOIIm»
mag vom 20. bla nim
50. Jahr«.
ProsMit-
Deutschland auf
3600000
9 608 000
37,8
Österreich „
2 062 000
7 683 000
27,0
F raukreich „
3 600 000
8013 000
45,0
4666000
22060000 •
20,1
Es ergicbt sich hieraus, dals die französische Armee die meisten
Leute im produktivsten Alter einberuft, danach folgen die deutsche
tind österreichische und schlieJsiich die nissische Armee, welch letztere
▼on produktiven Kräften im VerhlÜtniis za Deutschland fast zweimal
weniger und üher zweimal weniger als die französische Armee ver-
Wir eutnohnion <1io Znlilf^n der Kri^st&rken dem Werke „Die Kriegs-
heere der europäischen Staaten.
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Von den fikonomiflciieD gkiliwierigfceiton eto.
85
brauchen würde. Mit anderen Worten, wenn die ganze russisi'lie
Armee von 4V2 Millionen vernichtet wäre und zu ihrem Ersatz
4 Millionen Reservisten einberufen worden wären, nur dann würde
sich das Verhältiiifs der BevÖlkerungszilTcr Rulsiands zu seiner Armee-
ziffer dem in Frankreich und Deutschland bereits heute bestehenden
VeiMltaisse nähern.
Abgesehen yon den unmittelbaren, einsdineideiiden ünnrfllsiingen,
welcbe die Mobüiairung fUr einzelne Familienstiinde and Personen
cur Folge haben maSk, wird der znkanftige Krieg seinen Einflnft auf
die irirtscihaftlichen Verbültnisse &8t der ganzen zivilisirten Welt in
einem Hafte ausüben, wie es noch nie dagewesen ist Es ist selbst-
verständlich, dass, je komplizirter der geeellsohaftliche MechanismaS|
je höher die Zivilisation ist, desto schwerer dieser Mechanismus die
durch den Krieg veranlaTsten Störungen erträgt. Die Erschütterungen
der Kriogszeit werden demnach um 80 schwerer empfunden worden,
da die höhere Kultur die Bedingungen des gesellschaftlichen Lebens
gesteigert hat und heute die Aibcitsteilung bis zu den äufsersten
Grenzen gelangt ist. Aufscrdem k(»mmt hier noch in Betracht, dafs
Amerika's Konkurrenz und seine Anziehunu'skraft auf die Bevölkerung
während des Krieges sowohl, als späterhin, wenn die verderblichen
Folgen des Krieges sich geltend machen, weit stärker hervortreten
werden.
Es ist natürlich, dals dort, wo ein sehr bedeutender IVnl iler Be-
völkerung vom Ackerbau lebt, wirtschaftliche Erschütterungen auf den
gesammten Zustand des Volkes niemals in dem Hafte wirken können,
wie dort, wo der gröfsere Teil der Bevölkerung aus Fabrikarbeitem,
Handeltreibenden oder Handwerkern besteht. Der lAndmann läftt
seiner Familie immer einen gewissen Vorrat von Lebensmitteln zurück,
nnd seine Angelegenheiten können in seiner Abwesenheit wohl zurück-
gehen, jedodi nicht ganz in*s Stocken geraten.
Femer, auf je niedrigerer Stufe die landwirtschaftliche Kultur
steht, desto weniger kann der Wirtschaft die zeitweilige Abwesenheit
des Wirtes schaden. So z. B. wird in Rufsland die Abwesenheit des
einzelnen Wirtes weniger fühlbar sein, dank dem Umstände, dafs der
gröfste Teil des Bauernlandes sich im Besitze der Gemeinden befindet
imd gemeinschaftlich bearbeitet wird, während die Ländereien der
Gutsbesitzer noch heute in primitivster Weise noch dem Dreifelder-
System durch die Bauern fiir eim n Teil des Ernteertrages beaibeitet
werden, femer in manchen Gegenden Italiens, wo der Landmrt nicht
nur allein das Feld bearbeiten mufs, sondern zugleich Vieh- und
Seidenraupenzucht treibt, Olivenöl bereitet, Orangen und Wein baut.
Aber noch viel gewichtigere Folgen mufs die Einberufung für
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Von den Okonomlaohen Babwierigkeiten et«.
don mit Indiistiie und Handel Iwaohliligten TeQ der BeTdUramng
haben. In den meisten FftUm ^^-ird in Folge der Verkehrsstörungen,
der Abnahme des Absatzes und Kredits, wie auch in Folge des
Mangels an leitenden Kräften ein Stocken der Fabrikation und dem-
nach eine Verdienstoinbufsc fiir die Arbeiter eintreten. Diese Um-
stände fallen um so schwerer ins Gewicht, als im KriegsfalUv wie
wir dies bald zeigen werden, gleiclizeitig mit dem Bef^nne des Krieges
eine allgemeine Teuerung einzutreten pflegt, eine Teuerung also zu
einer Zeit, wo die Mittel zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse der
Bevölkerung sich mit einem Male yerringert haben und immer mehr
schwinden. Schon die keinem Zweifel unterliegende Störung des See-
verkehrs würde genügen, um den Handel der Völker ins Stocken zu
bringen. Dazu kommen aber noch die erschwerenden Umstände, dals
die meisten Büsenbalmen eben&Us den FrifatintereMen unzugänglich
sein werden; weiterbin werden die BefUroihtangen tot den EfiegS-
folgen eine Venninderung der Kauflust sogar bei den die nötigen
Mittel noch beritEenden KUssen zur Folge babea Fabriken aller Art,
Bergwerke, Werkstfttten, mit Ansnahme deijenigen Anstalten, die für
mflitibrisobe Bedttrfiiisse arbeiten, weiden eine nach der andern Hure
Thätigkeit einzustellen gezwungen sein. Zi^Ieich werden vom Augen*
blicke der Kriegserklärung an alle Staats-, Handels- und Industrie-
wertpapiere bedeutend im Preise sinken. Die Nachfrage nach Geld
wird dann eine sehr starke sein und der Zinsfufs bedeutend steigen.
Und je entwickelter der Handel und die Industrie des betreffenden
Landes sind, desto mehr wird es Fülle von Zalilungs-Einstellungen
und -Fristungen geben. Die Folge davon wird em Sinken nicht allein
der Staatskredite, sondern auch des Kredits aller Schichten der Be-
völkerung sein,
I
IHe neueste EDtwiekelnng der Prodnkttoiukraft md der
Handelsbeiielniiigeii«
In jedem Lande fiirchtet man den Krieg, doch nidit in dem
Grade, wie es der FaU w&re, wenn jeder sidk klar madien wQrde^
in weldiem Habe die wirtschaMclien Ersditttteningen, weldie ein
zokünitiger Krieg bervormÜBn wird, di^enigen fibertreffen werden,
welche in Mheren Zeiten nnd inabesondere bis snm Jahre 1870 be-
wirkt worden waren.
Nur in den Kreisen, welche in unmittelbaren Beziehungen zu In-
dustrie und Handel stehen, macht sich ein annäherndes Bewufstsein
von der Gröfse dieses Unterschiedes geltend. Als charakteristischeB
Beispiel kann die Panik angelUhrt werden, welche das Gespenst eines
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Von den färonomiBcbeo Schwierigkeiten etc.
87
eventuellen deutscli- französischen Krieges im Jahre 1886 in der Fi-
nanzwclt hervorrief. Nach der malerischen Schilderung eines Autors^)
erschien die Furcht vor dem Krictio wie ein ^Cyklon-, \v< lrlif>r nicht
nur die Handelsmärkte Frankreichs und Deutsclilands, soiuloni auch
die Märkte aller zivilisirten Länder ergrilT, soj;ar solcher, die, wie
Portugal, allem Anscheine nach aufserhalb des Wirkungskreises eines
deutsch-franziisischen Krieges lagen.
„Diese Erscliiitterung überschritt alle geographischen Grenzen
und der elektrische Funke brachte sie auch über den atlantischen
Ozean. Hierzu bemerkt der Autor, dals die Verwirrung, welche
atlein drach die Fbrcht jor einem Kriege anf den Handelsmirkten
herroxigemien worden war, dcli weiter und tiefer verbreitete, als die-
jenige, welche im Jahre 1870 eingetreten war.
UnsererseitB wollen wir noch hinzufügen, dals eben diese Panik
selbst möglicherweise nioht ohne Einflulk auf die Beseitigung der
Eriegvgefiihr geblieben ist, und zwar aus sehr triftigen Gründen. Es
läJst sich nämlich nicht leugnen, dafe in dieser Beziehung die gegen-
wärtige Lage mit deijenigen Mherer, älterer Zeiten garoioht Tor^^dien
werden kann.
Der Unterschied z^vischen der heutigen Form der gesellschaft-
lichen Beziehungen und der vergangener Zeiten ist fast gröfser als
der Unterschied zwischen dem Kloinkaliberfjcwehro und der mittel-
alterlichen Armbrust. Die gewaltige Industrie, der reifsende Umsatz
des Weltliandcls, der Staats- und der Privatkredit, die Öpezialisirung
in Fabrikation und Handel, alle diese mächtigen Faktoren, die eben-
sowohl durch das Staatswesen, wie durch das Individuum bedingt
werden, sind Erscheinungen relativ neuen Datums.
In dem letzten Vierteljahrhundert hat eine bedeutende Einwan-
derung der LandboTÖIkerung in die Städte stattgefunden. Aus den
mitteleuropäischen Beiolien sind Industriestaaten geworden. Als Be-
weis sei Deutschland angeführt, das weder reiner Agrar- nodi reiner
Industriestaat ist
Das Einkommen von Stadt und Land betrug 1893/98 naoih der
Denksdirift des Ministers Miquel zum neuen Einkommensteuergesetze
M. 5,724,823,767; daron kamen auf
die Städte . . M. 3878 Millionen = 67,66 %,
das Land . . „ 1851 ^ == 82,34 %.
1893/04 wurde das Einkommen von der Regierung yeranschlagt auf
M. 5,726,338,304, davon kamen auf
die Städte . . M. 3878 Millionen = 67,75 7o,
das Land . . „ 1846 „ = 31,25 7oi
nLe» dettes pabliques europ^ennes" par Alired Neymarck.
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88
Von den Gkonomitchen Schwierigkeiten eto.
während nach Mwtzen im Jahre 18(>6 von dem Gesammt-Einkommen
von M. SfiOO Millionen auf den landwirtschaftlichen Betrieb noch
M. 1980 Millionen, also 52,8% kamen. Mit anderen Worten, im
Jahre 18()6 würden die wirtschaftlichen Ersehütterungen in den Städten
1<)20 Millionen Mark, f^ei^enwärtig 3878 Millionen Mark berührt haben,
im Jahre 1800 also noch nicht ganz die Hälfl<} der Einkünfte getroffen
haben — heute aber entfielen zumeist auf Handel und Industrie zwei
Drittel des Gesammteinkommens.
Selbst die jüngsten Kriege können uns schwerlich einen Begriff
Ton der wirtschaftlichen Krisis geben, welche durch einen Krieg in
unserer Zeit berrorgenifen werden mOiste. Der preu&bdi-öBter-
reichische Krieg vom Jahre 1866 war von allzu kurzer Dauer; die
Kriege Frankreichs mit Deutschland im Jahre 1870 und RuAdands
mit der Türkei in den Jahren 1877 und 1878 blieben lokalisirt. Aber,
was die Hauptsache ist — es existirte damals nicht die Äbsperrung
aller Handelsbeziehungen zu Wasser und zu Lande, die aus Gfriinden,
auf welche wir andernorts hinweisen werden, im zukünftigen Kriege
unausbleiblich sein wird, und zwar von um so gewaltigerer Wirkung,
als in den letzten 25 Jahren Fabrikation, Verkehrsmittel, Welthandel,
finanzielle Unternehmungen einen bis dahin ungeahnten Aufschwung
genommen haben. Und hierzu kommt noch eine andere und vielbe-
deutsame Erscheinung: der wirtschaftliche Einflufs der grofsen nord-
amerikanischen Republik auf Europa. Die kolossale Entwickelung
ihrer Produktionskraft und die Gefährlichkeit ihrer Konkurrenz für
das durch den Krieg ^juralysirte Europa bilden Thatsachen, über die
man in der alten Welt früher zu wenig nachgedacht hat, mit denen
jedoch in Zukunft man immer mehr wird rechnen müssen.
Es seien hier einige Zahlen angefülirt, die zeigen dürften, wie
die Produktion seit 1870 sich entwickelt hat, wie grofs daher die Not
werden kömite, wenn in Folge eines Krieges plötzlich die kolossalen
Betriebe eingestellt werden miilsten und damit der Verdienst der
arbeitenden Massen aufhören sollte. Auch ergiebt sich aus diesem
Ziffern, wie grols heute die Abhängigkeit der Industrie von dem 8ee-
TCrkehre ist
Einen Einblick in den ungeheuren Fortschritt der letzten Jahr-
zehnte gestatten uns die nachfolgenden Angaben über Bevölkerungs-
zuwachs und Handels-Entwickelung :
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Von den ökonomiüchen Schwierigkeiten etc.
89
tamwtb» in Bnnknnng
im Jahre 1890 - 91 seit
DuekwluiitUichvr Za>
wul» 4ai HandoU in
den Jahren 1K84 -90 im
VtlglMdl <a MB JkhMB
I861~«.
QQ 0/
73%
183 %
28 7o
139 7o
„ Osterreich-Üngam .
31%
133%
„ Grossbritannien . .
32«/«
827.
„ Frankreich , . . .
Ol,' 0/
" .'2 /O
„ Italien
38 "/o
«%
„ Doutboliland ....
35
?
n
7J
7)
V
n
Ti
7t
n
Wenn wir uns rlcn Kinzclnliciten zuwenden, so müssen wir an
erster Stelle der Baumwolle gedenken.
In Amerika befindet sich bekanntlich das Zentrum der Baum-
wollen-Produktion, Die Ernte betrug
in den Jahren 1859— 18G0 .... 4 Millionen Ballen
1876—1878 .... 4
1880—1885 .... 6
1890—1891 .... 9 „ „
In jüngster Zeit kam ffir Europa noch eine bedentende ZnfiiLr
auatraliaoher nnd asiatisdier, früher unbekannter Baumwolle hinzu.
Aber auch die angeführten Zablen «eigen schon, dais die StOrong der
Indiutrieeiweige, welche auf BamnwoQenprodulrtion banrt sind, eine
mi^ch gröfsere (125% gröieer) sein würde, als es sn Beginn der
nebenziger Jahre der Fall gewesen wäre.
Eine ähnliche Vermehrung ist für die letaAen 10 Jahre in der
Produktion der Wolle eingetreten.
Die Durchschnittszahlen der Wolleinfuhr nach Europa in der
Zeit von 1870 bis 1^81 ergeben ungefiihr 1,700,000 Ballen (ein
Ballen = 180 Kilognmim) und in der Zeit von 188Ü bis 1891
2,637,000, was für das letzte Jaiirzehnt ein Mehr von 55 7o ausmacht.
Hier noch einige Daten über die Produktion von Zucker und
Eisen. Die Produktion des Zuckers betrug
im Jahre 1870 55 Millionen Zentner
« n 86
I, n 1881 125
In zwanzig Jahren hat rieh also die Zucker-Produktion mehr als
verdoppelt Die Produktion des Eisens stellte sidi
im Jahre 1870 ... auf 12,095 Millionen Kilogramm
„ „ 1880 . . . „ 18,885 „ j,
« , 1890 ... „ 27.146 ^
Also auch in diesem Falle mehr als Verdoppelung der Produktion.
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90
Von dm fikonominlMn Bdiiiki%lMiten ele.
Bemerkt sei nur noch, dafs die Ausfuhr von Steinkohlen, Coaks,
überhaupt von Heizmaterial aus England in den Jahren 1871 bis
1880 von 12 auf 18 Millionen Tonnen gestiegen ist, in den Jahren
1881 bis 1890 aber gar bis auf 30 Millionen. — Es louchtet ein,
dass in demselben Verhältnisse auch die Zahl der Arbeiter zugenommen
hat, und das Gleiche gilt auch vom Handelsumsätze.
Allerdings ist hier ein Wachstum nicht in so hohem Grade zu
vermerken. Nach den Berechnungen Mullhall's kann der Umsatz des
internationalen Handels der europäischen Staaten durch folgende
Zi£fem ausgedrückt werden
für das Jahr 1860 mit 1024 Millionen Pfund Sterling
TJ n 75 l^^O „ 1573 n n n
it n n lÖ®^ » 2313 n n n
Es erklftrfc sich dieser veilifittnUsnüUiBig geringe ZawadiB in genügender
Weise dardi die neneete StrSmnng in der HandelqM)litik, d. i dnroh
die Rfickkehr zum SchntsEolIsysteme, das BelbstrerBtiiidlich die Entp
wickeliuig des Handels aufhalten mnÄte.
Auch die finansiellen Operationen nahmen seit dem Jahie 1870
betrlchtlich m Nach den Zahlenangaben Nerjrmarck'sO betrogen die
Staatsschulden in Europa im Jahre 1870 im Ganzen nur 78 MiWiardeii
f^rancs, waren aber sehen im Jahre 1886 bis anf 115 Milliarden ge-
stiegen.
Allein die Zirkulation der Staatspapiere macht nur einen Teil
des Gesammt-Umsatzes der zinstra^'cnd^ Papiere aus, da ja heute
die meisten grofsen Handeb-Untemehmnngen die Form von Aktien-
Gesellschaften haben.
Um den Umfang der thatsächlichen Verluste anzudeuten . welche
ein Panik erzeugender und \'erwin-ung mit sich bringender Krieg so-
wohl ganzen Stallten wie einzelnen Wirtschaften als Besitzern von
Wertpapieren zufügen kann, wollen wir auf die Zahlen der jährhch
zur Emission gelangten Wertpapiere seit dem Jahre 1871 hinweisen.
£s gelangten insgcsammt in allen Ländern Europas zur Emission'):
von 1871 bis 1885 für 100 459 Milliarden Francs
imJ. 1886 . .
1887 . .
„ 1888
„ 1889
„ 1890
„ 1891
1892
ff
» 6708 „
ff 4996 „ ff
ff ff ff
ff 12 678
ff n
7 558
ff » »
ff ff ff
Im Ganzen filr 150906 Milliarden Francs.
') „Les dettes publiqups onropf^ennes". p.86.
') nBuiletm de statisti^ue du miiuBt^re des fiu&aces". Paris T. XX.
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Von den Btopomiachen SchvierigkdtSD etc.
91
Nach der Art der Papiere wird diese Totaknmme auf folgende
Weise eingeteilt: Staaüidie und städtische Emissioaen von 70 Mil-
Uarden Francs; Emissionen von Finansinstituten, Banken etc., wie auch
Eisenbahnen und industrieUen Gesellschaften 78 Milliarden Francs.
Um uns nun ein, wenn auch nur schwaches BÜd von den möglichen
Verwickelungen für die BeviUkemng und besonders ftir die GeschäftSF
weit zu machen, wollen vnr annehmen, dafs die Wertpapiere einen
Rückgang der Kurse blols in derselben Höhe wie im Jahre 1870 beim
Ausbruche des deutsch- französischen Krieges erleiden würden.
Der Rückgang der Kurse auf der Berliner Börse war folgender:
San
Rlwlhgst« Knrse
1.AU 1810
IS-ISL JiH
P r 6 u K a i ftfili A£
4 % Anleihe
93»/j
77«/4
Preusfiische Bank . . .
141
110
22
DiBConto Anteil« . . .
142
loiv.
«V,
SSsenbalm^Alctieii :
Bergisch-MlrUsohe . .
121
95
26
Eöln-Mindener . * . .
134'/a
98
36V,
Oberschlesische ....
173V4
139
34V4
Österreichische:
1880 Stsats-Loose . . .
81
66
26
Staatsbahnen
212
152
60
Sodbahn
114V2
RO
34 V,
Kredit-Aktion ....
148",
90
58»/;
Amerikanor . .
75
21V«
Italiener. . .
W/.
45Va
13»/,
Russische:
FirtniisiipAiilAihe ' •
1157«
88
27»/.
Bodflokredit-Pluidbriele
70
W/4
Es braucht nicht bewiesen zu werden, dais die Kursrückgänge
beim Ausbruch des zukünftigen Krieges viel bedeutsamer sein werden.
In Folge der Bündnisse werden alle fünf Grofsmächte zu gleicher Zeit
in Kriegszustand treten; aber selbst, wenn dies nicht der Fall sein
sollte, so wird die Befürchtung, dafs der Krieg nicht lokalisirt bleiben
dürfte, auf die Börsen die gleiche Wirkung üben. Um nicht beschul-
digt zu werden, dafs wir allzu schwarz sehen, wollen wir die gleiche
Durchschnittshöhe des Rückganges wie im Jahre 1870 annehmen: für
Staats- und städtische Anleihen 20 " oj für Anleihen der Finanzinsti-
tute und Banken, sowie • der Eisenbahn- und industriellen Gesell-
schaften 35 Vo- "^hr erhalten fblgendee Beeoltat:
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92
Von den ökonmnliohen Bdnderigkeitan eto.
Yeriusfee für die Inhaber der Werte von
Fmansinstitateii, Banken, Eisenbahn- und
indoBtriellen Gemllschaften .... 27,3
Staatepapieren and Staatg-Anleihen . . 14
41,8.
Wenn wir nun die Verluste an den bis zum Jahie 1871 emittirten
Werl^pieren bIo6 in dieser H5he annehmen^ so erhalten irir als
Summe des Kursunterschiodes 82 Milliarden.
Der zukünfkige Krieg >vird die Kräfte der Staaten derart in An-
spruch nehmen und wirtschaftlidi so yemichtend wirken, das von
einer baldigen Erholung der Kurse nach dem Kriege, wie dies nach
dem Kriege 1870/71 der Fall war, nicht die llede wird sein können.
Alle Wahrscheinlichkeit spricht daliir, dafs in mehreren Staaten der
Staatsbankerott unvermeidlich werden wird. Selbstverständlich werden
aber die Kursverluste sich auf die Inhaber der Wertpapiere ganz
verschieden verteilen.
Am schwersten worden die wenig bemittelten Klassen leiden.
Um sich Geld zu verschaffen oder den eingegangenen Verpflichtungen
nachzukommen, werden dieselben in jedem Kurse ihre Ersparnisse
losschlagen müssen oder Zwangs verkaufen unterliegen. Von den
Staaten selbst w^erden die einen mehr, die anderen weniger in Mit-
leidenschaft gezogen werden. Einige derselben machen jahrein jahraus
Ersparnisse, wdohe anderen bedürftigen Staaten m Verfügung ge-
stellt werden. Nach dem „Moniteur des intirdte-mat^els'* soll Eng-
land aUein jährlich 4 Milliarden Francs ersparen, und Frankreiidi,
Deutschland, Hofland, Belgien, die Schweis zusammen mindestens
ebensoviel Die Hauptrerlusto werden also anoh diese Staaten au
tragen haben, weil eben sie am meisten betitaen. Dabei ist zu be-
merken, daCs der Erleg bei der Ausdehnung, welche er in Folge der
Bündnisse annehmen wird, und bei der verhängnifsvollen Notwendig-
keit, in dem einmal begonnenen schrecklidien Kampfe eine möglichst
endgiltige Entscheidung herbeizuführen, unausbleiblich den Kredit
nicht nur der am Kampfe teilnehmenden, sondern der neutral bleibenden
Staaten, wie Belgien, Holland, England erschüttern wird. Bei den
ungeheuren Vernichtungsmitteln, die angehäuft wurden, und uiiKesicbts
der allgemeinen Militärpflicht muls der Zukunftskrieg ein Kampf um
die Existenz der Nationen, nicht minder der DjTiastien in den
mitteleuropäischen Staaten werden ; auf t-me baldige Friedensschlielaung
ist also wenig zu rechnen, und mithin werden auch die Staats-
Kreditoren (He Gefahr im Auge behalten müssen, bei diesem oder
jenem Staate Jio Gesammtsumme ihrer Darlehen zu verlieren. Als
Beispiel sei Frankreich angeführt. In Frankreich berechnete man
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Vou den ökonünüschen Schwierigkeiten etc.
93
schon vor Jahren den Besitz an österreiohisoh-ungarischen Börsen-
wertpapieren auf 3 Mflliaiden 666 Millionen Francs, den Besitz an
russischen anf unge&hr 6 Milliarden Francs und an italienisdben auf
2 Mfliiarden 540 Millionen Francs. Der Verlust solcher Kapitalien
kann nicht gleichgültig sein, und ohne Zweifel werden daher die Kurs-
lückgiage bei dieser oder jener Eventualität auf die Stimmung ein-
wirken müssen.
Wir glauben vorstehend den Beweis erbracht zu haben, dafs der
UmCang der wirtschaftlichen Erschütterungen, wolclic ein Krieg für
die an ihm heteiligten Mächte herbeiiUhren dürfte, im Zukunftskriege
ungleieli ^iröfser sein wird, als es im Jahre 1870 der Fall war. Und
auch für die neutralen Mächte wird die Katastrophe nicht allein die
finanziellen Werte treffen. Schon 1870 waren die Handels- und in-
dustriellen Verbindungen zwischen den einzelnen Nationen so zahl-
reich, dafs die durch den Krieg herbeigeführte Verwirrung auch die
neutral gebliebenen Staaten berührt hatte. Dies würde aber noch
weit mehr im Zukunfts-Kriege der Fall sein, weil eben Produktion
und Handel und folglich auch die Fäden, welclie die Interessen der
verschiedenen Länder mit einander verbinden, sicli seit 1870 bedeutend
gemehrt haben. Nehmen wir den günstigsten Fall an, dafs nur
Frankreich und Deutschland einander bekriegen; die übrigen Länder
wfiiden gleichwohl selbst im Falle ihrer Kentnditilt durdk die 7er^
minderung ihrer Handelsbeziehungen zu den kriegfiihrenden Utndern
sehr bedeutende Verluste erleiden. Die Millionen von Männern, welche
in Frankreich und Deutschland zu den Waffen gerufen werden würden,
mflssten dem Landbau, der Industrie, dem Handd entrissen werden,
kannten iär die Äusfiihr nach anderen Lindem nicht mehr arbeiten,
folglich auch nicht Mittel zum Ankaufe fremder Produkte erlangen;
audi in den neutralen Staaten würde darum die F^duktion dement-
sprechend zurückgehen.
Um diese Abhängigkeit eines Landes von andern Ländern zu be-
weisen, seien hier einige Angaben über die Ausfuhr von den in der
Industrie eine hervorragendere Rollo spielenden Waaren, in MiUionoi,
für das Jahr 1888 angegeben'). — Es führten aus:
baamwoll-
WoUen-
wnrraflr
MA» Ar
EiMB- and
Stahlwaaxen
fUr
ZaMBiun für
Ostarrrich ....
7
24
136
11,4
12MiUioneii Gulden
Belgien
19,9
25
67
112 „ Franca
Frankreich ....
106
323
223
71
"23 „ „
Deutschland ....
18G
189
183
176
734 „ Mark
Qronlnritaaien . . .
?
?
?
?
'} Hovell, Gonüicts of Capital and Labour 1890.
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94
Von den ökonomischen Schvderigkeiten etc.
Mal. nimmt an, dais die normale ausländische Einfulir nach
Frankreich 3 bis 4 Millionen Produzenten in andern Ländern Verdienst
giebt, die ausländische Einfuhr nach Deutschland &8t einer gleichen
Zahl Mithin werden alao Millionen Ton Leuten neutraler Staaten,
welche m FHedenszeiten f&r finmönadhe und dentsche HSrkte ar-
beiteten, mm grolBen Teil oder vielladit auch gans ohne Arbeit
bleiben mflasen.
Doch welche unberechenbaren Verluste würden entstehen, weichet
Unheil miifrte hereinbrechen, falls in Folge der abgesdüossenen BOnd-
nisse das ganze Europa metat oder weniger in den Krieg mit hinein-
gesogen werden würde.
wollen hier nicht die Lage beleuchten, in der sich die Be-
völkerung auf dem Kriegsschauplatze selbst befinden wird, sondern
nur die Verhältnisse, welche schon die Mobilisation und der Anmanwh
der Armeen an die Grenze m den Gegenden hervorrufen werden,
welche vom Kriege selbst noch nicht berührt sind, sich aber in der
Nähe des Kriegsschauplatzes befinden.
Ganz abgesehen davon, dafs im ganzen Lande alle zum Kriegs-
dienst tauglichen Leute im Alter von 20 bis 40 Jahren allmählig zu
den Ftüinen einberufen werden können, so dürften in Gegenden, wo
die Bewegung der ungeheuren Heeresniassen vor sich gehen wird,
nur wenige Ortschaften und Wolinplätze sich finden, welche von der
Requisition unberührt bleiben würden oder den nnlitiirischen Beliörden
nicht zur Verfügimg stehen müfsten. VergegenwartigLU wir uns das
^Id einer Mobilisation. Es werden Terlangt: Räumlichkeiten fiir
die Rinquartiemng der Truppen und Pferde, für die Unterbringung
des Materials, tägliehe Yerproriantirung der bei den Bewofanem
untergebrachten Truppcnabteflungen, Vorräte für die abziehenden
Truppen, Heizmaterial und Fourage fttr das Heer, Stroh sum
Nachtlager für die Soldaten, Aufteilung von Fnhrenparks und
Einrichtong eines Schifirerkehrs auf Seen und Flüssen, HttUen zom
Mahlen des Getreides, Backöfen, Materialien und Instrumente zor
Herstellung oder Verbesserung der Wege und Brücken, Wegweiser
und Boten, Arbeiter für die verschiedenen Bedärfiiisse der Armee,
ünterkunftsräume für Kranke und Wartung dieser seitens der Be-
wohner, Materialien für Sattler und Hufschmiede und andere Hand-
werker, die für Marschfähigkeit der Soldaten zu sorgen haben,
Materialien für das Lager, Leinwand, Charpie und sonstiges Verband-
zeug u. s. w. Jedoch wird das alles aeliwerlieh den Truppenführorn
bei dem Anmärsche der Armeen zum Kriegssehaiiplatze selbst oder
im Rücken der militärischen Operationen in erforderlichem Mafse zur
Verfügung stehen können, weil ja immer neue, beständig sich wiedec-
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Von den 5konomkcben Schwierigkeiten etc.
95
holende Forderungen zur Ergänzung und Wiederherstellung des sämmt-
lichen Materials gestellt werden, denn bei der Fortbewoping so
grosser Heeresmassen, mit den heutigen und bei den heutigen Zer-
störungsmitteln steht ein ungeheuerer Verbrauch jener Materialien
in Aussicht.
Und die gewaltige Entziehung von produktiven Arbeitskräften
duiüh Einbenifitng zur Armee oder durch einstweilige Verwendung
▼on Arbeitern und Leitern Tergchiedencr Falirikea Bpeziell fUr Ar-
beiten und Dienetleistnngen iUr die Armee, das alles wird beatzatage
weit ftblbaier sein, als in frOberen Zeiten, sdion allem deswegen,
weil die Spezialirinmg aller Arbeit im westlidien Enro|»a bereits bis
zum Liftenten gedieben ist Den Mangel an Arbeitern und Meistem
in irgend einem besonderen Ptoduktions&che dnrob andere Meister
und Arbeiter sei es aucb derselben Fabrik zu ersetzen, ist bentsutage
sebr schwer, bisweilen umnöglicb; man mufs eben neue Spezialtsten
heranbilden. Und man vergesse nicht, mit welcher ungeheuren
SdinelUgkeit sich heute die Fortschritte vollziehen. Nur in un-
genügendem Mafse geben wir uns Rechenschaft you dieser Schnelligkeit
in den Fortschritten der Gegenwart.
Es ist, als führen wir in einem Schnellzuge, ohne hinaus zu
sehen, nur darum merken wir so wenig davon, wie schnell die Fahrt
vor sicli geht, Denjenigen, welche in der Epoche des grofsen Zu-
sammen stofses zwischen Frankreieii und Deutschland schon erwachsen
waren, kommt es so vor, als ob sich dieser Krieg erst unlängst er-
eignet hätte, als ob seit dieser Zeit in der gesellschaftlirlien und wirt-
schaftlichen Entwickelung nichts Sonderliches vor^jf fallen wäre. Um
sich aber ein richtiges Bild zu verschalTen, muls mau zu Zlfifern
greifen. Nehmen wir z. B. die Kohlen-Produktion.
Sie betrug in:
Millionen Ton
0 e D
MM
1810
188f
Orossbritanmen ....
80
110
162
12
20
eo
8
13
90
9
13
18
2
4
8
0,1
0,6
4
III
167 ( 272
Aber noch ein klareres Bild von den Veränderungen im Wirtschaft-
liefen Leben kann uns Folgendes liefern:
Die ßechensohaftsbenchte des Post- und Telegrapheawesens in
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96
Von den ökonomischen Schwierigkeiten etc.
Deutschlaud fÖP die Zeit von 1868 bis 1801 betrachtet'), ergeben
Kachstehendes:
In sämmtlichen Staaten des deutschen Reiches winden per Post
versandt (in IfiOkniBii):
im im
Jahre 1868 Jahre 1891
Briefe 298 1040
Zeitungsexemplare 160 735
Drucksachen und Waaremnuster 36 419
Postkarten 25 354
Packete 29 108
Rimessen 9 78
Gesammtsumme der ausf^jeführtcn Seiirlnnfien: 557 2798
Mithin ist die Hiiufif];kcit der Heziehiin^en, oder, was dasselbe
bedeutet, die en^e Verbindung der einzelnen Ortlichkeiten und ihre
Abhiinfrifrkcit von einander in den letzten 25 Juliren mehr als fünfmal
gröfser geworden. Hieraus ergiebt sich, um wieviel fühlbarer heut-
zutage jede Unterbrecliuiig oder Beeinträchtigung dieser Beziehungen
durch den Ivrieg sein würde.
Folgende Tabelle kann uns einen ungefähren Begriff von den Ver-
lusten geben, welche die Bevölkerungen der greisen Kontinentalmächte
bei einem Kriege durch Unterbrechung oder Beeinträchtigung der
Handelsberiehnngen und der industriellen Produktion erleiden werden.
Sie ist in der Weise abgefaist, dais die statistisch berechnete gemein-
scfaaftliohe Totaleinnahme, welche in Pfund Sterling ausgedrSokt und
in der letzten Kolonne angegeben ist, gleich Tausend gesetzt ist, um
dadurch nfther zu bestimmen, wieviel Spezialeinnahmen in diesem
Tausend (pro miUe) von jedem Zweige der Ökonomischeii Thfttigkeit
enthalten sind.
Vom Landbau
•
«
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n
n
g
"S s
-c j: &
s-s S
'= s
e
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s.
■ 5
Ca«
Von RtSdti«chen
Immobilien
Vom Handel |
^1
w
0
SP «=
Ji s
" S
B
1
. 8
§111
In Frankreich . • .
396
8
278
92
89
30
4
12
91
1000
1046
n Dentichland . .
355
21
325
96
63
34
4
11
91
1000
1076
„ Ost rrroich-Ungam
■184
11
246
96
44
16
2
11
71
1000
616
5
201
91
61
25
5
14
91
1000
363
„ iiufi>;>iand ....
525
14
96
35
12
2
5
90
1000
975
ffierans ist ersichtlich, dals die Landwirtschaft, weldw M BdsUnd
bis zu 86 Prozent der Bevölkerung beschäftigt, dem Lande nur
^) Jung. „Entwidkebug des Post- und Telegraphenwesens^ 1893.
DIgilized by Google
Von deu ökonomischen Schwierigkeiten etc.
97
52 Prozent seiner Gesammtciniiahme bringt, während sie in Deutsch-
land, wo die Klasse der mit Landwirtschaft Beschäftigten im ganzen
nur 87 Prozent der Bevölkerung ausmacht, 35 PMzent der Oeaammt-
einnahme giebt ; in Frankreioh, wo die mit Landwirteohaft Beeehftftigten
ongefiQur 42 Prozent der Bevölkerung ausmachenf fallen fkst 40 Prosent
der Geeammteinnahmen auf die Landwirtscfliaft; in Öeterreioh-Ungam
machen die I^dwirte fast 49 PMzent der Bevölkemog ans, und gieht
die Landwirtschafk 48 Prozent der Cteaanunteinnahme. Schliefilich ist
in Rulsland, wie wir dies eben anfiihrten, das VerhSltnils der Zahl aller
mit Landwirtschaft Beschäftigten war Teilnahme der Landwirtschaft
an der Gesammteinnahme des Volkes recht grofs, oder umgekehrt, das
Vcrhältnifs der Einträglichkeit der Landwirtschaft zur Zahl der damit
Beschäftigten ein recht geringes.
Mithin bedrohen die wirtschaftlichen Erschüttcmngen eines Krieges
am meisten die Bevülkerun|:,'cn Deutsclilands und dann Frankreiohs,
wcü in diesen Ländern der Anteil der Industrie, des Hüttenwesens
und des Handels an der Gesammtsumme der nationalen Einnahme am
bedeutendsten ist. Rufnland und Österreich-Ungarn befinden sich in
dieser Beziehung in cintf zit inliili gleichen Lage. Italien, welches
zwar durch eine Besclirankimg des Handels mehr als Österreich-Ungarn
und Rufslöud leiden uuil durch Verniiiiderung der SeescIiilTfahrt (ein-
schliefslich der übrigen .Schi Üfahrt) mehr als alle übrigen kontinentalen
Mächte verlieren, dafür aber im allgemeinen bei verhältnifsnüifsig
schwacher Industrie einen geringeren Teil seiner Einnahmen, als die
übrigen Staaten, einbüfseu würde, wird augenscheinlich am wenigsten
bedroht.
Diese allgemeinen Angaben können aber nur ein sehr annShemdes
Bild von den zu erwartenden Katastrophen geben.
Fassen wir nur die Lage des bedeutendsten TeOee der Be-
völkerung — die Landwirte — in's Auge. Je mehr ein Land auf
den Export seiner Produktion angewiesen ist, desto mehr wird
es vom Kriege durch Beschränkung des Verkebra zu leiden haben.
Weiterbin werden sich diejenigen landwirtschaftlichen Betriebe, welche
Luxusartikel, wie Wein, Tabak, Käse, Butter, öl, Apfelsinen und
Citronen, Seide, Sämereien, liefern, in einer schwierigeren Lage be-
finden, als die Korn und Fleisch produzirenden, für welche immerhin
der gröfsere inländische Verbrauch einigermafsen Ersatz bieten würde.
In der schwierigsten Lage würde sich also, von diesem Stand-
punkte aus, Itahen befinden.
Aus denselben Gründen würde eine in Frankreich entstehende
Kalamität ebenfalls grofsc Dimensionen annehmen.
Rufsland, \Yelehes einen grofsen Teil seiner landwirtschaftlichen
JahrbBelter fttr dit DratMh« Arm«« oad Uuiae. Bd. 91, L 7
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98
Von den ahonomtehan Schwierigkeiten ete.
Eizeugniftse erportirt, wird eben&Us mehr in MitkidenBcbaft gezogen
werden, als DeutecUand imd Osterreioli, jedoch viel weniger ab
Italien und Frankreicli, da es hauptaiiWsh Eom nnd Produkte
eritor Bedfirfins^e exportirt, filr welche der grolm inländiaclie Markt
offion bleibt.
Es wfiie jedoch eine Täuschung, nach obigen Angaben ttber die
beim zukünftigen Kriege ontstehendcn Kalamitiiten zu urteilen.
Länder in günstigerer Lage, wie z. B. Italien, Rullaland, werden,
da der allgemeine Wohlstand ihrer Bevölkerungen ein schwacher ist,
auch wenn sie minder intenaiTen Einwirkungen ausgesetzt sein werden,
dennoch viel weniger ertragen können, als Staaten, b^ denen eine
Anhäufiing von Ersparnissen stattgefunden hat.
Italien liefert in letzter Zeit einen Beweis hiertür.
Da durch die Vorbereitungen zu einem Kriege die Steuern und
besonders die Zollbelastung in Italien schon jetzt sehr hohe Dimensionen
angenommen haben und der Wohlstand ein selir niedriger ist, so be-
durfte es blofs unbedeutender Störungen, um schon ernsthafte Unruhen
unter der arbeitenden Bevölkcrungsklasse in Sizilien hervorzurufen.
Johann von Bloch.
Anmerkung d. L. Die Leitung der „Jahrbflcfaer" hat obigom inter-
essanten Attfeatse gern Aabahme gewährt, ohDe ^ocb die volle Verantwort-
woitltohkeit tOat sehien Inbalt in allen Punkten Obernehmeii zu können.
(Schluia folgt)
Yl.
Die Psychologie in der militärischen Erziehung.
Kurz dargestellt von
Dr. Panr,
ObenUbwnt im K. B. 7. infftutüiie-Ueginrai Jht'uoi Leopold.*
Zwei verschiedene Wissensgebiete sind es, von welchen hier die
Sprache sein soll; sie vereinigen sich in dem Ziele, der Armee und
dem Vaterlande zu dienen.
Mann kann fragen: Was soll die Psychologie, Seelenkunde, in
einem viclgeiiliederten Mechanismus — wie die Armee — , dessen
Bestandteile genau ineinander gepafst sind und von einer greisen
Kraft getrieben sicher und unweigerlich arbeiten miissen?
Der Vergleich ist einigermafsen zutreffend, er stimmt aber nicht
in der Hauptsache, d. i. iu dem Motor j dieser ist im Heere nicht ein
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Die Fqrcludoi^ In der mUltiriaclieii Enieliiiiig.
99
physischer, willenloser, sondern eine von höherem Willen ausströmende
lebendige Kraft, welche den ganzen Apparat durchdringt, aber aacb
den einzelnen Teilen ihre selbstständige Thiitigkcit läfst.
Vor näherem Eingehen in die Sache möge es mir gestattet sein,
die Grundzüge der Psychologie in Kürze darzustellen, soweit sie für
den Laien wissenswert erscheint.
Die ersten Regungen der Menschenseelc gehen von den Sinnes-
organen aus, ihre erste Thätigkcit ist also eine empfindende; auf
diese Regungen folgt, zunächst nur triebartig, eine motorische.
Zwischen diese beiden Grundthätigkeiten schiebt sich, hauptsächlich
vom GeBichtBsuin angeregt, bald eixie dritte ein, die Torateilende. —
Es werden nftmlich diurdi yenmttelimg der Sinnesnorren äufteve
Rdze, Sinneseindrücke, ans der Umgebung zum Gentndnerrensjstem
geleitet Hier werden die aufgenommenen Reize Terarbeitet, d. h. die
gleichartigen von den ungleichartigen geschieden, mit anderen ver*
glichen, das Beobachtete wd zn Bildem'nnd Begriffen gestaltet,
welche sich durch Verknüpfimg Terschiedener Vorstellnngen mit-
einander zn Schlulsfolgenuigen und Urteilen erweitem.
Dieses Vennögen wird nach Maisgabe der ererbten Anlagen
durch Erziehung und Übung immer mehr erhöht, die Begrift und
Urteile werden vollkommener und zur Erkenntnils, IntelUgm ge-
steigert, d. i. Verstandsthätigkeit.
Der Mensch ist in geistiger Beziehung ein Pmchxkt aus der An-
lage und Erziehung, fremder und eigener. Die intensiven, fester
haftenden Vorstellungen können später durch gleiche Sinneseindrücke
oder Idccnverbindungon wieder geweckt und reproduzirt werden, d. i.
das Gcdächtnifs. Das Organ all dieser geistigen Arbeit ist das
Gehirn und zwar, wie dif fachmännischen T Untersuchungen am ge-
sunden und kranken Menschen zeigen, die graue Hindensubstanz der
vielgewundenen Oberfläche heider Himhälften.
Aus der bewufsten Vorstellungs- und Denkarbeit resultirt noch
eine weitere Thätigkeit, d. i. das Wollen. Der Wille ist eine aus
Vorstellung und Krkenntnifs resultirende und mit diesen wachsende
Kraft. Beim Wollen setzt sich das Individuum in Beziehung zu den
Menschen und Dingen, zunächst seiner Umgehung, und zwar im zu-
stimmenden oder im entgegengesetzten Sinne. Die anfänglich rein
egoistischen Triebe werden später durch korrigirende Gegenvor-
stellungen zu höherer Qualität, zn besonnenem, zielbewulstem Streben
gesteigert, zu sittlichen Motiven veredelt.
Der Wille ist die treibende Kraft im hewnfsten Menschen.
Den regen Geist drängt es aber noch weiter — zur Realiaimng
semer WQnsche und Strebnngen; er wül sich nach anisen Geltung
7*
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100
Die Psychologie in der miHtärischeu Erziehimg.
venohaffen — der WiUe treibt zum Handeln; denn erst bm^urch
entsteht Befriedigung des Geistes, das Gefiibl' der eigenen Krafti
welche sich zum Mut» zur Thatkraft steigert.
Ans der gesammten Vorstellnngs- und Wülensthfttigkeit» ans den
Motiyen nnd Strebungen gestaltet sidi aUmShlig eine seelische Einheit,
ein individuelles „Ich.^ Je gefestigter dasselbe im geistigen Kampfe
mit sich und der Umgebung wird, je einheitlicher es sein Wollen imd
Handeln leitet, desto mehr entwickelt es sich m einem Charakter.
Nun erfibngt es noch, die empfindende Sphilre des Seelen-
lebens in kurzen Zügen zu schildern. Die Empfindungen, jene ersten
seehscbm Bingen, begleiten das geistige und körperliche Leben auf
seinem ganzep Wege; sie konsentriren sirh zu Gefühlen und zwar
des Behagens oder des Schmerzes, der Lust oder Unlust; in den
ersteren Fällen fördern sie, in den letzteren beeinträchtigen sie das
Vorstellungsvermögen. Empfindungen und Gefühle sind an sich mehr
dunkle, durch d.is jcwoilige Befinden subjektiv becinflufste Urteile,
daher häutigen Scliwankungen untorwnrfen.
Gefühle pflegen in verschiedenen Graden eine Erschütterung,
Schwankung des individuellen „Ich" hervorzubringen, sein Denken
und Wollen verläuft unter Gefühlseinwirkungen ungleichmäfsiger, der
Flufs der Gedanken wird dabei zu sehr beschleunigt oder verlangsamt.
Die Gefühle, in ihrer Qualität und Quantität beeinflufst vom
Willen, bilden das Gemüt. Das (ieniüt wird je nach der Intensität
der Goftihle und der Widerstandskraft, des Willens in mehr oder
minder starke Bewegungen gesetzt; so lange diese im gleichen Gange
erhalten werden können, ist das Gemüt ein gleichmftfsiges, festes;
bei Gemtttsschwftche aber ist es zu Idcht, bei Oemütsloeigkett zu
schwer in Bewegung zu setzen. Starke Schwankungen des Gemttts
können, wenn nicht der Wüle rechtzeitig Mafs gebietet, das Individuum
aus seiner seelischen Qleichlage heraus- und in jene heftigen GefShls-
spannungen hineinbringen, welche man Affekte nennt und zwar ez-
pansire, wenn sie sich der Spannung rascher entäulsem und dann
wieder in das Oleichgewieht der Stimmung gelangen, z. B. Freude,
Übermut, Zorn oder depressive, wenn sie dauernder sind und zu
PassiTität, Willensschwäche hinneigen, z. B. Traurigkeit, KummOT,
Furcht Auf dem Boden der Gemütsschwankungen und Affekte pflegen
äxih am ehesten seelische Störungen zn entwickeln. Hieii>ei bildet
die ai^(eborcnp Anlage einen üauptfaktor.
Dns seelische Gleichgewicht und die geistige Energie sind be-
dingt durch einen normalen materiellen Zustand des Gehirns und
Nervensystems, dieser wieder ist stark abhängig vom körperlichen
Beündeu; Überreizung, Ermüdung, Erkrankung setzen die seelische
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Die Psychologie in der militariacbeu Erziehung.
101
und geistige LdstoiigifiUugkflit herab. — Geteteskrankheiten, (Psycho-
]»athieii) heben die Freiheit des WiUeiis im gerichtUcheiL Sinne, d. L
die Znrechnnngsifthigkeit seitweise oder für immer anf. Eine Er-
Srterang dieser Znstfinde Hegt adBorhalb des Zweckes dieser Ab-
handlung, welche den Anteil der Psychobgie an der soldatischen Er»
Ziehung im Ange hat.
Die Brücke Toa der üieorie rar Präzis beginnt mit der Ab-
richtung der Rekruten.
Diese, deren Sinn bisher hinter dem Pfluge, in der Fabrik oder
Werkstube nur auf ihren Erwerb gerichtet war, kommen nun in ein
Töllig fremdes Voistellungsgebiet, in eine nene, ungewohnte Lebens-
weise nach strenger Ordnung. Bisher meistens nur in einseitiger
Richtung, in manuellen Fertigkeiten ausgebildet, haben sie nun beim
theoretischen Unterrichte in den vielen Vorschriften und Dienstes-
zweigen neue Vorstellungen und Begriffe zu sammeln, was wohl bei
Vielen nur mit Mühe und Not gelingt; leichter und rascher -vdrd die
Sache auf dem Wege der Übung, d. i. des Anachauungs-Unterrichtes,
erfafst und besser im Gedächtnils behalten.
Der individuelle Wille, bisher mehr oder weniger ungezügelt,
steht nun einem höheren Willen, der sich in den Dienstvorschriften
und unmittelbaren Befehlen uufsert, gegenüber; diesem höhereu Willen
hat sich der individuelle unterzuordnen im Interesse der Disziplin und
des Gehorsams — der Omndsäulen einer Armee.
Diese Unterordnung des persönlichen Willens mub eher eine be-
wnftte, nicht eme nnr antomatisohe sein; gerade die rcllbewulste
und festgewollte Mannssmcht lä&t den militärischen Gehorsam nicht
za einem skhmsohen werden, weldier za eigenem Wollen und Handdn
nicht f ihig ist.
Auf dieser Gmndtngend können und mOssen die fibrigen miU-
tirischen Eigenschaften sich entfalten; daher mufs der Wille in dieser
Biditnng ror Allem erzogen and gekräftigt werden — unbeschadet
der zu bildenden VerstaDdesthätigkeit bei Erlernung des Waffisn-
dieostes und der übrigen Dienstzweige.
Der verschiedene Grad der geistigen Anlagen der neu eingestellten
Leute macht seitens der ausbildenden Offiziere ein Individualisiren
notwendig.
Bei der täglichen Beobachtung in und aufser Dienst wird es
nicht schwer sein, die geistig und psychisch Minderwertigen bald zu
erkennen.
Allerdings sind bei der Aushebung Leute mit iibei*standener oder
bestehender Geisteskrankheit oder mit hohem Grade geistiger Be-
schränktheit nach Anlage 4 bis 14 der Ueerordnung schon ausgemustert
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103
INa FkvdiokMEie in der müitiiiMdMn Brriniwiigi
worden; jedoch werden möglicherweise Leute mit Anlafje zu geistigen
Störungen oder oüt bisher unbekannt gebliebenen Abnormitäten ein-
gestellt.
Um dieses zu verhüten, ist es Aufgabe der Zivilvorsitzenden und
Zivilbeisitzer, diesem Punkte von vornherein besondere Aufmerksamkeit
zuzuwenden und den Ersatz-Kommissionen das amtliche Material —
Schul- und ärztliche Zeugnisse — beziehungsweise Aufschlüsse zu
geben, wenn notorische Anla^^e zu Geistesstörungen besteht ^ oder
letztere bereits vorhanden waren.
Werden später bei einem Eingestellten Auffälligkeiten im
psychischen BÖiehmen, unvermittelte Änderungen in der bisherigen
Gemütsart u. dgL wahrgenommen, so oUiegt es dem Kompagniechef
und dem Truppenarzt, auf solche Individuen immer ein wachaamee
Aiig9 zn haben und, sofern die dienstlidie und ilnsUidie Beobachtung
den Verdacht auf geistige Abnormität reditfertigt, ungesäumt die
Entlassung des Mannes zu beantragen — Mafsnahmen, welche durch
wiederholte höchste Befehle angeordnet sind.
Duidi lechtmtige Entfernung solcher Belasteter wird es gelingen,
die Selbstmorde im Heere immermehr hintenan zu halten.
Eine Berechnung der Selbstmorde aus den statistischen Sanität8>
berichten des Königlich Bayerischen Eriegsministeriums nach dem
Dienstalter ergiebt für den Zeitraum 1879—1889 folgendes Resultat:
Von 100 Selbstmorden trafen 30,0 auf das I., 23,5 auf das II.,
21,7 auf das IIL, 6,3 auf das IV. Dienslgahri 18,4 über das IV.
hinaus.
Aus dem statistischen Sanitäts-Bericht des Königlich Preufsischen
Kriegsministeriums horcc-lmen sicli für die mir vorliegende Berichts-
periode von 1884 — 1.*<<S8 ganz ähnliche Werte, nämlich:
42,7% auf das I. ]
21,0 „ - n n. (
11,8 „ , „ III. l Dienstjahr
4,6 „ n „ IV. )
19,8 j, über das IV. hinaus.
Aus diesen Verhältnifszahlen resultirt hervorstehend die weit
gröfsere Häufigkeit der Selbstmorde im I. Dienstjahr; besonders aus-
geprägt ist dieser Unterschied im K. Preufsischen Kontingent — im
I. mehr als das doppelte vom U. Dienstjahr; — in den folgenden
Diensljahren erfolgt ständige Abnahme.
Diese Zahlen sprechen sehr deutlich die Mahnung aus, die in-
dividuellen psychischen Anlagen einer steten Beachtung zu würdigen.
Gerade im I. Diens^jahre kommen die angeborenen Anlagen unter
den Einwirkungen des ungewohnten Dienstes auf die empfindende
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Die I^|ycliolo0e in der milttftiiflelMD Enidiung. 103
Seite des Seelenlebeiiis, also auf d&s Oemüt, am meiBten sror Geltimg;
in dieser Sphäre kommt es, da der Wille ab Gegengewicht nicht
stark genug ist, am ehesten su krankhaften Stfinmgen. '
Es wird auch der Mi&braadi der Dienstgewalt noch weiter ein-
geschränkt werden, wenn die militärische Erziehung thmüiehst den
individnellen Anlagen entsprechend geleitet wird und wenn bei Aus-
wahl und Überwachung der abrichtenden Unterorgane, von welchen
jener Mifsbrauch bekanntlich überwiegend gemacht wird, die psychi-
schen Eigenschaften in Betracht gezogen werden.
Bei dem groüsen Einflufs, welchen die Offiziere vermöge ihrer
Autorität auf die jungen Leute ausüben können, wird es möglich
sein, mangelhafte Veranhiirung derselben durch Erziehung auszugleichen
und fehlerhafte Richtungen des Charakters zu korrigiren.
Hierzu erscheint es allerdings nötig, die Seele der jungen Leute
an sich heranzuziehen, indem man Offenheit und Zutrauen durch
wohlwollende Anteilnahme auch an iliren persönlichen Sehioksalen er-
weckt. Bei Gutgesinnten stöfst diese edle Absicht wühl selten auf
Schwierigkeit; die Hindernisse aber, welche mangelhafter oder böser
Wille entgegensetzt, dürften durch Warnungen und Bestrafungen zu
überwinden sein; äufscrstc, aber gerechte Strenge vermag schlierslich
auch den Halsstarrigen zu bändigen und zu bessern.
Es ist muB hohe Aufgabe für die Vorgesetzten, bei ihren Unter,
gebenen einen festen Willen und Gharokter heranzubilden; nur ein
solcher wird bei den ersehttttemden Eindrücken künftiger mörderischer
Schlachten, wenn der Tod tausendfoch naht, Stand zu halten ver-
mögen.
In den Jahren des aktiven Dienstes beginnt sich der Charakter
des Individuums festzusetzen; gerade da ist nun die militärisdie
Schule der Selbstbeherrschung, des Gehorsams, der Vaterlandsliebe
Ton höchstem Werte; hier kann durch weise Erziehung vielen rer-
derblichen Einflüssen entgegengewirkt werden.
In der militärischen Schule gilt es, der Verweichlichung des Körpers
und Gemütes entgegenzutreten, die Widerstandskraft dieser zu heben,
damit bei den vielen Anforderungen des Dienstes der Wille nicht er^
Bchlafft und dieser nicht zu bald die Herrschaft über den Körper
verliert, damit ferner nicht Haltlosigkeit schon bei geringem .AnlaCs,
bei drohender Strafe u. dgl. eintritt.
Das Hervorragende der militärischen Erziehung ist eben, dafs
sie den jungen Mann nicht nur die Kenntnisse und Fcrtip^keitcn dt»
Dienstes, die richtige Verwendung seiner WaiTe lehrt, sondern dafs
sie auf Aneignung hoher männlicher Eigenschaften: Mut, Ehr- und
Ptiichtgefühl hinwirkt; diese bilden das Leitmotiv die ganze Dienstzeit
hindurch.
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104 Die Fqrohologie In dar nuUtbiwhfla Endehimg.
Das Ehrgefühl, welches besonders geweckt werden soll, bedarf
auch besonderen Schutzes — einer Pflanze gleich, welche vor un-
geeigneten Eingriffen gehütet und so in ihrem Wachstum gefordertwird.
Mit dem Ehrgeföhl ist das Bewulstsein vom Besitze der er>
strebten persönlichen Eigenschaften, sowie der Wille verbunden, diesen
Besitz zu wahren. Die Ehre ist also ein unantastbares persönliches
Eigentum.
Alis der Pflichttreue erwächst die spllistlosc Hingabe für Thron
und Vaterland, der Mut, Gefahren und Strapazen zu überwinden, die
ganze Kraft, selbst das Leben einzusetzen für ein grofses Ziel.
Welch hoher Nutzen für ein ganzes Volk liegt in solcher, über
die Dienstzeit noch hinaus ^virkunder Erziehung!
Vor allem bedarf eine zur Offensive bestimmte Armee jener
EigenscKaliou im hohen Grade.
Dieses Bedürfoifs tritt um so gebietender hervor, als beim An-
griff die Offiziere bald zahlreich - wie 1870/71 — fallen; dann muls
der Geist denelben in den Untergebenen fortleben und fortvirkeii:
Vaterlandsliebe, EntscUossenhett und todeenratigo Tapforkeit — die
höchsten soldatisclien Togendenl
Solcfae aber müssen fest anerzogen Verden in der ntthevollen
Schule des Friedensdienstes — eme An^be, wdohe dmcih die Ver-
kfinrong der DienstprSsenz bei den Fnistmppen auf swei Jahre
schwieriger geworden ist Die kürzere AnsbildungBeit erheischt daher
wohl eine Vertiefung der Arbeit, soll deren Resnltat nicht rasch sich
wieder verflüchtigen.
Die Ansbfldung im Garnison- und Felddienst, im Schieilaen, der
Orientirungssinn, die rasche Auffassung slnnr Situation, kurz das
ganze militärische Vorstellungsvennfigen mnfs in kürzerer Frist ge-
weckt und gefördert werden.
Diese intensive militärische Ausbildung dürfte leichter gelingen,
wenn auch auf die seelischen Eigenschaften des Soldaten — in den
oben bezeichneten Richtungen — voller Einflufs ausgeübt wird.
Wohl wcifs icli, dafs im Vorstelu lulon keine neuen militärischen
Gedanken ausgesproclien sind ; icli wollte aber doch die Aufmerk-
samkeit auf einen Gegenstand lenken, welcher mit einschlägt in das
Gebiet:
„Geist in der Armee."
Dafs die Würdigung des psycholo^scheu Faktors in der soldatischen
Erziehung von Nutzen für die Armee ist, dürfte aufser Zweifel sein
und wird auch von den erfahrenen, im Dienste gereiften Offizieren
YoUauf anerkannt.
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vu.
Militärisches aus Rufsland.
flrrichtung einer Verwaltung des Qeneral-Inspekteurs der Kavallerie. — Melde-
reiter^Detaehementa. — Venache auf der Offlaer-Schiefncliule. — Ingenieoi^
Depots. — Nea-Oqpulisatiolum in Ost^ibiriea Genoral 8eddel«r.
Einem lanfj;e gebeten Wunsche des Grofst'iirsteu Nikolai
Nikolajewitseh ist dadurch entsprochen worden, dafs ihm die Stellung
flhiM General-Inspekteurs der Kavallerie, welche mit dem Tode
seines Veten, des GroMisten Nikolai des Älteren, eingegangen war,
flbertragen worden ist Der Oro&fUrsI ist — bei russischen Grolb-
iürsfeen eine SeLtenheit — mit Leib und Seele Soldat und leiden-
sobaftiicher Kavallerist Die nen erriehtete Verwaltung des General-
Inspekteurs besteht ans dem Stabe des General-Inspektevrs
(1 General als Stabschef, 1 General als Gehülfen des Stabscheb,
2 Stabsoffiziere als filtere Acljiitanten, 1 Oberof&zier als Gehülfen des
filteren Adjutanten und 10 Unterchaxgen), 8 Generalen für Auf-
träge und 2 Adjutanten. — Zum Stabschef ist Generalmajor
Palizyn, seit kurzem erst Stabschef des Garde-Korps, ernannt worden;
mwkwürdiger Weise ist General Palizyn nicht Kavallerist, sondern
ans der Infanterie hervorgegangen, doch war er längere Zeit Stabs-
chef der 2. Garde-KavaUerie-Division , wolier er sich wohl des be-
sonderen Vertrauens seines damaligen Divisions-Kommandeurs, des
Grofslürsten Nikolai, zu erfreuen haben mag; zum Gehiilfen des
Stabschefs wurde Oberst Wannowski, ein Sohn des Kriegs-
ministers, ernannt. — Der General-Inspekteur hat die Aufsicht über
die gesammte Ausbildung der Kavallerie, über den Dienstbetrieb der
Offizier-Kavalleric-Schule , sowie über den Dienst der Kadres des
Kavallerie-Ersatzes; er ist für die Ergänzung der aktiven Kavallerie-
Reginu'Titor an Pferden aus tlen Kadres des Kavallerie-Ersatzes, sowie
fiir die iiciiiontiruii^f der letzteren verantwoi tlich und hat die For-
Durung der Ersatz-Kskiidrons zu leiten. — Mit der Bildung der Ver-
waltung des General-Inspekteurs ist die bisher bestehende Kavallerie-
Abteilung des Hauptstabes aufgehoben worden.
Am 6. August fand im Lager von Krafsnoje Sselo vor Sr. Majestftt
dem Kaiser ein grofses Kavallerie-ManöTer statt, bei welchem der
neue General-Inspekteur ein Kavallerie-Korps von 47 Eskadrons und
24 Gescbtttsen fährte. Das Manöver endigte, wie üblich, mit einer
„durchgehenden Attacke** der gesammten Kavallerie gegen die In-
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106
Militäriachee aiu Rulkland.
luiterie des feindficheii Detaehements. Diose Attacken —bei welofaer
sich die 4 Kflraaeier-Beguiienter in erster Linie, die Kasaken-Brigade
im zweiten Treffen, das Ldbgarde-Husaren- und Leibgarde-Dragoner-
Regiment in der Beserte befimden^ während die 1. Brigade 2. Garde-
Ka.T.-DiT. den Gegner in der linken Flanke attackirte — wurde über
3 Weist im Galopp mit groiker Ordnung und Energie aufgeführt.
Durch Verfiiguiig vom 22. Juli d. J. sind bei den Jagd-
kommandos von vorläufig 11 Armee-Korps und 6 Schützen-Brigaden
„Kommandos berittener Ordonnanzen" (Meldereiter-Detache-
ments) Tersuchsweise eingerichtet worden. Der Verordnung über die
Errichtung dieser Detaehements entnehmen wir Folgendes: Zur Aua-
übung des Ordonnanzdienstes bei den höheren Truppenstäben und
bei den Tnippentoilpn der Infanterie werden aus den Jagdkommandos
der Infanterie- und Scliiitzen-He^^dnienter Mannschafton ausgeschieden,
welche „beritten«^ Ordonnanzen" genannt werden, und zwar hat jedes
Infauterie-Rügiment 12. jedes Schützen-Regiment (zu 2 Bataillonen)
5 berittene Ordonnanzen , darunter je 1 Unteroffizier. Diese
Ordonnanzen verbleiben den grölsten Teil des Jahres im Verbände
der Jagdkommandos, deren Dienst sie mitmachen ; ihre Ausscheidung
erfolgt erst zu Beginn der gröfseren Sommer-Übungen und der
Manöver. An berittenen Ürdunnunzeii haben zu beanspruchen: der
kommandirende General je 1 von jedem Infanterie-Regiment seines
Armee-Korps« der Dhrisrons-Kommandeur je 2 von jedem In&nterie-
Begiment seiner Division, der Brigade-Kommandeur je 1 von
jedem Regiment der Brigade, der Hegiments-Kommandeur je 1 von
jedem Bataillon, der Batafllons-Kommandenr 1 seines Bataillons.
— Die berittenen Ordonnanzen behalten die Uniform und Aus-
rOstung ihrer Truppenteile; aufserdem werden sie mit dem Dragoner-
Säbel am Bandolier, mit Revolver, kursem Mantel mit Baadblyk und
einer am Leibriemen befestigten Brieftasche versehen, welche Gegen-
stände ihnen jedoch nur zum Schiefsdienst, zum Reiten und zur Aus-
Obung des Ordonnanz-Dienstes ausgehändigt werden. — Die Beritten-
machung dieser Ordonnanzen geschieht, auf Verfügung der Bezirks-
stäbe, durch ausrangirte Pferde der zu dem betreffenden Militär-
Bezirk gehörenden Kavallerie-Regimenter; die Ausrangirung dieser
Pferde bei den Meldereiter-Detacliements darf ausscbliefslich nur bei
völliger Dienstuntauglichkeit erfolgen. Die Erteilung des Reitunter-
riclits wird vom Regiments-Konmiandcur einem jüngeren Offizier
übertragen. Wie man sieht, erfahrt die kavalleristische Ausbildung
dieser Meldereiter eine reclit stiefmütterliche Ilehandlung.
Die Offizier-Scliierssfhulo in Petersburt; veröffentlicht seit
einiger Zeit Berichte über die Ergebnisse von stattgehabten
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IfOitiiiicli« aus Bufidand.
107
Versuoheiii so weit iolehe für die Trappe von InteresBe Bind. Der
enfee Bericht enthält die Beachmbung von Versuchen mit Exersir-
Patronen fiir das Drei-Iinien-Gewehr; die voredhriftamilinge Ezerzir-
patoone des rossisehen Gewehrs hat nämHdi etne ToUkommene leere
Zttnd^ocfce, von den IVnppen dagegen wurde der, auch bei uns ein-
geftbrten, Exerzirpatrone mit Poffenrorrichtunr]; Jer \'orzug gegeben.
Die nun mit beiden Patronenarten angestellten Versuche ergaben,
dals die Patronen mit Puffervorrichtung, abgesehen von ihrem höheren
Preise, für die Schonong des Schlofsmechanismus weniger geeignet
sind, als die Patronen mit leerer Zündglocke; für die praktischen
Versnclie wurden je 4 Gewehre mit beiden Patroneiiarten geladen,
worauf jedes Gewehr "20000 mal abgedrückt wurde; hierbei zerbrachen
2 Schlagbolzen und zwar in Gewehren, welche mit Patrnnen mit
Puflfervorrichtung [geladen waren; im Übrigen waren die Geweine (ab-
gesehen von 2 zerbrochenen Ausziehem) unbeschädigt ; theoretisch
wird jene Erscheinung dadurch erklärt, dafs bei den vorschrifts-
mälsigen Patronen die ganze Kraft der Vorwärtsbewegung des
Schlöfschens durch das Anschlugen des vorderen Randes des SchKifschens
an den hinteren Rand der Kanuiier aufgefangen wird; da diese Teile
gehärtet sind, kamen Beschädigungen hier nicht vor. Bei der An-
wendung jedoch Ton Patronen mit Pufierrorrichtung wird die Vor-
vftrtsbewegung des ScUtflsehens durch das Anschlagen der Spitse des
Schlagbobsens an den Puffer verlangsamt; da aber das Gewicht des
Schlöibcheiis grOlser als das des Schlagbob»ns ist, drttokt es, in dem
Bestreben weiter Tomuscbnellen, auf den Schlagbolzen, welcher hier-
dnrdi verbogen oder selbst serbrochen wird. — Der zweite Bericht
der Schiebsdiule bezieht aidi auf die Prüfung yon Drei-Linien»
Gewehren M. 1891, welche in Terschiedenen russischen und
französischen Fabriken angefertigt worden sind. Dieser Bericht
enthmt so viele interessante Angaben, dab wir nftdisten Monat aus-
führlicher darauf zurückkommen werden.
Der weiteren Entwickelung des Ingenieurwesens wird seit
der Neuformation dw Ingenieur -Truppen miauegesetzt die gröDste
Aufmerksamkeit zugewendet So ist vor Kurzem eine Verordnung
über die Ingenieur-Depots erlassen werden, durch welche die
Einteilung und Anlage der Depots nun geregelt wird; das Haupt-
Ingeni eur- Depot in Petersburg dient zur Ergänzung des Materials
aller Ingenieur- Truppen, -Parks und -Depots, sowie zur Versorgung
neufonmrter Truppenteile mit Schanzzeug; die Bezirks-Ingenieur-
Depots bewahren das zur Ergänzung des Schanzzeuges aller Truppen-
gattungen erforderliche Material auf; die Festungs-I iigenieur-
Depots enthalten das für die Verteidigung der Festung erforderliche
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106
MilftiiriMhff an Unfifhimi.
Ingemenr-Hatenal; In den Torgesohobenen Lokal-Iagenienr-
Depots werden diejemgen Initromente anfbewalurt, welche wfthmnd
der Mobilmaffhnng zur Befestigiing vorher heetimmter voigeMhobener
Stettungen erforderlich imd; ihre Anlage «folgt an den dmdi den
Mobilmaohiinga-Plan fiBBtgeeetiten Punkten. — Ein Befehl des
Generals Schnwalow an die IVuppen seinee MOitftrbeorks ver-
langt eine sachgemäfsere Verwendung der Ingenieur-Truppen
bei den Manövem; bisher seien dieselben im Allgemeinen überhaupl
nicht verwendet worden, wo dieses aber geschehen, habe man sie
entweder Arbeiten verrichten lassen, die Sache der übrigen Trappen
wiiren, oder man habe sie als ttberflüssige Kompagnien im Gefedbt
▼erwendet.
Unausgesetzt wird seit Beginn des japanisch-chineeischen Krieges
an der weiteren Entwickelung der in Ostsibirien stehenden
Trii ppcnmacht gearbeitet. Die Formation der ostsibirisclicn
Linion-Brigadc (in Chabarowsk), in deren Verband (das 3., <).
und 10.) von den 10 ostsibirischen Linien-Bataillonen getreten sind,
hat im Sommer 8tattj;( Funden. Das Amur-Kasaken-Heor ist in
Neuorganisation begriilcü (s. Umschau i. d. Mil.-Lit. „Russ. Invalide"^).
Für die ostsibirische F'eldartillorie, welche in diesem Jahre durch
2 Mörser-Batterien verstärkt worden war, ist soeben eine neue
Einteilung und Verstärkung befohlen worden ; die bisherige ostsibirische
Artillerie-Brigade (zu 6 Feld-Batterien) wird in 1. ostsibirische
Artillerie-Brigade umbenannt, in deren Verband 4 Feld-Batterien
der ehemaligen ostsibir. Art.-Brig. und die liiaher sclbstständigen 2
Mörser-Batterien treten; die 2. ostsibiri-sche Artillerie-P»rigade
wird neu formirt und setzt sich aus 2 Batterien der ostsibirischen
und aus 2 Batterien der westsibirischen Artillerie-Brigade zusammen.
Die westsibirisebe Artillerie-Brigade wird aufgelöst und in
eine selbststftndige westsibirische Art.-Abteilnng zu 3 Batterien
Terwandelt
Soeben kommt die Nachricht, daft der schon seit längerer Zeit
krttnkelnde Kommandeur des 18. Aimee-Korps (Dorpat), Gen, -Li
Baron Seddeler, in den Kriegsrat versetzt worden, d.h. snr Dis-
position gestellt worden ist Mit ihm verliert die rassische Armee
einen trefflichen FQhrer und hervorragenden Soldaten, der in trenem
Dienste semem Kaiser nnd Vateilande doch niemals sein Deatschtom
yerlengnet bat.
d. 1.9.95. T.T.
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T]
n
Umsohau in der Müitär-Litteratur.
I. Ausländische Zeitschriften.
Streffleur's österreichische militärische Zeitschrift. (August.)
Die K.^inpfe im Passe Strub aud ia den Piiasea dea Piiuigftaes 1&09. —
Blätter und Blüten.
Orjraii der militär- wissenschaftlichen Vereine. (Österreich.)
öl. £aiid 1. Heft: Die schmal8|)urige transportable Feldbahn als Traus-
portmitt«! fttr Verwundete im Kriege. — Forlsebritt nnd Rttdkadiritt des
Infimlerie-Gewelin. — Verhältniase von Baum, Kraft und Zeit in Schlachten,
uMbeaondere im Gefeeht der Infanterie.
Mitteilungen Uber Gej^enstiinde des Artillerie- und GenieweseiiB.
(Öaterreitth.) 7. Heft: Das Horizontal- und VertUEalfeuer an der Kflate.
— Spannung und Durchhang elektrisclipr Luftleitungen.
Armeeblatt. (Ost er reich.) Nr. 29: TicLrelgufsHtalil für Krii!<,^s-
niaterial und dessen Erzeugung in üsterreieh. Nr. 30: Das oi-sti- \'icrtel-
Jahrhundcrt der üstorreichischen Landwehr. — Unsere Kreuzer-Division iu
Gibraltar. Vi.Sl: Nene Befestigungen in Frankreich. Nach „Armöe
tenitoriale'S Im Nordwesten sind besonders Lille und Kanbenge mit neuen
Befestigungen YMsehen worden; Verdnn, Toni, Epmal, Beifort haben
VersUirkungen erfahren, ebenso die Pestunfren an der Alpengrenze und
aelbst in den Pyrenäen. — Heerwesen und Marine in Italien. (Ahdruclt
aus Mover Oonv,-Lex. neuester Anfln^'L') Ks ist ein trauriges Zeichen
für die Ergiebigkeit der Wilit.ii J.,itteratm, ilafs so viele Blätter iu Deutsch-
land und Ostcrreicli sich mit solchen Artikeln behelten müssen, die, schon
vor Jaiiren abgeliefert, niemals ein wahres Bild der Gegenwart liefern.
Ar; 88: Unsere Kreuserdiviaion in Braei Vr. 88: Znm 18. August. (Ge>
burtatag Sr. Apostolischen MajestKt). — Die Genie-Truppe in Franicreich.
— Die Österreicbiacfae Gesellschaft Tom Boten Kreus. Hr. 84: Das
Pai'iii'sclic Knchsystem in railitürischen Kficlien im Frieden und im Kriege.
Militür-Zeitung. (()öt erreich.) Nr. 26: Oberstlieuteuants höherer
Gebühr. Sollen an 8telle der übei7:/ihlifren Obersten treten, die nicht K« -
giments-Kommandanteu sind. Verfasser fürchtet, dafs damit den TrujijHi)-
offizieren die Stelle als letztere verschlossen werden und lediglich General-
stäbler Regimenter erhalten. Dem Generalstab wird Mangel an Berührung
nut der Truppe und bei groitor Wissenschaftliehkeit ein an langer Ver-
bleib im Bnraauleben vorgehalten. Nr. 86: Zur auftertourlichen Beförderung.
Kr» 88: Zur Neuauflage der Gebiihrenvorschrift. — Die Falinenweihe des
8. Ke^iments der Tiroler Kusetjüger. Nr. 29: Probedienstleistung Ein«
jährig Freiwilliger behufs Ubersetzun«,' in den Berufsstand.
Die Beiohawelir. (Österreich.) Nr. 791: Die ciuronische Unteroffiaier-
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Umschau in der Militär -Litteratur.
frage. IV. Versorgung. Der Ka^jitulaut kann alljährlich eutlasseu werden,
das AnstellungactfUfikat kftnn dtudi geringe Vergehen in der IHenMMit
verbten gehen. Kr. 708: Die chroniaehe ünteroffidenfirage. V. DiBknariiui,
Beantwortung der bis jetst gemeehten Einwfirfe. Wr. 799, 794: Dasselbe,
VI. Vn. Resumd und Vowchlfipe. Kr. 795: Die Offiziere in k. k. Land-
wehr- LokalanBtellangen. — Hinsichtlich der St. Petersburger Original-
Korrespondenz vom 19. 7. (Nr, 793) sei bemerkt, dafe das Kussische Feld-
artillerie - Material seit 30 Jahren schon die Fortüchafl'ung von 5 Mann
Bedienung auf Protze und Latieto berücksichtigt, die Nachricht, solche
Eiurichtungen sollten je ist erst getroffen werden, also irrtümlich ist.
■r. 790: Der Genend kommtl HumonstiBcber Ergu& fiber Inspizirangen
dnreh Yorgesetste, welche dem Tmppenleben fem stehen. — Dar neue
General-Artillerie- Inspektor Feldmawchall -Lieut. Alfrod Ritter von Kro-
patschek, Lebenslauf. Derselbe ist erst 57 Jahre alt und hatte vordem die
3. Artillerie-Brigade in Graz. Nr. 798: Da« inilit^irische Ministerium im
Fracke. (liezieht sich auf das Ministeriiun für Landesverteidigung in Wien,
das auf 27 Offiziere 103 Beamte zahlt.) Nr. 800: Die neuen organischen
Bestimmungen fUr die Infanterie. Kr. 801: Kepetirpistole oder Revolver.
Vr. 008: Gedanken Aber die AoehÜdnng der EBkadron im Fclddienat —
Der maeedoniBehe Rnmmel, ^on Heasan Achmed. Kr. 000: Die An*-
mnatemng 1895. 907 Zöglinge der Militllr-BildnngMnfltelten sind am Ge-
burtstage des Kaisers in die Armee getreten. Kr. 806: 's Traumbüchl",
Bezieht sich nufs neue Qebiihren«Reglement, das sehr verschiedene Ans'
legungen zulasse.
liP Spectateur militaire. (15 Juli.) Die militärisclien Fragen vor
dem Parlament. — Der Stroit tür das Schild (Forts.). — Die Ergebnisse
des Krieges (1812—1870) (Forts.). — (1. August). VersÄrkung der
Infonterie-Eadres. — Harsehall Canrohert — Der Streit Ar den Bcfaikl
(Forta.). — Die Ergebnisse des Krieges (1812—1870) (8ehlnlk>
Berne militaire universelle. Kr. 41: Allgenieine Übersicht ühvr
das tranzösiche Afrika (Forts.). — Die Expedition von Snrdinien und der
corsische Feldzug (Forts.). — Indien und die englisch-russische Frage
(Forts.). — Zusaiumenfassende ötudie der in der deutschen Armee statt-
gefundenen Änderungen. — Liste der unter dem 1. Kaiserreich von 1805
bis 1815 getödteten oder verwundeten Offiriera.
Rmt d« eerele milltaii«. Kr. 09: Bslkaaftbergang dea Genersl
Gniko. (Forts.). — Die Transportnuttel der italienisdhen Trappen im Ge-
birge. (Schlufs). Kr. 80: Balkantibergang des Goneral Gurko. (Fort«« ).
— Auf den Weg nach Madagascar (Forts.). Nr. 31: Unser Infanterie«
Reglement und dio. deutschen Kritiker. — Auf Mndngnscar. Brief eines
an der Expedition bctr iligten Offiziers. — Balkaniil»t»rgang des General
Gurko (Forts.). Kr. 32: Das zusammenlegbare Zweirad hei den Gamison-
Hantfvem. — Unser Infiinterie-Reglement und die deutschen Kritiker
(Forte.). — Ballumttbergaug dea General Gurko (Forts.). Hr. 08: Armee-
Manöver 1895. Die I. Armee unter Negrier afihlt das VII. und YIII. Korps,
die n. unter Jamont awei ans der VL Beginn hervorgehende kombinirte
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Umschau in der Militär-LitteraUur.
III
Korps, als VI. und YI. Iris besoiehiiet Vom 6.— 10. Sept numÖTiiren
beidft Anneen unter Saiueier gegen euumder, Tom 11.^20. beide Acnteen
als Armee - Gruppe unter Saussier's Oberbefehl gegen einen markirten
Feind unter Giovanninelli, dem ein koinbinirtes Korps (41. Inf. -Divis.,
B8. Inf.-Brig.. Marine-Tnf.-Brig.) und dü« 2. Knv. Division unterstellt sind.
— Unser lntknt('iiivl{('<,^lcment und d'w dout-scben Kritiker (ächiuüi). —
Balkantibcr^Hiig des Gt'iiHr;il Gnrko (Öchluls).
Revue de Cuvulerie. (Juli). I>id duuuchu Kavallerie uud die
AnoM von Ciinloiu. — Aasbildang und FBbrung der EaTellerie. Tetttment
«ines KavaUeriaten (Forts.). — Die Meldereiter (escadrona d^eatafettea) in
Deutachland. — Ptovisorisehe Regimenter und Kava]leri»-Detadiementa
1809—13. ~ Die Qaide-Kavallerie-Division im italicniadien YOämg 1869
(Forts.). — Schit'fsen zu Pferde, Einzelfeuer und Salven.
Revue d* Artillerie. (.Juli). Vereinheitlichung der gewerlilichen
Mafse. — Theoretische Studie der Wirkung beim Schrapnelschul'b mit
Zeitzünder. — Anordnung der Zieler für die bchiel£übungen der deutscheu
Aidllerieu (Angust.) Die grofte Batterie der Chirde bei Wagram. —
Die ArtiUerie bei Beginn der BeTolntionakriege (Forts.). — Vereinbe&t-
üdma^ dar gewerbüdien Hafte.
L'Aveuir militaire. Nr. 2016: DieKrisis der Bhivnlegion. Kr. 2017:
Die Schubkarre beim Expeditions-Korps von Mudagascar. Vorschlag dea
General de Villenoisy. Nr. 2018: Der deutsche Kriegs-Plau. Nach einer
Veröffentlichung des Kapitän Gilbert in der ,,Nouvelle K*'vne". Nr. 2019:
Die Verantwortlichkeit ttir Madagascar. Bezieht sieb aul die bekannte
Nele, worin der Marinemimster die Verantwortung fiir Kanonenboote nnd
AoiladeBtoUe ablehnt Der Blriegsminiiter gehtfre jetst naeb Paris, es sei
keine Zeit mr Badereiie. Hr. M80: Die dentsdie Spvaebe und die fran-
zösische Intendanz. Ks wüd getadelt, dafs die Kenntnife der deutschen
Spracbe für den Ii bertritt xor Intendanz lediglich fakultativ geworden und
das deutsehe riiema weggefallen ist. Nr. 2021; Schwarze Punkte am
politischen Himmel, (Mazedonien, Bulgarien, Abessinien, Ohtasien). Nr.2022:
Die Traubporte nach Madagascar. Nr. 2023: Mangel un Kapitulaiiteu-
Unteroffizieren. — Bei Tbörouaune (Pas de Calais) wird der Erwerb eines
^tappmübungsplatzeB, insbesondere som Sdiiefiwn auf groibe Entfernungen,
beabnehtigt Hr.SOM: Die Sebfller-Bataillone. Nehmen ein Idltgliehes
finde, sie sind dem Fluch der Lächerlidikeit ver&Uen. Die Stadt Poris
verkauft z. Z. das Material Die ihnen von Flocquet als Seine -Pr&-
fekten verliehene Fahne kommt nicht ins Invalidenhotcl. Nr. 2025: Vrr-
gangenlieit und Zukunft. Betrachtungen, wie e.s am Ende (ies .Jahrhuiulertü
ausseben wird, anknüptend an Napoleon I. bekannten Au.sspruch. Ver-
fasser glaubt aber, dais Europa dann weder republikanisch noch kasaldsch
sein wird* Xr. 8086: Die Manöver und der Krieg. Pessimistische Be-
traehtnng ttber Madagaskar.
Le PMffte mlillalie. Nr. 158S: Die Parade in Longchamps. Das
381. Beserve-Kegiment wird g(>lobt. Das 1. Glied der Eskadron von St.
Qyt war mit LauMn bewaffnet Nr. 1636; Die Besichtigungen seitens der
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112
ümaduni in der Ififitir-Litteratiir.
G^aral- Inspekteure, welche so dem spesiellen Zweck ernannt sind (statt der-
jenigen der höcljBten Vorgesetzten)* — - Das spanische Geschwader in Cher-
bourg. Nr. 1538: Nach Madagascar. Alles berechtigte zu der Annahme,
dafs es sich um eine Muster-Unternehmung haiulein würde: firühere Er-
falirungcn, offenes Vorf^'ehen, Zeit zur Vorbereitunfr, Willfahrigkeit des
Parlaments. Dafs in Wirklichkeit trotzdem nicht Alleä btiiumte, wird im-
beaondere dem Umstand mgeBehrieben, da& man mit BOdciieht auf den
chino-japameehen Krieg ^ afrücaniacben Begim^uter sehonen und «u
▼iel sn jnngen Leuten der Armee des MnttMkiidee neue T ra ppe n teDe
Aofirtellcu nuifste. Ein Ubelstand sei es, dafs der Oberbefeldsbaber den
ursprünglichen Plan habe gänzlich umändern müssen. Zum Glück gereiche
es, dals die Hovas so geringen Widerstand leisteten und man so aus-
giebigen Gebrauch von der Artillerie, namentlich den Melinit-Granaten
mache. Die Leliren, welche für einen Krieg in Europa hieraus zu ziehen
seien, solle man lücht waSm Adit laasen. Vr* 1640: Die „Spezialisirung"
der Generale. INeMiben lltnden eine sn einsdtige Yerwendnag, sum
mflsae denjenigen der Spenalweflte Infimt-Kenunendoe geben nnd noch
der Infanterie entstammende als Festnngs-Gouvemeur verwenden. Kr.l64S:
Miliiärischer und bürgerlicher Kang, man beabsichtigt die bürgerlichen
Rangstufen mit den miHtiirisehen in Gleichstellung zu bringen. Die Keserve-
Offiziero, welche aus den technischen Hochschulen hervorgehen, sollen
dann mit den höheren bürgerlichen Kangstuien auch die miliiHrischeu an-
nehmen. Wird mit Recht sehr getadelt. Nr. 1544: Der Schuis zu Pferde
bei der Kavallerie. Die AnsbUdnog darin wird empfehlen. — Truppen-
einteUnng za den OtaSBea ManSvem 1895.
La France militaire. TUt. 3382: Die zweijährige Dienstseit III, IV.
Hr. 3386: Nach der Parade (des 14. Juli). Eindrücke eines fremden
Offiziers, dos Attflcliö's eines der mächtigsten Reiche Euiopa's, welche sehr
günstig sind. Nr. 3386: Nach der Erobonmg. Betrachtunf:. wie Mada-
gascar nach der Einnahme viui Tananarive, auf" welche man sicher rechnet,
verwaltet werden soll Nr. 3387: Regimeutsfeste. Nr. 3388: Die zwei-
jährige DienstMit V. VI. Vr. 8888: Alarmschrei. Spricht sich für Herab-
setanng der Altersgrenze der Generale anf 60 Jahre aus. Kr. 8880: Kiel
und der Kanal der 2 Meere. Spricht die Ho£Enung aus, dafs „die schmach-
volle Reise nach Kiel " wenigstens die Verv^nrklic-hung des Kanals zwischen
Atlant. Ozean und ^littelmeer im Gefolge habe. Nr. 3391: Zweijährige
Dienstzeit und die KlVektivstärke. Nr. 3394: Die zwcijülirii;« Dienstzeit,
VIT. VIII. Nr. 3395: Altersg:ien/t\ Entgegnung auf den Artikel: „Alarm-
schrei" in Nr. 3389. Nr. 3396: Paraden und Krieg. Warnt in Anbetracht
des Enthnriasmns, welchen die Jnli-Parade hervorgerafon,YOr ni weitgehenden
Erwartungen. Eine Ähnliche Begeistemng sei auch vor 1870 bei den
Bevnen gewesen. Es mUsse noch viel geacfadien, mn den riclitigefli Ge*
branch von den vorzüglichen Waffen zu niaclu n, Manöver- und Schiefii-
plätze seien unzureichend, das habe selbst der Kriegsminister anerkannt etc.
Nr. 3397: Der Kanal der 'J Meere 2. Artikel: Bedingnngen, welchen der-
selbe geuügeu muXs. Nr. 3399: Öulduteu-Kasinos. Man habe grufse Fort-
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Umschau in der Militär-Litteratur.
113
■ehritte gemacht, seit der Zeit, wo 2 Soldaten Bett und EtechfiSMl teilten,
in der Sotge, ftr daa WoUbefinden. Die einnge Stelle, wo der
Soldat sich erholen könne, sei die Kantine, aber er habe keinen Verbleib,
um Bich geistig zu beschäftigen, wenn er dazu Neigung halie. Man BoUe
darin das Beispiel dor Deutschen nachahmen. Hr. 3400: Die zweijfilin'fro
Dienstzeit. IX. — XI. Nr, 3401: Zweijähriger Dienst. I. Neue Artikelreiho
von (ieiieral Philebert. Nr. 3403: Die Verteidigung der Seine. Nr. 3404:
Beruhigungs- Artikel betreffs Madagasuar. Voa Oberst Thomas. Nr. 3406:
Zweglüuige DienstMit II. Haupteache sei die Sicheratellnng der ünter>
ofiBsier-EcgKnsang, die adion jetst in Frage eei, da Allee von halbweger
Bildung nur 1 Jabr diene. Diisc Gunst bitten die G^esetsgeber ihrer
Nacbkommenschaf) geMchert. Nor d'w Armen tragen die volle Last des
Dienstes. Dii; besser erzo^'onon Klomonte stellten koin Materin! fnr Unter-
offiziere von längen'r Uienstztit, denen man oliiiehin nicht die Ver-
sprechungen halte (!}. Nr. 3407: Der Kanal ßordeaux-Xarbonne. III.
Dies Spezial-Projekt wird lebhaft bekämpft und eine Verbindung von
Botdeanx mit Hbmeille befürwortet
Lft BelglqM nlUtalm. Br. 1S66: Die Yerteidigong der Staaten nnd
die Befeetignngekunst im XIX. Jahrhundert, von Qeneral-Lientraant
Brialmont (Aassug). Die Belgischen Sozialisten und die Armee. Nr. 1266:
Die Verteidigung der Staaten etc. (Fort.s.). — Die französischen Schiefs-
Ubungen, nach einer Veröffentlichung des technischen Artiii. - Kouiite.
Hr. 1267: Die Verteidigimg der Staaten etc. (Forts.). — Die neue Feld-
dienst-Ordnung der französischen Armee. Nr. 1268: Die Verteidigung der
Staaten etc. (Forts.). — Grolbe ManGver 1895. — VenehmelTOng der
Ardlleiie und des Genie in Frankreich. Br. IMB: Der pendnliche Dienst.
— CffoAe Manöver. Finden im September bei Antwerpen statt, angleieh
den Festnngskrieg berOeksichtigend.
ReTue de Tarmee beige. (Juli-August). Die maritime Kriegskunst.
— Studie über die Bedeutung der Festungen bei der Landesverteidigung. —
Die deutsch-russischen und übterreiehisch-russiwcheu Grenzen. — Das
Kriegsmaterial der Fabriken des Creusot auf der Antweriiener Weltaus-
atfiHnng (Forts.). — Studie ftber Kartographie in dar Vergangenheit und
Gegenwart. ^ Urteile ftber die militSrische Tüchtigkeit der Schweix.
Sdiweiserifldie MoHatsaelurlft für Oflixiere aller WsIIni. Br, 7:
Die Diiaiplin. Gedanken über die heutige und zukünftige Ausbildung
unserer Tnipp<Mi (Forts.). — Die Kinnahme Port Artlinr>i ''.Schlufs).
Allgenieine Schweizorischp Militär-Zeitung. Nr. 29: (redanken
über die heutige imd kiiuttifie Aiisliililimg unserer Truppen. (Forts.).
Br. 80: I>asselbe (Schlufs). Nr. 32: Die heutige Organisation der deutschen
Feldtelegraphie. Nr. 33 : Militärisches ans Italien. — MüSntände bei der
ICmmdwftlMMri MiHs.
Beyne HdlltaiM snlsM. Br. 7: Die Revision der Sehweiser Wehr-
verfassung. — Aufgabe der Kavallerie nach der Ordonnans vom 31. August
1894. (Forts,). — Manöver des l. Armee-Korps.
Army nnd Navy Gazette. Nr.1850: Die Armee im Jahre 1894. Be-
JahibOch«r fQr die UeaUch« Arme« and Usrine. lid. 97, 1. 3
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lU
üiniifhOT fai dtt )fiBtir*IltlBnliW.
trachtung über (1<'m jetzt voröffentlicliten oiTiziellen Annoc-ßericlit für das Jahr
1894, nach dem das Heer eine bisher noch nicht erreiclite Kopfstarke er-
langt hat. Das stehende Heer von 22'2l5i Mann, die Reserve 82497. 4io
Miliz 121667, die Ycomanry 10Ü14, die Volunteere 231328 Mann stark. —
Über den Gebirgskrieg, UDter beionclerer BerOekniditigang denelben
in Indien, bat Mi^or Otuta einen Yortmg gehalten, in dem er die tot-
bereitenden Maßregeln (SanitXts- nnd Transportwesen) und die taktaaehen
Grundsätze für einen solchen behandelt — Gescliii hte des Wiltshire-
Ini'antcric-RegimentB, Inf.-Reg. Herzog von Edinburg, Nr. 62 und
99. Die Errichtung desselben f;ilh in die Zeit des siebenjährigen Krieges.
Nr. 1851. Die Chitral-Ex jje litioii Ein Vortrag des Kapitiin Young-
hushand, in dem er büsonderi^ die Kriegführung des General Lord Roberts
im iweiten Kriege gegen Afghanktan krititeb belenebtet. — Der Trnppen-
weeheel in Indien. Beepriobt die Beseitigung des frflher allsa blu^gea
Trnppenwechiels in Indien nnd des damit Tnrbandenen ZetreiMens der
Truppen -Verbände, was durch den jetzigen Hoclistkommandirenden, Sir
George White, erfolgt ist. Nr. 1862: Deutsche und Englische Offiziere.
Eine vergleichende Charakteristik der Offiziere beider Heere, mit Hinweis
darauf, dafs trotz der grundsätzlichen Verschiedenheit der Erziclning und
Ausbildung beider, in Rücksicht auf die Eigenartigkeit der Volks- und
Heeresebxiditangen, ein Abgehen yen diesen Gnmdstttsen ftbkibaft sein
ivftrde. — Sir Evelyn Wood Aber den Krimkrieg. Entbiüt Einzel-
betten ttber dio mangelbaften Verpfl^ngs-VabMltnisae des eng^seben
Heeres während jenes Krieges. Nr. 1858: Die Prinzessin von Wales
in Aldershot. Die zu Ehren der Anwesenheit derselben im Lager statt-
gehabten Manöver werden in AnInge und Verlauf gescliildert. Nr. 1854:
Das Hieb fechten in der Armee wird unter Berücksichtigung des neu
eingeführten Seitengewehrs ftir die Offiziere als wichtig für deren Aus-
bUdnng bingestellt. — Schufswanden im Kriege. Zosammenstellung
ttbor die bis jetzt gemacbten Erfthrongan mit Wunden dnreb klein-
kalibrige Geedtosse, die neb sn Gunsten dieser im Vergleieb an denen
durch die früheren, großkalibrigen Stellen. — Das Lee-Metford-Geschofs.
Es wird nachzuweisen gesacbt, dab eine Verwundung durch dieses Ge-
schofs, die nicht gerade einen Knochen getroffen hat, einen aufgeregten
Menschen nicht im weiteren Vorgehen auflialt^n wird, ila die Wirkung
sich erst später bemerkbar macht. — Geschichte des Manchester-Re-
giments. Linien-Iafanterie-Regt Nr. 63 und 96. Nr. 1866: Die Forest-
HanOver. Entwarf Ar dieHanÖver yon 2 Divisionen n^d 1 kombinirten
Brigade im Lager von Alderriiot. "Die Mobilmaebnng der Garde.
Mitteilung über den Verlauf der für die Dauer von einer Woche statt-
gehabten Mobilisirung von drei Garde-Infanterie-Regimentern, 1 reitenden
und 1 Feldbatterie nebst mgehörigen Trains. — Das Hiebfecbt^n in
der Armee.
Journal of the Royal United Service Institution of India."
Nr. 120: Ein Militär- Museum für Indien. Die Erweiterung der
United Service Institution durcb ein damit in Verbindung siebendes Museum
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Umacbau in der MUIOr-Uttentur.
115
wirtl vorgeschlagen. — Optischos Signalweseii. Kritit*olie Besprechung
einzelner Punkte der Dienstvorschrift für dasselbe, und Vorschlag zu
ADdeningen. — Bemerkungen zur Organisation und Taktik von
M assea. 1^6 Nticlitefle der gegenwirtig«ii OtganiMÜoii der Artillerie m
drei DiTiaioiie-Gnippeii werden herretgehobeB und Terbeeaemde Gmnd-
•ittee luerfUr festgestellt — Das Hiebfeehten mit den venchiedeiiBteii
Säbel- und Fallasch-Arten wird als notwendige Übung ftir alle OfHziere
und die heranwachsende Jugend hingestellt. — Säbel und Pistole. Grund-
sätze ftir den Zweikampf beider, unter besonderer Berticksichtigung dee
Äevolvers. — Geo'jraphischc Besclireibung von Madagaskar.
Journal of the Royal Lnited Service Institution. Hr. 208:
Preisaufgabe Tom Kapt. John Rose. Welche Lehren lassen sieli aus
der Kriegsgeschiohte Ar Landungen Tom Operatione*Korps von ÜBindlieben
Kttsten neben, unter besonderar BerHekaiehtigQng Ar unsere Armee in
inkün feigen Kriegen.
Russischer Invalide. Verordnungen, Befehle, kleine Nach*
richten. Nr. 133: Bau der Eisenbahn Bologoje-Pskow. Hr. 136: Das
bisher nur 4 Ssotnien starke 2. Transbaikal-Kasakon-Re^iment wird
zu 6 SHotnien formirt. Nr. 140: (ifneml der Int'aiitirit' Skuorzow, Chef
der iiau^i-inteudHiitur-VerM-altung, ist um Ü. Juli gcbtorbeu. Nr. 144: An
Stelle des bisherigen 4,2 Linien-Revolvers wird ein 3 Linien-Revolver ein-
geführt Kr. 146: Kenorganisation des Amur-Kasaken- Heeres;
des Halb-BataiDon des Amor^Heeres wird an^eUtot, die 8 Ssotnien dieses
Bataillons (eine Ssotnie 1., zwei 2. bz. 3. Ordnung) werden in reitende
Ssotnien verwandelt; das Heer besteht in Zukunft im Frieden ans 1
Reiter-Kegrinient zu 3 (})i.slu'r 2) Ssoliiien. im Kric^rf ans oineTn Reiter-
Kt'pmciif zu 6 Ssotnien und <'incm Heiter-ilalbregiment zu '6 Ssotnien;
dt'r Kninmnii(Unir des Heiter-Kegiments hat gleichzeitig? die polizeiliche und
admiuisirativc Verwaltung über die Zivil-Bövolkerung des ßegimeats-He-
uAm, Hr. 164, 106: Verordnung Uber die Ingenieur-Depots. Nr. 153:
Zeitweilige Yenirdnung flberMeldereiter-Detachements bei den Jagd-
kommandoe der Infiuiterie (veigl. Anftats: „Militlrisehes aus Rnaiand*0<
Nr. 160: In den Verband der neu geschaffenen Westsibirischen Kasaken-
Brigade treten die in den Gebieten Ssemirjetschensk und Ssemipalatinsk
steliondfMi (1.. 2. MTul 3. SiltiriKchcs und 1. Ssemirjetschensk-) Kasakon-
Ke^nuiLiitei . — Boriclit iilx r Versuche der Offizier-Schiefsschule;
Prüfung von Dreilinieu-(jewchrcu M. 1891 versclüedener Fabriken. Nr. 167:
Zur Hebung der Pferdezucht im Kuban-Qebiet sind aus dem Kapital des
Kuban-Heeres jihilieh 8000 Rubel flir Rennpreise in bewilligen. Tr. 171:
Kenfomdmng der Feld-Artillerie in den ttlnrisdien Ifilitärbeiirken. — >
Beschttfügungsplan fihr die Freiwilligen 1. Bildungsgrades bei der Infanterie
und Kavallerie. — Von den Dotachementäfuhrern werden wälu-end der
Manöver folgende Flaggen gefuhrt: Korps-Kommandeur rot, Kavallerie-
Bivisions-Kommandeur blau, Infantcrie-Div.-Kom. ^rün, tnit den ent-
sprechtiuden Nmiunem; bei der Kavallerie hat aufbcnlem der Brigade-
Kommandeur eine weiljie Flagge mit schrägliegeudem roten lüreuz, der
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UmidMtii in dar Militir^itberatnr.
Eommandeiir eines Kaiaken - Regiments ein kldnes blanee Filinclien
mit SegimenttkNummer. — Gröfscre Aafsfttse. ffr. 134: „Aus Anl«ffl
der Deutschen Felddienstordnung vom Jahre 1894'*. — Verfasser
ist der Ansicht, dafs die Fplddicnstordnnns- an die SclbststÄndigkeit und
Initiative der Unterführer Ansprüche steMc, die der militärischen Durch-
sclinittsbildun^ der Armee nicht eiitspritchpii , dal's sie \nelmehr das Ideal
anginge, dessen Erreichung erstrebt werden müsse, dals sie somit dein
angenbfieklicheii Stande der AnsbUdniig voraus sei Hr. 185, IM o. 146:
iizpedition nach Centrai-Asien (ans den Briefen von RoboiowskiX Br.iaS:
Bas deutsche KaTallerie-Pferd im Feldauge 1870/71; von General
ßsuchonih'now; in der Ausdauer des prcnfUflchen Remonte-Pferdes während
des Feldzujjes erblickt Verfasser einen neuen Beweis dafür, dafs das re;rel-
recht zugerittene Blutpferd ^röfsero Ausdauer als das schlecht zugerittene
Natur (Step})en-) Pferd beBitzt. Nr, 151 — 1Ö2: Zur Frage des Schlacht-
Rosscs der russischen Kavallerie; von Grebenschiscliikow. Nr. 164: Be-
such d«r Ül>eigang88trafte Sonwvmnr's fther die Alpen; von Odov. Xr.lS7
und 166. Die neuen Besitsungen Japans, Formosa und die Peecadores-
Inseln.
Wajennüj Ssbornik. (Juli). Die Umgehung des Ost-Detacbement»
des Fürsten Swjätopol-Mirsky II. über den Balkan vom 23. 27. Dezember
a. St. 1877 und das Gefecht am Scliipka am 27 und 28. Dezember. (Zur
Geschichte des 5. Sappenr-Bataillons). Mit Zeiclnuuig. — Das moralische
Element bei Sewastopol. XI. — Einige Worte aus Veranlassung der be-
▼orstehenden Neu-Atugabe des In&nterie-Reglements. — • Die Divisions-
Kavanerie. (Der Dienst des EaYallerie-B^^ents im Vorbände der
Infimterie^Division). — Der Plali der Artillerie unter den anderen Waffen«
gattungen. IV. — Der Telegraph und der Telegraphen-Dienst im Kriege.
(Mit Zeichnungen). — Die Unteroffizier- Frage in den bedeutendsten euro-
päischen Armeen. Jll. — Brief eines Französischen Offiziers über Kolonial-
K liege und Heere. — Die Operationen der Italiener in Abyssinien 1893
bis 1895. — Die Verteidigung des Scbipka. Der Dienst und das Leben
der Artilkrie anf dem Schipka. YIU. — Die MiUtlCr-Bndgela Denlsdi-
lande, Frankreichs und Österreich-Ungarns. — Zu dem Werke: ,J>ie
mOitSiiBchen Operationen im Königreich Polen 1868.** — Das moralische
Element bei Sewastopol. XII. — Detacbements-Man9ver. — Die Divisions-
Kavallerie. Der Dienst des Kavallerie-Regiments im Verbands der In-
fanterie-Division. (Sciüufs). Die Ausbildung der Kasaken im Reiten und
im Gebrauche der blanken Waffe. — Die Angriffe der Kavallerie und In-
fanterie auf die Artillerie. — Die Verpflegung der Truppen im Kriege.
I. MüitXr-Feld-Küchen. — Die Verteidigung des Schipka (Dienst und
Leben der Artillerie anf dem Schipka) X. — Die augenblickliehen Ver^
hitttnisse der Bukejewskisclieu Horde und der Pferdeaucht derselben. Die
neuesten Verinderangen in der Organisation der Heere der Balluui*
Staaten.
BercsoMskij's Raswjedtschik Nr. 246: Biographie und Bild des
Generaiiieuteuants Herzogs Eugen Maximüianowitsch von Leuchteuberg.
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Unudiaii in dar Hilitir^tteratur,
117
— Die Begimentä- und die Kompagniu IIaudwerksstatten. Die Versetzung
in das Koipa der Grenswidi«. Vr. M8: Die Jagd auf Blieii durch das
Jagd-Kommando das Grjisowetekisehen Beserve-BataiUons. — Das Kameel
in seiner Verwertung fUr militärische Zwecke. — Aus der alten Ajrmee.
Die Russisch'DeutsÄe I<epon des Jahres 1812. Vr. 249: Die Charge
des Stabs-KapitÄns. — Der Front-Dienst der Grenz-Wache. — Die
Algliauen. — Der Gebrauch des Entfernungsmessers Soucbier. — Tm
Lande der „schwarzen Christen. (Abysainien). Nr. 250: Kunstgriffe de«
intauterie-Dieustes. — Der QehüJfe des Militar-Kreis-Chefe. — In der
Arbeit des Soldaten und im Bohestanda. Der Tod des Plastunen.
Vft 861: Die Ifannsefaaften des Stammes der Beiefaswehr. — Die Ex-
peditini naeh Madagaskar. -~ Einiges Aber die Jagd-Kommandos. — Die
Militür-Kreis-Chefii mittlerer Kategorie. — Die Schne^huhe. — In der
Arbeit des SoMaten nnd im Ruhestände. — In der Reserve in der Heimat.
Wjestowoi (Juni- Juli). Nr. 11: Knthält eine Notiz über die in Folge
der testamentarischen Zuwendung der Wittwe des Geueraladjutanten
Tschertkoff sehr reichen Bibliothek der Konstantin-Schule.
Bttssisches Artillerie -Journal. Nr. 6: Salvenfeaer mit Kttsten-
Imtfeerieen, ohne Frobeschflsse. — Von den EntfemungsmesBem unserer
Küstenartillerie. — Das ranehlose PuItot, neoe Waffian nnd neue Taktik.
(Forts.). — Die Verteilung der Deformation in den Metallen, welche der
Wirkung einer Kraft unterliegen (Forts.). — Günstige Besprechung der
V. Löbeirsclien Jahresberichte 1894. insbesondere Taktik und Material der
Artillerie. Nr. 6: Die Kunst der Beobachtung im Felde. (Schlufs). —
Die reitende Artillerie im Kavalleriegefecht. (Schlufs). — Zum Artikel:
Das artilleristische Ideal. — Elektrische Beleuchtung des Vorgeländes nnd
der Anwendung im Festnngskriege.
BiylitA lU artifflleria e genio. (Juni). Über das Werk des
französischen Kapitän Moch: Allgemeiner Blick auf die gegenwärtige
Artillerie. — Korrektur beim Schrapnelsdiulli. — Bemerkung Aber die
Schiefsausbildnng der Feldartillerie.
Rerista cientiflco>militttr (Spanien). Nr. 13: Die Gesundheit
des Soldaten. 20. und letzter Brief (Fort«.). — Bemerkungen über die
Taktik des moderneu Gefechts. (Forts.). — Die Verteidigung der Staaten
und die Befestigungskonst am ^de dea 19. Jahrhunderts. BeweissttIclM
mr Geidachte des ebinesisoh-jspanischen Krieges. — Bemerkungen Aber
die frannSnaohe KaraUeiie Tergliehen mit der deutschen. Vr. 14: Die
Gesundheit des Soldaten. 20. und letster Brief. (Schlufs). — Die Verteidiger
der Staaten und die Befeatigungskunst am Ende des 19. Jahrhunderts.
(Forts.). — Die schwere Feldartillerie (Scblnfrt). — Die "Wintormanöver in
Deutschland. Nr. 15: Die moderne Infanterie -Taktik gelegentlich der
neuesten Reglements. — Beweisstücke zur Geschichte des chinesisch-
japaniaefami Kriegs (Forts.). — Bemerkungen Uber die ftanaOsiadie Ka;vallerie
vaiglieben mit der dentadien: Die KnTallerie in Verbindung mit den
andeten Waflisn«
• BlTtota Müitan ItaUama. (16. August.) Die Instruktion ttber
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UniBdiau iu der Militär •littentar.
Waffen und Sehiefsen der Infanterie Tom 28. April 1893. Von
Aesab nach Oatiela (Forts.). — Die regionale Gliederung des
Heeres (beachtenswert fl^ die sehwebende Fmge).
Esercito Italiano. Nr.lOO: Die Au^^ralx n für Afrika seit
1885. — Die KolonUirung Eritreas. Nr. 101— 103: Die grofson
Manöver. Boptimninngen des kommnndirondcn Generals des 1. Korps,
Bahntiniisjiort. Nr. 104: Das deutsche Oftizierkorjis (persönlicher
Eindruck). Nr. 106: Uber das Sehiefsen der Artillerie bei Ver-
teidigung fester Plütxe. Hr. 106: Die Kolonisirung JBntMCS. Die
Zlvilversorgang der UnterofBaeie. — Die grofsenlfandver. Das Orttn-
bnofa Über Afirilta.
Memorial de Ingenieros del ]|J«nilO (Spanien). Hr. VZI:
]f ilitär-Telegraphie. — Marocco.
Revista Militär (Portugn!) Nr. 18: Die Beförderung nach Wahl.
— Die. Heeresorganisation der alten Römer und Griechen. — Bestimmungen
für die Manöver von einer gemischten gegen eine markirte Brigade im
Bereich der 1. and von 2 gemischten Brigaden gegen einander im Bereich
der 3. Ditision.
EriegmtoBBkAiMi Akodemlou Haadlingar (Sehweden). 18. imi
14* Heft: Napoleon und Bemadotte 1818.
Norsk MilitMrtTidaBkrift(Norwegen> 7.Heft:Beitnnterrieht
fttr Kavallerie.
Militaire Hpectator. (Holland.) Nr. 8: Rckrutcnausbildung
bei der Infanterie. — Die neue. Vorschrift für dab Gefecht der
Feld-Artillerie.
n. Bücher.
Kriegslehren in kriegsg^schiohtliohen Beispielen der Neuzeit von
W. von Scherff, General der Infanterie z. D. Drittes Heft: Be
trachtuugen über die ächiacht von Gravelotte — St. Privat. Mit zwei
FUfnea mSteiadnuk a. ehierTaiKlskiBM. Berlin 1895. £. S. IGtll» &S.
Fisis 8,801L
' Das Stadhmi der Eri^gigesoliichte ist, je litnger wir die Segnimgen
des Friedens genieften, voa wachsender Bedentong ftr die Hcnnbiklimg
der FtÜurer, denen zumeist die eigene Kriegserfahrung fehlt. Noch iät es
nicht gelungen, die Armee von der Wichtigkeit dieses Studiums in dem
Mafse zu überzengen, wie es erforderlicli i^t. Grund hierfür ist zum Teil
der sich mehr und melu" in den Vorderp-und dräugende Gesichtspunkt,
die Praxis des Alltäglichen sei die Hauptsache; andererseits wollen wir es
nicht Yerkennen, daüs dem Einzelnen das Studium der Kriegsgeschichte oft
nidit leidit gemacht wird. Denn ans dem Gange der graften Ereignisse
das gewisseimalben hernnssoschiilen, was der TJnterfblirer „biancht** er-
fordert schon ein grofses VeittindnÜii; die Schilderungen entbeiirea andern
meiBt kriliaclier Betroohtongen und diese sind es doch gerade, aus denen
wir lernen.
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Umschau in der KUitilr-Litteratur.
119
So iBt es auf das Freudigste zu begrüfsen, d&b in neuester Zeit
die Vorgänge des letatan groJkeii Krieges mm Gegenstände eingehender
KritÜK genuMdit werden ^ wie das nns hier voxii^gende Weik Aber den
18- August 1870.
Dasselbe entiilUt eine soldie FfÜle von Anregung nach jeder Hinsicht,
ist dnrcli seine p^anze Anla^ro »reradexn mnster}:^tlltig für dnf? Stiulium der
Kriegsgeschii'lite und erörtert alle die, wir wollen sie „grofsen und kleinen
Fragen nennen'', welche uns heutzutage im Auablick auf den Ernatfall
bewegen.
Es kann nieht Zweck dieser Besprechung sein, niher tat diese Fragen
einsngehea; sie m stndiien mnA Aglieh dem Eixiaelnen flberiassen bleiben*
Bertthnm mttssen wir aber dennoch Einiges.
Abschnitt I bclenchtet die Schlacht unter strategischem Gesichtspunkte.
Wenn in diesem Abschnitte die Sonde der Kritik an die Mafsnahmen der
französischen und deutschen Heeresleitung am Tage vor der Scldacht und
wahrend derselben gelegt wird, so geht deraus deutlich hervor, dafs
Bazaine die vom Feinde beschränkte Operationslreiheit niemals durch die
reine Defeualve wieder gewinnen kennte und dafii er sieh Uber die fnm
ihm gewiidte sogenannte FlanlKenstellang tänscfate. Demgegenllber steht
bis satt Mittag des 18. aaf dentsefaer Seite die ünklaxheit Aber die that-
sftchlichen Verbtitnisse beim Feinde, von dem man den Abmaisch nach
Nordwest, später einen Angriff erwartet hatte. Die Ausdehnung des
französischen rechten Flügels wurde zu spät erkannt und hierin gipfeln
alle die spfiteren, teilweise tropfenweiscn Angriffe deutscherseits. Die Be-
hauptung der Stellung seitens der Franzosen wurde erst 10 7a Vormittags
erkannt; die Schlachten von Gravelotte and von St. Privat rind entgegen
dem WUlen des groiken Hauptquartiers aneh der Zeit nach selbststXndig
darehgeftthrt werden. Die Entseheidong wnrde, das ist Thaisadie „am
bischen Orte" und „zn früh" gesucht. Es erHillt nns mit Freude, dab
General von Scherff dem Prinzen Friedrich Karl den Hauptanteil daran
znmilkt, der ihm zweifellos gebührt, daüs der Sieg des Tages wesentlich
von seinen selbstständigen Entschliefsnngen abhing. Möchten unsere
grofeen Zuknnftschlachten uns eben solche „Unterführer" aufweisen, möchte
aber auch dann die Aufklärung vor Eintritt in die Entscheidung eine
bs Bowe als am 18. August sein!
Im Abschnitt II wird die SeUaefat unter gefeehtstaktischem Oesiebts-
pnnkte beleuchtet und darin vorerst der franz^l^schen SchlachtsteUung
Erwfliinnng gethan; sie hatte eigentlich nur das für sich, dafii der Feind,
wie er es auch wirklicli prethan. nicht wohl an ihr vorbeimarschiren konnte.
Aas den „Teilgct'echten im Centnnn" ersehen wir das Lossagen kleinerer
Kampfeseinheiten aus dem höheren Verbände als einen bedenklichen
Fehler auf deutscher Seite, und die oft nicht völlig klare Befehlserteilung,
duMdl wekhe diese mit besonderen Auftritgen betrauten Abteilungen sdioii
dnrdi ääa Befehl loagelOst wurden. In der Führung finden wir das so
oft verderblich gewordene Bestreben, im groben Verbände sich des Vor-
teils der Überraschung nidit begeben an wolten. Entgegen dem Schlaeht-
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120
UnudiMi in der lOlitir-LitlBnitiir.
befehle versuchten die beiden inneren Flügelkorps vorzeitig und ohne &^
folg die Entscbeidong herbeizuführen; einzelne, selbst viele Teilcnt-
Bcheidungen waren niemals im Stande, einon onrltrültiL'on Sie;,' zu errinjEren.
Der Abschnit III: „Die Schlacht unter kampttaktischem Gesichts-
punkte" ist unseres Erachtens der bedeutsamste. Denn der Herr Verfasser
hat in demselben gewissermafsen eine Antwort auf die von ihm selbst be-
reits angeregte Frage gegeben, in welcher W^e die In&nterie beim An-
grilfo eines geregelten Yeiftlaeiis bedarf. Die Einxelklmpf» um SL
Habert und die französische Stellung von Point du joor geben dem Herrn
Verfasser den Anlafs zu dem Ausspruche : ,,Bolange man für gröfserc Ver-
bände den Katiipfbefclil ftir unnütz oder gar unniof^lich erklärt etc. von
einem höheren Führer nur höchstens eine Gefeclitsanlage lordern zu dürfen
glaubt — solange wird die Auflösung der Verbände im Kampf und der
Zufall des geplanten Gefechtes in zuföllige Einzelgefechte die taktische
Begel bilden.«
Wir stimmen voll dem so, daft in der Skblacbt es nicht dem einseinen
Batsillgn etc. überlassen bleiben darf, wie es sich gliedert, denn es kommt
daranf an, dafs die ,,Feu(<r-UntrrstütsungS- und Sturmlinien'' einheitlich
heranfr<'fiihrt werde, lliertür bedarf es eines bostimmton Befehles, nicht
nur cineb Auftrages. Wir fassen das „Verfahren etwa wie folgt zusammen:
Die erste zusammenhängende Schützenlinie j^eht unaufhaltsam geradeaus
vorwärts bis es nicht mehr geht. Sie wird allein nicht im Stande sein,
den Feind mit Feuer niederanklmpfiBn; sie bedarf also fortwilirender Ver>
Stärkung. Diese sweite, die UntentfllsungBlinie — in eingliedrig^ ge-
scMoBsener oder ge(^eter, oder in irgend einer anderen Ordnung, arbeitet
nch an die Feuerlinie heran, sie wirkt unausgesetzt an ilrr Lösung der
der orston Linie frestellteu Aufgabe mit. Es wird dadurch der Gleich-
zeitigkeit und der l iiunterbrochenheit dos Kraftoinsatzes das Wort geredet.
In ihr, in dem beständigen Auttiillen der vorderen Linie unter Verkürzen
der Abstände der hinteren Staffeln — der Sturmlinie — Hegt das „Verfahren".
Beim sprangweisen Voigehen — dmn Überschlagen ~ wird die Bewegung als
Hauptsache, das Feuer nur daxn angesehen, den Gegner zu beunruhigen.
Dabei kommt es vor Allem daranf an, die Sturmlinie zur Hand an haben,
wenn man sie braucht, und nicht einen groAen Teil der Gewehre, wie
anderwärts gesagt wurde, spazieren zu tragen. Neu ist das „Verfahren"
nicht; der Wert der vorliegenden Studie aber liegt darin, dafs an der
Hand der Kriegsgeschiclite in {geradezu packender Wei.sc ervvieüen wird,
dafs das Angritisverlälu-en der Infanterie durchaus ein strafferes werden
ma&t woDen wir nhäit wieder Teilgefechfe erleben, die entgegen den
Ideen der obersten Heeresüeitnng nur den Sieg gefithrden kennen. 63.
Studien ftber den Felddienst. Neu bearbutet auf Grund der Folddienst-
Ordnung vom 20. Juli 1894, von v. Verdy du Vernois, General
der Infanterie. Erstes Hett: SelbststKndige Kavallerie, Vorposten dcr-
sellten und gemischte Vorposten. ^lit einer Karte und drei Skizsen.
Üerüu. E. S. Mittler . & S. Treis 2,5U M.
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Umachau in der Militär -Litteratitf.
Die neue Felddienst-Ordnang enth< „absichtlich offen gelassenen
Spiebvmii, w«lober d«r lellMtetSiidjg«!! EntnsliHofrang der Führer aller
Gh»de m Gute kommen aoll". — Je msnnlgfiusher die dienstliclien Auf-
toige oder Oefeehtahgen sind, in denen der FUlirer auf eigene EntscbUeftnng
angewiesen ist, desto omfassender werden auch die an seine Vorbildung
nnd Übung erhobenen Ansprfiehe. Der jüngere Of&sier folgt daher
gern den Erfahrungen, die ben'orragondo riocrfuhrer an bpstimmttm Bei-
spielen und für die einzelnen Fälle des Dienstes entwickeln. Eine solche
Belehrung enthalten die „Ötudieu über den Felddienät" des Generals der
Infanterie v. Verdy da Vernois, deren erstes Heft soeben auf Grund der
neuen Felddienst-Oidnung vom Jahre 1894 neu bearbeitet die Ktfnigliehe
Hofhuchhandhing yon E. S. Ifitder & Sohn in Bedin wieder heranagiebt.
2.
Das russische Eisenbahnnetz zur deutsch-österreichischen ürenze
in seiner Bedeutung für einen Krieg. Von Nienstaedt, Oberst-
lieutenant. Mit einer Karte. Leipzig 1895. Zuckschwerdt & Möschke.
Preis 1 M.
Die vorliegende Arbeit ist mit gründlicher Sachkeuntniüs und klarem
Urteil geschrieben. Über den Gegenstand sind in unserer militKiischMi
Presse bereits so Tiele, wertvoBe Yertfffentlidinngeii ersehienen, dab etwas
wesentlich Neues vom allgemeinen Stsndpunkte aus kaum su geben war.
Da aber die Heeresorganisation, das Eisenbahnnetz und das FestongBSystem
Rufslands einen dauernden Ausbau und damit stete Veränderung unter-
worfen sind, so wird auch diese ArV)cit eine nicht luiwilikommene Be-
reiehening unserer Litteratur sein. — Die kleinen Ausstellungen, welche
wir hier und da zu machen haben, sollen .diesem günstigen Urteile keinen
ISntrag thnn. — Yonnusflideken mSchten wir, daüs auch Verf. die Sdiwiehen
der Eisenbahn-Verbindungen vom nilitltrisehen Standpunkte aus danulegen
bemüht ist. Soweit wir die mssisehe Heeresleitung kennen, sind ihr solche
Kundgebungen des Auslands sehr willkommen, ein Gesichtspunkt, an
den die meisten unserer Schriftsteller nicht denken. — Denn wir lernen
im Leben am meisten durch die Kritik unseres Nachbarn — Daher er-
fordern alle unsere Urteile eine gewisse Zurilckhaltung. Von diesem
Standpunkte aus wollen wir bei der Besprechung ausgehen, auch in den
FtiQen, wo wir abweichender Anucht mit dem Veif. sind. Sehr stimmen
wir den Verf. darin bei, dafs Rufidand mit groXiwr Energie, den Vonng
des ^unkontrollirbaren nnansministars*' toU verwertend, seit dem Jahre 70,
ja schon seit 1866, an den Atishaii seines Bahnnetzes gegangen ist. —
Am hinderlichsten sind Rufsland bekanntlich die traurigen Erfahrungen,
welclie es wnhl in Fol^e der Bestechlichkeit und Unzuverlfis-sigkeit seiner
atisfnlirt nden Organe mit dem beim Bau der Nicolaibahn (St. Petersburg-
Moskau) in Anwendung gebrachten Staatsbahnsystem gemacht hat, ge-
wesen. Die Wssst dieser Bahn kostete nicht weniger als 237000 liubel,
die geographische Meile also Über 1600000 Rubel — Man suchte daher
\m dem Bau der Eisenbahn anslftudisches Kapital und austKndiscbe Technik
herananaiehen. Die 1857 eiriehteta, von Tomeherein mit einem „nicht rttck-
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Umacfaau in der MiUtir-Iittentiir.
zahlbaren", unverzinslichen Darlehen von 46 Millionen Rubeln beschenkte
französische „Grande societ^ des chemins do fer russe»" beutete den Staat
und ilire Aktionfire glekhseitig ans. Bemnseh ttbemabm «ifbh spitter der
Staat außerordentlich hohe Oaraatien ffkt die PrivatgeaeOaehaften, ohne
fdcfa genügenden Einflnfi zu sichem, um eo mehr als die staatliche Direktion
der Kicolaibahn sich zur Verwaltiuig gänzlich unfSlhig gezeigt hatte^ SO
dnfs der Staat fliese Halm — wieder unter flen günstigsten Bedingungen —
nn dieselbe ,,(iran(Ie srieiet^'' verüufserte. Krst in der neuesten Zeit hat
man mit der Verstaatlichung der J'alinen hegojinen. — Auf der angefügten
Karte vcnnisseu wir eine Keihu von Namen des Textes z. B. Kubinka,
Oatschina» Lapy, lisUdn n. s. w. — Auf Seile 8 soH es woU hetften
Snamenka-Fastow statt S.— Bostow. ^ Sehr riehtig ist Seite 9/10 daianf
hingewiesen, da6 B. mit der Ansschlieisung der Deutschen, teilweise auch
der Polen, vom Dienste im Zug- und Balm-Personal sich der besten Elemente
beraulx'. Xamentlich war ein sehr grofser Teil der Lokomotivflihrer deutsch,
und in seiner Zuverlässigkeit schwer zu ersetzen. — "Wir sind nicht in
der Lage, die auf Seite 17 f^ir die Tagesleistung der russischen Bahnen
gegebenen Zahlen auf ihre Entstehung hin zu prüfen. Doch möchten wir
bemerken, daOi c B. die Bahn St. Petersburg - Warsehan naeh utuerer
SehKtanng statt 20, bis aOHflittaOge im T^e befitodem kann. Ver£
gmppirt die Armee nach ilirer Friedensdulokatioii in Ö Armeen, von
denen die 3. und 4. mit zusammen 18 Inf.- und 4 Kavallerie -Divisionen
g^;on Osterreich- Ungarn bestimmt sind, während das Festungs-Bollwerk
an der Weichsel den rechten Flügel in seiner Defensive gegen Deutschland
stützen soll (I. und II. Armee, Truppen <ler Militür-Bezirke St. Petersburg
u. Warschau), der linke Flügel gegen Rumänien und das Schwarze Meer
durch die Truppen des lfil.-Bea. Odessa geUldet wird. — Selbstrerstfindlich
bemht diese Gruppirung auf strategischen Snppositionen. Dasselbe gOt in
gewissem Sinne aneh yoa der Berechnung der Zeit, in welcher die einselnea
Armeen operatinnsberoit an den Grenzen stehen würden. (Die I. am 32.,
die in. am 34., die IV. am 31. und die Y. am 20. Mobihnachntigstage.) Wir
verrichten darauf, diese Ergebnisse einer Prüfung zu unter/riehen. — Zum
Schiulk können wir unser Gesammturteil nur dahin zusammen fassen, dalis
die kleine Sclirift eine Menge anregender Gedanken aufweist und mit
SachkonntnKs geschrieben ist. 17*
Levens d'artillprlc conformps au prog^ramme de Tecole militaire
de rartillerie et du genie de Versailles. Par E. Girardon
capitaine d'artillerie professenr n r^cole militaire de rartillerie et du
g^nie. PariH 1895. Berger-Levrault et C'ie.. editeurs.
Die Artillerie- und Geuie-Sclmle zu Versailles soll Unteroffiziere dieser
beiden Waflfen und des Trains zu Offizieren heranbilden. Nach dem vor-
liegenden Leitfaden der Artillerie zu urteilen, müssen diese Oihzier-
Kandidaten eine gründliehe Vorbildung beritsen und man kaam in ihnen
fiist ebenbürtige Kiimeraden der ans der polytechnischen nnd Applikations*
Schule hervorgehendenOffisiere erwarten. JedenfUls önd die Anfozdenugen
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Umwhatt in der Militir-Iittentar.
128
in artillcricwisfienschattlicher Beziehung viel höher, als sie gegenwärtig an
unsere Artillerie-Offiziere, namentlich der Feldartillerie, gestellt werden.
Die «famlnen Kapitel des Leitfiideiis sind folgende: 1. Stndiiim der Eigen-
aehttflen des Tutmn. 2. Theoretieehe und pnktiicbe Begriffe der imierwi
Ballistik. 3. Begriffe der theoretisdien nnd cxpcrimentalcn äiiAeren
Ballistik. 4. Grundsätze des Richtens. 5. Praktische Begriffe von
Streuung und bestriclienen Kaum. 6. Die ver»chi<'<lenen Schufsarten. 7.
Wirkung der Geschosse. 8. Aufstellung und Gol'ranch der Schufstafeln.
9. Grundsätze des Einschiefsens. 10. Beobachtung der Schüsse. 11.
Schätzen der Eatferuuugen. 12. Besondere Bedingungen des Schioi^eus
ans KftBteobatteiien mit dem Apparat Deport
Als Anhang ist: „Allgemdnes ffber Exploavsstoffe" beigegeiben.
Das VenMndmls wird dnrch 209 Teztablnldnngen erleichtert Die Dar-
stellung ist klar, methodisch, einfach und bestimmt, die Anwendung des
höheren Calculs ist vermieden und thunlichst Wert auf das Praktische ge-
lef^. Auch fUr die Reserve-Offiziere , die sich gründlicher infonuiren
wollen, sind die Vorlesungea von grofsem Nutzen. 12.
Inlwwf I« einen ne«eii Bzenir^BeglemeBt für die k* uid k.
FnAitnippen* Troppao. E, Zenker. Preis 1,50 If .
Der ungenannte Yerfitfser bietet hier eine Regtements^tndie mit Be*
rtteksichtigung der Einfiihrung des rnuchschwaehen Pulvers, der neu er-
schienenen ächiefs-Instruktion and der seit Bestehen dva j* tzigen E.egle-
ments in der Praxis jreinachten WahmohTnungcn. Obwohl dieselbe
zunächst auf das Reglement der österreichisch-ungarischen Armee berechnet
ist, so kann Vieles, was hier betont wird, sinngem&fsc Anwendung auf die
diesseitigen Vorsdiriften finden, besonders im Eweiten Teil, „Gefecht".
Ailerdings will es mir seheinen, als ob die treffliehen GrnndsKtie des
jetnigen (tatemidiiseheii dnreh diesen „Entwarf* kaum ebe Änderung an
befttrehten hätten. 4.
Aide-Memoire de manoeuTres et de campagne, k Tusap:*' de« otriciers
de toutes les armes et de tous lus Services, par le lieutcuant general
H. C. Fix. Bruxelles 1895. Libraiiie militaire C. Mu^nardt.
589 Seiten.
Dieses „Feldtssehenbueh", wie wir es nennen würden, umlkM in 45
Kainteln das gesammte Gebiet der Taktik und Tmppenftlhning in kon-
aentrirter Form und soll dem Offizier das Mitnehmen zahlrdeher Reglements
und Dienstvorschriften ersparen. Der Herr Verfasser hat seine schwierige
Aufgabe m. E. in nnsf:;ft/ei(linrter Weise gelöst. Wie gründlich dies ge-
schah, erhellt aus den /aldreiclu n namhaft fienmchten Quellwerkcn, welche
er zu Rate gezogen hat; unter (Ifusi-lben werden auch unsere „Jahrbücher**
genannt. Ich meine, dieses Werk wird in erster Linie dem belgischen
Offiaier-Korps von Nutsen sein, da die belgischen Dienstvoisehtiften in
der Hauptsache au Omnde gdegt sind. Aber es sollte doch wohl möglich sein,
diese gediegene Arbeit anch den Offisieren anderer Armeen, durch Über-
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XU
UmBchau in dar Jüli(&r>Iitterotur.
Setzung und Anpassung an die bezüglichen Vorschriften, nutzbar zu machen.
Hiem nSditeii wir, da es uns an einem fanroohbaren Feldtaachenbnoh
fohlt, die Anregnng gegebmi Balmi. Ob es nieht mQglieh wibre, den In-
kalt auf «nen noch kldiraien Baum xasammen sn drftngen, bleibe dahin
gestellt. Audi ist das Format de» ohnehin recht dickleibigen Buches
(p". 8.) nicht handlich genug. Jedenfalls begrüfsen wir in dem ,.Aide-
M(-inoirc'' di-s Ilcrrn Gmcml Fix eine höchst beachtenswerte litteransche
Neuheit, der wir weite Verbreitung wünschen. !•
Detttsehe Heldeagrilier fan BeichsUuiile. Waadentndie Aber die
Sehlachtfelder von 1870 in Elsaft-Lotfaiingen yon Max Dittrieh.
Hit 4 AbUldnogen. Bathenow. M. Babennem. Fzeis 1 H.
Diese Blätter sind ein zeitgemäfser Beitrag znr Erinnorung an die
nihmreichen, aber auch verlnstreichen Kämpfe des Jalu^ 1870. Verfasser
srhilflprf die Eindrticke. welche er bei seinen Wanderungen über die
Schlachtfelder von Weifsenburg, Wörth, Saarbriicken und Meüs empfangen,
berichtet über den Zustand der daselbst beiind liehen Gräber und Grab-
denkmäler und Aigt den einzelnen Kapiteln noch passende, patriotische
Dichtungen jener Zeit hinin. Den Angebffrigen der g^dlenen Helden,
nieht minder aber dem dentsehen Volke überhaapt, wird diese Sehrift eine
Fülle wehmutsvoller und doch henerhebei^er Ehinnenmgen bieten an das
groise Jahr. In diesem Sinne sei dieselbe empfohlen. 3.
Ernste und heitere Erinnerungen eines Ordonnanzofflciers im
Jahre 1S70/71. Von C. Tanera, Uauptmann a. D. lUustrirt von
E. Zimmer. Jubelaosgabe aar 25. Gediehtniftfoier des Feldangs
1870/71. 1—4. liefonmg. MOnehen. 0. Beck. F^ je 50 Pf.
Dieses schon snr Gtonfige bekannte Bach ist nmnmehr in illnatrirter
Ausgabe im Erscheinen begriflfon. Das Ganae soU in S2 Liefemngen fortig
gestellt sein und wird eine wertvolle Bereicherung der Tolkstümlichen
Kriegslitteratur hilden. Die zahlreichen Illustrationen, mit welchen das
Werk geziert ist, verdienen alle Anerkennung. Wir lenken gern von
Neuem die Aufmerksamkeit auf dieses von echt vaterländischem Geiste l>e-
seelte Buch, welches besonders dem heranwachsenden Geschlechte warm
empfohlen werden kann. 8.
Kone Tolksbttcher. Herausgegeben von der Vereinigung von Freunden
christlicher Volkslitteratnr. Sedan-Büehlein. Zur 25jährigen Jubel-
feier der grofsen Siege unseres Volkes im Jahre 1870/71. Von
K, von Kestorff 22. Bfinddicn. Doppelheft nüt 24 Abbildungen.
Berlm 1895. Verlag d. clu-istl. Zeitschnlteiivereins. Preis 40 Pf.
Diese wirklich volkstümlich geschriebene, kurz gefaiste Geschichte des
Krieges, welche mit zahhreichen guten Holaschttittai gsaieal ist» verdient
um der guten 8ache willen weiteste Verbreitung in den Schichten unreres
Volkes, snmal des „Volkes in Waifon". i.
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Ümadiaii in dar AliUtii^Iiitt«ntar.
125
Tor 86 Jahren. Walire Gesehiohten «ob dem ndimreidien Jabre 1870
von Eduard Jost Frankfurt 1895. H. Andi«8 & Co.
Preis 75 Pf.
Das mit einem Titelbilde des Kronprinzen Friedricli Wilhelm aus
vielen Originalzeichnungen von Otto Andres geschmückte 65 Seiten füllende
Schriftchen bietet vier von echt vaterländischer Gesinnung beseelte Er-
zählungen auü der Kriegszeit. Schauplatz derselben ist die bayerische
Pftk. „Uiuer Fritz" in Landau am 3. Augost 1870. — Daa Müdchen
Ton Hagaum. — Die Kunde Ton Sedan an der eliXadaeiien Grenae. —
Die Rftckkebr in der Nenjaiirsnaebt; dies ist der Titel dieser Erzählongen,
welche als ein wcrthvoller Beitrag anr voUcstOmHclien Eriegslitteratiir des
Jahres 1870 empfohlen werden könnm. 4
Etat dar <Mlliiere d«»flflfiiwei>eri8e1mi Bnndesheeres. Ausgabe 1895.
Verlag: Art Institnt Oreli Fttssli in Zfirieh Pkeis 2,50 Fr.
In der 1895er Auflage des Veneichnisses aller MiUtKrbeamten nnd
Offiaiere der Eidgenossenseliaft nnd der Kantone, die Landwdur inbegriffen,
wird dem eidg. Bundesheer neuerdings dieses bequem«!, ^ d<ni Offizier
sozusagen unentbehrliche Hülfsmittel zur Orientimng geboten, das den
vorherf?elienden Auflagen entHpriolit und sich ilinon würdig anreiht. Die
})r;ikti>( he Anlage des Ganzen nmcht das Nachschlugen über militiirische
l'ersriiiliihkeiten und Verhaltnisse sehr leicht. Das Verzeichnifs hat den
Vorzug grülster Genauigkeit und Übersichtlichkeit, so dalii es in jeder
Hinsicbt dem IGlitilr und MilitKrfirennd empfohlen werden kann. 4.
Ratgeber für Touristen und Militär. Der Fufsschweifs und seine
erfolgreiche Behandlung von Dr. med. üirscb. UÖ'eubach a.yM.
1895. Tii. Steinmetz. Preis 20 Pfg.
Das hier auf 7 S. behandelte Thema ist für Jeden, insonderheit die
Fu&truppen, von hoher hygienischer Bedeutung. Verfasser schlägt als
Behandlungs weise yor: tägÜehe Waschungen oder auch FuftbKder, beliefaag
tempeiirt, Einrdbnngen mit sphritntSsen SalicylkrinteresBig yon Ludwig
Wüst in Ofienbach und Wüsf scher Fufiipomade. — Wir müssen den Herren
Truppenärzten nnlioim geben, die yoigeselUagmen Mittel zu erproben.
Doch wird aucli der Laie, welcher am genannten llbel leidet, dies nicht
verschmähen dürfen. In diesem Sinne sei die kleine Schrü't empfohlen.
4.
T&scheukalender für das Heer, herausgegeben von W. Frh. von Fircks,
Generalmajor a. D. 18. Jahrgang. Barlin 1895. A. Bath. Fr^ 4 H.
Der eben enchienene neueste „Fircks-Taschenkalender** liat, wie &n
Blick in das Inhaltsyerzeichnifii lehrt, wiederum namhafte VerKndemngen
eriabren, da die Zahl der neu erlassenen dienstlichen Vorschriflten im ab>
gelaufenen Jahre eine fiberaus grof^e war. Zahlreiche Abschnitte sind
gfinzlich umgearbeitet, 80 in Abschnitt VI (innerer Dienst) die Bestimmungen
über Urlaub, Bcscliwerdc-Ordnung, Anzug der Offiziere. — Von der Un-
eutbohrlichkeit dieses Vademekums wird man, bei den stetig sich mehreudeu
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ümMbra in d«r MlHtHr-TifrtiOnitnr
Vonchriileii auf allen Gebieten des Heerwesens und Dienstes, sich infthalos
ttbenengien kOonen. l)ak die HeitenKahl des Kalenders von 472 auf 463
zurflckgepiinfroTi ist. liniert don Beweis dafür, mit welchem Erfolge Heraus-
geber und \'crU\u'tr bemüht sind, durch Verwendung von Abkürzungen
und sparsamen Druck, dem Werke seine „Handlichkeit" zu wahren. Als
Sonderheft sind, geäufserteu Wünschen entsprechend, die Kriegsartikel bei-
gefügt worden. 1.
m. SeeweMn.
ABBalea der Hydrographie «nd maiiteeBHeteoreiogletHeliyil:
Fahrt in den Bimlna-Fliiik und Reiie von Kememn nach Togo nnd
mrttck. Hydrographisciie und meteorologische Notizen S. M. S. ,»Hyttne'',
Kommandant Kapt. T.iciit. Bachem. (Hierzu Tafel 7). — Fahrten nnd
HÄfen am Golf von .Mexiko und an der Küste \oii ('ostarica. Aus dem
Reisebericlit de« Schiffes „Pei-Ho"', Kapt. K. Wollralie. — Eine Passat-
stürung hei tlen Kap Verden am 3. Oktober 1894. (Mit einer Skizze).
Von E. Knippiug. — Die Windstilrke aof dem Stillen Ozean, nach den
Beohaehtongen dentscher Schiff» Ar die beiden extmnen Jahieeaeiten
tabeUarifleh und kartographiBch dargealdlt (Hierin Tafel 5 nnd 6). —
Studien über Nehelsignale. Dritte Mitteilung. Von Prof Dr. H. Mohn in
Christiania. (Forts.). — Zur Einfahrt von Marseille bei Nordwoststurm,
Bericlit des Kaiserlich deutschen Generalkonsids tlir Marneille, Herrn
Bartels, vom 27. Marz 18ü5. — VAn-r die Anse,j;elun{^ von Rio Grande do
Sul. — Die Witterung an der deutüchea Küste im Monat Juni 1895. —
Beiheft: Jahresbericht der Deutschen Seewarte iür das Jahr 1894.
Harine-BiuidBebMk Heft 7: Der Kanal dea Deuz Mers mit Karte.
Kaptlt. Souchon. — uNiz'* nnd „Salanuuider'S von Adm. B. Koch (mit
Abbild.). Die Gefahren, welche bei der Lagerung der Kohlen in den
Bunkern auftreten (mit einer Zeichnung). — Dt^r deutsche Seehandel, von
Dr. Xeubaur, ein äufsei'-f iiiferessanter Artikel, dem nur die jj^röfste Ver-
breitung zu wUnsi'hen i-t. Heft 8: Die Feier der EröÜnuno^ des Kaiser-
Wilhelms-Kanals (mit einer Abl)i!d. und fünf Anl.). — Der Seeoffizier und
die fremden Sprachen. — Ausnutzung der ätandlinieu in der Navigation
(mit 2 Karten nnd 12 Fig.) von \nctor Schoenfelder. — Bemerkungen
ttber die sanitären Ynrhältnisae einiger Hltfen in Westindien von Mar.-
Stabsarst Dr. Bassenge. — Das Tennisturnier ftir die aktiven Offimero der
Am»ee und Marine in Hombiu>' v. d. Höhe. 1895.
Mitteilungen aus dem Uebiete des Seewesens. Nr. IX: Die
österreichische Kreuzerdivision (mit Abbild.). — Die Telefrraphio ohne
metallisi-he FernU'itnnjr , von Linienchiffs-Lieut. Len-rnick. — Xacht-
erkennungs-Signale für Torpedoboote. — Englische GeschofszUuder (mit
Abbild.). — MnmfordB Wasserrohikessel (mit Abbild.). — Budget dar
tfsterreichischen Marine lUr 1896. — FranxSikches Marine-Bndget ftr 1896.
Die projektirten frans. Kaperkreuzer. — Der dftnisebe Kreaser III. Kl.
j.Hecla" (mit Abbild.). — Ubersicht Uber die Begebenheiten in den fremden
Kriegsmarinen. — Elektrischer Motor f&r Boote (mit Abbild.).
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Unudum in dar Mflitir-Iittentar.
127
Army and Navy Gazette. Nr. 1850: Hei/c r Ansl ildnng — Ver-
schiedenes über die Aussichten der Wasserrohr kessel. Nr. 1851: Die
italienische Flotte. — Von dem neusten Torpedobootszerstörcr-Typ (30 sm)
liat die Admiralitüt 20 weitere in Bestellung gegeben. — Etwas über
Biwrt». ITr. 196%: Schiffii-ArtiUerie. — Kane Angaben ttber die firanz.
fltfttennuingver. — In Brest werden gewaltige Anstiengimgen gemaeht, um
den Juli 1894 begonnenen MCliarlenuigne" im Oktober vom Stapel lassen
in können. Die Fnosoaen möchten gern zeigen, daüs sie auch in der
Gfeschwindigkeit den anderen Nationen iiiclits nachgeben. — Englische
Flottenniaiiövor. Nr. 1823: Die spanisclu- Marine. — UnföUe französischer
Kriegsschitt'e. — Kinzellu'iion über die Kampfe der britischen Krioprsschiffe
auf der ostafrikanischcu Station. — Einiges über engl, und tranz. Fiutton-
manöver. Die Seescblacht bei Ushant. — Dentache Seeoffisiere, Brief
an den Herausgeber. Hr. IfiM: „Supplementary*' Kaval-OffioerB, 100
OfSiiere der Handetanarine mnd als H^ibofißnexe der Ifarine sngeteilt,
wllirend angleich neue Bestimmungen sur HerbeifÜhrnng eines schnelleren
AvancementB im Seeoffixi^korps beraoagegebea aind. — Englische JTlotten-
manöver.
Journal of the Royal United Service Institution. (Juni 1895).
Kavallerie- Manöver, Vortrag des Col. Freuch. — Die antarktische Expe-
dition vom HariiM-Slandpnnkt betrachtet, Vortrag Ton C. B. Maikham,
Efqo,, Air Seeoffixiere von Interene. — Lehroann*8 Schamhont, Iftngere
Bwprechnng durch Spenier WÜkintoQ.
Army and Nayy Journal. Kr. 1664: Nene composite Kanonenboote.
— Trockendeck in Port Royal. — Die Japanesen im Kriege. Nr. 1666:
Die Armee von Hawai ~ Ein neuer Jonüni, von Col. F. T^tTonite, einem
Schweizer Oberst herausgegeben. • — Bewegungen von Kriegs.schirten. —
Reknitirung fiir die Anuee und Marino. Nr. 1666: Nicht bnuitibares
Holz ist erfunden und wird auf Jowa and Brooklyn versuchsweise an-
gewendet. — Schiffbau und Chrandheit — Fline der neuen amerikanischen
Schlachtaehiffe. Sr. 1667: Sttbel gegen Revolver. — Dashiirs neuer Ver-
sclilufs fUr Schnellfciu il:;ui(iiitMi. Nr. 1668: Yersuche mit feuersicherem
HoU sind vor dem Mariueministcr und dem Chefkonstrukteur der ameri-
kaaiacben Marine gemacht, und haben alle Erwartungen erfüllt. — Doppol-
tOrme für Kriegsschiffe, mit Abbildung. — Die Xewyork-Marine-Miliz.
Revue Maritime etColoniale. (Juni.) Die Winde und diöStnimungen
des Meeres. General H. Mathiesen. — Bemerkungen über einige Probleme
des Begegnens und Jagens auf dem Meer, von Toumier, Lieut. z. See.
— Studie aber die mechanische WSrmetheorie. (Forts.) — Erlfiuterungem
su den über Dahomey erscliini« non Büchern und Schriften. — Die
amerikanische Fischerei axif der Ausstellung in Chicago (1893). (Forts, u.
Srlünfs.) — Austemkultur in den Lagunen von Tahiti (mit Abbild.), tlir
FacliUnite i)eachten8wert. Juli 1R95. Siudie über die Bedienung der
Wasserwege an Bord eines 8chiti'es (spcc. Marceau). — Studie über die
Schiffbarkeit des Koten Flusses (Indo-China). — Mechanische Warme-
theorie. — Krankheiten der Seeleute und Epidemien auf der See Mittel
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128
Ünuduu in der BfilHir-Iittantor.
um ilinttn Torrabeogen nnd ne za bekSmpftn. F, Bmot und A. Legnuid,
Marinciinste, — Daa maritime Labonitorium von Diedo (Terre-Nonvc) mit
Abbild, intereesant. — Bericht über die fiesnltate der in Agde L J. 1894
gemachten Versuche mit Austern.
Rivista marittima. (Juli.) Enß:land8 Macht zur See während der
französischen Hevolution und des Kaiserreiclis. — TorpedobootsangrifiF bei
Tage. — Apparat zur Bestimmung des Widerstandes des Schiffskörpers,
(mit Abbild.) — Die militKrische Lage im ^Mebneer. (Forts.) — Die
Bchiffiranternebmnngen Oenrantea. — Bdheft: FeUerprodidtte der natBr>
lieben Interpolation beim Gebnudi der Logarithmentafeln (spec. Caillet).
Morskoi Sbornik. (Russischer Marine-Sammler.) Nr. 7: Juli 1895.
Offizieller Teil: Die Ilochsee - Torpedoboote „Bnrpo". ..Rcwel"
und „Swcaborg" treten aus dem V('rl)aude der Baltischen Flotte in den der
Sibirischen Flotten -Equipage. — Die Mannschatlen aller Fahrzeuge
sind, auf Grund einer im Mai erlassenen Tumvorschrifl ftir die Flotte, im
Tarnen nnd in gymnaBtischen Spielen m itnterneliteii. Nicht*
offisieller Teil: Das Kriegsmarine-Kollegium der Flotte der Vereinigten
Staaten. — Ranchloses Pyrokollodinm>PnlTer; L: Einleitende Naeh-
ricbten über diese neue Art raucblosi ii Pulvers, welches in dem wissen-
schaftlich-technischen Laboratorium der Marine- Verwaltung angefertigt und
erprobt worden ist. — Schiffsbau in Kntrland ntid in Frankreich
in den Jahren 1894—95; die dem Aufsatz beigeliigte Liste der im Jahre
1895 im Bau befindlichen französischen Kriegsschiffe zählt
83 Fahrzeuge auf, darunter 9 Hodiaeepanier, 3 KüBtenpanser^ 6 Panaer*
Kreuser L Klasse, 18 sonstige Kreuser n. s. w.
lY. Tenelelmifb der rar Bespreebniig eingegangenen Bfieher.
1. Ranglisten der Königlieh Preufsischen Marine aus den
Jahren 1848 bis 18G4. IIerauH<,'egeben von dem Ober-Kommando der
Marine. Dezember 1893. Zweite Auflage. Berlin 1894. E. S. Mittler & S.
2. Ernste und heitere Erinnerungen eines Ordonnanzofflzlers
im Jahre 1870—71 von Carl Tanera, liauptmauu a. D. 3. und 4.
Lieferung, Pk^a je 50 Pf. Manchen. Oskar Becit.
5. Vene TolksbQcher. 22. ßändchen. Herausgegeben von der Ver-
einigung von Freunden christlicher Volks-Litteratur. Sedan-Büch 1 ein.
Zur 25. Jubelteior der grofsen Siege unseres Volkes im Jahre 1870/71.
Von R. von Restorf f. Berlin 1895. yerlag des Christlichen Zeitsefariften*
▼ereins. S.W. 13. Preis 40 Pf.
4. Anleitung zum Betrieb von Planübungen der Unterführer
in der Kompagnie, Eskadron etc. von v. Brunn, Oberst. Mit einer Ueber-
sichtskarte nnd einem Plane von Schwddnits nnd Umgegend im Maftstab
1:100000. Berlin 180.5. Liebel'ache Buchhandlung. Preis geheftet
2,50 M., in I'appband 2,70 M.
Leopold I. Fürst von Anhalt-Dessau. Bio^aphische Skiazeu
ftber den prenfsischen Peldmarschall nebet einer Anzahl Briefe von
C» Bükelmann, K. Sadis läeutenant a. D. Leipzig 1895. J. Jacobsen.
6. Lehrbuch der Waffenlehre y.mn G. Inaiulie an den k und k.
MiUtär-Akadcmieu und zum i:>elb8tstudiuui für Oitizieru aller WafTeu be-
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ümieiiaa in der UOiti^-IiMentiir.
129
arbeitet von E. Marschner, k. und k. Hauptmann. I. Band: Allgemeine
Waflenlehre. Mit 184 Abbildun«^en. Wien und Prag 1895. F. Tcmpsky.
7. Anleitung zur Selbsterleruung der französischen Sprache
in 26 Lektionen für MilltSranwXrter und sonstige OtvflTenorgungs-
boreclitigte, sowie liir Öubalternbearate bearbeitet von P Blnsclike.
Berlin 1895. Lieberscbo Bucliliandlung. Prein geh. 3 M., gebd. 3.50 M.
8. Erinnerungslieder 1870. 1895. Von Eberhard GrafHaugwitz.
Berlin 1895. Liebel'sche Buchhandlung. Preis 50 Pf.
9» Der Ofllsler. Ein Ratgeber ftor den jungen Lieutenant von K.
T. B, Berlin 1895. Liebel'sche Buchhandlung. Preis 80 Pfg.
10. Wie bildet man den Infanteristen im gefeehtsmäfsigeit
Einzelschief seil aus? Aus der Praxis bearbeitet von von der MUlbe,
Pr. Lieutenant. Berlin 1895. LiebeFaehe Buchhandlung. Preis 60 Ff.
11. Anleitung zur Ausbildung der PatrouiUenführer der In-
fanterie. Von V. K., Hauptmann, Zweite Auflage. Berlin 1895. Liebel'scbe
Buchhandlung. Preis 30 Pf., in Partien billiger.
12. Der Krieg zwischen China und Japan 1894/95. Auf Grund
anthentischer Quellen bearbeitet von v. Mttller, Lieutenant. Mit Skizaen
und Karten. Dritter Teil (Schluß). Berlin 1895. Liebersche Buchhandlang.
Preis 1,20 M.
13. Österreichische Truppen in den Herbst-Manövern 1894 im
Lager bei Bmek und Landskron unter Bertthrung einzelner taktischer und
regleraentarisfher Fragen von Roossel. K. Preuf». Generallieuteiiaut a.D.
Berlin 1895. Liebel'sche Buclib.i!Hilung. Preis 3,50 M.
14. Die Kriege Friedrichs des Grofsen. Zweiter Teil. Der
xw'ette Schlesische Krieg 1744— 174S. Herausgegeben vom Orofisen
Gcneralstabe, Abteilung für Kriegsgeschichte. I. Band : Böhmen. Mit 19
Karten, Plänen etc. 1741. Prei.s 15 M. geb. 17.25 M. 2. Band: Hohen-
friedberg. Mit 14 Plänen und Skizzen. Preis 11 M., geb. 13,25 M. Berlin
1895. £. S. Mittler & S.
15. Organisation des eolonies franvuises et des pays de protoc-
torat nar K. Petit Tome seeond. Paris-Nancy 1895. BÖ-ger-Levrault et
16. Tue g^n^rale svr PArtfllerie actuelle par G. Moeh. Famr
Nancy 1805. Berger-Levrault et Cie. Preis 5 fr.
17. La defense des eotes d'Europe par 0. Didelot. Avec un atlas
de 204 cartes. l'uris Nancy 1894. Berger-Le^Tault et Cie. Preis 25 fr.
18. L' Armee et la flotte en 1894. Avec 26 illustrations. Paris-
Kancy. 1895. Berger-Lerrault et Cie. Preis 5 fr.
19. Organisation et seryice du traln. Par E. Girardon. Paris-
Nancy 1895. Berger L«'\ rnnlt et Cie. Preis 7,50 fr.
20. I/Arniee alleiiiaiide. Par Ch. Speckel et G. Foliot Paris-
Nancy 1895. Berger-Levrault et Cie. Preis 5 fr.
21. F. de yilleBolsy. La gnerre ifno-japoiiafse et ms mb-
siquences paar PEvrope. Paris-Länoges 1895. H. Ch. LaTauselle.
22. Les armemonts mnritinios. 2 tnmes. Avec 140 fipires. Par
Cl. Champenois. Paris-Nancy 1S95. Berger-Le^Tault et Cie. Preis lü tr.
23. Der Militär-Strafprozefs in Deutschland und seine Beform.
Von Dr. jur. von Marek. Zweite HKlfte. Erster Halbband. Berlin 1895.
B. v. Decker's Verlag.
24. Das Wehrwesen der Schweiz. Von F. Feifs, Oberst Dritte
Aullage. Zürich 1895. Art. Institut. Grell Füssli.
JakntSflbw Ar dl« Owrtteh* AnHM «■< Hvim. 1M.9T. L 9
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UniMium in der Iffifitibr-IittaMHir.
25. Ulanen-Briefe von der I. Armee. Von Moritz von Berg.
Dritte Auflage. — Volk^-Ausgabe. Bielefeld 1895. E. Siedhoil. Preis
1,50 M., geb. 2,50 H.
26. Patriotisoher Festkatalog zur 25jährigen Jubelfeier der sieg-
reichen Schlachtcntage 1870 — 71 und der Wiedererriclitun^' des deutsehmi
Keiches. Herausgegeben von Louis Oertels Vcrlat^. Hannover.
27. Geschichte des liafeneastells von Triest und de» Domes von
8t. Just Von Stefan v. Buchwald, k. u, k. Hauptmann. Hit vier Ab-
bildungen und einem Plan des HafencasteUa. Lina a. d. Donan. Städte-
bilder-Verlag (E. Mareisl.
28. Deutschlftudä Uuhmesta^ 1870/71. In Schilderungen von Mit-
streitern. Lieferung 1. Rathenow. M.JSabensien. yoIl8tBndigitt40Iieferangen
k 40 Pf.
29. Offizielle Kriegs-Nachrichteii von 1S70/71 nebst den wichtigsten
Autrufen, Erlassen, Thronreden etc. Mit vielen Abbildungen. Berlin 1895.
Verlag von A. W. Haynas Erben. Preis 50 Pf.
30. Die Orden und Ehrenzeichen der deutschen Staaten. 1. n.
2. Lieferung: Königreich Preufiien. Verlag von M. Buhl in Leipaig.
Preis 2.50 M.
31. Erinnerung an die rahmreieheB Kriegsjahre 1870/71. Grolses
StriotifleheB Tongemälde von Carl BernL Venag von Louis Oertd-
innover.
32. Napoleon I. in Bild und Wort mit ca. 500 Textillustxationen,
Vollbildcrtafeln, Karrikaturcu und Autographen. Nach den berühmtesten
Malern, Bildhaueni und Stechern von A. Dayot, übertragen von
(). M'irscliall von Bieberstein. 2. n. 3. Lieferung, Preis je 60 Pfc
Leipzig 1896. Verlafr von H. Schmidt & ('. Günther.
33. Die Schlacht bei Jena von Dr. Leidolph. Mit 2 Karten und
2 Antotjrpien. Jena 1896. Fronunann'sehe Hofbnchhandlung.
S4. Ein Kalvinist als kaiserlicher Feldmarsehall im droifsig»
iShripen Kricf^e. Nach den Akten der "Wiriior Archiv*' dargestellt von
)r. Kudolf Schmidt. Berlin 1895. Futkingers liuchliandlung.
35. VaterlSttdIsohe Gediehte. Für Schulen und Vereine insbesondere
xum Andenken an die glorreichen Siege des Krieges von 1870/71. Aus-
gewählt von Dr. C. GoeoeL Zweite Auflage. Verlag von J. P. Badiem
in Kühl. Preis 1 M.
36. Experiments with a new polarizing Photo-Chronogrraph,
applied to the measurement of the veloeity of projecliles, by Dr. Albert
Cushing (Vehore and Dr. G. Owen Squier. üeprinted £tom the „Journal
of the United States Artillery.
Kroll'« Baehdraekerei, Barlln 6^ SobutiMutnaM 1A.
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Der Parteigänger Friedrioh von Hellwig
und seine Streifzüge,
im kriegsgeschichtlichen Zusammenhange betrachtet.
Em Beitrag aar Geschichte des kleinen Krieges in den Jahren 1792
bia 18X4.
Von
Hans Fftbrieiiis, ObeiatUeutenant a. D.
(FortMtBimg*).
Sechster Ahschnitt.
Im Feldzuge 1S14 unter dem preuTsischen 8. Armee-
korps bis 8. Februar.
1. TVähreud der Operationen gegen Antwerpen bis 15. Januar.
Das Hellwig'sche Korps tritt mit dem Jahre 1814 in eine von
seiner bisherigen Wirksamkeit wesentlich verschiedene Art der Thätig-
keit ein. Wenngleich aucli schon im Feldzuge 1813 das als höchstes
zu erstrebendes Ziel Hellwig vorschwebende Bild des Parteigängers in
seiner V'oUendung durch widerwärtige Umstände und durch die Kriegs-
lagen, in die er geriet und die ihn in einer viel gröfseren Abhängigkeit
hielten, als ihm für Erreichung seiner W'ünsche und Absichten lieb
war, wesentlich hinter seiner Vorstellung zurückgeblieben war, so
waren doch Zeitabschnitte eingetreten, in welchen er in völliger
Selbstständigkeit Unternehmungen ausführen konnte, die nicht nur
seinem Naman unvergänglichen Rnbm und seiner Person Anaseidmungen
brachten, sondern auch den Feind wiederholt empfindlich schädigten,
▼or allem aber das vaterlfindische Gefühl des Volkes und Heeres, die
Überaengung yon der kriegerischen tn>erlegenheit des prenlsischen
Soldaten wesentlich stSrkten. Ein ausgedehnter Kriegsschauplals in-
mitten des Vaterlandes mit langen empfindlichen Verbindungslinien
der feindUohen Heere, die Wnt und Rachsucht der Jahre lang unter
dem Druck des Eroberers gebeugten Bevölkerung, die Bekanntschaft
mit der Sprache des Volkes, mit seinen Gewohnheiten, mit der Natur
des Landes, die günstige Jahreszeit mit ihren militärischen Vorteilen,
*) Siehe das Jauuar- biü Üktoboriiclt 1695. Hierzu em Plaii.
JahfbOate fliakDralNka AnM*uA]UiiB«.B4.n,S: 10
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132 Parteigänger Friedrich vun Hellwig etc.
alle diese Umstände hatten weseutlich dazu beigetragen, dift Tätig-
keit des Parteigängers zu erlachtem und die damit verknüpften
Schwierigkeiten und Gefithren za verringern. Gans anders lagen die
Verhältnisse in Holland und Belgien. Ein Yerhältni&ni&&ig Ve-
Bohrlnktw, sdunaler, Tom Heere einerseits, von beiden StrOmen
andererseits dngeecihlossener Krie(i;88chauplatB, von zahlrdchen Wasser-
Unfen durchflössen, welche in der ungünstigen Jahreszeit bei nasser
Witterung daani beitrugen, Wege und das seitwärts von ihnen be-
legene Gelände bis mr Unbenutsbarkeit namentlich für Beiterei, za
durobweichen, die ünbekanntschaft mit der Sprache der Landes-
bewohner, deren Gesinnungen in mancher Gßnsirht sic h mehr den
FranzoBen wie den Deutschen zuneigten, wenn auch der schwer vom
Kaiser ausgeübte Druck sie gegen seine Person eiHrrenomnien hatte,
— das waren alles Umstände, die dem Angreift i ebenso nachteilig
waren, wie sie den Verteidiger begünstigten. Trotzdem aber und un-
geachtet die Eifrenart des Generals v. Bülow, welchem zwar nicht das
selbstständige, wohl aber das eigenwillige Handeln seiner Unter-
gebenen im höchsten Grade zuwider war, dem ähnlich gearteten
Charakter Hellwig's grofse Schwierigkeiten auftürmte, verstand letzterer
es im Feldzuge 1814 doch, durch seine rastlose Ihatkraft, seine Um-
sicht und Geschicklichkeit, sein Vorahnen der feindlichen Absichten
Erfolge zu eningen, die, trotz der Schwache seiner Streitmittel und
der meist bedeutenden Überlegenheit seines Gegners, nach dessen
eigenem Urteile von wesentlichem EinHufs auf den Gang des Feld-
zuges geworden sind. Wenn auch der neue Teil des Krieges Hellwig
keine Gelegenheit bot, hervorragende Streiche, wie in seinem früheren
Leben bei Eisenach, Langensalza, Wanfried und Scfalofs Vippach zu
führen, so waren doch seine Leistungen fiir das Ganze von riel
größerer Wiohtigkdt und gewäbren das böchste militilrische Interesse.
Nach den Unfällen des Generals Decafin hatte Napoleon den
thatkrftftigen und umsichtigen Divisions- General Graf Maison am
21. Dezember zum Kommandirenden des in der Bildung begriffenen
1. Korps bis und zugleich zum Oberbefehlshaber über die sämmtlichen
Truppen in den Niederlanden ernannt. Aufser über einige 20 Depots
der 17. und 24. Territorial-Division mit verwTindeten Soldaten ver-
fügte er um die Jahreswende über die Division Roguet, die Rahmen
der Division Barrois, beide von der jungen Gurde, und die Reiter^
Brigade Castex, zusammen löOOO Mann^- Diese Kräfte waren folgender-
^) Nach Vaod. 1814. 1. p. 116 betrag die StArke von Maison's Korps um die
Jahreswende 12050 Mann und 860 Pferde, und zwar die 1. (lunio-Tirailleur-
Division Barrois 8 Bat. 650 M., die 3. Garde-Tirailleur-Di Vision Roguet 8. Bat-
6000 M., Generai Ambert 20 Bataillone 5400 M., General Castex 16 Schwadr.
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
133
■
maben vorteitt: Die Dimon Bognet und die Reiterei der Garde unter
Lef^lvm-Desnoettee (1000 Pferde) standen mit 1 Bataillon, 6 Schwa-
dronen nnd 2 Geschfitsen in Tunihoat, mit 8 BataOlonen, 10 Schwa-
dronen und 10 Gescbfitzen in Hoogstraeten und Gegend, mit 2^Ba-
taSlonen und 2 Sehwadionen in Easenhout und mit ebenaoriel und
2 Geedifltzen in Brasechaet)^.
Die Divisionen Ambert, Oarra St Gyr und Ledru des Essarts des
1. Korps Ins*), waren erst in den Anfängen der Bildung begriffen,
Von ihnen stand Ambert mit 4 Bataillonen, 2 oder 3 Schwadronen
nnd einigen Gesdiützen zwischen Brasschaet und Donck nördlich
Antwerpen. Desnoette's Reiterei befand sich zwischen Tumhoat und
Brecht, Division Barrois mit einigen Schwadronen Gastex's in zweiter
Linie bei Brüssel und Lier. Besonders empfindlich war der Mangel
an Artilleristen: Maison hatte u. a. zur Bedicnunfr von ß Geschützen
nur "27 Kanoniere. Mit diesen Kräften sollte er P>c]<iien und Ant-
werpen im Allgemeinen, die Scheide und die Vertcidif^ung von Berjjen-
op-Zoom im Besonderen decken und auf der Stirnseite Bülow, links
die Engländer und rechts die Vorhut Wintzingerode's sicli vom Leibe
halten, welche auf dem rechten Rheinufer zwischen Köln und Neufs
erschien. Diesem letzteren stand vorliiufig allerdinjc:;» mit dem Haupt-
quartier in Cleve Marschall Macdonald entgegen; er verfügte über das
die Besatzung von Mainz bildende 4. Korps Morand, das zwischen
Nymwegen, Cleve und Wesel stehende 11. Korps (wovon 2 Divisionen
die Besatzung von Wesel und Venbo bildeten und nur die 31. Division
mit 6300 M., 1250 P£ und 18 Geech. för den Feldgebrancb fibrig
bUeb), das zwischen Neu& und Köln stehende 5. Korps Sebastiani
(3700 M„ 794 Pf., 14 Geseh.)^ femer ttber das 2. und 3. Beiterkorps
(2434 M., 3046 Pf., 4 Gesch., bew. 2178 M., 2745 Pf. und 6 Geseh.),
im Ganzen ttber 17000 Mann, davon 9—10000 im fireien Felde, und
im AugenbUck von Wintzingerode's Eintreffen höchstens 7000 Hann.
Nadi der dem Kri^sminister am 24. Dezember vom Kaiser er-
teilten Anweisung über die Verteidigung Belgiens sollte Maison in
enter Linie die Festung Breda wieder nehmen, alsdann vorwärts
Antwerpen drei Lager für 30 —40000 Mann, durch Überschwemmung
nnd Redouten geschützt, anlegen; gleichzeitig sollte er die feindliche
Armee mindestens auf ganze Bombcnschufsweite von Antwerpen fern
halten und seine eigene keineswegs von der Festung abschneiden
860 PI Bald ventBrkte sich dureh Eonskiibirte Mauoii*« Haeht auf 14664 IL
Infanterie und 1379 Pfeide. Ebd. LS. 181. Anm. — M Weil 1814. I p. 269 70.
— -) Die geplante ZusammeiuietEuag dieses Korps findet sich in Corr. mil
t IX. p. 8B.
10»
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134
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
lassen, sondern stets in der Lage sein, sich Torwärts derselben unter
dem Schutse dar Redouten halten sn kdimeii^.
Der Kaiser erläuterte seine Gedanken am folgendem Tage aus-
fthrHch dem Kriegaminister für Maiaon; es heilst darin: „Es ist nicht
anzunehmen, dais der Feind die Abrieht haben kann, die Festung an
belagern, vidmehr rie nur in Brand zu sdnelsen oder was ein halbes
Unglüdc sein würde, sie zu beobachten (masquer) und sich g^gen
unsere festen Plfttze an der Nordgrenze foisubewegsn, . . . sind w
sehwftcher als er, so ivird er wahrscheinlich die rechte Seite von
Antwerpen durch die Gampine umgehen, Mecheln und Brüssel be-
drohen und die Armee von Antwerpen in eine peinliche Lage ver-
setzen. . . . Man mufs also von Tomherein «inen endgütigen Plan
vorschreiben. Sollen wir Antwerpen seinen eigenen Kräften über-
lassen? Soll sich die Armee auf Brüssel und allmählich auf unsere
Nordf^renze zurückziehen, weil sie nur an dieser Grenze Über-
schwemmunficii, Festungen und die Beihilfe einur thätigen, eifrigen
Bevölkerung findet ? Wenn wir uns bis dorthin zeigen, so würden
wir. abgesehen von dem Verlust Belgiens, einem Verluste von grofser
Bedeutung, Besatzunpren in Antwerpen, Ostende, Nieuport und im
Fort Imperial zurücklassen müssen. Die Armee wäre also aufser-
ordentlich durch tote Kräfte beeinträchtigt. Der geeignetste Ent-
schlufs ist also der, dafs die Armee vor Antwerpen bleibt, mit einer
tüchtigen Besatzung in Bergen-op-Zoom u. s. w. „Diese Armee kann,
so zu sagen, nicht Uoekirt werden. Aber, Antwerpen könnte noch
so giolh sein, eine Armee würde die Unordnung hhiemtragen, darin
ihre liiatkraft und ihre AngrifEBStellung verlieren und, wenn der Feind
Bomben und Brandraketen hinein würfe, so würde die Verwirrung in
der Stadt und in der Armee ihren Höhepunkt erreichen. Die natür-
liche Stellung der Armee liegt in dem Baume zwisdien dem Kanal
Herenthals und der Überschwemmung der Zitadelle, in einer Breite
von 3000 Toiaen*^ u. s. w. Es folgen nun die näheren Angaben über
die Verteidigungszwecke und Mittel.
Das Unzureichende an Streitkräften suchte Maison durch uner-
müdliche Thätigkeit zu ersetzen; vor allem sorgte er zunächst für
VersorfTung der festen Plätze und der von ihm zu besetzenden Punkte
mit hinreichenden Lebensmitteln auf lange Zeit. Die von Bülow Ende
Dezember und Anfangs Januar angeordneten gröfseren Aufklärungen,
bestimmt, seine gefährdete Lage — mit der Waal im Rücken — der
Aufmerksamkeit der Franzosen zu verschleieiTi, erreichten in der That
den Zweck, Maison von einem kräftigen tStois gegen Breda abzuhalten,
indem die Kühnheit und Zuversichtlichkeit ihrer Ausluhrung m ihm
Com miL DL p. 97.
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Der Parteigänger Friedrich Ton Hellwig etc.
135
den Glauben erweckte, sie seien Vorboten pröfserer Untemohmunrien.
Mit dem ihm nach Abfjabe clor Fcstiingsbesatzungen verbleibeiulen
Rest bcschlofs er deshalb, zwar sich im Felde zu halten, jedes
ernstere Gefecht jedoch zu vermeiden, vielmehr den Gegner uuauf-
hdrlidi BQ beanrobigen nnd seine Pläne zu dnrdikFeazen. Am
1. Januar schrieb er an Uacdonald, vm nicht Antwerpen wehrlos za
macben, mttose er auf den beabsiofatigten Marsdi gegen Heixogen'
boBch veniditen und sieh mit einer am 3. oder 4. vonranehmenden
Atifklftrnng aof TQbnig begnügen.
Maas nnd Waal nnmittelbar hinter seinem Ricken, Macdonald
in semer linken Seite, Maison Tor sich, be&nd sich BOlow trotE der
Schwäche des letzteren immerhin in einer peinlichen Lage, bevor
Wintzingerode's Hanptkräfte nicht am Rheine vereint waren. Um
einer Angriffsbewegung Macdonald's ungesäumt entgegentreten zu
können, hielt daher BfUow 3 Divisionen seines Armeekorpe (12000
Hann) um Breda versammelt, während die 3. Division zur Beob-
achtung von Gorkum auf beiden Waalufem geblieben war. Bevor
er zu weiteren Angriffsbewegunpien übern^infr. wollte rr die Ankunft
des III. deutschen Bundeskorps unter dem Herzog von Weimar und
die Wintzincerode's abwarten. Dieser setzte in sehr kleinen Märschen
mit 17000 Mann seinen Vormarsch auf Diisseldorf fort, wagte aber
angeblich wegen des Eisganges, nicht nur den Rhein selbst nicht zu
überschreiten, sondern verhinderte sogar TschenÜBcbew, der dies be-
absichtigte, daran.
Bülow hatte am 31. Dezember die Führung seiner Vorhut dem
Oberst v. Sydow, Brigade-Kommandeur bei der Reserve -Kavallerie
übertragen; diese bestand^) aus dem 1. Leib-Hnsaren-Regt., dem
Pommersohen Katienal-EaTidlerie-Rgt. , dem 4. Knrmftrldschen Land-
welu>Kavallerie-Bgt., dem Easaken-Rgt Bychalow, dem Streifkorps
Hellwig's, dem Jäger-Bat. Reiche, der JSger-Kompagnie Bltttdier,
Vt reitenden Batterie t. Nenendort Gleichzeitig befahl das General-
Kommando zn Bommel:
„Der Ifigor Hellwig wird den 2. Jannar 1814 von TQbnxg nach
Or.-Znndert maischizen, nm den M%jor Golomb abzulösen, der nach
Anweisimg des Generals von Benkendorf einen Posten in Chaem gegen
Hoogstraeten nehmen wird; Golomb ist anch der Atant-Garde unter-
stellt."
Hellwig empfing dieeen Befehl am Neujahrstage nach seinem
Eintreffen in Tilburg, von wo aus er die hnke Seite des 3. Armee-
koipB auiklärte nnd am 3. frtth 7 Uhr melden konnte, daia die
>) Kr.A.IVC.ö31.ßl.l.
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136
Der Fkrteigänger Friedrich von Hellwig etc.
Franzosen X131 Mann) am 2. frah Vt^ Uhr in aller Stille (das ftber
4 Meilen südöstlich gelegene) Eyndhoven Terlassaai und sieh über
Valkenwaard nach Bechtel (6 Meilen südlich Eyndhoren an der
Straise nach Hasselt) gezogen hätten —
Der Kri^;88chanplatz, auf dem sich die folgenden Ereignisse ab-
spielten, war ein namentlich für die Verwendung der Reitttfii,
äufserst schwieriger. Das linke Maasufer bei &eda und Antwerpoi
bis zur Meeresküste von Nord-Brabant besteht aus einem Öden, im-
fruchtbaren Haideland, welches von tiefliegenden Brüchen, Torfmooren
und Sumpfstrecken durchzogen ist. Einen anderen, sehr w ohlhabenden
Charakter zei^ das reicli aniicbaiito Land jenseits der Scheide: es
wird nach allen Richtungen durch Hecken. Gräben, Kanäle und
Dämme durchschnitten, wclclie letztere oft allein die Verkehrswege
durch die feuchte Niederung bilden. Daher ist ein strenger Winter
in jenen Gebieten die für militärische Operationen geeignetste Jahres-
zeit, während bei Thauwetter das Land fast ganz ungangbar ist,
In der ersten Hälfte des .lannurs 1814 herrschte trockene Kalu',
welche durch starke Schneefälle und zuletzt durch liegcnvvettcr ab-
gelöst wurde. Dabei standen alle Wege voll Schneewasser, unter
welöhem die Eisflächen soldie Gl&tte annalunen, dalh Menschen nur
mit grofser Mühe, Pferde überhaupt kaum sich fiortbewegen konnten.
Im Fehmar nnd Mftrz wechselten Fh>st und Regen einander ab. Man
darf diese VeifaSltnisse nicht aufter Acht lassen, wenn man ein
richtiges Bild Ton den ungeheuren Schwierigkeiten der KriegfÜhrong
in den Niederianden während eines WinterfeLdzuges gewinnen irilL —
Am 3. Januar rückte Hellwig an dem ihm angewiesenen Plati
in der Vorpostenaufetellung bei Gr.-Zundert ein mit dem Auftrags
von dort aus noch die weiter östlich gelegenen Dörfer Meer, Morel
und Mersel zu besetzen nnd nach rechts die Strafsen nach Kozendael
und Etten zu beobachten, sowie sich mit den von Breda nach Bergen-
op-Zoom vorgeschobenen Vorposten oder mit den Engländern in Ver-
bindung zu setzen.
Die Vorpostenaufstellung um Broda bestand aus drei Abschnitten,
von denen zwei ihre Stirn gegen Süden, die dritte gegen Herzof^en-
busch gerichtet hatten und die von den Rückhaltstellungen Gr.-Zundert,
Chaem und Loon-op-Zantl nach vorwärts ausstrahlten. Der Hellwig'sche
Abschnitt bildete den rechten Flügel und beobachtete die Strafsen
nach Antwer})en über Westwezel und nach Hoogstraeten; der mittlere
sicherte von Chaem aus gegen Turnhout ; in ihm waren vom 4. Kur-
märkischen L.-K.-ligt. (V. Schmeüng) auiserdem die Orte Alphen, Gilzen
*) Kr.A.IV.C.63.I.BL14,
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Dvc Fteteigänger FHedrieh von BtXMg ate.
137
und Riol in voidenter Linie besetzt. Im linken Flfigelabsclimtft hatte
du Pommenche NKt.-E.-Bgt. Elzhout mit 2 Schwadronen inne und
Posten nachVlymen, Ciomvoirt und Helvoirt voigesohoben; dahinter
staud in Loon-op-Zand eben&lls eine SchN\ :idron, die Jfiger-Eomp.
Böttcher, 3 Komp. des Bat. Reiche und die halbe Batterie; noch
weiter rückwärts in Dongen standen 2 Komp. Reiche, 3 Schwadr.
Leib-Husaren (v. Sandrart), eine in Dorst mit Feldwachen bei Weersel.
Zur Verbindung zwischen dem mittleren und linken Abschnitt stand
zu Tilburg der schon im Abmarsch nach dem Rhein zu Wiiitzinf^erode
begriffene General Benkendorf mit Reiterei und reitender Artillerie»
mit Infanterie in IJdenhout und mit einem Kasakenpulk in Meer.
Colomb war mit sumcr Reiterei nach Gilzen, mit der Infanterie nach
lieyn zurückgezogen worden.
Hellwig's Abschnitt hatte, ohne Rücksicht auf die rechte Seite,
eine Ausdehnung nach der Stirnseite von über L^V^ Meilen, in der er
mit seiiiLUi schwachen Bataillon und 4 Schwadronen die Stellung von
Breda decken sollte, eine Aufgabe, die wahrUch keine leichte war,
wenn man sieh vergegennftriigt, dafii nach dieser Richtung Maison
seine Hauptkräfte^ 10 Batsillone^ 12 Sdbwadronen und 18 Gesöhfttm
in Hoogstraeten und Braaschaet zu stehen hatte. Sofort nadi Be-
setzung seiner Stellung hatte sieh Hellwig durch einen Erkundongs-
ritt davon übenseugt, dais, vfihrend seine reehte Seite durch den
morastigen Boden am Tnrfvraart ziemlich gesichert mur, er auf semen
linken Flttgel die grölste Aufinerksamkeit verwenden mttibte, um nicht
auf den zahlreiohai von Hoogstfaeten nach dem in seinem Biidcen
liegenden Dorfe Rysbergen führenden Wegen umgangen und von
Breda abgeschnitten su werden. Zu schwach, um alle zu besetzen,
stellte er auf den Hanptwegen nach Meer, Merel und Mersel starke
Kavalleriepostcn auf und sicherte den ersten als wichtigsten noch
durch eine stärkere Infanterieabteilung; Meer und Mersel besetzte er
zunächst nicht*); in Merel stand ein Kasakenposten von 40 Mann.
Seine Hauptkräfte hatte Helhvif^ in Gr.- und Kl.-Zundert. Der Vor-
postendienst war im höchsten (irude anstrengend, da das durch-
schnittene Gelände, „in welchem die Felder mit Hecken und Gräben
umgeben und mit Büschen untermischt waren, die freie Umsicht sehr
erschwerte -)."
Durch seine Aufstellung vorwärts Antwerpen, suchte Maison nicht
nur diesen Platz zu decken, sondern auch seine Verbindung mit
Bergen-op-Zooni aufrecht zu erhalten und sowohl die Bewegungen
der Englander bei liozendael, als die der Preufsen um Breda zu über-
>) Kr. Ä. ly. G. 71. BL19. - Gros. 8.92.
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138
Der Flurtelgänger Friedrich von Hellwlg eie.
wachen. Zo diesem Zwecke enlaaiidte er am 3. Januar drei Auf-
Jdftnuigs-Abteiliuigen auf Breda, die eine von Hoogatraeten auf Meile,
die sweite auf Meer und Mersel, die dritte Ton Loenhont auf Gr.-
Zimdert Nur die Kaaaken in Meer scheinen angegriffen worden zu
sein; HeUwig wurde durch die Aufklärungen gamicbt berührt; denn
er meldete am folgenden Nachmittage, dafs das Ereignifs in Meer
nur eine starke Erkundung gewesen sein könne, da sich in der feind-
lichen Aufstellung in Hoogstraetcn und W^w^el nichts geändert
habe, auch seine Streifen unverindert zwischen Loenhont und Minder-
hout gingen.
Gleichzeitig mit diesen Aufklärungen hatte Maison dem Major
General Berthier gemeldet, dafs er das vom Kaiser ihm nahegelegte
angriffsweise Verfahren gegen Biilow durch einen Vorstofs auf Gorkum
unmöglich wagen könne, wenn er nicht dadurcli Antwerpen gänzlich
entblöfsen und die auf jene Feste entsandten Truppen der Gefahr,
völlig von dem grofsen Waffenplatz abgeschnitten zu werden, aus-
setzen wollte. In Erwartung weiterer Verhaltungsbefehle würde er
zur Erforschung der feindlichen Stärke eine gemischte Abteilung übör
Chaem auf Tilburg vorsenden.
Am 4. und 5. fiel nidits von Bedeutung bei den Vorposten vor.
HeUwig, der am enteren Tage Morel und Mersel hatte besetaen
lassen, hatte wegen der grolaen Ausdehnung seiner Stellung fast
immeiibrt 200 Pferde in ununterbrochener Ih&tigiEeit und bat wegen
disses Überaus anstrengenden Dienstes um AUOsung seines Postena
in Morel durch andere Reiterei. Am 4. wurde der in Meer vom
Laib-Husaren-Begiment vorgesdiobene Posten unter Li Sander an-
scheinend durch französische Infanterie und Ulanen alamirt; es stellte
sich aber bald heranS| dafs es das im Anmarsch begriffene Colomb'sche
Streifkorps war. Später aber folgte in der That ein feindlicher An-
griff auf Meer, wodurch Lt. Sander aus dem Dorfe verdrängt und
innerhalb desselben vom Gegner ein Versteck von In£uiiterie gelegt
wurde. Am 5. Abends wurde der Ort seitens dessen verlassen ge-
funden, aber auch von Sonder nicht wieder besetzt, so dafs er zwischen
den beiderseitigen Vorposten liegen blieb und von ihnen nur ab-
gestreift wurde. Nach einer Meldung Hellwig's vom 5. Nachmittags
IV2 Uhr stand zu dieser Zeit ein Offizierposten seiner Truppe bei
Meer; als diesen HeUwig bei seiner weit vorgeschobenen und ge-
fährdeten Lage gegen die Neckereien des Feindes am Morgen des 6.
durch 40 Mann Infanterie selbststiindiger machte und, auf diese ge-
stützt, die Husaren bis an tiie Linie der sie mit Feuer empfangenden
und dann zurückweichenden feindlichen Vedetten vorrückten, hatte
dies sofort das Vorgehen einer feindlichen Schwadron um Mittag zur
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
139
Folge, velöhe Ins Heer Tonrfiekte, T<m dort smrfickgeworfen und
wiederum Ine an die eigene VedettenÜnie von den Huseren verfolgt
wnrde. Nadidem der Offizier alsdann sein hinter Meer gelegenes
Biwak meder bezogen und die In£uiterie in den lebten Häusern des
Dorfes selbst zurückgelassen batte, griff der Feind letzteres V4 Stunde
sp&ter mit zablreicher Infiuiterie und Reiterei an und warf die
Hellwig*SGlien Truppen zurück. IMeselben nahmen, als der Feind in
seine alte Stellung gegen Abend zurückgegangen war, ihre Stellung
wieder ein^); die Infanterie hatte 1 Todten und 2 Verwundete;
außerdem blieb 1 Pferd todt.
Nacbmittafjs waren Tlellwigs Truppen folgendermafsen verteilt:
seine Hauptkräfle in Gr.-Zundert; vorgeschoben: in Wemhout 1 Offz.
40 Pf. und 20 Fufsiäger, in Meer 1 Offz. 40 Pf. und 1 Offz. 40 Fufs-
jäfrer. in Merel und Hersel je 1 Offz. 30 Pf., aufserdem an einio;en
Brücken kleine Posten von Reiterei und Infanterie ohne Vorposten.
Nach dem von ihm eingezogenen Nachrichten sollten zwischen Hoog-
straeten und Loenhout 1^ — 4000 M., in letzterem Orte selbst 4 — 500 M.
Infanterie und 50 Reiter, in Westwezel 2 — 300 M. Infanterie und 20
Reiter stehen. Da Oberst-Sydow Hellwig auf ein Unternehmen gegen
letzteren Ort besonders hingewiesen, hatte dieser" sein besonderes
Augenmerk darauf gerichtet und erkannt, dafs dagegen ohne unver-
hältnifsmäfsige Opfer nichts au.szurichten sei, da das von der Natur
an und för sich sehr begünstigte Dorf noch durch Verhaue und eine
an der Straß» nach Breda angeworfene Schanze verstiikt worden
sei Die Hellwig'schen Stirkemeldungen werden im Allgemeinen
zutreffend gewesen* sem; etwas abweichend lauten die Ton Sandrart
am g^ekshen Tage eingezogenen Nachrichten, wonach allerdings Hoog-
straeten ebenfiüls von mehreren tausend Mann besetzt sein soUte,
eine Angabe:, die er aber für ^anscheinend übertrieben*' hftlt;" jeden-
fells bestünde die Besatzung nur aus konskrihirter In&nteria und
höchstens 2 Schwadronen polnischer (?) Ulanen; die gesammte Reiterei
zählte überhaupt nur 4 — 6 Schwadronen Pariser Husaren und Polnischer
Ulanen; au&erdem wäre noch Merxplas mit 100 M. Infanterie und
50 Reitern, sowie Tumhout besetzt. Welchen Wert die fernere Nach-
richt, dafs der Feind Anstalten treffe, Antwerpen zu räumen, hatte,
werden die Ereignisse der nächsten Zeit zeigen.
An diesem Tage ging Bülow die Nachricht von dem nm 4. er-
folfzten Abzüge Macdonald's aus Nvmwegcn und Cleve zu. In der
Befürchtung, dafs er gleichzeitig von Wintzingerode auf der Stirnseite
angegriffen und ihm von den um Breda versammelten Preulsen der
») Kr. A. IV. C. 53. I. Bl 47.
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140
Der Parteigänger Ftiediieh too HeUw^ eCe.
Rückzog abgesdmitteii werden könnte, zog der Maraohall es vor,
eine weiter zurüokgelegene AufetoUung zwischen Geldern und Venloo
za nehmen. Auf diese Botschaft schob Bttlow das Golomb'sche Streif-
korps über Tilburg (am 7.) undEyndhoven (8.) gegen die Maas Tor*).
Aufklärungs-Gefeclite am 7. Januar 1814,
Wir haben schon mehrfach hervorgehoben, mit wie bedenklichen
Augen Hellwig seine Vorpostens t oll iirifi betrachtete, wie er mehrfach
Vorstellungen dagegen gemacht hatte und wie er nur zögernd erat
auf ausdrücklich wiederliolte Hofehle (die er in seinem Privatta^'cbuch
mit dem Ausdruck „unvernünftig" kennzeichnet) den äufserst ge-
fiihrdeten Posten zu Meer besetzte. Gcwifs war die Stellung dadurch
eine sehr ungünstige, dafs sie durch die Aa mit ihren morastigen
Ufern senkrecht in zwei Abschnitte geteilt wurde, welche sich gegen-
seitig kaum unterstützen konnten. Gelang es dem Gegner, von Hoog-
Straeten vordringend, sich schnell in den Besitz von Merel und Mei*sel
zu setzen, so stund er Breda näher als die in (ii.-Zundcrt stehenden
Truppen und konnte diese auf den zahlreichen nach Uiesbergen
föhrenden Wegen von ihrem Rückzüge nach der Festung abschneiden.
Die grölste Anftaerksamkeit war unausgesetzt geboten, üm dies za
verhüten. Im Falle eines Angriffs des linken FlfigeUhschnittea aber
konnten 'sich die Truppen desselben niemals an die Hauptabteflung
der Vorposten bei Or.-Zundert heranziehen, sondern mulsten den
Rückzug auf Breda nehmen.
Hellwig sollte sich in seinen Befürchtungen nicht getäuscht habeil.
Am 7. führte Ifaison die unter dem 3. dem Miyor-General als be-
absichtigt gemeldete Aufklftrung aus, aber nicht bü» über Chaem und
Tilburg, sondern auf der ganzen Linie, nach Aussagen von Über-
läufern war 68 dabei hauptsächlich auf Hellwig abgesehen, um die
Stärke der Besatzung von Gr.-Zundert genau zu erforschen, sollten
2000 M. Reiterei dagegen zur Verwendung kommen, von denen 800^
gegen den Ort vorgehend, die Preufsen herauslocken und gegen einen
von den übrigen 1200 gelegten Ilinterlialt führen sollten.
in aller Frühe erhielt Hellwig die Meldung, dafs der Feind seine
sämmtlichen Posten eingezogen habe, was ihn zu doppelter Auf-
merksamkeit veranlafste. Als es tagte, um ., Uhr, wurde er von
\Vost\ve?:el aus an der grofsen Stralse angegritlen; clie bei Wernhout
stehende Feldwache warf zwar durch Infanteriefeuer die feindlichen
Heiter zurück, muistc aber vor der nachfolgenden Infanterie auf
Gr.-Zundert zurückweichen. Kapt. Kielburger warf sich mit seiner
1) WeU 1814 L p. 37«. - Er. A. IV. a M. BLfi8.
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Der Faiteiginger Friedrich von Hellwig ete.
Ul
Jäger-Kompagnie dem in letzteren Ort eingedningenon Gegner ent-
gegen, wurde aber durch überlegene, ihn seitwärts iiiiifieliende Kräfte
wieder hinausgedrängt; trotzdem gelang es ihm durcli uinen zweiten
thatkräftigen Angrifif, Gr.-Zundert nochmals zu nehmen, allerdings
unter nicht unbedeutenden Verlusten, darunter den Lt t. Davier,
der enohoesen wurd«.
Anfangs war es für Hellwig der trüben Witterung wegen moht
kicbt za erkennen, ob der von Westweeel gegen üm gerichtete An-
griff ein ematlicber wttre, oder ob es sidi hier nur um eine Täuschung
handelte. Jedenfiüls wurde er nicht ndt solcher Kraft durchgeführt,
dals man mit Bestimmtheit annehmen muiste, man bitte hier starke
Tmpfiennaasen Tor noh. Als nach einiger Zeit Ton seinen Posten sn
Meer, Morel und Mersel übereinstimmende Meldungen eingingen, dafs
der Feind von Hoogstraeten mit grofser Überlegenheit — es hiels
4—5000 Mann, 1 Kanone und 1 Haubitae — im Anmarsch sei, war
es nicht mehr zweifelhaft, dafs er gegen Gr.-Zundert nur einen
Scheinangriff ^'eiuhrt hatte und beabsichtigte, sich der Torgeechobenen
Posten Hellwig's in seiner linken Flanke zu bemächtigen, von da auf
Riesbergen vorzudringen, und dessen Hauptkräften den Rückweg auf
Breda abzuschneiden.
Gegen 9 Uhr wurde Lt. Triebenfeld in Meer von G Bataillonen
und 8 Schwadronen Ulanen angegi'iffen, aus dem Dorfe geworfen,
durch Mersel gedrängt und darüber hinaus verfolgt; gleichzeitig wurde
auch der in Merel stehende Offizierposten zum Verlassen des Ortes
genötigt. Die Meldungen hierüber und das Vordringen des Gegners
über die drei Dörfer hinaus gegen Ilieshergeu, voranlafsten Ilellwiif,
sich um Mittag bis zu diesem Dorfe zurückzuziehen, wodurch ilim
wenigstens der Rückzug auf Breda gesichert war. Dorthin hatten
skh inzwischen die Hellwig'schen Truppen aus Meer, Herel und
Hersel zurückbegeben, während der Gegner auf Biesbergen und auf
dem Ton Hersel ans nSrdlich ersteren Dorfes auf die groise Straifae
Antwerpen-Breda fthrenden Wege in groiser Stftrke Tordrang. Auf
der Stirnseite von Gr.-Zundert gedrängt, in seiner linken Seite be-
droht, nicht im Stande des morastigen Gelfindes wegen von seinen
Husaren Gebraudi zu machen, mulste Hellwig sich entschlielben,
seine den ganzen Tag im Gefedit gewesene Infenterie surüdounehmen
und trat den Abmarsch auf die Festung nach 2 Uhr Nachmittags
an, wozu ihn der holländische Gouverneur, General v. d. Plaat, mit
dem er durch tägliche regelmäfsige Meldungen in Verbindung stand,
angewiesen hatte. Der Feind folgte ihm durch das brennende Ries-
bcKgen eine Strecke auf Breda, jedoch mit schwachen Kräften und
sehr forsichtig, da er nach den Aussagen der Überläufer, eine ähn-
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142 Der Parteigäager Friedrich von Uellwig etc.
liehe Falle von Seiten Hellwig's befürchtete, wie er ihm zu legen
beabsichtigt hatte. Dieser zog sich um 3 Uhr mit seinen Haupt-
kiaften in die Festung zurück, liefs aber vor derselben beim Dorfe
Hage eine gemischte Feldwache stehen, deren Streifen gegen Abend
meldeten, dafs der Feind Riesbergen geräumt habe und 2000 Mann
stark zwischen dissem Ort und Gr.-Znndert unter Besetsliialtimg des
Städtchens Mwakire. Darauf rückten die Husaren wieder Ms Ries-
bergen vor, während die In&nterie der Fddwache als Rttokhalt über
Nacht in Hage bfieb. Als am späteren Abend die Franzosen auch
Gr.-Znndert räumten und auf Westwesel absogen, folgten ihnen
Husaienstraifeik bis dorthin; auch gegen Merel und Hersel schickte
HeQwig über Nacht wieder Abteäungen Tor. Seine Verluste be-
standen in: 1 Husar 3 Pf. tot» 2 Husaren, 2 Pf. verwundet, von der
Infanterie 1 Offs. 5 M. tot, 13 M. verwundet, 6 vermifst. —
Als gegen 9 Uhr Vormittags der Hellwig'sche Offizierposten aus
Merel verdrängt wurde, blieb der rückwärts in Chaem stehende Rittm.
Eichhorn vom 4. Kurmärkischen L.-K.-Regiment mit der gerade zu
seiner Ablösung eingetroflTenen 3. Schwadron daselbst stehen, streifte
{jegen Merel und Alphen, wo 1 Offizier mit 20 Pferden desselben
Rej^iments stand. Als letzterer von 60 — 80 französischen reitenden
Garde-Chasseurs bedroht wurde, wich er eine Strecke zurück. In-
zwisclien hatte der Rcgiments-Konnnandeur Maj. v. Schmeling die in
Gilzen stehende 1. Schwadron bis halbwegs Chaem als Rückhalt vor-
rücken lassen und ritt selbst gegen jenen Ort vor, aus welchem ihm
aber schon Wehrreiter mit der Nachricht entgegen kamen, sie hätten
vor der (ibennacht des eingedrungenen Feindes weichen müssen.
Schmeling vereinigte N'achmittaf^s nun seine 3 Schwadronen und stellte
sie seitwärts des Weges in günstigem Gelände unter Vornahme von
Plänklem auf. Über 300 firaozSsisdhe Ulanen und CShasseurs hatten
sich in dem am Dorfe gelegenen Gehöbs aufgestellt, wagten sich aber
nidit heraus, sondern sogen sich bald in das Dorf und V« Stunde
später auf If erel und Hoogstraeten zurück. Da Merel von den
Hellwig'schen Husaren nicht wieder besetsiwurde, so be&hl Schmeling
der in Chaem bleibenden Schwadron, dorthin und nach Hersel zu
streifen, Nachts aber nicht im Dorfe, sondern auf der Ebene am
Wege Ghaem-Gilzen zu biwakiren. Die dem Feinde bis Meer ge-
folgten Streifen meldeten, dafs nach Aussagen von Bewohnern crsterer
dies Dorf ausgeplündert und fttr den 8. in Merel 500 Brote bestellt
habe. Die in Alphen eingedrungenen Chasseurs waren ebenfalls nach
einigen Stimden in der Richtung auf Weide abgezogen, worauf der
preuünsohe 0£Gaer ersteres Dorf wieder besetzte. Die Kurmärker
verloren an diesem Tage 2 Mann und 4 Pferde tot, verwundet und
vennilst
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Der Parteigänger Friedrich von Heliwig etc.
ua
Auch gegen Tilburg gmg von Turnliout aus Nachmittags 1 Uhr
eine feindliche, aus Infanterie und Reiterei bestehende Abteilung zur
AnfklSnuig vor; während Ton Loon-op-Zand 1 Offizier mit 1 Zuge
Jäger Tom BftCainon Reiche nach jenon SUdtolien Torgesdiobeii winde,
ging die 3. Schwadron Pommerschen Nat-Kav.-Begiments unter Bittm.
Chartron dem Feinde entgegen, griff ihn an nnd warf ihn über Goirle
nnd Poppel gegen Weide zu, wo 200 nnter Oberst Melnikow ein-
treffende Kasaken mit ihr yereint einen nenen Angriff nntemahmen
nnd die Franzosen mit einem Verlust yon 70 GefiEmgenen auf Tnm-
bont lur&cktrieben. Im Begriff, in der DonkeUieit auf Tüburg zurück-
snkefaren, stieis die Schwadron auf etwa 40 ton einer Umgehunga-
bewegong zurückkommende Heiter; in dem entbranntm Eampfo
wurden die meisten der letzteren niedergemacht, der Best zerstreut.
Der Feind hatte mit seinen Aufklärnngsrersuchen vom 7. inso*
tm mdkt viel erreicht, als er von den preufsischen Hauptkräften
nichtB zu sehen bekommen hatte und sein Versuch, deren Vorposten
zu überfallen, mifslungen war. Heliwig war sehr befriedigt davon,
dafs es ihm f2:ohinficn war, der ihm vom Feinde gelegten Schlinge
rechtzeitig zu entschlüpfen. Nur dem zu frühzeitigen Angriff auf
seine Ilauptstellung von Westwezel her, bevor die feindlichen Um-
gehungsabteilungcii weit genug vorwärts gekommen waren, und dem
dadurch rege gewordenen Argwohn Hellwig's glaubt er es zu ver-
danken zu haben, dafs er nicht vollkonmien aufgerieben wurde. „Ich
kann es ehiem grofsen (lliicke zuschreiben, dafs, angegrift'en von allen
Seiten durch eine grofse Übermacht, mein Verlust nicht viel bedeuttiiider
wurde." So heifst es in seinem Kriegstagebuch, und im Privattage-
buch: „Auf diese Art kam ich dann noch mit Ehren aus diesem
schlimmen Handel; jedoch ward ich Tom Feinde sehr zugesetzt und
bis gegen Breda zurückgedrängt.^
In seiner Meldung vom 8. früh 8 Uhr ans der Festung an Sydow
kam Heliwig mit greiser Bestimmtheit und Klarheit auf die in der
Aufstellung liegenden Ursachen zurück, aus denen dem Feinde sein
gestriges Vorgehen möglich geworden war. Hellwig's Infanterie reichte
kaum hin, um den von allen Seiten zugänglichen Ort Qr.^Zundert
zu sichem; für Beiterei sei das Gelände fast durchweg untauglich.
Er würde allerdings seine Stellung wieder einnehmen, müfste Sydow
aber dringend auffordern, dafs, „wenn er trotz aller Anstrengung
und Wachsamkeit nicht alle Ehre und Keputation Teriieren soUe'^O)
^) Colomb sagt in seinem i'age buche: „Meinen Posten Obernahm Major
Heliwig. Or.-Zttndert verliels idi, sehr froh darCber, Hafk ich ohne Verlust
oder Unfall aus dieser Stellung abzog, in der ein einigonnalBen gut angelegter
Überfall geftiirüch werden konnte.**
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144
Der Parteigüugcr Friodrich vua Hellwig etc.
jener dafiir soigen mflfste, Meer, Menl und Mersd Ton «nderen
Toppen und swar stark, namenüich mit Infiuitene, beBetsen sa
lassen^).
Kach den Aussagen der Ge&ngenen und Überiftofer standen am
7. in nnd bd Hoogstraeten 4000 M. Infiuiterie und 3000 Beiter,
meist junge Kouskribirte mit 7 — 15 bauptsKcUieb reitenden GesohflUsen
unter OberbefeU des Brigade-Generals Hinot; die aus den 2. und 14.
Voltigeurs und 13. Tirailleurs der Garde bestehende In&nterie stände
unter Ob. Rip^non; Ob. Ledere Tom 2. Garde-Lanciers-Regiment be-
fehlige die Reiterei: 2. Chasseurs de la ß:arde ä cheval, 1. und 2.
Lanciers de la garde, 1 Begynent Gardes d'honneur und 150 Mame-
lucken. Die Vorposten, welche sich bei iibermftditigem Angriff auf
Westmaele zurückzuziehen hätten, erstreckten sich von Loenhout
(1 Bat. lOO Pf.) über Terbeck (150 M. 10 Pf), Vessingen (200 M.
20 Pf) nach St. Leonhard (l. Bat. 100 Pf.). In Westwezel ständen
gegen Bergen-op-Zoom 800 M. Infanterie, etwas Roiterei und 2 Ge-
schütze; in Hoogstraeteu sei das Hauptquartier, die Hauptmasse der
Infanterie, die Chasseurs der Garde, Gardes d'honneur und Manie-
luckeUj in Brecht die Lanciers, in Brasschaet der Artillehepark
Nadidem Billow in Erfahrung gebracht, dals die feindlichen
Hauptkrftfte ihm sehr nahe — Dirision Bognet bei Weslveael und
Hoogstraeten, Brigade Aymavd bei Tumhout, die Beserven bei Bras-
schaet — versammelt waren und da nch Macdonald noch immer in
seiner linken Seite befiuid, so mulate er befürchten, dafe Maison seine
Trennung von Wintzingerode durch den Bhein benutzen, ihn an-
greifen und gegen die durch den Eisgang unüberscfareitbare Waal
werfen würde. Dieser MögHchkeit ^zedachte er ▼orzubeugen, indem
er selbst angriffsweise verfuhr. Vorbereitet hatte er sein Vorhaben
dadurch, dafs er leichte Truppen (Colomb) gegen die Verbindungen
der den äufnersten rechten Flügel l^Iaison's büdenden Brigade Aymard
mit Ma« (lonald in der Richtung auf Turuhout, Roermonde und Venloo
entsandte, mit dem besonderen .\uftrüg, vorzütjlich darauf zu acliten,
ob eine Vereinif^un«j der beiderseitigen Streitkräfte bezweckt würde'').
Er beschlüls, die Ötellung Tumhout-Iloogstraeten anzugreifen, deren
') Kr. A. IV. C. 53. 1. Bl. 68. — Kr. A. IV. C. 56. Nach Vaud. 18U,
I. p. 206 hatte Roguet mit der Bri|ir. Flament den Flecken Hoogstraeten b»*
setzt; 2 Bat. standen in Westwezel nn i I.oenliout, die Brig. Aymard in Turn-
hout, Div. Lefpbvres-Desnofttes zwischen Turnhuut und Brecht, Gen. -\rnbert
mit 4 Bat. 200 Pf. zu Dunk und Brasschaet, Gen. Castex zu Lier, Div. Barrois
in Brüssel. — ») Dam. I. S. 357.
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Der Parteigiiigtr Friedrich von Hellwig etc.
145
Mangelhaftigkeit als Kampfstellung mit ihrer einzigen rückwärtigen
Verbindung auf Antwerjten Maison nii bt entgangeu war, die er aber
doch zu halten sich genötigt sah, um sich selbst zu verpilegon und
um von Turnbout ans Herzogenbusch bedrohen zu kCnnen. Um seine
lecbte Seite und den Rüoken gegen fiaindliche Reiterei ssu sichern,
hatte er lier tob Brüssel aus besetsen lassen.
Sydow war bereits am 7. ein Sdireiben des Generalstab»X«he£B
von Boyen zugegangen, worin ihm BfUow's Ahsidit mitgeteilt wurde,
dieser wolle die fsindlidie hnke Seite zu umgehen versuchen, um den
Gegner dadurdi von Antwerpen abzudrftngen. Am 8. solle das Armee-
korps nach TorwSrts vereinigt werden, aber so, da& jmer davon nichts
SU bemerken im Stande wftre^ weil er sonst sifib g^ch auf die
Festung suräcksieben wSide. Deshalb sollte sich die Vorhut in der
Weise nach vorwärts zusammenschieben, dais die ftulsersten Vorposten
unverändert stehen bliohon.
Nachdem im Laufe des Vormittags die Dörfer Meer, Merel und
Hersel von beiden Seiten unbesetzt geblieben waren, nahm üellwig
am 8. Mittags seine alte Vorpostenstellung in ihrer ganzen Aus-
dehnung, ebenso wie der Feind die seinige wieder ein. Nach der
Meldung einer llellwig'sclien Streife des Postens in Mersel standen
am 9. Morgens bei Hoogstraeteu 1000 M. Infanterie und 800 Reiter.
Seine 1 Uoffz. 8 Husaren starke Feldwache in den ersten, am Aus-
gange nach Breda gelegenen Iläusein von Meer beobachtete eine
feindliche Abteilung von etwa 100 M. und 10 Pf., welche durch das
entgegengesetzte Ende des Dorfes bis zur Brücke vordrang und dort
stehen blieb, während 2 Stabsoffiziere sieh nach der in der Mitte des
Urts befindlii bun Windmühle vorbegaben und Umschau hielten. Nach
kurzem Aufenthalt ging die ganze Abteilung wieder auf Minderhout
zurück.
Hellwig wurde von Bülow angewiesen, hauptsächlich gegen Hoog-
Straeten von Gr.-Zundert aus zu streifen und ihm unmittelbar zu
melden. Am Nachmittage erfolgte endlich die beantragte Ablesung
der in Meer, Merel und Mersd stehenden HeUwig'schen Posten durch
andere Truppen. Am Abend war die Verteilung der Vorhut unter
g^dow nachstehende: Hellwig*s Streifkorps in Gr.- und Kl.-Zundert,
beobachtet und streift gegen Westwezel und Uber Meer gegen Hoog-
straeten; Maj. Zastrow mit 2 Schwadronen Pommerschen Nat.-Kav.-
Rgts. mit Vor [Osten in Mersel und Streifen gegen Meer; Maj. Dallmer
mit 2 Schwadronen Leib-Husaren und 1 Jäger-Komp. Reiche in
Strybeck mit Vorposten in Merel, 1 ßeobachtungsposten in Mersel
und 1 Verbindungsposten gegen Chaem; das 4. Kurmärkische L.-K.-
Regiment in Gilzen mit Posten in Chaem und Alphen. Dahinter
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U6
D«r Parteigänger Ftiedzidi TOn Hellwig eto.
sfeandeD in zweiter lioie znr Unteretütraiig: in Bavel 3 SdnradroiMa
Leib -Humen, 2 Komp. JSger, Vt reitende Batterie, in TiHroig
1 Schwadron PemmerBolienNat-KaT.-Bgts. und 8 JSger-Komp. Beiche
mit Poeten in Oosterwjk, Goirle nnd Riet Die beiden Kaaaken-
Regimenter unter Mefaiikow waren am 9. nach £yndho?en marsohiit,
mit der Beetimmung, von da aus ilie Verlnndung zwischen Tamhont
nnd Koemonde (an der Maas) zu bedrohen.
Spät Abends erteilte Büluw die Anordnung, dafs bei dem für
den 11. Torgesehenen Angriff Hellwig's Truppen zu der auf der liaupt-
strafse gegen Westwezel vorgehenden Kolonne Thümens, Sydow mit
der Vorhut zu der links gegen Hoogstraeton bestimmten Kolonne
ßorsteU's stofsen sollte, dementsprechend Sydow am 10. Abends unter
mögUchst geringer Veränderung der Vorposten nach Merel zu rücken
und Borstell sich in Strj'beck und Chaem zu versammeln hatte.
Melnikow's Kasaken sollten nach Poppel rücken und gegen Tumhout
und Eyndhoven beobachten. Im Laufe dos 10. marschirten die
Bülo^^■"schen Divisionen aus der Gegend vun Bommel nach Breda
vor. Dort hatte Hellwig mit Bülow eine /usammcnkuuil, bei welcher
er letzterem nähere Aufschlüsse über die leindliche Stellung und die
zu ihr führenden Zugänge geben mulste und der Augri£[aplaji be-
sprochen wurde.
MaiBon meldete an diesem Tage dem Kriegsminister die Zu-
aanunenziehung der Bfilow'schen Difisionen mit 1000 M. bei Breda
und hob die Torgeechobene Stellung seiner Vorhut „unter einem ge-
Viesen M%jor Hellwig" in 6r.-Zundert mit 400 PI und 800 II.
Inüsnterie her?or, der, trotzdem er am 7. zurückgeworfen, doch am
8. wiedergekehrt wäre, was er nicht gewagt haben würde, wenn er
nieht Unterstützung hinter sieh hätte. Maison beabsichtigte daher,
die Division Boguet bei WestmaUe zu vereinigen und die Orte Hoog-
Btraoten, TiOenhout und Westwezel in erster Linie durch seine Reiterei,
auf etwas Infanterie gestützt, bewachen zu lassen; 2 Bataillone des
sogenannten 1. Korps stellte er in Brasschaet und Donck auf, wonach
noch 3 Bataillone als ganze Besatzung in Antwerpen bliebot
10 Schwadronen, 2 Bataillone und 2 Geschütze ständen in
Turnhout mit dem Befehl, im Falle des feindlichen V^ordringons
auf Herenthals (5 Meilen östlich Antwerpen) zurückzugehen;
die Generale Barrois und Castex wolle er auf Lier heranziehen^).
Zu dieser Mafregel wurde er durch das Vorrücken der leichten feind-
Üchon Reiterei gegen seine rechte Seite und durch eine taUclie Nach-
richt veranlafst, welche ihn zu der Ansicht führte, Bülow beabsichtige
über die Campine auf Diest zu marschiren*). Trotz dieser Täuschung
») W«ü 1814. 1. p. 278. — *) Dam. l. S. 368. Vwid. 18U. 1. p. m
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Die Operationeii mit Mann<mheeren etc.
147
dnreli mmohtige Heldimgen Uber StSxke und Abeichten des Feindea
ist es doch imb^graifliGh, ine MaaBon gUnben konnte^ dals der
preuläsohe Haiipt8iigri£F in der Biöhtaiig auf Diest und Löwen statt-
&idea und dals Bfilow fireiirilBg auf die Oemeinscliaft mit den Eng-
lindem Teizichten und sich bei seiner Sehwfiohe dem ümiklstwerden
aussetzen würde. Im AnschlufB an obige Heidung sprach MalM>n
zum ersten Male seine Ansicht dahin aus, man müsse Antwerpen
taeinen eigenen Verteidigungsmitteln überlassen, Belgien aufgeben und
er mOsse sich auf das Festnngsnetz von Lille zurückzieheii. Man
erkennt aus diesen Anordnun^on, dafs Maison gamicht daran dachte,
flieh auf einen entscheidenden Kampf einzulassen.
(Fortsetzung folgt.)
Die Operationen mit Massenheeren in den Kämpfen zn
Anfang und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Von
Hudike» Oberst %, D.
(FortselBitDg.)
In den folgenden Jahrzehnten sehen wir die Kriege in Europa
nicfat mehr mit derartigen Anstrengungen und mit solchem gewaltigisn
Aufgebot von Kräften geführt. Erst als der KeffSs des korsischen
Eroberers, Napoleon m., den alten Kampf zwisdien Frankreich und
österreiGh um den vorwiegenden EinfluÄ in Italien erneuerte, und
seinerseitB auch etwas f&r die Herrlidikeit der grande nation thun
wollte, als 1859 Piemont den Zei^unkt gekommen ißaubte, mit Hülfe
Frankrttchs die Einigung Italiens zu bewirken, und Österreich sich
in seinem alten Besitzstande dort bedroht fand, sahen wir diese
Staaten» den Zwecken und Zielen des Kampfes entsprechend, mit
gröfserer Kraftentwickolung sich gegenüber treten. Doch weder
Giulay, noch Napoleon III. zeiijten sich als Feldherrn. Als dann aber
Ende Mai der önterreichisclie Kaiser seine Streitkräfte in Italien auf
zwei Arraeeu zu je drei Korps verstärkt und als Strategen für dieses
Operationsheer den Geiiernlstabschof Feldzeu;^meister Hefs berufen
hatte, vermochte auch diese Malsnabine keine Einheit und Energie in
die österreichische Führunpj m bringen. Hei der kleinen Armee
Rad('t?:ky'.s und unter der Leitun<z; dieses genialen Feldherrn hatte sich
J»lirl>Ucliur tUr die DenUchc Aimov und Uiiriue. Üd. 97, 2. XI
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U8
Die Operationen mit HaMenbeereD etc.
Hels wohl ab Chef des Oeneralstabs bewahr^ den An&rdenuigeii der
strategischen Leitung eines gröiseren Heeres war er aber aubt ge-
wachsen. Nach sehnwdchentHcher Dauer des Feldsoges und schon
nach den zwei ersten, von Österreich efaienToll, aber nngliicldich ge-
schlagenen Schlachten sah sich dasselbe durch politische Ortiade be-
wogen, den Kampf an&ugeben, und aus gleichen Kttcksichteii ftUte
sich Napoleon III. zum Friedenmchlusse yeranlafst.
Gröfscre Kraflentfaltung noch und gewaltigeres Ringen und Ab-
messen der Kräfte zeigten uns aber die Kampfe von 1866 in Deutsch-
land und Italien. Während es sich iur Österreich um seinen letsteo
Besitz in Italien handelte und um seine traditionelle Machtstellung in
Deutschland, kämpfte Preufsen fiir seine Existenz und damit auch für
das Dasein Deutschlands. Denn der alte schwache, olmmächtige
deutsche Bundesstaat wäre schliefshch ein Opfer der französischen
Intriirue geworden, hätte dann in sich zerfallen und stückweise die
Beute des westlichen Nachbarn werden müssen. Der Krieg von
1866 in Deutschland und Ober-Italien ist von hohem strategischen
Interesse.
Auf dem italienischen Kriegsscliaiiplatze .sehen wir ein glänzendes
Feldhenntalent sich offenbaren. Eizherzog Albrecht operirt mit einer
Armee von 85360 Mann mit 168 Geschützen erfolgreich gegen ein
Heer Ton 210800 Mann mit 450 Geschtitzen. Die Trennung der
italienischen Streitkrifte in zwei weit von einander entfernte Teile
gab allerdings den Österreichem wohl die Mdgliehkeit, durch Energie
und Geschick den einen yon diesen Teilen, dann vielleicht auch den
anderen siegreich bekfimpfen zu können. Diese Aufgabe blieb aber
immer noch eine äufterst schwierige. Das von Süden her drohende
Korps Gialdini war allein schon der österreichischen Operationsarmee
numerisch mehr wie gewachsen, die Hauptarmee am Mincio aber den
OsteiTeichem noch immer fast um das Doppelte überlegen. Der Ent-
schlnis der italienischen Heeresleitung zu einer solchen Trennung
konnte daher an und für sich auch nicht geradezu als ein fehler-
hafter bezeichnet werden. Der ents[)rcchende Operationsplan des
italienischen Generalstabschefs vermochte sogar die österreichische
Armee in die bedenklichste Lage zu versetzen, ihr die gröfsten Ge-
fahren zu bereiten. Durch die vom Mincio lier drohende Haiiptraaeht
des Gegnera mufsten die österreichischen Kräfte notv,- endig an das
Festungsviereck gefesselt werden. Der kaiscrUche lu ldherr konnte
einem aufmerksamen Feinde am Mincio gegenüber kernen Versuch
wagen, dem am unteren Po vordringenden -i. Korps Cialdini entgegen-
zugehen. Geschah letzteres aber nicht, so war wieder dem 4.
italienischen Korps die Möglichkeit geboten, die rückwärtigen Yer-
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Sie Opermtionett mit MiiBonheeren titc 149
liiiidimgeii der ötterreichiBclieii Am^ zu durchaohneideii, unter Bei-
hfilfb dflr in Venetitti yorhandenen revolutionären Elemente sich zum
Herrn des dstorreiehisclien Hintorlandes zu machen und vor ADem die
kaiaeiUohen Feldtrappen swischen zwei Gegnern festzulegen. Der
Plan La liarmora's war ein ioiserst berechnet angelegter, Ung aus-
gedaditer, er h&tto nur der konsequenten Durchfähning bedurft.
Hierzu war aber der italienische Genenüstabschef nicht der geeignete
Mann gewesen. Das italienische Korps am unteren Po bedurfte nur
eines geschickten Generals als Führer, die Hauptarmee aber eines
Strat^gOL An einem solchen fehlte es aber der italienischen Armee
durchaus, denn General La Marmora hat sich in keiner Weise als
Stratege bewährt. Derselbe besafs weder den energischen Willen,
seinen Absichten die entsprechende Folge zu geben, noch die Fähijj-
keit, die notweiuli[i;e 'iliatkraft entwickeln zu können. Jedenfalls war
aber die Lage der üsterreicliischen Operations-Annee eine äufserst
schwierif^e und sehr bedrohte. Erzherzog Albreeht beurteilte sie
auch als solche. Das Kaiserliche Ober- Kommando konnte vorher
nicht wissen, dafs der italienische Generalstabschef sich schwach, un-
sicher und zögernd in der Ausführung seiner Pläne erweisen würde.
Und selbst wenn man vielleicht österreichischerseits La Marmora
dahin beurteilte, hätte man doch den Gegner als richtig handelnd
sich vorstellen müssen, so lange nicht ein Gegenbeweis vorlag. Um
beide Gegner im Auge behalten zu können, besohlofii demnach Erz-
herzog Albrecht, die Operations-Armee zunftchst in einer Zentral-
stellung hinter der Etsdi zwischen Montagnana und Lonigo zu top-
sammeln. Die dsterreichisohe Armee stand hier in dem Bogen der
Etsch zwisoihen Albaredo und Boara auf der inneren Linie und war
somit in der Lage, mittelst eines starken Marsches an allen Punkten
dieses FluAabschnittes dem Gegner entgegentreten zu kOnnen. Die
Ahsiehton des Kaiserlichen Feldhenm gingen aber audi noch weiter,
als nur die Etschlinie verteidigen zu wollen. Erzherzog Albredit war
fest entschlossen, gegen denjenigen der beiden Gegner, der zxmächst
eine Blöfse bieten würde, auch über die Etsch hinftus mit Ent-
schlossenheit vorzugehen. Das kaiserliche Ober-Kommando richtete
dabei sein Augenmerk hauptsächlich auf die feindliche Macht am
Mincio. Hier hatte der Gegner seine Ilriuptkräfte versammelt, von
hier drohte also die gröfsere Gefahr. Ein glückUchcr ISchlag gegen
die feindliche Hauptarmee mul'ste auch von gröfseror Bedeutung, von
entscheidenderen Folgen sein, als ein solcher gegen das Korps Cialdini.
Das ( ieländc am Mincio war aufserdem für die angriffsweise Verteidigung
äufserst günstig. Gelang es, das Hügelland zwischen den Strafsen
äommacampagna-\'aleggiu und Verona-Peschiera vor dem den Mincio
II*
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150
Die Operationen mit Miusäenheereu etc.
ftbenehrätenden Gegner zu gewinnen und namendich den Sttdraud
des Hügelgelindes sn besetsen, so war man hier im Besits einer
überaus starken, die ganze Ebene behenschenden Flankenstelhing,
ans der heraus man erentuell den Feind noeh vor Vollendimg seines
Marsches angreifen und über den Haufen werfen konnte. Äla am
20. Juni italienisdierseits die Kiiegserklftmng abergeben und die Er-
dffiiung der Feindseligkeiten für den 23. angekündigt worden, glaubte
der Erzherzog, nach allen Meldungen über die Bewegungen des
Gegners westlich des Mincio darauf gefafst sein an müssen, dafs un-
mittelbar nach Ablauf der italienischerseits angegebenen Frist sofort
der AngrijOf auf das kaiserliche Gebiet erfolgen werde. Waren
andererseits die Verhältnisse am unteren Po auch noch nicht hin-
reichend aufgeklärt, so glaubte man doch die Trennung der feind-
lichen Kräfte als noch l)(>s(c]iend annehmen zu können. Zweifelhaft
blieb nur, ob die italienische Ilauptarniee zuerst ihre Operation er-
öffnen würde, um durch rasches Vordringen an die Etsch dem General
Cialdini das Überschreiten des Po zu erleichtem, oder ob nicht
violleieht beabsichtifjt wurde, mit dem 4. Korps die Operationen zu
eröffnen, um durcli sein Vorgehen über den Po die kaiserliche Armee
auf dasselbe zu ziehen und der italienischen Hauptmacht dadurch
Gelegenlieit zu geben, ohne Kampf nicht allein den Mincio, sondern
auch die Etsch gewinnen zu können. Erzherzog Albrecht war aber
entschlossen, unter allen Umständen erst die feindlidie Hauptarmee
anzugreifen. Man hoffte dabei, dafs der Gegner, dem die öster-
reichisohe Truppenrersarnndung im allgemeinen wohl bekannt sein
mulhte, die Gelegenheit benutzen würde, in den von den* Eaiserliehen
unbesetzt gelassenen Raum zwischen Waado und Eteeh Tonrodringen.
Um den Feind auch möglichst lange im Unklaren und Ungewissen
über die osterreiohischen Absichten zu erhalten, blieb Erzhersog
Albrecht nodi bis 22. hinter der Etsch, Tersammelte dann am 23.
seine Er&fte bei Verona und rückte erst auf die Nadiricht, dals die
feindliche Armee den Mincio überschritten hatte, am Abend des 23.
mit einem Teil seiner Kräfte in das HügelLmd östlich des Mincio
ein, um dort für die Operation des folgenden Tages festen FuDs zu
fassen. Am 24. kam es dann zu der Bcgegnungsschlacht zu Custoza,
die sich als eine glänzende strategische Kombination des Erzherzogs
Albiecbt darstellt, durch welche die Italiener vollständig überrascht
wurden, eine völlige Niederlniie erlitten und der Feldzup; entschieden
war. Kis{ nach vierzehn 'lagen nahmen die Italiener ihre ÜÜeusiv-
Operationen Nvi^ dcf auf, die dann «ie^'en den unteren Po gerichtet
waren, aber so lahm und in so scliwächhclier Weise geführt wurden,
dals sie überhaupt gar nicht in Betracht kamen und nach dem Ab-
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i
Die Operationen mit Mawenheeren etc.
151
rücken der iVnnee des Erzherzogs an die Donau durch diu in ItaHcn
zurückgelassenen geringen DefensiTkräfte hinreichend in Sclmch ge-
halten wurden.
Auf dem deatsehen Kriegeschauplatze hatte sieh aber inzwischen
in den OperaVionen und Kiimpfen dort die strategiBdie Begabung des
preo/sisdien Ctoneralstabscheft Moltke in über Erwarten glänzender
Weise eatfidtet Ftadsen hatte sidi bei Beginn dee Krieges in der
denkbar schwierigsten strategiscben Lage befunden. Es nuilkte sieh
daranf ge&fet machen, in dem oiiTermeidliGh berorstehenden Kampfe
ganz allein auf sich angewiesen zu sein und aiilher Österreich auch
noch den überwiegend gröfsten Teil der übrigen Bundesstaaten gegen
sich zu haben. Preufsen sah sieb auf diese Weise von drei Seiten
von Feinden umringt. Hannover und Kurhessen mit ihren 25000 Mann
lagen im Rücken und vermochten alle Vorbindungen nach dem Rhein,
sowie nach den £lbherxogtümom zu unterbrechen. Die Süddeutschen
waren allerdings nocli in ihren Rüstungen zurück, vermochten aber
eine Streitmacht von lO(HKK) Mann aufzubringen und diese schlicfslich
zu dem österreichischen Heere stofsen zu hassen, wenn sich dasselbe
in Böhmen versammelte. Sollte die unmittelbare Vereinigung der
österreichischen und süddeutschen Streitkräfte verhindert werden, so
waren letztere also notwendig in ihrem eigenen Lande zu beschäftigen.
Die Österreicher waren aber mit den Sachsen zusammen 2G4000 Mann
stark und in dieser dritten Gnippc lag demnach der Schweq)unkt.
Hier mul'ste unbedingt die Watloncntscheidung gesucht werden. Für
diesen Zweck waren jedoch die im Osten der preufsischcn Monarchie
verfügbaren Streitkräfte keinesw^ hinreichend und Moltke stand vor
der sdiwierigen Frage, ob er anraten duifte, auch die beiden Korps
des Westens zur Hanptarmee heranzuziehen, wonach dann die Bhein-
provinz beinahe schutzlos blieb und man den Sfiddeutscben nur sehr
unbedeutende Kräfte entg^enzusteiUen vermochte. Die richtige Be-
urteilung der Verhfiltnisse lieis Mdtke diesen schweren, aber folgen-
reichen Entschluß dem Allerhöchsten Kriegsherrn m Vorschlag bringen
und Kdnig Wilbehn entschied sich für denselben. Die Verteflung der
Streitlorafte gestaltete sich demnach derartig, dafs im Osten Deutsch-
lands 278600 Preufsen gegen 271000 Österreicher und Sachsen, im
Westen 48000 Preolsen gegen 110000 Mann ehemaliger Bandes-
kontingente stehen sollten. Die zweite schwierige Frage bezog sich
auf die Versammlung der für den östlichen Kriegsschauplatz be-
stimmten Streitkräfte. Über die Aufstellung der österreichischen
Truppen wufste man vorläufig nur so viel, dafs die Vorposten des
1. Korps Clam bei Tetschen, Reichenberi: und Trautenau standen.
Hinter diesem Schleier konnten feindlicherseits mit Hülfe der Eisen-
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152
Die Operationen mit Maasenheeren etc.
bahnen in 8eihr kurzer Zeit gegen 80000 Mann an einem der ge-
nannten Punkte Torsanunelt werden, wodtirch inunerkin Beiiin, oder
Breslau emstlich bedroht wurde. Die sächsische Armee befimd sich
nur sieben Märsche von der preulkisohen Hauptstadt entfernt und in
der anderen Bichtang war Breslau in fünf Märschen 'su erreidien.
Die bedrohten Landesgebiete bedurften also des sofortigen Schutees.
Seitens der Kritik ist vielfach dem preußischen Generalstabschef der
Vorwurf gemacht worden, dals deraelbe die erste Ao£rtellung der
Hauptkrftfte in zwei getrennten Armeen erfolgen liefs. Die völlige
Vereinigung für den Hauptschlag mufste voraussichtlich erst durch
Eonzelkämpfe ermöp^licht werden und es lag die Gefahr vor, dals der
Gegner sicli eventuell mit konzentrirten Kräften auf die eine Hälfte
des preufaischen Heeres werfen konnte. Moltke hatte diese Nachteile
sicherlich ebensogut und jedenfalls weit eher erkannt, wie jeder
Andere, aber er sah keinen Auswef». Eine Aufstellung, welche gleich-
zeitig Berlin und Breslau deckte, wiire am zweckmäfsigsten bei Görlitz
zu nehmen gewesen. Bei notwendigem längerem Verweilen dort mit
den konzentrirton Heeresmas.sen hätte man jedoch mit bedeutenden
Verpflegungssciiwiorigkeiten zu kämpfen gehabt; vor Allem aber würde
die Versammlung der ganzen Hauptarmee an einem Punkte, sowohl
bei Görlitz, wie etwa in Überschlesien einen gröfseren Zeitaufwand
erfordert haben und Berlin, sowne Breslau mufsten sofort gesichert
werden. Anfangs Juni standen demnach von den preufsischen Streit-
kräften im wesentlichen die L Armee in der Lausitz, die II. in
Sohleston, die Elb-Armee in Thüringen konzentrirt Die gegen die
kleineren Bundesstaaten bestimmte Main-Armee sollte sich erst auf
dem Wege der Operationen ans der 13. Division, der durch verfügbar
gewordene Festungsbesatzungen auf eine Dirison verstärkten Brigade
Bayer vom 8. Kozps und aus den Timppmi des Generals Mantenffel
in Holstein bilden. Die teterreidusche Hauptarmee unter Benedek
stand g^gen Mitte Juni beinahe volhsählig mit 6 Annee-K<nps und
4 Kavallerie -Divisionen in MShren und Osterreich - Schlesien, mit
1 Annee-Korps und 1 Kavallerie-Divdsion in Böhmen konzentrirt. Die
geographische Gestaltung des deutschen Kriegssdiauplatzes und die
Lage Österreichs, sowie seiner ^'erbündeten mufste eigentlich Böhmen
als den natürlichsten Versammlungspunkt für die österreichische
Nordarmee erscheinen lassen, in Wien hatte man jedoch die Kon-
zentration um Olmütz für notwendig gehalten", weil man besortrte,
dafs das preufsische Heer schneller mobil sein und demnach dem
österreichischen Aufmarsche in Böhmen /uvorkoninu ii könnt«. Erst
als mit annähenider Gewifsheit die Aufstellung der prnifrischen Haupt-
krälte mit ihren drei Gruppen an der sächsisch-österreichischen Grenze
I
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Die OpeimtioiMn mit Miwonhcegwi eto.
153
swisehen Torgau und Wald«nlmig östermohiaclietMitB angenommen
werden konnte, &&to Benedek den Plan, die Kordannee naeh Böhmen
in Mancli zu setzen. Die Vorbereitungen hierzu waren bereits vom
9. Juni ab getroflen worden, mit der Ausführung wurde aber noch
lange gezögert. Benedek konnte nicht zum endgültigen Entschlüsse
i:o!angen. £r hielt immer noch an Ohufltz fest, weil er den feind-
lichen Hauptangriff als von Oberschlosien ausgehend und auf Wien
gerichtet besorgte, während er sich doch selbst sagen mufste, dafs
eine solche Operation für den Feind unbedingt mit grolsen Schwierig-
keiten verbunden gewesen wäre. Andererseits hätte man in Benedeks
Hauptquartier doch daran denken sollen, wie eine Aufstellung der
österreichischen Ilauptkräfte von vornherein an der oberen Elbe und
der Iser die prcufsische Hauptstadt bedroht, damit also auch Wien
gedeckt und zugleich den Verbündeten in Deutschland eine Unter-
stützung gewährt haben würde. Es WTjrde östoneichischersoits zwar
später behauptet, die Aufstellung um Ühnütz habe Preufsen im Zweifel
erhalten und zur Teilung seiner Kräfte gezwungen, die operativen
Mafsnahmen mit der preufsischen Hauptarmee zeigen aber, dals dem
nicht so gewesen sein kann. Die ersten zuverlässigen Nachrichten
über die Aufstellung der österreichischen Armee hatte man in Berlin
erat «m 11. Juni durch das Bekanntwerden der Ordre de Bataflle
des- Gegners erhalten. Sowie man aber klar darttber wurde, dafs die
österrekshisehen Hauptkräfle um Olmfitz Tersammelt standen, war
damit auch jeder Zweifel beseitigt. Ein Angriff auf preufkisches Ge-
biet konnle sich jetzt nur noch gegen Schlesien, und zwar fiber Nei&e
richten, für Bei^ blieb keine Besorgnila mehr. Preullbischerseits
hatte man daher bis 18. Juni mit der IL Armee eine Aufteilung an
der Neilse genommen und die I. Armee sich derartig um GSriitz
konzentriren lassen, dab sie sowohl zu den Operationen in Schlesien,
wie auch zum Einrücken in die sächsische Oberlausitz bereit stand.
Die gegen Preufsen gerichtete Bundesabstimmung vom 14. Juni hatte
diesem Staate die volle Freiheit zum politischen und strategischen
Angriffe gegeben. Die Ablehnung des preufsischen Ultimatums vom
15. Juni seitens Hannovers, Sachsens und Kurhessens hatte am 16.
zum Einrücken der preufsischen Trui)pen in diese Staaten geführt.
Das sächsische Korps zog sich nach Böhmen zurück. Die öster-
reichische Nordarmee trat aber erst am 17. von Olmütz aus den
Marsch nach Bölimen an, wo sie sich in der Stellung Josephstadt-
Miletin konzentriren wollte.
Die bis zum 19. Juni bei der preufsischen obersten Heeresleitung
eingegangenen Nachrichten über das Verhalten der österreichischen
Nordarmee waren noch mangelhafte, liefsen jedoch als nündesteub uicht
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154
Die OpcralMMMn mit Mananheeran ete.
unwahrscheinlich annehmen, dafs feindlicherseits eine Verschiebung
der Hauptkräfte nach Böhmen hin im Werke sei. Es würde dann die
österreichische üftuptmacht auf der umeren Lir^ie zwischen den
preufsischen Armeen gestanden haben. Eine solche Lage durfte
preufsischerseits nicht abficwartet, es mufste auch hier die Versammlung
der Streitkräfte bewirkt werden. Zu diesem Zwecke wurde die Elb-
Armee unter dem Befehle des Prinzen Friedrich Karl uiit der T. ver-
einigt und beide Ileereskorper setzten sich gegen die bülimisclie Grenze
in Bewegung, während von der II. Armee vorläufig zwei Korps auf
der Linie Camenz-Silberberg konzentrirt wurden, das G. Korps aber
noch bei Neifse verblieb. Auf diese Weise wurde solange als möglich
die Freiheit gewahrt, mit der II, Armee entweder noch einem Einbruch
dob i'eindes au der Neifse bcgcguen, oder durch eine Offensive aus
der Graischait Glatz den Abmarsch des Gegners stören, oder endlich
belni& Veieinigung mit der I. Annee anfbrecben sm kfimMn. Da nadi
dieser enten Bewegung keine Anzeichen anf eine Konzentration der
Osteneiober gegen OberscUesien eintraten, so erhielten am 22. Joni
die I. nnd II. Annee den telegraphischen Befehl, in Böhmen einzurücken
und die Vereinigung in der Richtung auf Gitschin zu suchen. Der
prenioBdie Generalstabschef^ welcher das geometrische Element der
Strategie in so hohem Uaübe beherrschte^ hatte mit Sicherheit Toraos-
geseheni dals die aus Mähren im Anmarsch hefindlichen groJsenTrappen-
massen in den nächsten Tagen noch nicht im nördlichen Brunen
konzentrirt sein konnten. Prinz Friedrich Karl überschritt am 23. und
24. die böhmische Grenze. Am 25. stand die I. Armee um Reichen-
berg ,die Elb-Armee in der Umgegend von Gabel. Das österreichisdie
L Korps befand sich bei Münchengrätz, die Brigade Hingelsheim davon
und das sächsische Korps, teilweise noch im Anmärsche, bei Backofen.
Diesen zwei Korps stand also die gosammte Macht des Prinzen Friedrich
Karl gegenüber. Bcncdck dagegen befand sich mit <» Korps in der
Marschlinie Jaromir-Geicrsberg cclielonirt, während der Kronprinz von
Preufsen mit "i Korps die Linie Liebau-Wünschelburg-Rückerts erreiclit
hatte. Es konnten also binnen wenigen Tagen sechs österreichische
Korps gegen die preufsische II. Armee versammelt werden, wenn das
Debouchiren derselben bekannt gewesen wäre. Dies war aber wahr-
scheinhch nicht der Fall, oder Benedek mochte der Meinung sein,
dafs die von Überschlesien heranmarschirendo preulsische Armee nicht
so schnell die Grenze überschreiten und dafs immer noch die Zeit
bleiben werde, die Stellung Josephstadt-Königinhof-Horic rechtzeitig
zu eneidien.
Das österreichische 1. Korps hatte den Befehl, sich an der her
mit den Sachsen zu Tereinigen. Nachdem aber die Avantgarde des-
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Die QpwMtiionwi mit ManmheAran etc.
155
aelben am 26. bei Hfdmerwasser toh der Elb-Armee surackgeworfen
worden war imd nachdem in der Naebt zun 27. Trappen der prenfaischen
L Armee sich dea Übergangea bei Podol, sowie Toman's bemächtigt
hatten, sah sieh Graf Clam am 28. aus der Stellung bei Müncbengrfttz
herausgedrängt. Am 29. Juni worden aber die vereinigten Sachsen
und Österreicher nach heftigem, vcrlii^^troichem Kampfe bei Gitschin
yon den Divisionen Tümpling und Werder in Unordnung auf Smidar
zurückgeworfen. Inzwischen war es auch der Armee des Kronprinzen
gelungen, die Gebirgspässe nach Böhmen mit nur *24stündif]^em Zeit-
verluste zu überschreiten. Benedek war von dem Vormarsch der
schlesischen Armee jetzt unterrichtet gewesen, Imttc aber den Plan, seine
Kräfte zwischen Josephstadt und Müetin zu vereinigen, nicht aufgehen
wollen nnd daher dem 5. preufsischen Korps bei Nachod hlofs das G.Korps
Kamming, dem 1. preufsischen Korps bei Trautenau das 10. Korps
Gablenz entgegen geworfen. Beide östen-ei einsehe Korps wurden auf
solche Weise unnötig, weil vergebhch in schwere Kämpfe verwickelt.
Ramming w^irde am *J7. von Steinmetz emptimllich gesehlagen-, Gablcnz
warf zwar an diesem Tage Bonni auf Liebau zurüek, wurde aber am
28. von der preufsischen Garde, welche Benedek verabsäumt hatte,
am Übergange fiber daa GeUige bei Eypel an hindem, bei Soor in
der Flanke angegriffen und erlitt eine yßUige Kiederlage. Steinmeta
warf am 28. das österreichiBche 8. Korps von Skalita znriick und
enreichte am 29., nachdem er das österreichische 4. Korps von Schwein«
Schädel verdrängt hstte, bei Gradlita die Elbe. An demselben Tage
gewann die prenlsische Garde bei Königinhof den Übergang über
diesen Flnls. Nachdem dann die prenlsische I. nnd Elb-Armee am
1. Jnli bis Miletin und Hozic vorger&okt waren, hatte daa prenUnsche
Heer seine ursprungliche Ausdehnung Ton 40 Meilen anf deren 5 Ter-
kürzt und seine strategische Vereinigung zu gemeinsamer Operation
l)ewirkt. Es war der überaus kühne, aber ebenso notwendig gewesene
und meisterhaft angelegte konzentrische Vormarsch der preuIsiBohen
Armeen durch die Pässe der böhiuischen Gebirge gelungen. Wenn
die Kritik behauptet, Moltke wäre mit diesem seinem Unternehmen
von allen Regeln der Kriegskunst abgewichen, so urteilt sie eben ein-
seitig nur vom rein theoretischen Standpunkte aus. Wenn der mit
seinem scharfen Verstände und durchdringendem (Jeiste stets kühl
abwägende Stratege in diesem Falle zum kühnen Wagen gelangt
war, so nnifs man annehmen, dais <!r sclnverwiegende Gründe gehabt
hatte, und zwar nicht nur für das Unteniehmeri des Wagestücks,
sondern auch für die Walirscheinlichkeit des Gelingens desselben.
Und darin offenbart sieh eben das Genie des Feldlierrn. dafs derselbe
in seinen eigenen grofsen Entschlüssen die Mittel und W ege zu tindeu
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1
156 Operationen mit ^laHeenheeren etc.
weabf wenn die Theorie ihm soldie in manchen lUlen versagt. Die
Theorie mit ihien allgemeinen Lehren ond Chnrndattsen vennag nicht
fär jeden einzehien Fall das Ifittel als Axiom zu bestimmen, weil sie
woU das geometrische Element vollständig beherrscht, nicht aber die
politischeLage, die materiellen VerhSltnisse nnddas Wesen derFriktionen.
Der Krifigsktinstler mnls daher die Theorie erst in die PMxis Qbersetxen
und das Genie wird dabei mit Erfolg von ihren Lehren abweichen, wenn
letztere unter den gegebenen thatsSohliehen Verhältnissen sich nicht
als ausreichend erweisen. Im Kriege ist aber keine Handlang ganz ohne
Gefahr, selbst die theon tisch richtigste nicht. Wohl wäre in dem
vorliegenden Falle für Benedek geboten gewesen, sich mit seinen
Hauptkräften zunächst gegen eine der beiden getrennten feindlichen
Armeen zu wenden, und das nächste Angriftsobject mufste die
preufsische II. Armee sein. Am 25. Juni Abends standen aber die
sechs Korps Benedek's noch bis auf eine Entfernung von 7 Meilen in
Luftlinie von Jaromir echeloiiirt, während die Spitzen der I. preulaischen
Armee auch nur 8 Meilen, die vorderen drei Korps des Kron[)riiizen
aber nur noch 5 Meilen von diesem Punkte entfernt waren und die
inneren Flügel der beiden preufsischen Armeen nur noch einen Ab-
stand von () Meilen von einander hatten. Es fragt sich also sehr,
ob Benedek unter diesen Umstäuden wirklich nocli einen erfolgreichen
Gebrauch von den inneren Linien machen konnte, namentlich da er
das 1. und sächsische Korps an der Iser gegenüber dem überlegenen
Feinde geradezu einer Katastrophe ausgesetzt seh^ mufste. Und
ein eüigee Zurückgehen genannter Korps hätte nichts mehr genntat,
denn die Truppen Friedrich KarFs wären ebenso schnell gefolgt nnd
nur um so eher bei Horic eingetroffen. Die österreichische Nord-
Armee befand sich dann am 1. Juli sdion in höchst nngfinstiger
Lage. Die Gefechte der letzten Junitage hatten ftber SOOOO Mann
gekostet und den physischen, sowie moralischen Wert sämmtHfihar
Truppen sehr tief ersdiüttert. Trotzdem entschloDb sich Benedeik, in
dem Hiigdgelftnde nördlich Königgtätz zwischen fiistritz und Elbe
bis 3. Juli einen Angriff abzuwarten. Was Benedek bei diesem
provisorischen Beschlüsse eigentlich gedacht haben mag. ist neben»
sächlich. Die Wasserfrage sdieint eine brennende gewesen zu sein.
Wenn aber der Feldzeugmeister überhaupt glaubte, sich hinter der
Bistritz schlagen zu dürfen, dann hätte er wenigstens dafür sorgen
sollen, dafs die Stellung richtig besetzt und verteidigt wurde. Der
Absehnitt der nordwestlichen Front an der Bistritz war ein starker
und mit verhältnifsmäfsig geringen Kräften zu behaupten. Um so
mehr hätte Benedek seine Aufmerksamkeit hauptsächhch auf seine
Flanken richten müssen, welche namentlich den Angriffen des kou-
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Die Op«ratioDeii mit Mmwenheeren ele.
157
zentrisch vorgehenden Gegners blosgestellt schienen. Besser wäre es
allerdings noch gewesen, Bencdok hätte bei Zeiten seine Armee über
die Elbe zurückgeführt. Hier zwisdien Josoplistadt und Königgrätz,
gedeckt durch diese beiden Festungen, sowie durch die Aupa und
Adler, würde der Feldzeugmeistor eine starke Stellung gefunden haben.
Kilmk dum das preafeiflfllie Heer etwa die Bieliteng westlich Joseph-
stadt auf Lihrio, so konnte die österreichische Armee hmter die A^er
ausweichen, wo sie zwischen genanntem Finsse, der Elbe nnd dem
Manthnerhache eine gleiche Verteidigungsstellnng fiuKL Die Pireaften
worden sich in diesem Falle aHerdings auf der kfinesten Linie nach
Wien befunden, von diesem Verhldtnüs aber kaum einen Vorteil haben
stehen kOnnen, bevor sie nicht den Gegner entscheidend geschlagen
hatten. Der beste RÜdcsngspunkt für Benedek wllre frsilioh PardnhitK
gewesen, un sich f&r eine Hauptschlacht in das möglichst günstigste
Verhältnis zu setzen. Der in der Nacht zum 1. Juli erfolgte Rück-
zug der österreichischen Armee von Dnbenetz in die Gegend von
Königgrätz hatte den preofinsdien Armeen die Gelegenheit gegeben,
jetzt unmittelbar zusammen zu stofsen. Moltke hielt eine solche
Mafsregel jedoch nicht für zweckmäfaig, sondern zog es vor, in der
Trennung zu verbleiben, welche strategisch ganz ohne Gefahr, sehr
fffofsc taktische Vorteile gewähren konnte und schliefslich sogar not-
wendig werden mnfste, wenn man den Gegner in einer Stellunf: fand,
welche durch den blofsen frontalen Angriff nicht zu bewältigen war.
Am 2. Juli Abends stand demnach die Armee des Kronprinzen mit
Ausnahme des 1. Korps im wesentliclien noch am linken Elbufor, die
I. Armee an der oberen Bistritz und zu beiden Seiten der Strafse
Wschestar - Sadowa, die Spitzen bis über Milowitz vorgeschoben; die
Elb-Armee befand sich in der Linie Lhota-Smidar. Die Versammlung
der österreichischen Armee zwischen Bistritz und Elbe war auf
prenlbisGiier Seite noch nicht bekannt» man vermutete viefaneihr die
Hanptmaobt des Gegners in einer Stellung hinter der Elbe. Um sich
daher nühere Kenntnifs von der Lage des Gegners und vom GeUade
n verschaffian, wurden fHr den 3. Juli nur gröibere Rekognossirungen
gegen die Elb-Übergänge von Fardubitx, lemer geg^ die FlnMnie
Königgrfttifi-Josephstadt nnd endlich durch das 1. Korps über Hiletm
nach Bfirglitz und Gerekwits rar Beobachtung gegen Josephstadt an-
geordnet Erst am 2. Juli Abends gegen 7 Uhr gingen im Haupt-
quartier Friedrich KarPs Meldungen von Oifizierpatrouillcn ein, wonadi
vier österreichische Armee-Korps sich an der Bistritz befanden. Diese
Nachrichten mufsten andere Mafsnahmen erforderlich machen. Prinz
Friedrich Karl erlieis demnach noch um !) Uhr Abends den Befehl
m Kooaentration seiner sttnnntlichen Streitkräfte, indem er ent-
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I
158 Die Operationen mit Massenheeren etc.
scblossen war, den Feind am nächsten Morgen anzugreifen, kabm-
dem wurde der Eronpxina gebeten, zur Sloliening des linken Flügeb
der L Armee am 3. Jnli das Garde-Korpe, oder auob mehr noch, Uber
Eönigmhof auf dem rechten Elbufer in der Biditong auf Joscplistadt
vorgehen zu lassen. Nachdem diese Anordnungen getrofEen waren,
wurde der Generalstabsdief der I. Annee sofort in das gro&e Haupt-
quartier entsendet, um ttm den eingegangenen Nachrichten und den
vorläufig getroffenen Mafsnahmen Meldung zu erstatten. Dieses
Verfikhren des Prinzen Friedrich Karl liefert ein h e rvorrag e nde« und
glänzendes Beispiel von einer umsichtigen InitiatiTe, wie sie bei den
Armeefuhrem im Verbände des Massenheeres vorhanden sein muls,
wenn der obersten Heeresleitung überhaupt die Möglichkeit gewahrt
werden soll, mit ihren Entschlüssen stets reditzeitig eingreifen zu
können. Der Generalstabschef der I. Armee traf um 11 Uhr
Abends im grofsen Hauptquartier ein, und hier fafste König
Wilhelm sofort den grofsen, so folgenreichen Entschlufs, mit allen
Kräften den Feind vorwärts der Elbe anzugreifen, mochte man dort
das gesammte Österreichisclio Heer, oder nur einen betrachtlichen
Teil desselben vorfinden. Wenn man ersteres auch kaum hofifen zu
dürfen glaubte, so mufste. doch ein fijlücklit hos Gefecht, zu welchem
die Aufstellung der preufsischen Aruiee alle Aussicht gewährte, den
später vielleicht notwendig werdenden Angriff auf die Elbstellung
wesentlich erleichtoin. Dies war Moltke'sche Strategie, die in Allem
nur die gröfste Entschiedenheit uud nanienthch keine halben Mafs-
regeln kannte. Der konzentrische Angrifi' der Armee führte zu einer
vollständigen Niederlage der Österreicher unter Benedek. Dieselbe
würde aber jeden&Ils mit der gänzHdien VemiGhtung der Nordaimee
geendet haben, wenn eine noch energisdiere taktische, sowie strate-
gische Verfolgung möglich gewesen wäre. Wie aber einerseits die
österreichische Artillerie und Kavallerie mit aufopferungsvollem Hute
für die Bettung ihrer Infanterie eingetreten war, so hatte andererseits
das unmittelbare Nachdringen der Freuisen ein wesentliohes Hindermlh
schon an der Elbe finden müssen. Auch befiuiden sich die preufsisdien
Truppen schlielslich auf einem ttberans engen Räume zusammen-
gedrängt und durcheinander gemischt. Es war dies die natürliche
Folge des konzentrisdien Angriffs, der aus diesen technischen Gründen
seinen Erfolg auch inuner nur auf dem Sdilachtfelde selbst und nicht
erst jenseits desselben suchen kann. Eine weitere Einwirkung des
konzentrischen Massenangriffs war wohl, dafs die strategische Ver-
folgung erst am 6. JuU aufgenommen wurde. Die Abteilungen der
verschiedenen Armeen niufsten von einander gesondert uud letztere
in sich wieder geordnet, die auf einen Tagemarsch zurückgebliebenen
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Die Operfttioneii mit Mussenlieereu etc.
159
Trains und Koloniieii mufstea herangezogen und die Munitionsbestände
der Truppen ^eder ergänzt verden. So erhielt dann Benedek Zeil
und Gelegenheit, sich mit seinen Hauptkräften nach OlmÜts zu retten,
während ein Amee-Koips und vier KayaUeiie-Difisionen direkt nach
Wien entsendet wurden. Der Rfidaug der Österreichischen Haupt-
annee auf Olm&tz mufste notwendig eine Teüung des predsischen
Heeres zur Folge haben. Während die Armee des Kronprinzen dann
der Armee Benedek's naehrttckte, gingon die I. und Elb-Aimee in
Eihnärsohen über den mährischen Landrücken auf Wien los. Am
11. Juli hatte Benedek seine Hauptkräfte im verschanzten Lager von
Olmütz versammelt, erhielt aber bereits am 13. den Befehl, nach
ZurücklassTing: eines Detachements mit allen seinen Korps am 14.
und 15. sich hinter der March nach Prefsburg in Marsch zu setzen,
und wenn dieser vom Feinde bedroht werden sollte, die Armee über
Holic in das Waagthal und entweder über Prefsburir, oder durch die
Schutt nach Komorn zu dirigiren. Erzherzog Albieclit, der jetzt den
Oberbefehl über sämmtliche österreichische Operations- Armeen über-
nommen hatte, wollte alle verfügbaren Streitkräfte in Wien ver-
einigen. Benedek hatte bereits vor Empfang des betreffenden Be-
fehls den Abmarsch seiner liauptkräfte nach Göding angeordnet.
Durch die Gefechte am 15. Juli bei Tobitschau und Kukeinitz war aber
der ohnehin schon sehr gewagte Marsch auf dem rechten Marchufor
zur Unmöglichkeit geworden. Die Spitzen der Armee des Kronprinzen
hatten sich zwischen die Marsch-Echelons der Nordarmee eingeschübeii,
das eine Eclielon zum Rückzüge hinter die March gezwungen und
mit ihrer KsTallerie den fluls selbst überschritten. Aulserdem be-
drohte die preuÜrisohe L Armee, welche mit dem Gros bereits s&dlich
Brünn stand, schon Lundenburg. Unter diesen Umständen bfieb dem
Feldzeugmeister nur noch der Versuch übrig, seine Armee über das
mihrisch-ungarische Grenzgebirge, dann durch das Waagthal und
schliefslich auf Prefiburg zu fuhren. Diese Operatbn der Nord-
Armee ist dann auch mit Energie und Geschick durchgeführt worden.
Die preulsischen Hauptkräfte standen am 21. Juli mit 10 In&nterie-
und 2 KaTaUerie-Dirisionen auf dem rechten Mardiufer in dem Baume
zwisdien dem Zaja- und Hufsbache, mit 2 Infanterie-Divisionen auf
dem linken Fluisufor bei Stampfen, mit 1 Kavallerie- und 2 Infanterie-
Divisionen an der mittleren March bei Strafsnitz und Skalitz. Um
den Preufscn bei Prefsburg zuvorzukommen, war osterreichischersttts
das an der Spitze der Nord-Armee marschirende 2. Korps Thun am
19. von Waag-Neustädtl aus in forcirten Märschen dorthin voraus-
gesendet worden, und pelnriiT es diesem auch wirklieh, am 21. und
22. uoch rechtzeitig den wichtigen Punkt zu erreichen. £s war dies
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160
Die Operationen mit MiwcmhiwrMi ete.
unbedingt «in liflbsdier Erfolg i&r die ÖBtemddueclie Strategie. Über-
haupt ist vn^erkeimbar, da& mit der Übernahme des Oberbe&his
durch Enhenog Albrecht ein frischerer Zog in die Operationen des
osteireiohischen Nordheeres gekommen war. Dieser Kaiseriiche Fdd*
herr war es anoh gewesen, der die Heranziehung der in Italien irgend
entbehrlichen Kr&fte, sowie sftmmtlicher bei Olmütz befindlicher Korpe
nach Wien durchgesetzt hatte. Bis zum 27. Juli früh, also noch Tor
dem eventuellen Ablauf der seit 22. Juli eingetretenen Waffenruhe,
liatten sImmtUehe Korps Benedek's bei Prefsburg das rechte Donau-
ufer gewonnen. Das vordnigte österreichische Feldheer stand jetst
also hinter diesem Strome zwischen Wien und Prelsburg zu neuem
Kampfe bereit, sah sich gegenüber aber in der Linie Wolkersdorf-
Stampfen und bei (iaunersdorf das preufsische Heer mit 194000 Mann
konzentnr t. Letzteres konnte aufserdeni durch Heranziehung der noch
im Anmarsch befindlichen Truppenabteilun^en in kürzester Frist wieder
auf weit über 2Ü0U00 Mann gebracht werden und war in hinreichendem
Mafse mit Brückenmaterial und Belagerungs-Geschütz versehen. Die
preufsischen Heeresabteilungen, welche also am 22. Juli vor Wien
und Prefsburg standen, waren am 22. Juni von Dresden, Göilitz,
Frankenstein uulgebrochen und hatten demnach in 30 Tagen 50 Meilen
in der Richtung der HauptoperatioQ zurückgelegt. Zieht man dabei
in Betracht, dafs in diesem Zeiträume an6er der einen gewaltigen
Schlacht nodi 15 Gefechte von den verscfaiedenen preuiUsoben Korpa
bestanden wurden, dals feiner diese grofre Bewegung nicht mit einer
Ueinen Armee, sondern mit einer Heeresmasse von 254000 Streitern
ausgeftihrt worden, so mub diese Leistung sowohl Tom taktischen,
wie ?om strategischen Standpunkte aus als eine in der Kriegs-
geschichte aller Zeiten berrorragende beaeicbnet werden.
(ScUufr folgt)
XI.
Die österreicliikicliti Artillerie m den letzten 45 JalireiL
V..n .
A. Dittrichj k. k. Laudwehrhauptmann.
(Schlols.)
Erzherzog Wilhelm war 1864 sum General-Inspektor ernannt
worden, welche Stellung er bis zu seinem Tode, also durch volle
30 Jahre bekleidete. £r erkannte, dafi» die Artülerie sowohl hin-
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Die üBterreichiBclie Artillerie io den letzten 45 Jahren.
161
Biditlich ihrer Qualität fortschreitoiiy als auch beefig^ioih ihrer Zahl
vermehrt werden muTste. Er erkannte aber auch, dab das Erstere
nnter seiiier Leitung und duioh die Artillerie seibat znversichflich ssn
erwarten war, das Letstere aber nur schrittweise and anter klager
Benatsung der mehr odor minder günstigen Zeit- ondGeldTerhältnisae er-
folgen kenntei Unverrfiekt wurde dem Torgesetzten Zisle entgegen-
gestrebt, wenn auch manche in der Folge notwendig gewordene
Ändening<|n einen scheinbaren Umsturz des eingeführten Systems be-
deuten möchten. Vor Allem wurde auf Betreiben des Eiaheraogs
dessen Wirkungssphäre geändert und erweitert.
Die bisherigen Direktoren oder Inspektoren waren eben nur die
Chefs der obersten Artüleriebehörde gewesen. Sie leiteten die Artillerie,
ohne Wien verlassen zu müssen und brauchten nur durch die Augen
und Ohren ihrer untergeordneten Or<!ano zu hören und zu sehen.
Die Leitung der Artillerie aber in taktischer Beziehung lag ganz
aufser ihrem Ressort. Allerdings stand F. M. L. v. Hauslab 1859 an
der Spitze der Artillerie in Italien, was seit Kouvroy nicht mehr
vorgekommen war, aber er war dazu nicht verptiichtet und es war
sein Wirkungskreis dadurch verringert, dafs die 1. und. 2. Armee
unter ihren eigenen Feldartillerie-Direktoren standen.
Nun aber wurde der Gcneral-Ijispcktjr der oberste Kommandant
der Artillerie in administrativer, technischer und taktischer Hinsicht,
sowie ihm auch die Überwachung des Unterrichtswesens und der
artOleristjaohen Versuche übertragen wurde. Er hatte sich wiedeiliolt
und persönlich von der Ausbildung der Truppen und von dem Zu-
stande des Materials zu überzeugen. Es war dieses darum wichtig,
weil die der Infant^e und Kavallerie entstammenden Generale, da
ihnen entweder die genügende Sachkenntnils mangelte, oder sie sich
nicht in die Angelegenheiten der Artillerie einmengen zu dürfen
glaubten, an die ihnen unterstehenden Batterien übermälsige oder zu
geringe Anforderungen stellten und darnach ihre Berichte Ter&fsten.
Wurde die gesammte Armee mobil gemacht, so hatte der General-
Lispektor die Leitung der Artillerie der Hauptarmee zu übernehmen.
In welcher Weise der Erzherzog allen diesen Verpflichtungen nach-
kam, dafür sprechen die Fortschritte, welche die Artillerie unter
seiner Leitung gemacht hat und die Leistungen der österreichischen
Artillerie 1806, namentlich bei Königgrätz, lieistungen, welche von
beiden kämpfenden Teilen anerkannt wurden . Dennoch konnte der
Erzherzog so mnnche Reformen, besonders wenn dieselben eine \er-
mehrung der Truppen und des Materials betrafen, nur mit Mühe und
oft sehr spät durchsetzen. Der General-Inspektor der Artillerie war
ein „Hilfsorgan'' des Kriegsministers und hing in vielen Dingen von
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162 Öeterreicbische Artillerie in den letzten 45 Jahren.
diesem ab. Letzteror batte fibrigm eine eigene artüleristische Ab-
teilung zur Seite, die den Yerkebr zwisehen dem Minister und dem
General-Inspektor Tereinfsfiben sollte. Die Landes^Artillerie-Direktoren,
denen das gesaounte ArtiUerieweeen einer ProTinz nnteistand, worden
beibehalten» dagegen sollten Feld-Artfllerie-Direktoren nur im Falle
eines Krieges erannt werden. In Venedig bestend dieser Poeten anoh
im Frieden. Artilleriedief eines Anneekoips sollte immer der Kom-
mandant des demselben zugeteilten Artillerieregiments sein. Der
Apparat der Befehlgebnng wurde bierdurob wesentlich yereinfacht.
Nach der beim Amtsantritt des Erzherzogs zum Tal berttts
durchgcfülii ton Organisation bestand das Material ans vier- und acbt-
pfündigen Feld- und dreipfündigen Gcbirgsgeschützen. Da die Zahl
der Regimenter und Batterien ungciindert blieb, so wurde nur die
Gattung der Batterien und die Art ihrer Einteilung (je nach der Bo-
Stimmung der Regimenter) geändert. Es gab yier- und achtpfündige
Fufs- und vierpfündige Kavallerie-Battcrion (im Kriege zu 8 Ge-
schützen) und dreipfündige Gebirprsbattcricn (im Krieg und Frieden
zu 4 Geschützen), doch sollten bis zur Herstellung sämmtlicher Ge-
schütze des nouen Systems vorläufig die glatten Zwölfpfünder bei-
behalten werden. Aufsta' den Batterien hatte jedes Regiment 1 Park-
und 4 Festungskompagnien, zu welchen im Kriege noch 1 Depot-,
eine Festungs- und bei neun Regimeiitcrn noch eine Parkkompagnie
aufgestellt wurde. Die Zahl der Buticiien ^vurde nicht vermehrt,
doch wurde die Gliederung und Zuteilung der Muuitionsparks und
der anderen Artilleriereserven schon im Frieden genau festgestellt,
was iur die rasche Mobilmachung nur förderlich sein konnte. Die
«nbeitliGhe Ausbildung wurde dadurch erleichtert, dab im Frieden
die Batterien nicht mehr den Korps oder Dirisionen zugeteilt, sondern
bei ihrem Regiment vereinigt bleiben sollten. Es waren neun Re-
gimenter fiür die Armeekorpe beetimmty da aber die Ordre de Bataille
später ftir zehn Armeekorps entworfen und 1866 auch wirklich aus-
geführt wurde, so mulsten die Regimenter geteilt oder einzelne
Batterien derselben abgetrennt werden.
Das Raketeurregiment erhielt nun den Namen „Raketeur- und
Gebirgsartillerieregiment" und bestand aus 8 Raketenbatterien zu je
8 Fuhrwerken, 6 Gebirgsbatterien zu je 4 dreipfundigen (lebirgs- und
4 Raketengeschützen und 2 Reservekompagnien, wozu im Kriegsfalle
noch 8 Gebirgsbatterien und eine Depotkompagnie kommen sollten.
Der Stand des Küstenregiments wurde im Frieden auf 15, im Kriege
auf 18 Kompagnien und 3 Depütkompagnien fest|:;esetzt.
Die Toclinische Artillerie bestand aus 2(1 Zeui^sartilleriekonimanden
(£rüher 16) und es wurde deren Wirkungssphäre teils erweitert, teils
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Die österreichüche Artillerie in den letzten 45 Jahren. 163
genauer geregelt. Im Wiener Arsenal wurde eine eigene Kommission
eingesetzt, welche die eingelieferten oder neuerzeugten Geschütze,
Fahrwericei Waffen, Mumtion u. s. w. zu imtenacheii und zu übe^•
nehrnsn hatte, wobei es mit dem Eomite, deesen Wirkungskreis sehr
erweitert worde, in enger Verbindung stand. Letzteres hatte sich
nieht nur ron der Brauchbarkeit des ArtÜleriematerials zu übeneugen,
sondern auch über alle Sehiebübungen und Versudie zu berichten
und überhaupt alle Obliegenheiten der früheren Oberfeuerwerks-
meisterei, deren Personal ihm zugewiesen wurde, zu besorgen. Durch
diese Organisation wurde zwar der nach 1^9 Terminderte Stand der
Artillerietruppe nicht vermehrt, aber sie besaJb den greisen Vorteil,
daÜB für alle Zweige des Dienstes bestimmte Abte Hungen geschaffen
wurden, von welchen wenigstens die Stämme im Frieden wegen der
Vereinfachung des Dienstes auch bei kürzerer Dienstzeit genügend
ausgebildet werden konnten. Die Ausbildung von Universalartilleristen,
wie selbe in früherer Zeit angestrebt worden war und bei den Kom-
pagnien (seit 1854) c^pfordert, aber nicht entfernt erreicht wurde,
wurde nun giinzlic}! fallen p;classen.
Zufrleich aber wurde die österreichische Artillerie nun um ein
neues Element, nämlich um die Gebirgsartillerie bereichert. Zwar
hatte man schon früher Gebirgsgeschütze gehabt, zuerst ein- und
drei|>fündige Kanonen und seit 1843 zwolfpfiindige Gebirgshaubitzen,
aber diese Geschütze befanden sich in den Zeughäusern und die
Mannschaft wunle niemals in dem Gebrauche derselben peübt. Erst
im Bedarfsfalle wurde der Befehl zur Aufstellung der Gebirgsartillerie
(selten mehr als einer Batterie!) erteilt, wo dann erst Mannschaft,
Tragtiere, Geschütze und Mstorial beschafft werden mu&ten. Nun
war wenigstens der Stamm der Gebirgsartillerie vorhanden, um deren
Uannschaft schon im Frieden auszubilden und im Kriegs&lle die
Zahl der Batterien zu vermehren.
Jedoch schon im nftchsten Jahre trat durch die Aufhebung der
Schöpfung Augustinus eine Änderung ein. Man scheint eben die
sofortige Aufhebung nidit für passend erachtet und damit gewartet
zu haben, bis die Ausrüstung und Ausbildung der Gebirgsbatterien
vollendet wurde. Die Gebirgsbatterien wurden bis auf Weiteres zwei
Artillerier^imentem zugeteilt, die Raketenbatterien und damit auch
das Regiment ganz aufgehest und es sollte künftig ^ei j( iL^m R^iment
das Material zur eventuellen Ausrüstung einer Raketenbatterie vor-
rfttig gehalten werden.
Für das Unterrichtswesen konnte vorläufig nur wenii,' ^icschehen,
da alle hierfür gestellten Mehrforderungen dem Widerspruche 7ii< ]it
biofs der Vertretungskörper, sondern auch der damaligen Knegs-
J«h(bBelMi flbr di« Diutieh« Äsmif nad lUiriiM. Bd. 93,2. 18
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164
Die Österreich i«cüe Artillerie in den letzten 45 Jahren.
▼erwaltung, die ein möglichst geringes Budget anstrebte, begegnet
wären. Doch winde durch die EbfBhnmff
den Regimentem, seitweilige Abordnung mehrerer Offiziere zu den
Versnohen und Veimehrang des Standes und des hdherm Kurses ftr
die Weiterbfldnng der jüngeren Offiziere gesorgt. Die nach 1868
aufgelöste technisdie ArtOlerieschnle wurde zwar nieht wieder er-
richtet» doch wurde den Offizieren auf andere Weise Gelegenheit zur
weiteren Ausbildung geboten, indem sie dem Eomite zugeteilt wurden
und die einschlägigem VorscUfige an der Wiener UniTersit&t, Pdy-
tedinik u. s. w. hören durften.
Seinen Obliegenheiten in jeder Bezieliunp: naclizukommen gewohnt^
betrieb der Erzherzog nicht nur 1866 die Mobilmachung der öster-
reichischen Artillerie mit allem Eifer und ttberzeugte sich wiederholt
yon dem Vollzüge der erteilten Befehle, sondern stellte sich auch
persönlich an die Spitze der der Nord-Armee zugeteilten Artillerie.
Die Leistungen derselben verdienten die vollste Anerkennung, aber
ihr Leiter hatte doch Gelegenheit, zu erkennen, woran es fehlte, dafs
die Artillerie den ihr zukommenden Platz nicht so, wie sie es wollte,
auszufüllen vermochte und dafs die Abhilfe weniger in einer Um-
gestaltung der Artillerie als jener des gesammten Heerwesens ge-
sucht werden mufste. Letztere konnte jedoch nicht so rasch durch-
geführt werden, ja es war die Persönlichkeit noch nicht gefunden,
woklie tiiese Umgestaltung durchführen sollte. Es geschah also, was
als Anbahnung der zu erwartenden grofsen Reformen geschehen
konnte. Auch jetzt mochten sich Stimmen vernehmen lassen, welche
im Hinblicke auf die erfolgte Abtretung einer Provinz und der in
derselben be fi ndlichen Festungen eine Yemunderung der kostspieligen
Artillerie begehrten. Es mab als ein besonderes Verdienst der obersten
Leitung der Artillerie erkannt werden, dals sie, wSbrend nach 1859
nur eine BesdirSnknng der geforderten Reduktion erlangt werden
konnte, nunmehr nidit nur die Beibehaltung des bisherigen Standes
(mit Ausnahme der liberflüssig gewordenen Zengartillerie in dem ab-
getretenen Venetien), s(mdem bald darauf eine — wenn auch nur
unbedeutende Vermehrung durchsetzte.
Die nächste Neuerung bestand darin, dafs die Festungskompagnien
von den Regimentem getrennt und in 9 Bataillone Tereinigt wurden.
Dadurch erlangte dieser so wichtige und nunmehr eigenen Kom-
mandanten unterstellte Teil der Artillerie eine gröfsere Selbstständigkeit
und es wurde, da auch bei den Festungsbataillonen eigene Unteroffizier-
bildungsschulen f'mchtet ^Verden sollten, eine bessere Ausbildung des
unteren Personals ermöglicht. Das Bataillon hatte im Frieden 5, anf
dem Kiiegsstande G Kompagnien. Ein Bataillon befand sich in Wien,
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Die österreiühuche ArtUlerie in den lotsten 45 Jahren.
165
wo es zu dem Dienst im Arsenal und den Versuchen des Artillerie-
Komites herangezogen wurde, die anderen Bataillone bis aui das 9.
garnisoiurten in den Festungen der Monarchie, was früher nicht immer
dar Fall gewown oder mit einttr ZenpUttemiig dflr Begimeiiter ret-
bnnden war. Dem 9. Bataitton in Innsbruck, daa die Artillerie*
besatzung Tirols bildete, worden die 6 Gebirgsbatterien, deren Zahl
im Kriege verdoppelt wurde, zugeteilt. Im folgenden Jahre (1868)
wurde auch das KQatenartillerier^giment in drei Featangsbataillone
omgewandelt.
Hand in Hand mit dem der allgemeinen HeeresorganiBation zu-
gewendeten Wiricen der beiden Kriegamtnister John nnd v. Kuhn
ging nun die Umgestaltung der Artillerie vor sich. Die Grundlage
dieser grofsen Reform, die Einfährung der allgemeinen Wehrpflicht,
sowie der Institution deV* Reserve, Landwehr und des nichtaktiven
Offizierkorps ermöglichte nicht nur eine bedeutende Erhöhung des
Kriegsstandes, sondern bosritigte — was nodi widitiger war — das
alte Erbübel, an dem das österreichische Heerwesen bis dahin krankte,
nämlich die Schwierigkeit der Mobilmachung, oder, wie schon mehr
üh ein halbes Jahrhundert früher Radetz ky es bo/eichnet hatte,
die nicht für den Kriegsfall berechnete Heercsorganisation.
Hatte früher der Stand des Heeres im Kriegsfalle erhöht werden
müssen, so fehlte es an UfÜzieren oder es war deren Nach^vnchs bald
erschöpft, die Bestände der Truppen wurden mit nouausgehobener
Mannschaft gefüllt oder es fanden Keuerrichtungen von Truppen statt,
für welche keine Stämme vorhanden waren und es auch an aller
Ausrüstung mangelte. Nach dein Kiiege aber wurden viele Truppen-
körper ganz aulgelöst, die Pferde um Spottpreise veräufsert, und es
▼erblieb ein kleines Heer überzähliger Offiziere, für welche der Staat
sorgen nm&te, nnd die gleichwohl beim nächsten Kriege nicbt mehr
TOihanden zu sein pflegten. Bei der Artillerie muTste dieser Ubel-
stand schwerer als bd den anderen Truppengattungen ins Gewicht
fidlen. Hier war aber auch der ändernde Einfluis der Beaerre-
institution nicht so bald zu erwarten, und es erU&rt sich daraus,
dala, während bei den Fuistmppen der Rahmen fiir den yoUen Kriegs-
Btand gleich aofSingKch geschaffen wurde, die Vennehrung der
Artillerie nur schrittweise und dann inansi nur in sehr beschränktem
Mafse durchgeftthrt wurde.
Vorerst wurden die bestehenden y.wl]]^ Artillerie-Regimenter ganz
gleich organisirt und es hatte jedes Regiment aus 4 vierpfQndigen
Fufs-, 3 Kavallerie- und 5 achtpfündigen Fufsbatterien, einer Depot-
batterie und einem Kadre zur Aufstellung der Munitionskolonnen zu
bestehen. Im KriegsiaUe erfolgte die Aufstellung einer neuen Depot-
12»
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Die Osterreichische ArtUierie in den letzten 45 Jahren.
battoric und die eutsprecliende Zuteilung der errichteten 5 Munitons-
kolonnen zu den Divisionen und den Reserven der Armeekorps oder
Armeen. Die Zahl der Batterien war somit nicht imerlieblich —
im Frieden um 2 und im Kriege um 3 bei jedem Begiment — ver-
mehrt worden, und war ee ein Vorteil, dals bei allen Batterien die
Bespannung — wenn auch nur Ar 4 Gesebütze vorhanden war und
die unbespannten Batterien ganz entfielen.
Da die ISnteilung der Armee in Korps erst im KriegsfikUe statt-
finden sollte, so hatte man bei der Wahl der Standorte der Regimenter
freie Hand und brauchte nur auf die sich bietende Gelegenheit snr
bequemen Ausbildung Bedacht zu nehmen. So befanden sich in
Wien und Budapest je 2 Regimenter. £s wurde mithin eine an sich
nicht vorteilhafte und nur aus zwingenden Ersparungsgründen an-
geordnete Mafsrogel von der Artillerie zu ihrem Vorteil ausgenütst.
Erst im Kriegsfalle sollten dio Batterien den Truppen zugewiesen
werden, wobei jedoch die niclit den Reserven zugeteilten Batterien
nur ausnahmsweise dvn ( in/fhieii Rrif^aden beigegeben, sondern in
der Regel in Divisions-Artillorieabteilungen vereinigt werden sollten.
Die Idee der Divisonsartillerie war also schon zur Geltung gelanj^t,
wenn auch* nicht genau festgestelt. Da die Ordre de Bataiile
überhaupt erst fallweise /.usanimengestellt wurde, so war auch be-
züglich der Zuteilung der Artillerie dem „Ennessen" der jeweiligen
Eommandirenden und ihrer Generulstäbe ein grolser Spielraum ge-
geben.
Das Unterrichtswesen erhielt dadurch eine Verbesserung, dafs
die Zahl der Zöglinge der Schulkompagnien und der Akademie ver>
mehrt und der bei letzterer eingerichtete höhere Kurs von Weilh-
Idrchen nach Wien verlegt und endlich eine ausgiebigere Dotirung
der Unterofifizieibildungsächulen der Regimenter und FestungsbataiUone
bewilligt wurde. Indessen wurde schon damals eine gftnzliche Um-
gestaltung des ünterrichtswesens geplant, die jedoch erst in den
nftchsten Jahren durchgeführt werden konnte, da die Einführung des
in der Bearbeitung befindlichen neuen Wehrgesetzes (5. 12. 1868)
abgewartet werden nralste. — In diese Zeit fiUlt auch das Ver-
schwinden der Grenzartillerie, welche übrigens nie der obersten
Artilieriebehörde untergestellt und seit 1849 nicht mehr zur Ver^
Wendung gelangt war, aber doch noch noininell bestand.
Einige Monate vor dem Erscheinen des Wehrgesetzes begab sich
Elrzherzog Wilhelm zu den grofsen russischen Manövern und bei
dieser (relegeiiheit beobachtete er auch die Versuche zur Herstellung
einer verdichteten Bronze. Er sah, obgleich die \'ersnche noch kein '
befriedigendes Ergebnifs geliefert hatten, doch darin die Möglichkeit
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Die öBteneichiache Artillerie in den letzten 45 Jahren.
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zur Herstellung eines brauchbareren Materials f(lr Geschützrohre und
empfahl, indem er die mitgebrachten Probestücke den betreffenden
Fachmiinnern bei seiner Rückkehr übergab, das gründlichste Studium
der Sache, welche nach der Überzeugung des Erzherzogs eine Zukunft
besals und um so mehr zu beachteii war, weil die Onisstahleizeiigung
in Osterreich damals (und «ncih noch später) nidit genügend entwickelt
war und man nicht vom Auslände abhängen wollte. Er unterstützte
und ermutigte auch den damaligen Oberst Uchatins, dem also nicht
die Erfindung, sondern das Verdienst der DurehiÖhrung der Idee des
Erzherzogs zugeschrieben werden darf.
Nun folgten ziemlich rasch zahlreiche Änderungen, welche zumeist
die Ausbildung der Artillerie betrafen. An die SteDe der Schul-
kompagnien trat die Wienes ArtiUeiie-Kadettenschule, welche in einem
dreijährigen Kurse den Offizierorsatz, der durch die Akademie nicht
gedeckt werden konnte, heranbilden sollte. Die vorzüglichsten Schüler
wurden als Offiziere, die anderen als Offiziersstellvertreter und Kadetten
ausraagirt. Die Akademie wurde nach Wien verlegt und daselbst
mit der Genie -Akademie in eine „technische Militär-Akademie" ver-
einigt, deren Zöglinge nach einem vier-, si>äter nur dreijährigen
Kurse als Offiziere in dio Artillerie, die Geniewaffc oder auch in
andere Truppengattungen traten. Nach einer bei der Iruppe ver-
brachten zweijährigen Dienstzeit konnte der Eintritt iu den höheren
Kurs oder in die Kriegsschule (als Vorbereitung für den Generalstab)
erfolgen und es sollten Versetzungen von der Artillerie in den General-
stab und umgekehrt öfter erfolgen. Die aus der Akademie kommenden
Offiziere wurden gewiihnlich zuerst der Fostungsartüleric und nach
einem .lahre einer Batterie zuerteilt.
Auch das Artilleriekomite wurde mit den anderen Körnitz in
ein „technisches und administratives Militärkomite", dessen Präsident
ein General der Artillerie oder Geoietruppe war, Tereinigt Für jene
Hauptleute, welche eine weitere VorrQckung anstrebten, wurde der
ArtQlerie-StabsofBzierskurB, dessen Dauer wiederholt geändert wurde,
angerichtet. Die Stabsoffiziersaspiranten der technischen Artillerie
muihten sich einer Prüfung unterziehen, und bestand durch kurze
Zeit auch für diese ein besonderer Vorbereitungskurs. Übrigens ging
auch der Beförderung in die meisten anderen Grade, z. B. zum Haupt*
mann, Oberst und General eine „praJrtische Prüfung*^ hinsichtlich der
Führung einer Batterie, Kompagnie, eines Regimentes u. s. w. vorher.
Endlich wurden zur Ausbildung der Einjährig- Freiwilligen bei den
Regimentern und bei mehreren Bataillonen besondere Schulen errichtet.
War die Zahl der Freiwilligen grois, so konnten auch ParaMabteilungen
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Die österreichische Artillerie in den letzten 45 Jahren.
errichtet werden. Bei der tecfaniBOiieit Artillerie gab es keine FVei-
willigen.
Entsprach die Stfirke der FeldartiUerie schon früher nicht der
Zahl der anderen Truppen, so wurde das VerhUtnÜs mit der toxi-
sehrdtenden Entwickelnng der Landwehr noch ungOnitiger. Zwar
wurde bei der öeterreichisdien Landwehr, anftnglidi nur die Auf-
stellung einer Division und auch dieser nur in zweiter Linie in Aus^
sieht genommen. Aber in üngam wurde daa Geld nidit gespart,
und die Sache ging so rasch vorwärts, da& bald drei ziemlicb gut
ausgebildete Divisionen im Kriegsfälle hätten aufgestellt werden können.
Obgleich nach dem Landwehrstatut die Errichtimg einer Landwehr^
artillerie nicht zulässig war, wurde doch die Anfatflllung einer solchen
in Ungarn mit Beharrlichkeit gefordert uijd — um wenigstens einen
augenblicklichen Ersatz zu schaffen — eine ^litrailleusenabteilung er-
richtet. Obgleich eine Einteilung in Armeekorps nicht bestand, so
war doch für den Kriegsfall die Aufstellung von IM Armeekorps vor-
gesehen. Um nun alle Armeekorps in entsprechender Weise mit
Artillerie versehen zu können und die Wünsche der Ungarn zu er-
füllen, wurde 1872 die Errichtung eines 13. Artillerieregiments in
Temesvar angeordnet.
Indessen hatten die unausgesetzt betriebenen Versuche mit der
verdichteten Bronze die Verwendbarkeit derselben als (leschütz-
rohrmatenal für kleinere und mittlere Kaliber aufser Zweifel gestellt
und in sehr kurzer Zeit wurde ein ganz neues System fiir das Material
der österreichischen Feldartillerie entworfen und bereits 1875 an
dessen Binfährung gegangen. Statt der vier- und achtpf&ndigen
Rohre erhielt die Artillerie 8 und Scmrige Hinterladungsgesdiütae,
dann 7 cmiige Gebirgsgesditttee aus StaUbronze, Lafetten, Protmn
und Munitionsfiihrwerke aus Eisen und Stahlblech, sowie eine wesent-
lich vervollkommnete Munition. Audi f&r den Festungsdienst, wo
man taßb. bisher mit Gesehütaen verschiedener Systeme beholfen hatte,
wurden Stahlbronae- Hinterlader hergestellt und nur die grölsten
Kaliber der EQstenartQlerie wurden wie bisher von Armstrong und
Krupp geliefert.
Die l^mgestaltung des Materials nahm auch auf die Oi^aniaatioii
Einflnfs. D'w Zahl der Batterien und der Geschütze derselben wurde
nicht geändert, aber es gab nunmehr nur schwere und leichte Batteritti,
welche beide die gleiche Beweglichkeit besafsen und waren die
ersteren in überwiegender Zahl vorhanden. Dann aber wurden
reitende Batterien, freilich vorerst nur zelm Batterien zu je
6 Gescliützen errichtet. Fünf Regimentern wurden je zwei solche
Batterien zugeteilt Auch wurde mehreren Begimenteni der Stamm
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Die österreichläche Artillerie in den letzten 45 Jakren.
dner Gebiigsbattarie beigefilgt und sollte bei den Landeaschütsen in
Tirol (der Landwehr dieeer Provinz) eine Abteünng im Artillerie-
dienste ausgebildet werden, um die Gebirgsartillerie rasch Torstfirken
zu kennen. Für diesen Fall sollten auch 9 cmrige Kanonen in schmal-
spurigen Lafetten als Gebiigagesehütse ausgerüstet werden.
Ob^^eieh die Herstellnng des neuen Materials mit groliMm Eiler
betrieben wurde, so konnte dieselbe doch erst kurze Zeit ▼or dem
Beginn des bosnischen Occupationsfeldzuges beendet werden und es
ist begreiflich, dafs durch letzteren die Ausführung mancher Entwürfe
nicht unbedeutend verzögert wnirde. Doch wurde unablässig an der
Vollendung der bestehenden Organisation und der Verbesserung des
Materials, namentlich jenes der Festungsartillerie gearbeitet. Es
waren oft scheinbar unbedeutende Vorfiifrunjjon, deren Aufzählung nur
ermüden würde, die aber gleichwohl im Ganzen eine bedeutende
Änderung in sicli scliliefsen. So z. B. wurden die Zeugskoni man den
in „Zeuj^sdepottj" umgestaltet, deren Zahl nach und nach, unm i ochm-t
die xVntitaken Lui Wiener Arsenal und die ^rofse Pulverfabrik i)ei
Laibach aul" 24 gebracht wurde. Im Wesentiiclien ist diese Organisation
der Technischen Artillerie sodann bis zum Jahro 1894 ungeändert
geblieben. Dagegen mufsten mehrere als nut\s endig erkannte Reformen
verschuben werden, da die beabsichtigte und mit einer Organisation s-
ändenmg namentUch der Infanterie verbundene Einfuhrung dos
Territorialsjstems und der bleibenden Einteilung der Armee in Armee-
korpa abgewartet werden muÜBte.
Und ab dieses Werk 1883 durchgeführt wurde, dauerte es bei-
nahe awei JahrCi bis die Yorschlftge des obersten Aitillerieeheb zur
AuslUhrung gebracht werden konnten. Bfit Leichtigkeit hatte sich
der damalige Chef der Kriegsrerwaltung zu dem gewagten Eizperiment
entschlossen, von der bereits eingelebten Institution der Beserre-
Begimenter abzugehen und unter Trennung aller bestehenden Yer-
bttnde 102 Regimenter aus den bestehenden 80 zu schaffen, (wodurch
übrigens keine Vermehrung, sondern eher eine Verminderung des
Sollkriegsstandes erzielt wurde, was erst der Tcnige Kriegsminister
wieder ausglich!), aber um desto mehr zögerte er — obwohl selbst
dmr Artillerie entstammend — mit der Erweiterung des Rahmens,
welchen die -\rtiilerie im Kriegsfalle ausfüllen sollte. (Der Friedens-
stand sollte wenig oder gtirnicht erhöht werden). Vielleicht mochte
der Kricgsmiidster die Einführung der Hinterlader und die damit in
\'erbindung stehende Verbesserun'j des übrigen Materials als eine
genügende Verstärkung der Artillerie betracliten.
Endlich (1885) kam aber doch die beantragte neue Organisation
zu Stande, welche von anderen Vorteilen abgesehen, auch in taktischer
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Die QetenrdclilMhe Artdlerie In deo letcton 45 Jahnn.
Beaebimg em Fortseihritt war, da durch sie die YerteUuiig der
Artillerie zu den Truppen in entsprechenderer Weise geregelt wurde.
Die Regimenter, wie sie bisher bestanden, waren zu grofs und un-
gledchförmig gegliedert, auch entsprach Uirc Zahl nicht jener der
Arme^orps. Die Regimenter hätten geteilt werden müssen und es
Stiels dann ihre Ergänzung — die grundHätzlicIi aus dem betreffenden
Tenitoriiilbczirke, d. h. aus dem Bezirke des Armeekorps, dfflu sie
zugeteilt waren, zu erfolgen hatte, auf Hindemisse.
So wurden dann aus den 13 Regimentern 14 Artillerie-Biigaden
füiniirt, so dafs jedes normale Armeekor[)s eine solche Brigade er-
hielt. Das 15. Armeekorps in Bosnien, aus in liest inniit>>i- I nst sieh
ahl()senden Truppenteilen der anderen Armeekorps bestehend und
vermöge der rieliindevcrbältnisse des Landes hauptsächlich auf Ge-
birgsnrtillerie angewiesen, sollte gleich den Truppen des Militär-
kuiniiiandüs in Dalmatien mit Gebirgsartillerie und einigen von anderen
Armeekorps detachirten Batterien versehen werden. Jede Brigade
bestand aus einem Korpsartillerie-Regiment und zwei selbstständigen
Batterie^Divisionen zu je drei schweren (9 cmrigcn) fahrenden Batterien.
Das Regiment hatte one Division zu drei schweren und eine zweite
Divison zu zwei leichten (8 cmrigen) Batterien und bildete die Korps-
artillerie, während die Batterie^Divisionen die Divisionsartillerie bildeten.
Die schweren Batterien waren also in überwiegender .Hehrzahl yot*
banden. Bei acht Brigaden be&nd sich eine Division zu zwei
reitenden Batterien (zu je 6 Geschützen) und bei den sechs anderen
Brig^iden be&nden sich zwei Gelnrgsbatterien, welche im Kriege ver-
doppelt werden sollten. Auch das 9. Festungsbataillon in Innsbruck
erhielt drei, im Kriege ebenfalls zu verdoppelnde Gehirgsbatterien.
Die reitenden Batterien und die Gehirgsbatterien der Brigaden bildeten
einen Teil der iiorpsartillerie-Regimenter. Nur die Zahl der reitenden
Batterien war vermehrt, jene der fahrenden aber vermindert worden.
Mit dieser Artillerie konnten nun die aus den Truppen des stehende
Heeres gebildeten Korps und Divisionen in entsprechender Weise versehen
werden. Um auch die Landwehr-l)ivisionen mit Artillerie beteilen
zu können, erhielten die Kor|'sartillerie-Regimenter von neun Brigaden
eine auf den Kadre gesetzte Division (H Batterien zu je zwei bespannten
Geschützen), welche im Kriegsfälle kompletirt und als selbst ständige
schwere Batterie-Division ver\s endcl werden sollte. Die Mobihuaeliung
dieser Divisionen bedurfte iiniüilich längere Zeit, was jedoch damals,
du die i orination der Landwehr (namentlich der österreichischen)
noch keineswegs abgeschlossen und auch die Durchführung des
Territorialsystems noch nicht ganz erfolgt war, die Landwehr über-
haupt aber erst in zweiter Unie verwendet werden sollte, nicht von
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Die (wterreiciii»iche Artillerie in den letztcu 45 Jalireu.
171
übergroüsein Nachteil «ein moclite. Die ParkabteUungen der Brigaden
waren so wie die der früheren Regimenter gegliedert 0ie
Vermehrung des Friedenastandes betrug übrigens nur vier bespannte
Geschütze und jene des Kriegsstandesi da die Depotbatterien nicht
mobil gemacht wurden, nur achts^ C^eschütze.
Da aber die Aufstellung mehrerer Brigaden und Divisionen des
stehenden Heeres, die Vornahme von Änderungen des Territorial«
q^tems, die Venndimng der bosnisohen Thippen (jelst eben so viele
Bataillone als damals Kompagnien!) und die mehr oder minder baldige
Vollendung der Landwelirorganisation zu erwarten war, 30 konnte
aucli eine entsprechende Vermehrung des Standes der Artillerie nicht
unterlassen werden, Dieselbe mochte in ihren Gnindzügen bereits
entworfen sein, konnte aber nur behutsam angebahnt und gewisser*
mafsen in vielen kleinen Etappen ausgeführt werden, da man die Finanzen
schonen und die Bereitwilligkeit der verschiedenen Vertretungskörper
nicht allzu sehr beanspruchen wollte. So kam es, dafs seither Jahr für
Jahr die Krhöhung des Standes der Artillerie durch ganz unscheinbare
Mittel, bald durch die Auistellung der Kadres »niiiger Batterien, bald
durch die Verstärkung dieser Kadres um zwei (ieschütze oder nur
um einige Mannschaften und Pferde, oder durch eine andere Aus-
rüstung und Gruppining der Batterien bewirkt wurde, so dals wenige
Monate vor dem Tode des Erzherzogs eine neue umfassende Reform
sich ohne die iniiideste Reibung durchführen Hofs. Doch wurden bei
diesem schrittweisen Vorgehen uicht blol's die i-eldurtilicriü, sondern
auch die übrigen Zweige der Artillerie und zwar in Bezug auf
Personal und Material berücksichtigt.
Durdb das Landsturmgeeetz wurden die in einem k&nftigen
Kriege aufeubringenden Streitkräfte in einem anfanglich kauxA ab-
zuschätzenden Umfange verstärkt und wenn auch die Zahl der
mobflUsimngsfiUugen Landsturmbataillone sich nicht feststellen liels,
so war es doch schon anfänglich gewils, dals dadurdi die ganze
Landwehr verwendbar gemacht und jedem Armeekorps wenigstens
eine Division zugeteilt werden könne. (Thatsächlich fonmrt auch
gegenwärtig die ungarische Landwehr 7 und die österreichische
^ Truppen-Di\isionen und sind beide Landwehren schon vor 5 Jahren
als zur Verwendung in erster Linie geeignet erklärt und seither be-
züglich ihrer Organisation und Ausbildung bedeutend vervollkommnet
WOTden.)
Die erste Folge war die 1888 angeordnete Aufetellung von je
einem Kadre für drei schwere Batterien bei den übrigen fünf Bri;i;iiden,
so dafs nun im Kriegsfalle 4i* selbstständig<' Batterie-Divisionen ver-
fügbar waren. Die Verstärkung dieser Kadies auf den normalen
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172
Die österreichische Artillerie in den letzten 45 Jahren.
FriedenBBtand mniste einer spiteien Zeit vorbehalten bleiben nnd
konnte andi d«im nicbt mit einem Male durchgeführt irerden. Di«
Eorpsartillerie, aoB fönf Batterien, anf dem Kriegaetande alao ans
40 Geechfitzen bestehend, wovon jedoch die beiden Batterien der
leichten Batterie - Division vahrsdheinlich gleich anfln^ch der
KavaUerie-Brigade des Korps als £raats für die reitende Artillerie
beigegeben wurden, konnte nicht genügen, nnd so wurde 1889 die
Anfetellnng einer vierten schweren Batterie bw dar ersten Division
der Korps- ArtOlerie- Regimenter beschlossen, die Dnrchfuhrang dieser
Standesvormchrung jedoch — auf mehrere Jahre ausgedehnt. In-
dessen liefe schon die un^che Stärke der beiden Divisionen die
Sache als einen Übergangssnstand erkennen.
Die Feld- und Gebirgsartillerie zählten nun auf dem Kriegsstand
1776 bespannte Geschütze, allerdings mehr als in irgend einer früheren
Periode, aber keineswegs im richtigen Verhältnifs zu der so sehr
vermehrten Stärke der übrigen Trup}>pn. Denn dci- Stand der Letzteren
hatte sich, ohne die Reserveformationen der Landwehren und den
Landsturm zu rechnen, mehr als verdoppelt, während die Artillerie
kaum um ein Fünftel vermehrt worden war. Allerdings war das
Material ein ungleich besseres und konnte auch die Mobilmachung
rascher als damals (z.B. 1859) durchgeführt werden, aber auch die
anderen Staaten hatten ihre Artillerie vervolikommuet und vormehrt,
sowie durch einen höheren Friedensstand die Mobilmachung er-
leichtert, daher das Mifsverhältnifs der Stärke der österreichischen
Artillerie zu jener der anderen Truppen nicht au^iehoben wurde.
An Mannschaft fehlte es zwar nicht. Denn im Kriegsfidle soUen
aUe Landwehrmäoner, ja selbst alle Landstormpflichtigen, welcibe
friUi^ in der Artillerie gedient haben, der Festongsaitillerie zugeteilt
werden, während die Feldartillerie in der Reserve das zn ihr«r Eom-
pletirung reieUich genügende Personal besitzt Bei dem hohen Stande
ihrer Kompagnien nnd Bataillone (bis 1890), die bei der Mobilmachnng
durch die Reservemänner kompletirt vnirden, mnJbte die Festuncpi-
artillerie dann einen Personalstand erreichen, der nach der aus-
giebigsten Vorsorge für den Festungs-, Küsten- und Belagerongsdienst
noch die Aufstellung verschiedener Formationen für andere Zmdm
zuliels. Es konnte also die Festungsartillerie in jene Lücken ein-
treten, welche die Feldartillerie, die eben nur fiir die in erster linie
stehenden Truppen ausreichte, nicht auszufüllen vermochte. Sie ver-
mochte es um so leichter, da sie auch über die landwehr- und land-
sturmpflichtigen Feldartilleristpu. also über eine ansehnUche Zahl von
Reitern, Fahrern und Pferdewiirtcrn verfügte. F^m jedoch nicht auf
diese allein angewiesen zu sein, wurde die Übung der Unteroffiziere
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Die Ö8t«rreichiache Artillerie in den letzten 45 Jahren. 173
•
und eines Teiles der präsenten Mannscluift der Festun«:;;sbataillono im
Helten und Fahren angeordnet und ^u diesem Zwecke bei fünf
Bataillonen ein kleiner Bespannungs-Kadre aufgestellt, welcher später
gig Stamm anderer Formationen dienen sollte und dedialb eine kleine
Vermehnmg erfuhr.
Da die bisher angescbaSten gezogenen Geechütse schweren Kaliheis
kaum zur Armirung der Feetungen genügten, die altartigen Gesohütze
aber BuoceasiTe aofser Gebrauch gesefast wurden, so mangelte es an
Gesohütsen fär den BeUgemngsdienst. Es mulste demnaoh erst ein
eigentlicher Belagerungspark geschafifon werden, was nicht ohne
Schwieiiii^eiten tot sich ging, da nidit nur die Mittel hierfür nur
mit Zögern beantragt \md bewilligt wurden, sondern auch mehrere
passende Geschützmodelle erst erprobt werden mulsten. Seither ist
indefs das Material der Pestungs- und Belagemngsartilierie wieder-
holt durch mehrere vorzügliche Gesdiützgattungen bereioh^ worden.
Nach erfolgter Fertigstellung dieses Belagerungsporkes wurde, um
denselben rascher verwenden zu können, von den erwähnten fünf
Bataillonen der Kadre für je einen mobilen Belaperungspark organisirt
und der bereits bestehende Bespannunf:s-Kadre wiederholt um so viel
vermehrt, dals wenigstens die Hälfte der ersten Linie der vier Batterie-
abteilungen, aus welcher ein Purk besteht, bespannt werden konnte.
Da sich unter den neuen Geschützen auch solche von mittlerem
Kaliber untl bedeutender Beweglichkeit befinden, so ist hierdurch eine
Verstärkung der Feldartillerie, nämlich eine Positionsartillerie, an
welcher es seit der in den Fünfziger Jahren erfolgten Abschaffung
der 18 pfiindigen glatten Feldkanonen und 10 pfundigen Haubitzen
gäuzlicli mangelte, geschaffen worden.
Einige dieser Geschütze (z. B. ein Mörser von 15 cm, eine Kanone
von cm und nenestens aucli eine Haubitie) werden amdrttcldidi
als Feldgeschfitze beseidmet und dürften die aus selben formirten
und von der FestungsartOleiie bedienten Batterien ans den Be-
lagerungsparks ausgeschieden und den Beserven der operirenden
Armee zugeteilt werden, um im Bedarfsfälle rasch zur Hand zu sein.
Dals derartige Batterien oder wenigstens die Kadres derselben im
Frieden nicht bestehen, darf als kein Nachteil betrachtet werden, da
ja doch alles zu ihrer schnellen Au&tellung erforderlidie vorhanden
ist und diese Aufstellimg und Zuteilung nur fidlweise bestimmt werden
kann. Selbstverständlich können auch die für Festungen erforder-
liehen Ausfallbatterien und die etwa den Parkabteilungen beigegebenen
Feldgeschütze von der Fostungsartillerie bedient werden, wie ja letzterer
überhaupt die Aufjgabe zukommen dürfte, die Formationen zweiter
und dritter Linie mit Geschützen zu versehen.
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174
Die örteneichüclie Artillerie in den letzten 45 Jahren.
Um die FeBtongnirtilleiie von der Untersttttsong der In&nterie
unabhängiger zamacbeii und ne in den Stand sn Selsen, Ihre Angriflb-
Batterien bei einer Belagerung und ihre Parks und Kolonnen, wahrend
des Marsches verteidigen zu kOnnen, wurde dieselbe nach dem Muster
der deutschen Fülsartillerie mit B^jonnetgewefaren versehen. Es scheint^
dals diese Malsregel erst nach vielen Einreden der älteren ArtiUeristeo,
welche verlangten, daA der Artillerist bis sum letzten Augenblick bei
seinem Geschütz ausharren und in der Bedienung desselben sein Heil
suchen mflsse, durchgeführt werden konnte.
Und nun — Ende 1 800 — erfolgte die umfassende Neuformation
der FestungsartiDerie. Es bestanden bisher 12 Bataillone (im Frieden
zu je 5, im Kriege zu 6 Kompagnien und konnte der Stand der
einzelnen Kompagnien bis auf 500 Mann erhöht werden). Jetzt, da
eine genügende Zahl von Offizieren und Unteroffizieren des Reserve-
standes licraiifrohildet war, konnte ohne Redeiikon an eine Verkleinerung
dieser übergrol'sen Bataillone gegangen werden, indem aus denselben
Ih Ixitaillone zu je 4 Kompagnien gebildet wurden. Da der Gesammt-
stand der Festungsartillerie voi erst uiigeündert bleiben sollte, so waren
die Kompagnien ziemlich schwach und erhielten dieselben erst später
den normalen Stand. Aus diesen Bataillonen wurden drei Regimenter
zu je drei und drei zu je zwei Bataillonon formirt, w<ä]irenil drei
Bataillone (in Ungarn und l'irol) nicht in den Regiiiientsverband
aulgeiiummen wurden. Ein General oder Oberst wurde als Festungs-
artillerie-Inspektor an die Spitze der eigentlich erst jetzt als besondere
Waffengattung organisirten Festungsartülerie gettellt) um deren IHenst
und Ausbildung zu äberwacfaen.
Die bisher dem Bataillon in Innsbruck angehörenden 3 Gebirgs-
batterien wurden von letzterem getrennt, in eine eigene Gebirgsbatterie-
Abteüung vereinigt und der Feldartillerie zugewiesen. Es war damit ein
bedeutender Schritt zur Selbstständigkeit auch dieses, bisher teils der
Feld-, teils der Festungsartillerie angehörenden Zweiges der Artillerie
geschehen und es ist sehr wahrscheinlich, dalk der Erzherzog schon
vor Jahren daran dachte, auch die Gebiigsbatterien der Brigaden in
eigene Abteilungen oder Regimenter zu verdnigen und gleich der
Festungsartillerie einer eigenen Leitung zu unterstellen. Es mag
Solches auf spätere Zeiten vorbehalten worden sein, da einem noch
wichtigeren ZielCi nämlidi der Herstellung einer noch zweckmäfsigeren
und gleichförmigeren Organisation der Feldartillerie unverrückt zu-
gestrebt wurde.
Eine höchst bedeutungsvolle Etappc auf dem Wege zu diesem
Ziele war die 1S1)2 aii'jeordnete Aiisrüstun«^ der leichten, wie auch
selbst der reitenden Batterien mit dcnirigeu Kanonen, so dafs nun die
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Die österreichiache Artillerie in den letzten 45 Jahren.
175
8 cmiige Kanone ganz ans dem Material der Feldartillerie ausgcächiedon
wurde. Eine Folge davon war, daft die Korpsartillerie-Regimenter
in zwei Divisionen zu je drei Batterien gegliedert wurden.
Die Brigaden bestanden somit eigentlich aus 5 ganz gleich or-
ganiairten Batterie-Divisionen und die einzige UnregelmlÜBigkeit
bestand (und besteht noch gegenwärtig) darin, dals den einen Brigaden
Gebirgsbatterien und den anderen reitende Battterie-Divisionen zu-
geteilt sind. Der nicht genug zu schAtsende Vorteil aber besteht
darin, dafs die FeldartUlerie aulser den Gebiigsgeschützen nur ein
Kaliber, also ein Einheit^escliütz besitzt Dabei hat sich die Sache
ohne sonderliche Kosten vollzogen, denn die schweren Oesohfitze
waren vorhanden und die ausgeschiedenen leichten fanden eine sehr
passende Verwendung. Denn sowie für die Festungen und die Land-
Sturmabteilungen die vorrätigen Hintcrladungsgewehre älteren Systems
aufbewahrt werden, können auch die noch ganz brauchbaren 8 cmrigen
Kanonen derselben Bestimmun«]^ erhalten bleiben und würden die nun
ausgeschiedenen 320 leichten Geschütze genügen, um die zu formirenden
Divisionen zweiter Linie mit der entsprechenden Artillerie zu versehen.
Schon im nächsten Jahre wurde ein weiterer Schritt zur Aus-
führung der entworfenen neuen Organisation gethan, welche, so be-
deutungsvoll sie war, gleichwohl vorerst eine nur unbedeutende Ver-
mehrung bedingte, aber eben deslialb keiner Opposition begegnete.
Denn wieder handelte es sich um die Aufstellung von nur einer
Batterie bei jeder Brigade und wie gewühnlicli sollte auch diesmal
die Durchführung auf zwei Jahre verteilt werden. Sobald dieses
sichergestellt war, wurde bald auch der Entwurf der neuen Organisation,
welche mit Beginn des Jahres 1894 ins Leben treten sollte, vorgelegt
und genehmigt Sie war überraschend ein&ch und darf im Vergleidi
zu den zahhreichen von anderer Seite hierüber gemachten Vorschlägen
als ein wahres Kolumbus- Ei bezeichnet werden. Die Brigade hatte
— ohne Gebirgs- oder reitende Artillerie — 16 Batterien, welche nun
in vier Abteilungen gejj^iedert wurden.
Es wurden nSmHch von den Batterie-Divisionen des KorpsartiUerie-
Begunents zwei Batterien ausgeschieden und den beiden selbstständigen
Batterie -Divisionen zugeteilt. Die neuaufgestellte Batterie wurde
der 3. (erst im Kriegsfalle selbstständigen) Batterie-Division, die nun
aus dem Verbände des Regiments trat, beigegeben, so dafs nun
4 Abteilungen zu je 4 Batterien geschaffen werden. Die bisherigen
Korpsartillerie-Regimenter behielten diese ihre Benennung und es
hefen davon Nummern von 1 bis 14: doch zerfielen sie nicht mehr
in Divisionen und es bildete jedes mir eine Abteilung. Für den
etwaigen Fall einer Trennung übernahm der dem Regimentschef
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176 österreichiBche Artillerie in den letzten 45 Jahren.
beigegdbfliie Stabsoffizier den Befehl Uber die detacfairten Batterien.
Die um eine Batterie Tentirkten Batterie-DiriBionen aber erhielten
die Benennung DirisiooBartillerie-Regimenter mit den Nnmmem von
1 bis 42. Auch jedes dieser Begimenter bildete nur eine Abteünng.
Die Benennmig der Begimenter entsprach der gnindsätsUohen Be-
stimmung derselben ab Korpsartillerie nnd Dirisioosartillerie der ans
den Trappen des stehenden Heeres oder der Landwehr Ibnmrten
In&nterie-Divisionen. Acht KorpsartiUerie-Regimettter hatten aoJsOTdem
eine reitende Batterie-Division zu 2 Batterien. Diese Divisionen
werden im Mobilmachungsfalle den acht Kavallerie -Divisionen als
„selbstständig detachirte Abteilungen'' beigegeben. Bei elf Begimentem
befindet sich je eine Gebirgsbatterie, wdche im Kriege verdoppelt
werden kann, während bei dem 3. Regiment swei d^'lei Batterien
neu errichtet wcrderK Endlich gehören zu jedem Korps- oder
Divisionsurtillerie-ilegimcnt noch ein Munitions]>:irk- utul oin Ersatz-
depot-Kadre, woraus bei der Mobilmachung der Korps- oder Divisions-
Munitionspark gebildet werden. Ein solcher Park hat bei der Mobil-
maclmng zwei Artillerie -Munitionskolonnen, sowie eine Infanterie-
und bei acht Brigaden auch eine Kavallerie -Munitionskulonne, der
Ersatzdepot-Kadre aber eine Ersatzbatterie und das Ersatzdepot auf-
zustellen.
Die Gebirgsbatterie-Division in Tirol liat drei Gebirgsbatterien,
welche im Kriegsfälle verdoppelt werden und einen Ersatzdepot-Kadre,
ans welchem bei der Mobümacfanng das Ersatzdepot vnd rier schmal-
spurige (9 cmrige) Feldbatterien formirt werden. Sowohl diese Batterien
und die Gebirgsbatterie-Dirision als die Gebirgsbatterien der Korpe-
artillerie-Begimenter werden jenen Korps nnd Divisionen, welche für
den Gebirgskrieg bestimmt sind, sngeteilt und befinden sich dieselben
anch gegenwärtig in Tirol vnd im Oocnpationagebiete. Mit Ausnahme
der 14. Brigade, deren HttUto dem 2. Aimeekoips ungeteilt ist»
befinden sich alle Begfanenter in den Berirken ihrer Korps nnd
Divisionen.
Die Mannschaften der Landwehr und des LandsturmeSi welidie
in der Feldartillerie gedient haben, werden nach Bedarf herangesogen
und zumeist den Mumtionskolonnen und Ersatzdepots zugewiesen,
aus welchen das Personal der ^ Reserveanstalten der Artillerie, deren
Organisation nicht wesentlich geändert wurde, entnommen wird.
Der Kommandant eines Divisionsartülorie-Rcgimcnts ist Artillerie-
chef der Division, jener des KorpsartiUerie-Regiments Stellvertreter
des Brigadiers und dieser Artilleriechef des Arnjeokorps. Ein General
wird im Kriegsfalle als Artiilenechef einer Armee bestimmt. Im
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Die österreichiaclie ArtUlerie in den letzten 45 Jahren.
177
Falle der Aufiteliung eines Ärmee-Oberkommandoe tritt der General-
Inspektor an die Spitee der gesammten molnlisirteik Artillerie.
Es hat diese Organisation vor allen froheren den Vorzug be-
sonderer Einfiichheit und grölserer Gleichförmigkeit. Selbst die gleicih-
imniigein Teile der froheren Brigaden waren besügilidh der dienst-
lichen Verhftltnisse sehr verschieden, indem z. B. die Kommandanten
der aelbststftndigen Divisionen nur dem Brigadier^ die der Dirisionen
des Begiments dem Ohof desselben und endlioh jene der fOr die
Landwehr bestimmten Divisionen im ^eden ^eichfalls dem Begiments-
dief, im Kriege aber dem Brigadier untorstollt waren. Auch die
Verwaltung war wegen der ungleichen Gröfse und Gliederung der
einzelnen Teile der Brigade verwickelt und scbweritUlig und nur aus-
nahmsweise war das ganze Regiment oder gar die ganze Brigade an
einem Orte versammelt. Die einzigen ungleichförmigen Bestandteile
der Brigaden sind auiscr den reitenden Batterien die Oebirgsbatterien,
deren gänzliche Lostrennung von der eigentlichen Feldartillerie wohl
schon vor längerer Zeit als passend erkannt, jodoeh auf gelegene
Zeit verschoben worden war, durch die abgesonderte Dislozirung in
Bosnien und Tirol aber fiewissermafsen schon durchgeführt erscheint.
Die Kavallerie ist nach und nach so verstärkt worden, dafs ganz
gut vierzehn Kavallerie-Divisionen foniiirt werden können, oder ab-
gesehen von den bestehenden selbstständifjen Divisionen jedem Armee-
korps auch eine Kavalleriebrigade zugewiesen werden kann. Die
Vermehrung der Zahl der reitenden Batterien ist also mit Gewifsheit
— wenn schon in einer jetzt nicht zu bestimmenden Zeit zu er-
warten. Sind dann die Gebirgsbatterien ganz ausgeechieden und be-
sitzt je de Artillerie-Brigade ihre reitende Batterie-Dirision, dann sind
nicfat nur alle Brigaden einander gleich, sondern die einzelnen gleich-
Pkadg orgaoisirt und — was noch wichtiger ist — mit dem i^eichen
Material ausgerOstet
Die Verstärkung der DivisionsartÜIerie ist ein bedeutender Fort-
schritt. Man hat überall erkannt, dafs ein ins Gefisoht kommender
groüserer Ttuppenkörper — also eine Dirision gleich anfilnglich eine
ansehnliche Geschützzahl ins Feuer bringen mufs. Die meisten Armeen
haben eine Divisionsartillerie von '24 Geschützen, die Sstmeichische
eine solche von 32 und wird in dieser Beziehung nur von der
russischen übertroffen, welche ihren Divisionen 48 Geschütze zuteilt,
aber — wenigstens gegenwärtig keine Korpsartillerie besitzt. Die
Zeit der vereinzelten Brigadebatterien ist ebenso vorüber, wie jene
der grofscn Arniee-Geschützreserven, die entweder garnicht ins Feuer
Etelangten oder bei einer iinij;iinstigen Wendunp: durch ihre Auf-
opferung die Milsgriffe der iieeresleitung vergebens auszugleichen ver-
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178 öflierreichiache Artillerie in den letzten 45 Jahren.
suchten. Dagegen wird die Heeresleitung eine ArtUleiiereserre bei
de& eimseben Korps gewi& niolit entbehren voU«l Hierfiir aber
dürfte das jetzige ÖeterreiohiBohe Eorpuitillerie-Regiment mit nur
32 Gesdrätsen kaum genügen.
Indessen lä&t sich ans dem Umstände, dafh die Organisation
des IHvisionB-Artillerie-Regmientes doch nicht ganz mit jener des
Korpsartillerie-Regimentes übereinstmimt, indem letzterem die Oebiige-
und reitenden Batterien ang^liedert and und die Park- nnd Ersatz-
Kadree fiir eine groisere Vermehrung des Standes beredmet sind,
sowie aus verschiedenen Äufserungen eingeweihte PersSnHchkeiten
der Schluls ziehen, dafs auf die Ge&hr hin, die neu erzielte Gleich-
förmigkeit der Oi^aniaation zu stören, in vielledcht niclit allzu femer
Zeit eine Vermehrung der Korpsartillerie angestrebt werden wird.
Auch die „Technische Artillerie" sieht einer Umgestaltung ent-
gegen. Das Xäliere, was hierüber kurz vor dem Ableben des Erz-
herzogs in die Üffentliclikcit kam, läfst das Beste erwarten. Dieser
Zweig der Artillerie sollte aus einer Ti ui)|'i- in eine Anstalt umgewandelt
und deren Personal succcssive aus iJeamten — nändieh aus fach-
männisch gebildeten Ingenieuren und Administrationsheamten gebildet
werden. Erstere fähren den Tit'-l General- Ingenieur, Über-Ingenieur,
Ingenieur, Assistent (in verschiedenen Klassen), je nachdem sie im
Generals-, Stabsoffiziers- oder Offiziersrange stehen. Neben denselben
giebt es wie bisher Oberwerkfülirer und WerkfUhrer, dann Werkmeister.
Die Administrations- oder Rechnungsbeamtcu werden denen des Heeres
entsprechend organisirt und wird ihnen die erforderliche Zahl von
Bechnungsunterofifizieren zugeteilt, sowie den Ingenieuren Werk-
meister zur Seite stehen. Diese Organisation ist in ihren Grundzügeu
nach demselben Prinzip, welches der kürzlich erfolgten Einrichtung
der Leitung des Geniewesens maisgebend war, entworfen worden.
Jeden&Us war das plötzliche Ableben des Erzherzogs der Grund,
weshalb die orgamsdien Bestimmungen über die Umgestsltung der
Technischen Artillerie vor der Ernennung des neuen GeneraL-Inspektora
nicht Teröffentlicht werden konnten.
Sind auch manche Änderungen, wie ja überhaupt keine Ein-
richtung unverrückt beibehalten werden kann, zu gewärtigen nnd
harren manche Entwürfe des Erzherzogs noch ihrer Ausführung, so
ist dessen Werk, die Umgestaltunir der österreichischen Artillerie, ün
Ganzen und Grofstu doch als abgcscUossen zu betrachten und es
entspricht letztere den Anforderungen der Zeit und dem gegenwärtigen
Stande der österreichisch- ungarischen Wehrmacht in weit liöberem
Grade, als in irgend einer früheren Periode der Fall gewesen ist.
Um die Bedeutung der erzielten Fortschritte voU zu ermessen,
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Die öaterreichische ArüUerie in den letzten 46 Jahren.
179
darf man nur den Stand der österreichischen Artillerie Ende 1849,
also vor 45 Jahren mit dem heutigen vergleichen. Damals zahlte die
österreichische Artillerie mit Einrechnung der ein Jahr vorher er-
richteten Landwehr-Bataillone m fttnf Regimentern, fünf Bataillonen,
swei EorpB und der schwachen Oamlsonsaitillerie 180 Kompagnien.
Wurde auch nur der vierte Teil davon zum Festnngs-, Belagerungs-
und Parkdienst verwendet, so reichte das Übrige kaum zur Besetzung
von 180 Batterien, also 1080 GesdiUtzen hin, für welche aber die Be-
spannung kaum zu beseha£Fen gewesen wttre. Wohl waren in den
Entwarfen 200 Batterien, also 1200 Geschütze angesetzt. Dodi w&re
f&r diese das brauchbare Material nicht vorhanden gewesen. Für
hme Vermehrung des Standes aber war nichts vorgesehen und konnte
eine solche nur mit neu ausgehobenen Mannschaften bewirkt werden,
wobei es auch noch an Offizieren und Unteroffizieren, Pferden und
brauchbarem Material gemangelt hätte I
Und nun bestehen 5ß Artülerie-Regimenter und eine Gebirgs-
batterie-Division , G Regimenter und 3 Bataillone Festungsartillerie.
Von der Feldartillerie können sofort 224 fahrende, 16 reitende und
24 Oebirgshatterien mit iM)J4 Feld- und Gebirgsgeschützen, sowie alle
Park- und Munitionskolonnen mobil gemacht werden, abgesehen davon,
dafs mit Hilfe der Kadres und der Festungsnrtillerie die Aufstellung
weiterer Batterii-n ermöglicht ist. Und für eine noch weiter gehende
Vermehrung, sowie fiir den Ersatz der Abgiiiige steht eine bedeutende
Reserve von 0£&zieren, Unteroffizieren und Mannschaften zur Ver-
fügung.
Der Personalstand der Artillerio ist seit den letzten 25 Jahren
nahezu vervierfacht worden und kann im Bedarfsfälle noch bedeutend
vennehrt werden. Aber nicht minder beachtenswert, ja vielleicht
noch wichtiger sbd die Fortsehritte, weldie bezüglich der Ver-
vollkommnnng des Materials und der Ausbildung des Personals zu
verzeidmen sind! Damals besafe die Ssterreichische Artillerie ein
Geschütz- und Wagenmaterial, weldies nicht nur dem System nadi,
sondern zum Teil wirklich aus dem vorigen Jahrhundert stammte.
Und nun ist nach der teilweisen oder gändichen FjnfubruTig von drei
vollkommeneren Systemen ein viertes im Gebrauche, welches wohl noch
durch längere Zeit den an dasselbe zu stdlenden Anforderungen ent-
spricht. Das Offizierkorps aber ist verjüngt, taktisch gut ausgebildet
und durch ein ungleich gründlicheres und vielseitigeres fachmännisches
und allgemeines Wissen ausgezeichnet, als es bei vielen ganz energisch
herangebildeten Offizieren der früheren Zeit der Fall war.
Die Mannschaft aber, bei welcher man sich nicht mehr mit dem
mühsamen Einlenicn eines theoretischen Wissens von oft sehr zweifel-
Jahrbttclier flu Ii« Dtatack« Ann«« und Mviaa. Bd. 97. 2. 13
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180
Die österreichische Artillerie in deu letzten 45 Jahren.
liaftem Worte UMst, ist dafihr in rein militilriMher Htnaicht und in
ihrem spezieUen Dienste desto gründKcher praktisch ansgelnldet und
68 ist für den Eriegs&ll eine genügende Reserve vorhanden.
Sind anoh 45 Jahre ein langer Zeitraom, so sind die in dem-
selben erzielten Resultate doch nieht minder hoch anznsoUagen, wefl
sie nnter oft sehr nngOnstigen VerhAlfenisee, durch liingere Unter-
brechungen verzögert und fest stets mit geringen Mittdn erreicht
worden.
Als der vorliegende Aufsatz bereits vollendet war, erhielt die von
dem verblichenen Erzlierzog vorbereitete Umgestaltung auch der
„Technischen Artillerie" die kaiserliche Sanktion. Es geschah dieses
fünf Monate nach dem Tode des Prinzen und darf diese Umgestaltung«
als der Schlufsstein des von Letzterem ausgeführten Werkes angesehen
werden. In den Grundzüpen stimmt die Organisation mit dem, was
bereits im Frühjahr 1894 liierüber veröffentlicht wurde, überein und
es dürften nur einige Details nachträglich eine Änderung erfahren
haben.
Ganz ähnlich wie bei der Umgestaltung der Geniebehörden ging
man auch hier von dem Gedanken aus, dafs der rein technische Be-
trieb von der Verwaltung gesondert werden und für diese beiden
Zweige ein besonderes Personal bleibend bestimmt werden müsse und
dafs die verschiedenen Fabriken, Werkstätten, Depots und dgl. der
Artillerie trotz der militärischen Organisation ihres Personals nicht
als Truppenkörper, sondern als Anstalten zu betrachten sind. Dem-
gemftfs erfolgte die mit 1. Februar 1895 ins Leben getretene Neu-
gestaltung der „Technisdien ArtUIerie*^ oder des „Artillerie-Zeugs-
Wesens wie selbes nun amtlich bexuumt wird.
Von den dasselbe bildenden Anstalten befinden sich die widitigsten
in dem ArtOlerie-Arsenal in Wien und darf dieses ab der Zentral-
punkt des Artillerie-Zeugswesens betrachtet werden. Es befinden sich
in dem Arsenal die ArtüIerie-ZeugsfiBibrik, das Artillerie-Zeugsdepot)
die Artillerie-Zeugsabteiliing ftür Wien und die ÜbemahmskommisBion.
Mit diesen Anstalten und den Behörden derselben stehen die nach-
stehenden Anstalten in mehr oder minder enger Beziehung. Es sind
diese Anstalten das Artilleriedepot und die Munitionsfabrik bei Wiener-
Neustadt, die Pulverfabrik bei Stein nächst Laibach, die Pulverfabrik
in Blumau bei Felixdorf unweit Wiener-Neustadt (hauptsächlich für
rauohschwaches I'ulver), dann die Artillerie-Zeugsdepots zu Budapest,
Budweis (Bergstadtl). Cattnro, Graz, Innsbruck. Josefstadt, Karlsburg,
Kaschau, Komorn, Krakau, Lemberg, Mostar, Peterwardein, Pola, Prag,
Przemysl, Sarajevo, lemesvar und Trient nebst siebzehn Zeugsfilial-
depots in anderen Städten und Festungen, Von diesen Anstalten
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Die öitemichiaohe Artillerie in den letstea 46 Jahren. 181
werden im Kriegsfalle Feldzeugskompagnien für die Armee- Munitions-
parks, Munitioust'elddepüts und Belagerungsparka, sowie Feldzeugs-
abteilungen für die mobilen Belagerungs-Batteriegruppen, Gebirgs-
Mmdlionspiurks und Gebirgs-Munitionsdepots aufgestellt.
Das Pttsonal dieser Anstalten des Artfllerie-Zengsivesens, also
die eigentlifiiie teohmsche Artillerio gliedert sich in teohnisohe Beamte
ond die ArtHlerie-Zeugsmannschaft. Erstere scheiden steh wieder in
Artillerie-Ingenieure und Artillerie-Zeugsbeamte, weldie in
je einen besonderen Stand emgeieiht sind. Der im Kriegsfiüle nach
Bedarf zu Teimehrende nonnale Stand besteht in 2 Artfllerie-Genenl-
Ingeniearen (im Generalsrang 4 Oberingenieuren 1. Klasse, 4 Ober-
ingemenren 2. und 7 der 8. Klasse (Oberste, Oberstlieutenants und
Majore), 25 Ingenieuren (Hauptleute) und 10 Ingenieur-Assistenten
(Oberlieutenants), dann 3 Artillerie • Obeneugsverwaltcrn 1. Klasse
(VI. ßeamten-Bangsklasse), 3 Oberzeugsverwaltem II. (VII. Rangs-
klasse), G Zeugsverwaltem (VIII. Rangsklasse), 80 Zeugsoffizialen 1.
und 2. Klasse (IX. Rangsklasse), 77 Offizialen 3. Klasse und 51 Ao>
cesaisten (X. und XI. Rangsklasse).
Aufscrdem sind noch diesen Anstalten und den Zeupsabteilungen
(überzählig im Stande der Festungsartillerie geführte) Offiziere, dann
ßechnunf^soffiziere, Intendanten und Ärzte zugeteilt.
Die Artillerie-Zeugmannschaft zählt in ihrem Stande Feuerwerker,
Meister (verschiedener Klassen), Unteroffiziere und Zeugskanoniere.
Nach Bedarf können auch Mannschaften der Festungsartillerie und
anderer Truppen zu den Arbeiten herangezogen werden und sind bei
mehreren Anstalten (namenthch bei den l'ulverfabriken) auch Zivil-
arbeiter zeitweilig oder ständig beschäftigt.
Vorläufig hat die Ergänzung des Ingenieurkorps der Artillerie
durch die Übersetzung der schon gegenwärtig bei den gedachten
Anstatten befindüohen und dafilr ToUkommen geeigneten Offiziere und
später doroh Beförderung in dem Korps selbst und durch Übersetzung
-▼on Artillerie - Offineren und Zeugsbeamten, welehe den höheren
Artillerieknis absohirt haben, zu edblgen. Dieselben brauchen in
diesem Kurse nur die in ihr Faeh einsddftgigen Gegenstände zu
liöiren und besnehen dann zu ihrer weiteren Ausbildnng hierin die
betreffenden Vorlesungen an der Wiener Polytechnik. Dureh einen
besonderen Erlals wurde für diesen KoUegienbesuch den betreffenden
Offizieren das Tragen der Zivilkleider gestattet. Nach einer Sechs-
monatlichen Probcdienstleistung erfolgt die definitive Einteilung oder
(ftir die Assistenten) wenigstens die Vonnerkung für die nächste
offene Stelle.
Zu Zeugsbeamten werden zunächst ebenfalls die schon bei den
13*
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182
Die üsierreichisciie Artiilene in den letzten 45 Jahren.
Anstalten emgeteüten Offisieie und Weckfühier (Mb diese ans
froherer Zeit stammenden ArtiUeiiebeamten nicht zn den Ingenieuren
eingeteilt werden) nnd später Unteroffiziere der Artillerie nnd Zeugs-
aastalten ernannt Dieselben müssen Torher den im Wiener Arsenal
eingerichteten Vorbermtongslnirs mit gutem Erfolge absolnrt und
bei der durchgemachten praktischen Erprobung sich bewährt haben.
Auch die Offiziere nnd Unteroffiziere des Beurlanhtenstandes der
Artillerie, welche die entsprechenden Studien nachweisen können,
finden, nachdem sie sicli einer sechsmonatlichen Probedienstleistung
in einer Fabrik oder einem Zeugdepot unterzogen haben, Aufoahme,
und haben dieselben während dieser Zeit oder nach derselben die
für die, die Aktivirung anstrebenden Resenre-Offiziere vorg^hriebene
ErfTfinznngsprüfung abzulegen, wobei ihnen jedoch die Teilnahme an
der üblichen Mappirungsübun^ nachgesehen wird.
Die Mannscliaft wird durch Übersetzung sich dazu eignender
Leute anderer Truppenkörper und dnrcli Rekrutirung ergänzt, wobei
auf kräftigen Körperbau und geuü^cnde Schulbildung, vorzüglich
aber auf Auswahl geeigneter Handwerker zu sehen ist.
Von den früher genannten Anstalten ist der Arfillerie-Zeug-
fabrik in Wien die Erzeugung und Prüfung des gröfstcn Teiles des
Artilleriematerials (Geschützrohre, Laffeten, Fuhrwerke u. s. w.) und
des Waifenmaterials der Armee überhaupt, der Munitionsfabrik
in Wiener-Neustadt die Herstellung der Gewehr- und Geschütz-
munition, sowie den PaWerfabriken in Stein nnd Blumau die
Erzeugung aller Pnlvergattungen übertragen, während die Übernahms-
kommission im Arsenal die Untersuchung und Übernahme aller
Yon den vorgedachten Anstalten, den anderen Zeugsdepots, sowie von
Fabrikanten und Lieferanten nach Wien gesendetem GegenstSnde
besorgt und die Wiener Zengsabteilung ffir die dortigen und
mehrere ausw&rtige Anstalten das erforderlidie Anftiohts- und teil-
weise auch das Arbeitspersonal beistellt^ das Artillerie-Zengsdepot
im Arsenal aber die Aufbewahrung und Verwaltung sÄmmtlicher
daselbst befindlichen Vorräte aller Art^ deren Verabfolgung an die
Truppen, die anderen Zeugdepots und die Fabrikanten, die Beschafifong
des Ersatzes für die aus^'efolgten Gegenstände und MatMialien, sowie
das Pulverversclüeiisgeschäft zu besorgen hat.
In ähnlicher Weise obliegt dem Wicncr-Neustädter Zeugs-
depot die l bernahme, Aiibcwahrung und Ausgabe von Munitions-
vorräten aller Art, die Beaufsichtigung der von Privaten geleiteten
Pulvermühlen und Fabriken, sowie der Pulververschleifs.
Die anderen Zeugsdepots und deren Filialen haben in den
ihnen zugewiesenen Bezirken die Übernahme, Verwaltung, Aufbewahrung
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Die österreichische Artillerie in den letzten 45 Jahren.
183
imdAbgabe der für den Bedarf der Trappen und Festungen erforderlichen
ArtQleriegegeiMtindA, WaffoDi Himltbii «. 8. w. in besorgen, Sie
smd in mebr&oher Beriehnng den betreffimden Artillerie-Brigadieren,
FeBtongsBitilleirie-Direktoreii iL s. w. untergeordnet, eteben aber aelbet-
▼erständlidk mit den ^f^ener Anstalten in steter Verbindnng und
erhalten teilweise dnroh diese, teÜB direkt ▼on der obersten AitUlerie-
behSrde die Weisongen bindcfatiich des Betriebes des Dienstes nnd
obwobl kein eigener Chef des gesammten Zeugswesens ernannt
wurde, darf angenommen werden, dals der rangsälteste General-
Ingenieur und Oberzeugsverwalter die oberste Ldtung des rem
technischen Dienstes und der Verwaltung fUhren werden. Im
MobiImachun{i:sfalle wird auTser den Zeugskompagnien und Abteilungen
auch die entsprechende Anzahl 7on Ingetaienren und Zeugsbeamten
aller Grade der Armee zugeteilt.
Auch wurde bereits eine eigene Adjustirung für das Personal der
technischen Artillerie genehmigt. Die Farben der Uniform sind nicht
geändert, sondern die dunkelbraunen Waffenröcke mit scharlachroten
Aufschlägen und blaugrauen Beinkleider beibehalten worden. Da-
gegen ist der Schnitt derselbe wie bei den Uniformen des General-
Stabes und der Beamten, nämlich mit zwei Knujifreihün und ohne
Achselschlinge. Die Ingenieure haben Knöpfe, Sterne und Borten
von Silber, dann Hut und Degen der Intendanten und das Offiziers-
portepee, die im Stabsoffiziersrange stehenden goldene Sterne auf
Silberborten, die General-Ingenieure goldene Borten und die Abzeichen
der Generale (mit Ausnahme, des Hutes nnd der Feldhinde). Die
Uniform der Zeugsbeamten ist Ühnlich, jedoch mit gelben Knöpfen
nnd Borten und statt den Sternen mit goldenen oder sQbemen
Bosetten versehen. Hut und 0egen (ohne Portepee) sind wie l&r die
übrigen HSitirbeamten Torgeschriehen. Die Adjustirung der Biann-
Schaft wurde nicht geändert und bezOgEch der Bewaffiiung be-
stimmt, dais die Feuerwerker KaTaUeiies&bel, die anderen Unteroflfiaiere
und die Zeugskanoniere Faschinenmesser erhalten. Die Kanoniere
der im Kriege mobil gemachten Zeugsabteilungen werden dann mit
kurzen Gewehren ohne Bigonnet (und einem Vorrat Ton 30 Patronen)
ausgerüstet.
So ist denn mit der Neugestaltung des Zeugswes^ das vom
Erzherzog Wilhelm begonnene und trotz aller Hindernisse weiter-
geführte Werk abgeschlossen worden und dürften für die nächste
Zeit keine bedeutenden Relormen, wohl aber manche fl-llmählig er-
folgenden Standesvermehrungen zu erwarten sein.
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XIL
Die Küsten und Häfen des Bussischen £eiches in
Europa und dem Sankaens mit Büoksioht anf
die Landes-Yerteidigung.
Von
Toa Zepelin, Oberst a. D.
Um die Ausdehnung der Küsten RuTsIands und das Verhältmik
derselben zu der Landmasse, welche das groJse Reich innerhalb seiner
Grenzen einschliefst, richtig beurteilen zu können, ist es notwendig,
sich zu vergcj^enwärtigen, dafs allein auf das Russische Reich in
Europa mit dem Kaukasus 5 S(i"2 547 qkm kommen, während das
ganze, dem Scepter des Zaren unterworfene Gebiet in Europa und
Asien, einschliefslich der grofsen Seenbecken des Aral-Sees und des
Kaspischen und Asow'schen Meeres eine Oberfläche von nicht weniger
als 22 430(X)4qkm bedeckt. Leicht begreiflich ist es, dafs das bei
solchen Ausdehnungen gewonnene topographische Bild der Küsten,
noch mehr aber die Messungen der Länge derselben bisher nur teil-
weise auf Püchtigkeit Auspruch raachen durften. Wir üuden daher
in den Angaben über die Längenausdehnung der Küsten die aller-
grölsten Verschiedenheiten. Möge nun aber das RnssiiM^he Baidi in
Europa nnd im Eankasns bis Batom hier eine Ettstenentwickelung
▼on 10070 km, wie die eine Qnelle» oder 12700 Wersfe (die Werst
mm 1067 km), wie die andere angiebt, beriteen, so zeigen doch diese
Zahlen immerhin, welche Meeresgrenzen Rnfsland zn sohiitaen hat.
Von dieser Kfistenlinge kommt em TerhSltnUsm&Cng gro&er Teil
(4800 km) anf das nördliche Eismeer, einschliefelich des weilsan
Meeres, 2480 km anf die 'Ostsee, 2000 km anf das Gchwazse Meer,
1290 km auf die zerrissenen Kfisten des Asow'schen Meeres. Nun
darf bei der Beurteilimg der strategischen Bedentang der Russischen
Kttsten nicht übersehen werden, dafs die letztere wesentUch abhftngt
von der Anziehungskraft, weiche die Mittel ihrer Hafen{dfttie und
der Reichtum des Hinterlandes einem feindlichen Heere bietet, vor
allem aber von der Lage der Küste zn dem Kriegsschauplatz, auf
welchem die entf?choidenden Kämpfe stattfinden. In diesen Be-
jäehungen finden wir aber in Rtilsland ganz eigenartige Verhältnisse.
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Die Kfliten und Hiftn des rmrinfhuti H wßhwt etc.
185
Das nördliche Eismeer bespült Küsten, deren Häfen em
Hinterland habm, welches sowohl durch seine klimatischen, kulturellen
und BeröIkerangs-Verh<iueBe, wie durch seine geringe Wegsamkeit
imd die entüsnite Lage von den Hauptstädten des Reiches und den
Centren seines Handels und seiner Industrie die Operationen eineB
feindlichen Hocres im gröfseren Styl unmö'^'lirh macht. Hierzu kommt,
dafs das Meer einen grofsen Teil des Jahres hindurch weithin mit
£i8 bedeckt und der SehifTfahrt unzugänglich ist.
Das Schwarze Meer wird teilweise von Landstricheu begrenzt,
welche wie der Kaukasus und die südöstlichen Gouvernements für
eine westeuropäische Armee, ganz abgesehen von ihrer natürlichen
Beschaffenheit, nur die Bedeutung sekundärer Kriegsschnuplätzo haben
dürften. Nur die westliche Hälfte des Meeres bespült Kübton von
gröfserer Bedeutung. Diese und der gröfsere Teil der Küsten der
Russischen Ostsee kommen daher wesentlich für die Landes« Ver-
teidigung, bez. für den Angriff einer feindlichen Elotte in Betracht.
Und auch in letzterer mnSt man den Botbüscfaen Meerbusen der
klimatischen Verhältnisse, der Beschaffenheit seines Fahrwassers und
derjenigen sehies Hinterlandes — des nördUofaen Finnlands wegen
sls strategiBch bedeutungslos bezeichnen.
Charakteristisch ist fiBmer fär die Meeres-Verhiltnisse des euro-
pttischen Bnlslands, dafs es nur mit seiner Nordkuste ein ffir seine
Flotten offenes Meer berOhrt. — Die Ostsee ist ein Binnenmeer,
welches noch bis Tor wenigen Jahrzehnten durch eine Macht zweiten
Ranges gesperrt wurde. Ist auch der Sundzoll gefallen, so sind doch
die Befestigungen Kopenhagens entstanden. Auf diese würde eine
Buieland feindliche Flotte sich mit Erfolg bei ihren Operationen gegen
Osten stützen können. Die wenigen Kilometer aber zwischen Holsingör
und Heisingborg sind unschwer durch unterseeische Minen, Strand-
und schwimmende Batterien zu sperren. Rechnet man hierzu noch
die vorhandenen oder projektirten Küstenbattcrion bei Kronborg, so
darf man wohl behaupten, dafs der Sund für eine Flotte hermetisch
gesperrt werden kann. — Das Schwarze Meer ist den Flotten Rufs-
lands nur zugänglich, bez. von denselben zu verlassen unter den
Geschützen einer Macht, welche die natürliche vielhundertjährige
Gegnerin desselben ist. Hierzu kommt, dafs die Türkei in ilirer
Eigenschaft als Hüterin der Dardanellen in neuester Zeit stets auf
die Unterstütz uul; einer oder mehrerer Grofsmächte rechnen durfte.
Die Vorteidigungä- Einrichtungen längs dieser 67 km langen, an ihrer
sdhmalsten SteDe 1350 m, an ihrer breitesteii 7600 m breiten Me^
enge sind seit 1887 sowohl, was die Forts und Batterien als deren
Armirung anlangt, derartig Terbessert, dals es bei ernstem Willen der
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Die EusteB und Hi&n d«B nnwinrhen Reidiei ete.
Türkei und ihren etwaigen Verbündeten nicht schwer fallen dürfte,
sie fiir die russischen Schiffe zu sehlielsen. Die russische Poütik
hat daher auch stets das Bestreben ge/ei{;t, das oti'ene Meer zu er-
reichen. Wie wir weiter unten selien werden, war Jahrhunderte lanj:
Rufslands einziger Seehafen, dureh welclien der Verkehr über Moskau
nach Persien und Ostindien vermittelt wui cle, die Mündung der Dwina
in das Eismeer. Erst nach der Besiegung der bisherigen Vormacht
des nördlichen Europas gelang es Peter dem Grofsen durch die scheinbar
imnatttrliche Schöpfung der neuen Reichshauptstadt an der Ostsee
„Rnfidand em Fenster nach dem westlichen Europa zu öffnen.** —
Der Krieg des Jahres 1828/29, der Eiimkrieg und der Krieg 1877/78
hatten als Endziel auch die Gewinnung, sei es der dipHomatischen,
sei ee der militftrischen Herrschaft ttber die Dardanellen. Bekannt
sind die Bestrebungen» die Nordkfisten Sibiriens fSr den Seehandel
SU erscfaUelsen, deren groisartiger Abschluis in den Ergebnissen der
Fahrt der «Vega^ 1878/79 und in den späteren, namentlioh yon
Ssibiriakow auQgerOsteten oder unterstützten Expeditionen zu den
Mündungen der grofsen sibirischen Ströme einen vorläufigen Ab-
schlufs fanden. Das wichtigste ErgebniTs ist die Erwerbung des
Ämurlandes mit seinen wichtigen Hafenplätzen am stillen Ozean,
wodurch fiulsland seine hislior nur auf einem 8000 km langen,
schwierigen und zeitraubenden Landwege erreichbaren Besitzungen im
nordöstlichsten Teile Asiens sich näher brachte und sich eine maritime
Stellung in jenen Gewässern schuf, deren Bedeutung in neuester Zeit
durch die F^rbauung der sibirischen Bahn noeh mehr erhöht wurde.
Die Bedeutung dieser grofsartisien Schöpfung, welche sich be-
kanntlich des ganz besonderen Interesses des jetzigen Kaisers erfreut,
ergiebt sich wohl schon aus der Thatsache, dafs die Reise von Moskau
bis zu dem neuen, mächtigen Kriegshafen Wladiwostok („Beherrsche
den Ustuu-j an der einen grofsen Teil des .hilires eisfreien Bai Peters
des Grofsen in Zukunft in etwa 19 Tagen anstatt wie bisher 2'/5 bis
3 Monaten ausgeführt werden kann. — Wenn aueh mit Bezug auf
die Beförderung von Truppen die Leistungen der sibirischen Bahn in
keinen Vergleich mit dioien einer mitteleuropSisohen Bahn gestellt
werden können, so wird doch die Versorgung dieses Hafens und der
im Stillen Ozean stationirten Flotte, sowie des sudlichen Teilea dea
General-Gouvemements Amur unendlich gegen frfiher erleiditert sein.
Bisher war Bulsland in dieser Beziehung wesentlich auf den langen,
schwierigen und im Falle eines Krieges mit einer Seemacht sehr ge-
fthrdeten Seeweg angewiesen. — Auch konnte die in erster link
hieizu bestinunte sogenannte „Freiwillige Flotte** kaum den gewöhn-
licben Anforderungen des Fixedens, sicheriioh nicht aber den au6er-
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Die Kosten und HSftn des nuBbchen Beichee etc.
187
ordentiushen des Kri^gea genUgen. Die Zukunft wiid es lehren, wie
grols die Vorteile adion heute sind, welche BiÜBland darch die sichere
Basining der Operationen seiner Flotte in den ostasiatischen Gewässern
auf das Küstengebiet, Sachalin und Wladiwostok erlangt hat. —
Zur Zeit (Frülyahr 18d5) sind nicht weniger als 32 russische Krisgs-
scbiffe dort versammelt.
Wenden wir uns nunmehr zu der Betrachtung der einzelnen
Meere, soweit sie die Küsten des russischen Reiches bespülen.
Die Küsten und Häfen des Nördlichen Eismeeres.
Lanrje Zeit hindurch grenzte Rufsland nur im iiufsersten Norden
an die offene See. — Wir finden dalier bis in die Zehen Peter's des
Grofsen unausgesetzt das Bestreben der russisclien Fürsten, den
Handel mit dem westlichen Europa an diesen unwirtbaren Küsten zu
beleben. — Dafs aber auch die ernstgemeintesten und durchdacht unter-
nommenen Unternehmungen in diese r iiichtung nur einen beschnänkten
Erfolg haben konnten, ergiebt sicli aus der Natur dts Meeres. Dasselbe
ist nur wonige Monate des Jahres, im Allgemeinen nur von Beginn des
Juni bis zum Ende des September völlig eisfrei Die fla4di0n Küsten
sind oft in gro&er Ausdehnung von Klippen und Untiefen umgeben.
Das Hinterland ist unwirtsam und mit dem Heizen des Reidies nur
durch in ihrer Benutzung durch das Klima beschrttnkte Wasser- und
meist sehr schlechte, nicht ohaussirte Landstraisen, aber keine Eisen-
bahnen Terbunden. — Der westlichste Teil an der Küste der Halb-
insel Kola ist in Folge der hier sich geltend machenden Einwirkung
des Golfstromes lingere Zeit hindurch eisfrei. — Es sott daher in
neuester Zeit im Russischen ICarine-Blinisterium die iVage erwogen
sein, einen Eriegshafcn in der unweit der norwegischen Grenze ge-
legenen Fischer- oder Rybatschij-Bai zu erriditen. Freilich würde
diese drohende Nachbarschaft der sdiwedisch-norwcgischen Regierung
um so weniger angenehm sein, als von Zeit zu Zeit ohnedies in der
russischen Presse Stimmen laut werden, welche sich für die Erwerbung
des ganzen Lapplands aussprechen, welches in Foljre der Einwirkungen
des Golfstronies Uliraatisch günstigere Bedingun;^cn aufweist. — Hafen-
plätze finden sich nur in dem Weifsen Meere. Dasselbe, ungefähr
einen Flächenraum von IHKKK» Qu. -Kilometer bedeckend und etwa
637 km in südwestlicher Richtung in das Festland einschneiiiend,
dabei eine Reihe von mehr oder weniger grofsen Ijuchten bildend,
trägt einen vom offenen Eismeer unterschiedenen Clutrakter. Seine
Küsten sind im westlichen Teile meist bergig und felsig, im östlichen,
namentlich von Archangelsk ab, aus sandigen Höhen gebildet, hinter
welcheu sich häufig meist mit dem Meere in Verbindung stehende
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Igg Die KüBteu und Häfen des xuaaiBchen Reiches etc.
Strandseen finden, ganz im Gegensatze zu den zu vielen Zeiten des
Jaihxet impMairbareii Tnadreii, welche die £llsten des offenen Eäft-
meeres öetlidh des CroUbs von Mesen umsäumen. — Der Sofaifib-
Verkehr, bezw. der SeehandeL des nSTdEdien RdalandB konzentrirt
doh auf das WeiÜBe Meer. Letzterer ist der Nator des amen, wenig
bevölkerteni nnwegsamen Hinterlandes entsprechend wesentlich ein
Ausfuhrhandel der Natureneognisse. Haupthafen ist Archangelsk,
gegen welches die anderen HfiÜBn Onega, Sorokskaja und Mesen
ganz zur&<&treten. Archangelsk ist ein von einem Fregattenkapittn
verwalteter Kriegshafen 2. Klasse') an der sich hier zu einem riesigen
Delta erweiternden Mündung der Dwina, welche durch das Fort
Nowodwinsk^ja geschützt wird, während das Admiralitäts- Gebäude
und die Kasernen in Solombala liegen. Die 19000 Einwohner zählende
Stadt ist in ilirer Gründuri'^ und Entwicklun«! eng verbunden mit der
Geschichte der russischen Handels- und Kriej^s-Flotte. Schon seit
dem 10. Jahrlumdert hatten Normannen an der Mündung der Dwina
Handels-Niederlassungen, 1553 wurde von Engländern mit Bewilli^ainGi;
Iwan's II. eine Faktorei gegründet, welche mit Hülfe der grofsen
Binnen-Gewässer des Reiches den Handel über Moskau nach Persien
und Ostindien vermittelte, 1584 wurde ein Fort erbaut und Archangelsk
gegründet. — 120 Jahre lang war die Stadt der einzige Seehafen
Rufslands. Von den 630 Schiffen, welche alljährhch im Weifsen
Meere ankommen (hiervon freilich der gröfsere Teil mit Ballast) und
abgehen, ist der gröisere Teil Archangelsk zuzurechnen. 455 Segel-
Das nuMiflche Etlstengebiet ist in eine Anzahl von Besiikea geteilt^ welche
von den in ihnen liegenden Kriegshäfen aus verwaltet werden. Die letzteren
werden nach ihrer Bedeutung in Kriegshafen 1. und 2. Klasse geteilt. Zu der
ersten Kategorie gehören: Kronstadt und Nikolajeff, deren Kommandanten
VkeoAdniirale, 8t Petenbnig, Sewastopol und 'Wladiwostok^ deren Konunan-
dant€n Koiitre-Admirale; xa der zweiten Bewel (Beval) und Baku mit Eontre-
Adiniralon als Kommandanten, Sweaborg und Datum mit Schiffs-Kapitllnen als
solchen, Archangelsk und Nikolajewsk (an der Küste des Ainur-Gebiet^s),
welche Fregatten-Kapitänen unterstellt sind. — Die nissischc Marmo ist seit
dem Jahre 1801 in 84 Flotten-Equipagen eingeteilt, welche je nach dem Foit>
achreiten des Baues neuer SchilTe bis auf 33 vermehrt werden dürften. Von
den Flotten-Eqiiijiac^en sind die ineistfu (1801 18) in der Ostsee, 6 im Schwarzen
Meere stationirt, eini;.'-'' derselben stets im Stillen Ozean abkommandirt Gleich-
zeitig wurde eine Ghederung der Flotten-Equipagen in 3 Divisionen (2 baltische,
1 des Schwärs. M.) unter je dnem Yise-AdnÜFal featgeeetet. — Is der russiaehen
Organisation bildet die Flotten-Equipage die Einheit, in welcher die ver-
schiedensten Schiffs-Arten und Mannsohafts-Kategorien vertreten sind. Eine
solche Flotten-Equipage entspricht etwa der Verbindung je einer Kompagnie
der Deutschen Matrosen-Divisionen, Werft-Divisionen und Torpedo-Abteilungen.
In der B^l bildet ein Pawserachiff den Stamm.
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Die Efltten und H&fen des riuwMchen Beichee etc. 189
schiffe und 9 Dampfer sind in der Schiffsliste des Zollamtes als
heimatberechtip^ eingeschrieben, deren Besitzer allerdings nur zum
geringsten Teile in der Stadt wohnen. — 1855 wurde Archangelsk
von den Engländern in richtiger Erkenntnils der Bedeutung des
Hafens {Br den Anifiilirhuidel NordnilklaiidB blokiit Die Zukunft
des Hafens hingt weeentUofa von der Verbeeaerung der Verbindiingen
ndt dem Innem des Beiohee ab. Für die in neneeter Zeit wieder
angenommenen Vereoche einer Nordostdurehfiihrt über das Kariache
Meer an den Mündungen der grofiien Str5me Sibiriens d&fte
Aidkangelsk wenig Bedeutung baben, da es weit ab von der von
Norwegen ftbxenden gunstigeren Strafte liegt. — In einem Seekriege
der Zukunft wird das Nördliche Eismeer und mit ihm Archangelsk nur
eine sekundäre RoUe spielen.
Die Küsten und Häfen der Ostsee.
Die Ostsee schneidet mit ihren drei grofsen östlichen Meerbusen
tief in die sie umgebenden Küsten ein. Von denselben gehört der
Rigaischc und Finnische Meerbusen ganz zum Rassischen Keiche, der
Bottnische trennt dasselbe von Schweden.
Diese drei Meeresteile sind von sehr verschiedener Bedeutung
ffir die Landesverteidigung. Sie teilen nur die Eigenschaft mit ein-
ander, dafs sie durch Untiefen, Klippen und Fels-Eilande der Schiff-
fiEihrt hinderlich sind und die Annäherung feindlicher Flotten hier-
durch empßndlich erschweren. Dieser Umstand ist von den Hussen
in sehr geschickter Weise bei der Anlage der Festungen Sweaborg-
Heibingfors und Kronstadt terwertet worden.
An die offene Ostsee g^renzt Rufsland nur mit den
Gouvernements Eowno und Kurland von Polangen bis Kap
Domesnes8>). Dieser Teil der russischen Küsten ist nicht nur wegen
seiner unmittelbaren Nachbarschaft mit Ostprenften, sondern vor
allem deshalb nm Bedeutung, weil er die neuerdings su einem Kriegs-
hafen ersten Ranges unigeschaffene Ha&nanlage von Liban (mss.
libawa) enthält. Meist flach, wird diese Küste von sandigen Dünen
begleitet, welche durch den Einflufs der Winde zuweilen zu be-
deutender Höhe zusammen- und landeinwärts getrieben werden. So
sind z. B. zwischen Polangen und Libau ausgedehnte Strecken Landes
mit ganzen Dörfern verschüttet worden, wie z. B. bei Nieder-Rartau.
An einzelnen Stellen erreichen die Dünen eine ganz bedeutende Höhe,
>) FOr die Erilnterung des Textes wird auf die Karte des „Stiielw'sclieii
Handatlas" Osteuropa 1 : 3,700,000 in 6 Blättern von Petermann verwiesen. —
Von der dort gowälilten Schreibart derMameo ist nur dann at^gewichen, wenn
dieselbe ganz ungewöhnlich war.
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(
(
190 Kästen und Häfen des rusaiachen Rdches elc.
namentlich in den Sieben- oder Sevenbergen zirka 26 km äiidlich
Iib«i nnd bei Backofen 23 km eQdwesÜiGh Windau. — Wald tritt
nur an einigen Stellen bis nahe an den Strand. — Die Annihemng
leindfidier Kriegseohiffe an die Küste wd sehr enobwert dnrdi die
derselben vorgelagerten Sandbänke und Untiefen, welche oft, so
namentUch bei Lttserort (Lyserort) ndrdUdi Windau mehrere km weit
in das Ueer hineinreichai. — Ah sabmaiine Fortsetvong des Kap
Domesness erstreckt sich von demselben nach Korden 5 km weit eine
schmale Sandbank. Durch dieselbe nnd den zwischen PSssen in Kur-
land und der Insel Ösel liegenden, sehr flachen Dalgrund wird die
Einfahrt in den Bigaischen Busen von Westen her sehr erschwert
Grofse Eismassen, weldie sich in dem langen und rauhen Winter an
diesen Stellen stauen, sperren zuweilen don Zugang völlig. Dieser
Umstand ist ebenso nachteilig für den Handel Rigas wie für die
Operationen einer Flotte. Eine charakteristische Erscheinung der
Küsten Kurlands sind die sich landeinwärts der Dünen hinziehenden,
meist langgestreckten Seen. So finden wir u. a. im Westen den
Papen-, den Libau- und den Tosraar-See, im Osten den Angem-See
zwischen Markgrawen und Angern und den Kangerschen See östUch
von Tukkum.
An nounenswerten üäfeu besitzt die Westküste Kurlands Libau
und Windau. — Libau mitdttn bei Treuliebshof ueu angelegten Kriegs-
bafen — auf BefeU Kaiser Nikolaus n. Hafen Kaiser AlezandersUI.
genannt — hat in neuester Zeit eine ganz hervorragende Bedentoog
erlangt — Libau, lettisch Leepaja, rassisch libawa, liegt im Kreise
Orobin des Gouyemements Kurland an der Mündung des Abflusses
des libau-Sees in die Ostsee. Die Ufer des letzteren sind flach,
meist sumpfig und nur in unmittelbarer Nfihe der Stadt kiesig oder
sandig. Er kann von Schiffern bis an 1 m lle%ang be&hien weiden,
nur am Austritt des den See mit der Ostsee verbindenden, bisher den
eigentlichen Handelshafen bildenden Abflusses hat man durdk
Baggemng eine gröfsere Tiefe erreicht.
Dieser letztere ist 1540 m lang, 106 m breit, 4 — 5 m tief. An
der Einfahrt von der See her ist eine Sandbarre mit sehr wechselndem
Wasserstande vorjzelagert, wodurch gröfsere Schiffe gezwungen waren,
auf der offenen Rhede zu bleiben. Zwei 800 bzw. 650 m hm^e
Molen schützen den Hafen, welcher eine Lootsen- und eine ganz vor-
züglich ausgerüstete Rettungsstation besitzt. — Die Umgebungen von
Libau sind ganz flach und offen. Nur am Strande zieht sich eine
Reihe von 2 — 3 m hohen Dünen entlansj;. Nach der Landseite zu be-
herrschen diiher einige ganz unbedeutende Höhen schon weithin das
Gelände und erleichtern die Anlage von Befestigungen, welche im
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Die Abten und HS&d des rwwlBclwm Reiche« etc.
191
Verem mit dem landemwSrts Torgelagerten Übau- und dem mit ihm
dnrck onen zirka 1 km langen xiatfiilicheii Kanal verbundenen nördlich
hegenden Toemar-See die Verwandelimg Liban'e in einen Depot-Platz
für ein in Euriand landendes Heer erkiditert — Im Laufe der ver-
gangenen Zeiten hat ee auch mehr&oh dies Schicksal gehabt. — Die
Über 30000 Einwohner zählende Stadt (die Hälfte Deutsche) treibt
einen nicht unbedeutenden Handel, Tiamentlich mit Getreide, so dafs
es nicht allein eine sehr empfindliche Konkurrenz den preufsischen
Häfisn, besonders Memel, sondern auch Riga macht. Die heute bereits
bis zum Schwarzen Meere verlängerte Bahn Libau-Romny erleichtert
den Transport der Handelsprodukte des inneren Rufslands nngemoin^).
Der Libauer Hafen, dessen Ausfuhr bereits im letzten Jahrzehnt auf
über 3.3 Millionen Rubel stieg, liegt tnr die Schifff'ahii;, welche die
nicht ungefährliche, immerhin aber zeitraubende und der Eisverhält-
nisse wegen eine nicht unbedeutende Zeit des Jahres unterbrochene
Fahrt in den Rigaischen Meerbusen erspart, sehr günstig. Hierzu
kommt, dafs der Handelshafen bei seiner geschützten Lage binnen
30 Jahren nur 5 mal auf kurze Zeit ganz zugefroren gewesen sein
soll. Bei einer länger andauernden Kalte von — 10° R. soll er meist
nur bis ni der beide üfer verbindenden Stadtbrttoke, bei — 10^ B.
bis znin Diehümer offim bleiben.
Ans allen diesen OrUnden richtete ridi die AnfinerkBamkeit der
nusiBchen Regierung schon seit Iftngerer Zeit auf liban. Man schlug
▼or, nicht allein den bestehenden Handelshafen zu Terbeseem, sondern
auch einen Kriegshafen zu schaffen, welcher der eonst in den Häfen
dee Fiimischeik Meerbusens weit entfernten, oft vOIlig eingesperrten
russischen Kriegsflotte ein Ausfalls-Thor gegen die anderen Ostsee-
Mächte, beziehungsweise einen schnell zu erreichenden Zufluchtsort
gewähren sollte. — Erst 1890 gewann das Projekt feste Gestalt. Man
bewilligte 30 Millionen Rubel für den Ausbau eines Kriegshafens und
begann sofort mit den notwendigen Arbeiten, welche man in diesem
Jahre 1895 zu vollenden hoffte. — Über dieselben, namentlich aber
über die Verteidigungsanlagen wird jede Nachricht von offizieller
ruHsischer Seite, auch in der j)eriodi?<chen Presse, unterdrückt. Selbst
Photogra[)hien der ersteren hat man kontiszirt. {Rufsland steht eben
in dieser Bezielnmg Deutschland in selten vorteilliafter Lage gegen-
über, da hier eine oft naiv unvorsichtige Presse nur darauf sinnt,
jedes Geheimnifs der Staats-Regicrung an die Öffentlichkeit zu zerren.)
Was französische Quellen darüber melden, gestattet aber ein Urteil
fiber die zukünftige Gestaltung des Kriegshafens liban. Hiemach
Besondere Tclcgraphenllnien verbinden Libau mit Memel and Windan,
ein imterseeisclies Kabel mit den dänischen U&fen.
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192
Dit K fl tt fw Qiid HMm des hmImImii TMfihfW 6te.
wird durch eine Reihe toxi als Steindämme aii%efklhrteii, juta^Bo.
▼on der Terlftugerten Südmole dee bisherige Ha&DS bis sa dem
8»5 km nördlich ' davon liegendem Dorfe Trenliebehof teiflhflndeai
Wellenbrechern ein Voifaaftn gebildet, welcher für die grSbten Kriege
schiffe bestimmt ist. Dieser Vorhafen wird durcli einen unweit Treu-
liebshof begiimenden Kanal mit dem Toem&r-See verbunden, in welchem
ein Bassin zur Aufnahme der Kreuzer- und Torpedo-Flotte, zur An-
lage von Docks und aller Arten von Marine-Etablissements gegraben
werden soll. — Der zukünftige Kriegshafen Libau-Treuliebshof wird
daher einen Umfang erhalten, dafs er eine Flotte von dreifacher
Stärke wie die aujzonblick liehe Ostsee-Flotti' in sich aufnehmen kann.
1893 wurden die grofsen Wellenbrecher dim h eine grofsartige Feier
vom verewigten Czar in Gegenwart von gegen 20 Kriegsschiffen der
Ostsee-Flotte eingeweiht').
Windau, etwa 100km nördlich Libau, unweit dir Einfahrt von
der offenen übtdtc ^um Uigaischcu Meerbusen gelegen an der Mündung
der Windau, lettisch Wenta, russisch Windawa, welche den von der
mssisohen Regierang fireüich vemaohlässigten Hafen bildet. W. wnxdft
eine Zeit lang eine Zaknnft als Kriegshafen sagesproohea. Ea soll einer
der besten Hftfen RuAIands sein, ist einen greisen Teil des Jahres eisfiret
und leicht bis zu emer Tiefe von 12 m anszubaggem. HiMza kommt,
dals die südöstlich der Stadt liegenden, das GeUnde weithin über-
höhenden Erhebongen sich Tortrefflich zu Befestigungen eignen. Zur
Flottenstation macht W. die Lage am Eingänge zum Rtgsisohen Busen
besonders geeignet. Von hier und nach Hangöudd an der Finnischen
Küste würden gleichzeitige Untranehmungen gegen eine sich von
Westen her dem Finnischen Bosen nähernde feindliche Flotte und
deren Verbindungen unternommen werden können. Der Handel des
nur wenig Tausend Einwohner zählenden Windau wird durch die
mangelnden Verbindungen mit dem Hinterlande sehr beeinträchtig^.
Der Bigaische Meerbusen und seine Küsten. Derselbe
') Nachdem diese Arbeit vollendet, dringen Xacbxicliten iu die deutsche
Fresse, naoh wetdien im MSxz 1895 dex Kriegshafen, weldher nach «iiiar Ver-
fligiing des Kaisers Kikolans II. den Namen Jiafeii Kaiser Alezaader's IIL**
fuhren soll, seiner Vollendung entgegcnfieht. — Es arbeiten tflglich 4 — 500O
Arbeiter. Die den Vorhafen bildenden 2 km langen Molen sind vollendet. Der
zum Tosmar-äee führende Kanal hat eine Länge von 3500 m bei einer Breite
von 100 m und einer Tiefe von 8 dl Die von den Werften und Anenalen um-
gebenen Bassins haben einen Flächeninhalt von nicht weniger als 200yOOO
Quadratmotf^r. Mehrere detachirte Forts und Kfistonbattcrion sind zum Schutze
des Halens angelegt. Die Gesanimtkosten sollen heute - nur für die Bauten
— bereits 55'/] Millionen Mark betragen. — Wir geben diese Nadu'ichteu, ohne
ihre Biditigkeit kootroUiren sa können.
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Die Kflfften und HSfen des nuoadieii Rfirfwt elo.
193
nitd Im Westen Tom GouTemement Kurland, im Sttden und Osten
von den GouTernements LMand nnd EetUand begrenzt. Im Norden
Behlifilsen ihn die zn livland gehdrenden Inseln Ossel und Moon vom
Meere ab. Des för die ScIufBkhrt schwierigen Zuganges Ton Westen
her zwischen der Noidküste Kurlands und der Halbinsel Sworbe, des
südwestlichsten Teiles von Oesel, ist bereits gedacht worden. Ahnlich
liegen die Verhältnisse im Norden, wo der grofso Moon-Sund zwischen
den Inseln Moon und Oesel einerseits und dem Festlande andererseits
für die Schifffahrt schwierig, der kleine Sund zwischen Oesel und
Moon der Seeschifffahrt überhaupt nicht j^ugänglich ist. Die Tiefe im
Meerbusen, welcher in der Meridiauriclituiifx eine Ausdehimn«^ bis zu
180 km bei einer Breiten-Ausdehnung in der Richtung des Parallels
von Kap Domesness von gegen HO km hat, ist sehr verschieden.
In der Mitte erreicht dieselbe 40 — 50 m. Im Norden sind sowohl
die Küsten vun Oesel und Moon, wie auch des Festlandes von einem
Gewirr von kleinen Inseln und Klippen umsäumt und daher reich an
Untiefen. Der niedrigen Ustküste von der Mündung der Düna an
bis zur Bucht von Pemau sind Sandbänke vorgelagert, — Im Winter
bedeckt sich der Meerbusen oft auf weite Strecken hin mit Eis.
Auch die Zugänge von der offonen Ostsee sind oft durch Eisstauungen
gesperrt, wie oben erwähnt wurde. — Aus dem Gesagten ergiebt
sich, dals der Rigaische Meerbusen EjiegBschiffen bedeutende Schwierig-
keiten madit) und zeitweise feindliche Flotten-Operationen gegen
seine Küsten &st umnöglicfa sein werden. Audi bieten dieselben
aulser dem sowohl als Handels- wie ak Verwaltung^-Zentmm wichtigen
Biga keine eines Angrilfo werten Operations-Olgekte. Die HülBn von
Salis und Pernau sind ganz unbedeutend und nur mit Schwierigkeiten
von Schiffen gröfseren Tie^anges zu erreichen»). Dasselbe gilt von
Arensburg (nicht Aronsberg, wie die Stieler' sehe Karte schreibt) auf
der Insel Oesel. Die Küsten selbst sind raeist flach und sandig, auf
dem rechten Ufer der Düna bis etwa 9 km östlich der Mündung der
livländischen Aa mit Sümpfen und Landseen bedeckt. Dann treten
ausgedcluitc Waldungen von geringer Wegsamkeit bis dicht an die
Küste heran. Nördhch der Salis zu beiden Seiten des Schwarzbaches
bis Pemau und an der Küste von Esthlaud ist das Hinterland oft
mit grofsen Sumpfet recken bedeckt.
Riga mit der llafenfestung Dünamünde (s. weiter unten) ist nächst
St. Petersburg die gröfste ilandels.stadt .ler russischen Ostsee, welche
es au Zahl der eingeschriebenen Schiffe (d. h. der heimatsberechtigLen)
— weit über 200 Segelschiffe mit gegen 20000 Schiffslasten und
\) Scliifir mit «nnrin Tieftrang voQ mehr ab 4 m kOmua in denHtfen von
Pernau überhaupt nicht einlauien.
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194 Küsten imd Häfen des riuaucheu Beiche« etc.
über 40 Dampfer mit ca. 3000 Scbiffslasten — übertriÖt. In seinem
Hafen laufen alljährlich gegen 3000 Seeschiffe fast aller Nationen ein.
Unter seinen 175000 Einwobnem bilden die Deateehen das an Bildung,
Besite nnd gesellechafUiclien Einfluls nta&gebende Element Hit dem
rassiBclien Eieenbalmnetse steht Riga über Mitau-Mcwchm'Iri, Dünaboig
und Walk-Pskov in Yerbindimg. ]£t Dünamfinde ist es dnrdi die
Bahn Blga-Tukknm verbanden. — Da bei gewöhnliobem Wasserstande
gieobd Seeeehififo nidit bis Biga selbst stromaofwftrts gelangen können^},
dienen das an der Ausrnfindong des Stint-Sees, einer östlidien Er-
weiterung der Düna gelegene Mühlgraben und das an der Mündung
der fiülder- oder kniisdien Aa liegende Bolderaa als Vorhifen. Beide
sind durch Schienenwege mit Riga verbunden. — Riga bietet als
Handels- und Industriestadt sehr bedeutende Hilfsmittel. Über die
Düna führt eine gegoi 750 m lange, auf 8 Pfeilern ruhende, eiserne,
für Eisenbahn-, Wagen- und Fufsgänger -Verkehr eingerichtete Brücke.
Die Stadt war seit ihrer Gründung durch Deutsche 1201 befestigt,
hatte im Laufe der wechselnden Geschicke des deutschen Ordens und
unter polnischer und scliwedischer Herrschaft viele Belagerungen zu
erleiden. Unter russischer Hoheit wurde es 1812 von den Preufsen
und Franzosen belagert, und zwar verp^eblich, weil nur auf dem linken
Ufer der Düna. Nachdem in deu fünfziger Jahren die Festuiif^swcrke
geschleift waren, hat man neuerdin^js nicht nur die sogenannte
Kobernschanze als Brückenkopf auf dem linken Ufer des Stromes
beigestellt, sondern auch einige andere Werke errichtet. Wenn aber
ein fransfisiBCher Autor in einem soeben erschienenen Buche ^) Riga
„un bonlemd de I'Empire'^ nennt, so Ist dies Übertrieben. Biga ist
Stabsquartier des zum Militär-Bezirk Wilna gehörenden B. Amee-
Korps, gleichzeitig Gamisonsort der 29. Infanterie-Dinsion, einer Feld-
Artillerie-Brigade, einer Lokal-Brigade u. s. w.
Die Vertadigong der Mündung der Düna gesohiefat durch die
Festnng Dünamfinde. Dieselbe besteht aus der eigentlicheii
Festung auf dem linken Ufer des Strandes und 2 auf der rechten
Seite — und zwar auf der Insel Magnusholm — liegenden
Batterien. Die Festung besteht aus 6 bastionirten Fronten mit
nassen Gräben und einer unmittelbar am Meere liegenden Batterie.
Alle Werke sind alter Konstruktion. Die Verteidigung der Einfahrt
in die Düna wird mehr noch als durch die Werke durch die unter-
seeischen Sperrunj^'en '^Gewährleistet, welche in mehreren Reihen hinter-
einander an den weit in d.is Meer hinausreichenden Molen vorbereitet
sind. — Dünamünde ist seit dem 13. Jahrhundert befestigt, 1701 von
') Riga liegt 12 km vom Meere entfernt.
C. Dideloi. La defense des o6tM d*£urop0. Psris. 1894. Seite 450.
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Die Küäteu und Häfen des russischen Ruches etc.
195
den Schweden, 1710 den Rnssen erobert — Den Inseln Oesel und
Moon sind zwischen Rigaischen Bnaen im Säden nnd Fumiedien im
Norden die Inseln Dagö nnd Worms voigdagert. Der zwisdien Oesel
nnd Dago Hegende Dagden-Sund oder Sdla-Sund ist für Seeschiffe
impesairbar.
Der Finnische Meerbasen nnd seine Küsten. Derselbe ist
die 6et]iohe Erweiterung der Ostsee, welche bis etwa znm 48« östlicher
Länge von Ferro in das Festland eindringend sich 400 km von West
nach Ost erstreckt und zwischen dem Kap Spintham, Spint Udd. (auf
der Stieler'schon Karte Spint), der Nordwest-Spitze Esthlands und
Hangöudd, der Südwest-Spitze Finnlands, etwa 75 km breit ist. Der
Meerbusen erreicht seine gröfste Breitenausdehnung von Nord nach
Süd im Meridian vonNarwa (160 km) und verengt sich allmählig nach
Osten. Kr trennt die Gouvernements St. Petersbur^^ und Ksthland
im Süden von Finnland im Norden. An ihm liegt Kronstadt, der
Hauptdepotplatz der russischen Flotte, und St. Petersburg, der Zentral-
punkt der Militär- und Zivilverwaltung des Reiches. Der Finnische
Busen zeigt, sowohl was die Gestaltung seiner Küsten als die Be-
schaifenheit seines Fahrwassers anlangt, grolse VerschiedeDheiteu vom
Rigaischen. * *
Die Südküste wird innerhalb der Grenzen von Esthland durch
ein durchschnittlich um 50 — 60 m den Meeresspiegel überragendes,
steil zu demselben ablallendes, in seiner Höhe gegen Osten abnehmendes
Ealkstein-Flateaa gebildet Die Küste dieses Gouvernements weist
daher als Steilküste — hier Glint oder Klint genannt — eine Belhe
nach dem Meere hin offener im Kalkstein ausgespülter Bnditen an£
Die -vielen dieser Küste vorgelagerten Inseln verdanken ihren Ur-
sprung dem im Lanüs der Jahrhunderte vom Meere ausgewaschenen
Kttatensaum. Die neben den Inseln gewissermaisen als Sprengstücke
teils unter, teils über der Meeresflächc liegenden Klippen erschweren
die Annäherung an die Küste, so dafs diese nicht so reich an guten
Häfen ist, wie es der Charakter der Steilküste erwarten läfst. —
Innerhalb des Gouvernements St. Petersburg ist die Küste im All-
gemeinen niedrig, teils sandig, teils sumpfig.
Die Nordküste des Meerbusens zeichnet sich durch die eigen-
tümliche Schärenhildung aus. Diese R(h;iren bestehen aus vielen,
meist klcim ii ["ulstii-Inseln, sowie aus Granitfelsen, weldie teils über,
teils unter dein Wasserspiegel liegend, wie ein Steingürtel die Küste
umsäumend, sich oft bis auf 20 km in das Meer hinein erstrecken.
Hoch und steil ist diese Küste nur an einigen Punkten, wie von der
Grenze zwischen Finnland und dem Gouvernement St. l'eter&burg bis
zu dem Bjürko-Sund. Meist aber wird der Meeresrand nur von wenig
.lateVaekw Ar «!• DflvtNli* AisM «■« MaiiM. Bd>«f«a U
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196 Die Kfitben und Hlfen dm iHMlirhwn Baiolni etc.
Moii und nioht lehr aMiüwigeii Felsan gobOdet, welcbaii eine
gchmalfi, hitafig mit Wald und Sumpf bedMkte^ sdtenw aus Aokep-
land iMstohende Niedening Torgelagert ist
Die TiafeiiTerhftItnisse im Fimiiachen Heerfonaen sind sehr
▼enchiedeii. Am flachsten ist denoibe in seinem östliclisten Teile,
der wjgenaunten Kronstädter Bucht, an welcher auch die Land^
Hauptstadt liegt. Die hier einströmende Newa iai der Abflufs der
groiaen Wasserbecken dea Ladoga-, Onega-, Ilmen- und Saim»<See8,
von denen der letztere wieder mit 3 p^rofsen Wasser-Reservoirs in
Verbindung steht. Mehr als drcifsig Ströme und Flüsse und eine
sehr frrnfse Zahl periodischer Sumpt-Abtiüsse vereinigen ihre Wasser-
massen in dem einen in 3 grofsen Mündunpsarmon die Hauptstadt
durchziehenden Strom, weicher nach genauen Berechnungen nicht
weniger als 11 G 000 Kubik-Fufs Wasser in jeder Sekunde in den
Finnischen Busen führen soll. — Aber mit diesen Wasserniengen
trägt er auch so ungeheure Sand- und Schlammraassen dem Meere
zu, dafs sich vor seiner Mündung eine die Schillfalirt sperrende Sand-
barre bildete, welche nicht allein verhinderte, dais grolse Seeschifte
den St Petersboiger Handelshaftn erreidieti konnten, sondern den-
selben auch seitweiae ffir kleinem Seeschiffe unzugänglioli macthte.
Erat in nenester Zeit ist dieses Hemmnib dnicb Anlage des St Pete»-
borger Seekanals beseitigt w<»rden. (Siehe näheres über denselben
S. 200). Während die Wassertiefe im oetlidien Teile d«r Kxonstidtcr
Budit oft nur 2,4 m beträgt, erreicht dieselbe bei Kronstadt sdbsfe
6,5 m nnd nimmt nach Westen hin so zn, daCs sie soihon beim Ein-
gänge in die Kronst&dter Bucht gegen 30 m beträgt. Ist der Wasser*
stand nnch w^en der vielen im Meerbua^ übenden, die SchifBEahrt
erschwerenden einzelnen Felsen, Bänke und Untiefen sehr wechselnd,
so sinkt die Waasertiefe dennoch westlich der Kronstädter Bucht
selten unter 30 m, beträgt aber wohl meist mehr. Die tiefsten Stellen
fmden sich nördlich der Insehi Worms und Dago (bis 128 m), bei den
Inseln üdenaliolm (110 mj und Wrangel (113 m). Ebbe und Flut
machen sich im Meerbusen nicht bemerkbar. West- und Südwest-
Winde treiben das Wasser aus der offenen Ostsee in ihn hinein und
stauen seine Wassermassen an. Umgekehrt pflegt der Wasserstand
bei andauernd herrschenden Ostwinden zu sinken. Das Klima be-
schränkt die SelaHYahrt in hohem Grade. Die Durchschnitts-Temperatur
des Winters ist z. Ii. für St. Petersburg — 0,5" R., für Helsin^ors
— 4,9« R., für Baltisch Port — 3,9° ß., diejenige des Märe — 3,8 « R..
besiehungsweise — 3,6®R.t — 2,5^ B. Die Temperatur des April er-
reicht in Helsingfon nur-(-0,5<^R, mid sinkt im November wieder
anf— Oji^'B. — Hieraus ergiebt sich, dalk die MehnaU der Häftn
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Die Küsten und H&üan des ruactiacheu Beickea etc.
197
eiMn Mhr gro&en TeQ dat Jahtm £Br die SohifiGGdirt gesperrt ist.
So ist KnmstAdt im Dnrohsoliiiitt vom 18. NoTamber Ins 9. April durch
das Eis ▼eraoblossen.
Der Fimuscbe MeeilmBen bM an der Xriegigeecliiohte aller Zeiten
eine wichtige Bolle gespielt. Die Geschichte der Hansa, dee Deutschen
nnd Sohwertordens, der Kfio^e der neidischen Mlcbte, der IHbien
und Schweden mit dem neu erstehenden rassischen Beiehe, endlidi
der 'Westmlehte mit dem letzteren ist mit ihm verknüpft. Wir finden
in und an ihm die Stätten des höehsten Ruhmes der Schwedischen
Manne und des schwedischen Heeres, wie die Zeugen dee Nieder-
ganges dieser einst so mächtigen Herren der Ostsee.
An der Siidküste sind folgende Häfen zu bemerken:
1. Baltisch Port an der Raafrer oder Rojier Wiek wurde in
richtiger Würdigung seiner günstigen Lage von Poter dem Grofsen
als Hauptkriegshafen der neugc^Tündeten russischen Flotte an der
von ihm erworbenen SUdküste des Finnischen Busens in Aussicht ge-
nommen und von ihm und seiner Nachfolgerin, Katharina IL, mit
grofsartigen Hafenbauten und einigen Befestigungen ausgestattet. Man
verband das Festland mit der über eine lialbe Meile vorgelagerten
Haupt-Lisel der liaag-Gruppe durch einen rieüigen Damm und ver-
suchte die im Innern der Bucht liegenden Klippen wegzusprengen
und so den tiefen Ha&n benutsbarer sn machen. Zu einer rediten
Entwickdung ist Baltisch Port nie gekommen. .Trots sdner Ton der
Natur so begünstigten Lage Heb man den Haüan verfollen. Heute
ist derselbe nur 187 m lang, 90 m bieit, durch hölaeme Molen ge-
schützt Er kann 6 — 8 Schifb anfaebmen und bleibt im Herbste
etwas Unger eisfrei als BewaL Baltisch Port ist Endpunkt der für
die Efisten-Verteidigung sehr wichtigen baltischen irekhe
durch die Unie Taps-Dorpat-Walck mit der .Bahn B]ga-Ptiu»w in
Verbindung steht
Rewal, russisch Bowel, ist der bedeutendste Hafen Esthlands»
Kriegshafen 2. Klasse, Stationsort der 1. Halb -Flotten -Equipage^
Hauptstadt des Gouvernements und Kopfstation der baltischen Bahn.
Die Rhede von Rewal hat einen guten Ankertmind. Die hnlien
Küsten des Festlandes und die im Nordwesten vorliegenden Inseln
gewähren Schutz ij;ejj;rn die meisten Windrichtungen. Hierzu kommt
noch der günstige l uistand, dafe Rewal nach Baltisch-Port am längsten
von allen russischen Ustsee-Häfen eisfrei ist. Die Eissperre beginnt
selten vor Weihnachten und dauert durchschnittlich 3 — 4 Monate, so
dafs im Herbste oder Frühjahr, wenn St. Petersburg noch von Eis
gesperrt ist, die Aus- und Einfuhr über Uewal stattfindet. (1877
lief das letzte Schiff am 24. Januar ein und das erste am 14 April
U*
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19$
Die Küsten uad Häfen des russischen Heiches etc.
aus. 1879 war die SchüEbihrt nur auf etwa 4 WoGlieB im Februar^
Mttn gebindert) — Der Hafen besteht aoe ednem alten, inneren
und einem neueren, äulberen Teile, von denen der erstere Tomgs-
weiae ftr die Handels-, der letatere fttr Eiiegsscbiffi» bestimmt ist
Der ftnlsere Eriegsbafen wird dorcb zwei über dOOm lange Molen
gebildet, deren bastionsartige Vorspränge rar Flankinuig dnrdi
Oesdiutse eingerichtet «nd. Der Hafen hat 3 Zugänge von der Bheda
her, ¥on denen der sttdöstliche zogkicJi den Verkehr von der letzteren
mit dem inneren Hafen vermittelt. Die Wassertiefe sdiwankt zwiachen
8 nnd 10 m. Auf den beiden Enden der nördlichen Mole brennen
2 weifse Hafenfeuer, auf den gegenüberliegenden Köpfen der anderen
Mole 2 rote Feuer« östlich der Stadt bei Katharinen thal befinden
sich 2 Leuchttürme. Die Befestigunj^werko sind ohne besondere
Bedeutung; sie bostclien aus einer Reihe Batterien, Rew.al liegt am
Südende der Bucht in weiter Ebene nordöstlich des Jens eklill- Sees.
Die eigenthche von den weitläuftig trebunten Vorstädten durch die
heute verfallenen Festungswerke getrennte Stadt trägt ganz den
Charakter der alten deutschen Hansestadt.
östUch von Rewal behalt die Küste /imiichst den Charakter des
Klintes bei. Sie zeigt eine Reihe mehr oder minder tief eingeschnittener
Buchten und dieselben von einander trennender Halbinseln. Diese
Buchten, hier „Wiek" genannt, die Kolkowiek, die Paponwiek, die
Monkwiek und die Kasperwiek, sind aber (&r den Handel und Krie^^
ohne Bedentnng. — Ntin nimmt die Kfiste nach Osten zu eine fladiere
und weniger gegliederte Gfestaltung an. An der Ostgrenze des
Gonvemements Esthland bildet sie die rftnmiidt grSiste Bucht der
Südkflate des Finnischen Meerbusens, die Bucht von Narwa. —
Dieselbe führt ihren Namen von der ^chnamigen Stadt, welche
etwa 15 km oberhalb der Mündung der den Abflnlh des Peipus-Seee
bildenden Narowa liegt, unweit welcher sich die Küste noch einmal
zu den eigentündich geformten Höhen der Waiwariberge erhebt. —
Die Rhede von Narwa bat einen guten Ankergrund, im Allgemeinen-
auch genügende, wenn auch ungleichmäfsige Wassertiefe, bietet aber
keinen Schutz gegen die Stürme. "Die Bedeutung Narwa's für den
Handel des Beipus-tiebietes wird aufserordentlich dadurch beeinträchtigt,
dafs ihm eine unmittelbare Verbindung mit dem Innern Rufslands
und seinem Hinterlande durch Schienenwege fehlt und dafs der Verkehr
auf der Narowa durch eine Sandbank unterhalb und eine Stromschnelle
oberhalb der Stadt für gröfsere Falirzeuge ges|)orrt ist. Die letztere
hat seiir an Bedeutung eingebüfst. Auf dem linken, steilen Flufsufer
gelegen, ist sie von alten, hohen Mauern umgeben, welche nach dem
Flu& zu besonders stark sind. Die Vorstädte auf dem rechten L ier
entbehren jeder Art fester Umfassung. —
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Die Küsteu und Häfen des nusischen Reiches etc.
Die Gesehiohte Katwa's als der Grenzstadt gegen Rufsland weist
eme BeQienfolge sebwerer Schicksale, Belagerungen, Kämpfe, Ver-
wfistimgeii aller Art auf. — In der denkwttidigen Sdilaoht des
80. November 1700 sdiliig Karl XIL mit seinem kleineii Heere hier
die weit überlegenen Rassen. — Schon nach 4 Jahren wurde Schwedens
Kriegsmhm ni Grabe getragen, als Peter der GroAe trotz des tapfersten
Widerstandes der Ton den Bürgern der Stadt unterstützten schwedischen
Besatzung Narwa eroberte. — Diese Sohreckenstage sind heute nodi
nicht aus der Erinnemng der Bevölkeroi^ geschwunden, welche von
Jahr zu Jahr mehr russifizirt wird.
Die immer flacher werdende Küste des GouTemements St. Peters^
bürg bildet östlich der Narwa-Bucht die durch eine breite, weit in
das Meer hinausrcichende Halbinsel getrennte Luga- und (iic Koporia-
Bucht. Die erstere bietet nacli Tiefen -Verhältnissen und Anker-^rund
einen vorteilhaften .\nkcrplatz für eine Kriegs -Flotte, wird liir die
SchifFfahrt aber wenig benutzt. Freihch ist das Hintorland innerhalb
der (jrenzen des genannten Gouvernements auf weite Strecken sumpfig
und unwegsam. An der Küste selbst findet sich bis Oranienbaum
hin kein irgendwie erwähnenswerter Ort.
Die Kronstädter Bucht und ihre Befestigungen. Die
allgemeinen Verhältnisse dieses für die Landes -Verteidigung des
russischen Reiches strategisch so hedeutsamen, von der Natur in
seltener Weise begOnstigten Teiles des Finnischen Meerbusens smd
bereits oben cbaiafcterisiri Im innersten Winkel der KronstSdter
Bucht liegt die Reichshauptstadt an der Hfindung der Newa, welche
durdi ihre Teilungen St Petersburg zu einer InseUStadt, richtiger zu
einer Stadt auf Insdn macht. Denn es wird nicht allein durch die
8 Hauptarme, der groüsen Newa, der kleinen Newa und der greisen
Newka durchströmt, sondern auch durch eine groise Zahl von Ver-
sweigungen^ derselben und Kanälen, wie die kleine Newka, die Fon-
tanka, die MoYka und den Katharinen-Kanal| in eine groise Zahl
grölserer und kleinerer Inseln gegliedert.
Staut nun ein Weststurm die Gewässer des Finnischen Meerbusens,
80 werden die grofsen von der Newa geführten Wassermassen am
Ausflufs gehindert und in die >ielen, zum Teil engen Wasserarme des
Stromes gcprefst und die Stadt binnen wenigen Stunden in gröfseren
Teilen überschwemmt. — Auf der anderen Seite verflachen die —
wie oben erwähnt — vor der Mündung abgelagerten Sand- und
Schlammassen den Zugang von Kronstadt her. Von welcher Be-
deutung diese Störungen der Schiflffahrt waren, ergiebt sich wohl
allein aus dem Umstände, dafs nicht weniger als 3000 Schiffe aller
Gröisen alijaiiriich im Hafen der Reichshauptstadt verkehren. — Die
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200
Die Küsten und Uäfen des rusabchen Reiches etc.
Anlage des St. Petersburger See-Kftnals und die Erweiiening
der Hafenanlagen, deren VoUendiing in die Jalire 1879—1885 fiÜUt,
sind daher von Epoehe machender Wichtigkeit ftr den Handel»- vnd
Kriegshafen St Petersburg. — Der See-Kanal beginnt bei Kronstadt
und hat eine Länge von 90 km. Seme Breite betrftgt auf den ersten
21 km 91 m, den folgenden 5 km 73 m, in der Nähe von St Petersburg
64 m. Hier ist er — und zwar auf annihemd 16 km — swischen
Holen geführt. Seine Durchsohnittstiefe beträgt 6,1 m, an vielen
Stellen erreicht der Kanal eine Tiefe von 10 m und mehr. — Bei
Nacht ist die Falirstrafso an schwierigen Stellen mit Leuchtbaken
versehen. — Neben den schon vorhandenen Hafenanlagen sind unweit
des Kanals, durch Schienenstränge unmittelbar an die im Süden der
Stadt liegenden Bahnhöfe anfieschlossen, zwei G:rofso Bassins, von 15
bezw. 4 Hektaren gegraben worden, durch welche das Beladen bezw.
Löschen einer grofsen Zahl von Seeschiffen sehr erleichtert ist.
St. Petersburg ist Kriegshafen 2. Kategorie und Station von
2 Flotten-Equipagen. Die Peter-Paiils-Festung liegt an der Newa von
Stralsen umgeben und hat nur noch Bedeutung als Konzentrationa-
Punkt der Garnison bei inneren Unruhen und Aufbewahrungsort von
Staatspefan^'encn und Kassen. ~ Als Marine-Station besitzt St. Peters-
burg eine grur:>c Zahl von Einrichtungen — Werft, Seekadetten- und
Matrosen-Schule u. s. w. — ' Den Schute der Beichshauptstadt gegen
Angiiffi» zur See soll die gro&artige Festungs-Anlage von Kronstadt
Übernehmen, welches nicht nur die wichtigste und stttrkste Festling
des nördlichen Bufilands, sondern auch all Hauptkriegshafen der
Ostsee-Flotte einer der 4 Eriegshäfen 1. Kategoiie, Station Ton 7
Elotten-Equipagen und Sita einer grofiwn Zahl von obersten Ter-
waltungsbehfirden der russischen Marine ist Es enthalt grofbfftige
Arsenale, Werften u. s. w. — Kronstadt verdankt seine Entstehung
dem genialen Blicke Peters des Grofsen. Derselbe hatte kaum festen
Fufs am Fininschen Meerbusen gefafst, als er auch sogleich seiner
Lieblings-Schöpfung, der Ostseefiotte und seiner neu gegründeten
Hauptstadt gegen die ihm damals überlegenen Seemächte der Ostsee
die notwendige Sicherheit zu geben suchte. — Alle russischen Kaiser
haben zu der Verstärkunfi bzw. Erweiterung der I V stung beigetragen,
und so ist eine VertcidiL^ungslinie entstanden, weh he in einem weiten
Bogen den Finnischen Busen durchschneidet, bei ( )ranienl)aum an der
Südküste beginnt und bei Kap Lisy an der Nordküste endet. — Die
Ausdehnung dieser Linie wird -'^o kni erreichen, von ihren 30 einzelnen
Werken hegen M auf dem Lande, die übrigen sind im Meere selbst
errichtet.
Der Kernpunkt der ganzen Festungsanlage sind die Befestigungen
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Die Kflften tixtd HS&n dee rmriwhwi Beidm ete. 201
der Insel Kotlin, zu deutsch Keaael-Iiiselt). Die Insel hat in der
Bichtnng von Weet naoh Ost eine Länge Ton etwa 11 km und er-
reicht m der Biohtitng von SQd nadi Nord in ihren breitesten Teilen
eine Ausdehnung von 2 km. — Nach Westen zu nimmt sie an Breite
ab. Ein Kalksteinfelsen mit stark sersplitterter Küste, ist sie auf
ihrer Oberfläche eben und offen, nur im Westen etwas Wald und
Gebüsch tragend. — - Die gegen 60000 Einwohner (einschliefslich der
sehr starken Garnison, der vielen Beamten und Arbeiter der Marine-
Etablis*^einents) zählende Stadt, welclie der Festung den Namen gab,
liegt auf dem östlichsten breiten Ende der Insel. — Der Hafen liegt
südlich der Stadt und ist durch Eindämmung dem Meere abgenommen.
Er besteht aus 3 Teilen, jedes ein riesiges Bassin. Das östliche ist
ausschliefslich für Kriegsschiffe, das mittlere für Kriegs- und Handels-
schiffe, das westliche nur für Handelsschiffe bestimmt. Jeder dieser
Häfen st^'ht durch eine Öffnung in dem zur Verteidigung eingerichteten
Damm mit dem Meere, alle unter einander in Verbindung. Am
Mittelhafen liegt ein groiaartiges Dock, das Arsenal und eine Maschineu-
iabrik der Admiralität.
Die Befestigungen der Insel Kotlin bestehen: 1. Ans der
eigentüdien Stadt- hm. Hafen-Befestigung. Diese bestdit nach dem
Meere zu ana kolossalen Granitmauem, iralche sdion der Zeit Petera
dee Gtofien entstammen, aber im Lanfe der Zeit den Forfesobritten
der BefestignngskunBt ents|irecliend ausgebaut sind. Sie sind mit
einer Reihe von Bastionen versehen. Urnen angeedüossen ist an dar
Enoeinte des Handelshafena das Fort Mentschikoff. Nach der Land-
seite ist die Stadt umgeben von einer Linie von Redaus mit reretirfcen
Eskaipen und nassen Gräben. In den einspringenden Winkeln liegen
kaaemettirte Kasernen mit Eisend&chem. 2) Aus 2 vorgeschobamii
die ganze Breite der Insel gegen Westen hin abschlielsenden, aus
einer Reihe yon Erdwerken bestehenden Linien. 3) Aus dem Fort
Katharina an der äufserstcn Westspitze.
Die Verteidigung; der Wasscrstrafsen südhch und nördlich der
Insel Kothn ist durch die Natur dadurch in hohem Grade begünstigt,
dafs die BeschafYenheit des Fahrwassers eine für die Schifffahrt so
ungünstige ist, dais den aus dem Finmscheu Meerbusen nach St.
') Zur Zfit der russischen Erworbung durch Peter don Grofsen fTihrte die
Insel den Namen Hetusari (Ratteninsel). Nach der Cborlipt'erung sollen die vor
den Russen abziehenden Schweden nur einen grofsen Fcldke.ssel in den Händen
der Sieger zurückgelassen haben, welche den Finnischen Namen mit der
nuBitohen Beseiehnung fOr „Keeaei'ba/eV* Tertaasohten. — Soweit die Sage.
Wahrscheinlicher ist es, dafs die Insel Ton irgend einer VerCielung, einem
BiwaksplatB, den Namra erhielt» da „BetuBtti" Lager eines Tieres, Ombe be-
deutet.
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202
Die KfUten nnd Hlfen des nuriadiea Beidies etc.
Petersburg bestimmten Scoschiflen nur eine vcrhältnifsmälsig schmale
Fahrstrafse frei bleibt, welche unmittelbar südlich Kronstadt vorbei-
führt. Die Insel selbst ist von Sandbänken umrahmt. Von der süd-
lichen Küste des Festlandes erstreckt sich die Bank von Oranienbaum
gegen Norden. Zwischen der Insel und der Finnischen Küste ist das
Fahrwasser durch eine Rank ^esjierrt. — üm aber auch Schiffen
mit geringerem Tiefgange die Durchfahrt zu versperren, hat man
südlich und nördlich von der eigentlichen Befestigung die oben er-
wähnten Seebefestigungen errichtet. Dieselben verdanken ihre
Entstehung zum gröfseren Teile den ErfaLiunw;en des Krimfeldzuges.
Der geniale Ingenieur Tudleben ergänzte die bisher im wesentlichen
nur aus den allerdings mächtigen Giranitforts mit meist 3 Etagen
Geschützreihen Paul, Alezander, Peter, Nikolaus, Mentsdiikoff lab-
atebende Sperre der südlich der Festung führenden FahrstraCbe duieh
eine weiter hinaus geschobene neue Verteidigungslinie aus offisnea,
inselfönnigen Erdbatterien, welche durch Steindämme, die nur einzrine,
schmale Durch&hrten freilassen, Terbunden sind. — Diese sperren
heute' beide Meeresanne, den sudlichen wie den nördlichen, und sind
— besonders die wicfatigecen im südlichen, durch permanenten Ausbau
erbeUidi ▼eistttrkt, teüweise mit Panzertfiimen mkd gepanzerten Oe-
sohfltzständen versehen. Rechnet man hierzu die Vorkehrung^ zu
einer aktiven Verteidigung durch Torpedos u. s. w., so kann man das
selbstbewulste Urteil der Russen wohl verstehen, nach dem heute St.
Petersburg gegen den Angriff auch der unternehmendsten Flotte als
gesichert anzusehen ist.
Was nun die einzelnen Befestigungs-Linien anbetrifft, so be-
stehen: a) Südlich der Insel Kotlin folgende Forts, bzw. Batterien:
Auf dem Festlande 2 Batterien wosthch Oranienbaum, die Batterien
Igorski i und Kluschinskij. Im Meere in erster Linie: Die Batterien
Nr. 1, 2, das Fort Miljutin (auch Nr. 3 genannt) und das Fort Con-
stantin (auch Nr. 4). Unmittelbar zu beiden Seiten der Fahrstrafse
südlich Kronstadt liegen die l- oiis Paul, Alexander, Kronschlot, Peter
und MentschikoflF. Die Grofbartigkeit dieser Befestigungen eigiebt
sich schon daraus, dafii allein die unmittelbare Nachbarschaft der
Festung durch mehr als 600 Geschütze des sohwMsten Kalibers ver-
teidigt wird, deren Feuer jeden Teil der Fahrstrabe bestreicht
b) Nördlich der Insel Kotlin zwischen dieser und der Finnischen
Küste liegen die Batterien Nr. 5 bis Nr. 11. Dieselben sind durch
eine Art Damm rerbunden, der ein Passiren von Kriegsschi£fon ftst
unmöglich macht S&mmtlicbe Batterien sind gepanzert; Nr. 10 und 11
sind nachtrilc^ch zur Scfalielsung der noch vorhandenen Lücken w-
baut und in ihren Abmessungen bedeutender als die Übrigen.
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Die Kftrten und Häfen dm nuriachen Beidies etc.
203
Die Häfen der Nordküste. Es ist schon oben auf die Ver-
schiedenheit der Gestaltung der Küsten des Grofsfürstentums Finn-
land von denjenigen der südlich des Finnischen Busens liegenden
Gouvernements hingewiesen worden. — Sobald man die Grenzen des
Grofsfürstentums überschreitot, bildet meist ein nackter, zerklüfteter
Fels die Mccresgrenze. Oft tritit der sich der Küste nälicrnde ScliifFer
auf einen Schärengürtel, welcher ihm durch das von demselben ge-
bildet;e Labyrinth von KHppcn die Annäherung an die zerrissenen
Ufer fast unmöglich zu machen scheint. Charakteristisch für diese
aus ausgewaschenem und abgesprengtem Granit bestehende Küste ist
CS, dafs die ^öfseren, weit in das Land hineinreichenden Buchten
nur selten so schmale Fjorde wie iu Norwegen oder so langgestreckte
Föhrden wie an der Ostküste der jütischen Halbinsel, sondern sehr
häufig breite Becken bilden.
Die bedeutendste dieser Buchten ist im östlicheii Teile der Nord-
kllste die Bucht von Wiborg (auch Wyborg). Dieeelbe ist duroh
eine groise Anzahl oft iu mehreren Reihen hinter einander liegender
Inseln Tom offenen Meere getrennt» so dafs die Annäherung an den
inneren Hafim und die Festung nur auf wenige, meist enge und
schwer zu durchschreitende Wasserstra&en beschränkt ist. Von
letzteren ist der zwischen den Inseln Uran Saari auf der einen, und
Tiurin Saari, Ess Saari und Rawon Saari auf der andern Seite
gelegene Trangsund die bedeutendste. 1864 hat man ihn durch 2
an seinem Nordost-Ende gelegene Batterien gesperrt. — Fast zu der*
selben Zeit wurden die Werke auf der Insel Niemela und Mustra-
Saaii errichtet und so diese einzige anfser dem Trangsund noch
einigennafson für Kriegsschiffe geeignete Wasserstrafse geschlossen.
Diese 4 Werke bilden zusammen die äufsere Befestigung der Rhede
und des Hafens von Wiborg. Die Stadt und deren Befestigung liegt
im innersten, nordöstlichsten Teile der Bucht auf einer auf der einen
Seite von letzterer, auf der anderen von einem See begrenzten Land-
enge, über welche die Eisenbahn von St. Petersburg nach Ilangöudd
führt. Die Befestigung besteht aus einer fortifikatorisch nicht be-
deutenden Umwallung der älteren Stadt, einer Zitadelle und einigen
vorgeschobenen Werken. Wiborg ist eine sehr alte Stadt. Sie soll
schon 1293 durch den schwedischen Reichsmarschall Torkel Knutson
gegründet sein, um in dem eroberten Lande einen Stützpunkt der
schwedischen Macht zu sdiaffen. — Seine Schicksale geben ein Büd
der Kämpfe^ welche auf dem Boden des ?iel umstrittenen Grols^
fürstentums durchfochten sind. Nachdem König Erich XIIL 1408
Wiborg Stadtrechte verliehen, Karl XL diese Privilegien wieder ent-
zogen, die Stadt auch harte Schicksale als stehendes Kampfobjekt
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d04
Die Küaten und Häfen des nusischen Reiches etc.
zwischen Schweden und Rufsland erlitten, sank die einst so blühende
Hauptstadt Kareliens zu völliger Bedeutungslosigkeit herab. Erst
sdtdein äe mit FinidaDd an Rnlsland gekommen, hob sich in gesicherter
Rnhe mit dem Handel . auch der Wohlstand der Stadt, welche schon
im FHeden Ton Nystadt 1721 russisch wurde. — Unter den Be-
lagenmgen war di^enige von 1495 besonders ehrenvoll fttr die
schwedischen Waffen. Knut Posse verteidigte es 5 Monate lang
g^taaend gegen den es Tergeblich belagemden russischen Fürsten
Schuisky. Peter der Grolbe eroberte es aber 1710. Heute hat ¥^borg
über 16000 Einwohner, grolbe Eisenwerke und nicht unbedeutenden
Handel.
Die Bucht von Wiborg war nach der Vereinigung der Stadt mit
Ruisland Schauplatz eines der kühnsten Seegefecht« der Neuzeit.
Der ritterUche, hoch beanlagte Schwedenkönig Gustav III., dessen
kriegerische Leistungen freilich durch die Unstätij:^koit seines Charakters
beeinträchtigt waren, hatte sich 1790, nachdem er den Versncli, an
der russischen Küste zu landen, in Folge unentschiedentT Kämpfe
bei Kronstadt hatte aufgeben müssen, mit seiner Flotte in die Bucht
von Wiborg zurückgezognen. Die Russen blokirten iim hier nicht
allein mit ihrer gesammten Flotte, sondern beherrschten die Rhede
von Wiborg auch mit auf den Schären und dem Festlande errichteten
Batterien. — Dennoch entächied sich Gustav für einen trewaltbamen
Durchbruch durch den Feind, obwohl er nicht allein seme Hotte,
sondern auch den auf derselben befindlichen Kern seines Heeres auf
das Spiel setzte. Und dieser Versudi gelang, trotsdem der Sfidwind
das Auslaufen seiner Schi£fo &8t -unmöglich su machen schien und
die Bnmder, welehe der Flotte die Bahn brechen sollten, auf diese
smrficktrieb. Der 3. Juli 1790 ist trotz des Veriustes von 7 linien-
Bchiffen, 3 Fregatten, mehr als 30 anderen Fahrzeugen und gegen
7000 Soldaten einer der gröfsten Ehrentage der sohwedischen Kriegs-
geschichte. — Denn nur hierdurch wurde es möglich, am 9. Juli, als
die Russen die nach dem Svensksund gegangene sehwedisdie Schären-
flotte angriffen, ihnen eine Niederlage beizubringen, wie sie dieselbe
nicht seit dem siebenjährigen Kriege erlitten hatten. Mit ihrer Flotte,
Ton welcher nur wenige Schiffe entkamen, verloren sie 14000 Mann
an Gefangenen und 1 oten. —
Die Küste westlich Wiborg bis nach Ilelsingfors hin zeichnet sich
aus durch sehr zahlreiche erratische Blöcke, welehe, im Meere verstreut,
durch ihren Umfang der SehillTahrt gefalirlich werden, l.iiie Zahl
von Städten trägt selbst auf neueren, zuverlässig eearheiteten Karten,
wie der Stieler'schen, der von 0' (Irady u. s. w.. ilw r>ez( iehnung von
Festungen. So Frederikshamm, Kymmene-üard oder Gurod, Ruotsin
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Die Kflflten nnd H&ftii des runisohen BMcfae» etc.
205
Salmi, alles Orte, welche in den schwedisch-nissischen K<äinpfen oft
genannt sind. Alle dieser Orte sind heute entfestigt, auch die Häfen
von Lowisa und die Bucht von Borga nebst dem Svcnsksund sind für
heutijre Kriegsschiffe nicht zuofänRÜch. Neuerdings scheiiien die Russen
aul' der Insel Kotka (Ruotsiii Salnii) einige Batterien angelegt zu
haben; das offizielle VerzeichniTs der Befestigungen erwähnt dieselben
jedoch nicht. —
Helsingfors mit seiner Hafeabefestigang Sveaborg
(SToaborg) ist der miUtttrisch und poüttsoh wichtigste Puikt der
ElSste des OrofsflirBtentams Finnland. Helsingfors ist Landeshaupt-
stadt, Site der obersten Begierung8> und der liljlitSrbehdrden des
Oroisf&rstentitnis, bsw. des Militftrbezirks Finnland, Mittelpunkt des
nationalen Leben Finnlaads, Site der UniTemtftt, besitzt nicht tia>
bedeutende Industrie und 50000 Einwohner. Durch die Zweigbahn
Rechimjaki-Helsingfora Steht es in Verbindung mit dem Finnischen
Bahnnetz; die Küstenstrafse, welche St. Petersburg mit den Häfen
der Südküste verbindet und auf Hangöudd und Abo weiterfuhrt, be-
rührt Helsingfors. Die Stadt liegt am Südonde einer Landzunge,
-welche sich von Nordwesten her in das Meer erstreckt und mit einer
anderen Halbinsel und einer Kette von Inseln wie Degeroe, Sand-
hamm, Kungsholmen, Bäk Holmen, Gusiavs-Swaerd, Wargoen, den
Swartoe-Inseln u. s. w. eine der besten Rheden Ru&lands gegen das
offene Meer abschliefst.
Helsingfors wurde durch Gustav I. Wasa gegründet, als dieser
Schweden von dm\ Handelsmonopol der Hansa befreit hatte (um 1550).
Die erste Anlage, etwa 1 Meile nordöstlich der heutigen Stadt gedieh
ebensowenig wie ihre Neugründung auf der Insel Sandhamm. Auf
letsterw erinnert noch der zuweilen auf den Karten sich fijidende Name
Gaamiel-Siad an die alte adhwediscbe Kolonie. 1639 wurde Helsing-
fors snim dritten Male ^ und zwar auf dem heutigen FlatM — an-
gelegt, und namentlich durch den schwedischen Statthalter Brahe
während der IGndeijährigkdt der ESnigin Christine auf alle mögliche
Wesse gefördert. — Dooh litt Helsingfors in den bewegten Zeiten der
schwedischen Kriege sehr. Hungersnot im 17., Feuersbriknste, welche
einen sehr grolsen Teil der Stadt in Asche legten, im 18. und 19.
Jahrhundert, endlich die Belagerung im Jahre 1742, in welcher der
tapfere Löwenhaupt sich hervorthat, hemmten die Entwickelung TOn
Helsingfors. — Seitdem aber 1819 Kaiser Alexander Helsingfors zur
Hauptstadt Finnlands «gemacht, seitdem die Universität von Abo hierher
verlegt wurde und durt^h die Gründung Sweaborgs der Handelsplatz
in so hervorragender Weise gegen einen Angriff von der See her ge-
sichert ist, ist Helsingfors in beständigem Aufblähen geblieben. Der
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206
Die Kflattn und Häfen de^ russiäcben Keichee etc.
Hafen von Helsingfors liegt an der Ostseite der Stadt. Er ist darch die
Insel Skstudden, anf weleher dch Kasernen und Marine>Etablissements
befinden, in swei Teile, den Nord- und den Südhafen geteilt. Die
Landseite ist von Qnai-Hanem einge&lst, so da& Schiffe Ton 3 — im
Tie^ang unmittelhar am Lande anlegen können. Auch bei dem
nordöstlich der Stadt gelegenen Sdmäs oder Södemils, wohin eine
Hafimbahn führt, befindet sich ein günstiger Anlegeplats für See-
sdiiffe.
Die Festung Sweaborg (Svoaborg) verdankt iliro Entstehung
der Notwendigkeit» die durdi den Frieden von Abo 1743 wehrlos ge-
wordenen Grenzen des schwedisch gebliebenen Teiles von Finnland
gegen Rufsland zu schützen. Der hochverdiente Feldmarschall Graf
Ehronsvärd erbaute sie mit Unterstützung des Arcliitekten Tlmnberg.
Man befestigte die oben erwälinte Inselkette und legte als Koni des
Ganzen die Sweaborg genannte Zitadelle auf der Insel Wargocn an.
Das Denkmal des Feldmarschalls in der letzteren ist noch heute vor-
handen mit seiner stolzen Inschrift: „Hier ruht Ehrensvftrd, umgeben
von seinen Werken und seiner Flotte." Und diese grofsartige Schöpfung,
welche Schwedens Herrschaft an diesen Küsten für alle Zeiten be-
festigen sollte, für deren Errichtung das nicht reiche Land die grüfsten
Opfer brachte, ging 1808 durch schmachvolle Kapitulation in die
Hllnde des schwachen nissischen Belagerungskorps ttber. — WShrend
des Ejrimkrieges versaehten im Jahre 1855 die verbfladeten Flotten
Sweaborg zn nehmen. Aber nach heftigen, dennoch aber innerhalb
der Festungswerke nur geringen Schaden venirsachenden Bombarde-
ments muftten sidi die starken, vortrefflich an^gerfisteten Flotten
znrfickziehen. — Seit dieser Zeit ist Sweaboig stetig durch die Rossen
▼erstärkt worden. Heute besteht die Festung aus folgenden Teilen:
a) Die Befestigungen auf dem Festlande zum unmittelbaren Schutz
Ton Helsingfors. b) Die Befesttgnngen der Inseln von Sandhamm bis
Dromsioe.
Zu a) Im Norden der Stadt li^ das Fort Braberg, südlich dei^
selben das Fort Ulrikasborg und eine Anzahl in der Kehle offener
Strandbatterien (8V). Zu b) Die Inselkette ist durch eine grofse Zahl
mit schwersten Geschützen armirter Batterien befestigt. — Zwischen
den einzelnen Inseln Heften Untiefen und Bänke, auf der Seeseite
finden sich ebonfnlls solche und Riffe, welche die Annäherung von
Kriegsschiffen in lioclisttin Grade erschweren, wenn nicht unmöglich
machen. Nur eine VVasserstrafse gestattet das Einlaufen von See-
schiffen mit einem Tiefgang bis zu 4 — (J m, der zwischen der Gruppe
der Swartoe-lnseln und dem Bäk Holmen liegende Gustavsund.
Derselbe ist aber hermetisch durch die Festung Sweaborg auf der
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Die Küateu uud Häfen des ruaedacheu Eeichee etc. 207
aiini und die sehr atarice Befestigung dee Bäk Holmen aof der
anderen Seite gesperrt
Sweaborg liegt anf 7 mit einander verbundenen Felsen-Inseln.
Dsr ScUQssel der gansen SteUnng ist die Insel GustavsT&rd mit 4 in
in den Granit «ngeschnittenen Beihen von Batterien. — Die Be-
festigungen von Sweaborg-Helsingfors sichern einen Eiiegshafen, weloher
nicht allein äen f^öfsten Flotten Schutz zu gewähren vermag, sondern
«elGher auch bei jedem Vori^ehen einer feindlichen Flotte gegen
Kronstadt- Petersburg eine Flankenstellung bietet, welche dieselbe
nicht unbeachtet lassen kann. —
Der letzte Teil der Nordküste des Finnischen Busens stellt sich
besonders südlich des an einer tief einfreschnittcnen, von der auf
Hangö führenden Fisenbahn überschrittenen Bucht liegenden Eknäs
als eine sehr ^zersplitterte Schareiiküste dar. Der südöstlichste Punkt
Finnlands ist das Kap Hangö-Udd. Wenige Kilometer östlicli des-
selben liegt Stadt und Hafen Hangö oder schwedisch Ilangöstad.
Hangö ist in neuester Zeit (legenstand besonderen Interesses der
russischen Armee- und Marine -Verwaltung geworden. Die Bedeutung
von Hangö liegt neben dem vorzüglichen, im klimatisch mildesten
Teile des Meerbusens gelegenen Hafen uud seiner gegen Nord-, West-
nnd Oat-UVuide geechtttEten 2 km breiten nnd langen Rhede, welche
Ins 88 m tief mit ihrem Scblickgnmde einen yortrefflichen Ankerplatz
auch für die giölsten Kriegsschiffe bietet» in seiner gOnatigen Lage
als AusiiEJlsthor für eine russisdie Kreuzer- und Tozpedoflotte. —
Auch fttr den Handelsverkehr ist Ehngö von hoher Bedeutung. Denn
hier beginnt die finnische Eisenbahn, und kSnnen an der Anlege-
brücke, welche weit in den Hafen hinausgebant ist, die grölsten
Schiffe anlegen und die Güter unmittelbar aus dem Schiff in den
F.isenbaluttug und umgekehrt verladen werden. Geschützt war die
Bhede von llangö früher durch verschiedene Batterien, von denen
eine auf der Schäreninsel Gustavavärn, eine andere auf der 5 km
südlich Hangö-Udd liegenden Gmnitinscl llangö oder Russarö, eine
dritte endüch auf der Landzunfje des Kaps Han^*>-T^dd lag. Durch
die Alliirten wurden diese Befestigungen zwar 1S54 zerstört, sie sind
aber wiederhergestellt, so dafs russische Karten Hangö als Festung
bezeiclmon. Auch 1809 fand bei Hangö-Udd*) ein Seegefecht zwischen
Engländern und Russen statt. —
Der Bottnische Meerbusen und seine Küsten. Der Bott-
nische Meerbusen ist der nördlichste, durch klimatische Verhältnisse
und die Beschaffenheit seines Fahrwassers der Schifliahrt uur in be-
') Es ist hier der Stieler'schen Karte entsprechend die Schreibweise
»Haogö-Udd" gew&blt worden. Kap heilst im Schwedischen „Undsudde".
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Die KfliteD und Hiftn das nudachen B«ichM ete.
BolirftDktem Halse sugSngliche Teil der Ostsee. Er delmt lioh vom
60* bis xam 66^ Kordbreite in der allgemeiiieneii Biclitiing von Süd-
west nach Nordost in sehr wechselnder Breite ans. Sein rauhes Klima
läfst grofse Strc Ir^ii Hir längere Zeit gefrieren, so dafii sein südlicher
Teil von Dezember bis April, der nördliche sogar von Oktober bis
Mai die Schifffahrt hemmende Eisbedeckung aufweist Ein anderer
für die Schiffbarkeit ungünstiger Umstand ist die sehr wechselnde,
im allgemeinen geringe VVassertiefe, oft eine Folge der zahlreichen,
teils über, teüs unter dem Wasserspiegel liegenden Felseninseln und
Klippen und des die Küsten umsäumenden zuweilen einem Netze
gleichenden Gewirrs von Schären, zwischen denen nur der ortskundige
Schiffer mit flachgehendem Fahrzeug sich mühsam hindurchzuarbeiten
vermag, welche aber oft ganz unpassirbar sind. — So lange Finnland
mit Schweden verbunden, jener Meerbusen in gewissem Siane ein
schwedisches Binnengewässer war, diente er wesentUch der Ver-
mittelung des Lokalverkelin zwischen den meist nur unbedeutenden
Kttslenorken. Nachdem dueh den Vednst Finnlands an Boßland
der Meerbusen sur (Frenze zwischen beiden Lilndeni geworden, wnrda
er sogar Schauplatz militärischer Operationen — der Land-Armee.
Bs fiberschritt nündich lom 17.— 20. M&nl809 der mssiacheQeneral
Barday de Tolly mit einer Aimee-Abteflung die an der snhmalsfawi
Stelle des Busens (62Vt^ Nordbreite) zwischen Nikolaiatadt (Wasa)
auf der finnischen und Umca auf der sdiwedisohen Seite einer
Brücke gleich sieh erstreckenden Inselgruppe des sogenannten Quarken.
Es wird dieser Übergang Ton russischer Seite als eine miUfcSriscfae
Leistung angesehen, welehe an Ertragung von Stra])azen und an
Überwindung von Schwierigkeiten aller Art der Ausdauer der Truppen
Suworow's in den Eisregionen der Alpen gleich stellt. — Die zwischen
den Inseln hegenden Wasserstrafsen waren zum Teil von einer Eis-
decke übersjiannt, so dafs man von der tinnischeu zur schwedischen
Küste einen Kolonnenweg abstecken konnte. In dem Schneegest« )l)er
verloren die Truppen aber den Weg. Man mufste zwischen den auf-
getürmteu Eismassen biwakiren und Spalten und Wasserrisse über-
brücken, um Geschütze und Fahrzeuge fortzuschaffen. Als man am
4. Tage die 10 Meilen lange Strecke zurückgelegt und bei Umea
Schwedens Küste betreten hatte, brachte ein Kourier den Befehl zur
Rückkehr.
Im Süden ist der Bottnische Meerbusen, welcher meist unbedeutende
Hafenplätse (Uleaborg, Nikolaistadt (Wasa), Bjömeborg) und nur im
südlichsten Teile das etwas bedeutendere^ mit dem Hinterlande durch
Eisenbahn verbundene Abo enthält» durch die sich gleichsam wie eine
Barriere quer Uber ihn lagernde Gruppe der Alands-Inseln ab-
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Von den flkmwvnfaohen Schwierif^tin «fee.
209
gMGhloswn. Diese bÜden onen Ärdhipel Ton ttber 200 Felaan-InaelD,
Tan denen nur 80 bewohnt abdl Für die Zerqdittemng dieser Insel-
welt spricht wohl der Umituid, dala de insgesammt nur 22Vs Qnadrat-
meilen bedecken. Für gröfsere Schiffe ist aufsor durch das an der
adiwedischen Küste liegende Alands-Haff der Archipel nur durch
den zwischen der 7 Quadratmeflen greisen Haupt-Insel Aland und der
Insel Presto liegenden Bomarsund zu passiren.
Zur Zeit des Krim-Krieges hatten die Hussen diese Meeres-
strafse durch Anlage eines halbmondförmigen, zweistöckigen kase-
mattirten Werkes, welches zwei Turm-Worken zum Reduit diente,
auf der Insel Aland und eines Turmes auf der Insel Presto gesperrt.
— Die Alliirten unter dem General Baraguay d'IIilliers zerstörten im
August 1854 durch ein mehrtägiges Bombardement die Türme auf
der Insel Aland, worauf sich der Kommandant des Reduits mit der
gegen 2400 Majux starken Besatzung ergab. Ein Artikel des Pariser
Friedens untersagte den Wiederau! bau der Werke.
(Schhils folgt.)
xm.
Von den Skonomisdhen Schwierigkeiten
in den europäischen Staaten beim Ausbruche des Krieges,
(Sohlttls.)
n.
FroduktionsTermlnderung und Arbeitslosigkeit zur Zeit
eines Krieges.
Die oben angefiihrten allgemeinen Angaben sind zu sehr in Pansch
und Bogen gehalten, als dafs man sich nach ihnen ein auch nur an-
nähernd klares Bild machen könnte von den Vei*wirruugen im wirt-
schaftlichen Leben, die ein grofser Krieg hervorrufen würde. Bei der
plötzlichen Verringerung, ja zum Teil auch bei dem Stillstande der
gewaltigen Produktion und ihrer Umsätze, bei dorn Sinken der Wert-
papiere und der Schwierigkeit ihrer Realisirung können die gröfsten
Privatkapitalisten, sowie Handels-, industrielle und Kredit- Unter-
nehmungen, was die pünktliche Ki füUung ihrer Termin- Verpflichtungen
anbelangt, sich in sofortiger Verlegenheit befinden, und falls nicht
entsprechende Hfllfe dnrdi den Staat geleistet wird, werden dieselben
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210
Von den ökonomiadicii fiohwierigkeitai «te.
in der Unmöglichkeit aioh befinden, den eingangenen Veipfliclitangen
nachzukommen und sich Betriebsmittel zu yerschaffen, und auf diese
Weise an den Band des Verderbens gebracht sein. Jedoch auch' bei
dem langwierigsten Kiiege dürfen die bemittelten Klassen der Be-
völkerung der Mittel zur Befriedigung der aOemotwendigsten, tä^chen
Lebens- Bedürfnisse nicht beraubt werden.
Anders verhält es sich mit denjenigen Klassen, welche speziell
die „arbeitenden'^ genannt werden, das heifst, welche sich von ihrer
Arbeit nähren und „von der Hand in den Mund" leben.
Zuerst inufs man vor Augen haben, dafs bei den heutigen
Fordenmircn der Imlustrie die Spezialisining der Arbeiter so weit
vorgeschritten ist, dafs zu jeder Zeit eine bedeutende Anzahl von
Arbeitern unbeschäftigt bleibt und ihr Leben bei normalen Verhält-
nissen nur mit Schwierigkeit fristen kann. Die en^^lisch© Statistik
kann uns über diese Anzahl einige Anhaltspunkte geben.
Bei den zu 22 Arbeitervereinen (Trades-Unions) gehörenden
Handwerkern waren ohne Beschäitigung im Durchschnitt:
Zieht man in Betrachti dals zu den Vereinen die besten Arbeiter
gehören, wmterhin, dafs die sogenannten Saisonarbeiter (Bauhand-
werker und dergleichen) die meisten BesohSftigungslosen abgeben und
nicht berücksichtigt worden sind, so muls man den „Report on
Principal and Minor Textüe Trades^ beistimmen, welcher die Löhne
der unbeschäftigien Arbeiter auf 10% annimmt^). Wenn man den
Angaben der französischen Radikalen Glauben schenken soll, so beträgt
die Zahl der unbeschäftigten Arbeiter in Frankreich Vs» niindesteus aber
Vc der Gesammtzahl. In Paris selbst sollen die Verhältnisse noch
schlimmer sein. In guten Zeiten soll V5 ^^r Arbeiter während 3 oder
4 Monaten ohne Beschäftigung sdn und bei Krisen soll ein Steigen bis
zu 45 Vo nicht zu den Seltenheiten gehören — es sollen 3üO0(K) Familien
ohne Mittel ziiin Lebensunterhalt bleiben^). In nonnalen Verhältnissen
ist diese ^litidt i lioit wenig fühlbar, sowie aber dazu eine grölsere Anzahl
unbeschatti^'ier Arbeiter hinzukommen würde, würden Klagen laut
werden und alle sich berechtigt fühlen, vom Staate Hülfe zu verlangen.
Eine weitere Erschwerung ist hinzugetreten durch die stets zu-
nehmende VerAvcndung der Frauen in der Industrie (von denen selbst-
verständlich kein Teil zu kriegerischen Zwecken verwendet werden
kann).
') The Evolution of Machin Capitalism. Hobsen, London 1804.
^ Almanach de la question sociale 1884 staiistique.
1891
1892
1893
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Von den dkonomiadun Schwierigkeiten etc.
211
Die englische Statistik der bei der Industrie verwendeten Frauen
zeigt folgengen Zuwachs:
Ifibmer Ftmub
1841 1080 468
1851 1824 997
1861 1857 1150
1871 1385 1208
1881 1401 1299
1891 1576 1447
Die Verliältiuaie amd in ukSMa LSndeni nidii bflflwr, wie irir
^ich zeigen werden.
Es ist also zu erwarten, dals denjenigen Arbeiterfamilien, welche
keine Ersparnisse besitzen (und zu solchen gehört die überwiegende
Zahl), sehr rasch bei dem völligen Stillstande einiger und der Ver-
ringerung überhaupt aller Produktionszweige der Hunger geradezu
ins Anf^esicbt schauen wird. Um zu erörtern, in welcher Stufenfolge
diese La{<;e für die Arbeiter der verschiedenen Katcfrorien eintreten
könnte - und wie grols die Zahl der Arbeiter ist, welche den durch
einen Krieg zu allererst bedrohten Erwerbszweigen angehören, und
im allgemeinen, wie intensiv die durch den Krieg hervorgerufene
Krisis sein wird, mufs eine für jedes Land gesonderte Untersuchung
angestellt werden. Wir werden indessen nur die allgemeinen Ein-
wirkungen besprechen.
Grofe wird die Verzweiflung der höheren, gutgestellten Be*
TölkerungsklaflBun sein, weldie in Folge der Entwartnng der Fonds und
der allgeoneinen Verwirrungen ungeheure Verloste erleiden werden
und ^eiehseitig sehen werden, wie der Boden, auf dem sie bis dahin
sich sicher fthlten, dnroh die vorhemsehenden Ge&hien, weldie ein
wenn auch siegreicher Krieg mit srinen sozialen Folgen haben wfirde,
unter ihren Falben ins Wanken gebracht wird; allein wie bedanerUch
erst wird Lage und GemfitsstinunQng degenigen sein, wetdhe ihre
Familien ohne einen Bissen Brot werden sorfieklassen müssen — nnd
das werden die meisten sein.
Die Familienväter, welche ohne Säumen, wie es im Mobilmacbungs-
falle in Deutschland geschieht, zu ihren Tinippenteilen abgehen, lassen
ihre Familien meist sogar für den folgenden Tag unversorgt zurück.
Derartige Verhältnisse können eine Menge von beklagenswerten Er-
eignissen zur Folge liaben. die ihrerseits auf die allgemeiiie Stimmung
einwirken. Daher sind viele Staatsmänner der Überzeugung, dafs ein
plötzliches Herausreisscn einer grofsen Anzald von Arbeitskräften aus
der komplizirten Maschine, welche die gegenwärtige Oesellschaftsform
darstellt, völlig unmöglich ist. Eine plötzliche Eiuberufung könnte
JalkibaoliM ftr di« Dtutach« AratM aad lUho«. Bd. 97. 2. XQ
212
Vou deu ökonomücbea öchwierigkeiteii etc.
bedeoUiche Enohfittorungen hervoirnfOB. Daher nehmoD ä» National-
Ökonomen auch an, data Dentachland und Erankrdch ihre gaaaen
Eriegakiftfte nur dum molnÜBiren kltamea, wenn diea alhnMilig ge-
achieht Bo iat ea zum Beiapiel featgeatellt worden, dab Fiankreioh
in emem aoldien FaUe ohne BSoker bleiben wttide, denn die meiaten
derselben atnd junge Leute. In vemduedenen Erwerbaiweigen also
wird Hangel an kundigen Arbeitern zu Tage treten, während in
anderen ganze Legionen tob Arbeitoni ohne Arbeit und Ezietenzmittel
bleiben werden. —
Die angeführten Daten zeigen zur Genüge, dafs ein grofser Kneg
im Zentrum Europas heutzutAfre mit der f^aiizen Art und Weise des
gesellschaftlichen Lebens in Widerspruch treten uud die unzähligen,
das Leben der Völker verknüpfenden Fäden zerreilsen würde. Wie
ganz anders waren die Verhältnisse in früheren Zeiten! Noch im
vorigen Jahrhundert konnten Kriege, selbst wenn an ihnen mehrere
Staaten beteiligt waren, sieben Jahre sich hinziehen, und es hat
Zeiten trei^ebon, wo ein Krieg dreifsig Jahre dauerte. Die Kriege
forderten grofse Opfer und verwüsteten die Ländergebiete, die von
ihnen heimgesucht wurden; aber die Qeatalt und das innerste Weaen
dea ÖffenfEchen Lebena konnten aie nieht ina Waoken bringe nnd die
Litereaaen der neutralen Staaten Uefsen aie unberShri
Dia aooialen Lebenafonnen waren eben andere, ein&ohere, wenn
man so sagen darf, naturgemftbere. Fast die ganze Berölkemng be-
achttftigte aixdi mit Ackerbau; die Induatiie war auf die Form von
Hanabetrieb oder Handwerk beadir&nkt, daa eine aolide (hganiaation
hatte und sich nur in achwacher Abhängigkeit vom Kapital befimd.
Kreditverkehr war nicht vorhanden; die iatemationalen Beziehungen
waren nur Handelsbeziehungen und es bestand kein Abhängigkeits-
verhältnils der Bevölkerung des einen Landes von den Wohlstands-
verhältnissen des andern; es gab weder Spezialisirung der Gewerbe
und des Handels, noch grofse industrielle Zentren, da die Industrie
die Damjjfkraft noch entbehrte, nur auf Wasserkraft angewiesen war.
Der Mangel an Brennmaterial konnte den Betrieb nicht stören; der
Arbeitsmarkt wurde nicht berührt, da zum Krieg nur stehende Heere,
deren Bestimmung und Ziel eben der Krieg war, verwandt wurden.
Die heutige Lage der gesellschaftlichen Beziehunficn und inter-
nationaleu Verbmdungeu hat mit der früheren durchaus keine Ähnlich-
keit mehr. Mit dem Ackerbau ist in Westeuropa nur noch ein Teil
der Bevölkerung beadiäftigt, und auch die Laädwirtaohaft aelbat iat
eme andere» mehr intenaive geworden, hat bia zu einem gewiaaen
Grade dnen indnatrieUen Charakter angenommen; auAer Arbeita-
krttflen und Vitik verlas^ aie ktinatlidie Düngung und Uaaehinen,
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Von den dkonomiachen Schwkrigkdten etc.
213
braucht sie Kredit und wird demnacli duixh Stockimg des Absatzes
an den Kand des Verderbens gebracht.
Eine gewaltige BoUe im heutigen Wirtsofaaftaleben spielt die er-
seogende nnd bearbeitende Indiutrie, die eine kOnsdiche und ftnlserBt
komplinrte Fonn erhalten hat Sie ist in hohem Grade kapitaHstisch
geworden in Folge der Haseenproduktion, welche duroh die Wdt-
konknirens nnd den Kampf mn die Abeatamfirkte herrorgemfen wurde.
Die Industrie arbeitet nicht mehr blo& f&r den vaterlftndiachen
Harkt, sondern auch f&r analftndisrhe, oft sogar sehr entlegene Märkte.
Sie schafft auf Grundlage von Aktiengesellschaften und führt ihre
Geldgeschäfte durch Vermittlung Ton Banken, bei denen sie ihre
Betriebs-Kapitalien niederlegt, oder vm denen sie solche bezieht.
Andererseits sind die Lohnverhältnisse ganz andme geworden. Die
Verwertung der Arbeit durch gesetzlich sanktionirte und garantirte
Genossenscliaften, durch ständif^e Zünfte, welche die Aufp;abe hatten,
die Konkurrenz nicht nur ausländischer Werkstätten, sondern auch
anderer, zur örtlichen Zunft nicht gehöriger Personen, nicht zuzu-
lassen, hat aufgehört zu existiren, ist zu einer Waare geworden, deren
Bedürfnifs und Wert durch die zeitweiligen veränderlichen Verhält-
nisse zwischen Nachfrage und Angebot bestimmt werden. Auch ist
sie weder auf bestmimte Orte noch Länder beschränkt. Arbeiter
kommen aus andern Ländern herbei; hat sich zeitweilig die Nach-
frage nadi ugend welchen Produkten Tormindert, so wandern die
Arbeiter ans oder leiden Hnnger, da sie in Folge eines anderen nnserer
Zeit elgentttnüiohen Umstandes — der ftnlsersten Spedalisirang der
Arbeit — nicht so^eh irgend etwaa anderes anwifangen im Stande
sind, seihst wenn sich Gelegenheit daaa hietea würde.
Ln Falle von Arhtttseinstelhmgen wird die Lage der arbeitenden
Klassen desto schwieriger, da die Produktion sich nioht nur in
tedmischer Hinsiclit, sondern teilweise auch mit RflcksicT t auf die
geographischen Bedingungen spezialisirt hat Anstatt, dafs jedes
Land, wie es früher der Fall war, alles, was zu seinen wesentlichen
Bedürfnissen gehört, selbst produzirte, sind jetzt bestimmte Länder
und Gegenden vorzugsweise nur mit bestimmten Zweigen der Industrie
beschädigt. Auf diese Weise betinden sich alle Länder und alle
Erwerbs/ wt'igc in gegenseitiger Abhängigkeit von einander, sodafs
Verwirrungen in den einzelnen Ländern und wichtigen Produktions-
zweigen ihren Kintiuls weit über die Grenzen jener Länder und jener
Produktionszweige liiiuius geltend macheu werden.
Alles ist weit vorgeschritten, und es läfst sich behaupten, dals
allein die LlLik in den internationalen Beziehungen hinter den
grolsen Erfolgen des Wissens, der Schaffenskraft nnd jeglicher Art
214 Von din gbrnumfadKin SehtriM^^toa etc.
produktiw Arbeit zmfiokgeblielMii ist mtte die Ediik in den
gegenseitigen internationalen Beziehungen gleiche Fortschritte gemacht|
dann würden Kriege zu den Unmöglichkeiten gehören, als im Wiedel^
qmche mit den heutigen Verhältnissen stehend, anerkannt werden.
Die Unmöglichkeit eines Ausrückens der ganzen Heeresmacht
eines Landes wird auch von verschiedenen tiefer blickenden National-
ökonomen erkaiirit. — Nach dem Urteile eines französischen Staats-
mannes, mit welchem wir uns über die Fratze unterhielten, mufs man
annehmen, dafs weder Frankreich noch Deutschland mit einem Male
mehr als eine Million Soldaten ins Feld werden führen können.
Während diese Million sich noch auf dem Marsche befinden wird,
wird jedoch bereits eine andere Million zum Ersätze der ersten vor-
bereitet werden. Auf diese Weise würden nach Mafsgabe der Ein-
berufung im Lande nur die Kontingente der älteren Jahrgänge zurück-
bleiben. Unter solchen Umständen entsteht natürlich die Frage:
fidls im Inlande die erst erwähnten mÜkHchen VeibflltniBse fär die
Erwerb»>KIa8Ben zu wirken an&ngen und zngleidi Nacihriditen, welche
man nnTerzüglich nadi Beginn der Campagne erwarten kann, von
ungehearen Verlusten, welche die Heere dnrdk die Anwendung dar
neu ▼enrollkomnmeten Walfon erlitten haben, eintreffen, dflifien da
nachtProteste oder sogarBerdlten entstehen^nnd würden die Regieningen
Energie genug haben, um solcbe zu unterdrücken?
Aus diesem Grunde tauchen Meinungen aui^ welche die Unamr
gänglichkeit gewisser Änderungen in dem Systeme der allgemeinen
Wehrpflicht betonen. —
„Gewifs", sagt ein deutscher Militärschriftsteller, „wird eine Zeit
kommen, wo viele der jetzigen Erscheinungen sich von Grund aus
ändern werden, nicht nur der Form, sondern dem Wesen nach, werden
sich auch die Ansichten und Gewohnheiten ändern." BUckt man in
die Zukunft, so sclieint eine Zeit heranzunahen, wo nicht mehr
Millionen von Soldaten die erste Rolle in allen Kombinationen spielen
werden. Tritt diese Epoche einmal ein, dann verHeren natürlich alle
die Armeeforderungen betreffenden Mafsregeln jede Bedeutung; doch
bis dahin ist es noch weit. Die Streitkräfte entwickeln sich bis jetzt
noch unaufhaltsam, und wir können uns nicht bei dem Bilde einer
fernen, wenn auch unsweifelhaft bevontehenden Zukunft aufhalten,
denn heutzutage ist die Aufinerkgamkeit aller praktischen Leute vfillig
von den allemftehaten Erscheinungen in Anbruch genommen.
Als ein Resultat der Meinungs&nderungen in Deutschland be-
züglich der Militärpflicht erscheint dort die TOwftilmmg der zwei-
jährigen Dienstzeit.
BerQcksichtigt man alle Umstllnde, auf wddie die französischen
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Von den Gkonomiachen ScbiderigkeitMi etc.
815
Militärschriftsteller bei Beiu-teilung der neuesten deutschen xMilitär-
umfiestaltung hinweisen, so erhalten die Worte Friedrich Engels eine
betionders wiehtige Bedeutung. Dieser kompetente Schriftsteller sagt,
dafs der Sozialist, welchem Volke er auch angehören mcige, den
EVieden zu erhalten wünscht und weder der jetzigen Regierung
DentsobhiidSi noch der fransteisolMn Botug^is-Bepublik, noch Ruft*
land irgend welehe Erfolge wUnsohen kann, selbst wenn in Folge der
Encfatttternngen die Verwirklichung der sozialistiflelien Ideale walur-
iciheinUch würde. Im Eiiegs&lle, sagt Engels, mnia eins von beiden
antreten: entweder ein nnniittelbarer Sieg des Sosdalisnnis oder eine
solche Erschtttterong der bisherigen geseUsehaftUohen Ordnung, dals
sich das ganze kapttalistisohe Gebäude auf den Ruinen nidit wird
hinten können.
Grofee Ereignisse — pflegt man zu sagen — werfen ihre Schatten
Toraus. Nach dem UmfiEuige dieser Schatten jedodi die Wahrschein-
lichkeit des Krieges zu bestimmen, ist selbst in unserer Zeit, welche
an Entdeckungs-Wünsche f^ewöhnt ist, unmöglich. In unserm Ge-
dächtnifs ist die Julikatastrophe des Jahres 1870 noch lebendig.
Wenn sich auch ein ähnliches Spiel nicht wiederholen dürfte, und
wenn Dank der Tliätigkeit der Presse jeder neue Zusammenstofs vor-
hergesehen werden wird, so kann man sich doch andererseits auf
deren Auslassungen, die sehr oft trügerisch sind, nicht verlassen.
Drohende Kriegsaussichten verschwinden oft unerwartet schnell und
machen zuversichtlichen Friedenshoffnungen Platz. Doch dem sei,
wie ihm wolle, die Mobilisation wird immer eine unerwartete Mafs-
regel bleiben, und wenn sie für die, dem aktiven Heersedienst An-
gdidrenden, nur ein einfaiBher Übergang von den gewöhnfiohen Be-
sdiflftigungen zu angeetrengterer Thätigkeit ist, so wird sie für die
zur Seaerre entlassenen Offiziere und Soldaten jeden&Us ein ptöti-
licher Schlag sean, welcher sie aus ihrem Kreise reUst und alle Be-
rechnuiigen jedes Einzelnen, welcher zu dieser Kategorie von Iieuten
gehGrt^ auf den Kopf stellt
Alles Voiliergesagte befestigt uns in der Meinung, dafa man, um
diesen Erschütterungen möglichst vorzubeugen, sich notwendigerweise
auf dieselben in gehöriger Weise schon während der Friedenszeit vor-
bereiten muls. Gleichwie fiür den Kriegsfall Pläne fUr die Mobilisation,
die Konzentrirung der Heeresmassen, ihre Verpflegung und den Gang
sowie die Ziele der militärischen Operationen selbst vor der Zeit aus-
gearbeitet werden, ebenso unumgänglich ist es fiir die Erhaltung aller
Funktionen des Gesammtorganismus, den möglichen Störungen gegen-
über im Voraus zu sorgen.
Einsichtsvolle Militärs kommen immer mehr und mehr zu der
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216
Von den ökonomischen Schwierigkeiten etc.
Überzeugung, da6 man zai Bearbeitung oiiHtBriseh-irirtiebalUuifaar
Furagen geeignete FaobmSnner haranmhen miiase, in Oberqin a4u i un i in g
mit dem in PmIm schon in Pruda beetehenden Syateme, wonaob
bei der Aoearbeitang jeder miUlftnsohen Einrichtang, wdche die
Interessen der BerÖlkerung berührt, auch Repräsentanten der letzteren
in die Zahl der Mitarbditer aofgenommen werden. Ohne TOiher auf-
gestellte Begeln können gute Absichten allein zur gegebenen Zeit
keinen Nntsen bringen. Indem die Erlasse in die Hände niederer
Oi^ane gelangen, verlieren sie häufig ihre Folgerichtigkeit entweder
in Folge mangelhaften Sachverständnisses oder auch einfacher \''er-
säumnifs. Der pesammte Apparat, welcher den Sieg als das Endziel
des Krieges im Auge hat, ist so komplizirt, dafs nur die völligste
Harmonie aller seiner einzelnen Teile den wirklichen Erfolg sein^
Wirkungen garantiren kann.
Die gewöhnlichen Folgen frrofser Kriege, der Mangel an Ver-
dienst und Nahrung, das Steigen der Preise und die damit Hand in
Hand ^elicnde Vermehrung der Verbrechen und anderes die allijcmeine
N'erarmung begleitendes Mifsgeschick können wohl zu allgemeinen
Erschütterungen führen. Wenn man dieselben bis dahin übersehen
hat, so geschah dies ans dem Grunde, weil keiner der lergangenen
Kriege die Teilnahme so vieler Millionen Menschen erforderte, wie
dies Toranssiohtlich bei künftigen Znsammenst&lsen der VGIkeir der
Fan sein wird.
•
Hierin beruht die wesentlichste Seite rein mifitSrischer und dfco-
nomischer Erwägungen, aas denen sidi der Scfalnls ziehen UÜst» dab
Jedem Staate überhaupt, einigen Ststtten aber besonders aus danerodifla
oder Yorübergehenden Gründen Verhältnisse anhaften, die für den be-
treffenden Staat resp. jene Staaten die freie Entscheidung über die
Frage der Kriegserklärung unmöglich machen.
Johann Ton Bloch,
XIV.
Oambetta in den Wolkan.
Es ist die Zeit der glorreichen Erinnerungen und wer dieselbe
erlebte, denkt gewifs mit Freuden daran zuiiick. Nach dem grofsen
Erfolg von Scdau, eilte die Kavallerie nach Paois voraus, um dieser
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Gambalte in dm Walkan.
317
Hauptstadt die Lebensadern mit dem Hinterlande abzusclmciden, denn
dies schien der sicherste Weg, die MenscheniiuMeii der fraozöaiacheil
JEtaaideiiz am schnellsten zur Niederwerfung zu zwingen.
Mein Truppenteil wurde in Gonesse, einem freundlich aussehenden
Dorf mit städtischem Anstrich und in dessen Umgegend einquartiert.
Einwohner waren nicht zu sehen und mit der Verpflegung tiir Mann
und Pferd sah es in den ersten Tagen noch recht mangelhaft aus,
nur ein reiches Lager von Rotwein und Liqueur hatten die Husaren
in einer grofsen Steinhöhle ausspionirt, so d&fs wenigstens der ewige
Durst gestillt werden konnte.
Es war am 6. Oktober, einem henlichen, sonnigen Herbsttage,
idi hatte eben eine Bflchse achledliten Hummersalat, nodi aus einem
franiOaisGlifin Lager ?on Sedan hentammend, gefrühstttckt und stand
mit Heimatsgedanken am Fenster, die Angen nach dam gegenüber
Hegenden Weingarten mit seinen herrlich blanen Trauben gerichtet
Kein Lflftchen rilhrte sich nnd allea war so still und so friedlich,
als ob man tkh in einer kleinen Garmsonstadt der Heimat beflbida
PlQtdich fiel ein Schuis und zwar ganz in der Nähe, fßgaßh darauf
ein sweiter und dritter. Blitzschnell flog der Revolvergürtol um die
Taille und im nächsten Augenblick befand ich mich schon auf der
Strafse, der Richtimg zueilend, wo das Schielaen sich wiederholte.
Am Ende des Orts angelangt, sah ich zwei Ballons, die wie Zwillinge
langsam nebeneinander hortlogen. Sie kamen aus Paris, unsere Vor-
posteninfanterie feuerte danach, aber vergeblich, es war zu hoch.
Die preufsischen Schützen verhöhnend, nahmen die Insassen die
Mützen ab und grüfsten aus der Hohe herab.
Da kamen zufällig einige Garde -Husaren des Weges daher
geritten. Rittmeister Graf v. d. Groeben und Lieutenant Graf Lüttichau
befanden sich nämlich auf einem liilt nach Margency, wohin day
Oberkonunando der Maas-Armee von Trambly aus verlegt werden
sollte. Die Eskadron des Grafen Groeben hatte den Be&hl erhalten,
sin BrkfreHais in Gonesse einsorichten nnd um die Husaren mit dem
kOrzeeten Wege bekannt ai machen, ritten die genannten Qffistere
diese Strecke mit den hierm bestimmten Hnsaien ab. Sofort nahmen
dieselben die Verfolgung der beiden Ballons au^ umsomehr als der
gr86ere sich wiederholt senkte. Im scharfen Bitt ging es über
EsanviUe und Villers le See bis Belloj. Hier schien der gröfeere
Ballon landen zu wollen, denn er ging so tjjaf^ dalh die Gondel Gefahr
lief an den Gipfeln einiger Nufsbäume hängen su bleiben. Nun
liefsen die Husaren die Pferde laufen, was das Kiemzeug halten wollte.
Plötzlich Stiels die Gondel gegen einen Baumzweig, sie nahm eine
sohiefo Haltung an und dabei flog, ob absichtlich oder aofäUig, lälst
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G«inbetta in den Wolken.
sich nicht mit Bestiimmtheit sagen, ein Paket aus derselben heraus
auf die Erde herab. Der Ballon hob sich sofort wieder und verschwand
bald den Augen seiner Verfolger. Das Paket enthielt hunderte von
Privatbriefen und den photographischen Abdruck einer Tageszeitung
vom Le Gaulois. In einem Briefe stand die Nachricht, dals der
Ballon um die Mittagsstunde vom Place St. Pierre aufsteigen solle
und Gambetta die Stadt mit demselben verlassen würde. Dieselbe
Mitteilung befand sich noch in mehreren andern Briefen, und
einige Tage später enohien im L'Echo du Nord die Beschreibang
Tom GambettasWoIkemeise, von dem InfiuiteriefiBiier «lu Montmorency,
▼on der scharfen Verfolgung einiger Bdter imd der endfidi glfick-
liehen Landung um 2 Uhr Mittags im Walde Ton Ifontdidier.
Bitlineaster Graf t. d. Oroeben maohte nun einen Auszog mis
den Briefen und sohickte diesen Beiidit mit einigen anderen i so wie
den Abdraek des Gaulois zur 1. Garde*Infeinteaie-Dinsion, welche die
Sdiriflstiioke nach Versailles an das grofte Hauptquartier weiter be-
orderte. In dem Gaulois stand ein Artikel über die Verteidigung
von Paris, welcher von einem französischen Offizier herrührte. Eine
Übersetzung -desselben machte später die Bunde durch alle deutschen
Zeitungen.
So hatte denn Gambetta auf diesem etwas ungewöhnlichem Wege
Paris verlassen und wurde es ihm hierdurch möglich, den Krieg noch
einige Monate in die Länge zu ziehen, freilich nicht zum Vorteil für
Frankreich, denn es kostete nun dem Lande Elsafs-Lothringen , noch
tausende von Menschenleben und Milliarden Kriegsentschädigung.
Übrigens hatte Gambetta auch viele Feinde im Lande, namentlich
im nördhchen Teil und sind mir von dort noch zwei Beweise in der
Erinnerung, welche für den Hafs gegen ihn sprechen, besonders unter
den orleanistisch gesinnten Einwohnern.
Auf dem Marsch von Paris nach Amiens, wurde ich bei einer
wohlhabenden Banerfrau einquartiert Als ich Tom Ffinrde stieg, er-
wartete sie mich in derHausthOr, ein Bebhuhn in dar Hand haltend,
vielleicht um ihre Einquartierung milde zu stimmen. Nach einigen
liebenswürdigen Bedenaarten meinersdtB, faflste sie bereits Vertrauen
zu dem wilden F^nasien und Uagto, wie alle Einwohner, über den
schrecklichen Eri^. Als ich ihr sagte, daTs wir denselben sehr gern
bald beenden würden, abor Gambetta wolle noch nicht, da legte
sich ihr Gesicht in Kaltem sie rifs dem Bebhuhn heftig den Kopf ab
und warf ihn gewaltsam zur Erde: so solle man es mit Gambetta
machen.
Als ich in Amiens eintraf, wurde ich bei einem reichen Finanz
herm einquartiert. Ich sals mit der Familie, echte Orleanisten, an
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Qambeltat in d« Wölk«ii.
219
fljaeiii eleganft gedockten Tiecii imd natfiiüoh kam das Geepiikli ^eder
anf den S^rieg. Als der Käme Gambetta genamit wwcde, ergriff der
Sohn dee Hauses ein Messer und dasselbe hock haltend, rief er ans:
„Nieder mit Gambetta!»
Solche Beispiele spredien lebendig für die Gresimmng des Volkes;
in den südlichen Pronnzen war es freilich anders.
In diesem Feldzuge kamen die Luftballons für Kriegszwecke zum
erstenmal zur Anwendung und zwar nur von französischer Seite.
Schon am 8. Oktober sahen wir abermals einen Ballon von Paris
kommen, welcher die Richtung nach Garges einschlug. Als er in
der Nähe von Mouhn neuf war, senkte er sich zur Erde, die drei
Insassen sprangen heraus und gelang es ihnen sich zu retten, da sie
ein Bach von den preufsischen Vorposten trennte und auch sofort zu
ihrem Schutz eine Abteilung französischer Infanterie ausschwärmte.
Der Balkiu hob sich sogleich auf Niiiimerwicdcrsehen.
Von einem Ballon, in welchem ein Matrose sals, haben die
Franzosen nie wieder etwas gehört. Ein Keisender fand einige Jahre
Bpäter in den Bergen der Insel Island die Beste eines Ballons und
hilt man es f&r möglioh, dab es einer der y6r8chw uad ene n ge-
wesen ist
Audi kleinere Ballons Ton einem Meter Gröise mit allerlei aehen-
haften Sachen, wie z. B. eineir knrsen Pfeife mit Tabaok gestopft,
kamen von Paris und war ee ein besonderes Veignügen flir unsere
Soldaten, Jagd anf dieselben zu machen.
Im nlehsten Feldzuge werden wir Ton allen Armeen einen avs-
gedehnten Qebranob der Ballons sehen. 66.
XV.
Soldatenleben im SOjätnigeu Kriege.
Von
J. Baomamiy Hauptmann.
4* Maleilti-Oeiieht und das Beeilt der langen Splefbe.
Beinahe wilhrend des ganzen Krieges wurde im Heere der Kaiser-
lichen recht schlechte Manneaznoht gehalten. Besonders schlimm
hausten die Begimenter, als 1630 anf dem Begensbnrger Bdchstage
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Soldatenleben im 30 jährigen Kriege.
Wallenstein abgesetzt worden war. Bei aller Nacbsicliti die der Fried-
Uader in Beinem Heere pflegte, hatte er dodi mitunter die Zfigd
strenger angezogen, nm die Hannessacht einigecmafiton anfiedit zu
erbalten.
Die Scshweden mren im Norden gelandet; man mnftte traohten,
einige Ordnong in die Regimenter sm bringen. Da gab ee bei den
Geriehten Tide Arbeit.
Es ging lebhaft her im Lager. Den Lärm übertönte der üm-
scUag eines Trommlers. Die Leute blieben stehen, um das Heran-
kommen des Letzteren abzuwarteni um dann zu hören, was auf die
übliche Weise bekannt gegeben wurde. Ein Gerichtswaibel, welcher
den Trommelschläger begleitete, rief mit lauter Stimme aus, dafs am
nächstkünftif]jen Morgen Malefitzf^criclit abgehalten würde. Hierzu
möchten sieh die zugehörigen Oftiziere, Gerichtsleute u. s. w. gegen
7 Uhr morgens vor der Bank auf der unteren kurzen Lagerseite ein-
finden. Bis zur genannten Zeit hatten die Waibel die Gerichtsbank
gebührlich auf dem Lärmplatz des Lagers aufgeschlagen und zwar
nach alter Gewohnheit so, dafs dem Schultheifsen die Sonne auf den
Rücken scheinen konnte. Da es sich um ein Regimentsgericht handelte,
erschien als Vorsitzender der Oberstlieuttuaut an Stelle des Obristen.
Zn seiner Linken nahmen Platz der Schultheifs (Auditor) und der
Geriditssohreiber, und dann an beiden Seiten anachlie&end die Qe-
riehtsleata, nSmlieh 12 ansgesnohte, Terstlndige Bfttnner: 8 Kapitäne,
2 Lieutenants, 2 Fähnriche, 2 Sergeanten, 2 Fouziie und zwei Führer*
In geringer Entfernung war ein Raum abgesteckt für den ,,ümstand*
d. i. f&r die Zusdhaaer, E^gimeAtsangehöiige und andere Neugierige^
die von den nächsten Lagergassen herankamen, nm der Verhandlung
beizuwohnen. Als ein iiirsiohtiger Schultheis examinirte der Richter
erst noch seine Gerichtsleute auf diesen und jenen Artikel, und be-
firug und belehrte sie, wie sie sich zu verhalten hätten, „damit sie
nicht durch unhedächtiges Urteil hederiich in den Ahgnmd derHoUe
gerieten.'' Dann erhob er den Stab, um das Gericht zu beginnen.
Der Stab galt als ein Symbol der richterlichen Gewalt. Auf
diesen Gerichtsstab war ehedem der Schultheifs vom l'eldobrist^n
„mit genügsamen Eidespflichten gebunden worden, dafs er ihn führen
wolle den Armen als Reichen, Niemand zu Liebe oder Leide, ohne
Ansehen von Gold, Geld, Gift oder Gabe, Gunst, Ilafs oder Freund-
schaft, Schwäger-, Gesipp- oder Gevatterschaft." Nachdem der Ge-
richtsschreiber den Artikelsbrief verlesen hatte, liefs der Schultheifs
seine Geriditsleutc rnit aufgerichteten Fingern einen leiblichen Eid
schworen, mit ihm ein gerechtes Urteil zu sprechen und zu f&Uen,
„anders nicht, als sie wollten, dab Gott der Allmächtige am jüngsten
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SoldUOenieben in SOjüurigeii KiAagfi.
221
Gerichte über ihre armen Seelen urteilen sollte." Dann stellte er
noch au Einzelne von den Gerichtsleuteu der Reihe nach fünf her-
kömmliche Fragen: „ob der Tag nicht zu heilig, ob es noch bei guter
Zeit sei, ob die Geiichtsbank auch mit ehrlichen Kriegsleuten besetzt
B6i, irie man aiob zu Terhalteii hXtibb, wenn während der Verhandlung
in Lager ein Brand ausbricfae und deif^. Erst nach dieeen FormaUen
„verbannte und spannte^ der Sehnlfheifr die Gerichtobank, d. h. er
er9ffitete das Gericht Ton wegen Gottes des AlbnSohtigen, „der ihnen
heate Rat nnd Ventand rerleihen möchte, eoleh ürteE und Sentenz
anf Elage und Antwort za sprechen und sn richten Uber Sehnldig
nnd Unschuldig, als sie wollten, da& er «jnst als ein geredhter Bachter
Uber ihre armen Seelen richten solle." Auch der „Umstand v wurde
ermahnt und verwarnt, dafs Keiner die Gerichtsbank anrühre bei
Pön eines Goldgulden. So aber einer einem Gefangenen sur Flucht
▼erhülfe, würde er statt des Entkommenen oder Übelthäters vermöge
des Artikelsbriefes angenommen und gestraft werden.
Nunmehr wurde der Klä'jjor, in den meisten Fällen der Profofs,
aufgerufen, Beine Klage vorzuliriiigcn. Dieser konnte sich auch einen
Fürsprech aushitten, mit demselben erst beraten und dann durch
denselben die Kluge vortragen lasse. Sie bestand kurz in Folgendem :
Hans Ilartledor von Treisa in Hessen war am nächstvergangenen Tage
des Nachts von seinem Korporale mit gegebener Losung durch die Schild-
wacht geführt worden. Der Beklagte hat seinen Posten heimlich, btill-
scfaweigend und arglistiger, vorsetzlicher Weise vorlassen, um in einem
Bauernhöfe einer Magd nachzustellen. Hierbei kam es zum Streit,
wobei der Bauer erschlagen wurde. Der Angeklagte hatte sich nun
aus Furcht Tor der wohlTerdienten, billigen Stralb flüchtig gemacht,
wurde aber betreten und gefänglich angenommen. Die Anklage
scfalols: „Hiemmb klagt der Fwhb zu seinem Leib und Leben,
Ileiadi und Blut, Ehr und Gut, Yerhofilk auch zu dem kaiserlichen
Malefitz Rechten, dais gegenwärtiger Hans Hartleder um solcher seiner
▼erübten Müsbandlung willen, vermöge des Artikelbriefes als ein Eid-
und Ehrrergcsscnor, ehrloser Schehn, Dieb und Bösewicht heutigen-
tags an seinem Leib und Leben anderen zu einem Abscheu gestraft»
auch ihm kein weiterer Aufschub und Gnade vergömit und gegeben
werde. Und dieses ist also des Profossen Klage."
Auch der Angeklagte, der auf den freien Platz vor der Geriohts-
bank geführt worden war, hatte um einen Fürsprech naeh gesucht.
Der bat nun, ^dafs, wie allseit und allenthalben bei Kriegsleuten
Brauch wäre, ein Auischub bis auf den anderen Ilechtstag gegeben
werden möge, es sei denn, dafs die That und Malefitz gar zu grob
und klar und offene Kundschaft vorhanden; dann geschehe, was Recht
ist und der Artikelbhef ausweist.^
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222
SoMaterilebcn im SOjihiieeD Kckge.
Hierauf veranlafste der Profofs den „Umstand" zum Wegtreten,
worauf die Gerichtsleute näher an den SchultbeÜB heranrückten, um
die Anklage zu besprechen.
Wegen der groben und klaren Malefitz; wurde der Aufschub ver-
weigert und dann das Urteil gefällt, welches der Schreiber „in Acht
nalmi imd umständliflli auf dfts Papier bradilie.*' Nmunehr rückten
die Gericbtaleate irieder snaeiiiaiidery man rief den Angekkgten vor
die Bank und lieb anch den ,,UmBtand'' wieder nSher treten. Dann
verkündete der Sofanltheift ndt ▼emehmlidier Stimme das Uiteü,
welches nadi einem weitlSofigen Eingange also lantete:
. . . Der Profois soll nehmen Haus Hartleder um seinesüngehorsams
und Übertretung willen, und ibn in sein, des Piofossen, Logiment
faüaeia, ihm dasselbsten einen Diener Gottes Worts zu ordnen, der
ihn, so er anders will, mit Gottes Wort unterrichte, damit er seine
Sünde für Gott bekenne und seiner Seele Heil bedenke. Damach
soll er ihn dem Frejmann (Scharfrichter) überliefern, der soll ihn
auf den Platz, da am meisten Volk ist, führen, ihm eine blutige
Strafse durch den Hals machen, seineu Leib mit dem Schwerte in
zwei Stücke schlagen, also, dafs der Kopf das kleinest und der Leib
das gröfsest sei. Somit ist kaiserlichen und löbhchen Malefitz-Rechten
genugsam geschehen". Hierauf brach der Schultheifs im Namen
Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes den Stab
entzwei, befahl Gott die Seele, den Würmern das Fleisch und schlols:
„Gott sei deiner Seelen gnädig!"
Anschliefeend an diese V^erurteilung wurde gegen drei Söldner,
die erst gsmeutert hatten und dann ausgerissen waren als am dritten
Geriohtstage das Urteil gestellt und ferlesen. Dasselbe lautete: „Die-
weilen naehbenannte Söldner: Kuns Steffon von Wirongen u. s. w.
als Eid- und Ehrvergessene, feldflttohtige Sohehnen und Böaewichter aas
dem Felde bdmlioh entlaufen und S. Hajestftt Geld diebisdier Weise
enttragen haben, so wurde, nachdem Selbige, als am ersten, andern
und dritten Rechtslage mit zwei Trommehi auf den vier LandstraÜBen
eingeschlagen worden, nicht erschienen sind, für Recht erkannt:
„Obenbeschriebene Kunz Steffen u. s. w. sollen hinführo Alle für
zweifelte Eid- and £hrveii|^ene, Ehrlose, feldtiüchtige Schelmen,
Dieb und Bösewichter, so in kaiserlichen Rechten mit dem Strange
zum Tode verurteilt sind, ilir Leben lang gehalten und bei keinen
ehrlichen Kriegsleutcn, Regiments- Fähnleins oder Rotten -Weise, es
sei im Felde, Besatzungen, Städten, Schlössern, Hecken, Clausen, auf
dem Wasser oder zu Lande, Summa keinen Ort oder Platz aus-
genommeu, wo sich ehrliche Kriegsleute gebrauchen lassen, gelitten
werden. Sondern sie sollen, wo sie betreten, an einem dürren Baume,
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Soldatapteben im dOjibrigen Eriige.
228
weil sie den grünen nicht würdig, gehenkt werd«ii. Auch soll allliier
in diesem Lager ihre Namen der Scharfrichter an den Galgenpfosten
öffentlich zn sehen anschlagen. Gesprochen im Feldlager vor
Magdeburg NoTcmber Anno 1630''. Iüerau£ brach der Schultheüs
seinen Stab.
Der Profufs brachte nun noch eine dritte Klage vor: „Es sei zu
verurteilen eine Weibsperson: Katharina Warn bsin wegen ihrer Misse-
tat, weil sie bei Nacht und Nebel als eine heillose ehrvergessene
Hure von ihrem Ehemann entlaufen, in das Lager unter das Regiment
gekommen, ihres freien Lebens mit Jedermann gepflogen, dadurch
auch etliche gute Gesellen mit „I rantzosen" beleidigt und um ihre
Gesundheit gebracht, neben ihrem unzüchtigen Leben gestohlen und
was de kxMmte bei Tag und Kaclit genommen babe. Daranf bin sei
rie ergriffen und mit Bntben ans dem Lager gestäupt und des
Landes verwiesen worden bei Verlust des Leibes und des Lebens.
Hierauf habe sie sich eine Zeitlang des Lagers enthalten, sei aber
nochmals heimlicherweise in yerstellter Gestalt zniückgekommen um
in verborgener Weise das vorige Leben wieder anzu&ngen. Dero-
wegen bittet und begehret der Profolb, dals sie noch selbigen Tages
ihr zur Strafe und Anderen zum Exempel möge hingerichtet werden.
Dies beschlofs auch das Gericht und bestimmte, der Profofs soll
Torgemeldete Weibsperson nehmen und, wenn die sonstigen Gepflogen-
heiten stattgefunden, sie dem Nachrichter überliefern. Der soll sie
hinausführen zum nächsten Wasser und dasselbsteii in einen Sack
stofsen, darnach in das Wasser, wo es am tiefsten versenken und
nicht herausziehen, bis sie vom Leben zum Tode gebracht ist. So
ist dem Rechten genug goscheben. Gott gnade der Seele". Auch
hier zerbrach der Schultheifs den Stab. —
Beinahe zur selbigen Morgenstunde hatte der Umschlag die
FÄhnlein eines anderen Regimentes auf eine andere Stelle des
breiten Lurmplatzes versammelt. Dort sollte Spiefsrecht statttinden,
welches man auch das Recht für den gemeinen Mann oder das
Reoht der langen Spiefse nannte. Es war eine Art Standgericht,
welches zusammen trat, und wenn die liissethat klar und offen war,
ferner, „dals ancbder gemeine Mann sehe und lerne, wie sehwer es
sei, Uber Menschenblut zn urteilen.'* Sobald das ganze Bagiment
beisammen war: Offiziere, Gerichtslenta und die Söldner mit ihren
Spieiben, wurde der Artikelbrief verlesen und dann der Hau& veimaJint
und vereidigt, gut Regiment zu halten. Dann führte der Profolb den
Gefangenen in den Ring, welchen die Kriegsleute gebildet hatten,
und liefo durch den Fürsprech die Klage vortragen. Ein schon oft
und schwer bestrafter Knecht hatte sich seinem Fähnriche gewalt-
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SokUtenlebeu im SOjahhgen KjAegb.
tlifttig widenetety dann mehrere GeseUen aufgewiegelt und niditeni
den FShnnoh überMen, dab an deesen Aiifkoimiie& gesweiMt wird.
WtÜireiid die Enrnpane die Flucht ergriffen, gelang es, den Haapt-
menterer feeteanehmen und in Eisen an legen.
Nach geschehener Anklage wurden nun die Zeugen voigerufen und
▼emommen. Der FOrspvech des Angeklagten suchte letzteren zu be<
schönigen, so gut er konnte, der Fürsprech des Profossen aber blieb
bei seiner Anklage und wiederholte sie noch ein zweites und drittes
Mal. Nach dieser dreimal erfolgten Klage kehrten die Fähnriche ihre
Fahnen um, die Spitzen zur Erde gesenkt, und nun sprach ein Feldr
webel: „Ihr lieben Kriegsleuto, da stehen die Fähnriche mit um-
gekehrten Fahnen und wollen sie auch nicht eher wieder flietren
lassen, bis das Übel gestraft worden, damit das ßegimeut gestärkt
und nicht t(eschwächt werde."
Hierauf riuf man einen alten und verständigen Kriegsmann in
den Ring und bat ihn bei seinem Eid um Rat und Urteil. Dieser
lehnte ab, indem er sagte, dafs er nicht weise und verständig genug
sei und begehrte 40 weitere Kriegsleute als zweiten Rat, um ein Urteil
abzugeben. Diese berieten aulserhalb des Ringes und veilaugteu dann
noch- ^nen dritten Bat ton 41 Eriegsleaten. Nach längerer Umrede
stimmten zwei der Bäte ttberein, und so konnte nun das Urteil ver-
kündet werden. Dieses lautete mit seinem HauptworÜaute: „Der
Profbls solle dem Angeklagten einen Beichtvater geben, so er es be-
gehre, hierauf eine Gasse machen gegen den Aufgang der Sonne *und
den ÜbeUhäter durch die langen Spiefie jagen.**
Während sich nun die Fähnridie gegen den gemeinett Hann be-
dankten, dafs er so willig, ehrlich und ehrenhaft gewesen, gut Begimmit
zu stärken und zu halten, wobei sie ihre Fähnlein in die Höhe warfen
und fliegen liefsen, sprach ein verordneter Prädikant dem armen
Sünder aus Gottes Wort Trost zu. Der Profofs bat den Befehlshaber,
eine gute Gasse maclien yai lassen. Die wurde dann gebildet derart,
dafe vom die mit d< ii kurzen Wehren standen, nämlich mit den
Spadonen und Helleparden, dahinter aber die Piquenierer. Am oberen
Gassenende aber stellten sich die Fähnriche auf mit den nuTuuehr
wieder fliegenden Fahnen. Der Profofs ermahnte die Kriegsleute,
dafs Jeder die Gasse wohl verwahre, denn wer den armen Gefangenen
durchUefsc, der müfste in dessen Fufsstapfen treten, auch sollte
Niemand an dem Übelthäter alten Schaden rächen wuilcn, sondera
es möge nur gerechter Strafe genüge geschehen. Hierauf liefs er
dreunal umschlagen und IShrte den Gefangenen, den er aus dem
Eisen' genommen hatte, dreimal die Gasse auf und ab^ damit derselbe
bei männigKch Urlaub nehmen und um Verzeihung bitten könne, auch
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SoldAtenleben im SOjlbzlgen Eriese. 225
redete er ihm zu, daSa er selber Allen verzeihen möge, hier auf Erden,
Tor Gott im Hkunflil, und sterbe ab Qiriat und frcnimer Eriegsmann.
Nnn ergriff auch ein Fälinrich das Wort und rief dem VermrteQten
so, er möge nicht verzagen, sie woÜten ihm mit ihren Fahnen auf
halbem Wege entgegen laufen, damit er rascher sterben könne. Der
Profo& mit seinem Fürsprech nahm dann ebenfaDs vom armen SQnder
Uiianb und bat, er möge ihm veizeihen, denn ms er gethan, habe
er Begiments halber thun müssen.
Der Missethäter, der anfangs trotzig gewesen, seit Urt^ils-
Terktindigung aber recht niedergeschlagen geworden war, fafste sieh
nnn auf den Zuspruch hin und sprach frischweg zu seinen Kegiments-
gesellen: „Liebe Kriegsleute! ich thue Euch jetzt freundlich gesegnen
und befehle Euch raeinen Leib und mein Leben, Gott und der heiligen
Dreifaltigkeit meine liebe Seele und bitte, mir die Pein zu verkürzen.
Wer mir den ersten Spicfs durch das Herz sticht, der ist mein beater
Freund, hier und in Ewigkeit, Amen."
Die Kriegsleute hatten ihre Spiefse gesenkt, so dafs dazwischen
nur eine enge Gasse frei war. Der Profofs stellte den Gefangenen
an das eine Ende fjegon Sonnenaufgang und sprach: ^ Fahre nun hin
im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des lieiligen Geistes I"
Mit den Worten: y^UeU ihm Gottl so sticht auf ihn, wer stechen
kaunl** stieb er ihn, vShrend alle Spiele gerfihrt wurden, von sich
in die Gasse^ wo der Verurteilte schon nach wenigen Sdhritten nieder-
gestochen wurde.
Da nun der arme Sünder Tendueden war, bedankte sich der
Ftofois gegen das ganze Regiment und mahnte^ es möchten Alle ein
Exempel nehmen, jetsund aber niederknien und ein Vaterunser beten
aum Tröste der annen Sede. Dann aogen sie dreimal um den Toten
hemm, wobei die ^lusketiere dreunal ihre Gewehre abochossen, well
nunmehr die Ehre des Regimentes wieder hergestellt war. Der Hin-
gerichtete wurde zur Erde bestattet, die Fähnlein aber zogen mit
Trommeln in ihr Losament.
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XTL
MilitBrisohos oqb Rfl f fll ftuflt
BOdang n«i«r Dr»gon6r-B«gimeatar. — NeabÜdnngin b«i dir Fdd-ArtiUetfo.
— Berichte der OfBzier-Schiefsschule Ober Prafungen des Drei-Linien>Gewt]in
und des Drei-Linien-Revolvers. — Hct)unpr der wiwenaditftliflhep BUdniig
der Olliziere.
Es vergeht kaum ein einziger M(»Ukl, dbnae dftfii nicht organi-
satorisohe Maiaoahinen der Heeresverwaltung zu Toseichnen sind.
Ganz besonders reich ist aber an Neuformationen von Truppenteilen
der verflossene Monat (September) gewesen. Diese Neuformationen
betreffen zunächst die Bildung zweier Dragoner-Regimenter,
Nr. 49 (Archangelgorod) und Nr. 50 (Irkutdk), aus denen die 1. sclbst-
ständige Kavallerie-Brigade forüiirt wird. Bei der jetzigen Ver-
teilung der Truppen auf die Militär-Bezirke haben drei Armee-Korps
in den westlichen Grenzgebieten (und zwar das IV. in Minsk, das
XVI. in Witebsk und das XVIII. in Dorpat) keine Kavaliene-Divisiun;
es ist daher anzunehmen, dals die neugebildete Kavallerie-Brigade
einem dieser Korps zugeteilt werden wird. Ferner wnrde Ar diese
beiden Regimenter ein neuer Kadre des EaTallerie-Ersatses
(Nr. 11) zfBi2 Abteilung^ gebildet, welcher mit dem bisher selbstp
ständigen Kadre Nr. 16 2ur 8. Brigade des Kavallerie-Ersatzei
terainigt wird.
Den Hauptteil jedoch an den Nouformationen bat die Feld-
Artillerie, der jetzt unaaegwetst das gröftte Interesse sagewandt
wild. Früher das Stiefkind der rassischen Armee, sucht man sie
jetzt mit aller Macht durch organisatorische Maisnahmen , Nea-
bildungcn, Verbessernng des Materials, Hebung der Bildung des
Ofiizier-Korps u. 8. w. auf die gleiche Höhe der Kriegsbereitschaft mit
den übrigen Waflfen zu bringen. Nachdem im Frühjahr dieses Jahres
dem Hauptübelstando in der Gefechtsleitung der Artillerie durch die
Bildung von Abteilungen („Divisionen") abgeholfen worden war,
bestand die jeder Infanterie-Division zugeteilte Artillerie-Brigade aus
2 Dirisionen zu je 3 Batterien (zu S Geschützen); die beiden Batterien
jeder Kavallerie-Division bildeten ebenfalls eine Division, doch ist
hier die Bildung der Abteilungen noch nicht ganz durcli^etuhrt. —
Die beiden Batterien jeder Sohüizeu-Brigade waren bisher nicht in
den Abteilungs- Verband getreten.
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Militärisches aus Ruütland.
227
Durch Prikas vom 17. 9. d. J. sind am 1./13. Oktober 189') neu
zu bilden: a) drei leichte Garde-Feld-Batterien, welche als 7.,
8. und 9. Batterie der Leibgarde 3. Artillerie-Brigade (in Warschau)
nonteilsB eind; b) zehn leichte Feld-Batterien, von denen je 2
ak 7. und 8. Batterie in den Verband der 2. (Bjela, GonTemement
Sjedles)) 4 (im Oeavemement Lomsha), 6. (Ostrow, Gonveniement
Lomeha), 10. (Lods, GonTemement Petrokow) und 18. (I<jnblin)
Artülerie-Brigade treten; c) fünf leichte Feld-Batterien und zwar
je eine, ab 3. Batterie, für jede Schützen-Brigade des europÜBChen
RolUandB. Sämmtlicbe Batterien haben im Frieden 8 Geeohfitze be-
spannt. Aus der neugebildeten 7., 8. und 9. Batterie der Leibg. 3.
Art.-Brig.. sowie aus den 7. und 8. Batterien dor 2., 4., 6., 10. und
18. Art.-Brigade wird je eine Abteilung; (Division) formirt. Des-
gleichen bilden die ■> Batterien ('2 alte und 1 neugebildete) jeder
Schützen-Brigade des Europäischen Bufslands eine Division.
Bei dieser Mnfsre^el ist vor allem bemerkenswert, dafs die
Artillerie-Brigaden, bei denen die Neubildungen stattfinden, sämmt-
lich dem Militär-Bezirk Warschau angehören, und zwar ist
jedes der füllt" Armee-Korps dieses Militärbezirks, sowie die in Warschau
stehende 3. Garde-Inf.-Div., um 1 Abteilung zu '2 Batterien (3. Gurde-
Div. 3 Batterien) zu je <S (ieschützen verstärkt worden. Da uufaerdem
von den 5 europäischen Schützen-Brigaden ebenfalls 3 (5., 1., 2.) an
der preufsischen Grenze stehen, so bedeutet diese neue organisatorische
Maisnahme eine Vermehrung der russischen Artillerie an unseren
Grenzen um 16 Batterien mit 128 Geschützen. Dab diese Neu-
formation nnr der An&ng für die VerstSrlrang der Feld-ArtiUerie
sind, lä&t sidi wohl mit Sicherheit annehmen.
Hiermit sind aber die bereits befohlenen organisatorischen Neu-
bildungen bei der Artillerie noch nicht erschöpft Bei der 35. Artillerie-
Brigade, welche ihre 4. und 5. Batterie zur BQdung einer ^ selbst-
ständigen Transbaikal-Artillerie-Abteilung*' abgegeben hatte,
sind zwei neue Batterien gebildet. Desgldehen hat das 2. Mörser^
Regiment (Militär-Bezirk Kijew), welches 2 Batterien an die ost-
sibirische Artillerie- Brigade abg^eben hatte, zwei neue Mörser-
Batterien erhalten. Es haben nunmehr augenblicklich das 1., 2. und
3. Mörser-Regiment (in den 3 westlichen Grenz-Mihtür-Bezirken) je
4 Batterien, das 4. und 5. Mörser-Regiment (in den Mil.-Bez. Peters-
hiiv'^ und Moskau) nur je 2 Batterien; am 1. Oktober 189fi sollen
bei den bt-iden letzteren Regimentern je 2 Mörser- Batterien ge-
bildet werden, so dafs alsdann jedes der fünf europäischen Mörser-
Regimenter 4 Batterien hat.
1 ) ie 0 f f i z i e r - S c h i e f s s c h n 1 e hat mederum einige Berichte
Jahrbücher fttx die Ueaüiche Armee ood Utriuc. Ud. 97, 2. IQ
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Milit&rwche« aus BoitUuid.
TerÖffe&tlidit» die iBanches BeiMrkenBwerte fibar die neuen nuaadien
Handfeuerwaffen und ihre Leistungsfähigkeit enthalten. Der erste
Bericht^ hehandelt die Prüfung Yon Drei-Linien-Gewehren
H. 1891, welche in verschiedenen Fabriken angefertigt werden.
Um die einheitUdie Anfertigung und Abnahme der 3 Iduien-Gewehre
zu prüfen, werden alle 4 Monate von den Bezirks-ArtiUerie-Deiiota
je 10 Gewehre ohne Auswahl, aus den in den letzten 4 Monate
empfangenen, an die Offizier- Schiefsschule übersandt, und zwar
sowohl in Frankreich hergestellte Gewehre, als auch Gewehre
der 3 russischen Fabriken Szestroijezk, Tula und Ishow. Im Februar
diesem Jahres waren zur Prüfung 40 Gewehre (äO Infanterie- 10 Kasaken-
Ge wehre) eingesandt. Nach genauer Besichtigung der Gewehre und
Anschiessen derselben auf 100 Schritt, fand ein Schiefsen ano
Gestell auf 200 und 400 Schritt statt; aus den Ergebnissen ist
bemerkenswert, dal's die Anfangsgeschwindigkeit 598—606 m
betrug, während die Schiefsvorsi Inift C^'20 m angiebt; die Seiten- und
Höhen-Abweichungen waren zienilich die gleichen, wie sie in der
Schiefsvorschrift angegeben. Alsdann wurden die Gewehre im
Schnell- und SaWen-Feuer geprüft. Schnellfeuer wurde im
Verlaufe einer Minute auf 210 m (300 ) gegen Schnlscheiben hinter
einer 2,1 m (3 Arschinen) starken Sohneebmstwehr abgegeben,
die ScbQtsen entnahmen die Patronen der Patronentasdie am Leib-
riemen: Sahenfeuer wurde auf 210 m (300 und 570 m (800 gegen
Sohneebmstwehren von derselben Stftrke abgegeben. Im Schnell-
feuer wurden durehschnittÜch aus jedem Gewehr 21,3 Schüfe in der
Ifinute abgegeben, wobei übrigens bemerkt werden mufe, dafe es auf
Treffargebnisse nicht ankam; bei einigen Gewehren traten Lade-
hemmungen ein, doch waren dieselben unbedeutender Natur, so dafs
die <]:eringste aus einem Gewehr in der Minute abgegebene Schufszabl
Ii) betrug. — Was die Durchschlagskraft der Geschosse
betrifft, so wurde die 2,1 m starke Schneebrustwehr nirpjends durch-
schlagen: die Eindri ngungstiefo beti'ug auf 500 ni Entfernung
ca. 1,4 m, auf 640 m (),'J m; trafen mehrere Geschosse ein und
dieselbe Stelh», so wurden Lüclier bis zu 1,8 m Tiefe in den
Schnee ausgehöhlt. — Nach erneuter Besiclitigung der Gewehre
wurden bei je 2 Gewehren jeder Fabrik sämmtliche Schlofs-
teile innerhalb der Gewehre derselben Fabrik unter-
einander ausgetauscht; Alles funktiunirte vortreftlich. — Alsdann
wurden je 2 Gewehre jeder Fabrik vollat&ndig auseinander
genommen und aus doi ausdnander genommenen üieilen neue
>) Rosa. Invalide Nr. 160.
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Militärisches aas Kuislaud.
229
Gewehre so zusammengesetzt, dafs in jedes Gewehr, in gleicher
Zahl, Teile aus allen Tier Fabriken kamen; hierbei war nur
ein AoBBuchen des Answerfers erforderlich, alle Übrigen Tefle paCsten
TollBtandig. Mit den so zusamniengeaetzten Gewehren wurde dann
iriedemm, wie oben, SöhneUfeoer abgegeben, wobei durcbachnittUcb
ans jedem Gewehr 22,8 Schub in der Minute yersohoesen wurden;
nach dem Schieiaen wurden die Gewehre wiedermn sorgffiltig unter-
Bodit, wobei och keinerlei Fehler oder Beaohftdignngen «rgaben.
Der Bericht der Sehielsschule schlielst folgendermaleen: ,,Die Ergeb-
nisae aller beschriebenen Versache sprechen für sich selbst. Man
kann gewifs sein, dafs keine der fremden Armeen ein Gewehr
besitzt, welches, wie das unsrige bei vorzüghchen ballistischen Leistungen
bezüglich der Flughöhe und Trefl^genauigkeit, wie bei grofser Feuer-
geschwindigkeit, auch noch ein so weitgehendes wechselseitiges Aus-
tauschen der ein/eliicn Teile gestattet, wie dieeea bei allen Versuchen
der Schule beobaclitet worden ist."
Des Weiteren veröfFentliclit die Schiefsschule Nachrichten über
Prüfung des neuen Revolvers*). Durch einen Ende Mai d. J.
erlassenen Prikas wird für alle Offiziere, sowie tür die mit Revolvern
bewalTncten Unterchargon , — an Stelle des bisherigen Revolvers
Smit und Wesson, — der Drei-Linion-Revolver, System Nagaiit
eingeführt. Das Kaliber des Revolvere ist das gleiche, wie das des
Gewehrs, d.h. 7,626 mm (3 Linien); sein Gewicht beträgt nnr 780 gr.,
er wiegt also ungefähr 1 Pfund weniger, als der Revolfer Smit-
Weaaon. Die Patrone hat eine Metallhülse mit Baad, deren LSnge
ein wenig grölser ist, als die Lftnge der Kammern der Trommel, so
dafe bei geladener Trommel die Torderep Enden der Hülsen ein wenig
fiber den Tordwen Rand der Kammer vorstehen. Das Bleigesohois,
dessen Spitze über dem vorderen Band der Patronenhülse nicht hervoi>
ragt, hat einen Melchior-Mantel und sitzt direkt auf der 0,8 gr
raudüosen Pulvers betragenden Ladung. Der Revolver ist unserem
Dienst-Revolver sehr ähnlich, doch hat die Trommel 7 Ladekammern.
Eine weitere Eigentümliidikeit des Revolvws besteht darin, dafs die
Trommel bei nicht gespanntem Kevolver' vom Laufe etwas zurück-
steht und dafs sie heim Spannen, nach erfolgter V? Drehung, eine
Vorwärtsbewe'^niTig bis an den Lauf licrnn luaclit und mit dem ring-
fürmig vertieften vorderen Ausgang <lrr Kammer das hintere Ende
des Laufs umfafst; hierbei tritt das aus der Kammer vorstehende
Ende der Patronenhülse in den Lauf ein, wodurch ein Entweiclicn
der Pulvergase zwischen Lauf und Trommel verhindert wird; nach
*) Boas. Invalid« Nr.m
16*
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Milit&iiMlM» MB EolUand.
dem Abdrücken tritt die Trommel wieder in ihre ursprüngliche Lage
zurück. Die Anfangsgeschwindigkeit beträgt 275 m. Die Treff-
genauigkeit ist bis auf 50 m eine gute; der Radius des Kreises, in
dem sich die bessere Hälfte der Treffer (50%) befindet, beträgt auf
dieser Kiitfernung 7 cm; auf "25 m Entfernung werden drei Zoll starke,
mit 3 Zoll Abstand hintereinander stehende Hchtenbretter von allen
Geschossen durchschlagen; auf 140m dnrehidilagen sftmmiliche Qe-
Bchoase nodi ein solobee Brett Bs zu 35 m ist die Höhenabveiobiiiig
eine sehr geringe, so dab man stets Fleck halten kann; auf 150 '
(106 m) mnis man ungefthr 40 cm höher halten. Die Revolver werden
vorläufig in der Fabrik von Nagant in Lftttich in Belgien angefertigt;
spitter sollen sie auf den mBsischen Staats-Gewehr-Fabriken heigesteint
werden; da der Drall der 4 Zfige des Laufes der gleiche wie beim
Drei-Iinien-Gewehr ist, so können zum Einschneiden der Züge die
gleichen Maschinen, wie bei Herstellung der Gewehre verwendet
werden. Aufserdem ist man liicnlure h in der Lage, audi ausrangirte
Gewehrläufe, durch Zersdmeideu, in Revolver-Läufe zu verwandeln.
Der Hebung der wissenschaftlichen Bildung im Offizier-
Korps wird unausgesetzt grofse Sorp^falt zugewandt. Von .Tabr zu
Jabr 'W'ird die Zahl der aus den Kriegsschulen in die Annee tretenden
Offizieren eine grölsere, so dafs sin jetzt bereits um ein gutes Teil
die Zahl der aus den Junkerschulun beförderten (Offiziere überwiegt.
Durch Verwandlung der Konstantin-Kriegsschule in eine Artillerie-
Schule und durch Verdoppelung der Schülei*zahl in der Nikolaus-
Ingenicur-Schule sucht man den Bedarf der Spezialwaffen an Offizieren
vollständig aus den Kriegsschulen zu decken. Die Zahl der Kadetten
in den verschiedenen Kadetten-Korps ist vom 1. Oktober ab um 350
erhöht worden; aufserdem ist die Militär -Schule Jaroslawl,
welche bbher scfliledit beanlagte Zöglinge der Kadetten-Korps zu den
Junkerscfanlen vorbereitete, in ein Kadetten-Korps mit 400 Zög-
lingen, welche auf Staatskosten unterhalten werden, verwandelt worden.
Aber auch dem sehr fühlbaren Mangel an Reserve-Oifizieren ist
man abKohelfen bestrebt; da durchaus keine Neigung besteht, Reserve-
Offizier zu werden, so wurde im Jahre 1886 die Stelle von ^e-
feldweheln der Reserve geschaffen ; die Beförderung zum Yizefeldwebel
ist abhängig von der Ablegung eines Examens, zu welchem die Frei-
willigen 1. Bildungsstufe nach Beendigung der Li^erübnng des ersten
Diens^fabres, die Looszieher 1. Bild\ni<jsstufe im zweiten Dienstjahre
zugelassen wurden. Da diejenigen, welche das Examen bestanden, be-
stimmungsgeniäl's nicht ihr volles Jahr aus/ndionen braueliton, sondern
sofort zur Reserve entlassen wurden, so halten die meisten \'izefeldwebel
(Praporschtschiks) nur ü Monate bei der Truppe gedient; da auiserdem
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Kkine heeresgiMchichtllcbe Xitteiliingen. 231
dieKornj^agnie-Cbefr sehr geringes Interesse an der Ansbüdong dieser
Freiwüligen hatten, so war der Erfolg ein geringer. Es sind daher
muimehr ansführiiehe Bestimmungen fnr die Ausbildung der
Freiwilligen und Looszieher erster Bildungsstufe erfassen
worden; femer haben auch diejenigen Freiwilligen und Looszieher,
welche das Examen bestehen, ihr volles Jahr (bzw. die Looszieher
1. Bildungsstufe ihre 2 Jahre) bei der Truppe zu Ende zu dienen;
nnd schliefslich wird jeder Freiwillige 1. Bildungsstufe yerpfliohtet,
das Examen zum Praporschtschik abj^ulofjen. — Aber so viel man
auch in dieser Beziehung auf Abhülfe sinnen mag;, die Versorgung
der mobilen russischen Armee mit Reserve-Offizieren bleibt ein wunder
Punkt in dem Organismus der russischen Armee.
Um über die vor Sr. Majestät am 20., 21. und 22. August statt-
gehabten Manöver zu berichten, fehlt es heute an Raum, weshalb
wir im nächsten Monat einen kurzen AbriTs der gröiseren Truppen-
übungen bringen werden.
d. 1. 10. 95. Y. T.
xm
Kleine beeresgeschiclitliolie Mitteilungen.
1. starke Verluste einzelner preul^iseher Beglmenter im
siebeiyährigen Kriege. Das Berliner Regiment von Meyerinck
(Nr. 26) verlor, nach den Abgangslisten, an 5000 Mann in den
7 Eriegsjahren, also fast das 3 fache seiner Etatsstärke. Von den 1756
ausmarschirton alten Soldaten kehrten 1763 nur 50 zurück! — Das
Dragoner-Regiment v. Plettenborg (Nr. 7) verlor 20 Offiziere,
87 rntcioltiziere, 1().32 Dragoner, teils geblieben, teils an Wunden
und Krankheiten 'jostorben, aufserdem 1989 Pferde. Es ist dies weit
über das Doppelte der Etiitsstärke dieses ö Eskadrons starken Regiments.
Es hatte in 3 grofsen Schlachten, 60 gröfseren und kleineren Ge-
fechten gefochten, SS Kanonen, gegen 1000 Pferde erbeutet, 54 Offi-
ziere und etwa 4000 Mann zu Gefangenen gemacht, 8 feindliche
Kavallerie-, 5 Infanterie-Regimenter völlig niedergeritten und zerstreut.
(Geschichte des litthanischen Dragoner-Regts. I. 189.) 8chbg.
2. Das PreuTsengrab liel Bann. „Die eine halbe Stunde von
der Stadt Rann in Untersteiennark entfernte nnd an der Agramer
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Ebiiie hoemgesehiehfUdie Ifittcilungen.
Stralse sieh linkB hinziehende Anhöhe ist die Grabstätte von 3- bis
4000 Ptenfaen. Sie gehörten ziim General Fink'schen Korps und
wurden in der Schlacht bei Ifaxen (1759) ge&ngen. Von den dordi
Bann ziehenden und nach Earlstadt bestimmten Abteilungen Btarben
im Jahre 1759 über viertehalbtausend in der Gegend von Rann an.
dor roten Ruhr, die damals in erschiocklichor Weise grassirte.**
So berichtet der um Steiermark hochverdiente [Historiker Karl Schmutz
auf Seite 600 seines historisch-topographischen Lexikons von Steier-
mark (Graz 182'2). Schon im Jahre 188'i siiclite ein Gewährsmann
der Wiener „Presse"^ im Ranner Starltarcliiv nach Urkunden, welche
dies erhärten sollten, da Schmutz seine Quelle nicht antriebt. Allein
vergebens, da viele Dokumente aus diesem Jahre verloren gegangen
sind. Es ist dies um so mehr zu bedauern, als die übertrieben grofse
Zahl (3 4000) zu Zweifeln berechtigt. Doch bleibt es Thatsache,
dal's hier, weit von der Heimat, eine gi'ofse Zahl preufsischer Krieger
ewige Ruhe hält. Aus dem Städtchen Rann führt nächst der Agramer
Stralse eine Allee zu dem ehemals „Rannenhof" genannton Meierhofe.
Die mooBbevachseiien Wirtschaftagebäude sind jetzt verlassen^ die
Ställe leer. Vom Rande der Allee, die zum Meierhof fOlhrt, dehnt
sidi ein Hügel aus, und dieser Hügel wölbt sich über dem Preulsen-
grabe, von dem Sdimutz berichtet. (Laihacher Zeitung.) Schbg.
3. Über das tägliche Leben in der Mflitänelmle Ton Saiat-
Cyr, wie es die Zöglinge im Jahre 1816 und den nächstfolgenden
ftihrten, berichtet einer you jenen, der 1883 gestorbene General de
la Motte-Rouge, im Jahre 1870 Befehlshaber der 1. Loireanuee, in
seinen Erinnerungen : Um 6 Ulir früh schlug der Trommler vom Dienst
in den Scblafsälen die Tagwache ; die Zöglinge erhoben sich und ver-
sammelten sich zum gemeinsamen Gebete, welchem anderthalb Arbeits-
stunden folgten ; dann wurde der Anzug vervollständigt und das Früh-
stück genommen, das in einem von den Aufwäiiem einem jeden unter
uns gereichten Stück Hrot und in einem Glase Wasser bestand,
welchem etwas Essig zugesetzt oder durch eine geröstete Brodrinde
eine gewisse Färbung gegeben war. \'on 9 bis 1 1 Uhr war Unter-
richt, von 11 bi.s 12 Uhr Arbeitsstunde, dann ward schweigsam, im
Beisein des diensthabenden Hauptmanns, das Mittagessen eingenommen.
Die Zeit bis V/^ Uhr war der Erholung gewidmet, je nach Jahreszeit
und Witterung wurde sie auf dem Spielhofe oder in den Sälen ver-
bracht. Bis um 3</t Uhr war wiederum Arbeitsstunde, dann ward
ein Vesperbrod, dem Frühstück ^eichgeartet, gereicht. Um Uhr
ging es von neuem in die Arbeitsstunde, welche bis um 6Vt Ühr
dauerte. Um 7 Uhr ward zu Abend gegessen; die Zeit bis zu dem
um 8Vt tJbr stattfindenden Schlafengehen gehörte der Erholung imd
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iCl6iii6 iMtraigMoilioihtliolio lOUtilhnii^»
233
einem gemeinsamen Gebete. — Die Kost, welche veiabieicht wurde,
war nicht gerade leoker, aber gesund und reichlich. Mittags gab es
meist eine Fleischsuppe, gekochtes Rindfleisch, eine Gemüseschüssel, ein
Glas Wein und ab und zu einen Nachtisch; das Abendessen bestand
aus Hammelbraten, Gemüse und Salat. Am Freitage trat Fisch an
die Stelle des Fleisches. Die Zucht war ernst, aber väterlich und
dem jugendlichen Alter der Zöglinge angemessen. Bei schwereren
Vergehen ward Arrest verhängt, leichtere wurden mit einer Schul-
strafe oder mit Auschlufs von den gemeinsamen, Freitags und Sonn-
tags von 1 bis 4 Uhr im Schlofsgarten von Versailles, in der Um-
gegend von Saint-Cyr, im Gehölze von Satory oder auf den Strafsen
nach Chartres und naxih Saiut-Germain unternommenen Spaziergängen
geahndet. — General de la Motte-Rouge brachte in der Militärschule
sechs Jahre, vom dreizehnten Ins znm neunzehnten eeines Lebens, zu;
1316 anfgenonmien, yerlieb er die Anstalt 1822, um als Offizier bei
einem In£Euiterie-Regiment in der ProTinz in den praktiadben Dienst
an treten. 14.
4. Farbe der Oewehrsdiifte Im fritoidaalMlieii Heere.
Die Schäfte der Gewehre waren 1753 (nach einem fiande Hand-
aeiohnnngen, angefertigt Gkt den Erbprinaen Ton Heawn^Dannatadt)
flimmtUch hellrot angestrichen. Ausnahme machten nur das Be^pment
Anhalt Nr. 8 (bis 1747 Regiment Leopdd's Ton Anhalt-Dessau) und
das Grenndier^lardehataiUon Nr. 6 (Tormalige „Biesengarde*^ Friedrich
Wilhelms L), die braune, dann das Regiment Garde zu Fuls Nr. 15,
das schwarze Schäfte hatte. — SpSter, nach dem 7jährigen Kriege, sagt
Berenhorst (II. 343) erhielten sämmtliche Regimenter, mit Ausnahme
des Regiments Nr. '3^ schwarze Schäfte, die gefiinüst wuiden. Die
Gewehrriemen wurden rot lackirt Schbg.
xTm.
ümsohBQ in der Militär-Littorator.
I. Ausländische Zeitschriften.
Htrefflpnr's österrpichisehe militärische Zeitschrift. (Sep-
tember). Die Zahl als M<»tor der Strategie. — Der kleine Kheg. — Die
Artillerie in den Kriegen der Neuzeit.
Organ der militär-wissenschaftlichen Vereine. (61. Bd. 2. Hell).
Moderne Kampfimttel im Feldkriege (Major MtÜler von UttUwerlh). —
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334
ümaduni in der MilltSr>Iittenitar.
Erfahrungen gelefj^entlich von Patroaillengängen im Hochgebirgo von Tirol
(Hptm. K(>llcr). General Dragomirow über das psychologisclu^ Moment
in der Kriegführung. {Aus d. Russ. übers, von ^rajor Bus.sjägcr).
Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Goniewesens.
(8. and 9. Heft). Übersicht der Versuche auf dem Gebiete des Artilierio»
und WaffenweaenB (Hptm. Haam). — Über den £inflii6 von Poft6e>
DiffBroDsen der GeaehtttBO auf die FriloBion des EinsehieAens (Hauptm.
Stmad). — Ein Artillerie-Schiefsspicl Apparat (Hptm. SchSffler). — Feld-
mäfsige und halbpermanente Brückenbauten in Indien.
Armeeblatt. (Österreich.) Nr. 35: Zehn Jahre Galizien. — Das
deutsche Heer in französischer Behmchtung. Nr. 36: Politik und Heer. —
Der Sturm auf die Brücken- Batterie vor Venedig am 5. Juli 1849. Nr. 38:
Der deutsche Kaiser — österreichisck-ungariscber General der Kavallerie.
— Die KorpsmanOver bei Bndweia-Kaplita. Kr. 88: Die Uraacbeik der
Iffiege und Niederlagen im Kriege 1870. (Besieht sich auf das Werk des
russ. Generals Wolde).
Militär- Zeitung. (Österreich.) Nr. 30: Volksschule und Politik.
— Die Hamidieh-Kavallerie. Nr. 31: Für Wittwen und Waisen. - Heer-
wesen und Marine in Italien. (Aus Meyer's Convers. LcNikon). Nr. 32:
Das Wcifse Kreuz. — Die Kaiseruianöver in Budweis. Nr. 33: Keformeu
im Einquartierungswesen. — Über das französische Oftizierkorps.
Die Belehswehr. (Österreich.) Hr. 807: Die franzasischen Fh»tteii>
manöver. — Ans den russiachen Sommerlagern. — Bulgarien. Kr. 808:
Bestrafung und Beurlaubung der MilitSrzüglinge. — Die franatfsischea
Flottenmanöver (Schluls); es wird betont, dafs dieselben die ungenügende
Schlagfertigkeit der französischen Marine dar^'ethan hätten, dafs das Problem,
ein Geschwader auf See Hufzusucheti . keine Utopie, dafs die Blockade
heutzutage vollkommen undiuxhiuhrbar bei und die gepanzerten Kreuzer
bei schwerem Wetter ihre Oeschütse kanm gebrauchen können. Vr. 808:
Die diesjährigen Manöver der englischen Flotte. Vr. 810: Mobile JSger-
Bataillone. — Die diesjJihrigen Manöver der engliehen Flotte (Schlolk).
Nr. 811 : Mobile Jäger- Bataillone (Schlufs. — Quid novi ex Macedonia y Nr. 812 :
Der Aufkljirunj,'sdienst Ijei den englischen Flottenmanövern. Nr. 813: Die
Budweis Kaplitzer-Manöver. Nr. 814: Die B.-K. -Manöver (Forts ). Nr. 815 :
Dasselbe (Forts.;. — Das -riochischu Kriegsltudyi't. Nr. 816 : Die B.-K.
Manöver (Forts.). Nr. 817: Dasselbe (Forts.). — Äuderuugeu im Scliiffa-
baokorpa der k. und k. Kriegsmarine. Vr.8il8: Die B.<^K.*Man({v«r.
(Forts.). — Kordische Kriegsthmnnngen. Hr. 818—881: XHe B.-K.-Hanöver
(Forts.).
Journal des seiences militaires. (August.) Taktik der ver-
bundenen Waffen. — Feldzug 1814 (Forts.). — Grenzen und Festungen
der wichtigsten Mäclite (Forts ). IV. Defensiv-Organi.s,ation l^elgiens. —
Die Genie-Truppen. — Turennc und die fraiizösisclie Armee 1074. —
General Alexis Dubois (Forts.). — Bemerkungen über das Thal von Aosta.
(September): Chinesisches. Die gegenwärtige Lage im äoihersten Orient.
^ Orenzen and Festungen etc. (Forts.). — Pas ZuknnibgeschfltB. —
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Umschau in der Militär-Litt«ratur.
235
Feldzug 1814 «uts.). — Veräiulennigen am Offizier- Etat. — 'l'ureniic uiul
die fiAnsosische Aimcc 1671 (Schlufti). — Wci&enburg, Froeechwiller,
ChiloiiB, Sedan, CfaitiDont La Maloiaiaon. — Vorberdtuig der Kompagnie
auf den Dienst im Felde.
Le Spectateur milltalre. (15. August). Die Ehrenlegion. —
^Nfni-schall Dmle de la liruncrie. Bpisode des Krieges 1812. — Der Streit
tur den Schild. — Dekorationen, Kreuze und Medaillen. (1. Sejiteni Ix r.)
Die (Jrganisatidn des nlM'ili«-frlils und der Stabe. — ]hr Streit tÜr den
Schild (Silüuls). — DekoraticjiKMi, Krcu/e und Medaillen ^Forts.).
BeTue miiitaire universelle. Nr. 42: Allgemeine Übersicht Uber
das franattaiche Afinka (ScUnfr). — Die Expedition von SarcUiuen und der
koxneehe Feldzug (Scblois). — Indien nnd die engliflch-ntsnache Frage
(Forte.). Übersichtliche Studie Uber die VerSnderungen im Waffmweaen
der deutschen Armee (Forts.). — Vereeicbnift der withrend des enUsa
Kaiserreichs von 1805 bis 1815 getöteten oder verwundeten Generale
(Forts,), in Summa 821, nämlich IT)? ,r''tötet. fißi verwundet.
Revue du cerrle miiitaire. Nr. 34: Das Zwrlrad bei den Garnison-
Manövern. — Die Lt'gende des Texel. — Die englische Miliz. Nr, 36:
Die Hadfahrcr als llüll'ätruppe der Kavallerie. — Der neue Oberbutchls-
haber der eoc^isclien Armee. — Vorteliriften Ar düm Manöver im Osten.
Vr. 86: schwciiemche Armee 1894. — IMe In&nterie- nnd das
Artilleriegefeelit — Die enfl^isohe Miliz (Schlnls). Vr. 37: Die Manöver
mit Heeres'ibteilntiL't n mit Karte). — Die Infanterie und das Artillerie»
gefecht (Fort.'^.). Nr. 38: Die Manöver mit Ileeresabteilungon (Schlufs).
Revue de Cavalerie. (August.) Rezonnlle, den 16. August 1^70
(mit H Karten in Farben und 2 Krokis). — Ausbildung und Führung der
Kavallerie (Ubersetzung des l'elet'schen Werkes, Forts). — Die deutsche
Kavallerie und die Armee von Chalons, von Pierre Lchautcourt (Forts.), —
Planderei Aber den Mann nnd das Truppeupi'erd. — Betrachtungen ttber
die franiSsische Armee von 1792 bis 1808 (Forts.). — Die Ghmgarten des
Pferdes nach der Erfahrungs-Methode.
Revue d*Artillerle. Das Artillerie-Musemn. — Mechauisdie Zünder.
— Das französische Artillerie- Korps (Forts.). — Hinterlader- Verschlttis fttr
Öchnellfeuerkanonen System Skoda.
I/Avenir miiitaire. Nr. 2026; Di<> Mnnr.ver und der Krieg. —
Kumänicu und der Dreibund. - Das kh inkalibrige liewelir. Nr. 2027:
Was müssen wir auf Hadagascar thunV — Die Strategie der Japaner. —
Der engÜscbe Einflnili in Tbnanarive. Vr. fl088: Strategbche Fantasien
(abftUiges Urteil ttber gewisse »Feldherm der Schreibstube.*) — Schnell«
feuer- Artillerie. Vt. 8088: Der Gesundheitssnstand des EzpeditiGns-KOTps
von Madagascar. (Die schlimmen Naebricllten Uber d« n > 11 <'n worrlen be-
stätigt). Vereiidhcliung des Reehnungswesens. Nr, 2030: Die Armee-
Manöver in den ..F.iut illes". (Ks wird besonders auf die hohe taktische
Bedt'utuug der Wal. langen verwienen ,. Nr. 2031: In den „Faucilles '. —
Die i^rgitnzung der lieserve-Lieuteuaulö. Nr. 2032: In den ,,Faucille8 '.
— Von Andriba nach Tananarive. Nr. 2033: Die neuere äeetaktik. Aus
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236
Umschau In der Militir-Iitteratar.
i^ngenening*' (»dir beaelitenswerti). Vr. SNNM: MilitKrjuitia!. (Behuiddt
den „Fall ChMel" in Tunis und betont die Notwendigkeit «eitgeinäfser
Reformen). Hr. 8085: Die Scliiefsvorschrift (Üt die Infanterie (v. 22. Mai
1895) wird als ein wirkliclitT Fortschritt bezeichnet.
Le Progres militaire. Nr. 1546: Der Kampf; Betrachtungen über
das Angriffsgefecht, Hr. 1647: Die Geschicklichkeit Krieg zu führen.
(Bezieht sich auf den Feldzug in Madagascar). — Manöver 1895. Vr.lMB:
Die aktiTe ÜKenstadt Behandelt die Frage der iweijübrigen DienitMiit,
doeh nicht in aiuttmnimidem Sinne. — Manöver 1895. Hr. 1548: Die In*
stniktionen f&r die Otoften Manöver. Mancher 1895. Kr. 1550: Schnell*
feaer*KanoDen. — Manöver 1895. Nr. 1551: Die grofsen Manöver in
Italien. — Manöver 1895. Nr. 1652: Die Kolonial-Amiee. — Manöver
1895. Nr. 1653: Manöver 1895. Nr. 1654: 8chlnfs der Manöver. P.
meint, eine der schwierigsten Aufgaben bei Handhabung grofser Heere
sei die Verpflegung; diese Aufgabe iei bei den groiaen Manövern in^^mehr
ab befriedigender Weise gelfist worden. — Hanttver 1895. Sr. 1565: Y»-
gldehende BeobaebUmgen (ttber die letalen ManSver).
La Franoe militaire. Nr. 3411: Artillerie und Genie. General
Tricoche kommt auf seinen Vorschlag der Verschmelzung beider WatTen
anrttck und glaubt, dafs derselbe an Anhan;;er grcwonnen hat. Nr. 3412:
Der zweijährige Dienst. III, — Der Kanal der 2 Meere. IV. Nr. 3413:
Die englische Armee. Es wird nachgewiesen, da£s die Gesammt-Ausgaben
fttr Heer und Flotte in England (ohne Kolonien) in 1895/96 950416700 Free,
erreichen, 890 Uül. mehr als 1870/71, während in Frankreich fttr 1896
das geaammte Heeres- nnd Flotten-Budget nur 910 KOL beträgt, also
40 Mill. gegen England zurückbleibt. Kr. 3414; Madagaskar. Man soll
den Urheber der MifsgriHV zur Rechenschaft ziehen, so meint Verfasser,
der Abgoonlnete Bazille. Nr. 3416: Der zwoiiäbri5re Dienst IV. Nr. 3418:
Gloria victis. Gegen Zola 's D<51täcle «rericlitrt Nr. 3421: Die Armee und
Zola. Nr. 3423: Persönliche Erinnerungen des General Verdy du Vemois.
Knüpft an dessen Veröffentlichungen in der „Dentedien Rundsehan" aa.
Ht. MM: Der deutsche Offisier und sean inneres Leben. Berieht sieh auf
die SchmShschrift des lÄeutenant Kraft Vr. M85: Die engüsehe Armee.
Sie stellt sich 25 bis 30 '^/q teurer als die französische oder deutsche Arme«.
Das budgetäre Effektiv ist 284000 Mann mit Miliz. In Deutsehland wünlc
das Budget filr 400000 Mann ausreichen. Nr. 3428 : Heserve-C Hfiziere.
Die aktive Armee Imt 25000 Offiziere, 6000 Beamte. (1<t Reser>'e und
Territorial-Armee gehören 36000 Offiziere, 14000 Beamte an. Nr. 3429:
Die Schule von FentetnableBui Tricoche spricht sich gegen die Trennung
in 2 Schulen aus, wie Vorschläge eigangen nnd. Br. 8181: Reserve*
Offiriere. Bemängelt das Reglement vom 29. Män 1894 und die Aua-
bildung der aus den Dispensirten hervorgehenden Reserve-Offiziere. — -
Das „Handbuch des Generalstabs" ist in neuer Ausarbeitung durch den
General^tab selber herausgefjeben, nm das alte von IHllO zu ersetzen. Die
inzwisrlicii erschienenen siml jirivaten Ürsprunj^s. Nr. 3434: DasSchwhumen
der Kavaiicrie. Nr. 34;}d: Die Zivilbearaten im Kriegsminbterium. Be-
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Umschau in der Militär-Iitteratur.
237
ningelt das geringe Binkommen einaeliiMr Stellungen, was die UnterofBaero
ebhehe, Kapitulationen einangcihen.
La Bel^que mllitaire. Vr. 1S70: Die FäTcfaologie des grofsen
Haufens. — Dio {rrofscn Manöver im Osten Frankreichs. — Militär Straf-
prozefs. Nr. 1271: Militär-Strafprozefs (Forts.). — Vprsclmidzung der
Artillerie und des Genickorps (Schlufs). Nr. 1272: Geschichte der Militär-
Schule. — Landesverteidigung und Befestigungskunst im 19. Jahrhundert
(Schlnft). ~- Militär-StraiprozeTs (Forts.). Nr. 1273: Manöver der 1. und
9. DiTition im Campine 1896. — Milit«r4txa^r<»eb (SehluA).
SehwelseriMhe MoBatBiehiift fir OflUfere aller Waffen. Hr. 8:
Zur Neugestaltung des Iiifanterie*Unterrielit8. — Gedanken über die heudge
und zukünftige Ausbildung unserer Truppen (Schlufs). Extrabeilage:
Beitrage zur Geschichte der Schweizer Infanterie von B. Günther. Die
Entwickelung der leichten Infanterie (Sclilufs).
Schweiserische Zeitschrift für Artillerie und Genie. Nr. 7 u. 8:
MitteilQBgen Aber unsere Artillerie-Manöver des I. Armeekorps. — Die
liegende von Mets. — Über Fenurobrriaimttg. — Was Basaine bfttfee tlmn
lilfamen. — Ober Inflnensa der Pferde nnd deren Beiiaadlang.
ReYue mllitaire suisse. Nr. 8: Aufgabe der Kavallerie nach den
Yorschriften vom 31. Aug. 1894 (Schlufe). Beilage: Manöverkarte des
1. Armeekorps. Nr. 9: Einifre Hlatter «ichwci/erisclier Krioprsg^eschichte.
(Bezii ht sich auf eine drohende kriegerische Verwickelung mit Frankreich
im Jahre 1838.) — Truppeuversammlung 1895. — Oberst Feife f.
AllgttiMiiie Mveiserimiie MilitXr>ZeitaBg. Hr. 34: IStwaa ttber
die Oiganiaation der fteiwilligen Krankenpflege fltr das dentsehe Heer.
Vr. 86: Die DisiipUn (Vortrag des Oberst SecrAtan, Kommandant der
IV. Inf.-Brigade). Nr. 38: Die Disziplin (Forts ). - Amtlicher Bericht des
kommandirenden Generals der Tschitral-Expcdition, Nr. 37: Die dies-
jährigen deutschen Kaisermanöver. — Die DissipUn (Schlufs). Hx. 38:
Die grofsoii französischen Herbstmanöver.
Army und Kavy Gazette. Nr. 1866: Die Indische Armee im
Kriege. Unter Beriekrichtigung der waea Einteihii^ der Indischen
Armee in Annee*Korps wird das Exersir-B^ement von 1808 kritiseh
beaproehen, und grffftere SelbetstSndigkeit der Unterführer als notwendig
hingestellt. — Der Krieg in Madagaskar. Bericht des vor kurzem von
dort zu nickgekehrten englischen Oberst Shervinton über die Kriegslage. —
Herlistiiianöver und Hitzschlag. Ein italieni'^ehfr Berichterstatter
schreibt über Entstehung und liehandlnng des iiitzschlages unter Hinweis
auf die Schrift des deutschen Arztes Dr. V'oUraann. — Lord Wolseley
in Irland. Bespricht dessen Thätigkeit nnd Ldstnngen bd den lotsten
ManOrem. — Zweijihrige Dienstseit in Frankreich. IGtteilnng
von Stimmen aus der firanxösisehen militiirischen Presse, die die zweijährige
Dienstseit IQr Franlcreich ungeeignet er klaren. Nr. 1867: Berittene
Ordonnanzen. Bespricht in anerkennender Weise die Xeueinttihrting der
Meldereiter in der deutschen Annee. — Di«> letzten For<'Kt-Manö ver.
lilingeheudc Schilderung der Marschleistung der Infanterie. — DasOher-
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238
Uin«cbau iu der Militär •LiUeratur.
kommando Aber die Armee. Hinweis auf die Leistangen desHenogs
von Cambridge bei seinem bevontehenden Aussdieiden. — Madagaskar.
IGtteilang über den ungQnsHgen OesnndhMtBrastend der Trappmi nadb
französischen Quellen. Nr. 1868; Die neue Vorschrifk fllr die Geld- und
Natural- Verpflep-n Iii:: fl''r Truj)pen. — Über
B<«trficlitun<::^ über ilio Marsehleistunppn di-r Infanterie bei <ieTi letzten
Manövern. — Die T.ag'e in Cliina. Kine militär-politische ßctrachtunj».
— Die ßesitznali nie von Cliinal. Hesprecliunj; der zukünftigen V'er-
liältoisse iu Cbitral vom uiilitiiritjcheu .Standpunkte belruchtet — Die
letxten Forest -Manöver. Krituche Beträehtnng ftber Anlage and
Verlauf. — Das Kriegsministerinm. Di» dem Parlament voriicigende
Xndonng in der Organisation desselben wird besproehen. Vr. 1868: Ge-
schichte des Regiments Priuz von Wales. (Nr. 64 nnd 98 der
Linion-Infauterie. Errichtet 1756.) Nr. 1860: Unsere Kavallerie.
Colonel Graves schildert die numerische Schwäche der englisehen Kavallerie,
sowohl im Verhftitnifs ztir Infanterie, als auch den ^erinjren Etat an
Pferden und Mannschaften in ilun Ke^inientorn iu grellen Farben. —
Erinnerung an öedan. Genaue Bcbchreibung der Parade auf dem
Tempelhofer Felde von einem englischen Augenaeugen. — Das Kriegs-
ministerinm. Besehreibung der Einteilnng in die verschiedenen Ab*
teQnngen nnd deren Tbitigkeit — Der Infanterie- Stiefel. Betrachtung
über die \ orfaandenen Muster derselben und Vorschläge zu Verbesserungen.
— Das Remontewesen. Ztuiammcnstellimg der im letzten Jahre an-
gekauften Remonten und deren Sterblichkeit. — Die Manöver der
deutschen Armee. Einteilende Schilderung der Anlage und des Ver-
laufs der Kaisermanöver bei Stettin.
Journal of the Boyal United Service Institution. Nr. 810:
Betrachtung der Ausbildung der Infanterie-Milis. Von Kapt
Flomer. Entbült VorschlSge für verbesserte Ausbildung derselben ohne
Mehrkosten zu verursachen. — Lehren aus den Kavallerie-Manövern.
Russischer Invalide. Verordnungen, Befehle, kleine mili-
tärische Naclirichten. Nr. 175: Das ostsibirische Sappenr-Hataillon
ist Ende Jiüi fonnirt worden. Nr. 176: in)nnten von Keserve-Üftizieren
behufs Betorderung zur liülieren Charge. Nr. 179: Die Zald der Internen
in den Kadetten- Korps wird um 350 vennehrt; aufserdem wird die Militär-
Schule Jaroelawl in ein Kadetten-Korps au 400 Internen, wekhe £niehuug
auf Staatskosten erhalten, verwandelt. Hr. 180: Berichte der Ofi&rier-
sohieftsehule über stattgehabte Versuehe; der SLinien-BevolveTf M. 1898.
Nr. 181: Verteilung des Rekruten-Kontingents im Jahre 1895. Die Zahl
der im JiJire 1895 das wehrpfliehti^c Alter erreichenden jun<ren I^ute
(d. h. dorjenigeti. welche zwischen 1. 10. 94 und 1. 10. 95 «las 21. Lebens-
jahr vollendet iwibeu) beträgt, abgesehen von den Eingeborenen des
Kauka.siiö, 953,052, von denen 203,990 wegen iiimslicher Verhältnisse un-
bedingt vom Dienst befreit sind; zur Einstellung gelangen 274,650 Rekruten,
anftecdem 2750 Mann aus der eingeborenen BevOikenmg des Kaukasus
(von 23,787 Wehrpfliohtigen). Nr. 187: Verordnung Uber die Kondnktor-
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Umschau in der Militär -litteratur.
239
Schule bei der Uaupt-Iugeuieur- Verwaltung. Hr. 198: Neubildung von
2 kiebton Feld-Battnien fttr 35. Artilkcw-Brigade, aowi« Ton
2 Mfiner-Batterien Ar du 2. Htfrser-B^gimeiit Am 1. Oktober 96
find m bild«! je 2 M(in6r>Batterieii ftlr das 4. und 5. Hfifeer^Reg^eiit
Nr. 199: Neubildung der Dragoner-Regiraentor Xr 49 und 50, aus denen
die 1. selbststiindige Kavallerie-Brigade formirt wird. Femer ist das Kadre
Nr. 17 des Kavallerie-Ersatzes zu iomiiret» und aus den Kadres Nr. 16
und 17 die 8. Brigade des Kavallerie-Ersatzes zu bilden — Bericlit über
Versuche in der Otliizier-i:>chie£i8cüule. — übersetzen von Jagd-KoaniüiiHios
ttber die Wolga bd Suunara. 9r. 800: Anderang dniger Paragraphen
des Reglements f&r das FofikEzenben dar Feld^Ardllerie. — NeabilduQg
von 18 Batterien der Feld«Art01erie (nebe Aafsati: „MilitSriscbee aas
Bnfeland'O.
rJrössere Aufsätze: Nr. 172: Brieftauben bei der Kavallerie; auf
Grund von Versuchen bei der Kavallerie-.Tunkerschule Jeli«innvvetgrnd wird
die Zuteilung von Brieftauben an die Kavallerie-Truppenteile der Fi'stuiigs-
besatzungen eniptohlen. Nr. 173: Telephon im Felddienst der Infanterie.
Vr. 1T9: Allgemeine Oiganisation der ftamiSsisoben Armee rai Kriege.
Kr. 188: Depeeehen der Taubenpost Br. 188: Über die Herstellang ranch-
losen Pnlvers. Vr.Ui: IKe strategisdie Bedentung des inkttnitigen all-
gemeinen Waggon-Parks in Mittel-Enropa. Vr. 185: T)'w zur Abrichtung
flir Kriegszwecke geeigneten ITuuderassen. Nr. 194— 196: Clmrakter der
taktischen Ansobnuungen in der deutscheu Armee seit Einführung des
rauchlosen Pulvers.
Russisches Ingenieur-Journal. Nr. 2: Beilage: L«-ittadcn der
Elektrotechnik (VortrKge, gehalten in der Offider-Klasae der elektro-
teehniscben Schule. — Nichtoffisieller Teil: Landungsrerfiduren fttr
die Fdd-Artillerie und Truppen-Trains anf Pontons, und leichter Prahm
ans anderthalb Pontons. — Festungs IVfanöver bei Memr. — Pyroxilin; Iler-
Btellung. Eigi>nsehaften und cbemiBche Untersuchung. — HSngende Brtlcke
mit mittlerem Scharnier.
Rivi.sta Militare Italiaiia. ( 15. Septem bor.) Die ilalienisclie ."-^cliicfs-
instruktiou vom 23. April ISyi. (Fort«.). — Die kavalieristische Ausbildung
in Itafien. (YorBcblitge zu ihrer Hebung).
Esereito ItaUano. Vr.II8: Die silberne Hochaeit (25 jähriger Ge-
denktag) Boms. Hr. 118: Wer öffiiete und wer betrat die Bresdie? (an
der Portn T'ia 1^70). — Bericht über die Aushebung des Jahrganges 1873
ftr die Marine Nr. 115: Revue der Veteranen und der "Palmen in Kom.
— Die 'IVrritorial Direktioupu des (Tonies. — Auflösung der Unteroffizicr-
schule uikI von 3 Militär-Kollegien.
Riyista dl artiglieria e genio. (Juni-August.) Vorbereitung
des Personals der Küstenartillerie, vom Artillerie-Lieutenant A. Calichiopnlo.
— Über das Richten und SchieAnn der Terschiedenen Zweige der Artillerie.
— ' Das Pferd in der römischen Campagne.
Revlsta cientifleo-militar. (Spanien.) Nr. 16: ri iandemng der
Bemington-Qewehre cum kleinen Kaliber (7 mm). — Bemerkungen Ober
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UnuoliMi in d«r llUilir-Iittenlnr.
die fipanzösische Kavallerie, verglichen mit der ddlltseben (Forts ) — Die
pneumatischen Kanoneu in den Vereinigten Staaten. Nr. 17: Ballistische
Studie übor das 7 mm (Gewehr ^[ 1^93. — Das kriogsmäfsige Schiefsen der
Infanterie (Forts.). — liewoisstucke zur GeHchicht»; des ciiincHlsch-japanischen
Krieges (Forts. — Bemerkungen über die iranzosiscbe Kavallerie, vw
glichoD mit der deutschen (Forts.). — Die moderne Infanterie-Taktik auf
Ghrandlage der nettesten Beglements.
Memorial de iBgenieros del ^erelto. (Spanien.) Hr.TDI:
Militär-Tolegraphie. — Das Transport -Material Lefibvre.
BeTistu Militär. (Portugal.) Hr. 16: Die Berürderung nach Wahl.
Militaert Tidsskrift. (Dänemark.) 4. Heft: Die Entwickelung des
Luilcscluffer-Dienstes in den europäischen Staaten. — Die 2. Pariser Armee
1871.
II. BiLeher.
Die Kriege Friedriehe des Groflseii. Der zweite schlesiselie Erleg.
1744-1745. Herausgegeben vom Grofsen Geueralstabe, Ab-
teilung für Krie^'-s^'-eschichte. Erster Hand: B<ilimen 1744. Zweiter
Band: lloheufriedberg. Mit 33 Karten, Pläueu und Skizzen. Berlin
1895. E. S. Mittler & S. Preis beider Bande 20 AI., geb. 30,50 M.
Nachdem im Jahre 1893 der Schluisbaud des ersten schleaischen
Kiiegea eneUenen war, isi demselben nun der X. nnd 2. dee awiiten
fldileBiichen gefolgt. — Das Stndinm des sweiten aehlenselien Kri^st
ist insofern besondefs interessant, als dasselbe gestaltet, die stnfenweise
Entwiekelung des Feldhermtalentes Friedrichs d. Gr. genau zu verfolgen.
Wenn es dem Könige in seinem ersten Feldzuge 1741 zuweilen noch am
nötigen Selbstvertrauen zu fehlen scheint, so tritt er 1742 schon mit
voller Selbststandifrkcit auf. Der Sie-g von Gzaslaii erhöht noch sein SellMt-
gefUhl. Im Feklzuge 1744 lemeu wir deu König hauptsächlich von der
rtrat^lisehen Seite kennen, aber das Eigebnib war ean nngfinstiges, da
er von seinen Bandesgenossen nicbt nntersttltst wurde; im Feldsnge 1746
ist der König aber schon vollkommen der geniale Stratege und Takdker
des Tjäbrigen Krieges. Wir l evwindem <Huch in diesem Kriege seinen
feinen politischen Takt bei aUen kriep^orisclu-n KonibinatioTien ; die Sorge
für die .Sicherheit Schlesiens ist zwar liii' llaui)ttriebt'e<ler seines Handelns,
aber er verliert auch das deutsche Reich nicht au.s den Augen, dessen
Oberhaupt er im Kampfe gegen Osterreich nicht im Stiche lassen will.
Die politiscbe Einleitung des 1. Bandes nennt diese selbst anfarlegte Pfiiebt
treffend „die offene Wunde der preußischen Politik*. Klar geht es aus
den Urkunden der „Polit. Korrespondenz FriedridlS d. Chr.'' hervor, daft
es nicht in Friedrichs Macht stand, diesen Kri^ in vermeiden. MMia
Theresia konnte und wollte den Verlust Schlesiens nicht verschmerzen,
insgeheim trat sie Anstalten, bei erster (Jele^enlieit sich seiner wieder zu
bemächtigen, wozu Sachsen die Hand mit grol'scr Bereitwiiiigkeii bot.
Dies ist im Wesentlichen der politische AnlaOs dieses Krieges. — Bei Be-
arbeitung der Einleitung ist die Politische Korrespondens dieses Mal in
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Umschau in der Militär-IiUeratur.
241
ausgiebigster Weiia herangezogen worden; neben dieRem enten und sa>
▼erliSBigBten QoeUweilce dann die Berliner, Dreedener, Wiener, PAriaer,
Zerbster und Wolfenbtttteler Archive, femer die „Oeuvres" des Königs und
die einschlägige Litteratur: Ranke, Droysen, Arnetb, Koser, Orlich O. A.
Es palt, piin fast uhcrrriclios (^hiollonniaterial zu bearbeiten. Dafs das vor-
lit»;it'iiflt' Werk der sciiwici i^en Autgabe gerecht geworden ist, wird an-
erkannt werden müssen, olischon der Stoff eine ni. E. nioht ganz ghiich
m&ifiige Behandlung eri'ahreu hat. Es ist dies wohl darin begründet, da^ an
der HerBtellung «m ttUieieliee, weeheelndee Penonel beteiligt ist — Der
1. Band „Böhmen 1744"* behandelt in der Einleitong (A) den „Entsehlniii
zum Kriege*', sodann (TS) den „Feldzugsplan". Hier tritt au Tage, in welchem
MaJse dieStrategie diu*ch unklare politische VerhfiltnisBe ungünstig beeinflnftt
werden kann. Noch vor Beginn des Feldznges giebt der König in einem
Schreiben an den Marschall Noailles (12. Juli 1744). dann an Schinettau (29.
Juli) seinem tiefen Mifslrauen gegen die Franzosen Ausiinu k. Dasselbe sollte
durch die Ereignisse eine traurige Kecbtt'ertigung erfahren. — Unter (C)
„Kriegsvorbmittingen" werden Znatand und Fechtart des pieafidflchen, (Mar-
reiehiaehen nnd sSclwiBcben Heeree knrs geschildert; die ^nselhdten sind in
die „Anlagen" verwiesen. Daran schlieiBt sich die Darstellung des Feldxoges
in Böhmen : der Vormarsch bis Prag, die Belagerung von Prag, der Vormarsch
nach Süden, der Kückzug über die Moldau, der Rückzug des Königs hinter
die Elbe, dann der Kückzug des iireulsischen Heeres aus Böhmen. — Die
erste Waffenthat, die Einnahme von Prag, in welchem sich 17000 Mann Be-
satzung (davon aber nur 3500 Mann Linientruppen) befanden, bot keine
Schwierigkeiten. Der KSnig gewann durch Prag einen Hauptattttipnnlct
ftr seine ferneren OflfenaiToperationen moUauau^Xrta. Aber sein Gegner
Bathyany verstand es meisterhaft, des Königs Siegeslauf au hemmen; zu
schwach, um ihm im offenen Felde die Spitze zu bieten, war er gleichwohl
kühn genug, ihm überall mit kleinen Abteilungen hindernd in den Weg
zu treten. Die Dörfer wurden mhi Lebensmitteln eutblöfst, die Bewohner
veranJafst, mit ihrem Vieh in die Wiilder zu flüchten. Brücken wurden
zerstört, die Transportmittel entf^ihrt, die Zufuhren überfallen und ver-
nichtet. Zur Zdt, als der König bis Bndweia voigedrungen war, ging
aeine Verbindung mit Prag nnd OberscUesaen völlig verloren; vier Wochen
hlieb er ohne jede Nachricht ans Berlin, denn alle Kuriere wiudffll aufgefangen.
Uber den Stand der Operationen des österreichischen Hauptquartiers blieb
Friedrich in gänzlicher Ungewifsheit. Maniri l. Kninkheiten und Fahnen-
flucht verminderton erheblieli dif St;ü-ke des inrulnischen Heeres. Der
König brannte daraui', dem Gegner eine entscheidende Schlacht zu liotern.
Aber Marschall Traun (der Batgeber des Printen Karl v. Lothringen) wich
derselben hartnäckig ans. Dem Yernichtungsprinzipe des Königs
gegenflber brachte er das Ermttdnngaprinaip mit grttlktem Gtoschick aar
Anwendung. Die preuHdache Armee ohne Schlacht durch fortwihrende
Belästigung im Rücken zum Rückzüge zu zwingen und entweder von Prag
oder Schlesien abzuschneiden, war sein wohl durchdachter Plan. Die Be-
scbafienheit des Landes, dessen Bewohner ihm Vorschub leisteten, dann
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Umachau in der Militär- Litteratur.
zahlreiche leiehte Truppen, deren Kühnheit alle Anerkennung vaidientt
waren äioBem Plane fördeilich. Ah der KSnig sieb übenengt batta, dafo
er auf eine Annäherang «einer Verbfindeten niebt mebr recbnoi kSnne
und die österreicbiBche Amiee sich mit den sächsischen Trappen bei Pisek
vereinigt habe, trat er den Rückzup^ «m, die Besatzun^n von Tabor,
Budweis nnd Fraucnhcrfr ilirtMii Scliicksnl überlassend. In seinen Kan-
tonnininj^cn hinter der KIbe wurde das iii enlsisclK' Heer am 19. November
übcrt'alien nnd zur Käumung Bölimenö genötigt. Die Besatzung von Prag
erreichte mit starkem Verlast an Mannschaft und fast der gaoien Bagage
mit Mflbe und Not die sehlesiBebe Oreiiae. — Der ganse Feldsag 1744 bat
kttne dnsige ScUaebt und nnr wenige Gefocbte von Bedeotnng an&aweiaea.
ISn Liclitpunkt in demaelben iat dasNaclitgefecbt von Teltschitz (od.Sebnits)
am 19. November, die Tbat dee preufsischen „Lconidas", Oberstlicutcnant
V. Wedel, der mit seinem Ghrenadierbataillon in 3 stündigem Gefecht der
«isterreicliisch-säclisiselien Armee den Elhüberp:ang streitig machte Der
König feiert bekanntlieb diese beroisclie Tbat in der „Histoini de mou
temps" durch den Vergleich mit den Termopylen, aber auch der Gegner
stimmte in das begeSaterte I^ob des Königs ein. — Von bobem Inlereese
ist die rttckbaltlose Selbstkritik des Ktfnigs (Histoire d. m. t II. 76) fiber
sein Verhalten. ,.Kein General", sa;;t er, ..be;:;inf^ mehr Fehler in diesem
Feldzug. als der König. Traun spielte die Rolle de.» Sartorius, der König
die des Ponipejus. Traun's Verbnlten ist niuster'rnlfi^' . jeder Soldat, der
seinen Beruf liel)t, sollte dies stndiren. Der Küiii^ betrachtete diesen
Feldzug als seine Krieg.sscbule und Traun als seinen I.ehier."
Man darf den Feldzug 1744, gemft& den Königlichen Worten, ah die
ansgeariebnotste Schule fttr das Studium des Kleinen Krieges beaeicbnen;
darin bembt seine kriegsgesohiebtliebe Bedentung, welche darch das iror-
liegende Werk in das hellste T.ielit jzestellt wird.
Der zweite Band „Hobenfriedeherg" bebandelt im 1. Teil (A)
den Winter 1744 bis 1745": Die Besetzung der (irafscbaft Hlatz und
Oberscblesiens durch die Österreicher 1744, den prenl'sischen Ge-reimugrift'
und die allgemeinen Vorbereitungen für den Frübjaiuhteldzug. Besonders
ansiebend ist das 2. Kapitel des HI. Abschnittes: „Das preuAiscbe Heer
im Winter 1744 bis 1745, seine Wiederergänsung und die TorbereitMiden
Maftnabmen des Königs." — Friedrich war mebr denn je sieb selbst ftber-
lassen; sein BUndnifs mit Frankreich bestand zwar noch, aber die Franzosen
kamen nicht mehr über das linke Rbeinufer hinaus. Der letzte Feldzu^r
hatte dem Könijre riesi;^e Siinnncu ^^eknstof. das Heer war durch Krank-
heit nnd Fabneiilluclit stark zusuunnen^esclnnolzen , entmutigt und in
seinem moralischen Halt (selbst in den Oftizierkorps) stark erschüttert. Die
in der Wintersaeit vom König geleistete Arbeit zur Herstellung seineB.*^
Heeres ist ein^h bewanderongswUrdig. Seiner energischen TbJItigkeit
and seinem heldenhaften Verhalten gelang in kurzer Zeit nebst der
materiellen die vollkommene .seelische Wiederherstellung seines Heeres.
Schnell liaitt' er das .Schlagwort für die Not des Augenblickes ^■efunden.
,4ch werde'*, schreibt er dem fraiusüsischen Gesandten Valory, „Schlesien
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UmMbAtt m der lOlitir-Litlevaliur.
verteKligen bu auf den Tod, so gut m Braadenborg^; nnd dem Detsauer:
Schienen kann ich mir so w(>ni^ rosolvircu berausschmoirntni zu
Innfirn als wie auB der Mark." — Das Selbstbewufstsein des Heeres richtete
sich an den Erfolgren der ersten Woclion des Jahres 1745 wieder auf. in
Oberschlesien lieferten General v. Nassau und Oherst v, Winterfeld, in der
Grafschaft Glatz General Lehwaldt siegreiche Gefechte. In geschicktester
Weile wurde rim Könige die gro&e Landemrteidigung in*s Werk ge-
setet; dnich iweckmibtge Stellung eeiner Truppen vermochte er du Heer
in wemgen Tagen an belielngen Funkten au Tereinigen. Des Kihiiga
Pkin für den neuen Feldzug war, die 0£E(Bnflive in Böhmen nicht wieder
aufzunehmen, den Gegner in Schlesien zu erwarten, dann ihm in der
Ebene am Fufs des Gebirges, wo er in'clit mehr auswoithcn konnte, unter
Zusanimenrafl'ung aller Streitkräfte auf den Leib zu gehen und entsC||ieidend
zuschlagen. Strategisch defensiv, taktisch offensiv; das ist das Kenn-
leidien dea EVflhjahrfeldangeB 1745. Li diesem Sinne Ueferte der König
die Siegessehlaeht von Hohenfriedeberg.
Der 2. TmI (B) ^^)er Angriff der ÖsteiTeidier und Sachien auf
Schlesien 1745" — schildert zunächst die Versammlung der Heere und die
jMafsnahmen der beifb'rscitifjon Ilceresleitnnf^en, dann di»-. Vor^'ofeohto der
Schhiclit Besondere rühmliche Erwähnung verdient die Verteidigung von
Neustadt durch 130 Zieton-PIusaren und 2 Komp. Infanterie unter Haupt-
mann von Osterreich, der m. E. liier ein warmes Lub verdient hätte. Bei
Enlhlung dea „Zietemittes" wird die Legende wiederholt, der Teind habe
^h dnreb die neuen blauen Pehse der ^Mstenhusarenf welch* letxtere er
ftr Ungarn hielt, tKuflchen lassen; GrafUppe hat das Unhistorische dieser
Annahme in mehreren Abhandlungen überzeugend nachgewiesen.
Darstellung der Schlacht ist m. E. etwas zu kurz gekommen, sie
beschrankt sich auf nur 24 Seiten, von denen noch 3 auf »'ine (übrigens
ganz vorzüglich gelungene) Geländebeschreibung entfallen. Klar und an-
schaulich, doch wie gesagt, auf die einzchieu Schlachtmomeute nicht genug
eing^ttd, wird der Verlauf in bekannter Webe geschildert Der Trophäen-
ritt der Bayreuth-Dragoner wird mit wenigen Zeilen abgethan; es hfttte,
jedenfalls im „Anhange", der Kontroversen Uber die Anteilnahme Gefslers,
Schweriu's, Schmettan's und Chasot's (nicht Chazot's) gedacht werden
können. Tm heeresgeschichtlicheu Interesse wäre auch die Erwähnung des
den liay reuthern verliehenen „Gnadeubriefes", sowie der vom Künige ver-
liehenen zahlreichen Belohnungen für diesen Sieg erwünscht gewesen. Die
Angabe (auch des Gnadenbriefes), das Regiment habe 66 Fahnen er-
bettlet» stimmt nicht flbereln mit dem Regimentssiegel; dort sind es 67,
wie auch die StammUste vom Jahre 1806 und Oefsler^s Wappen nach-
weist. — Besondere Erwähnung verdienen die lichtvollen „Betrachtungen"
Uber die Schlacht, mit denen dieser Band abschliefst.
Die Schlacht von Hohenfriedeberg war . wio Koser sagt, ,,die Eliren-
rettung des preufsischen Heeres, die Ehreiuettnug des königlichen Ftild-
herm"; zweifellos eine der glänzendsten Wafiuuthaten der neueren Kriegs-
geachiehte.
J»htMi«bw Ar aie Oeitoek» ArmM «ad UMMb M.9T, S. 17
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ünudiAu \n im llllitir-littontar.
Entittdct ttber die «n dieMm bewieaane groAe Tapferkdt Miner
Truppen, flDgte Friedricli : „List hat diese Schlacht vorbereitet und Tftpfer-
keit sie ausgenihrt." Femer: „Die Welt ruht nicht sicherer auf
den Schultern des Atlas als Preufsen auf einem solchen Heere."
Zum SchluHse sei hervorgehoben, dafs das "Werk mit Plänen und
Skizsen von vorzüglichster Ausführung im reichsten Maise ausgestattet ist.
DkB Erscheinen des 3. Bandes wurde fUr das Ende dieSQi Jahres in Awr
sieht gestellt. ScUif .
Zmh GedSchtnifs des g^i^fsen Krieges. Rede bei der Kriegs -Er-
innerungsfeicr der Königlichen Friedricli-Wilhclins Universität zu
Berlin, am 19. Juli 1895, gehalten von Heinrich von T^eitschke.
Leipzig 1895. S. Ilirzel. Preis 60 Pf.
Ks sind jirächtige Worte, die der Meister in der deutschen (ieschichte
mr XrinnemngsMr des greisen Krieges an seine KoDc^eni «nd KouuA-
Utonon riehtelel Knn, packend, fitfbenmobl — Er sehildeit mmst die
politisehen Znatände Tor 1666 und betont, dab aoeh dann, ala P^eoften
die alten Siegcsbalmcn des grofseB KufUrsten und des gvo&en Könige
wiederum eingeschlagen und sich zum Führer von Dcntschland im
Schlachtendonner von Königgrätz empor geschwungen hatte, Kurojia nocli
M'eit davon entlernt war, die neue Ordnung der deutschen \'erlialtni>-sf
anzuerkennen. Was wir damals nach 18Ö6 uoch brauchten, das war ein
ganaer, nnhestreitbarer, allein duroli dto gesummte dentseha Kraft
ningenar Sieg! Er ward vna sogar aii%edi«Qgen dnrcli nnsermi nMchstia
Feind in seinar Htt ihn nnseligen Verblendong. Er awaag unsere Nachbarn,
die nunmehrige Mündigkeit der nenen deutschen Nation su achten! ,J)as
hatte Köni^' Wilhelm, der so oft seinem Volk das Wort von den Lippen
nalmi, so reciit begriffen, als er in seiner Thronrede sagte: ,,Hat Deutschland
Ver^^ewaltig^ung'en seines Rechts und seiner Ehre iu trülKren Jahr-
huudurteu schweigend ertrageu, So geschah es nur, weil es in seiner Zcir-
rissenbeit nicfaft wuftta^ wie staili: es war.'*
In knapper Weise, forbenreieben Bü^roi wird vmk die Thlti|^ceit
der deutschen Armeen geschildert unter Hinblick auf die Verhiiltnisse in
Frankreich nnd seiner Armeen. Der König mit seinem Ifoltke konnte
sicher sein, dafs das, was überhaupt mit menschlichen Krftften geleistet
werden konnte, auch geschali: guter Wille, Ausdauer, Mannszucht führte
die Armee von Sieg zu Sieg! „In allen grolsen Zeiten aber standen
neben unseren führenden Helden freie Männer von fester Eigenart und
sichefem Stolie, nnd König Wilbehn verstand, ein geborener Oenecte,
starke, in ihre^ Fache ihm selber Qiberlfgene Talenle^ jedes am recbtaa
Ort, frei schalten tu lassen.'' — Nun kam die längst vorbereitete SchlnCs-
arbeit und Ernte unseres Bismarck! Die ungeheure Mehrheit der Nation
stimmte jauchzend ein, als im Schlofs von Versailles der Hochruf der
Fürsten und des Heerte den Kiiiser begrüfste. — \yenn nicht alle Blüten
jener hocherregten Tage zu Früchten ausgereift sind, wenn auch immer
mehr von Jahr zu Jahr ausere leidigen Parteikfimpfe ausarten, wenn die
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Umtichau iu der Kilitär-Iitteratur.
Hemohait des flohntfden Oeldes sich mehr und mehr breit macht, die
vor Oolt und vm den getelslidbeii Sehnukkem immer mehr su
schwinden droht, so rind dieses allerdings ernnte Zeichen der Zeit Heioriidl
von Trcitschke verzweifelt aber nicht! Er ruft seinen Kommilitonen zu:
..Aufzuschauen, hochgemut dor Zukunft zu vertrauen, nicht <lio Thaten
der Väter zu verac hten oder zu versinken im Geeänke des Tages, das ist
der Jtigend Kecht und Glück!'* 67.
Iieo|iold L Fürst tok Aalialt-DesBai» Biographiselie Skiuetk tthor
den preufsischen Feldmarschall, uehst einer Anzahl Briefe. Von
C. Bükelmann, Kf;l Sfiefas. Lientenant a. D. Leipng 1895.
Verlag von C. Jacobsen.
Verfasser hezeichnof als hauptsÄclilichste Quelle dieser Schrift eine
anhaltinische Chronik von Samuel Lentz aus dem Jahre 1757 und ist
wohl der Ansicht, dafs die hier gebotenen Schriftstücke und Briefe bislang
noch nicht veröfientlicht seien. Dies ist bezüglich der Mehrzahl aller-
dings der Fall, wie die „Geschicbte und Thaten des jüngst verstorbenen
groAen Kriegs-Helden» Herrn Leopolds, r^erenden Ffirsten m Anhalt
ete. von J. Arcnkow" (Frankfurt u. Leipzig 1747) darthut. Als eine Ver-
mehrung zwar, doch nicht eine Bereicherung der eiuschliigigen Litteratiu* miifs
ich vorH«>tr<'ndt's Schriftchen l>ezeichiu'n. — Auf Seite 39 finden wir ferner
die von der nciu rt u Forschung widei Lef^eude, dafs Friedrich d. Gr.
als Kronprinz nach seinem Fhuhtversuciie durch ein Kriegsgericht zum
Tode Temrteilt nnd nnr doreh Verwendung Leopolds von Dessen dasselbe
BurOckgezogen worden sei. 1^ Wahrheit ist, dalk das Kriegsgericht sich
m der Sache des Kronpiinsen als „inkompetent" «rkllbrte und den Gegen-
stand der Anklage als eine Staats- und Familicnsache bezeichnete, „welche
Mnsnseben und in beurteilen ein Kriegsgericht sich nicht erkühnen
darf« 1.
Iierd Boberts iB War. Bj Colonel H. 6. Hanna, B. S. 0, (Lata
oommanding at DelfaL) London 1895. Simkin, Marshall, Hamilton,
Knnt Cp*
Die Schrift verdankt ihre Entstdinng dem gegenwtfrdgen Kriege der
Snglitnder gegen riutral, und zwar in sofern, als der Verfasser l>estrebt
ist, den Einfluls Lord Roberts auf den Vorlauf und die Folgen dieser
Expedition nach Mfiglicliki-it zu bekäinplen. Lord Roberts gilt iu England
als erste Autorität iu iiuiischeu Augelf-renheiten, er hat seine gosaiumte
militärische Laufbahn in ludiou zugebracht, und steht durch seine
Leistungen als Heecftthrer im zweiten Kriege gegen Afghanistan in hohem
Ansehen. Der Verfiuser sucht nun nachsnwdsen, dafr die KriegsItUimng
auf englischer Seite durch die von Lord Roberts begangenen Fehler eine
höchst mangelhafte war, und dafs diese Fehler sich nicht noch mehr
nioliten, sei nur Folge der noch mangolhat^eren Fiilirung der Afghanen
gewesen. Ebenso wird auch seine politische Leitung in Indien angegriiVen,
da er nach dem Kriege 1800 sich entschieden gegen eine Besitznahme
17*
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246
UmHchau in der Militär-Litterator.
utgliaiiiidie& Gebietes «UMpradi, um eine mSgliehst weite Stre^ un-
wegwunen Gdltndes swieehen der indifehen and der mwiedi en Greue m
liabeii, und nun mit aller Entschiedenheit f\ir das Festhalten Cüdtrek ein-
tritt. Für den deutschen Leser hat die Schrift in sofern Interesse, als sie
eine Roilie intoressanter Einzelheiten aus dem zweiten afghanischen Kriege
PTitd^lt. sie iti;u-))t aber nicht den Eindruck, dafs sie vom rein sachlichen,
unparteiischen ätaudpunkte aus geschrieheu ist. 10.
L'Arate et to Flotte em 1894. Grandes manoeaTres de Beaiiee, ma-
noeaneB de fortereaie, manoeaTres navalei, per Ardooin Dnmaset
Avec 26 illustrations et de nombreux croquis et cartee. Farit—
Nanqr 1895. Berger-Levrault et de, Fteis 5 Fr.
Dieses gUtnaend ausgestattete, mit zaUreidien Illastrationen, Karten
und Porlrttts gesierte Werk legt ein beredtes Zeugnif» ab von dem hohen
Interesse, welches man in Frankreich iti allen Scliicht^n der Bevölkening^
für die vaterländische Wehrkraft an den Tag legt. Der Herr Vertasser
schildert als Aufreir/euce in geschickter und unterhaltender Weise den
Vorlaut der vurjährigen grolsen Manöver in der Beauce, dann der Pariser
Festnngs-llBnOver nnd der Flotten-Manörer. Obwdil das Werk nicht
sowohl fftr den Fachmann als für das grofbe Publikum besthnmt ist, so
wird dennoch auch der erstere demselben seine Anerkennung nicht ver-
sagen, denn es giebt nicht allein eine vollkommene Übersicht Ubsv die
gesammten Manöver, sondern der X'erfasser bekundet auch eine ptite
militärische Beurteilungsgabe. (Er ist unseres Wissens Eeserve Dttiaier.)
Das Werk kanu mehr als feuilietonistisches Interesse heanspruchuu. 1.
Oigftnisatf om et serriee dm tntn» Fonctionnement des Services anxi-
Uaires de Varmte. Par £. Girardon, eapitaine d*artillerie. Avec
16 fignres et 42 planches horx texte. Paris— Nanqr 1895. Beiger-
Leviault et Cie. Plrds 7,50 Fr.
Dieses umfangreiche Werk ist die wörtliche Wiedergabe der für die
Ausbildung der Train-Offiziere auf der Militärscbule zu Versailles ent-
worfenen Vorträge (Cours special). Es beriilirt alle Fragen, welche für
die Offiziere und Unternffiziere des Trains von Bedeutung sind: die Or-
ganisation des Trains im i' ricden und im Kriege, die Gonvois in A^ka,
die urregnllren Trains auf den Etuppenlinien, der Dienst dar Fuhr-
kolonnen, der Lasareth^Anatalten, des Kassenwesens, der Feldpost nnd
der Militär-Telegraphie. Eine Geschichte des Trainwesens, ferner ein
Abrilli der Organisation und des Dienstes des deutschen Trains im Frieden
und im Kriege vervollständigen diese ausgezeichnete Studie, zu deren
besseren Verständnifs die zahlreiclicu Figuren den Anhangs beitragen.
Für die genaue Kenntnifs der inneren Einrichtungen der iraozüsischeu
Armee ist dieses Werk von groisem Werte. 8.
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Umschau in der iülitör-Littoratar.
247
Anleitung zum Betrieb vou Planübungen der Unterführer in der
Kompagnie, Eakftdron ete^ nebtt drei TollatKndig dnrchgefttlurten Bei-
ipieleD TOB Brunn, Obent Beriin 1895. Liobd^Belie Buch-
handlung. Preis gob. 2,50 IL
Vorliegende Anleitung im Voran mit swei Eästehen Tmpponst^non
ist eine wichtige Neuerung der sogenannten applikatorischen Lehrmethode,
ein Kriegsspiel im Rahmen drr taktischen Einlioiten der drei Wnflfen.
..Die Ausbildung der Uutertiüirer sagt der tierr Verfasser, „gewinnt
gegenüber den sich stets steigernden Anforderungen in allen Dienstzweigen
immer mehr an Bedeutung'^ Die Heranbildung von Fülirern, sagt die
Folddienatordnung, itt eine der steten undfwidbtigBten Aufgaben der Tmppen-
befeUshaber. Pndctische Bataddäge, irdehe den erfidurenm Truppen-
fiihrer verraten, wird vor Allem der Kompagnie- besw. Eskadron- oder
Batteriechef in dieser Anleitung finden. Die Trup])en8teinc sind in hand-
licher Form und mafsstabsgereclit (1 : 8250) f^ci'eri'v^t, die gnifsercu Steine
lassen durcb üire Farben die Kompagnie- (Eskadron-) Nimimer erkennen.
Auch als lliltsmittel ftir die taktische Ausbildung jüngerer Offiziere wird
sich das Werk mit seinen Truppensteinen gut benutien lassen. Wir können
dsaoolbo nur wülkonunen beiAtan, da wir don Nutsen tiudicher HUftmittol
suB eigener Erfidimng kennen gekmt baben. 4.
Wie bildet man den Infanteristen im gefechtsmärsigen Einzel-
schiefsen aus! Aus der Praxis bearbeitet von von der Mülbe,
Pr. - Lieutenant. Berlin 1895. Liebol'sche Buchhandlung. Preis
60 Pf.
VerSuderungcn dienstlicher Vonohiiflen baben erfahrungsmäfsig das
Erscheinen saUroeher Gelegenbeitssdiriften im Gefolge, welche dem
Strecke dienen, den wertvollen Oehalt der enteren gewissennaften f&r den
Trnppengebrauch in kleine Münze umzusetzen. Ahnliches erstrebt das
vorliegende, 43 Seiten füllende Schriftchen. Vieles ist über das in Bede
stehende Thema schon geschrieben worden, Gründlicheres und Befiseres
nicht. Verfasser behandelt in der Einleitung Zweck ximl liedeutung des
gefechtsmälsigen Einzelschiefsens, sodann die Vorausbildung, femer die
Ausbildung in demselben. Benutauug des Qdftndes, geschickte Hand-
babung der Waffe, EntfemungBscbfttzen, KenntniA der Trefiwahzseheinlkh-
keit, Gebrauch der Visire, Flughöhen, Haltepunkte und H9lie der Ziele,
Auswahl des Geländes, Leitung des Schief&ens, Anzug und Wetter, Auf-
stellung und Instruktion der Ziele, Verabreden von Zeichen, Durchnehmen
von Beispielen und u. A. werden ebenso sachgemäfs wie klar verständlich
besprochen. Bei der hoben Bedeutung dieses Dienstzweiges kann man
dieser praktisch veranlagten Schrift einen ausgedehnten Leserkreis nur
wttnflchen. Sie verdient es. 4.
Vfttorländische Gedichte. Für Schulen und Vereine, insbesondere zum
Andenken an die glorreichen Erfolge des Krieges von 1870/71 und
üüx die Kaiser-Gedenktage. Ausgewählt von Dr. £. Goebel, Direktor
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248*
ümidutu in der MÜHir-Litlentar.
deB GymnioimiftBa Fnlda. Zireite Auflagei Verlag von J. P. Baeben
in KKln. Fieb 1 M.
Für die Beleliuiij; des vaterlSndischcn Sinnrs kann m. E. gamicht
genug geschebeo. Einer dor mächtigsten Hebel in diesem Sinno ist ^^ alire
Poesie, für wolclio die Herzen unserer Jugend, aber nicht minder der
Alten, welche die ;ri()fße Zeit mitgemacht haben, immer noch höher
schlagen. Diese 130 Gedichte, deren Verfasäer zu den edelsten Geistern
tuueree VollEfls lihlttii — ieh nenne nur die Kamen GMbel, Ulilawl,
Sehenkendorf^ Bodbttrt, Sinnoek, Arndt, fVeilignrtli, Höltjr, Bittefduma «.
T. A. — aind ein walirer Sehati eebt vnteillfndiaeher Poeaie. A.
Der Offizier. Ein Katgeher tiir den jungen Lieutenant von £L v. B.
Berlin 1895. Liebersche Buchhandlung. Treis 80 Pf.
Di(!8e nur 50 Seiten nillende Selu-ift führt, auf Grund reicher Er-
fahrung und in nicht zu lehrhaftem Tone den jungen OtHzier iu das
Weaennaaerai Standea em. Der Kriegerstand nnd die Heereaentwickeliing,
der Offisier in IKenat, anAer IKeoat» ala Chriat, ab Eamend, in der 6e-
aelbehaft, aind die hiei|Dait onlengbarem Takte behandeltMi Themata. Der
junge OfBxier wird aieb aoa dieaer Ideinen Solirift manchen gnten Rat er-
liolen können. 4.
Ranglisten der kouigl. preufsischen Marine aus den Jahren 1848
his 1864» Herausgegeben von dem Oberkommando der Maiioa
Deaember 1898. Zweite Auflage. Beilin 1894. E. & Mittler & S.
£a war ein glficklicher Gedanke, welcher den Anlaft gab mm Wieder
abdrack dieser nnr den Wenigaten bekannten Bangliaten, die ea geatatten,
den Bntwickelnngsgang unserer Marine, soweit es Personalien betrifti db
ovo Z1I verfelgen. Im _An)miige" wird ein ..Abdruck der in dem vor-
bezi'ichneten Zeiträume ers( hiencnen geschriebenen Listen der königlich
preuisischen Marine" tür die .Jaiire 1854, 1855, 1857 nnd 1858 gegeben.
Vielleicht wäre noch der Erwähnung wert gewesen, da& sich in den
ilteren Bangliaten swei «Harine-Ofltemr* namhaft gemacht finden, so in
der von 1818 (8. 188) beim ChmTemement Ton Stralaond der Kap. LengA
und der Ph-Iit. Mnrck. Beide ündeu sich in der RangÜHto von 1889
(S. 187) nnter der gesonderten Kubrik „Manne-Ofßziers'' beim Ingenieur-
Korps eingeteilt, als Oberst Longe und (immer noch) Pr.-Lt. Mnrck; beide
wurden 1815 aus schwedischen Diensten übernommen. Ohei-st Longe iial,
als erster Seeoffizier in diesem Jalirhundert, 30 Jalu-e in preuisischen
Diensten gestanden und war w&hrend dieaer Zeit als Autorität iu allen
Angelegenhdten der Kriegamaiine anerkannt (man veigl. den Av&ata im
DeaenbeiiMft 1892 der „Jahrbfleher**: Daa Jahr 1892 ala JnbilMnmqahr
der kaiserlich dentachen Marine). 2.
üniformenkunde. Lose Blätter zur Gistdiichte der Entwickelung der
miliUuibcheu Tracht. Herausgegeben, gezeichnet uud mit kurzem
Texte Tenehen von B. KndteL Band VI. Heft 4, 7 n.-8. Rathenow
1895. M. Babenaen. Fkeia jeden Heftea 1^ IL
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Umachau in der Militär - Litleratur.
249
Bift 4: Frankreieh: Kaiaagiide Napoleons IH. 1870: Grenadier
md Yoltlgeiir iUdmlAdg; 1857: KfliMder vom 1. n. 2. Regt — Heeeen-
DerttieUdt: Lelbgaide-B^ 1809. — Österreich -Ungarn: 1. u. 2. Frd-
willigen Husaren-Regt., tJlancn-Regt. Graf Trani, 1862. — Schweden:
Schwere Reiterei 1807. (Heft ö und 6 sind der „Leitung* nicht zu-
gegangen.) Heft 7: Preufsen: Bosniak 1760. — Neapel: Das Heor des
Königreichs beider Sizilien, FuJOstruppen, 1859. — Bayern: 1. Dragoner-
B^giment 1807. — Sehweden: Linien-Idanterie. 180t. — Mexiko:
IMe MtoircioUieh-ineiikAiueebe BVelwiUi^ 18U— 1867. Haft 8:
Wfirttemberg: K. W. Begt Garde im Pfefde 1815; Leibgarde sa Pferde
1860, — Kassau: 1. u. 2. Nass. Regt. 1809. — Neapel: Das Heer des
Königs beider Sizilien. -— Reitende G^aide da Coipe. £lureiigaKde| Qarde-
HuBar, Dxagoner (1. Begt) 1859. 4.
OUbaeiito Haidt llii Wott AbW8ir «n BxHn Biid«1f Kntt»
te TerftasM do» Bimebff« „QVbtMAi&B Blend** von Bdnard
Goldbetk, Ident a. D. Berlin 1895. Fmriager. Fl«ui 1 It
VHr baben unser Urteil Uber die Bndi des Hemi ft. Kratfl bereits
im Septemberheft Nr. 288 dieser Jahrbücher kurz niedergelegt und glauben
hierdurch diesem, von sozialistischen und dem Offizicrgeint durchaus frcmdon
Anschauungen erfiillten Machwerk schon mehr Htviclitung geschenkt zu
haben, als es verdient! In Erwägung indels. dalä Kn-ise, welche dem
deutlichen Offizierkorps femer stehen, durch die Krafftsche Öchrii't in ihrem
Urtril ftber dasselbe iiregeltttet werden kannten, ist es in bobem Grade
ansnerkennen, wenn Liest Goldbeek es antemommen bat, die in Bede
siebende Sehrift wie bier Punkt fbr Punkt su erSrtem und an widerlegen.
Er bat das in einer dnrrlmiis grttndUchen, sacbgemärsen, dem echten
Offiziergeist entsprechenden Wc^ise, — meiBt in schlafrender, o{\ j^eistreiclier
Form durchgeführt, so dafs ihm die Zustiiiniumf,' aller Kameraden sicher
sein kann! Auch die von ihm anerkannton Mangel unserer Institutionen
können wir im Allgemeinen als zutreffend bezeichnen. Bei der äeiir milden
Form, in-der dfo £ririderung gebalten ist, bewundern wir es, wie es dem
Yttfiuser gegenttber einer sokben Sebiift mSgliob gewesen ist, rein sadi»
lieh Su bl^benl Wenn er in diesem Sinn in der fiinleitung dem Autor
die Aufrichtigkeit seiner Überzeugung zugesteht, so betrachten wir das
sogar ah einen Akt hier vielleicht verschwendeter Höflichkeit, die inde(b
dadiu-ch riclitig gestellt wird, dafs er (Seite 15) gegen den Geist protestirt,
der dem p Krafil seine Kritik eingegeben hat, den Geist der stets verneint,
um schliefslich zuzugestehen, dafs es sich bei ihm um einen planmäfsigeu
AngrUF auf die Lutitniionen nnsenr Almee bandeltl Hieroiit bat unserer
Anncbt naeb Goldbeek das eUein Buditige gefunden, was ftber diese dureh»
sftts tendenziöse Schrift in sagen istl — Auch in einseinen Punkten htttten
wir seine Zuiflekweisungen nnob etwas schärfer gewünscht, insbesondere,
Wo es sich um die Auffassung von der Standesehre und traditionoller
Eigentümlichkeiten unserer Armee bandelt, für welche p. Kraflt absolut
kein Verständniis zu haben scheint! — Auch bezüglich der Behauptung
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250
UbuhIimi in der IfilUir-IiMmtiir.
Kraflft's, dafs dor Dienst dos Lieutenants eine j^oisttötende Arbeit sei und
ilim keine Anregung zum Denken ge])on könne, ist die Erwiderung eine
keineswegs erschöpfende, jedenfalls nicht hinreichend, um die Entrüstung
sn cbanktoririren, die jeder wohldenikende Offizier, angesichts der jetzigen
Feier muierer Siege, über Torstehende XnAemiig empfinden mnfr! WoU
bat YerfaMer sehr riditig hervoi^hoben, wie es An^sbe des ansbOdendea
Offizien ist, sich näher mit der Individnalitftt der einzelnen Leute vertraut
7.n machen, doc-h dürfte auch wold eine vornehmliche Aufgabe und An-
regung des leitenden Offiziers darin bestehen, seine hühere Intelligenz auf
die Metluxb' der Ausbildung zum Ausdruck zu bringen. Richtet er sein
Augenmerk mit Liebe aut diesea Gegenstand, so wird er jedes Jahr, ja
jeden Teg neue Bntdeekuugcu madien, wie und wodurch er seine Unter'
gebenen sehneller nnd grttndlieher smn Zieje fthren kann! Vor allen
Dingen mnftte aber auch hier betont werden, dafs eine Htterarische Be-
schäftigung, speziell ein kriegsgeschichtlichos Studium fxir jeden Offiaier
unerlafslich hleibt. will er nicht mit der ('hargc des Hauptmanns seine
Laut balm abschlicfscn ! Dieses allein wird erst seiner Friedousthätigkeit
die rechte Weihe und ihm die wahre Erkenntuifs des Notwendigen tur
den Ernstfall gehen! Ein Offizier, der hierauf verzichtet, erschient wM
dn Ant odw ein Jurist, der nach absolvirtem Examen jede FeeUittentnr
Yersebmähen wollte! Endlieh scheint Lient Goldbeek auf Seite 4S ans*
nahmsweise in denselben Fchbr zu verfallen wie sein Gegner, indem er,
wahrscheinlich in Folge trüber Erfahrungen mit irgend einem sehr hefUgea
Bataillons-Kommandeur, der durch sein Erscheinen Alles in Aufregung
versetzt, — von diesem konkreten Fall RückHchliisse auf dif Allgemeinheit
zieht. — Uns sind dagegen viele Fülle bekannt, wo sich Kompagnie-Chefs
freuten, wenn ihre Vorgesetzten auf dem Übungsplat^s erschienen, um von
ihnen ein Wort der Anerkennung au erfithrenl Hingt doch im Soldaten-
leben so vieleo von den jeweOigen PersSnliehkeiten ab, so dab es niigend
so oft wie hier hei6t: O, quae mutatio rerum! Aber nixgend wird auch
so viel dafür gesorgt wie hier, dafs jene doch immer lauter EhrenmSnner sindl
Doch abgesehen von vorstehenden, p^eringfögigen "Und nur ergänzenden
Bemerkungen können wir der Schritt des Herrn Lieut. Goldbeck nur alle
Anerkennung zollen und wollen sie daher allen denen wärmstens empfeblen,
die es fiber sich gewonnen haben, die Broschüre des p. Krafilt bis zu Ende
an lesen, gans besonders aber denen, deren gesunde Ansehauungen durch
letatere soUten getrUbt worden seinl y. M.
nL Seewesen.
Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. HeftVII:
V on Tshitu nach Wusung. Aus dem lieisebericht S. M. S. „Alexandrine",
Kommandant Kapt. z. 8. SehmMt — Hydrographische Notiaen tiber den
Bb del Bey und den Old Calabar-Flub. Aus dem Baiseberidit S.M.&
„Hyäne", Kommandant Kapt-Lient Badram. — Mitteilungen über die
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Umschau in der Militär • Litteratur.
251
AflsegeihiQg einiger PlStee im Golf von Toaim (Gelebee) und der Ehede
von Kdbnt (OeHrJm), Von Kapitüii P. Albrand, FOhrar der holttndisehen
Bark „Clara". — Lage der Schiffe im Hafen von Iquiquc Von Knpt,
J. Galule, Führer des Schiffes „Arethusa". — Esmeraldas (^Ecuador). Von
Kapt. B. K. Schömaker, Führer des Schiffes Therese". — IJher Bedeutung
und Verwertung der tätrlichen synoptischen Wetterkarten für den Xord-
atlantischen Ozean. (Hierzu Tatel 8). — Die Strömungen in der Bucht
▼OD BiBeaym. — Bericht Aber die achtsehnte anf der Dentadieii Seewarte
im Winter 1894— -95 abgehaltene Konknrrens-PkrüAing von Ifarine-CSuono-
netem. — Die Windstärke auf dem StiDen Oaean. (Hiemi Taföl 6 und 6
im vorigen Heft). (Schhüs). — Üher den Khamsin im Golf von Tadjura.
— Russische Untersuchungen im Marmara-Meer auf dem türkischen Dampfer
„Selanik'" im Jnlirc 1894. Von J. i^pindlor. — Üher Gewittorliildunj; und
labiles Gleichgewicht der Atnu)S]»liäre. Von Wilhelm von Ikv/old. — Kegen-
£ftU an der Astrolabe-iiai und in Herbertfiköbe. — Dr. Johannes Kayser f. —
IMe Wftterang an der deutsehen Ktlete im Monat Juli 1895.
Haiine-Bimdaeba«. Heft 9: Die Notwendigfcdt regelreohter Leibes-
flbangen fttr anaer Seedfinerkorps und BatsehUtge aar Dnrohftthmng der^
lelben. — Die Vorgeschichte von Wilhelmshaven. (Mit 2 Kartenskizzen).
— Bericht des Kommandaiitoii S. M. Knbt. j^tis", Kaptlt. In^'^enolil über
die Vorgänfre in Tnmsui. (Mit Skizze). — Ein Beitrag zum EaitVruunf,^»-
sch/itzen aut Si c. Beitrag zur Frage des Kessel wassercrsatzea. — Die
neuen Kreuzer 11. Kl. — Versuche mit Sf racbruhrleitungeu.
MitteUnngen aus dem Gebiete des Beeweeeas. Sr. X: Der
Kongreb der Naval Aichiteeta in Paris. — IMe Fortschritte im Schifb-
panser- und Marine-ArtiUeriewesen des Jahres 1894, aus Bord BraaBey*8
Naval Annnal 1894 übersetzt. — Bestimmung des Gefechtswertee von
Schiffen — Die internationale Flottenrevue in Kiel. — Die engl Sclilacht-
schirte II. und III. Kl. (.Mit Abbild.). — Stapellänfe. — Die neuen Ver-
einigten Staaten-Schlaclit.schitie. — Aus treniden Kriegs-Marinen. — Doppel-
türme für Kriegsschiffe. — Hydraulische oder elektrische Gescbützanlagen?
Die neue tedinisehe Selttion fUr Schifibbantw beim Marine-Hinisterivm in
Bnis, — Bndget der japanischen liarine ftkr 1895.
Army and Nayy Gazette. Nr. 1855: Geschwindigkeit und Kohleo-
daucr, ein beachtenswerter Artikel über das MiÜn^erliSltnifs heider Faktoren
auf kleineren Kreuzern. — Der enj;!. Kreuzer „Bßi*™t''>'ita" hat von der
kleinen vor Rio gelegenen Insel Trinidad Besitz ergriden, — Die eng-
lischen Flottenumnöver. — Die Yalu-Schlacht, von Kapt. Mahan besprochen.
— Verteilung der engl. Flotte. Hr. 1856: Adm. Akamatsu über die
japannche Harineb — Die engL FlottenmanSver, auch etwas Uber die
lUnSTer deq Torpedogesehwaders. Vr. 1857: Die engt FlottenmanSver,
knrae Besprechung. — Geschütz des Amerikaners Mr. Latnlip. — Die
Beserve in der engl. Marine. — Die berühmte Legende von der Weg-
nalune der holländischen Flotte durch die Kavallerie Pichegru's ist durch
eine der Akademie für Seewesen und Politik eingereichte Schrift eines
Ms. Legrand wesentlich geändert — „Scouting in tbe Atlantic'' eine über-
252
Umschau ia der Militär-Iitterator.
sichtliche Beschreibuog der Lösung der in den diesjährigen Flotten-
mKaXtvun. den Adniinlflii gertdltea Angabe (Hit Katto). — Ir. 1858:
Di« Lage in düns. — TielM ttber: „the fleet in beeing**. Vr. USft;
Offiziersersatz der Marine am der HandelBmarioe. — Kreuzfahrten diM
engl. Geschwaders in Ostasien. — Die Xavy-Estimates im Unterhause.
Army and Navy Journal. Nr. 1669: Der amer. Marineminister hat
die Schiffbauingenieure an 13ord geschickt; sie protestiren lebhaft. —
Das Feldgeschütz der Vereinigten Staaten -Armee. — KoLanu£B-£r-
£Khrangen. — In der amer. Marine werden Versttehe fiber besseren
Verwundeteatransport an Bord der Kriegncfaiflb genuwlit. ~ Gute
Abbtldang dnes Torpedobootes m. £L für den Krenser „Maine.**
Nr. 1870: Amerikanische Panzerplatten. — Port Royal-TrockcndodL —
Entwicklung der Naval militia. Nr. 1671: Das Rodman- Verfahren neu
belobt, — Die neuen amerik. Schlachtschiffe erhalten nur 14 — 12 cm
Öclinellfpuerpresch. statt 16. — Bycikles für Signaldienst (mit Abbild.). —
Port Koyai-Trockondock. — Columbia-Untersuchung. Nr. 1672 : Die neue
Flagge dor Vereinigten Staaten (mit Abbild.). — Adm. Belknap's Ansicht,
ein aeharite Artikel gegen Enghud. — Der Paletot ab Zelt (mit AbbOd.>
— Das Nord-Atlantik-Geeehwader. — Der Stand der Arbeit an den
Kliegaaebiffen. — Vorschläge für neue Sclilachtschiff<\
Journal of the Royal United Seryice Institution. Konkurrenz-
Rchrift för die goldene Medaille. Lehren, die sich aus den in früheren
Kriegen ausgeführten Landungen Rir die Jetztzeit ziehen la^en. Von
Kapt. J. Rose. — Uber Schiffsvcntilation als eine Abteilung der Schifia-
Hygiene. Von J. Macdonald. — Eine sparsame Armee-B^onn. Von
Kapt H. Mande.
BBrw mtoMam et toloalale. (Augnat-Heft) Infloeaee de la
puissance manÜme aur l^bistoire. Übersetzung des Mahan^schen Werkes.
(Forts.) — Zusammenfassung der Ansichten der englischen Pre.sse über die
Seetaktik nach der Yahi-Schlacht — Colima<;on de pointage, ein Apparat
für hochpele^'ene Batterien, der automatisch die Hohenrichtnnp: durch Ein-
visiren des Ziels angiebt Von Ii. de KerUlis, Lieut. z. See; ein tür Ar-
tiUeriaten interoeoaater ArtilraL — Kranlcheiten der Seelente und Epidemien
anf See, aowie Mittel, aie sn verhindern und an beltimpfeiL (Forte.) —
Unter -Seefiacherei: Kabeljati&ng bei Ken-Fandhmd 1894; Vemicha-
Stationen u. Fbcherelschulen in Non^-egen. Ubersicht über Fischfang u.
Aiistcmkultur im Juni 1895. (Se p t ombe r- Heft.) IJber die Zweck-
mSlsigkeit einer methodischen Reorganisation des Seewesens. — Die See-
leute der Garde, 1813—1815. Von E. Borrtaud, Lieut. z. See. — Über
die Stabiiitat kleiner Schiffe in schwerer See. — Statistik der Schiffbrüche
und anderer SehiffmnftUe rar See im Jahre 1898. Studie ttber daa
Oeaeta der Stürme. — Üntar-Seefiaeheni: Laehaanefat, Sardinen an der
Kfiste von Porto, Kabeljan&ng in Island ete.
Riyista Marittima. August — September 1895. „Side by sida**
Artikel über die Aufnalimc des italienischen Gesclnvadcrs in Portsmoiith. —
Die mechanische Anwendung der Elektriüt&t auf Kriegsschifien (U. TeiL).
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UmMhaii in der Bf ffitf r"Ltttwrfttwr.
253
— Die Sportsschifffalirt. (Forts.) Mit intercssiinten Abbildunfjfn alter
Yachts. — Beitrag zur rationellen Lösung des ballistischen ProhK iiis. —
Der Gesetzentwurf für die Ilaudelämarino. — Die militärisclio Lage im
IGttelmeer. — Veiteiliing der Üiliaibebeii Rotte. — SupplcmentlMiid:
Die hydnralifcbe Eesselprobe.
Monkol Sbonifk. (Rnanadier Marineeammler.) Hr. 8: Offisieller
Teil: Verordnung über die Taucher-Schule. Etat des Stamms der
Tauclicr-8( luile, — Nachrichten Uber die in ausländischen Gewässern bo-
findlichcn Kriegsfabrzeuge. — Nicbtoffizieller Teil: Aus Anlafs der
"Vergleiche der englisclien Flotte mit den vereinigten Flotten Frankreichs
und Kufslands. (AuHzug»weise Ubers, aus „Naval Aiinual for 1895.") —
Haapt-Typea der Dampf-Uechaiufimeii und -Keesel anf den SdhifliBn der
eni^teehen Flotte. — 0ie Luftpumpe bei ScbUb-Haacliinen. — Anwendung
der Elektriatlt anf KriegBachiffsn. — Intamationale Beadnunnngen zur
Vermeidung von Schiffs-Zusanimenstöfsen auf dem Meere. — Der Golf-
KtroTT». Nr. 9: Offizieller Teil: Verordnutig über See-Prisen. — Nach-
richten iilier die Kriegsschiffe in auslündischeii Gewässern; die bisher zum
Geschwader im Stillen Ozean gehörigen Kreuzer „Ryiuia" und „Kasboinik"
sind Anfang September, auf der Kückrcise nach Kronstadt, von Batavia
nach Aden abgegangen; die Toipedoboeto „UMnri** nnd „Srangari", bitber
in Wladtwoetok, haben das Geschwader verstärkt — Niehtoffisieller
Teil: Der Seekrieg Japans mit China; (anf Grund von an Ort und Stelle
gesammelten Nachrichten) von Lieutenant Nebolssin. — Daa englische
Marine-Budget 1895/96. — Die Bedeutung ökonomischer Heizung fiir
Schnell-Dampfer. — Anwendung der Flektrizitfit für die Bewegung der
Türme auf Kriegsschiffen. - Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit eines
Schiffes auf Grund der von ihm hervorgebrachten Wellen. — Die untere
Bosponis-StrSmnng. — Graf Ehrenswird, Genersl-Admiial der schwedischen
Flotte.
Bflcher.
Lea «rmemeiits iftarltiiiiw, conn profess^ k Teoole snp^rienre de eom-
meice de IfaneOle et mis en harmonle avec les programmes dfidels
des examens de la marine marchande par Claude Champenois,
eapt Paris 1895. Berger-Levraalt et Co. Preis 10 Free.
Das Werk bietet in zwei handlichen Binden in übersichtlich ge-
ordnetem Texte und vielen Illustrationen das ganze für einen Kapitän der
französischen Kandelsmariiie nötitre "Wissen. Den ersten Band kann man
als einen Leitfaden tllr Schiti Ikiii, Seemannschart und Maschinenkunde be-
zeichnen, w&hrend der zweite Band das Uandelsschiff als solches, die Be-
sntsnng nnd die Rechte nnd Pflichten des Kapitäns nun Gegenstend hat
Wm besitsen anf unseren NaTigationssehnlen kein derartiges, alle
UntemchtsgegenstKnde nm&SBendes Buch. Jedes Fach hat vielmehr sein
tigenes Lefarbneb, ans welchen noch vielfiich den Schülern diktirt wirdi
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254
Umschau in dar lOtttir'LitteratuT.
so dafii diese mit Vortragsheften belastet ihren Lebensweg wateigehen
müssen. Der Wert des vorliegenden Baches liegt darin, dafii es die guute
Materie zusammenfaCst und so nicht nur Lehrern urul .'^oliUlcm einen be-
quemen Leitfaden, sondern aticli Steoerleaten und Scliift'cm ein erwünschtes
Vademecum bietet. Wir betrachten es deshall) nicht nur als eine wert-
volle Bereicherung der uautischen Litteratur, souderu wünschen ihm vor
allen, dnfH es auch in deutschen seemännischen Kreisen die nötige Be-
achtung tiuden müge. 19.
The Coamand of the Sea. B7 Spencer Wilkilison. Westminster, A.
Consteble&G^. 1894.
Das interessant geschriebene Buch verfolgt den Zweck, den brittlschen
Steuerzahler und das Parlament darauf hinzuweisen, dafs eine bedeutende
Vermehrung dor llottp stattfinden mufs, wenn England seine wcltgehiotende
Stellung zur See heibt'haken will. Als Beweis für den Wert der Flotte
weist er darauf liin, dafs in diesem Jahrhundert zwei Kriege, der Krieg
gegen Dänemark 1848 und der amerikanische Krieg 1862 — 64, aus-
schlie&Iioh durch die Flotten, und swar ohne daA ein eigentlicher Kampf
rar See stattgefunden habe, entschieden seien. Es ist dem Ver£user somit
unbekannt, dafs der orstere nicht durch Kriegsaktionen, sondern lediglich
durch politisehe Verhältnisse beendet ist. Richtig hingegen ist es, wenn
der Verfasser sagt, dals England am Ende des Krieges 1815 unbestritten
die allcinigi: Herrschaft zur See behaujitet liabe, dafs sich aber die Ver-
hältnisse seit dieser Zeit wcsentlicli geiindort haben. Staaten, die früher
nur einen geographischen Begriff ausdrückten, wie Deutschland und Italien,
sind zu Grolsmächten herangewachsen, und Frankreich besitzt in seiner
Flotte einen mJichtigen Faktor im Kriege znr See. Eäne Bekämpfung
dieser und Sehata fftr die Kolonien kann nur durch Vernichtiing derselben
im Mittelländischen Heere stettfinden. Ein Veiglcich des Stärkoverhält-
nisses der englischen Flotte rar französischen zeigt aber, dafs sie bei
Weitem nicht im Stnnde ist, die letztere zu bekämpfen und gleichzeitig die
Kolonien und den Uandel zu schützen. Hieraus wird die Notwendigkeit
der Flotten- Vergrößerung gefolgert. 10.
Tke Braln of tlie Kary, Spencer Wilkinaon. Wesüniiister, Oon-
■tabla&Cp. 189ft.
Das „Hiiii der Ftotte" nannt der Verfiuser die Sehrift, üb eine Art
von Ergänzung sn der voiher erwähnten bildet. Er begannt wie^demm
mit einer Mahnung an das engliche Volk und seine Vertreter im Par-
lament, über die Bekämpfung der Gegenpartei nicht das Vaterland zu
vergessen. Gegenwärtig sei das Notwendigste, daran zu denken, wie man
die englische Flotte leistungsfähig machen könne. Mit dem jetzigen
Kabinetssystem, wo die ganze Admiralität vom Premier-Minister aus der-
selben politischen Partei enuurnt wucd, sei das ein Ding der Umndglieh-
keit. Das Ideal der Flettea^Verwaltong wäre eine Organisation wie die
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Umaoliatt In der IfOitfr-Littentar.
255
des prenftaBcheii Heeres unter Mol&e «k Chef dee Stabes. Der Ver-
fasser entAiidrft nun einen Plan fOr die Gestaltung eines englischen Marine-
Ministeriums nach difPfim Mnster, wonach dasselbe in drei Haupt- und
verschiedene Unter-Alitciiungen eingeteilt werden müsse. Aiifserdem müsse
da.s Zusararoenwirken von Flotte und Heer sicher f^restellt werden, letzteres
sei über den ganzen Erdball verzettelt, und küuue daher nur ürtliche
Venrendimg finden. Zorn SeUnlii klagt der Veriasser noch Aber die
Sdnrielie der gegenwSrtagen answCrtigen Politik, gegenttlier den anderen
OroArnttohten. 10.
If . Tenetehnife to snr Bespreeliviig eingegangenen Bteher.
h Matebele und Ckitnl eamiiaigiii. The Hülm Mtenatie
gm. In aetloD. London 1895. Preis lab.
2. No<;ues de Artilharia, por J. U. Moreira Gnimaräes, capitäo de
artaham. Berlin, em 1895. W. H. KftM.
3. (xläuzendes Elend? Ein Wort der Abwehr an Herrn R.
Krairty den Verfasser der Broschüre „Glänzendes Elend*'. Von Eduard
Gbldbeck, Lieutenant a. D. 3. Auflage. Berlin 1895. Fassinger. Preis 1 M.
4. General-Major v.Steruegg^*s Schlachteuatlas des neunzehnten
Jahrhunderts, vom Jahre 1828 — 1885. Plane aller wichtigeren Schlachten,
Gelechte , Treffen und Belagerungen Lieferung 42 — 46. Preis einer
Idefemng für Subskribenten 2,60 H., Nichtsabecribenten das Doppelte.
Xteipzig, Wien, Iglau. P. Blaerie.
5. Zum Gedäfhtnifs des grofsen Krieges. Rede bei der Kriegs-
£rinnerungBteier der Königl. Friedrich- Wilhelms-Universität zu Berlin am
19. Jnfi 1895 gebahien von Heinrieh von Treitsehhe. Leipzig 1895.
Verlag von & HimL Preis 60 Pf.
6. üniformenkunde. Lose Blätter zur Geschichte der Kntwickelung
der militlü-ischeu Tracht Herausgegeben, gezeichnet und mit kurzem
Texte versehen von B. KnOtel Band VI. Heft 7 nnd 8. Pkeis je 1,20.
Badwnow 1895. H. Babenaen.
7. Les uniformes de i'armee fran^aise depuis 1690 jusqu'a nos
jours. Texte et dessins par le doctenr Lienbart et Renä Humbert.
1** livTaison. Pre» 2 fres. = 1,60 H. Leipzig. M. Buhl, Mitenr.
8. Germania! WalzeHied für das deutsche Volk von W. Matthias,
ftbr eine öiugbuuuau und Klavier komponirt von Max Krause. Preis 1,20 M.
Berlin. B. Thiele.
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256
Ümadiau in der MUitär-Litteratur.
9. TafiDlm svr Befeelmaiig desH5k«n«iLtoraehledM ans gegebener
horisontaler Entfernuxig und gmieaBeneni HSbenwinkeL Ffir Ent&nuuagan
bis 400 m und Htthenwinkel bis 25 (alte Teilung des Quadranten), von
F. Hammer. Stattgart 1885. J. B. Metalerscher Verlag. Preis 1 H.
MI» Wlsnar. Eine brennende Frage. Yon H. Frobenins, Oberst-
Ueolenant a. D. WiBmar 1806. HinatorlTfiche HoflmcUhandlnng. Freie
50 Ffg.
U. Fireks Taschenkaleiider für das Ueer. 19. Jahrgang. 1896,
Betlin. Verleg von A. Belli. Freb 4 M.
1
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Die Stäxke des preufsischen Heeres bei Ausbruch
das siebeiqfthrigen Krieges.
Tob
Friedrich der Grofse hat in seinem Politischen Testament vom
Jahre 1752 den Wunsch ausgesprochen, seine Armee von 136000 auf
180000 Mann bringen zu können. Er hielt ein so starkes Heer für
nötig, damit Preufsen seinen feindlichen Nachbarn widerstehen könne.
Nach der Darstellung von Max Lehmann in seinem vielbesprochenen
Buche über den Ursprung des siebenjährigen Krieges^) hatte Friedrich
im S<»iimer 1756 sein militärisches Programm nahezu verwirklicht
und Mine Aimee auf amiMhsnid 180000 Mann Teniftrkt. Dies bfldel
emee der Tereobiedenen Argnmente, die Lehmann t&r seine AnffiMwmg
geltend madit, dab FHedriöh ans eigenem Antriebe den Krieg begonnen
habe, um seine lang gehegten ErobemngBplIne zar Ansfiihrung m brin-
gen. Dagegen bernffiart Reinhold Koser die Stärke des prenlsischen
Heeres aom Sohlu& der Eriedensseit auf nur 150000 MÜm*). Man
sieht Bolinrt, von irelcher Bedentong diese Differenz tOx die Streit-
firage nach dem Ursprung des siebenjährigen Krieges ist. Hat Koser
Recht, blieb die Armee noch um 30000 Mann hinter der Zahl zurück,
die Preuisen nach des Königs Urteil zu seiner militttriachen Sicher-
heit brauchte, so ist der Anschauung Lehmann's yom Ursprung des
Krieges eine wichtige Stütze entzogen. Denn es ist doch überaus
unwahrscheinlich, dafs Friedrich sich freiwillig in den gefahrvollen
Krieg gegen Österreich, Sachsen und Rufsland gestürzt haben sollte,
bevor er seine militärischen Vorbereitungen in dem als notwendig
bezeichneten Uuiiang getroffen hatte. Wer zu dem voraussichtUch
noch lange fortdauernden Streite der Meinungen über die Ursachen
des Krieges Stellung nehmen will, der wird auch die Frage erörtern
*) M. Lehmann, Friedrich der Grofse und der Ursprung des siebenjährigen
Krieges, Leipxig 1^, 8. 6. Vgl: Göttiagische Gelehrte Anzeigen 1895 Nr. 2
s. loe.
Forschungen zur Brandenburg, und Preols. Geschichte VU, 547.
Jrtrtmw tu a» Ow H wl w Ahm» wai jUOm», MM. S. ]g
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258
Die Btlike im pfwifthchm Haaras
mUflsen, wieviel Trappen dem König im Jahre 1756 zur Verfügung
Lehmann's Behauptung gründet ddi auf fcdgende Bereoihnung.
Zwei Listen aus den Jahren 1747 und 1755 geben 133824 und
130088 Mann an. Jede Kompagnie hatte eine Anzahl Ton IjBUten,
die zur Ausfüllung etwa eintretender Lücken dienten, sogenannte
Oherkomplette, zusammen 9000 Mann. Diese vermehrte der König
um mehr als das Doppelte; aufserdem errichtete er ein neues Feld-
regiment und zehn neue Garnisoubatailloue.
Koser stützt sich auf die Überlieferung des Königs im Politischen
Testament, wonarli die Armee 1752 135600 Mann zählte, und auf
einige Listen aus dem Anfang der fünfziger Jahre, die mit der An-
gabe Friedrich's um einige tausend Manu ditleriren, die sie teils mehr
teils weniger haben. Hierzu rechnet Koser die vor dem Kriege er-
folgton Verstärkungen in einer Höhe von 18580 Mann mit Berufung
auf eine Angabe in dem OenenJatabsweric über den siebenjährigen
Krieg'). So etgiebt siidi ab Endsumme ungefiibr 150000 Mann*).
Keine der beiden Bereehnungsii kann ToUstladig befidedigen; sie
tSmd SB aUgemeia gehalten und gehen m wenig auf die Eänselheiten
ein. Aua Koaer^s IhurtteUung tritt nicht hervor, wieviel die Ober*
kompletten ansniadbten, wie die Höbe der Augmentation berechnet
ist, ob auflh die Kichtkombattanten» Feldsefaeerer und Uhterstab mit
embegriffen sind, oder nicht. Lehmann irrt in der Berechnung der
Oberkompletten, die viel zu hoch angenommen sind, wie ich unten nach-
weisen werde. Überhaupt kann ein so tammarisohee Verfahren bei den
vielen Verschiedenheiten in der Zusammensetzung der Begimenter und
in der Art ihrer Augmentation nicht zu einem sicheren Ergebniis
fuhren. Hierzu bedarf os einer genauen Einzelberechnung. Die
Stiirke der vorhandenen Kegimenter, die Zahl der L berkompietten,
die Höhe der Augmentation mufs im einzelnen festgestellt werden.
Als Hilfsmittel kihiiiyn dabei die Etatsangaben dienen, die in der
„Öamndung ungedruckter Nachrichten"') erhalten sind und die sich,
soweit eine Kontrolle überhaupt möglich ist, durchschnitthch al« zu-
verlässig erwiesen haben. Zur Prüfung und Ergänzung sind Listen
in iiegimentstagebüchem und in den soweit zurückreichenden, mit
*) Geschichte des siebenjährigen Krieges, baarbaitat VOD den Offiataran
dee grofsen GeneraLstabs, Berlin 1824, I S. 19.
^) Nach dem Generalstabswork betrug die Armee 1756 155 164 Mann. Bei
dieser Gelegenheit will ich nicht unterlassen, vor Benutzung der St&rkeaogaben
Tempelhofifs zu warnen. Sie sind in der Mehrzahl ÜEdsch.
*) aammbrog ungedraekter Nadiriditen, so die FaldzQge der Praol^ von
1740-1770 arlanters, V, 410. Draadaa 1786. Gitiit & a. N.
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bei Ausbruch deB siebenjährigen Kiieges.
259
aiduTaliBdiem Material gearbeifeetan Regüuentsgescblclitaa lioraii-
znzieheiL Aiudi das wichtige Stbrkeyeraeiohiiilk der preufUeeheii
Aimee Yom Jahre 1759 in der genannten Sanunlimg nngednaekter
Naehxiehtai, der „Versnch und Anazng einer Geeohichto der preuioBdiai
Aimee*' yom Hersog ran BnHinecfaweig-Bereni^)^ d«r „Fdd-Etat von
dar erateniAimee des Königs vom 7. Juli 1756**^ und der ^Etat des
Schwerinsclien Armee-Korps'^ vom 1. Oktober 1756*) geben maonig^
fache Aufschlüsse. Die Anfatellnng nach diesen Quellen ist freilich
komplizirt, und zuweilen muTs an die Stelle sicherer Überlieferung
QDgefähre Schätzung treten. Solange es aber nicht gelingt^ ToUständag
insreicbende Etatslisten aus den ArchiTon beizubiingen, mttnen wir
ims in dieser Weise behelfen.
Die Armee zahlte 1755 an Infanterie: ein Bataillon Leibs^arde,
zwei Bataillone Garde, ein Bataillon Grenadier Garde, 29 Grenadier-
bataülone*), 44 Regimenter Musketiere und Fiiseliere zu zwei
Bataillonen, ein Musketierregiment zu drei Bataillonen (Anhalt),
acht Gamisonregimenter und vier Garnisonbataillone, fünf ost-
fiiesischo Garnisonkompagnien und zwei Kompagnien Fulsjäger.
Die Artillerie bestand aus zwei Feldbataillonen und acht Garnison-
kompagnien nebst dem Artillerie - Unterstab; dazu kommen noch
ein Regiment Pioniere und das Ingenieurkorps. Die Kavallerie bestand
aus einer Edcadnm Garde da Corps, 12 Regimentern oder 60 Eska-
dions Enrasiiere, 13 Regimentern oder 70 Eskadrons Dragoner^),
acht Regimentern oder 80 Eskadrons Husaren.
Aniberdem gab es noch 4 Land- oder nene Ganusonregimeiitcr,
die im FVieden beurlaubt waren und nur aar Zeit der Bevue susammen,-
trateUt und das aus acht Invalidenkompagnien bestehende nene
Qarmsonregiment Ahlimb^.
Die Stärke dieser Armee nach dem sogenaonten alten Etat vor
den 1755 und 1756 erfolgten Augmentationen eigiebt sioh ans naeh»
stehender Bevedmung:
^) Märkische Forschungen Bd. 19. — ^) v. Schöning, Historisch - biograr
phisdie Htehriohten zur Oenshiehte der Brandenbnigiseh-PreabiBchen Artillerie^
Berlin 1844, U, 907. — >) Ebda. S. 317.
*) Die Grenadier Garde und ftlnf andere Grcnadiorhatailloric bestanden
schon im Frieden. Die flbrijrfn (ironadiorbatailloue wurden erst bei der Mobil-
machung durch Vereinigung der üreaadierkumpaguien der Infanterieregimenter
gebildet. Sie sind hier berdte getrennt aufgeführt, wie es in den erhattenen
State za geschehen pflegt
Zwei Regimenter hatten je 10, die anderen je 5 Eskadrons.
*-^) Zur Armee gehörten auch das Invalidenkorp? und das KadettenkOK2>8 in
Berlin, äie kommen hier ebensowenig in Betraclit wie die Kneciite.
18' j
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260 Stärlm Öm preu&iBcbeD Heeres
Infanterie.
ui
IbMMteftM
829
79
8
916
oU
14oO
1 Bat. Grenadier Qarde . . .
663
40
11
714
10S78
1160
116
181S4
68080
3520
748
62948
1980
120
oo
2122
20 Bat. Garnison
13100
800
156
14066
Ostiries. Garnison-Kompagnien
656
40
5
700
soo
2
902
1 Ö3817
5839
1092 1
100748
Zur Erläuterung dieser Tabelle mögen folgende Bemerkungen
dienen.
Die Zahlen für die Gardebataillone sind den erhaltenen Etats
entnommen'). Das Leibbataillon gab seine Grenadierkompa^ie nicht
ab, woraus sich der verhältiiiismäfsig hohe Bestand des Bataillons
erklärt Die Musketier- und Füselierregimenter zu zwei Bataillonen
k ftnf Kompagnien liatlen: 42 Offiziere, 100 Unteroffiziere, B8 Spiel-
leote, 1140 Gemeine, 80 Überkompiette^ 17 FeLdacheerer nnd Unter-
itab, zusammen 1417 Mann. Das Grenadierbotaillon zu vier Kom-
pagnien hatte 18 Offiaere, 36 Unteroffiziere, 20 Spielleate, 28 Zimmer-
lente, 480 Gemeine, 40 Überkomplette, 4 Feldaeheerer, zosammen
638 Mann. Diese Angabe der S. u. N. findet überall Beetitigang.
Eine Vencbiedenhelt besteht allun hinsichtlich der Zimmerleute.
Einige Etats geben nur 7 Zimmerleute bei den Grenadierbataillonen,
dagegen 14 bei den Musketierregimentem an. Der Unterschied ist
für die Gesammtsumme nur unbedeutend.
Die Stärke der Gamisonrefrimenter ist nach der S. u. N. be-
rrchnet. Ein Bntaillon zählte 20 Offiziere, 50 Unteroffiziere, 15 Spiel-
leute, 570 Gemeine, 40 Überkomplette, 5 Feldscheerer, zusammen
700 Mann. Autfaliender Weise sind beim Ref^ment nur Feldscheerer,
dagegen kein Unterstab angegeben ; entsprechend dem Un^erstab der
Feldregimenter ist er in der obigen Übersicht zu je sieben Mann an-
genommen.
Die fünf üstfriesischeii Gamisonkompagnien in Emden und Aurich
sind analog den aus füul Kompagnien bestehenden Garnisonbatailloucu
Vgl. V. Reinhard, Geschichte der Preufsischen Garde-Regimenter zu
Fufs, Potsdam 1868. Die Angaben der S. u. N. stimmen mit den Etats
aberein.
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bei Ausbruch des siebenjährigen Krieges.
261
m 695 Mann und 5 Feldseheorar angesetzt. Zirai Eompagnien FoIb-
jäger zäUten 300 Mm^).
Die Berechnung der Artillerie bereitet eiiiij^o Schwierigkeiten.
Mit Hilfe eines bei Schöning abgedruckten Etats vom Jahre 1748*)
Iftlst sich die Stärke der beiden Feldbataillone und der damals be-
stdiendeiif&iifOariUMiikompagnien enmUahu Daa erste Bafeanionbatte
786 Mann und 7 Feldscheerer, das zweite 764 Hann und 10 Feldscbeerer,
beide znsammen 1567 Mann. Die Oaimscmkompagmen zfthlten 510Mann.
In den nächsten Jahren erfolgten Verst&rknngen dnrch Bfldnng von
drei neuen 6ani]8onkom|iagmen und Veimehning der alten. Ak
Bestand der Artülerie tdx 1756 bei Beginn des Krieges giebt SdiQmng
ohne nflhere Spezifikation 8488 Mann an (2028 Feld-, 1400 Garaison-
artillerie). In di^e Siunme ist jedenfalls der Artillerie-Untorstab
einbegriffen, zu dem das ganze technisclio Personal und die Ponton-
niere gehörton. Die in das Jahr 1756 fallende Verstärkung betrog
ungefähr 170 Mann 3), sodafs wir für 1755 die Artillerie insgesammt
zu 3258 Mann ansetzen können.
UnsiGfaer bleibt audi die Stärke dee Pionier-Regiments. Es um-
fsSstQ 10 Kompagnien Pioniere und zwei Kompagnien Mineure. Als
einzigen Anhaltspunkt haben wir in dem Etat vom 1. Oktober 1756
die Stärke eines Bataillons zu 717 Mann ohne Feldsoheerer und
ünterstab. Ein Teil der Offizierstellen wurde von den Ingenieur-
Offizieren ausp^efüllt. Die Mineurkompa^ien waren nnsoheinend
schwach*). Wir werden daher das j^anze Regiment zu höchstens 1700
ansetzen düifen. Das Ingenieurkorps bestand aus 45 OfEizieren.
Somit erhalten wir für Artillerif, Pionioro und Ingenieure ins-
gesammt 5003 Mann. Eine Untor*^cheiilung nach Üftizieren und Mann-
schaften, Uberkoinpletten und Untorstab ist bei den unzureichenden
Nachrichten für diese Truppenteile nicht mögUch.
Wenden wir uns zur KaTallerie.
1) V. Rentzell, Oeschichto des Osrde^Bger-BataUbns 1744-1894, Berlin
18M. — >) a. a. 0. Bd. I, S. 467.
Die Ol Kompagnien des ersten Bataillons erliieltcn je 10 Mann Ver-
stüLrkung. Die Schweidnitzer (ramisoo wurde um 63 Mann, die Coseler ungefähr
um die gleiche Zahl erholit.
«) Anfang 1769 zählten sie 246 Mann.
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269 Die flIAriDe des preofliMlMo Beepei
fIMataM
IbBMdMftiB
ül»er-
Pahnen-
•ekattd«
ood
tiamm«
1 EbL Garde da Corng . .
163
15
1
1
180
12 Reg. Kürassiere ....
9132
720
120
216
10188
10 Reg. Dragoner a 5 Esk.
7740
600
50
110
8500
2 Bog. Dragoikcr k 10 Esk.
9078
240
20
32
3370
9168
80
128
9876
60
60
Fekyilgerkorps
175
1
176
29616
1675
271 1 488
31800
Znm Bdfig oUger Zahlen ad folgendes bemerkt
Die Eskadron Garde da Goip« hatte 13 'Offizierei 14 Unter-
offiziere, 4 Spielleute, 132 Gemeine, 15 Überkomplette, 1 Fddecheer,
I Fahnenschmied, zusammen 180 Mann').
Ein Kürassierregimait hatte 30 Offiziere, fiO Unteroffiziere,
II Spielleute, 660 Gemeine, 60 Überkomplette, 10 Fahnenschmiede,
18 Fcldschoerer und Unterstab, zusammen 84!) Mann*). Das Dra^^oner-
regimcnt zu fünf Eskadrons hatte Oftiziere, 60 Unteroffiziere,
22 Spielleute, 660 Gemeine, 60 Überkomplotte, 5 Fahnensclimiede,
11 Feldscheerer und Unterstab, zusammen 850 Mann''). Das Regiment
zu 10 Eskadrons hatte 62 Offiziere, 120 Unteroffiziere, 37 Spielleute,
1320 Gemeine, 120 Überkomplette, 10 Fahnenschmiede, 16 Feld-
scheerer und Uuterstab, zusammen 1685 Mann*).
Das Husarenregiment zählte 36 Offiziere, 80 Unterofüziore
10 Spielleute, 1020 Gemeine, 10 Fahnenschmiede, 16 Feldscheerer
und Untanrtab, zmammen 1172 lAann>)k Dem Begiment Bneech
irar der 60 Mann starke, mit Lausen bewaffiiete Trupp Bosniaken
beigegeben.
Das Fddjigerkorps bestand ans zwei Bittmeistem, sechs Ober-
jlgem, 167 Fel4iägeni und einem Feldscheer^
IMe Gesammtsumme für Infanterie, Artillerie und Kavallerie be-
trägt nadi obiger Aufteilung 137801 Mann, ebne Feldscheerer und
\'. Schöning, Geechichte des RegimMita Gftrde du Corps, Berlin 1840L
Ebenso S. u. N.
*) S, u. N.; nach anderen lü ISpieileute. — ^ S. u. N. Andere Etats
zeigen geringe AlnRreiohungen, so 15 oder 19 SpieUeotew — 8. a. N. —
*) In der u X. -ii d irrtümlich 6 Mann Unterstab fortgelassen. Die An-
gabe, dafs ;r,irh ;-:(lj(.n 7u dir-scr '/eit 8 Ülierkomplettc pro Eskadron, also
80 pro Regmient vorhanden gewissen sein, scheint nicht richtig zu sein.
*) 0. üeym, Die Geschichte des Reitenden Feldjfigerkorps w&hrend der
«nt« 00 Jahre seiziM Bestehens, Berlia 18B0.
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fjnkmtah an 136000 llaitn. ESngaredunt aiiid die ÜberiRnflotM
der In&iitsEie und Kavillerie, zHWMninwn 7414 Maimi^i Da «imge
Ansätze, aus denen di6M Zahlen gewonnen sind, nur auf Sohliteiii^
beruhen, andere nicht ganz einwandfrei sind, so kann das gewonnen^
Resultat nicht auf absolute Richtigkeit Anspruch erheben. Sehr groft
wird der Fehler indes nicht sein, weil die hauptsächlichsten Faktoren
keinem Zweifel unterliegen. Auch stimmt das Ergebnifs sehr gut mit
der Überlieferung: überein. König Friedrich piebt für 1752 an 135600
Mann 2), eine Liste vom November 1755 mit Hinzurechnung von zwei
neu geschaffenen Gamisonbataillonen 136988 Mann. Es ist leicht
möglich, dafs die ostfriesi sehen Gamisonkompagnien in diese Zahlen
nicht einbegriffen sind, wie dies zuweilen der Fall ist').
Zu berücksichtigen sind nocli die Land- oder neuen Gamison-
legimenter. Es gab vier, zwei in Berlin und Stettin in einer Stärke
von je sieben Kompanien, zwei in Magdeburg und Königsberg zu je
Tier Kompagnien, jede Kompagnie ifthlle 215 Mann imd eineu Feld-
Bciheer*). AnUberdem war noch das sogenannte neue Gamisomegiäient
Ahlimb TorhandeH, das ans aoht in den alten Phmnaen tefBtre n hMi
Iiifalideiikompagnien gebildet wnrde, etwa 800 Blann stark; Die Höhe
aller dieser Trappen belief sioh somit auf j>552 Hann. Sie be-
standen zum grölsten Teil aus niobt mehr recht tangUchen aals*
gedienten Leuten, ja geradeia aus Veteranen; anch fehlte ihnen
TtelÜBch die notwendige AoarBStong. Im Frieden wurden die Regimenter
nnr zur Zeit der Revue zusammenberufen, in den fibrigen Monaten
waxem sie beurlaubt Sie können daher kanm som stehenden Heere
gerechnet werden.
Das für den kleinen Staat im Verjjleieh zu anderen Mächten
übergrofse Heer genügte König Friedrich noch nicht: y,Le militaire
est respectable, mais il n'est pas assez nombreux, pour resister aux
enncniis. qui nous environnent"^, so schrieb er 17r)2 in seinem Politischen
Testament^). DemgemäXs begann er in den Friedensjahren sein Heer
zu vermehren. Hierzu bediente er sich der Einrichtung der Über-
kompletten. Diese waren, wie bemerkt, urspriingUch nur zum Ersats
') Die Zalil J<^r Überkompletten bei der Artillerie und den Pionieren lieft
sieb, wie bemerkt, nicht fpststfllen. Sic sind den Mannschaften zugerechnet.
Zwischen 1752 und 1755 talien keine weBentiicben Verstärkungen.
^ Vgl. Tableaa des Prinzen Ferdiaaiid von Braunschweig bei Droysou,
G«sefaidite der PMuftiaehen Politik V, b, 209. In diesem Tableau sind auch
die J.lger nicht berechnet. — *) L'Hommc de Courbiere, Geschiclito «lor
bran'irnhurg - preufsischen Heeresverfassnng S. III. In <ler von Lehmann
pubüzirten Liste (S. 110) sind irrig auch das Magdeburger und das Königs-
beiger Begimeiit su 7 Kompagnien angegeben.
*) Lehmann a* a. 0. S. 96.
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964
Die flUrk» det pmüMMbea Bmm
Erfexanktar oder mitaiigluih gewordener bestimint. Sie Heleea sieh
aber auch sehr Idcsiht zu einer Verstärkimg des MannschaftsbestandeB
der Regimenter verwerten. Da sie bereits einexerzirt muren, 80
brauchten sie im KriegsficUl nur bewafihet und eingestellt za werden.
In eben dieser Absicht, um eine grölsere Anzahl solcher schon einiger-
mafsen ausgebildeter Leute zu erhalten, bestimmte Friedrich durch
die Kabinetsordre vom 25. Februar 1755, dafs in Zukunft jede Kom-
pagnie 20 statt 10 Überkomplette liaben sollte. Durch Kinziehung
der doppelten Zahl von Überkomjdetton konnten dann bei Ausbruch
eines Krieges die Regimenter nicht imbeträchtäch verstärkt werden.
Es fragt sich nmi, in welchem Umfange im Sommer 1756 die Aus-
rüstung dieser Mannschaften möf^lich war, wieviel Überkomplette that-
SächHch mit ins i^'eld rücken konnten.
Bei der Infanterie wurde die Verdoppelung der Überkompletten
anscheineiid ToUstSndig dniohgeflllirt. Die GienadieilMttaOlone ei^
hielten noch je 40, die Hnsketier- und Füselierbtttafllone noch je
50 Mann, so dafe nach diesem sogenannten mittleren Pols das
GrenadierbataiUon 666, das Bi&nterieregunent 1517 Mann stark
wurde. Die vier Gardebatafllone bekamen keine neuen Übetkom*
pletten*)- Inagesammt worde die In&ntezie anf diese Weise um
5710 Ifann verstärkt, die allerdings zum Teil nur mangelhaft be-
waflhet waren, als die Feindseligkeiten begannen^).
Anders steht es mit den Überkompletten der Kavallerie. £s gab
wohl neue Überkomplette, je 12 pro Eskadron bei Kürassieren und
Dragonern'), aber sie waren zumeirt noch unberitten. Die Garde
du Corps erhielt erst nach der Gefangennahme der sächsischen Armee
22 berittene Überkomplette. Nach dem Etat des Schwerinschen
Armeekorps vom 1 Oktober 1756 hatten die Kürassiere Buddenbrock,
GeMer, Kyau, Schönaich je 7öO Gemeine, 60 Mann mehr als nach
1) V. Reinhard, a. a. 0.
^ Friedrieb an General-Feldmarschall Lehwaldt, 23. Juni 1756: „Angehend
die dopiteltf^u Cbcrcompleten derer Regimenter, da könnet Ihr solch© bei
denen Regimentern mit einstellen und Urnen Gewehr und Taschen geben, so
doch einigermafisen mithilft^ um difl BeghxMBtor itSricer m machen.'* Politiadie
Correspondenz Friedrichs des Oroleeii** XII, 400.
*i In der S. u. N. ist irrtümlich bei den KOrassieren keine Vermehrung
der üluTkouiplettf'n anpofrcben, wohl aber eine auch anderweit bestätigte Ver-
stärkung der Eskadron um 1 Ulfizior und 2 Unteroffiziere. Nach einem Briefe
FriedHcha am Schwerin (Pol Correspondenz XIV, 153) wurde erst im Desember
1756 die Augmentation der Offiziere und Unteroffiiiere befohlen. Es Hegen
indels sichere Angaben vor, dafs die Zahl der Offiziere zum Teil schon früher
erhöht worden war (vergl. d. folg. .Anm ); die neuen Unteroffiziere fehlten dagegen
bei Ausbruch des Kampfes noch überall. Wir berechnen nur eine Vermehrung
det B^gimenti um 6 Olflsiere und 00 Oberiwmplefeto.
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bei Aiisbruch des Biebenjährigen Krieges.
265
im alten Fnik, aber nur einen Bestand von etwa 800 Pferden, d. L
Pferden fär 60 Unteroffiziere» 10 Spiellente, 10 Fahneoachmiede, und
720 Gemeine. Das Ofifiaeifcorps der Regimenter seigt eine geringe
Eiiidlrangi)L Die liste der für die acht anderen Kürasderregimoiter
bestimmten Portionen und Bationen in dem Feld-Etat Tom 7. JuH^
l&bt sehen, dab iroU die Überkompletten Torhanden waren, die
nötigen Pferde aber nur zum Teil*). Die Dragoner Stechow und
Blanckensee hatten am 1. Oktober nur je 803 Pferde, während sie 863
brauchten, um auch die neuen 60 Überkompletten beritten zu machen.
Den Dragonern Bayreuth, Normann, Truchsefa, Oertzen, Würtemberg
fehlten je 60 Pferde, wie die Rationenverteilung zeigt. Es sei auch
an eine Notiz des bekannten fleifsigen Sammlers v. Scheelen erinnert,
der berichtet, dafs nach der Geftingennahmo der Sachsen bei acht
Kürassier- und Dragonerregimenteru die 12 alten und 12 neuen Über-
kompletten pro Eskadron beritten gemacht seien*). Die fünf in Ost-
preufsen stehenden Dragonerregimenter Huitz (später Plettenberg),
Langermann (später Alt-Platen), Holstein-Gottorp, Finckenstein und
Schorlemer konnten ihre neuen Überkompletten nicht einmal mit
Waffen versehen 2), noch weniger mit Pferden. Bei dem Regiment
Ruitz erhielten sogar die alten 60 Überkompletten die Pferde erst
im Februar 1757«).
Die Höhe der Augmentation bei der Kavallfirie beUef sich somit
auf 1642 Mann, Ton denen jedoch die Mehrxahl bei Ausbruch des
>) Die Ke<]nmenter hatten 35, 32, 33 uud 32 Offiziere. 35 sollten es nach
dem neuen Etat sein.
*) UnteroffiziAro and Hannadiaften erhielten je eine Ration, Regiments-
qoartiennelster, Auditeor imd Prediger je zwei, der RegimentsfiiidBcheer vier»
die Offiziere je nach dem Range zwischen drei und acht Rationen.
^) Es waren 917 Portionen, dagegen nur 917 Rationen, wahrend es etwa
1040 Bationen hätten sein müssen.
' *) V. Schöning, Geschichte des Regiments Qarde du Corps. S.81.
^ Am 25. Juni schreibt Friedrich an Lehwaldt: „Wegen der Dragoner-
refrimentcr glaube Ich, dafs solche ihre zclm neue ÜT>orcomploten auch noch
wohl von denen Prcnlcn im tilsitschon Distriot beritten machen können. Wenn
selbige auch nicht Curabmcr und Pistolen haben, so ist genug, wenn sie nur
Degens bekommen, die ihnen von den alten Degens, so die Regimenter ab-
gegeben haben, vorerst gegeben werden kcinnen." Am ß. Juli antwortet
Lehwaldt: „DaTs es scliwer an<:i'heii würde, 360 extraübercompleto Dragoner
zu .stellen . . ., indem der Generallieutenant von Massow alle alten Degen,
Carabiner und Pistolen von hier abholen lassen/' Politische Correspondenz
Xn, 460; Xm, 69. Lebmann hat diese wichtige Stelle vollstasdig flbersehen.
•) Tagebuch des Regiments, S. u. N. Bd. V, 313. WahrschemUch war bei
den anderen vier I^ppimentern das gleiche der Fall. Über die Schwierigkeiten,
welche die Ansrhattiiug von Pferden in Preufsen hatte, vergL £. 0. Mentzel,
Die Remontirung der Preulsischen Armee, BerUn 1846, S. 84/86.
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266 JD^e Stärke des preuisiKhen Heeres
Krieges kene Pferde, einige flelbti keine Waüan hsilen. Die E»>
gimenter blieben also in der That zumeist auf dem alten FuJa. Bei
den Hnaaren war übetiiaapt keine VentUong des Etats eingetreten.
Die Begunenter Weehmar und Wartemberg hatten im Oktober 1756
noch die alte Zahl Yon 1020 Geraeinen; für die Regimenter Pvtlifcammer,
Zielen, Saekely wurden in dem Feld-Etat nur 1180 Portionen be-
stimmt, woraus ebenfalls folgt, dafe der Fufs noch der alte war^).
Von den drei übrigen Regimentern ist nichts Näheres bekannt; man
wird aber wohl in der Annahme nicht fehlgehen, dais auch sie damals
noch keine Überkompletten erhalten hatten').
Durch die Vermehrung und Einstellunfi der Überkompletten
wurde die Armee um 7H52 Mann verstärkt. Hierbei aber ist zu beachten,
dafs mindestens ein Fünftel davon wegen ungenügender Ausrüstunf»
noch nicht felddienstföhig war. Es ist also ein Irrtum, wenn Lehmann
behauptet, dafs die Regimenter mit doppelten Überkompletten aus-
gerückt seien. Das trifft wie gezeigt nur fiir einen Teil zu. Aber
Lehmann spricht nicht nur von einer Verdojtpclung der überkompletten,
er rechnet sogar mit einer Vermehrung um mehr als das doppelte*).
Zum Beweis zitirt er eine Stelle der „Histoire de la guerre de sept
ans**, wo der Kdnig eraählt, bei einigen Regimentern sei die
der Überkompletten anf 36 pro Kompagnie, bei anderen anf 24 ge-
bracht worden. Es ist indeis eine Ubigst bekannte Thatseohe, dab
der Künig in derartigen Angaben nnzaverlSsng ist; er terwandte ebeo
keine Sorgfidt auf Oenanif^eit im einzelnen, am allerwenigston anf
Zahlen. Auch mag hier die Erinnemng an die im Winter 1766/57
erfolgten Augmentationen von Einflnis gewesen sein. T^hm^an beruft
sich femer auf einen Bericht des Generalmajors von Blanckensee vom
27. März 1755, aus dem er schliefst, dais Friedrich im Frieden, in
Annäherung an das Krümpersystem einer späteren Epoche, die bis-
herigen Überkompletten zu Hans lieüs und an ihrer Stelle in gleicher
Zahl neue ausbildete. Das mag wohl geschehen sein, dadurch wird
es verständlieh, dafs Friedrich im Winter 175G auf 1757 eine so
aufserordentlich starke Vermelirung seines Heeres dnrt litiihren konnte.
Für 1756 ist aber kein Fall naehweisbar. dafs ein Ilegiment mit mehr
als doppelten Überkompletten ins Feld gerückt wäre, und selbst diese
doppelten Überkompletten hatte man nicht alle kricgsmälsig aus-
>) Die 1180 Portionen verteilen sich wf 36 Offixiere, 80 Unteroffiziere,
10 Spielleate, 10 Fahnenscfamiede, 10 Feldscbeerer und Unteratab, lOfiO GenMine
nnd die Knoditr. — *) Die in der Provinz Prenfsen stehenden Regimenter
Ruesch und Maiat liow.ski warcn^sichcr nicht besser daran, als <lio «lort stehenden
Dragoner. Die Öüyiüitz-Huäaren m Pommern hatten groüieu Pierdemangel;
vgl. Mentiel a. a. 0. ^ 0 S. 6.
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bei Aiubrach des siebenjährigen Kriegee.
267
Htoton kSnnen. Waren iriridiolL nodi mehrÜbakomplAtte ▼orhandea,
Ittben, so kommen eu dodbi niöht weiter
in Betracht; sie waren eben dann üirer eigenäicbenf Beetimmung
gemlis niehts anderes als noch gamicht oder nnr notdürftig ans-
gebildete nnbewaffiiete Ersatsmannsdiaften für emtretende LttolEen,
nidil aber eine Verstitrknng der bestehenden Gadres^).
Im Jahre 1755 begsmi König Friedrich die Enriehtnng neuer
Bataillone. Das Oamisonregiment HfitBBcheÜEihl wurde lun zwei
Bataillone, d. h. um 1400 Mann, verstärkt. Anlang 1756 wurde daa
Gamisonbataillon Salmuth in ein Feldregiment umgewandelt. Das
Bataillon zählte bisher 700 Mann. Der Bestand eines Infanterie-
repments war nach dem mittleren FuJs von 1756 1517 Mann, mithin
Bind noch 817 Mann hinzuzurechnen.
Im Laufe des Sommers 1756 erp^ngen sodann die Befehle, auch
dieGamisonregimenter Lange, Nettelhorst, Lattor£f, Blanckensee, Sydow
und Manteuffel mit je zwei Bataillonen zu verstärken; davon wurden
acht im August errichtet, die vier letzten erst im September. Die
Artillerie wurde wie oben bemerkt um 170 Mann vormehrt. Ins-
gesammt betrug somit die N'erslärkung des preulsischeu Heeres durch
Einstellung von Überkompletten und durch SchafiFung neuer Regimenter
18139 Mann'). Diese zu den oben erhaltenen 137601 gerechnet,
giebt 155740 Blann inoL Feldsdieerer nnd Unterstab. Um die Stftrke
der Armee hei Beginn der Feindseligkeiten zu ermitteln, sind aber
die vier neuen Bataillone der Garmsoniegimenter Sydow nnd Man-
teuffel abzuziehen, die erst im September fortig wurden: femer dürfen
die neuen Üfaerkompletten der Karallerie, weil nnberitten, zum grOfeten
Teile nicht mitgeidlhh werden. Danach stellt sich die Höhe des
Heeres bei Ausbruch des Krieges auf etwa 151500 Mann, die Ifioht-
kombattanten wie Feldscheerer und Unterstab abgerechnet gegen
150000 Mann*). Unter diesen befenden sich etwa 22000 Mann
') An sieben Regimenter, vier Infanterie- und drei KUrassierregimenter
erging Ende Juni folgende Weisung: nVermittelst dieser Meiner aecreten Ordre
befelile Icli Euch liicrdurch, »iifs wenn Ihr jemalen die Ordre erhalten werdet,
mit Eurem unterhabenden Rogiment in Campagnc zu marschiren, Ihr sodann
sogleich bei Einziehung derer Beurlaubten aus dein Enrollirungscanton des
Begiments und der doppelten übercuuipleten nodi 60 bis 70 der besten jungen
Leute mit einziehen lassen und solche darauf nach Breslau sehidcen sollet,
allwo ich einen Offizier dabei setzen und selbige apart auf meine eigene Kosten
verpfleoren lassen werdo, damit das Retrimont düs fnlpTr-ndf Jahr nach der ersten
Campagne solche sogleich als Rekruten haben könne/' l'oUt. Corr. XII, 433,;
vgl. XII, 450, 464.
*) Nach einer Notiz des Generalstabswerkes soll die Augmentation vor
dem Kriege 18580 Mann betragen haben.
*) Nicht gezählt sind die oben erw&hnten Laadsoldaten.
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268
Die Stärke des preulsischen Heeres
Gamisontruppen, h. vielfach ältere, zum Teil schon ausrangirte
Iieate. Zum IXaatA im offenen Felde blieben dem K(teig aoeb nicbt
128000 MumO.
Wie steht ee alao mit der von Lehmann behaupteten Venrizk-
lichnng des militärischen Programmes? Von 136000 wollte Friedrieb
sein Heer auf 180000 Mann bringen. Im Jnni 1756| als er seine
ersten kriegerischen Matbregeln traf, verfügte er über etwas mehr als
144000 Kombattanten*). In den zwei folgenden Monaten bis snm Ans-
marsch gelang es ihm, noch weitere 5560 Mann Gamisontruppeu auf-
zubringen Wir sehen also, dafs Koser mit seiner Schätztmg der Wahr-
heit sehr nahe gekommen ist, während Lehmann das preolmsche
Heer viel zu hoch angenommen hat. Von einer auch nur an-
nähernden Vei-wirklichunfi: des Programms kann gar keine Rede
sein 440<X) Mann sollte nach dem Testament von 1752 die
Vermehrung des Heeres betragen, 14000 betnu^ sie thatsächlich bei
Beginn des Krieges. Es ist klar: als der Kanijif ausbrach, war
Friedrieh noch weit entfernt, das vorgesteckte Ziel zu erreichen; da
hatte er seinen Staat noch nieht mit den Streitkräften versehen
können, die ihm nutw cndif^ schienen. Die Zalü der Bedenken, welche
von den verschiedensten Seiten gegen Lehmann's Ansicht vom Ur-
sprung des Krieges erhoben mud, i^t um ein neues vermein t worden.
Wenn Friedrich sich in der That mit dem Gedanken trug, wie
Lehmann glaubt, um Sachsens willen einen Krieg zu entzfinden, — 1756
konnte er die ^t zur Ausföhrung noch nicbt als gekommen ansehen.
IViedrich stand noefa inmitten der Friedensarbeit, die den Staat erst stark
maohen sollte, dafe er nur auf eigene Kraft gestütst sieb mit seinen
Feinden im Felde messen könnte. Wie unfertig noch alles war,
zeigt am besten die erst halb durchgeflUirte Malsregel der Einreibung
von Überkompletten in den alten Bestand der Regimenter. Auch
darf man nicht vergessen, dals Preulsen über ganz andere Machi>
mittel verfügte, als es im Sommer 1756 entfaltete. Nicht 1755,
nicht 1750, sondern erst im Winter 1756/57, nach dem ersten Feld-
zuge, fand die aufsorordentliche Aimeeverstärkung statt, die den
König in Stand setzte, so vielen Gegnern die Spitze zu bieten. Damals
wurden die Regimenter mit wenicren Ausnahmen auf den „neuen
Fufs" gesetzt. Die lufanteriekompagmen wurden um je 30 Mann,
Dem englischen Gesandten Mitchell sagte Friedrich im Juli 1756, dals
er nicht über 120000 Mann ins Feld stellen könne. PoL Coir. XIII, 100.
^) Zn den 136000 Mann waren noch die neuen Cberkempletten und sw«j
Batidllone Mfitzsclicfahl, sowie ein Bataillon Salrauth gekommen.
^) Jo Awm Bataillone der Gamisonregimonter Lange, Nettelhorst, Lattorf
und Blancken£ee.
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bei Ausbruch des siebenjährigen Krieges.
269
also um das dni&olie der Augmentation von 1756 eriiöht, so dab
ein Grenadierbataillon 786, ein Infimterieregiinent 1817 Haan stillte.
Die EüzasaieRegimenter wurden in der Hoheit anf 956, die Dragoner-
zegunenter anf 969 nnd 1931 Köpfe gebracht nnd die Hasaren eben-
fitlls bedeutend verstSrkt Damals begann die anaehnlidie Vennehmng
der Artillerie, Freikorps wurden ins Leben gerufen und Landregimenter
gebildet. Damals bewies Friedrich, dafs er sogar mehr als 180000
Mann aufstellen konnte. Ist es glaublich, daJs er 1756 einen
oberungskrieg gegen übermichtige Feinde begonnen haben soll, zu
einer Zeit, wo er noch gar nicht all die militärischen Machtmittel
bereit gestellt hatte, die wirklich aufzubringen ihm möglich war?
Gorade die Unvollkommenheit seiner Rüstungen spricht doch dafür,
dafs er nicht einen lange vorbereiteten Knej^^ aus freien Stücken er-
öffnete, sondern dafs er aus Kotwehr losschlug, weil er dem Kampf
tar unvermeidlich ansah.
XX.
Die Operationen mit Massenheeren in den Kämpfen zn
Anfang und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Von
Maschke, Oberst z. D.
(SchlaÜB.)
Hatte General t. Holtke in dem Feldzuge von 1866 durch seine
Kriegskunst die ungewöhnlichsten Erfolge erzielt, so sollte ihm im
Kriege von 1870/71 beschieden sein, nicht nur sein höchstes
strategisches Wissen und Können zu oHenbaren, sondern auch sein
Feldherm-nenie im hellsten Glänze erstrahlen zu lassen. Man braucht
nur den von Moltke bereits im Winter 1S<>S (H) entworfenen Feldzugs-
plan zu lesPTi, um schon mit Bewunderung erfüllt zu werden von dem
genialen Scharfblick des «rrofsen Strategen. Moltke liatte mit Sicher-
heit vorausgesehen, dals gleiili bei Beginn des Krieges schon die
norddeutschen Streitkräfte allein die Überlegenheit haben würden,
und seine Meinung dahin ausgesprochen, dafs diese Überlegenheit
auch ausgenützt uml die Hauptmacht des Gegners aufgesucht und an-
gegriffen werden mülste, wo man sie fände. Wie Moltke weiter in
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270 Die OperationeD aiit Mmwenheeren eto.
stiiiflin Memoare aaafiilute^ wflide äxmAk dl« Neolnüittt BfllgUni»
Hollands nad der Schweiz das ErisgBtlkeater sich auf den Baun
zwifiohen Luxemburg und Basel beschränken, denn abgesehen von den
gro&ein Sohwierigkeiten, welche die Verletzung der Neutralität der
betreffenden Staaten ftr Frankreicb henromifen müiste, würde eine
Versammlung deutscher Streitkräfte Yon Bedeutung an der Mosel
Frankreicli und seine Hauptstadt so unmittelbar bedrohen, dafs sich
dasselbe auf so weit aussehende Unternehmungen schweriic^ flinisiififin
könnte. „Es dürfte daher mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein,
dafs die Franzosen ihre erste Versammlung auf der Linie Metz-
Strafsburf? bewirken werden, um mit l'mgehunp; der starken deutscben
Rheinfroiit gef:;cn den Main vorzudringen, Nord- und Süd-Deutschland
zu trennen, mit letzterem ein Abkommen zu treffen und, basirt auf
dasselbe, ge^en die Elbe vorzuschreiten. Es erizcbt' sich also eine
Versammlung südlich der Mosel, und zwar aller verlügbaren Streit-
kräfte in der bayerischen Pfalz als das geeignetste Mittel, solchen
Plänen entgegenzutreten. Die Aussicht auf leichte Erfolge küimte
wohl die Franzosen bestimmen, mit einem Teil ihrer Streitmacht von
Stra&bnrg aas gegen Süddeutsohland vorzugehen. Eine Operation
deatscheiseitB rbeinanMrts in die Hanke dieses Uarsehes würde in-
dessen jedes weitere Vordringen über den Schwarzwald hinaus Ter-
Idndan nnd den Gegner swingen, sich erst gegen Norden Luft zu
nacliea Wenn das baden-wfirttembefgsclie Koips sieh dem preuCbisislien
linkan Flügel angeschlossen hätte» wäre man in der Lage, von der
Pfola aus dasselbe so an Terstärken, dalb eine nahe EntsdieiduDg
schon in der Hdhe Ton Rastatt gesucht werden därftoi bei doran un-
glücklichem Ausgange der Rückzug dem Gegner vwderblich werden
mülste. Zur Erreichung eines solchen Zweckes könnte aber deutscher-
seits unbedenklich von der Hauptmacht detachirt werden, da ja auch
der Feind vor der deutschen Front um so viel schwächer geworden
wäre, wie er zu seiner Unternehmung am Rhein bestimmt gehabt
hätte."
In yrie wunderbarer Weise sich Moltke's Voraussetzungen und
Ansichten vom Winter 186*8/69 bei Beginn des Krieges 1870 als in
jeder Beziehung durchaus zutreffend erwiesen, haben uns die geschicht-
lichen Ereignisse gezeigt. Auch eine in der zweiten Hälfte des Feld-
zuges erschienene, dem Kaiser Napoleon selbst zugeschriebene
Broschüre bewies die Riclitigkeit von Moltkes strategischer Be-
rechnung bezüghch der Absichten der französischen Heeresleitung.
Wie ans der betreffendoi Schrift hervorging, hoffte man französischer-
seits die doppelte numerische Überlegenheit der Deutschen durch die
SehneUigkeit der eigenen Bewegungen zu paralysiren. Die Keo-
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Die OperatiODen mH MMWinhiwircu ete.
271
nnlfatiflii dar Anned sollte mit 150000 Blaaii vm MetB, mH 100000
bei Stra&bug und mit 50000 bei Chalons erfolgen. Man wollte dann
mit den Aimeen von liets und StrafslNiig den Bhein bei Maxau flber-
idireiten, die sfiddeatscfaeii Staaten sor Nentralilät swingeii mid dem-
oäefast die preoftiache Armee anüracbeD and bekftmpfen. Wfthrend
dieser Operationen sollte das Beservekorps von Chalons bis Metz tot-
r&cken, den Rücken der Armeen decken und die Nordostgrenze über-
vachen. So einfach auch Moltke in seinem Memoire das nächste
Op^tionsziel bezeichnete: „die Hauptmacht des Geyers aufzusuchen
und, wo man sie findet, anzustreifen", so wies er doch auf die
Schwieri^^keit hin, welche aus der Handhabung der dafür erforderhchen
sehr grofsen Massen notw endig erwachsen rauiste. Wenn anderen^eits
fiir die strategische Vorwendung der bereit gehaltenen Mittel, also
für die Operationen auch niemals ein Plan über das erste Zusammen-
treffen mit der feindlichen Hauptmacht hinaus mit einiger Sicherheit
vorgesehen werden kann, so zeigte sieh doch schon von den ersten
BewLgungen der deutsclüMi Armeen an das Bestreben, die feindliche
Hauptmacht in nördlicher Biohtung Ton ihrer Verbindung mit Paris
abnidrängen. MolÜke balle in seinem Memoire den stra t egiaehe n
Anfinarsoh des deutschen Heeres in drei Gruppen vorgesehen, und
zwar mit der L Amee von 60000 Mann als leohtem Hügel bei
WittHcb, mit der n. Armee von 181000 Mann als Gentmm bei
Neonkirdhen-Hombinrg, mit der m. Armee von 190000 Mann als
Ivikem Flügel bei Landau und Rastatt Eine Reserve von 68000 Mann
sollte Toilftniig noch bei Maina angestellt werden. Wurde diese dann
zur Verstärkung der II. Armee verwendet, so kam letztere auf
194000 Mann. Die Gesammtstärke der drei Armeen, mit welchen
nach Ablauf der ersten drei Wochen die OffisnaiTe ergriffen werden
konnte, betrug schUefsUch also 384000 Mann; wurde aber das Ein-
treffen der noch in der Heimat befindlichen H Armee-Korps abgewartet,
welche unter den daiiialiszen Verhältnissen innerhalb tler ersten drei
Wochen noch nicht zum Eiaenbahntransport gelangen konnten, so
vermochte man nach weiteren vier Tagen die Operationen mit
4840CKJ Mann zu eröffnen. Der Mobilmachungsbefehl für das
preufsische Heer war in der Nacht zum 16. Juli 1870 erfolgt. Ende
dieses Monats befand sich der Mittel- und Schwerpunkt der deutschen
Heeresmaclit bereits sUdwestÜLh Mainz. Im ('entrum der Aufmarsch-
front breitete sich die II. Armee über die hessische und bayerische
Rheinpfalz aus und nSberte sich staffelweise mehr und mehr der
lolbringiaohen Grenze. Die rechte Flanke dieser im Vorschreiten aU-
mJUüig anwaichsendeii Straitmaoht wurde durch die L Afmee in vor^
geschobenen Stdlnngen an der unteren Saar gedeckt, während die
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272
IMe OpentkuMu mit ¥tw«nliWiHm oto.
in. Armee in der Gegend von Landau die IVront nadi Süden luille^
mit der Beetimmimg, die linke Flanke der IL Äimee und sngleieh
Sfiddeatwhland zu aidieni. Das franzoaache Heer dagegen ivar Ende
Juli noch nicht m grolaeren ünteraehmnngen befilhigt. '^er Koipe
standen zwischen Metz nnd der prenftischen Orenze» zwei weitere
zwischen Saargemünd und Strafsburg; ein siebentes »«mnAltfl och bei
Beifort und eine Reserve bei Chalons.
Am 4. August überschritt der Kronprinz von Preufsen mit der
ni. Armee die französische Grenze in der Gegend von Weifsenburg,
warf dort die französische Division Douay zurück und erreichte am
folgenden Tage den Sauerbach. Hinter diesem iiatte Marschall Mac
Mahon mit dem 1. und mit Teilen des T.Korps die starke Stellung
auf den Höhen zwischen Wörth und Reichshoffen eingenommen. Der
Kronprinz beabsichtigte einen Angriff am 7., das ungestüme An-
drängen der bereits unmittelbar am Feinde stehenden preußischen
Truppen liefs es jedoch schon am 6. zum Kampfe kommen. Mac
Mahon wurde entscheidend geschlagen und seine Trupen vermochten
sich nur durch regellose Flucht der vollständigsten Vernichtung zu
entziehen. Am 6. Aogost war es auch an der Saar zum Zusammen-
stoAe gekommen. Die Vortruppen der 1. und II. prenfeischen Armee
fitnden beim Yorrücken gegen den Eluls den wichtigen Übergangs-
punkt Ton Saarbrücken nicht mehr vom Feinde beeetst Die 14. Divi-
sion wollte infolgedessen die dominirenden Höhen des linken Saar-
nfers in Besitz nehmen, auf welchen anscheinend nur noch eine
schwache Nachhut des Gegners stand, sah sich aber bsld in einen
heftigen Kampf mit dem ganzen 2. französischen Korps verwiekelL
Erst am Abend, nachdem herbeigeeilte Verstäricongen von der L nnd
n. Armee das Gleichgewicht der Kräfte wiederhergestellt hatten, gelang
es den Preufsen, den Feind zum Verlassen der Höhen zu zwingen.
Das Vorgehen der preufsischen 13. Division auf Forbach beschleunigte
aber den Riickzufj: des 2. französischen Korps. Die zur Unterstützung
desselben beorderten Di^nsionen des H. Korps hatten das Schlachtfeld
nicht mehr rechtzeitig zu orreichen vermocht. Haupt mann Martinow
sagt in seinem Werke bezüglich des Gefechts bei Spichcm, dafs der
betreffende Unterführer, also General v. Kamecke, die Situation nicht
richtig beurteilt habe und dafs wir es hier mit einer nicht glücklichen
Venvertung der Initiative zu thun hatten. Wie aus dorn deutschen
Generalstabswerke hervorgeht, dachte Geuerul v.Moltke über diese Frage
ruhiger und wohl auch gerechter. Der Gegner wurde an der Saar
im Rückzüge vermutet. Wollte man ihn festhalten, oder wenigstens
In Fühlung mit ihm bleiben, so mulste man also handeln, und zwar
das sofort. Das Vorgehen Ksmeke's durehkreuzte also nach Mdtke's
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Die Operatkmen mit MiiBiwibeafeii etc.
273
Anflicht in Wkm scihon nicht höhere Anordniingen, ab es sich gegen
dnen im Weichen begriffenen Feind richtete. In der nftnJiohen Vor^
anssetzong war sucb seitens der obersten Heeresleitmig in Mainz der
I. Armee nntenn 5. Abends der Grenzübergang nnterhalb Saaxbräcken
fireigesteUt worden. Die selbststäudige Offensive lag mithin, me das
Generalstabswerk ausdrücklich betont, vollkommen im Geiste der
deutschen Kiiegfulirung, welche immer danach strebte, dem Gegner
an der Klinge zu bleiben. Der Angriff der 14. Division wÄre wahr-
scheinlich gescheitert, wenn dieselbe nicht Unterstützung erhalten
hätte. Aber selbst im ungünsti festen Falle wäre der Gegner immerhin
zum Stehen gebracht gewesen und der vereinzelte Mifserfolf^ eines
kleinen Ileeresteils gegen feindliche Ubermacht ohne nennenswerten
Einflufs auf den Gang der Operationen geblieben. Wunderbarer Weise
behauptet aber Hauptmann Martinow, dafs durch den voreiligen .\n-
griff des General v. Kameckc eine ernste Krisis für die ganze deutsche
Armee eingetreten sei, denn alle strategischen Vorteile wären am G.
und 7. August auf Seite der Franzosen gewesen. Letztere hätten am
6. über 70000 Mann auf dem Gefechtsfelde und am 7. über 130000
znnidist Spidieren verAgen kSnnen,* irSbrend die üetttscben am 6.
nicht mehr als 50000 und am 7. nur 90000 zu Tereinigen Tennocbten.
Der russische Kritiker übersieht aber in seinem Eifer, dab nach
einem MUsgeschiök der Deutschen am 6. in Folge bedeutender feind-
licher Überlegenheit General Steinmetz am 7. eben noch nicht zum
ernsten Angriff fibergegangen wäre, sondern den Gegner nur fest-
zuhalten gesucht h&tte, und daJb dann die bei Spicheren eventuell
Teisammelten 180000 Franzoem sehr nach Wunsch der deutschen
Heeresleitung am 8, August unter Mitwirkung der bereits am 7. bei
Afsweiler, St. Ingbert und Bexbach eingetroffenen drei Korps mit
mindestens 180000, bei möglicher Heranziehung des 4. Korps aus der
Gegend von Rohrbach und des 12. Korps von Homburg aber mit
240000 Mann in Front und rechter Flanke angegriffen werden
konnten. Hätten aber die Franzosen am 7. die Offensive über die
Saar ergriffen, so wäre die preufsische 1. Armee nordwärts m das zur
Verteidigung sehr geeignete Ilühengelände ausgewichen und die fran-
zösische Streitmacht würde sich am 8. in einer Schlacht auf dem
rechten Saarufer in denkbar ungünstigster stratcprischer Lage ge-
schlagen haben, indem ihr dann zwei deutsche Korps mit 00000 Mann
in der linken Flanke, vier Korps mit 120000 Mann in der Front
gegenüber und zwei Korps mit 60000 Mann in der rechten Flanke
gestanden hätten. Es war hier auf die ungünstige Aufbauschung der
strategischen Lage durch Hauptmann Martinow nur näher eingegangen
wordm, weil derselbe, wie wir sehen werden, aus den von ihm kon-
JakikUte At dto DMtMk« AmM ni MniBa. B«.«1,& * IQ
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274
Die Operationen mit Manenheerai etc.
struirten Krisen ftlr das deutsche Heer noch besoTidere Folgerungen
zieht. Die Niederlagen von Wörth und Spiehercii veranlnfsten den
Kaiser Napoleon, die ganze in Lothringen versammelte Streitmacht in
den folgenden Tagen bis liinter die Nied zurückzunehmen, das 6. Korps
aber von Chalons nach Metz vorzuziehen. Marschall Bazaine erhielt
den ()burl)efehl ülier die jetzt fünf Korps starke y,Ilhein-Armee." Auf
deutscher Seite wurde der Vormasch gegen die Mosel beschlossen und
in der zweiten Woche des August mittelst einer Rechtsschwenkung des
Heeres durchgeführt. Die IIL Armee überschritt nach Entsendung
der hadiscfaen Division gegen StraTsburgt die Vogeson und errdchte
am 14. mit ihren Spitzen die G«gend von Nancy, üngefähr in gleidier
Hdhe mit ihr ging der rechte Flügel des Heeres vor, mit der
n. Armee in der Hauptrichtnng auf Pont-k-Monsson, mit der I. in
kürzeren MSischen gegen die Ostseite von Metz. Bei der fraazSsiBchen
Heeresleitong machten sich zu dieser 2^ wiederholte Schwankungen
in den Entschlüssen geltend nnd verursachten mannig&ehe QaerzQge
der einzelnen Koips. Anf deutscher Seite blieb man daher eine
Zeit lang im Unklaren darüber, ob der Gegner noch östUch der
Mosd, oder erst jenseits derselben eine Schlacht annehmen würde.
Die weit vorauseilende Kavallerie der II. Armee fand indessen am
12. August die Moselübergängo oberhalb Metz frei vom Feinde und
diese wurd^ dann auch bald von n u-li rückender Infanterie besetzt
Unter solchen Umständen lag die Vermutung nahe, dafs die Haupt-
kräfte dos Feindes bereits über Metz nacli der Maas im Abzüge seien.
Die deutsche Heeresleitung traf infolgedessen und in der Absicht, den
Feind möglichst nach Norden abzudrängen, ihre Anordnungen dahin,
dafs die H. Armee mit dem linken Flügel die Mosel überschreiten
sollte, während ihr rechter Flügel und die T. Armee diesen Abmarsch
gegen Unternehmungen aus Metz zu decken hatten. Am 14. Nach-
mittags nahmen die Vortruppon des preufsisclien 7. Korps vor Metz
wahr, dafs der Feind seine :uif der Ostseite des Platzes nocli inne-
gehabten liäger räumte, und gntlou bei Culombey an. Die Franzosen
unterbrachen die eben bcgonn-Mie rückgängige Bewegung nach dem
linken Moselufiu- und nahmen in ilor Stärke von zwei Armee-Kor|)S
den Kampf auf. Deutsclieiscits waren an demselben etwa fünf
l^rigad^'U des 7. und I.Korps und später auch noch einige Truppen-
teile vom rechten Flügel der II. Armee beteiligt. Am Abend waren
die Franzosen auf der ganzen Linie bis unter die Forts der Festung
zurückgedrängt. Das deutsdie Generalstabswerk nennt die Sehladit
von Golombey-Nouilly eine vom fichtigen Geftthl eingegebene Angrifb-
Improvisation, indem dieselbe als treibenden Beweggrund den sehr
natürlichen Wunsch gehabt hütte^ die Angabe der II. Annee zu er-
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Opaationflii mit Ibaenheeieii etc. 275
leiohteni, von der man woiate, dals sie nach tiberschreitiiiig der
mittleren Mosel sich einem weiteren Ahzuge des Feindes entgegm-
stellen sollte. Thatsächlich lagen die VerhäLtnisse so, dafs die II. Armee
am 14. zum gröfsten Teile noch auf dem rechton Flufsufer stand, es
mufsto also wohl zweckdienlich erscheinen, dim Geij^ncr hei Metz
fest/.uhalten, bezw. die von ihm beabsichtijite Bewegung nach Westen
möglichst zu verzögern, um der II. Armee die nötige Zeit für die
Lösung ihrer Aufgabe zu verschaffen. Das Ergebnifs der Schlacht
bei Colombey und deren weitere Wirkungen haben dann ancli gezeigt,
dafs die ent>Lliloasone Initiative der Untertührer grofso Erfolge vor-
bereiten kann. Andereifjeits wird im Generalstabsw erke auch sehr
richtig die Überzeugung ausgeäprocheu, daTs die Form, oder noch
präziser ausgedrückt, die meist unTennmdliclie Regellosigkeit der im-
prorisirteii Angriflbscblacht znanGhe Gefahren in sich trägt Haupt-
mann Martinow läist aber aus dem Angriffe der Brigade Golts bei
Colombey wieder eine gro£M ernste Eiisis Air das ganze deutsche
Heer entstehen. Bezüglich der Zweckdienliclikeit dieses Angriffs urteilt
er znnftchst dahin, daJs die Fransosen einem solchen auf swei Arten
EU begegnen Termochten. Sie hätten aunädiat ein&di hinter die
linie der Forts von Mets surilckgehen, in aller Ruhe den Übergang
über die Mosel fortsetzen können, und in diesem Falle würde die
französische Hückzugsbewegnng durch den Angriff der sieben deutschen
Bataillone nickt nur nicht aufgehalten, sondern noch beschleunigt
worden sein. Man mufs zugeben, dafs dies das Beste gewesen wäre,
was die Franzosen hätten thun können, da sie doch einmal die
Stellung zwischen Metz und der Nied aufgegeben hatten. Indessen
blieb es durchaus fraghch, ob der Abzug über die Mosel oline sehr
ernstes Gefecht überhaupt noch möghch war. Da in den Kampf der
Brigade Goltz dann aucli die Avantgarde des 1. preufsischen Korps
und nach und nach nocli vier Brigaden des l., 7. und 9. Korps ein-
griffen und der Coloiabi y-Abschnitt mit den wächtigsten Übergangs-
punkten Colombey, la Planchctte. Lauvallier und Niniilly von den
Preulsen schon mit dem ersten Anlauf genommen wurde, war fran-
zösischerseits unbedingt docb orforderiieh, dem andringenden Gegner
stärkere Kräfte entgegen zu werten. Als zweiten Fall nimmt Haupi-
maon Martinow an, cüe Ibnnzosen hätten ihrerseits die OfESBunre er-
greifen und eine Schlacht liefern können. Sie hätten zunächst durch
ihre bedeutende Überlegenheit auf dem Gefechtsfelde Ton Bomy die
▼olle Möglichkeit gehabt, durch einen entschiedenen Gegenstols das
preolsische 1., 7. und tdlweise auch das 8. Korps zu schlagen und
über die Nied zurückzuwerfen. Hauptmann Martinow hat bei dieser
Behauptung wohl nicht genügend ai^ Raum und Zeit gerücksichtigt.
19*
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276
Die OperatioDen mit Maaaenheeren etc.
Genend Goltz griff erst um 3 Uhr NachmittagiB an nnd Ims
6>/f Uhr Abends waren überhaupt nur zwei prenikiBche Brigaden in
Gefecht, die Franzosen hatten bis dahin demnach noch keine Ver-
anlassnng gehabt, ihr ganzes 3. und Garde-Eorps in den Kampf ein-
greifen zu hssen. Seit Mittag war bereits der Abzug des 6., 2. und
4. französischen Korps im Gange und nur die beiden erstgenannte
Korps befanden sich im Allgemeinen noch in ihren Stellungen. Wenn
dann schliefslich auch das ganze 3. Korps auf das Gefeclitsfeld heran-
gezogen lind damit die französische Streitmacht dort auf etwa 100000
Mann gebraclit wurde, so mufste es darüber Abend geworden sein.
Fem er hat Martinow bei seinem Kalkül nicht in Betracht gezogen,
dafs die bis in den Absehnitt Colombcy-Noiiilly vorgedrungenen
Preufscn dadurch eine sehr listige Stellung gewonnen hatten. Wie
vorteilhaft dieselbe war, bewies spiiter der von den Deutschen in der
Schlacht von Noisseville gegen die d()})i)elte Überlegenheit des An-
greifers erfochtene taktisehe und strategische Sieg. Es wäre den
Franzosen also geradezu unmöglich gewesen, noch am 14. dem Gegner
auf dem Plateau von Borny eine Niederlage beizubringen. Preufsischer-
seits hatten sich im Verlaufe des Kampfes die auf dem Gefechtsfelde
verfügbaren Truppen immerhin auf 58659 Mann In&nterie, 8734
Pferde nebst 204 Geschtttsen verstärkt und eine notwendig gewesene
rückgängige Bewegung würde das 1. und 7. Korps seinen Unter-
stützungen gen8hert haben, so dais die deutsche Streitmacht noch am
14. Abends auf eine StSrke von über 90000 Mann angewachsen wftre.
Hauptmann Martinow aber rechnet dann weiter« dals die französische
Offensive am 15. früh mit 170000 Mann hätte können fortgesetzt
werden, während die Deutschen nur das 3., 9., 12. Korps und vielleicht
einen Teil der T. Armee entgegenzustellen vemocht hätten, falls letztere
nach der Niederlage vom 14. Uberhaupt noch geeignet gewesen wär^
in den Kampf einzutreten. Die Deutschen liiitten somit auf das
Schlachtfeld, auf welchem sich das Schicksal der ganzen Operation
entscheiden mufste. höclistens 18000O Mruin i)i-ingon können, alle
anderen Heereskörper würden sich mehr al> 'JO Ivilometer eiittLtnt
befunden haben und am 15. früh im Sinne der früheren Dispositionen
gegen Westen hin geiückt sein. Bazaine hätte also einem höchstens
gleich starken Gegner unter aufserordentlich günstigen Verhältnissen
eine Hauptschlacht liefern können. Wo Hauptmann Martinow diese
aufserordentlich günstigen Umstände hernimmt, dafür bleibt er den
Beweis schuldig. Unzweifelhaft würde Bazaine sich am 15. östlidl
Hetz auf dem Piatean Ton Bomy in sehr gefilhriicher strategtscher
Lage geschlagen haben, wenn er hier noch hätte eine Entscheidung»-
sohlaofat herbeiföhren wollen. Er würde wahrsdheinlich das preulsisohe
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Die Operationen mit Manenlieeren eto.
277
1., 2., 7. und 12. Korps, also 120000 Mann vor seiner Front , das
8. Korps nebst der 3. KaTaUerie-Dinsioii mit über 30000 Mann in
der linken Flanke und das 3. und 9. Korps nebst der 1., 6. und
12. Kavallerie-DiTision, also gegen 70000 Mann in der rechten Flanke^
im Ganzen demnach etwa 220000 Mann gegen sich gehabt haben,
während Prinz Friedrich Karl mit Aber 100000 Mann an der Mosel
stand, bereit, iiber diesen Fliils Torzngehen. Wäre es am 15. östlich
Ifeis zur Entscheidungsschlacht gekommen, dann wttrde jedenfalls
kein Marfr-la^Tonr und kein Oravelotte mehr notwendig gewesen sein.
Ging die geschlagene Armee Bazaine's gleich am 16. durch Metz
hindurch, so wurde sie von Friedrich Karl in Empfang genommen,
wollte Bazaine aber seine Streitkräfte sich erst unter den Forts von
Metz retablircn lassen, dann wurde er, wie dies nach Gravelotte
geschehen, schon jetzt von den beiden preuüsischen Armeen ein-
geschlossen.
Die dentsclie Heeresleitung liefs thatsächlich also am ir>. in der
Annahme, dafs die französische Rhein- Armee ihren Rückzug' n;ich
der Maas wieder aufgeiioimucn liabe, die II. Armee die Mosel über-
schreiten und deren rechten Flügel pe^'cn die südliche Strafse von
Verdun vori^ohcn, um durch l'hiukenangriti'e den Marsch des (Je^ners
zum Stehen zu bringen. Die zur Autltlärung vorgesendote proufsischo
Kavallerie und die über Gorze nacbrüdcenden Teile des 3. Korps \
bemerkten am 16. Morgens französiBche Truppen bei RezonviUe, ^
für eine starke Nachhut des Feindes gdialten wurden. In dem jetzt
OBtUoh und westlich von Vionville sich entwickelnden blutigen Kampfe
zeigte es sich aber bald, dals man es deutscherseits mit der HauptF
masse der Rhein-Armee zu thnn habe. Bazaine hatte seine Aimee
mit der Front nach Westen sieh Tersammeln lassen und wartete nur
nodi die an der Schladit bei Gdombey beteiligt gewesenen Korps
ab, um dann gemeinschaftlich mit diesen den Marsch nach der Maas
fortzusetzen. Unvermutet von Westen und von Süden her angegriffen,
trat fast die ganze Rheinarmee in den Kampf ein, während deutscher-
seits nur das 10. sowie einzelne Teile des 8. und 9. Korps zur Unter-
stützung des 8. herangelangten. Auf dem rechten Flügel der Deutschen
•gelang es diesen die zuerst einfjennmmenen Oillichkeitcn zu behaupten
und durch hcftiiiio Vorsttifsc die Hauptkriifte des (je^rnci s auf sich zu
ziehen, welcher seine Riickzugslinie nach Metz bedroht glaubte und
dieselbe nicht preislichen wollte. Der linke Flügel verle«rte aber den
Franzosen die südliche Strafse nach \ ei dun und ei wehrte sich der
ihn bedi'iin^enden Übermacht, bis die einbrechende Nacht auf allen
Punkten den Kampf einstellen befs. Deutselierseits wurden noch in
der Nacht ulic verfügbaren Teile der I. und II. Armee nach dem
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Dm Operatioiieii mit Ma—enheeren ete.
Schlachtfeldo in Bewegung gesetzt. Mit dem Angriff des General von
Alvensleben bei Vioii\illc war nach Meinung des Hauptmann Martinow
die dritte gefdhriiche Kiisis lur das deutsche Heor eingetreten, denn
Bazaiiie konnte nicht nur am 16. das preuTsische 3. und 10. Korps
vernichten, sondern yermodite auch Bie OffensiTe fortsiuetsen, ddi
mitten in die II. Annee emzosehieben und deren Tefle einzeln zu
schlagen. Anf welche Weise Bazaine diese grofsartige Operatüm
ausfuhren sollte, teilt Hauptmann Martinow leider nicht mit Ver-
gegenwärtigen wir uns aber die Aufteilung der zunSchst in Betracht
kommenden deutschen Korps am 16. August Abends^ Abgesehen von
dem 3. und 10. Korps nebst der 8. und 5. KayaUerie-IKmon, weldie
ja das Kampffeld Tom 16. behauptet hatten, standen das 7. und
8. Korps mit der 1. Kavallerit- -Division am rechten Moselofer be-
reit, um am 17. firüh den Flufs bei Arry und Comy zu überschreiten,
w&hrend das Korps sich bereits auf dem linken Moselufer bei
Gorze befand. Das 1*2. und Garde-Korps waren in der Gegend von
Pont-ä-Mou8son und Bernöcourt zwar ursprünglich vier bis fünf Meilen
vom f^rlilaehtfelde entf< riit gewesen, auf tüe Nachricht von dem Kampfe
bei Mars-la-Tour war aber noch in der Nacht von orsterem die
23. Division von Kegnieville en Haye auf Tronville abmarschirt und
das Garde-Korps bei Flirey und Riehecourt konzentrirt worden. In
der Mittagsstunde des 17, August befanden sich dann sieben Armee-
Korps und drei Kavallerie-Divisionen der I. und II. Armee auf dem
Sehlaclitfeldc des lÜ., oder wenigstens in solcher Nähe, dals die deutsche
Heeresleitung auf eine Mitwirkung derselben bei Erneuerung des
Kampfes mit Sicherheit rechnen konnte.
Indessen bestand darfiber noch Ungewilsheit, ob der am 17. früh
zurfidLgewichene Gegner in der Nähe der Festung zu sndien sei,
oder die am 16. yerhinderte Bewegung nadi der Maas inzwischen auf
den nördlichen Strafsen wieder au%enommen habe. Das deutsche
Heer ging daher mit dem linken Flügel echelonsweise nach Norden
vor, wj&hrend der rechte hei Gravelotte und am Mance-Thal gsgen
Metz Front machte. Die französische Bhdnarmee erwartete ahtr
auf der Hochfläclie von Amanvillers in starker, wohl vorbereiteter
Stellung (h n Angiiff der Deutsclien. Diese waren während des Vor-
marsches hierüber aufgeklärt worden und schwenkten mit dem linken
Flügel g^en Osten ein, um den rechten des Feindes von Norden
her zu umfassen. Beide Heere standen demnach mit vollständig um-
gewendeten- Front sich gegenüber. Die beiden mittleren Korps des
deutschen Meeres (*> und S) entrissen dorn Gegner die von ihm in
vorderster Limc besetzten Urthchkt;iten , vermochten aber nicht bis
in die üau^tstellung einzudringen, obgleich auf dem rechten Flügel
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0l6 Opontioiiun mit llM86nh06rai f/to.
279
noch zwei Korps (7. und 2.) in den Kampf eingriffBa. Eist die um-
fassende Bewegung der beiden Korps des linken Flügels (Garde
und 12.) führte die Entscheidoilg der Schlacht licrbei. Nachdem der
rechte Flügel der Rhein- Armee am Abend des 18. bei St. Privat in
voller Auflösung zurückgeworfen worden, räumten am 19. fiüh auch
die übrigen französischen 1 leeresteile ihre Stellungen, um unter den
Forts von Metz Schutz zu suchen.
Mit dieser wichtigen Entscheidung an der Mosel war der erste
Abschnitt des Feldzuges beendet und es traten jetzt neue Aiifi^?iben
an die deutsche Heeresleitung heran. Die Hälfte ihrer Streitkräfte
an der Mosel blieb vor Metz zurück, um Bazaine dort einzuschliefsen,
während der andere Teil in breiter Front gegen Westen an der Maas
aufinarschirte, um gegen die bei Chalona versammelte feindliche Armee
flieh zu wenden, welche bereits die beträchtliche Stärke von 130000 Mann
wieder eraeieht hatte. Deatseheneits nahm man dabei an, dab das
neugebildete französtBcfae Heer ▼omehmlichst* (Ür den Schnts von
Paris bestimmt sei, Mac Haben hatte aber den bestimmten Befehl er-
halten, die Vereinigung mit der Bhdnannee herzustellen, die nach
einer Benachrichtigang aus Metz französiBcherseits bereits in der Be-
wegung Temutet werden konnte. Während also die Deutschen am
23. August von der Maas aus ihren Vormarsch begannen, traten gleich-
seitig die Franzosm ihre Vorbewegung von Reims aus auf Stenay an.
Es lag im Interesse des Marschalls Mac Mahon, sich nicht durch Ge-
fechte im Marsche auflialten zu lassen, die Deutschen aber waren in
Unkenntnis über die 1 Bewegungen des Gegners und hielten demnach
zunächst noch die Hauptrichtung auf Poris ein. Unter diesen Um-
ständen mufste also der Marsch der beiden Heere dieselben nicht aul-
sondern neben einander vorbeiführen. Die deutsclie Hl. und neu-
gebildete Maas-Armee waren am 22. August in einer zehn Meilen aus-
gedehnten Stellung an der Maas und am Ornain gruppirt gewesen.
Ihre gemeinsame Vorbewegung sollte sich dcrartif; vollziehen, dafs
beide Armeen am 26. in der Front St. Menehould-\'itry le Frangais
konzentrirt standen, indem an diesem Tage die Maas-Armee auf der
Linie St, Menehould-Doncourt-Givry en Argonne, die III. Armee auf
der Linie St Mard sur le Mont-Vitiy le Frangais mit ihren Avant-
garden einzutreffen hatten. * Bei der Vorbewegung sollte die m. Armee
im allgemeinen um einen Tagemarach der Armee-Abteilung voraus-
bleiben, um den Feind gegen Norden von Paris abzudrängen. Am
25. August erreichte der rechte Fl&gel der Armee von Ghalons die
Aisne bei Vouziers, der rechte Flügel der Maas-Armee die Gegend
sttdlich von Varennes. Bückten beide Heere in der bisherigen Richtung
weiter ▼er, so muTsten sie am folgenden Tage mit entgegengesetzter
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380
Die Operationen mit Maaaenheeren etc.
Front einander in der Flanke stehen. Doch am 25. Abends ging mi
deutschen Hauptquartier die Draht-Nachricht ein : „Mac Mahon sucht
Vereinigung mit Bazaine zu gewinnen'' und dies fährte zd dem filr
den ganzen TerUnf des Krieges so folgereichem EntseUnsse der
deutschen Heeresleitung und sa jener genialen nnd grolsartigen
Operation, die in der Eriegsgeschichte aller Zeiten einzig dasteht
Bezöglidi der eingdaofenen Nachricht mulkte es sich znnUchst um
die Frage handeln, auf wdche Weise der Gegner eigentUdi die be-
absichtigte Vereinigung erzielen wollte. So unglaublich die Annahme
auch schien, daTs er dieselbe auf einem Umwege längs der belgischen
Grenze versuchen könnte, so muTste schlielslich doch an ihr fest-
gehalten werden, denn die gerade Richtung von Reims nach Metz war
den Französen verlegt. Im deutschen Hauptquartier war schon am
24. zur Sprache gekommen, wie die politische Lage in Paris es nicht
unwahrscheinlich erscheinen lasse, dafs Mac Mahon einen Versuch
zum Entsätze des Marschalls Bazaine machen könnte, und General
Moltke hatte sich bereits am 25. nachmittags einen Entwurf zu einem
teilweisen Rechtsnbmarsche des deutschen Heeres nach Norden verfalst,
dessen zu Grunde liegende Kombination uns den strategischen Denker
in seiner ganzen gewaltigen Gröfsc zeigt. Mac Mahon konnte schon
am 23. von Reims abgerückt sein und am 25. bereits die Aisne bei
Vouziers erreicht haben. Wenn er von dort seine Bewegungen ohne
Säumen fortsetzte, so war es nicht mehr möglich, ihm noch auf dem
linken Maasufer mit überiegenen Kräften entgegentreten zu können.
Dagegen mu&te es auf dem rechten Maasufer einen Punkt geben, der
Tom linken Flügel der Maas-Armee nicht weiter entfernt lag als von
Vouziers. Dieser Punkt war in der Gegend von Damvülers zu suchen.
Hier konnten nach drei nidit fibermüsig starken Tagamtfrschen fünf
deutsche Armee-Korps vereinigt werden, nümlicfa die Maas-Armee nebst
ihren vier Kavallerie-DiTisionen und die südlich zonSchst stehenden
zwei bayerischen Korps. Nötigen Falls vormochte man auch die ab-
kdmmlichen Tdle der Einschlielsungs-Armee von Metz heranzuriehen.
Es sollten dann am 2(). und 27. das 12. Korps über \';ircnnes nach
Dun, die diu de über Donibasle nach Montsaucon, das 4. Korps über
Fleury nach Verdun, die beiden bayerischen Korps über die Gegend
von Chaumont nach Nixcville und Dorabasle rucken. Wenn erforder-
lich, konnten schliefslich diese Kor|)s hei Damvillers am 28. konzentrirt
werden, wnliin von Metz aus noch das 3. und 9. Korps zu dirigiren
gewesen waren. Dieser l-.ntwurf diente dann auch als Grundlage für
die nächsten Bewegungen des deutschen Heeres. Schon am 26. wurde
der deutsche Kechtbabmarsch nach Norden begonnen, welcher zunächst
ein Verlegen des geraden Weges nach Metz sicher stellte und dann
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Die Operationen mit Mawienhaeren etc.
281
eine vollständige Umfassung des Femdes bezweckte und erzielte. Die
Sachsen bemächtigten sich der wichtin:en Maas-Übergänfie von Dun
bis Stcnay, die übrigen Korps der Deutschen drangen von Süden her
in starken Märschen zwischen Maas und Aisne vor, der Bewegungs-
niim f&r die Azmee roa Cbakm verengte sich mit jedem Tage mehr,
aber trotzdem stiebte Ifac Mahon unter dem Drucke der OffentlidieB
Meinung in Paris noch immer nach dem nieht mehr eneichbftren
Ziele. Der linke Flflgel der Fianaosen gehmgte swar mit seinen
Spitzen bis Oarignan, aber der rechte, welcher auf dem Abmärsche
nach den ndrdlichen Maas-Übergingen bereits von den Dentsohen
erreicht und in nachteilige Einzelgefechte verwickelt worden, wurde
am 30. August in der Schlacht bei Beanmont nach Mouion und
Kemilly zurückgeworfen. Mac Mahcm zog jetzt seine sdion stark ge-
Uchteten und ersdifitterten Truppen um Sedan zusammen, doch der
letzte Ausweg aus seiner bedrängten Lage, der rechtzeitige Rückzug
nach Mezi^res wurde von ihm verabsäumt. Im rahmvollen Ver>
zweiflungskampfe erlag dann die Armee von Chalons am 1. September
der sie umringenden und erdrür Iconden Ubermacht der Deutschen.
Gleichzeitig scheiterte ein Versuch der llheinarmee, die Linien des
deutschen Einschliefsungshper<'s vor Metz zu durchbrechen, in der
zweitägigen Schlacht bei Nüisseville. Frankreich hatte jetzt keine
Armee mehr im Felde; seine Widerstandskraft beruhte augenblicklich
aussehliefslich nur auf den Festungen des Landes. In einem vier-
wöchentlichen Feldzuge waren die Armeen des Napoleonischen
Frankreichs vernichtet worden, die eine mit ihrem Kaiser in Gefangen-
schaft geraten, die andere in eine Festung ciugeächlossen. In acht
gro&m Schlachten war das fransdeisohe Heer nidit nur der stand-
hafteren Ausdauer, sondern vor allem der eneigischeren Kriegführung
der Deutschen erlegen. Der groüse deutsdie Stratege hatte sich in
seinen Leistungen von 1866 noch übertroffen.
Doch man lernt nie aus. Die junge strategische Schule weils
uns den Feldaug von 1870 gegen die Armeen des kaiserlichen
Frankreichs mit seinen glänzenden Erfolgen in einem ganz neuem
Lichte danusteUen. Die Deutschen haben allerdings gesiegt, denn —
ihre Heeresmaschine war in ihren Tiieb-Fedem und Bädern durch
den Strategen Mcdtko vorteilhaft ausgebessert worden, die Truppe
hat sich nach deutscher Art auch tüchtig geschlügen und das Übrige
hat ein glücklicher Zufall gethan. Hauptmann Martinow sagt: „Sie
— nämlich die Deutsclien — h.itten die doppelte Überlegenheit für
sich, ihre Kommimdostellen waren besser besetzt, ihre Armee war
besser erzogen und ausgebildet Ihnen gegenüber stand ein in jeder
Beziehung noch nicht kh^bereiter Gegner. Man sollte glauben, dals
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Die Operationen mit Masuenheeren etc.
«
ein unter so aosnehmend günstigen VeiiiSltniaaen geführter Krieg
auAeroidentHdi nalie dem Ideal der metiiediechen Strategie kommen
mulate. Ffir Abweichungen von demeelben gab es wohl kdne Gründe.''
Der junge maeiache Offizier scheint nodi keine Gelegenheit gehabt m
haben, den Krieg aus eigener Erfahrung kennen zu lernen. Dem-
jenigen, welchem dieses soldatische Glück noch nicht zu Teil g»*
worden, kann nur empfohlen werden, sich damit vertraut zu machen,
was unser grofser Kriegsphilosoph Karl v. Clausewitz in seinem Werke
,,Vom Kriege** über die „Friktion im Kriege" sagt
Hauptmann Martinow docirt dann weiter: „Ein gründliches
Studium der Thatsachen zeigt uns jedoch etwas ganz entg^en-
gesetztes. . . . Wir sehen, dafs die Deutschen in den ersten zwei
Wochen nach Eröffnung des Feldzuges fünf Gefechte (Schlachten)
liefern, darunter vier zufällige und nur ein geplantes. Die Zufalls-
kämpfe fallen weder in das Calcül des Höchstkommandirenden, noch
in jenes der Armeo-Kommandanten, einzelne dieser Kämpfe stören
die schöpferische Arbeit des Feldherm."
Die Schlacht bei Wörth dürfte wolil nicht mit zu den Zufalls-
kämpfen zu rechnen sein, da sie nur früher begonnen hat, als dies
in der Absicht des Feldhorrn gelegen, sonst aber von letzterem geplant
war und auch, der Aufgabe der III. Armee bei Beginn des Feldzuges
entsprechend, vollkommen in der Berechnung der obersten Heerei-
leitnng lag. Ebenso darf die Schlacht bei VionviUe-llfars la Tour
nieht als Zufallsgefecht bezeichnet werden, denn Prinz Friedrich Kai!
hatte gerade in der Überzeugung, dais ein eiliger Rückzug der fran-
sSsiBcfaen Armee nadi der Maas bereits im yoilen Gange sei, das 3.
und 10. Korps, sowie die beiden zugeteilten KaTallerie-Dirisionen mit
einem Yorstoihe gegen die Strabe von Verdun beauftragt und das
9. Korps hatte vom greisen Hauptquartier noch die Weisung erhalten,
mö^^lichst schon am 16. ebenfalls die Mosel zu überschreiten. Aber
auch durch die Zufallsgefoehte bei Spicheren und Colombey sind die
Kombinationen der deutschen obersten Heeresleitung keineswegs
durchkreuzt und ist die schöpferische Thätigkeit Moltke's auch nicht
gestört worden. Denn die einfache Grundidee des grofsen Strategen
war: „die Hauptnificht des Gegners aufzusuchen, und, wo man sie
findet, anzugreifen-, und es gelang Moltkc. in der absolut kürzesten
Zeit, die beinahe eben nur hinreiciite, die groi'se Masse der beiden
deutschen Armeen den Raum durchmessen zu lassen, der sie ur-
sprüughch rom Feinde getrennt hatte, seinen Zweck voll und ganz
zu erreichen, die Hauptmacht des Geirners fest zu legen, sie zu
schlagen und sie unschädlich zu machen. BezügHch der Sehlacht
bM Gravelotte gebraucht dann der russische Kritiker die wunderbare
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Dte OpcnrtioiMD mit Mtwwnhorop de.
283
WendunfT, dieselbe sei als solche nur geliefert worden, weil Marschall
Bazaine dies selbst gewünscht hätte. Der französische Feldherr hatte
aber durchaus nicht mehr die Freiheit des Handelns für sich. Wollte
er sich nicht schlagen, dann konnte er am IH. sich entweder nur in
Metz einschliefsen lassen, oder er mufste vorher schon den Abzug
auf der nördlichen Strafse nach Verdun versuchen. Im letzteren
Falle hätte Ba/.aine sich grofseu \'erfolgunpskärapfen mit den
Deutschen ausgesetzt gesehen, durch welche, wenn nicht die völlige
Zertrümmerung, so doch mindestens die Zersprengung der französischen
Rbem-Armee heorbeigeföhii worden wäre. Hauptmann Martinow heU
dann hervor, dafii w&hrend der ersten vienäm Tage die dentadie
Armee es mit einem sweimal schwlldiereii, zom Kriege ToUends vn-
▼orhereiteten und ttberdies anTserordentUoh schlecht geführten Gegner
zu thun und i^dhwohl drei Krisen m ftherdanem gehabt habe,
nimUch am 6. und 7. August, am 14. und Morgen des 15., endüch
am 16. August Es durfte die Aufhausdbung dieser Krisen hier sohon
hinreichend beleuchtet worden sein.
„Was Bchlielslich die allgemeine Leitung anlangt'', sagt Martinow,
^80 gleitet dieselbe wahrend der Durchftihning der Marschmanöver
beständig aus der Hand dar Feldherm. in den Kämpfen ist dieselbe
gleich Null und in der einzigen geplanten Schlacht Ton Gravelotte
nicht bemerkbar." Was den ersten Teil dieser Behauptung an-
belangt, so bleibt derselbe nnverständlich da die deutschen Heeres-
körper keine Bewegungen au^L^efülirt haben, die nicht von der obersten
Heeresleitung, oder in deren Snmf von den Armee-Kommandos an-
geordnet waren, und dem General Moltke .luch nicht auf einen Augen-
blick die Leituiigsfaden seiner Schacliliu^uren aus den Händen ge-
glitten sind. Bezüglich der allgemeinen Gefechtsleituug aber ist zu
entgegnen, dafs in solchen Kämpfen, welche ohne vorhenges Wissen
der obersten Heeresleitung, oder der Armee-Kommandos sich ent-
wickelten, wo also die obersten Befehlsstellen die Führung auch nicht
übernehmen konnten, diese Pflicht selbstverstindlidi dem Altesten der
anwesenden Ünterfilhrer zufiel. Also andi in diesen Fällen hat die
allgemeine Leitung niemals gefehlt, wie ja auch der Umstand beweist,
dals die deutschen Truppenabteilungen der verschiedensten Korpe
durcheinander auch dann mit einer Obereinstimmung und mit einer
gemeinsamen Taktik geschlagen haben, die das Soldatenherz erfreuen
mu&te, und den Franzosen stets sehr empfindlich gewesen ist. Der
Behauptung gegenüber, dafs eine allgemeine Leitung in der Schladit
bei Gravelotte nicht bemerkbar gewesen, ist aber endlich zu bemerken,
dafs König Wilhelm mit tlem grofsen Hauptfjuartier sieh am 18. seit
6 Uhr Mh auf der Höhe bei Flavigny befiand, und dafs von hier
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284
Die Operationen mit Maaaenheeren etc.
aus, insoweit es erforderlich war, die deutschen Armeen uiimittelbaio
Befehle erhielten. Es kann diesbezüglich hier nur auf die um
8 Uhr, um 97« und 107« Uhr an die U. Armee und um 12 Uhr an
die I. Armee ergangenen Weinixigeii — G«neralstabswerk Band 1,
Seite 686, 691 und 696 — aufinerkaam gemadit werden. Um
4Vt Uhr hefimd eich dann die oberBte Heereeleitiuig auf den H6hen
bei BeflsonviUe nnd von 5 Uhr ab zwisdien Gravelotte nnd MalmalBOO.
Um 5Vs eiging der Befehl an das 2. Eorpe zur Unterstutzimg der
I. Armee. Man hat auch Betrachtungen darüber angestellt, daCs das
grolse Hauptquartier am 18. hinter dem rechten Flfigel des Heeras
Aufstellung genommen und ach nicht zu dem linken bsgeben hatte.
Allerdings lag bei dem linken Flttgel die Entscheidung; bis djeee er-
folgen konnte» war aber der rechte Flügel, als Pivot in unmittelbarer
Berührung mit dem Feinde, unbedingt der gefiihrdete. Moltke wuIste
also jedenfalls sehr wohl, was er that, wenn er hinter der Mitte des
rechten Flügels blieb. Was schliefslich Moltke's Disposition für den
18. anbetriiTt, die bereits mittelst Befehls vom 17. August Nach-
mittan;"; J Uhr ausgegeben wurde, so steht sie wohl einzig in ihrer
Art da. Schlicht und einfach mvd in wenigen Zü^n die Vorhei^ efniTn;
des Heeres vorgezeichnet, die sich dabei als eine der grofsartigsten
Flankcnoperationen in der Kriegsgeschichte charakterisirt. Der Feind
raufs durch die deutscherseits getroÜeuen Anordnungen sich zum
Kampfe gezwungen sehen, gleichviel ob er den Abmarsch nach Westen
angetreten bat, oder ob er nach Metz zurücki;egangen ist. Fs kenn- •
zeichnet sich überhaupt die geniale Stratei^ne Moltke's darin, dafs
die Grundbodincrnngcn für die Fntscheidungssclilaehten bereits immer
durch die Bewegungen der vorhergehenden Tage derartig gegeben
sind, dafs eine besondere Schlacht-Disposition gar nicht mehr er-
fordcrhch war. So sehen wir den Kam])f bei Gravelotte, so den bei
Sedan eröünet. Der Feind hat die I'mheit des Handelns verloren,
der deutsche grofse Stratege diktirt ihm das Gesetz.
Hauptp:iann Martinow wirft trotzdem der deutschen Heeresleitung
▼er, da& sie nicht durch strategische Kunst das ihr gebotene reiche
Material genügend ausgenutzt habe, um auf dem Schlachtfelde stets
stärkere KrSfte zu Tereinigen, als der Gegner yersaramelt hatte. Der
russische Kritiker hebt henror, dals die Kriegspolitik den Deutschen
eine doppelte numerische Überlegenheit auf dem ganzen Kriegstheater
gesiidiert hatte, dals hierdurch die strategische ThStigkeit aulser^
ordentlich erleichtert war und ihr lediglich die Wahrung dieses Über-
gewichts auf dem Schlachtfelde Qbiig blieb. Die Theorie lehre femer,
sagt Martinow, daJs die Strategie der Taktik die ans dem Operations-
plan logisch henrorgehende Grundidee für die Schlacht geben und
uiyiiizeo Dy GoOgl
Die Operationeu mit Masneiiheereu etc.
285
dementsprechend die Erilte bereitsteOen solle. Hienron sei aber in
den in Betracht gezogenen Kämpfen nichts wahrzunehmen gewesen.
Es wfirde die r&omlichen Grenzen dieses Anfeatses zu weit ans-
dehnen, wenn hier die der grauen Theorie entnommene und nach
nur sehr einseitiger Prttfung der thatsäohlichen Verhältnisse als un-
umstöMch hingestellten Behauptungen des Hauptmann Martinow
einer eingehenden Besprechung unterzogen werden sollten. Das
Urteil des russischou Generalstabs-Offiziers über den deutschen Feldzug
gegen die Armeen des kaiserlichen Frankreichs gipfelt schliefslich in
dem Aussprache: „Die vorangeführton unbestrittenen Thatsachon ver-
anlassen uns zur Bemerkunj;, dafs der Feldzug vom Jahre 1870 sehr
weit vom Tdnalo der Tuetliodischcn Strnt<'Lrip abweiclit."
Den Ft'ldznj^^ L'i'uH'ii die Volkslieere der fr;m/,üsischen Republik
hat Ilauptuiann Martinow für seine theoretisclien Untersuchungen
gamiclit in Betracht gezogen. Es ist bezeichnend für die graue
Theorie im Allgemeinen, dafs sie es nicht der Mülie für wert hält,
diese so lehrreichen Kämpfe zu studireu und unter Betrachtung zu
stellen.
Die Deutschen sahen sich in dem Kampfe gegen das republi-
kanische Frankreich auf ein Feld ganz eigenartiger, ihnen bisher un-
gewohnter kriegerischer Thätigkeit versetzt und der Stratege Moltke
war TOT eine Angabe gestellt, so gewaltig grofs und schwierigi
wie sie Ins dahin noch an keinen Feldherm in dieser Art heran-
getreten war.
Nachdem der Untergang der Armee von Ghalons die Wege zum
Heizen Frankreichs offen gelegt hatte, mufsten die Deutschen die
eigentliche Entscheidung des Krieges jetzt unter den Mauern der
Landeshauptstadt suchen. Allerdings verkannten König Wilhelm und
sein Generalstabschef dabei nicht, dafs noch gamicht zu übersehen
war, welchen Entwickelung^ang die inneren Verhältnisse Frankreichs
ndmien, welche Anstrengungen und Opfer dem deutschen Heere noch
bevorstehen würden, aber die berechtigte Zuversicht und das unbe-
dingte Vertrauen zu den tapferen sieggowohnten Tnippen liefsen
auch der Ungewifsheit dor näcliston Zukunft mit festem Entschlüsse
entgegengehen. Unmittelbar nach der Entscheidung von Sedan wurde
die Bewegung gegen Paris aufgenommen und am 19. September
bereits war die französische Hauptstadt von allen Seiten eingeschlossen.
Da die eine Hälfte der ucutseheu Streitkräfte noch vur .Metz gefesselt
war, hatten anfänglich nur 150000 Mann verwendet werden können,
um die Riesenstadt und ihre gewaltigen Streitmittel in elf Meilen
langer Linie zu umstellen. Nach dem schndlen Siegeslanle der ersten
Monate sehen wir denn das deutsche Heer nicht nur auf ein langes
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IM» Opantkmen mit MitiMiilHeran ete.
und mSheTolles Zuwarten aiig0«ie8«&, aondern bald anoh inmitten
einer groilbartigen Volkserhebnug eioh auf die schwierigste Defensife
zurückversetzt. Die BerÖltoung von Stadt luid Land entflob aus
den Wolinsitzen uud, was nur wehrfähig war, ergriff die Waffen, In
allen noch nicht besetzten Teilen Frankreichs bildeten sich neue
Armeen. Bald wurde es für die deutsche Heeresleitung zur Haupt*
aufgäbe, die von Süden sowohl , wie von Norden drohenden Entsatz-
versuche abzuwehren. Die Mittel hierzu konnten zunächst nur aus
der EinschliefsungsUnie selbst entnommen werden. Andererseits
machten feindliche Ausfälle die Verstärkung bald der einen, bald der
der anderen Front der dünnen EinschUefsungslinie notwendig. Bereits
Anfangs Oktober war es der Republik gelungen, 60000 Mann an der
Loire zu versammeln. Doch auch das deuUclio Heer vor Paris war
durch zwei Arniec- Korps verstärkt worden, denen bisher die Be-
wachung uud Überführung der Massen von Gefangenen von Sedan
obgelegen hatte. Mit den vor Paris entbehrlichsten Truppen, dem
I. Bayerischen Korps und der 22* Bifimterie-Diviaioii, sa weldifln
dann noch die 2. und 4. KavaUerie-Division stiefe, im Ganzen mit
etwa 83739 Mann wurde General v. d. Tann dam anrQckenden
15. fi^nsäsisehen Korps entgegengesandt, acUng dieses am 10. Oktober
bei Artenay, am 11. bei Orleans, warf es über die Loire znriick nnd
besetste genannte Stadt Doch schon vor Ablauf des Monats war
hier den Dentschen gegenüber eine ungleich stSrkere franaSsuche
Armee wieder versammelt, bestehend aus dem 15. und 16. Korps.
General Tann war durch den Abmarsch der 22. Infanterie- und
4. Kavallerie-Division zur Beobachtung der feindUchen Streitkräfte an
der Eure und unteren Seine bedeutend geschwächt worden und sah
sich daher am 9. November nach dem Gefecht von Goulmiers zum
Bückzuge nach St. Peravy genötigt. Die Franzosen nahmen eine aas-
gedehnte Stellung zum Schutze von Orleans ein.
Auf dem östlichen Kriegsscliiui platze war inzwischen am 27. No-
vember Strafsburg gefallen. Genoral v. Werder hatte sich mit dem
14. deutschen Korps gegen das Saone-Thal gewendet, die ihm ent-
gegengetretenen Schaaren des Generals Cambriel zurückgeworfen und
Dijon besetzt. Im Elsafs wurde Schlettstadt und Neubreisach ge-
nommen, Beifort eiugesclilossen.
Sehr zur rechten Zeit hatte aber am 25. Oktober Baaaine in
Metz kapitulirt und es konnte jetit die I. und II. Armee zur Sicherung
der Einschlielsung von Paris im Norden und Süden verwendet werden.
QmaX V. Mantenffel hatte zwar der Bewachung von 173000 Gefangenen
und verschiedener Unternehmungen gegen kleinere Festungen wegen
nur mit sehr schwachen Kräften von Metz abzurücken vermocht,
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Die Operationen mit Kaaaenheeren etc.
287
dennoch schlug er schon am 27. November den Geoenl Fane bei
Amiens, rftckte acht Tage später in Booen em nnd drängte den
General Briand bis an das Meer zurück. Unterdessen war in der
zweiten Hälfte des Monats November Prinz Friedrich Karl gegenüber
Oileons ersddenen und nahm hier AnsohluÜs an die unterm 7. November
bereits formirte Armee-Abteilung des GroAherzogs von Mecklenburg,
welche in der Zinschenzeit die im Westen auftauchendoi Schaaren
des Feindes zerstreut hatte. Auf französischer Seite war nach der
Wiederbesetzung von Orleans die Armee an der Loire allmählich bis
auf 200000 Mann gebracht worden. Gambetta wollte diese Heeres-
massen über Fontainebleau gegen Paris vorgehon, einem p^leichzeitigen
Ausfalle der Rosat^^ungs-Armee die Hand bieten und so die Ver-
bindung der Hauptstadt mit den Pruvinzea wieder herstellen lassen.
Die Vorbewegung der Franzosen begann am 28. November von ihrem
rechten Flügel aus, aber das preufsische 10. Korps wies bei üeaune
la Rolande im Verein mit der 5. Infanterie- Division alle Angrifife des
weit überlegenen Feindes zurück. Nachdoui dann am 2. Dezember
der französische linke Flügel einen \'ersuch gemacht hatte, vor-
zudringen, aber von der Armeeabteilung des Grofsherzogs von Meklen-
burg bei Loigny- Poupry zui-ückgeworfen worden war, ging Prinz
Friedrieh Eari seinerseits am 8. mit allen Kräften konzentrisch aum
Angriff vor, warf in zweitägiger Sdiladit das französische Heer aus
allen Stellungen heraus, zersprengte dasselbe, welehes in dem Kampfe
20000 Mann verloren hatte, in zwei Hälf^ und besetzte von neuem
Orleans. Der gleichzeitig mit dem Vorgehen der Loire*Annee gegen
den östlichen Teil der Einscfalielsnng ans Paris unternommene Aus-
fall war am 2. Dezember an dem Widerstände der Deutsohen bei
Yillers gesdieitert.
Schon nach wenigen Tagen hatte es aber Qambetta's nnetmiid-
liche Thütigkeit fertig gebracht, der bei Orleans geschlagenen Armee
Verstärkungen zuführen und aus jeder der Hälften eine neue Armee
bilden zu lassen. General Chanzy schritt sofort mit der westlichen
Armee, gestützt auf den Wald von Marchenoir, zu lebhaften An-
gritien, denen die Armee- Abteilung des Grofsherzogs in der dreitägigen
Schlacht bei Reaugency-Cravant vom 8. bis 10. Dezember einen
energischen Widerstand leistete. Als dann aber die II. deutsche
Armee von Orleans heranrückte, w-urden die Franzosen bis über den
Loir zurückgedrängt und die Deutschen besetzten Blois, sowie Vendome.
So war die Gefahr für die Zernirungs-Armee im Süden von Paris
glückHch abgewendet. Die deutsche II. Armee wurde bei Orleans
konzentrirt, um hier einige Tage zu ruhen.
Im Norden eingesdUossenen Tiftndwihauptstadt hatte in-
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288
Die Opmtionen mit Mawmlwewin etc.
zwischen General Faidherbe die ▼erst&rkten Streitkräfte der fran-
zösischen Nordarmee wieder vorgeführt, wurde aber vom General
Manteuffel am 23. Dezember an der Hallue zunickgeworfen und trat
wieder seinen Rückzi^ an. Auch vermochte der französische General
durch einen neuen am 3. Januar auf Bapaume nnternommenen Angriff
den Fall der inzwischen von den Deutschen eingeschloeseuen Festung
Peronne nicht zu verhindern.
Der deutschen Heeresleitung war es unterdessen nicht entgangen,
dafs sehr bedeutende leind liehe Streitkräfte sich an der Sarthe ver-
sammelten. Da der Gegner aufserdem auch an der oberen Loire eine
rege Thätigkeit entwickelte, so mufste wohl ein beabsichtigtes gleich-
zeitiges N'ordringen des (ieni ral Ciiaiizy über Chartres und des General
Bourbaki über Montargis ^egeii Paris vermutet werden. Gegen
ersteren sollte demnach die II. Armee angrifisweise Torschmtea,
trittmnd letiterar Ttnläufig dureh das 2. tmd 7. prenftisdie Korps
abravebren war. Die II. Armee hatte auf dem Zuge gegen Le Maua,
welchen sie am 6. Jannar in der Stärke von 58097 Hann Inüssterie
imd 16860 Pferden antrat, in Folge der imgunatigen Jahreneit uid
Bodflnbeschaffenheit die bedeutendsten Schwierigkelten zu überwinden.
Unter täglichen Qefediten erreichte sie dennoch am 10. Jannar die
Gegend von Le Maus und warf in dreitägiger SoUacht den Feind
über die Mayenne zurück.
Inzwischen hatte die französische Heeresleitung nach so vielen
Tei^eblicben Versuchen zum Entsätze von Parts sich entschlossen,
gegen die Verbindungen des deutschen Heeres vorzugehen. Vor der
Front des General Werder traten immer stärkere Streitkräfte auf,
aber erst in dem Gefechte bei Vesoul am 5. Januar wurde klar, dafs
die I. Loire-Armee von Bourges an den Doubs versetzt worden war.
Es wurde deutscherseits nun zwar sofort das in der (iegend vou
Montargis und Auxerre zur Beobachtung stehende 2. und 7. Korps in
der Gegend von Nuits sur Armangon-Chatillon sur Seine verbanmielt,
aber zunächst blieb doch General AVerdrr auf seine eigenen Kräfte
angewiesen, um die Belagerung von Beifort cfeffen mehr als 100000
Franzosen zu schützen. Drei Tage lang wurde dann an der Lisaine
gegen die grofse Übermacht des Feindes hartnäckig gekämpft, bis
dieser am 17. Januar sein Unternehmen als hoffiiungslos aufgab und
auf B^ean^n abzog. Die Belagerung von Beifort und die ¥er^
bindungen der Deutschen waren damit wieder sicher gestellt und
nach dem Eintrefifen des General Manteuffel mit seinen beiden Korps
wurde jetzt im Gegenteil die Rüekzugslinie des Feindes abgeschnitten.
In Paris drSngte inzwischen ebenlalls alles der Entscheidung entgegen.
Ein letzter groiaer Ansfell vom Hont Valerien aus wurde am 19. Januar
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Die Operationen nut Metunheeren etc.
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vom 3. preufsisclieu Korps zuiückgewieseu. Aü demselben Tage war
auch ein erneater Veraach des General Faidherbe bei St. Quentiu
gescheitert und am 23. Juniar endlidi sali sieh die Regierung von
Paris unter dem Drucke der Verhfiltniase gezwungen, Verhaadlnngeii
anznknllpfiBiL In dem Toreinbarten Toriäofigen WafliniBtiUBtande
wurden aber die BüdÖstlichen Departemente au^gesdilossen. Dort
hatte General t. Hanteoffel die I. Loire- Armee in eine so Terzweifelte
Lag» gebracht, dab Bonrbatd eich genötigt sah, am 1. Februar ixatek
tibertritt auf das Schweizer QeHet sich zu retten. Damit Terschwand
eine dritte französische Armee vom Kriegsschauplatze und wenige
Tage darauf mufste eine vierte in Paris die Waffen strecken. So
war Atom auch das republikanische Frankreich niedergeworfen.
Wir sahen in dieser zweiten Periode des französischen Krieges
den grofsen Denker Moltke auf einem wesentlich anderen Gebiete der
strategischen Thätigkeit sein Wissen und Können offenbaren. Das
von dem deutschen Fleere im Feldzuge gegen die Armeen des Kaiser-
reiches Errungene wurde siegreicli in einem Defensivkampt'e behauptet,
der so grofsartig war, wie die Kriegsgeschichte noch keinen auf-
zuweisen hatte. Bewunderungswürdig erscheint der grofse Stratege,
dessen Geist das Kriegstbeater von so bedeutendem Umfange zu be-
herrschen vennochte, welches von Nord nach Süd und von Ost nach
West an 500 Kilometer weit sieb erstreckte, und der die I.eitungs-
fäden der gewaltigen Heeresmassen fest und sicher in Auge und
Hand am behalten wulste. Gegenüber den ungeheueren Anstrengungen
des Feindes wurde mit unerschütterlicher Ausdauer an der Um-
klanunerung der Kiesenfestung Paris festgehalten, bis Frankreich obn-
mächtig damiederlag und die deutsche Sache zum endgiUtigen Siege
gaUmgte.
Der deutsche Fddzng gegen das fraoaOsisQhe Volksheer und das
ganze xepnbEkamsdie Frankreich ist ^ die strategische Kunst und
Wissenschaft von weittragender Bedeutung. Die junge strategische
Schule scheint keine Ahnung davon zu haben, sonst könnte sie über
diese kriegerisdiMi Ereignisse nicht so mit Stillscltweigen liinweg-
gehen. In jedem grofsen siegreichen Kriege der Zukunft wird not-
wendig die Phase eintreten, wo sieb der Sieger schliefslich mehr oder
minder tief inmitten des ieiii(llichen Gebietes sieht, rings herum um-
geben von überlegenen leindlichen Massen, wo das oinireclnuigene
Heer, nur noch in melir oder minder lockerer VerViindung mit den
eigenen Hüifs(j[UüllBU, die gesammte entfesselte Vuikskiaft des feind-
lichen Landes sich gegenüber findet. Den Widerstand grol'scr,
mächtiger Staaten vermag selbst der entschieden siegreich vor-
schreitende Angreiler uicut an der C^ueiie seiner Kraft aui/u&ucbeu.
JalubBelwr nur «• D«rfiete äimf nA Kuiiw. Bi.«1, & 20
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Die OpenttkmeD mit Maaenhearen ete.
Die strate;jiisfhe OlTensive wird früher oder später ihro Grenze finden
und ist es bis dahin nicht gelungen, den Verteidiger dem Willen des
Siegel*« gefÜLrig zu machen und einen vorteilhaften Friedensschlufs zu
erreichen, dann eben wird der siegreiche Angreifer seinerseits sich
auf eine Verteidif^ung im grofsartigen Mafsstabo zurückgeworfen sehen,
bei der es darauf ankommen wird, den strategischen W'idei-stand des
Gegners an der ziiheu Ausdauer der eigenen Kräfte sich abslulsen,
dch absoliwSfOheii und adüielalioh enchöpfon zu laaeeii. KapoleoB I.
fond $a dieser Angabe in Bnfsland ein fllr ihn nnavflÖelicbeB Rätml,
Moltke hat de in Fmnkreich in giSnzender Weise erl&Ut und damit
ein lehireicheB Beispiel ftir den Zakunftskiieg geliefert Hit dem
Kampfe 1870/71 gegen das republikanische Frankreich ist offenbar
eine bis dahin bestandene Lücke im strategischen Wissensgebiete
ansgefBlh worden.
Der ganze grofse deutsch-französische Völkerkrieg wurde aber in
80 Tagen durchgekämpft. Es waren in ihm 15 gröisere Schlachten
und weit über 100 Gefechte, fast alle siegreich für die deutschen
Waffen, geschlagen und 870000 Gefangene gemacht worden. Und
diese ungeheueren Erfolge, wie solche die Kriegsgeschichte bis dahin
noch nicht gekannt hatte, sollten nur durch die Überlegenheit der
Deutschen im Kriegshandwerke ermöglicht und erzielt worden sein?!
Jedes vorurteilsfreie und sachverständige Urteil kann auf diese Frage
nur die eine Antwort haben: „des Heldenkünigs Wilhelm Weisheit
und fester Wille, des Strategen Moltke schöpferischer Geist haben
das deutsche Volk zu diesen Siegen geführt." Die Aufgabe Moltke's
war trotz der Vollkommenheit, welche dem deutschen Heere nach
vielen Richtungen hin zugesprochen werden duilte, doch eine un-
endlich schwierige. Bei dem Charakter, welchen grolse Kriege der
Neuzeit notwendig annehmen mUssen, galt ee nicht nur, ein zahl-
reiches und ebenbürtiges Heer siegreich zu bekttmpfen, es war das
voUstftndige Niederwerfen einer Staatsmacht ersten Banges, einoa
ganzen grolken Volkes erforderiich. Also auch Dentschlanob ganae
Volkskraft mufste für diesen Zweck eingesetzt werden. Worin aber
die Schwierigkeiten liegen, mit Massenheeren zu operiren, das bedarf
weder einer besonderen Untersuchung, noch Erklärung. Let2tere
hegt schon in der Erscheinung der Massenheere selbst, wie solche im
Kriege von IS 70/71 sowohl auf deutscher, wie auf französischer Seite
zur Verwendung gekomnien sind. Am 1. März 1871 befanden sich
8i!3G4(i deutsche Kneger auf französischem Boden, während das
republikanische Frankreich thatsäcldich über eine Million Streiter
unter den Waffen hatte. Solche gewaltigen Heeresmasson, die in den
Zukunitskriegeu sich rielleiüht noch verdrei-, ja vervierfachen werden,
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Die Operationen mit älaatteoiieeren etc.
291
«rfordom notwendig ancb einen entsprechend anagedehntan Bemn fBlr
Ihre Aniirtelliuig nnd Bewegungen. Die MasBenheere weiden demnach
jeden&Us anf mehrere gro6e Kriegssehaapl&tie stets verteilt sein,
anf deren jedem dann eine Anzahl Armeen von 200- bis 250000 Mann
gemeinsam operiren werden. Die Übersicht Über das Ganze nnd die
allgemeine Leitung ist also ungeheuer erschwert und die Bewegongs-
fiUügkeit der Massen, selbst bei der höchsten Marschleistung der
Truppen, immer doch eine geringere und bedingtere, weil die
Reibungen greisere sein müssen. Das Operationsgebiet selbst yermag
die Massen nicht zu ernähren, die Verpflegung muls also durch Nach-
schübe von weit her und durch Anlage von Magazinen vorgesehen
werden, ihre Sicherstellung ist uii^^emein erschwort. Aus diesen
Gründen ist auch die Änderung der üperationsrichtung für eine sehr
grofse Armee mit den bedeutendsten Schwierigkeiten verbunden, kann
unter Umständen sogar zur Unmöglichkeit werden. Die Nachschübe
für das Massenheer können in ausreichendtjn Mafse nur mit Hülfe
der Eisenbahnen bewirkt werden. Letztere sind alter als Verbindungs-
linien aus sehr erklärlichen Gründen bedeutend euiptindlichcr als die
Landwege, bedürfen daher sowohl auf dem Operationsgebiete selbst,
irie Im Hinterlande eines bei weitem umfangreicheren Schutzes. Und
so giebt es der zu überwindenden Schwierigkeiten mehr, welche die
Massenheere mit sich bringen. Napoleon! ist an der AnQ;abe, mit
grofsen Heeren zu operiren, zweimal nicht nur Tollkommen, sondern
sogar UXglich gescheitert. Erst dem Strategen Moltke ist es ge-
InngeUi diese An^be wiederholt und mit glänzendem Erfolge za
lösen. Unzweifelhaft war Moltke an strategischem Wissen und Können
Napoleon 1. bedeutend überlegen und die Resultate, die er damit er-
reicht hat, waren derartige, dals niemand mit Recht behau [ttcn kann,
die strategische Kunst habe seit den Kriegen Xapoleon's I. einen
JEtückschritt gemacht. Der Napoleons-Kultus der heutigen Zeit stellt
sich auch mehr als eine Gefühls-, vielleicht sogar Modesachc, als ein
Ausflufs des Verstandesurteils dar. Die junge strategische Schule
hält es aulserdem viel zu sehr mit der formellen, theoretischen Seite
der Kriegskunst, welclie Seite ihr eii^ientlich als die ideale zu gelten
scheint. Wie su }j;anz anders, wie viel richtiger und dabei erhabener
hat doch unser Karl v. Ciausewitz über die Kricfrskunst gedacht! Er
siigt in seinem Werke „^om Kriege^ in dem Kapitel „Strategie" so
schön und wahr:
„Ein Fürst, oder Feldherr, welcher seinen Krieg genau nach
seinen Zwecken und Mitteln einzurichten weifs, nicht zu vid und
nicht zu wenig thut, giebt dadurch den grölsten Beweis sones Genies.
Aber die Wirkungen dieser Geniaüt&t zeigen sich nicht sowohl in
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292
Die Operationen mit Maaseoheerea etc.
neuerfuiideüen Formen des Handelns, welche sogleich in die Augen
fallen würden, ab in dem glücklichen Endresultat des OanzeiL Es
iaft das richtige Zutreffen der stiDen Voraussetzungen, es ist die ge-
iSuscblose Harmonie des ganzen Handelns, welche wir bewundern
sollten, und die sich erst in dem Gesammterfolg TeikQndet Deijenige
Forscher, welcher, von diesem Qesammteifolg aus, jener Hanamue
nicht auf die ^ur kommt, der sucht die Genidit&t leicht da, wo sie
nidit ist und nicht sein kann. Es sind nfimlich die Mittel und
Formen, deren sich die Strategie bedien^ so höchst einfach, durch
ihre beständige Wiederkehr so bekannt, dab es dem gesunden Menschen-
verstände nur lächerlich vorkommen kann, wenn er so häufig die Kritik
mit einer geschraubten Emphase davon sprechen ]i()rt. Eine tausend-
mal vorgekommene ümf^ehung wird hier wie der Zu^ glänzendster
Genialität, d(»rt der tiefsten Einsicht, ja selbst des umtassendsten
Wissen gepriesen. Kann es abgeschmacktere Auswüchse in der
Büchervvelt geben? Immer lächerlicher wird es, wenn man sich noch
hinzudenkt, dal's eben diese Kritik nach der gemeinsten Meinung alle
muralischen Gröfsen von der Theorie ausschhefst, und es nur mit
dem Materiellen /,u tliun haben will, so, dafs Alles auf ein Taar
mathematische Verhältnisse von Gleichgewicht und Überlegenheit,
Yon Zeit und Raum und auf ein Paar Winkel und Linien beschränkt
wird. Wi&re es nidits, als das, so wttrde si<& ja aus soldier Misere
kaum eine wissenschaftliche Angabe itlr einen Schulknaben bilden
lassen. Aber gestehen wir nur, es ist hier von wissenschafUiohen
Formen und Au^ben gar nicht die Bede; die Verhältnisse der
materiellen Dinge sind alle sehr einiach; schwieriger ist das Auffiuaen
der geistigen Krftfte, die im Spiel sind. Abw auch bei diesen sind
die Geistesverwickelungen und die grofse Mannig<igkeit der GröJben
und Verhältnisse nur in den höchsten Regionen der Strategie zu
suchen, da wo sie an die Politik und Staatskunst grenzt, oder viel-
mehr Beides selbst wird, und da haben sie, wie wir schon gesagt
haben, mehr Einflufs auf das Wieviel und Wiewenig, als auf die
Fonn der Ausfühmng. Wo diese vorherrscht, wie bei den einzelnen,
grofsen und kleinen Begebeiilieitm des Krieges, da sind die geistigen
Gröfsen schon auf eine geringe Anzahl zurückgebracht. So ist denn
in der Strategie Alles sehr einfach, aber darum nicht auch Alles
sehr leicht. Ist aus den Verhältnissen des .Staates einmal bestimmt,
was der Krieg soll nnd was er kann, so ist der Weg dazu leicht
gefunden; aber diesen Weg unverrückt zu verfolgen, den Plan durch-
zufuhren, nicht durch tausend Veranlassungen tausendmal davon ab-
gebracht SU werden: das erfordert aulser einer groisen Stärke des
Charakten, eine gro&e Klarheit und Sicherfaeit des Geistes, und von
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Die Kasten und Häfen des nusbcfaen Reidm ete.
293
tausend Uensohen, die «lisgeBeiGlinet sem kdnnen, der eine durch
Geist, der andete dnrob Seharfnnn, wieder andere durch Eühnheiti
oder durch WiOensstärlce: wird vielleicht nicht emer die Eigensdiaften
in steh vereinigen, die ihn in der Bahn des Feldherm über die Linie
des Mittelmäfsigen erheben."
Als die deutschen Lande 1870 von Frankreich angegriffen wurden,
hatte das deutsche Volk als Lohn fiir die ungeheueren Opfer, die
der aufgezwungene Krieg erfordern mufste, und als Siegespreis die
Wiederherstellung eines einigen deutschen Reiches erhofft. Die Er-
reichung dieses Zieles hat dem deutschen Volke in Waffen die Strategie
Moltke's ermöglicht. Uberaus reich an ghänzcnden Operationen ist
auch die deutsche Kriegführung von 1870/71, diese Thatsache vermag
nur eine voreingenommene Kritik ai)/,uleugnen.
Die „wahre Kriegskunst" verlangt von dem Feldherm neben dem
angeborenen Genie, neben der höchsten Geistoskraft, sowie gröfsten
Willens- und Gemütsstärke auch noch die edelsten Charaktereigen-
schaften und das durch ernstes Streben emmgene höchste Wissen
und Können. Mit den Leistungen und Erfolgen im deutBeh-'finnzSsiaohen
Kriege von 1870/71 ist nnaweifelhaft der Höhepunkt der Vollkommen-
httt in der Kriegskunst bis jetzt erreicht worden.
XXL
Die Efisten und Häfen des Bnssischen Beiohes in
Eui'opa und dem Kaukasus mit Rücksicht auf
die Landes- Verteidigung.
Von
▼On Zepelin, Generalmajor a. D.
(Sdüaia.)
Dm Sebwane Heer imil seine Kttsten.
Die militärische Betrachtung der Ostsee und ihrer Küsten zeigte
uns, dais dieselbe in den Kriegen Rufslands eine wesentliche Bolle
nur bis zur endgiUtigen Niederkämpfung dnr alten VomiaGht in jenen
Gewftssem, Schwedens, gespielt hat.
Oanz andere Verhältnisse zeigt uns das Schwarae Meer.
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294
Die Kflateu und Häfen des niniachen Beiches etc.
Lange bat es gedauert, ehe Rtlisland hier festen Fuis ge£aist
hat. Erst anter Petor dem Ghrolbea wmde Aaow dfin TfMnn ent-
liaaeii. Aber ancih jetzt noch war Bnlailaiid mdit m erstaikt» dab
es dauernd am Sehvaizen Meere Falb üueeD konnte. Eist 1739, im
ftieden von Belgrad, wurde dieser feete Flalz dauernd an Bufidaad
abgetreten. Einst eine bllOiende Stadt, ein Stapelplats der Genuesen
für ihren Handel swisohen Europa und Asien, ist es heute ein un-
bedeutender Ort, an dessen frühere Stellung nur das Meer erumert,
welchem vc einst den Namen gab. Einer nationalen Überlieferung
der Bussen naeh soll Peter der Grofse mehr die Erreichung des
Schwarzen Meeres wie die der Ostsee im Auge gehabt haben und
nur durch die ihm durch die damals tibermächtige Türkei in den
Weg gestellten Schwierigkeiten davon abgestanden sein. Wenn er,
wie dieselbe Überlieferung sagt, Asow zur Hauptstadt des Reiches
raachen wollte, wie ganz anders würde sich die Gescliichte Rufslands
gestaltet haben? Erst der Kaiserin Katharina gelang es, einen
gröfseren Teil der Nordküste des Schwarzen Meeres in Kussischeu
Besitz zu bringen. Ihre Bemühungen um das ^Neu-Ruisland (Nowaja
Rossija)" genannte Küstenland sind bekannt, ebenso aber auch, dafs
schon damals das Streben der russischen Politik erwachte,
das Schwarze Meer nieht nur erreicht su haben; sondern es,
und Tor allem seinen Zugang Konstantinopel, zu be-
herrschen. Die Geschichte Bu/slands ist Ton nun an die
Geschichte des Kampfes um das Schwarze Meer und eeine
Küstenländer. Dieser Gemehtspunkfc drängt sieh unwillknriioli
jedem auf, welcher sieh mit dem so interessanten militär-geographisehen
Studium des Schwarzen Meeres beschäftigt.
Wie im Altertum die Uilhenden Kolonien der Griechen, so trug
es im frühen Mittelalter an seinen Küsten diejenigen der Genuesen
und Venetianer, und erst die Eroberung Konstantinopels durch die
Türken vernichtete die alten Stätten der Kultur. Mit dem Nieder^
gange der Türkei tritt nun RuTsland in den Bewerb um die Vor-
herrschaft auf dem Schwarzen Meere, welche ihm bisher noch von
den anderen Grofsmächten, speziell von den Seemächten England und
Frankreich streitig geranrht wurde. Mit unermüdlicher diplomatischer
Thätigkeit. unterstützt von einer mit Aufwendung grofsartiger Mittel
stetig vermehrten Flotte und dem Gewichte stnner nicht allein ver-
gröfsertcn, sondern auch verbesserten Armee, hat es seit dem Krim-
kriege nicht nur seine alte Stellung wiederzugewinnen, bondeni auch
seine Macht im Schwarzen Meer zu mehreu gewuXst. Von der Kilia-
Mtlndnng der Donau bis westlich der Mündung des unweit Batam
sich in das Schwarze Meer eigtelseDden l^oroGh hat Bn&laDd die
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295
Küsten dieses Meeres in semem Besitze. Nur die freie Durchfahrt
durch die Dardanellen hat es noch nicht für seine Kriegsschiffe be-
dingungslos erreicht. Noch beherrscht die Türkei die Durchfahrt mit
ihren heute mehr denn je verstärkten Befestigungen, noch wacht
eifersüchtiger, wenn nnch nicht kraftvoller, donn je, Ent:;lan(l über
dies bisher thatsächlich ia seinen Händen liegende Thor des Schwarzen
eeres. Auf wie lange? Das wird die Zukunft lehren. Jedenfalls
sind es noch nicht 40 Jahre her, dafs die europäischen Mächte die
russische Seemacht auf dem Schwarzen Meere vernichteten, noch im
letzton, grofsen Kriege auf der Balkan-Halbinsel vermochte die Türkei
Rufsland die Mitwirkung der Flotte zur Unterstützung der Land-
Operationen zu verbieten. Heute aber scheint es, als wenn Ruisland
aich dieMT Abhängigkeit enlaogsD hSIte. Der nftdiste Krieg wird m
der Türkei sehr übedegen finden. Rnßlattd wird moht allein im
Schimrzen Meere eine wichtige Handels^i sondern auch eine nicht
weniger wichtige Etappenstraise nach dem Eankaane und Tranekaepien
besitzen, es wird in Zukunft eine Flotte besitsen, welche ihm den
Angriff der Türkei in Europa gestattet, ohne die etwaige NeutralitiU
Rumäniens und Bulgariens zu verletzen.
Das Schwarze Meer mit dem ihm verbundenen Asow'schen Meer
liegt zwischen dem 40" 55' und 47 15' nördlicher Breite und zwischen
dem 27" 21' und 4l<> 48' westlicher Länge Ton Green wich. Seine
Uferlänge beträgt, wenn man von Lagunen, Strandseen u. s. w. ab-
sieht, 4030 km; die Ausdehnung zwischen Burgas im Westen und
Poti an der Küste des Kaukasus im Osten 1168,6 km; zwischen der
Einfahrt in die Bucht von Nikolajeff im Norden und Bender Eregli
im Süden .585,2 km. Russische Quellen geben die Kiistenentwickelung
etwas gri'ifser an. Hiernach soll — ansclieinend ist das Asow'sche
Meer hiermit eingerechnet — dieselbe 4605 Werst (etwa = IUI 3 km)
betragen, wovon 2686 Werst auf die europäische, 1919 Werst auf
die asiatische Kttste kommen. Von ersteren sollen, nach russischen
Quellen ~ 1889 Werst zu Rulslandi 225 sor TOikei, 192 sn Ost-
Rumelien, 152 zu Bulgarien, der Rest Rumänien gehören. Von der
asiatischen Küste Men 1265 Werst auf die Türkei, 654 Werat aof
Rußland. Letzteres besitzt daher mehr als die HUfte der Küsten
des Bchwaxzen Meeres, — An das offene, mit seiner Kttste gegen
einen Angriff unmittelbar zu schützende Meer, (also aussehHelzlibh
des Asow'schen Meeres u. s. w.) grenzen die Gouvernements Bess-
arabien, Cberson, Taurien, des Kuban-Gebiet, die Militär-Bezirice des
Schwarzen Meeres (Kaukasus) und von Suchum Kaie sowie die
Gonyemements Kutais und Kars. WMr finden, was die Küston-Ent-
wickelung, namentlich aber, was die Inselbildung anlangt, im Schwarzen
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296 Die Kflgten und Hifen dee nualaäien Reich«« etc.
Meere ganz andere Verbältnissp als in der nissischen Ostsee.
Die buchten- und häfenreichen Küsten der fast völlif; vom Meere, sei
es durch Untiefen, Inseln oder Randbänke abgetrennten Meerbusen
fehlen hier fast ganz. Noch mehr ist dies mit der Insel- und Klippen-
bildung der Fall, welche den Küsten der russischen Ostsee in weiten
Teilen einen so unübersichthchon, zerrissenen Emdi-uck verleiht. —
Die einzigen, erwähnenswerten Inseln sind die östlich der Donau-
Mündung Torgehigorteii Schlangen-Inseln, und auch di«M and ganz
unbedeatend^). — Eine «genartlge Erseheinung sind aber die Limane
der grofsen sfidnuaisclien StrOme und das haifbrtige Asow'eQhe Meer.
Das Sdiwarze Meer gleidit in seiner Tiefenbildnng emem groisen
Kessel, das Asow*soheMeer ist flaeh. — Nadi Erummel, pMoipliologie
der Meeres-Räiime^* soUen dch zwischen demBospoms und Sewastopol
Tiefen TOn 2000 m finden. Die mitHere Tiefe soliätat er auf 1158m,
während z. B. das Adriatische Meer nur 231 m aufweist. In sanem
nordwestlichen Teile erreicht das Schwaize Meer freilich nur eine
Tiefe von 1 5 m, während, namentlich an seinen Steilküsten im Süden
und Osten und oinorn Teile des Westens, oft die Hundert-Faden-Linie
sehr nahe am Lande vcriiinft imd den gröfsten Krie^schiffen die An-
näheniHf^ an die Küsten gestattet.
Die mittlere Jahrestemperatur des Schwarzen Meeres beträgt
4- 11« R. Odessa hat + 7,6" R., Sewastopol + 10» R., Redut-Kale
+ 11 ö R., Trebisonde f 12,P R., Konstantmopel + 13" R.
Die teilweise liehen und rauhen Gebirge, sowie die im Winter
eisig kalten Steppen, welche auf grofsen Strecken den Küsten an-
liegen, raachen das Klima rauher, wie es die verhältnilsmälsig süd-
liche Lage des Meeres erwarten läfst Die teilweise hierdurch hervor-
gerofenen kalten Winde lassen den zwischen der Donan-MKlndiing
und der Stralse von Kertach liegenden Teil des Meeres sich zuweilen
mit EiB bedecken und sind somit die hier liegenden HSfen oft in den
Monaten Dezember und Januar durch Eis gesperrt
Ebbe und Flut sind nicht bemerkbar. — Dagegen erzeugen die
Wassermassen, welche das Meer von den in dasselbe mündenden
grofeen StrGmen empfiUigt, und die der einzigen, offenen Stelle —
dem Bosporus, hinzuströmen, eine sowohl längs der anatolischen
wie auch längs der Küste der Balkan-HaUnnsel entlang laufende
Strömung. Von der Bedeutung dieser Wassennassen, bei welchen die
Zufuhr süfsen Wassers die Verdunstung überwiegt, kann man sich
einen Begriff machen, wenn man sich erinnert, dais die Wasserscheide
') Es giebt nur noch 2 ganz kleine Inaela: Die Luel Beresaii, w. n. von
Otschakofl' am Dqjepr-Bug-Liinaii und die Insel Kerpen (Eefken) an der ana-
tolischea KOste^ etwa 90 Seemeilen Östlich der Strabe von Konstsatiaopel.
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Die Küsten und Häfen defl rtimiachen Reiches etc.
297
des StromgetnetOB d€e Sohwanen Meeres mir wenige HeUen von
Triest, Unme und Sptflatro in Dalmatien liegt und dalb die Quellen
der Denan nabe an dem Flu&bette des Rheins, die des Dnje[>r in
der Breite von Hoskan liegen. Diese gewaltigen Ströme fähren im
Norden nnd Nordwesten dem Meere aber nicht nnr Sttlkwasser,
sondern auch mächtige Massen von festen Teilen zo, welche sich als
Sedimente ablagern und hierdurch namentlich das AsoVsohe Meer
verflachen.
Die Küsten von der Donau-Mändung bis zur Landenge
TOA Perekop.
Dieselben sind bis zum Kap Fontana bei Odessa meist flach. Es
breiten sich nm Meere weite Stoppen aus, in denen nur die Kurirane,
d. h. Grabhügel der alten Bewohner dieser Gegenden über das um-
liej^ende Gelände hervorragen. Oft liegt die Küste sogar mit dem
Meeresspiegel fast gleich hoch. Häufig zwingen vorg(^laL:erte Sand-
bänke die gröfseren Kriegsschiffe, mehrere km vom Lande entfernt
zu bleiben und erschweren hierdurch die Landung. An Her Küste
selbst liegen eine grofse Zahl zum Teil sehr bedeutender und meist
mit gröfseren Flächen versumpfter Niederung umgebener Strandseen,
wie der Saflyk-See, audi Kimdok-See genannt, bei Shebrijeni, der
8ohagany-See hei der gleichnamigen Stadt, der Alib^-, der Buma»-,
der Sohabatatsij-See u. a. sowie der Umaa des Di^jestr. Hierdureli
wird sowohl das Festsetsan wie das Vorgehen eines gelandeten Heeres
sehr erschwert. Hiersu kommt femer der Umstand, dais eine groihe
Zahl tief eingesdimttener Küsten- besw. Nebenflüsse des nördlichen
Hfindungs-Armes der Donau von Nord nach Sfid dem Meere zu-
strömen und f&r ein Vorgehen in südwestlicher Richtung auf Eima,
Tntschkow, Reni und Galacz \ne in nordöstlicher Richtung auf
Akjemian und Odessa eine Reihe nicht leicht überschreitbarer Hindeiv
nisse bilden. Aber auch ein Vordringen in der nördlichen Richtung
auf Kischinew-Bender-Tiraspol wird durch diese Gewässer und deren
'weitverzweigte Zuflüsse sowie durch die schlechten Stralsen Beesarabiens
empfindlich gehemmt.
Von Kap Fontana bis Odessa ändert sich der Charakter
der Küste völlig. Sie erhebt sieh zu Höhen roten Lelnus, welche
teilweise steil zum Meere ablallen und eine Reihe von stattlichen
Dörfern, auch deutsclier Kolonisten, tragen. Odessa, an der nach
ihm genannten liuclit. besitzt — wie wir weiter unten sehen werden
— - einen vortreffliclieu Halen.
Von Odessa bis zu der tief in die Krym einschneidenden Earkinit-
Bai (dem „Toten Meer**), weldie mit dem von Osten her eindringenden
Siwascfa oder Gnibje More („Faules Meer**) die Landenge Perekop
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298
Dto Ettaten tmd Hite d«8 nurftelMi BddM «le.
lunschliefet, trägt die Küste einen ähnlichen Charakter wie auf der
Strecke von der Donau zum Kap Fontana. Liman, d. h. Erweiterungen
der Flüsse, welche gleichsam als schmale, langgestreckte Buchten
(dies ist die ursprüngliche Bedeutung des türkisoben Wortes „Liman'')
tief in das Land einschneiden — folgt auf Liman und zwischen ihnen
finden sich zrililreiche Strandseen. Es seien von den bedeutenderen
Limanen nur erwähnt: Der Gadschibeiskij -Liman, der Kujaluizkij-
Liman, der 'I'iligulskij-Liman, der Beresansk^-Liman und der Dnjepr-
Bug-Liman. —
Von dem letzteren ab hört die Liman-Bildung auf, es
beginnt der festländische Teil des Gouvernements Taurien.
Die Küste ist hier ausgewaacheu vom Meere, das eine grolse Reihe
Buchten gebildet hat. Mehrfach erstrecken sich die Überreste des
Fesdandes als scbmale Landzungen veit m das Heer hinein, niolit
mit Unrecht „Eossa**, d. h. Flechte, GMLte, von den Russen genannt.
— So trennt die Halbinsel Einbnm, benannt nach dem im Eiym-
Kriege bekannt gewordenen Fort gleiöhen Namens» die Jagoilyk- oder
Einbum-Bacht Tom Dnjepr-Bug-Liman. Und sfidlidi hiervon sohneiden
die gleieb einer schmalen Nehrung sidi vom FesÜande abtrennenden
nnd nach Westen bezw. Osten viele Meilen weit ins Meer hinaus
erstreckenden Tendra- und Dschaiylgatsch-Halbinsefai die gleichnamigen
Buchten vom Meere ab^). Aber auch auf der Küste des Festlandes
selbst zeigt sich im Gouvernement Taurien die Thätic^eit des Meerss
durch die grofse Anzahl von Strandseen. —
Das Hinterland der Küstenstrocke von Odessa bis zur Halbinsel
Perckop wird fj:ebildet von den Steppen Kleinrufslands, welche, glühend
heils im Sommer, im Winter, Frühjahr und Herbst fast unwegsam
sind und die Bewegiingen gröfserer Truppenmassen empfindlich er-
schweren. Diese Verhältnisse trugen während des KrjTnkrieges einen
wesentlichen Teil der Schuld, dafs die Verstärkungen des russischen
in der Krym fechtenden Heeres dasselbe garnicht oder nur in sehr
geringer Zahl erreichten. —
Strategisch oder kommerziell erwähnenswerte Punkte
an der Küste sind: Algerman-Owidiopol, Odessa, Otsdiakoff und
Einbnm, Nikolajew, Cherson.
Äkjerman, mit dem ihm auf der nordwesUichen Seite des
Bnjestr-Iiman gegenüberliegenden Owidiopol, 30000 Einwohner,
Hauptort des gleichnamigen, sehr viele deutsche Kolonien z ähle nd e n
Kreises, ist ^nenhafen. Ln Norden der Stadt Hegt die beute teile
ver&Uene, teils den Bedingungen der Neuzeit nicht mehr entsprechende
^) Die bcbmalo Tendra- (auch Tender-) Halbinsel ist durch einen Meeres-
Durdibnioh augenbliddieh sur Insel gemacht
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Die KOsteo und Hifen des ruasiBcben Reich« etc.
299
Festung gleichen Namens, welche 1475 und 1484 von den Türken
erobert wurde und in den Kämpfen früherer Jahrhunderte eine pe-
wisse Kolle bpielto. Dieselbe bestand wesentlich aus einer Jiingniauer
mit 26 Tünnen und einer Citadelle, war teilweise in Felsen gehauen
und anf den TrOnunem eines alten Oenuesenforts erriditet — Der
ehemals blühende Handel Al^ennaiui aar See geht wegen der fbrk-
aelireitenden Versandung des Liman zuraok. Militäriach ivichtig ist
Algennan noch heute ala Ühei|;angBpiinkt der von Galaoa, Beni,
Tnltaofha und Kifija anf Odessa ftthxenden Strallben über den liman.
Die Verbindung mit Owidiopol wird duroih tS^Kub mehnnals gehende
Dampfschifife bewerkstelligt, von denen jedes d— 4 Backen im Schlepp-
tau nehmen und so je 1500 Mann transportiren kann. — In A^jer-
man wurde 1826 die Zusatzkonvention zum Frieden von Bukarest ge-
schlossen, deren Nichterfüllung durdi die Tttrka bekanntlich den
Fddzug 1828 zur Folge hatte.
Odessa ist der ITnnpt-Scehandels- Platz des Schwaraen Peres.
Durch ihn wird auch der \'erkehr Rufslands mit seinen Besitzungen
am Stillen Ozean vermittelt. Die jetzt gegen H04()(K) Einwohner
zählende Stadt (Zählung 1889) wurde erst 1794, nachdem die Kaiserin
Katharina II. durch den Frietlen von Jassy jenen Teil der Küste er-
langt hatte, gegründet und bald zum wichtigsten Handels-Emporium
Rußlands. — Jede Flotten-Operation gegen die russischen
Küsten des Schwarzen Meeres wird erst dann ihr Ziel er-
reicht haben, wenn es gelungen ist, den Handel Odeasae
lahm au legen, bezw. sich der Stadt und ihrer Hafen-An-
lagen zu bemächtigen. Es fibemacht, daft die Rnssen, welche so
bedeutende Mittel auf die Erwdterong und Verbesserang ihrer Landes-
▼erteidignng verwandten, nicht mehr iiir die Sichemng Odessas
gethan haben. — Die Stadt» Sita des Oberstkommandirenden des
Militärbezirks Odessa, des Genenlkommandos Vin. Armeekorpa und
einer zahlreichen Garnison, bildet eine besondere Stadthauptmann-
schaft (gradonatschalstwo). Sie liegt auf dnem circa 50 m hohen
Plateau, welches in steilen und felsigen Hängen an das Meer heran-
tritt. Die den Hafen bildende Bucht mifst in ihrer gröfsten Breiten-
Ausdehnung: eine starke deutsehe Meile. Die Gebäude, teilweise des
voniehmsten und reichsten l'eiles der Stadt, ziehen sich unmittelbar
an dem Abhänge entlang, die Bucht in ihrer ganzen Längen-Aus-
dehnung umsäumend. Der innere Hafen wird geschützt durch eine
■weit in das Meer hineinreichende Mole im Osten und durch einen
ihm gegen das offene Meer hin vorgelagerten Wellenbrechor. — Der
Hafen besteht aus 4 grofsen Bassins, das für die Küstenfahrer, das
Bassin Richelieu, das „neue" Bassin und das Quarantäne-Bassin,
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300
Die Kflston und Hfifen de« ruMuchen Reiches etc.
lotiteiefl weBentUoh Ar den fibenedBchen Veikehr bestunnit. Einige
km nordirosilicbi gegen Norden dnroli eine Mole geechütst, liegt &8t
am Nordende der Bucht der Bogenannte Petrolenm-Hftfen, mit Rudc-
aidit auf seine Bestimmiing ganz getrennt von den anderen Baasins.
Die Bncht liat niigenda Untiefen, so daik sieh die grSlaten Schiffe
bis auf 2000 m der Stadt nähern und sie anter Feuer nehmen können.
Die an der Mole, dem Quarantäne-Hafen gegenüberliegende Einfahrt
ist für die Seeschiffe grö&ten Tiefganges bestimmt und hat eine
Wassertiefo ?on 10 m, diejenige im Westen gegenüber dem Hafen fßr
Küstenfahrer eine solche von 5,20 m. Die Verteidif^ngs-Einrichtuncren
sind, wie schon oben angedeutet, nicht der Bedeutuncr des wichtigsten
Handelsplatzes Rufslands entsprechend. Vor dem letzton Kriege war
Odessa nur durch eine alte Citadelle geschützt, welche sowohl nach
der Land- wie nach der Seeseite geschlossen ist und auf dem Plateau
über dem Quarantäne-Hafen liegt. Später errichtete man eine Reihe
von 13 Erdwerken, welche sich in langer Linie von der Kirche um
Nordende der Stadt bis zur „kleinen Fontäne" (malüj fontan) im
Süden erstreckt. Sie sind mit etwa 100 Geschützen schwersten
EaUbera aimirt Vor dem Hafen hatte man un letsrten Eiiego eine
über eine deutsche Meile lange, aus 3 Rohen hinter einander be-
stehende Minensperre angelegt, welche dne AnsM-Offirang für Kriegii-
schiffe und eine ebensolche für SLanffahrteiscliiffe hatte. Durch diese
Sperre Yermochte man die femdfidien Schiffe bis anf Vt deatsche
Meile Ton der Stadt abmhalten. — Im ErymrEriege — wo diese
Sperre fehlte — gelang es am 22. April 1854 einer franzüsisch-
mglischen Flotte und am 14. Mai desselbon .Talires englischen Schiffen
die Stadt zu bombardiren, ohne dais derselben ein bedeutender
Schaden zugefügt wäre. —
Wie empfindlich für Rufsland aber eine Besitznahme der Stadt
oder eine Störung ihres Handels durch den Feind sein mufs, erjrieht
sich scliun daraus, dafs Odessa seiner Einwohnerzahl nach die viert-
gröfste Stadt des Reiches, seinem liafcnverkchr nach die zweite, seiner
Getreideausfuhr nach die erste ist. Von Seeschiffen laufen jährUch
etwa "2500 aus und ein, von Küstenfahrern 2600. Der Wert der
Aus- und Einfuhr beträgt weit über fiO Millionen Rubel.
Mit dem innerrussischen, sowie mit dem österreichisch-rumänischen
Bahnnetz ist Odessa durch die doppelgeleisige Bahn Odessa-Rasdyliiaja
verbunden. Unmittelbar hinter der Stadt beginnt die nur von im
Winter fast nnpassirbaren Wegen dnrdischnittene Steppe, welche
in vielen Teilen in der nassen Jahreszeit einem Schlammmeere g^eidit
Nicolajeff mit Otschakoff und Kinburn. Nikoliyeff liegt etwa
40 km oberhalb der Mündung des Bug (des „südlichen*^ im G^gensats
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Die Käateu und Häfeu deti ruämadiea Beiches eic.
301
zum „westlichen" (sapadnüj) Bug, des für die strategischen Verhält-
nisse des weBtnissischen Kriegsschauplatzes so wichtigen Stromes) in
den eich an seiner Mündung zum Liman erweiternden Dnjejnr am
linken üfiar des ersteren, in einem Knie desselben.
Die Bedeutung Nikol^efib ist seit dem Kiimkiiege, nach welchem
die Russen die Festungswerke Sewastopob schleiften, gewatdisen. Es
wurde zum Kriegshafen • 1. Klasse gemacht, und der Depot- und
Kenstruktions-Plati der Flotte des Schwansn Meeres. Die Stadt
selbst mit ihren 80000 Einwohnern ist Endpunkt der über Dolins-
kaja und Snamenka mit dem südrussischen Bahnnetz in Verbindung
stehenden Eisenbahn und lebhafter ilandels-Platz. Als Werftplatz hat
NikolajelT eine in seltenem Malse von der Natur begünstigte Lage. Der
von links her in den Bug mündeiido Ingul bildet mit ersterem eine
Halbinsel, welclu* nach Oston zu nur durch ei!)»- inmofiihr 2'/^ km
breite Landengo mit dem Lande in Verbindung steht. Hierzu kommt,
dafs die entfernte Lage vom Meere Nikolajeft' gegen jeden unmittelbaren
AngrilT einer Flotte schützt, dafs der I'iingang m den für Kriegsschiffe
nur sehr beschrankten Teil der im Allgemeinen verhiiltniismafsig
flachen Mündung des Dnjepr-Limaii in das oft'ene Meer durch die Be-
festigungen von Otschakoff und Kinburn verteidigt wird und dafs die
auf den Werften von Nicolegeff erbauten, bezw. hergestellten eigenen
Kriegsschiffe im unbelasteten Zustande ohne jede Schwierigkeit
den an einigen Stellen sogar bis su einer Tiefe ?on 11 m aus-
gebaggerten Bug dnrchfahren können. Hierdurch ist Bulsland in der
Lage, sieb beim Schiffbau keine Beschränkung irgend euier Art mit
Besug auf die Grdise au&uerlegen. So sind u. a. die bdEannten, schwer-
filligenPanzertnnnsohifib, die nach ihremErfinder sogenanntenPopbffkas»
hier erbaut worden.
Was nun die Verteidigungsanlagen Ton Nicol^eff anlangt, so sind zu
unterscheiden: 1. Die Verteidigung gegen den Angriff von der See her.
2. Die Verteidigung des inneren Hafens, d. h. der Fahrstra&e des Bug
bis Nicolajoff hin.
Der {Schwerpunkt der Verteidigung an der See, d. h. an
der Mündung des Liman, liegt in der Befestigung von
Otschakoff.
Das auf der linkm, si'uilichcn Seite des Liman auf einer schmalen,
nach ihm benannten IlalbinseP) liegende Kinburn, wurde bekanntlich
1854 nach einer Bescliiefsung von den Allürten en^bert. Es bestand
damals aus einigen mit einem Ileduit versehenen Erdwerken, welche
mit etwa 1400 Mann besetzt waren, ütschakoff, dessen Befestigungen
teilweise noch aus der Genuesen-Zeit stammten, gaben die Russen
Kinbnmakiga Komm.
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302
Die Kflgt w i himI Hiftn dM ituBiBcheii Rdcho oto.
Idemuf fireiirfllig au^ nachdem sie es teilweise in die Luft geeprengt
hatteiL Von Intecesse ist der Kampf nm Kinbiixn andi um deswegen,
weil nach französischen Quellen hierbei zum ersten Male Pan^enduflb
die französischen Panzerkanonenboote »la Larve", „la Tonnante"
und „la Dövastation'^, snr Verwendung kamen. Nach der Beendigung
des Krym-Kriegs wurde russiBcherseits Itfagere 2^it mit der Wieder-
herstellung der Befestigungen Kinbums gezögert, weil man annahm,
dafs ein Gegner bei der Beschaflfenheit der dem Meere anscheinend
preisgegebenen, tlachen Landzunge, von einer Besetzung und Benutzung
derselben zur Anlage von Batterien ohnedies Abstand nehmen müfste.
Neuerdings soll man aber dennoch zu dem Entschluis gelangt sein, dort
ein Panzerfort zu errichten.
Was nun den derzeitigen Stand der Befestigungen von
Otschakoff anlangt, so bos tchun dieselben: a) Aus einer Batterie
auf der iiu Meere, einige km vor dem Eingänge zum Liman gelegenen
Insel Beresan. b) Aus 4 Uferbatterien auf dem Festlande zwischen
dem dort gelegenen Leaehttucm and dem Slidende der Stadt Di»-
selben sind ans Qramtsteinen eiricbtet nnd mit Panzertärmen var^
seben. Dia sttdlushste ist auf einem in den Idman hinemgebanten
Steindamm errichtet o) Ans dem im Liman, nnmittelbar sttdHoh der
bier 16 — 18 m tiefien Fabrstrafee liegenden Inselfort Nioolaje£
Diese Insel ist künstlich ans Anfediilttmigen hergestellt Einen
Kern von fester Erde hat man durch Bauschutt aus den alten Be-
fostigongen von Kinbum vergröfsert und ihn zum festen Halt durch
einen Damm ans Steinen und Beton umgeben. Um die so gebildete
Insel ist durch eiuMi ringartig um dieselbe angeführten Damm gleicher
Beschaffenheit eine Art Graben im Meere abgeschnitten. Die Ver-
länj^erung dieses Dammes nach der Flufsseite bildet ein Hafenbassin.
Minensperren quer über den Liman vollenden die Verteidigungs-
Anlagen, welche siimmtlieh unter einander durch Kabel verbunden sind.
Die innere Befestigung am Bug besteht aus einer längs
dieses Stromes errichteten Reihe von Werken, von denen die bedeu-
tendsten wie das Fort Ssenienoft, Fodorowka, die Werke von Bogo-
jawlensküje u. s. w. am linken Ufer liegen. Der unmittelbare Schutz
der Marine-Etablissements in und bei Nicolajeff wird bewirkt durch
das auf einer Bank im Strome erbaute Fort Constantin, welches durch
einen sur Yertetdignng eingerichteten Steindamm mit dem leohten
Ufer ▼erbunden ist. iDie swischen dem Fort und dem linken üfor
führende Fahrstralke ist fär Sperrungen Torbereitet. Endlich ist Nico-
li^eff östUdi durch eine quer über die HalMnsel geeogene Verteidigangs-
linie gegen einen Angriff von der Landseite geeichert Das Arsenal
Uegt SU beiden Seiten des InguL —
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Die Kütten und Häfen des nueiachen Keicbee e(c
303
Chersün, ebenfalls am Dnjepr-Bug-I-imaii, und zwar auf dem
rechten Ufer des Dnjepr gelegen, ist mit scuieii 70 000 Einwohnern
eine bedeutende Handelsstadt Sie ibt die in der russischen Geschichte
oft genannte Gründung Potemkin^s und war ehedem Sitz der Admiralität.
Heute ist ihr Hafen der untere Dnjepr — sehr Teraandet und nur
Schiffen geringen Tiefganges zugänglich. Cherson ist aber immer
nodh Ton grofter Bedeatnng dureh die Vennittelnng dee mitteht der
SohifSahrt anf dem Digepr einer-, und den KttatenCeihreni andererseits
betriebenen Handeta.
Die Erym nnd ihre Ktteten. Die Strategisohe Bedeutung
dieser Halbinsel ist nicht nur im Laufe der vergangenen Jahriranderte,
sondern besonders auch durch den letzten Feldzug der Aüiirten gegen
Bnfaland — welcher daher auch den Namen der Krym trägt, er-
wiesen worden. — Eine kuse Charakteristik derselben ist daher hier
nicht zu umgehen.
Die 111800 qkm «zrofse Halbinsel, ein Teil des Gouvernements
Taurien, hängt nur durch die im Westen vom Toten Meer, im Osten
vom Si wasch oder dem Faulen Meer be<rrenzto gegen 9 km breite
Landenge von Perekop mit dem Festlaude zusammen. Durch
den hier 1888 bis 1892 angelegten Kanal ist die Krj'm in ge-
wissem Sinne zur Insel gemacht worden. Von welcher Wichtigkeit
für die Landes- Verteidiguni^ derselbe ist, geht wohl schon daraus
hervor, dals durch ihn der Seeweg zwischen Mariupol an der Mündung
des Don und Odessa Ton 434 auf 295 Seemeilea (ä 1855 m) verringert
worden ist Er gestattet der russischen Kriegsflotte mit ihren Fahr-
zeugen entspredienden Tie^anges von Odessa und Otschakoff aus in
das Asowsche Meer zu gehen, ohne sich wllhxend der Umschiffung der
Kiym dem Angriffs einer fe ind l ich e n Flotte anszusetsen, weldier sie
unter den ungünstigsten Verhiltnissen treffen wfirde. Die Handels*
flotte aber geirinnt Zeit und erspart Kosten, welcher Umstand be-
sonders wichtig ist für den Transport aller nach Odessa bestimmten
Erzeugnisse des südöstlichen RuMands, namentlich für die im Don-
Gebiet im Überflufs vorhandenen Kohlen. Auch können die Flufs-
sclii£fe, welche das Don- Wolga-Gebiet befahren und die namentlich
während der für die Schifffahrt ungünstigen Jahreszeit die offene See
nicht zu halten vermögen, sich vom Don aus auf ungefährdetem,
näherem Wege nach Odessa begeben. Der Kanal, welcher im flachen
Meere insofern eine Fortsetzung erhielt, als in demselben eine Strecke
von cirka 1 1 0 km ausgebaggert und mit Schifffahrtszeiohen versehen
ist, hat eine obere Breite von 22 m und eine Tiefe von 4 m. Zwei
grofse eiserne Drehbrücken vermitteln den Verkehr vom Festland zur
Haibinsel — die westliche bildet die Überführung der von Cherson,
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304 Kfiaten und Häfen des ruBsüchen Badbm etc.
bezw. Bereslaw 1 um Dnjepr über die Halbinsel Perekop auf Simferopol-
Sewastopol führenden Stralse, die östliche diejenige der Eisenbahn
Lo68(miQi^45ewBBtopol an der Tflchougar-Strafse. —
Die Gliederung der EliBte derKrym ist sehr bedeutend.
Sie bedtst nicht weniger als 1050 km KQsfeenIttnge auf 19800 qkm
Oberflfiehe» eine Folge der Zerrissenheit der EUaten, dnroh den Siwasoh
im Norden und Osten, wo derselbe vom Aaow'sehen Meere nur durch
die 118 km lange) oft nur 5 — 600 m breite, sandige Halbinsd von
Ärabat getrennt ist » Der nÖrdUohe Teil der Halhmsel, der be-
deutend gr5/kere, ist eine aua Sand- und Thonscbiefer gebildete, stark
mit Salzlagem erfüllte Ebene. Dieselbe trägt, wenn auch teihreiBe
nicht unfruchtbar, doch überwiegend den Charakter der Steppe und
wird im allgemeinen nur als Weideland benutzt. Der südlichste Teil
der Krym wird durch ein Gebirge durchzogen, welches im Westen am
Meere beim Kap Chersones unweit Sewastopol beginnt und im Osten
unweit Feodosia endet. Dasselbe führt auch wohl den Namen Ja'ila-
Dagh und erreicht in seinen höchsten Punkten etwas mehr als 1500 m.
— Dies Gebirge steigt steil aus einer schmalen, zum Teil sehr frucht-
baren Küstonebene auf, die reich bevölkert und angebaut, auch mit
oft ^ofsartigen Landsitzen der kaiserlichen Familie und der russischen
Aristokratie bedeckt ist. Im Norden verzweigt sicli das Gebirge in
Parallel-Ketten und geht aUmähg in die Steppe über, nüt deren
kahlen Einförmigkeit seine üppige Bewaldung in greisem Gegen-
satze steht
Bei ihrer reichen Gliederung und ihrer gttnstigeu Lage
besitzt die Halbinael eine Reihe Ton brauehbaren Häfen,
unter denen hier nur Eupatoria, Sewastopol, Balaklawa
und Kertsch, sowie das frtther erw&hnte Feodosia, auch
Eaffa, genannt seien. Unter den Buchten sind die bedeuträdenn:
das Tote Meer oder die Karidmit-Bai mit zahlreichen kleineren ESn-
buchtungen, der nur durch eine schmale Nehrung vom Meere ge-
trennte Donuslaw-See, die Bucht von Eupatoria, die Kalamita-Bucht,
die Bucht von Balaklawa, die Bucht von Sewastopol, diejenige von
Jalta, die Bai von Sudak, die Bucht von Feodosia oder Ka£fa, die
Bai von Kertsch, die Bai von Kasanlip und die Bai von Arabat,
letztere beide am Asow'schen Meere. Aufser dein Hafen von Sewastopol,
welcher weiter unten zum Gegenstand eingehender Schilderung gemacht
werden wii-d, bietet eigentlich nur Balaklawa einen völlig geschützten
Hafen an der Küste des Schwarzen Meeres und die Bucht von
Feodosia (Kaffa) eineu guten Ankei-platz. - Die plötzlich hcrein-
bruühenden Stürme machen es bei den auiieren Buchten und Häfen
den ankernden Schiffen oft unmöglich, liegen zu bleiben. Dieselben
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Die Kosten und Eilen de« ruauachea fieicbee etc. 305
sind gezwungen, die offene See zu gewinnen. Wenn es daher auch
durchaus nicht ausgeschlossen ist, hei ruhif^er Soo !j;n)fsere Tnippen-
massen an den Küsten der Krym zu landen, so schweben dieselben
doch andauernd in der G^ÜEkhr, ihre rückwärtige Verbindung zu ver-
liaren. Im JB^Tm-Eriega vorloran b. B. die Engliader am 14. NoTember
1854 m Eiiptttewi» 5, vor BalaUawa 11 KhegssdufFe und eine nocli
grSlkre Ansahl von TrauBportsobiffian; 7 Schiffe wurden entmaatet
An demaelben Tage ging vor Eupatoria das firanaÖeiBche Kriegsaehiff
Heniy IV. (von 100 Kanonen) nnd die Korvetle Pluto Torloien. —
Eupatoria, mit unbedeutendem Hafen, ist daduroh bekannt, dafo
auf seiner Küste unweit des alten Forte am 14. September 1854 die
Verbündeten landeten. — ßalaklawa, welches während der Belagerung
von Sewastopol den Verbündeten zum AusschifTungs- und Depotplatz
diente, bietet einen vorzüglichen und geschützten Ankerplatz. Freilich
ist die Einfahrt zu demselben nur 200 m breit und windet sich
zwischen 400 — 500 m hohen schroflf abfallenden Felsen hindurch, auf
denen eiu altes genuesiacljcH Fort liegt. Balaklawa, von dem aus die
Engländer eine Eisenbahn bis in die Nähe der Bela^^erungsstellun^j
erbauten, ist in der (leschichte des Kryni-Krieges oft genannt worden.
— Die Verbündeten hatten es durch eine Reihe von Verschanzungen
geschützt. Der von den Bussen unter Liprandi am 23. September 1854
auf dieselben unternommene Angriff hätte beinahe zum Ziele geführt. —
Sewastopol hegt an einer tief eiugeschuitteneu, gegen die Nord-,
Ost- und Süd- Winde durch die umliegenden Höhen gesicherten Bucht,
welohe ungefähr 5700 m lang, 1200 m breit und 10-^18 m tief ist
und einen Yortreffliehen, leidit au Terteidigenden Hafen bildet Der
dnrcih die Forla Cknutantin (im Nordel) und Alezander (im Süden)
vertadigte Eingang in den inneren HaiiBn hat nur eine Breite von
gegen 900 m, die Breite des fln&eren Hafens mag 3 km {ibersteigen.
Im Ezym-Kriege wurde er von den Bussen durch Versenkung ihrer
Hotte gesperrt, heute sind See-Minen-3perren Torgesehen. Der Ufer-
rand der Bucht ftllt steil zum Meere herab, so dafs die felsigen Ab-
hänge gestatten, die Batterie-Anlagen bis fast unmittelbar au den
Rand des Meeres heranzuschieben. Die vielen Falten im Gelände er-
leichtem die Aufstellung und Heranführung TOn Reserve-Truppen und
Material. Aber nicht allein nach der See-, sondern auch nach der
Landseito begünstigt das Gelände die Anlafje von Befestigungen.
Im Süden der Bucht erhebt sich das Plateau des Kap Chersones.
auf welchem 1854 die Verbündeten, gestützt auf die Flolten-Iiepots
in den Buchten von Balaklawa und Kaniiesch, zur Belagerung der
Festung lagerten. Auch im Norden trutcu die Höhen nahe an die
Bucht heran. Die Höhen der Nord- und der Südseite weruen uurck
4alttbMk«r Oi ii» Dntuh» Aimm awl lUno«. Sd. »7, a 21
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806
Die Küsten und U&fen des rassischen Beiches etc.
das ziemlich breite, an der Mündunfr des Flusses in das östliche
Ende des Hafens versuinpfte Thal der Tschemaja von einander ge-
trennt, welche liier vun der Eiserihahn Lossowaja-Sewastopol, die auf
der Südseite des Hafens zur Stadt fuhrt, überschritten wird. Die
WShffa der Südseite and üirerBeifee wieder dnrdi eine AnEahl (8) meist
tief eingesdinitteiier Schlaehten gegliedert.
Der Hafen selbst (federt sich im Sflden dwcli 3 zun Teil tief
in das Land eindringende Badbten, an deren grS&ter — dem Sttd-
oder Eriegshafen — die Stadt Sewastopol auf der West- und die
Etablissements der Marine auf der Ost-Seite liegen.
Die Lage Sewastopols, .welches fttr die rassische Flotte i^eiohsam
ein Ans&lls-llior gegen Constantinopel und seine Wasserst rafson
bildet, war der Grund, weshalb schon im Altertum auf der „Halb-
insel Chersonesus'' Stätttti uralter Kultur entstanden. Das einst eins
Meile im Umfange messende alte Chersonesos — Heraklea wurde
98^^ II. Chr von Wladimir den Grofsen vorübergehend erobert, 1363
und im 15. Jahrhundert von den Litthauern bezw. Tartaren völlig zer-
stört. — Nachdem die Russen dauernd von der Kr}'Tn Besitz ergriffen
hatten, wurde das heutige Sewastopol durch Potomkin dem Tnurier
1785 gegründet, 1788 aber die russische Flotte vor ihrem Hafen ge-
schlagen. Kaiser Nicolaus liefs in den zwanziger Jahren die Einfahrt
in denselben durch die schon genannten Forts Constantin und Alexander
sichern. Nach einem Plan vom Jahre 1834 sollten die Stadt und
die Maiine-fitablissements auf den Höhen der Südseite durch eine
Bflihe in der Kehle geschlossener Erdbastionen gesidiert wwden.
Beim Begimi des Krym-Krieges waren diese projektirten Befestigungen
noch nicht vollendet und nur mit Aufbietung aller Eiftfte gelang es,
Sewastopol auf der Sudseite gegen einen Handstreidi su sichern, als
die Verbündeten im September 1854 bei Enpatoria landeten; die
Nordseite war damals völlig widentandslos. GlfickiicherweiBe f3r die
Russen, die in dem genialen Ingenieur Todleben einen sie rettenden
Leiter der Verteidigung fanden, griffen die Verbündeten auf der
Sfidseite an, deren Werke inzwischen vsarmehrt und verstärkt waren.
Bei der vortrefflichen aktiven Verteidigung gelang es erst nach Weg-
nahme dos Malakoff im Septombor 1855 die Russen zur Aufgabe der
Befest i'iuiim'n der Südseite zu zwingen, welche vorher teilweise von
den Verteidigern in dio Luft gesprengt waren. Die Angreifer hatten,
obwohl das Gelände sie begünstigte, doch in dem steinigen Boden
viele Hemmnisse gefunden, welche in emi)findhcher Weise die Fortführung
der Belagenin<^sarb(;itcn erschwerten. Auch erwiesen die Erfahrungen
dieser Belagerung, dals eine völUge Kinsirlit m die Festung erst nach
Eroberung des Malakoff-Berges gewomicu werden kann.
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Die Küsten und Hifen des ruasiachen Beidm etc.
307
Im Pariser Frieden vnrde beetimmt» dab die Festungswerke nickt
irieder hergestellt werden sollten. Die in TVGmmeni liegende Stadt
siUte statt 47 474 Einwobnem im Jabre 1853 nach Beendigung des
KiiagßB nwt noch 7000 Mensdien. —
Nachdem die Siege der I>eutschen Armee 1870/71 die Russen
von den fesselnden l^cJingnngen dieses Friedens befreit hatte und der
letzte Krieg mit der Türkei den Schutz des Hafens, dessen Marine-
EtabUssements meist nach Nicolajeff verlegt waren, gebieterisch forderte,
begann man mit dem Wiederaufbau der Befestigungen 1876. — Gleich-
zeitig wurde aber in den leitenden russischen Kreisen ein Projekt in
Erwägung gezogen, welches cinom Aiipjoifcr das Landen in den kleinen
Buchten der Halbinsel des Kaps Chersonesus und der Bai von Balak-
lawa unmöglich machen sollte. — Soweit dasselbe in die Presse ge-
drungen ist, war es in grofsen Zügen das folgende:
Die Hafen-Einfahrt sollte dui-ch Seo-Miuen und starke, hinten
offene Landbatterien verteidigt werden. Durch gleiche Anlagen sollte
dem Feinde das Landen in den kleinen Buchten der Halbinsel des
Chersonesus und der Bai von Balaklawa verboten werden. Die Lage
dieser Batterien war so geplant, dafii sie wedw von der offenen See
ber geeeben, noeb bescbossen weiden konnten. Die feindlichen Scbiffi^^
welche sieb der Enge des Fahrwassers wegen, diesen Backten nur in
geringer ZabI nSbern kimneni bekommen die Batterien ent za Geeidit,
wenn sie sieb denselben anf wirksamste Panzersdmfsweite gegenOber
befinden. Um diese Batterien gegen HandstreiGbe Ueiner, gelandeter
Abteilangen za flichem, sollten anf den über ihnen gelegenen H5ben
geeignete, geschlossene Werke angelegt werden. Aufserdem sollte die
Befestigung Sewastopols nach der Landseite durch eine Kette vor-
geschobener Forts bewirkt werden, welche im Norden an der Mündung
des Beibeck beginnend, über die Höhen von Inkjennan, dann längs
der Sapun-Berge führt und sich mit dem rechten Flügel bei Balak-
lawa T^ncder an das Meer lehnt. Auf dieser un<^ef[ir '2'/., Meilen
lanjTon Strecke sollten 8—9 mit schwersten (leschützen zu armirende
Forts erbaut werden, deren mittlerer Abstand von der Stadt 7 — 7,5 km
betragen würde. Auf diese Weise würde ähnlich vrie bei der Erwei-
terung von Paris die ganze Halbinsel Chersonesus, das KampfTeld der
Jahre 1854 ')5. in die Befesti«xungen gezogen worden sein. —
Uns will ea scheinen, dai's die Schaffung eines viele Quadrat-
Meilen umfassenden verschanzten Lagers am Südeude einer vom Haupt-
körper des Beidies getrennten Htdbinsel dodi nicht mit den ftlr
dasselbe sa Terwendenden, sehr bedeatenden Geldmitteb nnd mit der
Stilrke einer nur Verteidigung erforderiichen Armee, weldie dem Feld-
kriege entzogen wttrde, in Emklang stehen mdobte. Wenn die AUürten
21*
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308
Die Kästen und Häfen de« nusuchen Reiches etc.
im Kiym-Eriege ao ungestört laadfln und die Bebgetnmg Sewastopols
unter fllr sie so schirierigen Verlifiltnissen dnxehfäluren konnten, so
haben sie dies der Yeniachlftssigten Befestigiing Sewastopoki vor
allem aber der ganz pasfliTsn russischen Verteidignng beim Begum
des Feldzuges zu terdanken. Wftie eine Feld-Annee der Festung zu
Hülfe gekommen, die Belagerung wäre auch nach der — v^lig un-
gehinderten — Landung unmöglich gewesen. — Anscheinend ist dies
Projekt auch bei der Neubefestigung Sewastopols nicht borücksichtigt
worden. Im Allgemeinen scheint man — mit den durch die heutige
WaflFenwirkung bedingten Veränderungen — die alten Befestigungen
zur Zeit des Krym-Krieges der Wieder-Errichtung der Festung zu
Grunde zu legen. — Zunächst begann man 1878 die Seeseite, bezw.
die Hafen-Einfahrt zu befestigen. Hier hegen 9 Batterien mit zu-
sammen gegen 60 Geschützen — 4 auf der Nord-, 5 auf der Süd-Seite.
Die 8 siärksten Batterien der Süd-Seite liegen jetzt wieder genau auf
demselben Flecke wie die 3 grossen Werke der Wasaerbefestigung auf
der Südfront im Krym-Kriege. Alle ü Batterien dieser Seite beherrschen
die Einfahrt sowie das äuisere und innere Fahrwassor und erstrecken
sich fisllidi bis zur Süd-Bucht, an welcher die auch zum Teil wieder
beigestellte Stadt liegt Die 4 Batterien der Noidseite liegen neben
einander, dicht an der Kflste. — Der Kern der Befestigung der
Nordseite bildet noch hente wie zur Zeit des Eiym-Kiieges das ^Nord-
fort^, eine groiae achtseltige Bedute. Auf der Südseite sind aufrer
den genannten Batterien der Waaserbefestignng sine Anzahl von
Werken auf den H6hen von Inlgeiman angelegt. Dann scheinen der
mit so Tiel Blut getränkte Hügel des Malakoff und der ihm benachbarte
„grüne Hügel" (die von den Franzosen „mamelon vert" genannte
Befestigung), die Reduten Kamtschatka, Wolynsk und Selenginsk
und die Befestigung der Stadt hergestellt zu sein. Jedenfalls ist heute
Sewastopol gegen einen überraschenden Angriff gesichert, und Rufs-
land in der Lage, mit Hilfe seiner bis Sewastopol und Feodosia ge-
führten Eisenbahnen in kurzer Zeit stärkere Truppenmasaen in die
Krym zu werfen
Kertsch Hegt an der gleichnamigen, das Schwarze mit dem
Asow'schen Meere verl)indouden Meeresstrafse, welche im Westen durch
die von dei- europäischen Seite, im Osten durch die von der asiati-
schen Seite her sich erstreckenden lialbinseln ^(nach den auf ihnen
liegenden Städten auch wohl als Halbinsel Kertsch und Halbinsel
Taman bezeiehnet) begrenzt wird und wiedenun ihrerseits das Asow'sdie
Meer vom Sdiwaizen Meere trennen. Ibi die Uslbinsel Ton Blertsch
Nachdem diese Arbeit beendet, dringt die Nsehrielit in die OffeniHeli-
lichkeit, dals vom 1./13. Dezember ab Sewris(»i[iol ausschliesslich als Kriegshafen
dienen solL An seine Stelle soll der ausgebaute Hwidelehafen von FeodoBiA
irwlan. Wir geben die HitteUnag ohn« Qswihr.
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Die Kflaten und Hiftn dei nuMdacheo OeUbM eto.
309
schneidet die Meeresstrafse eine Bucht ein, welche die Rhe<ie dieses
Hafens bildet. Die Flalbinsel Taman, durch eine Anzahl von Rinnen-
seen gegliedert, enthält auf ihrer Südseite die Kisiltascli-Bai, wahrend
sich Kertsch gegenüber die Bai von Taman öflfuet, welche durch zwei
Nehrungen, Kossü, die nur eine verhältnirsmäTsig schmale Durchfahrt
zwischen £hien Endpunkten frd lassen, von der Strafte Ton Kertsch
getrsnnt ist — die Kossa Tschonska im Norden und die Koasa Timta
im Sttden. Die Heerenge Tor Kertsch selbst lüdet an 2 nahe hinter^
einanderliegenden Stellen enge Durohfiahrten, zwischen denen die Bncht
von Kertsofa Hegt. 0ie sBdliehste Duroh&hrt beim Kap Akbnron ist
5 km, die ndrdliidiste beim Kap Jeoikale 7 km brmi Das Fahrwasser
ist jedoch durch Sandbänke bedeutend eingeengt und an der sohmalsten
Stelle nicht Aber 4 m tief. ~
Diese geographisch so günstige Lage an der Schwelle von Asien
und Europa hatte schon im Altertom an der damals den bezeichnenden
Namen des kimmerischen Bosporus tragenden Straise eine Reihe
blühender Ansiedelungen entstehen lassen, und auch im Mittelalter
gründeten die Venetianer und Genuesen zur Zeit ihrer Seeherrschaft
in der Levante hier Handels- und Flotten-Stationen. Nach dem
Verfall ihrer Herrschaft und dem Vordringen der Tartaren wurde
Kertsch Sitz eines Chanats. — Auch die Russen, als sie in den Besitz
des Chanats gelangten, erkannten die Bedeutung der Lage. Sie
machten Kertsch mit dem Gebiete des benachbarten Jenikale 1822 zu
einem Freihafen und zuui (iradonotschalstwo. Dies war bis zum Orient-
kriege, in welchem es unendlich litt. — Die Russen sprengten die
Werke, Terbrannten die Danqpliachiffe und Magazine, die Englfader
und Franzosen plQnderten die Stadt, nicht einxnal die reichen, an-
gehftufken Kunstschätze aller Kultuiepochen, deren Sdiauplatz Kertsch
gewesen, schonend — der bedeutendste Handelsplatz der Krym. —
Heute ist es in seinem Wohlstande zurückgegangen; es zShlt nur etwa
28000 Einwohner, welche allen Hendel treibenden Nationen der Ufer-
staaten des Sdhwarzen Meeres angehören: Russen, Griechen, Italiener,
Armenier, Tartaren, Tscherkessen, Juden, Türken und Deutschen.
Die jetzige Festung Kertsch liegt 4 km südHch der Stadt
in der Nähe des Kaps St Paul. — Die Sperre der südlichen, engen
Einfahrt in die Meerenge ist dadurch bewirkt, dafs die sich von der
kaukasischen Halbinsel Taman dem Kap St. Paul entgegenstreckende
Landzun'je durch eine Steimnole soweit verlängert ist, dafs das Fahr-
wasser bis auf eine Strecke von 1000 m vollkommen geschlossen ist.
Die Festuug selbst liegt 100 — 150 m über dem Spiegel des Meeres
auf einer in steilen Hängen an die See herantretenden Erhobung. Das
durchweg felsige Geliindo besteht zum grofsen Teil aus leicht mit
dem MeÜsel zu bearbeitendem Muschelkalk. Sie besteht in ihrem
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310
Die Kfisten und Hfi£Bii des nuriachea BeicheB etc.
Haupttoü aus einem pjrofsen, nur nach Nordosten hin offenem Werk,
welches die unmittelbar an der Küste liegenden, sehr stark annirten
Batterien gegen die Landseite hin sebfitBt Dia &u(aexen IiiniBii ikem
Werkes sind unregebnäHdg und den Oelinde-VeriiftltDiMen denurt^
angepalst, daie stets ein Ptmkt im Yorgelftnde Ton 2 oder 8 Seiten
anter Feuer genommen werden kann. In der Mitte dieser Befes ti g m ig
liegt gleichsam als Bednit der gamen Anlage ein miehtigQS, kase-
matfcirtes, geschl o ssenes Werk, dessen Gesehltae die äotee^ 7 km
lange £nceinte Überragen — das Fort Totleben. Dieee ebenfalls
kasemattirte Enceinte findet nach der Seeseite an den steilen Fels-
abhängen ihren Abschlols, nach der Landseite ist sie mit einem
Glacis, einem breiten, trodcenen Graben mit gemauerter Eskacpe und
Eontre-Eskarpe versehen. Dies Glacis ist mit GeschQtz-Emplacements
und Bankots für Infanterie- Verteidigung versehen, so dafs das Gelände
nach der Laudseite von 3 etagenförmig übereinander liej^^enden Geschütz-
reihen aus unter Feuer genommen werden kann. — Endlich befindet
sich etwa 1000 m nach Westen vorsreschoben auf einer felsigen Er-
hebung des Glacis ein detachirtes, kasemattirtes Werk mit einer nach
Westen und Norden gerichteten Geschütz-Aufstellung. Von diesem
aus beherrscht man das ganze niedriger hegende Gelände bis jenseits
Kertsch luul zu. dem vorhcgendcn ( iebngsrückeu, — Die kasemattirten
Bäume des Redoits Totlebun und der Enceinte sollen Raum zur
Unterbringung von 20000 Mann haben. Die Werke sind tarn grdfitan
Teil aas dem Muschelkalk herausgearbeitet nnd besitsen eine anch
kaum dnidi Geechfitzfeuer zu brechende Festigkeit Alle Bäume smd
mit einander durch nntecirdisehe Gttnge verbunden. Eskazpe und
Kontre-Eskarpe sind mit Kalksteinen aosgefiifart und mit Granit
bekleidet Die Grabensohle irird durch Graben-CSaponieren flankirt
— Die ganze Festung soll eine Armirong Ton 800 schweren GesolifitBen
b&sitzen. Ihre Stärke liegt aber nicht allein in ihren imposanten
Werken, sondern auch in ihrer von der See her unangreifbaren
Lage und der den Arbeiten des Angreifers kaum zu überwindende
Schwierigkeiten bietenden felsigen Beschaffenheit des vorliegeudcn
Geländes.
Ks muls auffallen, dafs die Festimg Kertsch mit einem im Ver-
hältniis zu ihrem Zwecke fast übertriebenen Aufwando von fortifika-
torischen Mitteln gebaut ist. Die Erklärung liegt wolil weniger darin,
dafs Rußland die durch die drückenden Bedingungen des Pariser
Friedens fast schutzlos gewordenen südlichen Küsten und die Handols-
Üolte des Schwarzen Meeres wenigstens einigermafsen zu sichern
gezwungen war, als darin, dals der geniale Verteidiger von Sewastopol,
ToÜeben, der Versuchung nicht widerstand, die einzige, amwcJiliefslich
nadi seinen Angaben neu erbaate Fertang ohne Bflctaicht anf die
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DI« Eflfltn and BUtai im niniicheu BtUhm ^
811
sonstige strategische Bedeutung des Platses za einer Festung 1. Ranges
zu machen. — NeaadingB hat man daher aooh beg^omieiif einige
Werke aufzugeben.
Für die Zwecke des Handels dient neben der durch die Halbinseln
der Kaps Jenikale uud Akburun begrenzten Rhede von Kertsch ein
durch einen vom Kap St. Paul aus in das Meer f^efiihrton Steindamm
abgetrennter kleiner Hafen zui Autnahmc der in Kertsch heimats-
berochtigten Schiffe. An der Spitze dieses Dammes ist eine Bastion
angelegt.
Das Asow'sche Meer und seine Küsten. r>ics durch die
Strafse von Kertsch mit dem Schwarzen Meer in Verbindung stehende,
37 600 qkm grofse Binnenmeer, welches durch die Strafeo von Genit-
sdiek mit dem oben charakterisirten circa 2600 qkm umfasseudeu
und von ihm nur durch die schmale Landzunge von Arabat (Arahata-
kiga Stvelka) getrennten Siwasch oder Faulen Heere in Verbindung
steht, ist ungeachtet setner der Schi£BhhTt nicht günstigen Beschaffen-
heit von hoher Bedeutung für die Küstenschifflfohrt RulUands und für
die Verbindung desselben mit dem Kaukasus. Aulber dem für den
Verkehr des südöstlichen Rufifands so wichtigen Don ergieisen eine
greise Anzahl mehr oder minder bedeutender Flüsse von europSischer
und asiatischer Seite ihre Wassermassen in das verhältnilsmärsig nicht
zu grolae Wasserbecken. Vier Bahnlinien führen zu ihm heran, das
umsäumt ist von dem gröfst^n Kohlen-Revier des Reiches. — Daher
finden wir die eigenartige Erscheinung, dafs das Meer, dem die Römer
schon den charakteristischen Namen des Mitotischen Sumpfes gaben
(Fahls Maeotis), das die grofseii Sand- und Lehuimassen, welche ihm
aUjälu'lich von den vielen ihm zuströmenden t lüssen zugefiihrt werden,
verflachen, su dafs für tiefergehende Schiffe wesentlich nur die l iofen-
rinne von der Don-Mündung bis zur Strafse von Kertsch zur Frage
kommt, eine Handelsflotte besitzt, welche in der Zahl der Segel-
schiffe, ja auch in der Zahl der Lasten sowohl diejenige des
Schwarzuli Meeres wie auch der Ostsee übertrifft. ^) So besafs bereits
1880 nach dem von „der kaiserlichen Gesellschaft zur Förderung der
Handekschifflhhrt** herausgegebenoi Verzeichnüs, welohes nur Schiffe
Ton einer Bdadungsrähigkeit über 10 Lasten (etwa 19600 kg) auf-
fährt, Rostow a. Don nicht weniger als 688 Segelschiffe mit 20490Lasten,
Taganrog 278 Segelschiffe mit 16446 Lasten, während Odessa zu dieser
Zeit nur 178 Segelschiffe mit 10475 Lasten — neben 101 Dampf-
schiffen mit 23332 Lasten — besafe. — Dafii eine so gro&e Kfisten-
flotte mit ihrem auf einem für die Schifffahrt schwierigen Meere aus-
gebildeten Personal für die Ergänzung der russischen Marine Ton
*) Ajd DampiscbiOfeu steht das Asow'sche Meer selbütverständlich weit zurück.
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812
Dia Kflttoii und HIftn Am mifarhm BalehM «fto.
hoher Bedeatnng San nnüfl, bedarf fcaam der ErwIhmiDg. ffiena
kommt noch der Umstand, dafs die Efisten-SohifflUirt nur von
russischen Unterthanen betrieben werden darf. Der greise Fisch-
reichtum des Asow'schen Meeres und der ihm zuströmenden Flüsse,
wie K. B. des Don, der Jcga n. s. w., hat die Veranlassung zur BSldung
einer sehr zahlreichen, soegewohnten Fischer-Bevölkerung gegeben,
welche auch als ein Faktor für die Ergänzung der mssisdien Marine
angesehen werden mufs.
Die Küsten des Asow'schen Meeres, welches viele, seichte
Buchten zeigt, auch im Nordosten durch die sich meerbusenartig er-
weiternde Mündung des Don, auch Golf von Taganrog oder Donischer
bezw. Asow'scher Busen genannt, tief in das Festland hineinschneidet
und durch die Landzungen, an deren Spitzen das Kap Bielosaraiskaja
im Nürdeii und Dolgaja im »Süden, fiast von demselben geschieden
wird, tragen einen sehr verschiedenartigen Charakter in ihren einzelnen
Teilen. Die Ost- (kankasisohe) KllBte ist meist niedrig und daioh
eine grofse Zahl flacheri oft Tersnmpfter Straadeeen ausgezeichnet
Namentlich besteht das MUndnngs-Delta des Kuban, welciher sidi mit
seinem Haupt-Arm in das Schwaxze Heer, mit seinen Neben-Annen
in das Äsow'sdie Meer ergiefst^ ans weiten, sumpfigen, sehilfbewaehsenen
nttcben. Die HordkOste wird Ton dem im Durchschnitt 60 m hohen,
steil abfallenden Rande des südrussischen Plateaus, die Südkfiste durah
die Ausläufer des Küstengebirges der Kr\'m und des Kaukasus ga-
biidet. — Im Westen erweitert sieh das Asow'sche Heer zu einem
grofsen Seitenbecken, dem Faulen Meere oder Siwasch, von dem es
nur durcli die Nehrung des Arabatskaja Streiks geschiedra ist, über
welche die Lnndstrafse Melitopol-Kertsch führt, welche auf der
anderen Seite der Meeresstrabe bei Taman sich auf Stawropol
fortsetzt. —
Der Siwasch ist, wie auch sein nissischer Name - Gniloje
More, d. h. i'uules Meer andeutet, ein stehendes, von Untiefen und
Sandbiinkon durrhsetztes und für die Schifffahrt unbrauchbares Ge-
wässer, das III einzelnen Teilen, namentlich im südöstlichen, einem
Sumpfe gleicht. Dabei ist er sehr salzhaltig, so dals seine Ufer
überall mit Salzkrystallen bedeckt sind. Für die Schifffahrt sind nur
einige Teile, namentlich im nördlichen Becken, geeignet, und auch
diese nur für flach gehende Fahrzeuge. —
Die Tiefe des Asow'schen Meeres wird duidi die oben geschÜdertsn
Umstünde TeRingert In der Bütte soll man an einigen Stdlen Tiefen
bis 10 m gefunden haben; bei Jenikale soll das Meer nur 4,90 m, boi
Taganrog sogar nur 3 m tief sein. — Im aDgemeinen kann man an-
nehmen, daft ein Schiff Ton 6 m Tieij|ang die Strafte ▼on KatImL
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Die Efliten and Hifen dee nindaclien Reiches etc. 313
bis Jenikale dwoliftlireii kaon, m das Asow'iclie Meer aber nur
Sdiififo mit einem Tie%aiig ?oii weniger als 4,80 m eintreten können.
Der geringe Salsgehalt des Wanera, eine Folge der vielen, mm Teil
griSikeren dem Heere mntrQmenden Gewiaser, bat ein frflbzeitigea
Gefrieren zur Folge, ao dab das Meer vom Deaember bis Mitte April
ittr die Bduffiahrt gesperrt ist. Doch nimmt im Frühjalir, wenn die
grofsen Schneemassen der Steppe thanen und wfthrend einer fer^
hältnirsmäfsig kurzen Frist dem Meere mgefttlirt werden, sein Wasser-
stand plötzlich sehr bedeutend zu, so dab an dieser Zeit anoh
Schiffe pröfseren Tioffranges in das Meer gelangen können. Diesen
Umstand benutzten bekanntlich im Mai 1855 die verbündeten Flotten,
um — nachdem die Russen Kertsch «geräumt hatten — die Einfahrt
TO erzwingen und durch die Bombardements der wehrlosen Küsten-
städte Schrecken zu verbreiten. — Durch diese Erfahrung sollen die
Russen zu dem Fjitschlusse veranlafst worden sein, die Befestigungen
von Kertsch zu erweitem, um das Asow'sche Meer gegen jeden Angriff
von der See her zu schliefseu, —
Das Asow'sche Meer ist arm an guten Häfen. — Die
wichtigsten derselben liegen im Don-Bnsen. Es sind dies Taganrog,
Marinpol, Berdjansk nnd Jeisk, wosa nooh daa als IlniUiafen, flhnlicb
wie Hambnig an der Elbe, einige Meilen vor der Mfindnng dea Don
in ednen Bosen an dem Ider micbtigen Strome liegende Boetow (am
Don) an reebnen ist Dieeer Strom ist hier an 800 m breit nnd bia
12 m tief, ünterbalb Boetow teilt aicb derselbe nnd bildet ein ftber
8 Meilen breitee Delta. Die M^dnngen der vielen Arme, In welobe
sich der Strom teilt, sind teilweise versandet oder an ihren Mündungen
dorcb Barren gesperrt. Jedes FVfilgahr wird das Delta weithin über-
schwemmt Durch diese Veraunpfungen ist z. B. das nahe der
Mündung Upende Asow aar Bedeatnngaloeigkeit herabgesunken,
während Rostow emporblüht. Asow spielte einst in den Kämpfen
am die Herrschaft am und auf dem nach ihm benannten Meere eine
grofse Rolle.
Es bildete im frühen Mittelalter einen wichti^^en Stapelplatz für
den Handel von Europa nach Asien, wurde 1395 von den Horden
Timur's geplündert, 1471 von den Türken, 1572 und 1637 von den
Donischen Kasaken erobert. Nach vergeblicher Belagerung im Jahre
1641 eroberten es die Türken im folpondon Jahre wieder. Peter der
Grofse belagerte unter grofsen V erlusten 1695 3 Monate lang die
Festung und eroberte sie erst nach 44tägiger Belagerung 1696 mit
ühte ratttteun g öeterreiobisdier nnd knrbnmdenbnrgischer Ingenienra
nnd Artilleristen. Doch nraftte BnAland Asow 1711 im EVieden am
Pmtb aorüoligeben. — 1736 wurde ea von neaem von den Bnsaen
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Die Kflston und Hiftn des nuBiMlien BeMiM ete.
erobert und 1774 im FHeden von Eviachuk Kainardaclii erhielten sie
es für inuner sammt der freien Sclüfifahrt auf dem Asow'sclien und
Schwarzen Meere. Da man die Versandung des Ilafcus nicht hinderte,
▼erlor Asow jede Bede utung. — Die Geschichte desselben lehrt aber,
wie abhängig die struteErische Bedeutung eines Ortes von den geogra-
|Ju8chen Verhältnissen ist, freilich auch von den allgemein-politisclien.
An die Stelle Asow's traten Rostow und Taganrog. — Ersteres
hat sich namentlich in neuerer Zeit mächtig ent^^äckelt, da es nicht
allein einen grofsen Teil des Ausfuhrhandels des Gebietes des Don,
sondern auch durch die es berührenden Bahnlinien den Handel von
Europa, bezw. Rufeland, zum Kaukasus, Zentral-Asien und Persien
auf dem Landwege vermittelt. Der Bedeutunf]^ des ScliilTsvcrkebrs
beider Häfen, deren oben gedacht wurde, entspricht auch die un-
endlich schnelle Vermehrung der Einwohner-Zahl. (Rostow 1861
29000, 1888 61000, Taganrog 1863 24000, 1885 $6000 Einwohner.)
Bei Jenikale, Arabat und Genitschek beinden ooh Be-
festigungen alter Eonatruktion, welohe kaum einem Angriff der heutigen
ArtiUetie widerstehen könnten. —
DieEuBten und Häfen des kaukasischen Militär-Bezirke.
Dieser Müitttrberark — wohl auch „der EAukaaus** genannt —
bildet auf eine Strecke von ca. 700 km von der Straise von Kertsoh
bis südwestlich von Batom an der türkischen Grenze die Begrenzung
des Schwarzen Meeres. Diese ganze Eüstenstreoke ist im Ver>
hältnifs zu eben betrachteter Nordküste arm an guten
Häfen und wonig gegliedert. Die Seeküste der Halbinsel Taman,
deren felsiges Ufer sich als Riff über 3 km in das Meer hinein fort-
setzt, ist hoch. — Dann aber wird die Küste an der Mimdunu; das
in einem über 80 km breiten Delta sich teils in das ofiene Schwarze
Meer, teils in das Asow "sehe Meer ergiefsenden Kuban niodiig,
sumpfig und mit dichtem Scliilfe bewachsen. Nach dem Schnicl/en
des Schnees verwandelt sich das ganze Mündungs-Gebiet zuweilen in
einen weiten See, aus welchem man nur die Wachthäuser der Grenz-
wache hervorragen sieht. Der llaaplanu des Kubiiu mündet in einen
haffartigen See, Kisil-Tasch, der durch eine Nehrung (Strjelka) von
der offenen See bis auf die schmale Wasserstralse bei dem Dorfo
Buga getrennt ist Südlich des Kuban-Deltas, etwa von dem Ettstea-
orte Anapa ab, treten die AbfiOle des Eaukasus an die Ettste. Bis
nach Anapa Idn ist dieselbe niedrig und sandig. Die Bucht fon
Anapa hat eine in der guten Jahreszeit benutzbare Aulbenihede.
Doch können nur SchifflB mit ganz geringem Tie%ange bis dicht an
die Eüste gelangen. Anapa war froher als Vennittelungspunkt des
Verkehrs der Türken mit den Tscherkeseen-Stämmen Ton besonderer
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Die Kttaton und HSftn dea ruaaiMilien Reiches eto.
315
Bedeutung. Es wurde von den Ersteren 1784 als Festung erbaut,
1791 von den Russen erobert, dann an die Türken zurückgcfrcbcn und
von diesen bedeutend verstärkt, hu Beginn des Feldzuges 1828 naiim
der damalige Oberst Perowski es nach vierwöchentlicher EÜnschlielsung
ein, und durch den Frieden von Adrianopel kam €8 dauernd in dis
ESsoäid dnr BicaaoL Die TUrken vezloreo mit ihm den Hauptplatz ftr
den SklaTenhandel mit den Tacherkeaaen. —
Von Anapa ab wird nnn die Efiete immer höher and
steiler. — An&nga treten die Hffhen des Kankamie nnr einige bnnderfc
Meter hoch an dieselbe hemn. Bald aber werden die die KSste nm-
aänmenden Febwttnde immer höher nnd atdler, der KüBtenaanm immer
geringer. Ja, ee tritt das Gebirge an einzebien Stellen so nahe an
dieselbe heran, dals die längs derselben geführte Strafse teilweise
über die Felsen hinweggeht nnd eich eine Zahl von Punkten findet,
wie beim Pafs von Gargana und doin Fort von Gdendschik u. s. w.,
an denen dieselbe durch an ihr liegende Befestigungen fast hermetisch
gesperrt ist. Früher war die Küstenstrafse durcli eine Reihe von
Forts und Blockhäusern gesichert, welche zugleich die Bergvölker von
dem Verkehr mit der See abs})erren sollten. Da die Strafse aber-
teilweise unter dem Fmier einer das Meer beherrschenden Flotte liegt,
die kleinen Festunf^en aucli durch die schwierigen Verkehrsverhältnisse
dea Gebirf^cs nui" in einer sehr lockeren Verbindung mit dem Schwer-
punkt der russischen Macht im Kaukasus standen, so wurden die-
selben früher teilweise freiwillig bei Beginn eines Krieges von den Russen
aufgegeben. So räumten z. B. bei Beginn des Krym'Erieges die
Rnasen alle festen FULtse mit Ansnahme von Anapa, Now<HRo88Üsk
nnd Suciram-Kale, soweit sie innerhalb des „Bezirks des Schwansen
Meeres" (Tsohemomorsky Okrug) nnd deSj^Militftr'DistriktsfnnSnchnm-
Kale** la^n. — Ungestört konnten Türken nnd Verbündete an einzelnen
Punkten der Knste landen, nm die Bergstamme m nntnstfitsen,
deren Kampf mit den Bussen eigentliGh nie nnterbroohen war. —
Das Hinterland macht heute einen Öden Eindruck, obwold die Ab-
hänge des Gebirges vom Fufs bis zum Gipfel mit den herrlichsten
Laubwäldern bedeckt sind. — Noch zur Zeit des Krym-Krieges
schildern Berichte diesen Teil des Gebirges als „belebt von zahlreiohen
Heerden auf üppigen Weiden, Getreidefeldern und Ortschaften in
Obst-Gärten." — Heutige Berichte*) dagegen sagen von der Küste
zwischen „Nowo Rossijk und Siichum-Kale, dafs dieselbe „todtenstiU"
sei. „Buschige Wälder ziehen sich die Berge hinab bis an die See,
kein Dorf, keine einzige üütte Ut zu sehen, nur ab und zu die
*) FroiheiT von Thielmann. Strei&ttg« im Kankasas, in Penien und in der
•siatisdien TOrksL Leipz^ 1876.
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316
Die Küflten und Häfen den ruBoischen Beiohes etc.
Trfinuner eines zeretdrten Forti. Die Stille war fwt nnlMimUcb,
wenn wir bedachten, dalb diese Berge einst die Heimat saUreicher
Tuheikessen-Stänune wareni welche nach ihrer endUöhen Untegoehiing
im Jahre 1864 £ut bis auf den letsten Mann answanderten. Es steht
fest, dais niciht weniger als 400 000 Seelen von hier nach dar Türini
gingen, um dort meist in Elend nnd Hunger nntenogehen.*^ —
Von den an diesem Teile der Küste liegenden Häfen
verdienen Erwähnung: Nowo-Ro8sysk,6elendschikiindSachum-Eale.
Nowo-Rossijsk liegt am innersten, nordwestlichen Ende einer
TOnügUch geschützten Bucht, welche eine nordwestliche Verzweigung
der gröfseren Zemes-Bucht ist. Die Wassertiefe des Hafens beträgt
10 — 30 m. Bollwerke zum Be- und Entladen der Schiffe sind in
genügender Art und Zahl herfT;cstellt, Kohlen-Depots, Lazarethe und
andere Einrichtungen für die Flotte sind vorhanden. Eine besondere
Wichtif^keit hat Nowo-Rossijsk gewonnen durch seine Eisenbahn- Ver-
bindung mit der Ciskaukasischen Bahn. Dieselbe ist in 6 Strängen
bis zu 6 grofsen in den Hafen hinein gebauten Landbrücken für die
Schiffe herangeführt, längs welchen Magazine liegen. Nowo-Rossijsk
vermittelt daher den vun den Häfen des Schwarzen Meeres nach
Central- Asien und Persien bezw. dem Kaukasus gehenden Verkehr;
es ist mit seinem geschtttaten Hsftn ein vortrafflidier Sttttspuikt för
die mssiBohe Hotte in jenem Teile dieses Meeres. — Die dnieh hier
liegende Binke auf eine geringe Breite beschrankte Fahrstralse wird
dnrch das an der Ostkttste der Bncht liegende Fort EaibardinskQ
hehensoht. Die Stadt seihst ist mit einer Maaerbefeetigong nmgeben,
wdehe dnrch 9 bastionsartig Torspringende Weike bestriohen wird.
Oelendsohik liegt an einer nnr im Südwesten g^gen das User
geÖfineten, sehr geschützten, 10 — 15 m tiefen Bnditw
Suchum-Kale besitzt einen sehr sicheren und tiefen Hafen,
welcher als der beste dieser gnn7;en Küste gilt. Derselbe wird durch
ein bastionirtcs Viereck im Südwesten und eine in neuerer Zeit
errichtete Batterie im Osten derselben verteidigt. Der Ort und seine
Werke wurde im Jahre 1877 von den Türken zerstört. Suchnm-Kale
und die Küste von dort bis zur damaligen russisch-türkischen Grenze
war während des letzten Feldzuf^es der Schauplatz von Landungs-
Versnchen der Türken zum Zweck der Insurgirung des Kaukasus und
zur Bedrohung der Verbindungen der Rassen, namentlich des gegen
Batum üperirenden Rion-Korj)s.
Von Suchum-Kale al> tiitt da« Gebirge allmälig von
der Küste zurück. Diese ist von einem flachen, mit für das Auge
endlosen Wildem und weiten Strecken oft mehr als manneshohen
Schilies bedeckten Hinterlande nmgeben. Es ist das teilweise sumpfige,
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Die Küsten und Uäfoi des ruBsiBchen Beiches etc.
317
teilweise aber selten fruchtbare Küstengebiet Mingreliens. — Wenn
bis StushuB-Eale bin eine Reibe wilder Qebiigab&ohe von zwar nur
konem Laufe, aber starkem GefiUle und grolsen Wassermassen die
sdbon 80 scblecbte KttstenstraCae dmcbsofaneiden und den Verkehr
eraehweven, so strömen in der Ebene UingreUens eine Anzabl bedeu-
tender Flusse dem Meere zu, deren Wassermassen häufig zur Zeit
des Hochwassers weithin die üfergegenden ttberschwemmen. Zu diesen
gehört u. a. der Eodor, der Ingur und der Bion. Die Teibindungen
im Innern Mingreliens sind daher äuüserst ungünstig, wenn auch die
Küstenstrafse in etwas weiterem Abstände vom Meere wie bisher sieh
über Anaklija, Redut-Kale nach Poti und dann weiter auf Batnm
fortsetzt. — Das Klima macht auch das Biwakiren in den Sumpf-
Strecken Mingreliens schwierig, — In neuester Zeit wurden diese
Verhältnisse in sehr fiihlbaror Weise durch die Operationen des in
Abchasien und Mingrelien vordringenden türkischen Korps zur Er-
scheinung gebracht. Eine türkische Flotte unter Hassan Pascha
erschien von Batum aus am 24. April 1877 vor dem an der Mündung
des Tscholok, dem damaligen Grenzflusse, gelegenen Fort Swataja
Nicülaja und bombardirte dasselbe, ohne ihm indessen nennenswerten
Schaden zuzufügen. Hierauf erscliien dies Geschwader vor Poti,
welches vom 5. Mai ab von den Panzerschiffen beschossen wurde.
Schon einige Tage firfiher hatten sich mehrere tttrldsehe Schüfe
an der Mfindung der Sotseba, nordwestlich des Kap Adler (auf der
Stieler'schefn Karte „Ducha"^), gezeigt, ohne etwas Enstliches zu
unternehmen. — Am 12. und 18. Mai bombardirten sie die Küsten-
orte zwischen Ingur und Kodor und landeten 1000 Tkcherkessen bei
Suchum, welcher Ort am 14. durch Bombardement der Flotte ein-
geisohert wurde. — Der dort kommandirende russische OflSsier w>
hinderte zwar zunächst die Landung, mniate aber, als im Innern der
Aufstand zunahm, sich südöstUch Suchum zurückziehen. Am 23. Mai
wurden von den Türken weitere 3000 Tscherkessen gelandet und so
Ende Mai die ganze Küste Abchasiens bis nach Mingrelien hinein
zum Aufruhr gebracht. Die ganze Lage der Dinge schien Erfolge
für die Türken zu versprechen, da auch im Daghestan, im Terek-
Gebiet und bei den Tschetschenzen Unruhen ausbrachen. — Dennoch
sehen wir hier durch die Ungunst der geographischen Ver-
hältnisse die Operati(jiieii der Türken bald zum Stehen kommen.
Bis Ende Juni war keine Abteilung der gelandeten türkischen
Truppen über 10 km von der Küste hinausgekommen. Der Wider-
stand der Russen trug selbstverständlicii keine Scimld hieran, eben-
sowenig auch der Maugel an Trains etc. der Türken, sondern es war
in erster Linie die Natur des Landes, welche das Fortschreiten
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318
Die Küsten und H&feD des nuaiachei) Reiches eic
hemmte. — Das aelileclite Wetter batte die Blfisse aaiaekweUen lassen
vnä die olmefain ihren Namen nicht verdienenden Wege für Artillerie,
aber auch für die andern Waffen, nnbrancfahar gemacht. — Aber
anch die eigentGmlichen etnographischen Veihiltnisse des Eankasiis
hatten ihr Teil daran. Eine Einigung unter den aufständischen
Stttmmen an einer gemeinschafUiohen Operation gegen die Russen
kam ebensowenig zu Stande wie unter ähnlichen Yerhältmasen im
Krymkriege, als im Spätherbst 1855 Omer Pascha eine Armee von
30000 Mann bei Snchum Kaie konzentrirte, ohne mehr als 50 km in
das fast wehrlos vor ihm liep;ende Land eindringen zu können. Das
bunte Völker<?emisch des Kaukasus hat sich nie im eigenen
Interesso einer bestimmten Autorität aus eigenem Blute
unterordnen lassen. Hierin liegt die kriegerische Schwäche dieser
sonst so wehrhaften und tapferen Stämme. Eine Art staatliehen
Bandes hat sich zwischen ihnen nie bilden lassen, ähnlich wie bei
den Gep^nern der Russen jenseits des kaspischen Meeres, den Tekinzen.
Es ist bekannt, wie es selbst dem sein Volk so energisch fülireudeu
Scham}! ungeachtet seiner teilweise glücklichen Kämpfe mit den
Russen nie gelajig, ein volles Yerständnils fibr seine Lehren und seine
Ziele zn erreichen. —
Die AnsBchiffhug an der Küste IfingreHens ist sehr sehwieiig.
Der Haupthafen Poti, an der Mündung des Rion, vor welcher
eine Barre die Emfahrt m den nur auf etwa 65 km sehiffbaren Flnb
sehr erschirort, ist in einem Snmpfe erbaut, so dals noch vor wenigen
Jahren bei Regenwetter und hohem Wasserstande die Verfaindnng
innerhalb der Stadt in einigen Strafsen zn Boot geschah. Das Klima
ist auoh für Nicht-Kinheimisohe in hohem Grade gefährlich, und es
wäre wohl kaum sn Terstehen, weshalb Rufsland gerade Poti und
nicht den doch immerhin etwas günstigeren Hafen von Suchum-Kale
zum Haupt-Eingangspunkt zur See und zum Anfangspunkt der das
Schwarze mit dem Kaspischon Moerc verbindenden Eisenbahn gemacht
hätte, wenn nicht eben der Rion eine Strafse durch die Unvälder
Mingreliens gebrochen und damals Suchuui noch von der nnrubi'jen
tscherkessisehen Ik'volkerung umgeben gewesen war, wahrend die
Gurier und Almgrelier in dieser Beziehung schon zu jener Zeit volle
Sicherheit boten.
Jedenfalls war es ein grofser Fehler der russischen Diplomatie,
dafs sie im Frieden von Adrianopel nicht schon den Hafen von Bat um
erwarb. Daher haben auch wohl bdee Zungen behauptet, Poti ver-
danke, wenn nicht sein Dasein, so doch seine Entwickelung einem
Schreibfthler der Diplomaten, beaw. einer Überlistung der Bussen
durch die Türken vermittelst einer „geographisohen** Täuschung.
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Die Kasten und HIfen des nueiMiien Reiche» etc 319
— Man hätte nänilirh in dem bctreftenden Aktciistiuk den Tscholok
statt des bei Batum imaidendenTschoroch alsdrenztluris ungeuonunen. —
Poti ist seit der l-'-rwerbung Batnras daher sehr zurückpof^angeii.
Es soll heute wenig mehr als 4000 Einwohner — ausschiioislicli der
Beamten etc. — zählen.
Der erst 1883 beendete Hafen auf der rechten Seite der nörd-
lichen Mllndung des Rion ist durch 2 Holeii gebildet, welche, du vier-
eckigeB Becken bildend, nur auf der Westseite eine schmale Einfahrt
frei lassen. Die Eisenbahn Baku-Poti ftthrt mit einem Strange in
die Nordmole hinein, so dafe der Verkehr ^on Schiff zu Waggon ge-
sichert ist. Der Hafen soll so irenig ausgebaggert sein, dab nur in
der Nähe seiner Einfahrt einige Ihmpt&r anlegen können, der gröiaere
TeQ aber so flach ist, dafs grölsere Schiffe noch weit entfernt auf
der nicht ungefährlichen Rhede ankern und dort mittat kleinerer
Leicbterfabrzeuge ihre Ladung löschen müssen. — die See hin
wird der Hafen durch das Fort Malaja Poti verteidigt.
Was nun das Hinterland von Poti anbetrifft, so tritt schon dem
die Bahn nach Tiflis befahrenden Reisenden ein Bild der Hindernisse
entgegen, welche eine von der Mündung des Rion gegen die Haupt-
stadt des Kaukasus vordringende Armee zu überwinden hat. — Diese
Bahn ist selbstverstäjidlich von ebenso grofser Wichtigkeit ftir den
Handel als für den Krieg, wenn man auch an die Leistungsfähigkeit
für die Zwecke des letzteren nicht /u grofse Ansprüche stellen kann.
• — Dadurch, dafs sie von Samtredi westlich Kutais aus durch eine
Zweigbahn mit Batum verbunden ist, kann Rufsland die im Erieden
mit ihrem Hauptteil in und um Tiflis stehenden kaukasischen Truppen
ohne Sdiwierigkeit bei einer Mohilmaohung nach Batom weifen,
jedenfalls Trains und Artillerie von dem immeriiin nioht günstigen
Marsch durch die Gebirgsstralken Tnmskaukasiens zur turklBchen
Grenze befreien. Sollte das Ptcgekt, die dskaukasischen mit den
transkaukasischen Bahnen durch eine von Nowo-Bossgsk über Sucihum-
Kale auf Nowo-Senaki geführte Bahn zu verbinden, TerwirUieht
werden, würde die Bedeutung der Linie Poti-Baku mit ihrer Zweig-
bahn auf Batum noch mehr stcdgen. — Freilich darf man die Schwierig-
keiten nicht unterschätzen, welche bei Erbauung dieser Küstenbahn
zu überwinden sein würden. Dieselben würden wohl noch diejenigen
übersteigen, welche sich der Herstellung der zuletzt genannten Schienen-
stränge entgegenstellten. Nach den gemachten Erfahrungen würde
die russische Regierung vielleicht ebenso kühn, aber gewifs nicht so
oberriachlich bauen. Denn durch den letzteren Umstand ist oft die
Leistungsfähigkeit der Bahn Poti-Baku in Frage gestellt — ein für
den Kriegsfall sehr wichtiger Umstand. —
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*
320 Küsten und Häfen des russischea Reiches etc.
Die Operationen längs dieser Bahn von Poti anf Tiflis sind durch
die Beschaffenheit dieses Teiles des alten Mingreliens unendlicli er-
schwerti teilweiBe unmöglich gemacht. Qegen 40 km fiUut die Bahn
durch die Urwälder Mingreliens. Der Boden ist so fencht und
lAUiimnigj dab die AufiMhUttong des Bahndammes nioht allein fiele
Muhe, eondem aneh viele Menaohenlebeii gdcottet hat; denn von den
bei dem Ban beediSftigten Soldaten eoUen nur wenige vom Snmpf-
fieber versohont gebUeben sein. — Die alten Bäume des Waldes nnd
so dicht unter einander mit Epheu, Weinranken und Schlinggewächsen
berankt und verbunden, das üppig wuchemde Unterhols so unduzob-
dringlich, dals die Wegsamkeit geradezu aufgehoben erscheint. —
Und anoh da, yfo die Bahn in ofiEsnes Land tritt, macht sich der
Mangel an braochbaien Wegen mit Anmahme der groiaen Straise auf
Kutai3 fühlbar. —
Südlich des Rion wird die Ebene von einigen Gebirgsflüsseii
durchschnitten. Unweit der Mündung des bis 1878 die Grenze mit
der Türkei bildenden Tscholok liegt Fort SwatajaNikolaja, welches
1877 der Stützpunkt für das gegen Batum vordringende russische
Rion-Korps war.
Nach Überschreitung des Tscholok betritt man die Küste von
Lasistan, an welcher der Hafen von Batum liegt, welcher heute die
wichtigste Station der russischen Flotte an der kaukasischen Seite
dea SdimBaan Uaeies gewoiden ist, gleichzeitig der Ausgangspmikt
des Handels Transkankaaiens, mit welchem es dnrdh die Eisenbahn
Samtredi-Batum verbimden wurde. — Die Kfisto von Laaiatan war
im IVOlgaliie dea Jahrea 1877 8c3ian|ilati dar Operationen dea
masiaöban BionpEoips. Die Sehicksale deasellMii geben ein lebena-
Tolles Bild des Kinflnsee« des geographisdien Momentes auf die Krieg-
führung. — Sie sollen daher kurze Erwähnung finden.
Das Korps hatte am 24. April die Grenze übersduitten. Bald
machten sich aber die Hindemisse fühlbar, welche die »an und für
sich nicht bedeutenden, aber durch die gesdmiolaenen Schneemaasea
des nahen Gebirges angeschwollenen und in geringer Entfernung von
einander sich in das Meer stürzenden Gebirgsbäche dem V^ormarsche
— namentlich der Artillerie und des Trains entgegensetzten. Schon
nach dem Gefechte an den Höhen von Chazubani am 11. Mai sah
sich der Kommandirende des Rion-Korps, General Oklobsio, zu um-
fassenden Wegebesserungeu hezw. Neubau von Wegen gezwungen, um
dem fühlbaren VerpÜegungsmangel in Folge des fehlenden Nachschuhes
abzuhelfen. Hierzu kam die Einwirkung der das Meer beherrschendou
türkischen Flotte aul ilie nahe demselben durch die schmale Küsten-
ebene fuhrenden Verbindungen. Ja bei dem Angriffe Oklobsio's auf
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Die Kflsfeen mid HiftD dm nuuKlNii BeidiM «toi.
321
die befestigte tüzldBehe SteUung unweit TriohedBir tan. 23. Jnxd griff
das taikiBche Geschwader sogar in das Gefedit ein. TOngAVIammt
zwischen ein rauhes, schwer gangbares Gelnige im Osten, dem von
des Feindes Flotte beherrschton Meere im Westen, vor sich den
energisch geführten Gegner, nm seine Verbindungen in Folge der
Unternehmungen der Türken gegen dieselben vom Meere her besofgt,
entschlofs sich der russische General zum Rückzüge hinter den Adkowa,
der wie früher ein Hindemils für die Vorwärtsbewegung der Hussen,
nun eino Stütze für deren Verteidii^uiig wurde. —
Batum, dessen hoher Bedeutung schon oben gedacht wurde,
liegt an einer weiten Bucht, von welcher durch eine über 600 m
lange Ost-Mole — welche an ihrer Spitze einen Panzerturm trägt —
und eine kürzere West-Mole ein zwar nicht grofses, aber bis 9 m
tiefes Becken abgetrennt ist. Dasselbe bildet den eigentlichen, inneren
Hafen. Am Eingang in denselben, von Norden her, finden sich
Wassertiefen bis 26 m.
Die Befestigungea sind nodi nicht gans beendet Es sind folgende:
1. Die Batterie Buron-Tabia am Kap Bnnm in Nordwesten, dn
groises, kasematkirtes Werk. 2. Die Batterie Barfcana-Tabia, dem
ersteren gegenüber und von ihnliohen Verbaltnissen wie dasselbe.
3. Eine Beilie kleinerer Batterien, welche teOs die anf Batom fBbrende
Balm gegen Angriffs vom Meere her siehem, teils die dasselbe be-
henscbenden HQhen krdnen. —
Die Bedeutung Batums als Flottenstation wird wesentlich bedingt
durch die in seiner Nähe befindlichen, mit ihm durch eine Zweigbahn
verbundenen, sehr bedeutenden Kohlenlager. Für die Ausfuhr des
vom kaspischen Meer hierher geschafft«! Petroleums dient ein besonderes
Bassin mit grofsartigen Reservoirs.
Wenn wir liicrmit die Schilderung der dem Schwarzen Meere
angehörenden Küsten des russischen Reiches schhefsen, so möchten
wir dies mit kurzem Ausblicke in die Zukunft dieses wiclitigen Verkehrs-
weges — für den Handel wie für den Krieg — thuni
Rufsland sucht sich sein grofses, zukunftsreiches Kolonialland in
Asien durch alle Mittel des Verkclus zu verbinden. — Die fieberhafte
Thätigkeit beim Bau der sibirischen Bahn, die neuesten finanziellen
Abmachungen mit China zeugen davon. — Aber die m ttbenrindenden
Räume, die finanziellen Opfer, die knlturellen VerbiUtiiisse Sibiriens
und des Amor-Gebietes werden dem Fortschreiten des Rieseqweikes
natnrgemftfee Hemmnisse bereiten. —
Mitderwefle werden anch die Dinge im Gentrum Asiens gebieterisch
poHtisch-militSrische LOsungen &rdem. Ob am „Dache der Welt**,
wo seit langem britische and russische Vorposten mit schnlsbereitem
IdhrbMkw fir di* DratMhf Aim* vaA Mutofc Ba.«l,S. 83
322
Die Käaten und Hafen des ruMittciieü Keichfis etc.
Gewehre sich gegenüberstehen, ob m Penien, Ost-Toikestan, diM
wd heute Niemand entacheidoii kOmun. Aber di6 6b nur eines
Fankens bediurf^ am den angesammeltea Zündstoff zur Explosion zu
bringen, wird Nienuukd bestreiten woUen! ffier mm hat BnlSdiiid
rieh durch die tcanskaapisohe Bahn, welche heute bis Ssamarkand
he&hrea, in Inuser Zeit Kokand erreieht haben wird und deren Tm^ö
schon bis Andishan im QnaUgebiet des Byt Daija abgesteckt aein
soD, eine Basis für seine Operationen geschaffen, deren Bedeutung
noch Tiel zu wenig anerkannt zu sein scheint - Für diese Operations-
hnie sind aber die „europäischen'* £üsten des Schwarzen Meeres, so-
weit sie unter dem Scepter des Czaren stellen, Batum, Baku, Usan-ada
(letztere beide am Gaspischen Meere), Tschardshui am Ämu Darga,
Ssamarkand die wichtigsten Etappen. — Die auf dem Amu schwimmende
kleine Dampfschiffs-Flotille, deren Bedeutung für den Verkehr auf
dieser Lebensader Central- Asiens, aber auch für den Krieg, an dieser
Stelle kt^iner Erörterung bedarf, ist über Batum dorthin gelangt*). —
Noch vor wenigen Monaten wurde sie durch den in Newcastle in
England gebauten „Zosare witsch" veratärkt. Die Ergänzung der im
transkaspischen Militiii bezirke .stehenden Truppen geschieht ohne jede
Schwierigkeit in verhältnifsmärsig kurzer Zeit.
Zwar trägt aueh der bei Fetrowsk nfirdlich des Kankasas am
Gaspischen Heere ansmfindende Sduenenweg die Ventilrkung an
Uenaohen und Material heran; aber dieser Hafen ist nicht günstig,
der Weg von dort nach Ussorada doppelt so weit und sehwieriger als
degenige ^n Baku. Vor allem aber muls bis auf weiteres, ehe llord-
nnd Stid-Eaukasien mßh% mit einander durch einen Schienenweg ver-
bunden aind, Bnfeland bei einem Kriege mit der Tfirkei oder mit
Persien wesentlich auf die Verbindung der an den Grenzen dieser
LSader stehenden Armee mit dem Matterlande zur See bedacht sein.
Die Aulgabe eines jeden zur See mächtigen Gegner Rufslaada
wird es also sein, sich zunächst die Herrschaft über das Schwarze
Meer zu sichern. — Sollte es gelungen sein, in vorstehenden Aus-
führungen einen kleinen Beitrag zur Kenntnifs der mihtär-geographi-
schen Verhältnisse desselben geliefert zu haben, wäre das Ziel dieser
Arbeit nicht vergebens erstrebt. —
>) Die kleineiii dgens fitr die SchifiTahrt auf dem Ama Darja in £nglaad
erbautPTi Dam}>fer wordea, in einaelne T«ie aerlegt» Ton fiqgkuid nach CentnJ-
Asitp flberf&hrt
I
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XXIL
Die dieigfibrigen englischen FlottomnaiiSYermid^^
vom modernen Hottendienst.
T<Hi T. Klein, Korvetten-Kapitän a. D.
Nadi einer längeren Reihe von Jahren, in welchen der Flotte
Angaben strategiBcher Art gestellt wurden, hatte die englische
AdnünUtSt die ManSTer dieseB Jahres an rein taktischen Übongen
l^estimmt. Es ist hierbei wohl der Wnnsch mafsgebend gewesen, der
Stellung nnd dem Dienst der Kreuzer in der Flotte nfiher zu treten,
oder besser gesagt, sie in mehr systematischer Weise dem Flotten-
verbände anzngliedem, wie dies bei den strategischen ManSram dei
letzten Jahre stattfinden konnte.
Am 24. Juli wurden eine Keihe von Kreuzern, Torpedofahrzeugen
und -Booten neu in Dienst gestellt und mit diesen die „Kanal-Flotte"
und die „fieserve-FIotte" auf die Manöver-Stärke gebracht. AuTserdem
wurde ein Torpedo-Geachwader gebildet, welches selbstständige Manöver
im St. Georges-Kanal vornahm, über welche leider keine Nachlichten
vorliegen. — Die Ordre de bataille var:
Kanalflotte:
Vize-Admiral Lord
Waltar Kerr.
Boyal Sovereign
(Plag)
KmpreM of Indi»
Hosolntioti
Bepolse
Blenheim
Endymlon
«Qratton
Pazxer-
•ohiffe
Krenser<
Torpedo-
boota-
«Chacybdb
•Fort«
•Tndofatigable
*Iphigenia
•AndromMh«
•ApoUo
•Pearl
Ballon*
Speedy
Haloyon
Jason
Niger
Sheldr&ke
Roserveflotte:
KoQtre-Admiral
E. H. Seymoor.
Panser*
■ohiffa
•AlMcaiiaTa (Flag)
BcTil II iW
Oreadaoogbt
Colongus
Wanpite (Flag)
ToiTieiio-
boota-
*Aatraa»
*ThuBM
Melampna
•Naiad
•Tribüne
•Thetia
«bis
Leda
Onyx
n«nard
Salamandar
•Haaard
tAntalopa
Torpedogeschwader:
Eontre-Admiral
Wilmm.
Kreuzer i
ELKlaasel
HttUli.
krenxor
Torpedo-
boot«- ■
aantOrar
•Fox
Magnat
Onrlew
Travoller
LandraU
Daring
•HaTOok
•Decoy
•Boxer
•Broiiar
•Daaher
Ferret.
•Dragon
•BMka*
•Sbark
•Surly
Torpedo-
boote
8S*D
84»
94*D
wn>
«>•
85*
8I*
87»
* Die mit einem Stera verseheueu Sciiiöe wurden neu in Dieuät gestellt
23*
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324
Die diesjährigen engliacben Flottenmanöver etc.
Die Indienststellungen verteUten flieh auf die 3 Hftfen des König-
reidbs im folgt:
{
Kronzer IlL KJaR^p
KuoDMiboot L n. XL KIamo |
TorpadobootMwtOw
Povtaaontli.
Lftton»
Indefati|*M«
IphigMdft
Naiad
IriB
H&vock
DMoy
Boxer
79
83
8«
M
D«Tonp(wt.
Flora
Henuiona
t Qrafton
\ Theseas
Cbarybdis
Forte
Tribone
Thwtia
Apollo
I Alarm
l 73
In der Zeit bis zum .1 August wurden von den beiden Flotten:
„Evolutionen, Fahrtformationen mit Sicherhaitflmalsregeln bei Tag und
Nacht, Gefechtsfoniialioneii bei Tage, Ankern und Ankeraufgehea,
Bekognossiningeii und Signaliatien auf weite Eatfemnngen'^ geübt
Nach Ablauf dieser Zeit begaben ach die Flotten nach bestinimten
Bendez-Tons-Plfttsen an der irischen Küste, flllHen Kohlen auf und
waren am Donnerstag den 8. zur Lösung einer besonderen Au^be
bereit. Diese bestand darin, daJs sich beide auf ein bestimmtes Rendea-
T0U8 begaben um Ton hier aus mit Hülfe ihrer Kreoaer eine möglichst
sdmeUe Vereinigung zu Stande zu bringen.
Die vereinigten Hotten wurden dann zu einer einzigen ver-
schmolzen, die unter dem Kommando des Vize-Admirals Kerr die
Übuni^on der ersten Woche im vergröfserten Mafsstabe bis zum
14. Aufiust fortsetzten. Damit war die Manöverzeit beendet und die
einzelnen ScliifFe kelirten nach l'>ledigung ihrer Schielsübungen, In-
spizirunrj etc. in ihre alten Verbände zurück.
"Wir folgen nicht den einzelnen Phasen des Manövers, das programm-
mäfsig verlief, greifen vielmehr willkürlich einige Kapitel aus dem
modernen Flottenleben heraus, die zum Verständnifs desselben auch
für die Allgemeinheit interessant sind und durch das Manöver eine
neue Beleuchtung erfahren haben.
Fregatten- Kreuzer. Als das alte Linienschiff vor nunmehr
etwa 30 Jahren seinen solange mhmToU behaupteten Platz an das
Panzersehiff abtrat — und damit eine neue Aera im Seekriegswesen
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Die dinglhrigen angtiachen FlottemnanftTer eto.
325
herbeiführte, hatte man scheinbar vergessen, seinen steten Begleiter,
die Fregatte auch im modernen Gewände erüteben zn lassen. Man
glaubte, dafs die Panzerschiffsflotten durch die grofse eigene Bewegungs-
fähigkeit dieses Beiwerks überhoben sein und begnügte sich damit,
ihnen einen oder zwei Avisos beizugeben, die hauptsiiclihch den Post-,
Depeschen- und Proviantdienst versahen. Erst nach zwanzigjähriger
Er&hnmg kam man zu der Erkenntniis, dab man die früher von
der Fregatte geleistotea Dienste nicht eDtbehFen kdime» iAbb auch
jetzt noch dnroh den Bau beaooderer Schifib aa einen Eraats der-
selben zu denken. • Dafür trat in den achtziger Jahren wie gemfen
eine neue Schiffeklaeae ^dae Torpedoboot* in die Ereoheinong, in
welobem man ein geeignetesEahnei^ aah, denSicfaerheits-, AnfklirangB-
nnd Rekognoszirungsdienst bei der Flotte zu übernehmen. Bfan glaubte
die „Kavallerie des Meeres" gefunden zu haben. Der Traum war
nur kurz! Gar bald zeigte sich, dafs selbst die gröfsten der Boote,
die sogenannten Hochseetoipedoboote den ihnen zugedaclitcn Aufgaben
durchaus nicht gewachsen waren, da ihr Hauptvorteil, die grolse
Geschwindigkeit auf hoher See niclit Stand hielt. Man gab sie ihrem
eigentUchen Beruf zurück, war aber nun umsomehr darauf bedacht, einen
brauchbaren Ersatz für sie zu finden. England «ling voran und gab
seiner Flotte „Kreuzer" bei; Schiffe von genügend grofsem Deplace-
ment (2 — 4000 t), deren vitale Teile durch ein Panzerdeck geschützt
w^aren und die mit hoher Geschwindigkeit grofses Kohlenfassungs-
vennögen VLil>anden. Als die einmal erkannte Notwendigkeit dieser
SchilTc durch die Flottenmanöver der 80 Jahre immer gröfsere Be-
stätigung fand, that die ftUirende Seemacht *im Jahre 1889 einen
mächtigen Sduitt yorwärts, indem sie 29 Kreuzer einee als gut er-
kannten Typs auf einmal auf Stapel legte und damit alle übrigen
Nationen zu folgen zwang. Seitdem ist der Kreuzer ein unentbehr-
liefaer Beetandtttl jeder modernen Flotte geworden, in jeder Beziehung
den Platz ausfüllend, den man von einer „KaTaUerie des Meeres''
▼erlangt Ebenso wie im Landkriege die Kavallerie der Armee vor-
auseilt, um die Thätigkeit des Feindes zu erkunden und Fühlung mit
ihm zu gewinnen, ebenso müssen im Soekric^'e Kreuzerdivisionen bis
vor die feindlichen Häfen gehen, sich über Thun und Treiben
des Feindes Kenntnifs verschaffen, ihm jeden erdenklichen Schaden
zufugon und sich ihm an den Leib heften, sobald er mit seiner Flotte
den Hafen verläfst, Tn gleicher Weise vne eine niarschirende Armee
sich durch vorgeschobene Abteilungen Front, Seiten und Ilürkcn deckt,
wird sich auch die in See befindliche Flotte nach allen Seiten sichern.
Zu diesem Zweck wird sie von Kreuzern in weitem Umkreis umgeben,
wobei einzelne Verbindungsschiffe die Meldungen von den am weitesten
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326
Die die^j&hrigen engliachen Flottenmanöver ete.
Torgeschoboiea Ai^gnoktcliiffeii d«ni Adminl flbemÜleliL Dis For-
nuttion erscheint auf den «nten Blkk sehr ein&ob, iti ee aber b
Wirldkihkeit möht, da das Halten der Erenaer auf ihren Positioiian
— nidht zu nah, nicht zu fem — gnten aeemfinmaohen Bfiok und
grofse Ühmig eifordert. Bei Enistndenuigen steigen die ScAiwierig-
keitan. Die Entfernungen dar Kreoier fon der Botto sind natnr-
gemäls keine feststehenden, richten sich ^elmebr immer nach der
Sichtigkeit des Wetters. Beherrscht eine so fahrende flotte bei
schönem Wetter \ielleicht ein Areal von 100 Osm, so schrumpft sie
hei schlechtem Wetter und bei Nacht auf den vierten Teil zusammen.
Der eben beschriebene Dienst hat in den verschiedenen Flotten noch
keine feste Form angenommen und war deshalb auch in den dies-
jährigen englischen Flottenmanövern Hauptgegenstand der Übungen.
Ob er überhaupt in ein System zu bringen ist, erscheint sehr fraglidi,
da ebenso wie bei der zu wählenden Gefechtsformation immer die
Ansicht des betreffenden kommandirenden AdmiraJs den Aurachlag
geben wird.
Die den englischen Flotten gestellten Aufgaben. So
fanden auch die den englischen Admiralen in diesem Jahre gestellten
Aufgaben eine ihrer IndividuaUtät entsprechende Lösung.
Die Aufgabe war folgende: Die Kanalflotte unter Lord Walter.
Korr befand sich in Bantiy-Bai an der St&dwect-Ecke Lrlaada, die
Beserreflotte unter Lord Seymoor in Lcmgh Swilly am Nordends
Irlands. Beide Flotten sollten zur selben Zeit anslanfen, sieh loa aaf
einen bis aoletzt geheim gehaltenen BendeMNia-FlatB bogeben und
von dort ans ihre mSglidist sobneile VeieiDigmig an bewerksteUigBa
SDcihen.
Die Kanal flotte. Lord Walter Ken* verliefs mit der Kanal-
flotte Bantry-Bai am Freitag Morgen 9^ und traf am Sonnabend gegen
6 Uhr Abends auf dem ihm bestimmten fiendez-vous-Platz in 53'' 30*
N. Er. und 1 7" 30' W. Lg. ein. Er begann hier sofort die Suche, indem
er die llckognoszirungsfahrt seiner zwölf Kreuzer derart ordnete, dafs
ihre Kurse die Stäbe eines Fächers bildeten, der das Gebiet vom
Rendez-vous-Platz nördlich bis zur Blacksed-Bai, südlich bis zur
Südspitze Irlands umfafste. Sie hatten mit 14- 15 sm Fahrt eine
bbötinmite Entfernung abzulaufen und sich dann auf einen neuen
Rendez-vous-Platz „M", 20 sm vor der Blacksod-Bai, mit der Schlacht-
flotte zu vürcimgeu- Diese steuerte mit 7 sm Geschwindigkeit auf
dem geraden Kurse dorthin, so daik die Kreuzer sich jeden Augen-
bllflk dan Anftnthaltsort des Admirals auf der Karte absetzen konnten.
Wr fOgen hier die genaaen Dispositionen Ar diejenigen bei,
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Hie die^jiliftgaD engünlMii FlottnaundTCr «Be. 327
welche sich auf der Karte ein besseres Bild der Übung maoheii
wollen*).
Charybdis . .
210 sm auf
N Kurs
Apollo . . ,
. «80, „
N.O „
Latona * . ,
• „ „
NNO „
Forte . . . ,
• 250 , „
NOzN „
Iphigonia
. 260 „ „
NO „
Indefatigable ,
. 270 „ „
NOzO „
. . 275 „ „
ONO „
Jason . . . ,
OzO bis Eaglee-Isl.
0 bis Slyne-Head
Bellona . ungeßLhr 0 z S bis zur Mündung des Shannon.
Pearl . „ 0 S 0 „ zu den Blasquets.
Andromaolio ... 8 0 « VMtnot Rock.
Me hattsQ die Instroktion, beim Siohtaii emes Si^^
flotte dieses von den Bew^tmgen der Keiuüflotte zu unterriöhteii, dann
dieselbe Mitteilung dem Admiral der Reserve-Flotte sa machen und
schliflialioh unter voller Mawdunenkraft dem eigenen Adminl die
Bewe«TUTigen der Reserveflotte zu überbringen.
Die Reserve-Flotte. Die Reserve-Flofte hatte Longh Swilly
am Freitag Morgen 10^, also eine Stunde später wie die Ranalflotte
ihren Ankerplatz verlassen, war aber durch das Üherbordspiilen zweier
Heizer auf der „Edinbur^h"^, die einen losgegangenen Bunkerdeckel
befestigen wollten, mehrere Stunden au%ehalten. Der Admiral hatte
den Zeitverlust durch vermehrte Fahrt einigermafsen eingeholt, so
dafs auch er am Sonnabend Abend gegen 8^ auf seinem Rendez-vous
54° 30' N Breite und 15" 30' Länge ankam. Das Wetter war schön,
nur eine lange Oceandünung iiefs die Schifife zum Toü schwer rollen,
Lord Seymour's Plan die Aufgabe zu lösen, trug einen ganz andern,
ohne Frage dem wirklichen Kriege näher kommenden Charakter wie
der seines Gollegen. Er teilte seine sämmtlichen Kreuzer ein in
„Patrouillen-Sohiffe'^ oder Schiffe, die zeitiraim aniser Verbindnag
nii der Hanptflotte waren und „Ausguck-Schiffe^ weit vor-
geBchoben, aber inuner durch die dritte Axt, die «Yerbindnnge-
Schiffe** mit dem Admiral m Verbindung. Die Schlaclitflotte war
wie gewdhnlieh in ewel Kiellinien neben einander ÜNmiirt Ah Ver»
ländnng^eehiff fahr an Steoerbord „Antilope*', an Backbord „Salaf
mandn*. Vor diesen in Dreieokaformation dampften ala Ansguck-
SdiHfe flMeraqr«, »Naiad«, nOoyx}^ und „Renard<* an Backbord,
iiMdampna", »Tbamea*', ,|Tribnn'' und „Leda'^ an Steuerbord und
noch weiter vorgeschoben vor der Backbordgruppe als PatrouiUen-
Schiffe „Soont** and ffxia*^, wot der Stenerbordgrappe jfhanf^ nnd
s) iHiie aberachtliobe bÜdfidio BanteUnag befindet steh in der Anngr aad
Naiy Oaaette Nr. 18117.
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328 Die dfoqfihrigen englladMü FIottaBBiaii5f«r «Ce.
^Thetöaf^, Letztere liatten Befioihl, znniUshst 26 am ednag naeh am-
wftrtB, dann 60 am einen parallelen Kurs mit der Flotte und soUieis-
lich wieder nach innen zu Stenern, um auf einem vorher bezeichnet«!
Bendez-Tons am Morgen auf alle Fälle wieder mit der Flotte zusammen
au treffen. Di(! so gebildete Front war 60 sm breit, wurde jedoch
am Tage auf 100 sm anigeddmt. Die Instruktion für die Komman-
danten der paarweisa susammen arbeitenden Patrouilienschifre war die,
dafs beim Sichten eines Schiffes der Kanalflotte ein Schiff mit Lord
Ken- in Verbindung zu treten, das andere dem eigenen Admiral
Meldung zu machen habe. Die Ausguck-Schiffe hatten im gleichen
Falle ein »Signal mit dem elektrischen Scheinwerfer zu geben und
z^s'ar einen Strahl senkrecht gegen den Himmel, hierauf einen zweiten
in der Richtung des fremden Schiffes.
Gegen 1 Uhr Naclits flammte dieses SiuTia! von der „Tribüne"*
auf, die auf die „Iphigema" der Kanalüotte gestofsen war. Die
Hotten hatten sich gefunden und vereinigten sich am Vormittag des
folgenden Tages. Die hier dan Kreuaam gesteUte Angabe war keine
flchwierige. Ea acheint aneh mehr in der Abaiclit der enf^iac^en
Admiralität gelegen zu haben, tot allen Dingen die Vereinigung der
beiden Flotten noher m stellen. Darauf deutet wenigstona dieTbat-
Bsehe hin, daia die beiden Rendea-Tona-FIfttBe, m denen die gegen-
seitige Snche angenommen werden sollte, nnr 100 sm von einander
entfernt waren. Nimmt man daan die iur diesen Teil dee Manövers
gegebene kurze Zeit, so gehörte nnr eine geringe Kranbinationsgabe
dazu, den Kurs der Flotte derartig zu legen, wie es die beiden
Admirale tlia ten. Von Interesse ist die Art der Verwendung der
Kreuzer, die auf den beiden Seiten eine grundsätzlich verschiedene
war. Während Lord Walter Kerr i^eine Kreuzer sozusagen selbst-
ständit; machte, behielt sie Lord Seymour stets in der Hand. Das
Resultat war, dafs ersterer erst 40 Stunden nach der Vereinigung der
Flotte alle seine Kreuzer wieder boisaimnen hatte, während die der
Resen'etiotte schon nach 3 Stunden wieder bei ihrem Admiral waren.
Im vorliegenden Falle war diese Thatsachc nebensächlicher Art.
da von Freund und Feind bei der Anlegung der Aufgabe iiberliaupt
nicht die Rede war, für die Verwendung der Kreuzer im allgemeinen
jedoch scheint rie uns Ton ansachlaggebender Bedeutung, da im Kriege
doch alles darauf ankommen wird, seine ganae Macht beisammen su
haben, um dem Feinde mit der ^latmögliehsten Aussicht auf Erfolg
gegenfiber treten zu können. Auch daa Detachiren der Krenser
einem*' erscheint uns ein geffthriiches Eaperiment, da diese um so
leicbter der Wegnahme durch foindliche l^ieuzer aaagesetat sind, die
in gröitacer Zahl beisammen sind. Im allgemeinen wird man sagen
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Die die^jihrigen englkchen Fk>UenmanÖv«r eto.
329
können, dafs ini Kriege sich eine Kombination beider Methoden ganz
von selbst ergeben wird. Das Gros der Flotte wird auf dem Marsche
gegen den Fi'ind den üaupttei! seiner Kreuzer so verwenden, wie es
Aiiniiral Seymour that; d.h. er wird mit ihnen den grölstmöglichsteu
Raum auf seinem Kurse zu beherrschen suchen.
Nebenher werden detachirte Krenzer^Divimonen unterwegs sein,
die an besonders geeigneten Piinkten, Meerengen, Vorgebirgen etc.
den Feind zn erwarten nnd seine AnnShening zn melden haben. Alle
diese Ma&nabmen sind natOrlich in erster Linie von den Gewüssem
abhingig, in denen sich der Kn^g abspielt. Wttrde einem Admiial
noch euunal eme Angabe zufallen, wie sie einst Nelson za iSsen
hatte, als er Napoleon anf sanier abentenerlidien Fkhrt nadi Ägypten
im ganzen Mittelmeer suchte, so werden sie andere sein, als wenn
die englische Kanalflotte ausläuft, um die französis( lie Nordflotte zum
Schlagen herauszufordern. Es wäre schon aus diesem Grunde schwer,
bestimmte Lehren aus den diesjährigen englischen Manövern zu ziehen
nnd noch schwieriger, sie im besonderen für deutsche Verhältnisse
nutzbar zu machen. Leider ist dio dentsche Flotte durch die Ver-
ständnilslosigkeit des Reichstages tVir die Anforderungen einer zeit-
gcmäfsen Marine in Bezug auf die modernen Kreuzer so weit hinter
den übrigen Mächten zurückgeblieben, dafs sie sich für Jahre hinaus
noch mit Übungen auf dem Papier und den Erfahrungen anderer
wird begnügen müssen. Der einzige, aus den englischen Manövern
für Deutschland ziehende Vorteil wäre vielleicht der, dafs der
Unterschied in der Zusammensetzung der englischen und deutschen
Herbstttbungsflotte einem oder dem anderen Yolksrertreter zu denken
gäbe. Dort 8 besw. 7 Panzerschiffe mit je 9 Erenzem und je
6 Toipedobootszerstorem, also auf je 1 Panzerschiff 2 moderne
Fahrzeuge, hier 8 Panzerschiffe mit 2 Avisos; d. h. mit anderen
Worten, dort eine zeitgemllb zusammengesetzte Flotte nnd hier eine
solche, wie sie genau in dersdben Zusammensetzung tot 20 Jahren
in See ging.
Modernes Signalwesen. Unter gewöhnlichen Verhältninen
bieten auch heute noch wie zu Nelson's Zeiten die Signalflaggen ein
bequemes und sicheres Mittel zur Verständigung von Schiff zu Schiff.
Bei der erheblich vergröfserten Bewegungsfähigkcit der Flotten und
den noch immer steigenden Schiffsgeschwindigkeiten hat sich von -fahr
zu Jahr mehr die Notwendigkeit herausgestellt, schon auf grofse Ent-
ferriiHii^en schnell eine kurze Mitteilung empfangen oder geben zu
können. Die Flaggen reichen hierzu nicht auö, weil iliro Farbe und
Form schon auf gröfsere Entfernungen wie ;> -4 Seemeilen nicht mehr
imterschieden werden kann; — und man verlangt heute Verständigung
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330
Die diesjShrigen englischen Flottenmanöver etc.
1
auf die ärd- \m Tkrfache SntfernuDg. Zur Zeil dar Segahoiiiflb w
M da« Oberbiamsegel, dessen Beigen und Setsen solange eine Signil-
fecstiindigung ermöglichte, vri» es noch ttber dem Horisonte eiditibar
war. Man hat Tersodti, diese einfiMshe Eediode anf die DampfsohÜli»
WBL übertragen, indem man besonders groJbe Flaggen oder Bieseo-
kngeln ans Segeltnoh an der Uastspitee setzte and chneh längeres
. oder kOrseres Henmterholen lingere oder kGiaere Blicke nach Moiss
zu geben versucbte. Alle diese Versuche scheiterten an der Sdmierig-
keit der Beobachtung und auch der Bedienung, welch* letzterer die
Geschwindigkeit des Schiffes also die Zunahme des Luftdruckes auch
bald eine Grenzo setzte. Man mufste deshalb an Apparate denken,
die dem Luftdruck möjrUchst wenig Widerstand boten, gut sichtbar
waren und bequem abzulehnende Signale gaben. Auf der Flotte
waren deren mehrere zum Versuch aufgestellt, „Royal Sovereign'* und
„Blenheim" hatten einen mehrarmigen Semaphor, eine Erfindung des
englischen Admirals Wilson, an ihrer Mastspitze, während „Alexandra"
und „Naiad" Admiral Fane's zusammenklappbare Trommel zu pro-
biren hatten, von der man sehr viel erwartete. Sie war sowohl für
Nacht- wie für Taggeb raucli eingerichtet. Während man bei Tage
durch Aufziehen bezw. Zusammendrücken Zeichen nach Morse geben
konnte, waren für den Nachtgebraach im Innern der IVommd krais-
HSmiig 36 elektrische Lampen Ton je 50 Noimalkenen StSike an*
gebracht, deren Licht man nach Belieben erscheinen nnd TeisdiwindMi
lassen konnte. Behn Gebrandi stellte sidh bald heraus, dafs die Be-
dienung bei Nacht, wo nur ein Offnen oder SdiHeften der Tromms!
ron 6" Weite erfiorderlich war, sich leicht und einfitdi gestaltets^
während die Bediemmg bei Tage, wo die Trommel zu ihrer ToOen
Lftnge aus- bezw. zusammengezogen werden mufste, erheblichen Kraft-
und Zeitaufwand erforderte. Bei den vielfachen Versuchen gestaltete
sich denn auch die Signalgebung mit dem Mastsemaphor erheblich
schneller, während andererseits die Trommelsignale auf gröisere Ent-
fernungen zu sehen waren. Während das Semaphor bis 11 sm aus-
reichte, konnte die Trommel bequem bis 13 sm, bei klarem Wetter
sorjar bis IT) sm gebraucht werden. In der Nacht war natürlich der
Semaphor nutzlos, die Trommclsignale hinge^'en konnten noch bei 5 sm
Entfernung mit blofsem Auge abpolesen werden. Bei späteren Ver-
.suchen bei stavV srhlingorndeni Schiff erwies sich indessen die Trommel
für den Nachtgebrauch als völlig unbrauchbar, da durch die Neigung
die Blicke verschwammen. Dafs zugleich die Bedienung äulserst
schwierig wurde, kann wohl mit dem Provisorischen der ganzen An-
lage entschuldigt werden.
Als ErgebnÜs aller Vemiohe Übt sich sagen, dab ftir den Tsg-
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Die diagihrigen engliacheD Flotteomanövw eic 331
dienst der Semaphor an der Mastspitze die meisten Anhänger fand,
dafs ihn indefs die Trommel aus dem Felde zu schlagen geeignet ist,
sobald für sie eine sichere und äckueile Methode der Bedienung ge-
funden ist.
Für den Nachtdienst hat sich ein möglichst hoch am Mast und
um diesen drehbar angebrachter elektrischer Scheinwerfer am prak-
tischsten erwiesen. Seine Bedienung ist die denkbar einfachste. Durch
Schlielken oder Offnen des Kontaktes kann man nach Bedarf lange
oder kurze Blicke geben; die Drehung auf den Signalempfänger za
findet ebenfalls auf elektrischem Wege statt; die Sichtweite ist unter
aUon ümständen genügend. Der Gebrauch des elektrischen Sdwin-
wetkn za Signakwedken ist so alt «ie ditter selbst, das Nene ist
nur seine Installinrng in der eben beschriebenen Art and Weise.
Kohlen. Die Kohle ist das Herzblut des modernen Schiffes.
Ihre sichere und schnelle Ergänzung im Kriege ist ein Faktor geworden,
der den Gefechtswert einer Flotte aui" das Wesentlichste beeinfluXst
In allen Marinen ist deshalb schon lange diese schmutzige „Arbeit'*
sa onem „Dienst* geworden, hei welolisin die einielnen Sohiffo in
der Schnelligkeit wetteifern. Eine Aosnahme hienron sdietnea die
Italiener und Spanier za. maohen; wenigstens berichten die eo^isdien
Blfttter EigOtsliches über die Langsamkeit, mit weldiar die Sohüfe
dieser Länder bei ihrem Aufenthalt in England Terfahren sind. Während
man die Italiener mit allen möi^iehen Gründen entscholdigti hat man
den Spaniern in die Karten gesehen. Für die Söhne Kastiliens und
Andalusiens besteht nämlich keine Verpfliditang, dieser sdimutzigen
Arbeit ihre Kräfte zosawenden. Es können deshalb zum Kohlen
nar diejenigen Leute verwendet werden, welche sich fi^iwillig melden.
Sie erhalten dafür Extra-Bezahlung. Der übrige Teil der Mannschaft
kann auf Urlaub gehen. Es ist klar, dafs bei solchem System ein
Jeder auf möglichst langsame Betreibung des Geschäfts bedacht ist,
der daran Beteihgte, um mehr Geld, der Beurlaubte, um mehr Urlaub
zu bekommen. Das sind kleine interessante Züge, die ein grelles
SchiagUcht auf die Zustände im ganzen Lande werfen.
Die englischen Manöver bieten auch dies Mal in Bezug auf das
Kohlen der Schiffe manches Beachtenswerte, insbesondere ?;eigen sie
den grofson Unterschied, der in Bezug auf die Sclinelligkeit zwischen
einer schon länger in Dienst befindlichen und einer erdt neu zusammen-
getretenen Flotte besteht:
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332
Die diesjährigen eogUHcben Flottenmanöver etc.
Royal Sovereign nahm in der Stande 66 tons» im Oansen 880 tons in<6 Stxmdm.
Empress of India „ „ « n flA n n n 310 „ „ 4»/, „
Resolution . . » „ „ n W,9 „ „ „ 388 „ „ 6Va »
Repnlso ...„„„ „ 39.2 „ „ „ 301 ^ „ 72/3 „
Blenhetm ...„„„ „ 45,4 „ „ „ 250 „ „ 5»;, „
Endjmion * » n n n n ^ n n » ^«»BVii»
Thesens n ^fi n n i> „
Dagegen nabmen die PaDzendiifie der Beeenreflotto;
Benbow . . nahm in der Stande 45 tone, im Oanxen 330 tone.
Dreadnougrht „„„ „ 3B„ „ „ 260 „
Alexandra (neu i. Dienst n n n p26„„ „ 185 „
DieSohweBter-l Edinbnrgh „ „ „19„„„ 287„
Mhiffo (Colon „„„ „26„„„186„
Warspite . „ n n » Ä
Galatea . . ., „ „ 25
Im Durchschnitt nahmen also die besser geübten Schiffe des
Kanalgeschwaders 48 tonR in der Stunde, während die der Reserve-
flotte nur 29 tons in der Stunde nahmen. Am geringsten war die
Leistung da, wo sie am höchsten hätte sein sollen, auf den Kreuzern.
Sie brachten es nur auf 20 tons in der Stunde. Die Verhältnisse
lagen an den Kohlentagen allerdings ungünstig; es wurde teils bei
elektrischem Lichte, und die meiste Zeit bei strömenden Regen ge-
koUt Andererseits spricht es nicht für die Güte der getroffenen
Maaffffifthinen, dab die beiden Flotten im Ganzen 48 Stunden zmn
Anffttllen ihrer EoblenTorrftte brauchten.
Holz — Eisen. Das Holz kftmpft seinen letzten Kampf an Boid
des modernen EriegsscliifiiBs; die Yalu-Schlacht hat es nm alle Be-
patation gebracht und ihre Wirkung hat sich aach in den die^Shrigen
ManöTcm gezeigt. Bei allen Beschreibangen der Klanchifi'a, des
imitirten Gefechtes, wird besonders hervorgehoben, dala oft die Ge-
schtttzmannschaften abgerufen wurden, um einen an Bord ausge-
brochenen Brand zu löschen und daran der Wunsch gel Tiürft, dsJk
in Zukunft alles Holz auf den Kriegsschiffen durch Stahl oder Eisen
ersetzt werden müsse. Auf den ersten Blick erscheint dieser Wunsch
sehr harmlos; wenn man aber an die Mensclien denkt, die auf diesen
ganz eisernen Scliiffen leben sollen, so inufs mavi doch bedenkUch
werden. Welcher Landbewohner säfse mit Vfü liebe auf einem eisernen
Stuhl oder äfse am eisernen Tisch? Wohl keiner. — Deshalb giebt
es auch vorläufig im gewölmlichen Leben nur Gartenmöbel aus diesem
kühlen Metall, die man im Sommer und auch dann nur bei grofser
Hitze benutzt. Und vom Seeoflizier, vom Matrosen will man ver-
langen, dal's er all seine Beschäftigungen, seine ganze Bequemlichkeit
auf eiserner Unterlage vollbringe? Sdion jetzt ist der Aufenthalt in
der rein eisernen Offizierkammer unserer neuen Kreuzer ein hScSist
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Die die^ährigeu eugUachen FlotieonuuiOver etc.
ungemütlicher, den mun nur mit Hülfe des Tapeziers freundlicher fje-
stalten kann. Der leiseste Ton in einer der Kammern teilt sich bei
der guten Leitung allen übrigen Kammerbewohnem mit; und wird gar
die oiaerne Schiebethür bewegt, so giebt es jedesmal einen donner-
artigen Lttim, was namentlich in der Nacht den ScUaf nicht beiföidert
Dabei ist es unmöglich, sich das StUckohen eigenes Hdm durch Auf-
hängen von Bildern oder Anbringen von Etagbien einras freundlicher
zu gestalten. In den eisernen Wänden haftet kein Nagel Was ist
deshalb natürlicher, als dab manch einer dem im Schiffbau herrschenden
kriegerischen Geist ein Schnippchen schlägt und statt des leicht brenn-
baren Holzes seine Kammer mit noch leichter brennenden TeppicheOi
Shawls und sonstigen Dekorationsmitteln wohnlicher zu raachen sucht.
Gott sei Dank ist der Schreibtisch noch von Holz und auch der Stuhl
noch rohrgeflochten und es steht zu hoffen, dafs fürs erste wenigstens
sie den sogenannten Erfahrungen der Yalu- Schlacht nicht zum Opfer
fallen werden. Noch empfindlicher wie die Offiziere würde die Mann-
schaft die Holzlosigkeit der Schiffe treffen. Für sie ist das hölzerne
Deck Stuhl, Bett, Tisch in einer Gestalt, das durch kein mit Linoleum,
Papier-Mache oder sonstigen Stoffen belegtes Eisendeck ersetzt werden
kann. Der Chefkonstrukteur der amerikanischen Marine ist der
einzige, welcher sich auf (1 rund der mit den alten Monitors gemachten
Krfuhruugen sofort gegen die, die Gesundheit der Besatzung schädigende
Entfernung alles Holzes von den Kriegsschiffen ausgesprochen hal
Die amerikanische Marine ist es auch, welche den einzig gangbaren
Weg in dieeer Besiehung beschritten hftti indem sie auf swei ihrer
Schiffe Versuche mit imprägnirtem, nicht brennbarem Holz machen
UUst. MSchten die übrigen Marinen ihr auf diesem Wege folgen.
Nebel. Zu den unerfreulidisten Begebenheiten gehOrt es, wenn
eine Flotte auf See Tom Nebel überrascht und auf Stunden, rieUeisht
auf Tnge von ihm eingehüllt wird. Der Seemann ist deshalb immer
darauf bedacht ^^cwesen die Herrschaft dieses unheimlichen Feindes
wenn nicht zu brechen, so doch zu beschränken. Man hat auf die
verschiedenste Art für die Sicherheit und das Zusammenbleiben der
Flotte während eines Nebels zu sorgen versucht. Früher sah man
alles Heil darin, Abstände und Intervallen zwischen den einzelnen
Schiffen zu verfiröfsern, erreichte aber hiermit Ijci andauerndem Nebel
meistens das ^Nitizliclu- Zcrsitrcugcn der Flotte. Heute schlägt man
den entf^'egougesetzten Weg ein. Die Schiffe rücken näher aneinander
heran und versuchen durch mechanische Mittel ihre Plätze inne zu
halten. So wurden in der englischen Flotte bei eintretendem Nebel
die DisUmzen von 400 auf 'AOi) ui verkürzt und jedes Schiff hatte
eine weilse mit roten Streifen versehene Boje über Bord zu setzen
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384
Die dieejihrigea eugUicbeD FlottenmanÖTer ete.
und an einer 300 m langen Leine su schleppen. Die Hinterleute
hatten nun floe Fakrt Bo m legeln, dab sie dte Bqj« iiiiiiMr wm
dem Bog hatten — ein einfiiclies, sehr proliates Biittol. Daneben
norde jene HöUennnuik anagefülurt» die eelbet dem fiheetan Seemann
auf die Dauer auf die Nenren geht, das Abgeben der firkennnngi-
nimiiiMr mitteilt der Sirene. Jedes Sdiiff im Oesobwader bat seine
Nnmmer. Das Flaggschiff beginnt damit seine Kammer in den
Nebel hxnaaBzuheulen. Dann folgt das zweite Schiff und so weiter
die hmge Reibe beranter. Ist das lötzte Schiff fertig, so beginnt der
Reigen von neuem. Will der Admiral sich in diesem ununterbrochenen
Getöse Gehör zu einem Signal verschaffen, so läfst er drei Kanonen-
scbflsse hinter einander abfeuern. Das Signal irird gemadit nnd die
Sirenen beginnen von neuem ihre Musik.
Alle Mann aus dem Schiff. Unter den Exerzitien fi|[,nirirt in
diesem Jahr eins, welches sich bei Offizieren und Mannschaft nur ge-
ringer Sympathien erfreut. Es heifst „Alle Mann aus dem Schiff"
und bedeutet: das Schiff sinkt, rette sich, wer kann. Dals diese
Rettung um so gröfsere Aussiclit auf Erfolg hat, je ordnungsmälsiger
sie ausgeführt wird, liegt auf der Hand. Deshalb ist die gesammte
Besatzung nach einer bestimmten Rolle in die Boote verteilt und das
Zuwasserbringen dieser ebenfalls bis ins Kleinste geregelt. Wird die
Rolle geübt, so müssen natürlich eine Ansabl Leute an Bord zurück-
gelassen werden, welche den notwendigsten Betrieb der Masddnen
etc. nnterhalten; ebenso die Kranken. Die dieqfthrigen englisdien
llantfrer geben interessante Daten über die Zeit» in welcher die
Evakninmg eines Sehiffbs ansgeflihrt werden kann, dessen Besatsong
sdum ganttgend lange an Bord ist, nm mit den SehiffinoUen yoU-
kemmen vertrant zu sein. So branchte das grofte Panieiscfaiff »Boyal
Sovereign'' mit einer Besatzung von 47 OfiSzieren und 682 Mann
42 Minuten, die ^Empress of India" '^0^ ^, wobei 60 Mann an Bord
zurückblieben. Die Kreoser mit ihrer kleineren Besatzung führten
das Manöver in Zeiten aus, die von 25 Minuten auf der „Charybdis"
bis 10 Minuten auf dem „Jason" wechselten. Dabei bheben etwa
50 Mann an Bord zurück. Man sieht, dafs selbst unter den normalsten
Verhältnissen auf einem Panzerschiff eine lialbe Stunde nötig ist, um
die ganze Mannschaft von dem friedlieh dalieuencien Schiff in Sicher-
heit zu bringen. Man kann sich danach eine Vorstellunjj machen,
wieviel glückliche Umstände bei einem wirklichen Unglücksfall zu-
sammentreffen müssen, um die ganze Besatzung zu bergen.
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XXITT.
Über die Haltung Sernadotte's im Feldzuge 1814.
Es ist bekannt, dafs nach der Schlacht bei Leipzig der Kronprinz
Ton Schweden mit Erfolg sich bestrebte m ▼erhindem, dafs die Nord-
Annee zum Eindringen in Frankreich verwendet würdei unter dem
Vorgeben, dals es seinem Gefühle als geborener Franzose widerstrebte,
sein Vaterland auf eigenem Grund und Boden zu bekäm[)fen. Er
setzte es durch, dafs ihm mit doni grüfstcn 'I'eile seines Ueeres die
Operationen an der unteren Elbe übertragen und er dadurch in die
Lage versetzt wurde, seine persönliclu; skandinavische Politik gegen
Dänemark durchzuAihren. Allerdings konnte er ea nicht verhindern,
dafs ihm die Korps Biilow und Wintzingerode entzogen wurden, um
sie zur Eroberung Belgiens und der Niederlande zu verwenden. Nach
Erfüllung seiner Aufgaben au der Niederelbe folgte der Kronprinz
nur sehr zögernd nach der Grenze und hatte von Anfang März an
aem Hauptquartier zn Lüttich genommen, von wo er eich nicht rührte.
Dem General Bttlow, der wfthrend des gimzen Feldzuges 1818 durdi
Bemadotte'e zögernde Strategie zu leiden gehabt hatte, flölbte dieeez
nnbegrfindete Stillstehen MUstmuen ein, um so mehr, als sich in des
Kronprinzen Haupt-QuartiBr zu Luttioh ein vom Efoig Joseph von
Spamen entsandter Agent aufhielt, ein Herr de Franzemberg. Die
Beziehungen zwischen Bernadette und BlÜdter waren gespannt; ersterer
hatte es übol genommen, dals zu des letzteren Grünsten Ton ihm die
Korps Bülow und WiTitzingerode abgezweigt worden waren, und später
auch das Korps des Herzogs von Weimar Blücher überwiesen wurde.
Li einem Schreiben vom 18. März an Blücher hatte der Kronprinz
gegen dieses Verfahren förmlich Verwahrung eingelegt, sowohl in
seiner Eigenschaft als General, wie als Vertreter eines Königs und
eines verbündeten Volkes und die Erklärung abgegeben, dafs, „da er
durch Entziehung dieser drei Korps in die Unmöglichkeit versetzt
wäre, irgend eine nützliche Bewegung vorzunehmen, er in Erwartung
der Ausführung der Verträge in der Stellung verbleiben würde, welche
die schwedische Armee seit dem 4. März inne hätte.
Auch der Herzog von Weimar teilte BülowsMii'strauen insofern, als er
an das Vorhandensein von geheimen Verbindungen zwischen Bema-
dotte und seiDem ehemaligen Adjutanten, dem General Maison, Ober-,
befthlihaber der fcanzOaiMdien Truppen in den Niederlanden, glaubte;
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336
Ober die Heltiing IknaMttf* im FeUmge 1814.
zahlreiche Sendungen zwischen beiden Hauptquartieren, n. a. die
Beigaiiiin Gonstant'e sn dem genannten Generale waren ihm gemeldet
worden. Dem General Dörnberg und den andern im Stabe des
Krunprinaenbefindlidien deutschen Offizieren, sowie dem zurErfoisähung
der Vorg^bige zu Lüttich eigens seitens des Herzogs von Weimar ent-
sandten jungen Prinzen von Groy waren diese Machenschaften dahin
erklärt worden, dals man versttchen wollte, den General Maison zu
bestimmen, sich vom Kaiser abzuwenden und zu den Bourbonen über-
zugehen. Schon Marmont hat im 7. Band seiner „Memoires" be-
haupt^'t, der Kronprinz hätte ernstlich daran gedacht, die Verträge,
die ihn an die Koahtion banden, zu zerreifsen und seine Waffen gegen
die in Belgien verwendeten prcuisischen und Bundes-Truppen zu
wenden. Den Beweis dafür ist er schuldig geblieben. Ob es Napoleon
vielleicht möglich gewesen wäre, aus Berimdotto's Unzufriedeidieit
dadureh Nutzen zu ziehen, dafs er seinem Ehrgeiz schmeichelte,
seinen Eruü'nungeu ein geneigtes Olir lieh und seine geheimsten
Gedanken und Wünsche zu erforschen suchte, darüber dürfte etwas
den Sddeiflr Iflften eine Depesche des Generals Maison aus Lille vom
dO. llfiiz 1814 an den Kii^MiniBter Glarke, welche Gonunandaot
Weil in seinem Werke „La Gampagno de 1814^ (TerSffemtliclit im
Journal des sctences müitaires, auf Seite 461 des 58. Bandes, Jahr^
gang 1895) wohl zum ersten Biale aus den Pariser Eriegs-Archiven
mitteilt. Sie lautet folgendermalSMu:
„Ich beehre mich Eurer Hobeit m berichten, da& ein sdiwedi-
Bcher Offizier am 19. zu den Vorposten Ton Tpem 40 gefangene
Franzosen ▼ersdiiedener Grade gebracht hat, welche S. Egl Hoheit
der Prinz von Schweden auf £hi^wort zurückschickt. Es scheint
nach der Erklärung mehrerer der ausgelieferten Generale, als ob der
schwedische Offizier in Besprechung zur Heibeifuhrung einer Aus-
wechslung hätte eintreten wollen. Bei seinem Abgang hat er diesen
Herren sehr die in dem an den Kommandanten von Ypem abgegebenen
Brief enthaltene Bitte anempfohlen."
„Nach Allem, was die Gefangenen berichton, scheint der Kron-
prinz von Schweden in einer Verfassung zu sein, welche
Seine Majestät benutzen könnte, um ihn von der Sache der
Koalition loszumachen. Wenn man die Auslösung, welche der
Prinz wünscht, herbeiführte, so würde es möglich sein, ihn unmittel-
bare Vorschläge machen an lassen, welelie wahrscheinlich ein günstiges
Ergebni& haben wflrden. Der Prinz ist mit den Verbündeten unan-
ftieden; er beschuldigt sie, die gegenseitig eingegangenen Verpflich-
tungen nicht erfüllt zu haben. Qrolses Mi&tranen, ja sogar Ilift*
heDigkeit berrsoht zwischen ihm und dem Herzog fon Sachsen-Weimar.
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über die Haltung Bernadotte^s im Feldzuge 1814.
337
Der sbhwedimhe Offizier war, fllr den Fall dab letsterer die Ge&ngeneii
nieht durchlaweii wollte, beauftragt, Yom Herz(^ seine Wengerong
schriftfieh zu verlangen und zu orldfaen, dafi, wenn man eich ihrer
Rückkehr nach Frankreich widersetzte, der Prinz eine
Abteilung schicken würde, um sie mit Gewalt durchzu-
bringen, und Feuer geben lassen würde auf die Truppen,
gleiolizeitig von welcher Macht, die sich seinen Mafsregeln
widersetzen würde.
„Nachdem er sich kräftig gegen den Plan, die Bour-
bonen in Frankreich wieder einzusetzen, ausgesprochen,
hat der Prinz alle Gefangenen aufgefordert, lieber bei dem
Kaiser zu sterben, als zu dulden, dafs diese verächtliche
(:avilie:) Familie jemals wieder den Thron bestiege, und er
hat ihnen geraten, ihre Provinzen aufzuwiegeln, um diesen
neuen Plan der Verbündeten zurückzuweisen. Wahrend der
Unterhaltung hat der Prinz auch diesen Oftizicren gesagt, dafs er in
Lüttich mit allen sumcn Truppen stände uud von da nur gegen hin-
reichende Büi'gschaft weggehen würde.
„Ich habe geglaubt auf diese Einzelhelten angehen zu müssen
wegen der Bedeutung, die man, wie ich glaube, den Stimmungen
auerkennen kann, welche der Prinz von Schweden so zu
sagen öffentlich kundgiebt
^Herr Franzemberg, dessen Eintritt in die feindliche Vorpoeten-
linie ich dadurch erreicht habe, dab ich den inreu&isohen General
Borstell über das Ziel seiner Reise täuschte, hatte mir schon bei
Miner Rückkehr von den Stimmungen des Prinzen von Schweden
einige Kenntnifs gegeben. Was davon jetzt die ausgelieferten Offiziere
sagen, best&rkt mich in der Ansiclit, dafs unmittelbare und of&d^e
Eröflbungen Seiner M%je6tifct Schweden, welches anlangen muik, zu
merken, dafs die Dinge fiir seine .eigene Sicherhdt zu weit g^jangen
sind, vollends loslösen würden." —
Die Annahme dürfte nicht ausgeschlossen sein, dafs die in vor-
stcbuniier Depesche dargelegten Machenschaften des Kronprinzen, der
ja bekanntlich für den Fall des Sturzes Napoleons seine » i^enen Aus-
sichten auf den franzüsisehen Kaiserthron nicht für aussirhrslos lüelt,
lediglich daraui abzielteu, die Wiedereinsetzung der lioorbonen zu
hintertreiben. (Fs.)
iM^Ubm ttt iit OMiMk» AnMe ul
Si.«f,S.
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XXIY.
Soldfttenleben im SOjälingen Kriege.
J. Banmaim» Hauptmann.
5. Der Trofs.
Kino p^iinz eigontümliclie ErHcheinung dieser Zeit war der unge-
heure Trufs. Dieser endlose Trofs, welchen der Ilaufe nachschleppte,
war hemmend für die Heeresbewegungen, für die Kriegsführung über-
haupt und ein Unglück i'üv die Gef^endon, in welchen das Heer länger
zu verweilen hatte. Man darf sagen, der Trofs zählte inindostens
ebensoviele Köpfe, als das Heer struitfähige Männer. Ein liittuieistor
im Heere Tilly's hatte beispielsweise 9 Diener, 7 Dienst- und 6 Paek-
pferde, äat limittnaiit 5 Diener, 5 Dienst- und 4 Paekpfinde. Naeh
oben hin sdeg^ die Zahlen nooh bedeutend.
Stellen wir uns mit vielen anderen Neugierigen an' den Weg und
betrachten Wallenstein's Zug, als er 16S3 von Prag nach Sdilesien
anfbiach. Den Zug erol&ieten Yorreiter mit langen HetzpeitBchen.
Es folgten 20 Ttompeter in Rot und Gold mit sflbemen IVompeten,
200 berittene Leibwachen mit kunen Feuerrohren, alle mit roten
Hutfedem und roten Halsbindai| 6 vorzüglich berittene Eavalien^
deren Pferde vor den Zuschauem spanischen Tritt gingen, die sechs-
spännige Kutsche des Herzogs. Kr selber trug eine Maske vor dem
G^esichte und einen Mantel aus Katzenfellen, welcher dem stark an
der Giclit kranken Manne wohl that. Dem Feldhorm folgte zunächst
eine grofso Kutsche mit den Damen, in deren nächster Nähe 40 Hof-
kavalierc, Hofbedienstote und Lakaien da.s Geleit bildeten. Daran
schlofs sich des Herzogs umfangreicher Trofs, nämlich 50 Sechsspänner
für das unmittelbare Gefolge, 50 Vierspänner für die Küche und das
zugehörige Personal, 10 Sechsspänner für die Hofdienerschaft. 50
Stallknechte ritten und führten die 100 Leibrosse des Herzogs. Statt-
licher hätte der Kaiser nicht ausziehen können.
Um vieles einfacher war der Trols des Tilly, der ja weniger
Bedflrfioisse hatte und nicht prunkte. Aber selbst TiUy und seine
Dienerschaft beanspruchten 68 Pferde; dasu gehörte dn eigener
Silberwagen. Der ganze Ho&taat des Feldherm, also seine nichste
Umgebung» bedurfte 278 Pferde.
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Soldateilleben im 30 jibzigen Kriege.
339
Nicht nur die höheren Offiziere und nauj^thnite nahmen ihre
Frauen mit ins Feld, auch die Reiter und FuIss()lilnGr fanden es an-
genehm, ein angetrautes Weib oder eine Dirne mit im Laj^er zu
haben. Oft hatte man nur eine _Maitnehe" einf»e(rangen, welche nur
einen Sommer währte. Man setzte Stolz und Ehrgeiz darein, eine
hübsche Begleiterin zu haben, die man bei der reichen Beute ver-
schwenderisch bedachte, damit sie ach pmnkend herausputzen konnte.
Wer sadi kein Weib halten wollte, oder wem keines treu blieb, hielt
ddi einen Buben, der an die Hand ging, tausend Dienste Terrichtete,
die Wafien fegte, das Pferd stiiogdte, das Kochen besorgte, und bei
den Bauern stahl.
Yersuchen wir, das oben begonnene Bild weiter auszumalen.
Ein Teil des Heeres ist Torflbergezogen, Reiterei, Fuisrolk und die
Arkele/, letztere mit den vielen mannigfechen F^thrwerken und be-
gleitet TOn den Schanzbauern. Es folgten die Wägen, auf denen sidl
das verschiedenartige Heeresbedürfnifs befand: Munition, Proviant,
Stnrmzeug und die Bagage der Heerführer und Oberoffiziere. Diese
Trolkwägen waren meist leicht gebaute lange Fuhrwerke, mit Reifen
überspannt, über welche Blähen gezogen waren. Diese Blähe hatte
mitunter niuli eine dachtoruiige Oostalt. Der erwähnten Wagen-
abteilung folgte ein Zug von vornehinen und schönen !• Vuuen in langen
Reitkleidem und mit wallenden Federn auf den Hüten. Es waren
die Frauen der Obersten, geführt von eigenen Kavalieren und be-
gleitet von zahlreicher Dienerschaft. Das waren oft ganz aiunafst iide
Damen und dabei recht einllufsreirh^ so dals ihren Launen keiner
widerstehen durfte. Man buhlte um ihre Gunst, wed ihre Fürsprache
beim vermögenden Herrn Alles durchsetzen konnte. War ja der
Hochgebietende selber von der Gestrengen nur allzu abhängig. Selbst>
verstSndlich waren in der nftchsten Nähe der Frauen noch S&nften
auf Saumtieren und Packpferde mit umfengreichen Gepäckstücken
und Eofon, die nicht selten die auserlesene Kriegsbeute vieler Jahre
bargen. So manche geputzte Damen folgte noch, die mit den Offizieren
Freud und Leid des Krieges und Lagerlebens teilten. Das war nichts
Neues, sondern hatte das Jahrhundert von den yorhei^egangenen
übernommen.
Ganz anders stellte sich der endlose Trofs des geraeinen Vollves
dar. Beim Aufbruche pflegte sich eine ungewöhnliche Lebhaftigkeit,
ein linsten und Drängen ZU entfelten. Detui es galt, all den bunten
Plunder des Hauswesens zu packen und auf den Trofswägen unterzu-
bringen. Die flinken Buben liefen geschäftig hin und wieder, um für
den geringen Hausrat noch eine Fcke zu erobern. Dann wolltrn sie
for sich selber oder wenigstens für die Weiber nocii ein möglichst
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340
Soldatenleben im SOjährigen Kriege.
gutes FlätecheD auf den Fubrwerken erlangen. Das ging wohl nicht
ohne Streit, und Schimpfen und Schelten» Kreischen und Fhichoi
hörte man allerwSrts. Manche Weiber lagen flieh in den Haaren nnd
kratsEten sidi mit den Nägeln; sie beschimpften sieh mit rohen Reden
nnd unflätigen Worten. Die Karren und Fuhrwerke waren voll be-
packt mit seltsamem Kram. Oben safsen die Weiber und Dirnen.
Manche Soldatenfrau, die später kam, verlangte Platz vor der Dirne,
die Ältere vor der Jünfjeren oder neu Erworbenen. Die »afsen aber
schon breit und fest seit einer Stunde. Es mischten sidi die Männer
in den Zun^enstreit. Dem Einen galt eine Dirne 80 viel wie dem
Andern die Frau, und dann kamen die Männer wohl selber zn
Thätlichkeiten, und Mancher mulste mit blutigem Kopf abziehen, der
Eine oder Andre blieb wohl gar tot auf dem Platze. Was galt da-
mals ein Menschenleben! Aber die Weiber schrieen und tobten im
wilden Schmerze, um sieh doch gleich dem Nächsten in die Arme zu
werfen. Das waren traurige Existeii/.en.
Der Führer des Trosses, der „Huienwaibel", dem 1 Vaucn, Dirnen,
Bul)en und die Wi^en mit allem Zubehör unterstellt waren, mufstc
sein ^'anzen Ansehen aufbieten, dafs Teile des Trofses nicht zu früh-
zeitig abzogen, sondern sich in den zugewiesenen Platz der Kolonne
fügten, auch später nicht den Trois ▼eilie&eni am wie Zigeonerbanden
über die nächsten Dörfer hersufisllen. Der Hnrenwaibel war gewöhn-
lich ein Mann von grimmi^^ Aussehen, ein vMSuchter Kriegsmann,
der in der Feldschlaoht vielleicht ein Auge oder die Hand verloren,
aber gleichwohl noch diesem schweren Amte nachkommen konnte.
Er genofs Hanptmannssold und mannigfiushe Vorrechte; zur Untere
Stützung hatte er einen Lieutenant und die Troisknedite. Während
des Marsches drängten sich die hübschen Dirnen gern in seine Nähe,
da er sie protegirte und vor den Zudringlichkeiten der Knechte und
Buben in Schutz nahm. Auch anderweitig wurde er vielfach not-
wendig, denn die Wagen fuhren oftmals jeder Ordnung widerstrebend
in einnnder, Fuhi^wcrke mit besseren Pferden suchten vor die Klepper-
karrcn zu konmien; da izab es da und dort Stauungen und Aufenthalt,
immer begleitet von Streitreden und zänkischen Schmähungen. Crelaiig
dem Waibel die Abwehr nicht, dann fuhr er manchmal mit dem
„ Vergleicher dazwischen, einem derben Stock oder empfindlich
schmerzenden Ochsenziemer, dafs die Weiber schreiend und kreischend
auseinanderstoben. Der Hurenwaibel war wold zu türthten, denn er
hatte grofse Befugnisse. Unbotmäfsige Dirnen liefs er vom Stecken-
knechte greifen und stäupen. Für grobe Vergehen konnte er die
Weiber ans dem Lager jagen, oder er gab sie den Bnben preis,
welche sie einer wilden Meute gleich mit den Lagerhunden hetrten.
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Soldatenlebeii im 30jihrigen Kriog«.
341
(lafs die iVrmsten elend verkamen. Gegen Schlufs des Marsches hatte
er aufs Neue sein ganzes Ansehen aufzubieten, dafs sich nicht die
vorderen Züge zu frühzeitig in das abgesteckte Lager drängten und
dort die schon angehäuften Lagervorräte wie Holz, Heu und Stroh
unrechtmäfsig wegnahmen. Der Trofs auf dem Marsche bot ein
buntes und seltsames Bild, Tornehmlich die verschiedenartigen Karren
und WSgen, vollgepackt mit Sftcken, FeQeiseD, Pftcken, Kisten und
Trollen, denn was man in all den Feldsfigen erbeutet und noch nicht
▼erihan hatte, mnAte man mit sich ftthren. Oben saben die Weiber
dicht neben einander mit Hühnern nnd Gänsen. Manche ritt auf
einem Pferde, das wohl einem Bauern geetohlen war. Viele der
Weiber gingen notgedrungen zu Fols, einen Haufen ron Kmdem
jßben sich, das Jüngste an der Brust, ein anderes auf dem Rficken
festgebunden. Sie nfitsten die Zeit und strickten unterwegs und
flickten. Da gingen manche Weiber im Zuge, schwer beladen mit
Bündeln und Schnappsäcken, Vorritten, Kesseln und Pfenuen, seufzend
und keuchend unter der überachweren Last, mit zerrissenem Sehuh-
wcrk und blutenden Füfscn. Auch zottit^e Hunde trotteten sdiweigend
einher. Man sali aurh alte Weiber und Vetteln ; sie gehörten Niemunden,
weil sie nimmer begehrenswert waren. Sie konnten sich nicht trennen
von der Unruhe des Lagers, in welchem sie aufgewachsen und alt
geworden waren und nährten sich jetzt von den Abfällen und gemeiner
Arbeit, ein kümmerliches Dasein.
Manchen Aufenthalt verursachten auch auf den schlechten Wegen
tlic vorangegangenen grofsen Heerwägen, namentlich das schwere
Geschütz, obwohl 10, 20 und mehr Pferde yorgespannt waren. Dann
wurden auch die Weiber und Buben vorgetrieben, um die schweren
Bilder auszugraben und die Stralse zu ebnen.
Dem Weibertrosse folgten noch die Marketender, Kommüsmetzger
und Sudelköche mit ihren Truhen, Zelten, Fässern, Tischen und
Bftnken. Wer länger bei dieser Beschäftigung thätig war, wurde
reich, denn der gröfste Teil der oft sehr wertvollen Kriegsbeute ward
in der Schenke veijubelt und vertrunken, und mancher, lang stehen
gebliebener Strich auf dem Kerbholz mulste in glücklicher Zeit um
ein teures Entgelt ausgemerzt werden. Um den sicheren Kunden ge-
fUIlig sein zu können, vomehmlich den Offizieren und älteren Kriegs-
leuten, hatten die Marketender allzeit Vorrat mitzuschleppen, Bier
und Wein, auch lebende Häupter trieben ihre Knechte mit.
Im Gefolge dieser Wirte nah man noch mancherlei Leute, die
dem Kriege so ferne standen wie die Hühner und Gänse auf den
Karren der Weiber, nämlich Juden und andere Händler, auch Zigeuner,
die allerlei Krimskrams verschacherten und Zaubersachen, auch wahr-
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Soldatenlebai im SOjährigoD Kikg«^
sagten, sangen und taiistoii| Leute, wdche die Knegdwnto ein-
tauschten und grolle Fetzen^ Borten und Ringe um blankes Geld ver-
kauften. Es waren hnngrige und g^firftlsige BabeOi die sich an das
Aas hii^n, und deren Existenz Ytm Kiiegsvolke abhing. Alle diese
vielen Tausende von Weibern, Buben und Heerschmarotzem lebten
vom Kriege, ohne Sold zu bekommen. Als einmal der Trofs Wallenstein's
mit den un/iililigen Wagen voll geraubten Gutes mit all den Weibern,
Kindern und dem zugehörigen Anhängsel vorübergezogen war, sagte
ein kaiserlicher Hofbcaniter: „Gott tröste den Ort, wo die hinkommen
und ihr Winterlager halten." Gegen den Schlufs des Krieges meldete
der (jcneral (i ronsleid, dafs sich bei der kaiserlich-bayerischen Armee
40000 Süldüteri befänden. Dabei war aber ein Trofs von 140000 Köpfen,
die alle keine liationen erhielten und für den Unterhalt ^Iber sorgten.
Es ist begreiflich, wa^ solche Heere iUr ein bereite mehrmals abge-
fressenes Land bedeuteten.
Den Trofs deckte auf dem Marsche eine geordnete Nachhut, denn
nicht nui- ieiudlu he Kricgsleute, in der Regel leichte Reiter, warfen
sich auf die „Canally^, wie Feldmarschall Holk den Troia namite,
sondem häufig auch wildes Bauernvolk, das sich susammensoharte,
um wenigstens einen Teil von dem wieder zu gewinnen, wae msn
ihnen kuia vorher mit Gewalt weggenommen hatte. Oft wollten sich
letstere nur an ihren geschworenen Feinden, den Landverderbem auf
grausame Wdse rSchen, gleiobgütig, ob es sich um das befreundete
Heer handelte oder um das des Feindes. Manche Schaar von Bauern
und Schnapphähnen fiand durch solche Trofsplündernngen dnen
sicheren Unterhalt. Bei plötzlichen Überfüllen wurde es oft not-
wendig, dals sich die Knechte, Buben und handfesten Weiber rasch
zusammenscharten, um sich der Wegelagerer zu erweliron.
Im Lager gab es für die Weibor viel Arbeit. Da mufsten sie zu-
näc hst dem Kriegsmanne ein notdürftiges Heim zurecht richten, wozu
die listitrei* Huben ans den nächsten Dörfern das Zubehör zusammen-
trugen. Strub und Sparren von manchem Bauerndache wuideii oft
in Ennangelung anderen Materials ins Luger gescliaflt. Federvieh,
das über diu Dorfgasseu lief, war nicht sicher und gar manchen
Hammel, der sii-h der Aufsicht seines Bauern entzotjen hatte, M-hleppten
sie als l'estbraten zum Kochkessel. Diese Jungen waren abgefeimte
Taugenichtse, die mitunter mich einem Bäuerlein ablauschten, wo er
vor dem anrückenden Kriegsvolke seine beste Habe verbarg oder
vergrub. Die Aulgabe der Weiber war es dann zu sieden, zu schmorren
und zu braten, das wenige Weilszeug zu wasdien und die zeniasenen
Wamser auszubessern. Mancher Kriegsmann trug seit dem letzten
Scharmätzel einen Schaden am Leibe, und das Weib mulste nun den
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Soldatenleben im dOj&hngen Kriege.
Erkrankteü waiten und pflegen, denn der Feldscherer waren es wenige,
und die Heilkunde lag im Argen. Manches Weib war eine gesuchte
Hebuiime für die Soldatenfrauen^ die im Lager niederkamen. Es gab
aber auch Dieiiste, f&r welche die Geeanunfheit anfkommen muiste.
Die Weiber hatten nftmlich die freien Fl&tBe xoid die Lagcrgassen su
■äubern imd in Ordnung zu halten, auch die „Mumplätse** za fegen.
Da gab ee trots der unsauberen Arbeit keinen Widetspmdi, denn die
unzarten Steckenknechte führten die Au£richt und kaxmten in der
Segel kein Erbannen. Sollten an einem belagerten Orte Sdianzen
aufgeworfen und Faschinen gebunden werden, um die Gräben ane-
zufüllen, mufeten die Dirnen und Buben ebenfalls mithelfen.
Das war eine wilde Weiberwirtschaft. Bei den Schweden herrschten
anfangs bessere Zustände, denn der König duldete keine Dirnen. SpAter
mufste er sich den rohen Kriegssitten seiner Zeit fügen, weil sonst
die Regimenter versagt hätten; fiir die vielköpfige Soldatenjugend er-
richtete er sogar eigene Feldschulen. Nach dos Königs Tod war das
schwedische Heer um nichts besser, als die anderen, ja, übertraf
dieselben noch in wildem Treiben.
Militärisohes ans BnOdand.
Rekmteii'ISiisteQuag 18M und 1895. — Remcnitiraiig der Kasaken-Trappen. ^
tJnifenniruag etc. der aenea Dragoner-RpLrimpnter. — Neue Pferdeauirflstong
der JLafiaken.
Die im „Russischen Invaliden*' veröfibntlichten Ergebnisse der
Rekruten-Einstellung im Jahre 1894 sowie die Angaben bezüglich der
Rekruten-Verteilung för das Jahr 1895, sind, obgleich sie Laupt-
sächlich nur trockene Zahlen enthalten, so charakteristisch für die
Wehrkraft Rufslands, fiir die physischen und moralischen Eigen-
schaften des russischen Soldaten, dais sie unser hohes Interesse be-
anspruchen.
Zur Ergänzun«; der Armee und Flott« waren im Jahre 1894
270000 Rekruten » iiizustellen; der Einberufung zur Losung aber
unterlagen in diesem Jahre 1024167 Mann, d. h. alle diejenigen,
welche zwischen dem 1. Oktober 1893 und dem 1, Oktober 1894 das
21.LebensjaJiir vollendet hatten. Hiervon genossen jedoch 224918 Mann
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344
MOitärisches aus Bafiknol.
(d.h. 2470) in Folge häuslicher Verhältnisse (einziger Sohn in der
Familie, einziger arbeitsfiUiiger Sohn arbeitennfShigeift Vater n. 8. w.)
unbedingte Dienstbefreinng, während weitere 2368l6M&nn, eben»
felis in Folge häuslicher VerhSltnisse, bedingte Dienstbefreinng ge-
nossen. Fast die Hälfte aller Wehrpflichtigen (48,1%) l^Atte
also Anspruch auf unbedingte besw. bedingte Dienst-
befreiung. Als gftnzlicfa dienstuntauglich wurden 37587 Kann (4,97o)
bezeiohnet; 74429 Hann wurden, aJs zum Dienst im stehenden Heere
untauglich, aber waffenfilhig, der Reichswehr 2. Au^bots überwiesen;
87900 Mann wurden w^^ zeitweiliger Dienstnntauglichkeit zurück-
gestellt. — Der TiOSTing stellten sich nicht 33761 Mann, dar-
unter 7994 Juden (d.h. 15|77o aller Juden). Zur Einstellung
in die Truppe wurden angenommen 268447 Mann; die übrirren
ausgelosten 1553 Mann (darunter 79,3% Juden) hatten sich nicht
gestellt. Da bestimmungsgcmäfs für jeden siel» drückenden Juden ein
anderer Jude, gleichviel oh er Anspruch auf Diensthefreiung hat oder
nicht, eingestellt w'ird, so gelangten u. a. 430 Juden zur Einstellung,
welche, in Folge liäuslicher Verhältnisse, Anspruch auf unbedingte
Dienstbefreiung gehabt hätten.
Von den Ausgelosten hatten Anspruch auf verkürzte Dienst-
zeit, auf Grund höherer Schulbildung 21976 Mann, und zwar
anf 2jUirige Dienstaeit (Kursus der Lehranstalten 1.
und 2. Grades» oder 6 KUusen
des Gynmaffiums) .... 405 Mann
„ 3 „ „ (Kursus der Lehranstalten 3.
Grades) 1904 „
^ 4 „ ^ (Kursus der Elementar-Volks-
schulen) 19667 „
Lesen und schreiben, oder nur lesen konnten . . . 79380 „
Es waren also des Lesens kundig . . . .101356 Mann
oder 37,8% ^^^^^i eingestellten Rekruten.
1708 Mtam (Ärzte, Veterinäre, Pharmazeuten, Lehrer und Ei^
zieher an Staats^ und anderen höheren Lehranstalten, Penaaonftre der
Akademie der Künste) wurden, dem Gesetze gem&ls, naofa erfolgter
Auslosung sofort (auf 18 Jahre) zur Reserve entlassen. Es blieben
also 266^61 Mann, darunter 2552 fUr die Flotte, zur Einstellung
in die Truppe übrig.
Yr)n den nicht zur Einstellung gelangenden Wehrpflichtigen wurden
220942 (21), 1 "/o) Mann, — d. h. alle diejenigen, welche als voll-
konnncn diensttauglich erklärt worden, aber in Folge von Überzahl
nicht zur Einstellung gelangen konnten (aulser den unbedingt vom
Dienst befreiten) — der Eeichswehr 1. Aufgebots, in weicher sie
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HUHiriKhM AHB Rulaland.
345
bis ziira 43. Lebensjahr verbleiben, überbliesen. Von diesen Reicbs-
wehrleuten stehen nur die vier jüngsten .lahrgänoje unter militärischer
Kontrolle; diese können zu je zwei G wöchentlichen Übungen ein-
gezogen werden.
Der Reichswehr 2. Aufgebots wurden 339071 Mann (33%)
zugezählt, d. h. aulser den oben erwähnton 74429 bedingt Dienst-
nntanglichen alle diejenigen, wdche Anreeht auf nnbedmgto Dienat-
befreinng baben.
Für das Jabr 1895 beträgt die Zahl der znr Losnng embemfenen
Wehrpflicbtigen (abgeseben von den im Voi^ibre zoriickgestellten,
welche oben mit eingeredbnet waren) 976789 Hara^ von denen
208973 Mann, auf Gnmd btudidier Verbftltniase, unbedingt vom
Dienst befreit sind. 277400 Mann gelangen als Rekruten zur
Einstellung. Bis zum Jahre 1893 &nd die Verteilung der Rekruten
auf die verschiedenen Gouvernements, und innerhalb dieser auf die
Aushebungsbesirke, im VerhältniTs zur Zahl der aus den betreffenden
Gouvernements zur Gestellung gelangenden Wehrpflichtigen statt. Da
nun aber die Zahl der auf unbodinfrto Dionstbefreiung Anspruch
habenden Wehrpflichtigen in den verschiedenen Gouvernements eine
sehr verschiedene ist, so kam es vor, dafs aus einzelnen Bezirken
Leute, welche .\n->prueh auf bedingte Dienstbefreiung hatten, ein-
gestellt werden ulul^tell. wahrend aus anderen Bezirken Wehrpflichtige,
welche gar keinen Ansprneli auf Dienstbefreiiing hatten, dennoch vom
Dienst ganz befreit bheben. Zur Ausgleichung dieser Unregelmälsig-
keiten findet seit dem Jahre 1893 die alljährliche Verteilung der ein-
zustellenden Rekruton auf die Qoavwnements, im Verbältmfe zur Zahl
der Wehrpflichtigen, nach Abzug jedoch derjenigen, welche Anspruch
auf unbedingte Dienalbefreiung haben, statt „biTalide^ Nr. 181 rev^
dSentlichte in Folge dessen die Verteilung des dieqihrigen Rekruten-
Kontingents von 277400 Mann auf die einzelnen Gouvernements und
Berirke.
Bemerkt muis noch werden, dafs in obigen Angaben die wehr-
pflichtigen Kasakcn und die Wehrpflidltigen des GrofsfOrstentums
Finnland nicht eingerechnet sind.
Die Bestimmungen über die Ergänzung der Don-
Regimenter und -Batterien an Pferden sind auch auf die
Truppenteile der übrigen Kasaken-Heere ausgedehnt
worden Fs ist bekannt, dafs nicht nur die in den Front-Tnippen-
teilen betiiuUu lion Kasakcn 1. Auffrebots, sondern auch die auf Urlaub
entlassenen Kasaken der Truppenteile 2. Auf[j;<d)ots, ein eigenes voU-
koniuien diensttaugliches Reitpferd als Eigentum besitzen müssen,
während nur die Kasaken '6. Au%ebot8 sich erst bei der Mobilmachung
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MUit&rischea aus RolaUmd.
beritten zu machen braucben. Um nun die Abgänge von Pferden in
den Frool^Truppenteflen n dedcan und Emtz ffir die dieoBtantanglidi
gewordenen Pferde zu ach&ffen, ist den EaBaken-TruppenteOen ge-
stattet, bei der Entlaeenng der aiugedientea Mannediaften im Herbtt
zum 2. Aufbot, von diesen diensttaugUohen Pferden zu kaufen, d. h.
der zur RutlaBfiniig konunende Easak erhült für sein dienstbrauebbares
Pferd ein dieostuntau^idies, wofür ihm ab EntaehSdigung eine g^inue
Summe bezahlt wird. Dafb dieeee Veiftbren nicht gerade gfinztig
auf den Pferdebeeitzer der Kasaken -Truppenteile 2. Aufgebots ein-
wirken kann, liegt auf der Hand. Nur wenn auf dieee Weise der
Bedarf an Pferden nicht ToUständig gedeckt werden kann, worden die
fehlenden Pferde am Don auf Rechnung der Regimenter angekauft
und diese im Frülgar mit den neu eintrefißBuden Mannschaften zu-
geführt
Von den beiden uniforinirten Dragoner-Regimentern hat das
50, braunen Wafienrock mit gelben Achselklappen und Vorstöfsen er-
halten; es ibt dieses das zweite ^braune"* Regiment der russischen
Armee (aufserdem 36. Dragoner), was bei der gleichförmig dunkel-
grünen Bekleidung der ganzen übrigen Armee um so auffallender ist.
— Das 41). Dragoner-Uegiraent Archangolgorod führt silberne Trom-
peten mit der Inschrift „dem Dragoner-Regiment Arcbangelgorod für
Sohnelligkeit und Tapferkeit bei der Einnahme der Stadt Beriin, am
28. September ITeC*; diese Trompeten gehörten dem ehemaligen
Dragoner>Begiment Arehangelgorod an, welehes eich bd der Einnahme
Berlins besonders ausseicfanete; das Begiment wurde sp&ter anmeldet,
die Trompeten wurden bis jetzt beim 2. Dragoner-Begiment aufbewahrt
Die berittenen Kasaken-Truppen erhalten eine neue gleiidi-
miUsige Pf er de- Ausrüstung; dieselbe besteht der Hauptsache nach
aus einem hölzernen Bock mit Sattelkisaen, das gleichzeitig als Pack-
sack benützt wird; die Sattelgurte haben eine besondere Vorriobtung
für die Dschigitowka (Voltigion); das Vordergepäck besteht aus Mantel,
Fouragierleine, Piquetpfahl, das IRntergepäck aus den Packtaschen,
welche über den Hinterzwiesol gehängt werden, aus dem Hafersack
und dem I leunetz. Das Zaumzeug besteht aus Trense, Vorderzeug
und Schwanzriemen. Alles Leder/eng, Beschlag u. s. w. sind schwarz,
nur die Garde- und kaukasischen Kasaken haben blanko Metall-
vemcrungen. Aufser '» Patronenrahmen (y.n je '> Patronen) in der
Patronentasche, hat jeder i\asak noch die gleiche Patronenzahl in der
Packtasche. - Bis zum Jahre 1899 jedoch ist die Benützuug der
alten Pferdeausrüstung gestattet.
d. 1. 11. 95. V. T.
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XXVL
Kleine beeresgeschictitliGhe Mitteiluiigeii.
1. Ein Urteil Friedriek des Chroften über die Bedevtang
de« Heerweaens für den Stuft. Der König schrailit am 19. Oktober
1761 sernem Bruder August Wilhelm, dem Frinsen von Prenlbeii, aus
Potsdam: ^Mein lieber Bruder. Ich bin erfreut, dals Sie Qir Begunent
in 80 gutem Zustande getroffen haben. Die Truppen sind die
Sftnlen des Staates; wenn man sie mdht mit fortwährender Auf-
merksamkeit in detjenigen Ordnung und guten Verfassung erhält, die
sie haben müssen, so drohet dem Staate der Untergang und der erste
Sturm wirft ihp über den Haufen." (Polit. Korresp. VIU. 488.) An
anderer Stelle sagt er: „Wenn der Herrscher sich nicht selbst
mit dem Heere beschäftigt und das Beispiel gicbt, dann ist
Alles verloren." ^O* uvres de Fredcric le grand IX. 1S6.) Schbg.
2. Die Kettung der Fahnen des enjjrlisehen 3. Infanterie-
Reirinients, der nach ihren büllfilarbigen Kragen und Aufschlägen
genannten ßuffs, in der Schlacht von Albuora am 1(5. Mai 181], wo
General Beresford den Versuch des Marsclmlls S<jult, tlie Festung
Bada-joz zu entsetzen, vereitelte, war der heldenmütigen Tapferkeit
und Hingabe der Träger jener Ehrenzeichen, zweier Offiziere, zu
danken. Dem einen von ihnen, dem Lieutenant .Mathew Latham, war
die Königsfalme anvertraut. Als die anstürmende französische
KavaUerie in die Glieder der Briten einbrach, spaltete ihm ein Säbel-
hieb das Gesicht und zeichnete ihn ffir sein ganzes Leben, ein zweiter
traf seinen linken Ann und die Hand, mit welcher er die Fahne hielt,
ein Lanzenstich warf ihn zu Boden. Er geriet unter die FüAe der
Kfimpfenden, niemand beachtete ihn und ebensowenig das Kleinod,
welches er zu schützen hatte. So blieb er auf der Wablatatt Hegen,
mit dem Aufgebote seiner letzten Kräfte trennte er das Fahnentuch
von der Stange und verbarg es unter seinem Körper. Als es nach
der Schlacht an das Beerdigen der 'l'oten ging, fand dort ein Sergeant
vom 7. Fü8iUer'>Reginient die dem Feinde glücklich entzogene Trophäe,
in ihrem wackeren Träger Wirde noch Leben entdeckt und beide
wurden gerottet. - Die andere Fahne, die Regimentsfahne, war
bereits verloren, als das wechselnde Sehl achtenglück sie den Buffs
wiederverschaffte. Ihr Irägei war ein Ofüzier, welcher erst fünfzehn
Lebensjahre zählte, der Fähnrich Edward Price Thomas. Mitten im
348
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.
Handgemenge und von Fanden umringt, wurde er angefordert, eich
zu ergeben. Ab er rieh weigerte, fiel er unter den SMx^en der
franzöasclien Beiter, deren Beute die Fahne ward. Aber die 7. FSriliere
nahmen mit Sturm den Hügd, auf wddiem rie verioren gegangen
war, und dort fiel auch die Fahne in ihre Hand. Von der Kompagnie,
zu welcher Fähnrieh Thonu» gehörte, waren, als die Schlacht zu
Ende ging, rin Sergeant und ein Gemeiner fllmg; am Hoigen hatten
63 Mann in Reih und Glied gestanden. 14.
3. Theatralisehe Zerstreuungen im Lagerleben. Der Mar-
schall von Sachsen, Heerführer Louis XY. führte im Felde stets
eine Truppe Schauspieler mit sich. In seinem Hauptquartier war
komische Oper so regelmäfsig wie zu Paris. Daselbst gab er seine
Befehle nebst der Disposition zum Troffen. Alsdann erschien zwischen
den beiden Stücken die vornehmste Schauspielerin und kündigte
Folgendes an: „Morgen, meine Herren, ruhet das Theater, wegen der
Schlacht, welche der Herr Älarschall geben wird. Übermorgen: „Le
Coq du village, les amours grivois etc." — Der Marschall meinte, die
Franzosen gingen nie so gut drauf, als wenn sie lustig und munter
angeführt würden, und dafs dasjenige, was sie im Kriege am meisten
fürchteten, die Langeweile sei. Da er nun unmöglich die ganze
Armee mit sich in die „Opera comique" nehmen konnte, so kann min
man sich denken, dafe es in seinen Lagern nicht an Geigen, Klari-
netten, Markotenderzelten und Marionettenspiel, hauptsSehlich nicht
an Lustdimen fohlte. (Oeuvres posthumes de Marmontel. L 285.)
Von der Vorliebe der Franzosen für dergleichen Zerstreuungen
im Lagerleben wdfo feiner Faj in seinen „Souvenirs de la guerre
de Grimee'* Folgendes zu belebten. — Mitten im Lager Yor Sewas-
topol hatten Soldaten des 2. Zouaven-Regiments ein kleines Theater
helgerichtet, wo sie komische Stücke gaben, in denen die unbärtigsten
Soldaten die Frauenrollen übernehmen mufsten, mit Kleidern, welche
sie von den Marketenderinnen liehen. Einige Tage vor den Vor-
steUnngen Mmrden im Lager lithographirte Programme ausgeteilt, die
zu reger Teilnahme aufforderten. Wer nicht durch den Dienst an
die Laufgräben oder das Zelt gefesselt war, wohnte dics(^n Vorstellungen
sehr irern bei, die durch den Donner der Festungsgeschütze einen ganz
eigenartigen Charakter bekamen. Nicht selten kam os vor, dals die
Vorstellung durch einen Ausfall der Russen unterbrochen wurde; dann
mufsten schleunigst Schauspieler und Zuschauer in die Parallelen
eilen. — Am 10 .Tuni sollte Vorstellung sein; die schon am 6. her-
gestellten Pro^rauiino waren bei den verschiedenen Korps verteilt
worden, als man im Lager von den grofsen Plänen für den folgenden
Tag Kenntnifs bekam. Die Vorstellung muiste verschoben werden,
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Umschao auf mOitärtechniBcheiu G«biet
349
die ScLauäpielei- mufsten Kostüm und Rolle wechseln. Das feindlidie
Feuer verschonte aber eben so venig die Kfinstter ivie deren Be-
wunderer. Zwei Tage später wurde ein abgefindertea Programm im
Lager ?erieilt^ an dessen Spitze dch folgende Notiz fimd : „Lundi
11. jiiin 1855. Au b^^oe des blesses du 7. an 8.juiii. Represen-
tation extraoidinaire." Dann die einfiichen und ergreifenden Worte:
„Deuz amatenrs ajant kie tnee, et plusiems Uess^ on a et6 obUge
de changer le spectade qn'on ae proposait de domier.*' Sohbg.
XXYIL
Umschau auf militärtectmischem Gebiet
Vor]
Joseph SdioUy Mi^or a. D.
Handfenerwftffen.
Auf diesem Gebiet ist eine Ruliepause oiDgetreten. Nachdem das
Gerücht über die Auiiulmic eines ü mm Gewehrs in Österreich-Ungarn
sich als unbegründet erwiesen, ist die untere Kaliber^Grenze der
Handfeuerwaffen in Eniopa mit 6,5 mm gegeben. Dala Österreich-
Ungam indefs die Versndie mit 5 mm Gewehren fortaetat, ?relche
1894 ein günstiges Resultat ergeben hatten, dafe man entsprechende
Yersache auch in andern Staaten betreibt, ist anzunehmen, es ist
anch nicht ausgesehlosaen, dala dieses Kaliber sich noch einmal lebens-
fthig erweisen wird, sobald die Pnlverfrage geregelt ist.
Zur Zeit sind in 3 Staaten Versuche mit Terinderten Gewehr-
modellen des bisherigen Kalibers im Gange. Das Gewehr- Muster
1895 inöst erreich - Ungarn, welches wesentlich erlnchtert ist, fand
in letzter Umschau Erwähnung. Man erprobt gegenwärtig 2 Modelle,
eins der Steyrer GewehrÜabrik und eins der ungarischen Waffenfabrik,
die sich aber nur in unwesentlichen Einzellieiten unterscheiden. V^or-
suchsweise in Händen einzelner Truppenteile ist eine Abänderung am
Deutschen Gewehr SS; der Magazinkasten ver<;lcidit sich, ähnlich
wie beim verbesserten Mausergewehr, nut der unteren Fläche des
Schaftes und ist liier geschlossen, dadurch weni^'er der Verschmutzung
ausgesetzt. Versucht wird auch ein Stichbajonett. Die Patronen
werden beim abgeänderten Gewelir mittelst des Ladestreifens ein-
gebracht. (liT nicht mit in »bis Matra/.in eintritt, sodais letzteres unter-
halb nicht mcia uücn zu sein braucht.
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350
Umschau auf militfatecbniachem Gebiet.
In Frankreich ist wieder von einer Verbesserung des Lebel-
gewehrs die Rede. Es ist in der Budget-Kommission dafür ein Posten
in Ansats gebracht worden. Einerseits heiCrt es, es handele sich nm
eine Verbessening der Patronen, andrerseits ist die Rede von einem
kleinen Apparate» durch welchen Schnelligkeit, Sicherheit und Durdi-
schlagskrsft des Schusses erhöht werden (?. Köln. Zeitung Nr. 851).
Viel läfst sich aus der Mitteilung nicht ersehen, jedenialls ist eine
Änderung der Patronen-Einrichtung beabsichtigt, aber wohl mehr als
die firüher einmal aufgetauchte, Yon uns damals widerlegte Ver-
ringerung des Geschofsgewichts. Der Lademodus kann bei der Go-
lingfügigkeit der geforderten Summe nicht wesentlich geändert sein.
— Jedenfalls ist anzunehmen, dafs keiner der drei Staaten, weldie
der höchsten Kaliberstufe angehören, fürs erste an eine Neubewaffiiung
denkt.
Folgende Staaten haben z. Z. das fi,5 mm Kaliber endgültig
angenommen: Italien im M/1891, Rumänien im M 93, Nieder-
lande, Norwegen, Schweden. Die Geschofsgewichtc betragen 10
bis 10,5 g, die (leschofsgeachwindigkeiten 700 — 740 ni, Gewehrge\nchte
3.8— 4 kg, Patron cngcwiclite '22— 23 g. Bei den Gewehren von Italien,
Rumänien, Niederlande ist die Puckctladung nach Mannlicher, Scliwoden
hat den Ladestreifen nach Mauser, Noi-wegen hat das seitliche Magazin
Krag-Jörgensen, wie es zuerst Dänemark, später Nordamerika iiir die Land-
armee angenommen hat Die Patronen können mit und ohne Halter an-
gelegt werden. Bis 500 m genügt bei diesem Kaliber eine und die-
selbe Visirstellung. Das spanische Hausergewehr M/93 hat zwar
daa Kaliber 7 mm, indeft ziemlich fthnliche VechSltnisee wie 6,5 mm:
Oescholsgewicht 11,2 g^ Geechofiigeachwindi^eit 728 m, Gewehrgewieht
8.9— 4 kg, Patronengewicht 24,6 g. 2Swisohen den ersten Kleinkalibem
von 8 und 7,9 mm, wie Frankreich, Österreich-Ungarn, Deutschland,
und dem Kaliber von 7 mm haben sich eingeschoben: England mit
Lee-Metford M 1880 Muster IT 7.7 mm. Belgien mit älterem Mauser
M 1889, ebenso Türkei 7,65 mm, Rufsland M/1891 7,02 mm, Schweiz
M/S9 7,5 mm. Die Geschofsgewichte gehen von 13,7 bis 14,1g, Geschof*«
gesch windigkeiten 600 bis 650 m, Gewehigewichte 3,9 bis 4,S kg, Pa-
tronengewichtc 25,8 bis 28 g.
Über ein Repetirgewehr von 6,5 mm M/U3 des Systems
Manser-Mannlicher, konstniirt von der Österreichischen WaflFen-
fabriks-Gesellschaft zu Stcyr, sind kürzlich an verscliiedeiien Stellen
Angaben verüfFontliclit worden. Verschlufs- und Schlofs-Mechanismus
ist System Mauser und fast entsprechend dem deutschen Gewehr 88,
die Repetitions-Einrichtung nach Mannliclicr. Die Visirung geht von
600 bis 2000 m. Der Lauf hat keinen Mantel, sondern einen hölzerneu
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Umtdiaii auf mflitSrtBdhinadiiiii GeUet
851
Handschutz. Der Rahmen nimmt 5 Patronen auf. Die Länge des
Gewehrs ohne Bajonett ist 1,23 m, mit Bajonett 1,48 m, Gewicht ohne
Bajonett 4,01 kg, mit Bajonett 4,37 kg. Der Lauf hat 4 Züge von
0,15 mm Tiefe, 20 cm = 30,7 Kaliber Drall; das Geschofs wiegt
10,3 g, die Ladun^z von rauchlosem Pnlver 2,45 g, die Patrone 22,5
bis 23 g, Geschoi'sliinge 4,83 Kaliber, Länge der Patrone 77,5 mm,
Belastung des Querschnitts 0,31 auf den qmm, Geschofsgoschwindig-
keit 740 m. Der bestrichene Kaiuu gegen ein Ziel von 1 m Höhe ist
bis 400 m gleich der Entfernung, auf 500 m 305 m, auf GiH) m 185 m,
auf 700 ui 110 Ii), aul 800 m 83 m, auf 900 m 70 m, auf 1000 m ÜO m,
auf 1500 Dl lU m, auf 2000 m 8,5 m.
Der entsprechende Karabiner hat eine Länge von 0,956 m, 3,25 kg
Gewicht» GesohoJGageschwincügkeit 675 m, Vinning 600 bis 1800 m.
Im Jähre 1894 wurden, wie hervorgehoben, in Österreich-Üngam
die Venndie mit ämi 5 mm Repetirgewehren mit gfinstigem Erfolge
fortgesetzt. So äuTsert eich lakonisch die nach amtlichen Quellen
sosammengestellte „Übeiaiöht der Versache auf dem Gebiete des
ÄrtOlerie- und WafTenwesens^^ (y. Ijütth. Vm. EL Heft 1895). Erprobt
wurde femer ein selbstthfttig wirkendes 6 mm Repetirgewehr
vom Major Julius Maudry. Hier bewegt sich der »Lauf in einer
Hülse beim Schusse um ein geringes Mafs nach rückwärts. Hierdurch
wirkt er auf das Griffstück, welches gleichfalls zurückgeht und den
Versohlurs Öfihet, das Schliefsen des letzteren geschieht durch eine
Feder. Die Versuche sollen mit einem S mm Gewehr fortgesetzt
werden An Ropetirpistolon werden versucht eine solche des
Systems Erzher/üg Karl Salvator und Major Dormus und eine solche
des Systems von Mannlicher. Die letztere ist halbselbstthätii:, beim
Alilciicrn wird der bewcf^lichc Lauf durch das Geschdl's nacli vorne
mitgenommen, die rückwili-ts festgehaltene Patronenhülse dagegen
durch eine einfaclie Voriichtung ausgeworfen. Der durch eine Feder
wieder nach rückwärts bewegte Lauf schiebt sich aui die oberste im
Kasten befindliche Patrone auf, das Abfeuern kann nun wieder durch
Spannen des Hammers von Hand aus und Drücken an der Abzugs-
stange oder durch fortgesetsten Druck auf letztere bewirkt werden.
Die Patronen sind zu 5 in einem Ladestreifen Teremigt. Die
Funktiomrung war bisher gut
In Rufsland wurde nach den Studien einer Spezial^Eommissioii
ein Armee-BevoWer vom Kaliber des Gewehrs, also 7,62 mm an-
genommen, derselbe hat bei den Patronen rauchloses Pulrer. Das
Gewicht des Revolvers ist 780 g, der Patrone 12,5 g, das Geacholk
bat einen Mantel von Melcliior-Metall und wiegt 7 g, die Pulverladung
0,8 g. Die Geschofsgeschwindigkeit beträgt 275 m. TrefflOihigkeit
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352
ÜBUcliaa auf nuütirlwichwwdMm Gebiet.
und Doiehflchlagaknft sind grofeer ab bei den meisten andern Dienit-
BeTokern. Es ist dies derVenneidung der Ga»-Entweichiuig zwiedien
Walze und Lauf zn verdanken. Sie wird dadurch erreicht^ dals die
Pa^nenhülse sidi auf die ganze Länge des Geschosses und noch
darüber hinaus erstreckt. Die Walze, welche aufser der Drohung auch
eine Längenbewegung hat, lafst den überragenden Teil der Hülse in
den Lauf eintreten, die Hülse schmiegt sieh dann beim Schufs den
Wänden des Laufs an und verhindert das Austreten der Gase an der
gedachten Stelle. Ausbrennun^eii an derselben werden hierdurch
gleichfalls verhindert, was bei den hohen Verhroiinnngs-Temperaturen
des rauchlosen Pulvers von besonderer Bedeutung ist. Die Walze
tritt nach Abgabe des Schusses jedesmal zurück. In derselben sind
7 Patronenlager angebracht, also 1 mehr als bei der Mehrzahl
der sonstigen Muster. — Die ursprüngliche Konstruktion rührt
vom Lütticher Waffenfabrikanten Nagant her, die Kommission hat
aber viele Änderungen daran angebracht. Die Fabrikation ist zunach.st
dem belgischen Hause übertragen, geht aber später an die russiscbeu
Fabriken über.
Das englische Lee-Hetford-6ewehr ist dort in Bezug auf
seine Geschoi^wirkung von vom herein ungünstig benrteiH worden.
Neuerdings zieht man wieder derartige Schlüsse aus den Angaben
über das Verhalten des Gewehrs im Feldzug in TschitraL Die an
toten Körpern s. Z. angestellten Versuche ergaben viel gröfsere Zer-
störungen als es sich bei den Verwundungen in jenem Kriege heraus-
gestellt haben soll. Die „Bevue de l'Etranger'' September 1895 ent-
hält hierüber auf Grund der englischen Zeitschriften eine kleine Ab-
handlung, ohne indefs zu einem selbstständigen Urteil zu gelangen,
indem zugldch auf die \ oreingenommenheit der englischen Presse
hingewiesen wird. Von den SpezialfHlIen heben wir hervor, dais am
4. April beim Treffen im Pafs von Malakand ein durch 6 Kugeln ver-
wundeter Eingehnriier (darunter ;im Kopf und Rücken) sieh selbst
nach der englischen Amhulan/ bcireben habe und in unglaublich
kurzer Zeit geheilt worden iei. .\uch gelegentlieh der Verwendung
des Gewehrs bei Unterdrückung von Unruhen wird von der geringen
Gefahrliehkeit der Verwundungen berichtet. Die Gegner des Gewehrs
bezweifeln auch, dafs J;isMlbe, selbst in Iiiinden ausgezeichneter
Schützen, im Stande sei, eine Kavallerie-Attacke aufzuhalten. Ahnhehe
Zweifel wurden aber auch in Nord-Amerika laut, als es sich um Ein-
führung des Kleinkalibergewehrs handelte. Die ?on uns mehrfecb
litirten Erhebungen Über die Wirkung der neuen Gewehre «uf Grand
europäischer Vorkommnisse lassen das Gegenteil der ^giyVi»«"» An-
nahmen erkennen.
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ümiehin luf milUirteoiiiiitdieni CMbfai
B58
Geschütze.
Die vorher erwähnte Übersicht der Versuche auf dorn Gebiete
des Artillerie- und Waffcnwcsens in Österreich-Ungarn (1894) ent-
hält u. A, die Erprobung der stahlbronzenen 8 cm Gebirgs-
Haubitzen. Es kam ausschliefslich rauchfreies Geschützpulver aus
Prelsburf^ und zwar Blättchenpulver von 1 mm Seitenlänge und Dicke
aus Gescbützpulver-Masse M/93 zur Verwendung. Die Schufsladung
betrug 0,125 kg, die Wurf ladung 0,063 kg. Gegenüber der im Dienst
eingestellten 7 cm Gebirgskanone ergab sich eine erhöhte Treff-
wahrscheinlichkeit mit der Schufs-, eine gleiche mit der Wurf-Patrone.
Die Tragweite ist bei der Granate um 500 Schritt, beim Schrapnel
um 9000 Sdoitt eiMit Die Gianatwiiiciing ist der bisherigen gleich,
die Sehnpnelwirkuiig beim Sehufs IVs bis 2 mal so grols als bisher,
bdm Wurf wn ein Geringee besser als bisher. Die Laffeto hat in
allen Teilen eine befriedigende Haltbarkeit gezeigt. Erprobt wurde
noch die 8 em Kasematt-Eanone M/94 ümsehan Sept Seite 855),
die stahlbronzene 10,5 cm Kanone vnd die 15 cm Batterie-HanbitEe.
Von besonderem Interesse sind die in Österreich-Ungarn an-
gestellteii YerBoche mit einer stahlbronzonen 7,5 om Schnell-
feuerkanone in Feldlaffete. Die Einrichtung der gezogenen
Bohrung des Geschützrohrs ist jener der 8 cm Feld-Kanone M/75
gleich, deren Kaliber 7,5 cm ist. Das Versuchs-Rohr hat den Fall-
block-Verschlufs des Militiir-Komites. Rohr und Verschlufs wiegen
zusammen 4'21 kg. Man benutzte zunächst die bisherige Geschofs-
Munition, indefs unter Ersetzung der beiden unteren Führungsringe
durch ein schmales Kupferband, behufs leichteren Einpressens der
Geschosse in die metallenen Patronenhülsen. Die zugehörige Feld-
laffete wurde vorläufig nur konstruirt mit Rücksicht auf die Ver-
wendung der Schnellteuerkanone als ambulantes Geschütz fester Plätze.
Sie besteht aus Ober- und Uuterlailetc, erstere dreht sich seitlich um
einen Bolzen und umgreift mit einer Rippe die Unterlaffete derart,
dals letztere sowdbl den Bfickstofs anfhimmt, als das Aufkippen der
Oberiaffete Teihindert Die Elevationsfähif^eit geht von —10 bis
-1-14 Grad, die Oberlaffete Ift&t eine selbstständige Seitendrehnng von
4 Chrad nach beiden Seiten so« Die Bäder werden beim Schals dnrch
eine Elemmbremse gesperrt. Am Laffetenscbwanz ist eine Pflugschar
angebracht und in jenem zur geringeren Inanspruchnahme eine Feder
eingelegt, zu beiden Seiten der Laffete sind für 2 Nummern der
Oeschntzbedienung Sitze angebracht, auf welchen dieselben während
des Feuems verbleiben. Als Ladung wurden 0,25 kg des 2 mm Ge-
SChtttqtulTers M/9d ermittelt. Die erzielte Schufspräzision war im
langsamen Feuer erheblich besser als bei der 8 cm Feldkanone, da-
J«hzkB«h«r fir 4te DMtMh» AniM Ud MkiiB». B4.91.S. 24
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f^ejren im Schnellfeuer nur halb so gut, indefs für den Verwendungs-
zweck ausreichend. Die Geschofsfreschwindigkeit stimmt mit derjenigen
bei der 8 cm Kanone nahezu übeiuin. Bei einem Orientirungsversuch
mit Granaten und Schrapnels war die pro Schufs erzielte Wirkung
praktisch gleich jener der 8 cni Feldkanone. Das Rohr hat eine ge-
nügende Ausdauer und Haltbarkeit gezeigt und trotz ziemlich starker
Ausbrennungen im glatten Gescholsrauiu nur eine unwesentliche
Heiflibmiiideniiig te SofanftpriisUon effiJma. Dasselbe gelangt ab
„8 an Panzer-Kaoonenrobr M/Si** und „8 cm Minlmftlwcharten-KMKUien-
xohr snr Einltthnrng.
Der RQddaaf betrug bei eingegrabenem Laffetensobwanz böchstens
7 cm. Durch die Wirknug der eingelegten Feder wurde dae Genbiiti
stete wieder soweit vorgedr&ckti dafs es auch Im SdiDellfeuer durch-
aohmtilich auf seinem Flalse blieb. Es konnten aus der ambulanten
SchneU^Mierkanone 8-~10 gezielte Schüsse in der Minute abgegeben
wnden, unter besonderen Verhältnissen auch 15 Schüsse.
Im Vorstehenden hat man eine Art Vor versuch für ein in die
Feldartiilerie einzustellendes Schnellfeuergeschütz zu er-
blicken, im Kaliber übereinstimmend mit der französischen Deport-
Kanone Jedenfalls würde man bei ernstlichem Vorgehen sich nicht
mit der geringen Geschwindigkeit der 8 cm Kanone M''75 (Granate
423 m, Schrapnel 409 m) begnügen, auch nach einer auskömmlicheren
Geschofswirkung streben.
Den Beweis liefert die Erprobung der stählernen 7,5 cm Schnell-
feuerkunone Nr. 1 in Minimalschar ten-Laffete, welches Geschüt«
die ballistische Leistung des 9 cm Feldgeschützes haben soll. Gefertigt
ist das Rohr in der Artillehe-Zeugsiabrik aus einheimischem Stahl.
Dasselbe hat eme LSngo von 26 fialibem und besteht aus einer
durchgehenden Eemröhre mit aufgezogenem Mantel, der das Keillodi
enthilt Die Seele hat 24 reohteddge Parallehtiige mit steigendem
Drall Ton 45->30 Kaliber Lftnge. Das Rohr hat den stählernen Fall-
Uook-Verscblnls des MilitSr-Koautes oben). Das Rohr mit Ver.
schluft wiegt 396 kg. Man eimittelte zunftcht die Ladung, welche
dem 6,1 kg schweren Schrapnel eine Geschwindigkeit tou 440 m mit
nicht gröfserem Gasdrucke als 1500 Atmosphären verleiht. Dem ent-
sprachen 0,4 kg des 5 mm Blättchen-Pulvers (unter Zufügung von 10 g
gewöhnlichen Gewehzpulvers). Die Präzision war im langsamen Feuer
auf allen Entfernungen sehr zufnedenstellend, insbesondere auf Ent-
fernungen über 2000 m, wo der \'orteil der gröfseren Querschnitts-
belastung lansjer Geschosse mehr iiervortritt. Tm Sclmellfeuer ergab
sich nur die Breitenstreuung ungünsti'jer, doch nocli innerhalb der
Grenzen, dais die Wirkung der Sdmellfeuerkanone gegen feldmäisige
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Ziele nicht beeinträchtij^t wird. Nach Abgabe von 1300 Schufs in
Schnellfeuer-Serien zeigte das Rohr nur ganz geringfügige Anderunfien
in der Bohrung und keine Einbufse an Trefffähigkeit. Die Laffote
konnte „nls 8 cm Miniuialscbarten-Laffete M/O^" in Dienst eingestellt
werden. Unter Verwendung von Einheitskartuschen betrug die Feuer-
geschwindigkeit 10—12 Schufs in der Minute im gezielten Feuer,
unter günstigen Verhältnissen und mit besonders geübter Bedienung
kSonen bis «i 20 Sobub in der Minute abgegeben werden. Die snr
Verwendung gelangten Measing-Hfilaen der Bemdorfer Fabrik baben,
obne Schaden ro nebmen, Usher eine 12ma]ige Verwendung auf-
gehalten.
Zum Vergleioh wurde eine stählerne 7,5 cm Schnellfeuer-
kanone Nr. 2 der Firma E. Skoda in Pilsen herangeflogen. Die
Bohrung des Rohrs weicht nur w^g von der des eben geschilderten
Nr. 1 ab. Der Verschlufs ist Patent Skoda. Verwendet wurde eine
Käsern atten-Laffete der Fabrik, indefs nicht als Versuchsgegenstand.
Die 6 kg schweren Geschosse sind 3Vi Kaliber lang. Als Ladung
innerhalb 1500 Atmosphären Gasdruck wurden 0,38 kg des 5 mm
Blättchen-Pulvers ermittelt, wobei sieb 452 m Gesc'bofsgeschwindi<?keit
ergaben. Die Schufspräzision im Schnellfeuer war günstiger als beim
Rohr Nr. 1, in Folge der stabileren Laffete. Die versuchten gufs-
eisernen Ringgranaten und stählernen Hülsen-Schrapnels ergaben die
gleiche Wirkung wie bei der 9 cm Feldkanone. Beim Schrapnel
wurde (He Hülse durch die Explosion zertrümmert, sodafs es nicht als
llülson-Schrapnel funktionirte. Der Verschlufs hat tadellos funktionirt,
die Patronenhülsen, welche dünnwandig waren, haben gut gehdert,
indels erhielten sie vielfach Risse am offmen Rande, wodurch sie zur
"Wiederrerwendung unbranehbar wurden.
Vorstehende beiden Versuche haben offenbar den Hanpteweok
gehabt, zur Lösung der Frage des Sohnellfeuer-FeldgeschÜtses
beisutrsgen, wenni^eiefa sie als Versnehe zur Sdiafinng einer SchneU-
fenerkaaone auf breiterer Basis bezeichnet sind. Es will seheinen,
als ob sie eine geeignetere Grundlage für das Zukunfkogeschfitz ab-
geben, als der zuerst geschilderte Versuch.
Die Firma E. Skoda in Pilsen hat eine 5,7 cm Schnellfeuer-
Kanone in fahrbarer Panzerlaffete konstruirt, welche dem
Versuch unterzogen wurde. Das gufsstählemo Mantelrohr ist
25 Kaliber lang und wiegt mit Verschlufs 185 kg. Die Panzerlaffete
besteht aus einer stählernen'jPan/erkiippel, in der das Rohr eingelagert
ist, und aus dem kastenförmigen Blechunterbau, der den Bewegungs-
Mechanismus zum Heben und Drehen der Kuppel enthält. Die Munition
ist in blechernen Kästen untergebracht, die zusammen 128 Schuis ent-
24*
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356
Uniflohau auf «wiMt-^Hw^n iw c hf"* Qebifit.
halten. Die Bedienung eribrdert 2 Mann, für welche am drehbaxen
Teil der Laflete zwei kleine Sitze anirebracht sind. Das Gewicht
ohne Ausrüstnn^' ist 2GH0 kg. Die I^an/.crlailete war beim Schiefsen
in einem Geschützstand hinter einer 1,5 m hohen Erdbrustwehr
phicirt und stand mit den Rädern auf einem Schienenjoch der Feld-
bahn. Eine I>adnnK von 0,215 kg des rauchlosen 5 mm Blattchen-
Pulvers erteilt der 2,72 schweren Granate eine Geschwindigkeit
von 48H ni. Rohr und Verschlufs haben im Allgemeinen keine An-
stände ergeben, die Panzerla£fete bietet genügenden Raum für Be-
dienung und Munition. Die Versuche sind noch nicht aoipfiit abge-
Bchlossen, nm über den Eampfwerfe der Xonstniktion, weldie emen
in Ö8terrei<^-Ungam noch nicht eingeffihrten Typus bildet, ein
einmndfreiee Urtdl abzugeben.
In der Schweiz werden die Venuehe mit der 8,4 cm Batterie
und ndt Röhren aus Nickelstahl für MetaUpatronen auch in 1896
fortgeeetet werden, insbesondere ist die Verwendbarkeit kfineerer
Hülsen einer eingehenden PrOfong zu unterziehen. Zur Aimirung ▼on
Forts werden 12 cm Kanonenrohre und 8,4 cm Rohre flür Kasematte
Geechütze aus Nickelstahl beschafft.
In Spanien hat der Oberstheuteoant der Artillerie Ordonez
eine neue Gebirgskanone entworfen, welche das bisherige Geschütz
des Systems Plascncia ersetzen soU. Die erstere ist Schnellfeuer-
geschütz, hat das Kaliber 57 mm, Metallkartusche mit rauchlosem
Pulver, als Geschofs das Schrapnel. Die Laffete ist zerlegbar. Für
jedes Geschütz bedarf es 5 Maultiere, Nr. 1 für das Rohr von 85 kg
Gewicht, Nr. '2 für die erste Hälfte der LaÜeto und die hvdrauhschen
Bronisjn, iiO k<j;, Nr. fiir die zweite Hälfte der Laffete, 85 kpr, Nr. 4
für Räder und Achsi\ 77 kg, Nr. 5 für 2 Munitionskisten, deren jede
20 Metallkartuschen enthält, 107 kg. Jedes Maulthier trägt etwa
15 kg weniger als beim älteren Geschütz, Nach Beendigung der Ver-
suche sollen 100 Geschütze in Irubia hergestellt werden. (R. c. m.
Nr. 35 nach Ejercito espaüol.)
Marine-OeschtLtie.
Hinsichtlich des neuen Artillerie-Materials der frans d>
sischen Marine berichtet die dem Budget-Voranschlag für 1895/96
beigegebene Denkschrift folgende Einzelheiten. Auf die Einstellung
der 42 cm Kanone bei den im Bau befindlichen Schiffen ist verzichtet
und ein kleineres Kaliber vorgszogen, um gröfsere Feuergeschwindig-
keit zu erzielen. Die mittlere Geschoisgesohwindigkeit konnte bei
diesen Gesdiützen um 40 bis 50 m erhftht werden. Eins der neuen
Schififo („Requin")^ erhielt statt 42 cm Kanonen solche von 34cm M/1893.
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Umach&u auf militärtedmischem GtoUeU
357
Das giöfbte Kaliber an Bord dürfte künftig 30,5 cm sein. Die Länge
derselben denkt mau von 45 auf 40 Kaliber herabzusetzen. Die
Geschofsgeschwindigkeit der IG, 4 7 cm Geschütze M/'.)l wird 800 m,
beim neuesten Modelle M/93 sogar noch mehr betragen. Die Geschütze
M/81 bis H/84 aiiid in Schnellfeuergeschütze umgewandelt. Die
18,86 om Geschiltse M/1891 «if Wiegenlaffeten haben sehr znfrieden-
■teUende Eigebnisee geliefert Die Artülerie-Direktion ist mit Her-
stellung eines nenen T^ypos Schnellfeaerkanonen von 47 und 68 mm
Kaliber beschHÜtigt^ weldie eine rasantere Flogbahn besitzen und deren
Verscblu&TOmohtnng sich mehr als die bisherige fiir das Sohneil-
und ununterbrochene Feuer eignet In der Hauptsache wird die 80,5 cm
Kanone den Haupttjpus der groisen Harine-Ealiber, die 13,86 cm
Kanone den noimalen Typus der mittleren abgeben. FOr kleine
Kaliber wird die 4,7 om Kanone am geeignetsten sein.
Mitrailleusen.
In Nordamerika ist eine neue Mitraillouse von Maxim ver-
sucht worden. Zum Infanteriegefecht bestimmt, hat sie verringerte
Dimensionen und so geringes Gewicht, dafs sie durch 1 Mann ge-
tragen werden kann. Das Geschütz allein wiegt 9,333 kg und kann
600 Schufs in der Minute abgeben. Rohr, Laffete, Reserve-Stücke
und Muni tions -Ausrüstung wiegen zusammen 20,53 kg und Alles ist
80 angeordnet, dafs es ein Mann auf den Rücken nehmen kann. Die
Tragweite ist zu 2926 m angegeben, Geschofsgeschmndigkeit 564 m.
Der Mechanismus ist im Allgemeinen derjenige aller Maxim-Mitrail-
leusen. Der Schütze hat Nichts nötig als zu zielen, die Waffe ar-
beitet selbstthätig, so lange noch eine Patrone im Band sich be-
findet Eine solche Waffe kostet 1000 Dollars, der Patronenverbrauch
per Bfinnte beansprucht 24 Dollars. — Das Kaliber ist daqenige des
Gewehrs.
Geschtttzfabrikation.
Der ofifizielle Bericht der fisterrnchischen Zentral-Eommission ftir
die Weltausstellung in Chicago 1893 enthält in dem Abschnitt „Berg-
und Hüttenwesen** nähere Angaben über die bereits im 93. Bande er-
wähnte Röhrenerzeugung von Erhard t in Düsseldorf, nach welchem
Verfahren auch Kanonenrohre mit Erfolg hergestellt werden. Wir
(Tobcn auf Grund dessen das Nachfültionde wieder. In das plühende
massive Stück, aus wclclicin das Rohr gebildet werden soll,
wird ein Dom eingetrieben und dadurch die Höhlung hergestellt.
Dabei befindet sicli das 4 kantige Materialstück in einer Form vom
Querschnitt des Rohres, die also rund ist, eingesetzt und wird der
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358
UmBchau auf militirtechniBchem Gebiet
Dom in das Zentnim desselbeiL eingeprefBt, sodab das Material nach
anltoii gedringt wird und den zoTor leer gebliebenein Teil der Form
(die Segpnente) erfnlli Der Qaenehnitt des Dorna muls deomadi
fgMk dar Snmme der freien Fliehen der Form sein. Das Material
wird für diese Arbeit rotwaim gemacht. Für das Eintreiben dee
Dorna dienen hydraulische Pressen. Ist auf solche Art das Rohr hei^
gestellt, so wird es durch Ziehen auf die gewünschten Abmessongen
gebracht. In Chicago waren derartige Rohre bis 4 m Länge aus-
gestellt. Der Erfinder giebt an, dafs er aus Flufsstahl von bis
90 kg Festigkeit anstandslos Röhren mit 20 cm Weite unter An-
wendung eines Drucks von 180 t hergestellt bat. Gewehrläufe werden
in einem Moment derart gelocht. Das Verfahren ergiebt sofort eine
glatte Innenfläche, und, was für Feuer\vaöen gewifs wertvoll ist, ver-
dichtet das Metall, besonders an der Innenwand; es erfordert nur
eine verhältnirsmulsig geringe Betriebskraft und geringe Anlagekosten.
' — In Üateireich hat die Poldihütte das Verfahren erworben und die
hierfür nötige horizontale Presse mit 1000 t Druck aufgestellt Aua
dem ▼orzüglichen Pddi-GolsBtahl können sonach auf dieeer Hütte die
besten StaUkanonaniofare hergestellt werden. (Mitt YJIL IX. Heft)
*
Sprenggraiiateii.
Die Schweizer Artillerie-Veranoha-Station hat Schiefa-
und SprengTorsuohe mit 12cm QnlaeiBen-Grttnaten mit Weifa-
pnlTor-Sprengla düngen angestellt» aua deren Ergeboiaeen wir das
Nachfolgende entnehmen. Da es sich hier um Brisana-Granaten
handelt, so haben jene ein allgemeineres Interesse.
Auf der Entfernung von 20 m beim Schiefsen gegen Holzwände
erhielt man den Streuungskegel bei den Aufschlägen am Boden be-
stimmt zu 91", aus den Treffern in den Zielwänden bestimmt zu 96*'.
RückwärtstreflFer sind kaum nachirewieson worden. Auf 2000 m be-
stimmte sich der normale liorizontale Streukegclwinkel zu etwa 145".
Auf den Rückseiten der Ziel wände konnten auch bei den Schüssen,
bei welchen die flranaten kurz hinter den Wänden sprangen, kerne
Anschläge von Geschofssplittem nachgewiesen werden. Darnach tiiegen
vom Sprengpunkte aus keine Sprengstiicke nach rückwärts. Die Ver-
teilung der Treffer, welche meist etwas unregelmäfsig ist, zein;t im
wesentlichen einen dieiteiligen Streukegel, uamlich eine Gail/c uacn
vorwärts, und je eine nach rechts und links, wobei in den Zwischen-
rftnmen awisdiea diesen 3 Garhen nur Yeremaelte Treffinr -vorkommen.
Anf 2172 m Entfomnng worden in gutem tie%randigem Basen-
hoden am Ahhang folgende mittlere Sprengtrichter-Ahmesaangen er^
aielt: Lioga 2,7 m, Braite 2,6 m, tiefe 1,14 m.
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359
Die bklierigeii Eigelmisse entsprangen dem Sdiiefimi ans 12 om
Kanonen; dagegen ergaben sich beim Werfen mit dem 12cm Feetangs-
mörser mit 60 Elevatiou auf 2870 m gegen die freie Ebene als
mittlere Sprengtriohter-Abniessangen:
Länge
Breite
Tiefe
1,8
0,8
1,4
0,6
„ teilweise steinigem Boden ....
■ n 1,9
1,6
0,8
Die aus steiniger Erde bostehende alte Brustwehr einer Frld-
schanze von 5 m Kronenbreite wurde durch 28 Scbufs (22 Treffer
gegen die äufsere Brustwehr oder Krone) der 12em Kanone auf 1924 m
Entfernung auf 5 ni Breite durchbrochen. Die aus guter fester Erde
bestehende Brustwehr einer Po.sitionsbatterie wurde mit der 12cm
Kanone auf 2006 m durch 56 Schüsse, wovon VJ die äufsere Brust-
webr der Krone getroffen haben, in einer Dicke Ton 16 m in der
Schnlsrichtang derart dmehsehlagen, dafs das in der fi^rostwehr ein-
gebaate llnnitioosmagarin vnbranohbar geworden nnd der an der
Brustwehr angebaute Unterstand etwas beschftdigt worden ist Bei
weiterer Fortsetzong des Feuers wflren Magaann und Unterstand sebr
bald ganslich aerstört worden.
Die BancherscheinnBg der springenden Granate war eine ganz
gute. Von 356 verfeuerten Granaten ist keine im Bohr sersprungen.
(Sdiw. Z. t A. u. G. Heft 7. 8.)
Pulyer.
Rauchfreies Pulver wurde versucht in Österreich-Ungarn
bei der 7 rm Gebirgskanone M/Hf), der 12 und 15 cm Belagerungs-
kannne M/80 und bei dem 15 cm Mörser M/80 und M/78. Es
handelte sich um die Knnittlung der Äquivalent-Ladungen für die
biüherigeTi Geschorsgeschwindigkeiten. Bei der 7 cm Gebirgskanone
war es auch nötig zu ermitteln, ob die normale Kartiitsihe bei-
behalten werden könne. Da die Ladung vollstilndig verbrannte, so war
eine Abänderung des Goschosses nicht erforderlich. Die Gebirgs-
kanone erhält das 2 mm Blättchen-Pulver von 1893 (Dicke l mm,
Seitenlänge 2 mm), die Belagerungskanone das 7 mm Blättchen-Pulver
(Dicke 3 mm, SeitenUnge 7 mm}, der ttörser Air die gr<ll!rte Ladung
S mm GeechQtipnlver V/95 und ftr die verminderte Ladung daa 2 nmi
Biättehen-Pnlver.
Panier«
Die schwedische Regierung hat ftr die Pamernng eines im
Bau begriffenen Kanonenboots „Oden^ Platten aus Homogenstahl
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360 Umaoluui auf militirtediniiehem CMiiet
bei der Firma Schneider & Cie. in Creusot bestellt, zur Annahme
von Platten ans Nickel- bezw, gehärtetem Stahl hat man sich dort
noch nicht entschlossen. Nach der „Reichswehr" vom 13. September
wurde eine jener Platten einer Beschiefsung unterworfen. Die Probe-
platte hatte 2 m Länge, 1,5 m Höhe, 25 cm Stärke. Sie sollte
3 Scliuls aus einer 15 cm Kanone mit reglementsmäfsigen P'inspong-
Geschossen von 45 kg Gewicht bei einer Au itreffgesch windigkeit von
564 m aushalten. Ein Dnrchdringen der Platte durch das Geschols
oder Teile desselben war anflgeschkasen, beim ersten Sduüs sollte
liöh kein Sprung zeigen imd bei den zwei andern kein Teil dar
Platte Ton der Bttokwand laaen. Beim 1. Sohnla betrog die Anftreff-
geeohwindi^eit 567 m. Die Spitw des Geecliosses drang 26,5 om in
die Platte ein» ohne eben Sprang zu erzeugen. Das Gesdiols müde
auf 12,5 m von der Platte zurückgeworfen. Beim 2. Schnls mit der-
selben Geschwindigkeit zeigten sich diesdben Ergebnisse und wurde das
Geschofs Hm weit zurückgeworfen. Den 3. Sdliuls mit 566m Auf-
trefi^eschwindigkeit hielt die Platte ebenfalls ausgezeichnet aus, nicht
der geringste Sprung war wahrnehmbar und wurde das Geschols auf
33 m zurückgeworfen. Nachdem die Platte von der Rückwand, auf
welche sie mit 12 Bolzen befestigt gewesen, abgenommen war, zeigte
die Rückwand nur ganz unbedeutende Beschädigungen, einige kleine
Sprünge und Ausbaucliunpren an den Auftreffstellen der Geschosse von
38 — 40 mm Höhe. Audi die Güte der Geschosse, die vollkommen
intakt blieben und nur geringe Ausbauchungen zeigten, war durch die
Beschiefsung erwiesen.
Gefjcn ein Panzerdeck-Ziel wurden in Österreich-Ungarn
Versuche mit 2i cm Bomben vorgenommen. Das Ziel, 7,5 cm staik,
war senkrecht gestellt und wurde auf 50 m Entfernung aus dem
21 om Belngerungs-Mdrser M/80 beschossen. Nur die stählernen
Bomben haben die Platte mit Eraftaberechulb durchsoUagen, ohne
deformirt zu werden. Der neuartige GranatzQnder mit Verzögerungs«
Vorrichtung bedarf noch der weiteren Ausbildung. Fflr Zwecke der
Kfistenverteidigung ist der normale 21 cm Mörser M/80 ausreidieDd,
wenn die zugehörige Ekraait-Bombe aus Stahl eraeugt ist.
Sonstiges.
Die in der September-Umschau S. 361 erwähnten S Chiefs ver-
suche gegen Fesselballons in östert » irh-üngarn finden in der
„Übersicht der Versuche etc." Berücksichtigung, doch weicht die
Darstellung in Einzelheiten von der früher gegebenen ab. Zunächst
sei ergänzend mitgeteilt, dafs das Schiefsen aus 4 Stück 9 cm Feld-
kanonen M/75 erfolgte, die Schrapnels den Doppelzünder hatten. Beim
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UmsdlAu in der Militar-Litteratur.
361
enten SdiieAen batte der BaUon luush 16 Schub mit Tenchiodener
Tangining bartits eme betrftcbtiitihe Volumen-yennindenmg gezeigt;
ik man ihn dann niederholte, zeigte er einen groiaen Rife und
27 Kngellöeher. Beim zweiten Sddeften stand der Ballon 6800 Sdiritt
ab und winden 64 Schiapnds abgegeben, welche Zünder mit yer-
langsamtemSatz hatten. Nach dem letzten Sobnaee begann der Ballon
rapide zu sinken. Die Hülle hatte 2 DnrdiachUlge, von einem Voll-
treffer herrührendi und 5 Kugelldcher.
XXVIIL
Umschau in der Militär-Litteratur.
I. AuBlindiflehe Zeitselirifteii.
Streffleur's österreichische militärische Zeitschrift. (Oktober.)
Über KaTeUerie^Verwendiiiig. — Abrfigtung? Von W. Portb, k. u. k.
Obent — Über den Wert nnd die Pflege der moraBschen Kraft, Ton
ObeiaÜt. Bieger, » Die fiatenreieliifldie Armee vor 60 Jahren (t. Newald).
— Memoire über eine nene Situationspläne- und Landkarten-DarsteUoiigt-
methode. (Pauliny.) — Ein nonos tcclnnschr^ TV"irkt in Eg}'pten.
Orgiin der niilitär-wissenscliaftlicheu Voreine. 51.Bd. S.Heft:
Über Eta^'-enstellungcu uüd Etagen tbiifr der Feld-Artillerie (Maj. Dalmata
V. Hideghet.}. — Die Militär- Bokleidungsstoffe und deren Beurteilung. —
Daa überaetaen von Sflmpfen (Hptm. Schmiß 4. Haft: Ana dem deatidb-
ftwutöaiselien Kriege. Von C. E.
Hittellungen über Gegenst&nde des Artillerie« und Oeniewesemb
Jahrgang 1895. 10. Heft: Untersuchungen ftber die Funktionirung dea
Schlägers bei Zeitzündern. — Die europäisclien Kriegsbrücken-Systeme.
Armeeblatt. (Osterreich.) Nr. 40: Das Säbelfechten der russischen
Kavallerie. — Das Anbinden (Koppeln) der Reitpferde. Nr. 41: Die Feld -
gescbütz-Frage. — Der Feldzug in Madagascar. Nr. 42: Das neue ungarische
Ebegeseta. — Die Stromttberaetaimg bei Zenta. — Neu konatnurter Kilo-
metendrkeL Hr. 48: Daa Sehieften der Feldartflierie «ua verdeckten
Stellungen. — Die GnudeKtae dea DiaBplbar-Stxafreohtea.
Militär -Zeitung. (Österreich.) Nr. 34: Unsere Artillerie. ~ Über
das Säbelfechten der mariacbon Kavaüene. Nr. 35; Xrirnien für die
VerpÜegs-Feldausrüstxmg. — Die Kavalleriernanöver in England. —
Or^nisationsveränderungen iu der russischen Kavallerie. Nr. 36: Unter-
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IKnoIwi in d« Hllttii^IitteEte.
offidertBchaleii. Vr. 37: Amerikanitehe Srimmen über iä» deatMhai Kaiatr*
manöver.
Die Beiehswehr. (Österreich.) Nr. 822: Die SellietBtiindigkeit des
KompRgnie-Knmniandanten. Die Budwois-Kaplitzer Manfiver (Forts.). —
Ein amerikanisches Urteil über die Adjustininjr der Infanterie der euro-
päischen Staaten. Nr. 823 n. 824: Die B. K. Manöver (Forts.). Nr. 825:
VerheiAong! Erinnert an ^ Mlwn v«r 40 Jahren TerhdjlMne Befonn
des MiUtKi^Stnif^roaefrrerfiairenB. — Die B. K. Manöver (Forts.). Vr.8S6:
Die B. K. Manöver (Forts.). Vr. S87: Die gr66te FloAbrlieke (Aber die
Donau bei Fetesti-Cemawoda in Rumänien. — Zi%'ilisti.scli-Mi1itüriscbea;
behandelt die gröbliche I'iik* 'mm-fs »b r Tajresprpsse Ite/.ügHch militärischer
Einrichtungen und Zu.ständi'. Nr. 828: Das ungarische Ehe- und Matriken-
Gesetz. — Mada;.'askar. Nr. 829: Das nnpfarische Ehe- und Matrikeng<\««etz
in seiner Anwendung aut Miiitiirpersoncn. Nr. 8S0: Die B. K. Manöver
(Forts.). — Madagaskar. Vr.831: Die B. K, Manöver (Sdilab). — Znr
Fnige der in österreieli von liokalbalinen geforderten militlriselien Leislnngs-
ftliiglceit. Hr. 882: Unsere zokilnftigen Regiment^-Kommandanten der
Kavallerie. Nr. 833: Dii' Bjinffy-Hunyad-Manöver. — Der k. k. Landwehr-
Stabsoff^zierskurs. Hr. 834: Das k. k. Landwelir> Budget. — > DieB. £L
Manöver (Forts.).
Journal des sciences militaires. (Oktober.) Gegen die zwei-
jährige Dienstzeit, von General Lewal (Sehr beachtenswerter Aufsatz). —
Vorbereitung der Kompagnie auf den Felddienst (Forts.). Das Gesebüta
d«r Zukunft; g^enwürtiger Stand der Frage (ScUlnfr). — Wmftenbnig,
Froeschwillcr. Cli.ilons, Sedan, ChÄtillon, la Malmaison (Forts.). — Der
Feldzug 1814 (Forts.). — General Alexis Dubois (Forts.).
Lc SpePtateur militftire. (15. September.) Die Lehren von 1870;
mahnt an die damals gemachten Fehler und vergleicht die Armee von
damals mit der prenfsischen des Jahres 1870. — Die Verabschiedung mit
Berücksichtigung der Länge der Dienstseit ftir Ofifixiere. (Lea retraites
proportionelles.) — Dekorationen, Kreofle und MeduDen. (1. Oktober.)
Die neoe Felddienst^Ordnnng. Beriefat der MtUtHr-Bndgetkomniiflsion.
— Die grofsen Mantiver der belgischen Armee. — Dekorationen etc. (Schlufe).
Revue de Cavalerie. (September.) Ein Memoire des General
Pröval über die Organisation der Kavallerie (Anpust 1811). — Ausbildung
und Fiihnmg der Kavallerie. (Forts, der Ubers, des Pelet'silien Werkes.)
— Kezonville, den 16. August 1870 (Öchlufs). — Die österreichisch-
ungarische Kavallerie (SehlndB.). — Die 6arde-K*vaDerie*Divisi<»i hn
itatienisebeD Feldsnge 1859 (Scblufii). Das SehieAen vom Pferde, einseb
und in Salven (Vom mss. Geoeral Souhkomlinoflf)- — Husaren-Brigade
des Oberstlieutcnants von Solu- von Ligny bis Versailles (1815).
Revue d'Artillerie. (Oktober.) Theoretische Studien über Fem-
gläser, besonders betreffend die P>weitennig des Gesichtsfeldes und der
Sehweite. — Das französische Artillerie-Korps: historische Studie (Forts.).
— Graphische Darstellungen zum Öchielsen im iielagcrungskriege.
Bma An €«rele nlllialMi Kr« 89: Die Befomen des «War-Ol&ee.*
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Unuchau in der Militär 'Lltteratur.
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— Die Öchweizerische Armee 1894 (Schlufs). — Die Inianterie und der
Artinanekampf (Schluß). — Die Befotmen des «War-Offiee" (Forts.).
Vr.40: Vergleich der ftunltnBefaen and deatBcfaen Manöver. — IMe Re-
lormen des „War-OfKoe" (Schlafs). Nr. 41: Das zusammenlegbare Zwei*
rad bei den GrofHcn Manövern 1895. — Die neue SchiefsvorschrifL —
Übung der Sanitäts-Dotacbements. Nr. 43 : Das zusammenlegbare Zweirad
(Forts.) — Übung dor Sanitfits-Detacberacnts (Forts.).
L'Avenir militaire. Nr. 2036: Der Streifzng nacb Tananarive. Dem
Zuge des General Ducbesne wird ein günstiges Ergebnils vorausgesagt,
der General wird mit Kleher in Egypten vergliehea Hr. 2087: Die Oenie-
Irnppep die oftikaniache Armee imd die Bodgetkommiasiosi. — Die Be*
hratinuig der Haiinetrappen. Vr. 2038: Die Zahl dor nur ein Jahr
dienenden Soldaten des Jahrganges 1894 beziffert sich auf 65883 (ohne
10000 «gesetzlich hierzu Berechtigte), '/$ ganzen Jahrganges; davon
entfallen auf die Infanterie 50153, d.h. die Hälfte. Nr. 2039: Die Ein-
berufung des Reserve-Regiments. Der Monat Oktober wird als ungeeignet
(&r die Übungen der Reserven beaeichnet Nr. 2040: HifitMrisehe Spionage.
— EnvepKtiehA Politik. Der politiBche Hoxiiont wird als sehr verdtkatert
beoeiehnet Nr. 8041: Operetten-Oenerale. Der ftbertriebene Unifeimpnti,
namentlich 1k i n li'ilieren Offizieren des Heeres- Verwaltungsdienstes wird
getadelt. Nr. 2042 : Kolonial- Armee. Reifliche Erwägung bei Reorganisation
derselben wird empfohlen. Nr. 2043: Die gefrt'nwfirtip-c Kokrntirunp: der
Kolonial-Truppen. Nr. 2044: Die zukünftige Rekrutirung der Koionial-
Armec.
Le Progris militaire. Nr. US66: Genie nnd Arülkrie. Belumdelt
die von der Badgetkonuniasion beachlonene Verdnigong der Verwaltung
bnder Waffen im KriegB-Miniateiinni nnd bei den Armeekorpi. Nr. 1087;
Bericht des Herrn G. Cavaignac über das Militär-Budget. Nr. 1558: Die
Kavallerie hei den Manövern; deren Thätigkoit nnd Führung wird stark
bemängelt. ~ iJic Hckrutinni^^ der Lazarctligehülfen. Nr. 1560: Das
Militärfuhrweben und Algier. — Mel(lereiter(E8tafetteH niontdes); werden nach
deutschem Vorbild empfohlen. Nr. 1561: Der Dienst im Felde; Be-
trachtungen tiber die nene franaOnache Felddienatordnang. Nr. 1M2: Die
Anabildong der Beiare-Begimenter wird ala ichwierig besdehnet; tot
allem müsse dieselbe mit dem Lehel-, nieht dem Graa^Gewehr stattfinden.
Nr. 1563: Die Verteilung des Kontingents (Infanterie 64, Kavallerie ISVti
Artillerie 15, Genie 3, Train 1,8, Verwaltnngsdionfit 1,7, Sanitatswesen
1 Prozent); 17 Jägerhataillone, die algerischen Truppen, Kavallerie, reitende
Artillerie erhalten nur dreijährig dienende Rekruten. Nr. 1664: DieSchielS'
Vorschrift (Auerkenuende Besprechung derselben).
Ii» Fraaoe militaire* Hr. 8440: Der groAe Kanal. Nr. 84il: Grefte
Manöver. Ea wird beflirwerfcet, den fieriehterstattera kone Übenachten
der Operationen einzuhändigen, um genaue und der Wirklichkeit ent-
sprechende Berichte in den Journalen zu endeten. Nr. 3442: Gefecht zu
Fufs, Kann in vielen Fällen nützlich sein, abor der Kavallerist soll
darüber seine eigentliche Beatimmang nicht vergessen. Nr. 3448: Unsere
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UmacbAU in der Militär -Litteratur.
Alpenjäger. Eme Beflifi ktthner Beeteigangen Mitens •oleher werdfla
enKhlt. Vr. 8414: IfadAgaskar und die EffBkdvB. Vr. 8446: Die Ava-
bildung im Schiefsen. I. Hr. 3448: Nach dcu Manövern. Warnt daTOr,
Uber dem yoUatändigen Erfolg der letzten Manöver in den Anstrengungm
nachzulassen. Nr. S449: Bericht de^ I)c]mtirion Cavaignac über die Kriegs-
verwaltunj;:. Nr. 3452: Die Ausl)il<iuiiu' im .^cliierscTi. II Nr. 3453: Die
Kolonial- Armee, (leaeral Tricoche spricht sich günstig über die Vorschläge
von Cavaignac aus, die europäischen Teile des XIX. Korps an die Ost-
grenae m legen und ans den afrikaniiKihen and den Harinetnippen dä»
Kolonial-Amee an bÜden. Hr. 8466: Das Knegabndget Die Konuninion
will weitere 27 Millionen Erspamißbc machen. Nr. 3456: Die Au«?bildung
im Schiefsen. III. Nr. 3457: Die Einnahme von Tananarivc. Rückblick.
Nr. 3459: Erziehung und Ausbildung. I. Nr. 3460: Die Briefr von Gallifet
(gowochsclt mit Gambetta 1878 — 1882). Die militÄrischon Kriegsminister
enuangelu danach der Selbstständigkeit und des Charakters ; in der Kavallerie
sind Tim 14 DiifMcnugeneralen 8 und von 88 Brigadcgonofalen blk^stena
10 kSrperlteh und geutig m Kommandoe btaoelibar gewesen.
L» BelsHim miUteiie. 9r. 1874: ManSrer der 1. nnd 2. Divim
im Campine 1895 (Forts.). — Fahrrad-Dienst in der französischen Armee.
— Optifichc Telcgraphie. Nr. 1275: Manöver etc. (Forts.). - Die elektrischen
.Scheinwerfer und ihre Verwendung im Kriege. Nr. 1276: Manöver etc.
(Forts.). — Die Offensiv- und Defensiv watfen in der Schlacht am Yalu.
Nr. 1277: Manöver etc. (Forts.), — Naturgemässc Reitkunst und ihre
Grondflätie. — Die Wahrheit ttber die sogenannte 'Wegnabme der
hoUindieeben Flotte dnreh die IVansoaen, im XSae dea Texel, den
21. Januar 1795. Hr. 1878: Manöver etc. (Ferte.). — Die feanaariache
Kavallerie bei den Armee-Manövern 1^95.
Schweizerische Monatsschrift für Offiziere aller Waffen. Nr. 9:
"f. Oberstkommandant Joachim Feiss, Waffenchef der Infanterie und sein
geistiges Erbe. Eine ehrende Erinnerung an die Th/itigkeit dieses ver-
dienstvollen Oilfiziers. — Ein Brückenschlag bei Wildegg. — Die Militir»
bildangsanstalten in Italien und in Dentaehlaad (Forts.).
SehwfliieriBehe Zeltsehrlft für Artillerie md Qeale. Vr. 9: Hit-
teilnngen ttber unsere Artillerie. — Geschichte und Bedeutung der St. Luzien-
Steig. — Versuche der österreichischen Artillerie. — Anfiwrongen des Hanpl-
manns v. lianneken tiber den Stand der Dinge in China und Japan.
Revue militaire suisse. (Oktober.) Einige Seiten aus der
schweizerischen Kriegsgeschichte (Aus dem Sonderbundskriege 1847). —
Truppeuzusaramenzug 1895. — Bundesschieiseu in Winterthur und Bedeu
des Oberst Perret.
Allgenelne Sehwelserieehe MlUtSr-Zeltin^, Vr. 89: Die dies-
jährigen österreidusch-ungariscben Kaiaermanöver. Nr. 40: f. Oberst
Joachim Feiss. — Die diesjährigen österreichisch-ungarischen Kaiser-
mannver (Schlufs), Nr. 41: Der Marsch Oberst Kelly's nach Tscliitral. —
I)i<' Ubelstande in der englischen Kavallerie. Nr. 42: Der i^Iarsch Oberst
Kelly's etc. (Schlafs). Nr. 43: Das Zentral- Komitä der schweizerischen
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UmsdiMt ia der MiUtir^Iittentar.
365
Offiziers-Gesellschaft an die Sektionen. — Mitteilungen Uber die schvMM-
riachcn Kavallerie-Manöver vom 17.- 28. September 1895.
Ariny and Navy Gazette. Nr. 1861: Chitral. Enthält die An-
ordnungen, die fiir d'w dauornde Besetzung getroffen sind. }«owie Mitteilung
über die Sanitais-Vcrbaituisse der Truppen. — Das Uiebt'echten. Die
Einfthrang einet nenen Offimer^bels bd der InÜuiterie UUk dieBen
Dienststrelg als notwendig erwlidnen. — Die prenfsischen Manöver bei
Stettin «dÜen nach Gmndsfttien stattgehabt haben, die nierBt vom Erz-
herzog Albreöht aniigesteiUt seien, und in Verwendung von Kavallerie-
Massen und Truppen m<»glicbst verschiedener Provinzen bestanden.
Nr. 1862: Vergleicb der Mantlver in Deu t sc hl a ii d und in Frank-
reich. Eine rein aacblicli jrehaltene BetracbtiuiL' eiiio.'^ oii^lisclu n Auircu-
zeugen über die Manöver in beiden Ländern in Bezug auf den (Jharaktcr
der Manniehaft, die Taktik der dmtelikea Waffen, den Pferdestuid, die Ver«
wendnng von Ballons nnd das Ofifirierkoips. — Die grofsen franitf sisehen
Manöver. Schildemng der Parade vor dem Prüsidenten, von einem
englischen Augenzeugen. Die Fransosen in Madagaskar. Betrachtung
über den Verlauf der Operationen. Die Neu-Organisation des
Kriegsministeriuma. — Die Mobilmachung des Home-Distrikts.
Schilderung des Verlaufs der versuchsweise stattgehabten Mobilisining, zu
der 1657 KeserNisten eingezogen waren. Die österreicliische Kavallerie
Mitteilungen eines englischen Offiziers Uber die österreichische Linien- und
Landwebr-KaTallerie bei den letiten KaiMr-ManSvem. Hr. 1064: Das
Regiment der KtfnigUehen Artillerie. Die gegenwirtige Organiaation
der Artillerie in einem Regiment wird als durchaus veraltet getadelt, die
Trennung in Feld- und FnJs- Artillerie als dringendes Bedtirfnifs hingestellt.
Anfterdem fehle es den Offizieren an TJeh^geidieit zum Zusammenwirken
mit den anderen Watl'en. — Napoleonische Erzählungen. Mitteilung
einzelner Kpisoden aus dem Leben Napoleons I. in den Tagen vor dem
Antritt seiner Gefangenschalt auf dem englischen Kriegsschiff Bellerrophon.
* — Die Verteidigung der indieehen Orenae. Strategische Betrachtung
Uber die dnreh die Einnahme CShitrals TerKnderten GrenzverhiltniMe, and
Entwurf einer Truppen- Verteilnng. - Die Dienstvorschriften 1895. Za>
saramcnstellung der im Laufe des Jahres eingetretenen Veränderungen in
den Dienstvorschrilteu — Die Einnahme von Antanarivo. Nr. 1865:
Der in (Ii sc hü Gcneralstab. Bespricht die Bang- und Dienstverhältnisse
der Offiziere des (ieneralstabes in Vergleich zu denen im Mutterlande und
bei den anderen Waffen. — Madagaskar. Einzelheiten über die Einnahme
von Antanarivo nach englischen Quellen werden mitgeteilt. — England
nnd Italien im Sndan. ISm Mahnruf an die Begiemng, das siel-
bewoibte Voigehen d«r Italiener nicht gleichgültig anaosehen, sondern die
Grenzen Egyptens bestimmt festzusetzen. — Die Schwierigkeit in
Asch an ti. 1*% ^v^rd behauptet, dal's die gegenwärtigen Verhältnisse in
Aschauti eine fortgesetzte Bedrohung der westafrikanischen Besitzungen
bilden. Die Entsendung einer militärischen Exjiedition erscheine un-
vermeidlich.
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366 UmaoluB in der lOUtir-Ilttenftiir.
Journal of the Fnited Service Institution. Nr. 211: Die
Verwendung von Drachen im Kriege. Von Kapitän Baden-PowelL
Der YerfiuBer hat einen Bteoerbaren Drachen erftunden und durch Veraodie
hewieieii, daft dieser «uf je «in«o QaadratfliJk ein G«wiebt toh 8 Pfliiid
tragen kann. Diese Drachen kSnnea m militlrisehen Zwecken verwandt
werden, zu Signalen, zum Photog^aphiren und zum Heben von Torpedoa»
die an bestimmten Stellen fallen gelassen werden. Bei einer Gröfiie von
300 Qimdrattiiis und mittelKtarkera Wind kann ein Mann in die Höhe g-e-
hohen werden. — Die Schlaclit von Alhuera. Beschreibung der am
16. Mai 1811 stattgehabten siegreichen Schlacht der .Engländer unter
Bemfind flher die Franiosen nnter Soult» nach neneaten Quellen.
Ruisiaolier InTsUde. Verordnungen, Befehle, kleine mili-
tirische Nachrichten. Nr. 201: Landungs-Hantfver bei Otschakow«
Bir* 208: Das 1. Ussuri-Eiscnbahn-Bataillou ist am 8. September formirt
worden. Nr. 205: Unifonn- Abzeichen dor Abteilungs-Stfibe der Feld-
Artillerie. — Aufnahme-Examen in die militiir-juridißche Akademie. Nr. 209:
Bemerkungen des Oberbefehlshabers der Truppen, Graten Schuwalow, be-
stt|^ch der Manöver vom 24. bis 26. Augast. — Distansritt von Petera-
bürg nach Tachita; Saotnik Kenike vom 2. transhaikalischen Kaaaken-
Be^nent, der Anftng Juli dieiea Jahree adnen DiatanatHt nach Taehite
in Petersburg begonnen hat, ist am 12, 9. in Omsk eingetroffen, woselbst
er die Iliilfte des Weges, 3750 km, ziiriickgolefjt hat; in Tscbita hofft er
Anfang November einzutreffen; sein Pferd ist 19 Jahr alt. Nr. 210; Ana
1. Januar 1896 wird in Kowno eine Fehtuiit;s-],uitschiffer-Abteilung fonnirt.
Hr. 211: Kurze Beschreibung der Linübru» und Ausrüstung der neuformirten
(49. und 50.) Dragoner-Kegimenter. Hr. 912: Qtollna HanSver am Bohr
und Närew. Hr. 818: Die oetaihiriadie Linien>Brigade (in Cbabaiowak)
wurd in „1. ostsihiriache Linien-Brigade*' umbenannt. — In Wladiwoatok
wird der Stab einer „2. oatsibirischen Linien-Brigade" formirt, in deren
Verband di<' im Süd-Ussnri Bezirk stebcnden Linien-Bataillone treten.
Nr. 214: Im Militär-Bezirk I^riaituir wird tür die Truppen dos Siid-Ussuri-
Bei^irks ein „ostsibirischer Hiegender Artillerie-Park" formirt, der sich bei
der Mobilmachung in eine „ostsibiriscbe fliegende Park- Artillerie-Brigade*'
ndt einem Pktronen-Farkt einem Geaehofo*Fark und ekieni Gebixga-Halb-
park verwandelt — Die Einberufung der Rekruten im Jahre 1894.
Nr. 217: Bestimmungen Uber den Zeitpunkt der Einführung der neuen
Pferde- Ausrüstung der Kasaken. — Das 1. Tschemomor-Kasakea-
Regiment dea Kuban-Ueerea (biaher au 4 Saotnien) wird lu 6 Saotnien
fonnirt.
Gröfsere AufsXtee: Nr. 204: Der Luftballon im Feldknegc und
bei den Manövern. Nr. 205: Der Zngluhrer bei der Kavallerie. Nr. 206:
Vorbereitende Übungen Dir die Auahüdung der llannadiaften der Jagd-
Kommandoa im Schwimmen. Hr. HO: Verpflegung dea Kavallerie-Dienat-
nferdee. Nr.216: Auabildung der Beservisten wXhrend der letzten
Übung; die 14 Übnngatage (von denen 3 Feiertage abgingen) aind nicht
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aasreicLenrl. um die Mannscbaflen mit dem neuen Gewehr bekaant Stt'
machen. Nr. 219: Kavallerie-Manöver im Militär-Bezirk Wilna
Russisches Artillerie-Journal. Nr. 7: Von der Bestiuiuiung der
wahrscheinlichen Abweichungen der einzelnen Flugbahnen der Geschosse
▼on der mittlere^ Bahn im Wege der BereehnnDg. — DUt VerteÜQiig der
Defiirmatton In Metallen, welche der Wirknng einer Kraft nnterwoffen
sind. — Die allgemeinen Regeln des Einschiefsena und die AnmdmiDg
des Schielsuntcrrichts in der französischen FeatnngB-Artillerie. — Die
Nitrirung der f lc»cke. — AnilösUehee P^yroxylin snr Berdtaing kQnsÜiGher
Seide.
Russisches Ingenieur-Journal. Nr. 1: (Januar 1895.) Rede des
Gen -Lts. Sabotkin beim 75jährigen Jubiläum der Nikolaus-Ingenieur-
Schule und -Akailemie. — Nichtoff isieller Teil: H Engende Brfteke
mit mittlerem Sekarnier; länleitang; Aeoretiaehe Berechnung (mit
Zeichnungen). — Graphisches Verfahren der Lösung einiger algebraiaeher
Gleichungen^ in Anwendung bei praktischen Fragen des Bauwesens. —
Fesselfroie und lenkbare Lufthallojis; mit Zeichnungen. Nr. 3: (Mfirz 1895.)
Beilage: Jahrbuch der Elektrotechnik (Vorlesungen in der Offizicr-Klasso
der elektrotechnischen Schule); mit 13 Zeichnungen. Nichtoffizieller
Teil: Sappeur-Bemerkungen; Über Arbeitsleistung bei Erdarbeiten. —
Zusammensetsung und YerfUuren der HersteUnng von Gement-Miachong
(und Beton) war firiangnng der giSftten Featigkeit — Die rtaatliehe Yer-
Sicherung der Gebäude und des Eigentums der Militär- Verwaltung. —
Hängende Brücke (Forts.). Nr. 4: (April 1895.) Lehrbuch- der Elektro-
technik (Forts). — Nichtoffizieller Teil: Sappeur-Bemerkungen;
über Ubenviudung künstlicher Hindf^rnisse. — Hangende Brticke (Schlufs).
Nr. 6: (Mai.) Nichtoltizieller Teil: Kurze Beschreibung der Organi-
sation der Kll8ten>Verteidigung in den ▼eraehiedenea Staaten. — Zasammen-
aetsnng und Verfthren der Hentellnng von Dement etc. (ScbluAi). — Bau-
Sanitftts-Bemerkungen; Orfinde und Folgen der Feuchtigkeit in nen
an^ftihrten Gebäuden. — Das Gesota der Erhaltung der Energie in der
Thron'p der p'alvntiischen Elemente. Winter^Übungen dea Fectunga-
Militär-Telegraphen Nowogenrgiewsk.
Wajennüj Ssbornik. (September.) ErinntTun^^cu aus dem Leben
im Felde während des Krieges 1877/78 (mit einer rikizzej. — Über die Be-
deutung dea nationalen Charaktere tu der heutigen Taktik. — Über die
Yereinfachnng des Reglements. — Das Donische Kasaken-Regiment vor
hundert Jahren. — Der Platz der Artillerie unter den anderen Waffon«
gattungen. V. — ArtiUeriatische Bemerkungen. — Die Verpflegunu der
Truppen im Kriege. — Übersicht Uber die Mafsnalmien, durch welche das
Rekruten-Kontin}.'ent gehoben werden kann. — Die Unteroftizier-Frage in
den europäischen Heeren. IV. — Einige Worte über die Verpflegurifr der
Ofifisiere im Kriege. — Das Gebiet des rechten Stromufers des Amu-Darja
und aeinea Znflusiea von lUdy-Wantach hie Kerki. ~- Die Kohmial-
Truppen Dentachlanda, Italiena und Frankreieha.
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tJmaofajui in der Militir-Iittentar.
Raswjedtschik. Nr. 253— 254 : Bild und Bio;,'ra{)hie des General»
ICftrkoff, z. Z. Chef des Stabes des kaukasischen Anueekorps und bekannt
dnrch seine soeben beendete Geschichte der Keiterei -~ Die MeUerdter
in der dentseheik AmiM. — Die B«Mkmig der IWnng Sehnmla 1878.
Hr. M6: Die Bröffnniig des Nord-Ostsee-Kmiak L Bericht eines Angen-
aetigen. — All;, i i in Anschauungen (Prinzipien) und ihre Bedeutung flir
den Soldaten. I. Nr. 2ö6: Die Eröffnung des Nord-Ostsee-Kanals. II. —
Allgemeine Anschauungen u. s. w. II. — Die Velozipedisten-Komniandos
bei den Ti-uppen. Nr. 257: Allgemeine Anschauungen u. s. w. III. (eine
Abhandlung des bekannten Professors an der russischen Generalst&bs-
Akademie, Generals Leer). — Der Bau nnd die Verwendung eines lie-
weglidien ffieles. — Die SrilAmng des Kerd-Ostnee Kiinaln. HL
BiTfste Millten Italiaaa. (15.0lcteberO Die ttidSk im OeUise.
Notizen Uber die Verwendung von FosoelbellonB mf d«tt SehleditMde.
— Spionage im Krieg und im Frieden.
Esercito Italiano. Nr. 120: Die Zukunft des nationalen Scheiben-
schiefsens. Hr. 121: Regional-Rckrutirung und feststehende Garni.sonen
(gegen diese). — Einberufung des Jahrgang» 1875. Nr. 122: Die Operationen
In ligre. — Das regionale System. — Das neue PensionS'Beglement
Hr. 188: Das Oefeeht Debra-Ailot. — Die IstsUrke des Heetes.
Vr. 184: Einbeordentngen und Entlassungen 1893/94. ~ Die Taktik bei
nnsem (italienischen) grofsen Manövern. Nr. 125: Rckrutirung und
Augmentation im Kriegsfalle. Die BezirkKeinteilung in Eritrea.
Rivista di artigflioria e genio. (September.) Bemerkungen
über den Schiefs-Unterricht für die Arfillerie. — Die elektrischen Ofen.
— Die deutsche Instruktion ül>er die Darstellung der Kriegsscheiben lux
die AxtiUerie. ^ über die Klas^ation der BkbtmeiBter ham Sdiieten
an den Kfiflte& ~ Von eber Konrektor beim Sebrapnebehulk.
KrigsTetenskaps-Akademieu-SUndllBgir. (Schweden.) 17.«.
18. Heft: Von Nürnberg nach Lützen.
Norsk-Mllitaert-Tidsskrift. (Norwegen.) 9. Heft: Der erst»
Verband bei Schufswundeu.
De Mllitaire Speetator. (Holland.) 10. Heft: Betrachtungen über
Militär-Telegrapbie. — Die Seeschlacht am Talu.
BarlBto eientUloo-Militer. (Spanien.) Vr. 18: Militttrische Trans-
porCe auf den Eismbahnen. I. AUgeneine GmndsXlae. — Die moderne
Infiinterie*Taktik gelegentlich der neuesten Reglements. VII. VIII. — Be-
merkungen über die französische Kavallerie verglichen mit der deutschen.
Der Sicherheitsdienst (Forts ). Nr. 19: Militärische Transporte auf den
Eisenbahnen. II. Mittel >ini Verwirrung bei den Transporten zu ver-
meiden. — Die modcrue inlanterie-Taktik etc. (Fortü ). — Das kriegs-
mäisige Schielten der Infanterie (Forts.). — Beweisstücke zur Geschiehte
des eliinerisch-japanisdien Krieges (Forts ). — BemeriLungen filier die
franatfnaehe Kavallerie etc. (Forts.).
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Uanehm in dtt MiUlir-Utteiatv.
m
IL fiftoher.
Der Kxtof 187(^71 von Arthur Chuqvet Aatorinrte Übcnetsnog
•nt d«on TnnMStbAm von L. A. Hanff. Zittui 1895. Bdd'teli«
BaeUmodlnnf . FnS» 8 H.
Mit VontehAttdem livc^t uns eine ganz vorzügliche Übersetzung eines
höchst beachtenswerten Buches vor. DassiJLe enthält die Darstellung des
deutscli -französischen Krieg'es bearbeitet nach französischen und deutschen
Quellen in etwa 300 Druckseiten. Selbstredend konnte hierbei die Dar-
stellung der Schlachten nur eine flüchtige sein; immerhin giebt sie klare
und im Allgemeinen nach richtige Bilder. Wenn die Arbeit somit dem
Taktiker aneh vMrUltnifriiiiUg weniger bietet, m irt rie in etratcgischer
und polilbelier Hinaieht dodi mn m int erco ae n ter, als darin die Znatlnde
in and Inaler der firanaSsischen Armee in den verschiedeniten Pliaaen dea
Feldzuges, so'v^'ie YorgSnge bei den verschiedenen Regierungsgewalten und
unter den höheren Kommandostellen eine weit eingehendere Beltnabtun^
erfahren, die vieles bis dahin un.s noch Unbekanntes an's Licht bringt. So
ist von besonderem Interesse die Schilderung der Unordnung, UnschlUssig-
keit und Verwirrung, die sich wShrend der dortigen Mobilmachung, des-
gldehen im Hauptquartier nnd bei den Anneeobakonunandoa nadi den
ersten ▼erlorenen Sehlacbtmi seigte. Die YorgUnge Ikinerlialb dea be-
lagerten Metz und Paris worden ebenso eingehend und durchaus ol^ektiT
geschildert, wie später die Zustände bei der nationalen Verteidigung sowie
in und hinter der Loire-Armee und erschütternde Bilder von der Demo-
ralisation entworfen, die dort nach den verlorenen Schlachten eintrat.
Uberaus tretiende Ciiarakteristiken giebt Verfasser von Wimpffen, Mac
Haben, Gambetta, Freycinet, Chanay, Duerot etc., desglmchen eine ana-
fllbrliebe^ vieHeiebt nickt immer gerechte Vemrtdlang Baaaine*8. — Der
französische Generalstab wird hart nutgenommen nnd die Anabüdnng der
Truppe, besonders der Kavallerie, bezüglich fehlender Anfklirttng
scharf ^'Ctadelt. Wir begegnen Uberall in dieser Schrift einem gründlichen
Studium und einen» klaren Urteil. Aber in jct/ip-er Zeit, wo wieder so
viele ungerechte Beschuldigungen gegen die deuüiche Armee erhohen nm\
Thatsacheu in chauvinistischer Tendenz entstellt werden, muls es ganz be-
aonders anerkannt werden, wenn ein Fransose wie bier der Wafarhrnt die
Ebre giebt und in riebt^em Patriotiannis nnd wohlverstandenem firan-
aSdieben Interesse seinen Landalenten ihre eigene Verblendmig und die
wahren Ghrfinde ihrer Niederlagen mit schlagenden Gründen vor Augen
führt, wie er auch keinen Anstand nimmt, die Vorzüge der deutschen
Armee, die Klarheit, Besonnenheit und Entschluf8fahif;;keit ihrer Führung
sowie die Disziplin und Hingebung der Trupjie unumwunden anzuerkennen!
Um in dieser Hinsicht kurze Beispiele anzulühren, so schliefst er seine
DaiatelluDg der SeUaeht von Spichereu, nachdem er erwttlm^ dab dieselbe
dentseherseita nidit geplant nnd daher aneh nicht einhdilieh geleitet worden
war, mit den Worten: „Sie (die Dentschen) Tttdankten den Sieg ihrer
Kühnheit, ihrem kriegerischen Selbstvertrauen, dem Geist hochhenügtr
Jakrbaeh«! fb di« Davfadi* AniMo und iUiiam. Bd. 97, t. 25
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370
UmacbAa in der Militir - littenttur.
KameradBchafl. Alle marschirten geschlossen nach dem Kanonendoimer!*
— Entspreehand Mgt er am Scbk/s des Bnehfis titer die f k tmBriadm
Axmee des KaiserNicbt: »Dio Fnaaoma ktfimen •idi nienMls snm Angriff
imftwWwlüWii, ne aind tapfiar, ftnxig, voll Begeisterung und Kampflust! Sie
würden vielleicht den Sieg gewinnen trotz der Fehler ihrer Organisatioa
und ihrer etwas laxen Disziplin, wenn ihre Führer kühner wären I"* —
Und über die Armee der zweiten Periode sagt er, nachdem er die fehlende
einheitliche Leitung und die Verzettelung der Kräfte beklagt hat: „Der
Wahrheit die Ehre — die Niederlage war unvermeidlich t Soldaten lassen
aich nicht improyisiren nnd nngettl»te Uaaaen kltamen nleht wohUHUgeblldete
IVappen seblagen» welebe in aaUreiciien Treffen eipioU nnd Moh anf
Jhre Siege sind!"
Es bedarf wohl weiterer Beweise nicht, um dieses ebenso gehaltvolle
als seiner Tendeoa wegen doppelt interesaanle Buch wärmstens empfohlea
in haben! v. M.
Die SchlMkt bei Jemt von Dr. £dnard Ijeidolph. Mit 2 Karten nnd
2 Autotypien. Jena 1896. Fronunann'sehe Hofbnchhandlnng.
AU Ffirst Binnarelc am 31. Jnli 1892 anf dem Marktplatze in Jena in
»einer Ansprache an die Bevölkerung u. a. es ausdrückte, dafs der Name
„Jena" für ihn zwar einen schmerzlichen Klang hätte, dafs aber ohne Jena
filglich auch kein Sedan j;ewe«eTi wäre, — da drängte sich dem Dr. Leidolph
die Wahrnehmung auf, wie Wenigen wohl ein deutliciies und richtiges Bild
jener unglücklichen Zeit Preuisuus und des denkwürdigen Kampfes vor
Augen stand. Diesem Hangel einer gediingten, für Jedennann ventltnd-
liehen, gesehiehilicli-trenen Dazstellnng soll die vorliegende kleine Schrift
dienen, die u.a. die Werke von Höplber, Monthd, Lettow- Vorbeck und
Trenenfeld gewissenhaft benutzt, im übrigen ans den mündlichen nad
schriftlichen Uberlieferungen lokaler Natur den gescliiclitlicheu Kern um»
sichtig herausgeschalt hat. Das schlichte Büchlein erhebt also keinen An-
spruch auf kiiegsgeschichtliche Quellenforschung, aber wir gestehen ihr
unumwunden das nicht geringe Verdienst zu, eine wertvolle, zuverlKssige
Gabe an sein ftr den ,»geäldeten Kann." In einem angehängten Ab-
sehnitt schildert Dr. Leidolph „die Frannoien in der Stadt**; — es wire
diesem Kapitel fränkischer Greuel eine weite Verbreitung an wfinschenl
Vielleicht sendet der Herr Verfasser dem z. Z. berüchtigt gewordenen Ver-
leumder, dem General Munier zu Paris, seine Schrift zur Sondererbanung!
Die beigegebenen Schlacht karten stud einfach-vei-ständiicb — \nid, was
wesentlich ist — richtig. Die „Ansichten" — aus dem Jahre 1809 stammend
— „heimeln an.'* 84.
Lft guerre sino-japanaise et ses eonsilliiences pour TEurope, par
F. de Villenoisy. 48 pages. Paris -Limo;^os 1895. Ch. Lavauzelle.
Der Herr Verfasser bemüht sich, den Nachweis zu liefern, dafs der
genannte Krieg eine beträchtliche Srhwiicbung der maritimen Machtstellung
Englands und eine tiefgreifende Umwälzung des chinesischen Kelches, das
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ümMdiaa in der IQlitiiwIittentar. $71
ein Vasall Japans geworden sei, zur Folge habe. Er meint femer noch,
dafs es zu spät sei, nun der zukünftigen Gröfse Japans Hindemisse be-
reiteii m küiuieii mid Sit der Amicbt, däfli der OMle enroptiidie Verbllndeta
der Japaner rieh ein imgew6liiiIicheB poKtiaches Übergewieht riehera werde,
Zn dieeem Zweeke b ef ttrworte t der VerliMMer einen Drmband FrankrdebBr
BaAlaads und Japans; derselbe steht allerdings im Widerspruch mit der
von den beiden ersteren Mficliten seitlu'r befolgten Politik. Es wird ferner
betont, dafs die deutBclie Politik, welche sich der politischen Aktion
Rufslnnds und Frankrciclit; bekanntlich angeschlossen hat, lebhatien
"Widerspruch in der deutüciion Tagespresse gefunden habe. — Die kleine
Schrift giebt tn denken. Vfht empfüilen aie der Beachtung aller be*
teOigton Kreiie. 4.
BeitrKge zur taktischen Ausbildung unserer Offiziere. I. OfiGzier-
Pelddienst- Aufgaben. Von Litzmann, Oberstlieutenant. Mit
1 Kroki, 1 Skizze und Blatt Cosel der Karte des Deutschen Reiches
1:100000. 2. Auflage. Leipzig 1894. Lang.
Ein vortied hohes Werk, aus dem Lebeu und der praktischen £r-
flüinmg heraiiB geaehaffiMii welches der Anebildnng uneeree Offiaerkerpe
reichen Nnteen bringen wird und, wie die Netwendigkeit, nach wenigen
Honaten eine zweite Auflage zu veranstalten, beweist, schon gebracht hat.
— Die Urteile innerhalb des OtYizif rkorps tiber Wesen and Zweck der
Ofiizier-Felddienst-Aufgaben sind ja sehr verschieden, teihvpise recht ab-
sprechende. — Der Grund hierfür ist wesentlich in der unrichtigen Art
au suchen, wie die Felddienst-Aufgaben angelegt, geleitet und besprochen,
oder wie ja leider bei vielen „Leitenden^* die Bezeichnung lautet, „kritisirt"
werden. Sehr richtig sagt der Herr Yertoer: „Nicht blos fHr die ana-
fthrenden Offiaiere, sondam auch ftr den Ldtenden iind dieee Übungen
von Nutzen. Anlage und Leitung derselben erfordern ein nicht geringes
Mafs geistiger Arbeit, und schon der Verlauf der Übung zeigt in der
Regel, ob diese Arbeit nach richtigen Gesichtspunkten erfolgt ist. Oft
wird *'s fraglich spin, wer bei der Übung mehr gelernt hat, die Partei-
iührer oder der Leitende selbst." — Sollen aber diese Übungen ftir die
HennUldang uiäMrer jungen Offixiera von wbrkHohem Nntaen sein, so
molk die Freude an denselben Seitens der V(»rgesetiten geweckt werden.
Die Schroffheit so Tider Leitenden, welche ihre Hanptau%abe darin sehen,
möglichst alles von einem oft ganz vorgefafsten Standpunkt aus zu tadeln,
um hierdurch — zu beleliren. nimmt aber dem Führenden <Vic Freudigkeit
an der Sache und vor allem die Unbefangenheit des Entschlusses. —
Auch nach dieser Richtung hin kann das Werk des Verfassere viel Gutes
wirken. Die reiche Gedanken- Arbeit, welche es enthält, wird nicht nur
belehren; sondern auch anregen. — L. sucht an awei prakttsehen Bei-
spielen das Wesen der Schwiorigkeiten, welche die Anlage und Leitung,
ja auch die Beurteilung solcher Übungen bietet, sowie die Mittel zu ihrer
Überwindung zu ei^ränden. An jedem Beispiele werden nach einander
die Anlege, die Leitung, die Besprechung der Übung und schliefiriich
25*
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i
372 Umschau in der MUitfir-Litteratur.
deren Bearbeitnng dnrcli die FfUirend«! in getrenntem AbflcimitteB be-
handelt Und «war geechieM dies stets mnUdist dnreli die DsnteUong der
imktischen Ansfttbmng und dann dwrdi die Bdenehtnng derselben nadi
den verBchiedenen Richtungen hin. — Wir können zum Schlosse dieser
kurzen Besprechung nur noch einmal unser Urteil dahin zusammenfassen:
Die Arbeit Litzmann's verdient in jeder Beziehung ungeteilte Anerkennung,
sie sollte von jedem Offizier, welcher Felddienst-Aufi^nbea zu stellen und
zu leiten hat, nicht nur gelesen, sondern studirt werden. 17.
österreichische Truppen in den Herbst-Manoyern 1894 im Lager
bei BruclL und Landskron, unter Berührung einzelner taktischer
und regleraentarischer Fragen, von Roesscl, Kgl. Preufs. General-
lieutenant a. D. Berlin 1895. Verlag der Liebel'sdien Buchhandlung.
Preis 3,50 M.
Warum soll ich es in Abrede stellen, dafs mir. der ich seit fast
30 Jahren das uns nunmehr eng verbundene österreichisch-ungarische Heer
nicht mehr gesehen habe und dem dne eingehende, saehliehe Darstellung
nnd BeorteUung Fronder über seine Ifanttver kaum vor Augen gekommen
ist, dafs mir dt^r RoeBsersclie starke Band eine höchst erfreuliche
Gabe erscliien und erscheint. Ich habe mich 8 Tage lang eingehend mit
dem behaiidL-ltfii rJogenstandp beschäftij^. — unterstützt durch das bei-
gegebene reiche Kartenwerk — und den erfreulichen (^csaimnicindruek
gewonnen: die grofsen österreichischen Truppenübungen bosn-lien auch liei
genauer Prüfung im Greisen und im Einzelnen und bieten die volle
Bürgschaft für vortreffliche Leistmigen unserer VerbUndetea um Emstftlle.
Der Herr Verfasser hat als Privatmann, m Fuft nnd „mittendrin**
den Übungen beigewohnt, was seinem an sich anständigen Urteil den
Wert der Unmittelbarkeit und liebendigkeit verleiht. Doch wurde er
attch in die Kreise der Offiziere bis hinauf zu den „Leitern" zu<j('lass€n.
Bei aller sachlichen und formellen Milde ist sein Urteil bet'tiintut; er
bringt auch Ausstellungen in Menge, selbstverständlich — möchte ich
sagen — stets som Vergleiche unsere Armee heranziehend, die keineswegs
an tadelnden Bemerkungen leer ausgeht. Man kann s. B. nur der
Roessel'schen Ansicht b^pffiehten, daft das — mit der BimiBBrtienmg in-
sammenhängende ruhige HeranfQhlen an den Feind, das Gowaltren von
Zeit an die Führer, die systematische, langsame Gcfechtsentwickelung, die
er zumeist in i )stern'ich gefunden hat, dem meist scharfen Drängen,
schnellen Entsclilicfsen und Anbeifsen bei tms vorzuziehen ist: — der
Feldzug 1870/71 giebt doch deutliche Lehren, wie solche i:]rziebung sich
bestrafte (-— woUbemerkt: den Drang nach vorwlrts, die Selbststlndigkeit
wollen wir dabei kemeswegs missen!) ~ Hauptsweek des Generals
Roessei war: die Einselheiten der Oefeehtsthfttigkeit der veischiedenen
Truppengattungen, wie deren Führunf^ und Verhalten im Gelände an
sehen. Der Trn^jer aller Erfolge, die Disziplin, wird auf Grund ge-
nauester Beobachtungen als durchw^ vorzUglicb beseichaeW 34.
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ünacban in der Milit&r-Iittentar.
Wismar. Eine breunende Frage. Von Uberstlieutenant a. D.
Frobenin«. Wiimir 1895. Hinstorficiie Hofbachhandlung.
Der Heir Yerfkiser tritt in lebbafter Weise den Fragen nXber, wu
ans Winnar im Jabr 1903 beaw. 2003 werden aoU, dab die I^analfiage
EMo— Stör— Scliweriner-vSee— Ostsee eine Lebensfrage ftir Wismar ist und
dafs die Einrichtung der Wismar-Buclit als Kriegshafen zur Sicherstellung
des Ostaus^angs des KaisorAVilliplms-Kanals bei Kiel zur Vervollständigung
unserer maritimen Vertoidij^iiiJgs-Vnrkchriitif^'CTi gt'hört. — Dafs Dmitsch-
land zur Zeit genau so wenig Recht an W ismar hat wie der Pfandleihor
an ifie üfar, welche bei ihm versetst werden ist — wird Hanehem, ja sogar
«ehr, sehr Vielen tmbekannt sein! 1648 wurde Wismar an Schweden
flberbMsen, allerdings nnr als Beichsleben nnd 1803 erhielt Schweden die
Summe von IV4 Million Thaler Hamburger Banko gegen Verpfhndung
von Wismar. Der Art. III des zuletzt geschlossenen Vertrags lautete:
„Seine Diwchlaucht der Heraog von Mecklonburg-Schwerin entsagen auf
immer sowohl für Sich als für Ihre Nachfolger dem liechte, gegen lieten-
diruug der Hypothek die Zurückzahlung des Kapitals zu fordern, da-
hingegen Seine Majestfit der Kdn^ Ton Schweden Sieh Torbehalten, im
Jahr 1908 wieder in den Besits der verpfilndeten Stadt, Hensehaft nnd
Aemter xa treten; sollte dieses aber von Seiner Königlich Schwedischen
Majestät nicht konvenirt werden, so kann das Wiedereintösnngsreeht nieht
reklamirt werden, sondern die gegenwärtige Vereinbarung wird so an-
gesehen, als wenn sie noch auf andere 100 Jahre ernenert wonlen wäre.** —
Auf Grund dieses Vertrags würde demnach dem Grofsherzog von Mecklenburg
im Jahr 1903 das Recht nicht zustehen, die Rückzahlung des Kapitals
mit Sünscssinsen (etwa 100 Millionen) m Tolangen nnd Hüls die Ein>
iBsnng nieht erfolgt, das Ffitnd ftr ver&llen an erklüren wenn der Ver^
trag nicht durch Thronweehsel in Schweden stillschweigend ungültig ge-
worden ist oder, — sofern die Gültigkeit von Schweden Liansprucht
werden sollte, wenn es unserem Minister des Aufseren nicht ^•(din;ren
Asiirdf, diese gegenstandslose Besitztitels-Frage auf irgend eine Weise aus
der Welt zu schafien. — Bezüglich der Kanalfrage wird betont, dafs
Lübeck durch den Nord-Ostsee-Kanal som Bau des Elbe— Trave-Kanals
gezwungen worden ist nnd in Konsequenz hiervon Wismar ohne seinen
dgenen projektirten Kanal nodi tiefer wie jetat als Handdsstadt sinken
würde. Die Linie Wismar— Schweriner-See — Grabow— C umlose wird für
die beste erklärt, zur Verbindung von Magdeburg in fast gerader Linie
mit der Ost-See bei Wismar, sie ist allerdings nnr 255 km lang. Die
Linie über Dömitz hat eine Länge von 2R9 km, die Verbindung von
Magdeburg mit der Ost-See Uber Lübeck 335 km. Der Lübecker Llbe —
Trave-Eaaal ist aber bereits sichergestellt nnd werden die Wflnsche
Unsmar^B anniebst wohl keine Aussicht aar Yerwirklidinng haben. Vm
sicherste Oewühr aur Kanalanlage wikrde Wismar haben, wenn rieh die
MilitÄr- Verwaltung dazu entschliefscn könnte, das um Wismar liegende
Wohlenberger Wiek als Kriegshafen einzurichten. Der Herr Ver-
fasser bezeichnet diese Kinrichtung als ebenso notwendig für die offensive
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374 UmMbia in der IDHtir'IittMlmr.
Yflvtndigiuig d«i| iSeler Htümeingangs wie HetgolMid für miMm KfiitaB
mid BKfen in der Nord-See. — • Die hier angeregten Fragen sind zweifellos
von grofsem allgemeinen Interesse. Die kleine Schriüt enthält eine Fülle
anregender Gedanken in nationaler, national-Ckonomiacher nnd miliUürischer
Bedehang. 67.
Orguilsatiom des Colonlw VrancalmB et des Pays de Proteetont
par E. Petit, soos-chef de bnrean au minist^ dea colemea» pro-
fessenr k T^ole eoloniale. Tome H. Avee le concours de MM.
Blondel et Yon, snns-rhefs dn Vmreau au minist^re des colonies.
Publiö avrc ratitot isation du Miiiistic des Colonies. Paris, Nancj 18d5.
Berger-Lcvrauk & Cie. Preis 12 Frcs.
Das uufingescliränkte Lob, welches wir dem 1. Bande dieses für
alle koloMialeu Kreise hochwichtigen Werkes spenden konnten, gebührt
awdi dem jetst Torliegenden 2. Bande. — 8dt dem Encheinen dea
1. Baodea hat aber nnaer weatlielier Nachbar «nea wichtigen Schritt in
der Entwickelang seiner kolonialen Organisation gethan. Durch daa
Gesetz vom 20. MUrs 1894 — also wenige Tage nach dem Enehelnen des
I. Bandes, wurde ein besonderes ^linistcriuin der Kolonien geschaffen.
Hierdurch sind eiiic Iveiiu" von uudir oder minder groTsen Änderungen
in der Organisation der Verwaltung notwendig geworden. Es verdient
besondere Anerkennung, dafs der Verfasser dieselben in eingehendster
Weise in einem sehr nm&ngreiehen Anhange berficksiehtigt hat Für
Deigenigen, wdeher sidi noch grandlicher mit den Kolomal-Verhiltnisaen
Frankreichs vertrant machen will, dient die in einem zweiten Anhange
gegebene Zusammenstdhing der wichtigsten bibliographischen Quellen. —
Wir heben nur Einige aus dem reichen Inhalt hervor. Von grofser Be-
deutung fiir die Strafrechtspflege in Frankreich ist die „Trausporiation"
und „die Relegation" der Verbrecher in die Kolonien. — Daa Gesetz des
Jahres 1854 bezeichnete als Zweck der „Transportation" die Entfernung
gefährlicher Verbrecher ans dem Mntterlande, nm dieselben aagltieh dnreh
die Arbeit in den Kolonien an bessern, das KatienalTermligen aber wn
heben. Bereits 1848 hatte man begonnen, schwöre politische Verbrecher
in den Archipel der Marquesas-Inseln zu schaffen. Diese Strafe, „die
Deportation", war meist für Lebenszeit verhängt an Stelle der Todesstrafe.
Heute sind Guyana, Neu-Kaledonien , (Jabon und Obock zur Aufnahrae
von Strafgefangenen bestimmt — Aus der Ubersicht über die öäentlicheu
Arbeiten in den Kolonien «rgiebt sidi, da& Seitens des Staates 8 Bahnen
gebaut sind, die Küstenbahn anf der Insel Bionioo nir Yerbuidiiag w$t
dem an der „Pointe des Oalets*^ angelegten Hafen (126 km)^ die Bahn
von Dakar nach St. Louis (264 km) und die Bahn vom Senegal zum
Niger, von Kayes nach Bafulabe (130 km). — Im 1. Anhange wird eine
Reihe wichtiger Staatsakte wiedergegeben, welche ein lebensvolles Bild
der Tbätigkeit und der letzteren »'ntsprechenden Fortschritte Frankreichs
in allemeuester Zeit auf kolonialem Gebiete geben. Zunächst das Geaets
yom 25. Jofi Jn welches die Abgrensnng der BUdonien das ftanaBdschen
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UmacIiAu in der Militiur-Iitteratar.
375
Kongo und Kamemn entsprechend der Beriiner Veninbening vom 4. Felmur
1884 feeleetet, deim die FeetsteDoog der GraDse switehen den finHuSriBehen
Kolonien nnd der Republik Liberia durch Gesetz vom 31. Juli 1894^ dann
der Vertrag zwischen Frankreich und dem Kongo-Staat vom 14. August
1894. — Wa« die Verteidigung der Kolonien anlangt, so liegt die Sorge
für dieselbe, soweit die Verwaltung in Frage kommt, in den Hfinden der
^8. Direktion" des Kolonial-Ministeriums, welche wieder in zwei „Bureaus"
gegliedert ist, von welchen das erste die rein militAiischen, das zweite die
iniUtKr^xniniiinlnren Angelegenheitoa bearbeitet — £m Dekret dei
KriogenuDuleni Tom i. Angnat 1894 ietnt fest, daae die Kohnual'Aimee
seh, aow^ es das französische Element anlangt, auBachliefitlich aus Frei-
willigen ergfinzen soll. Die Dauer des „engagement volontaire" beträgt
8, 4 bez. auch 5 Jahre. Nach Ablauf desselben kann ein „rcngagornent"
auf 1, 2, 3 oder 5 Jalire eingegangen werden. Die Gesammt-Dauer des
„rengagement ' dart 15 Jahre nicht übersteigen. Der Anzuwerbende muüs
kSrperlieh bnndibar, sieht unter 18 niid nickt Aber 82 Jahre alt adn.
Für die Harine-Artillevie ist eine K8rpeigrBflw von 1,66 m, ftr die Marine-
Infanterie nnd die Handwerka'Kompagnie eine solche von 1,64 m er*
forderlich. Der „engag6 volontaire" erliilt, sobald er ein „engagement"
von 4 Jahren eingeht 100, schliefst er ein «nlches von 5 Jahren ab,
200 Francs als Prämie ausgezahlt. — Für die „rengagements'* werden
auch Prämien gezahlt, welche bei einem solchen von 1 Jahr 100 Francs
betragen und bis 600 Francs steigen (für 5 Jahre). — Aufserdem erhalten
alle UnterofSnere (caporanx vnd brigadiers) nnd Genidne der K<^nial-
Annee eine tiglieke Znhige, sobald sie länger als 8 Jahre dienen. Die-
selbe betrügt während des dienstlichen Aufenthalts des Soldaten im Mutter*
lande bei einer Dienstzeit von 3 — 6 Jahren 0,30 Franc, über 6 Jahre
0,50 Franc. In den Kolonien erhöhen sich die Zulagen auf 0.60 bez. 1 Franc. —
Wir möchten wünschen, dafs auch füx unsere jungen Kolonien ein ähn-
liches Werk geschaffen würde. 17.
VArmhe allemmile» per Ch. Speckel « capitaiae dv genie et G. Foliot,
lieutenant du genie. Faria 1886. Beiger-Lerranlt et Cie, Editeen.
Prix 5 Frcs.
Wenn sich alle Franzosen bemühen wollten, so objektiv zu schreiben,
wie die beiden Herren Verfa-sser, so könnte das französische Volk sich
nur beglückwünschen. — DieselhHn haben mit srliarfem Blick in Deutsch-
land an Ort und ätelle beobachtet, fleifsig und mit guter Auswahl die
entapieehenden Quellen in der HSitiriitleMtiir benntit^ Daa Book aerftlH
in 8 Kapitel, ea werden anf 816 Seilen beaproeben: 1. Ursprung nnd Ent-
wickehing der deulieben Armee; 2. Allgemeiner Überbliok über die angen-
blickliche militärische Organiaatioa; 3. BefehlsfOhrung und Kadres; 4. Ver-
pfleg^ung, Rechtspflege, Versorgung; 5. Infanterie; 6. KaviJlerie; 7. Artillerie,
Ingenieure, Eisenbahner, Luftschiffer; 8. Mobilmachung.
Die einzelnf^u Fragen werden im Allgemeinen zutreffend und in
fesselnder Schreibweise beantwortet, die Herren Verfasser haben nicht nur
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376 Umidun in dar IQUiir'Littentar.
fUr ihre eigene Waffe, sondern ancli für die anderen Waffen und fär d&s
Allgemeine ein offenes Auge; bei Aufseningen, die nicht auf eigener Be-
obachtung beruhen, sind die Quollen namentlich angeführt. Sifht man
von Einzelnem ab. das stark französisch geOirbt ist, so ist die Li^klürr ftir
Jeden als eine angenehme zu bezeichnen; sie wird durch ch&rakteristiäche
Zeiehnnogen und Initialen gehoben. Als BdBjnel tm genannt, daft daa
Kapitel „Infimterie*' mit: — uneerem alten Heldenkaiaer beginnt, wie er
am historischen Eckfenster daa Aufziehen der Wachtparade beohachtetl
Bttcber, wie das vorliegende, haben für das grolse Publikum immer be>
Bondere Anaiehnngakxaft — selbst Ar daa nüchterne dentsche. 57.
Das Wehrwesen der Schweiz, III. Auflage, von J. Feiss, Oberst,
Waffenehef der scbwds. Infiwterie und Kommandant dea II. Annee-
koipe. Veriag: Art Institut Orell Fttssli in Zürich 1896. Preis 6 Fr.
Der Imder vor Knnem Terstorbene Verfteser war in seiner Eigenseliaft
als Waffenebef der In&nteiie wohl die custündigste Persönlichkeit» wenn
es sich um eine zuverlässige Schilderung des schweizerischen Wehrwesens
handelte. Das gut ausgestattete Werk ist in IS Abschnitte gegliedtTt. Der
„Einleitung^*, welche die bisherigen Wehrverfassungen, vom Sompacher
Brief von 1393 bis zum Ausbau der Militärorganisation von 1874, in
Kürze bebandelt, folgen die Abschnitte: Die Militärbehörden, die militärische
Oehietseinteilnng des Landes, die Wehrpflicht, die Bekratirong, daa
Bandesheer, wirkliche Stltrke dee Bandesheeres, taktische Fennen der
Trappen, der Dienst der Stftbe, der Unterricht des Bondeebeeree, die Er-
gänzung der Offiziere und Unteroffiziere, Bekleidung und Ausrüstung, die
Verwaltung des Bnndesheeres, der Territorial- und Etappendienst, nebst
Kriegsbetxieb der Eisenbahnen, Festungswerke, Militär-Anstalten, Karteu-
wesen; zum Schlufs „Einige Vorschläge für die weitere Gestaltung des
Schweiz. Wehrwesens. — Alle znr Zeit gültigen Vorschriften und ebenso
die Militünrorlage des Bundes vom 2. Mai 1895 haben in diesemi «na-
geieidmetea Werke Berücknehtigang gefiinden. 1.
General-Major y. Sternegg's Schlachten-Atlas des neunzehnten
Jahrhunderts, vom Jahre 1828 bis 1885. 42.-46 LietenniL'. Preis
einer Lieferung 2,60 M. für Subskiibenten, für Niclit-Subskribentea
das Doppelte. Leipzig, Wien, Igka. Veilag ron Ftal Bäoeile.
JX» TorUegenden Lieferungen diesei an^geieichneten Kartenwerkes
enthalten: 48. und 48. Uelbniiig: Deutseh-düniseher Krieg 1804. Nr. 1.
Korapendiase Barstellnng des Verinnft des Krieges (1 Obersiefatskarte,
8 Pläne und 1 Skizze, nebst 8 S. Text). Nr. 8. Der Übergang nach Alsen
am ^for^ren des 29. Juni (1 Plan und 2 Skizzen, 4 S. Text). — Russisch -
türkischer Krieg 1828—29 in Europa und Asien. Nr. 1 (A). Kompen-
diose Darstellung des Verlauts des Krieges. I. Einleitung. II. Der Krieg
in Europa (1 Übersichtskarte, 1 Plan und 1 Skizze, 12 S. Text).
44.Uefinimg: Orientkrieg 1853—56 in Enropa nnd Asien. (TileUdatt
and InbaltsveneiehniAi — Sehlnlh des Krieges.) — Italienischer Krieg
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Umschau in der Militär -Litter«tur.
877
1848—49. Nr.4. Das Qvfeelit bei OMto «d 80. Hai 1848 (1 Flm utA
1 Skizze, 8 a Text). — BttBsiBeh-tttrkiseher Krieg 1828—29 in
Europa und Asien. Kr. 1 (B). Kompendiöse Darsteilung des Verlauft
des Krieges. III. Der Krieg in Kleinasien. IV. Der Friede von Adrianopel
(1 tibcrsichtskarte, 10 S. Text). 45. und 46. Lieferung: Italienischer
Krieg 1848—49. Nr. 2. Die Kämpfe bei Pa'itrengo vom 28. bis .30. April
1848 (1 Plan und 2 Skizzen, 6 S. Text). — Nordameri kauischer
Bürgerkrieg 1861-65. Nr. 11. Die Schlacht bei Gettysburg vom 1. bis
8. Juli 1863 (2 ÜbmiditBkarten und 8 Pläne, 24 8. Tfizt>
Es hieAe Eulen naeli Athen tragen, wottto ifib nur ein Werl nodt
ttber die Zuverliadgkeit und voisttgliolie Auafthnmg des in diesen
liefemngen Gebotenen verlieren. 1. '
Die heutige wissenschaftliche Berechnung des Winddruckes und
des Luftwiderstandes gegenüber den thatsIcblickeiL Ter^
hiltntmen« (Ein Beitrag m der Frage des ,4onkbaren LuAschüfeB**)
Ton Oenerallieutenant Gbaf von Zepelin. Berlhi 1895. Schade^
Sondci alKiruck aus der 2Selt8ehrift des Vereines deutscher Ingenieure,
Bd. XXXIX.
VcrfilBfler der kleinen, aber bedeutsamen Schrift ist der durch seinen
Rekognoszirungsritt im Jahre 1870 bekannte, frühere Württembergische Mi-
litfirbevollmäcbtigte und Gesandte am Berliner Hofe, Generallieutonant Graf
Z. — Mit unermüdlichem Fleifse, selbstloser Aufwendung nicht un-
bedeutender Mittel und greiser Energie hat derselbe sich bemfibt, dn von
der Menschheit schon lange erstrebtes Ziel mit den Mitteln der beutigen
Technik au eireicben, um hierdurch der vateriindisdien Wehrkraft einen
in seiner Bedeutung kaum sclion heute zu schätzenden Dienst zu leisten.
— Schritt für Schritt, auf der festen Grundlage technischer Wissenschaft,
ohne jede Zuhtilfenalime der Öffentlichkeit, wurden die Arbeiten gefördert,
welche in dankenswerter Weise durch die praktischen Versä he einer
Keihe von Fabriken in der Schweiz, Deutschland und England unterstützt
wurden. — Das Ergebnük dieser Aibeitem ist innidist geweaon, ^hJi dw
verewigte Oeb«nirat von Hehnholts, als der Vordtaende einer aur FrQfnng
der Arbetlen des Ghrafen Z. berufnen Kommiasion bekannt bat, er sei
durch dieselben „von seiner bisherigen Meinung, die technischen Mittel der
Gegenwart jrcstatteten eine befriedigende Lfisung der Flugprobletne noch
nicht", zurückgekommen ist. — Zur Zeit besteht eine Verschiedenheit der
Beurteilung der vom Grafen Z. entworfenen Lnftfalir/st uge nur noch be-
züglich „des MalBcu der zu erwartenden i aiirgesciiwindigkeit."
Der Zweck dieses am 7. Februar d. J. in der Versammlnng des
WfMtembevgisdien Beaizks-Vereins der deutschen Ingenieure gehaltenen
Vortrages war nun, zu seigen, „wie diese Meinungsverschiedenheit allein
davon herrlUut, dafs man das Verhältnifs der Druckstärke des Wind^ zu
der Gröfse u. s. w, ihm widen^teliender Flächen nncli niemals richtig
gemessen hat." — Graf Z. wies zum Beleg seiner vielleicht überi^aschenden
Behauptung darauf hin, wie weit z. B. die Formeln auseinandergehen,
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378
ümtchatt in der ]filitir>Litfeaatiir.
welche zur Berechnung des Druckes dienen. (So ergiebt z, B. die Navier-
Catupoiguac'Bcbe Formel für ein bestimmtes Schiff einen Widerstand von
1140 kg, wihrend die Bedtenbadier'Bclie Fomiel für daiaelbe Sebiff 1851 kg,
die EeUnrdt*8ebe •oger 8680 kg eigiebt.) Am Sehhifii Miner sehr du»
gehenden, beiflAIig aufgenommenen AusfüLrunj^en aeUllg Graf Z. Versuche
war Klarlegung der Frage des Luftwiderstandes vor. — Der Verein kam
zu der Anschauung, dafs die Versuche in der angedeuteten Richtung sehr
wünschenswert seien, indem er dem Graten Z. seinen Dank auaspFBch. —
Für diese Versuche wurde der Ulmer Münster vorgeschlagen. 17.
Matebele ud CkIM Cuipaigafl. Tke Haxl» Avtemtle €hm Im
AettoB, London 1895.
Diese von der Firme ,,MezimNordeiilldtGhin0 and AminnnitionCompenj
Limited" in London herausgegebene Broschüre stellt eine Reihe von Mit-
teilungen englischer politisrher Zoitungen zusammen, in welchen auf die
Erfolge mit der Maxiiü-Mitrailleu:^t> Bezug genommen ist, wie sie in den
afrikanischen und asiatischen Feldzügen erzielt worden sind. Eine Reihe
gater photograpfaiieher AbbQditngen selgt die Oewebr-llitndlleiue, lowie
«in Mezim-Oeiebttts von 37 mm JEUliber in den yenebiedenen Yerwendangt»
erten nnd eriinlten wir d.ednreb ein gntee Bild Ton der Yieleeidf^Bttt des
Gebmnebe. 12.
Die Munition der k. u. k. Land- und Schiffs-Artillerie in Tabellen.
Als Nachschlagebebelf suaammengestellt von Wilhelm Knoblocbi
k. n. k. Oberiieatenent im *4. FeBtungs-ArtiUerie^Begimecit Onf
CoUoredo-Webttr. Tabelle I. Feld- and FeBtongs-ArtUlecie. Tabelle IL
8efai&>ArtO]erie. Pola 1895. Im Selbetireileg.
Die vorliegenden Tabellen haben besonderen Wert für den Artillerie-
Dienst, da sie alle vorkommenden Konstruktionen berücksichtigen. Die
Auslfinder, welche sich ftlr dan k. u. k. Artillerie-Material interessiren,
finden daher viel mehr als sie gebrauchen; das Allerneueste scheint aber
nicht berücksichtigt ; so vermissen wir die für die Feldartillerie angenommene
Ekradt^ianate, welche bereits das Taschenbach von Kone& enrftlint bat
12.
Die Orden und Ehrenielehen der DmitMben Staates. 1. n. 2. Lieferung :
Königreich Premnen. Verlag von M. Bohl in Leipdg. Fteie
2,50 M.
Das vorliegende Werk entstand unter Zugnindelegunp der grofsen
„Schulze'scheu Ordens-Chronik" und will eine Abbildung der deutschen
Orden und Ehrenzeichen in Farben und originaltreuer Abbildung Jeder-
mann zugänglich madieni da der Breb dee Seholaeliebett Weiset (875 M .}
Ar die Mebnabl der Intereieenten nneraoliwinglieb ist Die AosfUhrong
iit mnsteiiiaft, nnr liKtten wir gewfinMbt, dass dem Werlte noefa ein er-
Itfutemder Text beigefügt worden wäre, welcher eine kons gefrftle Ge>
schiebt« der Orden und F.hronzeichen zu p^rben hfittc. Die neuesten Ver-
ftnderangen am eisernen Kreuze and der Feldzags-Medaille dee Jahree 1870
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UmaehMi in der Militir-Littentiir.
379
haben noch keine Berücksichtigung huden können. Es sollen zunächst
' dk SiehnBchen, Bayerisehaii «nd Wiittimbeigiscben Orden in den
nlduten Lieferungen folgen, deren Ttth auf je 1,60 M. (DoppeUieforang
9,00) ftetgeitellt ist 4
Hülfsmittel für Erlerniing der russischen Sprache.
In der letzten Zeit ist eine grofse Menge von Lehr- und Leae-Büchern
erschienen, welche dem deutschen Ot&sier das Erlemen der russischen
Sprache ermögliohfln sollen. — Der treflTlichen Grammatik des Haupt-
mannt Oremak (Wortaohats nnd Phraseologie der rnssisehen
Sprache; Leipiig bei Rumnnd Gerhard) erwühnten wir bereits; ferner
nennen wir:
1. „Russisch für Offiziere". Grammatik, Lesebuch, Gesprärbs
Übungen, von W. PnM, Hauptmann im Inf -Rgt. 128; Berlin, E.S.Mittler
& Sohn. 1. u, 2. Lieterung. Die Grammatik ist hauptsächlich fiir die
bei den Kegiraentern russisch treibenden Ofliziere berechnet, welchen es
an der nötigen Zeit Mbit, nmüingreiehe Lehrbttcfaer dnrcbsiinehmen; de
soll daher in mffglichst knapper praktischer Form Allem dasjenige
bringen, was der Offiner im Interesse seines Bemüi v e rw e r t en kann. Den
ersten Lieferungen nach wa Vitien, dürfte das kleine Werk wohl geeignet
sein, seinen Zweck 7.n erfüllen. Die UhungssStze, Lese- und Gesprfichs-
Ubuugeu sind militärischen Verhältnissen entnommen, auch das Lesen
russischer Generalstabskarten findet Herücksichtigung. Im Grolsen und
Ganzen ein recht empfehlenswertes Hülfsmittel.
2. Bnssisehes Lese- nnd Übungsbuch unter besonderer Be-
rücksichtigung des Kriegswesens; von Dr. A. Palm, Hauptmann;
Berlin, E. S. Mittler »S: Sohn. Die vorliegende 1. Lieferung enthält hauptsfich'
lieh Lesestücke, welche einem Werke von Tschitschagow „Ileldenthalen
rassischer Krieger" entnommen sind; die Lesestücke sind mit Anmerkungen
versehen und ihres militärischen Inhalts wegen für ein rassisches Militär-
Lesebuch recht geeignet. Der zweite, allerdings nur 4 6eiteu umfassende
Teil „Muster für Befehlsausgabe" (Übersetzt aus Verdj's Studien über
Felddienst) dfirfte dem Zwecke des Bnchee „den Leser mit der neuesten
miUtiziachen Sprache der Bussen bekannt au machen", wenig ent*
sprechen, da die Übersetzung eine völlig wörtliche ist und kaum ein
einziger der militärischen Ausdrücke in der modernen Heeres-Terminologie
der Bussen zu finden ist. Der lotzte Teil entbüt Bekanntmachungen,
Maueranschläge, Kapitulationsverhandlungen.
3. Special-Lexikon zum russischen Teil des Feldwörter-
hnehs fflr die k. n. k. Armee; von J, Bufsjäger, k. u. k. Major;
Wien, Selbstverlag des YerfiMsers. Das Lexikon bietet die im Feldwfirtcr*
bneh der k. u. k. Armee (1888, Verlag Seidl Sohn) angenommenen
russischen Wörter in allen Formen, in welchen sie im Texte vorkommen,
nnter Ilinweia auf die Grundform. Eine sehr floifsige Arbeit, die jedoch,
namentlich da die speziell militärischen Ausdrücke fast gar keiue Beriick-
sithti;r;ung finden, für unsere mit dem fisterr. ung. Feld Wörterbuch nicht be-
kannten Offiziere nur geringen Nutzen bietet. 42.
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380
Unuolua in der MiliUur'Iitteratnr.
m. Seewesen.
AnnalenderHydrogTftpUeud maritimen Meteorologie. HeftlV:
Von Hongkong nach Singapote und Tandjong Priok. Aus dem Reis6-
bttricht S. >f S ..Marie", Kommandant Korv.-Kapt. Credner, Juni 1895.
— " Von Auckland nach Akaroa und Lyttclton. Aus dem Reisebericht
8. M. S. „Bassard", Kommandant Korv.-Kapt. Scheder. — Silloth am
Solway Firth, Westküste von England. Von Kapt. J. Sidzer, Führer 4«
VoUicluffeB „Othnursehea**. — Die Photographie im Dienste der Maß-
fthrt. — Bas StunrnramungBiroseD an der dentselieii Kliste und VorseUilge
zur Verbesserung desselben. Von Prof. Dr. W. J. van Bebber. — Zur
Entwickelnagsgeschichte der Cyklonen in sabtropiachen Breiten. Vortrag
von E. Knipping. — Die Faeroer-Gnippe. Aas dem neuesten dänischen
8egelhandl)nch übersetzt von Kapt. z. See a. 1). Brooker. — Uiitersuchung
einiger Nickelstaiil-Panzerplatten von dem in Bau befiudlicheu Fanzer-
Bchiffe „Odin** auf Art und Verteilung ihres Magnetismus. Von Wezll>
bootnwnn Tollert, Oberstenermaan a. D. Studien über Nebelsignale.
Dritte IfitteUnng. Von Prof. Dr. H. Uobn in Oiiristiaiiia (Scblnft). —
Von der Bass-Stralse nach NeweasÜe X S. W. — Die Wittenmg an der
deutschen Rüste im Monat August 1895.
Marine-Rundschau. Heft 10: Die Notwendigkeit regelrechter Leibes-
übungen für unser Seeollizierkorps und Ratschläge zur Durchführung der-
selben (Schlufs). — Hochdeutsche Verdunklungen niederdeutscher öue-
mannswSrler. — Einige Bemerknngen mm Artikel: „Der See<dfiaier nnd
die fremden Sprachen." — Abgabe Ton Sehalisignalen aar Bes«dhnitng
der Knfsnditiu^ der Sehiflfo im Vel>el (mit 4 Figuren). — Die Heringa-
fischerei auf hoher See. — Die Anwendung der Eldctrintit an Bord des
„St. Louis". — Mitteilungen aus fremden Marinen. — ZasammensteUung
der Winterkommandirungen für 1895/96.
Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens. Nr. XI: Die
kriegsmaritimeu Ereignisse in Ustasien, die Einnahme von Wei-hai-wei;
das Beste und seeluriegsgosdiiebtlicb Inhaltsreiehste» was wir Ins jetst Uber
diesen Kxiogsabsebnitt gelesen baben. — Die Seescblaeht bd Akliura,
Vortrag des österr. Freg.-Kapt. Edlen von Hermann, eine sehr interessante
Neubearbeitung dieser Schlacht. Bei der Quellenangabe über die alten
Schiffe haben wir uns gewundert, dafs .,BreuRinfr, Xautik der Alten" nicht
genannt wird. Seine Ansichten scheinen uns bei Weitem die richtigsten
zu sein. — Englische Kreuzertypen (mit verschiedenen Abbildungen). —
Die Probefahrten des russischen Torpedobootszerstörers „Sokol". — Da«
norwegische Marine^Budget pro 1895/96. — Naphtaboote mit Turbinen«
schrauben. — Eldctrisehe Kommunikation mit Luflsehiflfen.
Army and Navy Gaietle. Hr. 1860: Die Kolonien und die Marine.
— Es wird eine Reihe interessanter Artikel über die englische Marine in
der .,New Review" besprochen. Nr. 1861: Nickelstahl. Nr. 1862: Die
Kreuztour des Kanalgeschwaders. — Vom englischen Geachwader in Ost*
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Umachau in der Mllitär-Littesmtur.
381
asien. — Ein neues Buch maritimen Inhalts erscheint demnächst in England
ans der Feder Ton Mr. Fred T. Jane: „Bl^ke of the Ratflewiake.** Es
beliandelt Ssenen ans den englisehen FlottemnanfiTem der letsten Jalure.
Hr. 1868: Amerikanische Macht zur See. — Ein Berieht ttber die Landonge-
nntemehmung der JSngländer in Ostafrika. — Die nuaische Schwane
Meer-Flotte bleibt angesichts der verwickelten Lage in der Türkei in
Dienst. — Schwere Gufsstücke tur die Marine. — Erfalirungen eines
Blockadebrechers. (Brief an die Zeitschrift.) Nr. 1864: Ein Handels-
Zerstörer. — Übersicht und Vergleich der Bestrafungen in der englischen
Murine. — Hehreres Aber fransfirisdie Seliifineabaaten. — Yerteiliuig der
englischen Kriigssdiiflb.
Jonraal of the Royal United Serrlce Institution« (August 1895.)
Bemerkungen zur Ausbildung der Miliz von Kapt. Plomer. — Die könig-
liche Marine-Reserve von Kom Caborne. R. N. R. — Lehren ans Kavallerie-
Manövern, Kavallerie-VertiMlung und Organisation von Col. Graves.
Army and Navy Journal. Nr. 1673: Wirkung von kleiukalibrigen
Geschossen. — Aach die amerikanischen Werften machen Versuche mit
flüssigem Hdimaterial Ar KriegsscbiffB. irr.1874: Frttfimg des Seiten-
pansers der „Jowa". — Admlral Belknap ftber des internationale Baee
Vigilant-Valkyrie. — Ventilation fiir Monitors. — Die neuen Bestimmungen
für die amerikanischen Schiffbauingenieure. Nr. 1675 : Uber die Eigen-
schaften (b's Aluminium im Wasser, nach den Proben auf „Texas" und
„Defender". — Da.s Zweirad im nSchsten Kriege. — Das amerikanische
Nord- Atlantik-Qesch wader bleibt den Winter über vereinigt. — Beschreibung
der „Brooklyn**. Vr.l678; ESnaelnes über das Sinken der spanisehen
Kziegssehiffe „CristolMl Colon'* und „Sanehes Barcaixt^gni**. — Angebote
fttr den Bau der ameriknuschen Gomposite-Kanonenboote. — Stapdlauf
der „Brooklyn", mit Abbildung. — Aluminium im Schiffbau.
Reyue maritime et coloniale. (Oktober 1895.) Studie über das
elektrische Gyroskop. — Statistik der Schiti'brüche und anderer Unfälle
zur See im .Talire 1893 (mit Karte). — Schwere Fehler an schnellen
Kreuzern. — Der Kreislauf der Winde und des Regens.
Horakol Sbonik. (Rossisdier Maiine-Sannnler.) Vr. 10: (Oktober
1895.) Offisieller Teil: Das anf der Admiralititswerft Isbora eibante
Hochsee-Torpedoboot „Nr. 181** wird den Fahnteugen IH. Klasse zugeBäUt
und in die 6. Flotten-Equipage eingereiht. — Nachrichten über die in aus-
iKndisclH ti (lewässern befindlichen Falirzencre. — Nichtoffizieller Teil:
Verfahren der Leitung von unterseeischen Booten und Minen vom Ufer
aus. — Die englischen Kreuzer 1. Klasse „Terrible" und ,,Fowerful". —
Platzen von Dampfrohren auf Schiffen, — Bemerkungen eines Taucher-
Offiaers. — Bestimmung der Geschwindigkdt eines Sduffes nach den von
ihm vMmrsacbten Wellen (SehlnA). — Ans dem Tagebncbe des Woin
Andrejewitsch Kimski-Korfsakow (Kommandeur des Schooners „Wostok"
wfthrond der Besitzergreifung der Ostkfiste Sibiriens and der Insel 8ischalin
in den Jahren 1853/54).
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382
Umaohau in der Militär-Iittenitar.
IT. Teffdelmlft te snr Bespreehnng dngeguigeiien Btteher.
1. Die modenie Spionage-Gesetsgebunir» ^ Ziblln.
Zürich 1895. Verlag von E. Speidel. Preis 2,50 M.
2. Napoleon I. in Bild und Wort, mit ca. 500 Text-Illustrarionen etc.
von Armand Davot, übertragen von 0. Marschall von Bieberstein. 4. bis
6. Lieferang. Leipzig 1895. H. Sohmiclt and C. O&nther. Pk«is jeder
laefenmg 60 Pf.
8. Abriss der Taktik, {""tir Aspiranten nnd jüngere Offiziere, Unter-
offiziere und jeden Wehrmann der schweizerischen Armee. Bearbeitet von
Beinheld Ofinther, Obetfieutenant. Zlkrieh 1895. A. HtttteK^a Verlag.
Pireia 2 M.
4. Einteilung und Standorte des deutschen Heeres und der
Raiserlichen Marine. Berichtigt bis zum 1. Oktober 1895 von C. A.
29. Jahrgang (zweite Aun^abe ) Beriin 1895. Verlag von A. Bath.
6. Erinnerungen an meine Dienstjahre. Ein Ta^jobuch flir die
Mannschaften des deutschen Heeres Berlin, A. Thünieci<e Naehf. Preis 1 M.
6. Y. Mirus* Leitfaden für den Rayalleristen. Herausgegeben
v. G. V. Pelet-Narbonne, Oeneraüieutenant z. D. Neue berichtigte
Ausgabe der 21. Auflage. Berlin 1896. E. 8. Mittler & & Frais 80 Pf.
7. Der Regiments- und Bataillons-Tambour. Praktischer Leit-
faden für die Öesammtausbildung der Öpielleute bei der Infanterie von
W. Lange, Vize- Feldwebel und Kegimeuts-Tambour. Mit zwei Stein-
dmcktafehi. Berlin 1895. B. 8. Mitder & 8. Preis 2,25 M.
8. Geschichte des Hessischen Pionler*BatalllO]is Kr. 11. Beriin
1895. E. 8. Mittler & S. Preis 2,75 M.
9. lieschichle des Kgl. Bayerischen 5. Infanterie-Bf^iments
„Oroftheraog Emst Ludwig von Hessen". Auf Grund arebivaliseber
Forschungen vcrfafst von Gcrmoth, Major. Zweite, gekürzte Ausgabe,
umgearbeitet von Kiefsling, Hauptmann. 1. Teil. 1722 — 1804. Berlin
1895. E.. S. Mittler & S. Preis 8 M.
10. Geschichte des Kgl. Preufsischen Magdeburgischen JSgor»
Bataillons Nr. 4. Auf den Wunsch des Bataillons bearbeitet von
Model, Major a. D. Mit ö Skizzen im Text. Berlin 1895. £. 8. Mittler
& 8. Preb 6 M
11. Bangliste Yon Beamten der Kaiserlich Deutschen Marine.
Abgeschlossen im Mai 1895. Zusammengestellt nach amtlichen Quelleo.
Berlin iS95. E. 8. MitthM- & 8. Preis 2 M.
12. Duä Damen-Reiten. KatschlHge und Winke für alle Freundiuuen
der Rtiitkunst von Anni von Biel. Berlin 1895. E. 8. Mittler A 8.
Preis 1,20 M.
13. Dienstunterricht für den Infanteristen des Deutschen
Heeres, herausgegeben von Tiiuistelilt, Oberstlieutenant a.D. 30. AufL
Berlin 1895. K. S. Mittler & S. IVeis 50 Pf.
14. Dienst-Vorschriften für die Mannschaften der Jäger- und
Schützen-Bataillone. Von Liehr, M^or. Nach den neuesten Be-
Stimmungen, Terwendbar auch fGkr die Mannschaften der Inihnteriev um*
gearbeitet und zusammengestellt von von Rosenberg, Hauptmann,
6. Auflage. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 60 Pf.
15. Uandbuch für den Einjährig-Freiwilligen sowie für den
Reserre- und l4iBdwehr-0fllsier der KaTallene. Bearbeitet von
V. Glasenapp, Rittmeister. Zu^'leich 7. Äufla^^e des Militärischen Dienst*
Unterrichtes nir die Kavallerie des Deutschen Keichsheeres Ton B. PoteUf
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Unachau in der MiiitAr-LitterAtur. 383
X. Pk*. Oberst a. D. Ißt sahlreieheii AbbAdnngen. Berlin 1895. 8. Mittler
A S. Preis 5 M.. geh 5,60 M.
16. Die Rumänische Armee. Von A. Booeou, Bnmäii. Bitt-
meisten Leipzig. M. Riihl. Preis 1,50 M.
17. The Army of the United States of America. Bv Arthur
L. Bresler, Brigadier>General. Laijnig. M. Rnhl. ¥niu 1,20 M.
18. Getreide und UüIsenfrSeht6 als wichtige Nahrungs- und Futter*
mittel mit besonderer Berücksichtigung ihrer Bedeutung fiir die Hepres-
verpflegung. Herausgegebeu im Auftrage des Kgl. Preufsißchen Kriegs-
miiuateriiuns. Zweiter, besonderer TciL Mit 78 Abbildungen im Text
und 16 Tafeln In Farbendruck. Berlin 1896. E. S. Mittler & 8. Fkeis
12 M., geh 13,50 M.
19. Die Entsoheidungskämpfe des Generals von Werder im
Januar 1871. Von Konz, Major a. D. Enter Teil. Von Dijon über
VcRoul nach Villersexel und zur Lisaine. Mit drei Plänen. Berlin
1895. K S. Mittler & S. Preis 5 M.
20. Leben und Wirken des Generals der Infanterie und
kommandirenden Generals des V. Armeekorps Carl toh Orolnann.
Ein Beitrag zur Zeitgeschichte der Könige Friedrich Willielms III. und
Friedrich Wilhelms IV. Von E. v. Conrad Vj General d. Inf. z. D.
Zweiter TeO: Die Befreiungsknege 1813 bis 1815. Mit drei Übeniehti-
karten und nenn Skissen. Berlin 1895. E. 8. Mittler A Q, Preis 8^ M.,
geb. 10 M.
21. Das Leben des Königl. Preufs. Generals der Infanterie
August von Goeben. Von 6. Zern in, Hauptmann. Erster Band. Mit
einem Bildnib. Berlin 1895. £. 8. Mittler & Pims 7,50 ML
22. KrippTsbricfe eines Feldgolstllelieil. 1870/7L Berlin 1895.
E. 8. Mittler & S. Preis 2,50 M.
28. Schiefsausbildung und Feuer der Infanterie im Gefecht
Vertrtge von R. Reisner Prh. Ton Lichtenstern. Berlin 1895. E. 8.
Mittler & S. Preis 3 M.
24. Friedrich Süren. Lebensbild eines preufsischen Offiziers und
Patrioten. Von L. Süren. Berlin 1895. E. S. Mittler & S Preis 2,25 M.
25. Anleitung zur Behandlung, Reinigung und Ausbesserung
der Feldflaschen und Koehgeschirre aus Aluminium. Nach offiziellen
Vorschriften etc. von Poterraann, Hauptmann. Leipoig 1895. Zuckschwwdt
& Möschke. Preis 20 Pfg.
26. Kurzer Abrifs der Geschichte des Preufsischen Staates.
Vornehmlich für Kegimcntsschulen, von le Jug(N Hauptmann. 6.Atlfll^|e.
Leipzig 1896. Zucksdiwerdt & Möschke. Pn-is 50 Pf.
27. Verordnungen vom 2S. Mai 1895 über den Dienst der
französischen Armee im Felde. Aus dem Französischen übersetzt von
£. Karst, Premierlienteaant. Leipiig 1896. Zoeluchwerdt & Mfisohke.
Preis 2.25 M.
28. Der Dienst des Infanterie-Unteroffiziers. Von F G Graf
von Waldersee, Generallieutenant 20. Auflage. Berlin 1895. Ii. Gaertner.
29. Memoire über eine neue Situations- und Landkarten-Dar-
^tellungsmethode von J. J.Pauli ny. (.Separatabdruck aus „Streffleur's
Österr. Millt. Zeitsclirift".) Wien 1895. W. Bramnüller. Preis 50 Pf.
30. Ernste und heitere Erinnerungen eines Ordonnanzoffiziers
im Jahre 1870 — 71 von C. Tanera. Hauptmann a. D. Jubelausgabe.
6. — 8. Lieferung. Münclicn. 0. Beck. Preis jeder Lieferung 50 Pf.
8L Die Signataren der Generalstabskarten. Als Hil&mittel zum
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884
ümaebatt in der MMtWr-LitttffifT
Kartenlesen zusammengestellt von J. Spind 1er, Hauptmann. München
1895. Th. Riedel. Preis 1 M.
S8. The Bfftlll of an amy. A populär aoconnt of the german
SeneralSteffbySpenBerWilkinsoa. Westminster 1895. Axoh. Gonstabia
' Co.
88. Praktisches Hilfs- und Übungsbuch für die raflsiflelra
Dolmetscher-Pr&fon^. Bearbeitet und mit Accenten versehen von Dr.
Sascha Anders. Leipzig. R. Gerhard. Preis fjch. 3,30. ^eb. 3,75 M.
34. Die polnische UmgauKsspraohe. Eiue Auswahl von Ge-
•piiehen det tügliehea Lebens. Nebet Wörterbuch und Erlänterongen in
leputtein Anhttge. Leipiig. B. Gerhard. Fkeis geh. 830» geb. M.
Nachtrag zu dem Aufsatz S. 257:
Die Stärke des preuisischen Heeros bei AoBfarooh des
siebei^jährigen Krieges.
Während der Korrektur erhielt ich durch die fVenndUchkeit des
Herrn Professor Naude in Marburp^ einige Mitteilungen aus den Akten
des Berliner Staatsarchivs, die für den obigen Aufsatz von Bedeutung
sind. Teils berichtigen, teils bestätigen sie meine Ausführui^eu.
Die S. 263 erwähnte Liste vom November 1755 umfielst nicht,
wie ich nadh der Zitining bei Lehmann annehmen mufste, die gB>
Bammle Armee, sondern nur Infanterie, Kavallerie, Husaren und
Gamisontruppen, und zwar auch die von mir nicht berücksichtigten
neuen Garmson- oder Landrepimenter. Dag(^en fehlen die Mann-
edialten der Artillerie, die Pioniere und Ingenieure.' Die Oberein-
stimmung der Liste mit meiner Berechnung ist also eine isuf&Uige.
Im einzelnen ist die Differenz der Angaben in der Liste mit den
meinigen gering. Sie beträgt flir die Infanterie 475 Mann (81286
gegen 84761 — ohne F'eldscheerer und Unterstab), für die Kavallerie
54 Mann (21825 gegen 21879), für die Husaren 1 Mann (9249 gegen
9248), für die Qarmsontruppen 220 Mann, (21295 gegen 21515).
Aus den Akten ergiebt sich femer, dafs auch bei den Grenadier-
bataillonen die doppelten Überkompletten nicht vollzählig waren.
Bestätigt wird, daia die Husaren überhaupt keine Überkompletten
hatten, und dafs bei der Kayallerie Pferdemangel herrschte. Interessant
ist eine Äufserung des Königs über die Einrichtung der Überkompletten.
Friedrich schreibt an Lehwaldt am 22. August 1756 „wegen der
ordinairen und der doppelten Übercompleten . .", „wie wir wegen
selbige hiesiger Orten die Einrichtung deshalb so haben, dafs bei
einer Musketier-Kompagnie davon sonel eingestellt werden, dais die
Kompagnie 41 volle Rotten und tiberdem 2 Fouriorschützen hat. die
dann hier Gewehr und Lederzeug bekommen, die übrigen 11 Mann
aber zu Rekruten bleiben und kein Gewehr noch Lederzeug bekommen".
Die oben S. 263 angegebenen Zahlen für je zwei Landregimenter,
1505 und 8(}0, sind insofern ungenau, als sie nur für Unterofäziere
und Mannschafken, nicht auch für die Ofifizieie gelten.
M. Immich.
Kr«ll*» BMMnekmi BariJa a, SvlotiMUPttHM U.
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Ani\ex A size 3